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1 *
THE UNIVERSITY
OF ILLINOIS
LIBRARY
610.5
FO
v.40
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Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des praktischen Arztes.
Herausgegeben
von
L. v. Criegern B. Fischer R. Th. Jaschke G. Köster E. Opitz
flildesheim Frankfurt am Main GieĂen Leipzig Freiburg
C. L. Renn K. Reifferscheid H. Schlossberger G. SchĂŒtz E. Schreiber
Frankfurt am Main Göttingen Frankfurt am Main Berlin Magdeburg
F. Skutsch O. Tilntann O. Vulpius
Leipzig Köln Heidelberg
Redaktion:
Prof. Dr. Arthur Keller, Berlin.
40. Jahrgang:.
BERLIN SW 48
â Verlag von Hans Pusch â
1922.
Inhalts-Verzeichnis.
I. Original-Artikel.
Aebly, Zur Geschichte der Geschlechtsproguostik
123â124
Alexander, Der Entwurf zu dem preuĂischen Tuber-
kulosegesetz 647
â MaĂnahmen der Gesetzgebung des Deutschen
Reiches auf dem Gebiete des Gesundheitswesens
551â 553
Arzneimittelgesellschaft der Deutschen Gesellschaft
fĂŒr innere Medizin, unterstĂŒtzt vom Deutsehen
Aerztevereinsbund 201
AuskĂŒnfte der Arzneimittelkommissiou der Deutschen
Gesellschaft fĂŒr innere Medizin 532
Axhausen, Die luetische Erkrankung der Gelenke
141â147
B
BĂ€lintj Beitrag zur Behandlung der vegetativen
Störungen kn Kindesalter 291 â 292
Baum und Schumann, BeitrÀge zur Serodiagnose
âąder aktiven Tuberkulose 567 â 568
Behrendt, Zur Behandlung des habituellen Er-
brechens der SĂ€uglinge (mit Abb.) 454 â 457
Berkholz, Ueber die AbhĂ€ngigkeit der SchĂŒler-
leistungen von körperlichen und geistigen De-
fekten 447â450
BlanV Die medikamentöse Behandlung der Galien-
le 221â224
Wann ist die kĂŒnstliche Unterbrechung der
'angerschaft bei Lungen- und Kehlkopf-
wKulose gestattet? 29 â 32
Bösser, Wie lange dauert der Impfschutz 515 â 516
Bruck, Semmclweis, deir Entdecker der Kontakt-
infektion und damit BegrĂŒnder der Anti- und
Aseptik 551
Braun, Ueber âStypbural" in der gynĂ€kologischen
Praxis 295â296
â Schulgesundheitspflege 548 â 550
Busch, Das Orthodiagramm in der Sprechstunde des
praktischen Arz'tcs 315 â 316
v. Criegern, Lokalisten und Generalisten 599 â 601
D
Debrunner, Vom Stil der wissenschaftlichen Ab-
handlungen 40 â 4:!
â Die Behandlung der tuberkulösen Spondylitis
85â87
â Apparat zur Messung von Beinstellungen 408 â 409
Debrunner-Frosch, Vedsuche mit SĂŒĂstoff 266 â 268
Doli, Johann Baptista Morgagni, Der BegrĂŒnder der
pathologischen Anatomie als Wissenschaft und
seine VorlÀufer Bonet, Wepler und Schenk
617â619, 635â C43
Drexel, Ueber die Behandlung der Tuberkulose im
Kindesalter nach âDeyke-Much" 61 â 62
Dreuw, Die beiden GesetzentwĂŒrfe zur BekĂ€mpfung
der Geschlechtskrankheiten 94 â 98
â Theoretisches und Praktisches zur Syphilis-
therapie 167 â 174
â 'Salvarsanlose Behanddung der Syphilis 191 â 198
â Die Gegner der Quecksilberbehandlung 248 â 250
â Ueiber ein neues System der kontinuierlichen
SpĂŒldesinfektion 477â481, 497â502
â Schutz vor dem Verkriechen etwa abgebrochener
Pravaznadeln in das Unterhautzellgewebe 517 â 518
â Zur sicheren Handhabung der Pravaz-Injektions-
und Blutentnahmetechnik 663â664
Duzar, Ueber die Malaria im SĂ€/uglingsalter 268 â 270
E
Eisenberg, Biologische Untersuchungen ĂŒber das
PreteinkörperprĂ€parat âAlbusol" 336 â 339
Engel, Rachitis'tod 543 â 544
P
Faerber, Ein Fall von HĂ€mangiom der Harnblase
bei einem elfjĂ€hrigen MĂ€dchen 358 â 360
Feilbacb, Ueber Salbenbehandlung bei Cervix-
katarrhen und Pseudoerosionen 665
Fertig, Wer soll eine Brille tragen, und wann soll
man eine Brille tragen? 120 â 122
Frosch, Ueber orthopĂ€dische MaĂnahmen hei
Rachitis 165â167
Funck, Ueber die Grundlagen oraler unabgestimm-
ter und spezifischer Reiztherapie mit EiweiĂ-
abbau Produkten 428 â 430
G
Gaul, Zur Frage der experimentellen Erzeugung der
Tumoren 200â201
'-'"in, Zur Behandlung der Enuresis nokturna
'-'ten 471â473
Gralka, Ueber die Heilung eines Falles von putrider
Bronchitis mĂŒt Neosalvarsan 219 â 221
â Ueber Chylothorax im Kindesalter im Gefolg'a
einer Hodgkin'schen Krankheit 242â245
Graul, Ueber Genese, Diagnostik und interne The-
rapie der Cholejithiasis 116 â 120
GrÀvinghoff, Beobachtungen bei SÀuglingsskorbut
353â358
Grimme, Allgemeines ĂŒber Bismogenol 685
GrĂŒnthal, Albertan in rhinologiseher und otologi-
scher Therapie 27ȉ 271
H
Haedicke, Ueber Entstehung, Bedeutung und Be-
handlung der Wassersucht 511 â 515
Hahn. Ueber chronische WirbelentzĂŒndungen und
ihre Behandlung 261â264
Hauberrisser, Wichtige BerĂŒhrungspunkte zwischen
KieferortlhopĂ€die und Allgemeinpraxis 400 â 408
Heim, Ueber die biologischen Beziehungen von
Mutter und SĂ€ugling nach der Geburt 87 â 90
Hertz, Ueber Erfahrungen mit Telatuten (GefĂ€Ă-
prÀparat) Heilner bei Arteriosklerose 40
Holtz. Yatren-Casein-Lösung in der Praxis 245 â 246
v. d. HĂŒtten, Zur Behandlung; der Kniescheiben-
briiehe 174 â 175
Jacobson, Amenorrhoe-Behandlung mit Novariol
und Feirrovariol (Merck) 495 â 497
Jaffe, Die Bedeutung des Cholesterin-Stoffwechsels
fĂŒr die pathologische Anatomie 2 â 8
Junius, Augenheilkunde 378â385, 568â573
K
KĂ€rcber, Ein Beitrag zur therapeutischen Anwen-
dung des âHelisicol" 667
Karger, Die Verordnung von Bettruhe bei kranken
Kindern 32 â 35
â MiĂerfolge in der Röntgentiefentherapie der
tuberkulösen Halslymphoma und ihre Vermei-
dung 57â58
â Ueber Naehahmungskrankheiten bei Schul-
kindern 264â266
Klapp, Ueber Fortschritte in der Behandlung des
Empyems und der Gonorrhoe1 der Gelenke 1 â 2
Klug, SalbenverbĂ€nde! 530â531
Koeppe, Weitere Erfahrungen mit der Perkussion
des SchĂ€dels 147â148
Kölzer, BeitrÀge zur Therapie und Prophylaxe im
SĂ€uglings- und' Kindesalter 615â616. 632â635
Kottmaier, Indikationstabellen zur Röntgenbehand-
lung 331â336
â Die Dickfilterung der Röntgenstrahlen 495
â Die Röntgenbehandlung von Ohren-, Nasen- und
Kehlkopf krankheiten 631â632
Krehl, Einige Bemerkungen ĂŒber die diĂ€tetische
Behandlung des Diabetes 309â310
Kuhn, Diagnostische und therapeutische IrjtĂŒmer in
der GynĂ€kologie 360â361, 385â337
â Zur Ursache der Hyperemesis Gravidarum 550
Lackner, HohlfuĂbeschwerden 11 â 12
Latz, Ueber die wirksame Verbindung von mine-
ralischen und pflanzlichen AbfĂŒhrstoffen 476â 477
Lippert, Erfahrungen mi't Duploferrin in der Re-
konvaleszenz 602â603
M
Mentberger, Cyarsal und Syphilis 246â248
Michaelis, Geweibehygienische Rundschau ĂŒber das
Jahr 1921 12â15
â Die Kohlenoxydgasvergiftung 583 â 585
Mittenzwey, Reiztherapie 218 â 21!)
Moll, Die Behandlung der Dyspepsie der SĂ€uglinge
mit milchloser DiÀt bezw. mit einer leicht her-
stellbaren EiweiĂmilch 8 â ll
Much, Zur Frage der Antikörper gegen Fettstoffe
329â330
Mull, Ueber RiĂpilzvergiftungen 601â602
MĂŒller-Waldeck, Beitrag zur Behandlung der chro-
nischen, fortschreitenden Schwerhörigkeit 473 â 474
N
Neter, Aus der Kinderpraxis 122 â 123
Ncurnay, Immunbiologie der Syphilis 292â295
â Zur Immunbiologie der Syphilis, II. 426 â 428
NuĂbaum, Die Verwendung eines organischen
NĂ€hrprĂ€parates 474 â 476
o
-Oehlecker, Ueber Blutverpflanznng, auf Grund von
240 direkten Transfusionen 310 â 315
Opitz, Die Anwendung detr Bluttransfusion in der
PĂ€diatrie 450 â 454
Ostwald, Nucleogen zur UnterstĂŒtzung der Behand-
lung von Hauterkrankungen 616
Petenyi, BeitrÀge zu einer systematischen Diagnostik
de« Kindesalters 38 â 39
â Ueber die Wachstumsfunktionen der Hvnonbvse.
Die Pathogenese der Akromegalie und des
Gigantismus 213 â 217
Pniower, âReicht auf Gesundheit" und âPflicht zur
Gesundheit" als Bestandteile des BewuĂtseins
eines sozialen Pflichtmenschen 92 â 93
â Numerus clausus 154 â 155
â Das Reichs-Schieds-Aimt 224â225
â Arzt und Gewerkschaftspolitik 271 â 272
â Das Recht unserer TarifvertrĂ€ge 481â483
Pfannenstiel, RĂŒckblick auf die Frage der Herkunft
und der experimentellen Grundlag-em des Fried-
mann'schen Tuberkulosemittels 113 â 116
R
Reinhard. Ueberblick ĂŒber die geschichtliche Ent-
wicklung der Psychiatrie im klassischen Alter-
tum 585â587, 603â604
ReuĂ, Kasuistischer Beitrag zur Prognose der
ĂĂ€uglingstuberkulose 548
Runze, Nervöse Erscheinungen auf innersekretori-
scher Basis bei der Frau und deren Behandlung
mit Ovobrol 665
Schiff-Eliasberg, Beitrag zur Frage der direkten
und indirekten Reftjfction des Serumbilirubins.
Beobachtungen an einem Falle von kong. Ver-
schluĂ der groĂen Gallenwege 316â318
Schiff und Benjamin. Weitere Untersuchungen ĂŒber
die Verdauungsleukozytose beim Kinde. Zugleich
ein Beitrag zur Frage der FunktionsprĂŒfung der
Leber nach Widal 544 â 546
Schild, Ueber eine Modifikation des Spekulums
nach Trelat 430
Siebert, Ueber di& interne UnterstĂŒtzungstherapie
der Gonorrhoe, mit besonderer BerĂŒcksichtigung
des âCvstosan" 90 â 92
StandvoĂ, Die hausĂ€rztliche Behandlung der Lun-
gentuberkulose nach Prof. Dr. A. Bacmeister 409
Stemberg, Die Gastroskopie in Gegenwart und Zu-
kunft 457 â 159
Stern, Beitrag zur Wirkung des âKalzans" 516â517
Sternberg, Neue Gesichtspunkte aus der Mechanik
fĂŒr die physiologische Muskelmechanik der Be-
wegungsart, fĂŒr die Mechanotherapie und Be-
wegungstherapie 35 â 38
â Neue Gesichtspunkte aus der physiologischen
Muskelmechanik fĂŒr die Graphologie und inter-
nationale phonetische Lautschrift 63 â 65
Stieker, Wert und Aufgaben der Medizingeschichte
im Studium und Berufsleben des Arztes 175 â 176
Stintzing, Ueber parentale Behandlung mit unspezi-
fischen EiweiĂkörpern 199 â 200
Sudhoff, Galenos, Das neue Korpus antiker Aerzte
und die heutige Aerztewelt Nr. 5
Sworowski, Ein neues Röhrcinspekulum fĂŒr Frauen
(mit Abb.) 459
â Ueber Erweiterungsinstrumente mit besonderer
BerĂŒcksichtigung einer neuen Konstruktion
531â532
T
Thoma, Ueber Isapogen und Salicyl-Isapogen
âSchĂŒrholz" 664
Tscherning, Heilung eines schweren lebens-
bedrohenden Inanitionszustandes durch Hypnose
198â199
u
Utitz, Psychologie und Medizin 285 â 291
Vogeler. Die Grundlagen der Kreislaufstörungen in
der Chirurgie 377 â 378
w
Weichen, Ueber Badekuren und Schwellenreiz-
therapie 527â530
Weil, Körperbau und psychosexueller Charakter
423â425
WeiĂ, Ein Beitrag zur Latenz der Tuberkulose nach
erfolgter kutaner Infektion 546 â 548
WeiĂbein und Wittkugel, Ueber die Einwirkung
kohlesaurer StahlbÀder auf das Elektrokardio-
gramm 237â242
Winckler, Einfluà der BerufstÀtigkeit auf die Le-
bensdauer 189 â 191
Winkler, Ein Fall von Pleuritis mediastinalis ex-
sudativa posterior 217 â 218
Wohlgemuth, Nebennierenexstirpation bei Epilepsie
399 â 400
â Appendizitis und AbfĂŒhrmittel 425 â 426
II. KonfcreĂberichte.
Doulsche Gesollschaft fĂŒr ChlrurRie in Berlin »93â398
Deutsche Gesellschaft fĂŒr innoro Medizin in Wies-
baden âą116 â 422
Praktische Ergebnisse der Radiumtagung in Kreuz-
nach 445 â 446
Pincu&scn, Hungertjahrfcier Deutseher Natur-
lorscher und Aerzte, l^eipzig 605 â 606
III. Jenseits von Beruf u. Amt.
Bochn, Das Standc-sklcid des Aerztes Nr. 35/86
Boing, H., A. âąrzt.lichcr Beruf Nr. 39/10
â Polypragnvasie (nach KuĂmaul) Nr. 45/46
von Broekdorff Cay, Die gesellschaftliche Maske
Nr. 6/7
Bultersack, F. C. Dondcrs Nr. 22/23
Clausmann, Hamlet Nr. 2
Ebstein, Ans den Briefen des Klinikers M. E. A.
Nr. 27/28, 31/32
Fiuckh, Der Arzt als Patient Nr. 6/7
France, Bios, die Gesetze der Welt Nr. 3
Haoring, Der Kntwicklungsgcdunke und seine An-
wendung auf die verschiedenen Wissenschafts-
gebiete Nr. 14/15, Hl/17
Hohenheims literansehe tllnterlassenschafl Nr. M, il
JacobsĂŒhn, Geber den Spatiktorus nach Salvarsan
1 48â 152
Kossina, Die Indogermanen Nr. :i
Krutzsch, Johannes Hartmannus, Praxis Chymia-
trica oder Chymlsche Artzney-Uebung Nr. 24/20
von Liliencron, Dotlov, Der Haie als Patient Nr. 6/7
Luda, Heber Bartflechtenbehandlung 67â68
Möller, Medizin und Handschrift 65 â 67
MĂŒnzer, Hanneies Himmelfahrt Nr. 18
Naumann in Bonn und Uber seine Beziehungen ZU
Goethe Nr. 27/28, 31 /32
De Nora, Der FuĂ Nr. 4, 5
Owlglass, Zu Adolf KuĂmauls 100. Geburtstag Nr. 8
â Kin Paracelsiis-Roman Nr. 9
Petenyi, BeitrÀge zu einer systematischen Diagnostik
des Eindesalters 62 â 63
Pflug, Zur HĂ€mophiliefrage in der Praxis 68 â 69
Pniower. Der Heilzauber in der Heilkunde Nr. 12
â Die Stellung der Aorzte in der Standesgeschichte
Nr. 18/19
Prinzhorn, Kunst und Geisteskrankheit Nr. 18/19
Soligmann, Zauberkraft de» Augei Nr. 2, 3
Die Augen der Hexen, Zauberer und Dumm
Nr. 43/14
Sudhoff, Hygienische Gedanken und ihre Mani-
festationen in der Weltgeschichte Nr. 11
â Malerei und Geecblohte der Medizin Nr. 12
â Medizin Und Kunst Nr. 16/17
Scholcnz, Eine Silinciderge werb.-k 1 anUhi-it Nr. 22/23
v. Schnizer, lieber (lalls KchÀ delle h rc I.'>2-1.'.4
Sticker, Goethes Morpbelogle und Metamorph dien-
lehre \r. g
Thiersch, Carl Thicrsch und die Studentin. (Zu
seinem 100. Geburtstag.) Nr. 24/-':'.
Turnowsky, Lisa, Ein ernstes Mahnwnrt an die
Kitern Nr. 45/46
Von den Velden. Anatomie und Krankheiten in den
Ă€ltesten Zeiten \r. \
Walte, Die VorgÀnge in den Muskeln und Nerven
69â71
Wolffheim, Die Bewertung des Kindes Inj Wapdel
der Zeiten Nr. 26
Zachariae, Ueber Behandlung der Tuberkulose mit
KTB-Vacine 58
Zell, Hygiene in der Tierwelt Nr. 1
â Tiere als Medizinspender Nr. 22/23
IV. Autoren=Verzeichnis,
A
JVaron, A. H. 55
Aars Nicolaysen. N. 650
Aebly, J, 123
Abott, M. F. 27
Abraham!, P. 655
Abrami, P. 467, 655
Achard 596
Acre. B. E. 675
AcuĂŒa, M. 468
Adler 49, 302, 592
Afflitto, R. 466
Agasse-Lafont, E. 304,
653
Agramunt, I. M. 507
Aiello, G. 466, 651
Allen, F. 541
Aimard, J. 161
Ake Akerlund 542
Alapy 320
Albers-Schöneberg. E. 73
Alder, A. 202. 302
Aldor, L. 624
Alexander 99
Alessandri, C. 582, 611
Alfaro, G. A. 610
Aliibert 26
AHport, F. 56
Almkvist, J. 75
Ais-Nielsen, A. 595
Amberson, J. 163
Ambrozic, M. 660
Aineuille, M. P. 525
Ammann, R. 208, 391
Amstad, E. 207
Andova 344
Andre-Thomas 208
Angerer, C. v. 231
Antheaume. A. 371
Appel, J. 73
Appel, H. N. 508
Arasser, U. 628
d'Arcy Power 612
Arguellada. A. M. 324
Argyll Campell, J. 326
Arlas, C. P. 345
Arieus Kappers, C. U. 871
Armand-Detille, P. 440
Arne«, M. D. 657
Arnold, E. H. 138, 534
Arnoldi 100
Arons 649
Asakawa, O. 509
\sal-Falk 410
.Aschner, P. W. 106, 252, 592
Aschner, B. 593
Ascboff 555, 649
Asmus 461
Ast 49
tkinson, H. V. 103
Attinger 562
Auer 226
Auerbach, S. 158, 433
Aulfeld, F. 487
Auricchio, L. 53, 851
Aviragnet 468
Ashausen 141
Azoulay, R. 418
B
Baastrup. Chr. 208
Babes, A. 655
Baccarani, U. 611
Bachem 341
Backer, K. H. 52, 465
Backmann. W. 341
Baehr, G. 136
Baer, J. L. 658
Baetzner, W. 253
Bainbridge, W. S. 540
Balduin, L. B. 510
Baien, A. van 892
Balint 291
Ballin 487
Balvay 134
Bane 56
Bannwart, A. 524
Bahueci, F. 582
Ban'fcing, F. G. 413
Banzhaf, E. J. 106
Barach, A. L. 281
Karaez 559
Harbier, H. 257
Barbier, L. 346
Barbey. A. 438
Bard, L. 440
Harenberg. L. H. 282
Barjon, F. 467
Barnes, G. E. 346, 443
Barnett, Ch. E. 415
Barr, C. W. 280
Barr, J. 538
Barrie, G. 258
BaiTon, M. 210
Basilio, M. 611
Bassler, A. 660
Battino, G. 467
Bauch, B. 433
Bauer, H. 102
Bauer, K. 485
Bauer, J. 593, 676
Baum. F. 567
Baumann, E. 411. 489
Bau mann 508
Baumann, H. 560
BĂ€umer 484
Baumm 182
Bausch. W. 227
Bayer, C. 47
Bayer, G. 593
Bayley, H. 347
Beattic, W. W. 27
Beck, E. C. 55
Becker 74, 536
Becker, J. E. 662
Beckler, E. 163
Beckmann, M. 160
Beer 342
Behrendt, H. 454
Belai, A. 535
Belbeze, R. 661
Belcsta. F. R. 26
Belfanti, S. 611
Bell, J. N. 282
Benedek, T. 157, 391
Benedict, F. G. 443
Benians, F. H. C. 210
Benjamin. C. 544
Benveniste, E. 25
Berg, A. 255
Bergamini, M. 25
Berget 272
Berger, W. 368
Berghaus 322
Beriel, L. 134
Berkholz, A. 447
Bernard, L. 25
Berner, J. 561
Rei nheim, M. D. 677
Bernheim-Karrer. J. 132,
558
Bertier,, J. 280
Bertolini, G. 72
Bertrand 667
Bertram, M. 677
Besancon 278
Besredka 302, 653
Bessau, G. 299, 436
Best, C. H. 413
Beth, H. 274
Better, O. 542
Beumer, H. 74
Beuck 460
Beuttner, O. 389
Bibersteiu 649
Bie, V. 303, 491
Biedl, A. 106
Biehler, M. 304
Bielefeldt 577
Bieling 525
Hie mann 156
Bienchi, G. 104
Bigger, J. W. 161
Bill, A. H. 282
Billings, F. 672
Bing, R. 301, 344
Biugel 73, 461
Bingold, K. 130
Bircher, M. E. 103
Birnbaum, R. 23. 555
Bitter, L. 322
Black, N. 56
Blackfan, K. D. 27
Blake, E. M. 56
Bland-Sutton, J. 258
Blatt, N. 486
Blechmann, G. 187, 304
Bleyl, R. 23
Bliedung 341
Bloch 201, 325, 655, 675
Blond 44
Bloodgood. J. C. 493
Bloom, O. J. 508
Bloom, W. 670
Bloomfield, A. L. 328
BlĂŒhdorn, K. 204, 520. 575,
607
Blum, J. 29
Blum, L. 526
Blumenthal 49
Boas, H. 564
Boas, I. 607
Boccadoro, C. 467
Bockenheimer 623
Boeminghaius 366, 628
Boenheim, F. 435
Boenninghaus 43
Eodin 322
Böhme 341
Bolognini, L. 77
Bolton, C. 347
Bolten, G. C. 577
Bond, C. J. 54
Bonifield, Ch. L. 469
Bonn, R. 107
Bonnet, L. Mâ 325
Bonsmann 71
Borchardt 226
Borovsky, M. P. 494
Böruttau, H. 158
Bosco, L. 133
Bösser, F. 515
Bosworth, A. F. 260
BoĂŒteri, J. H. 624
Botti, A. 324
Böttner 99
Bottomley, J. T. 440
Bouquier 54
Bourne, A. W. 612
Bowening, K. C. 612
Bowie, A. 327
Braascb, W. F. 668
Brachhorst, W. 581
Braun 362
Brasch, W. 187
Braun, W. 295
Braun-Fernwald 485
Braun, H. 548
BrÀuning 322
Bravo 345
Brennemann, J. 27
Brenner, J. M. 137
Bresler, J. 49, 435, 592
Brett. P. C. 161
Brezona 488
Brieger, H. 46
Bright, C. M. 662
Brinkmann 17, 2o
Brodin, P. 654
Broun, G. O. 510
Brösa.mien, O. 558
Brosc, L. D. 470
Brown, W. H. 55
Brown, L. 259, 509
Brown van Amber 469
Browne, F. J. 491
Browning, C. H. 326
Bruck, F. 438, 551
BrĂŒhl. F. 506
Brunauer, St. R. 608
BrĂŒning, F. 16. 21. 23,
590, 615
BrĂŒnner, K. 322
Brunner 364
Bruns, O. 557
Brunthaler, E. 463
Brunzel, H. F. 21
Bruton Sweet, G. 161
BrĂŒtt, H. v. 626
BuchaJian, J. A. 259, 526
Buck, H. 107
Budde 591
Bugbee, H. 372
Bull, P. 391
Bumpus, H. C. 26. 672
Burbank, R. 80
Burchardi 251
BĂŒrger, M. 525, 562
Burgkhardt. F. 523
Burian, F. 208
Burkard 203
Burmeister, J. 129
Burnad, R. 280
Burnham, G. H. 415
Burus, J. 163
Busacchi, P. 77
Busch, W. 315
BĂŒscher, J. 204
Buschmann 362
Buschke 578
Busca-Lay, E. 466
Buttenwieser 179
Buzello, A. 321
Bychowski, G. 557
Byrne, I. 670
Byrnes, C. M. 493
c
Caballero, R. V. 135
Cabot, H. 139
Cadenac 413
Caffarena, D. 104
Calderin, A. M. 256, 490
Catdwell, G. T. 666
Calman, A. 72
Calot. F. 210
Calve, J. 526
Calvin, J. K. 494
Cameron, H. C. 582
De la Camp 558
CaneflÀ, A. F. 52, 104
Cantalamessa - Carbont, L
466
Carnot 508
Caronia, G. 651
Carrien, F. 654
Carter 612
Carthaus 158
Cassel 590
Castellani, A. 612
Castelnau, R. 655
Catresana, B. 610
Caulk 164
Cavengt 650
Cawadias, A. 78
Caylord, W. 660
Celly, S. 613
Chable, R. 24
Chambers, H. 258
Chaperon, R. 655
Chauffard, A. 536. 612
Cbeinisse. L. 325, 525, 536,
654
Cheney 660
Cbeiplin, H. A. 660
Cbevalley, M. 187
Chiek, H. 161
Cliipman, E. D. 657, 674
Cbipman, C. N. 677
Cluiray, M. 185
Christin, M. 51
Chute, A. L. 139
Chvostek 678
Cieszynski 436
Clarck, H. M. 306
Clark, T. 661
ClauĂ, E. 23Q ... , . . ,
Clerc 78
Cleweltyn, L. J. 371
Clodi, E. 486
Olute. H. M. 210, 441
Cobet 273
Coglievina Benvenuto 542
Cohen Tervaert, D. G. 255
Coleman. G. H. 672
Comby, J. 134
Comisso 674
Comrie, J. D. 25
Comstock, A. 541
Conor, V. J. 281
Constantin, E. 325
Conti, L. 162
Cooke, J. V. 27
Copps, L. A. 56
Corbus, B. C. 281
Cori 525
Cornil, L. 654
Coronas, E. N. 133
Corson. E. F. 493
Cort. W. C. 307
Cortezo, F. J. 53
Costantini 371
Coste 78
Coury, A. 185
Cox, A. 259
Cozzolino, O. 278
Crabtree. E. 669
Cramer 559
Crane, A. W. 539
Criegern, v. 599
Crocket. J. 537
Cron, R. S. 470
Crowell, A. J. 164
Cullen, Th. S. 661
Culver, G. D. 445
Cumming, R. E. 281
Cumming, J. G. 443
Curschmann 410
Curtis Wells, J. 210
Cushing 665
Custer, J. 50
Cutler, E. C. 676
Czapski, E. 127
D
Ducrey, C. 465
Dagnini, G. 345
Dahl-Iversen 581
Dahm, H. A. 46
Dahmann 387
Dalyell, E. J. 161
van Dam 17
Dandy. W. E. 470
Daniel, C. 655
Danielopolu, D. 656
Dannemann, F. 566
DarÀnyi. V. 521
D'Aunoy 662
David, M. 625
Davis, B. B. 492
Dawies 670
Dearing, B. F. 259
Debrunner, H. 40, 85, 266,
408
Decker 650
Dehnow, F. 560
Delates 653
Delbanco, E. 627
Delherm. L. 655
Dembo, L. H. 281, 307, 492
Demel 229
Demuth, F. 19
Dessauer. Fr. 564
Deutsch, F. 340, 555
DeutschlÀnder. C. 206,
Diamond, M. D. 658
Dice, W. G. 282
del Diestro, J. G. 661
Dietrich, H. A. 179
Dimmer 522
Dingwall Tördya, A.
Dittel, G. 591
Divry 656
Dobrovolskaia, N. 105
Doebeli 344
Doelle, O. 254
Dodds, J. C. 133, 491
DĂŒlken 252
Doli 617, 635
Donaldson, A. N. 493
Donnelly, J. D. 328
Dorlencourt 468
Dorner, G. 48, 503
Douglass. W. 445
Dragancsco, S. 656
Draper, J. W. 442
Dreifus 340
Dresel, J. 182
Dressler, W. 561
Dreuw 94, 167, 191, 248,
477, 497, 517, 663
Drew, A. H. 54
Drexel, E. 61
Dreyer, K. 230
Dreyfus, H. 534, 590
Dreyfuss 130
Driesseu, L. F. 160
Drueck, C. J. 677
Duboff, W. S. 669
Dubois, M. 301
Du Bois, Ch. 580
Duboucher 371
Dubs, J. 205. 489, 676
Ducrey, C. 466
Duhem, P. 134
Duhot 279
Dukes, C. E. 372
Dunant, R. 580
Duncan, R. 188
Dunkhase, O. 524
Dunlo-p, E. M. 326
Dunn, B. S. 306
DĂŒnner. L. 129
Durand, M. 612
Duval, P. 656, 662
Duzilr, J. 268
Dvi, Y. 669
E
Eckstein. A. 488. 661
Eden 226
Edens 297
Edmands, G. H. 494
Edward. W. 188
Edwards, O. J. 27
Edwards, D. J. 672
Ehrenberg, L. 256, 504
Eisenmenger, E. 657
Eisenstein 644
Eiseisberg, A. 202, 206
Eisler, F. 17, 485
Einhorn 297
Ekwall, S. 595
Eldridge. C. J. 493
Eliasbelg, H. 316, 661
Eliassow, A. 507
Ellerbrock, N. 321
Elschnig, A. 589
Elving H. 303
Emile-Weill 78
Emerson, F. P. 442
Engel, S. 228
Engel, St. 543
Engelmann 18, 74
Engelmann. J. S. 321
Engelmann 484
Eppinger, H. 485, 535
Epstein, B. 593
Erlacher 365
Ernbexg, H. 307
253 Esch, A. 23, 503, 594
Eskil Kyltn 323
Escomel, E. 256
Ettorre, 658
Eufinger, H. 322
Evans, F. A. 306
10 Evans, A. C. 307
Evening, O. 391
Ewaldt 534
Exchaquet, L. 24
4
Inhaltsverzeichnis.
Eymer, H. 48
Eyster, J. A. 327
F
Faber, K. 131, 610
Fabris, S. 104
Facce Schaeffer, N. J. M.
581
Faerber. E. 358, 463
Fahr. G. E. 327, 657
Fairbairn, J. S. 491
Fairbrother, T. H. 537
Falk, R. 523
FaukhÀuser, E. 536
Farbarge-Vail 303
Farr, R. E. 540
Favento, P. de 466
Feil, A. 304, 653
FeUchenfehl 75
Feinberg, S. M. 493
Fekete, A. 298
Fehling, H. 411
Feldmann. W. 275, 306
Felsenreich, G. 274
Fennen 581
Ferraro, A. 134
Fertig, A. 120
FeiĂ, H. O. 259
Feustell, R. 340
Feutelais, P. 371, 653
Fiebach, R. 438
Fiedenwald, J. 26
Fieling 539
Fildes 537
Filippini, A. 324
Finck, v. 102
Findley, P. 282
Finger 484
Finkelstein, H. 79, 251
Fink, K. 343
Finney, J. M. T. 26
Finnoff, W. C. 470
Finsterer,' H. 205, 624
Fischbein. L. 538
Fischer. O. 71
Fischer, C. 202
Fischer, H. 299, 342
Fischer, B. 576
Fischer, I. F. 610
Flamini. M. 104, 257
Flatau, W. 132
Fleckseder 203
Fleming, G. B. 306
Fleisher, M. S. 327
Fleischmann, C. 160
Flörcken 578
Florence, L. 327
Floystrup, G. 464
Focke, C. 18
Fonzo, F. 104
Foote, J. A. 281
Fordemann 389
Ford Robertson, W. 24
Fordyee, J. A. 55
Forestier, J. 233
Formet 367
Fornet 227
Forst, W. 624
Forster 615
Förtig 363
Fortwaengler, A. 591
Forytier 652
Fraenkel, E. 202
Fragale. G. 490
Framer, B. 260
Francis, E. 668
Frank 138. 342
Frank, E. V. 390
Frank, R. T. 677
Franke, F. 520
Frankenthal. L. 274
Frankel, E. 434, 461
Frankel, M. 523
FrÀser, J. F. 55
Frassetto, F. 660
Frassi, L. 53
Frei. W. 127
French, R. W. 283
Freud, 8. 565, 597
Freudenberg 319, 410
Frey 17
Freymann. W. 182
Frias 345
Friedet 508
FriedlÀnder 75
Friedemann, U. 575
Friedenthal, H. 73
Friedenwald. J. 26, 541
Friedrich, V. 205
Friedrichs, Th. 562
Frik, K. 657
Frisch, F. 362, 415
Frischman. L. 136
Fritz 71
Frosch, L. 165, 266, 559, 574
Fröscheis, F. 624
Froelich 185 '
Frontali, G. 278
Frugoni, C. 465
Fuchs, D. 437
Fuchs, v. 298
â Fuchs 340
Fuchs, E. 522
Funck 428
Fujii 226
Fiirbringer 554
FĂŒret 371
Furno, A. 465
FĂŒrnrohr, W. 158
Fursac. J. 371
Gachtgens, W. 19
Gaertner, G. 16
Gail, W. 522
Galewsky 363
Gallavardin 280
Galpern 410
Gamble, T. O. 392
Gandusio 47
Gardner. E. W. 106, 184
Gardner. S. M. 281
Garland, J. 283
Garrido-Lestache, J. 54
GĂ€rtner, H. 182
Gasa, v. 460
Gates, F. L. 668
Gaudissart, P. 415
Gaul. E. 200
Gautier, P. 51
Gauss, C. J. 615
Gaza, v. 503
Geist. 8. H. 469
Gellhorn, G. 282, 469
Genevrier 664
Gennerich, W. 157
de Gennes, L. 655
Geraghty, J. T. 414
Gerönne 519
Gerrit van Zwaluwenburg,
J. 414
Gerson K. 225
Gertz, H. 464
GeĂjer 45
Gestewitz 607
Gewinn. W. C. 188
Gibbon,' M. D. 657
Gibson, Th. E. 138
Giesecke, A. 389
Gieseler 48
Gieszynski 301
Gifford, H. 56
Gifford, S. R. 677
Gignon 412
Gigon, A. 439
Gilbert 661
Gillette. H. 163
Gilpatrick, R. H. 468
Gins, H. A. 367
Girbal 106
Gagensohn. K. 438
Gittings, .1. C. 328
(ilaser, F. 362
Glingar 628
Gluck, Th. 21
Göbel 519
Godlewski, H. 536
Goedhart, C. 369
Goerlitz, M. 579
Goetsch, E. 671
Gohrbandt, E. 16. 661
Gola, J. 655
Golan, D. L. 260
Goldberg, B. 598
Goldflam, S. 434
Goldschmidt, W. 624
Goldschneider, H. 576
Goldstein H. J. 443
Goldstein. F. 471
Gomier 562
Gougerot 105
Gonzales 277
Göpfert, H. 522
Göppert 128
Gordon, M. B. 56, 260
Gordon, W. 346
Gordon, W. G. 347
Gordon, G. 613
Göll, L. 276
Gött 273
Gotthold 624
Gottlieb 201, 432
Gottschalk 525
Gottstein 459
Gougerot 651
Grabe, E. v. 888
Gradle. H. S. 107, 678
Gradwohl, B. B. H. 188
Graf, H. 486
GrÀff, S. 561
Grage 434
Graham Willmore, J. 184
Graham Brown 613
Gralka. R. 219, 242
Gram. H. C. 184
Grant. F. C. 492
Granville 669
GraĂberger, R. 486
GrassOj S. 490
Grauert. H. 206
Grauhan, M. 562
Graul. G. 117
Graves, M. D. 660
Grevinghoff 354
Gray, H. 494
Greenthal, R. M. 541
Greff 678
Gregrory 364
Greil 367
Greenhill, J. P. 259
GrieĂmann 72
Griffin, W. A. 442
Grimme, Cl. 585
Groag 461
Groedel 227
GroĂ, A. 128
GroĂ, E. 0. 488
GroĂ. M. 537
Grosser 297
GroĂmann, M. 484, 535, 670
Grosz, K. 130
Grote 519
Grove, W. R. 541. 673
Grube 520
tiruber 99
Grumbach, A. 302
GrĂŒnthal, E. 278
Guanos. C. 132
Gudzent 556
Gueffror, H. 366
Gueissaz, E. 51
Guerin, A. 654
Guggisberg, H. 183
Guillain, 565
Guillaume, A. C. 208
Guisez, J. 655
Gulecke, N. 21
GUssow. Dr., M. 594
Guth, E. 576
Guthmann, J. 542
Guthrie, C. G. 137, 393
Gutman, M. B. 259
Gylleup, O. 183
György 319, 410
Gyorgyeire, G. 437
H
Haas 534
Habein, H. C. 210
Haberer 21
Haeberlin, A. 488, 594
Haeckel, E. 566
Haedickc. J. 511
HaeĂler, H. 510
Hadjopoulos, L. G. 80
Hagemann 525
Hagenbucb, M. 410
Hahn, F. 131, 261
Hai ler, E. 557
Hajos. K. 299
Halban 462
Halberstaedter, L. 229
Halbertsma, J. J. 464
Hall, J. E. 415
Haller 252
Hallez, G. L. 186
Halpert, H. 80
Halshoff Pol. D. J. 52
Hamburger. F. 557
Hamilton, B. E. 307, 441
Hammar, J. A. 138
Hammesfahr 438
Hanauer 579
Hanausek 413
Handfield. J. R. 133
Handornn 363
Hanford, C. W. 258
HĂ€nisch 48
Hannemann, Fr. 576
Hannes 340
Hanstein 579
Hanamaki 646
Harms 50
Harris, R. J. 164
Hart, H. H. 327
HĂ€rtel, F. 17, 253, 340
Hartmann, F. W. 258
Hartman, H. 327
Hartwell, G. A. 305
Hartwich, A. 301, 524
Harvier 652
HaĂ, J. 485
Hassencamp, E. 298
Hashimoto. H. 107
Hassin 526
Hauberrisser 400
Haudek 273
Haugk, H. 343
Hausmann 590
van Hauth, P. 556
Havas, J. 341
Hawes, J. B. 669
Hayashi, N. 307
Hayek, M. 484
Haythurst, E. R. 258
Hazen, H. A. 538
H'Doubler, F. 676
Hecht 4,62, 590
Hedinger 302
Heffter 201
Heil, K. 523
Heile 463
Heilig, R. 274
Heim, P. 87
Heim. F. 304
Heimann, H. 138, 459
Helmholz, H. F. 260
Heinlein, F. 275
HeiĂen 49
Hektoen, L. 492
Helferich 678
Heller 387
Hellmuth, K. 300
Hellwiig, H. 74. 272
Helwig 342
Hempelmann, T. C. 79
Henkel, M. 181. 366
Henneberg 272
Hennel, van den G. C. 255
Henrichs, R. 607
Hemry, C. K. P. 668
Herbeck 387
Herrmann, W. G. 136
Herrmann, G. 577
Herrnheiser, G. 362
Hertz, F. 40
Hertz, P. 392
Herve. M. 664
Herxheimer 340, 483
Herzenberg, R. 388
Herzger 252
Herzfeldt 435
Herzfeld 591
Herzog," F. 227, 507
HeĂ, A. F. 259
Hess, J. H. 660
HeĂ. L. R. 308
Hess Thaysen. Th. E. 159,
595
Hesse. M. 72
Hesser, C. 104, 277
Hetenyi, G. 16, 227, 649
Hetzer 590
Heubuer, O. 592
Hewer, E. E. 233
Hewins, H. 675
Heyde, H. C. van der 413
Hey mann 320
Hibbs. W. G. 672
Hickl, J. 535
Hicks, E. P. 305
Hickey, P. M. 672
Hie.mann, Fr. 372
Higier, H. 434 577
Hill, C. D. 80
Hill, L. 326
Hillemuud. H. 440
HUlet. H. 560
Hinman 138
Hinrichs, R. 343
Hiraishi, S. 80
Hirsch, G. 16, 49, 225
Hirsch, C. 342, 460
Hirschsohn, J. 486
Hocfert, B. 130
van der Hoeve. .7. 628
Hofbauer, J. 487
Hof er, C. 23
Höfer 578
Hoffmaun, K. 17
Hoffmann, A. 43
Hoffmaun. E. 46
Hoffmann, H. 181
Hoffmann, R. 202
Hoffmaun, W. 302
Hoffmann 340
Hoffmannn. F. L. 443
Hoffmann, W. 562
Hoffmann, K. 625
Hoffmann 650
Hofmann, H. 485
Hofmeister, v. 252
HofstÀtter, R. 520
Howland, J. 27
Hohlbaum, J. 274, 300, 410
Hohlfeld, M. 463
Hollendall. H. 103
Holloway, T. B. 415
Holst, J. E. 369
Holste 201
Holten 581
Holtz 245
Holzel, F. 506
Holzer, P. 341
Holzknecht 505
Holzweissig 229
Homans, J. 659
Hoobler, H. R. 259
Hoover. C. F. 414
Hopp, W. M. 306
Höppli, R. 507
Horn, P. 577
Horner, E. 591
Hornung, R. 300
Hotz 592
Hovorka, O. 522
Howard, C. P. 139
Howland, J. 27, 260
Hryntschak 560
HĂŒbner, A. 251, 389, 677
Hughson. W. 135
Huggins, R. R. 540
HĂŒlse, W. 179
Hummel, H. 657
Hunt 665
Hunter, G. H. V. 540
Hunziker. H. 183, 594
Hutinel 508
HĂŒtten. F. v. d. 174
Htitter 486
lacchia, P. 651
Ide, T. 662
Iglauer, S. 657
Ilberg, G. 556
Ilenberg, H. ISO
Imhofer, R. 520
Inkster, J. 54
Irving, G. R. 509
Isaac, S. 157, 525
Isacson 99
Tsserlin 387
Ittelson, M. S. 137
.lablonski, W. 628
Jacobeus. H. C. 184, 803
Jacobi, W. 203
Jacobsohn, J. 148, 495
.lacobsohn, F. 593
Jacquclin. A. 491
Jaeger, H. 103
.Taffe, R. 2, 524
Jagie, N. 535
â lahnel, F. 577
Jankelson, J. R. 671
Janker 577
Jansen, H. 464
Jansen, C. W. 540
Jansson, G. 323
Jantzen, W. 46
Japha, A. 228
Jaquet, A. 391
Jaschke, R. Th. v. 615
Jaspers, K. 566
.Tay Frank 445
Jeanselmo, E. 445, 655
Jcng. de T>. A. 255
.(âąntzer. A. 103
JeĂ. A. 156, 251, 628
JeĂner. M. 101
Johan, B. 160
Johannesen, A. 77
Johansson, 8. 256
Johansson, Sven 344
.lolia.nsson 650
John, M. D. 445
John. H. 657
Johnston. R. A. 164, .393
Joltrain, E. 055
Jones, M. R. 259
Jones, F. B. 308
Jones, D. F. 442
Jmig, R. de 204, 278
Joung, H. H.'414
Josefson, A. 276
Josseliu, de. 204
Joseph. 8. 129. 521. 658
Josephs, H. W. 135
Juillard, Ch. 439
.Tundell, J. 370
Jung, P. 183
Junius 378, 568
Juvin, P. 325
K
Kadza, F. 366
Kafka, V. 536
Kahane, M. 273
Kahler, H. 486. 608
Kahlmetcr, G. 303
Kahn, E. 180
Kaiser 99
Kamiya 649
Kammann, O. 434
Kamnitzer 129
Kanski Sassa 537
Kapff, v. 503
Karezag. L. 299
Karewski 272
Karger, P. 32. 58. 264
Kassowitz. K. 19
Kastan, M. 204
Kalo, G. 415
Katsch 205, 520
Katsumi 646
Katz, R. 182, 437
Katz, J. 443
Katz, G. 615
Katzenstein 387
K.iuffmann, M. 597
Kawamura, R. 494
Kayser 534
K.efe. J. W. 442
Keefe, E. 672
Keeser 556
Kehrer 388
Keitli, A. 670
Keilty, R. A. 79
Kelling 608
Kellog, F. S. 539
P^cllock, T. H. 612
. Kempner. R. 462
j'\ennaway. E. L. 326
l'venneth 510
"Kesch, E. 253
KĂ€stner, O. 557
Key. E. 391
Keyserlingk, R. 343
Keysser, Fr. 47
Kibafca, T. 307
Killian, J. A. 102
Kimmerle, A. 180
King, E. L. 326
Kingsley Ward, H. 326
Kionka, H. 319, 589
Kirkendall, C. F. 306
Kirkpatrick, H. 491
Kirschbaum, M. 130
Kirschbaum. W. 523
Kirschner 438
Kirstein, F. 182
Kiruchi. M. 509
Kisch. F. 589
Kishalmy, v. 17
Klander. J. V. 668
Klapp, R. 1, 253
Klare, K. 558. 591
Klarfeld 341
KlÀsi. J. 299, 630
Klauder, J. V. 56
Kleeis 50
Klein, F. 178
Klein. V. 582
Kleinschmidt, O. 575. 657
Klemperer. E. 127
Klestadt 99
Klewitz 341
Klieneberger, O. 522, 536
Kling, C. 75
Kling. D. 504
Klippel, M. 655
Klipstein 273
Klopstock, F. 226
Knapp, A. 227, 505
KnĂŒpffer 592
Körte, W. 206
Krabbe, K. H. 465
Krabbel, M. 556
Kraamer, C. 228
KrÀmer, B. 27
Kramer Petersen 184
Krantrig 489
Kranz, P. 100
Krasemann, E. 613
KraĂnig, M. 608
Kratzeisen 99
KrauĂ, E. 19, 592
Kraus, E. J. 627
Krause, A. K. 283, 444,
669
Krebs, W. 251, 320
Krehl, L. 309, 542
Kreilich 437
Kreissmann 228
Kreuter 488
Kretschmer, H. L. 101, 164
Krisch 387
Kriser 273, 505
Kromayer 623
Kronfeld, R. 522, 568
Kross, I. 542
Krott. H. 675
Krukenberg 389
Kobayashi, R. 415
Koechlin, H. 580
Koelzer, W. 615, 632
Koeppe 147
Koerting, W. 18
Köffler, T. 674
Kohlrausch. W. 19 590
Kolde, W. 488
KoUsch, R. 486
Kolmer, A. 445
Kolodny 301
König. F. 320
Königsfeld 525
Kontschalowsky 644
Koopman 671
Körte 128, 563
Kortzeborn 274, 275
Korybut-Daszkiewicz, B.'
325
Kotischet, G. 658
Kottmaier, J. 495, 631
Kouindjy. P. 136
KovÀcs, N. 576
Kovjanic 226
Kowitz, H. L. 558
Kubinyi, P. v. 160, 254
Kn<=iuckcr 203
Kufs. H. 522
Kuhn. R. 360. 385, 550
KĂŒhn. A. 44, 128
KĂŒlbs 641
Kulcke 460
Kumaris 364
KĂŒmmel. H. 47, 254
KĂŒmmell jr. 72
Knud 52
Kundratifa, X. 661
Kuntze, G. 74
Kupferberg, H. 462, 575
KĂŒppers, E. 505
KĂŒster. H. 131, 390
KĂŒstner, H. 297, 524
KĂŒstner, O. 626 /
Kurtzahn 73, 102
Kurz-Goldensteiner, M. 485
Kuttner, L. 433
KUttner 462
Kylin. E. 180, 608
Kyrides, L. P. 80
L
Laband, P. 73
Labbe 609
Labey, F. H. 210
Labhardt. A. 323
Labourand, R. 210
Lacassagne, J. 526
Lacassagne, A. 654
Lacasseyne 582
Lackner, F. 11, 559
Ladislaus. F. v., 98
Lafora, G. R. 76. 304. 610
Lahey, F. H. 441
Lahm, W. 390
Lang, G. 435
Lange 460
Lange, J. 593
Langer. E. 128. 178
Langer, H. 593, 554
Langston, W. 413
Lanz, W. 132
Larimore, L. C. 510
Larkin, J. H. 106
Laroche, G., 565, 654
Larson, E. E. 658
Lasch, W, 519, 660
Lashlay 537
Lassueur, A. 439
Latham. A. 538
Latz. B. 325, 476
Lauritzen, M. 18
de Lavergin 653
de Lavergne, V. 467, 653
Lavermicocca 105
Lawrence, W. S. 188, 493
Lawrence, Ch. S. 415
Lax. H. 180
Lazar, E. 559
Inhaltsverzeichnis.
r»
Lazarus, P. 500
Leary, T. 671
Le Blane, E. »57
Lcbon, H. 238
Lechellc 585
Leolerq, F. 541
Lederer, L, 411
l.egraml 508
Lehmann, H. 253
Lehndorff, II. 566
Lehrnbecher, A. 321
Leichsenring 594
Leichtentritt, B. 209, 436
Leisewitz 563
Lemaire, H. 186, 468
Lenk 17. 179, 505
Lenk, R. 535
Lc Noir 507
Lenobls 508
Leo 462
Lepehne 303, 460
L. reboullet 134, 611
Leredde. E. 105
Leri. A. 208
I/Crmoyez, J. 467
Leroux, R. 161, 652
Lesehke, E. 439
Lestocqnoy, Ch. 440
Lctuile, M. 325, 491
Leuschen, J. Th. 52
Levine, S. A. 211
Levine, E. C. 656
Levinson. 8. A. 281
Levinsohn, G. 628
Leva, J. 388
Levy, D. J. 78
Levy 203 298
Levy, R. 304
I.evy-Dorn 49
Levy-Lenz 554
Lewes 670
Lewin, C. 646
Lowinson 526
Lewis, J. H. 493
Lewis. Th. 563
Ley 525
Li. T. M. 328
Lian, C. 161
Libert 508
Lichtenstein, F. 131, 275
Lichtenstein, A. 369
Liebei, H. 19
Liegner, B. 160
Liek, E. 388
Iiiepmann, W. 48
Liesegang, Ed. R. 436
Liesegang, Raphael Ed.
596
Linas-si, A. 466
Lincoln, M. C. 281
Lindberg. G. 465
Lindig 649
Lindner, K. 507
Lindatedt, F. 180
Linzenmeier, G. 487
LipschĂŒtz, B. 101. 182
Lisser. H. 671
Litchficld. H. R. 281, 307
492
Little, K. 27
Little, J. M. 283
Litzner 341
Llicrmitte, J. 654
Löber 590
Loefflcr 297
Loenlng 298
Loeper, M. 654
Loehenstein, F. 204
Locw, O. 342
Loisel,- P. 655
Lobmann, W. 560
Löhnberg. E. 230
Lohnes, H. R. 56, 282
Löhr, H. 561
Loll 203
Lonne. F. 160
Looft, C. 392
Lorenz 48
Lotheissen, G. 485, 608
Lotsch 297
Loubet 654
Louhrieu 279
Long. E. R. 673
Lougheed, G. W. 139
Loup, F. 439
Lovett. R. W. 136
Low, G. C. 210
Löwenstein 541
Lowstey, O. S. 284
Löwy, M. 577
Lubhars, H. A. 464
Lucas, W. p. 259 '
Luda, G. 67
Ludwig, F. 207
Ludwig, IL 521
Luigi Conti 489
Luithlen, F. 555
Lumiere. A. 78
Lunde, N. 228
Lundsgaard, Chr. 369
Lundherg 650
LUscher. W. 75
Lust 99
Lutembacher, R. 25
Lutz, J. R. 660
Lynah, H. L. 55
Lyon. A. B. 806
.âąS
M
Kaaa 4«o
aaB, H. 560
ap Cuen 16.3
Mac Lachlan, VV, W . ('.
106
.\Lu- Nlder, Wm. de B. 442
Uacera, J. M. 468
Machold, K. 608
Machon, F. «09
Macht, D. .1. 669
Mackenzie, W. R. 647
Mackenzie, G. Ikl. 492, 510
Mackenzie, W. 508
Maclcod. J. J. R. 667
Macleish 56
Madiener 578
Madier 134
Maggiore, S. 324
Maggunna 460
Magruder, A. C. 328
Mahnert, A. 627
Mahr. E. F. 27
Maicr, H. W. 43, 412
Maignon, F. 653
Maitland, H. B. 139
Major, R. H. 327
Maki, R. 415
Mallardi, M. 278
Hallet, L. 304, 440
Mandl, F. 677
Manges, W. F. 672
Manini, L. 466
Mannahyrg, J. 485
Mannheim, E. 678
Mants 462
Marafion, G. 363
Marcus 132
Mar6n Amat. M. 324, 507,
582
Marin. P. 465
Marine, I). 138
Marfan, A. B. 134. 186,
468
Markel, C. 669
Marko, D. 299
Markovits 504
Markuson 75
Markwalder 272, 629
Marshall, B. C. 137, 393
Martin, A. F. 210, 387
Martin, P. 241, 469
Martin 562
Martin, W. 656
Martin. Ch. L. 666
Martini 387
Marvin, H. M. lj«j
MĂ€rquez 579
Mrasci, B. 162
Massey, G. B. 540
Massia 582
Massimi, S. 162
Massimi. G. 490
M.assini, R. 75
Master, P. M. 510
Matignot 508
Matsuyama. T. 509
Mattausch, F. 658
Matthews, H. B. 470
Mauthner, E. 525, 535
May, S. 522
Mayer 16, 252, 388
Mayer, A. 555, 615
Mayer, E. 284
Mayer, K. 594
Mayer, L. 341
Mayr, J. K. 437
Mc. Cain, P. P. 284
Me. Cann. W. S. 327, 444
Mc. Cann, G. F. 510
Me. Garrison, R. 257, 258
Me. Collum, E. V. 280, HOC.
328, 662
Mc. Connell, G. 280
Mc. Clure, C. W. 26
Mc. Gnire, L. W. 469
Mc. Neal, M. D. 281
Medi 277
Metier, M. 159
Meier-MĂŒller, H. 489
MeiĂer, J. G. 281
MeiĂner, .1. G. 26
Meggendorfer. F. 506
Melchior. E. 71, 319
Melier, J. 486
Menge, C. 131
Mensi, E. 651. 673
Mentbergcr 246
Merk 44
Mertens, E. V. 505
Mertins, P. 666
Messerli, Fr. M. 276
Mettenleiter. M. 410
Meumann, E. 321
Meyer, E. 178, 301
Meyer, J. 492
Meyer, M. 506
Meyer, W. 47, 72
Meyer-Bisch 459
Meyer-RĂŒegg, H. 323
Michaelis, P. 12. 525, 583
Michel, L. L. 445
Micholitsch, Th. 534, 591
Miginiae 413
Mignotl, R. 656
Milian 279
Miller, A. F. 283, 659
Minel 508
Minkowski, M. 371, 504
Minor, O, L. 444
Misch, J. 598
Mita, K. 163
Miyadera 393
Miyahara, T. 494
Mouk, H. 541
Mocuy, F. 21
Modiglani, E. 651
Modot 667
Moeves, C. 159, 554
Moll, L. 8. 462, 4«4. f>9l
Moll. A. 5G5
MĂŒller, W. 65
Möller. E. 369
Molnar, B. 298
Monakow, C. v. 412
MĂŒnkemöller, O. 613
Monrad-Krohn, C. II. 464
Montagnani, M. 185
Montesino, V. D. 610
De Montet 562
Montgomery 445
Moon, R. O. 346 -
Moore, G. A. 137
Moore, W. F. 673
Moorchead, F. B. 136
Moran, J. F. 348
Morawitz 50.3
Morgan, H. J. 393
Morgan, VV. G. 672
Morita 470
Morimoto, Y. 509
Moro 432
Morquio, L. 465
Morrisy. J. H. 284
Morrow 659
Morse, J. L. 280, 666
Moser, E. 623
Moses, J. 205
Mosher, G. Cl. 347
Moss. VV. L. 137
Motarland, A. R. 492
Mottram, J. C. 541
Mougeot. A. 654
Moutier, F. 652, 654
Much, H. 255, 329
Mueller 049
Mull, VV. 601
MĂŒller, M. 181, 519, 525
MĂŒller, W. 365
MĂŒller, O. 558 *"
MĂŒller, F. 564
MĂŒller, E. 613
MĂŒller, O. 650
MĂŒller, E. F. 675
MĂŒller-Deham. A. 274, 657
MĂŒller- Waldeck 473
Mulzer. P. 564
Munro, D. 442
Munter 100
Murray Cowie, D. 541
Murray. L. VV. 139
Muschens, L. 3. .T. 464
Musser, J. H. 80
Mustelin. O. 646
MĂŒtteh, N. 106
Myres, M. ,T. 259
N
Xaessens, VV. 392
Xadal. L. 257
Nagy, A. 534
Naito, L. 344
Nafiagias, J. C. 137
Nander, N. 505
Napoli, F. de 466
Narath, A. 20
NĂ€slund, C. 596
Nassau, E. 593
Nasso, J. 345
Nathan, P. W. 79
Nather, K. 365, 590
Nauder 52
Neil, M. L. 107
Xeff, F. C. 666
Xelius, A. 507
Xeter, E. 122
Xeuhurger 598
Neudörfer, A. 485
Neiucndorff-Viek, F. 230
Xeugebauer, F. 343
Neuhof 346
Neuland 339
Neumann 521
Neustadt 201
NeustÀdter, M. 106
Ncvermann 202, 506
Neweomet. VV. S. 188
Newham, H. B. G. 210
Newman, G. 674
Ni, T. 494
Nicolaysen, K. 131
Xidal, F. 655
Nielsen N. A. 658
Xiemeyer, R. 102
XTieny. K. 596
Nigro, T. 53
NohĂcourt 105
Nobccourt, P. 257
Nohcl, E. 535
Noeggerath. C. 299, 43G
Noel Paton, D. 371
Noerdenhos, VV. 464
KTonnenhrur.il 251
Nordhof 43
Xourney 292, 42C
Novak, J. 625
tfpTe-Josserand «Mi7
Nowack, E. 486
Xiirnherger, L. 390, H2fi
NuĂbaum, \V. 3«u, 474
O
Oberender, W, las
Ochlecker 310
Oettinger, W. 135
Dettingen v. 366
Oetvös, E. 129
Oftermann, VV. 230
Ogava, 674
Ukamoto, K. 80
Oldfield, C. 073
Olitsky, P. K. 668
Oliver, E. A. 493
Oliver, E. L. 674
Olpp 341
Omaha 677
O'Maifey, J. J. 668
Ombredanne 186
Opitz, H. 178, 450
Oppenheimer. E. 300, 484,
524
Orator 644
Ornstein, G. 284
Orphanides 233
Ortenberg, H. v. 340
Ostwald. O. 616
Oswald, A. 629
Ott. .1. 277
Ott» 100. 462
Pabel 667
Packard, M. 258
Paetsch 50
Pfister 624
Pagniez. P. 279
Pajares, J. 133
Pallin 656
PaTmer, M. B. 414
Paisseau 279
Pancoast, H. K. 414
Pappenheimer, A. M. 510
Paramore. R. H. 24
Park, E. A. 27, 280, 306,
328, 662
Parker, M. 163
Parotinagian, M. B. 56
Partsch 615
Paterson, D. 133, 280, 612
Patterson, S. ff. 280
Patterson, J. A. 328
Patton, J. M. 677
Payr 130
Peahody. H. C. 107
Pedraja 582
Pecmöller 623
Peers 659
Peieie 560
Peiser, B. 578, 593
Peller, S. 322
Pelouze, P. S. 144
Poltason, F. 463
Pembcrton, J." de J. 441
Penn, H. 8. 677
Penso, E. 255
Pentagna, O. 467
Pents 461
Penzoldt 201
Perin 26
Perret, Ch. A. 276
Perutz, A. 73
Peshkia, M. 306
Pcstalozza, C. 53, 77
Petenyi, G. 38. 62. 213
Peteren, F. 524
Petersen, VV. F. 281, 526,
534
Peterson, A. 414
Petit, L. 134
Pewny, VV. 627
Pcyrer, K. 486, 535
Peyser, F. 364
Pezold, v. 254
Pezzi 78
Pfahler, G. E. 414, 442, 666
Pfannenstiel, VV. 114
Pfenninger, VV. 183
Pflug. VV. 68
Pick. E. P. 534
Phemister, D. B. 326
Philipps, IL B. 79
Phipps, C. 392
Philipp 158
Pick, E. P. 47, 555
Pieree 347
Pierre Marie 370
Pierst, G. M. 305
Piery 346
Pictrusky, F. 579
Piticarin, J. 608
Pitts, H. H. 139
Piltat, A. 628
Piltz 228
Pincussen, L, 582
Pirquet, v. 613
Pirquet, C. 443
Pirondini, E. 611
Plaezek 598
PJantenga, B. P. B. 204
Plenge, K. 623
Plenk, A. 535
Pniower, 151. 224, 271
481
Pochhammer 364
Poelehra 362
Polllisch, K. 181
Pok 485
Pokorny. A. 487
Polak, .1. O. 348
Polano, o. 806
PolliUteer, R. 78
Pomaret, ,vi. 146, 6.r>.">
Pontano, T. 345
Pontonpidau, II. 437
Pordes 505
Porten v. d. 644
Potter, VV. B. 27
Posne.r 273
Pototschnig 47
Powell White, C. 326.
Powes, G. F. 280
Prados. M. 304
Pratt, F. H. 283
PrehJe, W. E. 468
Prelot 508
Prest, E. E. 184
Pribram, II. 100
Pribram, E. W. 389
Price, F. VV. 538
Prieseil, R. 340
Prinzing, O. 520, 626
Pritchard. E. 537
Probstner, A. 275
Proust, R. 304
Pulay, E. 319, 436, 512
Putn.am, T. J. 670
O
De Quervain 6776
Quimbey, E. 347
Quinby, VV. C. 658
R
Raab 463
Rabinowiteh, I. M. 510
Rachmilewitsch. E. 320
Rackemann, F. M. 210,
541
Radulesco, A. 674
RahnenfĂŒhrer 49
Raiziss, G. VV. 445
Ranke 179
Ra.meau-Hansen 276
Rasch, C. 595
Rathbun, N. P. 80
Ratner. B. 27
Rauch, B. 390
Rawack. K. 46
Rawis, R. M. 282
Raymond 308
Reche, F. 99
Redfield, A. C. 662
Redlich, E. 608
Reese, H. 594, 675
Reh. II. 275, 432, 623
Reid W. D. 55
O'Reilly, W. F. 538
Reinhardt, A. 202
Reinhard, VV. 364
Reinhard, F. 603
Reinhard-Eichelbaum 362
Renault, J. 161
Rennen, K. 204
Reinner, A. 556
Rennet, T. J. 133
Renshaw. A. 537
Reschke, K. 321, 578
Rettgfe, L. F. 660
Reuling, F. H. 327
Reuss, A. 548
Reverchon 653
Reynolds, L. 26
Rhaesa, P. 557
Rheindorf 229
Ricci, J. V. 284
Richards. G. E. 666
Richter 43
Richter P. F. 157
Rick, F. 626
Rickmann 363
Riddel 539
Rieder, H. 229, 320
Rieser, S. L. 444
Rieser, W. 444
Rietschel 45
Rigelo. G. H. 414
Rille. R. 7Ă
Rindfleisch 363
Ringer, P. H. 444
Riser 654
Rist. E. 279
Ritter, S. 136
Ritter, L. 202
Rittershaus, E. 624
Robertson, B. 139
Roblee, W. W. 661
Roch, M. 609
Rodenhuis, J. 255
Rodriguee, J. D. 232
Roch. M. 411
Roederer 413. 504
Rocren 365
Roessingh 592
Roger, H. 440
Rogntes de 371
Rohde 460
Rohmer. P. 304
Rohonyi, H. 180
Rohorn. E. 507
Rohr 591
Rolfe Floyd, M. 657
Rolleston, H. D. 133
BoUwure 205
Kennlinie, W. F. C. 372
Homberg, v. 201
Homberg. E. 582
Korn he Iii 461
Bomich, 8. 320
Rominger, ES. «61
Komisch, 8. 4M«
Konchi, A. 304
Ronne&ux, GL 654
Konzone, E. 657
Roodhouae (Heyne 54
Rook, A. F. 184
Roos, E. 433
Root, A. 8. 307
Kosenbcrg, P. 282
Rosen, I. 55
Roeenhaum, 8. 299, 436
Rosenbloom, J. 526
Rosenow, E. C. 281
Rosentsein, J. 202, 659
Rosenthal. O. 16
Rosenthal, B. 80
Rosenthal 319. 504
Ross, J. N. M. 133
Kosser, C. 107
Rosso, .M. 77
Rost, W. L. 306, 503
Rothbart 73
RothgieĂer, G. 558
Rothmann, 8. 624
Roth, M. 542, 598
Rott 298
Rötth. A., v. 629
Roubitsehek 272
Rous, P. 510
Rout, E. A. 80
Roux, J. 411
Rowntree, L. G. 658
Ruad, VV. H. G. E. 508
Rubensohn 340
RĂŒhsamen 22
Rucker, M. 347
Rudolf 539
Rueck. G. A. 80
Ruiz-Contreras. J. Ma.
625
RĂŒscher 298
Runge . 251
Russ, V. 321
Russeil-Wells 538
Russell. VV. 538
RusznyÀk, St. 16
RusznyÀk, St. 298
Rykens 581
Sabouraud, R, 440
Sachs, O. 521
Sachs, E. 625
Saenger 252
Saenger, H. 300
Sahli, H. 301
Saito. J. 284
Saiz, G. 345
Sakae, T. 284
Sakaguchi, K. 509
Sala, A. 651
SĂ€len, E. 303
Sales, G. 187
Salomon. R. 160, 231
Salomon, R. 252, 487
Salomonsen 369
Sam, E. F. 132
Sampson, J. 284
Samuel 341
Sandelin, T. 323
Sanders, H. T. 597
Sanderson, E. S. 494
Sanderson- Wells. T. H. 24
Sanes, K. I. 326, 540
Sanfjilippo. E. 133
Sans, E. F. 413
De Santa Maria v Marren
277
Santner, A. 627
Sanz, E. F. 650
Sappington. S. W. 494
Sargent 537
Sato, K. 284
Saitta 675
Saud 52
Sauer, L. W. 282
Sauerbruch, F. 253
Savelli. G. B. 77
Savettt. G. 187
Saxl, P. 131, 274, 410, 485
Schaffer, K. 434
SchÀffer, J. 627
Schamberg 445
Scharlam 623
Scharnke 388
Scheer, K. 19
Scheicher 272, 340
Schemensky. W. 341
Schenk 367
Scherf, D. 485
Schiemann, O. 411
Schiff, E. 316, 436, 544,
590. 661
Schiff. Fr. 361
Schiffmann. J. 485
Schild-Hörde, F. 480
Schilder, P. 180
Schiller, E. 228
Schiller, VV. 300
Schilling, E. 341, 519, 049
Schindler 433
6
Inhaltsverzeichnis.
Scbinz, H. 101. 579, 644,
677
Schiötz, I. 628
Schittonhelm 156
Schjerning, J. 557
.SchlĂŒpfer, K. 559
Schlesinger 615, 623
SchloeĂmann 20. 157
SchlĂŒter 72
Schmelzeis. K. 75
Schmieden, O. 200
Schmieden, V. 342
Schmidt, P. 128, 650
Schmitt 435
Schmitz 435
Schmoeger 20
SchÀfer, H. 365
Schneider, H. C. 55. 298
Schneller, ,T. 365
Schob, F. 101
Schober 521
Schödel, J. 23
Schoen 608
Scholtz 43
Scholtz-Gregor 613
Schönfeld. A. 659
Schönfeld, H. E. H. 231
Schöning 202
Schopper, K. 486
Schott 388
SchottmĂŒller 251
SchrÀder. R. 16
Schreiber, E. 580
Sehreus, H. Th. 73, 564
Schrijven. J. 369
Schröder. H. 206
Schröder, R. 230, 322
Schubert. A. 102, 364
Schugt. P. 160
Schiihmann. M. 567
Schultz, J. H. 630
Schultze, A. 22, 74
Schutze, ' E. 205
Schultze-Rhonhof, F. 275
Schumacher 45
Schummans Stockheven,
W. 255
SchuĂier, H. 675
SchĂŒtz, F. 367
SchĂŒtz, E. 485
SchĂŒtz, J. 521, 578
SchĂŒtze 73
Schwab. M. 534, 615
Schwalbe 563
Schwartz, E. M. 163
Schwartz, A. 279, 325, 438
Schwarz, W. 411
Schwarzachen W. 524
Schwenkenbecher, A. 45
Schweyer, .1. 158
Scott. G. M. 258
Scott, O. 672
Sebastiani, V. 611
Sebastiani. A, 651
Segagni, S. 77, 187
Segall. H. N. 656
Seidl. A. 555
Seifert, E. 564
Seifert. O. 678
Seitz, A. 22. 156
Seitz, L. 159, 230. 343,
483
Seiberg 297
Seligmann, E. 226
Sella 490
Selma 325
Seltcr, H. 323
Semon. H. C. 537
Senigaglia, A. 133
Sergent, E. 26
Sever, J. W. 442
Sfamani, P. 625
Sforga, N. 324
Sgalitzer. M. 20
Shapiro 138
Sheen, A. W. 347
Sherman, H. 56. 282
Shermitt\ ,T. 279
Slijriley, P. G. 280, 308,
328
Shinley. P. 6. 662
Shipmann 659
Shizume, S. 415
Sicbeck, R. 19
Siebelt 342
Sieben. W. 435
Sieberti C. 90
Siebrecht 504
Sicedey 582
Siemens, H. W. 436
Siemerling, E. 388
Sidlick. D. M. 493
Sigwart, W. 389, 524
Silvestri, F. 53
Simici 653
Simmonds, N. 306, 328,
662
Simonds, J. P. 327
Simon 320, 534
Simons, A. 229
Simonini, A. 185
De Simone, R. 53
Sindlcr, .T. 26
Singer, G. 44, 179
Singer. R. 274
Sironi, L. 278, 507
Slavko 225
Smellie, J. M. 612
Smillie. W. G. 666
Smith, H. L. 27
Smith, S. 163
Smith, H. 258
Smith, Scott F. 259
Smith, C. L. 328
Smith, S. C. 346
Smith, F. M. 493
Smith, G. G. 659
Smitt, W. 158
Snapper 459, 581, 590
Snow Miller, W. 163
Söderlun<l, G. 25
Solomon, H. C. 56
Sonnenberg 204
Sorgo 71
SorreH 54
Soula. L. C. 325
Soulthworth T. S. 469
Spatz 2f1i
Spence, J. C. 161
Spiethoff 297
Spir, E. 560
Spitzer, R. 127
Spitzner, R. 23
Spolverini, L. M. 256
Spuhl, R. 542
Souarti, G. 611
Stachelin. R. 301
Stacy, L. J. 414
Stadelmann 201
Stahl, R. 74, 99, 363, 579
Stahr 16
StandvoĂ 409
Stangenberg, J. 390
Stanley. L. L. 138
Starkenstein 503
Starlinger, F. 362. 624
Staub, H. 580
De Stefano 277
Steiger, W. 521, 535
Stein, A. 492
Stein, C. 565
Stein, L. 608
Stein, R. O. 565
Steiner, W. R. 281
Steinert. E. 509
Stekel 225
Stephan, R. 17, 159
Stephan, S. 627
Stern 391
Stern, C. 434, 516
Sternberg, F. 299, 554
SternbeTg. W. 35, 63, 457
Sternthal 503
Stetner 341
Stevens, J. H. 79
Stewart 539
Stewart, D. A. 667, 669
Stewart. T. M. 443
Stiei.cr, G. 299, 485
Stiles. C. W. 468
Stillwill. H. R. 328
Stintzing, R. 199, 201, 363
Stirling, W. C. 415
Stock 630
Stockert, F. G. 624
Stoeber 178
Stoeltzner 156
Stone 526
Storm van Leuwen, W.
674
Stransky, E. 204, 228
StraĂburg 203
Sitrauch, A. 668
StrauĂ 101, 519
StrauĂ. H. 15
StrauĂ, H. 180
StrauĂ, O. 462
Strohl, A. 279
Strickler. A. 673
StrĂŒmpell, A. 44, 564
Stuart, D. D. V. 672
Stubbe, H. 558
StĂŒhmer, A. 229
StĂŒmpke 650
Stumpf, P. 49
Stutzin 159
Sultan 251
Sundelius, H. 646
De Sutty 613
Suzuki, T. 304, 467, 468
Svartz, N. 256
Swale Vincent 347
Sylves«, E. 610
Syme, W. S. 308
Symons. A. D. 491
Szeines, A. 365
SzentkirÀlyi, S., v. 276
Szily, v. 252
Szondi 534
T.
Taddei, D. 466
Takata, v. 234, 509
TalJquist, T. W. 676
Tanberg, A. 464
Tanere 251
Tangheroni. D. 324
Tannenberg, C, de 161
Tanner, Ch. O. 661
Tanturri, O. 467
Taschenberg 623
Tauber, R., 624
Taussing, F. J. 46t,
Tavernier 186 370
Teleky 489
Tenney, C. F. 280
Tenschert, O. 534
Terrien. F. 232. 653, 664
Thaer, E. 299
Thaler, H. 535, 677
Thannhauser, S. J. 158
Thedering, F. 598
Thoenes, F. 577
Thomas, E. 252, 320
Thomas., J. 661
Tharp, M. 415
TlĂŒemann, C. 74
Tigerstedt, C. 646
Tigerstedt R. 646
Tillier, R. 371
Tilmann 206
Tisdall, F. F. 27, 260. 308
Tobias, E. 607
Todd. A. T. 133
Toe plitz 72
Tompkins, E. 79, 210, 413
Töpleir 226
Törbes, D. 347
Traser, J. 257
Travers, P. 19
Tredgold 539
Tremcl, F. 559
Trent i, E. 345
Trepsat, L. 371
Troell, A. 104. 277, 646
Trotter, L. B. C. 184
Tscherning 198
Tsutsumi. T. 284
Tugeudredch 49
Tumpeer, J. H. 280
Turini, G. 411
Turolt. M. 390
Turquety 468
Turrettini, G. 580
u.
Ullmann, K. 535
l liiei, H. 487
Uhlenhulth, P. 557
Uhlenhuth. E. 671
Uhlmann 596
Uhthoff, W. 579
Ujhelyi 504
Umansky, M. 50
Umeno, L. 669
Unger, L. J. 187, 662
Urban, K. 521
Urtel 297
l'tlimöller, A. 625
ĂŒtitz, 285
Vaerting, M. 630
Vaglio, R. 52
Vahlen 298
Valande 667
Del Valle y Aldahalde,
R. 277
VaUery Radot, P. 187
Vandorfy, J. 16
Varekamp, H. 674
Vaux, N. W. 80
Veeder, B. S. 79
Velasco 138
Veronese, D. 53
Veronoff, S. 76
Vey, E. 22, 178
Villa, S. de 304, 651
Villegas Ramon 673
Viner 539
Vines. H. W. C. 673
Vogel, K. 207, 410
Vogeler, K. 377, 559
Vogl, A. 589
Vogt, E. 43, 48, 322
de Vricse, T. J. J. 392
Vacchelll 105
Voegtlin, C. 656
Voehl, J. 23
Voigt, L. 276
Volkmann 47
Vollmer, E. 101
Vonderlehr, R. A. 27
Vonesseii 228
w.
Wachendorf, K. 20
AVagner-Jauregg 484
AVagner-Jauregg 535
Walker, K. M. 326, 281,
492. 510
Walkw.itz 524
Walker, 659
Wallgren, A. 646
Walshe 665
AY'alte 69
Walter. F. K. 181
Waithard, 11. 302, 368
Waithard, B. 627
Wang. C. V. 258
Warnekros 17
Warnock, T. 526
Warren, M. 675
Warthin, A. S. 346
WaissertrĂŒdinger 578
Weaver, H. L. 280
Weber, E. 506, 579
Weber, O. 204
AVebster, W. 668
Wechsler, J. 47
Wegge, K. 595
Weimer, E. 102
Weibel, W. 484
Weichbrodt. R. 46
Weicbert, O. 527
Weinstein 49
Weil, A. 423. 597
Weil. R. 534
Weil, M. P. 655
Wein, D. F. 658
Weinberg 489
Weisbach 75
Weiss, H. 546
WeiiĂbedn 237
Weitgasser, H. 555
Weitz, W. 74
Wellmann 578
Wells, A. G. 106
Wells, H. G. 493
Weltmann, O. 534
Welton, Th. 8. 348
Werner, P. 99. 230
Wernstedt W. 369, 370,
392
AVerl e 43
Weskoff 555
Weskott, H. 320
W esterberg 627
Westhues. H. 627
Weth. G. v. d. 463
Wetmore, A. S. 26
Wetterer 504. 649
White, P. D. 135, 210
White, M. 187
Whitei 188
White, F. W. 441
Wichmann, A. 227
WĂŒchmann, P. 436
Widal, F. 655
Widel, F. 467
Widowitz 128
Wiedemann. H. 17
Wiedhoff, O. 343
Wieland, E. 438
Wieting 488, 556
Wiethold, F. 524
W'ĂŒldbolz 22
Wildbrand, E. 486
Wiliams. F. M. 305
Wilkins, H. F. 188
Wilkins. G. C. 210
Wildebrand, E. A. v. 646
W'illemse, A. 255
Willemse, A. 369
William, C. 56
AN illiams, J. T. 539
Williamson, A. C. 539
Wilson, M. G. 27
Wilson, C. M. 612
Wilson, M. G. 672
Wimberger 252
Winckler, A. 190
Winkler, C. 217. 366, 462
Wrinter, G. 22, 156
Winterberg, H. 274
Winternitz" 505
Wirges, J. 435
AVirth 483
AVirz, F. 437
AA ishart, M. 541
De Witt. H. 56, 282
Wittkugel 237
Wresehner 411
Wright 54. 526
AVright F. R. 445
Wright, H. P. 667
Wohlgemuth, K. 399, 425
Wohlwill, F. 13U
AVolbarst, Abr. L. 444
AA'olff. E. 178, 320
Wolff, P. 275
AVolff, F. 624
AVolffheim, AV. 159
AVollenberg 410
AVollner, A. 627
Woringer, P. 325
Worms 653
AVosegien, H. 675
AV'otzilka, G. 561
AVulff, E. 98
WĂŒlff, Ove 581
AVĂŒrtzen 581
AA'yard,.S. 537
Wyeth. G. A. 163
AA'ygodzinski 231
Y
Young, H. H. 493
z
Zachariae, G. 58
Zadek, I. 23
Zamorani. V. 77
Zandren, Sv. 556
Zappert. J. 613
Zeller 591
Zemann, W. 555
Zibordi. F. 466
Zielaskowski. M. 463
Zieler 555
Zietzschmann. O, IS1
Zimmer. A. 18
Zimmermann. R. 300, 553
Zimmern 157
Zink, R, R. 306
Zins, B. 589
Zinsser 1"
Zoep(fcl 460
Zondek, B. 463, 625, 626,
657
Zottcrmann, Y. 255
Zucker, T. F. 510
Zweig, H. 202, 273
Zweifel 460, 649
V. Sach -Verzeichnis.
Abdomen. AuskultationsphÀnomen bei akuten Er-
krankungen (Aschner) 106
Abdflminalbeschwerden bei Kindern (Traser) 257
AbfĂŒhrmittel (MĂŒller) 554
AbfĂŒhrtahletten, Homburger (Latz) 476
Abnorme Jugendliche (Kastan) 204
Abort (Engelmann) 484
â septischer (Grube) 520
â krimineller (Offermann) 230
â fieberhafter (Mauthner) 535
â Behandlung (Yates) 282
â Therapie des septischen (Hardorn) 363
1 â (HammerschlagD 71
â dss fieberhaften (Offermann) 230
â aktive (Saenger) 252
Ahortivbehandlung der Syphilis (Perutz) 73
Abtreibung, Aenderung des Gesetzes (AVygo-
dzinski) 231
Accessorius-LĂ€hmung nach Halsoperationen (Lahey
und Clute) 210
Achondropla-sie (Bergamini) 25
Achylia gastrica (Willemse) 255
(Grote) 519
Alenoides Gewebe, Röntgenbestrahlung (Herrmann)
136
AderhautentzĂŒndung mit dichten GlaskörpertrĂŒ-
bungen (Buck) 107
Adnexerkrankungen, Behandlung entzĂŒndlicher mit
Terpentineinspriitzungen (Hollendall) 103
â mensuellor Zyklus heli akut- und chronisch-
entzĂŒndlichen (Schröder und Neuendorff- Viek) 230
Adnex, Operationen (NĂŒrnberger) " 890
Adnextumoren (Probstner) 275
Adrenalin (Hottz) 591
â Bedeutung der Milz (Beniner und Helhvig) 74
â Störungen der Bildung (Peiser) 593
â bei Myelosen (Gola) 655
Akromegalie, Pathogenese (Petenyi) 213
Aktinemykose (Baracz) 559
Albertan (GrĂŒnthal) 270
â (BrĂŒning)
Albuminurie, Bence-Jones'sche (KrauĂ) 19
â orthostatische (Rieser) 443
â StrauĂ'sche Wasserprobe bei orthostatischer
(Gram) 184
Albusol (Eisenberg) 336
Alkalipenie (Symons) 491
Alkohol, Gesundheitliche AA7irkungen der EinschrÀn-
kung im Kriege (Vogel) 207
Alkoholische Geistesstörungen, Statistik (Glaubitt)
126
Amaurosis eclamps und Retinitis gravidarum
(Schlötz) 234
Ammenwesen (Moll) 484
Ammniakausscheidung nach Einverleibung von
SĂ€uren (Keeton) 235
Ammoniakausscheidung im Blutserum (StrauĂ) 180
Ammoniak-Dermatitis der Glutealgegend bei SĂ€ug-
lingen (Cookc) 27
Amylnitrit. Mischnarkose (AVinkler) 366
Anaemie. aplastische (Hummel) 657
â perniziöse (Adler) 302
â perniziöse (AVillebrand) 646
â sub partu, akute (Runge) 251
â sekundĂ€re im Kindesalter (Evans und Hopp) 306
â Knochenmarkbefunde bei kryptogenetischer per-
niziöser (Zadek) 2:1
â Trabekelblasen bei perniziöser (Kretschmer) 164
â Blutbehandlung (GroĂ) 128
â DuodenalspUlungen bei perniziöser (Böttner und
AVerner) 99
AnÀsthesie, AArert richtig angewendeter (Johnston)
164
AnÀsthesierung, lokale (Gerson)
Angina mercurialis (Almkvist) 75
â pectoris (Schmidt) 155
Anginose (Imhofer) 520
Angiosklerosis der Retina (Copps) 56
Ankylose des Kniegelenks, operative Behandlung
(Tavernier) 186
Ankylostoma duodenale (Cort) 307
Antikörper gegen Fettstoffe (Mmch) 329
Antisepsis (v. Gaza) 503
Anus praeternaturalis. Erzielung der Kontinenz
(Kurtzahn) 102
Aortensklerose (Mougeot) 654
Aortitis syphilitica (Schittenhelm) 156
Aphasie (Christin) 51
â totale bei Herd im Temporallappen (Marcus) 132
Appendix, Pigmentation (Cowell) 184
â Invagination (Hofmann) 321
Appendicilts (König) 320
â gangraenosa (Steiger) 535
â das konstitutionelle Moment (Backmann) 341
â und Pseudoappendizitis amöboiden Ursprungs
(Sanfilippo) 133
â und Heus, Differeutialdiagnose (Belesta.) 26
â und AbfĂŒhrmittel (Wohlgemuth) 425
Inhaltsverzeichnis.
7
Appeudizitisfrage (Rheiudorf) 229
Argaldon (Schlesinger) 628
Arm. kĂŒnstlicher (Roodcrer) 41S
Arsenobenzol bei Paralyse (R. do Fursae und FĂŒ-
ret) 370
Arsentherapic bei Nerven- und Geisteskrankheiten
(Blouohi) 104
Arteria bepatica propria, Unlterhinduug ohne Leber-
seuÀdigung (Hofmeister) 252
Arteriosklerose, Behandlung (Hertz) 40
â intravenöse K wsclsĂ€ureinjektioncn (KĂŒhn) 44
Arthritis deformans (Guleckc) 21
â â (Resehkei) 321
â typhosa und Periostitis (StrauĂ) 15
â Deviationen (Kaklmetcr) 303
â Intestiualinfektionen bei chronischer (Multen.) 106
â metastatische infektiöse der WirbelsĂ€ule
(Schvvartz) 163
Arthrodese des FuĂes (Ombredanne) 185
Arzneimittel der heutigen Medizin (DornblĂŒth) 236
â aus dw DigitaldBieihe (Marvin und White) 135
Arzneimittelgesellschaft der deutschen Gesellschaft
fĂŒr innere Medizin 201
Aerztliehes Standesgericht, Verein in Breslau 125
Aerzteverband, Wöhlfahrtseinrichtungen des WĂŒrt-
tembergischen 125
Askaridiasie der Gallenwege (Neudörfer) 485
Astasie-Abasie, hysterische (Arlas) 345
Asthenische UitfĂ€Ăreaktion (Schiff) 361
Asthenopie bei Tuberkulose (Magruder) 328
Asthma, klinische Klassifikation (Rackemanu) III
â infolge defekter ZĂ€hne (Rueck) 80
â und Raddummenopause (RoĂ und Roideston) 133
â ein Syndrom der Hypervagotonie. Belladonua-
behanddung (Lian) 161
â Bronchiale, Röntgenbestrahlung (Klewitz) 340
Atbetose, doppelseitige (Thomas) 320
Atem, Entstehung de« Cheyne-Stokesschen (Her-
zog) 227
Atmungsgymnastik (Kouindjy) 136
Atropin, Einfluà auf die MagenmotilitÀt (Lasch) 519
Auge, Verkupferung ,(JeĂ) 251
Augen, poÀrtraumatische Tuberkulose (Block) 234
Augenbefunde bei Gehirnkrankheiten (Black) ???
Augendruek, Verhalten im Fieber (Wessely und Ho-
rowrtz) 140
Augenheilkunde, Sammelreferat (Junius) 378
â Sammelreferat (Junius) 568
Augenkomplikatdonen bei Kinderkrankheiten (Pea-
body) 107
Augenleiden, Berufsberatung in der Schule (Levin-
sohn) in
Augenspiegel und ophthalmoskopische Diagnostik
(Dimmer) 235
AugenverÀnderungen bei infantilem Skorbut (Blake)
56
B
Bacillus aeidophilus (BaĂler und Lutz) 660
â pyoeyaneus, MenschenpathogepitĂ€t (Fi\aeukel) 202
BĂ€derbehandlung in Irrenanstalten 74
BĂ€derreak/tion (Zimmer) 18
Badgasteiner Thermalwasser, biologische Wirkun-
gen (Schweyer) 158
Balkenstichoperation, Ergebnisse (Pohlisch) 181
Bantische Krankheit im Kindcsalteir (Canelli) 53
Barlowsche Krankheit (Nassau und Singer) 591
â â (Ide) 662
Bartflechtenbehandlungi (Luda) 67
Basedowsche Krankheit, Röntgenbehandlung
(Haudek und Kriser) 272
â â Behandlung mit frischen Ncbejiniereurinden
(Shapiro und Marine) 138
Bauchschmerz (Karewski) 272
Bauchschmerzen bei Infektion der oberen Luftwege
(Brennemann) 27
Becken, akute EntzĂŒndungen (Secord) 308
â kĂŒnstliche (Baumann) 489
Behandlung, voroperative zur Erleichterung der
postoperatfiven Erscheinungen (GlaĂ und Wal-
lace) 258
BeingeschwĂŒre, Behandlung (Fischer) 202
Beinstellungen, Apparat zur Messung, (Debrunner)
_ â 408
BerufstÀtigkeit, Einfluà auf die Lebensdauer
(Winckler) ' 189
Beteiligung der Bauchdecken bei der Lumbago
(Smitt) 158
Bettruhe bei kranken Kindern (Karger) 32
Bilirubin, Ausscheidung (HĂ€Ăler) Ă10
BilirubinÀmie (Vogl und Zjnsj 589
Biologische Beiziehungen von Mutter und SĂ€ugling
nach der Geburt (Heim) 87
Bismogenol (Grimme) 585
Blase, Karzinom (Smith) 659
â Plattenepithelkarzinom (Hinman und Gibson) 138
Blasen-Scbeidenfisteln, Nachbehandlung von ope-
rierten (Chuite) 139
Blasensteine bei Kindern (Johansson) 256
Bleivergiftung (Barron und Habein) 209
Blennorhagie beim Kinde, (Frassi) 53
Blepharospasmus (Blatt) 486
Blindheit, hysterische (Amat) 324
Blut, Gerinnung (Elving) 303
â Nachweis im Urin (Johanuesen) 77
â Chloridgehalt bei Sublimatnelphrose (Killian) 162
â gefĂ€Ăverengernde Stoffe bei Hypertonien (HĂŒlse)
179 -
Blutdruck, hoher (Kiseh) 589
â hei funktionellen GerĂ€uschen (Martin) 209
â Verhalten nach Röntgenbestrahlung (Levy-Dorn
und Weinstein) , 49
â Verhalten nach Röntgenbestrahlung (StrauĂ) 101
Blutkörperehen, Gruppenreaktion zum Nachweis
aktiver Tuberkulose! (KĂŒmmell) 72
Blutplasma und Blutkörperchen, Kalziumgehalt
beim Neugeborenen (Jones) 109
Bdutregeneratipn nach hÀmorrhagischer AnÀmie
(Musser) 80
Blutstillung bei Verletzungen von GefĂ€Ăen (Volk-
mann) 47
Bluttransfusion (Oehlecker) 310
â (Levine und Segall) 656
â deleitĂ€rer Effekt des Natriumzltrafcs (Unger) ist
Bluttransfusionen bei schweren Verbrennungen im
Kindesalter (Robertson) 189
Blutung, lntraperitonieale bei Ruptura vesicae tel-
leae (Gylleup) 183
Blutungein, intrakraniellc Neugeborener (Henkel)
181
â Nachweis von okkulten (RusznyĂ€k und Van-
dorfy) 1«
Blutuntersuchungen bei Neugeborenen (Lucas,
Dearing, Hoobler, Cox, Jones und Smith) 259
Blutzucker bei Artenioskerose (Botti) 324
â Verhalticn bei Herzkrauken (Travels) 19
Blutzuckerspiegel nach intravenösen Infusionen
hochprozentiger Traubenzuekerlösungen (Opitz)
178
BolzenkauĂŒle (Esch) 593
Brille, Indikationen des Gebrauchs (Fertig) 120
Bronchialasthma, Beziehungen zur chronischen Ob-
stipation (KrÀmer, Petersen) 184
BronchialdrĂŒsen, Röntgendiagnose der Tuberkulose
(Kretschmer) 101
Bronchiadkarzinom (Walkwitz) 524
Bronchialverzweigungen, Muskulatur der feineren
(Snow Miller) 163
Bronchdektasie im Kindesalter (Piltz) 228
Bronchitis, Heilung putrider durch Neosalvarsan
(Gralka) 219
Bronchoskopie bei LungenabszeĂ (Lynah) 55
Briisitl, Diathermiebehandlung (Seitz und Vey) 22
Brustkarzinom (Merk) 44
Bulbus Scillae (Markwalder) 272
â (Markwalder) 629
Buttermehlnahrung (Exchaquet) 24
' â (SehloĂmianii) 157
Butyn (Bulson) 281
c
Calomelinjektionen als Ursache von tödlichen Ver-
giftungen (Backer) 52
Cardiospasmus, Operation (KĂŒmmel) 47
Cerebellares Lokalisationsproblem (Troell und
Hesser) 104
Cerebrale Diplegie und statischer Infantilismus
(Thomas) 130
Chaumoognaöl (Peers) 659
Cinchonaalkalodide (Acton) âą 184
Clavicula, Behandlung der Fraktur durch Dauer-
traktion (Burian) 208
â Behandlung und Mechanik typischer BrĂŒche
(HĂ€rtel) 253
Coagulen (Perreiti) 276
Colitis ulcerosa (Leuschen) 52
Corpus luteum und Menstruation (Mackenzie) 347
Cyanose, vorĂŒbergehende schwere Mischuugs-
eyanose beim Neugeborenen (Göppert) 128
Cyarsal (Negendank) 73
â und Syphilis (Mentberger) 246
Cymarintherapie (Bonsmann) 71
Chinidinsulfat hei Herzerkrankungen (White und
Burwell) 187
Chinidin bei Herzerkrankuugen (Cheinisse) 325
â zur Behandlung von Vorhofflimmern (Wolferth)
209
â bei Vorhofflimmern (Eysttr und Fahr) 327
('hinin (»Singer) 273
Chirurg und Pathologe (Bond) 64
Chlorophyll, PrÀparate (Köndgsfeld) :rij
Cholecystektomie, Erfolge (Hinz) 21
Cholelithiasis, Genese, Diagnostik und interne The-
rapie (Graul) 116
Cholesteringehalt des Blutserums beim Neugebo-
renen (De Simone) 53
Cholesterin in der ZerebrospinalflĂŒssigkeit (Fa-
brios) 104
â Bedeutung des Stoffwechsels fĂŒr die patholo-
gische Anatomie (Jaffe) 2
Chorea, Natur der choreatisehen Bewegungen
(Andre-Thomas) 208
Choroiditis, chronische (Allport) 56
Chylothorax im Kindesalter nach Hodgkin'scher
Krankheit (Gralka) 242
D
DarmtÀtigkeit, Regelung (Arnoldi) 100
Darm, Bakterienflora (Sherman, de Witt und
Lohnes) 282
Darmhakterien, Beziehungen zur Wasserstoffionen-
konzentration (Scheer) 19
Darminvagination (Goldschnrddt) 20
Darmkolik, Pathogenese der Schmerzen (BrĂŒning
und Gohrbandt) 16
Darm, postdiiphtherische Störungen (Werle) 43
Darmstöruugen, Injektion von Ziegenmilch bei
chronischen (Rodriguez) 232
Darmtuberkulose (Loll) 203
â beim Kind (Pitts) 139
Darmuclus, entzĂŒndlicher (Körte) 206
Dementia praecox und Hysterie, Differential-
diagnose (Wichmann) 227
Dermatosen, desquamative beim SĂ€ugling (Hallez)
186
Dermatitis herpetiformis (Oliver und Eldridge) 493
Desinfektionsmittel, PrĂŒfung und Begutachtung
(Ritter) 202
Desinfektionsordnung, neue preuĂische 28
Diabetes (Renshaw) 537
â Aetiologie (StrauĂ) 519
â und Schwangerschaft (Bell) 281
â insiipidus (Larson) 658
â mellitus und Urobilinogenurie (Hetenyi) 16
â Behandlung (Richter) 157
â diĂ€tetische Behandlung (Kreiil) 309
â Organtherapie (Loening und Vahlen) 298
â und chirurgischer Eingriff (Lauritzen) 18
Diadin (Oppenheimer) 484
Diagnostik, systematische des KlndcHalter« <l'n
tenyi) 38, 62
Diaphragma, kongenitale Hernie 1 Hofen 2:1
â traumatische Hernie (Gordon und Golan) 280
Dialhese. exkudative, lymphatische (Mouradi :,2
â spasmophdle (Wcrnstcdt) 370
Diphtherie beim SĂ€ugling (Spiitzncrj 28.
â VerĂ€nderungen dos Liquor cerebrospinalis I Hal-
lez) 270
â bakteriologische Diagnose (Sitter) 322
â experimentelle Impfung mit virulenten Bazillen
(Guthrie) 137
â Serumthcrapie (Friede mann) r>7.',
â EinfluĂ des Trypaflavins auf Infektion und
Vergiftung (Reinhardt) 202
â Puppenauge bei postdiphthcrisclicr LĂ€hmung
(Widowitz) . 12s
Diphtheriebazillen im Auswurf (Singer) 44
â im Auswurf (Meyer) 72
â in der Nase beim SĂ€ugling (Schödel) 23
â Vorkommen in der Scheide (Lonne und Schlifft)
tĂŒ> Iii, 160
Diphtherie, BazillentrÀger (Marsball und Guthrie)
392
DiphtheriebazillentrÀger, Behandlung (Amman) 208
â Behandlung mit Diphthosan (Biemann) 15(i
â unter den Schulkindern (Beckler, Gillette und
Parker is:;
Diphtheriebouillon, paradoxe Reaktion §Kassowitz)
19
Diphtherietoxin, Nachweis im Serum von Diph-
theriekranken (Busacchi) 77
Diphtlierievakzine ,,TA", passive Immunisierung
der Neugeborenen (Kirstein) 182
Diphtherische Angina bei jungen SĂ€uglingen
(Bleehmann und Chevalley) 187
Diphthosan (Scheicher) 272
Diurese, Beeinflussung durch Traubcnzuekerinfu-
sionein (Isaac) 157
DiureWicum Novasurol (Haggeney) 156
Duodenaldivertikel (HolzweiĂig) 229
Duodenum, Sekretion (Bennet und Dodds) 133
â Bakterienbcfunde im Saft (Hoefert) 130
â Analyse des Inhalts (FrledejiwaJd und Sindler) 26
â Physikalische Beschaffenheit und Enzymwirkung
des Inhalts (McClure, Wetmore und Reynolds)
26
â Indikationsstelluug bei akuten Blutungen (Fin-
sterer) 205
â peptische GeschwĂŒre (Gruber und Kratzeisen) 99
â Stenose (Meyer) 272
â Ulcus (Lorenz) 48
â Ulcus beim SĂ€ugling (Palferson) 133
â SpĂŒlungen bei der perniziösen AnĂ€mie (Böttner
und Werner) 99
Duploferrin (Lippert) 602
Dysenterie. Agglutination des Bacillus (Flexner)
108
â Serumth&rapie der bazillĂ€ren beim Kinde (Jo-
sephs und Davison) 135
DysenterieÀhnliche Erkrankungen bei Kindern
(Mita) 163
Dyspepsie, hĂ€ufige Ursache bei kĂŒnstlicher Er-
nÀhrung (Veronese) 53
â Behandlung beim SĂ€ugling (Moll) 8
Dystrophie der Knochen (Leri) 208
â muscularis progressiva nseudobypertrophica,
Bildung von Kreatine (Gibson und Martin) 235
Ehe und Gesundheitszeugnisse (Feilehenfeld) 75
Eigenharnreaktion nach Wildbolz, Darstellung
eines AntigeuprÀparates (Lanz)
- â im SĂ€uglingsaltler (Alder) 201
EinffeĂ des Kalkes auf den Stickstoff- und Harn-
sÀurcwechisel (Koichi Nijadera) 235
Eiterungen, chemotherapeutische Behandlung (HĂ€r-
tel und v. Kishalmy) 17
EiweiĂ, l'eheremipfindlichkeit beim Kinde (Peshkin
und Roet) 306
Eiw.eiĂkörper, Vorkommen des Bence-Jones'schen
(Kimmerle) 180
â parenterale Behandlung mit unspezifischen
(Stintzig) 199
EiweiĂmilch (Moll) 591
â in Pulverform (Sader) ' 282
EiweiiĂprodukte, toxische als Ursache des Inani-
tdonsfiebers (De Witt, Sherman und Lohnes) 56
Eklampsie (Paramore) 24
â puerperale (Schönfeld) 231
â Aetiologie und Behandlung (Liepmann) 48
â abwartende Behandlung (Lichtenstein) 131
Elektrokardiogramm, Einwirkung kohlensaurer
StahlbĂ€der (WeiĂbein und' Wittkugel) 237
Embolektomie (Key) 391
Empyen der Gelenke, Behandlung (Klapp) 1
Empyeme, chronische. (John und Gibbon) 657
Encephalitis (Monakow) 412
-âą (Sawz) 413
â congenita (Wohlwill) 130
â epidemica (Beriel) 134
â epidemica (Bing und Staehelin) 301
â â (M'etnsi) 651
â â Histologie (HĂ€uptli) 1 111
â â SpĂ€t- und DauerschĂ€den (Hofstadt) 110
â lethargica (Stiefler) 299
â â (Achard) 596
â â und Poliomyelitis (Neustaediter, Larkin und
Banzhaf) 106
â PersönlichkeitsverĂ€nderungen bei Kindern in-
folge epidemischer (Kirschbaum.) 130
â experimentelle epidemische des Kaninchens
(Kling, Bayide und Liljenquist) 76
Encephalocele (Arquellada) 324
Encephalomyelitis epidemica (Alexander) 99
Endarteriitis ohliterans (Higier) 434
Endocarditis (John u. Arnett) 657
â chronische (Curschmann) 410
â lenta (GeĂler) 45
8
Inhaltsverzeichnis.
â und Schwangerschaft (Eufinger) 322
â Klinik der subakuteu bakteriellen (Murray) 139
Endocrine Probleme in der Beckenehirurgie (Ros-
ser) 107
â Sekretion, Bedeutung bei Störungen des Stoff-
wechsels und der Verdauung (Biedl) 106
Endokranielle Operationen gegen die Fazialis-
neuralgie (JentzeT) 103
Eudothermie, chirurgische bei malignen GeschwĂŒl-
sten (Wyeth) 163
Enteroantigene (I)unn) 305
EntzĂŒndung (Aschot'f) 555
Enuresis nocturna, Behandlung (Goldstein) 471
Epidermolysis bullosa (Mayr und Katz) 437
Epididymitis (Reinhard-Eichelbaum) 361
â (Wetterei) 503
â (MlUler u. Reese.) 675
Epilepsie (Schott) 38?
â (Klienbcrger) 536
â operative Behandlung (LiMle) 282
â Nebennierenexstirpatiou (Sultan) 251
- Xebennierenexstirpatiou (Wohlgemutu) 399
â die syphilitische Natur der essentiellen (Leredde)
105
Epiphyse, Erweichung (Liek) 388
Epispadie (Joung) 414
Epitheliome, Behandlung der oberflÀchlichen mit
Radium IDuncan) 188
EpithelkĂŒrperclien (Hartwich) 300
Erbrechen, habituelles und Syphilis (Marfan und
Lcmiaire) 186
ErkÀltungskrankheiten (Chvostek) 678
Erkrankungen, scheinbare zeitliche VeiÀnderungen
in der HĂ€ufigkeit und Erscheinungsweise (StrĂŒm-
pel) 44
ErnĂ€hrung, kĂŒnstliche beim SĂ€ugling (Savetti und
Segagni) 187
â im Alter von 2â20 Jahren (Renault und Tannen-
berg> 161
â Beeinflussung der KörperlĂ€nge und -fĂŒlle (Kasso-
witz) 10«
â und Verdauungsstörungen (Mc Carrison) 258
â bei Tuberkulose (Cawadias) 78
ErnÀhrungszustand und Fettpolster bei Kindern
(Kuntze) 74
â und Körpermasse (Huth) 108
Eruptionsfieber beim Kinde (Levy) 78
Eiweiterungsinstrumente (Sworowski) 531
Erysipel, Behandlung (Kumaris) 364
â heilender EinfluĂ auf Gewebsneubildungen, be-
sonders bösartige Tumoren (Wolffheim) 159
ErythrÀmi«, Behandlung mittels Röntgenstrahlen
(Schöning) 202
Erythema nodosum (Gneissaz) 51
Exanthem, febriles beim Kinde (Veeder und Hempel-
mann) 78
Exophthalniie, semiotischer Wert (Temen) 232
Exophthalmus und Polyurie bei Kindern (Hand) 26
Exsudative Diiathese, Konstitutionspathologie
(Stransky und Weber) 204
FacialislÀhmuug. Behandlung (Auerbach) 158
â Neuralgie, endokranielle Operationen (Jentzer) 103
â PhĂ€nomen bei Geisteskranken (Holzel) 505
â PhĂ€nomen, Bedeutung im schulpflichtigen Alter
(Schnitze) 74
Fetrgewebsnekrosen, subkutane boim Neugeborenen
(Bernheini-Karrer) 132
Fettpolster und ErnÀhrungszustand bei Kindern
(Kuntze) 74
Fibromyombehandlung mit Röntgenstrahlen (Dries-
sem) 160
Fieber, alimentÀres (Be«sau, Rosenbaum und
Leichtentritt) 299
â alimentĂ€res (Bessau) 435
FixationsabszeĂ (Todd) 133
Fixationsverband (Loeffler) 297
FleckĂŒeber (Finkeistein) 251
Flexura sigmoidea Volvulus (Gussea) 159
Flockungsreaktionen nach Meinicke, Ergebnisse
(Jantzen) 46
Fluorbehandlung mit Bazillosan (v. Jaschke und
Salomon) 160
Frauenmilch, Kalorienwert (Pestalozza) 53
Fremdkörperperitonitis, Diagnose (Pick) 47
Friedreich-Ă€hnliche Krankheitsbilder (Schob) 10t
FrĂŒhgeburt (Rosenstein) 659
â von 790 gl- (Huber) 108
Funktionelle GerÀusche, Blutdruck (Martin) 209
FuĂ, Lehre vom FuĂgewölbe und PlattfuĂ (BrĂŒ-
ning) 21
FuĂ, PlattfuĂoperatfionsmethode (WĂ€chter) 131
â HohlfuĂbeschwerden (Lackner) 11
â Aetiologie des kongenitalen KlumpfuĂes (Hahn)
131
â VorfuĂsehmerz (Engelmann) 74
â entzĂŒndliche MHtelfuĂgeschwĂŒlste (DeutschlĂ€n-
der 253
â Arthrodese (Ombredanne) 185
Gallenblase, Ruptur (Gylleup) 183
Gallenblase. Diathermie bei entzĂŒndlichen und
spastischen Reaktionen (Aimard) 161
GallengÀnge, Injektion von Wismuthpaste (Tenney
und Patterson) 280
Gallensteine, Röntgendiagnostik (Rieder) 229
â röntgenologische Darstellbarkeit (SchĂŒtze) 73
â medikamentöse Behandlung (Blank) 221
Gallensteinerkrankung (Körte) 128
Gallenwege, kongenitaler VerschluĂ (Schiff und
Eliasberg) 316
â Infektionen (Bottomley) 440
Ganglioneurom (Berner) 561
Gastroenteroanastomose, Circulus vitiosus (Blond) 44
Gastroskopie (Schindler) 433
GaumenabszeĂ, lymphatischer der oberen Front-
zÀhne (Klestadt) 99
Geburt, diagnostische und therapeutische IrrtĂŒmer
(Fehling) 349
â rektale Untersuchung (Heynemann) 48
â Traubenzucker als wehenförderndes Mittel (MĂŒl-
ler) 181
â die fötale Indikation zur operativen Beendigung
(Guggisberg) 183
â plötzlicher natĂŒrlicher Tod (Katz)
â erschwerte, infolge AbschnĂŒrung eines Schen-
kels durch die Cervix (Greenhill) 259
Geburtshilflich-gynÀkologische PropÀdeutik (Po-
lano) 349
GeburtslÀhmung (Schubert) 364
GefĂ€Ăverletzung, Versorgung (Mocny) 21
Gehen, orthopĂ€discher Apparat fĂŒr die Wieder-
herstellung (Lavermlcocca) 105
Gehirn und SchÀdelknochen (Tillmann) 206
Gehirnkrankheiten, Augenbefunde (Black) 56
Gehirnrachitis (Looft) 392
Gehirnrinde, Zwerchfellzentrum und Singultus
(Knapp) 227
Gehörorgan, funktionelle ErmĂŒdung (Bleyl) 23
Geisteskrankheiten, Arsentherapie (Bicuchi) 104
Gelenke, luetische Erkrankung (Axhausen) 141
Gelenkrheumatismus, Behandlung mit Salizyl-
natrium (Lutembacher) "25
GelenkentzĂŒndung, gonorrhoische (Langer) 128
Gelenktuberkulose, Behandlung der offenen mit
KontentivverbÀnden (Conti) 162
Genitale, Funktionen des weiblichen (Zietzsch-
mann) 181
Genital- Prolaps (Meyer-RĂŒegg) 323
Genitaltuberkuilose bei Knaben (Dellinger-Barney)
260
â weibliche (Bertolini) ???
Geruch, Physiologie (Calderin) 490
Geschlechtskrankheiten (Stein) 565
â Krankenordnung der R. V. O. (Haunauer) 112
â GesetzentwĂŒrfe zur BekĂ€mpfung (Dreuw) 94
â Kontrolle in England (Rout) 80
Geschlccbtsprognostik (Aebly) 123
Geschlechtsverirrungen (Sadger) 348
Gesundheit und gewerbliche Arbeit (Beyer) 82
Gewebe, Beziehungen zur Diurese und Bedeutung
als De.pots (Nonnenbruch) 251
Gewerbehygienische Rundschau (Michaelis) 12
Gicht (Gudzent) 556
â Therapie und Pathogenese (Thannhauser) 158
Gigantismus, Pathogenese (Petenyi) 213
Glandula pinealis, Histologie und Physiologie der
menschlichen (Walter) 181
GlaskörpertrĂŒbungen beti AdcrhauterutzĂŒndung
(Buck) 107
Glaukom (Levinsohn) 628
Glaukoma, Simplex mit normalen Tonometer-
werten (Köllner)
Glomerulonephritis, Aetiologie der akuten dif-
fusen (Kylin) 180
Glukose, Toleranz (Langston) 413
Glukoseinjektionen, intravenöse bei Schwanger-
schaftstoxÀmie (Givens) 259
Glykosurie, alimentÀre (Holst) 369
â bei Schwangerschaft und Menstruation (KĂŒstner)
297
Goldkolloid, Reaktion bei Poliomyelitis (Regan) 328
Gonorrhöe, Provokation der latentejn (Nevermann)
202
â Behandlung (Roseinthal) 319
â Lichtbehandlung (Guthmaun) 48
â interne UnterstĂŒtzungstherapie: Cystosan (Sic-
hert) 90
- der Gelenke. Behandlung (Klapp) 1
Gonorrhoische Gelenks- und Sehnenscheidenent-
zĂŒndung (Langer) 128
GraviditÀt, extrauterine (v. Oettingen) ⹠366
GraviditÀtsanÀmie, perniziöse und perniziosaartige
(Beckmann) 160
Grippe, Jodprophylaxe (Stettner) 340
â Behandlung bei Schwangeren (Koertiug) 18
â Encephalitis XGrage) 434
â Pseudoappendizitis (Dubs) 489
Gruber-Vidalsche Reaktion (GroĂer) 297
GrundriĂ der inneren Medizin einschlieĂlich der
Nervenkrankheitein (Milchner) 212
â der Röntgendiagnostik innerer Krankheiten
(MĂŒnk) 212
Gumma syphiliticum ovarii, positiver Spirochaeten-
befund (v. Kubinyi und Johan) 160
GynÀkologie, Repetitorium (Leisewitz I 563
-â diagnostische und therapeutische IrrtĂŒmer
(Kuhn) 360
â und Allgemeinerkrankungen (Waithard) 368
H
Haarausfall. Behandlung des vorzeitigen (Mac
Kee und Andrews) 79
Haarwuchs, Förderung (Friedenthal) 73
Habitus, praktische Bedeutung der Lehre (Aschner)
252
Hiftpflichtversicheruug 84
Halluzinationen, einseitige akustische (Sam) 132
Halslymphome, Röntgentiefenthcrapie der tuberku-
lösen (Karger) 57
HĂ€magglutination. gruppenweise (Eden) 226
HĂ€mangiom der Blase (Faerber) 358
HĂ€moglobinurie, paroxysmale und Syphilis (Bur-
meister) 129
â paroxysmale und hĂ€moklasische Krise (Mon-
tagnanu) 185
HĂ€moklasiche Krise (Holzer und Schilling) 341
â Krisen (Gautier) 51
â Krise und paroxysmale HĂ€moglobinurie (Mon-
tagnani) 185
HĂ€mophilie (Pflug) 68
HĂ€moph.tyse bei Lungentuberkulose (Ehreubcrg) 256
HĂ€morrhoiden, Injektionsbehandlung (Boas) 607
HĂ€mosiderose (Araaaer) 627
HĂ€mosiderosis bei SĂ€uglingen (Dubois) 301
Hand, Riesenwuchs der rechten Hand (Jouon) 140
HandinfektiKjnen. Aetiologie und Behandlung
(Hill) 80
Handschrift und Medizin (Möller) 65
Handbuch der Röntgenlehre (Gocht) 212
Harn, Nachweis von Blut (Johanesen) 77
â quantitative kolorimetrische Zuckerbestimmung
(Cohen, Tervaert) 255
â Kolloidgehadt (Pribram und Ergeuberger) 100
â pathologische Beistandteile bei Kindern (Ding-
wall-Thordya) 209
â klinische Reaktion auf die Anwesenheit von
Zellen (Benians) 209
â BekĂ€mpfung der postoperativen Verhaltung
(Vogt) 48
Haminkontineuz, operuative Behandlung beim
Weibe (RĂŒbsamer) 22
Harnröhre, Dilatation (Hammesfahr) 438
â VerĂ€nderungen der mĂ€nnlichen im Röntgenbild
nach KontrastfĂŒllung (Kurtzahn) 73
HarnsĂ€ure, Gehalt des Blute« (KrauĂ) 591
HarusÀurewechsel Einfluà des Kalkes (Koichi Ni-
jadera) 235
Harnstoffbildende TĂ€tigkeit der Leber bei Leber-
kranken (Petenyi) 227
Hasenscharte, Behandlung (Moorehead) 136
Haut, Beziehungen zum Gesamtorganismus (Bloch)
201
â Schwankungen in der Temperatur hei Kindern
(Fonzo) 104
â Röntgenbehandlung der Krankheiten (Lawrence)
188
â intravenöse Traubenzuckerinjektionen bei Er-
krankungen (Scholtz und Richter) 43
Hautkrankheiten. Lehrbuch (Joseph) ' 236
â durch mineralische Oele (Nauder) 52
Hautouberkulose, neue Injektionsmethode des Tu-
berkulins (StraĂburg) 203
HautverÀnderungen bei Typhus abdominalis (Var-
gas) 110
Hefe, bakterizide Wirkung (Schugt) 160
Heizsonde bei Gonorrhoe (Frank) 390
Heliotherapie, intermittierende (Romich) 320
â der nichttuberkulösen Aftektionen (Arnstadt) 207
Hellsehen und Telepathie (v. Wasielewski) 236
Helisicol (KĂ€rcher) 667
Herellesches PhÀnomen (Otto und Munter) 99
Herpes, Aetiologie (LipschĂŒite) 101
â Aetiologiei (LipschĂŒtz) 182
â Zoster, Ă€tiologischer Zusammenhang mit Va-
rizellen (Jacobi) 109
Herpes zoster und Facialisparalyse1 (Worms) 653
Herz, Frequenz (Tigerstedt) 646
â Röntgenverfahren zur FunktionsprĂŒfung (Groe-
del) 227
â Störungen bei Scharlach (Hirsch) 225
â Tuberkulose (Korybut) 325
â Verlagerung bei umfangreicher Lungenver-
dichtungen im Kindesalter (Duhem) 134
â Kalzium in der Therapie (Singer) 179
Herzanomalien, seiteine (Ratner, Abott und Be-
attie) 27
Herzerkrankungen, Diagnose (White) 211
â vitale KapazitĂ€t der Lungen (Wilson und Ed-
wards) 27
â intravenöse Traubenzuckerinfusion (Travers) 19
Herzklappen, Tuberkulose (DreĂler) 561
Herzkranke, nervöse Störungen (Jaquet) 391
Herzkrankheiten. Prognose. (Moon) 346
Herzleiden und Schwangerschaft (Nelius) 506
Herz. Massage (Eisenmenger) 657
Herzmassage beim Wegbleiben der Kinder (Japha)
228
Herzmuskel. Nervenendigungen (Sato) 284
Herzschmerzen (Hoffmann) 43
HerztÀtigkeit, Beeinflussung durch Traubenzucker-
infusionen (Isaac) 157
Herztod bei Diphtherie. (Smith) 346
Heufieber (Kamann) 434
Hilfsschule, BedeĂŒtun g endogenerer und exo-
gener Faktoren (Reiter und Osthoff) 47
Hirn, Encephalographie- (Bingel) 73
â Bestimmung des elektrischen Widerstandes
(SchlĂŒter) 72
â körperliche LeistungsfĂ€higkeit bei Verletzte!1
(Bappert) 101
â AbszeĂ (Rindfleisch) 262
â Strahlenbehandlung der Tumoren (Pancoast) 414
Hirntumoren, Methode zum Auffinden (Meyer) 72
Hirschsprungschc Krankheit (Haugk) ÂŁ42
â â (Vogel) 364
Hoden, Transplantation und HomosexualitÀt
(Kreuter) 488
Hodgkin'sche Krankheit. Chylothorax (Gralka) 242
HohlfuĂ (Lackner) 559
HomosexualitÀt, Behandlung (Moli) 565
HĂŒfte, schnappende (Vogel) 410
â Osteochondritis (Calot und Collen) 209
HĂŒft-Frakturen (Moore) 137
HĂŒftgelenk, Analyse der Bewegungen (Scherb) 34*
HĂŒftgelenksluxation, traumatische bei Kindern
(Doelle) 254
HĂŒftluxationem, Fernresultate der unblutigen Ein-
renkung (Frölich) 185
llumagsolan (Scharlaml 623
Hutinelsche Krankheit, chirurgische Behandlung
(Curchod) 24
Hydrocephalus (Nafiagas) 137
â postoperativer (Garrido-Lestache) 54
Hygiene, Kompendium der sozialen (Chajes) 236
Hyperemesis gravidarum (Kuhn) 550
â â Behandlung mit Veronal (JacobĂ€us) 184
Hyperthymisation, Folgen (Demel) 229
Hyperthyreodismus, Verhalten des Herzens bei
experimentellem (Hashimoto) 107
Hypertonie (KĂŒlbs) 644
â gefĂ€Ăverengernde Stoffe im Blute (HĂŒlse) 179
Inhaltsverzeichnis.
â und Diabetes (Kyltn) S2»
Hypervagotonle als Ursache von Asthma (Lian) 101
Hypnose (Schnitt) 030
â und Suggestion (Sanders) 82
â â (Friedrichs) 502
â »ur Heilung eines schweren Innnltionszjistandes
(Tscherning) 198
Hypnotischer Geburtadammerschlaf (Sohultse-Rhon-
hof) 275
Hypnotismus und Suggestion (Satow) 82
â und Geistesstörung (Siermerling) «88
Hypophyse, Wachstumsfunktionen (Petenyi) 213
â Störungen der Funktion bei Lues cerehri
(BĂŒseher) 204
â und AntikĂŒrperbildung (Cutlcr) 678
â Schwaiigerschaftshyperthrophie (Jung) 183
â bei Nferenerkrankungen (Höppli) 007
Hypophysenextrakte zur Wehenauregung (Oal-
man) 72
Hypophysenextrakt zur NierenfunktionsprĂŒfung
(Brieger und Rawack) 46
Hypophysentumor (Neff) 107
Hypophysis, Tumoren (Eisenslein) 644
Hypopituitarismus (Lisser) 671
llysterektomie (Proust und Mal'et) 304
Hysterie, kindliehe (Carvengt) 659
â und Dememtia prĂ€eox. Diffeientialdiagnose
(Wlchmann) 227
1
Idiosynkrasien (Wiedemann) 17
Jejunalulcus, Bedeutung des Pylorus fĂŒr das Zu-
standekommen des postoperativen (Haberer) 21
.Tejunum, Ulcus (Beer) 34J
Ikterus catarrhalis (Eppinger) 485
â septischer (Birngold) 130
â Simplex (Schilf und Eliasberg) 661
SpÀtikterus nach Salvarsan (Jacobsohn) 148
Ileus, Diagnose des akuten mittels Röntgenstrahlen
(Guillaume) 208
â und Appendizitis. Differentialdiagnose (Be-
lesta) 26
ImmunitÀt, tinspezifische (Much) 255
Impetigo, Nephritis (Husler) 658
Impfnekrose (Vollmer) 101
Impfschutz (Bösser) 515
Impfung per os (Besredka) 652
Impotenz des Mannes (Orlowski) 82
Inanitionsfieber. verursacht durch toxische Ei-
weiĂprodukte (De Witt, Sherman und Lohnes) 56
Inanitionszustand, Heilung durch Hypnose (Tscher-
ning) 198
Indikanurie bei Kinderkrankheiten (Nigro) C39
Infantilismus, Abgrenzung und Aetiologie (Bor-
chardt) 226
â intestinaler (Lichtenstein) 369
â psychosexueller (Kronfeld) 82
â statischer bei cerebraler Diplegie (Thomas) 130
Infektionen, chirurgische u. Dispostion (Cabot) 139
Influenza, Aetiologie (Angerer) 231
â als primĂ€res Oedem der respiratorischen
SchleimhÀute (Brenner) 137
â bei Tuberkulösen (Lunde) 228
â Behandlung durch direkte Reizung der Leuko-
zytenbildung (Willmore und Gardner) 184
Inguinalhernie, rezidivierende (French) 283
Injektion, intrakardiale (Vogif) 43
Innere Sekretion (Weil) 348
Intestinalinfektionen be'i chronischer Arthritis
(Mutch) 106
Intestinum, Lage- und Formanomalien des kind-
lichen (Simonini) 185
Jodkalilösung zur Darstellung von FistelgÀngen im
Röntgenbild (Lehmann) 253
Irrenanstalt. Stand der Krankenpflege (Ast) 49
Irresein, Bedeutung der ErbkonsUtĂŒtion (Kahn) 180
Isapogen (Thoma) 664
Ischias, Aetiologie und Pathogenese (Lindstedt) 180
Tsoagglutinine Im Blut des Neugeborenen (Jones)
260
Jugendirresein, Ursachen (Sonnenberg) 204
K
Kaiserschnitt (Gamble) 392
â in LokalanĂ€sthesie (Frey) 17
Kalk, Stoffwechsel u. innere Sekretion (Bauer) 670
â der Kuhmilch, Beziehung zur Verdauung und
Resorption des Kaseins (Bosworth) 259
Kalkgehalt des Serums (Framer, Tisdall und
Howland) 260
Kalomel, Gefahr bei interner Darreichung (Schu-
macher) 45
Kalzan (Stern) 516
Kalziumgehalt des Blutplasmas und der Blut-
körperchen beim Neugeborenen (Jones) 109
Kampferwasser, intravenöse Injektion (Scheicher)
840
Karbolparraffin und Karbolglyzejin (Boenning-
haus) 48
KardiopulmonÀres GerÀusch (Loup) 439
Kardiospasmus (Finsterer) 623
KardiovaskulÀre Forschung (Levine) 210
Karzinom, Versuche ĂŒber ImmunitĂ€t 258
â experimentelle Einimpfung (Kaysscn) 47
â AbwehrmaĂnaihmen des organisierten Gewebes
(Bayer) 47
â und Infektion (Ford Robertson) 24
â des Uterus, InopcrabilitĂ€t (Winterl 22
â des Daumens (Stahr) 16
â der Brust (Merk) 44
â der Lippe, Radiumbehandlung (Wilkin und
Gewinn) 188
â des Oesophagus, Radiumbehandlung (Hanford)
258
â Tiefenbestrahlung (Ward) 326
â Freund-Wertheimsche Operation (v. Kubinyl) 254
Kasein, Beziehung des Kalks der Kuhmilch zur
Verdauung und Resorption (Bosworth) 259
Kaseosan (Voehl) 23
Kassenarzt, Erstattung eines gezahltem Honorars
126
Kassenarztliche Gteblihrung in WĂŒrttemberg,
Sehledsspruch iss
Katarakt, erstes Stadiuni des senilen (Smith) 258
Katatonie, Vorkommen elementarer KrÀmpfe
(Bauseh) 227
KatheterLamus, Indikation und Technik des re-
trograden (Bonn) 107
KeimdrĂŒsen bei Konstitutionsanomalien (Joffe) 524
Keratitis diseiforms (Hann) 56
â infolge ZuckeriiberernĂ€hrung (Maclelsh) 56
â parenehyinatosa, Jodinjektionen (Rosenstein) 202
Keratoplastik (Gradle) 107
Kiefer, Osteomyelitis beim Kinde, (Waton und
Aimes) 140
â OrthopĂ€die (Hauberrisser) 400
KieselsĂ€ureinjektionen (KĂŒhn) 128
KieselsÀure bei Tuberkulose (Klare und Budde) 590
â bei Lungentuberkulose (Mattauseh) 658
Kindbettfieber (Zweifel) 649
Kindcrpraxls (Netei) 122
Kniegelenk, schnellendes (Frosch) 559
â Mobilisation (Roeren) 365
â operative Behandlung der Ankylosen (Taver-
nier) " 156
Kniescheibe, habituelle Luxation 254
KniescheibenbrĂŒche, Behandlung (v. d. HĂŒtten) 174
Knochendiystrophie (MoTi) 208
Knochenentwieklung, Biologie in Beziehung zur
Knoehentransplantation (Nathan) 79
Knoelienerkiaukungen im JĂŒnglingsalter (Vogel)
207
Knochenmarkbefunde am Lebenden bei krypto-
genetischer perniziöser AnÀmie (Zadek) 23
Knochenwachstum (MiaaĂ) 560
Kochsalz, Ausscheidung (Möwes) 158
Kohlehydrat, Stoffwechsel der Leberkranken
(Hetenyi) 649
Kohlenoxyd, Vergiftung (Michaelis) 583
Kohlenoxydpsychosen (HeiĂen) 49
Köhlersche Krankheit (Abrahamsen) 140
Kolloidchemie (Liesegang) 596
Koloptose als Ursache der Obstipation (HeĂ
Thaysen) 159
Kolostrum (Lewis und Wells) 493
Kompendium der Lichtbehandlung (SchmLdt) 212
â der sozialen Hygiene (Chajes) 236
KongreĂ, Naturforscherveirsammlung 605
â Deutsche Gesellschaft fĂŒr Chirurgie 349
â Deutsche Gesellschaft fĂŒr innere Medizin 398
â Radiumtagung in Kreuznach 445
Kopfhaut, Affektionen der behaarten (Labourand)
209
Kopfschmerz (Lobedank) 348
â Anwendung von Chlornatrium (Hughson) 135
â Behandlung durch Kochsalzinjektionen (Peritz)
100
KörperfĂŒlle, Indices (Pfaundler, v.) 108
KörpermaĂe von Schulkindern (Bachauer) ' 111
Korpusadenom der Matrone (Menge) 131
Krampfadern, Behandlung mit Sublimatinjek-
tionen (Fischer) 102
KrĂ€mpfe beim SĂ€ugling (BlĂŒhdorn) 607
Kraniotabes und syphilitische Rachitis beim SĂ€ug-
ling (Marfan) 134
Krankenkassen und Aerzteverband 176
â und Reichsversicherungsgesetz (Martinek) 28
Krankenversicherung in Tschechoslavien 28
Kreatine, Bildung bei Dystrophia muscularis pro-
gressiva pseudohypertrophiea (Gibsoii und Mar-
tin) 235
Kreislaufstörungen in der Chirurgie (Vogeler) 377
Kriegsenteritis (Oetvös) 129
Kriegs- und Nachkriegsopfer, weibliche (AVinter)
156
Kurpfuscherei 177
Kystoskopischer Atlas (Wossidlo) 212
Labyrinth, Intoxikation (Calderin) 256
Laktation und Menstruation (Engel) 228
Laryngitis, ultraviolette Bestrahlung bei tuber-
kulöser (Mayer) 283
Lebensdauer, Einfluà der BerufstÀtigkeit (W'inck-
ler) 189
Lebcinshaltungsindex 28
Leber in der Schwangerschaft (Waithard) 626
â Beziehungen der Parenchymdegeneration zur
akuten gelben Leberatrophie (Meier) 159
â harnstoffbildende TĂ€tigkeit bei Leberkranken
(Hetenyi) 227
â Organotherapie bei Erkrankungen (Oddo und
Borie) 161
Leberatrophie, akute, gelba, Beziehungen zur
Phosphorvergiftung uneJParenchymdegenerationen
der Leber (Meier) 159
Leberfunktion. PrĂŒfung (Aaron, Beck und Schnei-
der) 55
Leber, FunktionsprĂŒfung (Lepehne) 363
Leber - Gallensteinerkrankungen, DĂŒferentialdia-
gnose (SchrÀder) 16
Leberinsuffizienz, Verwendung der Laevulose zur
Untersuchung (iSpence und Brett) 151
Lehrbuch der allgemeinen Pathologie und patho-
logischen Anatomie (Mönckeberg) 212
â der Hautkrankheiten (Joseph) 236
â der gerichtlichen Medizin (Kratter) 81
Lepra. Antimonbehandlung (Wildieh) 184
LeukĂ€mie im Kindesalter (BaĂ) 106
â und Tuberkulose (Weill und Coste) 78
Leukoderma syphiliticum (Freymann) 182
Leukozytenreaktion beim Neugeborenen (Auric-
chio)) 53
Leukozytose, postoperative (Stall!) 99
Linserverfahren (v. Pezold) 252
Lipase des Magens (Takata) 234
Lipodystrophia progressiva (Smith) 17
Lippe, Radiumbehandhing des Karzinoms (WH-
Uns und Gewinn) ins
LokalanÀsthesie (Tompkins) 79
Llthlasil (llarvier) |gg
Lokalisten und Genera listen (v. (riegem) 599
Luftembolie (l'ordemann) ,')H9
Luftwege, Bauchschmerzen bei Infektion (Hrenne-
niann) j7
Lumbago, Aetiologie und Pathogenese (Lindstedt)
180
â Beteiligung der Bauchdecken (Smltt) 158
- Laminektomie bei chronischem rheumatischen
(Sicard und Forcsticr) >x;
(Mayer) lg
Lumbalpunktion (Millan) 27fl
â bei Intrakfaniellen HĂ€morrhagica (de Stefano)
277
Lunge. vitale KapazitÀt bei Merzerkrankungen
(Wilson und Edwards) 27
Luugemkrankheiten, Digitalis bei chronischen
(Focke) ]g
Lunge, AbszeĂ (Moore) 673
â Verwendung der Bronchoskopie (Lynath) ....
â Blutung (Rickmaiin) 302
â Echinokokkus (Lenk) 535
â GangrĂ€n (Roch) 411
â GangrĂ€n (PeemĂŒller) 623
Lungeneiterungen, Klinik der (ItahuenfĂŒhrer) 49
Lungenemphysem, Kontraindikation des kĂŒnst-
lichen Pneumothorax (Wulff) 9k
LungenhÀmorrhagien. Behandlung (Schwatt) 136
Lungensklerose, Verlagerung des Heazens (Duhcm)
134
Lungentuberkulose (Burnand) 280
â (Brown) 509
â offene, im Kindesalter (Klare) 557
â abortive Formen 'Corvetto) 110
â FrĂŒhdiagnose (Brown) 259
â HĂ€moptyse (Ehrenberg) 256
â und Röntgenuntersuchung (Schinz) 101
â Röntgentherapie (Stephan) 17
â röntgenologischer Beitrag zur Kenntnis (Tho-
mas) 252
â ringförmige Pleuraschatteto im Röntgenbilde
(Burns und Amberson) 164
â und tracheale Injektionen (Balvay) 134
â EinfluĂ der Kontakttherapie bei chronischer
(Gareera) 110
â hausĂ€rztliche Behandlung (StandvoĂ) 409
Lupus erythematodes (Göll und Voigt) 276
â vulgaris, KontagiositĂ€t (Buchaidi) 251
Lymphozyten, Funktion (Cramer, Drew und Mot-
tram) 54
Lytophan (Feustell) ?40
M
Magen, Bedeutung der Faltenzeichnung (Eisler
und Lentz) 17
â MotilitĂ€tsprĂŒfungen mit EiweiĂ, Fett und Kohle-
hydraten (Demuth) 19
â Sekretion (Bennet und Dodds) 133
â Erscheinungen und HĂ€ufigkeit der GeschwĂŒre
der kleinen Kurvatur (Faber) 133
â Karzinom (Katz) 443
â Ulcuskarzinom (Peyser) 364
Magenblutungeu, Indikationsstellung bei akuten
(Finsterer) 205
Magendiagnostik, praktische Methoden (Fried-
rich, v.) 98
Magenfunktionen, Untersuchung ohne Schlund-
sonde (Custer) 50
MagengeschwĂŒr, pathologisch-anatomische und ex-
perimentelle Studien ĂŒber das chronische (Nico-
laysen) 131
MagengeschwĂŒre, peptische (Gruber u. Kratzeisen) 99
Miageninsuffizienz im SĂ€uglingsalter (BlĂŒhdorn und
Loehenstein) 204
Magenlipase (Takata) 234
Magensaft, bakterielle Wirkung auf Tuberkelbazil-
len (Inkster und Roodhouse* Gloyne) 54
Magenschmerzen und Pleuritis (Rennen) 204
MagenstraĂe, Bedeutung (Katsch und v. Fried-
rich) 205
â Exstirpation (Bauer) 1°2
Magenuleus. Behandlung (Kovjanic) 226
â kausale Behandlung (Schmieden) 206
Malaria im SÀuglingsalter (DuzÀr) 268
â bei Kindern (Suzuki) 304
â Behandlung (Buen) 184
â Behandlung (Mayer) 387
â Behandlung (Reh) 432
â Behandlung (Gcnevrier) 668
Markfaserschwund (Kufs) 522
Masern (Kawamura) 494
â Schute durch Rekonvaleszentenserum (Kutter) 109
â Rekonvaleszentenserum (Mc. Neal) 281
â prophylaktische Impfung (Hiraishi und Oka-
moto) f°
â EmpfĂ€nglichkeit (Grund) 307
Mastdarm, Fistel (Schneck) 677
â Krebs (Schmieden u. Fischer) 342
Mastitis. Behandlung mit Opsonogen (Bodin) 322
Mastoiditis (Smith und Mac Cuen) 163
Mechanotherapie (Sternberg) 35
Medizin und Handschrift (Möller) 65
Medizinalverwaltung, Reform (Hirsch) 49
Medizingeschichte, Wert und Aufgaben im Studium
und Berufsleben des Arztes (Stic.ker) 175
Megacolon congenitum (de Jong und Platitenga) 204
Mehlnahrung, konzentrierte (Rachmilewitsch) 320
Melaena neonatorum (MĂŒller) 108
Meningeale Syphilis. Behandlung (Generich) 157
Meningitis cerebrospinalis beim SĂ€ugling (Pesta-
lozza) H
â tuberkulöse (Montanari) 278
â durch fadenartigen diphtheroiden Organismus
(Miller und Lyon) 26
10
Inhaltsverzeichni
s.
Meningokokken, Sepsis (Pontano) 345
Menstruation, Zyklus (Seitz) 230
âund Laktation (Engel) 228
â Störunge* bei lungenkranken Frauen (Guth) 575
Menstruatiönsausfall infolge endoeriner Störungen
(Rosser) 107
MenstruationsunrcgelmĂ€Ăigkeiten, Benennung
(Seitz) 159
Metapliyse (TUlier) 370
MigrÀne, Behandlung durch Kochsalzinjektionen
'Peritz) 100
Milch, Harnstoffgehalt (Morimoto) 508
â Injektionen hei Buhonen (Bonnet) 325
â gewĂ€sserte als SĂ€uglingsnahrung (Silvestri) 53
Milz, Bedeutung bei Injektionen von Adrenalin (Ben-
iner und Hellwig)
â Exstirpation (Morawitz) 503
â Karzinom (Sappington) 493
Mirion (GĂ€rtner) 182
Mittelohreiteruug. chronische (Wells) 106
Mongolismus (de Bichler) 304
Morgagni (Doli) 617
Mundhöhle, Trypaflavin b. Erkrankung. (Maier) 43
Mundschreibapparat f. Armlose (Lavermicocca) 105
Muskel, Arbeitsleistung des tnansplantierten
(Saxl) 131
Muskeln, VorgÀnge (Walte) 69
Muskelmechanik (Sternberg) 35
â physiologische in Beziehung zur Graphologie und
phonetischen Lautschrift (Sternberg) 63
Muskeldystrophie, Vererbung (Weitz) 74
Muskelrheumatismus (Tobias) 607
Muskulatur der feineren Bronchialvei zweigungen
(Snow Miller) 163
â auffĂ€llige Beherrschung willkĂŒrlicher und Be-
einflussung unwillkĂŒrlicher (Kohlrausch) 19
Myocarditis tuberculosa (LĂŒscher) 75
â tuberculosai (Massini) 75
Myom, Genese (Seitz) 230
Myomektomie (Gouillond) 440
Mvomentwicklung nach Ovarialtransplantation
(Fleischmann) 160
Myopie (Jablonski) âą 628
Behandlung (Elschnig) 589
Myxödem, somatische Struktur des" kongenitalen
sporadischen infantilen Thyreoidcakur (Rosso) 77
N
Nachahmungskrankheiten bei Schulkindern (Kar-
ger) 264
NackenphÀnomene (Segagni) 77
Narbenenveichung durch PepsLnlösung (Payr) 130
Nebenniere, ifunktionen (Hewer) 2:13
â Atrophie des Marks (Zimmermann) 300
Nebenniereninsuffizienz, plötzlicher Tod durch akute
beim SĂ€ugling (Victor) 109
Nebennierenexstirpation bei Epilepsie (Sultan) 251
-âąâą und Epilepsie (Heymann) 320
â ExstirpaOon bei Epilepsie (Wohlgemuth) 399
Neoarsenobenzol (Spano) 278
Neosalvarsan und Soluesin (v. Szily und Haller) 252
â nitritoide Krisen (Goedhart) 368
â bei putrider Bronchitis (Gralka) â 219
NeosHhersalvarsan (Zimmern) 157
â Dreifus 340
â und Novasurol (Krebs) 251
Nephritis unilaterale (Rathhun) 80
â Behandlung mit hohen Alkoholdosen (Masel) 162
â Zuckertage in der Behandlung der kindlichen.
(Czapski) 127
â beiderseitige Operation der chronisch. (Vaux) 80
Nephrolithiasis (Rosenow u. Meisser) 280
Nerven, VorgÀnge (Walte) 69
Nervenkrankheiten. Arsentherapie (Bicuchi) 104
Nervensubstanz. ErnÀhrung (Boruttau) 158
Nervensystem, Syphilis (Maitland) âą 139
â Reizleitung im peripheren (Zottermann) 255
Nervenverletzungen, Behandlung irreparabler (Har-
ris) 164
Neugeborene, Wund- u. Rektumkeime (Salomon) 487
â Isoagglutinine im Blut (Jones) 260
Neuralgien, Röntgentherapie (FĂŒrnrohr) 158
Neuralgie. Behandlung mit subkutanen Sauerstoff-
insufflationen (Bolognini) 77
Neuritis optica bei Serumkrankheit (Mason) 259
Neurosen. Therapie (Jones) 82
Neurosyphilis mit negativer SpinalflĂŒssigkeit (So-
lomon) 56
Niere, Funktion und Blutdruckpackung (MĂŒller-
Deham) 273
â FunktionsprĂŒfung (Pierst) 305
â Dekapsulation bei Brightscher Krankheit (San-
derson-Wells) 24
â Hypophysenextrakt zur FunktionsprĂŒfung (Brie-
ger und Rawach) 40
â FunktionsprĂŒfung mit Jodkalium (Narath) 20
â abakterielle Pyurien (SĂŒderhind) 25
â bei akuteT gelber Leberatrophie (Meyer) 300
â Erkrankungen nach Angina (Kayser-Petersen) 534
Nierendekapsulation bei Sublimatvergiftung (Roll-
wagen) 205
Nierenerkrankungen in der Praxis (Halpert) 80
â Salz- und Wasserwechsel (Siebeck) 19
Nierenfunktion bei Schwangeren und Entbundenen
(Werner) 230
Niereninsuffizienz, Nitrogen-Retention und Rest-
N-Verteilung in den Geweben (Rohonyi und
Lax) 180
Nierenproben, Bedeutung der funktionellen (Com-
rie) 24
Nierensteine, wiederholte (Dellinger. Barney) 210
â bei Kindern (Johansson) 256
Nierentuherkulo.se (Owilk) 164
â (Stutzin) 159
â Erfolge der Nephrektomie (Wildbolz) 22
Nitrit-Krisen (Girbal) 106
Novalgin (Auer) 226
Novariol (Jacobson) 495
Novasurol, Diurese (Saxl und eHilig) âą 273
â und Silbersalvarsan (Krebs) 251
Novatropin (Hoffmann) 202
Nucleogen (Ostwald) 616
Numerus clausus (Pniower) 154
Nystagmus (Schamke) 388
o
OberflÀchenspannung, Methode zur Bestimmung
(Brinkmann und van Dam) 17
Obstipation, chronische und Bronchialasthma (KrÀ-
mer Petersen) 184
â durch Koloptose (Hess Thaysen) 159
Ohrenkrankheiten, Diagnostik u. Therapie (Stein)
565
Ohrlabyrinth, kalorische Erregung (GrieĂmann) 72
Okkultismus und Spiritismus (Moerchen)
â und Wissenschaft (Aigner) 82
OkulomotoriuslÀhmung, periodische bei Rekur-
rensfieber (Mironesco) 208
Ophthalmoblennorrhoe (Lahm) 389
Ăppenheimsehe Krankheit bei einem hereditĂ€r-
luetischen Neugeborenen (Flamjjii) 104
Organotherapie bei Lebererkrankungen (Oddo und
Borie) 161
Orthodiagramm (Busch) 315
Ortskrankenkassentag 84
Oseillierende Ströme, AVirkung auf Bakterien und
Protozoen (Philipp und Carthaus) 158
Oesophagus, idiopathische Erweiterung (Oetfinger
und Caballero) 135
â Radium zur Behandlung des Karzinoms (Han-
ford) 258
â karzinom, Operation (KĂŒmmel) 47
Osteochondritis deformans (Hagenbuch) 410
â deformans juvenilis (Feutelais) 140
â der HĂŒfte (Calot und Collen) 209
â der Rippe nach Typhus (Dobrovolskaia) 105
Osteogenesis imperfecta (Baumm) 182
Osteomyelitis, hÀmorrhagische (Arnold) 138
â hĂ€morrhagische eines Mittelhandknochens (Pae-
kard und Barrie) 258
â der Kiefer beim Kinde (Waton und Aimcs) 140
Osteoplastik (Gluck) 21
Osteopsafhyrose. (Slallardi) 278
Ostitis deformans des SchĂ€dels (GroĂ) 130
â der SĂ€uglinge und Neugeborenen (Leroux) 161
Ovarialtransplantation als Ursache von Moment-
entwicklung (Fleischmann) 160
Ovarialtumor, SpirochÀtenbefund bei syphilitischem
(v. Kubinyi und Joban) 160
Ovarialtumoren als Komplikation von Schwanger-
schaft und Geburt (Vcv) 178
Ovobrol (Runge) 665
Oxyuriasis (Heubner) 592
Oxvuren (Braun) 362
Oxvuris. Therapie (Nordhof) 43
Pankreas, innere Sekretion (Banting und Best) 413
â Erkrankungen (Herrnheiser) 362
Pankreatitis (Jones) 442
Paraffin bei chronischer Obstipation (Zweig) 273
Paraguaytee (Cortezo) 53
Parakardiale DĂ€mpfung (Felsenreich) 273
Paralyse. Behandlung (Adler) 49
â unspezifische Therapie und Prophylaxe der pro-
gressiven (Fischer) 71
â progressive (Jahnel) 576
Paralysis progressiva. JodprÀparat (Jacobi) 203
â agitans, GemĂŒtsbewegung in der Genese (Gu-
arros) 132
Paralytischer GröĂenwahn, Psychologie (Schilder)
180
Paranoische Psychosen, Genese (Lafora) 76
Parasakrale AnÀsthesie (Burgkhardt) 523
Paratyphus. Laktotherapie (Canelli) 104
â beim SĂ€ugling (Blechmann) 187
â und Tvphus beim SĂ€ugling (Sales und Vallery-
Radot) 187
Parenterale Behandlung mit unspezifischen EiweiĂ-
körpern (Stinzig) 199
Parrorsche Krankheit (Barbier) 257
Pathologisch-histologische Untersuchungsmethoden
(Sohmorl) 81
Pepsin, Dosierung (Takata) 233
Pepsinlösung zur Narbenerweichung (Payr) 130
Perikarditis (Mac Lachlan) 106
â Diagnose und Theaapie (DĂŒnner) 129
Perikarditis mit ErguĂ (Williamson) 162
Periostitis und Arthritis typhosa (StrauĂ) 15
Periostverpflanzung, experimentelle freie (BĂ€tzner)
253
Peritonealtuberkulose, Behandlung der exsudativen
Form mit Pneumoperitoneum (Sorge und Fritz)
71
Peritonitis durch Fremdkörper (Piek) 47
â durch Pneumokokken (Heimann) 138
Peritonsillitis (Dahmann) 387
Perthes'sche Krankheit (Krabbel) 555
Pertussis (Appel und Bloom) 508
â Klinik und Epidemiologie (Pospischill) 81
â atypische und bakteriologische Diagnostik
(Thiermann) 74
â bei Erwachsenen (Schwenkenbecher) 45,
â Konvulsionen (Hoffmann) 562
â Behandlung (Auricchio) 53
â Behandhing nach Violi (Reiche) 99
Pflegepersonal, Ausbildungs- und PrĂŒfungsordnung
49
Pfleglinge, BeschÀftigung (Bresler) 49
Pfriemenschwanz (Nordhof) 43
Phagozyten in der Lunge (Westhues) 627
Pharmakotherapie (Uhlmann) 596
â und Pharmazie*, Neuerungen (Merck) 236
Phenoltetrachlorphtaleinprobe zur PrĂŒfung der
Leberfunktion (Aaron. Beck und Schneider)" 55
Phlebalgia ischiadica (Kleinschmidt) 657
Phosphorvergiftung, Beziehungen zur akuten gel-
ben Leberatrophie (Meier) 159
â Behandhing der akuten (Aktinson) 163
Physosttigmin (Minel) 508
Placenta aecreta (Dietrich) 390
â praevia (Heinlei n ) 275
â â (Meyer) 441
â â (Bauch) 433
Placentalipoide. ToxizitÀt (Schönfeld) 231
PlattfuĂ (BrĂŒning) 21
â Behandlung (Schultze) 22
Pleuraschatten, ringförmige im Röntgenbilde bei
Lungentuberkulose (Burns und Amberson) 164
Pleura, Erkrankungen (Cobet) 273
Pleuritis, akute eitrige (Schwartz) 278
â mediastinalis exsudative posterior (Winkler) 217
â seröse beim Kind (Neuland) 839
â und Magenschmerzen (Renneu) 204
Plexus choroideus und Psammome (Bland-Sutton)
258
Plexusdruckschmcrz, anginöser linksseitiger, als'
Symptom der Angina pectoris (Schmidt) 155
Pneumoabdomen (Feldmann) 275
Pneumokokken-Peritonitis (Heimann) 138
Pneumonie, tuberkulöse (Rist und Ameuille) 134
â asthenische der SĂ€uglinge (Nobel) 203
â Behandlung (Howard) 139
Pneumoperitoneum (Partsch) 645
â bei Cardiospasmus (Iglauer) 657
â zur Behandlung der exsudativen Form der Peri-
tonealtuberkulose (Sorgo und Fritz) 71
â Todesfall (GĂ€rtner) .16
Pneumothorax (Liebe) 19
(Bertier) 280
â (FrĂ€nkel) 297
â (Piery und Barbier) 346
â (Leschke) 438
â rezidivierender (Hawes) 669
â Kontraindikation bei Lungenemphvsem (Wulff)
98
â kĂŒnstlicher (Miller) 283
Polioencephalitis epidemica (Quest) 204
Poliomyelitis anterior acuta (Lovett) - 136
â acuta. Histologie (HĂ€uptli) 111
â Behandlung (FeiĂ) 259
Polyneuritis, Pathogenese und Lokalisation (Stahl)
74
â Heilung durch Adrenalin (Del Valle) 277
Polyperiostitis hyperaesthetica (Stephan) 159
Polyurie und Exophthalmus bei Kindern (Hand) 26
Porphyrinurie (Snapper) 589
PrÀsystolisches GerÀusch (Rcid) 55
Pravaznadeln, abgebrochene (Dreuw) 517
Pravazspritze, Technik (Dreuw) 663
Prolaps, Therapie (Pribram) 389
Promonta (NuĂbaum) 474
Prostata, Hypertrophie (Niemeyer) 102
Prostatektomie (HĂŒbner) 677
Prostatitis, gonorrhoische (Arnold) 534
Proteiinkörpertherapie (Coronas) 133
â (Stern) 433
Proteinkörper und Reizkörper (Dolken und Herz-
ger) 252
Protoznoosis bei Kindern in SĂŒd-Peru (Escomel) 256
Psammone und Plexus choroideus (Bland-Sutton)
258
Pseudoarthrosen (Lorentz) 21
Pseudopsychosen (Moerchen) 130
Pseudosklerose (Saiz) 345
Psoriasis (Stangenberg) 390
Psychoanalyse, Grenzen. Gefahren und MiĂbrĂ€uche
(Stekel) 225
Psychiatrie im Altertum (Reinhard) 585
Psychiatrisches Konstitutionsproblem (Hoffmann) 181
Psychoanalyse (Freud) 597
Psychologie (Kretschmer) 348
âund Medizin (L'titz) 285
Psychosen. Genese der paranoischen (Lafora) 76
â und Syphilis (Barnes) 80
Psvchosexueller Charakter und Körperbau (Weil)
423
â Infantilismus (Kronfeld) 82
Psychotherapie (Deutsch) 555
â und Ă€rztliche Praxis (Oberender) 129
Puerperalfieber. Behandlung (HieĂ und Hirschen-
hauser) 254
â Therapie und Prophylaxe (Dietrich) 179
Pupillen, Ungleichheit bei pleuropulmonÀren Affek-
tionen (Sergent, Perin und Alibert) 26
Purpura (Sternberg) 298
PyĂ€mie, Ligatur der groĂen Beckenvenen bei
puerpuraler (Warnekros) 17
â Venenunterbindung bei puerperaler (Birnbaum)
23
Pyelitis, Infektionswege (Helmholz) 260
â acuta, Infektionswege (Levy) 203
Pyelocystitis (BlĂŒhdorn) 520
Pyelonephritis, Infektionsherde (Bumpus und
" MeiĂner) 26
Pylorospasmus (Finneiy und Friedenwald) 26
Pylorostenose (Emberg und Hamilton) 306
Pyloruskrankheit beiim SĂ€ugling (Pinel) 109
Pyurien, abakterielle renale (Söderlund) 25
0
Quarzlieht und seine Anwendung in der Medizin
(Thedering) 212
Quecksilberbehandlung, Gegner (Dreuw) 248
R
Prypaflavin
hei
Rachenhöhle,
(Maier)
Rachitis (Noel Paton)
â experimentelle, (McCollum)
â experimentelle (Pappenheimer)
â experimentelle (McCollum)
â Aetiologie (Bruton Sweet)
â Aetiologie (Tisdall)
Erkrankungen
43
371
306
510
662
161
308
I ii h a I t s v c r z c i
n 1 s.
1 I
â Pathogenese und Behandlung; (Jundeil) 231
â Pankreossymptomo (Dodds) 491
â Therapie (Hamburger) 503
â orthopĂ€disohei MaĂnahmen (Frosch) 165
â Sonnenlicht (Powes) 280
â Heliotherapie bei kindlicher (HeĂ und CJutman)
259
â EinfluĂ von Lebertran (Park und Howland) 27
â syphilitische und Kraniotabcs beim SĂ€ugling
(Marfan) IM
Rachitistod (Engel) .'1-13
Radiotherapie (Lebon) 233
Radiotherapeutische Erfahrungen, Tumoren de«
Auges (Jendralski) 234
Radium und Röntgen in der Medizin (Newcomet)
188
â Anwendung CW'ilkins) 210
â intrauterine Anwendung (Flatau) 132
â bei Krebs der weiblichen Genitalorgane (Bay-
ley) 347
Radiuniemanntionstheirapie (Engelmann) 18
Radius, Behandlung frischer und alter BrĂŒche
(Klapp) 253
Radix Ginseng (Saito) 284
RattenbiĂkrankheit (Zamorani) 77
Regcnerntionslchre, Stand der Steiuach'schen
(Schmidt) 129
Reichsschiedsamt (Pniower) 224
Reichsversicherungsgesetz und Krankenkassen
(Martinek) 28
â (Pniower) 83
Reichsversicherungsordnung (Hoffmann) 81
Reichswochenhilfe (Salomon) 231
Reiztherapie (Mittenzwey) 218
â mit EiweiĂprodukten (Funck) 428
Rektale Digitalistherapie (Meyer) 178
Bekurreiisfieiber und periodische Okulomotorius-
lÀhmung (Mironesco) 208
Rckurrensinfektion zur Beeinflussung von Psy-
chosen (Weichbrodt) 46
RekurrenslÀhmung, linksseitige bei einem Mitral-
vitium (Klein) 178
Respiratorische AffcktkrÀmpfei (Vaglio) ' 52
Retina, Angiosklerosis (Copps) 56
â spĂ€te traumatische Ablösung (Gjfford) 56
â Purtscher'sche FernschĂ€digung durch SchĂ€del-
trauma (Vogt und KnĂŒsel) 235
-Retinitis gravidarum et amaurosis eclamps
(Schiötz) 234
Rheumatismus, chronischer beim Kind (NobCcourt
und Nadal) 257
Riesenwuchs (Packard und Barrie) 258
â der rechten Hand (Jouon) " 140
Rippe, Osteochondritis nach Typhus (Dobrovolskaia)
105
Rippenbuckel, blutige Behandlung und orthopÀ-
dische Nachbehandlung (Gaudier und Swinghc-
dauw) 140
RiĂpilzvergiftungen (Mull) 601
Rivanol (Katzenstein) 387
â (Siebrecht) 504
Rohrscher Index (Harms) 50
Röntgen und Radium in der Medizin (Newcomet)
188
â Diagnostik der Nasennebenhöhlen (Gerrit) 414
Röntgendaktyloskopie (Rothbart) 73
Röntgenbehandlung, Indikationstabelle (Kottmaier)
331
â von Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten
(Kottmaier) 631
â des Perniones (Lenk) 179
â in der Dermatologie (Schreus) 564
Röntgenplatten, Eigentumsrecht (HÀnisch) 48
Röntgenstrahlen, Dickfilterung (Kottmaier) 495
â Reizwirkung (Halbcrstacdter und Simons) 229
Röntgentherapie (HÀnisch) 73
â hei chronischen Erkrankungen der Knochen und
Gelenke (Philips und Finkelstein) 79
Röntgentiefentherapie, MiĂerfolge bei tuberkulösen
Halslymphyomen (Karger) 57
Röntgenverfahren zur FunktionsprĂŒfung des Her-
zens (Grödel) 227
RĂŒekenlĂ€hmunj», Fall von Schlottergelenk im
Schultergelenk (D'Asaco Biondo) 133
Rudolf Virchow (Posner) 236
Ruhr (Kling) 504
â Azetonurie und experimentelle Adrenalingly-
kÀmie (Butteji wieser) 179
â Kohlebehaudlung (Kling) 155
Ruhrepidemie in Flandern (Halshoff) 52
Rumination (Bcrnheim-Karrer) 558
â beim SĂ€ugling (Wernstedt) 369
s
Saccharin. Versuche (De.hrunner und Frosch) 2ES
Saccharosurie (W'oringer) 325
SakralanÀthesie (Hoffmann) 17
Sakralisation des 5. Lendenwirbels (Turinst) 411
SalbenbehandJung der Ccrvixkatarrhe (Feilbach)
665
SalbcnverbÀnde (Klug) 530
Salizyl, Therapie (Herzfcld) 590
Salvarsan, Dermatitis (Krott) 675
â SpĂ€tikterus (Jacobsohn) 148
â VerhĂŒtung des Schocks durch konzentrierte
Traubenzuckerlösung (Dukot) 279
â Hirntod (Henneberg) 272
Salvarsanerythem und Herxheimer'sehe Reaktion
(Hesse) j 72
Salvarsanexantheme und Entwicklung der Syphilis
(Benveniste) 25
Salvarsanbehandlung, endolumbale (Benedek) 154
Salz, Ursprung und Gewinnung in Beziehung zur
Gesundheit (Haythurst) 258
SamenblasenentzĂŒndung (White und Gradwohl) 188
Samenwege, Unterbrechung (Wehner) 102
Sarkom, Versuche ĂŒber ImmunitĂ€t (Cambers),
Scott und RuĂ) 258
SÀuglingKskorbut (GrÀviugboff ) 353
Soarlatlna, Verbreitung (Rothpietz) B01
â AuslöscbphĂ€nrnnen (Horner) 98
â Herzstörungen (Hirsch) 225
â Komplikation (Med!) 277
SchÀdctl, Erfahrungen mit der Perkussion (Köppe)
147
â Gerftuscho (Still) 280
â Ostitis deformans (GroĂ) 130
Seb.-ide.lgcschwulst, Einwirkung von Röntgen-
strahlen (Blumenthal und Tugendreich) 49
SchÀdelknochen und Gehirn (THlmann) 206
SchÀdcllehre nach (lall (v. Schnizer) 152
SchÀdeltrauma als Ursache von Purtscher'seher
FernschĂ€digung der Netzhaut! (Vogt und KnĂŒsel)
235
Scheide, Vorkommen von DiphtheriebazHlen
(Lönne und Schugt) 160
Schenkelhals, Fraktur (HĂŒbner) 388
Schicksohe Probe (Meyer) 492
â Reaktion (Ekwall) 595
â Reaktion bei SĂ€uglingen (Flamini) 257
Schiefhalserkrankung, Ursachen der angeborenen
(Schubert) 102
SchilddrĂŒse (Starlinger) 623
â EinfluĂ auf den Stoffwechsel (Schenk) 367
Schizophrenie (FankhÀuser) 536
Schlafstörung, Beeinflussung der postenzephaliti-
schen (Lust) 99
Schnupfenmittel (Isacson) 99
Schock, Prophylaxe und Therapie des kolloidalen
(Lumiere) 78
Schule, Innere Kinderklinik als medicosoziale
(Nobecourt) 105
â Nachahmungskrankheiten bei Schulkindern
(Karger) 264
Schulgesundheitspflege (Braun) 548
Schularzt (Szagunn) 111
Schwangerschaft, Phloridzindiagnostik der FrĂŒh-
graviditÀt (Kamnitzer und Joseph) 129
â Blutreinfusion bei Graviditis exrrauterina rupta
(Töpler) 226
â Nephritis (Baer) 658
â und Tuberkulose (Bernard) 25
â Erhrechen (King) 326
Schwangerschafts-ToxÀmie, intravenöse Glukose-
injektionen (Givens) 259
Schwangerschaft, plötzlicher natĂŒrlicher Tod (Katz)
182
Schwangerschaftsunterbrechung bei Lungen- und
Kehlkopftuberkulose (Blum) ???
Schwangersehaftsglykosurie, Bedeutung der re-
nalen fĂŒr die Diagnose der Schwangerschaft
(Seitz und Jess) 156
Schwangerschaftshypertrophie der Hypophyse
(.lung) 183
Schwellenreiztherapie (Weichert) 527
Schwerhörigkeit, Behandlung (MĂŒlleT-Waldeek) 473
Scleirodermia neonatorum (Pollitzer) 78
Sehen der Glaukomatösen und der Amblyopen
(Ammann) 234
SehnennÀhte, Prognose und Heilung (Salomon) 159
SehnenscheidenentzĂŒndung, gonorrhoische (Lan-
ger) 128
Semmelweis (Bruck) 551
SensibilitÀt (Dorbeli) 344
Sensible Fasern in den vorderen Wurzeln
(Meyer) 47
Sepsis im SĂ€uglingsalter (Stransky und Schiller) 228
Serunikrankheit, Neuritis optica (Mason) 259
Sexualpsychologie und -pathologie des Kindesalters,
Konstitution und Erlebnis (Moses) 205
Sexualreform (Weil) 597
Siedelungsfrage (Weisbach) 75
Sinus longitudinalis superior. Punktion beim Neu-
geborenen (Gordon) 58
Sinus, operative Freilegung (Leichsenring) 593
Skabies, Diagnose und Behandlung (BĂ€umer) 4S:i
Sklerose, .multiple und Beruf (DrcyfuĂ) 130
â Behandlung der multiplen (Byrnes) 492
Skoliose (Hanausek) 413
â habituelle (Frey)' 388
â und Thoraxplastik (Hug) 47
Skoliosen, operative Behandlung schwerer (Sauer-
bruch) 253
Skorbut, infantiler (Gomby) 184
â AugenverĂ€nderungon bei infantilem (Blake) 56
Sclaesthin (Hellwig) 272
Soluesin und Neosalvarsan (v. Szily und Haller) 252
SozialbewuĂtsein. Recht auf Gesundheit und Pflicht
zur Gesundheit (Pniower) 92
Soziale Versicherung, Vereinheitlichung (Kleeis) 49
Spekulum (Schild) 430
Spina bifida occulta, pathologische Anatomie und
Klinik (Finck. v.) 10J
SpinalflĂŒssigkeit, negative bei Neurosyphilis (So-
lomöm) 5ĂŒ
Spiritismus und Okkultismus (Moerchen) 230
Spirochaeta pallida (v. SzentkirÀlyi) 276
â pallida, Abwehrreaktion von infizierten Tieren.
(Brown und Pearee) 55
Spirochetose bei Kaninchen (Noguehi) 102
SpitzfuĂstellung der FuĂstĂŒmpfe (Kortzeborn) 274
Spondylitis (Quincke) 364
â tuberculosa (Wimberger) 252
â Behandlung der tuberkulösen (Debrunner) 85
Sprachzentren (Pierrei-Marie) 370
SpĂŒldesinfektion (Dreuw) 497
â kontinuierliche (Dreuw) 477
Starkstromverletoungen (Jaeger) 103
Stereotypien (KlÀsi) 630
SterilitÀt beim Manne (Kenneth und Walker) 510
Sternumspaltung (Wechsler) 47
Stickstoff-Stoffwechsel. EinfluĂ des Kalkes (Koichi
Nijadera) 235
Stil der wissenschaftlichen Abhandlungen (Debrun-
ner) 40
Stirnlage (Eyinen 48
Stoffwechsel, Bedeutung der inneren Sekretion bei
Störungen (Biedl) |on
â bei Kindern mit untemormalnm Körpergewicht
(Wund, Nelson, Oloson) iu9
Stomatitis mercurialif, VerhĂŒtung und Behandlung
(Schreus) 73
Stottern (Tumpkins) 209
Struma und .lodijimangcl (Haythurat 258
â Fette in Beziehung zur Entstehung (Me. Carri-
son) 257
â systematische Therapie und Prophylaxe rifun-
ziker) 183
â Jodbehandlung (Baumann) 411
â kongenitale (Porter und Vonderlehr) 27
â kongenitale (Melchior) 319
â kongenitale (Bravo y Frias) 345
â toxischer (Pemberton) 44 1
â hei Kindern (Messcrli) 276
Stumpfplastik bei KinderstĂŒmpfen (DeutschlĂ€n-
der) 200
Stuporlösung durch Kokain (Becker) 71
Stryptural (Braun) 295
Suggestion (Kauffmann) 597
Suggestivbehandlung in der Frauenheilkunde
(Liegner) ign
Sulfarsenol (Warren) 675
SĂŒĂstoff, Versuche (Ditbmnner und Frosch) 266
Syntrophie von KrankhcitszustÀnden (Pfaundler, v.
und Seht, v.) 108
Syphilis. Atlas (Zumbusch) 212
â hereditaria praecox (Sisto) 54
â maligna, Pathogenese (Almansky) 50
â in der Allgemeinpraxis (Mulzer) 564
â natĂŒrliche Abwehrmittel (Bergelj 272
â Praezipitationsreaktion (Wang) ~ 258
â Immunbiologie (Nourney) 292 426
â Laboratoriumsbefunde (Fördyce und Rosen) 5.".
â serologische Untersuchungen (Mahr) 27
-- Reaktion im Blutserum (Kilduffe) 79
â UnzuverlĂ€ssigkeSt der Serumuntersuchung bei
Schwangeren und GebĂ€renden (StĂŒhmer und
Dreyer) 22
â Sigmareaktion (Rook) 134
â febrile, syphilitisches und syphilo-therapeutisches
Fieber (Chiray und Coury) 185
â Reinfektion (Finger) 484
â u. paroxysmale HĂ€moglobinurie (Burmeister) 129
â viscerale VerĂ€nderungen (FrĂ€ser) 55
â des Nervensystems (Maitland) 139
â physiognomische Erkenntnis in der zweiten und
dritten Generation (Kraupa und Kraupa) 100
â Vestibularerkrankungen im FrĂŒhstadhim (Esch)23
â cerebri, Störungen der Funktionen von Hypo-
physe und Zwischenhirn (BĂŒscher) 204
â des Zentralnervensystems (Keilty) 79
â und Psychosen (Barnes) 80
â u. Tuberkulose. Koinzidenz (Frei u. Spitzer) 127
â der Knochen (Skinner) 445
â der Gelenke (Eckhausen) 141
â Knochen- und GelenkverĂ€nderungen bei kongeni-
taler (Dembo, Litchfield und Foote) 280
â LebensfĂ€higkeit des kongenital syphilitischein
Kindes (Pajares) 133
â HĂ€ufigkeit bei SĂ€uglingen mit habituellem Er-
brechen (Marfan und Lemaire) 186
â Abortivbehandlung (Perutz) 73
â Abortivbehandlung (Sachs) 521
â Quceksilber-Inunktiion (Cole. Gericke und Soll-
mann) 162
â salvarsanlose Behandlung (Dreuw) 191
â und Cyarsal (Mentberger) 246
â Neosalvarsan-Cyarsalbehandlung (Laband) 73
â Behandlung mit Silherarsphenamin (Parouna-
gian) 56
â Selbstheilung und Quecksilber (Rosenthal) 16
â Behandlung der menigealen (Gennerich) 157
â Behandlung, Schmierseifeneinreibungen (HĂŒbner)
251
â Resultate der Behandlung (van den Hennel) 255
â Wiederaufflackern nach ernergischer Behandlung
(Orphanides) 233
â hereditaria, Jodinjektionen (Rosenstein) 202
â Zucker, die Strafe fĂŒr Uebertragung 126
SyphiJistherapiei, Theoretisches und Praktisches
(Dreuw) 167
Syphilitischer PrimÀraffekt der Zehen (Rille) 73
Syphilitische Rachitis und Kraniotabes beim SĂ€ug-
ling (Marfan) 134
Tabes, Blasenparese (Oppenheimer) 300
â WirbelsĂ€ulcnschĂ€digung nach Lumbalpunktion
(Gieseler) 48
â Behandlung (Adler) 49
Tachykardie, paroxismale (Price) 537
Talus, VergröĂerung des Processus (Baastrup) 208
Tebecin (Haeberlin) 594
Telepathie (FriedlÀnder) 75
â und Hellsehen (v. Wasielewski) 236
Tenodese (Vaechelli) 105
Testes, Ueberpflanzung (Stanley) 138
Tetania parathvreopriva, Behandlung (Eiseisberg)
202
(Eiseisberg) 207
Tetanie, infantile (Kramer, Tisdall und How-
land) 27
â EJektrodiagnostik (Farbarge-Vail) 302
â und Rachitis (Freudenberg und György)) 410
â Salmiakbehandlung (Freudenberg und György)
319
Tetanus (Sehultze) 205
â tötlicher nach Verwundung (Brunzel) 21
Therapie und Prophylaxe im Kindesalter (Köhl-
zerj 615
Thoraxplastik und Skoliose (Hug) 47
Thymus, Untersuchung bei Kindern (Blackfan und
Little) 27
â Funktion und Morphologie (Hammer) 138
â Radiotherapie bei Hypertrophie (Spolverini) 256
J
Inhaltsverzeichnis.
Thyreoidea, Beziehungen z.um Typhus (Fleck-
seder) 203
â Indikation und Wirkungsweise der Operationen
(Grauert) 206
Tod, plötzlicher im SÀuglingsalter (Victor) 109
Tonsillarabszesse, manuelle Perforation (Schum-
mans Stockherven) 255
TonsillÀres und adenoides Gewebe unter Röntgen-
behandlung (Herrmann) 136
Tonsille, erkrankte (Ittelson) 137
â Desikkation mit Hochfrequenzstrom Mc Cain)
283
Tracheale Injektionen und Lungentuberkulose
(Balvay) 134
Trache.obronchialdrĂŒsentuberkulose, Symptomatolo-
gie und Diagnose (Frischman) 136
Tracheobronchitis, spastische (Besancou und
de .long) 278
Transfusions-Reaktionen und Citration des Blutes
in der Nadel (Hartmann) 258
Transplantationen von Organen (Veronoff) 76
Traubenzucker, Infusion mit Kalkausatz (Helwig)
341
Traubenzuckerinfusionen, Beeinflussung der Herz-
tÀtigkeit und der Diurese durch intravenöse
(Isaac) 157
Trauma und chirurgische Tuberkulose (Madier) 134
Trepanation, doppelseitige SpÀtinfektion nach
Elliottrepanation (Erlanger) 235
Trichophytia barbae und Röntgenepilation (Penso)
255
Trichophytide, Pathogenese (Jessner) 101,
Trigeminusneuralgie, Behandlung (Auerbach) 158
Trockenmilch (Leary) 671
â in der KinderernĂ€hrung (Nobel und Wagner)
108
Tschechoslavien, Krankenversicherung 28
TubargraviditÀt, Klinik (Löhnberg) 230
Tuberkelbazilicn, mikroskopischer Nachweis im
Sputum (Dahin) 46
â bakterielle Wirkung des Magensaftes (Inkster
und Roodhaose Gloyne) 34
â im Urin (Fragalci) 490
Tuberkulin, perkutane Behandlung (Moro) 432
â subkutane^ Probe (Schröder) 322
â antigene Eigenschaften (Seligmann und Klop-
stock) 226
â nach Moro (Cozzolino) 278
â bei Augenkrankheiten (Melier) 486
â Beseitigung der Tuberkel (Hirsch) 16
Tuberkuline, Wirkung und SchÀden (Neustadt und
Stadelmann) _ 201
Tuberkulinbchandlung, gegenwÀrtiger Stand (Klem-
perer) 127
Tuberkulose (Toeplite) 72
â Biochemie (Long) 673
â Serodiagnose (Baum u. Schumann) 567
â Partialantigene nach Deycke-Much (Brinkmann
und Schmoeger) - 20
â Latenz (Weiss) 546
â ErnĂ€hrung (Pirquet) 443
â Nachweis (KĂŒmmell) 72
â Ansteckung (Hamburger) 567
â Reinfektion (Köffler) 674
â Infektion in der Privatpraxis (BrĂŒning) 23
â HĂ€ufigkeit der Infektion im Schulalter (Vo-
nessein) 228
â des SĂ€uglings (Reuss) 548
â Trennung von offener und geschlossener
(Paetsch) 50
â klinische Diagnose der Entwicklungsformen
(Ranke) 179
â der Tiere, Beziehung zur Tuberkulose des Men-
schen (Pfenninger) 183
â Empyem (Mc Kinnie) 304
â des Auges (Radiotherapeutische Erfahrungen
(Jendralski) 234
â der Knochen und Gelenke, Fehldiagnosen
(Kesch) 253
â der Nieren (Stutzin) 159
â der Nieren (Caulk) 1(54
â und LeukĂ€mie (Weill und Coste) 78
â und Influenza (Lunde) 228
â und Schwangerschaft (Bernard) 25
â Schwangerschaftsunterbrechung (Blum) 29
â chirurgische und Trauma (Madier) 134
â und Svphilis, Koinzidenz (Frei und Spitzer) 127
â Gelenkplastik (Wieting) 488
â des Metatarsus I (Sorrel und Bouquier) 54
â des lymphatischen Systems 233
â der TracheobronchialdrĂŒsen (Frischman) 136
â Behandlung der offenen osteo-artikulĂ€ren
(Conti) 162
â Geldbehandlung (Levy) 298
â Behandlung mit kolloidalem Kalzium (Prest) 184
â Anstaltsbehandlung (Miller) 28S
â Behandlung nach âDeyke-Much" fDreiel) 61
â Behandlung mit KTB- Vaccine (Zacharias) 58
â Ausheilung (Kraemer) 228
â Rolle der Aerzte im PrĂ€ventivkampf (Rolleston)
110
â Herkunft und experimentelle Grundlagen des
Friedmannschen Mittels (Pfannenstiel) 113
â Untersuchungen in einem Dorfe (KreiĂmann)
228
Tuberkulöse Spondylitis, Behandlung (Debrunner)
85
TuberkulosebekĂ€mpfung in RuĂland (Markuson) 75
Tuberkulöse Pneumonie (Rist und Ameuille) 134
TuberkulosefĂŒrsorge und extrafamiliĂ€re Exposi-
tionsprophylaxe (Burkard)
Tuberkulosestudien (Fcrnet) 227
Tumor, kongenitaler beim Neugeborenen (Hand-
field) 133
Tumoren, experimentelle Erzeugung (Gaul) 200
â heilender EinfluĂ des Erysipels auf bösartige
Tumoren (Wolffheim) 159
TurmschÀdel (Savelli) 77
Typhus abdominalis, atypischer (Zweig) 202
â abdominalis, HautverĂ€nderungen (Vargas) 110
â bei Kindern (Peller und RuĂ) 322
â Wert der Blutkultur (Svartz) 256
â klinischer Wert der Gruppenagglutination bei
Kindern (Caffarena) 104
â Beziehungen zur SchilddrĂŒse (FJeckseder) 203
â ZĂŒchtung von Rickettsia-Ă€hnlichen Gebilden
(Loewe, Ritter und Baehr) 136
â Laktotherapie (Canelli) 104
â und Paratyphus beim SĂ€ugling (Sales und Val-
lery-Radot) 187
u
Uebererregbarkeit im frĂŒhen Kindesalter (Bessert)
111
Ulcus pepticum (Galpern) 410
â der kleinen Kurvatur (Faber) 133
â Röntgendiagnose des subkortikalen an der
kleinen Kurvatur (Wolff) 178
â duodeni, Diagnose (Lorenz) 48
â des Magens, Behandlung (Kovjanic) 226
â ventriculi, chirurgische Behandlung (Dubs) 205
â Röntgcntiefentherapie bei malignem (Curtis
Wells) 209
Ulcusperforation, Magenausheherung vor der Ope-
ration (Gandusio und Pototschnig) 47
Ulzeration mit eyanotischen RĂ€ndern (Gougerot)
105
Unfallneurosen, Einteilung (Zimmermann) 112
Unfallsbegriff (Reichel) 112
Unfallverletzungen, Schmerzensgeld (Horn) 111
Unfruchtbarkeit (Nacke) 349
Urobilin (Adler) 591
UnterernÀhrung (Pfaundler, v.) 108
UnterschenkelgeschwĂŒr (Simon) 534
UrÀmie (Beth) 273
â (van Hauth) 556
Ureter, Knotung (Hornung) 300
Uretersteine, Entfernung durch zystokopische
Manipulation (Crowcll) 164
Urobilinogen (Weltmann) 534
Urobilinogenurie und Diabetes mellitus (Hetenyi)
16
Urugenitalkraft, Infektion durch defekte ZĂ€hne
(Rueck) 80
Urologie (Goldberg) 598
â Zusammenarbeit mit Spezialisten anderer Ge-
biete (Brasoh) 187
Urotropin bei pyogener Blutinfektion (Buzello) 321
Uterus, Fibroide (Gellhorn) 281
â Vorfall (Mayer) 555
â Karzinom (Letiuile) 324
â â (Hinrichs) 343
â â InoperabilitĂ€t (Winter) 22
â Keilexzision (Bcuttner) 389
â Verminderung der Abortgefahr bei Operationen
am schwangeren (KĂŒster) 131
Vakzine, Wirkungsweise und Altern (Buschke und
Langer) 178
Variola der Hornhaut (Burnham) 415
â und Vakzine (Gins) 367
Varizellen, Àtiologischer Zusammenhang mit Her-
pes Zoster (Jacobi) 109
Varizen, Behandlung (LotheiĂen) 608
Vas deferens, Unterbindung (de Vriese) 392
Vasektomie als Regenerationsexperiment (Knud)
52
Vasogene in der Dermatologie (Stoeber) 178
Vegetativa Störungen im Kindesalter (BÀlint) 291
Venaesektion (Petersen) 181
Verbrennungen, Bluttransfusionen bei schweren
(Robertson) 139
Verdauung. Bedeutung der inneren Sekretion bei
Störungen (Biedl) 106
Verda-uungskrankheiten, initraperitoneale Infusion
bei schwer erkrankten SĂ€uglingen (Mayer) 252
Verdauungsleukozytose (Schiff und Benjamin) 544
Verdauungsstörungen und ErnÀhrung (McCar-
rison) 258
Verordnung ĂŒber das Unterrichtsfach der Heil-
kunde 126
Virulizide Stoffe im Blute vakzinierter und revak-
zinierter Menschen (Fujii) 226
Viscerale VerÀnderungen bei kongenitaler Syphi-
lis (FrÀser) f.5
Viskosimetrie (Bircher) 163
Vitaltuberkulin (Tancre) 251
Vitamine (Schiff) 590
Vitamin B, EinfluĂ auf den Appetit (Wright) 54
Vitaminreiche ErnÀhrung, Einfluà auf schwache
Kinder (Chiek und Dalyell) 161
Volvulus der Flexura sigmoidea (Gussew) 159
Vorhofflimmern, Behandlung mit Chinidin (Wol-
gerth) 209
â Wirkung des Chinidins (Giere und Pezzi) 78
Vulvovaginitis gonorrhoica infantum, Spontan-
heilung (Dresel) 182
w
Warzcnbehandlung mit Radium (Young) 188
Wassermann'sche Reaktion, Eichung der Blut-
zellensuSpension (Bigger) 161
Wassersucht (Hacdicke) 511
Wendung nach Potter (Speidel) 347
Wirbel, Luxation (Costantini und Duboucher) 370
WirbelentzĂŒndungen, chronische und ihre Behand-
lung (Hahn) 261
Wirbelerkrankung, posttraumatische (KĂŒmmell) 254
.WirbelsÀule, metastatische infektiöse Arthritis
(Schwartz) 163
WirbelsÀulenschÀdigung nach Lumbalpunktion bei
Tabikern (Gieseler) 48
Wismuth, Stomatitis (Azoulay) 413
Wismuth bei Neurosyphilis (Agramunt) 507
Wochenhilfe, Gesetzgebung (Hoffmann) 28
Wolfsrachen, Behandlung (Moorehead) 136
Wortblindheit, kongenitale (Fildes) 537
Wundbehandlung. Anwendung des Wechselstroms
von hoher Frequenz (Massimi) 162
Wuuddiphtherie (Frankenthal) 274
Wurmerkrankungen der Bauchorgane (SchlöĂ-
mann) 20
Xerophthalmie (Walker)
Yatren (Rietschel) - 45
â bei Gonorrhoe (Herbeck) 387
â in der Chirurgie (Kaiser) 99
Yatren-Caseinlösung in der Praxis (Holtz) 245
ZĂ€hne des Kindes (Kronfeld) 563
â defekte als Ursache von Infektion des Uro-
genitaltrakts und von Asthma (Rueck) 80
Zahninfektionen und AJlgemeinerkrankungeu
(SchottmĂŒller) 251
Zahnhypoplasien und Syphilis (Zinsser) IT
Zahnheilkunde (Parreidt) 82
ZahnÀrztliche Prothetik und Verbandlchre (Schrö-
der) 206
ZahnÀrztekammer, Verleihung des Umlagerechts 84
ZahnÀrztliche Versorgung in den Krankenan-
stalten 28
Zahntechniker, ErlaĂ betreffend Zulassung zu den
Krankenkassen 126
Zahnextraktionen, AnÀsthesie (Kneucker) 203
Zangengeburt und Kindersterblichkeit (Lonne und
Lunkel) 48
Zehe, syphilitischer PrimÀraffekt (Rille) 73
Zentralnervensystem. Reizleitung (Zottermann) 255
â Syphilis (Keilty) 7»
Zerebrale KinderlÀhmung (Wachendorf) 20
â Lokalisation (Troell und Hesser) 276
ZerebrospinalflĂŒssigkeit. Cholesterin (Fabris) 1U4
â Reaktion des kolloidalen Benzoes (Ferraro; 134
Zervix, Amputation (Rawis) 281
Zervixgonorrhöe, Behandlung (Salomon) 252
ZiegenmilchanÀmie (Stoeltzner) 156
Zuckerinjektionen, Verlauf intravenöser beim
SÀugling (Beumer) 10»
Zuckerkrankheit. Sekretion des Magens und Duo-
denums (Bennet und Dodds) 133;
ZuckerĂŒberernĂ€hrung als Ursache von Keratitis
(Macleish) 56
Zwerchfellzentrum in der Gehirnrinde und der
Singultus (Knapp) 227
Zwergwuchs (Gigeon) 41*
â renaler (Paterson) 180
Zwischenhirn, Störungen der Funktion bei Lues
cerebri (BĂŒscher) 204
Zyanose und Pneumonose (Schjerning) 55T
Zystopyelitis (Kundratitz) 661
-~-.u.<iHiuauHUim«<ull)MMWIIIinilllllMUHUl*IWIW
Um XDtlMi ». M.k.H.. B«TlU 1*4
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des prakiischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von F. C. W. VOGEL, Leipzig, Dresdner Stra&e 3 * Berliner GeschÀftsstelle und alleinige
InseraienannĂŒhme: HANS PUSCH, Berlin SW 40, Wilhelm-Stra&e 20 / Lernsprecher. LĂŒtzow 9057
Nr. 1 Berlin, den 4. Januar 1922 40. Jahrgang
Oer Verlag behĂ€lt sich das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der- OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist vor.
Aus der chir. UniversitÀtsklinik Berlin
(Vorstand Geh. Rat A. Bier;.
Ueber Fortschritte in der Behandlung des
Empyems und der Gonorrhoe der Gelenke.
Von Prof. Dr. R. Klapp.
Es wĂ€re ganz verlockend, die Arbeit ĂŒber Fortschritte in
der Behandlung der Gelenkempyeme mit einer historischen
Betrachtung zu beginnen. Auf diesem Gebiete spiegeln sich
die Anschauungen ĂŒber Phlogistik und Antiphlogistik und
ĂŒber den Wert der Antiseptika am besten wieder; die Ge-
lenkwunden und -entzĂŒndungen galten von jeher als PrĂŒf-
stein fĂŒr den Wert einer Behandlungsmethode.
1. Die beste Therapie ist die Prophylaxe.
Das gilt ganz besonders von den Gelenkempyemen. Bei Ver-
letzungen es nicht zur Entwicklung der eingeschleppten In-
fektion kommen lassen, war die Aufgabe, der ich mich mit
vielen Anderen im Kriege besonders gewidmet habe. Meine
verstĂ€rkte Antisepsis, die in frĂŒhem Aus-
schneiden der Wunden b i s â i n das Gelenk
hinein, dichter Kapsel naht, SpĂŒlung und
FĂŒllung des Gelenks mit Vuzin und Infil-
tration der Gewebe mit Vuzin lösung (Tie-
fenantisepsis) bestand, ist zum Teil anerkannt, zum
Teil bekĂ€mpft. Als objektiven Beobachter fĂŒhre ich hier als
einzigen Körte*) an, der bei den SchlĂŒssen, welche er aus
seiner YA jÀhrigen kriegschirurgischen TÀtigkeit zieht, u. a.
erwĂ€hnt: âBei Artilleriegeschossen und verwandten Wunden
bietet die gröĂtmögliche Sicherheit das Ausschneiden der un-
ieinen Wunden unter Zuhilfenahme der Tiefenantisepsis mit
Vuzin, die antiseptische AusspĂŒlung des Gelenkes, und bei
irischen FĂ€llen die Kapselnaht, bei Offenlassen oder nur
partiellem SchluĂ der Hautwunde".
Bei diesem schonenden chirurgischen Vorgehen in frĂŒher
Zeit nach der Verletzung kommt es natĂŒrlich sehr darauf an,
ob soviel von dem Gelenke erhalten ist, daĂ das Gelenk als
solches zu erhalten sich lohnt, ob eine Resektion der zer-
trĂŒmmerten Gelenkenden dasselbe Ziel und nur schneller er-
reichen lĂ€Ăt, oder ob das Glied verloren gegeben werden muĂ.
Entscheidet man sich fĂŒr die Erhaltung des Gelenkes, so
muĂ man es auch von da ab physiologisch richtig behandeln,
d. h. fĂŒr seinen AbschluĂ nach auĂen hin so weit sorgen,
daĂ die Gelenkenden unter Weichteilen versleckt bleiben.
Das war uns B i e r sehen SchĂŒlern schon seit langem aus
den Lehren B i e r's vertraut. Sind die Weichleile ĂŒber dem
Gelenke so knapp, daĂ ĂŒberknorpelte Gelenkteile freiliegen,
so braucht man auch dann noch nicht an der Erhaltung des
Gelenks zu verzweifeln. Man kann entweder primÀr eine
VVeichteilplastik aus der Nachbarschaft herbeifĂŒhren, die in
gestielten Haut-Muskellappen oder auch nur Muskellappen
besteht, oder man erhÀlt den leicht austrocknenden und dann
sicher sequestierenden Knorpel unter feuchtwarmem Um-
schlag oder Bierschcr Verklebung und macht die Plastik se-
kunder, was von uns verschiedentlich mit Erfolg versucht ist.
Ans den Kriegsverletzungen der Gelenke haben wir ge-
lernt, wie die Friedensverletzungen der Gelenke zu behau -
*) Körte, Erfahrungen ĂŒber die Kriegsverletzungen des
Kniegelenks, Acta chirurgica scandinavica Vol. LIII, 1920.
dein sind. Die GrundsĂ€tze lassen sich ohne weiteres ĂŒber-
tragen.
2. Das Empyem der Gelenke, welches auf
irgendeinem Wege, direkt oder indirekt, vom Knochen her
oder auf der Blutbahn, mit gemeinen Eitererregern infiziert
ist, wurde im Kriege wie frĂŒher mit 5 â 3prozentiger Karbol-
sÀure, mit Phenolkampfer (Payr), mit Vuzin, von unseren
Feinden mit Dakinscher Lösung behandelt. Ich habe mit
Vuzin gearbeitet und manchen Erfolg damit gesehen. Es
kam in glĂŒcklichen FĂ€llen zur klinischen Ausheilung, ohne
daĂ die bakteriologische Untersuchung des Gelenkinhalts
nach Vorbehandlung mit Vuzin SterilitÀt hÀtte nachweisen
lassen. Die Keime wurden offenbar nur so schwer geschÀ-
digt, daĂ eine klinische Ausheilung zustande kam,
aber eine bakteriologische Ausheilung wurde vermiĂt. Es
wÀre gewià daran zu denken, daà die Erfolge nur auf der
StÀrkung der biologischen Komponente,
die in Gestalt einer leichten chemischen EntzĂŒndung zu den-
ken wÀre, beruht hÀtten, was ich aber gerade bei der Ver-
langsamung des biologischen Wundablaufs, die wir als
Folge der Vuzinanwendung sahen, nicht fĂŒr wahrscheinlich
halte, vielmehr halte ich auch hier an der bakteriziden Kom-
ponente in Gestalt der AbschwÀchung der Keime fest.
Auf das Chininderivat Vuzin hat der schöpferische Geist
Morgenroths jetzt das AkridinprÀparat Rivanol folgen
lassen. Bei der Anwendung dieses Mittels in einer Lösung
1 : 1000 bis 1 : 500 beim Gelenkempyem ist es mir bisher
stets gelungen, den eitrigen Gelenkinhalt zu s t e ri 1 i s i e -
r e n. Damit ist nicht nur die Ueber legen heit des
Rivanols ĂŒber das Vuzin klar erwiesen, sondern die
Möglichkeit, ein gemein infiziertes Gelenkempyem oder einen
AbszeĂinhalt zu sterilisieren, was uns wie HĂ€rtel eben-
falls in hohen ProzentsÀtzen gelungen ist, stellt eine neue
Errungenschaft in der Geschichte der Chirurgie dar, man
muĂ hier von einem ganz gewaltigen wissenschaftlichen
Fortschritt sprechen. Auch in der Praxis muĂ sich dieser
Fortschritt bemerkbar machen. Wenn es wÀhrend der alten
Periode der Antisepsis gelungen wÀre, den Inhalt von Ab-
szessen und Gelenkempyemen zu sterilisieren, so ist es die
Frage, ob wir dann jemals eine rein physikalische Asepsis
bekommen hÀtten.
In der Behandlung der Gelenkempyeme ist
die EinfĂŒhrung des neuesten Morgenrothschen Mittels von
gröĂter Bedeutung.
Ich gehe jetzt in folgender Weise beim Empyem des
Kniegelenks vor:
Das heiĂ entzĂŒndete und mit FlĂŒssigkeit gefĂŒllte Gelenk
wird an der ĂŒblichen Stelle unter lokaler AnĂ€sthesie mit
dicker KanĂŒle punktiert, der Gelenkinhalt bis auf den letzten
Tropfen ausgesogen. Verstopfungen der KanĂŒle durch Ge-
rinnsel werden durch Einspritzen von etwas Novokainlösung
beseitigt. In das leere Gelenk spritze ich 10 â 15 cem Riva-
nollösung 1 : 1000. Das Knie wird auf einer Schiene ruhig-
gestellt. Die angesogene FlĂŒssigkeit wird stets bakteriolo-
gisch im Ausstrich und Kultur untersucht. Die Einspritzun-
gen in die Gelenkhöhle sind kaum schmerzhaft.
In manchen FĂ€llen kommt man mit einer Punktion
und Injektion aus. In anderen wird beim Wiederanstieg der
gefallenen Temperatur und Wiederschmerzhaftwerden des
r
Jaffe: Cholesterin-Stot'fwechsel
40. Jahi
Nr. 1.
Gelenks wieder punktiert, völlig leer gesogen und wieder 10
bis 13 ccm injiziert. In einem Falle muĂte die Injektion
einige Zeit ĂŒber alle zwei Tage wiederholt werden. Da han-
delte es sich um eine von anderer Seite ausgefĂŒhrte infizierte
Steinmannsehe Nagelextension des unleren Femurdrittels.
Uni den Nagelkanal entwickelte sich eine Weichteilphleg-
nume, aus der sich gröĂere Weichteilnekrosen eitrig ab-
slieĂen, und eine Osteomyelitis, die zu Sequesterbildung
fĂŒhrte. Von hier aus wurde das Gelenk einige Zeit immer
wieder reinfizier t. Das Empyem heilte ohne Inzision
aus, trotzdem der ganze Gelenkteil des FemĂŒr durch entzĂŒnd-
liche Erweichung ganz deformiert wurde.
Rivanol in das Gelenk gespritzt, macht EntzĂŒndung der
Synovialis. Die bei allen antiseptischen Mitteln von Ax-
n a u s e n am Kaninchenknorpel gesehene mehr oder we-
niger starke Knorpelnekrose ist beim Rivanol erheblich ge-
ringer als beim Phenolkampfer, ja auch als beim Vuzin.
Axhausen glaubt die Gefahr einer Arthritis deformans vor-
auszusehen. Die Bedeutung dieser SpĂ€tfolge darf nicht ĂŒber-
schÀtzt werden. Zwischen dem Kaninchen mit seinem zarten
Knorpelbelag und dem Menschen ist ein groĂer Unterschied.
Die nur mikroskopisch erkennbare Nekrose bleibt klinisch in
den nÀchsten Jahren wenigstens ohne jede Bedeutung, und
ein zurzeit nicht infiziertes Gelenk ist mehr wert als die
ganz entfernte Möglichkeit einer Arthritis deformans, die bis-
her beim Menschen nach Vuzin nicht beobachtet ist.
Ist der Gelenkinhalt bakteriologisch steril geworden, so
ist weiterer Rivanolgebrauch unnötig und sofort einzustellen.
In der Möglichkeit, die SterilitÀt des Gelenks nachzuweisen,
beruht auch die Möglichkeit, das Gelenk vor weiteren Injek-
tionen zu schönen. Deshalb soll jede PunktionsflĂŒssigkeit
bakteriologisch untersucht werden. Bei Mischinfektionen
von Strepto- und Staphylokokken verschwanden in meinen
GelenkfÀllen die Streptokokken zuerst, bei misch-
infizierten Abszessen beide gleichzeitig. Der schlieĂ-
lich im Gelenk verbleibende aseptische und klinisch symp-
tomlose ErguĂ muĂ auch abgelassen werden, da die Erholung
des Gelenks dann schneller vor sich geht.
Die Drainage des Kniegelenks mit einem verschlieĂbaren
Dauerröhrehen nach Payr ist unnötig und hat sich keine
Freunde erwerben können. Vorteile treten bei seiner An-
wendung nicht hervor. Die Drainage der beiden hinteren
Kniegelenksrecessus nach Payr oder Kroh, die bei den aus-
gedehnten Empyemen des Krieges nötig waren, habe ich bei
meinen FriedensfÀllen noch nicht gebraucht.
AbschlieĂe h d möchte ich ĂŒber die Gelenk-
e m p y e m e sagen:
Die Behandlung der Gelenkempyeme des Friedens ist
weitgehend konservativ geworden. An Stelle der frĂŒher öfter
notigen Drainagen oder Inzisionen kann meist die Punktion,
Aussaugung und Injektion von Rivanol treten. Nach meinen
Erfahrungen gelingt es, den infizierten Gelenkinhalt durch
Rivanolinjektionen zu sterilisieren. Durch die bak-
teriologische Kontrolle gewinnt die Sicherheit der Behand-
lung auĂerordentlich.
3. Gonorrhoische GelenkentzĂŒndungen.
Der Versuch, die gonorrhoischen GelenkentzĂŒndungen in den
Bereich der chemotherapeutischen Antisepsis zu ziehen, ist
als durchaus geglĂŒckt zu betrachten. Schon das Vuzin lieĂ
gute Ergebnisse erzielen, die aber vom Rivanol ĂŒbertroffen
werden.
Falls gröĂere ErgĂŒsse vorhanden waren, wie sie z. B. am
Kniegelenk leicht zu punktieren sind, geschah das, und die
Injektion von 10 â 15 ccm Rivanol wurde auch in das Ge-
lenk gemacht. Bei der gonorrhoischen EntzĂŒndung der an-
deren Gelenke fehlen ErgĂŒsse hĂ€ufiger, oder man wĂŒrde nur
mit MĂŒhe wenige Kubikzentimeter ansaugen können. Dann
habe ich auf die intraÀrtikulÀre Injektion verzichtet und
paraĂ€rtikulĂ€r in die Gegend der gröĂten Schmerzhaftigkeit
gespritzt.
Da die Schmerzhaftigkeit der frischen gonorrhoi-
schen EntzĂŒndung zu groĂ ist, als daĂ man ohne weiteres in
die Gelenkgegend einstechen und einspritzen kann, habe ich
meist den ChlorÀthylrausch dazu* benutzt. Sonst empfiehlt
es sich, eine Lösung herzustellen, die eine 0,5 prozentige No-
vokainlösung und eine 1 promillige Rivanollösung ist. H À r-
l e 1 empfiehlt, auf 1 Ltr. 0,5 prozentiger Kochsalzlösung 5 g
Novokain und 1 g Rivanol zu nehmen.
Die Wirkung der Rivanole inspritz u n g
bei der gonorrhoischen GelenkentzĂŒndung
tritt meist schnell ein. Viele Kranke waren froh darĂŒber,
daĂ sie wegen der auffallenden Linderung der Schmerzen
zum ersten Male wieder geschlafen hatten. Die Schmerz-
haftigkeit geht gewöhnlich schrittweise zurĂŒck. Tritt ein
RĂŒckfall der Schmerzhaftigkeit ein, so muĂ wieder einge-
spritzt werden. Die meisten FĂ€lle wurden durch 1 â 2 Ein-
spritzungen geheilt. AnfĂ€nglich mĂŒssen die Gelenke in phy-
siologisch richtigen Stellungen festgestellt werden.
Die gonorrhoische GelenkentzĂŒndung eignet sich in
jedem Stadium zur Rivanolbehandlung. Auch die Àlteren
FĂ€lle, die aus einem gewissen schmerzhaften Stadium sonst
nur schwer herauskommen, bessern sich auf intra- oder
paraartikulÀre Rivanoleinspritzungen sehr gut und kommen
zur Ausheilung. Man kann dann oft auffallend schnell zur
Bewegungstherapie ĂŒbergehen.
Zur ErklÀrung der R i v a n o 1 w i r k u n g bei
infektiösen GelenkentzĂŒndungen möchte ich
glauben, daĂ es nicht allein die bakterizide
Wirkung auf die Keime und nicht allein
der entzĂŒndliche Reiz der Einspritzung auf die
Gewebe ist, dem wir die guten Erfolge verdanken, sondern
beide VorgÀnge sind es gemeinsam, denn beide sind nach-
gewiesen: die starke bakterizide Kraft des Rivanols
durch die grĂŒndliche experimentelle Vorarbeit Morgenroths,
die entzĂŒndungserregende Eigenschaft, die
Ă€hnlich wie Bier's Stauung wirkt, durch den folgenden Fall:
Bei einem Falle von Poncetscher Gelenkerkrankung
punktierte ich das prall gefĂŒllte Kniegelenk, entleerte es
völlig und spritzte dann 8 ccm Rivanollösung 1 : 1000 ein.
4 Tage spÀter schnitt ich zur Dauerdrainage in die Nachbar-
schaft ein Synovialisfenster aus dem seitlichen Teil des
oberen Recessus aus. Die Untersuchung des SynovialisstĂŒcks
durch Prof. Hart ergab folgendes: âDie innere Zone dicht
infiltiert von Lymphozyten, Plasmazellen und zerfallenden
Leukozyten; die Ă€uĂere Zone durch fibrinreiches entzĂŒnd-
liches Oedem aufgelockert, ihre Kapillaren erweitert und
strotzend gefĂŒllt. Histologisch kein Anhalt fĂŒr SpezifitĂ€t des
Prozesses."
Literatur.
M o r g e n r o t h , Schnitzer und Rosenberg: Ueber ein
neues Antiseptikum, Deutsche Medizinische Wochenschrift
Nr. 44, 1921.
Klapp: Ueber die erneute Fortsetzung der Gewebsantisepsis
(Vuzin und Rivanol), Deutsche Medizinische Wochenschrift
Nr. 46, 1921.
(Aus dem Senckenbergischen Patholog. Institut der UniversitÀt
Frankfurt a." Main, Direktor Prof. Dr. R. Fischer.)
Die Bedeutung des Cholesterin = Stoffwechsels
fĂŒr die pathologische Anatomie.
Von Dr. Rudolf Jaffe, Priv.-Doz. und 1. Ass. am Institut.
Seitdem durch die grundlegenden Arbeiten von Kayse r-
1 i n g und O r g 1 e r doppeltbrechende Substanzen in den Ge-
weben festgestellt und durch die Untersuchungen von
A s c h o f f und K a w a m u r a Methoden ausgearbeitet wor-
sind, durch die es gelingt, auch im histologischen Schnitt die
einzelnen Lipoide weitgehend zu unterscheiden, und gleich-
zeitig von A s c h o f f auf die ungeheure Bedeutung hinge-
wiesen worden ist, die der Cholesterinester-Verfettung in der
pathologischen Anatomie zukommt, sind zahlreiche Arbeiten
erschienen, die den Zusammenhang verschiedener Krank-
heitsbilder mit dem Cholesterinstoffwechsel darzulegen
suchen. Es kann im Rahmen dieser AusfĂŒhrungen nicht
meine Aufgabe sein, alle diese Arbeiten zu referieren oder gar
kritisch zu besprechen; ich muĂ mich vielmehr darauf be- j
iö. Jahrg. Nr. l.
Jaffe: Cholesterin -Stoffwechsel
schrĂ€nken, kurz zusammengefaĂt mitzuteilen, was ĂŒber Zu-
sammenhÀnge zwischen Cholesteriristoffwechsel und be-
stimmten Krankheitsbildern heute bekannt ist. Ich will auch
nicht alle Orguno einzeln bespre< hen, in denen ĂŒberhaupt
Cholesterin oder Cholesterinester nachgewiesen sind, ebenso-
wenig alle Erkrankungen, bei denen derartige Ablagerungen
beobachtet wurden, sondein nur diejenigen VerÀnderungen,
bei denen die Störung des Cholesterinstoffwechsels eine
wesentliche Rolle spielt.
Cholesterin wird mit der Nahrung aufgenommen und
gelangt dann durch den Dann wohl meist in Form von Cholc-
sterinfettsÀureester auf dem Lymphwege ins Blut und wir,!
durch die Leber und Galle ausgeschieden. Eine Vermehrung
des Cholesterinspiegels des Blutes kann also Zustandekommen
durch vermehrte Zufuhr und durch verminderte Abfuhr in-
folge irgendeiner Störung der Leberfunktion. Letzteres ist
z. B. durch die schönen Experimente von Bacmeister
und HĂ€vers nachgewiesen worden. Die Autoren gingen
davon aus, daà wÀhrend der Schwangerschaft eine Erhöhung
des Cholesterinspiegels eintritt. Sie legten nun HĂŒndinnen
Gallenfisteln an, um gesondert den Cholesteringehalt des
Blutes und der Galle untersuchen zu können. Dann lieĂen sie
die HĂŒndinnen decken und fanden, daĂ wĂ€hrend der Schwan-
gerschaft der Cholesterinspiegel der Galle sinkt, wÀhrend der
des Blutes eine Zunahme erfÀhrt. Sie konnten daraus
schlieĂen, daĂ wĂ€hrend der Schwangerschaft eine Abdichtung
des Leberfilters erfolgt. Nach dem Wurf tritt eine rapide
Ausschwemmung durch die Galle ein, wÀhrend gleichzeitig
der Cholesteringehalt des Blutes absinkt. Die Abdichtung
des Leberfilters ist also nach der Geburt wieder beseitigt.
l'ntersuchungen des Blutserums auf ihren Cholesterin-
gehalt sind in groĂer Anzahl ausgefĂŒhrt worden. Ich kann
diese Arbeiten, da sie meist rein klinisch sind, hier nicht im
einzelnen besprechen, erwÀhnt seien nur, um einige Beispiele
zu nennen, die Arbeiten von Obakewitsch, Welt-
mann, Fischl, Bauer und Skutezky, Heues,
P r i b r a m, M e d a k u n d P r i b r a m, S t e p p, K o 1 1 e r t und
Finger, Chauffart und G i i g a u t, H o r i u c h i u. a.
Aus diesen Arbeiten geht hervor, daĂ der Cholesterinspiegel
des Blutes auĂer bei der GraviditĂ€t bei verschiedenen Krank-
heiten mehr oder weniger regelmĂ€Ăig erhöbt ist, so z. B. bei
Diabetes, bei verschiedenen Leberkrankheiten, besonders
wenn diese mit chronischem Ikterus einhergehen, bei chro-
nischer Nephritis, bei verschiedenen Infektionskrankheiten*
Arleriosklerose usw. Ein Teil der genannten Autoren bat
auch Bestimmungen des Blutcholesteringehalts bei Tieren
vorgenommen.
Die Krankheiten, bei denen Störungen des Cholesterin-
stoffwechsels eine wesentliche Rolle spielen und die ich des-
halb nÀher besprechen will, sind vor allem drei: die Arterio-
sklerose, die Gallensteinleiden und die Xanthome, Pseudo-
xanthome und Xanthelasmen. AuĂerdem ist es aber nötig,
einige Worte ĂŒber einige andere Krankheilsbilder sowie ĂŒber
die Bedeutung zu sagen, die die Cholesterinablagerungen in
der Nebennierenrinde haben.
Zum SchluĂ wollen wir versuchen, die Frage zu beant-
worten, ob zwischen diesen an und fĂŒr sich so verschiedenen
Erkrankungen nur eine Ă€uĂere Aehnlichkeit durch die Chole-
sterinablagerung gegeben ist, oder ob irgendwelche gleichen
Bedingungen zu dieser Erscheinung Veranlassung geben.
Das Krankheitsbild der Arleriosklerose muĂ ich als be-
kannt voraussetzen. Ich will nur noc h einmal kurz hervor-
heben, wie die ersten Stadien aussehen, da gerade diese fĂŒr
das Experiment von besonderer Bedeutung sind, besonders
auch fĂŒr die Beurteilung, ob ein bestimmter ProzeĂ wirklich
echte Arteriosklerose darstellt oder nicht. Die Arteriosklerose
beginnt stets in der Intima, und zwar findet sich zunÀchst,
worauf Ribbert, Aschoff u. a. besonders hingewiesen
|aben, feine Lockerung der KittsĂŒbstanz in den liefen
Schichten der Int inia. Ls kommt dadurch zu einem Ein-
bringen von Blulspasma und zu Fettablagerung zwischen den
elastischen Fasern. Dann kann das Bild sehr schwanken.
Je nachdem die jetzt einsetzende Intimaw Sicherung oder aber
die Nekrosen, KĂ€lkablagerungen usw. mein im Vordergrund
sieben.
Dieses Krankheitsbild der Arleriosklerose im Tien speri
Dient zu erzeugen, war lange Zeit unmöglich. Wohl gejang
es, verschiedene VerÀnderungen in der Aorta der Kaninchen
hervorzubringen, die aber alle wesentlich verschieden von
dem eben geschilderten Bild waren. Am bekanntesten sind
die VerÀnderungen mu h Adrenalinin jektionen, die besonders
eingehend von B. Fischer untersucht worden sind. Dabei
linden sich aber vorwiegend Nekrosen in der Media, denen
höchstens sekundÀr Intimaverdickungen folgen können.
Die Ansichten ĂŒber die Entstehung der Arteriosklerose
waren lange Zeil ĂŒberaus sc hwankend, da von den verschie-
denen Ursachen, die in Frage kommen, bald die eine, bald die
andere mehr im Vordergrund steht, und daher von den ver-
schiedenen Autoren bald diese, bald jene Ursache als die
wesentliche angesehen wurde. Eine Wendung in unserer
Auffassung trat erst dann ein, als es gelang, die entsprechen-
den VerÀnderungen beim Tier zu erzeugen.
Der erste, der diesen Erfolg zu verzeichnen hatte, war
S a 1 1 y k o w; und zwar erzeugte er eine Arteriosklerose beim
Kaninchen durch Injektion von Bakterien. Wie aber Àuf
Grund spÀterer Experimente erwiesen und auch von
Saitykow selbst anerkannt wurde, waren nicht diese Injek-
tionen die eigentliche Ursache fĂŒr die VerĂ€nderungen, als
vielmehr die Art der FĂŒtterung, die die Tiere wĂ€hrend der
Experimente erhielten. Denn daĂ es gelingt, durch bestimmte
FĂŒtterung die angegebenen VerĂ€nderungen hervorzubringen,
haben zahlreiche Versuche erwiesen.
Die ersten derartigen Experimente veröffentlichte I g n a-
towsky im Jahre 1909. Er fĂŒtterte Kaninchen mit Fleisch,
in einer anderen Reibe mit Eigelb und Milch, und zwar in
der ersten Reihe mehr alte, in der zweiten jĂŒngere Tiere. Er
berichtet nun, daĂ er bei den jungen Tieren (d. h. also bei
denen, die mit Eigelb und Milch gefĂŒttert wurden) Ăorten-
verÀnderungen arteriosklerotischer Natur gefunden habe,
wÀhrend er bei den alten Tieren mehr VerÀnderungen der
Media beobachtete. Er zieht aus seinen Befunden zunÀchst
absichtlich keine weiteren SchlĂŒsse.
Lubarsch und sein SchĂŒler Steinbiss berichten
dann ĂŒber FĂŒlterungsversuche an Kaninchen, von denen eine
Gruppe mit Leber, eine zweite mit Nebenniere, eine dritte mit
Pferdefleisch gefĂŒttert wurde. Bei der letzten Gruppe fanden
sich gar keine VerÀnderungen, wÀhrend die stÀrksten bei der
mit Leber gefĂŒtterten festzustellen waren. Lubarsch er-
klĂ€rt das Zustandekommen der VerĂ€nderungen dadurch, daĂ
infolge der verÀnderten ErnÀhrungsweise im Körper gebil-
dete Abbauprodukte als Gifte in erster Linie die glatte Mus-
kulatur und das elastische Gewebe der Schlagader schÀdigen,
und daĂ dann durch Knocheneinschmelzung Kalk frei wird
und in den Nekrosen zur Ablagerung kommt. Er betont, daĂ
die VerÀnderungen besonders durch das Fehlen der initialen
Intima vmcherung und -Verkalkung ausgezeichnet sind.
Lubarsch lehnt nach seinen Untersuchungen den SchluĂ
ab, âdaĂ die menschliche Atherosklerose stets eine Stoff -
w-ehselerkrankung wÀre", betont aber sehr scharf, daà die
Experimente dargetan haben, âdaĂ mechanische SchĂ€digun-
gen, besonders auch Blutdrucksehwankungen fĂŒr die Ent-
stehung, ja selbst Lokalisation der Schlagaderverkalkung ent-
behrlich sind". L u b a r s c h lĂ€Ăt also beides â Stoffwechsel-
erkrankung und mechanische SchĂ€digung â nicht als
alleinige Ursache, zum mindesten nicht in jedem Fall gelten,
ein Standpunkt, der, wie wir noch sehen werden, auch heute,
nachdem inzwischen sehr zahlreiche Experimente ausgefĂŒhrt
worden sind, als zu Recht bestehend anerkannt werden muĂ.
Um nun genauer festzustellen, welche Stoffe eigentlich
von Einfluà auf die VerÀnderungen der Aortenintima seien,
fĂŒtterte Stuckey Kaninchen mit Fleischsaft, HĂŒhnereiweiĂ,
Eigelb, Milch u. a. Er stellte dabei fest, daĂ Fleischsaft,
HĂŒhnereiweiĂ und Milch fast keinen EinfluĂ hatten, wĂ€hrend
die Tiere, die mit Eigelb gefĂŒttert worden waren, in <h r
Aorta eine enorme Intimabypertropbie mit Infiltration mit
Feltsubstanzen aufwiesen. Versuche mit verschiedenen tieri-
i Jaffe: Cholesterin -Stoffwechsel 40. Jahrg. â Nr. 1.
sehen und pflanzlichen Fetten waren völlig negativ, nur bei
FĂŒtterung mit Gehirnsubstanz fanden sich noch gering-
gradige VerÀnderungen.
Auf den bisher beschriebenen Versuchen fuĂend fĂŒtterten
C h a 1 a t o w und Anitschkow Kaninchen mit reinem
Cholesterin. Sie fanden schon nach 4 â 8 Wochen Bilder, die
sie als beginnende Arteriosklerose deuteten.
UnabhÀngig von diesen beiden Autoren nahmen
Wacker und H u e c k gleichartige Experimente vor, und
es gelang auch ihnen, echte Arteriosklerose zu erzeugen. Sie
ziehen aus ihren Versuchen den SchluĂ, daĂ auch beim
Menschen der Cholesteringehalt des Blutes fĂŒr die Entstehung
der Arteriosklerose eine wesentliche Rolle spiele, daĂ aber
fĂŒr die Lokalisation noch lokale Momente, vielleicht mecha-
nischer Natur, hinzukÀmen.
Ein Jahr spĂ€ter berichtet Anitschkow ĂŒber seine
scheinen, im A s c h o f f sehen Instiut ausgefĂŒhrten Experi-
mente. Er weist aus der Literatur nach, daĂ bei den frĂŒheren
Versuchen relativ kolossale Cholesterinmengen zur Erzeugung
der VerÀnderungen notwendig waren, und zwar solche Men-
gen, wie sie der Mensch bei Berechnung des kg-Körper-
gewichts niemals zu sich nimmt. Auch die Cholesterin-
mengen des Blutes seien gewaltig groĂ. Er selbst stellte da-
her Versuche mit geringen Mengen von Cholesterin an und
kombinierte diese FĂŒtterungsversuche mit anderen Methoden,
die geeignet sein konnten, GefĂ€ĂschĂ€digungen zu erwirken.
So nahm er bei einigen Tieren eine Verengerung der Aorta
vor, um dadurch den Blutdruck zu erhöhen. Dadurch ge-
lang es ihm, auch bei relativ sehr kleinen Mengen von Chol-
esterin schon schwere VerÀnderungen in der Aorta zu er-
zielen, wÀhrend solche bei Verengerung der Aorta ohne Chol-
esterinfĂŒtterung fast ganz fehlten, besonders fand dann
keinerlei Fettablagerung statt. Bei anderen Tieren wurde
gleichzeitig mit der CholesterinfĂŒtterung die Suspension aus-
gefĂŒhrt. Auch hier zeigten sich keine VerĂ€nderungen bei
nicht gleichzeitig Cholesterin-gefĂŒtterten Tieren, wĂ€hrend sie
sich regelmĂ€Ăig bei den FĂŒtterungstieren fanden, allerdings
auch kaum viel frĂŒher als bei FĂŒtterungstieren ohne Sus-
pension. SchlieĂlich wurden noch Versuche mit Adrenalin-
injektionen mit und ohne CholesterinfĂŒtterung vorgenom-
men. WĂ€hrend letztere nur die bekannten Medianekrosen
mit sekundÀrer Intimaverdickung in Form von Wucherung
von elastischen und Muskelfasern ergaben, zeigten erstere
auĂerdem reichlich Ablagerung anisotropen Fettes, besonders
in den tiefen Intimaschichten. Anitschkow bezeichnet
diesen Vorgang als sekundÀre Atheromatose.
Anitschkow hat dann weiterhin sehr genau den Vor -
gang der Ablagerung von anisotropem Fett beobachtet und
festgestellt, daĂ diese zuerst immer zwischen den elasti-
schen Fasern erfolgt, dann treten fetthaltige groĂe Zellen auf,
die elastischen Fasern wuchern usw. Daneben findet ein
Austritt von Plasma in die oberflÀchlichen Schichten der
Aortenwand statt. Er bezeichnet also den Vorgang als Infil-
tration mit Fettmassen und sieht in seinen Befunden eine
BestĂ€tigung der âInfiltrationstheorie", wie sie von R i b b e r t,
A s c h o f f u. a. fĂŒr den Menschen aufgestellt worden ist.
Anitschkow schlieĂt aus seinen Versuchen, daĂ auch
beim Menschen eine Summierung von Momenten, die viel-
leicht allein nicht dazu imstande wÀren.
Sehr interessant âą ist es, daĂ Anitschkow auch an
d( mi Aortensegel 'der Mitralis, sowie an den Semilunarklappen
der Aorta VerÀnderungen beobachtete, die nach seiner Dar-
stellung vollkommen die gleichen wie die in der Aorta sind,
die gleichen Befunde, wie sie beim Menschen als âweiĂe
Flecken der Mitralis" von Marti us und anderen beschrie-
ben worden sind und auch beim Menschen als erste AnfÀnge
der Arteriosklerose betrachtet wurden. Sie entstehen im Ti^r-
experiment auch bei reiner CholesterinfĂŒtterung ohne infek-
tiöse Momente, allerdings bei Tieren, die groĂe Dosen Chole-
sterin erhalten hatten.
WĂ€hrend aus den bisher angefĂŒhrten Arbeiten ersicht-
lich ist, daà es auch ohne weitere SchÀdlichkeiten, allein
clĂŒrch Erhöhung des Cholesterinspiegels im Experiment ge-
lingt, echte arteriosklerotische VerÀnderungen zu erzielen,
kommt Knack, der im F a h r sehen Institut experimentierte,
zu dem SchluĂ, daĂ stets noch eine infektiös -toxische oder
auch mechanische SchĂ€dlichkeit, die die GefĂ€Ăe trifft, voraus-
gehen mĂŒsse. Wenn er allerdings als solche auch schon die
EinfĂŒhrung des Magenschlauches und die dadurch bedingte
Erregung des Tieres betrachtet, so muĂ man wohl zugeben,
daà der Mensch im allgemeinen recht hÀufig Àhnlichen
SchÀdlichkeiten ausgesetzt ist.
Sehr eigenartig ist es, daĂ im Gegensatz zu diesen FĂŒtte-
rungsversuchen Klotz nach lÀngere Zeit hindurch fortge-
setzter intravenöser Injektion von einer Mischung von Chole-
sterin und Olivenöl die groĂen Arterien durchweg frei von
VerÀnderungen fand, und nur VerÀnderungen an den Lungen-
kapillaren nachweisbar waren.
Aschoff hat dann in einem zusammenfassenden Re-
ferat ĂŒber die Arteriosklerose auch Stellung genommen zu
der Frage: âIst die HypercholesterinĂ€mie die Ursache des
ganzen Prozesses?" Nach seinen AusfĂŒhrungen spricht gegen
diese Annahme schon der Umstand, daĂ die Verfettung der
Intima nur eine besondere Form der VerÀnderung darstellt,
nicht aber jede sklerotische Platte atheromatös sein muĂ,
wenn man von geringfĂŒgigen Verfettungen absieht. Er
schlieĂt aber aus den geschilderten Experimenten, daĂ die
eigentliche atheromatose VerÀnderung nichts anderes ist als
eine Folge der in die gelockerte Intima stattfindenden Eirt-
pressung myelin- und cholesterinhaltigen Blutplasmas. âOb
es freilich nur die stÀrkere Einpressimg oder vielleicht auch
eine stÀrkere Adsorption der sowieso eindringenden Fett-
massen durch physikalisch-chemisch verÀndertes Gewebe der
ĂŒberanstrengten Intima sind, kann nur durch das Experi-
ment entschieden werden." Nur die StÀrke der Entwicklung
der lokalen Cholesterinspeicherung hÀnge von dem Reichtum
des Blutes an Cholesterinestern ab. âDie funktionelle Ab-
nutzung oder Ueberanstrengung bedingt die Lockerung der
Kittsubstanz bestimmter Systeme mit den reaktiven Wuehe-
rungsvorgÀngen an anderen Systemen, das eindringende Blut-
plasma lĂ€Ăt diese funktionelle Abnutzung je nach seinem
Cholesterinester- oder Kalkgehalt mehr oder weniger deutlich
hervortreten, macht sozusagen die erfolgte Abnutzung sicht-
bar und fĂŒhrt durch sekundĂ€re Umsetzungen und Nekrosen
zur Kalkplatten- oder GeschwĂŒrsbildung, welche das Ende in
der kontinuierlichen Kette ein und desselben Prozesses bil-
den."
Wenn wir jetzt auf die Frage der Ablagerung von Chole-
sterin in Tumoren und die dazu fĂŒhrenden Bedingungen
ĂŒbergehen, so mĂŒssen wir uns zunĂ€chst klar sein ĂŒber die
Art der Neubildungen, in denen solche Ablagerungen vor-
zugsweise auftreten. Ueber diese Frage besteht eine groĂe
Ă€ltere Literatur, auf die ich hier nicht eingehen kann. Ich
will mich einfach an die Einteilung halten, die A s c h o t' f gibt,
und auf einige andere beschriebene cholesterinhaltige Tumoren
im AnschluĂ an diesen Abschnitt eingehen. A s c h o f f unter-
scheidet: 1. Xanthome. Echte GeschwĂŒlste, hei denen die
LebensfÀhigkeit der Xanthomzellen jahrelang bestehen bleibt,
und zwar trennt er die reinen Xanthome von den Xantho-
matosen MischgeschwĂŒlsten. 2. Xanthelasma. XanthomĂ€hn-
liche GeschwĂŒlste infolge primĂ€rer oder sekundĂ€rer Stoff -
Wechselstörungen. 3. Pseudoxanthome, bei denen es sich um
eine sekundÀre Resorption von Fett handele. Nach dieser
Einteilung werden also einmal die echten Tumoren von
tumorÀlmlichen Neubildungen geschieden, andererseits letz-
tere getrennt in zwei Gruppen, je nachdem ob die Cholesterin-
aufnahme resorptiv aus der Umgebung erfolgt (Pseudoxan-
thome), oder ob sie aus dem Blut, ev. infolge vermehrten
Blutcholesteringehaltes, stattfindet (Xanthelasma). Die dabei
auftretenden cholesterinhaltigen Zellen werden gleichfalls als
Pseudoxanthom- und Xanthomzellen geschieden. Dabei ist
aber zu bemerken, daĂ eine morphologische Verschiedenheit
dieser Zellen eigentlich nicht besteht, daĂ also nur im Rahmen
des Gesamtbildes die Zelldiagnose gestellt werden kann.
Pinkus und Pick haben im Jahre 1908 als eiste dar-
auf hingewiesen, daĂ die in diesen GeschwĂŒlsten auftretenden
40. Jahrg. â Nr. 1.
.laffo: Cholesterin -Stoff wooh sei
I
Fette doppelbrechende Substanzen und zwar Gholesterinfetl
sÀureester sind. Sic machen darauf aufmerksam, daà mul-
tiple Xanthome ĂŒberhaupt seiton sind, nieist aber kombiniert
mit anderen Krankheiten auftreten, und zwar sehr hÀufig bei
chronischem Ikterus und Diabetes beobachtel werden. Sie
beschreiben dann einen sehr interessanten Fall von Leber-
cirrhose mit sehr zahlreichen Xanthomen. Den Autoren fiel
es auf, daĂ sieh alle Hauteffloreszenzen, Kratzeffekte usw. in
Xanthome innwandelten; nach einem Erysipel blieb die ganze
befallene Stelle ockergelb. Die Autoren weisen dann als erste
auf den Znsammenhang zwischen CholesterinÀmie bei Ikterus
und Diabetes mit dem Xanthom hin; sie glauhen, daĂ es sich
einfach um eine Speicherung, eine Infiltration von Cholesterin
aus dem Blut handelt. Pick grenzt allerdings hiervon die
eigentlichen Xanthome als echte GeschwĂŒlste ab: âhier sind
die nĂ€heren UmstĂŒnde der Ablagerung wohl rein lokal be-
dingt und rein lokal ablaufend."
Aehnlich ist ein Fall von Nico 11, der bei einer Chinin-
intoxikation ein mit Fieber und Ikterus verbundenes,
schuppendes Exanthem beobachtete, aus dem eine allgemeine
xanthelasmaartige VerÀnderung der Haut entstand. Auch
diese wurde so erklĂ€rt, daĂ eine AusschĂŒttung von Chole-
sterinestern in den Kreislauf erfolgt sei, die dann von den
Makrophagen der Cutis aufgespeichert wurden.
Die Richtigkeit der von P i n k u s und Pick geĂ€uĂerten
Anschauuungen wurde von Anitschkow in seinen im
A s c h o f f sehen Institut angestellten Versuchen bewiesen.
Anitschkow ging von dem Befund aus, daĂ man in
der NĂ€he von EntzĂŒndungsherden oft Cholesterinester in
Zellen, besonders in Makrophagen abgelagert findet, die viel-
leicht durch den Gewebszerfall dorthin gelangen. Er erzeugte
nun bei Kaninchen im subkutanen Bindegewebe chronische
Eiterungen, und zwar durch mit Terpentin getrÀnkte Fremd-
körper, die zuvor mit Staphylokokken infiziert worden waren,
andererseits sterile EntzĂŒndung ohne Eiterung durch Ein-
fĂŒhrung von Zelloidinröhrchen. Bei den ersteren fand er
stets Pseudoexanthomzellen mit doppeltbrechenden Sub-
stanzen, bei letzteren niemals. Machte er nun aber dieselben
Versuche hei Tieren, deren Cholesterinspiegel durch ent-
sprechende FĂŒtterung erhöht war, so fand er stets eine ge-
waltige AnhÀufung von Xanthomzellen, die auch bei eitriger
EntzĂŒndung erheblich reichlicher als in der ersten Reihe
waren. Die Zellen waren noch lange in der Narbe nach-
weisbar. Den gleichen Erfolg hatte er auch bei allen mög-
lichen anderen Reizen, auch bei Reizung innerer Organe. Bei
CholesterinfĂŒtterung ohne daĂ irgendein Reiz hinzukam, fand
er Cholesterinablagerung in den Makrophagen des ganzen
Körpers, besonders in der Milz, dem Knochenmark und den
Kupferschen Sternzellen.
Diesen letztgenannten Befunden entsprechen die Unter-
suchungsergebnisse von Ku s o n o k i, der in der menschlichen
Milz eine reichliche Ablagerung von doppeltbrechenden Sub-
stanzen bei solchen Erkrankungen, bei denen auch eine Er-
höhung des Blutcholesterinspiegels gefunden wird, beob-
achtete.
Anitschkow hat dann in sehr eingehenden Unter-
suchungen die Herkunft der cholesterinhaltigen Zellen fest-
gestellt. Er fand, daĂ bei den ersten Versuchen (Entstehung
von Eiterung hei nicht cholesteringefĂŒtterten Tieren) die
doppeltbrechenden Substanzen in Makrophagen stets in der
auf die Eiterung folgenden Schicht lagen. Sie fehlen in
frĂŒhen und spĂ€ten Stadien, finden sich also nur dann, wenn
die Eiterung vorhanden ist. Er bezeichnet diese Zellen als
typische Pseudoxanthomzellen: âDieselben sind lediglich als
gewöhnliche Makrophagen aufzufassen, welche einige Be-
sonderheiten in der Struktur ihres Protoplasmas (feinschau-
miger Bau) aufweisen". âDie Entstehung von anisotropen
FetteinschlĂŒssen in den Makrophagen bei der eitrigen Ent-
zĂŒndung stellt einen lokalen ResorptionsprozeĂ von Chole-
sterinfelton seitens dieser Zellen dar und kann experimentell
hervorgerufen, vollkommen in Parallele mit der Bildung des
Pseudoxanthoms beim Menschen gestellt werden." Nach
steinen Untersuchungen haben aber auch die Xanthomzellen.
die bei mit Cholesterin gefĂŒtterten Tieren auftreten, die
gleiche Herkunft: âDie Xanthomzellen sind gewöhnliche.
Makrophagen (I'olyblasten, Ilistiozyten ), wie sie bei den ent-
zĂŒndlichen Prozessen auftreten, die sich nur etwas eigenartig
differenziert haben". Das Pigment, das sieh in diesen Zellen
so hĂ€ufig findet, sei durch frĂŒhere Phagozytose roter Blut-
körperchen entstanden. Die Xanthomzellen fanden sich
nun auch bei cholesteringefĂŒtterten Tieren, bei denen Eite-
rungen erzeugt worden waren, im Gegensatz zu den Pseudo-
xanthomzellen in allen Schichten der EntzĂŒndung. Je inten-
siver die EntzĂŒndungserscheinungen, um so reichlicher waren
die Xanthomzellen, was der Autor auf die gröĂere Zahl der
Makrophagen zurĂŒckfĂŒhrt; andererseits bestanden aber auch
direkte Beziehungen zu dem Grade der Cholcsterinisation."
HierfĂŒr erbringt er einen sehr schönen Beweis durch einen
weiteren Versuch: Er lieĂ bei Tieren erst aseptische Fremd-
körper einheilen und fĂŒtterte danach mit Cholesterin. Die
Untersuchung der Narben zeigte dann, daĂ auch hier, wenn
auch in geringerer Anzahl Makrophagen zu finden waren, die
mit doppeltbrechenden Substanzen beladen waren (wÀhrend
oben erwÀhnt wurde, daà solche bei nicht mit Cholesterin
gefĂŒtterten Tieren gĂ€nzlich fehlten). Dadurch ist bewiesen,
daĂ die Infiltration mit Cholesterin durch den vermehrten
Cholesteringehalt des Blutes bedingt ist.
Anitschkow kommt also auf Grund seiner Experi-
mente zu dem SchluĂ: âdaĂ bei einer kĂŒnstlichen Erhöhung
des Cholesteringehaltes im Organismus eine reichliche Ab-
lagerung von anisotropen Fettropfen in den Makrophagen
(Klasmatozyten) des Bindegewebes stattfindet, die sich dabei
in typische Xanthomzellen verwandeln. Wenn dabei infolge
eines lokalen entzĂŒndlichen Reizes eine AnhĂ€ufung von Ma-
krophagen stattfindet, so wandeln sich auch diese Makro-
phagen auf gleiche Weise, d. h. infolge einer Infiltration mit
Cholesterinfetten in Xanthomzellen um, und es kommt zu
bedeutenden Ansammlungen dieser sehr charakteristischen
Zellformen â ein ProzeĂ, den man morphologisch und patho-
genetisch in Parallele zu den Xanthelasmen des Menschen
stellen kann."
Zu Àhnlichen Resultaten kam L e b e d o w, der Kanin-
chen, die mit Cholesterin gefĂŒttert worden waren, eine 10 %
Na OH-Lösung injizierte, oder bei diesen Tieren die Haut
durch Reiben mit einer BĂŒrste reizte und dann einen mit KOH
stark geÀtzten Faden hindurchzog. Auch er fand in der Um-
gebung der Reizungsstellen Xanthomzellen, entstanden aus
âMakrophagenpolyblasten", daneben aber auch Sphaero-
kristalle in Fibroblasten, ferner auch frei zwischen den In-
filtratzellen und in den Endothelien der GefĂ€Ăe. Seine RĂŒck-
schlĂŒsse auf menschliche Befunde gehen allerdings etwas weit
und sind nicht ganz klar.
Auch Hoessli gelang es, im Experiment beim Kanin-
chen den gleichen ProzeĂ hervorzurufen, wie er sich bei Ent-
stehung der Xanthelasmen beim Menschen abspielt. Er be-
tont aber scharf, daĂ es niemals glĂŒckt, VerĂ€nderungen ana-
log dem Xanthoma tuberosum zu erzeugen, was im Einklang
mit der Auffassung steht, daĂ das Xanthom eine echte Neu -
bildung ist.
Nach den Befunden der Tierexperimente lag nun die
Frage nahe, ob auch die Entstehung der echten GeschwĂŒlste,
der Xanthome, eine Folge der Cholesterinablagerung darstelle
oder ob durch irgendwelche anderen UmstÀnde das Chole-
sterin erst in die Zellen der schon vorhandenen Geschwidst
abgelagert wĂŒrde.
Zu dieser Frage nehmen z. B. A r n i n g und Lipp-
mann Stellung. Sie legten ihrer Arbeit folgende Fragestel-
lung zugrunde: âSind die Fibrome das primĂ€re und stellt das
Xanthom nur eine Ablagerung von Lipoiden in denselben aus
dem vermehrten Blutcholesterin dar oder entstehen die fibro-
matösen Tumoren durch die Bildung der Lipoide in be-
stimmten Gewehen des Mesodernis oder hat vielleicht sogar
das Xanthomgewebe die Möglichkeit, Cholesterin herzustellen
und in das Blut auszuschĂŒtten?" Zu einer bestimmten Be-
antwortung dieser sicher Ă€uĂerst wichtigen Fragestellung
kommen die Autoren nicht.
Jaffe: Cholesterin-Sloffwechsel
40. Jahrg. â Nr. 1.
Die letzte von ihnen angedeutete Möglichkeit ist wohl un-
bedingt abzulehnen, da es noch keineswegs erwiesen ist, ob
bei Xanthomen stets eine HypereholeslerinÀmie vorliegt, wir
vielmehr vorlÀufig nur sagen können, daà bei Cholesteri-
nÀmien hÀufig auch Xanthome auftreten. Es liegt also viel
nÀher, an ein umgekehrtes VerhÀltnis zu denken. Ob aber der
CholesterinĂŒberschuĂ die Ursache zur Geschwulstentstehung
abgeben kann, ist heut noch nicht mit Sicherheit zu ent-
scheiden. Im Experiment ist ein derartiger Zusammenhang
nicht erwiesen. Nachdem aber heut durch verschie-
denc chemische Mittel auch im Experiment eine Erzeugung
echter Tumoren geglĂŒckt ist, kann man auch die Möglichkeit
eines Zusammenhangs zwischen der Cholesterinablagerung
und der Tumorentstehung nicht unbedingt ablehnen, wenn er
auch zunÀchst nicht wahrscheinlich erscheint. Dagegen
spricht z. B. die Tatsache, daĂ wir im Xantheblasma die Chole-
sterinablagerung oft viele Jahre lang sehen, ohne daĂ es je-
mals beobachtet worden wÀre, daà sich dort ein echter Tumor
entwickelt hĂ€tte. ZunĂ€chst hat also die Annahme die gröĂte
Wahrscheinlichkeit fĂŒr sich, daĂ das Cholesterin in die schon
vorhandenen Tumoren abgelagert wird. Möglich ist es, daĂ
die Tumorzellen eine besondere AffinitÀt zum Cholesterin be-
sitzen, möglich ist es aber auch, daà durch mechanische oder
Àhnliche Reize, denen solche Tumoren zweifellos hÀufig aus-
gestzt sind, gewissermaĂen ein lokus minoris resistenliae
geschaffen wird, und nun erst sekundÀr die Ablagerung zu-
stande kommt. FĂŒr eine derartige Auffassung, nĂ€mlich daĂ
es oft erst sekundÀr zur Cholesterinablagerung in Tumoren
komme, und zwar als Folge einer Stoffwechselstörung in Ge-
meinschaft mit lokalen Störungen, hat sich auf dem letzten
Pathologentag in Jena K i r c h sehr entschieden ausge-
sprochen. Sehr interessant ist es, daĂ er unter insgesamt
8 Xanthomatosen Tumoren zwei Lymphangiome und ein
Endotheliom der Dura, die alle drei typische Xanthomzellen
enthielten, beschrieb. Bei drei FĂ€llen untersuchte er chemisch
das Blut und stellte vermehrten Cholesteringehalt fest. Er
schlieĂt daraus, daĂ auch fĂŒr die blastomatösen Xanthome
eine Störung des allgemeinen Cholesterinstoffwechsels maĂ-
gebend sei. Jedoch sei zweifellos noch das Hinzukommen
eines lokalen Momentes erforderlich. Er meint, daĂ gerade
seine beiden FĂ€lle von Lymphangiom die von Lubarsch
geĂ€uĂerte Ansicht, daĂ als solche eine lokale Lymphstauung
in Frage komme, bestÀtigten.
In der Diskussion teilten dann noch Beitzke und
Dietrich Àhnliche FÀlle mit. Letzterer schlug vor, solche
Tumoren, in die erst sekundÀr eine Ablagerung von Chole-
sterin erfolgt sei, als sekundÀre Xanthome von solchen sel-
tenen GeschwĂŒlsten abzutrennen, âin denen auch die kleinsten
Teilchen die ausgesprochene Xanthomzellbildung als zellige
EigentĂŒmlichkeit bieten." Letztere seien dann als primĂ€re
Xanthome zu bezeichnen. Lubarsch schlug anstelle des
Ausdrucks: sekundÀre Xanthome vor, lieber von Xanthoma-
tosen Blaslomen zu sprechen.
Wichtig ist noch, daĂ Arzt in der Debatte auf einen
Fall von ausgesprochener Xanthomatosis hinwies, bei dem
der Cholesteringehalt des Blutes nicht erhöht war. Wem,
also K i r c h betont hatte, daĂ bisher in 'der Literatur noch
keine solchen FĂ€lle verzeichnet seien, so steht seiner An-
gabe dieser Fall gegenĂŒber. Es ist aber auĂerdem
auch darauf hinzuweisen, daĂ bisher ĂŒberhaupt Blutunter-
suchungen bei Xanthomen sehr spÀrlich veröffentlicht wor-
den sind. Es scheint danach gar nicht ausgeschlossen, daĂ
gerade negative Resultate nicht publiziert wurden. Jeden-
falls mĂŒssen erst noch sehr viel zahlreichere Untersuchun-
gen vorgenommen werden, ehe man hier von eindeutigen Er-
gebnissen sprechen kann.
DaĂ ĂŒberhaupt Cholesterin sich in den verschiedensten
Geweben ablagern kann, geht aus einer Reihe von kasuisti-
schen Mitteilungen hervor.
So beriehtet z. B. W. H. Schulze ĂŒber einen Fall, bei
dem sich eine ausgesprochene LipÀmie bei schwerem Dia-
betes fand. In diesem Falle war (las Milzpulpagewebe durch
auffallend groĂe Zellen von wabig-schaumigem Bau ersetzt,
in denen Cholesteringemische eingelagert waren.
Kinoshita belichtet aus dem H e d i n g e r s c h e n
Institut ĂŒber ein Prostatakarzinom, das massenhaft doppelt-
brechende Lipoide enthielt.
Derselbe Autor untersuchte systematisch die Prostata auf
das Vorkommen doppeltbrechender Lipoide und fand, daĂ
sie regelmĂ€Ăig in der Altersprostata nach dem 45. Lebens-
jahre in gröĂerer Menge auftreten. Er bringt ihr Vorhanden-
sein in Zusammenhang mit einer reduzierten aber abnor-
men ZelllÀtigkeit.
Schulte beschreibt xanthelasmatische Fleckungen der
Leber- und Milzkapsel bei einem Fall von chronischem
Ikterus infolge Karzinoms des Choledochus. Gleichzeitig be-
standen xanthomartige HautverÀnderungen an der Ellen-
beuge.
Hirsch beschreibt 7 FĂ€lle von Cholesterinverfe'ttung
des Mesenteriums, bei denen sehr oft starke allgemeine Adi-
positÀs oder Kreislaufstörungen gleichzeitig bestanden. Er
weist darauf hin, daĂ Lymphe, Blut und GewebsflĂŒssigkeit
des Mesenteriums wegen der Resorption des Cholesterins vom
Darm aus reicher an Cholesterinverbindungen sein mĂŒssen
als das ĂŒbrige Körperblut, âwodurch deren Ablagerung im
Mesenterium bei lokaler Lymph- und Blutstauung zwanglos
zu erklĂ€ren ist". AehrĂŒiche FĂ€lle sind auch von Verse und
von Schlagenhaufer beschrieben worden.
Durch die Lokalisation im Mesenterium ist vielleicht
auch der Cholesteringehalt in einem von Dietrich be-
schriebenen Tumor zu erklÀren. Dagegen bieten die Riesen -
zellen-Xanthome, wie sie Kammer, SpieĂ, Gast und
Z u r h e 1 1 e beschrieben haben, der ErklĂ€rung groĂe Schwie-
rigkeiten. Die letztgenannten Autoren nehmen zur ErklÀ -
rung fĂŒr die Entstehung ihres Tumors an, daà Àtiologisch
eine Vermehrung des Cholesterins -f chronischem Trauma, in
diesem Falle eine vernachlÀssigte Verstauchung, in Frage
kĂ€me. Sie meinen, erst mĂŒsse das Trauma dagewesen sein,
dann sei eine zufĂ€llige vorĂŒbergehende Störung im
Cholesterinstoffwechsel und dadurch Aufnahme von
Cholesterin im Tumor zustandegekommen, durch diesen Reiz
sei dann schnelleres Wachstum des Tumors erfolgt, eine An-
nahme, die nicht zu beweisen ist. W e i 1 dagegen will auch
fĂŒr die Riesenzellen-Sarkoxanthome eine Störung des
Cholesterinstoffwechsels verantwortlich machen.
ErwÀhnt sei hier auch der Cholesterinbefund bei chro-
nischen Nierenerkrankungen, auf den Löhlein besonders
hingewiesen hat. Aschoff sagt ĂŒber diese Cholesterinab-
lagerungen in der Niere: Sie kommen vor âbei allen chroni-
schen Nephropathien, welche mit Untergang der epithelialen
Elemente verbunden sind, insbesondere bei der entzĂŒndlichen
Schrumpfniere und der Amyloidniere. In den in ihrer Er-
nÀhrung gestörten Elementen findet eine AnhÀufung von
Cholesterinfetten statt, die beim Zerfall der Zellen frei wer-
den und dann in den Bindegewebszellen der Zwischensub-
slanz durch Resorption zur Ablagerung gelangen. Diese Zel-
len nehmen dabei alle Charaktere der Xanthomzellen an."
Klinisch wird in einer groĂen Zahl von FĂ€llen bei chron
Nephritis anisotropes Fett im Harn gefunden. WĂ€hrend
aber z. B. L a w rynowitsch annimmt, daĂ es sich zu-
nÀchst um eine AnhÀufung in den Nierenepithelien handelt,
und dann die Cholesterinverbindungen mit den zerfallenden
Epithelzellen in die HarnkanÀlchen und in den Urin gelan-
gen, kommt O. GroĂ auf Grund eingehender Untersuchun-
gen zu anderen Resultaten. Er konnte nÀmlich nachweisen,
daĂ in FĂ€llen, in denen im Harn nur wenig doppelt-
brechende Substanzen nachweisbar waren, solche in groĂen
Mengen im Urin auftraten, wenn nĂŒchtern eine Cholesterin -
gÀbe von 5 bis 10 g gereicht wurde, und zwar ist dieses Re-
sultat nur in den FĂ€llen zu erreichen, in denen der Kanal
( hen-Epithel-Apparat verÀndert ist. Er nimmt daher an.
daĂ es sich in diesen FĂ€llen um eine Undichtigkeit des
Nierenfilters fĂŒr Lipoide handelt.
Genannt seien schlieĂlich noch die Befunde bei EntzĂŒn-
dungen, wie sie bei chronischen Eiterungen, z. B. auch
10. Jahrg. â Nr. 1.
regelmĂ€Ăig bei gonorrhoischer Salpingitis und bei aktinomy-
kotischen Eiterungen erhoben werden. Bei diesen bandelt
es sieli allerdings wohl ausschlieĂlich um resorptive Ablage-
rung von Cholesterin in Makrophagen.
Auch wenn Schönlank in einer Karzinommetastase
in der Muskulatur des Oberschenkels nach einem Penis-
karzinom 'in den subepithelial gelegenen Wanderzellen
groĂe Mengen von Cholesterin nachweisen konnte, so wird
diese wohl, wie auch Schönlank seihst annimmt, durch
Resorption von den zerfallenden Ca-Zellen aus hingelangt
sein.
Die im Tierexperiment bei CholesterinfĂŒtterung mehr-
mals, /. B. von ChalatOW beobachtete Leberzirrhose ist
schwer zu erklÀren und wohl als Reaktion auf die durch
das abgelagerte Cholesterin geschÀdigten Leberzellen zu
deuten.
Uebersieht man die in diesem Abschnitt besprochenen
Krankheitsbilder nochmals im Zusammenhang, so ergibt
sich, dal) bei Erhöhung des Cholesterinspiegels im Blute das
Cholesterin ĂŒberall abgelagert werden kann, besonders dort,
wo ein locus minoris resistentiae vorhanden ist. Meist erfolgt
die Ablagerung in Makrophagen. Die Cholesterinahlagerung
in Tumoren ist so zu erklÀren, daà entweder die Tumor-
zellen besondere AffinitÀt zum Cholesterin besitzen oder
daĂ, bei gleichzeitiger Störung im Cholesterinstoffwechsel,
durch lokale Momente, unter denen mechanische Reize oben-
an stehen mögen, die Ablagerung zustande kommt.
WĂ€hrend wir bisher Prozesse besprochen haben, die
ausschlieĂlich als Folgen von Störungen im Cholesterin-
stoffwechsel zu betrachten sind, mĂŒssen wir jetzt noch ein
Organ mit seinen VerÀnderungen erwÀhnen, das schon nor-
malerweise Cholesterinhaltig ist, bei dem aber bei allen mög-
lichen Erkrankungen Schwankungen des Cholesterinreich-
tums beobachtet werden, die Nebennieren. Grade infolge
der Tatsache, daĂ die Nebennieren stets cholesterinhaltig
sind, hat die Untersuchung dieser Organe viel Autoren be-
schÀftigt, und die im ganzen gleichartigen Resultate haben
ganz verschiedene Deutung erfahren. Die französische
Schule, an ihrer Spitze Chauffart, sah in den Neben-
nieren die BildungsstĂ€tte des Cholesterins und glaubte, daĂ
von hier aus das Cholesterin ausgeschwemmt wĂŒrde und auf
diese Weise ins Blut gerate, wÀhrend die deutschen Autoren
mehr die Ansicht vertreten, daĂ die Schwankungen des
Blut ho'esteringehalts das primÀre seien, und erst als Folg?
davon der verschiedene Cholesteringehalt der Nebennieren be-
obachtet wird. Wichtig ist in dieser Beziehung der Nach-
weis, daà der Gehalt des Bluts an Cholesterin abhÀngig von
der Nahrung ist, worauf z. B. Obake witsch, Heues
Li. a. hinweisen; auch der Befund, daà bei der KriegsernÀh-
i ung eine Cholesterinverarmung des Blutes beobachtet wurde
'R o s eh t h a 1, Rosent h a 1 und P a Irzc k), lĂ€Ăt den Zu-
sammenhang zwischen Blutcholesteringehalt und ErnÀhrung
klar erkennen.
âąâ â c ii c r und Hu eck stellten durch Experimente fest,
(iaĂ ein gewisser Zusammenhang zwischen Blut- und Neben-
nieren holesteringehalt sicher auch heim Tier besteht. Sie in-
jizierten Tieren Saponin und Digitonin, da danach Chole-
sterin als Schutzstoff gebildet wird. ZunÀchst wird danach
das Cholesterin des Bluts gebunden, wÀhrend das der Neben
nieren unverĂ€ndert bleibt. Bei kleinen Dosen in groĂen
ZwischenrÀumen fand sich starker Anstieg in Blut und
Nebennieren.
W e I l m a n n fand bei septischen Infektionen erst eine
Zunahme des Nebennierencholesterins der Versuchstiere,
fclann aber Abnahme und bei hochvirulenter, zum Exitus
fĂŒhrender Infektion vollstĂ€ndigen Schwund. Beim Menschen
fand er bei Untersuchung von 600 Nebennieren eine Lipoid-
vermin« tri ng bei septischen Prozessen (allerdings mit Aus
nahmen), bei Infektionskrankheiten, ulceriertem Karzinom
um Tuberkulose, dagegen Lizoidvermehrung bei Athero-
sklerose, Lebcrcirrhose, ehron. Nephritis.
Kr y low, der die Nebennieren der Tiere aus den oben
erwÀhnten Versuchen von A nitsc h k o w und C h a 1 a l o w
untersuchte, sah, je lĂ€nger der Versuch mit der FĂŒtterung
von Cholesterin dauerte, um so gröĂere Mengen von Chole-
sterin in der Nebenniere abgelagert, auch mit dci GröĂe dci
Dosierung wurden die abgelagerten Mengen gröĂer.
Besonders wichtig fĂŒr die Frage des Neben nierenfipoids
ist die ausfĂŒhrliche Bearbeitung von L a n d a u, auf die auch
wegen aller Einzelheiten verwiesen sei. Landau teilt die
Prozesse, bei denen eine Steigerung des Nebennierenlipoids
gefunden wird, in 'A Grupen: I. Störung der Blulzirkulation,
vielleicht dadurch Relcnlion der Lipoide. 2. Reichliches Frei
werden der Lipoide bei stark ausgeprÀgten ZerfÀllsprozessen
in den groĂen Organen, wie hei akuter gelber Lcberali ophie,
bei Zerstörungen im Zentralnervensystem, bei eitriger Ein«
Schmelzung der Gewebe usw. (Vielleicht gehören hierher
auch die TumorfÀlle, die mil einer Vermehrung des Chole-
sterins einhergehen, indem nÀmlich ev. die Tumornekroseh
fĂŒr das Auftreten des Cholesterins verantwortlich gemacht
werden können.) 3. ZustÀnde, bei denen ein gesteigerter Ge-
websahbau in Betracht kommen mag, wo aber teils zum Er-
satz fĂŒr die verbrauchten Substanzen, teils als âNĂ€hrmateriar'
zugleich eine vermehrte Lipoidproduktion seitens des Körpers
stalthat: Schwangerschaft, Puerperium, protrahierte Blutver-
luste, Inanition, Diabetes, Tumoren. Landau sÀgt direkt:
âFĂŒr die ĂŒberwiegende Mehrzahl aller ZustĂ€nde werden wir
den Parallelismus im- Verhalten des Blut- und Nebennieren-
lipoids als Regel ansehen dĂŒrfen. Dort, wo dies nicht der
Fall ist, liegt wohl nur ein Absinken des Blutlipoids vor, dem
die Lipoide der Nebenniere noch nicht gefolgt waren."
Landau bringt dann noch sehr' schöne, z. T. mit R o t h -
schild gemeinsam ausgefĂŒhrte Tierexperimente, die seine
Ansicht beweisen sollen, indem er zeigt, daĂ bei Tieren nach
Exstirpation einer Nebenniere, noch wesentlic h stÀrker aber
nach Entfernung beider Nebennieren der Blutcholesterin-
gehalt ansteigt.
Als letzte Erkrankung, die mit dem Cholesterinstoff-
wechsel in nahem Zusammenhang steht, ist die Gallenstein-
erkrankung zu nennen, wenn auch hier vielleicht mehr
lokale Momente als allgemeine Stoffwechselstörungen in Be-
tracht kommen.
Die alte Naunyn sehe Lehre, daĂ das Cholesterin der
Galle als ein Produkt der Epithelien der Gallenwege zu be-
trachten sei, ist heute verlassen, vielmehr nehmen wir heute
an, daĂ Cholesterin durch die Galle ausgeschieden wird, daĂ
also die Menge des Gallencholesterins von der Menge des
Blutcholesterins in gewissem MaĂe abhĂ€ngig sei. Wenn
Cnolesterin in den Epithelien der Gallenblase und sogar auch
den Endothelien der Lymphspalten nachweisbar ist, so ist
es dorthin nach Resorption aus der Galle gelangt. Wir finden
dann sogar in der Gallenblasenwandung typische Xanthom-
zellen.
Bacmeister konnte an Menschen mit Gallenfisteln
den Zusammenhang von Blut- und Gallencholesterin sehr
genau durch die Beobachtung nachweisen, daĂ die Tages-
choleslerinmengen bei eiweiĂreicher Nahrung steigen, bei
Kohlehydratreicher Nahrung aber fallen.
Aschoff und Bacmeister nehmen in ihrer be-
kannten umfassenden Bearbeitung der Gallensteine denn auch
an, daĂ der reine Cholesterinstein nichts mit EntzĂŒndungen
zu tun habe, vielmehr nur durch ein Ausfallen von ange-
reichertem Cholesterin zustande komme. Diese Anreicherung
mag vielleicht auch durch zu reichliche Ausscheidung zu-
stande kommen können, nach Aschoff ist meist aber eine
lokale Ursache in Form von Gallenstauung maĂgebend. Erst
durch Einklemmung dieser Steine kommt es dann zu sekun-
dĂ€ren Infektionen und EntzĂŒndungen.
Ueberhlicken wir noch einmal all die geschilderten Ver-
Ànderungen, so können wir zwei Gruppen von VerÀnderungen
unterscheiden: lokale Ablagerung infolge von lokalen Stö-
rungen, hierher gehört die lokale Stauung, die zur Bildung
des reinen Cholesterinsteins fĂŒhrt, die Ablagerung von Chole-
sterin in der Umgebung von Eiterungen, bei chronischer Ne-
phritis usw. Dem steht die zweite Gruppe von Erkrankungen
gegenĂŒber, die als Folge allgemeiner Stoffwechselstörung,
Moll: Dyspepsie der SĂ€uglinge
40. JĂ€hrt« â Nr. 1.
(1. h. einer Erhöhung des Blulcholcsteringehalts angesehen
werden kann. Wir sehen im Tierexperiment, daĂ die hier-
her gehörigen VerÀnderungen z. T. ohne weitere SchÀdigungen
allein durch die Erhöhung des Blutcholcslerinspiegels ent-
stehen können, z. B. Atherosklerose, z. T. sich aher erst an
der Stelle irgendeiner sekundÀren SchÀdigung anlagern
(Xanthelasma). Wir werden aher nicht fehlgehen, wenn wir
fĂŒr den Menschen, bei dem solche extremen Grade von Steige-
rimg des Cholesterinspiegels nicht vorkommen, annehmen,
dall hier stets eine Vielheit von Ursachen, unter denen aller-
dings die Steigerung des Blutcholesterins eine sehr wichtige
Wolle spielt, zusammenkommen mĂŒssen, damit eine ent-
sprechende Krankheit in Erscheinung treten kann. Wir
werden dann all die verschiedenen Krankheitshilder, so ab-
weichend voneinander sie auch zurerst aussehen, zusammen-
bringen, wenn wir sagen, daà bei einer Erhöhung des Chole-
sterins im Blut das Cholesterin sich dort ablagert, wo ein
locus minoris resistentiae besteht, und daĂ dann von den
lokalen Gewebshedingungen die weitere Entwicklung des
Prozesses abhÀngt.
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Die Behandlung der Dyspepsie der SĂ€uglinge
mit milchloser DiÀt bezw. mit einer leicht
herstellbaren EiweiĂmilch.
Von Prof. Dr. Leopold Moll,
Direktor der Reichsanstalt f. Mutter- u. SĂ€uglingsfĂŒrsorge Wien.
Von den verschiedenen Heilnahrungen, welche zur Be-
handlung der Dyspepsie der SĂ€uglinge in den letzten Jahren
empfohlen wurden, haben sich insbesondere zwei NĂ€hr
mittel, und zwar die Malzsuppe nach Keller und die Ei-
weiĂmilch nach F i n k e 1 s t e i n zu erhalten gewuĂt, ob-
zwar ihre wissenschaftlichen Grundlagen auf ganz gesonder-
ten Prinzipien aufgebaut sind. Keller hat seine Malzsuppe
bei jenen ErnÀhrungsstörungen empfohlen, die unter dem
Namen âMilchnĂ€hrschaden" zusammengefaĂt wurden und
vornehmlich die chronischen Formen der bei kĂŒnstlicher Er-
nÀhrung auftretenden Störungen darstellen. Es handelt sich
um Kinder, welche durch eine allzu reiche ErnÀhrung mit
Vilch in einen Zustand des Gewichtsstillstandes und der Ge-
wichtsabnahme gelangen. Das Krankheitsbild ist ein genau
umschriebenes und wohlbekanntes. BlÀsse, Mattigkeit, Hy-
potonie, FettseifenstĂŒhle beherrschen das Krankheitsbild, das
allmÀhlich die Neigung zur Atrophie zeigt. Die Malzsuppe
von Keller ist eine milcharme und kohlenhydratreiche
Nahrung und bewÀhrt sich in diesen FÀllen meistens sehr
gut, vorausgesetzt, daà der Uebergang zu dieser DiÀt lang-
sam vorgenommen wird und ohne akute dyspeptische Störun-
gen verlÀuft.
Es kommen gewiĂ bei der Malzsuppe auch noch andere
Faktoren wie der Kohlenhydratreichtum und Alkaligehall
in Betracht, auf welche hier jedoch nicht weiter ein
gegangen werden soll. Die Voraussetzung einer guten Wir-
kung dieser Nahrung ist, daà man ein gutes MalzprÀparat
zur VerfĂŒgung hat. Leider war ein solches in den letzten
Jahren fĂŒr uns unerschwinglich. Es wurde daher bei der
Behandlung von mit einem MilchnÀhrschaden behafteten
Kindern meistens derart vorgegangen, daĂ die Kinder eine
an Milch reduzierte und an Kohlenhydraten angereicherte Nah-
rung erhielten. Traten bei diesem Uebergang jedoch akute
dyspeptische Erscheinungen auf (Diarrhöen, Gewichtsab-
nahme, Temperaturschwankungen usw.), wurde eine Zeit-
lang eine milchlose Kost (siehe unten) eingeschaltet.
Auf einer hiervon vollkommen verschiedenartigen Basis
ist die von Finkelstein angegebene EiweiĂmilchtherapie
aufgebaut. Den Heilwert erblickt Finkelstein in der fein-
flockigen Verteilung des Kaseins, in der Beduktion der
Molke, im reichen Kalkgehalt und in einer gĂŒnstigen Korre-
lation des letzteren zum Fett- und EiweiĂgehalt der Nah-
rung. Bei der Anwendung der EiweiĂmilch wird nach
Finkelstein in der Weise vorgegangen, daà zunÀchst die
Nahrung mit wenig Zucker zubereitet und daĂ die Zucker-
anreicherung mit Besserung der Symptome allmÀhlich vor-
genommen wird. Ohne hier auf die weitere theoretische Be-
10. Jahrg. Nr. 1
Moll: Dyspepsie der SĂ€uglinge
grĂŒndung nĂ€her einzugehen und ohne auch die Frage zu
diskutieren, inwieweit die EiweiĂmilch eine modifizierte
Bultermilchnahrung darstellt, sei erwÀhnt, daà man mit der
jpl'iginalei weiĂmilch von Finkelstein und unter Beob-
achtung der von dem Autor angegebenen Anwendungsari
auch in schweren FÀllen von dyspeptischeri Störungen oft
sein gute Resultate erzielt, iis kommt insbesondere darauf
::n. öl) diese dyspeplischen Störungen ein bisher gesundes
Kind oder ob sie ein dystrophisches oder dekomponiertes,
also schon durch lÀngere Zeit geschÀdigtes Kind betreffen.
In letzteren FĂ€llen sieht man holz vorsichtiger Dosierung
nicht gar zu selten Versager. Die StĂŒhle behalten weher ihre
dĂŒnnflĂŒssige Konsistenz, die Gewichtskurve wird abschĂŒssig
und das Allgemeinbefinden zeigt keine Tendenz zum Besser-
werden. In diesen FÀllen lÀngere Zeit zuzuwarten und den
Eintritt der Reparation zu erhoffen, ist oft recht verhÀngnis-
voll, fĂŒr den praktischen Arzt weit verantwortlicher, als fĂŒr
den Anstaltsarzt, der ein geschultes Pflegepersonal zur Ver-
fĂŒgung hat und rechtzeitig durch Ausselzen der Nahrung
oder Aenderung derselben den jÀhen Sturz abwenden kann.
Trotz dieser Versager bildet die EiweiĂtherapie einen we-
sentlichen Fortschritt bei der Behandlung der Dyspepsie der
SĂ€uglinge und hat mich, da die OriginaleiweiĂmilch nicht
herzustellen möglich war, dazu veranlaĂt, eine Herstellungs-
weise der EiweiĂmilch zu versuchen, welche unter den ge-
gebenen VerhÀltnissen auch im Privathause möglich ist.
Zur Herstellung der EiweiĂmilch nach Finkelstein
gehört eine gute, womöglich nicht abgekochte Vollmilch, ein
gutes Labenzym und eine einwandfreie Buttermilch. Alle
diese Bedingungen konnten hierzulande weder wÀhrend des
Krieges noch in der Nachkriegszeit beschafft werden. Die
Modifikation der Zubereitung der EiweiĂmilch, wie ich sie
jetzt in der Anstalt verwende und zu der ich nach langen
Irrfahrten und Versuchen gelangt bin, ist folgende:
y* 1 Vollmilch wird mit Vi 1 Wasser verdĂŒnnt. Zu dieser
Zweidrittel-Milch werden 2 g Calcium lacticum in Substanz
gegeben. Nun wird unter stĂ€ndigem RĂŒhren gut aufgekocht.
Die Milch gerinnt feinflockig, das Kasein, welches eine Ver-
bindung mit Kalk zu Kaseinkalk eingegangen ist, sinkt zu
Boden. Die Molke wird durch ein Seihtuch abgegossen. Von
der Molke gibt man in ein zweites GefÀà XA 1, gibt dazu l/8 1
Vollmilch, 3/8 1 Wasser, passiert durch ein Haarsieb den im
Seihtuch befindlichen KĂ€se hinein, gibt ferner 15 g Mehl
und 30 g Zucker dazu. Ich wÀhle deswegen einen kleinen
Mehlzusatz und insbesondere in Form von MaisstÀrke (Amyt
inaidis), weil dadurch eine gleichmĂ€Ăige Verteilung der
Kaseinflocken erzielt wird. Auf dieses rein physikalische
Moment ist es wohl zurĂŒckzufĂŒhren, daĂ weit seltener Er-
brechen beobachtet wurde, als bei der Zubereitung ohne
Mehl, bei der das Kasein zu Boden fÀllt. Man wird wohl
nicht fehl gehen, wenn Erbrechen und schlechte ZutrÀglich-
keit hĂ€ufig auf diese Sedimentierung zurĂŒckgefĂŒhrt werden.
Die ganze Mischung wird unter Quirlen (Schlagen mit der
Schneerute) aufgekocht. Das Endvolumen ist gleich dem
AnfĂ€ngsvolumen und zwar % Liter. Diese EiweiĂmilch hat
einen Kaloriengohalt von 660 Kalorien pro Liter. Wenn mau
gröĂere Mengen herstellen will, so nimmt man das Vielfache
von der angegebenen Menge, nur ist der Wasserzusatz etwas
kleiner zu bemessen. Ms soll soviel Wasser gegeben werden,
daĂ zum SchluĂ immer jene Menge resultiert, die als Aus-
jjangsmenge gewÀhlt wurde. WÀhrend bei der genannten
pbigen, fĂŒr die hĂ€uslichen VerhĂ€ltnisse bestimmten Menge
von % 1 Zweidrittelmilch 3U 1 Wasser genĂŒgten, so wird man
z. B. bei dem Vierfachen der Ausgangsmenge nicht viermal
> 1 Wasser, sondern etwas weniger nehmen, um wieder das
Ausgangsvolumen zu erhalten. Ks hÀngt dies damit zusam-
men, daĂ bei einer gröĂeren FlĂŒssigkeitsmenge heim Kochen
weniger Wassel' verdunstet.
Will man eine zuckerfreie oder zuckerarme EiweiĂmilch
Verabreichen, so wird man die Zuckermenge weglassen, oder
vielleicht nur in der HĂ€lfte der angegebenen Menge gehen
Die qualitative Zusammensetzung dieser EiweiĂmilch stimm!
mit jener von F i n k e 1 s t e i n vollkommen ĂŒberein und ist
nur im Kalkgehalt etwas hoher. Sie enthalt 2,6 EiweiĂ,
2.2 Fett, 2,2 Milchzucker, 0,5 Asche und 0,17 CaO.
Diese EiweiĂmilch wird seit lĂ€ngerer Zeil verwende! und
die Erfolge sieben der ( )i iginaloiwcillmilch nach I i n k e I
stein keineswegs nach, so daĂ die Annahme des Autors in
seinein neuen Lehrbuche, daà mit den ErsatzprÀparaten seine,
EiweiĂmilch doch nicht so gute Erfolge erziel! werden winden
als mit der Originalmilch, hier nicht zutrifft. Den Zucker
zusalz auf I Prozent in der oben angegebenen Menge wÀhle
ich jedoch entweder gleich von allem Anfang oder lÀngstens
nach 24 Stunden.
Im Allgemeinen verwenden wir diese EiweiĂmilch beim
dyspeptischen Brustkinde, indem ein bis höchstens zwei
Brustmahlzeiten durch diese EiweiĂmilch ersetzt werden. Man
findet, daĂ die bisher sauren, dĂŒnnflĂŒssigen, zerhackten
StĂŒhle ihre saure Eigenschaft mehr oder minder ganz ver-
lieren und neutrale, manchmal leicht alkalische Reaktion und
eine breiige, konsistente Beschaffenheit annehmen. Die
Kinder, die bis dahin sehr unruhig waren, und auch son%tig<
nervöse Erscheinungen (Unruhe, gestörten Schlaf, Marmo-
rierung der Haut, FuĂsohlen- und Mundrote, Meteorismus,
Hypertonie, Gewichtsabnahme usw.) aufwiesen, verlieren
diese, fĂŒr die Dyspepsie des Brustkindes charakteristischen
Erscheinungen. Die Kinder erholen sich bald zusehends,
nehmen an Gewicht zu. werden ruhiger und es kann dann
wieder zur normalen alleinigen Brustnahrung ĂŒbergegangen
werden. Auch bei chronisch dyspeptischen Brustkindern, die
allmÀhlich Symptombilder zeigen, welche den von Czernv
und K e 1 1 e r als MilchnĂ€hrschaden beim kĂŒnstlich genĂ€hrten
Kinde bezeichneten vollkommen Àhnlich sind, kann man mit
Ersatz der Brustnahrung durch ein bis zwei kĂŒnstliche Mahl-
zeiten einen eklatanten Erfolg erzielen. Die Kinder, welche
schon lÀngere Zeit an Gewicht nicht zugenommen haben, ein
fahles, blasses Aussehen zeigen, hypotonisch, welk und schlaft'
sind und angehaltene, salbige, fettreiche StĂŒhle haben, ver-
lieren diese Erscheinungen, werden Iiis» hei, agiler, nehmen
an Gewicht zu und verlieren auch die stark fetthaltigen
StĂŒhle. Bemerkt sei noch, daĂ auch bei frĂŒhgeborenen Kin-
dern, die bei Frauenmilch allein ungenĂŒgend gedeihen, durch
Ersatz von ein bis zwei Mahlzeiten mit EiweiĂmilch ein
wesentlicher Fortschritt im Gedeihen erzielt wurde. Die
Nahrung wurde durchwegs gut vertragen.
Hatten wir also bei dieser neuen Zubereitung der EiweiĂ
milch sowohl beim dyspeptischen Brustkinde wie beim
kĂŒnstlich genĂ€hrten Kinde, welches durch dyspeptischc
Störungen in einen Zustand der Hypolrophie oder Dekom-
posilion gelangt war, Erfolge, so fehlte es doch nicht an Ver-
sagern.
Das Material in der Reichsanstalt, welche ĂŒber 100 SĂ€ug-
lingsbetten verfĂŒgt, gab insbesonders reichlich Gelegenheit,
bei den verschiedenen Formen der Dyspepsie der KĂŒnstlich-
genÀhrten die Ersatznahrung zu erproben. Es kommen
durchwegs Kinder in mehr oder minder geschÀdigtem Zu-
stande, jĂŒngere oder Ă€ltere, die durch bisherige ErnĂ€hrungs-
methoden mit den verschiedenartigsten NĂ€hrmischungen ge-
litten haben, in die Anstalt. FĂŒr die Anwendung der Ei-
weiĂmilch bei bisher mit den ĂŒblichen Milchmischungen
kĂŒnstlich genĂ€hrten Kindern die mangelndes Gedeihen,
BlĂ€sse, Schlaffheit, lĂ€ngeren Gewichtsstillstand, dĂŒnne, zer
fabrene, dyspeptische StĂŒhle, vasomotorische Störungen,
subtoxische und toxische Erscheinungen aufweisen. Wenn
bei den gewöhnlichen Milchmehlmischungen, sei is in Form
von Halbmilch oder Zweidrittelmilch, mehr oder minder
akute, unter Gewichtsstillstand oder Gewichtsabnahme ge-
hÀufte Entleerungen auftraten, so konnte man nach Ein-
schaltung einer 6 â 12 stĂŒndigen TeediĂ€t und anfangs kleinen
und spĂ€ter gröĂeren Mengen ein Festerwerden der StĂŒhle und
ein Steigen der Gewichtskurve und Verschwinden der dys-
peptischen und der geschilderten paradyspeptischen Erschei-
nungen beobachten.
Bei mehr chronisch verlaufenden FĂ€llen wurde der
Uebergang zur EiweiĂmilch nicht plötzlich, sondern ein-
schleichend durch allmÀhlichen Ersatz der bisherigen Nah-
10
Moll: Dyspepsie der SĂ€uglinge
40. Jahrg. â Nr. 1.
rung mit EiweiĂmilch durchgefĂŒhrt. Die EiweiĂmilch wurde
durchschnittlich nur 4 â 8 Wochen verabreicht und dann
durch die gewöhnliche Kt-Milch mit 10% Zucker- und 7%
Mehl- oder Schleimzusatz in der VerdauungsflĂŒssigkeit er-
setzt. Bei schwer geschÀdigten Kindern winde die Repa-
ration mit einem niedrigen Energiequotienten von 80 bis
90 Kalorien per 1 kg unter allmÀhlicher Steigerung auf 100
bis 120 versucht. Bei leichter geschÀdigten Kindern wurde
der Energiecjuolient pro 1 kg Körpergewicht mit 100 Kalorien
vou vornherein angenommen. Wenn aber bei den kĂŒnstlich
genÀhrten dvspeptischen Kindern nicht innerhalb kurzer
Zeit, d. h. innerhalb der ersten 2 â 3 Tage sich eine wesent-
liche Neigung zur Besserung feststellen lieĂ, wenn die
StĂŒhle ihre dĂŒnnflĂŒssige Form behielten und in gehĂ€uftem
Zustande entleert wurden, wenn das Kind weiter starke Ge-
wichtsabnahme zeigte und die Gewichtskurve keine Tendenz
zum Stillstand oder Aufstieg annahm, kurz, wenn sich die
dvspeptischen Erscheinungen immer mehr verschlechterten
oder Intoxikationssymptome hervortraten, so hielt ich im
Gegensatz zu F i n k e 1 s t e i n ein lÀngeres Zuwarten auf
Grund frĂŒherer anfĂ€nglicher MiĂerfolge fĂŒr nicht lĂ€nger an-
gezeigt und wÀhlte eine vollkommen m i 1 c h 1 o s e Kost.
Mit dieser milchlosen DiÀt habe ich in den letzten zwei
Jahren bei schweren dyspeptischen Formen, wie sie gewöhn-
lich auch in der alten Nomenklatur als schwere Magen- oder
Darmkatarrhe der SĂ€uglinge bezeichnet wurden, in solchem
MaĂe gute Resultate erzielt, so daĂ ich nicht anstehe, sie zur
NachprĂŒfung anzuempfehlen. Diese milchlose DiĂ€t ist nur
zum Teil eine RĂŒckkehr zur alten Mehltherapie. Es unter-
scheidet sich die von mir gewÀhlte milchlose DiÀt, die ich kurz
P u d d i n g d i À t nennen möchte dadurch, daà sie die Nach -
teile der gewöhnlichen MehldiÀt wesentlich verringert bzw. aus -
schaltet. UrsprĂŒnglich habe ich diese PuddingdiĂ€t in Form
eines Cakespuddings zur Behandlung des Pylorospasmus ver-
wendet. (Siehe Zeitschrift fĂŒr Kinderheilkunde, Band 22,
Seite 147. Moll: Die Behandlung des Pylorospasmus des
SĂ€uglings mit milcharmer Breikost.) Ich konnte zeigen, wie
bei schweren FĂ€llen von Pylorospasmus durch Anwendung
einer milchfreien, aber kalorisch ausreichenden Breikost selbst
in jenen FÀllen, wo die gewöhnliche milchhaltige Breikost
versagte, gute Resultate erzielt werden können. In letzter
Zeit hat F r i e d j u n g in der MĂŒnchener medizinischen
Wochenschrift diese Beobachtungen auch bestÀtigen können.
Der Cakespudding wird in folgender Weise zubereitet:
75 g Cakesmehl, 40 g Zucker, 20 g Butter, 1 Eidotter,
1 g Kochsalz werden in :7s Liter Wasser angerĂŒhrt
und hernach mit dem zu Schnee geschlagenen Eiklar fest
verrĂŒhrt. Die gut durchgetriebene Masse wird in eine kleine
Puddingform, die mit 5 g Butter ausgeschmiert wird, gegeben
und eine Stunde lang in Dunst erhitzt. In Àhnlicher Weise
wie der aus Cakes hergestellte Pudding kann man auch einen
solchen aus Reis herstellen, indem man 75 g Reis in einem
halben Liter Wasser unter jeweiliger ErgÀnzung des Ver-
dunstungswassers weichkocht und nach Erweichung des
Reis das Wasser verdunsten lĂ€Ăt. Der Reis wird passiert
und mit Zucker und Eidotter, bezw. Eiklar in den oben ge-
nannten Mengen verrĂŒhrt. Die Puddingmasse wird entweder
mit den gleichen oder zwei Teilen Tee verrĂŒhrt, in der
Flasche verabreic ht. Diese Puddingmasse enthÀlt pro 100 g
rund 200 Kalorien. Der Wasserzusatz wird verschiedenartig
gewÀhlt, je nachdem man eine konzentriertere oder weniger
konzentrierte Nahrung verabreichen will. Bei Brechneigung
ist die erstere Form angezeigt. Die Anwendung des Pud-
dings wird bei ĂŒber 3 Monate alten Kindern mit gröĂerer
Sicherheit und mit gröĂerem Erfolge verbunden sein als bei
jĂŒngeren SĂ€uglingen. Bei jĂŒngeren Kindern versuchten wir
die PuddingdiÀt mit Frauenmilch abwechselnd zu geben oder
auch in der Weise, daĂ Frauenmilch mit Puddingmasse zu
gleichen Teilen verrĂŒhrt verabreicht wurde. Sowohl durch
Ă€en Fettgehalt wie durch den EiweiĂ- und Salzgehalt stellt
die PĂŒddingdiĂ€t eine suffiziente und kalorisch hochwertige
Nahrung dar. Man vermeidet damit die mit dem Hunger
verbundenen SchĂ€digungen, ohne Milch geben zu mĂŒssen.
Wenn man gezwungen ist, die Milchnahrung ganz wegzu-
lassen, wie sich dies bei schwer dyspeptischen und toxischen
Erscheinungen empfiehlt, so ist die alleinige Verabreichung
der Mehltherapie, in Form der ĂŒblichen Kindermehle mit der
Gefahr der UnterernĂ€hrung bezw. des EiweiĂ- und Salz-
hungers verbunden. Die Warnung vor dem Hunger wird
demjenigen hier bald als sehr berechtigt erscheinen, der Ge-
legenheit hat, mit einer so gewÀhlten kalorisch hochwertigen
Nahrung die Reparation einzuleiten, ohne die toxisch wir-
kende Milch anwenden zu mĂŒssen. In vielen FĂ€llen zeigt sich
nÀmlich, daà die Kinder auf der Höhe der Erkrankung durch
die milchhaltige Nahrung derartig geschÀdigt sind, daà sie
Milch in keinerlei Form, auch nicht in der Form von Butter-
milch, EiweiĂmilch oder Malzsuppe, ja selbst Frauenmilch
vertragen, und daà erst die vollstÀndige Ausschaltung der
Milch aus der Nahrung die schwierige Heilung anbahnt. Das
Stuhlbild und die Darmflora verÀndern sieh bei Ausschal-
tung der Milch aus der Nahrung mit einem Schlage voll-
stĂ€ndig. Die StĂŒhle nehmen breiige und feste und saure Be-
schaffenheit an. Besonders interessant gestalten sich Beob-
achtungen von der Art, daĂ z. B. ein Kind, das bei einer
gewöhnlichen % -Milchmehlmischung erkrankt war, bei ein-
geleiteter EiweiĂmilchdiĂ€t nicht genas, sondern im Gegen-
teil eine Verschlechterung der ErnÀhrungsstörung aufwies,
daà erst bei PuddingdiÀt eine Reparation angebahnt wurde,
die den Gewichtssturz aufhielt, eine Einstellung bezw. Steige-
rung des Gewichtes herbeifĂŒhrte, und daĂ dann bei allmĂ€h-
licher Einschaltung der EiweiĂmilch oder der ursprĂŒnglichen
à -Mehlmilchmischung die vollstÀndige Genesung des Kindes
erfolgte.
Also, dieselbe Mischung, die zuerst krankmachend wirkte,
wurde Heilnahrung, als durch 3 â 4 Tage hindurch jegliche
Milch aus der Nahrung weggelassen worden war. Welche
Substanz in der Milchmehlmischung oder in der EiweiĂmilch
die schĂ€digende Wirkung ausgeĂŒbt hat, dies zu entscheiden
sind wir nicht imstande; jedenfalls reicht die milchlose Pud-
dingdiÀt hin, um den Organismus vor Hunger und seinen
schĂ€digenden Wirkungen zu schĂŒtzen und ihm so viele NĂ€hr-
stoffe zuzufĂŒhren, daĂ der Gewichtssturz aufgehalten und die
Reparation eingeleitet ward.
Wenn bei neuerlicher Zufuhr von MilchdiÀt in irgend-
einer Form abermals eine Verschlechterung der dyspeptischen
und toxischen Erscheinungen eintrat, so wurde die Pudding-
diÀt neuerdings aufgenommen und, um einen Salzhunger zu
vermeiden, statt mit Wasser mit Molke, die, wie mitgeteilt
wurde, bei der EiweiĂmilchbereitung gewonnen wurde, ge-
mischt. Auch haben wir bei FĂ€llen schwerer Toxikose die
Molke rektal verabreicht, indem sie mit einer 10 prozentigen
Zuckerlösung gemischt, vor den Mahlzeiten alle 3 â 4 Stunden
per Klysma in Mengen von 30 â 40 cm3 verabreicht wurde,
oder indem sie als Tropfklysma zur Anwendung gelangte.
Bei jĂŒngeren Kindern, bei denen Frauenmilch unum-
gÀnglich notwendig war, konnte oft in schweren FÀllen von
mit toxischen Erscheinungen einhergehender Dyspepsie trotz
Verabreichung reiner Frauenmilch keine Gewichtseinstellung
und Reparation angebahnt werden. In diesen FĂ€llen erwies
sich die Mischung von Frauenmilch mit Molke, welche im
VerhÀltnis von 2 Teilen Frauenmilch und einem Teil Molke
verabreicht wurde, als recht vorteilhaft.
Die oft verblĂŒffend gute Wirkung der Molketherapie
steht mit der Ansicht von Finkelstein und L. F. M e y e r
sowie anderen Autoren, welche in der Molke das schÀdigende
Agens gefunden zu haben glauben, in einem gewissen Wider-
spruch. Unsere Beobachtungen mit Ein- und Ausschaltung
der Molke fĂŒhrten zu dem SchluĂ, daĂ nicht in der Molke,
sondern im Kasein die schÀdigende Wirkung zu suchen sei.
Wurde das Kasein aus der Nahrung weggelassen, und wurde
Molke und Pudding verabreicht, so trat Besserung ein. Neuer-
liche Zugabe von Kasein verschlechterte hÀufig den Zustand,
so daĂ die Annahme eines Kaseinschadens naheliegt, ohne
jedoch behaupten zu wollen, daĂ er hiermit bewiesen sei.
Von maĂgebender Bedeutung fĂŒr die schĂ€digende bezw.
heilende Wirkung des Kaseins scheinen die physikalisch-
10. Jahrg. - Nr. 1
I .ackncr: I lohlfulllMsrliwci den
chemischen Momente zu sein. Die K,a s e i n k a 1 k v e r
bin dun g, wie sie durch das Kochen der Milch mil ("nie.
lacticum entsteht, stellt eine fixe Verbindung dar, durch
welche der Kalk in tiefer gelegene Darmabschnitte zu ge-
langen scheint. HierfĂŒr sprechen auch ErnĂ€hrungsversuche,
die solchermaĂen angestellt wurden, daĂ Kinder, die bei einer
% -Milchschleimmischung nicht gediehen, eine wesentliche
Besserung des ErnÀhrungserfolges aufwiesen, als die gleiche
Nahrung mil Calc. lad. aufgekocht in gleichen quantitativen
Mengen verabreicht wurde. Z.B. 'A Liier Milch gemischt
mil 1 Liter 7% Reisschleim (der 10% Zucker enthĂŒll) win-
den mit 2 g Calc. lact. unter RĂŒhren aufgekocht. Oh hier
die feinflockige Verteilung des Kaseins oder die Ueber-
fĂŒhrung des Kaseins in die Kaseinkalkverbindung maĂ-
gebend war, sollen erst weitere Untersuchungen feststellen.
Jedenfalls konnten wir leichlere dyspeptische Störungen
schon durch diese einfache Modifikation der Milch ohne
Aenderung der quantitativen VerhĂ€ltnisse gĂŒnstig beein-
flussen. Konnte jedoch durch die kalkangereicherte geronnene
Milch keine Einstellung und keine Aenderung des Sluhl-
bildes erzielt werden, wurde ebenfalls wie bei der EiweiĂ-
milchtherapie eine 2 â 3 tĂ€gige milchlose DiĂ€t, die Pudding-
diÀt eingeschaltet, die um so lÀngere Zeil (im Höchstfall
durch 8 Tage) fortgesetzt wurde, je Àlter der SÀugling war.
Die DiÀtetik im SÀuglingsalter ist Wissenschaft und
Kunst. Die erslere sucht auf dornenreichen, von Irrungen
nicht freien Wegen zu Heilnahrungen zu gelangen, welche
allerdings nur dann sich bewÀhren, wenn sie nur bei den
fĂŒr sie bestimmten Indikationen angewendet werden. Diese
zu finden wird dem geĂŒbten und am SĂ€uglingsbett geschulten
Arzt gelingen. Wer die feinen Abstufungen im Befinden des
kranken SĂ€uglings erkennen zu lernen Gelegenheit hatte,
wird diesen entsprechend die richtige Heilnahrung anwenden
und auch sie quantitativ richtig zu bemessen verstehen. Er
wird nach dem klinischen Bilde das NahrungsbedĂŒrfnis ein-
schÀtzen können. Das beste Instrument versagt in den
HĂ€nden des UnkĂŒnstlerischen und der wahre KĂŒnstler wird
auch dem nicht vollkommenen Instrument schöne Harmonien
zu entlocken verstehen. Nur so ist es zu erklÀren, daà der
eine mit ein und derselben Heilnahrung Erfolge, der andere
Versager hat.
HohlfuĂbeschwerden.
Von Dr. Felix Lackner,
Spezialarzt fĂŒr OrthopĂ€die, Charlottenburg. (Ehem. Assist, d
Univ.-Instituts fĂŒr OrthopĂ€die, Berlin. Direktor: Prof. Gocht.)
Unter den vielen Ursachen, die FuĂbeschwerden machen,
ist wohl die HohlfuĂbildung diejenige, die nicht nur in
Laien-, sondern auch in Aerztekreisen am wenigsten bekannt
ist oder wenigstens in ihrer vollen Bedeutung meist nicht
richtig gedeutet und ausgewertet wird.
Um die Arl der HohlfuĂbeschwerden richtig einschĂ€tzen
zu können, muà man die Entstehungsart, den Entwicklungs-
mechanismus und die Entwicklungsmöglichkeiten des Hohl-
fuĂes sich vergegenwĂ€rtigen.
Der HohlfuĂ kann ererbt oder durch embryonalen Bil-
dungsfehler entstanden oder spÀter durch Infektionskrank-
heiten, meist spinale KinderlÀhmung, erworben sein.
Die ererbten HohlfĂŒĂe sind meist keine hochgradigen
Verbildungen, sie werden mit âhohem Spann" oder âhohem
Reihen" bezeichnet und finden sich meist beiderseitig bei
mehreren Familienmitgliedern in mehreren Generationen
hintereinander.
Beim infolge embryonalen Bildungsfehler entstandenen
HohlfuĂ ist oft spina oifida festgestellt worden. Die FuĂ-
verbildung zeigt sich auch hier meist beiderseitig, entwickelt
sich nach und nach zu hohen Graden und ist manchmal noch
mit anderen MiĂbildungen vergesellschaftet.
Der durch Infektionskrankheiten, vor allem spinale
KinderlÀhmung zustande gekommene Holdfuà kann alle
Grade, vom leichtesten bis zum schwersten, zeigen, kommt
meist einseitig vor, kann aber mil verschiedenen LĂ€lnnungs
erscheinungen am Skelett und der Muskulatur des FuĂen
oder der ganzen ExtremitÀt verbunden sein.
Der HohlfuĂ aller drei Entstehungsarten zeigl dieselben
eigenartigen mechanischen Verhaltnisse. Die vermehrte FuĂ-
LÀngswölbung kömmt dadurch zustande, daà im Lisfranc-
schen Gelenk, in schwereren FĂ€llen im Lisfranc 'sehen und
Chopart'schen Gelenk eine stÀrkere Flektionsstellung der
distalen FuĂteile vorliegt, oft mit Verbildung der Skelett-
teile. Beim normalen FuĂ hallen sich die langen und kurzen
Muskeln und BĂ€nder des FuĂrĂŒckens mil denen der l'uli-
planta das Gleichgewicht; beim HohlfuĂ sind dadurch, dal!
die LĂ€ngswölbung des FuĂes vermehrt ist, die BĂ€nder und
Muskeln der Dorsalseite ĂŒberdehnt oder ĂŒbernatĂŒrlich lang
im VerhÀltnis zu denen der Plantarseile und nicht so
leistungsfĂ€hig wie beim normalen FuĂ. Beim normalen FuĂ
wird das FuĂlĂ€ngsgewölbe beim Stehen und besonders beim
langen Stehen, ebenso periodisch beim Gehen etwas abge-
flacht, beim Hohlfuà ist das höhere LÀngsgewölbe nicht so
nachgiebig, nicht so elastisch, die Muskeln des FuĂrĂŒckens
beteiligen sich weniger beim Muskelspiel des FuĂes, der
Bandapparat des FuĂrĂŒckens gibt mein- nach, im Ruhezu-
stand bleibt der FuĂ in HohlfuĂstellung oder wird noch
hohler. So neigt die HohlfuĂbildung zur Progression, was
am meisten wÀhrend eines langen Krankenlagers wÀhlend
einer beliebigen Krankheil in Erscheinung tritt. Wenn ein
Patient, der bisher von seiner HohlfuĂbildung kaum etwas
wuĂte, nach langem Krankenlager zum ersten Mal wieder
aufsteht, zeigen sich Hohlfufibeschwerden, und jetzt erst
merkt der Arzt die Deformierung des FuĂes.
Die HohlfuĂbeschwerden kommen zustande durch eine
gewisse FuĂschwĂ€che. Die AuftrittsflĂ€che, der Gewölbebau
des FuĂskeletts, der Muskel- und Bandapparat sind nicht so
zweckmĂ€Ăig eingerichtet wie beim normalen FuĂ. Ein Kind,
ein Erwachsener auch nur^mit leichten HohlfĂŒĂen ist nicht
so leistungsfĂ€hig wie jemand mit normalen FĂŒĂen. Das
zeigt sich natĂŒrlich weniger beim Laufen und Gehen auf
weichem Boden, also auf dem Lande, als besonders in der
Stadt auf Steinpflaster und Asphalt. Es treten leicht Ueber-
anstrengung, EntzĂŒndungserscheinungen, GehunfĂ€higkeit ein.
Diese Beschwerden werden sehr oft nicht richtig gedeutet,
die Diagnose âschwach gebaute FĂŒĂe" muĂ aushelfen. Die
leichte HohlfuĂform fĂ€llt ja nicht als unschön auf, bei ganz
kleinen Kindern ist es schon fĂŒr den Arzt schwer, die anor-
male FuĂform zu erkennen, da Fettpolster die Hohlform
verdeckt.
Ein weiteres Zeichen der HohlfuĂschwĂ€che ist das
leichte Umknicken in den Sprunggelenken, das als sehr liistig
empfunden wird, nicht nur werden die Schuhe leicht âschief-
getreten", es kann auch hÀufig zu Distorsiouen Veranlassung
geben. Ist der Patient gezwungen, lange zu gehen oder zu
stehen, so tritt frĂŒhzeitig ErmĂŒdung ein und der FuĂ kann
gar nicht mehr aktiv normal gehalten werden, ohne in Val-
gusstellung zu geraten. Die Folge davon ist teilweise Ueber-
dehnung des Muskel- und BÀnderapparats und weitere SchÀ-
digung der LeistungsfĂ€higkeit. Es können auch EntzĂŒn-
dungserscheinungen am Calcaneus eintreten mit den schwer-
sten Beschwerden. Die Diagnose âCalkaneussporn" trifft
nicht den springenden Punkt, und therapeutische MaĂ-
nahmen, die nicht mit dem GrundĂŒbel, der Hohlfufiform und
dem dadurch bedingten pes valgus rechnen, haben nur selten
Erfolg und sind zudem sehr langwierig.
Beim HohlfuĂ sind die ossa metatarsalia steiler zur
Planta gestellt als beim normalen FuĂ, d. h. der Winkel
zwischen jedem einzelnen os metatarsale und der zugehörigen
FuĂlĂ€ngsachsenlinie isl gröĂer als normal. Infolgedessen
haben die Metatarsophalangealgelenke eine ungĂŒnstigere
Stellung zur AuftrittsflĂ€che, werden leicht ĂŒberanstrengt und
reagieren mit schmerzhaften EntzĂŒndungserscheinungen.
Dies trifft hauptsÀchlich auf das erste Metatarsolphalangeal-
gelenk zu, und wenn dieses auch durch zwei ossa sesamoidea
besonders geschĂŒtzt ist, so versagt dieser Schutz gerade bei
stĂ€rkerei- HohlfuĂbildung dadurch, daĂ diese ossa sesamoida
1*2 Michaelis: Gewerbehygienische Rundschau
nach distal' wÀrts vom Gelenk zu liegen kommen, wie man
es am deutlichsten auf dem Röntgenbild jedes Klauenhohl -
fuĂes konstatieren kann; und der KlauenhohlfuĂ ist ja nichts
anderes als eine HohifuĂbildung stĂ€rksten Grades. DaĂ diese
Beschwerden vom ersten Metatarsophalangealgelenk bei un-
zweckmĂ€Ăigem Schuhwerk vergröĂert werden, ist leicht er-
sichtlich, hier kommt es uns jedoch nur darauf an, zu zeigen,
daĂ die erste Ursache dieser Beschwerden oft die HohlfuĂ-
bildung sein kann. In frĂŒhester Jugend ist, auch bei schwe-
rerer HohlfuĂform, von diesen Beschwerden kaum etwas zu
merken, da schĂŒtzt noch der jugendlich straffe Bandapparat
und das verhĂ€ltnismĂ€Ăig stĂ€rkere Fettpolster. Diese Be-
schweiden treten erst ein etwa im 15.. 18., 20. Lebensjahre,
und zwar bei sehr schweren und infolge sehr langer Bett-
lĂ€grigkeit sich verschlimmernden HohlfuĂbildungen mit einer
gewissen GesetzmĂ€Ăigkeit.
Dadurch, daĂ sich im Laute der Jahre eine mittelgradige
HohlfuĂform allmĂ€hlich oder infolge schwerer Krankheit mit
BettlÀgrigkeit in kurzer Zeit in eine hochgradige umwandelt,
werden unwillkĂŒrlich durch mechanische Notwendigkeit die
kurzen und langen Zehenstrecker zu kurz und ziehen die
Zehen allmÀhlich immer mehr in Hammerzehenstellung. Es
bildet sich so die eben ei wĂ€hnte Klauenhohl fuĂform aus.
Druck- und Scheuerstellen an den Zehen und unter dem
vorderen queren FuĂgewölbe. EnlzĂŒndungserseheinungen an
den Phalangeal- und Metatarsophalangealgelenken sind die
hauptsÀchlichsten Krankheitserscheinungen der Hammer-
zehenbildung. Fertige Schuhe passen schon bei gering-
gradigem HohlfuĂ schlecht, es mĂŒssen hĂ€ufig MaĂschuhe an-
gefertigt werden; wenn nun noch die Hammerzehenbeschwcr-
den hinzukommen, spielt die Schuhfrage eine immer schwie-
rigere Rolle. Dazu kommt, daĂ das Hammerzehenleiden bei
HohlfĂŒĂen weder durch Apparate noch durch Hammerzehen-
operationen beseitigt werden können, da durch die hoch-
gradige HohlfuĂform die Zehen immer wieder in ungĂŒnstige
Stellung gebracht werden. Ohne Angreifen der HohlfuĂ-
deformitÀt, in diesem Falle ist oft eine Knochenoperation des
MittelfuĂes selbst notwendig, ist dem Uebel nicht abzuhelfen.
Der durch die Metatarsophalangealgelenke gebildete vor-
dere FuĂgewölbebogen flacht sich bei lĂ€nger bestehendem
HohlfuĂ infolge der diesem eigentĂŒmlichen mechanischen
VerhÀltnisse nach Ueberanstrengungen oder in einem ge
wissen Alter, wieder zwischen dem 15. und 20. Lebensjahr,
leicht ab, so daĂ beim Auftreten auch das zweite, dritte und
vierte Metatarsophalangealgelenk dem Bodendruck ausgesetzt
wird und mit EntzĂŒndungserscheinungen reagiert, die die
LeistungsfÀhigkeit sehr stark herabsetzen. Die Abflachung
des vorderen FuĂgewölbes kann mehr und mehr zunehmen,
infolge EntzĂŒndungserscheinungen sich in dieser anormalen
Lage fixieren und es können dann noch die von Morton ge-
schilderten Plantarnervenschmerzen hinzukommen. Un-
ertrĂ€glich können die Ă€uĂerst empfindlichen Druckschwielen
werden, die sich an den verschiedensten Stellen unter dem
vorderen FuĂquergewölbe bilden.
Alle diese Beschwerden hĂ€ngen schlieĂlich zusammen
mit dem Begriff âFuĂschwĂ€che". ,,Insuffizientia pedis", und
die Gedankenverbindung âFuĂschwĂ€che-PlattfuĂeinlage" ist
nicht nur beim Laienpublikum und den OrthopÀdiemechani-
kern eine ganz feststehende geworden. Allerdings wird eine
solche Einlage bei vollkommen fixiertem Hohlfuà Àlterer Pa-
tienten, bei denen also im Chopart'sehen und Lisfranc'schen
Gelenk auch nicht die geringste Beweglichkeit mehr vorhan-
den ist, oft von groĂem Segen sein, die Beschwerden werden
aufhören, der FuĂ wird eine gute StĂŒtze haben und es wird
auch keine Vermehrung der HohlfuĂform eintreten. Anders
beim noch nicht fixierten HohlfuĂ, insbesondere beim Hohl-
luĂ des wachsenden Kindes. Hier werden die Beschwerden
nur fĂŒr die erste Zeit beseitigt und die Gefahr ist sehr groĂ,
daĂ die Hohlform durch eine solche Einlage noch vermehrt
wird und dementsprechend die Beschwerden sich steigern.
Die OrthopĂ€die verfĂŒgt ĂŒber zahlreiche, gut ausgebildete
Methoden, die HohlfuĂbcschwerden zu beseitigen, resp. zu
lindern. Bei leichten HohlfĂŒĂen, insbesondere in frĂŒher Ju-
40. Jahrg. â Nr. 1.
gend, leisten gymnastische und redressierende Uebungen und
Massage in Verbindung mit kleinen orthopÀdischen" Appa-
raten vorzĂŒgliches. Die von Gocht angegebene âflache
Sohle mit Spannlasche" hĂ€lt das durch RedressionsĂŒbungen
abgeflachte FuĂlĂ€ngsgewölbe in dieser Stellung fest und kann
ohne Beschwerden fĂŒr lange Zeit tags und nachts getragen
werden. Und sowohl bei angeborenem als auch bei erwor-
benem HohlfuĂleiden bringt solche sorgfĂ€ltige, eventl. ĂŒber
Jahre hinaus durchgefĂŒhrte Behandlung oft vollkommene
Heilung.
Bei schwereren FĂ€llen kommt man noch sehr gut zum
Ziel mit ein- oder mehrmaligen Redressionen in Narkose mit
darauffolgenden mehrwöchigen GipsverbÀnden und spÀterer
lĂ€ngere Zeit durchgefĂŒhrter Massage- und ĂŒebungsbehand -
hing, auch wieder in Verbindung mit der âflachen Sohle mil
Spannlasche".
Bei den sogenannten LĂ€hmungshohlfĂŒĂen haben auch oft
ausgezeichnete Resultate Muskel- und Sehnenoperationen. bei
denen teilweise oder ganz gelÀhmte Muskeln durch vollwertige
ersetzt werden.
Bei den schwersten FĂ€llen kann man sich nur von sein
eingreifenden Knochenoperationen Heilung, d. h. volle
LeistungsfĂ€higkeit des FuĂes, versprechen.
Wie aus den obigen AusfĂŒhrungen hervorgeht, wird es
immer eine dankbare Aufgabe des Arztes sein, m ö g 1 i c h s 1
frĂŒhzeitig die HohifuĂbildung festzustel-
len, da jeder Hohl fuĂ bei Uebe ran streu
g u n g und lÀngerem Krankenlager zur Pro
gression neigt und hier eine versÀumte
Gelegenheit, frĂŒhzeitig zu behandeln, spĂ€-
ter seh r s c h w e r e Folge n h a ben k a n n. Ein -
gehende AusfĂŒhrungen ĂŒber âHohlfuĂbehandlung" finden
sich in meiner gleichnamigen Arbeit im Archiv fĂŒr ortho-
pÀdische und Unfallchirurgie 1922.
Gewerbehygienische Rundschau ĂŒber das Jahr 1921.
Voii Dr. P a u I Michaeli s. Fabrikarzt der Chemischen Fabrik
Griesheim-Electrön zu Bitterfeld.
Wie in Nr. 28 dieser Wochenschrift ausfĂŒhrlicher erörtert
wurde, besitzt nun auch PreuĂen selbstĂ€ndige medizinische
Gewerbeaufsichtsbeamte, Landesgewerbearzt mit dem Amts
titel Gewerbemedizinalrat. Ueber das Programm diese]
neuen Institution unterrichtet uns Beyer, der Referent im
Wohlfahrtsministerium, in seiner ausgezeichneten Schrift:
Gesundheit und gewerbliche Arbeit. (Verlag Schötz-Berlin.)
Ein Hauptziel der Àrztlichen Gewerbeaufsicht ist die Be-
kÀmpfung und möglichste Ausrottung der Gewerbekrank -
heilen, wozu die EinfĂŒhrung einer allgemeinen Anzeige
pflicht dieser seitens der praktischen Aerzle sich als unbe-
dingt notwendig erweist. Francke und B a c h f e I d be-
richten hierĂŒber auf Grund einer Umfrage (Meldepflicht der
Berufskrankheiten. Verlag Jul. Springer, Berlin).
Eine internationale Uebersicht ĂŒber die Gewerbekrank
heiten allerdings erst fĂŒr 1913 gibt Tele k y -Brezo n a,
Wien. Es wĂ€re sehr zu begrĂŒĂen, wenn diese Wiener Ar-
beiten sich mit etwas preuĂischer PĂŒnktlichkeit einstellen
wĂŒrden.
Auf der letzten Tagung des Internationalen Arbeitsamtes
in Genf wurde die Frage des eventuellen BleiweiĂverbotes
erörtert. Sowohl von technischer wie auch medizinischer
Seite sind eine Reihe Arbeiten fĂŒr und wider erschienen.
Teleky: Die Bleifarbenverwendung zu Anstreicherarbeiten
(Verlag Schötz-Berlin) und K ö 1 s c h: Die BleischÀdigungen
im Maler- usw. Gewerbe unter dem Gesichtswinkel des Arztes
und des Gesetzgebers (Verlag Streine-Hamburg) zeigen be-
kannte Gewerbehygieniker als Verfasser.
Von den ĂŒbrigen zahlreichen Arbeiten, welche sich mit
der Bleivergiftung befassen, kann ich nur folgende erwÀhnen.
40. Jahrg. â Nr. 1.
Michaelis: Gcwcrbehygienischc Kundschau
Schön fei d (Das drohende BleiweiĂverbot)*) verfocht
den Standpunkt, daà es unnötig und unberechtigt ist, das
BleiweiĂ und schlieĂlich das Blei ĂŒberhaupt wegen der Ver
giftungsgefahr aus dir Industrie zu verbannen. âDie Blei-
erkrankungen sind als Beruf sunfallKrankheiten gesetzlich zu
werten, Schiedsrichter ist auch hier das Mikroskop. Bei
allen Kranken, die sichtbare Zeichen von Bleivergiftung auf-
weisen, ist basophile Körnelung der roten Blutkörperchen
vorhanden und dieses Symptom hat sieh auch praktisch zur
FrĂŒhdiagnose stets bewĂ€hrt. Schwere, komplizierende Er-
krankungsformen dĂŒrfen dank der Blutuntersuchung nicht
mehr vorkommen. Die Blutuntersuchung hat sie zu ver-
hĂŒten und somit die schweren Gefahren der Bleiindustrie vom
gewerbetreibenden Volke fernzuhalten. Darin liegt der
Segen dieser Methode."
In einer anderen Arbeit: Zur FrĂŒhdiagnose der Bleiver-
giftung geht Schönfeld nÀher auf die Blutuntersuchung
ein. Grawitz fand als erster in den roten Blutkörperchen
krankhafte VerÀnderungen, nÀmlich zahlreiche punktförmige
Gebilde, die sog. Granula oder TĂŒpfel, welche sich als patho-
gnomonisch fĂŒr Bleikrankheit erweisen sollten. Seit
Sc h m i d t - T r a u t m a n n s praktischen Untersuchungen
hat sich die Blutuntersuehung Bleikranker mehr und mehr
eingebĂŒrgert. âIch fand Körnelung der roten Blutkörper-
chen in der Zahl von 30â15 000 auf 1 Million und bewerte
von meinem Standpunkte als Vertrauensarzt aus auch einen
Befund von unter 100 gekörnten roten Blutkörperchen auf
1 Million schon als positiv." Zu bemerken ist, daĂ bei dem
Eintreten einer schwereren Komplikation â wie Nierenent-
zĂŒndung, BleilĂ€hmung â eine Beaktion der blutbildenden
Organe nicht mehr eintritt. Die Blutuntersuchung ist ein
sicheres Hilfsmittel zur Erkennung des ersten Stadiums der
Bleivergiftung bevor noch andere Zeichen einer Bleiver-
giftung aufgetreten sind. WĂ€hrend vor der systematischen
Blutuntersuchung in der Leipziger Ortskrankenkasse sieh
durchschnittlich jÀhrlich 249 Personen wegen Bleikrankheit
mit 7850 Krankengeldtagen krank meldeten, haben sich seit
ihrer EinfĂŒhrung im Jahre 1919 nur 20 Mann erwerbsun-
fÀhig gemeldet. Die Blutuntersuehung bildet eine Beruhi-
gung fĂŒr die Aengstlichen und Hypochonder und eine Ueber -
fĂŒhrung von Arbeitsscheuen.
WÀhrend diese BlutprÀparate bisher in der alten ge-
wohnten Art durch Ausstreichen gewonnen wurden, emp-
fiehlt Schwarz (Ueber Blutuntersuchungen bei Bleikrank -
heitsverdÀchtigen. Medizinische Klinik, 1921, Nr. 22) die
Untersuchung im dicken Tropfen. Zur Orientierung ist sie
einfacher und billiger.
Im Gegensatz zu S c h ö n f e 1 d legt B ö 1 1 r i c h (Einige
Bemerkungen zur âFrĂŒhdiagnose der Bleivergiftung") mehr
Wert auf die bekannten klinischen Symptome. Bleisaum
kann nur durch Blei entstehen. Niemals zerfÀllt er ge-
schwĂŒrig wie z. B. bei Quecksilber. PrĂ€dilationsstelle im
Bereich der Mundspalte und an den EckzÀhnen. Betreffs der
BleilÀhmungen ist er sehr optimistisch, nach seiner Er-
fahrung sind alle diese Paresen restlos zurĂŒckgegangen! Als
Erkennungszeichen einer Bleivergiftung fordert er: Blei-
kolorit, Bleisaum, Basophilie, HĂ€matoporphyrie.
In WĂŒrdigung der Wichtigkeit der Blutuntersuchung
lĂŒr die Diagnose der 151 ei Vergiftung ist in dem Laboratorium
fĂŒr gewerbliche Medizin und Hygiene des bayerischen
Landesgewerbearztes zu MĂŒnchen eine unentgeltliche Unter-
suchungsstelle eingerichtet worden. (Seiffert: Blutunter-
suchungen bei Verdacht auf Bleierkrankungen. MĂŒnch.
Med. Wochenschr. Nr. 49.)
Ueber die Natur der basophilen Erythrozytengranula be-
lichtet G. Krei bisc h in Nr. 26 der Berliner Klinischen
Wochenschrift.
Die neue Verordnung zum Schutze der PreĂluftarbeiter
vom 2<S. Juni 1920 giebt LeynVann Gelegenheit, sich ein-
gehender ĂŒber die hierbei entstehenden GesundheilsschĂ€di-
* Arbeiten, bei den der Erscheinungsort nicht besonders an-
gegeben, erschienen im Ceiifralblatl fĂŒr Gewerbehygiene.
gungen zu Ă€uĂern. Bei Taucherarbeiten, ĂŒberhaupt bei allen
Arbeiten unter Wasser, wenn das Wassel- ans RĂ€umen enl
fernt werden soll, muĂ Luft in diese eingedrĂŒckt weiden, so
daà der Arbeiter unter einem erhöhten Luftdrucke arbeiten
muĂ. Die hierdurch .entstehenden Krankheitserscheinungen
werden als âTaucher- oder Caisson -Krankheil*' bezeichnet!
âMan kann dabei zwei Gruppen von Krankheitserscheinungen
unterscheiden: 1. Trommelfell- und Mittelohrstörungen, odei
Kopfschmerz, die besonders bei schnelle! Steigerung des
Druckes vorkommen und oft sein- schmerzhaft sind. Sie
treten auf, wenn die AusgÀnge in den Hohlen des Mittelohres
oder der Nase verengt oder verstopft sind und infolgedessen
der Druck der in ihnen befindlichen Luft sich nicht sogleich
mit dem der PreĂluft ausgleichen kann. 2. Die eigentlichen
PreĂlufterkrankungen, die nur bei oder nach ĂŒem Aul
hören des Druckes â beim Ausschleusen aus den PreĂluft-
rĂ€umen â auftreten. Sic sind darauf zurĂŒckzufĂŒhren, daĂ
sich die KörperflĂŒssigkeit mit Gas sĂ€ttigt und gröĂere
Mengen davon aufnimmt als unter gewöhnlichem Luftdrucke.
Wenn der Druck nun schnell nachlĂ€Ăt, so werden diese G;ise
frei und scheiden sich als Blasen ab. Diese GasblÀsen rufen
nun dadurch, daĂ sie den Blut- oder SĂ€fteumlauf in den
betreffenden Körperleilen erschweren oder ganz behindern,
mehr oder weniger bedrohliche, hÀufig sehr schmerzhafte
Erscheinungen hervor. Die beobachteten und bei mĂ€Ăigen
Drucken hÀufigsten Erscheinungen sind die Gliederschmer-
zen, die meist in Heilung ausgehen, aber auch, wie Born-
stein und Plate festgestellt, zu Knochenerkrankungen
und InvaliditĂ€t fĂŒhren können.
Schwerer sind schon die Erscheinungen, die vom Gehirn
ausgehen, Schwindel, Kopfschmerz, Uebelkeit und Erbrechen.
Sie rĂŒhren nach Born stein wahrscheinlich von einer zer-
streuten, sehr kleinblasigen Gasentwickelung im Gehirn her
und sind deswegen unangenehm, weil sie durch das ĂŒbliche
Heilverfahren (der Erkrankte wird in einer besonderen Vor-
richtung nochmals unter erhöhten Luftdruck gebracht und
der Druck nach einiger Zeit ganz langsam und vorsichtig
abgelassen) nicht gebessert wird.
Die ganz schweren Erscheinungen bestehen in LĂ€hmun-
gen, Lungenembolie und HerzschwÀche, je nachdem sich
gröĂere Luftblasen im Zentralnervensystem, in der Lunge
oder im Herzen bilden oder ansammeln. Sie verursachen
schwere, oft dauernde LĂ€hmungen und nicht selten den Tod."
Mit der Höhe des Luftdruckes steigt die Zahl und
Schwere der Erkrankungen. Unter 1,3 kg/qcm Ueberdruck
pflegen schwerere Erkrankungen auszubleiben.
Klinisches und Experimentelles ĂŒber das anaphylak-
tische Bronchialasthma der FellfÀrber berichtet Hans
Curschmann (MĂŒnch. Med. Wochenschr. Nr. 7) und
kommt zu folgenden SchlĂŒssen: Das Ursol (p-Phenylen-
diamin-) Asthma der FellfĂ€rber und KĂŒrschner, eine in
kleineren, hygienisch noch unvollkommeneren Betrieben
relativ hÀufige und schwere Erkrankung, zeigt klinisch alle
Symptome der Anaphylaxine.
Es gelang sowohl im passiven als im aktiven Versuch
an Meerschweinchen, den anaphylaktischen Charakter des
Ursolasthmas nachzuweisen, besonders schwer, wenn nach
Sensibilisierung mit Ursol asthmatikerser um die Aufnahme
des Stoffes mittels Inhalation erfolgt.
Durch prophylaktische Kalziuminjektionen gelang es
regelmĂ€Ăig, dem anaphylaktischen Schock und Asthma völlig
vorzubeugen.
Die Kalziumprophylaxe in Form der Inhalation wird
fĂŒr die Arbeiter der FellfĂ€rberei und KĂŒrsc hnereien vorge-
schlagen.
Wer sich fĂŒr den ausfĂŒhrlichen klinischen und experi-
mentellen Teil interessiert, findet ihn bei C. Ger dorn und
Mehl.
Seit den grundlegenden pathologischen Untersuchungen
Zenkers, Merkels und Arnolds ĂŒber Pneumono-
koniosen sind wir nur wenig weitergekommen. 18(v> publi-
zierte Zenker 2 FĂ€lle von Tabakpneumonokoniose, seit-
dem finden wir keine neuen Beobachtungen in der Literatur
14 Michaelis: Gewerbehygienische Rundschau 10. .Tain g. â Nr. 1.
Palitzsch (lieber Tabak-Pneumonokoniose) konnte
einen neuen derartigen Fall bei einem 47 jÀhrigen Mecha-
niker beobachten, welcher an einer eigenkonstruierten Tabak-
maschine, welche enorm viel Staub aufwirbelte, jahrelang
arbeitete. Klinisch zeigte sich ein auĂerordentlich chronisch
verlaufender, ziemlich stationÀrer Prozeà in den Lungen, der
mit Indurationen in beiden Oberlappen verbunden ist, die
weiterhin zu Schrumpfungsprozessen gefĂŒhrt haben, be-
stehend in Verengerung und Verlagerung des Bronchialrohr-
systems, sowie Retraktion besonders der linken Lunge mit
Verziehung des Mediastinums nach links. Abs Folge der
hierbei zustande gekommenen Zerrung des rechten N. recur-
rens ist eine rechtsseitige PostikuslÀhmung aufgetreten.
Pathologisch - anatomisch finden sich neben hochgradigen
atrophischen ZustĂ€nden der Lunge eigentĂŒmliche braune
Flecke im Lungengewebe und den BronchialdrĂŒsen, welche
offenbar durch eingedrungenen Tabakstaub bedingt waren.
J e n n y Adlcr-Hcrz m a r k glaubt, daĂ die Fieber -
erscheinungen und die ReizzustÀnde der SchleimhÀute, die
bei gewissen Arten des autogenen SchweiĂens auftreten, dem
GieĂfieber analog sind, daĂ es sich um Aetzwirkungen des
Zinkoxydes handelt, d. h. um ein Resorptionsfieber (Gesund-
heitliche Gefahren des autogenen SchweiĂens).
Die schÀdlichen Wirkungen des Hochofengases, welches
auch Zyan, Arsen, Schwefelwasserstoff enthÀlt, weiden von
]) e r d a c k auf das Kohlenoxyd zurĂŒckgefĂŒhrt.
Im AnschluĂ hieran sei MĂŒllers Arbeit ĂŒber Kohlen-
oxydgasv.ergiftungen erwÀhnt, ferner die Beobachtung von
Gros-Roc h m a n n: Leber eine Kohtenoxydgasvergiftung
in einer GieĂerei (beide in der Viertel jahrsschrift fĂŒr gericht-
liche Medizin erschienen).
Leber Behandlung von Leuchtgasvergiftung mit Magne-
siumperhydrol berichtet Kottek (MĂŒnch. Med. Wochen-
schrift Nr. 21). Er gab 2 stĂŒndlich je 2 Tabletten und sah
ausgezeichnete Erfolge.
Leber akute Polymyositis nach Leuchtgasvergiftung und
Erfrierung berichtete Sc bar mann im Deutschen Archiv
fĂŒr klinische Medizin).
Gewerbliche Vergiftungen durch gasförmige BlausÀure
beim Vergolden und Versilbern beobachtete H o 1 1 z -
mann. âEinwirkung von gasförmiger BlausĂ€ure beim gal-
vanischen Versilbern und Vergolden sind meist leichter Art.
Das Vergolden und Elektroplattiere'n in heiĂen BĂ€dern ist
hinsichtlich der BlausÀuregefahr gefÀhrlicher als in kalten
BÀdern. Die GefÀhrlichkeit steigt mit zunehmender Strom-
dichte und Spannung. Bei anodischer Goldauflösung ent-
steht am meisten BlausĂ€uregas; der Vorgang lĂ€Ăt sich aber
durch geeignete Einrichtungen völlig gefahrlos machen und
ist daher der Auflösung durch SÀure vorzuziehen." Als
Zyaneinwirkung haben zu gelten: eigentĂŒmlich sĂŒĂlicher Ge-
schmack im Munde, leichter Reiz der Augenbindehaut, Blut-
andrang nach dem Kopfe und leichter Kopfschmerz. Haut-
ausschlÀge kommen nur bei dazu disponierten Arbeitern vor.
Eingehende differential-diagnostische Belehrung erhalten
wir von Heffter (IrrtĂŒmer bei der Erkennung und Be-
handlung der Arsenikvergiftung. Deutsche med. Wochen-
schrift, 1921, Nr. 30). Der einzig unfehlbare Beweis ist der
chemische Nachweis des Arsens, welcher noch nach mehreren
Jahren aus den Haaren gelingen kann.
Statistische GesetzmĂ€Ăigkeiten des elektrischen Unfalles
behandelt ausfĂŒhrlich JĂ€ger auf Grund der amtlich ge-
meldeten UnfĂ€lle in der Schweiz von 1914â20. Es besteht
nach seinem Materiale eine absolute Zunahme der jÀhrlich
vorkommenden UnfÀlle. Es findet sich eine relative Ab-
nahme der UnfĂ€lle, gemessen am âGefĂ€hrdungskoeffizienten'*
fĂŒr elektrische Anlagen. Als dieser wird das VerhĂ€ltnis der
jÀhrlichen Unfallszahl zur Kilometerzahl von Freileitungen
b( â zeichnet. Die Sachkundigen machen zwei Drittel, die
NichtsachverstÀndigen ein Drittel der Verunfallten aus. Die
UnfĂ€lle an elektrischen Bahnen betragen ein FĂŒnftel, die-
jenigen in Betriehen vier FĂŒnftel der Gesamtzahl. Die Un-
fÀlle an Niederspannungen (bis 1000 Voll) belaufen sich auf
ein Drittel, diejenigen an Hochspannungen auf zwei Drittel.
Die Zahl der NiederspannungsunfÀlle ist erheblich gestiegen.
Die statistische MortalitÀtsziffer ist abhÀngig von der Art des
Einzugsgebietes und von der BerĂŒcksichtigung des elektri-
schen âFrĂŒhtodes" oder der elektrischen Verletzung mit
âSpĂ€ttod". Die Niederspannungs- und Hochspannungs-
unfÀlle haben die gleiche MortalitÀt. Es verdient endlich
Gemeingut zu werden, daĂ unter gewissen Bedingungen,
nĂ€mlich bei groĂen BerĂŒhrungsflĂ€chen und stark reduziertem
Körperwiderstand (nasses Milieu, SchweiĂ) die gemeinhin
als ungefÀhrlich bezeichneten Spannungen der Lichtleitung
lebensgefÀhrlich werden können. In der Praxis hat jeder
technisch verwendete Strom unter gegebenen LmstÀnden als
lebensgefÀhrlich zu gelten. Der Selbstmord durch Elektri-
zitÀt ist im Zunehmen begriffen. Es besteht eine HÀufung
der elektrischen UnfÀlle in dien Sommermonaten Juni, Juli.
August aus meteorologisch - physikalischen und meteoro-
logisch-biologischen GrĂŒnden."
Zur BestĂ€tigung dieser AusfĂŒhrungen sei die Beobach-
tung KrĂ€mers (Zeitschr. f. Medicinalheamte) angefĂŒhrt,
wonach der Tod durch BerĂŒhren einer defekten Leitungs-
schnur einer Tischlampe hei 120 Volt Wechselstrom eintrat.
Eine zusammenfassende Lehel sieht ĂŒber den Methyl-
alkohol (Die gewerblich-medizinische Beurteilung des Holz-
geistes bezgl. Methylalkohols) gibt uns Koelsc h. Der
Methylalkohol des Handels (Holzgeist, Karbonol, Spiritol,
Spiritogen) enthĂ€lt meist noch 1â 2°/oo Propyl- und Allvl-
alkohol, Aldehyd, Methylacetat, Aceton ehe. neben anders-
artigen Verunreinigungen. In der industriellen Praxis spielt
die Aufnahme per os keine Rolle, vorwiegend ist es die Wir-
kung der DĂ€mpfeaufnahme bei Herstellung und Verwendung
von reinem Methylalkohol oder bei Verarbeitung von methyl-
alkoholhaltigen Anstrich- und Lösungsmitteln. Nach
Lewin ist die Wirkung die gleiche, ob der Methylalkohol
in Substanz in den Magen oder als Dampf durch die Lungen
in den Körper eintritt; auch von der Haut aus sind Ver-
giftungen beobachtet worden. ..Die Wirkungen können sein
lokale: Reizungen der AugenbindehÀut, der SchleimhÀute der
Luftwege bis zu tntlicher Bronchopneumonie â dann aber
res orptiv â allgemeine: Kopfschmerzen, SchwindelgefĂŒhl,
Ohrensausen, âgastrische Unordnungen", krampfartige
Zuckungen, Beklemmung, Brechneigung, Sehstörungen bis
zur Erblindung. Pupillenstarre â die Pupillen sind weit
oder trÀge reagierend, oft als einziges und erstes Symptom
zu beobachten â , dann Akkomodationsstörungen, Gesichts-
feldverengungen, Skotome bis zur völligen Erblindung mit
elektiver SchÀdigung von Sehnerv und Netzhaut (Neuritis
optica). Besserung kommt öfter vor, völlige Wiederherstel-
lung ist selten. Die persönliche Empfindlichkeit ist auĂer-
ordentlich verschieden.
Interessant sind die AusfĂŒhrungen von Kölsch ĂŒber
Lacke, ImprÀgnier-, Klebe-, Lösungs- und Reinigungsmittel.
Eine fast unĂŒbersehbare Menge von Rohstoffen und Ge-
mischen bilden diese Arbeitsmittel. Die festen Körper haben
gesundheitlich wenig Interesse. Hingegen sind die Lösungs-
und VerdĂŒnnungsmittel fettlösende und leicht verdunstende
Substanzen. Sie werden leicht durch die Atemluft in den
Körper aufgenommen; auch durch die unverletzte Haut
können sie infolge ihrer Fettlöslichkeit leicht eindringen.
GesundheitsschÀdigungen: An erster Stelle stehen die Wir-
kungen auf das Zentralnervensystem in Form von Rausch-
zustÀnden, Kopfschmerzen, Schwindel und Taumel, Willen -
losigkeit, Gedankenlosigkeit, SinnestÀuschungen, Brustbe-
klemmung, Schlafstörung, Schleiersehen, Lehelkeit, Appetit-
losigkeit, Erbrechen, Mattigkeit bis zur Ohnmacht, evtl. Tod
durch AtemlÀhmung bei konzentriertester Einwirkung. Die
Kranken erholen sich meist rasch wieder, wenn sie an die
frische Lull kommen. Weniger von Bedeutung sind die ört-
lichen Reizwirkungen der oberflÀchlichen SchleimhÀute und
der Haut. Dazu können noch spezifische Wirkungen ein-
zelner Körper treten, wie die gechlorten Kohlenwasserstoffe
(Fettnekrose der Leber), des Schwefelkohlenstoffes (Gehirn
und Nerven!), des Methylalkohol (Neuritis optica) usw.
10. Jahrg. â Nr. 1
R c f <âą I a l e
16
Die GesundheitsschÀdigungen heim Arbeiten mit de
naturiertein Spiritus bestehen nach Kölsch nur in der
PolierkrÀtze, Polierckzem. Kr fand es unter Möbelpolierern,
12 unlcr Leistenpolierern, 5,8%; in einzelnen Betrieben
wieder gar nicht. Die PolierkrÀtze Mal wenig Charakte-
ristisches. Sie findet sieh an den [nterdigotalfalten, in der
Bohlhand, am HandrĂŒcken, am Vorderarm his zur Ellen-
beuge als ein meist erheblich juckendes, unter den Erschei
nungen der akuten Dermatitis einhergehendes Ekzem,
welches bei geeigneter FĂŒrsorge in einigen Wochen abzu -
heilen pflegt; aber auch Neigung zu Rezidiven zeigt und sich
dann ĂŒber Monate hinziehen oder chronisch werden kann.
In letzteren FĂ€llen findet sich eine verdickte, raube und
spröde Haut mit stellenweise eingestreuten Rhagaden oder
StÀrker erkrankten nÀssenden Partien; stellenweise liegt die
Unterhaut frei; stellenweise sind Borken und Schuppen auf-
gelagert, letztere besonders an den Uebergangsstellen gegen
die gesunde Haut zu.
Prophylaktisch kommt nur der Ersatz des Methylalko-
hols und Pyridins durch Terpentinöl in Betracht. Therapie:
persönliche Reinlichkeit, besonders peinlich genaues Ab-
trocknen, kein BĂŒrsten, fleiĂiges Einfetten: Im akuten Sta-
dium 2 â 3 % Liq. alum. aeetic. -UmschlĂŒge, SaliĂŒylpaste mil
Perubalsam. Ung. Diachylon, in chronischen FĂ€llen Teer-
prÀparate. Bei Idiosynkrasie Aufgeben der Arbeit.
Ueber mehrere höchst rÀtselhafte plötzliche TodesfÀlle
berichtet Thiele (Krankheit und Tod durch Ferrosilicium).
Mitten aus völligem Wohlbefinden erkrankten mehrere Leute
an Kopf-, Leibschmerzen mit Brechdurchfall. Unter Be-
nommenheit trat bald der Tod ein. Einige andere Leute er-
krankten weniger heftig und genasen. Interessanterweise
wurden auch 4 Singvögel in ihrem KÀfig zur gleichen Zeil
tot aufgefunden. Dies fĂŒhrte auf die richtige Spur. In den
direkt unter den Wohnzimmern der Erkrankten gelegenen
Von atsrÀumen war feuchtgewordenes Ferrosilicium einge-
lagerl worden. Ferrosilicium wird durch Zusammenschmel-
zen von EisenspÀnen, KieselsÀure und Kohle gewonnen. Der
Siliciumgehalt betrĂ€gt 12â80%, als Verunreinigung findet
sich Arsen und Phosphor, es bildet sich Kalziumnhosphid.
aus welchen bei BerĂŒhrung mit Wasser oder feuchter Luft
Phosphorwasserstoff und Arsenwasserstoff entsteht. Diese
beiden Stoffe hatten im obigen Falle zu den schweren Ver-
giftungen gefĂŒhrt.
Die Beziehungen zwischen Beruf und ZahnschÀdigungen
erörtert Michaelis (Medizinische Klinik Nr. 19). BÀcker,
Konditoren und Zuc kerbÀc ker leiden meist an hochgradiger
Zahnkaries, verursacht durch den Zucker, welcher durch den
Speichel in GĂ€rung gerĂ€t. Die entstehende SĂ€ure fĂŒhrt zur
Entkalkung der ZĂ€hne. Die Arbeiter in SalzsĂŒurefabrikeu
Àlterer Art zeigen ebenfalls ausgedehnte Zerstörung ihres Ge-
frisses; ebenso die Nitrierarbeiter in Pulverfabriken. Ver-
fÀrbung der ZÀhne weisen Kupferarbeiter, Blumenmacher,
Blei- und Silbei arbeitet' auf. Mec hanisc h bedingte Verluste
an den VorderzÀhnen hervorgerufen durch Arbeitsinstru-
mente sehen wir bei den Schustern, Tapezierern, Glas-
blÀsern, Schneidern, Modistinnen. Zeichnern und Pfeifen
rauchein.
Ueber BerufsschÀdigungen der Haut berichtet zu-
sammenfassend M i c b a e I i s (SanilÀtswarte Nr. II ).
Die ArbeitsverhÀltnisse und Organisation der hÀuslichen
Dienstboten in Bayern erörtert eingehend Steinbrechl
auf Grund ausgedehnten statistischen Maleiiales (BeitrÀge zur
Statistik Bayerns, Heft 94, MĂŒnchen, Lindauers Verlag).
Ueber Tuberkulose in einer chemischen Fabrik berichtet
Lac Ilfeld. Die Tuberkulose der chemischen Arbeiter
ĂŒbertrifft die der Handwerker und anderen Arbeiter um
mehr als die HÀlfte. Sie haben auch eine lÀngere Arbeits-
unfÀhigkeit zur Folge und mehr TodesfÀlle und FÀlle, die
im Verlaufe eines Jahres nicht wieder arbeitsfÀhig werden.
Deshalb darf man auch ohne weiteres erwarten, daĂ ein
arbeitsfĂ€higer Tuberkulöser mit gröĂerer Wahrscheinlichkeit
wieder erkrankt, wenn er in einen chemischen Betrieb ein-
tritt.
An dieser Stelle mögen auch Bruns Untersuchungen
ĂŒber HerzgröĂe, Blutdruck und Puls vor, wĂ€hrend und nach
kurzdauernder starker körperlicher Arbeil erwÀhnt werden
(MĂŒnch. Med. Wochensch., 1921, Nr. 29). Nach der Arbeil
war der Herzschalten in 75 % kleiner als vor der Arbeil,
gröĂer in 7 %; in GröĂe wechselnd 18 %; wĂ€hrend der Arbeil
15 % dauernd gröĂer, 25 % dauernd kleiner als in Ruhelage;
60 % schwankend. Der Blutdruck war um 10â40 mm Hg
erhöbt, der Puls um 10â50 SchlĂ€ge. 50 % zeigten eine Herz-
seitenverschiebung nach links. Die bei körperlichen An-
strengungen beobachteten Blutdrucksteigerungen gehen nicht
mit der HerzvergröĂerung parallel.
BrĂŒckner untersuchte den EinfluĂ der Nachtarbeit
auf den Gesundheitszustand der Arbeiter. âSoweit wir die
VerhĂ€ltnisse bis jetzt ĂŒberblicken können, ist der EinfluĂ
der Nachtarbeit auf die GesundheitsverbÀltnisse der Arbeiter-
schaft in keiner Weise von ausschlaggebender Bedeutung.
GroĂ ist die Literatur zur Psychologie der Berufseignung
und des Wirtschaftslebens. Als gute EinfĂŒhrung in dieses
Gebiet sei S c h 1 e s i n g e r: Psychotechnik und Betriebs-
wissenschaft erwÀhnt, sowie die Serie: Schriften zur Psycho-
logie der Berufseignung und des Wirtschaftslebens, heraus-
gegeben von Lipmann- Stern (Verlag Barth-Leipzig);
Inner FĂŒrst: Die Frage der Berufsberatung und Berufs-
eignung vom hygienischen Standpunkt (MĂŒnchen: Olden-
burg-Verlag).
Auch das Taylorsystem beginnt in Deutschland mehr
und mehr an Boden zu gewinnen. Bei Schlesinger:
Taylorsystem und deutsche Betriebswissenschaft finden wir
hierĂŒber erschöpfende Auskunft.
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
Berliner klinische Wochenschrift.
28, November 1921, 58, X. 18.
Helfer HYso il Behandlung; clor Gicht. G u cl z e n t , V.
lehn- die Wirkung Àtherischer Oelc auf das leukozytÀro Blutbild den Kanin-
chens hei verschiedenen Injektionsmethoden. Burraestct, .1.
I clii'v das Vorkommen der Kp'roehactii palli Im in der mÀnnlichen Harnröhre lioj
priniilrer und sekundÀrer Syphilis. F r i e. cl 1 ;i n d c r , E.
Heilung der Aktimiinykose durch Jatren. Pfeiler. VV.
Beber ein neues Hehnnpfmittel. I s :i c s o il . I..
Nachtrag /u unser r Arbeit âlieber das Vorkommen von Oiphthcrie.bazillc!!
im Ohrsekret. I> tt v i cl s o h n , II. und Heck, II.
5. Dezember 1921, 42, Nr. 49.
âŠMelier Periostitis I Arthritis typhösa. StrauĂ, II. 1429.
âąâŠâąEin experimenteller Beitrag zur Pathogenese der Schmerzm hei der Darm-
kolik. II r ii n i n g , F. und (i o Ii r Ii a n d t . E. 1431.
âZur Dtfferentialdiiagnose der Leber-Galleasteinerkrankungen. S c h r a d e r .
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Bitrag zu (ton Beziehungen zwischen Pemphigus neonatorum und Impetigo
contagiosa. P eile h e n f cid. B. 1430.
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ĂŒyperemesis gravidarum durch Salvarsan geheilt. M ii n d h e i m. L437.
Vnkziucthcrapic der Ruhr. Schelk n z . ('. 143».
Uns Stillen der MĂŒtter Nor. in und noch dem Kriege. Cot n . XI. 1438.
Ueber Periostitis und Arthritis typhosa. Bericht ĂŒber drei
TyphusfÀlle mit Komplikationen am Skelettsystem- Periostitiden
und Arthritiden treten hÀufiger posttyphös, als wÀhrend der
1«
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 1
Fieberperiode auf. Die Arthritiden sind sehr selten; bei der
spÀrlichen Kasuistik kann von einer gewissen Bevorzugung der
HĂŒft- und Kniegelenke gesprochen .werden. AuffĂ€llig ist die
lange Lebensdauer der Typhusbazillen bei Knochenprozessen, so
wurden z. B. noch 7 Jahre spÀter virulente Bazillen in solchem
Herd gefunden.
Ein experimenteller Beitrag zur Pathogenese der Sehmerzen
bei der Darmkolik. Durch Tierversuche ward gezeigt:
1. daĂ Reize, die auf die Darmschleimhaut einwirken, nur
dann Schmerzen auslösen, wenn durch sie heftige Kontrak-
tionen der Darmmuskulatur verursacht werden;
2. daĂ der Kolikschmerz in der Regel ohne jede Zerrung d< s
Mesenteriums zustande kommt, also in der Darmwand
selbst entsteht;
3. daĂ im Gegensatz zur AuĂenflĂ€che der Darmwand die
Darmschleimhaut auf Applikation eines Tropfens Senföl
primÀre ReizhyperÀmie zeigt, d. h. SensibilitÀt besitzt.
Zur Differentialdiagnose der Leber-Gallensteinerkrankungen.
Verf. teilt 3 FĂ€lle mit, die das typische klinische Bild der Choleli
thiasis boten , mit schwersten mit Ikterus und LehmstĂŒhlen ein-
hergehenden kolikartigen SchmerzanfÀllen. Bei der Operation
zeigte sich, abgesehen von leichten GröĂendifferenzen der Leber
und in einem Falle geringen entzĂŒndlichen Prozessen in der
GallenbhTsengegend, ein ganz normaler Befund. Die Ă€uĂerlich in
jeder Richtung einem gesunden Organ gleichenden Lebern (trotz
teilweise schwerster Funktionsstörungen) lieĂen auch auf der
SchnittflÀche nur bei mikroskopischer Betrachtung einmal das
Bild der Leberatrophie, in den beiden anderen FĂ€llen das einer
Cirrhose erkennen. Das Symptom des Ikterus fĂŒhrt Verfasser
auf eine Abdrosselung der Gallenwege durch die Schrumpfungs-
prozesse zurĂŒck. Dieser Ikterus hĂ€lt solange an, bis die regene-
rierten Gallenkapillaren wieder AbfluĂmöglichkeiten fĂŒr die Galle
bieten. Das Symptom der Schmerzhaftigkeit allein auf die Cho-
langiolitis (Naunyn) zu beziehen, hĂ€lt Verf. fĂŒr unangebracht,
er ist vielmehr der Ansicht, daĂ es sich um uns bisher unbekannt''
reflektorische VorgÀnge handelt. Mit Sicherheit die Differential-
.diagnose zwischen den erwÀhnten Leber.ef krankungen und Gal
lenblasenaffektionen zu stellen, ist unmöglich, man muà sich ge-
gebenenfalls zur Probelaparotomie mit cvenll. Probeexzision aus
der Leber entschlieĂen.
0. S. Tarnow (Charlotlenburg-Westend
12. Dezember 1921, 58, Nr. 50.
lieber Men beutigen Stand des Basedowprobleius in Theorie und Praxi»;
Melchior. E. 1453.
âDie SelbstheiluBg der Syphilis und das Quecksilber. R o s o n t h a I . 0. 1457.
âlieber Fehlerquellen heim Nachwes von okkulten Blutungen. Ell 5z p j Ă€ !< .
St. und Vandorfy , J. I4fil.
âDiabetes mellitus und ĂrobHinogenurie H e t e n y i . G. 1462.
Genius epidemicus (in Berlin). M a g e 1 Ă e n , A. 1463.
F.in Fall von Heminanopsie hei Encephalitis letbargica. A r l t . F.. 1465.
Zur Beurteilung der LeistungsfÀhigkeit des Herzens unmittelbar vor dem
Tode durch Feststellung der Menge, der postmortal gelĂŒfteten SĂ€ure.
W a rker, L. 1465. y
âEin Todesfall nach Pneumoperitoneum. G a e r t a e r . G. 1466.
âIst das Kochsehe Tuberkulin imstande. Tuberkel zu beseitigen? Hirsch, fi.
1466.
l'eber die Oxural- Wurmkur. F e y e r a b c n d. 1468.
Vorrichtung zum Sammeln und Aufarbeiten des Zentrifugenbndensatz.-
Picker, R. 1469.
Die Selbstheilung der Syphilis und das Quecksilber. Polemik
gegen die Arbeiten von Fritz Lesser, nach denen das Queck-
silber fĂŒr die medikamentöse Heilung der Syphilis ĂŒberhaupt
nicht in Betracht kommt, die auf Quecksilberwirkung zurĂŒck-
gefĂŒhrten Heilungen auch ohne Quecksilber eingetreten wĂ€ren
und schlieĂlich alle Syphilisheilungen vor der SalvarsanĂ€ra als
spontane Heilungen zu betrachten sind.
Verfasser kommt zu entgegengesetzten Ansichten.
Uebcr Fehlerquellen beim Nachweis von okkulten Blutungen.
Der Ausfall der Beaktion bei den sogen, katalytischen Blutproben
wird nicht nur von dem vorhandenen Blutfarbstoff sondern von
vielen anderen, mehr oder weniger unbekannten Substanzen und
UmstĂ€nden in positiver oder negativer Richtung beeinfluĂt. Man
kann endogene und exogene Faktoren, die die Reaktion beein-
flussen, unterscheiden. Zu ersteren gehören u. a. reduzierende
Substanzen, die Zersetzung des Blutes im Magendarmkanal,
FÀcesfarbstoffe, pflanzliche Farbstoffe, Felle, die SalzsÀure des
Magensaftes. Als exogene Faktoren sind zu nennen die medi-
kamentöse Verabreichung von Wismutsalzen, die die katalyti-
schen Beaklionen hemmen, ferner in gleichem Sinne hemmend
die anderen oft angewandten Adsorplionsmittcl wie Carbo ani
malis. Bolus alba. Neutraion usw.
Es ist also von praktischer Bedeutung, zu wissen, daĂ man die
therapeutische Wirkung beispielsweise einer Ulcuskur auf die
okkulte Blutung nur dann einwandfrei beurteilen kann, wenn der
Kranke keine derartigen adsorbierenden Substanzen zu sich ge-
nommen hat.
Diabetes mellitus und Urobilinogenurie. Untersuchungen auf
Urobilinogenurie bei Diabetischen ergaben:
1. Bei unkompliziertem Diabetes findet keine erhöhte Urobili-
nogenausscheidung statt.
2. Auch solche FĂ€lle von Diabetes, in welchen eine Kompli-
kation besteht, die sonst erfahrungsgemÀà Urobilinogenurie
mit sich bringt, lassen die Urobilinogenurie vermissen.
Ein Todesfall nach Pneumoperitoneum. Verf. hat 1902 ge-
zeigt, daĂ man groĂe Mengen Sauerstoff â beim Menseln n
mehrere Liter â intravenös injizieren kann, ohne eine SchĂ€di-
gung des Organismus zu setzen. Das Gas wird von den roten
Blutkörperchen glatt aufgenommen und es kommt, wenn der Gas-
strom eine bestimmte Geschwindigkeit nicht ĂŒberschreitet, nic-
mals zur Gasembolie. Verf. stellt daher, angeregt durch die
Arbeil von Joseph in Nr. 46 der âBerk klin. Wochenschrift ', die
Forderung auf. bei Anlegung des Pneumoperitoneums nur
reinen sticksloff- und Wasserstoff reien Sauer-
stoff, niemals Luft zu verwenden. WĂ€hrend der Operation
ist das Herz zu auskultieren; gelangen Gasblasen in den rechten
Ventrikel, so erzeugen sie ein lautes, meist aus der Entfernung
hörbares, mit dem Pulse synchrones PlÀtschergerÀusch,
das als Warnungssignal dient und zur sofortigen Unterbrechung
der Einspritzung veranlassen muĂ.
Ist das Koch'sehe Tuberkulin imstande Tuberkel zu be-
seitigen? Verfasser teilt als Augenarzt einen Fall von Kon-
glomerattuberkel der Papille und einen Fall von bitemporaler
Hemianopsie auf der Grundlage eines Konglomerattuberkels des;
Chiasma mit, die beide auf Tuberkulinbchandlung zur klinischen
Heilung kamen. Er folgert daraus, daĂ die Wirkung des Tubrr-j
kulins eine spezifische ist. daĂ es im Tuberkel die Bazillen ab-j
tötet und ihn damit zur RĂŒckbildung bringt.
0. S. Tarnow (Charloltenburg-Westend\
Deutsche medizinische Wochenschrift, Leipzig.
1. Dez. 1921. 47. Nr. 48.
Virchows Reizthcori âą und die heutige experimentelle Geschwulstforschuiijl
F i b i g e r , Kopenhagen. 1449.
âSchusterdaumenkrebs. S t a h r . Danzig. 14.">2.
âl'eber die Wirkung der LumbalanĂ€sthesie auf d e glatte Muskulatur. M a y e r.f
TĂŒbingen. 1454.
âChemotherapeutische Behandlung akutPT Kiterungcn mit Morgenroths lli.anoj
H ii r t c I und v. K i s h a 1 in y . Halle a. S. 1455.
Zur Kenntnis der klinischen Zeichen einer Pyramidenerkrankung der oberes
ExtremitĂ€ten. M a t â /. d o r f f . Hamburg. 1458.
â D e Bedeutung der FaMenzeichnung des Magens fĂŒr die Diagnose des 1'lcul
ventriculi. (Mit 3 Abbildungen.) Fisler und T. e n k . Wien. 1459.1
Versuche ĂŒber KeimesĂ€nderung durch InkreteinfluĂ. Grote. Halle
a. S. 1461.
Miischspriteen von Novasurol und Neosalvarsan bei Luetikern. I s s e.B
Berlin. 1462.
Vergleichende I'ntersuchungen mit âamtlichen Extrakten" zur Wa. R.
Stern. DĂŒsseldorf. 1463.
Der EinfluĂ der Wasserstoffionenkonzentration auf d>e Aufnahme und Aus-
scheidung saurer und basischer organischer Farbstoffe im WarniMutcr-
ofganisnvus. Pohle. Frankfurt a. M. 1464.
Ein bemerkenswerter Fall von GcisehoĂwanderung mit Einbruch in das Knie-
gelenk. H a g n e r . Bochum. 1465.
Zur Behandlung der Incontinentia uriuae. F 1 o r c k e n . Frank-
furt a. M. 1466.
< 'h rurgische RatschlĂ€ge fĂŒr den Praktiker. X. Chronische Celenkerkrankun-
gen. L p d d e r h o s e . MĂŒnchen. 1466.
Die internationale Hvgiene- Ausstellung in Amsterdam 692t. S <âą h tu i d &
Hille. 1468.
Schusterdaumenkrebs. Beschreibung eines Falles, bei dem
bei einem Schusterjungen durch hÀufige Verletzungen des
Daumens ein bis in den Knochen der Endphalange sicli fort-
setzendes Karzinom bildete. Bei der Ungeschicklichkeit und dem
Stumpfsinn des Jungen war dieser Dauerreiz die notwendige und
einzige Ursache fĂŒr das Zustandekommen des Krebses.
Die Wirkung der LumbalanÀsthesie auf glatte Muskulatur
Nach RĂŒckenmarkseinspritzungen kann Abgang von Stuhl be
obachtet werden: Hyperperistaltik durch Ausschaltung der hetftj
menden Splanchnici infolge der LumbalanÀsthesie. Dann Lösung
von spastischen DarmkrÀmpfen: die Darmbewegung fördernd
Wirkung beim atonischen Darm, hemmende, d. h. spasmuslösend«
beim hypertonischen. Endlich findet man im postoperativen Ver
laufe hĂ€ufiger wie frĂŒher Urinretention mit Ischuria pnradali
40. Jahrg. â Nr. 1.
Aus den neuesten Zeitschriften
i;
jauch nach Laparotomien, bei denen die Blase gar nichi berĂŒhrl
winde Die LumbalanÀsthesie wirkt hier Àhnlich wie die Durch
jgehneidung aller zur Blase ziehenden Nerven Dies die ErklÀ-
rungen, die Verfasser FĂŒr seine Beobachtungen gibt
Chemotherapeutische Behandlung akuter Eiterungen mit
Morgenroths Rivanol. Das Antiseptikum Bivanol bedeutet einen
Fortschritt: man kann damit Weiehteilabszesse jeder Art und
GröĂe geschlossen und mit minimaler Narbenbildung einer
haschen Heilung zufĂŒhren. Vorteile gegenĂŒber den Chinin-
Derivaten: die Steigerung der EntzĂŒndungserscheinungen bleibt
ins die Schmerzen werden mit dem Beginn der Behandlung
SĂ€uernd beseitigt und meist wird eine Sterilisation dos AbszeĂ-
Inhaltes erreicht. Technik: Punktion des Abszesses an einer der
Voraussichtlichen Senkung des Eiters gegenĂŒberliegenden 2 .'! cm
von der EntzĂŒndung entfernt liegenden stelle mit Hilfe einer
Schleich'schen Quaddel. Dadurch Schmerzlosigkeit der Punktion,
hermetischer AbschluĂ des Kanals, sichere Vermeidung der
Durchbruchsstelle an der Punktionsstelle. Nach 3 â 5 Punktionen
tÀglich einmal gewöhnlich lytisehe Entfieberung Danach Spal-
tung des Abszesses durch 2 kleine Stichinzisionen. StationÀre
Behandlung vorlĂ€ufig noch nötig. Die bloĂe SpĂŒlung schon
operativ eröffneter Eilerungen (also auch beim Pleuraempyem
ist erfolglos, Erfolg ist aber damit versprechend bei anderen ge-
schlossenen Eilerungen : Gelenkempyeme, SehnenscheidenentzĂŒn-
dungen
Die Bedeutung der Faltcnzciehnung des Magens fĂŒr die Dia-
jfcnose <les Ileus ventrieuli. Konvergierende Schleimhautfalten
deuten auf ein Ulcus an der Spitze des Faltendreiecks. Normale
Schleimhaut: parallele Faltenbildung. v. Schnizer
MĂŒnchener medizinische Wochenschrift.
2. Dezember 1921, Nr. 48.
âZahnlivpopl.-isien und Syphilis congenita. Z i n s s e r. I.'i4."
âąr Ligatur der groĂen Beekcnvenen Ix- i puerperaler Pviini e. \V a i n e k r o *
154S.
- ^Abdominaler Kaiserschnitt in LokalanÀsthesie. Krpj, i:e-.
â Methode zur Bestimmung der OberflĂ€chenspannung; von sehr geringen
FlĂŒss'gkeitsmcngen. Brin k in a " n um! v a n 1> a m. IöjO.
Diagnostischer Wert der Methoden von Wassermann. Sachs-Georgi und
Me-i :kc <I>. VI.) in MalarialÀndern. Heine mann. 1581.
\ ppendi/.iltis und Witterung. Seifert. 1553.
Noviisurol als Diuretikum. 15 r u n n. 1554,
Xovasurol als Diuretikum. H u h e r t. 1555.
Eleiktroferrol bei AnÀmien. A r n d t. 1557.
Vorschlag zur Behandlung der Bicirmcrschcn Anam c. S t o e I t z n r. IV>s.
Rhythmische Muskelzuckungen im Schlaf nach Kneephalitis lolhargicu
Brock. 1559.
Röntgenbehandlung der Sklerodermie. II a in in e r. lÀ.'ifl.
Diagnostische SuJvarsaneinspritzung. O e I z e. 1560.
I'ueumothoraxbchandlung. A I e x a n d e r. 1560.
Beeinflussung der Lungen- und Kehlkopf- Tuberkulose durch Seliwanger-
schaft. Gehurt und Wochenbett. K e h r e r. 1561.
Zahnhypoplasien und Syphilis congenita. Die kongenitale
Syphilis ist die weitaus hÀufigste Ursache der Zahnhypoplasien.
I h. der Hutchinsonschen ZĂ€hne und der Hypoplasie an der Kau
Bache der 1. MolarzÀhne. Auch bei nicht ganz typischem Befund
muH an Eues gedacht und energisch behandelt werden.
Zur Ligatur der groĂen Beckenvenen bei puerperaler PrĂ€mie.
Bericht ĂŒber einen Fall von chronisch verlaufender puerperaler
Hreptokokken-PyÀmie, der nach sechswöchentlichem Verlauf
durch Ligatur der Vv. spermaticae sin. -\ dextr. + Vena iliaea
ipmm. sin. prompt geheilt wurde. Verl' empfiehlt die Liffatur
bei akuten PyÀmien. bei denen das Blut im Fieberintervall bak-
»nenfrei ist.
Per abdominale Kaiserschnitt in LokalanÀsthesie. Verfassci
Berichtet ĂŒber gute Erfolge der Operation in LokalanĂ€sthesie
Novokain '/âą % mit 2â4 Tr. Adrenalin, 1 : 1000, auf je 100 cem
Die Kombination mit Morphium ist wegen beobachteter Zwischen
lalle von seilen des Herzens gefĂ€hrlich: Ersatz dafĂŒr Somnifen
zur Vorbereitung. AnĂ€sthesie hĂ€lt 2â VA Std. an. Genaue Tech
nik im Original nachzulesen.
Eine einfache und schnelle Methode zur Bestimmung der
OberflĂ€chenspannung von sehr geringen FlĂŒssigkeitsinengen. Es
fird zur Bestimmung die Methode der AdhÀsionsringe ver-
wendet, d. h. die Kraft bestimmt, die gerade imstande ist. das
perflÀchenhÀutchen. das an einem Ring, welcher aus der
ÂŁlĂŒssigkeil gezogen wird, adhĂ€siert, zu zerreiĂen. Diese Kraft
minus das Gewichl des aufgehobenen FlĂŒssigkeitssĂ€ulchejas und
dividiert durch die , LÀnge der AdhÀsionsperipherie, gibt die
OberflÀchenspannung in Grammen pro Zentimeter, wenn man die
gespannte OberflÀche als genau vertikal siebend annimmt Da
letzteres nichi der Fall ist und die Berechnung zu kompliziert
wÀre, gehen Ycrff. von sehr genau bekannten Oberl larhcnwei leu
reiner FlĂŒssigkeiten aus. Zur Messung wird die Torsionswagc
und ein Platinringcl verwandt. Die OberflÀchenspannung ist
K G (K â LosreiĂungskrafl, (â Ringgewicht \ adhĂ€riertc
L
l-'lĂŒssigkeit, L = LĂ€nge der AdhĂ€sionsperipherie des Ringes .
Der Temperaturfaktor ist aus einer beigefĂŒgten Tabelle zu er
sehen. Genaue Einzelheiten siehe Original.
Eine ĂŒberall ausfĂŒhrbare polychemische Urobilinreaktion.
Verf. beschrieb 1913, daà durch Zusatz gröberer Mengen cone
Kupfersulfatlösung (10 Prozent l'robilinogen in Urobilin ĂŒber
gefĂŒhrt wird, wodurch die Probe sehr empfindlich wird. \us
schĂŒtteln mit Chloroform (orange bis rosa). Diese Reaktion isl
ebenso mit jeder starken Lösung von Schwcrmelallsalzen oder
SÀuren möglich. Die Farbnuance des Chloroformauszuges ist
abhÀngig von dem Harn und nicht etwa von dem zugesetzten
Reagens. Es darf vorher kein Formaldehyd enthallendes Pia
parat gegeben sein fFormamint, Erotropin, Neosalvarsan . Man
kann also im Notfalle am Krankenbell in der Privatpraxis Essig-
essenz. Zitronen- oder WeinsÀurekristalle verwenden, da oft die
sofortige Entscheidung wichtig ist. Zum Beispiel: Fehlendes
Urobilin spricht fĂŒr Diphtherie gegen Angina, in den ersten 1 bis
* Tagen fĂŒr Flccklvphus. in der intermittierenden Apyrexie fĂŒr
Malaria, positive Reaktion bereits am Ende des 1. Tages fĂŒr
Beknrrens.
F. L.o e w e n h a r d t (Charlottenburg- Westend
Zeitschrift fĂŒr Ă€rztliche Fortbildung, Jena.
1.V November 1021. 18. Nr. 22 \
Iii her ilie Gonorrhöe des Weibes. Franz. K. 625.
âșMiie sogenannten Idiosynkrasien. W i e d e m a n n . Ii. 680.
âsakralanĂ€sthesic. Hoffmann. K. 638.
Die sogenannten Idiosynkrasien. Klinisches Bild. Wesen und
Behandlung. Die Verfasserin teilt die ..genetisch unerklÀrten,
germinaliv ĂŒbertragbaren, hislogenen eigentlichen" Idiosynkra
sien (v. Behring) ein in eine vorherrschend a s t h m a t i s c h e
Form mit Schleimhautschwellungen der Respirationswege. Husten
und schwerer Dyspnoe und eine g a st r o i n Fe s t i n a 1 e Form
zwei FĂ€lle werden ausfĂŒhrlich beschrieben) mit akuter Schwel
lung und Rötung von Lippen, Zunge, Rachen, auch Nase und Kon-
junktiven sowie Uebelkeit, Erbrechen. Magenschmerzen und
DurchfÀllen. Die Dauer betrÀgt meist zwei Stunden, wonach wie-
der Wohlbefinden und eine vorĂŒbergehende ..ImmunitĂ€t" eintritt
Uebcr SakralanÀsthesie. Bei der SakralanÀsthesie wirkt die
AnĂ€sthesier ungsflĂŒssigkeit extra dural auf die von einer
Du raischeide umhĂŒllten Spinalnerven ein. Sie ist indizier! bei
sÀmtlichen Eingriffen an den Beinen, an Vulva. Vagina und
Damm, aber auch bei allen gynÀkologischen und chirurgische,)
Laparotomien mit EinschluĂ der Leber- und Nierenoperationen.
Die Dauer der Schmerzfreiheit betrÀgt nur 60 bis 80 Minuten, m
daĂ bei ihrer Verwendung in der Geburtshilfe ZurĂŒckhaltung emp-
fohlen wird. Ihre Vorteile bestehen in der VerhĂŒtung der Xai
koseschÀden. im Ausbleiben postoperativer Bronchitiden und
Pneumonien und dem Fehlen sonstiger Nebenerscheinungen. Ais
Gegenanzeigen gelten hochgradige Verbildungen des Beckens und
dickes Fettpolster sowie Verknöcherung des Hiatus canalis sacra
Iis beim plattrachitischen Becken. Die MortalitÀt betrÀgt 0,0" %
1 Todesfall auf 1400 AnÀsthesien Therapeutisch wird die .,epi
durale Injektion" angewandt bei Ischias. Enuresis nocturna und
bei Kreuzschmerzen unbekannter Aeliologie. 1. Kann er
Zeitschrift fĂŒr Ă€rztliche Fortbildung, Jena.
1. Dezember 1021, 18, Nr. 23.
Die biologische Syphi'lisdiagnostik. I. a n g e . C. fiÀ7.
Das bakteriophage Virus. (1 ' H e r e I 1 c. 664.
Hie sogenannten Idiosynkrasien. W i e d c m a n n , H. 6Ă7.
Therapeutische Halbmonatshefte, Berlin.
1. November 1921, 35, Heft 21.
+ I)ie Röntgentherapie der Lungentuberkulose. Stephan, R. 649.
â Behandlung der Grippe bei Schwangeren. Koerting, W. B5&.
Die experimentellen Grundlagen einer Arbeitstherapie des Diabetes
BĂŒrger. M.
Die Röntgentherapie der Lungentuberkulose. Durch Bestraft
hing der Eungenherde erfolgt eine zeitlich ungemein rasche, lokal
18
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 1.
verschieden starke Schrumpfung der Lungeninfiltrate (Dosis ca.
' -âą<! â 1 io der HaĂŒteinheitsdosis, d. h. ca. 8 â 10 elektrostatische Ein-
heiten;. Die kleinste, noch eben als wirksam erkannte Strahlen-
dosis ist die Dosis der Wahl. Verf. vermag aus dem kleinen bis
herigen Material die definitiv praktischen Ergebnisse noch nicht
zu ĂŒbersehen.
Die Behandlung der Grippe bei Schwangeren. Systematische
frĂŒhzeitige Adrenalinanwendung (3 â 4 stdl. intramuskulĂ€r bis zu
18 cem pro die) hatte guten Erfolg.
F. L o e w e n h a r d ( Charlottenburg-We sie nd .
Therapie der Gegenwart
November 1921, 11.
â I »iabetes und chirurgischer Eingriff. Lauritzen. Marius. -109.
Uebex einige Atropinvcrgiftungen. MeiĂner. K. 11«..
[jeher ErnÀhrungsstörungen und ihre Behandlung mit TonophospUan als Stoff-
wechselstinvulans unter besonderer BerĂŒcksrehrSigung der Rachitis.
Hoff m a n n , C. 422.
â Digitalis bei chron. LungenkrĂ€nkheitch, besonders bei der Schwindsucht.
Fotkf . ('. 426.
â Der jetzige Stand der Kadiiimemanatiunstberapie. K u g e 1 m a n u. 430.
Diabetes und chirurgischer Eingriff. Die Arl)eit oder besser
der Vortrag von Lauritzien zerfÀllt in zwei Teile. Die Indikation
zu chirurgischen Eingriffen bei Diabetikern und zweitens die
moderne diĂ€tetische Diabetesbehandlung. Mit allerĂ€uĂerster Vor-
sicht stellt L. â er ist Internist â die Indikation, er macht
immer wieder auf das Ziel aufmerksam, den Diabetiker glycae-
miefrei zu machen, ehe man ihn chirurgisch anfaĂt. Das gehl
oft bei den eigentlich diabetischen Komplikationen, z. B. Furun
kulose, auch mitunter bei trockener GangrÀn. Da gibt es bei
guter DiÀtbehandlung manchmal Spontanheilungen. Vor allem
muH man sofort versuchen, die speziellere Diagnose des betr.
Diabetesfalles zu erkennen. Wenn irgend möglich, acidosefrei
machen. Wenn man aber bei schwerer GangrÀn sieht, daà Aci-
dosefreiheil nicht erreichbar ist, dann lieber gleich amputieren.
NatĂŒrlich ist bei Operation Acidose-Kranker groĂe Komagefahr.
Bei Nephritis wird es meist unmöglich sein, die HyperglykÀmie
restlos zu beseitigen. Ein frĂŒhes chirurgisches Eingreifen in
diziert die Otitis media diabetica (necrotica). Diabetische Neu-
ralgien â meist doppelseitig â heilen meist bei innerer Behand-
lung. Das Ziel, erst glycaemiefrei machen, dann ev. operieren,
ist natĂŒrlich schwieriger bei interkurrenten Erkrankungen. Ver-
fasser warnt vor jeder nicht absolut nötigen Operation. Man
kann auch bei anscheinend leichten FĂ€llen aufs unangenehmste
durch plötzliches Koma ĂŒberrascht werden. Die Allgemein-
narkose ist immer eine Gefahr fĂŒr den Diabetiker. Absolut zu
vermeiden ist das Chloroform. Bei GraviditÀt Zuckerkranker sah
Verfasser normalen Verlauf und Geburt. Relativ gefahrlos zu
operieren sind die benignen oder ârenalen" oder âtransitorischen"
Glykosurien, die nĂŒchtern keine Erhöhung des Blutzuckers haben.
Auch ein leichterer Grad von Acidose soll die Operation nicht
absolut kontraindizieren, weil er meist diÀtetisch in Schranken
zu halten ist. Doch vermeidet es hier der Verfasser, exakte
rnlerscheidungsmerkmale zu geben. Der andere Teil der Arbeit
geht auf die DiÀtbehandlung des Zuckers speziell ein. Lau-
ritzen snrjcht von dem völligen Umschwung eFr Anschauungen.
FrĂŒher hat man den Diabetiker gemĂ€stet, heute setzt man ihn
auf Minimalkost. Stall der Hungertage, wie sie von Amerikanern
vorgeschlagen wurden, gibt Verfasser GemĂŒselage. Im ganzen
ist es interessant zu sehen, wie Verfasser â in DĂ€nemark -
ebenso behandelt, wie wir es hier in unfreiwilligen Kriegsexperi-
menten gelernt haben. Es ist natĂŒrlich unmöglich, auf die ein-
zelnen DiÀtschemen hier einzugehen. Denn jeder Fall verlangt
besonderes. Man versuche im allgemeinen zuerst, durch GemĂŒse-
lage den Patienten zuckerfrei zu machen, achte natĂŒrlich auf
etwaige Acidose. Gelingt es. dann hat man eben einen gut-
artigen Fall vor sich und kann operieren. Bei Acidose muĂ man
' v. doch Hungertage einschieben oder Alkalien geben. Bei akuten
Operation sfĂ€llen. z. B. Appendizitis, ist natĂŒrlich keine Zeit zu
diÀtetischer Vorbereitung. Man muà dann eben mögliehst viel
hungern lassen und nach der Operation mit Ilafersunne beginnen.
Im allgemeinen soll man vor Operationen einen GemĂŒse- oder
dupgertag machen und Alkalien geben, um den Urin alkalisch zu
machen, auch nach der Operation darauf achten, daĂ der Urin
alkalisch bleibt, bis iede Komagefahr vorbei ist. Nach jeder
Operation genaue Beobachtlipp, s*>br langsames Weitergehen in
der DiÀt und mindestens t Wochen Bettm'1". Verfasser meint,
daà durch die moelerne DiÀtbehandlung die Operationen Zucker-
kranker schon s"hr viel besser verlaufen und verspricht sich
noch weit gröĂere Erfolge, wenn erst diese DiĂ€tbehandlung all-
gemein in allen chirurgischen Kliniken eingefĂŒhrt werden.
Digitalis bei chronischen Lungenkrankheiten, besonders, bei
der Schwindsucht. Verfasser geht bei seinen AusfĂŒhrungen auf
die Angaben englischer Aerzte zurĂŒck, die vor 110 Jahren ĂŒber
Digitalis berichteten und damals viel Lungenkrankheiten behan-
delten. Im allgemeinen bestÀtigt er die alten Berichte. Bei
Asthma wirkt Digitalis nur, wenn Herzstörungen vorliegen. Es
versagt bei reinem Bronchialasthma. Bei den chronischen Ka-
tarrhen Àlterer Leute wirken kleine, lange gegebene Digitalis-
gaben sehr gut, eventl. kombiniert mit Ipecacuanha. Bei Phthise
berichten die EnglĂ€nder ĂŒber gute Erfolge im Anfangsstadium
durch lange Zeit hindurch gegebene kleine Dosen. Die Behand-
lung muĂ Monate lang fortgesetzt werden, die Dose so klein
sein, daà keine MagenbelÀsligung entsieht. Verf. referiert das
englische Ergebnis, gibt selbst kein Werturteil ab, sondern
fordert zu NachprĂŒfungen auf. Theoretisch begrĂŒndet ist die
.Digitalisbehandlung damit, daĂ man eine Entlastung des durch
den chronischen Prozeà geschÀdigten Lungenkreislaufs infolge
besserer Blutverteilung annimmt. â Im 2. Stadium der Phthise
sind keine Erfolge. Im 3. Stadium empfiehlt Verfasser als gutes
symptomatisches Mittel gegen dyspnoische Beklemmungen die
Strophanustinktur mit etwas Opium.
Der jetzige Stand der Radiumemanationstherapie. Die Haupt-
domÀne der Emanationsbehandlung ist tlie Gicht Die theoreti-
schen Grundlagen der gichtischen Erkrankungen sind ja noch
nicht geklÀrt, es ist eine Streitfrage, ob Gicht und harnsaure Dia-
these GegensÀtze sind oder verschiedene Wirkungsstadien eines
supponierten uricolytischen Fermentes. Jedenfalls sind praktisch
die Emanationswirkungen sehr stark. Zuerst eine, oll sehr
heftige Reaktion, dann ZurĂŒckgehen der Ă€uĂeren gichtischen Er'
scheinungen und des HarnsÀuregehalts im Blut. Bei schweren
Gichtikem muĂ man mit kleinsten Dosen Emanation beginnen.
Die Wirkung der E. auf gichtische Tophi lĂ€Ăl sich auch im Tier-
experiment zeigen. Bei sonstigen Stoffwechselkrankheiten (Dia-
betes, Fettsucht) kann man durch Emanation im allgemeinen eine
Anregung der ResorptionsvorgÀnge erwarten. Gute Erfolge
nennt Verfasser noch bei Asthma, chronischer Bronchitis und
vqr allem eine Anregung der Libido sexualis, ein allgemeines Er-
frischungsgefĂŒhl, ferner bei nervösen, abgearbeiteten Patienten;
Noch im FluĂ sind die Anschauungen ĂŒber die Wirkung der E.
inf den Kreislauf. Nach Ansicht des Verfassers wirken Fma-
uationsbÀder von 34° und W0?0 M. E. nicht schÀdlich auf H< rz
und GefĂ€Ăe, sondern setzen sogar Rlulelruck und Pulsfrequenz
herab, wirken also herzschonend. Ob man dies bei Herzerkran-
kungen therapeutisch verwenden soll, vermeidet der Verfasser
anzugeben. Seine Experimente sind am Herzgesunden ausgefĂŒhrt.
Blutungen und Nierenkrankheiten kontraindizieren eine E.-Kur,
ebenso sind Personen ungeeignet, die zu Blutungen neigen.
A. Glaser.
Zeitschrift fĂŒr physikalische und diĂ€tetische Therapie
einschl. Balneologie und Klimalologie.
192L 25, Nr. 11.
Zu August Biers 60. Geburtstag. Kirr b b e r g . V. 465.
Die LeibesĂŒbungen als Lehr- und Forschungstach. M a 1 1 w i t /. . A. 472.
âZur BĂ€derreakt'on. Zimmer. Arnold. 475.
âAuffĂ€llige Beherrschung willkĂŒrlicher und Beeinflussung unwillkĂŒrlicher Mus-
kulatur. Kohlrausch. W. 48">.
Heilgymnastischer Unterricht fĂŒr körperlich minderwertige Schulkinder.
Gl o I d s e Ii eitler. A. 489.
Das vorliegende Heft ist der Feier des 60. Geburtstags von
August Bier gewidmet und demgemÀà auf die physikalische
Therapie abgestimmt, insoweit der berĂŒhmte Chirurg sie gefördert
hat. Nach einer Uebersicht ĂŒber Bier 's diesbezĂŒgliche Bei-
trĂ€ge von Kirchberg tritt Mallwitz warm fĂŒr die Leibes-
ĂŒbungen als Lehr- und Forschungsfach ein unter Hinweis auf
die unter Bier 's Auspizien gegrĂŒndete deutsche Hochschule fĂŒr
LeibesĂŒbungen.
B i e r ' s Assistent A. Zimmer bringt eine interessante, den
Titel des Themas ĂŒberschreitende Studie ĂŒber Therapie im allge-
meinen. Sein Grundgedanke ist, man mĂŒsse allmĂ€hlich aus dem
Chaos von Einzelbeobachtungen die Grundregeln herausschÀlen,
nach denen die lebendige Substanz unseres Körpers auf Beize
antwortet. Dabei ergibt sich, daĂ zwar die verschiedenen Pro-
zeduren der physikalischen Therapien, einschlieĂlich Balneo- und
Klimatotherapie nicht anders wirken als parenteral oder oral
(ingefĂŒhrte Protein-Reizkörper und zwar nach dem Arndt-
S e h u 1 z sehen Gesetz, daĂ jedoch die Art und GröĂe abhĂ€ngt von
der Konstitution, der Natur der Erkrankung und den vorauf-
uegangenen Reaktionen. Mag also ein gewisser richtiger Kern
in den monotherapeutischen Anpreisungen gewisser Charlatarjj
oder einseitig eingestellter Ileilbeflissener enthalten sein, so
10.
Nr. i.
Aus de
II Ii c II ('
steii Zeitschriften
bleibt doch fĂŒr die Ă€rztliche Kunst der Beurteilung des
ganzen Reaklionssyslems noch ein weiter Spielraum und das enl
scheidende Wort. Wer inmitten des Durcheinanders in Diagnose
und Therapie sich den kĂŒhlen historischen Sinn bewahrt hat, sei
auf die AusfĂŒhrungen von C. A. Wunderlich hingewiesen in
seinem Handbuch der Pathologie und Therapie, I.. 1852, S. 66 ff.
Bis /.u welcher Feinheit sich die ĂŒblichen koordinierten Bc-
WOgungen in ihre einzelnen Komponenten zerlegen hissen, selzl
Kohlrausch z. T. auf Grund persönlicher Versuche
auseinander. Ich glaube, daĂ seine Mitteilungen das Lebhafte
Interesse der Neurologen finden mĂŒssen.
FĂŒr Schulturnen â sowohl zu orthopĂ€dischen Zwecken (Sko
liosenbekÀmpfung), wie zur allgemeinen KrÀftigung tritl
Ii o 1 d s c h e i d e r ein. Zugleich bekĂ€mpft er â und das er
scheint mir noch viel bedeutsamer die Ruhe-, Liege- und
PĂ€ppelungskuren, wie sie teils aus ĂŒbertriebener Aengstlichkeit
wie auf Grund irriger Vorstellungen hÀufig verordnet werden.
Es lehnte sieh wahrhaftig eine Studie, wie viel im Namen der
..Vorsicht'" geschadet worden ist. B ut.t er s ack.
Deutsches Archiv fĂŒr klinische Medizin.
21. Oktober 1921, 137, 5. und Ii. Heft.
âą{»Studien zur Bence-Jonesscben Albuminurie. K r auB, E. 257.
âŠUeber das Verhallten des Blutzuckers bei Herzkranken unter besonderer Be-
rĂŒcksichtigung der therapeutischen Anwendung von intravenösen Traubem-
zuckerinfusionen. Traven, P. 284.
<$>MotilitĂ€tsprĂŒfungen mit EiweiĂ, Fett und Kohlehydraten ;tni kranken Magen.
J) e in u t h , F. -'92. '
Hie Adrenalinhyperglykaemie. K r ö s a in I e u. 299.
âŠM'elier den Salz- und Wasserwechsel hei Nierenkranken. Siebec k, 1!. Iii.
D.e Beideutung des Katalaseindexes fĂŒr die Diagnose der pernieiösen AnĂ€mie.
N e u in a n n , K. 324. '
Experimentelle Untersuchungen ĂŒber Fehlerquellen bei der klinischen Blut-
druckmessung. Hartz, H. 337.
Die bakterizide Funktion des DĂŒnndarmes, ti ante r u. v an der R c i s. 348.
Stoff weehselversuche an entwÀssernden Oedemiatösen. H o e à i i n , H. 359.
Studien zur Bence-Jones'schen Albuminurie. Es gelang Ver-
fasser den B.-J.-EiweiĂkörper aus dem Harn eines iViyelomkran-
ken krystallisiert als Prismen und feine Nadeln darzustellen. Der
b.-J.-Eiweilikörper lieĂ sich bei 14â % Volumenzusatz von Ehr-
lichs Aldehydreagens ausfĂŒllen; bei 2 Volumen Zusatz geht er
w ieder in Lösimg. Der FÀllungsmodus ist nicht durch die Salz-
saure des Ehrlich'schen Reagenses bedingt. Stickstoffgehalt
16,12 Prozent, Zersetzungspunkt bei 225 Grad. Die Menge des
ausgeschiedenen B.-J. -EiweiĂes geht der GröĂe des EiweiĂum-
satzes ĂŒberhaupt parallel. Die Geschwulstzellen scheinen in
ihrer Produktion des B.-J. -EiweiĂkörpers von der Höhe der ihnen
angebotenen EiweiĂbausteine abhĂ€ngig zu sein. Die kranke
Niere ist fĂŒr den B.-J. -Körper leichter durchgĂ€ngig als die ge-
sunde. Bei parenteraler Einverleibung verhÀlt sich der B. -J.-
Körper wie plasmafremdes EiweiĂ. Bei Kaninchen lĂ€Ăt sich mit
B.-J. -EiweiĂ eine allgemeine und lokale Anaphylaxie erzeugen.
Durch wiederholte Injektion des B.-J. -Körpers konnte beim Ka-
ninchen eine Nephrose erzeugt werden, die im Prinzip dieselben
ZĂŒge aufwies wie bei dem Patienten, aus dessen Harn der Ei-
weiĂkörper gewonnen war. Die Nierenerkrankung bei Bence-
.lones'scher Albuminurie ist also wohl als eine toxische Wirkung
des im Blut zirkulierenden B.-J. -EiweiĂes, z. T. als eine Folge
der SchĂ€digung durch den die Nieren passierenden EiweiĂkörper
aufzulassen.
reber das Verhalten des Blutzuckers bei Herzkranken unter
besonderer BerĂŒcksichtigung der therapeutischen Anwendung von
intravenösen Traubenzuckerinfusionen. Verfasser wendet sich
gegen den von BĂŒdingen neu aufgeslelllen Krankheilsbegriff
der Kardiodystrophia hypoglykaemica. Bei 102 Kranken konnte
eine Hypoglykaemie nicht festgestellt werden. Auch den theoreti-
schen Vorstellungen BĂŒdingens ĂŒber die gĂŒnstige Wirkung
der Traubenzuckerinfusionen durch eine elektive Speicherung von
Traubenzucker bezw. Glykogen im Herzmuskel kann Verf. nicht
Folgen. Trotzdem wird in der Anwendung der intravenösen
Traubenzuckerinfusionen ein Fortschritt nicht nur bei der Be-
handlung Herzkranker, sondern auch bei vielen anderen Krank-
heiten mit KrÀfleverfall, starkem Blutverlust oder Wasserver-
armung erblickt.
MotilitĂ€tsprĂŒrungen mit EiweiĂ, Fett und Kohlehydraten am
kranken Magen. Bei gleich groĂen Mahlzeiten ist die Ent-
leerungszeil derjenigen am kĂŒrzesten, in der Kohlehydrate vor-
herrschen, lĂ€nger die einer eiweiĂreichen, am lĂ€ngsten einer fett-
reichen Nahrung. Sauerkraut (also besonders schwer verdau-
liche Speise) wurde noch langsamer als Fell aus dem Magen
entleert. Bei AnaziditÀt ist die Verweildauer der Kohlehydrate
relativ zu der von EiweiĂ und Fett herabgesetzt. Bei den unter-
suchten Karzinomen w ar die hnl Icei iingszcil fĂŒr EiweiĂ vi i
lungert, so daĂ sie die von l eii sogar ĂŒbertraf. Bei den ĂŒbrigen
Magenkrankheiten wird das VerhÀltnis der lintleerungs/eiten im
allgemeinen mit groĂer RegelmĂ€Ăigkeit eingehalten.
Heber den Salz- und Wasserwechsel bei Nierenkranken. Zwei
PrÀgen sind auseinanderzuhalten: einmal, welchen Anforderungen
der Stoffwechsel, (I. h. die Gesamtheit der ihn bestimmenden Vor-
gÀnge, gewachsen ist, und dann, wie sich der Organismus hei
einer kurzdauernden Aenderung der Zufuhr verhall WĂ€h
rend bei Gesunden au! einmalige Salzzulage rasche Anpassung
des Organismus durch schnelle vermehrte Ausscheidung erfolgte,
schieden hydropische Nierenkranke auf einmalige Kochsalz-
zulage wenig mehr aus, wohl aber war auf periodische Salzzu-
lagen ein erhebliches Ansteigen der Salzausfuhr festzustellen,
wenn sie auch langsamer als bei Gesunden erfolgte. Ks hat sich
lerner gezeigt, daĂ nicht immer gerade die Kranken, die hei ein-
maliger Zulage besonders wenig ausscheiden, auch auf eine
dauernde Zulage sich besonders langsam einstellten. Das
zeigt deutlich, daĂ die beiden Untersuchungen etwas ganz Vi i
schiedenes bedeuten. Die TrÀgheit der Einstellung ist das We-
sentliche an der Funktion der kranken Niere: der Cl-Gehalt im
Blute steigt an, weil die Nieren den gröĂeren Anforderungen nicht
rasch genug nachkommen, er sinkt, wenn die Nierenfunktion sich
entsprechend eingestellt hat, so daĂ dann die Nieren auch hei
nicht erhöhtem Cl-Gehalt im Blute eine erheblich gröĂere Menge
Gl ausscheiden. Auch auf die verminderten Anforderungen
stellen sich die Nieren trÀge ein, so daà sie beim UebergÀng von
salzreicher zu salzarmer Kost weit gröĂere Mengen Salz sezer-
nieren, als vorher bei salzarmer Kost. FĂŒr die Behandlung
Nierenkranker ist es wichtig, Wasser- und Salzzufuhr brĂŒsk zu
reduzieren, um im Hinblick auf die langsame Anpassung der
Nierenfunklion dem Wasser- und Salzhaushalt einen AuslaĂ zu
geben, der fĂŒr die Ausscheidung der Oedeme bedeutungsvoll isl.
D. S. Tarnow (Charlottenburg- Westend).
Zeitschrift fĂŒr ImmunitĂ€tsforschung, Jena.
4. November 1921, 33, Hefl 1.
hei der W asserm. umsehen Reaktion. (i ;i e h t-
Wasserstoff iiinenkim/.entration.
zur
Kompliiientauswertung
g e n s . W. l.
âBeziehungen der Darmhaktericu
S c h e e r , K. 36.
Wirkung der Metalle auf die Imunagglutination. Hajos, K. 42.
Wirkung der Einspritzung von Seirum. Toxinen und anderen Giften in die
Carotis zentralwÀrts bei verschiedenen Tierarten. Fried ber g e r,
10. und (> s h i k a w a . K. 48.
âBedeutung der paradoxen Reaktion auf Diphtherieboulllon heim .Mensehen.
K a ssowitz, K. 111.
Ueber die Beziehungen der Darmbakterien zur Wasserstoff-
ionenkonzentration. Die untersuchten Bakterienarien wurden je-
weils durch die fĂŒr sie charakteristische H-Jonenkonzenlration
in einer bestimmten Zeit abgetötet. SÀurebildende Bakterien ver-
mögen dies nur bis zu einer bestimmten, ebenfalls spezifischen
Il-Jonenkonzentralion. Untersucht wurden Typhus, Dysenterie,
Coli und Bakterien, welche sich nach Gram positiv verhalten.
Zur Bedeutung der paradoxen Reaktion auf Diphtherie-
bouillon beim Menschen. Erwiderung auf die Entgegnung von
B e s s a u. W. Weisbach (Halle a. S.).
BeitrÀge zur Klinik der Tuberkulose, Berlin.
12. November 1921, 49, Heft 2.
âŠâŠâŠKritischer Bericht ĂŒber 104 PneumothoraxfĂ€lle. Li ehe, II. 125.
Das weiĂe Blutbild und seine Aciulerungen im Verlaufe der Lungentuberkulose.
Klee m a n n , A. 138.
^Erfahrungen in Tuberkulosetherapie mit Partialantigenen nach Peycke-
Mueh. Briti k m a. n n und >S c h m o ei g e r. 153.
Pathologisch-anatomische (röntgenologische ) und biologische Differenzierung
tuberkulöser Lungenerkrankungen. H a y e k , Ii. v. und 1' e t e r s , R. 162.
Technik der röntgenologisch differenzierten Lungenuntersuchung. Peters,
R. 187.
Einwirkung von Pleuraexsudaten auf die Lungentuberkulose. 0 r -
s z À g h , O. 194.
Tuberkulöser Kopfschmerz. F r i s c h , A. 203.
Beitrag zur Kenntnis des Chlorstoffwechsels. B o e n h e i m . F 233.
Kritischer Berieht ĂŒber 104 PneumothoraxfĂ€lle. Verfasserin
berichtet ĂŒber ihre Beobachtungen und Erfolge der letzten
Jahre bei der Anwendung des kĂŒnstlichen Pneumothorax. Der
Eingriff wurde bei 104 Patienten versucht, er gelang 73 mal, miĂ-
lang 31 mal. Die Technik betreffend, empfiehlt Verf. eine sehr
zweckmĂ€Ăige Apparatur (von der Firma Willi. Holzhauer in
Marburg a. Lahn hergestellt), bei der Einschaltung von Sauer-
stoff auf Stickstoff in besonders einfacher Weise ermöglicht wird.
FĂŒr die erste Anlage des Pneumothorax wurde Sauerstoff an-
gewandt, hei den NachfĂŒllungen je nach Lage des Falles Sauer-
Aus den neuesten Zeitschriften
tĂŒ. Jahrg. â Nr. 1
»toll oder Stickstoff. Die praktisch wichtigsten Gegenindika-
lionen sind Kehlkopf- und Darmtuberkulose. Bei der Aus-
wahl der FĂ€lle spielt der Umstand eine wichtige Rolle, daĂ nicht
alle HeilstÀtteninsassen nach ihrer Entlassung aus der Anstalt
die Möglichkeit haben, die Behandlung konsequent durchzusetzen,
vorzeitiges Eingehenlassen des Pneumothorax kann den Erfolg
zunichte machen oder gar Verschlimmerungen des Prozesses
herbeifĂŒhren. Von ZwischenfĂ€llen werden erwĂ€hnt 2 mal Haut-
emphysem (beide Male nach dem spÀter durch das Stichverfahren
ersetzten Schnittverfahren;, dreimal Kollaps, einmal wahrschein-
lich Gasembolie (.Zuckungen der einen GesichlshÀlfte, BlÀsse,
Zyanose). In 26 von den 73 FĂ€llen, in denen der Eingriff gelang,
kam es zur Exsudalbildung, Umwandlung in Empyem wurde nie
beobachtet. Die in der Anstalt beobachteten Erfolge waren leid-
lich befriedigend, die Dauererfolge ergeben kein allzu erfreu-
liches Bild; diese Tatsache wird z. T. dem schweren Kranken-
material und der ungenĂŒgenden Fortsetzung der Behandlung
nach der Entlassung zugeschrieben.
Erfahrungen in Tuberkulosetherapie mit Partialantigenen
nach Deycke-Much. Die heute herrschende, ziemlich allgemeine
geringe WertschÀtzung der Partigenmelhode wird von den Ver-
lassern nicht geteilt. Weder die theoretisch vielleicht berech-
tigten Zweifel an der Reinheit der Partigene, noch die Zweifel
an ihrer Anligennatur sind praktisch von entscheidender Bedeu-
tung. Die Partigene zeichnen sich durch das Ausbleiben plötz-
licher hoher Fieberanstiege und unerwĂŒnscht starker Herdreak-
tionen vortediaft aus. In FĂ€llen, in denen trotz Anwendung hoher
Dosen eine Hcrdreaktion nicht zu erzielen ist, was Vorbedingung
zur Erzielung eines Erfolges ist, mag es sich empfehlen, die Kur
mit Volltuberkulinen fortzusetzen. Die hÀufig genug vorge-
nommene Aufstellung des Intrakutantiters scheint im Rahmen
aller anderen klinischen Kriterien ein brauchbares Prognostikuni
zu sein. Nach Ansicht der Verfasser bedeutet die jetzt fast all-
gemein an die Stelle der Behandlung mit Partialantigenen ge
tretene Anwendung des M. Tb. R., sowie die EinfĂŒhrung des
M. Tb. L. einen RĂŒckschrill auf einem aussichtsvoll erscheinenden
Wege. Ueber ihre Erfolge berichten die Autoren, daĂ bei der
Entlassung 56,7 % gebessert waren, 43,2 % unverÀndert oder ver-
schlechtert. Eine NachprĂŒfung mehrere Monate nach der Ent-
ladung zeigte jedoch, daĂ diese Zahlen ein zu gĂŒnstiges Resultal
vortÀuschen: von 80 als gebessert entlassenen FÀllen waren 29
unverÀndert und 17 verschlechtert. Wolff (Hamburg).
Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und
Chirurgie, Jena.
1921, 34, Heft 1.
»>.\cue Beobachtungen und Erfahrtingen ĂŒber schwere Wurmerkrankiiugeii ilei
Bauchorgane. Scliloellmann. 1.
BeitrÀge zur Bakteriologie der Gallenwege. Wagner, A. 41.
Ulcus und Acrophagie FĂŒll, H. und Friedrich, L. v. 53.
âąM'ebcr zerebrale KinderlĂ€hmung und im AnschluĂ an diese auftretende un
willkĂŒrliche, athetotische. choreatische Bewegungsstörungen und Epi-
lepsie. \V a c h e n d o r f , K. 64.
âŠH-'unktionsprĂŒfung der normalen Niere mit Jodkalium (qualitativ und i|u;m:i
tatĂŒv). Narath. A. 90.
BeitrÀge zur Lehre von der Pankreatitis. Schoening, F. 101.
^Einige Bemerkungen ĂŒber Darmiuvaginationen. Goldschmidt, \V. 112.
VerÀnderung der Blaseugestalt bei offenen Bruchpforten. S g a -
1 i t z e r , M. 132.
Spulwurmerkrankungen der Bauchorgane haben seit dem
Kriege an HĂ€ufigkeit und Schwere zugenommen. Der Grund
hierfĂŒr ist die immer wachsende Anwendung von Menschen-
l'Ă€kalien zur BodendĂŒngung und die hierdurch bedingte Ver-
breitung der Askariden. Die WĂŒrmer werden fĂŒr den TrĂ€ger
dann gefĂ€hrlich, wenn sie wandern, oder wenn sie in groĂen
Massen auftreten. Der normale Aufenthaltsort der Askariden ist
das obere Jejunum. Die Auswanderung von hier erfolgt erstens
bei krankhaften VerĂ€nderungen des Darmes selbst und bei â aus
irgend welchen GrĂŒnden auftretender â Temperaturerhöhung des
WurmtrĂ€gers. Die Wanderung der den DĂŒnndarm verlassenden
Askariden kann sehr weit gehen: nach abwÀrts bis zum Coecum,
nach aufwÀrts bis in den Magen und von dort unter Brechbe-
wegungen in die Speiseröhre, den Mund, die Nase und den Kehl-
kopf; letzteres Ereignis fĂŒhrt fast stets schnell zum Exitus durch
Erstickung. â Bei der magenwĂ€rts gerichteten W7anderung ge-
langen die Askariden nicht so selten durch die Duodenalpapille
in die Gallenwege. Jedoch gestattet die normale Papilla Vateri
den andrĂ€ngenden WĂŒrmern keinen Eintritt; erst wenn durch vor-
angegangene chronische EntzĂŒndungsprozesse die Papille zum
dauernden Offenstehen gebracht worden ist, sind fĂŒr die Spul-
wĂŒrmer die Vorbedingungen zum EinschlĂŒpfen gegeben. Daher
findet man bei solchen Fallen fast stets in der Anamnese cm
langes Gallensteinleiden. Die klinischen Erscheinungen lassen
im allgemeinen die Diagnose der Wurmeinwanderung kaum ver-
mutungsweise zu; nur bei Kindern soll man bei Erkrankungen
des Gallensystems stets an Wurmerkrankung denken. Ueber
wiegend werden Frauen im Alter von 10 â 60 Jahren befallen
Die Parasiten können Wochen-, ja monatelang in den Gallen
gĂ€ngen leben bleiben. FĂŒr die chirurgische Behandlung ist von
allergröĂter Wichtigkeil die T-Drainage der GallengĂ€nge, da so-
wohl von der Leber als vom Darm her sich noch WĂŒrmer ent-
leeren können.
Eine andere Komplikation stellt di-e Einwanderung der Aska-
riden in den \\ urmlortsatz dar. Die klinischen Erscheinungen
sind im allgemeinen die einer akuten Appendizitis.
Von besonderem Interesse sind die Talle von AskÀfidenileus
Dieser kann in zwei Formen auftreten: erstens als Okklusions-
ileus, indem durch .MassenanhĂ€ufung von SpulwĂŒrmern das
Darmlumen völlig verlegt wird, und zweitens als spastische)
Ileus, indem ganz wenige WĂŒrmer, die bei weitem nicht das
normale Darmlumeu ausiullen, einen solchen Reiz auf die DĂŒnn
darmwandung ausĂŒben, daĂ diese sieh in Form einer Dauerkon
traktion fest um die Parasiten zusammenzieht. Bei Verdacht auf
Askaridenileus soll man zunÀchst innere Mittel versuchen San
tonin usw.), um erst beim Versagen dieser chirurgisch einzu-
greifen. Die örtlichen SchÀdigungen der Darmwand selbst durch
groĂe MassenanhĂ€ufungen von WĂŒrmern sind nur gering: Ge-
schwĂŒrsbildung und Perforationen kommen nicht vor.
Ohne die bisher besprochenen mechanischen Störungen /u
verursachen, können die Askariden allein durch ihre Giftwirkung
ein Ă€uĂerst schweres Krankheitsbild hervorrufen; es Ă€uĂert sich
in motorischer Unruhe, starker psychischer Erregung, Delirien
und schlieĂlich einem schweren Koma, das gewöhnlich in den Tod
ĂŒberleitet. Allerdings sind solche FĂ€lle seilen. Ein spezifisches
Gift der SpulwĂŒrmer konnte noch nicht gefunden werden.
Im Anschluà an zerebrale KinderlÀhmung kommt es" bis-
weilen nach Ablauf der akuten Krankheilssymptome zu Erschei-
nungen von unwillkĂŒrlichen Bewegungsstörungen (.Athetose.
Ilemichorea) und Epilepsie. Drei derartige FĂ€lle wurden ope
riert. Bei der Trepanation zeigte sich in dem ersten Fall ein
betrÀchtlicher Hydrocephalus externus; die Obduktion Exitus
24 Stunden p. o.) deckte einen Kalkherd im Nucleus ruber auf.
In dem zweiten Falle wurde eine Zyste der Arachnoidea und in
dem letzten eine von der 2. Stirnwindung bis zur vorderen Zern
tralwindung reichende Zyste gefunden. Der zweite Fall wurde
durch die Operation gebessert, der dritte hatte trotz anfÀnglicher
Besserung nach Ablauf von 5 Monaten wieder seihe alten Be-
schwerden. Die chirurgischen Heilungschancen sind demnach
gering.
FunktionsprĂŒfung der normalen Niere. Neri prĂŒfte (Iii-
Funktion normaler Nieren an einer Reihe von FĂ€llen mittels Jod.
Er gab 0,1 g Jodkali intravenös und untersuchte den Urin nach
der Injektion alle 2 â 3 Minuten, bis die erste positive Probe er-
zielt wurde. Hiernach wurde der Urin jede Stunde bis zum Ver-
schwinden der positiven Reaktion untersucht. Die beste Probe
zum Jodnachweis ist die mit rauchender SalpetersÀure und]
Chloroform. Die erste positive Jodreaktion setzt nach 3 bis.
S Minuten ein, die Ausscheidungsdauer betrĂ€gt 14â22 Stunden.
StÀrkere Abweichungen hiervon sind als pathologisch zu be-
zeichnen. Die quantitative Messung ergibt, daĂ die Ausscheidung
von Jod in den ersten zwei Stunden den Höchstwert erreicht, um
in den nÀchsten Stunden fast ebenso schnell wieder ganz niedrige
Werte anzunehmen.
Ueber Darminvaginationen. Der Beginn einer Invagination
ist oft in einem lokalen Darmspasmus zu suchen. Dieses spastisch
kontrahierte StĂŒck wird dann durch die Peristaltik in den ab-
fĂŒhrenden Darmteil, das passive, unbewegliche Invaginans, hin-
eingetrieben. Aetiologisch werden die verschiedensten Momente
beschuldigt: DiÀtfehler, Traumen, Tumoren, Ulcera u. v. a. In
manchen FĂ€llen muĂ man eine Spasmophilie als Ursache an-
nehmen. Meistens ist die Aetiologie unklar. Hauptbedingung fĂŒr
eine erfolgreiche Therapie ist die frĂŒhzeitige Diagnose und
schnelles Eingreifen. Da nichtbehandelte FÀlle eine MortalitÀt von
90 â 100 % ergeben, konservativ behandelte eine solche von etwa
80 %, durch EingieĂungen behandelte 70 â 75 % und operierte nur
31,5 %, muĂ unbedingt operiert werden, wenn nicht ein sofort
vorgenommener Einlauf unzweifelhaften Erfolg hat; vor der
Darmresektion ist allerdings bei SĂ€uglingen zu warnen; hier ist
die Desinvagination die Methode der Wahl.
K. Wohlgemuth (Berlin).
10. Jahrg. â Nr. I.
A u s (l e ii neuesten Zcilschrifte n
il
Archiv fĂŒr klinische Chirurgie, Berlin.
1021, 117, 1. Heil.
âŠUbjuklivos und Subjektivos im Krnnkheitshild der Arthritis doformans (; u âą
locke. N. l.
âąfcl elior Osteoplastik. CJ l u c k . Th. 13.
Angeborene Ostitis fibrosa als Ursache einer Intrauterinen Unterschenkel-
(raktur. F r a u g e n h e i m , P. Jl1.
Oic Bedeutung des Neuroms am zentralen N'eirvenende (in die ICutsiehung
und Heilung irophiaoher fetowebsschiiden nach Nervenverletzuug. Btll*
F. n'i n g . P. :ju.
»M>ie Bedeutung de« Pylorus (ĂŒr das Zustandekommen dos nostoperativeu
Jejunalulcus. II u Ii e r e r.« ;>o.
Lieber die Beziehungen zwischen l'ylorusausschaltung und peptischem Jejunal-
geschwiir und Uber dile BerĂŒcksichtigung der UeiĂ€Ăversorgung hui v/agen-
operatiuiien. K e 1 1 1 n g , Ci. 68.
Das Versagen der RĂŒiitgeniidefenbestrahlung und die Bedeutung d<i biologi-
schen Prophylaxe fĂŒr eine erhebliche Verbesserung der operativen Be-
haotHu.Bg bösartiger GeschwĂŒlste. Keysscr, F. 97.
â Die unmittelbaren und Dauererfolg« der Cholecystektomie. II i n /.. tOC.
D.c reine .Synechie und der Ersatz des Herzbeutels. K I q s c . St. 133.
âą{âąPseudoarthrosen unttier besonderer BerĂŒcksichtigung der IvriegsbescbĂŒ ligten.
L o r c u t z . v. 149.
Zwerehfellh,exnien. B r e i t n e r , B. IM,
liadikal operiertes Caroinom des Ductus cholcdoehus. Ambe r g e r. iB9.
Objektives und .Subjektives im Krankheit sbild der Arthritis
Ăelormaus. \ eriasser weist nachdrĂŒcklich hin aul' die hĂ€utig ge-
nug bestehenden GegensÀtze zwischen subjektiven Symptomen
..einerseits und klinisch-pathologischem Befund, bezw. zwischen
letzterem und den objektiven klinischen Merkzeichen. So stehen
oll die Heselns erden in keinem VerhÀltnis zur Schwere der krank-
halten VerÀnderung, wahrend andererseits schon beginnende
Formen der Erkrankung erhebliche Schmerzen bereiten können.
Auch das gewöhnlich als diagnostisches Merkmal angesehene
Kniegelenkreiben â mehr weich bei Gelenkrheumatismus, rauher
und intensiver bei Arthritis del. â verdient nicht die klinische
.Wichtigkeit, die man ihm. beizulegen gewohnt ist: es kann ent-
weder ĂŒberhaupt nicht pathologisch sein oder aber auch selbst
bei schweren FÀllen vollkommen fehlen. Nur sehr ausgeprÀgte,
namentlich rauhe GerÀusche bedeuten schwerere VerÀnderungen,
bei leichten GerÀuschen darf die Diagnose erst bei Nachweis
anderer Symptome als sicher gelten.
[Jeber Osteoplastik. Bericht ĂŒber einige Dauerresultate aus
dem Gebiete des Knochenersalzes und Erörterung der Grund-
lagen ĂŒer Osteoplastik. WĂ€hrend der Nutzen der letzleren heute
feststeht, sind pathologische und physiologische 1- ragen, haupt-
sÀchlich in bezug auf das Schicksal des transpiantierten Gewebes,
iiuch umstritten. Nach Ansicht des Verl. wird die angesetzte
i rolaese je nach ihrer Beschaffenheit substituiert (gebendes Ge-
webe; oder heill ein (totes Gewebe oder Fremdkörper). Beiden
gemeinsam isl als wichtigstes der ausgeĂŒbte Beiz zur Osteogenese
und ehe fixierende Wirkung. Das implantierte Gewerbe kann be-
reits vor seiner völligen Substitution, infektionsfreien Verlauf der
Heilung vorausgesetzt, als Prothese wirken. Verl. geht des
Breiteren nÀher auf die von ihm geschaffene Fremdkörpertherapie
ein, d. h. Benutzung von totem Material (toter Knochen, Elfen-
Bein usw., âHeteroplastik") als Prothese. Die Vorteile dieses
Vorgehens sind: Vielseitigkeit, leichte Steriiisierbarkeit, Ver-
wendung eines jederzeit in gewĂŒnschter GröĂe herzustellenden
Materials ohne dabei bestehende Notwendigkeit, wie bei der
homologen Implantation, erst nach Entnahme der Prothese eine
neue Wunde schaffen zu mĂŒssen. Die vorstehenden Darlegungen
werden durch beigebrachte Nachuntersuchungsbefunde hetero-
plastisch behandelter Patienten, bei denen sich nach Jahren noch
ideale Einheilung der Prothese ergab, bestÀtigt.
Die Bedeutung des Pylorus fĂŒr das Zustandekommen dos
postoperativen Jejunalulcus. Das immer wieder beobachtete und
BefĂŒrchtete Auftreten des JejunalgeschwĂŒrs in vielen Fallen
operierter Magen- oder Duodenalulcera gibt dem Verfasser Ge-
legenheit, auf Grund auĂerordentlich groĂen diesbezĂŒglichen
Op< xationsmaterials die einschlÀgigen Fragen zu erörtern. Kli-
nische Erfahrungen weisen mit gröĂter Wahrscheinlichkeit auf
den bezĂŒglich seiner Funktion ausgestalteten Pylorus (nach
Gastroenterostomie, bezw. Gastroenterostomie mit Pylorusaus-
fchaltung) als Urheber des postoperativen Jejunalulcus hin.
HierfĂŒr spricht auch die Tatsache, daĂ ausgedehnte oder nur den
Pylorustcil betreffende Magenresektionen nie zu dieser Kompli-
kation fĂŒhrten. (Die Ursache liegt vielleicht im ersteren Falle
in Pylorusspasmen; die genaueren Einzelheiten hat Verfasser be-
reits frĂŒher mitgeteilt.) An einigen neuen entsprechenden Krank-
heitsfÀllen werden die geschilderten VerhÀltnisse nÀher gekenn-
zeichnet. So ist es vor allem das Ulcus duodeni, durch dessen
Behandlung mittels Pylomsausschaltung, sellener mittels ein-
facher Gastroenterostomie, das JejunalgeschwĂŒr auftritt. Man
vermeide! nach den Erfahrungen Staber ow s diese ĂŒble Ope
ralionslol^c am besten durch Resektionen des Magens mit Bin
SchluĂ des Pylorusgebietes bezw des Duodenums. Auch in jedem
balle operierten JejunalgeschwĂŒres SOltte man den Pylorus eben
lalis resecieren. LĂ€Ăt sieb eine Resektion nicht ausfĂŒhren, s<>
isi therapeutisch die einfache Gastroenterostomie am Platze.
Die unmittelbaren und Dauererfolge der Cholecystektomie
Frlahrungen an 9S FĂ€llen von Cholezystektomie ergaben: nur die
frĂŒhzeitige Operation bedingt gĂŒnstige Erfolge bezgl. der Mor
lalitÀt. Ebenso wird die IntensitÀt der auch nach dem Eingriff
in der HĂ€lfte aller FĂ€lle zurĂŒckbleibenden Hypo- und Achylie
nur durch möglichst rechtzeitiges operatives Vorgehen vorteil-
haft beeinfluĂt. Postoperative Beschwerden sind weniger Ope-
rationsfolgen als auf Beste' frĂŒherer entzĂŒndlicher Prozesse (Ver
wachsungen, Narben) zurĂŒckzufĂŒhren. Die frĂŒhzeitige Diagnose
und Therapie schaff! auch hier am ehesten Besserung.
Pseudoarthrosen unter besonderer BerĂŒcksichtigung der
KriegsbeschÀdigten. Die Indikation zu operativem Vorgehen bei
der Pseudoarthrosenbehandlung richtet sich vor allem nach dem
lokalen Befunde (AusschluĂ latenter Infektion, gĂŒnstige Beschaf-
fenheit des Knochens in der Umgebung der Pseudoarthrose},
ferner nach dem Allgemeinzustand. Auch die psychische Ver-
fassung des Kranken soll dabei eine gewisse Bolle spielen. Der
Eingriff selbst besteht am besten in der unmittelbaren autoplasti-
schen Ueberpflanzung unter möglichst reichlicher Erhaltung des
Periostes des zu implantierenden Knochens. Zwecks Vermeidung
der Infektion ist genaueste Blutstillung geboten, obwohl bekannt-
lich die Blutung einen osteogenetischen Beiz (Bier") ausĂŒbt.
Einige FÀlle operativ geheilter Pseudoarthrosen KriegsbeschÀ
digter illustrieren das Gesagte. L. Frosch (Berlin\
Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
19. November 1921, 48, Nr. 46.
Die BelreEiing der Vena subclavia beim eyanotischen Oedem. Bedrt, A.
1678.
(Jeher Dauerresuiltate nach Sehnenveirlagerung bei irreparabler Radialis-
lÀbmung. K cause, W. 1680.
*5*Bine neue Art der Versorgung von Gel'Ă€Ăverleitwungen. Mocny, F. 1682.
*TĂŒd,lieher Tetanus nach einer 7 Jahre zurĂŒckliegenden Verwundung.
B r u n z e 1 , H. F. 1684.
Beitrag zur Behandlung von Sauerbruehkaualen. P 1 a t o u. 1685.
Entgegnung auf die AusfĂŒhrung von H. Hans, ..Sauerbruchsehe Uuter-
tuuuclung als Sphinkterers&tz beim Anus praeternaturalis" in Xr. 37.
K u r t z a h u . H. 1686.
Ueber eine neue Art der Versorgung von GefĂ€Ăverletzungen
und Aneurysmen. Es ist dem Verfasser gelungen, bei einer
fingerkuppengroĂen Verletzung der Art. femoralis die Blutung
auf folgende Weise zum Stehen zu bringen: Er bestrich die
WundrĂ€nder des GefĂ€Ăes mit Gummilösung und verklebte das
Loch mit einem die WundrĂ€nder um 1 cm ĂŒberragenden Gumnii-
plÀttchen, das aus einem sterilen Fingerling geschnitten war.
Dann legte er um das GefÀà noch an der VerlelzungssteUe ein
Gummirohr, das lÀngs aufgeschnitten und wieder vernÀht wurde.
Der Patient kam 24 Stunden p. o. ad exitum, Sektion wurde ver-
boten, doch nimmt Verf. an, daĂ die Verklebung gehalten hatte,
da beide Beine intra vitam gleich gut durchblutet waren. Im
Tierexperiment hielt eine gleiche Gummiverklebung noch nach
1 Wochen.
Tödlicher Tetanus nach einer 7 Jahre zurĂŒckliegenden Ver-
letzung. Bei einem Manne, der 1915 durch Granatsplitter am
Oberschenkel verletzt worden war, wurde im Juni 1921 ein dicht
unter der Haut liegender Splitter in LokalanÀsthesie entfernt.
(S Tage darauf schwerster Tetanus, der in kurzer Zeit trotz aller
Therapie zum exitus kam. Man soll also bei allen Nachopera
tionen nach Verwunelungen aus dem Kriege auch jetzt noch stets
Tetanusantitoxin prophylaktisch geben!
K. Wohlgemut h (Berlind
Zeitschrift fĂŒr orthopĂ€dische Chirurgie, Stuttgart.
1921, 42, Heft 1.
Eis Fall kongenitalen Defekts von Radius und Ulna. .1 o h a n s s o n. 1.
Ein neuer Osteoklast. M ö h r i n g. 4.
Ein eigenartiger StĂŒtzkorsett-Typus Staffel. 5.
âą{âąBeitrag zur Lehre von FuĂgewölbe und vom PlattfuĂ. BrĂŒning. 11.
âąÂ»âŠDie Einteilung des PlattfuĂes in seine einzelnen Formen rnd deren Behau I-
lung. S c h u 1 t z e. 15.
Zur Madelungseben DeformitÀt des Handgelenks. Brandes. 20.
Die Volkmannsebe Spriinggelcnkdefnrmi'tiU als Folge kongenitaler Luxation
der Fibula nach hinten. Brandes. 38.
Beitrag zur Lehre vom FuĂgewölbe und PlattfuĂ. Die an-
gestellten Betrachtungen, die sich aus Studien am lebenden Mate-
Aus den neuesten Zeitschriften
10. Jahrg. â Nr. 1
rial sowie aus phylogenetischen Ueberlegungen herleiten, dienen
als BeitrÀge zu den noch umstrittenen Theorien der Entstellung
des PlattfuĂes. Nach Ansicht des Verfassers sind es die Mela-
tarsalien 1 und V, die vorzĂŒglich die Last des Körpers beim
Gehen tragen: ein BerĂŒhren des Bodens mit den Köpfchen der
Aletalarsalien II und III ist pathologisch. Hieraus erklÀrt sich
die Entstehung des vollendeten Pes planus aus einem Pes planus
Iransversus, bei dem eine Abplattung des vordem, also des Quer-
gewölbes vorliegt. Die so hÀufig beim Plattfuà gefundene Valgus
Stellung des FuĂes ist vermutlich als Folge des Gehens mit aus-
wĂ€ris gerichteten FuĂspitzen (nach Ansicht des Verf. EinfluĂ der
militĂ€rischen Spreizsteliung der FĂŒĂe*) anzusehen, da das Nor-
male und Primitive die Parallelstellung der FĂŒĂe ist. Aus phylo-
genetischen ErwÀgungen, die von Interessenten an Ort und Stelle
nachzulesen sind, wird die Bichtigkeil der Theorie, die das Mela-
Lr.rsale III als vordem Bogen des FuĂgewölbes ansieht, hei
geleitet.
Li.- Einteilung des PlattfuĂes in seine einzelnen Formen uns
deren Behandlung. Nach pathologischen VerÀnderungen sind drei
iformeii des Pes planus zu unterscheiden, deren Schwere der
Heihtniolge der Anordnung entspricht;
muskulÀre I
iigamentÀre \ Form.
e.slale j
Die erste und Licnkste ist als Folge einer Gleichgewichtsstörung
der voraefen und hinteren Muskelgruppm des FuĂes aufzufassen.
Systematische fyiuskelĂŒbungen, besonders Muskelarbeit beim
Genen, tĂŒhren den Normalzustand herbei. Bei der LigamentĂ€ren
Form der DeformitĂ€t ist zwar noch die LĂ€ngsachse des FuĂes,
nicht mehr jedoch das Gewölbe und die volle Beweglichkeil er-
hallen. Weil schwerer sind die VerÀnderungen bei der pstalen
Form, bei der eine Abduklion des âąVordeffĂŒĂes, hochgradige Ab-
plattung der FuĂsohle und Torsion eles Talus und Galcaneus um
die LĂ€ngsachse besteht. Nur noch eingeschrankle Beugung und
Streckung, keine Pro- und Supination mehr isl möglich. Die Be
Handlung der beiden letztgenannten Formen des PlattfuĂes be-
sieht in einer energischen Redression im Apparat, zunÀchst
UeberfĂŒhrung eles FuĂes in SpitzfuĂstellung, dann Drehung d.s
Caleaneus nach innen, schlieĂlich stĂ€rkste 'Torsion des Vorder
luĂes ebenfalls nach innen. Sehr wichtig isl die Korrektur e
Zehen. las Resultat der Redression wird im Gipsverband fest-
gehalten und soll so beschallen sein, daĂ Einlagen niehl mein
Erforderlich sind. I- F rosch (Berlin,).
Zeitschrift fĂŒr Urologische Chirurgie, Rellin.
21, November 102!, 8, Hell 1/2.
Pyelographie /.um Zwecke der Lage;be,stinimuiig kle nster Kpnkre nentc.
innerhalb der N'm. Blum, V. t.
AmitmniM-lic Folgen «er pej-iiienren Prostatektomie naeli Wiidi,..!/.. .1 <⹠n t. B. 6.
^Dauererfolge der Nephrektomie weg a Xiereuliiiherkulose. VV il d b o 1 /.. 17,
Kinc neue Cystoskopkl immc. P icket. 1). B. 21,
Rcfahrlöse AusfĂŒhrung der Pyelographie, fcf c h t e riVe r g , A, v. 24.
l âtersuchuageii ĂŒber die Physiologie und Patholoff:« der Blascnlunktion.
N c h w n r /. . O. 32.
Total; Kxidl;.-: »a der Ălafcaschleimtuiut beim Manne nach SchuĂverleteung
des Lcndenmarks. E 8 a u. 68.
Dauererfolge der Nephrektomie wegen Nierentuberkulose.
Verfasser berichtet ĂŒber 445 Operierte, von denen 11 innerhalb
der ersten 6 Wochen an den Operationsiolgen starben, fĂŒr die
Berechnung seiner Statistik lÀlil er alD FÀlls fori, die niehl
schon ein Jahr nach der Operation sind, von diesen L16 hat er
99 niehl erreichen können, so daĂ er ĂŒber 317 kritisch berichten
kann 61,5 Proz. geheilt, 8,7 1 roz. ungeheilt, 94 = 29,9 Pro/.,
gestorben. Verfasser rÀt, bei der Nephrektomie den Ureter min-
destens 10â15 cm unterhalb eles Nierenbeckens zu durchtrennen,
weil bei lĂ€ngeren StĂŒmpfen die Bildung eines Stumpfabszesses ge-
fördert Wird. AuĂerdem soll der Stumpf niehl zu sehr aus seiner
Umgebung gelöst werden. Gewöhnlich entscheidet sich das
Schicksal der Nephrektomierlen innerhalb .'! Jahren seil der Ope
tation. Von einer konservativen Therapie hall W. nichts, wie er
auch bei doppelseitigen Tuberkulosen nie eine Heilung der we-
niger Erkrankten nach Entfernung der Kranken sah.
F r À n k et.
Centraiblatt fĂŒr GynĂ€kologie.
3. Dezember 1921, 45, Nr. 18.
*nie zunehmende rnoneralrilitÀ.1 .1.- tternskwtose? liaà »rc BeKÀiatffnn£.
VV i n t C r , C 1783.
âą Erziehungsfehler, âTanzmeisterstellung ". Anm. des Ret
Beitrag zur Kasuistik clgr LĂŒiigKiiembotie in (iraviditate. De u scher. VV,
Cr. 1743. '
<S»Die Biathermiebehandlung dir weiblichen Brust. Seitz. A. und Vcy, K.
1748.
Zur Kasuistik des NĂ€belschnurbruches. G e n s e h e 1 , 3. 1751).
Kin Fall von ProLapsus vaginae et uiieri ante ei intra partum i.iit tötlieheuj
Ausgang fĂŒr Mute»- und Kind. Kri t« le r , 11. 17:>:>.
Die zunehmende lnoperabilitÀt des Lteruskrebses und ihre
jĂeieĂ€mptiuig. Dem Leiter der Königsberger L niversilĂ€is-Fiauen-
klinik ist es aufgefallen, daĂ in den letzten Jahren unter den an
der Klinik behandelten Uterus-Karzinom-FĂ€llen die Zahl der
inoperablen wesentlich zugenommen hat. uaĂ diese Zunahme der
vorgeschrillenen FĂ€lle aui vermehrte Einweisung zur Strahlen-
therapie beruhen könne, glaubt Verfasser nicht, er ist vielmehr
der Ueberzeugung, daĂ als Grund fĂŒr die Verschleppung fehler-
haftes Verhalten eler Aerzle und Hebammen, sowie besonelers
fehlerhaftes Verhalten eler Kranken selbst anzunehmen isl. Es muĂ
daher von neuem das Syslem zur BekÀmpfung des GebÀrmutter-
krebses wieder aufgenommen werden, welches Verfasser 1904
empfohlen hat. Der Grunelgcelanke aller AulklÀrungen geht
darauf aus, die FrĂŒhstadien eles Karzinoms zur Behandlung zu
bringen. Die krebsverdÀchtigen Symptome werden nochmal zu-
sammengestellt, als da sind nie Blutungen post cohabitationem,
die Blutungen in eler Menopause, Blutungen ex vagina, welche im
unmittelbaren AnschluĂ an die Entleerung des Harnapparales
oder Darmes auftreten, ĂŒberhaupt Blutungen, weiche vollstĂ€ndig
unabhĂ€ngig von eler Ovarialfunkfion sind, vielmehr unregelmĂ€Ăig
mit oder ohne besondere Veranlassung /.wischen den Menstrua-
tionen eintreten. Beachtung der krebsverdÀchligen Symptome
seitens der Aerzle, Hebammen und der Flauen selbst und sichere
Diagnose bei krebsverdÀchligen Befunden eventl. mit Hille der
Probeexzision und Ausschabung oder eles Beirais der Klinik oder
erfahrener Spezialisten sind die Vorbedingung lĂŒr die Gewinnung
der FrĂŒhstadien, welche allein Erfolg fĂŒr die Operation und«
Strahlenbehandlung versprechen. Zur Erreichung dieses Zieles
U.rdert W. zunÀchst die Leiter der gynÀkologischen Kliniken auf,
ihr Karzinommaterial auf OperabilitĂ€t zu prĂŒfen und nach Kö-
nigsberg mitzuteilen, um dann mit Hilfe der deutschen Gesell-
schaft fĂŒr GynĂ€kologie den Kampf gegen den Uteruskre l.s erneut
und mit Erfolg aufnehmen zu können.
Die Diathermiebehandlung der weiblichen Brush Zur ,\i
rurig der Leistung bei unterwertiger Funktion eler weibliche)
Brust wurde die HyperĂ€mie schon frĂŒher verwandt. Verfasse«
henulzen zur Erzeugung der HyperÀmie die Diathermie mit be-
sonderer Apparatur â im Original nachlesen: â , besonders zur
Behandlung der Hypogalactie, und zwar der anatomisch begrĂŒn-
deten mangelhaften LeistungsfÀhigkeit. Bei infantiler BeschÀl!
heil der Brust, bei lelaliver Kleinheit des DrĂŒsenkörpers oder
bei Verminderung der DrĂŒsenparenchvmmenge mich Zerstörung
durch vorauf gegangene Maslilis scheint die HyperÀmie wachs-
Uimsf ordernd und insbesondere sekrelionssleigei nel zu wirken.
S p e y e r (Berlin .
Archiv fĂŒr GynĂ€kologie, Berlin.
1921, 114, 3. Hell.
illun«
der Harninkontiiienz beim Weibe. I! ii Ii
âąM>.e operative Be
s a in e n. 4ii.
Vergleichende tierexper'meiitelle nnd Uliii'Jche Versuche i:iii Seealeersat«
.1 a c jf r. r. 11)7.
»J-KIinisibe uu'.l scjolagischc Untersuchungen mit Kaseos:i:i, Voehl. .1.
âŠI+Zur Venenuuterbindung hei puerperaler Pyiimie. Birnbaum, It. âą'>:'â âą'âą
Bei' rage zur Anatomie und Kl'uik parainctr.iner K.\s i I i:e uutrr hesoml-r«
BerĂŒcksichtigung der BeugcsOelliing d<« Ol.crsehe tkels âą.- el, IN.. i*a<ueU.
W alter. 0 557.
Zuv Kenntnis der Struma colloulcs. ovarii. Kafka. V 567.
Ii c pa'hologisch-anatomische Diagnose der Salpingitis isthm'c i nndnsa unter!
Zuhilfenahme der clessidualcn Reaktion. Kose n h»c r g e r , M.
vZur Kenntnis der Hein a diaphraginatica co'.ig.'iiii'a. linier. Carl. 69
Die operative Behandlung eler Harninkontinenz beim Weibe.
Bericht ĂŒber 11 geheilte FĂ€lle der Dresdner slĂ€dl. Frauenklinik.
1 Operation nach Goebell-Stoeckel-Frangenheim, 1 FĂ€lle mit
l lastik aus elem Levalor ani nach Franz. wobei auf che A.ögĂŒch-
keit starker, u. U. Beendigung der Opertition hindernder Bildung
: ufmerksam gemacht wird. Verf. gibt prophylaktisch ! ) ecm 10 1
Kochsalzlösung intravenös. 2 FÀlle nach der W e r I h e i m sehe i
.">. elhode der Interposition, wo bei Kontraktion der Loyaleren d<M
Uterus pc-loltengleich gegen die Symphyse gepreĂt wird. Alle--
e.ings Gefahr eler Urininfiltration, Ref.). SchlieĂlich Bericht ĂŒbe.;
mehrere nach eigener Methode des Verf. operierte FĂ€ll.-, v. obtij
Xtnix in \ orde ren Levatorspalt vernÀht wird. Portio wifl
durch Levateren gehoben und gegen Symphyse gepreĂt. Methode
Bestattet Schwangerschaif eher ttls PyramidalislaszienplasĂŒ^j
10. Jahrg. â Nr. 1.
Aus den neuesten / c i t s e Ii r i f t c n
211
deren Erfolg meist durch Ueberdehnung der Bauchdecken zerstörl
wird. Methode des Verf leichter als die nach Franz. W ahl des
Verfahrens im einzelnen Kalle individuell. AusfĂŒhrliche, durch
nuie Zeichnung unterstĂŒtzte Beschreibung.
Klinische und serologische Untersuchungen mit Kascosan.
Mittels Koniplementbindungsreaklion nach Salomon erscheint
Dosierung in der Kasi osanlherapie möglich. Die im Normalseruni
pchon vorhandenen Antikörper werden durch Injektion vermehrt.
Findet man mittels Reaktion wenig Kascosanantikörper im Serum,
dann gröĂere Kaseosandosen (etwa 1 cem), findet man viele, dann
niedere Posen (0,1 â 0,2), und langsamere Verteilung durch intra
muskulÀre statt intravenöse Injektion. Mehrere FÀlle von
Mastitis, Wochenbellbhitung mit Scheidendiphtherie, Adnex-
lumoren. Parametritiden wurden so behandelt und gebessert bezw.
geheilt, ein fiebernder Abort rasch entfiebert, Neben Ausfall der
Koniplementbindungsreaktion aber auch Konstitution hinsichtlich
Dosierung zu berĂŒcksichtigen.
Zur Venenunterbindung bei puerperaler PyÀmie. Kasuistischer
Beitrag. Verf. unterband nach wochenlangem Fieber. SchĂŒtte!
frosten, fĂŒhlbaren thrombosierten Venen die V. cava 5 cm ober-
halb ihrer Tcilungsstelle. Heilung. Zwar kann Möglichkeit, daĂ
der I'rozeà auch ohne den Eingriff zum Stillstand gekommen wÀre,
nicht ausgeschlossen werden, die Anlage einer hohen Unterbindung
ist aber einfach und wird ihren Platz in der operativen Behand
hing des Kindbettfiebers behaupten.
Zur Kenntnis der Hernia diaphragmatica congenita. Zwei
Falle von congenitalem Zwerchfelldefekt. Durch den Bruchring
sind Teile von Darm, Leber, Milz, Pankreas emporgetreten und
fĂŒllen das Cavum pleurale gröĂtenteils. Zustandekommen der
MiĂbildung des Zwerchfells vermutlich durch fehlerhafte Keim-
anlage. K u h n.
Jahrbuch fĂŒr Kinderheilkunde, Berlin.
96, November 1921, Heft 5.
Besonderheiten in der chemischen Zusammensetzung iles NĂ€uglingsgehirns
Schiff, Er. und Strans k y . F. 24.").
KrnĂ€hrungsveisuche am Fiistelhund. Zahn, K. A. 2Ă¶ĂŒ.
*$*DiphtheriebaziMem in der Nase des Neugeborenen und Àlteren SÀuglings.
S c h ĂŒ d e 1 , .T. 273.
âąM>ie Prophylaxe und Behandlung der Di-BazillentrĂ€ger im SĂ€uglingsalte'r.
S p i 1 1. n e r , R. 279.
âZur Frage der Tuberkulos'einfekt'on bei Kindern der Privatpraxis
B r ĂŒ n i n g , H. 286.
Diphtheriebazillen in der Nase des Neugeborenen und Àlteren
SĂ€uglings. Parasitierende Di-Bazillen kommen in der Nase des
Neugeborenen und Àlteren SÀuglings sehr hÀufig vor, besonders
wenn die Kinder in ungĂŒnstigen WohnungsverhĂ€ltnissen leben.
Die Gefahr einer Selbstansteckung ist gering. Eine Neigung dazu
besteht, wenn die Luftwege anders erkranken. Im Verkehr mit
den BazillentrÀgern ist Vorsicht geboten, doch ist eine polizeiliche
Meldung unnötig.
Die Prophylaxe und Therapie der Di-Bazillen im SĂ€uglings-
alter. Um die Infektion des Neugeborenen mit Di-Bazillen in der
Klinik zu verhĂŒten, werden verschiedene MaĂnahmen vorge-
schlagen: Untersuchung des Vaginalsekretes aller Hausschwan-
Seren auf Di-Bazillen, des Pflegepersonals auf BazillentrÀger,
EinschrÀnkung der Besuche, Isolation der erkannten Bazillen-
trÀger. Heilseruminjek'tionen sind nur bei klinischer Diphtherie,
nicht bei BazillentrÀgern wertvoll. Um dem BazillentrÀger mög-
lichst viele Abwehrstoffe zuzufĂŒhren, ist die ErnĂ€hrung an der
Brust anzustreben. Das beste Mittel, um die BazillentrÀger ba-
zillenfrei zu machen, war das Diphtosen (5 cm3 von einer Lösung
von 1 -.5000 wurden aus einer Pipette 2 stĂŒndlich abwechselnd in
das rechte und linke Nasenloch eingetrÀufelt).
Zur Frage der Tuberkuloseinfektion bei Kindern der Privat-
nraxis. Von 350 Kindern der Privatpraxis reagierten auf die
Pirquetsche Reaktion 31 positiv. Und zwar reagierten von 70
SĂ€uglingen 6,3%, von 105 Kleinkindern 22,9%, von 166 Schul-
kindern 17,4 %. Es waren also in den wohlhabenden Volks-
schichten bereits 26 % aller zur Untersuchung gelangten Kinder
mit Tuberkulose infiziert. A. P ei per (Berlin).
Archiv fĂŒr Ohren-, Nasen- und Kehlkopfheilkunde, Leipzig.
11. November 1021, 108, Heft 3-4.
Ken trag /cm pathologischen Anatomie der erworbenen Taubstummheit. Le-
der o r , L. 145.
Durch Knochennekrose gestörte Wundhoiliing n.ich einfacher ĂutmeiĂeiung
B r n c k und Z u in Ii r i c h. 18.1.
TĂic funktionelle ErmĂŒdung' ocs Gehörorgans. Bl ey 1 , 1?. 192,
l'hysiolog ische und physikalische Itrklilrunft der AtulOtung des kalorischen
Nystagmus? K 0 Ii r a k , V, 108.
â Vestibulaici krankiingcii im [âą'rĂŒhstadiuiii di r Lues. V. f c Ii , A 201.
Zur Kasuistik der Tumoren des Vettttbulum oasl. v t U Ii « al d , v. 210.
Kail von konkomiiii in iiendeni BcMclmhautkarzinom bei Xeroderma pluttion-
tuMim. S p c C h t , F. 219.
Das Denkersche Verfahren der Radiknioperation chronische! B ieforböbleu
ĂŒiupyenie als die Methode der Wahl zur Operation von den siniis iii.imI
laris verdrĂ€ngenden Kieferzysten (antralen Zyslien). mit BcrĂŒcluicbthjruna.
der Histologie der Zahnwurzelzysten. Ii i r k Ii 0 lz , II. 224.
Von den Nasennebenhöhlen ausgehende intrakranielha Komplikationen.
R a m d o h r . P. 271.
Die funktionelle ErmĂŒdung des Gehörorgans. Die Unter
suchungen Urbantschitsch's haben einwandfrei den Nachweis er-
bracht, daH die ErmĂŒdung des Gehörorganes eine physiologische
EigentĂŒmlichkeit ist und auf den jeweilig einwirkenden Ton resp.
die Tongruppe beschrĂ€nkt bleibt. Die Dauer der ErmĂŒdung be-
trĂ€gt 2 â 5 Sekunden. FĂŒr das erkrankte Ohr sind die Fragen der
ErmĂŒdung noch nicht geklĂ€rt, und Verfasser hat 00 normale
90 mit Labyrinth- resp. Akuslikuserkrankungen, 90 Mittelohr-
erkrankungen und 72 Gehörorgane bei Neurasthenie, Hysterie und
Ă€hnlichen ZustĂ€nden geprĂŒft, und er kommt zu dem SchluĂ, daĂ
die GehörsermĂŒdung immer nachweisbar ist, wenn die Schwer-
hörigkeit nicht zu groà ist. Sie erstreckt sich auf alle Töne, die
bei der HörprĂŒfung benutzt werden und ist bei Labyrinth und
Hörnervenerkrankungen gröĂer als bei normalen Gehörorganen,
am hochgradigsten bei Neurasthenie und zerebralen Erschöp-
fungszustÀnden.
Vestihularerkrankungen im FrĂŒhstadium der Lues. Bei
Akustikuserkrankungen ist der Cochlear-Apparat gewöhnlich
frĂŒher und intensiver geschĂ€digt als der Vestibularapparat; nor-
male Funktion des Vcstibularapparates bei vollslÀndigem Funk-
tionsausfall ist nicht selten. Nach Liebenmann deswegen, weil
der Vestibularapparat als phylogenetisch Àltere auch der wider-
standsfÀhigere ist. Das umgekehrte Verhalten ist selten. Diese
VerhÀltnisse finden wir bei luetischen Erkrankungen des Akusti-
kus. Die isolierte VestibularausschÀltung wurde hÀufiger nach
EinfĂŒhrung des Salvarsans in die Luesbehandlung. Verfasser
zĂ€hlt kurz die Wenigen bekannten FĂ€lle auf und berichtet ĂŒber
zwei eigene mit Krankengeschichten, die beide Stadium II der
Lues nach Hg-Salvarsanbehandlung die VestibularausschÀltung
zeigten und durch kombiniertes Jod-Quecksilber-Salvarsan gĂŒnstig
beeinfluĂt wurden. Die klinischen Erscheinungen sind Ohren-
sausen, Schwerhörigkeit und Gleichgewichtsstörungen. Zuersl
wurden diese Erscheinungen als SalvarsanschÀdigungen ange-
sprochen, da auch Arsacetin im Experiment mit weiĂen MĂ€usen
Gleichgewichtsstörungen hervorruft. Aber das gehÀufte Auf-
treten von Hirnnervenerkrankungen nach Salvarsan ist wohl eher
auf eine nicht ausreichende Kur zurĂŒckzufĂŒhren. WĂ€hrend die
SpirochĂ€ten, die im SekundĂ€rstadium Ă€uĂere Haut dem Zentral-
nervensystem bevorzugen, bald wieder aus der Haut verschwin-
den, keimen sie im Zentralnervensystem wieder aus und fĂŒhren
so zu der erwÀhnten Krankheit. Verfasser wendet eine kombi-
nierte Jod-Quecksilber-Salvarsan-Kur an zur Vermeidung der
Herxheimer-Reaktion an den Hirnnerven. Nach Quecksilber- oder
â Toddarreichung Anfang mit kleinsten Dosen Salvarsan; nach Be-
obachtung der Wirkung gröĂere S-Dosen. In mehreren Dosen
Ins 9,0 g Neosalvarsan. Ist nach AbschluĂ der Kur der Liquor-
Wassermann noch positiv, kein Salvarsan mehr wegen der Ge-
fahr der Arsenpolyneuritis. Frankel (Berlin).
Archiv fĂŒr experimentelle Pathologie und Pharmakologie,
Leipzig.
22. November 1921, Ol, Heft 6.
['nspezielle Reiztherapie: experimentelle Steigerung der Anthrakozidie im
Blute Dresel und Freund. «17.
Blutkonzentraitiion. Wirkung der Diuretika der Purinreihe auf den Stoffaus-
tausch zwischen Oeweben und Blut. X o n n e n b r u e h. 332.
Die durch Azetylebolin bewirkte FrroHiingskontraktur des Froschmuskels.
RiollfT und NeuschloĂ. 312.
(iewelisatmung bei der EntzĂŒndung. O e Ă 1 e r. 3fifi.
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
24. November 1921, Nr. 47.
Die Röntgentherapie der inneren Medizin. I. ii diu. M. 1081.
Schwangerschaft und Geburt nach Röntgenbestrahlung des myomatösen Utti ras
Steiger. M. 1084.
âąJ'Knoehenmarkbefumle am Lebenden bei kryptogenetischer perniziöser AnĂ€mie,
insbesondere im Stadium <U r Remission. Zadel;, I. 1087.
Untersuchung der Magenfunktionen ohne Anwendung der Schlundsonde.
GĂŒster, .T. 1091.
Knochenmarkbefunde am Lebenden bei kryptogenetischer
pernieiöser AnÀmie, insbesondere im Stadium der Remission
24
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 1.
In weitgehenden und vollkommenen Remissionsstadien der kryp-
togenetischen, pernieiösen AnĂ€mie, fĂŒhlen sich die Betroffenen ge-
sund und sind klinisch frei von den auf der Höhe und im Recidiv
des Leidens nachweisbaren Symptomen; sie zeigen hÀmatologisch
keine Charakteristica des pernieiös-anÀmischen Blutstatus. Eben-
sowenig treffen wir hei dem in vivo in diesem Stadium unter-
suchten Knochenmark der Röhrenknochen das fĂŒr die vollenl-
wickelte pernieiöse AnÀmie so typische megaloblastische Mark,
was Verf. an beigegebenen Tabellen erhÀrtet.
Auch bei den in voller Remission an intercurrenten Krank-
heiten Verstorbenen findet sich gelbes Knochenmark.
Das megaloblastische Knochenmark ist demnach nur bei aus-
gesprochener Giftwirkung in den Vollstadien und Recidiven des
Leidens vorhanden. Es wird vermiĂt, nicht nur wenn die Toxin-
quelle völlig versiegt ist, sondern auch, wenn die toxische Noxe
nur spÀrlich zur Geltung kommt, wie in den meisten Bcsserungs
stadien der Krankheit. Der Morbus Biermer stellt also ein Lei-
den dar, bei dem die klinischen Symptome, das typische Blutbild
und gesamte hÀmatologische Verhalten insbesondere die lymphoide
Umwandlung des Knochenmarks labile VerÀnderungen sind, ab-
hÀngig von dem Grade der Krankheit, d. h. von der Giftwirkung
des kryptogenetischen Toxins. Folglich stellt die pernieiöse
AnÀmie keine primÀre, spezifische Knochenmarkkrankheit dar.
Die hier wohl zum ersten Mal beim Morbus Biermer systema-
lisch angestellten Knochenmarkuntersuchungen am Lebenden
sollten zwecks KlÀrung und BestÀtigung der hier gefundenen Re-
sultate im Interesse der wissenschaftlichen Analy/se der perni-
eiösen AnÀmie in geeigneten FÀllen weiter angewendet werden,
solange noch keine einfacheren Methoden zur Erkennung des
Zustandes des -Knochenmarks existieren. Insbesondere ist es
notwendig, das Knochenmark an ein und demselben Falle wÀhrend
verschiedener Stadien des Leidens an derselben Stelle in vivo
zu untersuchen und neben den Vollstadien, Remissionen und Re-
cidiven auch den FrĂŒhstadien des Morbus Riermer besondere Be-
achtung zu schenken. K. Held (Berlin).
Revue medicale de Ia Suisse Romande, Lausanne-Genf.
Oktober 1921, 41, Nr. 10.
Ervtlicma nodosum. Oucis s.a z . E. 605.
âș>Hutinelsehe Krankheit und ihre chirurgische Behandlung;. Cmi C h o d, II. 648.
Individuelle Prophylaxe. Cliablc, R. 662.
âąMJuttermchlnahrung. E x c h a q u e t , L. 671.
Tumor des Rhinopuarynx. P a y o t , F. 674.
Lymphosarkom der Tonsille mit Metastasen; Hridiumliehaiidliing.
P e r r i c r , C. 675.
Die Hutinelsche Krankheit und ihre chirurgische Behandlung.
Die von Hutinel 1893 beschriebene Krankheit entspricht der cal-
löscn Mediaslino-Pericarditis von KuĂmaul. Hutinel hat diese
Erkrankung von den gewöhnlichen Herzaffektionen abgetrennt
und gezeigt, daĂ, so verschiedene Symptome die Krankheit auch
zeitigt, sie alle sich auf eine einzige Ursache zurĂŒckfĂŒhren lassen:
die Tuberkulose, die die serösen HÀute des Brustkorbs, speziell
das Perikard, angreift, bringt eine besondere Form der adhÀsiven
Pericarditis hervor. Hier die Hauptpunkte der Hutinel'sc'hen Be-
schreibung: Die Krankheit setzt im Kindesalter ein mit Bronchitis
oder Pleuritis, dazu kommen LebervergröĂerung, Ascites, allge-
meine Zirkulationsstörungen. Am Herzen findet man keine be-
sonderen Zeichen, oft nicht einmal eine VergröĂerung, statt dessen
eine Unbeweglichkeit der Spitze, die an die Vorderwand fixiert
ist. Autoptisch besteht eine groĂe cirrhotische Leber, Peric-jr-
ditis, Pleuritis perivasculÀre, Mediastinitis adhÀsiva. Die Ent-
zĂŒndung kann auch auf das subdiaphragmatische Peritoneum
ĂŒbergreifen: dann liegt eine echte tuberkulöse Perivisceritis vor.
Im Laufe der letzten Jahre hat Verf. 3 FĂ€lle von Concretin
pericardii tbc. zu Gesicht bekommen, 2 davon hat er nach der
Brauerschcn Methode operiert und will seine SchluĂfolgerungen
fĂŒr die Indikationsstellung dieser Operation mitteilen.
Allen 3 FĂ€llen (die Krankengeschichten werden ausfĂŒhrlich
wieder gegeben) sind folgende Punkte gemeinsam: 1. Das MiĂ-
verhÀltnis zwischen den VerÀnderungen am Herzen selbst und der
Schwere der Kreislaufstörung, 2. die Verteilung des Oedems.
Immer trat das Oedem zu Anfang im Gesicht auf, oft an den HĂ€n-
den, dann erst wurden die FĂŒĂe ergriffen. Diese Eigenart des
Oedems, das dem renalen entspricht, wenn nicht Albuinen fehlt-.',
ist charakteristisch fĂŒr die Hutinelsche Krankheit und beruht auf
einer Kompression der V Cava sup. durch die adhÀsive Mediasli
nitis. Gegen die Pericarditis auf rheumatischer Grundlage i-,1
die Krankheit leicht abzugrenzen infolge der fehlenden Klappcn-
lÀsionen und ihres langsameren Verlaufs.
Hutinel selbst weist auf eine chirurgische Inangriffnahme
der Erkrankung hin. Nach Brauer befreit man das Herz au^
seinem knöcheren KÀfig durch Resektion der prÀeordialen Rippen
ev. durch Wegnahme eines Teils Wim Stei num.
Nach den verschiedenen Mitteilungen scheint es, als mĂŒsse
die Thorakeclomie den FÀllen reiner tuberkulöser Pericarditis
adhÀs. vorbehalten bleiben; KlappenlÀsionen, fortschreitende Tu-
berkulose, Fieber bilden eine absolute Contraindikation. Der
Wert der Operation wird immer nur ein palliativer sein, Àhnlich
wie die Entlastungsoperation bei inoperablen Hirntumoren. Sie
dient der Erleichterung des Kranken und kann ihn vor den
Schrecken der Erstickung bewahren. Die beste Therapie der
Hulinelschen Krankheit liegt in der VerhĂŒtung ihres Zustmdc-
kommens, d. h. in der Tuberkulose-Prophylaxe beim Kinde.
Die Buttermehlnahrung. Seit 2 Jahren verwendet Verf. die
Buttermehlnahrung hÀufig, sowohl in der Spital- wie in der Fa-
milienpraxis. Die Resultate ermutigen ihn, weitere Kreise darauf
aufmerksam zu machen. Er verwendet das Buttermehl-Milchge-
menge zur ZwiemilchernĂ€hrung bei zurĂŒckgebliebenen und de-
bilen SĂ€uglingen und zwar schon von der 6. Lebenswoche an. Er
vermeidet es bei SÀuglingen mit ErnÀhrungsstörung.
Obwohl nichts gegen einen prolongierten Gebrauch von But-
termehlnahrung spricht, kehrt er zur gewöhnlichen Milchmischung
zurĂŒck, sobald der SĂ€ugling sein normales Gewicht erreicht hat
und sich wohl fĂŒhlt. Der Uebcrgang zur gewöhnlichen ErnĂ€hrung
vollzog sich ohne Schwierigkeiten. Ohne die bisher gebrÀuchlichen
Methoden kĂŒnstlicher ErnĂ€hrung verdrĂ€ngen zu wollen, erblickt
Verf. in der Buttermehlsuppe eine wertvolle Bereicherung der fin-
den SĂ€ugling geeigneten Nahrungsmitteln.
K. Held (Berlin).
Rritish med. Journal, London.
3. Dezember 1921. Nr. 3179.
Varikokele heim Weihe. Fothcrgill. W. F.. 925.
Die Prognose einiger Herzkrankheiten und einiger VerÀnderungen im Harri.
Bianso-a, W. P. S. 926.
â Krehs und Infektion. Ford Robertson, W, 929.
Pathologie des Magen- und DuodenalgeschwĂŒrs. Cr i h s o n . A. ('.â !>:t.i.
Knochentransplantation. M a m o u r i a n . M. 934.
Allgemeine. BetÀubung und die AtmosphÀre im Operationsziui nie
M a e k e n z i e , J. R. und Colt. G. H. 938.
âŠDekapsulĂtion der Nieren hei der Brightschen Krankheit. SS a n d e. r s o n
Wells. T. H, 940.
Pasteoirisation der Milch. Moore. S. G. 941.
Erythems scarlatimforme. R a v e n , M. O. 942.
Inguinale Hysterokele. D o w n i n g . C. C. R. 942.
Ein Fall von Vierling-Schwangersehaft. B a 1 e s o n , H. 943.
Krebs und Infektion. Verfasser hat mittels eines besondere
Verfahrens (FĂ€rbung mit Palladiummethylviolet) im Krebse ein
Diphtheric-bazill-Ă€hnliche Mikrobe gefunden. Der Bazillus ist a
aerob und lĂ€Ăt sich zĂŒchten. Er ist unvollstĂ€ndig Grampositi
und enthÀlt metachromatische Körnchen. Es gelang durch Ein
spritzung der Kulturen bei MĂ€usen maligne GeschwĂŒlste zu er
halten. Es scheint sogar möglich zu sein, Vakzine zu bereite
die therapeutisch nĂŒtzlich sind. (Die Krankengeschichten, die g
geben werden, sind so unvollstÀndig, daà sie absolut nichts b
weisen.)
Dekapsulation der Nieren bei der Brightschen Krankheit. S
gar in verzweifelten FĂ€llen kann die Dekapsulation der Niere
noch einen guten Erfolg geben. Insbesondere ist die Operatio
bei Eklampsie, UrÀmie, Harnverhaltung usw. angezeigt. Auch
chronischen FĂ€llen, wo die interne Behandlung keinen Erfol
hat, sollte man die Operation versuchen. Ein Erfolg wird ab
nur dann erreicht, wenn Herz und GefĂ€Ăe nicht star
verÀndert sind, woraus hervorgeht, daà speziell bei nicht zu alte
Individuen auf guten Erfolg gehofft werden darf.
Koopman (Haag).
The Lancet, London.
3. Dezember 1921, 201, Nr. 5127.
âŠEklampsie «ad ihre Bedeutung, l'ariinorp. R. H. 1147.
â Bedeutung der funktionellen Nieren proben. C o m r i e . .7. D. 1150
DĂ€mmerschlaf und der praktische Arzt. Horwitz. C. H S. 1154.
Behandlung im Hause des Kranken (Ter Knochen- und Gelenktuberkulos
R i v e r 8 . W. C, 11. IS. âą âą
Die Guelpasebc Methode der Behandlung von Gicht und Zuckerkrankheit,
f. u n n . IT. 1 157.
Ein Fall e'triger monartikulĂ€rer Arthritis lĂŒ-i einem SĂ€ugling, verursach«
durch B.paratyphosiis. T. a n g \v i 1 1 . A. 1158.
F.in Fall vftfl eingeklemmter Hernia ohiuratoria. Saw j»y, A. 1159.
Ein Fall Von ^Ahe!eiterung. .1 o b n s o n . F. 1159.
Eklampsie und ihre Bedeutung. Verfasser betrachtet die
Eklampsie als eine einfache Uraemie. die nur etwas besondere;
Erscheinungen gibt. Die toxÀmischen Erscheinungen sind we-
nigstens durch die UrÀmie verursacht. Auch der intraabdominelle
Druck ist ein wichtiger Faktor. Wenn dieser sehr hoch wirdJ
40. Jahrg. â Nr. i
Aus den neuesten Zeitschriften
wird das Blut, dns der Leber zugefĂŒhrt wird, in den kleinen Ge-
fĂ€Ăen des Magendarmkanals gestaut werden. Bluterbrechen kann
sogar die Folge sein; auch kann ein Teil des Blutes dann durch
die Venen des Oesophagus oder durch die Venae haemorrhoidales
ElbflieĂen. Die Blutversorgung der Leber seihst wird aber un-
genĂŒgend. Dnsseihe ist der Fall mit den Nieren, wo das Blut,
das zu den Tubuli flieĂen muĂ. in den Glomeruli gestaut wird.
Verfasser glaubt also, daĂ der hohe Rauchdruck fĂŒr die Nieren
und LeberverÀnderungen in der Eklampsie verantwortlich ist.
Bedeutung der funktionellen Nierenprobe. Die beste Methode
der funktionellen Nierenuntersuchung ist die Harnstoffbestimmung
im Blute und Harn und die Ausscheidungsprobe mittels phenol
sulphonphtalein. Wenn der Harnstoff im Serum ĂŒber 50 Milligramm
pro 100 cm3 betragt, ist die Prognose ernst, betrÀgt sie mehr als
100 Milligramm, so ist die Prognose absolut schlecht: Nieren-
krankheiten mit niedrigen Ilarnstoffwcrten im Serum haben eine
gute Prognose. Der Blutdruck steht in keiner direkten Beziehung
zum Harnstoffgehalt des Blutes. Wenn 70 % des einverleibten
Phenolsulphonphtalein in den ersten 2 Stunden ausgeschieden
wird, ist die Prognose gut: bis zu 50 Prozent ist eine Heilung
möglich. BetrÀgt sie aber 20 Prozent oder weniger, so ist der
Tod innerhalb einem Jahre zu erwarten.
K o o p m a n (Haag).
La Clinica Pcdiatria. Modena.
1921, 3. Nr. 8.
âąfrAchondroplasie. Borfamini, M. 267.
Beitrag zum Studium der Aehondroplasie. Die zufĂ€llige Ăber-
weisung der Leiche eines 15 Tage alten Kindes mit den Symptomen
der Aehondroplasie setzt Verf. instand, an dem gesamten Sklelett
histopathologische, radiographische und chemische Untersuchun-
gen anzustellen. ZunĂ€chst vergleicht er die KörpermaĂe des
achondroplastischen Kindes mit denen eines normalen, gleichalt-
rigen, gibt sodann eine ausfĂŒhrliche Beschreibung des knöchernen
Skeletts und hebt aus seinen radiologischen Beobachtungen fol-
gende Hauptpunkte 'hervor: 1. ein beachtenswerter und generali-
sierter Mangel an Dichtigkeit des kompakten Knochengewebes und
zwar am geringsten am Rumpf, am stÀrksten an den Gelenken aus-
geprÀgt. 2. von der WirbelsÀule hat man den Eindruck, als sei
sie am wenigsten an dem KrankheilsprozeĂ beteiligt. 3. an Ge-
lenken und Rippen zeigten sich BrĂŒche in verschiedenen Stadien
der Reparation. 4. an Oberarmen und Oberschenkeln zeigen sich
zwischen Mitte der Diaphyse und distalem Gelenkende vaeuolÀre,
gut abgrenzbare zirkulÀre Aufhellungen. 5. die SchÀdelnÀhte
klafften. An Querschnitten durch die Humerusdiaphyse bestÀtigte
sich die geringe Dichte der kompakten Knochensubstanz. Die
Spongiosa war arm an Trabekeln, Osteoblasten fanden sich spÀr-
lich. Auf einer vergleichenden Gewichtslabelle zeigt er das auf-
fallende MiĂverhĂ€ltnis zwischen dem Gewicht des achondroplasti-
schen und des normalen Kindes. Ein Unterschied, der V\ â des
Gesamtgewichts betrĂ€gt und sich gleichmĂ€Ăig auf alle Skelett-
teile erstreckt, der jedoch verschwindet, ja sogar sich ins Gegen-
teil verkehrt, wenn man die Prozentzahlen der Komponenten,
hauptsĂ€chlich der anorganischen, gegenĂŒberstellt. In der Tat lieĂ
sich beobachten, daĂ bei Kopf- und Rumnfknochen die Gesamt
Prozente der Kalzium- und Magnesiumsalze beim achondropl -
stischen mehr betrugen als beim normalen Kinde, wogegen bei den
Gelenken der anorganische Bestandteil des normalen Knochens
gröĂer war als der des achondroplastischen. Die chemische Unter-
suchung, die dorso-lumbale Kyphose, die Tubera frontalia und
parietalia konnten an das gleichzeitige Bestehen einer ange-
borenen Rachitis denken lassen, besonders da die Coinzidenz
beider Erkrankungen von Marfan und anderen Autoren anerkannt
wird. Doch fehlt in unserem Falle die angeborene SchÀdelweich-
hcil. das 1. und manchmal einzige Zeichen einer intrauterinen
Rachitis. Verf. grenzt das Krankheitsbild ferner gegen Osteo-
psalyrose und Chondrodystrophie ab. K. Held, Berlin -
Presse mcdicale, Paris.
0. November 1921. Nr. 90.
fiy.ierchniostorinam'e und Retinitis a.lbuminurici. O a 11 il i s s a r t , P. ''SS.
li'in.ĂŒiiMir de- 'ikilten (Ji'lcnkilicumatisuiUS mit izv hi;t,' vi u m . I. n t c m -
Ii a c her. R. £9ö.
Technik der Anastomose End-zti-Knd dos riinndinrm.s mit dem Dickdarm.
T> ti )i (i ii c Ii e r . H. *n.-).
Die Behandlung des akuten Gelenkrheumatismus mit Salicyl-
natrium. Um die nach groĂen Dosen von Salicylnatrium hĂ€ufig
auftretenden Verdauungsstörungen zu vermeiden, werden intra-
venöse Injektionen angewandt, wobei das Na-salicylicum durch
Rekristallisation vollkommen gereinigt wird I ):. s. Mittel wird
in einer Lösung von 1 : 30 in Dosen von 30 g zweimal tÀglich
gegeben, wÀhrend zur Nacht die Medikation per os beibehalten
wird. Der Organismus wird so stÀndig unter Salievlwii I u .
gehalten, da die Elimination durch die N'ieren eist nach 12 13
Stunden vollendet ist Diese Behandlung wird bei guter Tole
ranz 3â4 Wochen fortgesetzt, dann werden 3 â 4 Wochen 3 %4 g
tÀglich gegeben und die folgenden 12 18 Monate wÀhrend je
10 Tagen im Monat 2- 3 g. auch wenn keinerlei Krankheits-
symptome vorhanden sind. Auf diese Weise wird eine rasche
Sterilisation der rheumatischen SeptikÀmie erzielt und den Re
zidiven energisch vorgebeugt. Haber.
12. November 1921, Nr. 91.
Wirkung der Or^anextnakte auf den Blutdruck. Roger. H. 901.
âSalvarsanoxauthrmc und Entwicklung der Syphilis. B c n rc n i r t», E. 904.
Salvarsancxanthem und Syphilisverlauf. Verf. stĂŒtzl sieh auf
die im April 1921 in der Berl. kl. W. erschienene Arbeit von
Buschke und Freymann, âEinfluĂ der Salvarsanexantheme
auf den Verlauf der Syphilis." Diese Autoren halten bei zehn
FÀllen, von denen nur 2 lÀngere Zeit verfolgt werden konnten,
die Beobachtung gemacht, daĂ die Salvarsanexantheme die
Prognose fĂŒr den Verlauf der "Lues um so gĂŒnstiger gestalten,
je schwerer sie auftreten. Benveniste kommt bei Beobach-
tung von 13 FĂ€llen, von denen 5 regelmĂ€Ăig lange Zeit hindurch
verfolgt wurden, zu völlig abweichenden Resultaten. Danach
tritt die Erythrodermie gleichzeitig mit der Umwandlung der
Seroreaktion von positiv in negativ auf. Diese NegalivitÀl
dauert nur eine Zeitlang an (bis zu einigen Monaten), Meist isl
der serologische auch von einem klinischen RĂŒckschlag be-
gleitet. Die gĂŒnstige Wirkung des Salvarsanexanthems ist also
nach Ansicht des französischen Autors illusorisch, es beeinfluĂt
den Verlauf der Syphilis in keiner Weise, verschlechtert höch-
stens die Prognose dadurch, daĂ die antiluetische Arsentherapie
ihrer besten Waffe beraubt wird. II ab er.
16. November 1921. Nr. 92.
âą^Schwangerschaft und Tuberkulose. Bern a r d . L. 909.
Die BekÀmpfung des Trachoms in Polen. M a .i o w s k i . C. 910.
AzotÀmie und Malaria. B e n h a m o u . .T. und Bert Ii 6 I e m y.
Schwangerschaft und Tuberkulose. Eine Beobachtung von
164 FĂ€llen erwies, daĂ zwar im allgemeinen bei Vorhandenst in
von Tuberkulose eine Schwangerschaft besser zu vermeiden ist,
daĂ aber eine Unterbrechung der Schwangerschaft nur bei der
kÀsigen Form der Tuberkulose unbedingt erforderlich ist, bei
der lokalisierten indurierenden Form dagegen Schwangerschaft
Geburt und Laktation ohne Gefahr fĂŒr Mutter und Kind durch
gefĂŒhrt werden kann, vorausgesetzt, daĂ sorgfĂ€ltigste Beob-
achtung und Behandlung möglich ist. Als praktisch hat sich
erwiesen, das Kind beim Stillen vor einer Tröpfcheninhalation
dadurch zu schĂŒtzen, daĂ die Mutter dabei eine besondere Bluse
und Gesichtsmaske trÀgt. Haber.
19. November 1921, Nr. 93.
Totgeburten. C 0 U v c 1 a i r e . \. !M7.
Der Sympathiicus; vegetative Reflexe. If arte n Ii e r g ., P. fllfl.
Actiologio und Natur des Molluscum contagiosum. P a g n i e /. . P. H22.
Acta chirurgica scandinavica, Stockholm.
16. November 1921, 54, Nr. 2.
âąfrAbakrerielle renale Pyurien. Söderlund. (1. 101.
Totliche Lungenembolie bei einem 4jÀhrigen Kinde nach Rippenreso.ktion
hei Pleuraempyen. W essen. N. 123.
Doppelseitige DeformitÀt des I'reters. B r a t t s t r ii m . F.. 1.12.
Fall von rechtsseitigem Doppelureter, beweglicher Xii re und Pyelitis. W i il -
feit. G. 137.
Bastedoweehes Symptom bei Appendizitis. .T e r 1 o w . E. 145.
Weitausgebreitete Resektion der Thoraxwand bei Sarkom! K e y . E. 10?.
Subkutane Sehnenrupturen und Deckung von Sehnendefekten durch freie
Sehnentransplantation. S t a p e 1 m o h r . St. v. 177
~~ Beitrag zur Frage der sog. abakteriellen renalen Pyurien.
Drei FÀlle von renaler Pyurie. In sÀmtlichen FÀllen wurden
weder in dem spontan entleerten noch durch Zysto- und Uretro-
skopie gewonnenen Urin Bakterien .gefunden. In einem Fall
wurde nephrektoniert, ohne daĂ irgend welche Anzeichen von
Tuberkulose, die neben Gonorrhoe differentialdiagnostisch in Be-
tracht kommt, gefunden wurden, beide anderen FĂ€lle heilten snon-
l.m aus.
Verfasser hÀlt das Vorkommen abakterieller renaler Pyurien
fĂŒr erwiesen und denkt Ă€tiologisch an toxische Bestandteile des
Urins, zu deren Feststellung er eine eingehende chemische [.Tnter
suchung fĂŒr wichtig erachtet. Cordes (Berlin
26
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 1.
Revue de In Tuherculose, Paris.
Oktober 1921, 2. Nr. 5.
Kigenharnreaktion nach Wiidbolz. B e z a n com, V. und W ei Ii
it. P. 319.
^âșProvozierte Pupillenungleiehheit liei der Diagnose der pleuropulmonĂ€reii Er?
krankung-! n, besonders der Tuberkulöse. S e r g e n t , E., Per in und
âą A 1 i b e r t. 327.
Internationale Tuherkuhisekonfcrcnz in London. P u i x , Gk 353.
Ungleichheit der Pupillen als diagnostisches Zeichen in den
pleuro-pulmonÀren Aiiektionen und besonders bei der Tuber-
kulose: Verfasser hat bei zalilreichen FĂ€llen von Lungcnaffek-
lionen als diagnostisches Zeichen auf der erkrankten Seile ciiv
Erweiterung der I upille gefunden, fĂŒr deren Ursache freilieh aufs
sorgfÀltigste andere krankhafte Prozesse ausgeschlossen sein
mĂŒssen. Er stellt diese âeinfache lupillenungleichheit", wie ers
nennt, anderen Diagnostica gleich und verspricht sich viel fĂŒr die
Lokal isĂ€ti&n und fĂŒr die Ahfangsdiagnose.
('. o r d e s Berlin .
El siglo medico, Madrid.
Ii). November 1921. 68, 3545:
Ueber chirurgische Behandlung der l. iryjrx-TuUerkulose. Barajas v De
V i 1 c h e\s . .T. Mi 1118.
Die groĂen" Nieren. .Marion. G. 1118.
âąHlifferentialdiagnose zwiseben Appendizitis und Ileus. Bei esta, F. R. li"-'u.
Klinische Erfahrungen mit der Wa. -Reaktion. S i e i 1 i a. 1121.
Das Sumpffieber im Heier und seine soziale Bedeutung. B o r e s , F. B. 1122.
Differentialdiagnose zwischen Appendizitis und Ileus. 31 jÀh-
riger Mann hatte dreimal heftige SchmerzanfÀlle in der rechten
UnterbÀuchseite, dabei galliges Erbrechen, fadenförmigen Puls,
Kollaps. Diese Zeichen lieĂen an Ileus denken; jedoch ergab sieh
bei genauerer Untersuchung Druckempfindlichkeit des Mac-BĂŒr-
ney'schen Punktes und defense museulnire, so daĂ die. Diagnose
Appendizitis gestellt wurde, deren Richtigkeit die Operation er-
gab. L u r j e.
The Journal of tlie American Medical Association, Chicago.
5. November 1921, 77, Nr. 19.
Eudocrinulogic. II ö s k i n s . R. Gt. 1495.
Alkoholismus, .1 a n e t 1'. 1462.
âŠM'hysikalische He-ehaffenheit und Enzyinwirkung des Duodenalinlialts.
' Mc. C 1 u r e . C. W., W e t m o r e . A. 8. und R e y n » 1 d s , L. 1408.
â Analyse des Duodenaliuh.'ilts bei normalen Individuen. F r i e d e n \v a 1 d.
.1. und S i n d 1 e r . .1. 14G9.
Analyse des Duodenalinlialts bei septischem Ileus. Einhorn, M. 1471.
^Infektionsherde bei Pyelonephritis. Bilm p U 6 . H. C. und M e i Ă u <â r .
.7. Gr, 1475.
Rhinoplastik. Blair, V. P. 1479.
Der blinde Fleck in der Retina. Gfadlei H. S. 1483.
\ aginalzysten. I n g r a h a in . C. B. 1487.
SchÀdliche Wirkung der Röntgen- und Radiumbehandjlung. Mae K e e . (;.
M. und Andrews. CK C. 1489.
Magnesiuin-Sulphat-Lösung bei der AnÀsthesie. C 11 r t i s . A II. 1492.
Fettgehalt des Blutes. C o w i e , I). M. und II o a g . L. A. 1493.
Physikalische Eigenschaften und EnzymaktivitÀt im Duo-
denalinhalt. Verff. untersuchten den Duodenalinhalt von 15 ge-
sunden jungen Menschen, denen verschiedene Mahlzeiten von be-
stimmter Zusammensetzung gereicht waren. Die Untersuchungs-
technik war die allgemein ĂŒbliche. Nach EinfĂŒhrung der Sonde
wurde regelrechte Seitenlage eingenommen und stĂŒndlich Duo-
denalinhalt aspiriert. ViscositÀt und Farbe zeigten sich von der
Art der Nahrung abhÀngig. Die proteolytische Enzymwirkung
betrug, bezogen auf nichteiweiĂhaltigen Stickstoff 2 mg, die lipo-
lytische Wirkung 1 cem n/10 SalzsĂ€ure, die amylolyĂŒschc Wir-
kung etwa 1 mg Glukose. Die Wasserstoffioncnkonzenlrntion
schwankte zwischen 5 und 7,5, sie scheint unabhÀngig von der
Enzymwirkung zu sein. Auch der SĂ€uregrad seheint hierauf
weniger Einfluà zu haben, wÀhrend die Art der ErnÀhrung be-
deutungsvoller ist.
Fraktionierte Analyse des Duodenalinlialts bei Gesunden. Der
Untersuchung des Duodenalinlialts ging in den hier berichteten
10 FĂ€llen stets eine solche des Magensaftes voraus. Dieser
schloà sich die buödenalsaftuntersuchung an, der nach bestimmter
Probemahlzeil halbstĂŒndlich entnommen wurde. Die. Analyse
wurde nach der von Einhorn angegebenen Methode vorgenom-
men, bei der man die Fermentwirkung in Millimetern ablesen
kann. Ferner wurde Reaktion, Farbe und Konsistenz geprĂŒft.
Es zeigte sich, daĂ der Duodenalsaft aus Pankreas- und Duodenal
sekret und Galle besteht, goldgelb bis braun gefÀrbt ist, geruchlos
ist und alkalisch reagiert. Die Alkaleszenz schwankte zwischen
15 und 40, die Werte fĂŒr Amylopsin betrugen 1â15 mm, fĂŒr
Steapsin 1â12 mm und fĂŒr Trypsin tâ 12 mm, je nach der Zeit
der Entnahme. Die Alkaleszenz ist gewöhnlich in den Nahrungs
pausen am höchsten, nimmt nach der Nahrungsaufnahme rasch
ab, um dann wieder zuzunehmen, sie ist vom SĂ€uregrad des
Magensaftes augenscheinlich unabhÀngig. Die quantitativen
Schwankungen der Fermente' gehen in gleicher Richtung. Die
Durchschnittswerte betrugen fĂŒr Amylopsin 2.29 mm, fĂŒr Steapsin
3,5 mm und fĂŒr Trypsin 5,8 mm.
Ueber Ausgangspunkte der Infektion bei Pyelonephritis. Bis-
her ist weder eindeutig bewiesen, daĂ die in fast allen FĂ€llen
von Pyelonephritis gefundenen Colibakterien Ă€tiologisch fĂŒr das
Krankheitsbild in Frage kommen, oder ob ihr Auftreten sekundÀr
aufzufassen ist. noch ist bei Annahme der primÀren Ursache der
[nfektiohsweg sichergestellt. Verff. konnten in 6 FĂ€llen die
frĂŒher schon mitgeteilten Unter sĂŒchungsergebnisse ergĂ€nzen.
Sie zĂŒchteten aus den entfernten Tonsillen oder aus, auch rönt-
genologisch gesund erscheinenden, trotzdem gezogenen ZĂ€hnen
hÀmolysicrende Streptokokken, die bei Kaninchen intravenös ein
gespritzt schwere Nierenaffeklionen verursachten. Verff. haben
nun Kulturen dieser Streptokokken aus den ZĂ€hnen, Tonsillen.
I rin oder Rlut von 12 FĂ€llen von Pyelonephritis 82 Versuchs-
tieren injiziert und fanden hei (>.') Tieren NierenschÀdigungen.
Der hÀmolysierende Streptokokkus scheint demnach eine gewisse
AffinitÀt zum Urogenitaltraktus zu besitzen und hÀufig die pri-
mĂ€re Ursache fĂŒr das Entstehen einer Pyelonephritis zu sein,
wĂ€hrend dem Bakt. coli, das ja fast regelmĂ€Ăig gefunden wird,
nur sekundÀre Bedeutung zukommt. Kack eil (Hamburg .
American Journal of the Medical Sciences,
âą Philadelphia -New York.
Oktober 1921. 162. Nr. 1.
âŠM'ylorospasmus bei Erwachsenen; Behandlung. Pinney, J. M. T. und
F i e d e n w a 1 d . 3. 4G9.
Die auf den Streifenkörper und den Schhiige] hinweisenden Typen von
Eiizrrplia.lit!s. II mit, .7. K. 481.
Die Vcgetabilienfruge in der DiÀt der Diabetiker. (I r t o n . W. A. 198.
âąJ*Exophthartmo8 und Polyurie bei Kindern. II a n d . A. 509.
Ilodgkinscbe Krankheit. L c m o n , W. S. und Doyle. 3. K. MC.
MutknrpeichcnzÀhlung. (1 r ii y , II. Ài'ö.
Maligne Endokarditis. (! e o r g e . St. 550.
nebandlung der Syphilis. X e w c o m e r . H. S. 505.
Syphilis in ihrer- Verteilung 1>;"'11 der BeschÀftigung der Kranken. S tok'e s ,
3. H. und Brehme, r. H. E. 572.
Sinu-Aurikularer Herzblock. Smith, S. G. 575.
Bakterien auf MĂŒnzen, Banknoten u ;\\ Ward. C. B. und Taillier.
F. W. 585.
â.Meningitis heim SĂ€ugling durch einen fadenartigen dipbtheroiden Organismus.
Miller. Bf. \C und Lyon, M. W. 59;!.
Innere und chirurgische Behandlung de» Pylorospasmus Er-
wachsener. P\ iorospasmus ist ein nervöser Symptomenkomplex
von nicht völlig geklÀrter Aetiologie. Experimentell kann er bei
Kaninchen durch Vagusreizung ausgelöst und durch Splanch-
nicusreizung behoben werden. Ebenso ergibt sich seine Be-
ziehung zum innersekretorischen System dadurch, daĂ er durch
Thyreoid- und Parathyreoidextrakte hervorgerufen und durch
Aetrenalininjektion aufgehoben werden kann. Es gibt eine neu-
rotische, EntzĂŒndungs- und Reflexform. Meist kommt er vor bei
entzĂŒndlichen SchĂ€digungen des Magens oder als Reflex bei Er-
krankungen anderer Organe, z. B. Gallensteinen, chron. Appen-
dizitis. Es gibt aber auch rein neurotische EĂ€lle. Symptome
nicht sehr charakteristisch: Hungerschmerz 2â3 Std. nach dem
Essen, der nach Magenentleerung und nach neuer Nahrungsauf-
nahme aufhört; intermittierende HyperaziditÀt und Stagnation
der Nahrung im Magen. Durch die Röntgenuntersuchung können
die nervösen Formen von den organisch bedingten (Tumorij gut
getrennt werden. Therapie: Behandlung der primÀren Neu-
rasthenie, unterstĂŒtzt von allgemeinen diĂ€tetischen und hygieni-
schen MaĂnahmen. Im akuten Anfall Morphium. A tropin sub-
kutan und Magenauswaschung. Wenn alle internen MaĂnahmen
ohne Erfolg sind, ist die Pyloroplastik indiziert und gibt prak-
tisch zufriedenstellende Resultate.
Knochendefekte, Exophthalmus und Polyurie in der Kindheit
als Zeichen von Dyspituitarisnuis. Verfasser erörtert an der
Hand von zwei eigenen FĂ€llen und 1 FĂ€llen der Literatur die
Möglichkeit einer Hypophysenerkrankung, ohne jedoch einen
sicheren Beweis dafĂŒr bringen zu können, zumal nicht einmal
die 6 erwĂ€hnten FĂ€lle alle drei Symptome gleichmĂ€Ăig zeigten,
nur die KnochenverÀnderungen waren vorhanden, die Sclla
turcica in 2 FÀllen völlig normal. Durch Pituitrin wurde nur
die Polyurie beeinfluĂt. Die wirkliche Ursache ist unbekannt und
bedarf weiterer Beobachtungen zur endgĂŒltigen KlĂ€rung.
10. Jahrg. Nr. 1.
A u s (1 e ii ii r ii <â s i c n Zeil s <âą h r i f t e n
Fall von Meningitis bei einem Kinde durch ein haarförmiges
Aiphtheroldes Bakterium. Bei einem Kinde mil eitriger Meningitis
und Pneumonie wurde als Erreger ein diphtheroider Mikro-
organismus gefunden (Corynebakterium trichodiphtheroides), der
im Spinalpunktal nls StÀbchen erschien, in der echten Kultur zu
unregelmĂ€Ăigen Fadenformen auswuchs und spĂ€ter StĂ€bchenform
mit grampositiven Polkörpern und Segment vom Typus des Diph-
theriebazillus zeigte. Er war nicht pathogen fĂŒr Kaninehen und
Meerschweinchen.
F. L o e w e n Ii a r d (('.harlotle'nburg-Weslend i.
Bulletin of Ute Johns Hopkins Hospital, Baltimore.
November 1921, 32, Nr. 360
âąH'adiographisehor He\veis des Einflusses \ 011 Lebertran hei Rachitis. Purk,
E. A. und II o W 1 a n d . J. 341.
âąM.ipodyMrophia progressiv:!. Smith, II. L. 344.
Phagozytose in Beziehung zu tei-m i iialen Infektionen. C roll, H. B. 350.
fhamisehe Dynamik der Muskeln. Hopkins. F. G. 359.
Der röntgenogrÀphische Nachweis des Einflusses des Leber-
Irans auf die Rachitis. Durch fortlaufende Röntgenuntersuchungen
des Skelettes konnte der Nachweis" erbracht" werden, daĂ Leber-
Iran am rachitisch erkrankten Knochen VerÀnderungen hervor-
ruft, die im Verlaufe von 2 bis 3 Monaten zu einer annÀhernden
Heilung fĂŒhren. Es findet eine intensive Ablagerung von Kalk
salzen in das osteoide Gewebe statt, die schweren, im Röntgen-
bilde klar hervortretenden pathologischen VerÀnderungen an der
Kncchenknorpelgre nze machen allmÀhlich im Laufe der Behand-
lung normalen VerhÀltnissen Platz. Verff. sprechen dem Leber-
tran spezifische Wirkungen auf den rachitischen ProzeĂ zu, die
auch dann zutage treten, wenn der Allgemeinzustand durch an-
dere schwere Erkrankungen stark beeintrÀchtigt ist.
Lipodystrophia progressiva. Auf Grund der in der Literatui
beschriebenen FĂ€lle und eines selbst genau untersuchten Falles
wirel die Symptomatologie und die Frage nach der Aetiologie des
Leidens erörtert. Es handelt sich um eine recht seltene Affeklion,
die schleichend in frĂŒhem Lebensalter beginnt, in der weitaus
gröĂten Zahl der typischen FĂ€lle das weibliche Geschlecht be-
fÀllt und durch einen langsamen, fast völligen Schwund des sub-
kutanen Fettes am Kopf, Gesicht, Hals und oberen GliedmaĂen
sowie am Rumpf oberhalb des Beckens gekennzeichnet ist, wÀh-
rend es, besonders bei weiblichen Individuen zu einer ZunÀhme
des Fettpolsters am GesÀà und an den unteren ExtremitÀten
kommt. Die histologische Untersuchung eines exzidierten Hau!
StĂŒckes ergibt normale Struktur der Haut mit Ausnahme des fast
vollstÀndigen Fehlens des Fettes. Die Aetiologie ist noch unge-
klÀrt; möglicherweise kommen innersekretorische Störungen in
Betracht. Wolff (Hamburg).
American Journal of Diseases of Children, Chicago.
November 1921, 22, Nr. 5.
âąMnlaiurilo Tetanie. K r :i m e r , Ii., T i s d a 1 1 , F. F. und II o w -
1 a n (1 , ,J. 4SI.
Experimentelle Albuminurie beim Kaninchen S a.i t o , H. und G o n d o ,
K. 439.
âŠVitale KapazitĂ€t der Lunge I ihr VerhĂ€ltnis zur Uebungstherapie bei
herzkranken Kindern. W ilson, M. <i. und Ed warfls', O. J. 443.
SituglingsernÀhrung, Chemische Untersuchung von TrockenmilchprÀparaten.
B 0 s w o r t Ii . A. W. 455.
âŠKlinische und radiiographische Untersuchung der Thymus bei SĂ€uglingen.
B 1 a e k f a n , K. I). und Little, K. 459.
GröĂe dos SĂ€uglingsgaumens. De nze r, B. S. 471.
âŠKongenitaler Kropf. Porter, W. B. und Vonderlehr, R. A. 477.
âŠAetiologie und Behandlung der Ammouiak-Dermatitis der Olutealgegend beim
SĂ€ugling. C o o k c , J. V. 481.
âŠBauchschmerzen hei Infektionen der oberen Luftwege. Brenne-
rn a n n , J. 493.
HchtĂŒ VersĂ€umnisse und ihre Ursachen. M nsn, II. H. 500.
âŠSeltene Herzanomalien. Ratner, B.. Aoott, M. F. und Beattie,
W. VV. 508.
Diffuse Tuberkulose der spinalen Meningen. K e o n . J. C. und Cheney,
Ct. W. H. 510.
Intermittierendes Fieber durch .Mastoiditis. L e o p o 1 d . J. S. 521.
Beobachtungen ĂŒber SĂ€uglingstetanie. Mit den Erscheinungen
manifester Tetanie gehl regelmĂ€Ăig niedriger Kalkgehalt des
Blutserums einher, und hierin ist die Ursache der gesteigerten Er
regbarkeit gegeben. Zum Gehalt des Serums an anorganischem
l'bosphor, der in der HĂ€lfte der FĂ€lle regelrecht oder leicht er-
höbt berunden wurde, bestehen keine gesetzmĂ€Ăigen Beziehungen.
Das VerhÀltnis der einwertigen zu den zweiwertigen Kationen im
Serum ist bei Spasmopbilie gröĂer als bei gesunden SĂ€ug-
lingen infolge des verminderten Kalkgehalts des Serums. Der
Ciehall des Serums an Natrium und Magnesium ist regelrecht, der
Kaligehalt etwas erhöbt.
Die VitalkapazitiU der Longen und ihn- Beziehung zur körper-
lichen LeistungsfÀhigkeit bei Kindern mit Herzkrankheiten. Die
YitalkapazilÀt von <S."> gesunden Kindern, darunter 14 Kniiben,
II MĂ€dchen, im Aller von 6 l<> .Iahten beirĂŒg durchschnittlich
1870 cc. bezogen auf l qm Körperoberflache. Die Werte Lagen bei
Knaben nur 3,5 v. H. höhet als bei MÀdchen. Eine Herabsetzung
der VitalkapazitÀt bei 36 Kindern ohne' krankhaftem Herzbefund
ging einher mit VerÀnderungen de s I Iilusschaltcns im Röntgenbild
Herzkranke Kinder mit ungeschÀdigter körperlicher Leistungs
fĂ€higkeil zeigten so gut wie keine' EinbuĂe an VilalkapazilaL da
gegen war bei verminderter LeistungsfĂ€higkeit auch regelmĂ€Ăig
ein Verlust an VitalkapazitÀt bei zu 30 50 v. II. vorhanden
Kinder, die an Rheumatismus e)der Chorea gelitten hatten, aber
keine erkennbare Erkrankung eles Herzens noch SchÀdigung der
körperlichen LeistungsfÀhigkeit aufwiesen, hallen regelrechte
VitalkapazitÀt. Die Feststellung der VitalkapÀzitÀt liefert zwar
nicht so eindeutige Ergebnisse wie die PrĂŒfung der körperlichen
LeistungsfĂ€higkeit, bildet aber doch ein werlvolles PrĂŒfungsvei>
fahren fĂŒr die LeistungsfĂ€higkeit eles Kreislaufs beim herzkranken
Kinde.
Klinische und radiologische Untersuchung der Thymus beim
SÀugling. Ein viermonatliches Brustkind, das plötzlich an
Zyanose, inspiratorischem Stridor und KrÀmpfen erkrankte und
zwei Stunden nach therapeutischer Röntgenbestrahlung der
Thymus plötzlich starb, hatte im Leben eine ThymusdÀmpfung mit
entsprechendem Schatten im Röntgenbild und nach dem Tode eine
17 g schwere vergröĂerte ThymusdrĂŒse. Die Untersuchung dieses
Falles lehrte, daĂ die bei wagerechter Lagerung eles Kindes mit
halbgebeuglem auf dem Hinterhaupt aufliegenden Kopf sehr deut-
liche ThymusdÀmpfung verschwand, wenn der Kopf stark nach
hinten gebeugt wurde. Die mit BerĂŒcksichtigung dieser VerhĂ€lt-
nisse durchgefĂŒhrte Untersuchung von G0 Kindern im Alter von
5 Stunden bis zu einem Jahr, die keine sonstigen Erscheinungen
von Erkrankung der Thymus aufwiesen, ergab bei 29, also etwa
der HĂ€lfte, einen Schatten im vorderen Mediastinum. Von diesen
hatten 20 auch eine entsprechende DĂ€mpfung, wĂ€hrend die ĂŒbrigen
sie vermissen lieĂen. Bei vier Kindern wurde eine DĂ€mpfung
festgestellt ohne entsprechenden Röntgenbefund. Durch die bei
einzelnen Kindern durchgefĂŒhrte Röntgenbestrahlung konnte der
auf die Thymus bezogene Schatten zum Verschwinden gebracht
werden. Die gleiche Wirkung hatte die Bestrahlung bei vier
Kindern, die neben dem Perkussions- und Röntgenbefund Er-
scheinungen von Atemnot, Zyanose usf. aufgewiesen hatten.
Angeborener Kropf. Bei einem 3^jÀhrigen, einem 6jÀhrigen,
einem 8- und einem 14 jÀhrigen Knaben wurden weiche Strumen
festgestellt, die von Geburt an bestehen sollten. Die FĂ€lle stam-
men alle aus dem SĂŒdwestteil von Virginia, wo der Kropf
endemisch sein soll. Thyreotoxische Erscheinungen hatte keins
der Kinder.
Leibschmerz bei HalsentzĂŒndung. Verfasser betont die HĂ€ufig-
keit von Leibschmerzen bei Kindern, die an EntzĂŒndungen dei
oberen Luftwege leiden. Die Schmerzen werden in die Nabel
gegend verlegt. Als Ursache vermutet Verfasser eine EntzĂŒndung
der MesenterialdrĂŒsen, da diese bei Operation wegen fĂ€lschlich
angenommener Appendizitis, ebenso bei Obduktion von Grippe
lallen oft geschwollen und entzĂŒndet betroffen wurden.
Seltene HerzmiĂbildung. Bei einem mit 17 Tagen verstorbenem
SĂ€ugling fand sich eine seltene Verbildung des Herzens. Es be-
stand ein situs inversus der Ventrikel, deren Scheidewand voll
ausgebildet war, w Àhrend die Vorhöfe die gewöhnliche Lagerung
l at len, aber kein Seplum. Die Cava superior mĂŒndete in die er-
halten gebliebene omphalomesenterische Bucht, ein Gebilde aus
dem frĂŒhen Dotterkreislauf. Als Ausgleichseinrichtungen waren
anscheinend die Verlagerung der rechtsseitigen Pulmonalvenen
nach rechts und die Zuleitung des Blutes aus dem pulmonalen
Ventrikel in die Aorta elescendens auf dem Wege der Pulmonal-
arterie zu betrachten. H. Vogt
The Journal of Laboratory and Clinical Medicine. St. Louis.
Oktober 1921, 7, Nr. 1.
âSerologische Untersuchungen Uber Syphilis. M a h t . K. F. t.
Chemotherapie der organischen Arseiiverbiiidungon. Myers, C. N'. IT.
VcntilaJlion. Witterung. ErkÀltung. P a 1 m e r , O. T 39.
Serologische Syphilisstudien. Syphilimetrische Farbenindizes.
Den Untersuchungen liegt das Bestreben zugrunde, die wenig
exakten bisher ĂŒblichen Angaben ĂŒber die IntensitĂ€t des Aus-
falles der Wassermannsc'hen Reaktion durch prĂ€zisere MaĂan-
gaben zu ersetzen. Verf. lehnt sich dabei an die syphilimetrische
Methode von Vernes an; bei dieser wird die Tatsache benĂŒtzt,
28 Soziale Medizin 40. Jahrg. â Nr. i.
daĂ Schweineserum die FĂ€higkeit besitzt, die ausflockende Wir-
kung luetischer Sera auf eine Suspension eines in bestimmter
Weise bereiteten Pferdeherzextraktes hintanzuhalten; in dem
.MaĂe, wie es diese, die Ausflockung hemmende Wirkung ausĂŒbt,
verliert das Schweineserum seine hÀmolytische Wirkung auf Ham-
melerythrocyten; das MaĂ der bewirkten HĂ€molyse wird kolori
metrisch, durch Vergleich mit 8 verschiedenen VerdĂŒnnungen
einer bestimmten Farblösung bestimmt. Den kolorimetrischen
Teil dieser Methode verwendet Verf. bei der W. R., indem er mit
kolorimetrisch eingestellten Mengen von Hammelerythrocyten ar-
beitet und das MaĂ der bei der Reaktion erreichten HĂ€molyse in
Graden nach Vernes angibt. Diese quantitative Modifikation der
W. R. gestattet genauere Angaben ĂŒber die Schwankungen der
Reaktion im Verlaufe spezifischer Kuren und gibt eindeutige
Zahlenwerte in FĂ€llen, in denen man sich sonst mit zweifelhaften
Angaben, wie âplus-minus" begnĂŒgen muĂte.
Wolff (Hamburg).
Aus den verschiedenen Sondergebieten.
Soziale Medizin.
Aenderungen der Gesetzgebung ĂŒber die Wochenhilfe.
In einem Aufsatze der Volkswohlfahrt", Organ des preuĂi-
schen Ministeriums fĂŒr Volkswohlfahrt gibt der Ministerialrat
Dr. Hoffmann einen U eberblick ĂŒber die neuerdings vom
Reichstage beschlossenen Aenderungen ĂŒber die Wochenhilfe.
Wir entnehmen den AusfĂŒhrungen, die nicht frei von Kritik der
gesetzgeberischen TÀtigkeit des Reichstages sind, einige tatsÀch-
liche Bemerkungen. Der Entbindungsbeitrag ist von 50 auf lĂŒĂŒ M.,
die Schwangerenbeihilfe von 25 auf 50 M., die MindestsĂ€tze fĂŒr
das Wochen- und Stillgeld sind gleichfalls erhöht worden. Die
Familienwochenhilfe soll auch dann gezahlt werden, wenn die
Niederkunft innerhalb 9 Monaten nach dem Tod des anspruchs-
berechtigten Versicherten erfolgt. Wöchnerinnen sind auch dann
minderbemittelt, wenn ihr und ihres Ehemannes Gesamtein-
kommen, oder, sofern sie allein stehen, ihr eigenes Einkommen
in dem Jahre oder Steuerjahre vor der Entbindung den Betrag
von 10 000 M. nicht ĂŒberstiegen hat. WochenfĂŒrsorge wird nur
solchen gewĂ€hrt, welche tatsĂ€chlich ihrer bedĂŒrftig sind. Be-
stimmend ist das Versicherungsamt. Der Wöchnerin ist erlaubt,
wÀhrend des Bezuges der Wrochenhilfe nach Belieben gegen Ent-
gelt Arbeiten zu verrichten. Das Stillgeld wird, entgegen der
Vorlage, nach wie vor nach dem Krankengeld abgestuft. Die
Krankenkassen sind verpflichtet, Àrztliche Geburtshilfe in natura
zu leisten. Da aber die EinfĂŒhrung dieser Verpflichtung eine
Aenderung der ArztvertrÀge insofern voraussetzt, als die Aerzte
nur zur Behandlung in KrankheitsfÀllen verpflichtet sind, nor-
male Geburten aber keine Krankheiten darstellen, so ist die
DurchfĂŒhrung dieser Bestimmung bis auf weiteres vertagt.
Die Krankenversicherung der Staatsangestellten
in Tschechoslavien.
Es ist ein Gesetzentwurf ausgearbeitet, wonach die Kranken-
versicherung bei den Staatsangestellten Àhnlich wie bei den
Arbeitern eingefĂŒhrt wird. Die Leistungen sollen bestehen in
Àrztlicher Behandlung, GewÀhrung von Arzneimitteln, ZuschlÀgen
bei Geburten, Schwangerschaft und Wochenbett, Krankenhaus-
behandlung und Sterbegeld. Die Standesorganisation der Staats-
angestellten in Prag, welche 37 000 Mitglieder zÀhlt, hat die
Forderung aufgestellt, daĂ die Einbeziehung der Versicherung in
die Arbeiterversicherung unterbleibt, weil an dieser Lösung der
Frage die Staatsbeamlenschaft kein Interesse hat.
Lebcnshaltungsindex.
Die Reichsindexziffer fĂŒr die Lebenshaltungskosten, die auf
Grund der Erhebungen ĂŒber die Ausgaben fĂŒr ErnĂ€hrung, Heizung,
Beleuchtung und Wohnung festgestellt wird, ist von 10G2 im
September auf 1146 im Oktober gestiegen. Die Erhöhung betrÀgt
gegenĂŒber dem Oktober 1920 35,9 v. H., gegenĂŒber dem Januar
1921 21,1 v. H. Im Monat November sind die Lebenserhaltungs-
koslen von 1146 in Monat Oktober auf 1397 im Monat November,
also um weitere 21,9 v. H. gestiegen. Seit Januar betrÀgt die
Steigerung 48 v. H., seit November v. J. 58,4 v. H.
Die neue preuĂische Desinfektionsordnung.
Die vor mehreren Monaten erlassene neue Desinfektions-
ordnung bringt auch fĂŒr den praktischen Arzt eine Anzahl, wenn
auch nicht gerade Neuerungen, so doch Aenderungen von der bis-
herigen Auffassung und AusfĂŒhrung der Desinfektion am
Krankenbett. DaĂ die Desinfektion nicht das alleinseligmachende
Mittel zur VerhĂŒtung der Verbreitung ĂŒbertragbarer Krankheiten
darstellt, ist nachgerade Gemeingut der wissenschaftlichen Kreise
wie der Praktiker geworden. Auch daĂ die AusfĂŒhrung der Des-
infektion, selbst wenn sie nach den gegebenen Vorschriften ge-
schah, nicht immer den erwarteten Erfolg garantierte, stand fest.
Andererseits war die Handhabung mit groĂen wirtschaftlichen
Unannehmlichkeiten fĂŒr die Bevölkerung verknĂŒpft. Es war
daher in amtlichen Kreisen schon lÀngst das durch eingehende
Versuche gestĂŒtzte Bestreben vorhanden, die Formen der Des-
infektion zu vereinfachen und sie dadurch dem VerstÀndnis der
Bevölkerung nÀher zu bringen, andererseits aber durch er-
giebigere Anwendung den Zwecken der SeuehenverhĂŒtung mehr
als bisher zu dienen. Dies ist durch ausgiebigere Durch-
fĂŒhrung der Desinfektion am Krankenbett gegenĂŒber der SchluĂ-
desinfektion erreicht. Ueber die Art der DurchfĂŒhrung sind in
der Verordnung eingehende Vorschriften erlassen.
Die zahnÀrztliche Versorgung in Krankenanstalten.
Ein ErlaĂ des preuĂischen Ministers fĂŒr Volkswohlfahrt be-
faĂt sich mit der zahnĂ€rztlichen Versorgung in Krankenanstalten.
Es wird hervorgehoben, welche Schwierigkeiten entstehen, wenn
die Allgemeinbehandlung unter dem UmstÀnde leidet, daà erheb-
liche Zahnerkrankungen im Krankenhause nicht behandelt wer-
den, besonders dann, wenn es sich um bettlÀgerige Kranke
handelt. Der Minister ordnet deshalb an, daĂ fĂŒr den Fall, daC
eigene zahnĂ€rztliche Stationen nicht errichtet werden können, fĂŒr
die Behandlung von Zahn- und Kiefererkrankungen Vorsorge ge-
troffen wird.
Was den Zahnkrankheiten recht, ist andern fachÀrztlich zu
behandelnden Krankheiten billig. Auch fĂŒr diese fehlt es, be-
sonders in kleinen KrankenhÀusern, nicht selten an der Möglich-
keit, besonders aber auch an den Mitteln, geeignete FachÀrzte zu-
zuziehen.
Krankenkassen und Reichsversorgungsgesetz.
Aus einem lÀngeren Aufsatz des Herrn Ministerialrats Prof.
Dr. Martinek ĂŒber das genannte Thema in dem Reichsarbeits-
blatt Nr. 25 entnehmen wir auszugsweise einige wichtige Aus-
fĂŒhrungen ĂŒber die Sicherstellung der im Reichsversorgungs -
gesetz vorgesehenen Àrztlichen Behandlung. Zu ihrer Regelung
mĂŒĂten besondere Vereinbarungen zwischen Krankenkassen, denen
die Ă€rztliche Behandlung durch Gesetz ĂŒbertragen ist, und den
KassenĂ€rzten, deren VertrĂ€ge die Bestimmungen ĂŒber die Be-
handlung KriegsbeschÀdigter nicht enthalten, getroffen werden.
Die Vereinbarungen bedĂŒrfen der Zustimmung des Reichsarbeits-
ministeriums. Es handelt sich bei der Regelung insbesondere um
das Arztsystem, die Honorarfrage und die Mitarbeit der Aerzte bei
den organisatorischen und verwaltungstechnischen MaĂnahmen.
Hinsichtlich des Arztsystems ist, unabhÀngig von dem Arztsystem
iĂŒr die Versicherten, die organisierte freie Arztwahl vorgesehen.
Der Mantelvertrag kann zwischen Kassen- und Arztorganisation
abgeschlossen werden, der behandelnde Arzt muĂ seine Zustimmung
erklÀren. Von den Àrztlichen Organisationen sind vorzusehen
fachmĂ€nnische UeberprĂŒfungen fĂŒr die Beurteilung der Arbeits-
unfÀhigkeit, Àrztliche Kontrollkommissionen, bestehend aus drei
Aerzten, von denen einer Beauftragter des Hauptverpflegungs-
amtes ist, zur Entscheidung ĂŒber Berufung gegen vertrauens-
Ă€rztliche Gutachten und ĂŒber Beschwerden von Kranken gegen
Aerzte, sowie zur UeberprĂŒfung der Ă€rztlichen Leistungen. Ueber
diesen ist eine Berufungsstelle, paritÀtisch zusammengesetzt,
gegenĂŒber den Erkenntnissen der Ă€rztlichen PrĂŒfungsstellen er-
richtet. Karenzzeit ist ausgeschlossen. Die Bezahlung der Àrzt-
lichen Leistungen wird durch einen Reichstarif geregelt. Dieser
gibt genaue Bestimmungen ĂŒber den Zahlungsmodus gegenĂŒber
den einzelnen Gruppen der Versorgungsberechtigten. Es ist auch
Vorsorge getroffen fĂŒr die Ausstellung Ă€rztlicher Bescheinigungen
und Gutachten. Zur Entscheidung ĂŒber Streitigkeiten aus der
Auslegung der Bestimmungen des Reichstarifs wird im Reichs-
arbeitsministerium eine Reichsschlichtungsstelle gebildet, be-
stehend aus je 2 Vertretern der Kassen- und Aerzleorganisationen
mit einem Beauftragten des Reichsarbeitsministeriums als Vor-
sitzendem. Der Reichstarif hat Geltung bis 31. Dezember 1925
fĂŒr den allgemeinen Teil, fĂŒr den GebĂŒhrentarif bis 31. Dezember
1921.
Recht beherzigenswert ist der SchluĂ der AusfĂŒhrungen des
Verfassers ĂŒber die Arbeitsgemeinschaft der Versorgungsbehörden
mit den TrÀgern der Sozialversicherung in den Aufgaben der
sozialen FĂŒrsorge. Mögen als Dritte im Bunde die Aerzteorgani-
sationen zu dieser Mitarbeit hinzugezogen werden!
S. Alexander.
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von F. C. W. VOGEL, Leipzig, Dresdner Strafte 3 * Berliner GeschÀftsstelle und alleinige
Inseratenannahme: HANS PUSCH, Berlin SW 40, Wilhelm-Strafce 20 / Fernsprecher: LĂŒizow 9057
Nr. 2 Berlin, den 11. Januar 1922 40. Jahrgang
Der Verlag behĂ€lt sich das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist vor.
Wann ist die kĂŒnstliche Unterbrechung der
Schwangerschaft bei Lungen- ,und Kehlkopf-
tuberkulose gestattet?
Von San. -Kai Dr. Jose! B 1 u m.
Direktor der FranziskusheilstÀtte Vf. -Gladbach-Windberg.
Bei der heute höchst gesteigerten WerlschÀtzung des
kindlichen und werdenden Lehens ist die Wichtigkeit der
Frage hegreiflich, wann die kĂŒnstliche Unterbrechung der
Schwangerschaft bei Lungen- und Kehlkopftuberkulose ge-
stattet ist.
Denn eine .bestimmte Beantwortung dieser Frage scheint
um so wĂŒnschenswerter, als erfahrungsgemÀà in den letzten
Jahren die Unterbrechung der Schwangerschaft bei Tuber-
kulösen einen bedenklichen Umfang angenommen hat. Die
Folge davon ist, daĂ auch unter den Laien und insbesondere
unter den lungenkranken Frauen eine geradezu leichtfertige
Auffassung ĂŒber die Schwangerschaftsunterbrechung bei
Tuberkulose Platz gegriffen hat. Beispiele hierfĂŒr haben wir
in unserer HeilstÀttentÀtigkeit hÀufiger zu verzeichnen ge-
habt. In jedem Jahre kommt es mehrmals vor, daĂ Frauen,
die der Invaliden- oder Reichsversicherung angehören, wenn
sie nach 4â 6 wöchigem Aufenthalt in der HeilstĂ€tte durch
Ausbleiben der Regel die GewiĂheit einer vorliegenden
Schwangerschaft erlangt haben, die Anstalt ohne weiteres
verlassen, um sich die Frucht beseitigen zu lassen. Sie be-
grĂŒnden ihr Vorhaben durchweg mit der Angabe, daĂ fin-
den Fall des Eintrittes einer Schwangerschaft "die kĂŒnstliche
Unterbrechung derselben im Interesse ihrer Gesundheit und
Ihres Lebens notwendig sei. Eine Frau, bei welcher schon
zweimal die kĂŒnstliche Fehlgeburt eingeleitet worden, be-
trachtete ihre Lungentuberkulose geradezu als einen Frei-
brief zur fortgesetzten Unterbrechung der Schwangerschaft.
Nebenbei ist es vielleicht interessant, zu hören, daà diese
Patientinnen durchweg aus den benachbarten GroĂstĂ€dten
und vorwiegend aus DĂŒsseldorf stammten. Nun wĂ€ren diese
wenigen FĂ€lle an sich ja bedeutungslos, wenn sie nicht
einige von vielen darstellten und nicht fĂŒr die geradezu
frevelhaft leichtfertige Auffassung der Laien in dieser heiklen
Frage beredtes Zeugnis ablegten. Dazu erfahren wir zu-
weilen auch in der Vorgeschichte, daĂ das eine oder andere
Mal die Schwangerschaft wegen der Tuberkulose unter-
brochen worden ist, und sind in der Lage, durch unsere Er-
fahrung in der Sprechstunde diese FĂ€lle aus den Kreisen der
Bessergestellten noch zu ergÀnzen.
Von den Aerzten wird die Frage nach der Notwendig-
keit und NĂŒtzlichkeit der kĂŒnstlichen Unterbrechung der
Schwangerschaft l>ei Tuberkulose verschieden beantwortet.
Einigkeit besteht nur bezĂŒglich der kĂŒnstlichen FrĂŒh-
geburt. Denn allgemein ist man der Ansicht, daĂ sie der
spontanen Geburl am Ende der Zeit gleichzusetzen und des-
halb auch von ihr ein therapeutischer Nutzen fĂŒr die Mutter
nicht zu erwarten sei. Nur vereinzelt taucht in der Literatur
noch die Forderung auf, der ohnehin verlorenen Mutter durch
die kĂŒnstliche FrĂŒhgeburt eine wesentliche Erleichterung
groĂer Beschwerden zu verschaffen.
Weit auseinander dagegen gehen die Anschauungen be-
zĂŒglich der Einleitung einer Fehlgeburt. Wenngleich auch
heutzutage wohl kein Arzt â weder GynĂ€kologe noch Lun-
genarzt â die Einleitung einer Fehlgeburt bei Lungentuber-
kulose grundsÀtzlich ablehnt, so begegnen wir doch bei der
Indikationsstellung zu derselben den widersprechendsten An-
schauungen. WĂ€hrend auf der einen Seite diejenigen Aerzte
stehen, welche jede Schwangerschaft bei Tuberkulose unter-
brechen wollen, steht auf der anderen Seite die gröĂere Zahl
derjenigen, welche individualisierend nur von Fall zu Fall
die Entscheidung treffen wollen, ob die Schwangerschaft
unterbrochen werden soll oder nicht. Dabei zeigt sich frei-
lich, daĂ es einheitliche GrundsĂ€tze fĂŒr die Entscheidung
dieser Frage nicht gibt, sondern jeder nach seinen eigenen
Erfahrungen den Fall zu entscheiden sucht. Die einen
wollen nur in schwereren FĂ€llen bei offensichtlicher Ver-
schlimmerung des Krankheitsbildes, die anderen gerade in
leichteren oder beginnenden, aber aktiven FĂ€llen die
Schwangerschaft unterbrechen, wĂ€hrend schlieĂlich die
dritten vor der Unterbrechung der Schwangerschaft erst den
Erfolg einer sachgemĂ€Ăen Behandlung abwarten wollen.
Im Jahre 1913 hat der Vorstand der Landesversiche-
rungsanstalt Rheinprovinz bei den HeilstÀttenÀrzten der
Rheinischen HeilstÀtten, sowie einigen anderen LungenÀrzten
eine diesbezĂŒgliche Rundfrage veranstaltet, wobei in den
Antworten- die vorgenannte Verschiedenheit der Anschau-
ungen deutlich zum Ausdruck kam. WĂ€hrend der eine es
fĂŒr eine nationale Pflicht jedes Arztes erklĂ€rt, bei Lungen-
tuberkulose jede Schwangerschaft zu unterbrechen, hat ein
anderer noch keinen Fall gesehen, wo die Unterbrechung der
Schwangerschaft notwendig gewesen wÀre: und zwischen
diesen extremen Meinungen steht die Mehrzahl derjenigen,
welche die Frage von Fall zu Fall entscheiden wollen. In
diesem Widerstreit der Meinungen haben auch die Ver-
sammlung der TuberkuloseÀrzte in Karlsruhe und der Gy-
nĂ€kologenkongrefi in MĂŒnchen im Jahre 1911 keine end-
gĂŒltige KlĂ€rung gebracht.
Trotzdem möchten wir den Versuch mÀchen, an Hand
der Forschungsergebnisse der letzten Jahre und der eigenen
Erfahrungen mehr odei weniger bestimmte Richtlinien fĂŒr
die Einleitung der kĂŒnstlichen Fehlgeburt bei Tuberkulosen
aufzustellen.
ZunÀchst haben wir festzulegen, welche GrundsÀtze
jeden gewissenhaften Arzt bei der Unterbrechung der
Schwangerschaft ĂŒberhaupt zu leiten haben. Dabei gilt als
oberster Grundsatz, daĂ die Unterbrechung der Schwanger-
schaft niemals ein Vorrecht des Arztes, sondern immer nur
ein Ă€rztlicher Eingriff sein darf, fĂŒr den besonders strenge In-
dikationen verlangt weiden mĂŒssen. Diese Indikation darf
nur dann als vorliegend erachtet werden, wenn hei der be-
treffenden Person infolge einer bereits bestehenden Erkran-
kung eine als unvermeidlich erwiesene, schwerste Gefahr fĂŒr
Leben und Gesundheit vorhanden ist, die durch kein anderes
Mittel, als durch Unterbrechung der Schwangerschaft abge-
wendet werden kann. Diese strikte Indikation hat auch die
erweiterte wissenschaftliche Deputation fĂŒr das Medizinal-
wesen festgelegt und diesem obersten Leitsalz noch folgende
hinzugefĂŒgt:
2. Der Arzt ist nicht berechtigt, die Unterbrechung der
Schwangerschaft aus sozialen rassehygienischen GrĂŒn-
30
Blum: Unterbrechung der Schwangerschaft
10. Salus,. â
Nr. 2.
den vorzunehmen; er wĂŒrde durch eine solche Hand-
lung einen VerstoĂ gegen das Strafgesetzbuch begehen.
;5. Es empfiehlt sich eine Schwangerschaftsunterbrechung
nur auf Grund einer Beratung mehrerer Aerzte vor-
zunehmen, und
\\. fĂŒr die durch Aerzte vorgenommene Unterbrechung
der Schwangerschaf l ist die Anzeigepflicht einzu-
fĂŒhren.
Nach diesen GrundsÀtzen haben wir also in erster Linie
zu prĂŒfen, ob und unter welchen UmstĂ€nden die Schwanger-
schaft fĂŒr die tuberkulöse Frau eine unabweisbare, schwerste
Gefahr fĂŒr Leben und Gesundheit mit sieh bringt, und zwei-
tens, ob diese Gefahr durch die Unterbrechung der Schwan-
gerschaft beseitigt werden kann.
Ohne auf "Widerspruch zu stoĂen, kann man wohl all-
gemein behaupten, daĂ Schwangerschaft, Geburt und
Wochenbett fĂŒr jede tuberkulöse Frau eine Kraftprobe dar-
stellt, deren Ausgang man nie mit Sicherheit vorhersehen
kann. Auch bevölkerungsstatistisch lĂ€Ăt sich ein ungĂŒnstiger
EinfluĂ der Schwangerschaft auf die Tuberkulose nach-
weisen. Bekannt ist in dieser Hinsieht die Statistik von
Rode, der fand, daĂ in Christiania in der Altersklasse von
20 â 25 Jahren auf 100 tuberkulöse Verheiratete nur 08 un-
verheiratete starben, von 25 â 30 Jahren auf 100 verheiratete
Tuberkulöse nur 47,6 unverheiratete. Und da die Ehe an sich
auf die Tuberkulösen einen gĂŒnstigen EinfluĂ auszuĂŒben
pflegt, zumal wenn damit eine Hebung der sozialen VerhÀlt-
nisse der Frau verbunden ist, kann die gröĂere Sterblichkeit
der Verheirateten nur den Schwangerschaften zugeschrieben
werden. Der ungĂŒnstige EinfluĂ der Schwangerschaft auf
die Tuberkulose erhellt ferner aus der Tatsache, daĂ die Tu-
berkulose unter den TodesfÀllen im Wochenbett nach der
Sepsis die gröĂte Rolle spielt. Dagegen kann ich auf Grund
der eigenen Erfahrungen der Ansicht derjenigen Fachkolle-
gen nicht beitreten, welche in einem Prozentsatz von 7,~> Pro-
zent eine ungĂŒnstige Beeinflussung der Tuberkulose durch
die Schwangerschaft beobachtet haben wollen.
Die Ursachen dieser ungĂŒnstigen Beeinflussung sind
mannigfacher Art. Schon in den ersten Monaten der
Schwangerschaft spielen Störungen des Stoffwechsels eine
gefÀhrliche Rolle. So hat man mehrfach bei Schwangeren
VerÀnderungen des Serums und der roten Blutkörperchen
festgestellt, Àhnlich wie sie bei Krebskranken vorkommen.
Auch kreisen vom 3. Schwangerschaftsmonat ab Fettstoffe
(Gholesterinester und Cholesterinfette) im Blute der Schwan-
geren. Stoffe, von denen nachgewiesen ist, daĂ sie das
Wachstum der Tuberkelbazillen befördern, ferner zu einer
Zeit, wo sonst die Schwangerschaft noch nicht nachgewiesen
werden kann, EiweiĂ- und andere schĂ€dliche Stoffe (Anti-
trypsin), von denen man vermutet, daĂ sie entweder die Ge-
w-ebe und deren SĂ€fte zu einem besseren NĂ€hrboden fĂŒr die
Tuberkelbazillen machen oder die normalen Abwehrvorrich-
tungen des Körpers gegen die Tuberkelbazillen schwÀchen.
Diesen VorgÀngen könnte es auch wohl zuzuschreiben sein,
daà mehrfach erst wÀhrend der Schwangerschaft die Tuber-
kulose in die Erscheinung tritt. In den spÀteren Monaten
der Schwangerschaft sind jedenfalls die gesteigerten An-
forderungen an die LeistungsfÀhigkeit des Organismus, die
erschwerten mechanischen VerhÀltnisse der Atmung und
Zirkulation und wÀhrend Geburt und Wochenbett der durch
die auĂerordentliche Leistung des Körpers bedingte
SchwĂ€chezustand Momente, welche fĂŒr die Entwicklung der
Tuberkulose gĂŒnstig sind.
Gelegentlich ist die tuberkulöse Wöchnerin auch dadurch
gefÀhrdet, daà im Anschluà an die Geburt Miliartuberkulose
oder fortschreitende Genital- und Bauchfelltuberkulose sich
entwickelt, als deren Ursache die neue Forschung Tuber-
kulose der Nachgeburt oder auch ohne dieselbe das Vor-
handensein der Tuberkelbazillerj in der Nachgeburt oder im
Nabelschnurblut festgestellt hat.
Nun kennt jeder Arzt FĂ€lle von Tuberkulose, in denen
die Schwangerschaft ohne jede Störung verlÀuft. Vereinzelt
kommen sogar FĂ€lle vor, wo trotz Schwangerschaft der Lun-
genbefund gebessert und der allgemeine ErnÀhrungs- und
KrÀftezustand gehoben wird, wÀhrend wiederum in anderen
FĂ€llen eine Verschlimmerung des Lungenleidens nicht zu
verkennen ist. Diese Erscheinung hat weniger in dem Sta-
dium, als in dem Charakter der Erkrankung ihren Grund.
Ausgeheilte Tuberkulose wird erfahrungsgemÀà durch die
Schwangerschaft in keiner Weise beeinfluĂt. Die inaktiv
latente, d. h. die ruhende und verborgene Lungentuberkulose
nur in seltenen FĂ€llen. Selbst nach der ungĂŒnstigsten Sta-
tistik wurden nur 25 Prozent der FĂ€lle verschlimmert, nach
der gĂŒnstigsten nur 3,5 Prozent. In den meisten FĂ€llen, in
welchen eine Verschlimmerung des Lungenleidens festzu-
stellen ist, handelt es sich um klinisch manifeste aktive
Lungentuberkulose. Hier gibt die vorgenannte Statistik bis
zu 86 Prozent Verschlimmerungen an: bei anderen Autoren
finden wir auch eine geringere Prozentzahl angegeben. Aber
ganz abgesehen von dieser Differenz sind nicht alle Ver-
schlimmerungen derart, daĂ sie ernstlich Leben und Gesund-
heit der Schwangeren bedrohen. HĂ€ufig genug folgt der
Verschlimmerung bald ein Stillstand.
Freilich gibt es Anzeichen, bei deren Vorhandensein ein
Stillstand nicht zu erwarten ist und der fortschreitende Pro-
zeà der Schwangeren gefÀhrlich wird. Dies sind in erste)
Linie diejenigen FÀlle, wo kurz vor oder wÀhrend der
Schwangerschaft Bluthusten auftritt. Auch diejenigen FĂ€lle
gehören hierher, in welchen sich wÀhrend der Schwanger-
schaft Fieber einstellt, das andauernd bestehen bleibt und
den allgemeinen ErnÀhrungs- und KrÀftezustand der
Schwangeren reduziert. Auch gibt es vereinzelte FĂ€lle, wo
ohne Bluthusten und ohne Fieber durch ein schnelles Fort-
schreiten des anfangs lokalisierten Lungenherdes Gesundheil
und Leben der Sc hwangeren bedroht wird. Der Bazillen -
befund ist dabei nicht von ausschlaggebender Bedeutung.
Denn nicht jede offene Lungentuberkulose wird der Schwan-
geren zum VerhÀngnis, wÀhrend umgekehrt manche ge-
schlossene Lungentuberkulose in der Schwangerschaft eine
bedrohliche Versc hlimmerung annimmt und gefÀhrlich wird.
Die Kehlkopftuberkulose bietet fĂŒr die Schwangeren meist
eine sehr ungĂŒnstige Vorhersage; nur wenige FĂ€lle haben
von vornherein einen so gutartigen Charakter, daĂ sie durch
den Eintritt der Schwangerschaft nicht ungĂŒnstig beeinfluĂt
wĂŒrden. Meistens verschlimmert sich die Kehlkopftuber-
kulose wÀhrend der Schwangerschaft, geht in die diffuse
ulceröse Form ĂŒber und wird so lebensbedrohend. Der Grund
der auffallenden Verschlimmerung der Kehlkopftubcrkulose
ist einmal in der regelmĂ€Ăigen Kombination mit Lungen-
tuberkulose zu suchen. Sodann haben neuere Untersuchun-
gen ergeben, daĂ die Schwangerschaft allgemein in den ĂŒber-
aus meisten FÀllen typische VerÀnderungen der Kehlkopf-
schleimhaut und der Stimme bedingt, die bei Tuberkulösen
jedenfalls einen gĂŒnstigen Boden fĂŒr die Ansiedelung und
Weiterentwicklung der Tuberkulose bilden.
Nur in ganz seltenen FĂ€llen kann eine Verschlechterung
des Allgemeinbefindens allein bei der schwangeren Tuber-
kulösen gesundheits- oder lebensgefÀhrlich weiden. Ver-
schlechterung des Allgemeinbefindens kommen eben bei jeder
Schwangeren vor. Bei den tuberkulösen Schwangeren han-
delt es sich auch oft genug um scheinbare Verschlimmerun-
gen, die im Wesentlichen auf psychischem Wege dadurch
zustande kommen, daĂ die Kranke, obwohl vor der Schwan-
gerschaft gewarnt, nun doch in Hoffnung gekommen ist.
Auch kann man der Gewichtsabnahme der Schwangeren in
vielen FĂ€llen keine besondere ernste Bedeutung zumessen.
Dieses Moment ist nur in Verbindung mit anderen ernsten
klinischen Erscheinungen zu verwerten. Ebenso ist das
Schwinden oder Fehlen der Tuberkulinreaktion nicht als
eine bedrohliche Erscheinung anzusehen.
Wie sind nun die vorgenannten FĂ€lle, denen durch di.'
Schwangerschaft eine ernste Gefahr fĂŒr Gesundheit und Le-
ben droht, im einzelnen zu beurteilen und zu behandeln'.'
FĂ€lle, in denen kurz vor dem Eintritt der Schwangerschaft
oder wÀhrend derselben Bluthusten aufgetreten ist, erheischer
ohne weiteres die Unterbrechung derselben, wenn der Fall
V
fi). Jahrg. Nr. 2. Blum: Unterbrechung def Schwangerschaft :u
sonst als heilbar erscheint; denn diese geben immer eine
schlechte Vorhersage. Tritt die Tuberkulose erst wÀhrend
der Schwangerschaft in die Erscheinung, so kommt unseres
Erachtens bei den meisten FÀllen eine HeilstÀttenbehandlung
in Frage, weil dieselben, abgesehen von einzelnen Fidlen
blĂŒhender oder galoppierender Sehwindsucht, durchweg eine
forte Vorhersage haben. Ganz typisch tritt hei diesen Frauen
immer die Meinung zutage, daà sie den wÀhrend der
Schwangerschaft erworbenen Husten erst nach Beendigung
derselben wieder los wĂŒrden.
Im ĂŒbrigen ist daran festzuhalten, dali die Entscheidung
ĂŒber die Behandlung jedes einzelnen Falles möglichst erst
(lach einer genauen klinischen Beobachtung zu treffen ist,
die zweckmĂ€Ăig in einem Krankenhause oder in einer Lun-
genheilstĂ€tte vorzunehmen ist, aber nicht ĂŒber die Dauer
einiger Wochen hinaus ausgedehnt zu werden braucht. Die
Erfahrung lehrt nĂ€mlich, daĂ bei sachgemĂ€Ăer Beobachtung
mancher Fall fĂŒr die kĂŒnstliche Unterbrechung der Schwan-
gerschaft ausscheidet. Ueberhaupt dĂŒrfte die Behauptung,
daà die HeilstÀttenbehandlung bei tuberkulösen Schwange-
ren keine Erfolge aufzuweisen habe, nicht ganz richtig sein.
Unsere Erfahrungen sprechen jedenfalls dagegen. Auch
namhafte GynĂ€kologen und LungenfachĂ€rzte, die frĂŒher an-
derer Meinung waren, haben im Laufe der Zeit diese ihre
Ansicht zugunsten der HeilstÀttenbehandlung geÀndert und
uns dies auf Anfrage auch persönlich bestĂ€tigt. Man mĂŒĂte
den schwangeren Tuberkulösen nur mehr als bisher in den
ersten 4 Monaten die HeilstÀtten öffnen oder noch besser,
gleichsam prophylaktisch, darauf bedacht sein, tuberkulöse
Frauen, wenn sie nicht schwanger sind, einer grĂŒndlichen
HeilstĂ€ttenbehandlung zu unterziehen; dann wĂŒrden die
Fidle, welche eine kĂŒnstliche Unterbrechung der Schwanger-
schaft notwendig machen, noch seltener werden.
Wenn aber die klinische Beobachtung ergibt, daĂ auf
keine Weise eine Besserung oder ein Stillstand des Lungen-
leidens zu erzielen ist, so dĂŒrfte fĂŒr gewisse FĂ€lle die kĂŒnst-
liche Unterbrechung der Schwangerschaft nicht zu vermeiden
sein und deren gĂŒnstiger EinfluĂ auĂer Frage stehen; und
je frĂŒher dann die Schwangerschaft unterbrochen wird, desto
aussichtsreicher ist es fĂŒr den gĂŒnstigen Verlauf der Tuber-
kulose und desto einfacher und ungefÀhrlicher ist auch der
Eingriff. Je nÀher das normale Ende der Schwangerschaft
heranrĂŒckt, um so gefĂ€hrlicher und angreifender ist die
Unterbrechung derselben, wĂ€hrend der Gewinn fĂŒr die Mutter
nur gering ist. In der zweiten HĂ€lfte der Schwangerschaft
soll man daher in der Regel den Eingriff unterlassen.
Bei der Einleitung der kĂŒnstlichen F'ehlgeburt kann es
sich natĂŒrlich nur um solche FĂ€lle handeln, bei denen durch
den Eingriff das Leben und die Gesundheil der Mutler â sei
es mit oder ohne Nachbehandlung â mit Sicherheit oder
wenigstens gröĂter Wahrscheinlichkeit zu erhalten ist. Ist
die Krankheit bereits so weit vorgeschritten, daĂ es ausge-
schlossen erscheint, durch den Eingriff dem Krankheils-
prozeĂ Einhalt zu tun und das Leben der Mutter wenigstens
fĂŒr Jahre zu erhallen, so ist von der Unterbrechung der
Schwangerschaft Abstand zu nehmen. In solchen Fallen aus
sozialen oder rassehygienischen GrĂŒnden die Schwanger-
schaft unierbrechen zu wollen, ist verwerflich, ganz abge-
sehen davon, daĂ es eine unleugbare Tatsache ist, daĂ auch
sehr schwer tuberkulöse MĂŒtter hĂ€ufig ganz gesunde und
stellenweise sogar ausnahmsweise krÀftige Kinder zur Welt
bringen, deren Zahl auf 30 â 35 Prozent geschĂ€tzt wird, und
die sicherlich gröĂtenteils erhalten werden können, wenn sie
nur rechtzeitig aus der tuberkulösen Umgebung entfernt und
in SĂ€uglingsheimen untergebracht wĂŒrden. Könnte â neben-
bei bemerkt â von dieser MaĂnahme in allen diesen FĂ€llen
Gebrauch gemacht werden, so wĂŒrde der Prozentsatz von
54,5 â 70 Prozent der Kinder tuberkulöser MĂŒtter, welche im
ersten Lebensjahr sterben, sich bestimmt erheblich vermin-
dern lassen. Sehr lehrreich ist in dieser Hinsicht eine Sta-
tistik von Professor Cornel, nach der von 515 Waisen, bei
welchen allen hereditÀre PrÀdisposition bestand, nur drei an
Tuberkulose erkrankten. Nur ganz ausnahmsweise wird man
sich in schweren Fidlen, wenn es sich um ein bereits Lebens
fÀhiges Kind handelt, bei augenblicklicher Lebensgefahr da-
zu bestimmen lassen, mit RĂŒcksicht auf das kindliche Leben
die Schwangeist hall kĂŒnstlich zu unterbrechen. Praktisch
dĂŒrfte das am ehesten hei Kehlkopituberkulose in Frage
kommen.
Abgesehen von diesen seltenen FĂ€llen kommen also fĂŒr
die kĂŒnstliche Unterbrechung der Schwangerschaft nur an
und fĂŒr sich heilbare Fidle 1. und II. Stadiums in Frage,
welche unter dem EinfluĂ der Schwangerschaft eine sieht
liebe Verschlimmerung erleiden, die durch die sonst ĂŒblichen
Behandlungsmethoden nicht aufzuhallen ist und eine als un-
vermeidlich erwiesene, schwerste Gefahr fĂŒr Leben und Ge-
sundheit der Schwangeren darstellt. Die Tatsache, daĂ man
in keinem Falle von Schwangerschaft und Tuberkulose den
Ausgang mit Sicherheit vorhersagen kann, daà möglicher-
weise wÀhrend der. Schwangerschaft oder wÀhrend des
Wochenbettes eine Verschlimmerung sich einstellen könnte,
genĂŒgt keinesfalls, um die Unterbrechung einer Schwanger-
schaft zu rechtfertigen. Denn neben ethischen und morali-
schen ErwÀgungen kommt hier auch die rechtliche Seite in
Frage. Nach den geltenden Rechtsanschauungen ist ein Ein-
griff an der Leibesfrucht keine private Angelegenheit zwi-
schen Arzt und Patientin. Denn die Leihesfrucht gilt nicht
als ein Teil des mĂŒtterlichen Organismus, sondern als ein
rechtlich geschĂŒtztes Wesen fĂŒr sich; ein Eingriff, der seine
Vernichtung zur Folge hat, ist somit aus dem Kreis der ge-
wöhnlichen Àrztlichen Handlungen scharf herausgehoben,
und es gilt keine gesetzliche Bestimmung, welche selbst der
wissenschaftlich begrĂŒndeten Schwangerschaftsunter-
brechung Straflosigkeit garantiert.
Aber auch aus ethischen und moralischen GrĂŒnden
mĂŒssen wir Aerzte die Frage der kĂŒnstlichen Unterbrechung
der Schwangerschaft viel diskreter behandeln, als dies bis-
lang vielfach geschehen ist. Wenn wir der tuberkulösen
Frau ans Herz legen, daĂ es wĂŒnschenswert sei, wenn sie in
den nÀchsten Jahren nicht in Hoffnung kÀme, so brauchen
wir doch nicht gleich hinzuzufĂŒgen, daĂ fĂŒr den Fall der
Schwangerschaft die kĂŒnstliche Unterbrechung derselben er-
forderlich wÀre, gerade als ob die Einleitung des Abortes ein
Heilmittel darstelle; und dabei handelt es sich doch um
weiter nichts als um die Beseitigung einer unerwĂŒnschten
Komplikation, eine unmittelbare gĂŒnstige Beeinflussung der
Tuberkulose durch den Eingriff kommt nicht in Frage, er
beseitigt nur die SchĂ€den, welche die Schwangerschaft fĂŒr
den tuberkulösen Organismus mit sich bringt.
Eine solch oberflÀchliche Behandlung der Frage kann nur
dazu beitragen, im Laienkreise eine leichtfertige Auffassung
ĂŒber die Schwangerschaftsunterbrechung aufkommen zu
lassen. Ob nachher die kĂŒnstliche Fehlgeburt notwendig
wird oder nicht, wird sich zeigen, und falls sie notwendig
werden sollte, so ist es noch immer Zeit genug, die Frau und
ihren Ehemann diesbezĂŒglich aufzuklĂ€ren.
Aber auch dann nicht darf ein Arzt allein die schwere
Verantwortung der Unterbrechung der Schwangerschaft auf
sich nehmen; gegebenenfalls soll neben dem GynÀkologen
noch ein erfahrener Internist oder Lungenfacharzt hinzu-
gezogen werden, deren Zusammenwirken fĂŒr die endgĂŒltige
Entscheidung dringend wĂŒnschenswert erscheint. Diese Um-
stÀndlichkeit des Verfahrens erscheint aus verschiedenen
GrĂŒnden geboten. Sie bewahrt den Arzt nicht nur vor
falschem Verdacht, sondern weist auch den Laien auf die
Wichtigkeit und den Ernst der Situation hin, die ihm klar-
machen soll, daà jede Schwangerschaftsunterbrechung höchst
bedauerlich ist und nur durch den Zwang der Not gerecht-
fertigt erscheint.
Auch in der AusfĂŒhrung der zeitlichen und dauernden
Unfruchtbarmachung der tuberkulösen Frau, fĂŒr welche die
GynÀkologen verschiedene sinnreiche, aber auch mehr oder
weniger gefÀhrliche Operationsmethoden ersonnen haben,
sollte man sich die gröĂte ZurĂŒckhaltung auferlegen und sie
nur auf ganz vereinzelte FÀlle beschrÀnken, in denen bei
MehrgebÀrenden nach dem 4. Monat die VerhÀltnisse so im-
32
Karger: Bettruhe
40. Jahrg. â Nr. 2,
gĂŒnstig liegen, daĂ aller Voraussicht nach die einfache Ent-
leerung der GebĂ€rmutter nicht genĂŒgt, sondern auch die Be-
seitigung der Nachgeburtsstelle dringend notwendig er-
scheint.
ZusammengefaĂt wĂŒrden also unsere GrundsĂ€tze fĂŒr die
Frage der kĂŒnstlichen Unterbrechung der Schwangerschaft
bei Lungen- und Kehlkopftuberkulose folgende sein:
1. Die Lungen- und Kehlkopftuberkulose an sieb ist kein
Grund zur kĂŒnstlichen Unterbrechung der Schwanger-
schaft.
2. Aus prophylaktischen GrĂŒnden, d. h. von dem Gesichts-
punkt aus, daĂ Schwangerschaft oder Wochenbett der
tuberkulösen Mutter möglicherweise gefÀhrlich werden
könnten, darf die Schwangerschaft nicht unterbrochen
werden, ebensowenig aus sozialen oder rassehygieni-
schen RĂŒcksichten.
3. In schweren FĂ€llen von Lungen- und Kehlkopf tuber-
kulöse, in denen durch den Eingriff das Leben der
Mutter nicht mehr zu retten ist, ist die Unterbrechung
der Schwangerschaft im allgemeinen zu unterlassen,
ausgenommen sind nur diejenigen seltenen FĂ€lle, wo
bei lebensfÀhigem Kinde und plötzlich eintretender
Lebensgefahr die Unterbrechung mit RĂŒcksicht auf die
Erhaltung des kindlichen Lebens geboten erscheint.
4. Berechtigt und erlaubt erscheint die kĂŒnstliche Unter-
brechung der Schwangerschaft nur in solchen FĂ€llen,
in denen durch exakte klinische Beobachtung zweier
Aerzte â eines GynĂ€kologen und eines Internisten
Lungenfacharztes) in einer LungenheilstÀtte oder in
einem geeigneten gröĂeren Krankenhause einwandfrei
festgestellt ist, daĂ eine aktive, manifeste Tuberkulose
durch die Schwangerschaft eine fortschreitende Ver-
schlimmerung erlitten, die eine schwere Gefahr fĂŒr
Leben und Gesundheit der Frau darstellt und durch
keine andere Behandlungsweise zu beseitigen ist.
Bei dieser strikten Indikationsstellung dĂŒrfte die kĂŒnst-
liche Unterbrechung der Schwangerschaft bei Tuberkulose
nicht zum Schaden fĂŒr das Volkswohl erheblich einge-
schrÀnkt werden.
Aus der UniversitÀts -Kinderklinik in Berlin.
Die Verordnung von Bettruhe
bei kranken Kindern.
Von P. Karge r.
Jedes Medikament und jeder Eingriff hat seine bestimm-
ten Indikationen. Ueberall suchen wir, Ueberdosierungen zu
vermeiden und ĂŒber der Einwirkung auf das Krankheits-
s y raptom nicht die Allgemeinwirkung auf den kranken
Menschen zu ĂŒbersehen. Immer mehr sehen wir das Be-
streben, Verordnungen, die gewissermaĂen reflektorisch oder
traditionell getroffen werden, auf ihren wahren Wert zu
] »rufen und ihre Anwendung von kritischen Ueberlegungen
abhÀngig zu machen. Trotzdem ist unsere Therapie noch
vielfach belastet mit MaĂnahmen, deren Verordnung mehr
oder minder gefĂŒhlsmĂ€Ăig vorgenommen wird, mit Kuren,
deren Beginn leicht, deren Ende schwer oder ĂŒberhaupt nicht
festzulegen ist. Das fĂŒhrt dazu, daĂ man als zweiter oder
dritter behandelnder Arzt ohne es zu wollen, gerade das
Gegenteil von dem anordnet, was die VorgÀnger sagten; ein
Vorkommnis, das in den Augen der Laien nicht zur Festi-
gung des Ă€rztlichen Ansehens beitrĂ€gt. Denn was wir fĂŒr
ziemlich gleichgĂŒltig halten, erscheint dem Kranken mitunter
als sehr wesentlich.
Ein sehr lehrreiches Beispiel fĂŒr das eben Gesagte bildet
die Verordnung von Bettruhe bezw. die Erlaubnis zum Auf-
stehen. Es ist wohl nicht ĂŒbertrieben, wenn ich sage, daĂ
Aerzte und Laien seit altersher den Begriff des Krankseins
mit dem der Bettruhe assoziieren, und daĂ man in vielen
FĂ€llen ĂŒber die Dauer der Ruhekur und ihre Beendigung
keine groĂen klinischen Ueberlegungen anstellt. Betrachten
wir also einmal die Bettruhe als ein Medikament und prĂŒfen
sie nach den fĂŒr Medikamente geltenden Gesichtspunkten.
Dann wĂŒrde sich unser Thema so formulieren: âUeber den
EinfluĂ der Bettruhe auf kranke Kinder und auf Krankheits-
symptome der Kinder". Die Frage nach der Notwendigkeit
und ZweckmĂ€Ăigkeit der Bettruhe wurde vor einigen Jahren
von chirurgischer Seite aufgeworfen und viel diskutiert. Da-
bei ergab sich die merkwĂŒrdige Tatsache, daĂ man sich nicht
einmal darĂŒber einigen konnte, ob das FrĂŒhaufstehen nach
Operationen und Geburten die Bildung von Thromben und
das Auftreten von Embolien begĂŒnstigte oder hinderte, ob sie
also nĂŒtzlich oder schĂ€dlich sei.
Die Verordnung von Bettruhe ist kein unerheblicher Ein-
griff. Oft sogar so erheblich, daĂ in manchen FĂ€llen die
pharmakologischen und physikalischen Heilmethoden da^j
neben an Bedeutung zurĂŒcktreten. Wer unter ungĂŒnstigen
VerhÀltnissen gezwungen war, fast ohne Medikamente Kranke
behandeln zu mĂŒssen, der wird bestĂ€tigen können, welchen
enormen Wechsel im Krankheitsbilde man dadurch erziele«
konnte, daĂ man weiter ânichts" tat, als die Feldsoldaten in?
das fragwĂŒrdige Revierstubenbett zu legen. Wenn man nun,
durch Bettruhe allein, die Bedingungen, unter denen der
Kranke zu leben pflegt, so hochgradig Àndert, so liegt doch
der Gedanke nahe, daĂ man auch hier ĂŒberdosieren, auch
hier schaden kann.
Der Gesichtspunkt, unter dem man Menschen ins Bett
legt, ist doch der, daà man die KrÀfte des Körpers dadurch^
möglichst weitgehend fĂŒr den Kampf mit dem Krankheits-^
prozesse frei zu machen sucht, daĂ man die Anforderungen^
die das Leben an sie stellt, auf ein MindestmaĂ herabsetzt.
Wenn ein Mensch sich krank fĂŒhlt, so Ă€uĂert sich das, ab-
gesehen von Schmerzen u. À. zunÀchst darin, daà ihm die
BetÀtigung seiner Bewegungsorgane anstrengend wird, und
diesen erheblichen Faktor der Muskelarbeit schalten wir vor
allein durch die Ruhelage aus. Wir kommen der Bewegungs-
unlust der Kranken entgegen.
Das Wort âBettruhe" setzt stillschweigend voraus, daĂ
der im Bett liegende Kranke ruht. Diese Annahme entbehrt
jeder Grundlage, sobald es sich um kranke Kinder handelt.
Die Bewegungsunlust, die Voraussetzung einer Bettruhebe-
handlung ist, ist gebunden an das subjektiv gestörte Be-
linde n, nicht an den objektiven Krankheits b e f u n d.
Das gegenseitige VerhÀltnis von Befund und Befinderl
wird in manchen FĂ€llen von dem KrankheitsprozeĂ bestimmt
und kann in seiner Eigenart diagnostische Winke geben; ich
erinnere an das schwer gestörte Befinden des Grippekranken
bei fehlendem oder minimalem Befunde, andererseits an die
bekannte Euphorie mancher Tuberkulöser. HÀufiger ist die
Reaktion auf die Erkrankung aber von persönlichen Eigen-
tĂŒmlichkeiten des Kindes abhĂ€ngig, so daĂ bei gleichem Be-
funde das eine Kind schwer krank, das andere ganz gesund
erscheinen kann.
Soweit nicht Erziehungsfehler bei Neuropathen im Spiele
sind, d. h. soweit nicht das Kind mit seinen geringfĂŒgigen
Störungen Gegenstand intensivsten Interesses seiner Um-
gebung wird, kann man zwei Typen von kranken Kindern
unterscheiden.
Bei der ersten Gruppe verlÀuft eine Störung als lokaler
ProzeĂ. Diese kommen in die Sprechstunde, weil der Mutter I
etwas auffĂ€llt. Bei der zweiten Gruppe fĂŒhrt die gleiche
Störung zu Allgemeinsymptomen, diese kommen, weil das j
Kind sich krank fĂŒhlt. Wovon diese Verschiedenheit ab-
hĂ€ngt, ist schwer zu sagen, ich habe aber den Eindruck, daĂ
der zweite Typ sich in der Mehrzahl der FĂ€lle aus Kindern j
rekrutiert, die zu Störungen in der GefĂ€Ăinnervation neigen]
oder pastösen Habitus zeigen. Sie sind jedenfalls nicht iden-j
tisch mit der bekannten Spezies der anfÀlligen Kinder, denal
gerade unter diesen fand ich viele, die sehr gegen ihren Willen Ii
bei ihren Infekten mit Àrztlicher Untersuchung belÀstigt wur-jj
den. Im allgemeinen ist nach meinen Erfahrungen der zweite l
40. Jahrg. â Nr. 2.
Karger: Bettruhe
Typ mit seiner Neigung zu Allgemeinerscheinungen als der
schwerere einzuschÀtzen.
Beiden Sorten von Kindern pflegt man âzunĂ€chst'1 Bett-
ruhe zu verordnen, nur mit dem erheblichen Unterschiede,
^daĂ sich die einen ins Bett legen, die andern ins Bett gepackt
werden.
Wo die Ruhe im Bette nicht gewollt wird oder nicht
erzwungen werden kann, leistet der Aufenthalt im Bette
natĂŒrlich gar nichts. Es hat aber nur Sinn, die Ruhe zu er-
zwingen, wenn man damit ein vorhandenes Krankheits-
symptom beseitigen oder eine drohende Komplikation ver-
hĂŒten kann. Wie weit diese Einwirkung in klinische Er-
fahrung begrĂŒndet ist, wird im âą speziellen Teil zu erörtern
sein. Von dem Ergebnis dieser ErwÀgung wird man dann
den EntschluĂ abhĂ€ngig machen, ob eine Bettruhe ĂŒberhaupt
anzuordnen ist. Allgemein kann man sagen, daĂ Bettruhe
nur da indiziert ist, wo die Ruhe im Bette durchfĂŒhrbar ist.
Mindestens ebenso wichtig ist aber die Frage, wie lange
man diese Behandlung eigentlich ausdehnen soll? Wenn wir
jetzt also gewissermaĂen die âToxikologie" der Bettruhe be-
sprechen wollen, so liegen die durch Ueberdosierung drohen-
den SchÀden in drei Richtungen.
Erstens tritt mit der langen Ruhigstellung eine allge-
meine MuskelschwÀche ein. Das erste Aufstehen wird immer
schwieriger und die Rekonvaleszenzzeit erheblich verlÀngert.
Zweitens wird man meist eine Verschlechterung des
Appetites sehen. Diese beruht einerseits auf dem gerin-
geren Nahrungsbedarf des ruhenden Kranken, anderseits aber
auch auf dem verminderten NahrungsbedĂŒrfnis des Kindes,
das an chronischer Langeweile leidet.
Drittens kann man wohl sagen, daà bei einem bettlÀge-
rigen Kinde die Erziehung im allgemeinen zu ruhen pflegt,
und zwar um so mehr, je strenger die Bettruhe vom Arzt an-
geordnet wurde. Dabei wÀre eine pÀdagogische Beeinflussung
um so mehr am Platze, je geringer das KrankheitsgefĂŒhl ist.
Die BeschÀftigung des subjektiv wenig gestörten Bett-
lĂ€gerigen ist ein schweres, aber reizvolles Problem. MĂŒssen
wir schon bei ansteckenden Krankheiten auf die Gesellschaft
anderer .Kinder verzichten, so muĂ doch unser Augenmerk
darauf gerichtet sein, daĂ weniger die Erwachsenen sich mit
dem Kinde beschÀftigen, als daà wir dem Kinde BeschÀfti-
gungsstoff bieten, mit dem es sich selbst beschÀftigen kann.
So banal diese Forderungen fĂŒr das gesunde Kind sind, mit
so groĂer SelbstverstĂ€ndlichkeit werden sie beim bettlĂ€gerigen
(denn d. h. ja fĂŒr den Laien kranken Kinde) nicht beachtet.
Manche Enuresis oder Àhnliche Störungen sind dann
scheinbar die Folge eines lÀngeren Krankenlagers, tatsÀchlich
aber Folge des Aussetzens der Erziehung. Daraus ergibt sich
die Forderung, die Zeit der Bettruhe so weit abzukĂŒrzen,
wie sich mit dem Zweck der Verordnung, den wir oben skiz-
zierten, vertrÀgt.
Damit kommen wir zur Besprechung der Frage: Wie
wirkt Bettruhe auf Krankheitssymptome der Kinder?
Wenn man die Frage auf wirft, welches Krankheits-
symptom am hÀufigsten und unbedingt zur Verordnung von
Bettruhe Veranlassung gibt, so wird wohl einstimmig das
Fieber genannt werden. Wenn man dagegen fragen wĂŒrde,
ob es notwendig sei, Kinder mit Schnupfen oder Pharyngitis
ins Bett zu legen, so wĂŒrde das wohl meist verneint werden.
Hier liegt offenbar schon eine Inkonsequenz vor, denn
eine nicht geringe Zahl von Kindein beantwortet diese ge
ringfĂŒgigen Affektionen mit Temperalursleigerungen bis zu
39° C und darĂŒber. Dabei ist in vielen FĂ€llen das Allgemein-
befinden so wenig gestört, daà manche solche Erkrankungen
der Beobachtung entgehen wĂŒrden, wenn die Tcmperatur-
messung unterblieben wÀre.
Ich hatte einmal Gelegenheit, die Kinder eines Instituts-
dieners zu behandeln, der seine beiden Kinder mehrere Jahre
nindurch tÀglich 2 mal zu messen pflegte und zweimal in der
Woche den Urin untersuchte. Aus der meterlangen Kurve
ging hervor, dal? bei den anscheinend gesunden Kindern von
Zeit zu Zeil Abend temperaturen von 38 â 39° gefunden win-
den, ohne daĂ der Vater einen Grund angeben konnte, und
da am nÀchsten Morgen wieder alles normal war, so wurde
Ă€rztliche Hilfe nicht in Anspruch genommen, auch natĂŒrlich
keine Bettruhe eingehalten.
Das stimmt mit den Erfahrungen ĂŒherein, die vor vielen
Jahren an der Czcrny sehen Klinik gemacht winden, als
es sich darum handelte, die Normaltempera turen des Kindes
festzulegen. Es wurden wiederholt gesunde Kinder aufge-
nommen, aber immer traten nach kĂŒrzerer oder lĂ€ngerer Zeil
Temperaturen von ĂŒber 38" C auf, die nur einen Tag an-
hielten, so daĂ es nicht gelang, so normale Kinder aufzu-
treiben, wie man sie wĂŒnschte.
Daraus muĂ man schlieĂen, daĂ Fieber ohne Störung
des Allgemeinbefindens an sich kein Grund ist, die Kinder
als Kranke zu behandeln. Als Fieber möchte ich erst Rektal-
Tcmperaturen ĂŒber 38° ansprechen, wenn sie unter den
nötigen Kautelcn. also z. B nicht nam körperlichen Anstren-
gungen, gemessen wurden.
Es wird ziemlich gleichgĂŒltig sein, ob ich ein Kind mal
einen Tag im Bette lasse und ihm am nÀchsten Tage, wenn
der Fieberabfall die Störung als harmlos aufdeckt, wieder die
Freiheit schenke; anders liegt aber die Sache bei langdauern-
dem Fieber.
Um die Frage nach der Notwendigkeit der Bettruhe im
Fieber zu prĂŒfen, habe ich ĂŒber ein Jahr lang fiebernde
Kinder aufstehen lassen. NatĂŒrlich nicht wahllos. Bei der
Auswahl war mir aber nicht die Höhe des Fiebers, meist auch
nicht seine Aetiologie maĂgebend, sondern die Allgemein -
reaktion des Organismus auf die erhöhte Temperatur. Von
zwei Kindern mit gleicher Fieberhöhe gleicher Aetiologie
kann, wie wir sahen, das eine in bezug auf sein Allgemein-
befinden gesund und das andere schwer krank sein.
Eine Messung der IntensitÀt der Allgemeinstörung nahm
ich in der Weise vor, daĂ ich das subjektive Krankheits-
gefĂŒhl als MaĂstab benutzte. Ich frage also einfach die
Kinder immer, ob sie aufstehen möchten, ganz gleich, ob ich
das fĂŒr angebracht halte oder nicht. Dabei ergeben sich
natĂŒrlich Unterschiede, die aber, von Extremen (Pneumonie,
dekompensierter Herzfehler usw.) abgesehen, weitgehend un-
abhÀngig von der Art der Erkrankung sind. Wohl aber ist
es nicht gleichgĂŒltig, ob das Kind im groĂen Saale oder im
Infektionseinzelzimmer liegt. Hier spielen Begehrungsvor-
s teil u ngen eine nicht zu unterschÀtzende Rolle.
Ich kann gleich zusammenfassend sagen, daĂ ich einen
EinfluĂ des Aufstehens auf den Charakter der Fieberkurve
nicht beobachtet habe. Dabei habe ich experimenti causa
sogar einen Jungen wÀhrend einer Typhuserkrankung stun-
denweise aufstehen lassen und sogar wÀhrend einer Zeit, in
der die Temperaturen zwischen 39 und 40° schwankten. Das
Kind war auch durch diese Fieberhöhe nicht im geringsten
gestört, sondern spielte, las, lief herum wie ein gesundes. Als
nach einiger Zeit ein Rezidiv auftrat, lieà es sich wÀhrend
der ersten Tage nur unter Protest im Bette halten, obwohl
es ĂŒber 40° fieberte. Ich hatte in diesem Falle den Mut zur
Konsequenz verloren, was das Kind bei ungeÀndertem Be-
finden natĂŒrlich nicht einsehen konnte. Im weiteren Ver-
laufe des Rezidivs stellten sich Kopfschmerzen ein und damit
schwand das Verlangen nach dem Aufstehen. Dieser Um-
schwung trat aber bei Temperaturen von etwa 39° G und
darunter ein. DaĂ das Aufstehen das Rezidiv verschuldete,
kann man schon deshalb nicht behaupten, weil die meisten
typhuskranken Kinder bei Bettruhe auch Rezidive bekommen.
SpÀter habe ich noch 2 Kinder mit Typhus wÀhrend der
Kontinuaperiode aufstehen lassen, die mit EinschluĂ eines
Rezidivs dauernd auĂer Bett blieben, und bei denen der Ver-
lauf der Kurve keinerlei Besonderheiten gegen den gewohnten
Verlauf bot. (NB. Es handelt sich hier um ein Experiment,
nicht um die Empfehlung einer Therapie.)
Hier muà einmal die praktisch wichtige Frage erörtert
werden, wann man Kinder nach Infektionskrankheiten aus
dem Bette lassen darf. Dabei können wir wohl die kurz-
dauernden, wie z. B. die Varicellen und Röteln, ganz unbe-
rĂŒcksichtigt lassen, weil man ja solche Patienten nur wĂ€h-
' -
34 Karger: Bettruhe 40. Jahrg. â Nr. 2.
rend der wenigen Fiebertage festlegt, und dabei ist zwischen
ja und nein kein nennenswerter Unterschied.
Anders liegt die Frage bei Masern, Scharlach, Diphtherie.
Da wir nach den oben angestellten ErwÀgungen Kinder nicht
ohne strikte Indikation im Bette lassen wollen, so mĂŒssen wir
untersuchen, ob ein frĂŒheres Aufstehen Schaden bringen
kann, der durch lÀngeres Liegen zu vermeiden wÀre.
Masernkranke Kinder pflegen wÀhrend der ersten Tage
so stark gestört zu sein, daà man sie möglichst in Ruhe lassen
wird. Dieses Stadium ist aber nach 3 â 5 Tagen meist ĂŒber-
wunden und jetzt haben wir die Kinder aufstehen lassen.
Komplikationen habe ich dabei bis jetzt nicht gesehen, wenn
auch unser Infektionsmaterial nur klein an Zahl ist. Im
ĂŒbrigen sind ja bettlĂ€gerige Masernkinder auch vor Störungen
nicht sicher, und nur grobe Differenzen an groĂem Material
wĂŒrden den ungĂŒnstigen EinfluĂ zu frĂŒhen Aufstehens be-
weisen können. Die ebenfalls wichtige Frage, wann ein
solches Kind wieder fĂŒr die Gesellschaft anderer Kinder ge-
eignet ist, soll hier nicht geprĂŒft werden.
Wesentlich vorsichtiger wird man bei Diphtheriekranken
vorgehen mĂŒssen. Wir wissen nicht, ob und wann im Einzel-
falle das Herz geschÀdigt ist, und so wollen wir auf alle FÀlle
eine Ueberlastung des GefĂ€Ăsystems durch Körperbewegung
vermeiden. Wie lange man abwarten muĂ, ehe diese Gefahr
ĂŒberwunden ist, das wird von den Erfahrungen und der
daraus folgenden Aengstlichkeit des einzelnen Arztes ab-
hÀngen. Wenn ich also ohne weiteres die Berechtigung einer
langen Ruheperiode zugebe, so möchte ich doch auf eine
Möglichkeit hinweisen, diese Zeit den Kranken ertrÀglicher
zu gestalten.
Es wird sich nicht vermeiden lassen, daĂ die Kinder
schon nach kurzer Zeit sitzend im Bette spielen. Wenn ich
ein solches Kind angezogen im Lehnstuhle am Tische sitzen
lasse, so wird das bei zweckmĂ€Ăiger Polsterung und Unter-
stĂŒtzung fĂŒr das Herz nicht den geringsten Unterschied
machen. Und doch ist das fĂŒr den Kranken ein ganz gewal-
tiger subjektiver Fortschritt, da das Sitzen am Tische Ge-
meinschaftsspiele und gemeinschaftliches Essen gestatten,
dauernde Anregung bietet und dadurch auf Stimmung und
Appetit wirkt. Ich habe Kinder gesehen, die im Bette herum-
lobten, da sie mit den Rekonvaleszenten unbedingt Ball
spielen wollten, am Tische sitzend aber mit Lotto- und Quar-
tettspielen stundenlang ruhig zu halten waren. Welche Me-
thode die wirkliche Organschonung erzielt, ist wohl in diesem
Falle klar. Mit dem Herumlaufenlassen wird man zurĂŒck-
haltend sein, gute Aufsicht wird das leicht hindern können.
Ich empfehle, solchen Kindern zu groĂe StrĂŒmpfe anzuziehen,
die die Bewegungen nach Art einer Zwangsjacke stören.
Bei Scharlachkindcrn hat sich die Sitte eingebĂŒrgert, daĂ
man mindestens bis zum Ablaufe der dritten Woche mit
dem Aufstehen abwartet, weil man nach dieser Zeit vor der
Nephritis sicher zu sein glaubt. Es ist nun aber schwer er-
weisbar, daà Körperbewegung eine NierenschÀdigung her-
vorruft. Man ist da noch befangen in der Vorstellung der
orthostatischen und Marschalhuminurie, die aber beide keine
EntzĂŒndungen darstellen. AuĂerdem hat man den Eindruck,
daĂ die Disposition zu Nierenerkrankungen bis zu einem ge-
wissen Grade familiÀr bedingt ist. Man könnte also aus Vor-
sicht darauf RĂŒcksicht nehmen, wenn eine belastende Anam-
nese vorliegt.
Einfacher ausfĂŒhrbar ist die umgekehrte Versuchsan-
ordnung, nÀmlich die Frage, was passiert mit einer hÀmo-
rhagischen Nephritis, wenn man sie nicht mit Ruhe behan-
delt? Die Ergebnisse derartiger Versuche waren so frap-
pierend, daĂ sie fĂŒr mich der Ausgangspunkt fĂŒr die anderen
Versuche wurden. Es passiert nÀmlich gar nichts, im Gegen-
teil, man hat eher den Eindruck, daĂ in manchen FĂ€llen das
Blut schneller aus dem Harn verschwindet. Auf die Auf-
stellung von Hypothesen ĂŒber den Mechanismus dieser Er-
scheinung möchte ich verzichten. Wir haben als Indikationen
zur Bettruhe seit lÀngerer Zeit bei Nierenkranken nur die
Oedeme angesehen und damit gute Erfahrungen gemacht, die
sich auch mit denen deckten, die in frĂŒheren Jahren von
Czerny gemacht wurden. Nach seinen Beobachtungen
waren Kinder mit hÀmorrrhagischer Nephritis nur selten ge-
fĂ€hrdet. Im ĂŒbrigen wurden alle die Kinder, die, damals
gegen Ă€rztlichen Rat, mit ihrer Nephritis auf der StraĂe
spielten, rasch geheilt, und verloren wurden nur die bett-
lÀgerigen Kinder.
Daraus möchte ich nicht den Schluà ziehen, daà die
Bettruhe den tödlichen Ausgang herbeifĂŒhrte, sondern daĂ
eben die Kinder meist im Bette liegen, die zu dem erwÀhnten
schwer einzuschÀtzenden Typ gehören. Um eine direkte Heil-
wirkung der Bewegung annehmen zu können, dazu bedarf es
noch der Sammlung weiterer Erfahrungen aus der Praxis.
Auch auf die Ausscheidung von Zylindern und EiweiĂ hatte
die Bewegung keinen merklichen EinfluĂ.
FĂŒr den Scharlach können wir daraus die Nutzanwen-
dung ziehen, daĂ wir die Kinder ruhig nach einigen Tagen
aufstehen lassen können. Wenn man sich auch hier vor
Herzkomplikationen fĂŒrchten muĂ, so kann man doch nicht
mit Sicherheit angeben, nach welcher Zeit man sie erwarten
kann, wie lange man also auf sie warten muĂ; auch sie
können durch Bettruhe nicht verhĂŒtet werden. An dem
groĂen Material der StraĂburger Kinderklinik wurden keine
SchÀdigungen durch Verlassen des Bettes gleich nach Abfall
der Temperatur gesehen.
Da das Verlassen des Bettes in den meisten FĂ€llen keinen
EinfluĂ auf das Harnsediment zeigt, so liegt auch kein Grund
vor, Kranke wegen einer langdauernden Albuminurie ans
Betl zu fesseln. Diese Frage hat groĂe praktische Bedeutung
fĂŒr die Behandlung der Nephrosen. Ein Heilmittel gegen
diese Affektion besitzen wir nicht, also muĂ es unsere Auf-
gabe sein, die Kranken mit diesem Leiden möglichst lange am
Leben zu erhalten. Die Nephrosen können sehr lange mit
einem ungestörten Allgemeinbefinden vereinbar sein, denn
von der EiweiĂausscheidung hat der Patient keine Beschwer-
den. Will man sich also an das Symptom der Albuminurie
klammern, so ist der betreffende Mensch sein ganzes, unter
UmstÀnden langes, Leben hindurch krank. Zu dieser Auf-
fassung liegt aber gar keine Veranlassung vor. Solange keine
Oedeme bestehen, besteht auch keine Gefahr, besteht auch
keine Indikation zur Bettruhe. Kranke mit Oedemen sind in
den meisten FÀllen auch im Allgemeinbefinden so gestört,
daĂ sie ins Bett verlangen; sind die Oedeme aber geschwun-
den, so muà dem Kranken so schnell wie möglich wieder das
GefĂŒhl der Gesundheit beigebracht werden, und die Zeit his
zur nĂ€chsten Wasseransammlung ist im LebensgenĂŒsse, in'
Spiel und Schule, und nicht im Bette abzuwarten. FĂŒr uns
sind also nur Oedeme und schwere Störungen des Allgemein-
befindens eine Veranlassung, nierenleidende Kinder als akut
krank anzusehen, nicht aber Symptome, die uns nur die
chemische Untersuchung des Harns zeigt, Reaktionen, ĂŒber
denen oft das Kind zu seinem groĂen Schaden vergessen
wird.
Bei der Frage, wie weit ein Herzbefund zur Verordnung
einer Ruhekur zwingt, mĂŒssen wir natĂŒrlich von vornherein
die vielen FĂ€lle ausschalten, wo auf Grund eines funktionellen
GerĂ€usches irrtĂŒmlich ein organisches Leiden angenommen
wird. Es bleiben aber dann immer noch genug FĂ€lle ĂŒbrig]
die einer individualisierenden Behandlung bedĂŒrftig sind.
Daà im akuten Stadium einer Endokarditis und wÀhrend
einer Dekompensation Bettruhe verordnet, dann aber rĂŒck-
sichtslos erzwungen werden muĂ, bedarf keiner besonderen
ErwÀhnung, hier ist oft das Morphium ein besseres Herz-
mittel als die DigitalisprÀparate. Daà in der weiteren Be-
handlung ein Zuviel an Bewegung schadet, ist allgemein be-
kannt, viel wreniger bekannt leider, daĂ es auch eine Art Ina
aktivitÀtsatrophie des Herzmuskels gibt, die ebenfalls nicht
gleichgĂŒltig ist. Die Wahl zwischen Ruhekur und Uebungs-
therapie darf keineswegs unbedenklich zu sehr im Sinne der
ersteren entschieden werden.
Ein beliebtes Mittel, sich ĂŒber die LeistungsfĂ€higkeit des
Herzens zu unterrichten, ist die Belastungsprobe. Man pflegt
die Kinder sich aufsetzen zu lassen und aus der GröĂe und
Dauer der Pulsbeschleunigung SchlĂŒsse zu ziehen. Ich halte
V
K). Jahrg. Nr. 2
Sternberg: Vlechanothcrapie
:;6
diese Methode fĂŒr unseren Zweck fĂŒr ungeeignet, da wir eine
TĂ€tigkeit als Testobjekt benutzen, die wir dem Kinde ja gar
nicht zumuten wollen. Wir werfen hier zwei sehr verschie-
dene Dinge zusammen: das aktive Sichaufsetzen und das
Aufrechtsitzen.
Ersteres ist subjektiv und objektiv eine anstrengende Be-
wegung, letzteres ist eine Körperhaltung, die sogar gerade von
dyspnoischen Herzkranken gern eingenommen und einge-
halten wird, um die Atmung zu erleichtern. Es interessiert
uns also nur, wie weit das Aufrechtsitzen mit UnterstĂŒtzung
vertragen wird. Ist man erst so weit, daà das Sitzen möglich
' ist, dann ist das Sitzen im Stuhle anzustreben, wie wir das
oben bei der Behandlung der Diphtherie ausgefĂŒhrt haben,
worauf dann die weitere Uebungstherapie in ĂŒblicher vor-
sichtiger Weise fortgefĂŒhrt wird.
Wir haben bei sorgfÀlliger Beachtung des Allgemeinzu-
standes sogar ein Kind mit Cor bovinum und Leberschwel-
lung aus dem Bette geholt und unter chronischer Digitalis-
therapie so weit gebracht, daĂ es jetzt mit dem groĂen Herzen
und Digitalis die Schule besuchen kann. Ob wir damit die
Prognose bessern, erscheint fraglich, wichtig ist uns auch nur,
daà wir sie nicht verschlechtern und dem Kinde die Mög-
lichkeit geben, die ihm nun einmal zugemessene Lebenszeit
genuĂfĂ€hig zuzubringen und sie nicht im Bette zu vertrauern.
Ebensowenig wie die HerzgröĂe kann der Befund von
Arrhytmien a priori als eine Indikation zur Verordnung von
Bettruhe anerkannt werden. Letztere sind ja durchaus nicht
immer Ausdruck einer Myokarditis und gewisse harmlose
Formen verschlechtern sich sogar deutlich unter Bettruhe.
Ebenso werden Kinder mit schlaffen Herzen erheblich ge-
schÀdigt, wenn man eine Ruhekur statt einer Uebungs-
therapie einleitet. Wir sehen nicht selten Kinder in der Poli-
klinik, die seit einem Jahr und lÀnger ohne zureichenden
Grund geschont und sogar lange Zeit der Schule ferngehalten
wurden. Hier ist natĂŒrlich die beste Therapie, mit der Ă€rzt-
lichen Behandlung SchluĂ zu machen. Diese Frage ist be-
sonders fĂŒr die SchulĂ€rzte wichtig, in deren HĂ€nden ja die
imlscheidung ĂŒber die SchulfĂ€higkeit derart schwĂ€chlicher
Kinder liegt.
Ein sehr schönes Beispiel dafĂŒr, wie wenig ausschlag-
gehend ein sehr deutliches physikalisches Symptom fĂŒr die
Wertung eines Krankheitsprozesses sein kann, bieten zwei
Ei scheinungen bei der Pneumonie der Kinder, auf die ich an
anderer Stelle aufmerksam gemacht habe. Man kann nÀm-
lich noch mehrere Wochen nach Ablauf einer lobÀren Pneu-
monie, wenn die Kinder klinisch lÀngst geheilt sind, im
Röntgenbilde noch einen so erheblichen Schatten wahr-
nehmen, daĂ man die Kinder sicher fĂŒr schwer krank halten
wĂŒrde, wenn man ein Röntgenbild machen wĂŒrde. Zum
GlĂŒcke fĂŒr die Kinder wird das ja vom Praktiker nie ge-
macht, und so lĂ€Ăt man sich mit Recht von diesen Resten
nicht beeinflussen. Unangenehmer ist es schon, daĂ nach
Grippepneumonien noch wochenlang nach der Entfieberung
sehr reichlich laute ohrnahe RasselgerĂ€usche ĂŒber groĂen
Partien der Lunge zu hören waren, die wir als pleurale Rest-
erscheinungen auffassen und die keinen AnlaĂ zu irgend-
welcher FreiheitsbeschrÀnkung der Kinder bieten.
Auf dem Gebiete der Tuberkulosebehandlung interessiert
man sich schon lange fĂŒr unsere Frage, ohne daĂ man zu
einer einheitlichen Auffassung gelangt wÀre. Wo die einen
Autoren fĂŒr âKadaverruhe" eintreten, empfehlen die anderen
Gymnastik. Daraus kann man den SchluĂ ziehen, daĂ beide
Parteien mit ihrer jeweiligen Methode in gewissen Stadien
und bei gewissen Formen der Tuberkulose Erfolge gesehen
haben mĂŒssen. Ich möchte auf diese noch im Flusse befind-
lichen Fragen hier nicht nÀher eingehen.
Man wird aber chronisch fiebernde Kranke ruhig auf-
stehen lassen können, und zwar am besten vormittags, weil
dann das Fieber nicht hoch und das Allgemeinbefinden besser
zu sein pflegt als am Abend. Besonders schöne Erfolge sah
ich leiner bei einigen Kindern mit Darmtuberkulosen, die
nach dem Aufstehen geradezu aufblĂŒhten, sich in ihrem
Appetit und damit in ihrem Allgemeinbefinden trotz des
fortbestehenden Fielxus in erfreulicher W eise besserten. Auch
hier, wo wir im allgemeinen wenig heilen können, besteht
doch die Indikation, das Leben mit und trotz der Krankheit
möglichst ertrÀglich zu gestalten, ohne zu schaden.
Eine besondere Besprechung erfordert die Behandlung
der Bauchfelltuberkulosen, die zwar heilbar sind, aber zu
Rezidiven neigen. Vor Ablauf von 2 .Jahren nach Schwund
aller klinischen Symptome kann von einer Heilung kaum ge-
sprochen werden. NatĂŒrlich kann man kein Kind so langi
im Bette halten. Auf der anderen Seite wissen wir, daĂ die
Rezidive im AnschluĂ an brĂŒske, mit Zerrungen und Er-
schĂŒtterungen verbundene Bewegungen aufzutreten pflegen.
Mit dem Verbot von Turnunterricht ist es nicht getan, man
mĂŒĂte also BĂŒcken, Springen, Rennen usw. noch dazu ver-
bieten. Hier hört die Macht des Arztes auf und beginnt das
rein pÀdagogische Problem, die Zeit und das Interesse eines
Kindes so auszufĂŒllen, daĂ es möglichst wenig Behinderung
empfindet, d. h. daĂ möglichst wenig ausdrĂŒcklich ver-
boten zu werden braucht. Wo diese Forderung ein frommer
Wunsch bleiben muĂ, wird die Prognose schlechter sein als
da, wo ein vollendeter PĂ€dagoge uns unterstĂŒtzen kann.
Die vorstehenden Betrachtungen erschöpfen das Gebiet
naturgemÀà nicht annÀhernd. Ihr Zweck war nur, an Hand
einiger Beispiele dazu aufzufordern, einmal die wahllose Ver-
ordnung von Bettruhe bei den verschiedensten Krankheits-
symptomen einer kritischen Revision und erneuten Dis-
kussion zu unterziehen, um zur PrÀzisierung der Indikations-
Stellung zu gelangen. Da die Entscheidung zwischen Ruhe
Bewegung, zwischen Schonung und Uebung, zwischen
Krankenlager und freiem Spiele in vielen FĂ€llen fĂŒr die
Kinder nicht bedeutungslos ist, so wird man diese Wahl ab-
hĂ€ngig machen mĂŒssen von der genauen Beobachtung und
Bewertung des gesamten Menschen, nicht von dem Bestehen
oder Fehlen einzelner Symptome, und nicht von der einmal
ĂŒbernommenen Tradition.
Neue Gesichtspunkte aus der Mechanik
fĂŒr die physiologische Muskelmechanik der
Bewegungsart, fĂŒr die Mechanotherapie und
Bewegungstherapie.
(Analyse der Mechanik der Koordination.)
Von Wilhelm Sternberg - Berlin.
StoĂ und Schlag einerseits, Zug andererseits sind gegen-
sÀtzliche Begriffe, die schon jedem modernen Handwerker
fĂŒr sein mechanisches Denken und Handeln gelĂ€ufig sind und
nicht etwa bloà dem Feinmechaniker oder PrÀzisionsarbeiter
fĂŒr seine KunstĂŒbungen. Die technische Mechanik und
mechanische Technologie unterscheiden grundsÀtzlich die
Bewegungen des StoĂes und Schlages, nĂ€mlich die Wurf-
Bewegungen einerseits und andererseits die Bewegungen des
Zuges. Das sind die Bewegungen der FĂŒhrung und Leitung.
Trennen ja auch schon Sprache und Volksmund diese Be-
wegungen und Begriffe des tÀglichen Lebens, z. B. in den
Bezeichnungen âLeitrohr", âLeitschiene" einerseits und
âWurfgeschoĂ", âBallistik" andererseits. Auch die medizi-
nische Terminologie trennt die gegensÀtzlichen Bewegungen
des StoĂes und Schlages von denen des Zuges. Allgemein
spricht man zwar von Herz-StoĂ, Spitzen-StoĂ, Herz-Schlag,
Puls-Schlag, aber doch, ebenso wie von Schrift-Zug oder
Gesichts-Zug, von Atem-Zug und Kunst der Atem-FĂŒhrung.
Die moderne Wissenschaft der Mechanik untersucht
diese Bewegungen und die FolgezustÀnde dieser Bewegungen
aufs genaueste. Kirsch1) behandelt dieses Gebiet in seinem
Werk: âUeber StoĂ". Da die Physik fĂŒr die physiologische
Muskel-Physik, die Mechanik fĂŒr die physiologische Muskel-
l) Ueber StoĂ, Relaxation und Sprödigkeit. Ein Beitrag zur
technischen Mechanik zÀher Körper'. Bernhard Kirsch, 1921.
Wien, Franz Deuticke.
Sternberg: Meehanotherapie
40. Jahrg. â Nr. 2.
Mechanik maĂgeblich sein mĂŒssen, dĂŒrfte sicli die Frage auf-
drangen, in welcher Weise die moderne Medizin, die Mechano-
therapie und die physikalische Therapie diesen Gesichts-
punkten der Physik und Mechanik â gegenĂŒbertreten. Diese
Frage verdient um so mehr Berechtigung, als die namhaften
Forscher auf den Gebieten der Bewegungslehre, wie
Duchenne und Fo erster, diese Probleme noch nicht
einmal aufwerfen.
Die willkĂŒrlichen Koordinationen sind Bewegungen, die
auf den inneren Reiz des Willens eingeleitet, einen gewissen
Zweck verfolgen, also zweckmĂ€Ăig, d. h. rationell, ökono-
misch, mit dem Minimum von Kraft ausgefĂŒhrt werden.
Alle gewollten Bewegungen lassen sich in zwei grund-
sĂ€tzlich verschiedene Gruppen unterbringen. FĂŒr die theo-
retische Erkenntnis und fĂŒr die praktische Anwendung in der
Bewegungstherapie ist man sogar darauf angewiesen, end-
lich diese prinzipielle Trennung allgemein vorzunehmen.
Diese zwei Gruppen von Bewegungsarten sind folgende:
I. die Bewegungsart der FĂŒhrung, des âZuges".
II. die Bewegungsart des Wurfs, StoĂes, Schlages, der
âZuckung".
Dazu kÀme noch der wiederholte Wurf; und das ist
III. die Bewegungsart des SchĂŒtteins bezw. die des Zit-
terns. Das Wort âSchĂŒtteln" â das â1" deutet die HĂ€ufig-
keitsbildung zu âSchĂŒtten" an â bezeichnet das wiederholte
Werfen zusammenhÀngender Mengen, das heftige Hin- und
Herbewegen. Zittern bedeutet das schnelle und kurze
Schwingen oder Wanken.
Schon lÀngst hat die angewandte Muskelmechanik des
tÀglichen Lebens imd die angewandte PÀdagogik von diesen
Begriffen und Bezeichnungen Kenntnis genommen und Ge-
brauch gemacht. Es ist nicht wenig bezeichnend, daĂ es
gerade die KunstĂŒbung ist, die von der Ton-âFĂŒhrung"
spricht, von der Bogen -âFĂŒhrung", von der Atem-, .FĂŒhrung".
Die PĂ€dagogik verlangt eine geradezu âkĂŒnstlerische Be-
handlung" des Atems. Der Ton, so heiĂt es allgemein, darf
nicht âherausgestoĂen" werden, sondern muĂ âgezogen", âge-
sponnen" werden. Deshalb ist es auffallend, daĂ die medi-
zinischen Wissenschaften von diesem Kunstausdruck der Be-
wegungsart, von dieser Form der Koordination, noch nicht
Notiz genommen haben. Dies ist um so merkwĂŒrdiger, als
die Physiologie und gerade die Pathologie die andere Be-
wegungsart und die andere Form der Koordination bereits in
der Bezeichnung hervorheben: âAuswurf", âEjakulation",
âJactatio", âSchĂŒttellĂ€hmung", SchĂŒttelfrost", âSich schĂŒtteln
vor Lachen", âZuckungen" u. a. m.
Schon diese Tatsachen scheinen anzudeuten, daĂ die
gefĂŒhrten Bewegungen erworben sind und der Uebung be-
dĂŒrfen, um zur Kunstfertigkeit zu fĂŒhren, wĂ€hrend die ge-
worfenen Bewegungen angeborene, tierische, unwillkĂŒrliche,
reflektorische Koordinationen sind, die nicht der Uebung be-
dĂŒrftig, ein Kinderspiel, kein KunststĂŒck sind.
Ein und dieselbe Bewegung kann einmal eine gefĂŒhrte,
ein ander Mal eine geworfene Bewegung sein. Da zudem
jede Koordinationsbewegung nur zustande kommt durch Zu-
sammenwirken von Agonisten und Antagonisten, muĂ sich
die Unterscheidung besonders beziehen auf Mitwirkung der
Antagonisten. Das ist auch tatsÀchlich der Fall.
1. Einmal sind die Antagonisten dauernd, wÀhrend der
ganzen Dauer, in jeder kleinsten Zeiteinheit der Koordination
mittÀtig, gleichsam wie eine arretierende Feder zur Siche-
rung der Bewegung, jeden Augenblick bereit, abstufend,
bremsend, hemmend einzugreifen, wenn etwa die Agonisten
aus irgend einem Grunde zu stark in Anspruch genommen
sind.
Der physiologische Mechanismus fĂŒr alle Bewegungen,
die mit Vorsicht ausgefĂŒhrt werden, kommt so zustande, daĂ
die die Kontrolle fĂŒhrenden Antagonisten stark beteiligt
weiden. Gerade der Feinmechaniker, der PrÀzisionsarbeiter,
der Graveur u. a. m., der mit groĂer Vorsicht subtilste Be-
wegungen auszufĂŒhren hat, muĂ die Antagonisten immer
in Bereitschaft halten, um ja nicht auszurutschen in seinen
Bewegungen des Kunsthandwerks oder Kunstgewerbes. Die
Antagonisten verhindern das Ausgleiten. Das ist das, was
man eine âleichte Hand" nennt: Die âschwere Hand" ist
eine Hand, die diese Hemmungen der Antagonisten ĂŒbertreibt
oder aber gar nicht zu ĂŒberwinden hat, um das Handwerk
der groben tierischen Kraft zu verrichten.
Die gleichzeitige Intervention der Antagonisten könnte
streng genommen als ĂŒberflĂŒssiger Energieverbrauch miĂ-
deutet werden. Allein bei sÀmtlichen Bewegungen eines
Gliedes treten immer auĂer den eigentlichen Agonisten auch
die Antagonisten gleichzeitig in TĂ€tigkeit, um die Be-
wegungen zu moderieren, um ihnen PrÀzision und Sicherheit
zu verleihen. Diese Mitwirkung der Antagonisten und ihre
VerknĂŒpfung mit den Agonisten, diese âHarmonie der Ant-
agonisten", oder âSynergie der Antagonisten", und ihre Ver-
knĂŒpfung mit den Agonisten zu einem gemeinschaftlichen
Akt als âantagonistische Muskelassoziation", die als physio-
logische elementare Einheit der chemischen Verbindung oder
dem chemischen MolekĂŒle im Gegensatz zu den Atomen
gleichzusetzen wÀre, ist ein Hilfsmittel des Koordinations-
vermögens, um eine Bewegung zu moderieren und zu prÀzi -
sieren.
Dabei werden die Antagonisten bei der Spannung der
Agonisten mitunter gedehnt. Gerade in diesem Zustand der
Dehnung sind sie erst recht geeignet, fein zu reagieren;
auĂerdem werden sie dann noch besonders unterstĂŒtzt durch
die physikalische Spann- oder Schnellkraft der ElastizitÀt.
2. In der Bewegungsvorstellung, die jeder gefĂŒhrten Be-
wegung vorausgeht, besteht nur die Einleitung der Bewegung
als Bewegungsbild. Nur diese Einleitung ist erforderlich fĂŒr
diese Bewegungsvorstellung. Denn die Antagonisten passen
ja sozusagen auf, sie liegen ja auf der Lauer, begabt mit
feiner Sinnesempfindlichkeit, die kumulativ durch Uebung
steigerungsfĂ€hig, sogar steigerungsbedĂŒrftig ist, sofort, wenn
es nötig ist, ein Zuviel der Agonisten abzuschwÀchen und zu
hemmen.
Das ist die Bewegungsart der FĂŒhlung.
DemgegenĂŒber steht als prinzipieller Gegensatz die Be-
wegungsart, die einen Wurf darstellt. Dabei kann sich die
geworfene Bewegung richten auf einen Fremdkörper, einen
Stein z. B., der geworfen wird, oder aber auf den Gesamt-
körper, der durch Wurfbewegung der Muskulatur geworfen
wird, oder schlieĂlich auf einzelne Teile des Körpers, die
durch Wurf bewegung höher, proximal, gelegener Muskel -
gruppen geworfen werden.
I. Diese Bewegungsart des WTurfes kommt zustande da-
durch, daĂ nur einen Augenblick die biologische Kraft der
physiologisch tÀtigen Muskelgruppen einsetzt, und dann der
geworfene Gegenstand, der, wie man sogar in der Mechanik
sich ausdrĂŒckt, einen Arbeitsinhalt, âlebendige Kraft" in sich
birgt, von selbst, scheinbar von allein, sich fortbewegt.
Die Vorstellung des geworfenen Steines erlÀutert dies
leicht. Durch die Wurfbewegung wird der Masse des Steins
eine gewisse Geschwindigkeit erteilt, und dadurch die Arbeit,
die der Arm geleistet hat, in ihm aufgespeichert. Er erhÀlt
einen Arbeitsinhalt; die Kraft des Armes wird im geworfenen
Stein zur âlebendigen Kraft", und diese treibt den Stein durch
die Luft. Er wĂŒrde mit dieser Geschwindigkeit weiterfliegen,
wenn nicht der Luftwiderstand und die Schwerkraft auf ihn
einwirkten und den Arbeitsinhalt allmÀhlich aufzehrten.
Seine Geschwindigkeit wird also ziemlich schnell geringer
und bald gleich null.
Ebenso wie dem Stein kann man auch der Hand, bezw
Hand und dem Arm durch einen nur kurze Zeit andauernden
AnstoĂ eine relative groĂe Geschwindigkeit und damit einen
Arbeitsinhalt erteilen, vermöge dessen das Glied imstande ist,
WiderstÀnde, die sich seiner Fortbewegung entgegenstellen,
zu ĂŒberwinden.
Der dauernden TĂ€tigkeit der Muskelgruppen bei der Be-
wegungsart der FĂŒhrung steht also gegenĂŒber der nur
kurze Zeit dauernde AnstoĂ, durch welchen dem Fremdkörper
eine gewisse Geschwindigkeit erteilt wird. Der Fremdkörper
wird nach diesem AnstoĂ sich selbst ĂŒberlassen und bewegt
Sternberg: Mechanotherapie
10. Jahrg. â Nr. 2.
sic h infolge des Beharrungsvermögens fort, bis sein Arbeits
Inhalt durch die zu ĂŒberwindenden WiderstĂ€nde auf ge-
lehrt ist.
Bildlich isl der Vorgang folgendermaĂen darzustellen:
B
A D C
A bezeichnet den Ausgangspunkt, B das Maximum der
jptĂ€rke, die gegenĂŒberliegende Dreieckspitze C das Ende der
Wirkung, das Minimum der angewandten Kraft. Hingegen
isi der Verlauf bei dauernder Muskelwirkung der gefĂŒhrten
Bewegungsart folgendermaĂen graphisch darzustellen:
B,
A, D, C,
Die Bewegungsart des Wurfs erfolgt plötzlich, nach Art
dei Explosion, zu gröĂerer Höhe. D B > Di Bi.
Die Laute, die die Phonetik als âExplosions'iaute be-
zeichnet, fasse ich als solche auf, deren Bildung durch die
Bewegungsart des Wurfs erfolgt. In der Violintechnik hat
man den Vergleich mit dem HÀmmern gewÀhlt und spricht
von einer Strichart âmartele". Das Wort kommt von mar-
lellus, der Hammer.
2. Hat die Bewegungsart der FĂŒhrung eine andauernde
Mitwirkung der Antagonisten nötig, dann hat diese Be-
wegungsart des Wurfes das Gegenteil nötig. Denn dort unter-
stĂŒtzt die Mitwirkung der die Agonisten bremsenden, hem-
menden Antagonisten die geordnete Bewegungsart der
FĂŒhrung; hier aber wĂŒrde die Bewegungsart des Wurfs da-
durch nicht etwa unterstĂŒtzt, sondern im Gegenteil sogar auf-
gehalten werden. Die Bewegungsart des Wurfes erfordert
gerade eine Ausschaltung, eine Inaktivierung der Antago-
nisten.
3. In der Bewegungsvorstellung dieser Bewegungsart muĂ
also, im Gegensatz zur Bewegungsvorstellung der FĂŒhrung,
die gesamte Bewegung vom Anfang bis zum Ende enthalten
sein.
4. Dazu kommt noch der Grad der Kraft, der geistigen
Spannkraft, der Energie, des Willens, und der Spannkraft
des mechanischen Ausdrucksmittels, des Muskels.
Der MuskelstoĂ, welcher die Bewegungsart des Wurfs
veranlaĂt, muĂ sehr stark sein, viel stĂ€rker jedenfalls als der
AnstoĂ zur Einleitung der FĂŒhrung. Denn dieser erzeugt
mir die Arbeit, welche nötig ist, um das impulsgebende Glied
um die erforderliche Strecke mit der notwendigen Geschwin-
digkeit zu bewegen. Nicht inbegriffen ist darin die Arbeit,
welche noch zu leisten ist fĂŒr den Wurf. Und das ist die
Arbeit, die nach Aufhören der Muskelwirkung geleistet wird.
Die Heftigkeit des Wurfs, sowie die groĂe Energie, mit
der die Anfangsgeschwindigkeit des Wurfs erzielt wird, ist
ein Symptom fĂŒr den Charakter des AusfĂŒhrenden, also ein
Ausdruck der Energie. Die Bewegungsart verrÀt den Cha-
rakter. Diese Erkenntnis ist der erste Anfang zur wissen -
sehaftlichen BegrĂŒndung der Graphologie. Diese Bewegungs-
art erzeugt aber auch zugleich auf Auge und Girr der Um-
gebung den Eindruck der Energie. Dem gegenĂŒber steht der
sanfte, zierliche Verlauf der gefĂŒhrten Bewegung als Zeichen
fĂŒr den Mangel an Energie. So ist das mechanisch-physio-
logische Element der Bewegungsart zugleich ein analytisches
Element fĂŒr das psychische Verhalten.
5. Daraus ergibt sich der Unterschied in der Leichtig-
keit bezw. Schwierigkeit der beiden Bewegungsarten, wenn
man ihre EinĂŒbung und Erlernung miteinander vergleicht
und wenn man vergleicht die ununterbrochene Anwendung
ihrer Koordinationsformen.
Der Mechanismus der werfenden Bewegungsart erfordert
heiligste AktivitÀt des Muskels, die zudem, falls sie etwa
eine Zeitlang fortgesetzt werden soll, fortwÀhrend wechselt
mit dem diametralen Gegensatz, nĂ€mlich mit gröĂter
PassivitÀt. Dieser Mechanismus ist also ein doppelter, ein
Mechanismus -Wechsel. Die Heftigkeit und KĂŒrze der Be-
wegungen einerseits, die plötzliche und vollkommene Re
Laxion andererseits, vollends der jÀhe Wechsel dieser polar
entgegengesetzten Funktionen begrĂŒnden die Schwierigkeil
dieses Mechanismus.
Der AnfÀnger in irgendeiner Disziplin der pÀdagogischen
Uebungs- oder Bewegungstherapie, der eine neue, ungekonnte
Bewegung auszufĂŒhren hat, nimmt zuerst immer die Anta-
gonisten viel zu sehr in Anspruch, ĂŒbers MaĂ. Er tut dies
ohne, ja gegen den Willen, um die ungekonnte Bewegung zu
sichern und zu stĂŒtzen. Daher hat die Uebungstherapie dar-
auf zu achten, und die Bewegungstherapie, die pÀdagogisch-
didaktische Therapie danach zu streben, daà der AnfÀnger
diesen Fehler der Kraftverschwendung ablegt, damit er die
zu groĂe Aktivierung der Antagonisten verlernt. Denn erst
dann wird die Bewegung rationell, zweckmĂ€Ăig, koordiniert.
UrsprĂŒnglich ist die Mitwirkung der Antagonisten immer zu
groĂ. Das ist das Symptom des Unfertigen, Kindlichen, Un-
geĂŒbten, Ungekonnten. Das Erlernen der Fertigkeit und der
Kunstfertigkeit ist daher immer ein Verlernen. Und das muĂ
auch der rationelle, pÀdagogische Weg sein, wenn es sich
darum handeJt, umzulernen, also das ĂŒbertriebene MaĂ in der
Aktivierung der Antagonisten zum Minimum herabzu-
mindern.
Bei den geworfenen Bewegungen besteht nicht so sehr
diese physiologische Neigung, die Aktivierung der Antago-
nisten zu ĂŒbertreiben, um damit die Koordination zu sichern.
Denn hier steht ja diese Aktivierung nicht so sehr unter der
Kontrolle des Willens. Der Wille ist es doch, der zum Brem-
sen die Aktivierung der Antagonisten ĂŒbertreibt. Das ist der
Grund dafĂŒr, daĂ die geworfenen Bewegungen leichter zu er-
lernen sind, als die gefĂŒhrten Bewegungen.
Demnach bestehen fĂŒnf Unterschiede in den beiden Be-«
wegungsarten. Sie beziehen sich auf
1. die zeitliche Andauer,
2. die GröĂe der Kraft, den Grad der AktivitĂ€t,
3. die Mitwirkung der Antagonisten,
4. die Bewegungsvorstellung.
5. die Leichtigkeit, bezw. Schwierigkeit der Aus-
fĂŒhrung.
Noch deutlicher tritt der Unterschied der Bewegungsarten
hervor bei einer Reihe von Bewegungen, bei einer Verbindung
von Koordinationen. FĂŒr die Wahrnehmung des Unter-
schiedes im Mechanismus der Verbindung der Koordinations-
reihen ist mehr noch als das Auge das Ohr empfÀnglich,
vollends der durch Uebung zu Ă€uĂerster Empfindlichkeit er-
zogene Tonsinn. Bezieht sich die âmusikalische Aussprache"
â dieser Kunstausdruck stammt von Q u a n t z, 1752 â , auf
den einzelnen Ton, so bedeutet die âArtikulation" in der
Musik die Verbindung der Einzeltöne, die innigere oder
losere AneinanderfĂŒgung, und zwar das lĂŒckenlose Schleifen
einerseits, legato, und das StoĂen andererseits, Staccato, mit
den Pausen zwischen den Einzeltönen.
Die Verbindung von gefĂŒhrten Bewegungen erfolgt stetig,
ohne Ruck, ohne Pause, stationĂ€r, gleichmĂ€Ăig flieĂend;
eine Strömungsbewegung ist es.
Die geworfene Bewegung an sich, oder gar eine Reihe
von WĂŒrfen, erfolgt nicht stetig, flieĂend, gleichmĂ€Ăig, son-
dern ruckweise, mit Pausen. Daher ist auch die Notierung
in der Tonschrift entweder mit einem Zeichen fĂŒr den Wurf,
oder aber mit dem Zeichen der Pause nach dem Wurf all-
gemein ĂŒblich.
Ein physiologisches Beispiel fĂŒr eine Reihe derselben
Wurfbewegungen des Staccato ist das Lachen. Lachen ist
ein reflektorisches Staccato der Exspirationsmuskeln. Die
Lachbewegung ist wiederholter Wurf des Diaphragma und
der Bauchmuskeln, wobei durch die lockere Normalstellung
der Stimmlippen -Muskulatur der Hauch âh" und durch die-
38
Petenyi: Diagnostik des Kindesaltcrs
40. Jahrg. â Nr. 2
selbe lockere Ruhelage der Artikulations-Muskulatur die
Klangfarbe fĂŒr den Vokal âa" gebildet wird, also â: ha ha,
ha ha:". Demnach sind die volkstĂŒmlichen AusdrĂŒcke, sich
âden Bauch halten vor Lachen", âsich vor Lachen schĂŒtteln"
durchaus richtig.
Gemeinhin sind die reflektorischen Bewegungen Wurf-
bewegungen; wiederholte Reflexe sind Reihen von WĂŒrfen,
also heftige SchĂŒttelbewegungen mit gewaltsamer Inakti-
vierung der Antagonisten und anderer Muskelgruppen.
Nun kann es sich aber oftmals darum handeln, eine
Ueberspannung der Muskeln, eine krampfartige Hyperaktivi-
tĂ€t, bis zur vollkommenen Relaxion und endgĂŒltigen Ent-
spannung therapeutisch zu bekÀmpfen. Da sind die Reflexe
heilsam. TatsÀchlich empfiehlt die PÀdagogik schon lÀngst,
freilich ohne diese wissenschaftliche BegrĂŒndung, die krĂ€ftige
SchĂŒttelbewegung eines Gliedes zum Zweck, die Relaxion zu
erreichen. So lĂ€Ăt die PĂ€dagogik der Kunsttechnik, z. B. der
Streichinstrumente, den Arm schĂŒtteln, die GesangspĂ€dagogik
rÀt Àhnliche Uebungen, um die bei jedem AnfÀnger regel-
mĂ€Ăig wiederkehrenden, also physiologischen Fehler der
Ueberspannung zu bekÀmpfen. TatsÀchlich ist die Relaxion
zugleich das elementarste Mittel der physiologischen Tech-
nologie allgemein und auch physiologisch die schwierigste
ElementarĂŒbung. Denn unsere Körpermuskulatur ist nun
einmal gerade auf das Gegenteil eingestellt, nÀmlich auf Kon-
traktion.
Ich verwende SchĂŒttelbewegungen allgemein fĂŒr die ver-
schiedensten Zwecke, um krampfartige Ueberspannungen, die
ich als die elementarste Grundursache mancherlei Krank-
heiten ansehe, z. B. des Asthmas und der Sprachgebrechen,
restlos zu beseitigen und Entspannung herbeizufĂŒhren. Ganz
besonders wertvoll dafĂŒr, auch aus anderen GrĂŒnden, sind
die reflektorischen SchĂŒttelbewegungen, wenn es sich um die
pÀdagogisch-didaktische Therapie handelt.
Ist das richtig, dann mĂŒssen Lachen und Kitzelbewegun-
gen als heilsame Mittel der Bewegungstherapie angesehen
werden.
Wiederholtes Werfen in geringerer ExtensitÀt, also
SchĂŒttelbewegung mit kleinem Ausschlag ist die Zitterbe-
wegung.
Ein allgemeiner Unterschied der verkleinerten, bezw. ver-
gröĂerten Bewegung drĂ€ngt sich hier auf. Ist nĂ€mlich die
ExtensitĂ€t der Bewegung gröĂer, so erscheint jdie Bewegung
groĂzĂŒgig. Ist die ExtensitĂ€t derselben Bewegung kleiner,
dann erscheint dieselbe Bewegung kleinlich. Physiologisch
handelt es sich um eine Kraftquellenwanderung. Die Kraft-
quelle liegt mehr proximal bei groĂzĂŒgigen Bewegungen, die
Kraftquelle rutscht nach dem distalen Ende bei kleinlichen
Bewegungen. Dieser physiologische Grundsatz entspricht
durchaus dem rationellen ökonomischen Prinzip der Me-
chanik. Daher verrÀt schon die qualitative Auswahl der im-
pulsgebenden Mischung von Muskeln zur quantitativen Be-
wegung den groĂzĂŒgigen bezw. kleinlichen Charakter, ein
weiteres Element zur physiologischen BegrĂŒndung des Zu-
sammenhanges von Schreibbewegung und Charakter.
Auch diese Zitterbewegung findet in der Kunsttechnik,
sogar unter derselben Bezeichnung âTremolo", ferner âTre-
molieren", âVibrato" u. a. m. Verwendung. Da die Psyche
den Muskel dermaĂen beeinfluĂt, daĂ Aufregung, zumal '
Furcht, diese schnellen, kurzen, kleinlichen, wiederholten
Wurfbewegungen bedingt, malt der Spieler mit diesem Mittel
seines Muskels umgekehrt jene Art der psychischen Erregung.
Dieser psychische Ausdruck des Schallgebers, diese Reiz-
wirkung des Schallgebers, wird zugleich der psychologische
Eindruck, der Reiz fĂŒr den SchallempfĂ€nger.
Dabei kann einmal jede einzelne Zitterbewegung, also
jede Periode von zwei pendelartigen Wurfbewegungen, ein
Hin und ein Her, vom Willen eingeleitet sein. Dann ist die
Bewegung zeitlich langsamer, aber physiologisch schwieriger.
Andernfalls kann echtes Zittern, das ĂŒberhaupt vom Willen
nicht mehr beeinfluĂt werden kann, willkĂŒrlich eingeleitet
werden, so daĂ die Perioden der pendelartigen Wurfbewegun-
gen automatisch von selbst weitergehen, solange bis sie durch
den Willensimpuls gehemmt und beendigt werden.
Dabei ist die Zahl der Repetitionen merkwĂŒrdigerweise
ein fĂŒr allemal fĂŒr alle Menschen konstant, in Ă€uĂerst ge-
ringer Breite schwankend. Diese schnelle Zitterbewegung ist
physiologisch leichter.
FĂŒhrung und Wurf bedeuten also, miteinander ver-
glichen, nicht bloĂ einen Koordinations -Wechsel, nicht bloĂ
eine Kraftquellenwanderung, sondern einen prinzipiellen
Mechanismuswechsel. Und doch kommt FĂŒhrung und
Wurf sehr schnell hintereinander bei allen alltÀglichen Ko-
ordinationen vor. Ist nun schon die schnelle und gleich-
mĂ€Ăige Umschaltung von zwei gefĂŒhrten Bewegungen nicht
immer leicht, so wÀchst die Schwierigkeit bei der Umstel-
lung von der FĂŒhrung zum Wurf. Diese FĂ€lle kommen vor
bei den Atembewegungen, zumal wenn sich Schwierigkeiten
der Ausatmung entgegenstellen, wie beim Sprechen oder gar
beim Asthma.
So kommt es, daĂ die Elementar- Analyse der Mechanik
der Koordinationen zu der Einsicht drÀngt: zwei Krankheiten
sind in Verbindung zu bringen, die man bisher noch nicht
in Beziehung gesetzt hat. Das ist Asthma und das Stottern,
dessen eine Form ich Asthma- fruste nennen möchte. Die
Uebungstherapie des Asthma, die Bewegungstherapie de%
Stammeins, die pÀdagogisch-didaktische Therapie des Stot-
terns gewinnen neue Gesichtspunkte durch die Analyse des
Mechanismus der Bewegungsart.
(Au§ der Kinderklinik der PreĂburger ungarischen UniversitĂ€t,
derzeil in Budapest im âWeiĂen Kreuz"-Kinderspital. [Direktor:
Prof. Dr. P. Heim.])
BeitrÀge zu einer systematischen Diagnostik
des Kindesalters.
Von Dr. Geza Petenyi
1. Mitteilung.
Die Trennung der Kinderheilkunde von der inneren
Medizin ist nur langsam vor sich gegangen. Erst hat man
die in den klinischen Bildern wahrnehmbaren auffallenden
Unterschiede beschrieben, spÀter wurde dann immer mehr,
die funktionelle Sonderstellung des Kindesalters, besonders;
des SĂ€uglingsalters in den Vordergrund gerĂŒckt. In der1
Diagnostik, besonders in der Wertung der einzelnen dia-
gnostischen Methoden und der Bedeutung der einzelnen
Symptome in verschiedenen Lebensaltern, wurde diese Tren-
nung nicht so streng durchgefĂŒhrt. Die Grundlage bilden
auch heute die Diagnostiken der inneren Medizin. Zwar
gibt es besondere pediatrische Diagnostiken, aber diese
bringen den Unterschied, welcher zwischen dem Kindesalter
und dem der Erwachsenen in der Anwendung der diagnosti-
schen Methoden und der Beurteilung ihrer Ergebnisse be- !
steht, nicht in einer, den tatsÀchlichen VerhÀltnissen ent-
sprechenden Weise zum Ausdruck. Im folgenden wollen wir
hierzu einige Daten liefern.
1. Ueber die Bedeutung der respiratorischen
Phase in der Lungenperkussion der SĂ€ug-J
1 i n g e.
Die Perkussion ist eine der allerwichtigsten Unter-
suchungsmethoden, welche man tĂ€glich oft ausĂŒbt. Man
könnte glauben, daĂ unsere diesbezĂŒglichen Kenntnisse klar j
und definitiv seien; und eben hier begegnen wir oft der An-
gabe, bei SÀuglingen sei hÀufig wahrzunehmen, daà man
eine DĂ€mpfung findet, welche am folgenden Tage nicht mehr
zu konstatieren ist oder man findet eine DĂ€mpfung bis antel
mortem und bei der Sektion zeige sich an der entsprechenden »
Lungenpartie keine pathologische VerÀnderung.
Feer sagt in seiner heuer erschienenen Diagnostik: .,Hinten
unten rechts wird der Schall wĂ€hrend des Schreiens oft kĂŒrzer. I
so daĂ man irrtĂŒmlicherweise eine DĂ€mpfung annehmen möchte. I
V
40. Jahrg. â Nr. 2. Petenyi: Diagnostik des Kindcsaltcrs M
wenn man nicht auch wahrend der Inspiration perkutiert, wo
Sich der Schall aufhellt. WĂ€hrend des Pressens in der Phase der
starken Exspiration wird das Schwingungsfeld des Perkussions-
Schalles durch die Muskelspannung und durch die nahe Masse
der hochgedrÀngten Leber verkleinert, daher die DÀmpfung". Im
Fe er sehen Lehrbuch sagt Thiemich ĂŒber denselben Punkt
folgendes: âZweitens erzeugt die beim Schreien eintretende stĂ€r-
kere Spannung der Interkostalmuskeln eine SchallabschwÀchung
und Krhöhung des ResistenzgefĂŒhls, welche beide im Moment des
Inspiriums verschwinden; dadurch ist eine Unterscheidung von
einer echten auf eine Erkrankung der Lunge hindeutenden Schall
VerkĂŒrzung möglich". H u t i n e 1 und Grane her-Comby be-
schĂ€ftigen sich in ihren HandbĂŒchern mit der Technik der Per-
kussion nicht eingehender. In der F i 1 a t o w sehen Diagnostik
finden wir die Angabe: âMan darf ferner nicht vergessen, daĂ
der Perkussionsschall bedeutend dumpfer klingt, wenn das Kind
wÀhrend der Perkussion schreit und zwar am meisten gedÀmpft
in den hintern und untern Partien des Thorax, wo die Mehrzahl
der Exspiratoren ansetzt; man muĂ daher, wenn das Kind schreit,
mit kurzen SchlÀgen auf ein und derselben Stelle so lange per-
kutieren, bis eine tiefe Inspiration erfolgt: dauert der dumpfe
Schall auch dann noch fort, so kann man von seiner RealitÀt
ĂŒberzeugt sein".
Wir halten diese Beschreibungen nicht fĂŒr ganz aus-
reichend und die ErklÀrung, wie die DÀmpfung zustande
kommt, nicht fĂŒr richtig. Es wird zu sehr betont, daĂ bei
der forcierten Exspiration die SchallverkĂŒrzung hinten unten
zustande kommt. Auch F i 1 a t o w betont dies und die
neueste Darstellung von Fe er z. B. erwĂ€hnt sie nur bezĂŒg-
lich der Lungenpartie hinten unten rechts. Nach unserer
Erfahrung kommt bei der forcierten Exspiration die Schall -
VerkĂŒrzung ĂŒber der ganzen Lunge, also auch ĂŒber den vor-
deren und oberen Teilen zustande. Eigentlich kann es sich
bei solchen Gelegenheiten nicht nur um SchallverkĂŒrzung,
sondern auch um eine totale DĂ€mpfung handeln. Die GröĂe
der SchallverkĂŒrzung steht im geraden VerhĂ€ltnis zu der
IntensitÀt des Expiriums. Das kann man gut beobachten,
wenn man bei lange anhaltendem Weinen fortwÀhrend auf
dieselbe Stelle klopft, da hört man, wie der Perkussionsschall
immer kĂŒrzer und kĂŒrzer und am Ende vollstĂ€ndig ge-
dĂ€mpft wird. Die Erscheinung, daĂ die SchallverkĂŒrzung
wÀhrend der Exspiration immer intensiver wird, spricht
schon allein gegen die Annahme, diese rĂŒhre von der Kon-
traktion der Exspirationsmuskeln her. Dieses stĂ€ndig KĂŒrzer-
werden weist darauf hin, daà die Ursache in der VerÀnde-
rung des Luftgehaltes der Lunge zu suchen sein dĂŒrfte. Man
kann sich vorstellen, beim Schreien (forciertes Exspirium)
vermindere sich der Luftgehalt der Lunge derart, daĂ sich
eine Differenz in dem Perkussionsschall ergibt. Bei den
Internisten spielt der Umstand, ob man in In- oder Ex-
spirationsphase perkutiert, keine groĂe Rolle. Beim nor-
malen Atmen findet man keinen groĂen Unterschied, bei
maximaler Ausatmung ist jedenfalls eine deutliche Ver-
kĂŒrzung wahrnehmbar. Man kommt aber auĂerordentlich
selten in die Lage, einen Erwachsenen zu perkutieren, wenn
er eben weint. Bei SĂ€uglingen aber ist es bei einem groĂen
Prozentsatz immer der Fall.
DaĂ die Annahme, es spiele die Verminderung des Luft-
gehaltes der Lunge wÀhrend des Exspiriums eine Rolle bei
der SchallverkĂŒrzung, nicht nur eine Möglichkeit ist, an die
man ev. denken kann, sondern tatsÀchlich eine Rolle spielt
und der einzig in Betracht kommende Faktor ist, das demon-
striert ganz klar die Röntgendurchleuchtung. Wenn man
einen schreienden SÀugling wÀhrend der Durchleuchtung
beobachtet, so sieht man, wie die Lunge in allen ihren Teilen
gleichmĂ€Ăig immer dunkler wird. Bei lange dauerndem
Schreien kann die Verdunkelung einen solchen Grad er-
reichen, daĂ die Konturen des Herzens unbestimmt werden,
denn Herz und Lunge geben eine Verdunkelung von unge-
fÀhr derselben IntensitÀt. Dann wÀhrend des Inspiriums er-
hellt sich die Lunge fĂŒr einen Augenblick, um sofort wieder
dunkler zu werden. Bei solchen FĂ€llen kann man die
Durchleuchtung nur so ausfĂŒhren, daĂ man auf den Moment
Wartet, wo das Kind einatmet und nur das Bild dieses
Augenblickes kann in Betracht gezogen werden, denn auĂer-
halb dieser Zeit ist die Lunge immer schleierartig gedeckt,
ev. am Ende des Exspiriums ganz dunkel. So bekommen
wir auch die ErklÀrung, warum auch Vorne und oben eine
SchallverkĂŒrzung entsteht: die Lunge verdunkelt sich ĂŒberall
gleichmĂ€Ăig in allen ihren Teilen. Und so gewinnen wir die
Regel, man muĂ beim schreienden Kinde lange Zeit auf die-
selbe Stelle perkutieren â nicht nur hinten unten , das
bezieht sich auf die ganze Lunge â und es wird nur ein
einziger Perkussionsschall bewertet, welcher eben auf die
Inspirationszeit fĂ€llt, alle anderen werden auĂer acht ge-
lassen. Die Inspirationsphase ist so kurz, daĂ man auch,
wenn man schnell nacheinander perkutiert, gewöhnlich nur
einen solchen Schall erhÀlt, welcher reinen Lungenschall gibt,
der nĂ€chstfolgende ist schon verkĂŒrzt. Deshalb ist es zweck-
mĂ€Ăig, in jedem zweifelhaften Falle auf dieselbe Stelle
mehrere Respirationsphasen hindurch zu klopfen. Diese
VerÀnderung des Perkussionsschalles ist nicht nur an SÀugr
lingen, sondern auch an Ă€lteren 3 â -1 jÀÀhrigen schreienden
Kindern wahrnehmbar.
Vor kurzem hat Noeggerath ĂŒber die Erscheinung
geschrieben, daĂ es bei SĂ€uglingen DĂ€mpfungen gibt, die
plötzlich bei der nÀchsten Untersuchung verschwinden und
bei denen in der Lunge mit der Röntgenuntersuchung oder
ev. bei der Sektion keine entsprechenden VerÀnderungen ge-
funden werden. Er sucht die Ursache in dem Umstand, daĂ
bei SĂ€uglingen leicht eine kleine Skoliose zustande kommen
kann und man hinten auf der KonvexitĂ€tsseite eine VerkĂŒr-
zung bekommt. Nach ihm lĂ€Ăt sich diese Schwierigkeit um-
gehen, wenn man den SĂ€ugling ein wenig aufhebt und so
auf dem RĂŒcken perkutiert (âSchwebeperkussion"). Es
streckt sich die WirbelsÀule und wir bekommen einen reinen
Lungenschall. F i 1 a t o w macht auch darauf aufmerksam,
daĂ man bei Skoliose (infolge schlechter Haltung) Schall -
VerkĂŒrzung beobachten kann. Es kommt gewiĂ vor, daĂ sich
bei dieser Schwebeperkussion eine DĂ€mpfung hinten unten
aufhellt, ob aber die Ursache im Verschwinden der Skoliose
zu suchen sei, ist sehr fraglich. Wenn es wahr wÀre, so
mĂŒĂte man bei jedem Kinde jederzeit eine DĂ€mpfung auf
beliebiger Seite hervorrufen können, man brauchte nur den
Rumpf des Kindes nach rechts oder links zu beugen. Da.s.
ist aber nicht der Fall. Wenn man den Rumpf eines SĂ€ug-
lings stark nach rechts oder links beugt, so daĂ eine maxi-
male (kĂŒnstliche) Skoliose zustande kommt, erhalten wir
auch so keine DÀmpfung an der KonvexitÀtsseite. Abge-
sehen davon, daà es sich unter normalen VerhÀltnissen in-
folge schlechter Haltung nur um eine kleine Skoliose handeln
kann. Wenn trotzdem diese Methode (Schwebeperkussion)
in einzelnen FĂ€llen wirksam ist und eine DĂ€mpfung ver-
schwindet, so muĂ der Mechanismus dieser Wirkung ein
andersartiger sein. Wenn man ein Kind in sitzende Stellung
bringt und besonders wenn der Rumpf ein biĂchen nach
vorne neigt, so bedeutet das eine wesentliche VergröĂerung
des intraabdominalen Druckes im VerhÀltnis zur stehenden
Haltung. Das Zwerchfell wird unter gröĂeren Druck gesetzt
und steigt auch in vielen FÀllen höher samt der Leber. Da-
von kann man sich sehr leicht bei der Röntgendurchleuch-
tung der SĂ€uglinge ĂŒberzeugen, wenn man sie erst in sitzen-
der und dann in stehender Stellung untersucht: in den
meisten FÀllen verlÀngert sich das Lungenfeld sichtlich, weil
das Zwerchfell tiefer steht. Das ist der Grund, weshalb eine
DĂ€mpfung bei der Schwebeperkussion verschwinden kann.
Im allgemeinen beruhen aber die unmotiviertne und uner-
wartet verschwindenden DĂ€mpfungen darauf, daĂ die Re-
spirationsphase bei der Perkussion nicht genĂŒgend berĂŒck-
sichtigt wird und man nicht ausschlieĂlich auf den das In-
spirium fallenden Perkussionsschall bewertet.
Literatur.
1. Fe er: Diagnostik der Kinderkrankheiten 1921.
2. F ilatow: Semsotik und Diagnostik der Kinderkrankheiten
"1892.
3. Noeggerath: M. m.W., 1921, Nr. 36
I Thiemich: Feer's Lehrbuch. 1920
40
Hertz: Telatulen
40. Jahrg. â Nr. 2
Ueber Erfahrungen mit Telatuten (GefĂ€Ă=
PrÀparat) Heilner bei Arteriosklerose.
Von Dr. Fritz Hert z, Badearzt in Bad-Nauheim.
Im folgenden erlaube ich mir, meine Beobachtungen, die
ich mit dem Heilner'schen GefĂ€ĂprĂ€parat in einer gröĂeren
Serie von FĂ€llen gemacht habe, der medizinischen Ăffent-
lichkeit zu unterbreiten. Meine vorzĂŒglichen Erfahrungen
mit Sanarthrit-Heilner, die in einer groĂen Literatur ihre
BestÀtigung gefunden haben, haben mich ermutigt, trotz ge-
wisser theoretischer Bedenken Versuche mit dem genannten
Mittel anzustellen. Um zu einem exakten und gewissenhaften
Urteil zu kommen, habe ich mich auf zwei besondere Indi-
kationen beschrÀnkt, d. h. auf Formen der Arteriosklerose,
bei denen sich eine Besserung deutlich und objektiv zeigen
muĂte. Gleichzeitig habe ich in allen FĂ€llen die Behandlung
mit einer Badekur mit kohlensauren BĂ€dern kombiniert, von
dem Gedankengang ausgehend, daĂ bei der ganz besonderen
Anregung und Aktivierung des ganzen Stoffwechsels eine
gewisse âAviditĂ€t" der erkrankten GefĂ€Ăe nach Stoffen be-
stehen muĂ, die ihren natĂŒrlichen Gewebsschutz erhöhen
sollen. Alle FĂ€lle habe ich in klinischer Behandlung, teils
im stÀdtischen Konitzkystift, teils im Israelitischen Frauen-
heim beobachtet, so daĂ ich eine genaue Kontrolle der Kran-
ken hatte. Ich kann zunÀchst die Beobachtungen von Heilner
bestÀtigen, insoweit das Mittel als vollkommen unschÀdlich
ausnahmslos ohne jede Störung vertragen wurde; in der
Mehrzahl der FĂ€lle trat am Tage der Injektion oder zuweilen
auch erst am folgenden Tage die von Heilner als biologische
Resonanz geschilderte Erscheinung auf, und zwar ohne daĂ
ich die Patienten vorher auf die Möglichkeit des Eintretens
irgendwelcher subjektiver Erscheinungen aufmerksam
machte, so daĂ eine suggestive Beeinflussung vollkommen
ausgeschlossen ist. Die Wirkung der Behandlung war in
fast allen FĂ€llen wider Erwarten durchaus gĂŒnstig, so daĂ
ich das Mittel nur weitesten Àrztlichen Kreisen zur Nach-
prĂŒfung empfehlen kann. Die Einspritzungen sind technisch
ohne jede Schwierigkeit; ich habe das Mittel in allen FĂ€llen
ambulant intravenös gegeben. Die beiden Indikationen, die
ich zu meinen Versuchen wÀhlte, waren erstens sklerotische
VerÀnderungen der aufsteigenden Aorta mit Blutdrucksteige-
rungen und zweitens sichere FĂ€lle von Coronarsklerose mit
erheblichen stenokardischen Beschwerden. Ausnahmslos und
zwar bei Frauen mehr als bei MĂ€nnern ging der Blutdruck
bei den FĂ€llen der ersten Klasse im Verlauf der Kur ganz
bedeutend, oft bis zur Norm zurĂŒck, allerdings meist nicht
schon bei Beginn der Kur, sondern erst nach der 3. Woche,
also der 6. Injektion. Auch bei den FĂ€llen der zweiten Klasse
fand eine ganz erhebliche Verbesserung der Beschwerden
statt. Ob gerade die Kombination mit den kohlensauren BĂ€-
dern und der Aufenthalt im Kurort einen so guten Erfolg be -
wirkt, möchte ich nicht mit Sicherheit behaupten, glaube es
aber. Auf jeden Fall trÀgt gerade die Injektionskur einen
Hauptanteil an dem guten Verlauf, wie besonders ein Fall
(Fall 2 s. u.) deutlich schildern wird. Arzneimittel irgend-
welcher Art habe ich absichtlich in keinem Falle wÀhrend
der ganzen Dauer der Kur gegeben, nur in einem einzigen
Falle konnte ich anfangs ohne einige Gaben von Nitroglyzerin
nicht auskommen. Ich will nun im folgenden einige FĂ€lle
schildern, die das oben Gesagte illustrieren und' beweisen
sollen.
Fall 1: Frau W., 58 Jahre alt, leidet seit einiger Zeit an Blut-
andrang nach dem Kopfe, Druck in der Brust. Mattigkeit und ist
körperlich und seelisch sehr heruntergekommen. Herz nach links
verbreitert, unreine Töne, 2. Ton klingend, II. Aortenion akzentu
iert, Puls hart, G8 in der Minute, Blutdruck 170 mm Hg. Urin
ohne chemischen und mikroskopischen pathologischen Befund.
Badekur mit 18 ThermalbÀdern von 34 Grad Celsius, 12 Injektionen
mit GefĂ€ĂprĂ€parat Heilner. Nach Beendigung fĂŒhlt sich die Pa-
tientin körperlich und psychisch in jeder Weise gebessert, hat an
Gewicht zugenommen. Herztöne noch unrein, doch nicht mehr so
klingender II. Ton. Blutdruck ging gegen Mitte der Kur allmÀh-
lich herunter und hielt sich auf 125 mm Hg zum SchluĂ.
Fall 2: Frau B., 61 Jahre alt, hat in den letzten Jahren sehr
Schweres durchzumachen gehabt, leidet an leichter Paralysis
agitans, ist sehr unruhig und erregt, hat viel Kopfschmerz und
Druck auf der Brust, Herzklopfen. Herz mĂ€Ăig nach links ver-
breitert, Blutdruck 190 mm Hg, Böntgenbild zeigt Sklerose der
aufsteigenden Aorta und des Aortenbogens. Gebraucht Badekur
mit 18 kohlensauren BĂ€dern, Blutdruck bleibt dauernd gleich
hoch, Allgemeinbefinden kaum gebessert bei Abreise. Wieder-
holung der Kur nach 2Vi Monaten. Diesmal nur wenige BĂ€der
(im ganzen 10) und 12 intravenöse GefĂ€ĂprĂ€paratinjektionen. An-
fangs sehr starke âbiologische Besonanz". AllmĂ€hlich bedeutende
Besserung des gesamten Befindens. Vor allem Senkung des Ălul-
di ucks, der sich zum Schluà dauernd um 140 mm Hg hÀlt.
Eine ganze Reihe anderer FÀlle bestÀtigen die bei diesen
beiden gemachten Beobachtungen. Und nun noch zwei FĂ€lle
der zweiten Gruppe, die ebenso eklatant die gĂŒnstige Wir-
kung des GefĂ€ĂprĂ€parats bestĂ€tigten.
Fall 3: Herr Wo., 50 Jahre alt, hereditÀr mit Diabetes be-
lastet, leidet seit einiger Zeit an schwersten Oppressionen, kann
kaum einige Schritte gehen, ohne heftigen Druck auf der Brust
zu verspĂŒren und stehen bleiben zu mĂŒssen. Sehr korpulenter,
plethorischer Herr, 94,5 kg Körpergewicht. Herz beiderseits stark
verbreitert, hartes systolisches GerÀusch an Herzspitze und
-basis, deutliche Sklerose der peripheren Arterien, Puls klein, Iii
in der Minute. Blutdruck 130 mm Hg, im Urin Spuren von
Zucker. Böntgenbild zeigt neben der Verbreiterung des Herz-
schattens eine ziemliche Verbreiterung des GefĂ€Ăschattens. Ader-
laĂ von 350 cem Blut, zunĂ€chst einige GefĂ€ĂprĂ€parateinsprit/.un-
gen, dann vorsichtiger Beginn mit leichtesten kohlensauren BĂ€-
dern. Schon nach kurzer Zeit trat eine augenfÀllige Besserung
ein: Herr Wo., der anfangs blaĂ und verfallen aussah, bekommt
ein frischeres Aussehen. Die subjektiven Beschwerden besserĂŒ
sich und Patient ist bei seiner Entlassung in die Heimat imstande,
groĂe SpaziergĂ€nge zu machen, ohne Druck zu verspĂŒren, sogsl
kleine Steigungen _ verursachen keine Störung. Objektiv ist der
Befund am Herzen und im Urin noch ziemlich unverĂ€ndert, bloĂ
der Puls ist krÀftiger geworden.
Fall 4: Herr We., 54 Jahre alt, leidet an heftigsten stenokar-
dischen Beschwerden und ist zu keiner körperlichen BetÀtiguijl
mehr imstande. Er hat in der letzten Zeit stark an Gewicht ver-
loren, sieht sehr gealtert und verfallen aus. Herz beiderseits
mĂ€Ăig vergröĂert, Töne unrein. Puls klein, 72 in der Minute. Blut-
druck 125 mm Hg. TĂ€glich meist in den Morgenstunden treten
anginöse AnfĂ€lle auf. Pat. kann ĂŒberhaupt nicht ausgehen. An-
fangs ist es unmöglich, ohne Nitroglyzerin auszukommen. Unter
der Behandlung mit kohlensauren BĂ€dern und 12 GefĂ€ĂprĂ€parat-
injektionen tritt eine ganz auffÀllige Besserung ein. Die Angina
pectoris-AnfÀlle lassen nach, schon nach der zweiten Woche ist
es möglich, das Nitroglyzerin wieder abzusetzen. Nach Beendi-
gung der Kur hat Patient 6,8 kg an Gewicht zugenommen, steno-
kardische Beschwerden sind in der letzten Zeit ĂŒberhaupt nicht
mehr aufgetreten. Patient ist in der Lage, beschwerdefrei gröĂere
SpaziergÀnge zu unternehmen; sieht bedeutend besser aus.
Vom Stil der wissenschaftlichen Abhandlungen.
Von Dr. Hans Debrunner, Berlin.
âStil ist Ordnung und das Recht des Leser»
I.
Der Stil wissenschaftlicher Abhandlungen kann nicht
durchwegs gut sein; denn ihre Zahl ist Legion. Verschieden
wie der stoffliche Wert ist auch der sprachliche. WĂ€hrend
aber jeder Arzt, der mit einer Schrift vor die Ăffentlichkeit
tritt, sich MĂŒhe gibt, die Bedeutung des Inhalts ins hellste
Licht zu rĂŒcken, kĂŒmmert er sich selten um die Form.
Die sprachliche Verwirrung hat nicht nur die Handlanger
des wissenschaftlichen Turmbaues in Scharen ergriffen, sk
droht heimtĂŒckischerweise auch manchen Baumeister zu be-
fallen.
Um nicht als Schwarzseher oder gar Verleumder »
brandmarkt zu werden, will ich zufÀllig gefundene Beispiele
zusammenstellen. Auf meinem Tische lagen kĂŒrzlieh fĂŒnf
neu erschienene Hefte verschiedener medizinischer Fach-
blĂ€tter, die ich in einem Augenblick der MuĂe nach stilisti-'
V
10. Jahrg. - Nr. 2. Debrunner: Vom Stil M
sehen Schnitzern durchblÀttert?. WÀhrend die Zeiger der
Uhr von '.!) nach !» wanderten, fand ich mĂŒhelos, was hier
. folgt:
1, âDie Feststellung der Pulslosigkeit und die Reaktions-
losigkeit auf Ă€uĂere Reize genĂŒgt noch keineswegs, um "
âgenĂŒgt" anstatt âgenĂŒgen"; zudem beachte man die unschönen
Wortbildungen auf losigkeit, die allerdings sehr beliebt zu sein
scheinen.)
2. âSollten derartige, weitab von der rein medizinischen In
dikation liegenden FĂ€lle nicht schon von Gesetzeswegen als
Strikte Indikation fĂŒr den Abortus gelten?" (âLiegenden1' stall
..liegende'; ein Fall kann nicht als Indikation gelten; er kann
höchstens eine Indikation bieten.)
âą >â sondern erfordert genaues Eingehen in den ein-
eeinen Fall ..." (Eingehen auf etwas.)
I. ..mehr weniger" statt âmehr oder weniger" findet man
sehr hĂ€ufig. 'UnbegrĂŒndetes, ja ganz fehlerhaftes Knausern mit
Worten.)
5. âMan sollte deshalb den Exartikulationsstumpf und den
vorzĂŒglichen epiphysĂ€ren Stumpf, unseres Erachtens nach, nicht
ĂŒber Bord werfen." (Nach regiert immer noch den Dativ! Etwas
abgeschmackt ist die Verwendung des Gleichnisses an - dieser
Stelle, das uns zwingt, amputierte GliedmaĂen durch die Luft
fliegen zu sehen; ein Zeichen, daĂ der Ausdruck seine bildhafte
Kraft infolge unklaren SprachgefĂŒhls fĂŒr den Verfasser einge-
bĂŒĂt hat.)
6. â-Wendet man die vorhandenen Mittel richtig an, so ist
der Erfolg bei der PlattfuĂbehandlung eigentlich immer ein sehr
guter, und diese Patienten gehören zu den dankbarsten unseres
Faches." (Worauf bezieht sich âdiese Patienten"? Doch nur
auf âPlattfuĂbehandlung", was stilistisch unmöglich ist.)
. 7. âMit diesem Punkte, die Herabsetzung des Blutverlustes
nach Lösung des Schlauches betreffend, beginnt oder schlieĂt
sich an meine Methode " (?)
8. âIst die KnickfuĂstellung sehr hochgradig, so kann man
gleichzeitig durch Erhöhung des Absatzes an der Innenseite und
der Sohle ebenfalls an der Innenseite die KnickfuĂstellung noch
mehr korrigieren." (Der Satz hÀtte deutsch zu lauten: Wo die
KnickfuĂstellung sehr hochgradig ist, kann sie durch gleichzeitige
Erhöhung des Absatzes und der Schuhsohle an ihren Innenseiten
noch mehr korrigiert werden.)
9. âWĂ€hrend sich die funktionelle Behandlung von Störun-
gen der Bewegungen an der unteren ExtremitĂ€t in RĂŒcksicht auf
deren Doppelfunktion der Gleichgewichtserhaltung des Körpers
beim Stehen und der Fortbewegung desselben auf den mehr oder
weniger stereotypen Vorgang des Gehaktes beschrÀnken kann,
sind der Wiedererlangung der Fertigkeitsbewegungen an der
Hand weitaus kompliziertere Probleme erwachsen." (Gramma-
tisch richtig, aber verwirrende und schwerfÀllige Fassung; Auf-
teilung in zwei getrennte SĂ€tze schafft Klarheit.)
10. âWir haben nicht den Boden der pathologischen Anatomie
verlassen, aber der reine lokalistische Standpunkt in der Medizin
beherrscht uns nicht mehr allein und so ist aus der rein symp-
tomatologischen Betrachtungsweise der Hypokratiker ĂŒber den
nnatomisch-lokalistischen Standpunkt hinaus die symptomatisch
funktionelle Betrachtungsweise entstanden, die man kurzerhand
auch die Konstitutionselle oder Konstitutionalismus nennen
kann." (Ich wage nicht, den Eindruck dieser Zeilen kurzerhand
zu benennen.)
Die Beispiele sind in keiner Hinsicht kraĂ. Sie lassen
sich beliebig vermehren. Sie sollen nur helfen, die Verbrei-
tung des Uebels nachzuweisen und zu zeigen, wie hĂ€Ălich
eine Unachtsamkeit wirken kann, wenn wir sie aus ihrer
Umgebung herausheben. Dadurch, daĂ sie in ihrer Um-
gebung der Aufmerksamkeit des beschÀftigten Lesers ent-
gleitet, wird sie nicht besser. Stets zeugt sie von einer starken
GleichgĂŒltigkeit gegen die Schönheit und die Richtigkeit der
Sprache.
Man hört den Einwurf, Form sei Nebensache, Inhalt
alles; Stil zu besitzen, sei Vorrecht der Kunst. Dieser Ein-
wurf entspringt einem falschen Begriff vom Wesen des Stils.
Stil hat, wer klar sehreibt; klar schreibt nur, wer klar denkt.
Ich glaube, daà es den meisten Menschen möglich sein
sollte, einfache Gedanken klar zu fassen. Ueber die Schran-
ken seines Denkens hinaus kann keiner; wer Unverstandenes
wiederzugeben versucht, redet Wust und Phrase. Je schÀrfer
sein Verstand dagegen ein Problem zu erfassen trachtet,
desto deutlicher formen sich aus der anfÀnglich ungegliedei
ten Masse dumpfen GefĂŒhls die Begriffe und SchlĂŒsse, die
durch die Sprache zum Leben geboren werden. Jede Sprache
verfĂŒgt nur ĂŒber einen zahlenmĂ€Ăig beschrĂ€nkten Wort-
schatz; die Schattierungen der Gedanken aber verlangen
nach einer Unendlichkeit von Worten; daher bedeutet diese
Geburt ein KompromiĂ. Je klarer eine Idee begriffen wird,
desto eifriger sucht der Geist nach Wort und Satzbildung,
die sich mit ihr möglichst genau decken. Eine gewisse In-
kongruenz wird fast immer bestehen bleiben. (Goethe spiel I
darauf an, wenn er schreibt: âSobald man spricht, beginnt
man schon zu irren".) Wir haben die Pflicht, diese Inkon-
gruenz so geringfĂŒgig als möglich zu machen. Die Sprache
hat uns zu diesem Zweck Regeln gegeben, die wir nicht un-
gestraft vernachlÀssigen. Unscheinbare syntaktische Form-
verÀnderungen .vermögen einem Ausdruck andere Wertig-
keit zu geben, wie durch Verschiebung eines halben Tones
der Durakkord in Moll sich wandelt.
Wenn ich jetzt eine Definition aufschreibe, so wird man
mich verstehen. Stil heiĂe ich die Fassung
eines klaren Gedankens in eindeutige
Form.
Stil ist dem klaren Gedanken angeboren; nackt und
bloĂ vermag er sein Dasein zu fristen; manch einer schmĂŒckt
ihn mit buntem MĂ€ntelchen, doch darf er nicht vergessen,
daĂ ein MĂ€ntelchen verhĂŒllen oder verstellen könnte. Die
am meisten zu sagen hatten, pflegten einfach zu schreiben.
Bezeichnend und lehrreich zugleich ist die Tatsache, daĂ
wir den medizinischen Schriften mit bleibendem Inhaltswert
guten Stil nachrĂŒhmen. Jeder groĂe Geist verstand und
liebte es, seine Gedanken in gutem KostĂŒm spazieren zu
fĂŒhren. Ein König lebt nur im MĂ€rchen in Lumpen. Das
BewuĂtsein, einfacher BĂŒrger zu sein, entschuldigt nicht die
ungepflegte Kleidung.
NachlĂ€ssig oder schwĂŒlstig geschriebene AufsĂ€tze wer-
den ohne Lust und darum unaufmerksam gelesen; inein-
andergeschachtelte SĂ€tze ĂŒberhuscht das lesende Auge, ohne
sich des Zusammenhangs bewruĂt zu werden; ungeschickte
oder gesuchte Vergleiche und Bilder leiten den Verstand auf
falsche Wege oder erheitern ihn bestenfalls auf Kosten des
Ernstes, den der Schreiber seinen Zeilen gewidmet wissen
wollte. Umgekehrt fesselt jede noch so einfache Arbeit,
wenn sie in klaren Worten die Gedankenfolge des Verfassers
wiedergibt. Die Forderung, daĂ auch der Wissenschaftler
sich eines guten Stiles befleiĂige, wĂ€chst von selbst aus dem
Wesen des âStils". Indem ich einige der Ursachen aufdecke,
die eine ErfĂŒllung dieser Forderung erschweren, hoffe ich
Wege zu finden, die dem Ziele entgegenfĂŒhren.
II.
Sicher ist das gesteigerte Tempo des modernen Arbeitens
ein Grund fĂŒr die VernachlĂ€ssigung der Schreibart; wenn
man die ungeheure Arbeitsleistung fĂŒhrender, auch heute
noch lebender Geister betrachtet, wird man ihn nicht als
stichhaltige Entschuldigung anerkennen können.
VielfÀltigkeit und Zersplitterung der einzelnen Wissens-
zweige erweitern mehr und mehr das Gebiet Àrztlichen Stu-
diums. Der Student ist nicht mehr imstande, gute BĂŒcher
durchzulesen und sich mit Sorgfalt in ihre LektĂŒre zu ver-
tiefen. Er greift sich die Tatsachen stĂŒckweise heraus odei
bezieht seine Kenntnisse aus Kompendien, deren Telegramm-
stil sein FormgefĂŒhl nicht entwickelt. Eben so wenig sind
die ihrem Zwecke allerdings angepaĂten Krankengeschichten
geeignet, seine Schreibart gĂŒnstig zu beeinflussen. Der an-
gehende Arzt gewöhnt sich eine gewisse Schablone an, die
er vielleicht mit wissenschaftlichem Stil verwechselt, die
aber gute Dienste nur da leistet, wo es gilt, in Form kurzer
Xotizen Erinnerungsbilder festzuhalten.
Einen weiteren Grund glaube ich in der Vervollkomm-
nung der Illustrationstechnik gefunden zu haben. Der groĂe
und erfreuliche Fortschritt bringt den Nachteil mit sich, daĂ
Debrunncr: Vom Stil
40. Jahrg. â Nr. 2.
sorgfĂ€ltige und ĂŒberzeugende Beschreibungen ĂŒberflĂŒssig,
zum mindesten erleichtert werden. Mancher Verfasser lĂ€Ăl
sich verleiten, diese Beschreibungen zu geben, ohne sich die
MĂŒhe zu nehmen, sie bildhaft zu gestalten.
Im Grunde genommen sind diese Tatsachen nur Er-
scheinungen des Zeitgeistes, der die OberflÀche liebt und
sich bemĂŒht, in gieriger Hast sie allseitig zu durchqueren.
FĂŒr die meisten der Schule entwachsenen Menschen wird die
Tagespresse zum Lehrer ihrer Schriftsprache. Ihre Elaborate
sind selten geeignet, als gute Beispiele wirksam zu sein. Es
liegt im Wesen der anonymen Zeitungsschreiberei, das Ver-
antwortlichkeitsgefĂŒhl des unsichtbaren Verfassers zu zer-
rĂŒtten. Sobald es einmal gelockert, wird auch die Form
zersprengt. Erzeugnisse gewissenlosen Ehrgeizes und form-
blinden Eifers fĂŒllen Spalten und tragen schlechte Schreib-
sitten in die Masse. Mit um so stĂ€rkerem PflichtbewuĂtsein
muĂ die auf die Schrift angewiesene Wissenschaft fĂŒr die
Reinheit und die kristallene Klarheit der Sprache eintreten.
III.
Die Kritik ist der Diagnosestellung vergleichbar. Wir
wollen Prophylaxe und Therapie treiben. Einige Regeln,
denen jeder Leser andere anfĂŒgen wird, finden hier ihren
passenden Platz.
Der erste Grundsatz klingt selbstverstÀndlich; trotzdem
wird er hĂ€ufig genug auĂer acht gelassen. Er möge lauten:
Erst schreiben, wenn das Thema bis ins Einzelne ĂŒberdacht
wurde. Ich denke dabei an Folgendes: Aneinandergereihte
Notizen ergeben keinen Aufsatz; die AusfĂŒhrungen bedĂŒrfen
eines logischen Zusammenhanges, dessen Herstellung durch
ein vorbereitendes Schema wesentlich erleichtert wird. Auf
diese Weise lĂ€Ăt sich das Thema nacheinander von ver-
schiedensten Gesichtspunkten aus untersuchen und betrat Il-
ten, bis es sich dem Auge als allseitig geklÀrtes Ganzes
gleichsam durchsichtig darstellt. Dieses Schema wird
sich oft an die Reihenfolge der ursprĂŒnglichen gedank-
lichen Entwicklung halten können; oft werden wir es Àndern
mĂŒssen, um dem Leser die unnötigen Irrwege zu ersparen,
die der wissenschaftliche Inhalt bis zu seiner endgĂŒltigen
Formulierung durchlaufen hatte. Wir behĂŒten ihn vor der
EnttÀuschung, die den Wanderer ergreift, wenn er nach
mĂŒhseligem Marsche durch GestrĂŒpp und Oede auf einem
HĂŒgelchen anlangt, das ihm kaum einen klĂ€glichen Rund-
blick gewÀhrt. Unwichtiges fasse man kurz, Wichtiges soll
selbst auf Kosten der KĂŒrze verstĂ€ndlich und zwingend
dargestellt werden.
Zeitmangel ist eine weitere Ursache stilistischer Fehler:
er verscheucht die Lust an der Produktion und erzeugt Un-
aufmerksamkeit und Zerstreutheit beim Schreibenden. Wem
nicht die MuĂe einiger Stunden winkt, der sollte die Feder
nicht zur Hand nehmen. HĂ€ufige Unterbrechungen zeigen
sich in der sprunghaften Entwicklung des Aufsatzes.
Der vielbeschÀftigte Arzt bedient sich des Diktats. Das
Diktat hat den âStil" des Kaufmanns auf den jetzigen Tief-
stand gebracht; es wird kaum imstande sein, den des
Wissenschaftlers zu heben. Vielleicht lĂ€Ăt sich bei manchem
durch Ucbung der Grad der Konzentration erreichen, welcher
erlaubt, ein Bild des Diktates im Kopfe zu erzeugen und von
der Anschauung des geschriebenen Textes loszukommen.
Oh es aller einem Werke zum Vorteil gereicht, es wÀhrend
der Erledigung seiner Postsachen von dritter Hand tippen
zu hissen, scheint mir mehr als fraglich.
Keine Arbeit darf zum Druck gehen, bevor sie nach
einigen Wochen Lagerns einer erneuten PrĂŒfung unterzogen
wurde. Wie der Most in der Stille, vermag sie in der
Schreibtischlade sich zu klÀren. Ausgeruht und unvorein-
genommen nimmt sich nach dieser Frist das Gehirn ihrer
an. Sie wirkt nicht mehr unmittelbar als vertrautes Eigen-
produkt. MiĂverstĂ€ndliche Stellen werden erkannt: wo zu
wenig geboten wurde, weil die eigene fris.he Erinnerimg im
Wege gestanden, kann man zusetzen: FĂŒllsel und Wieder-
holungen lassen sich streichen. Es lohnt sich meist, den
Aufsatz von A bis Z neu zu schreiben, da man erst jetzt â
vom Zwange der Gedanken befreit â seine Aufmerksamkeit
der Diktion zuwenden kann. Aus gleichen GrĂŒnden ist das
Lesen der Korrekturen eine ernste Angelegenheit, bietet sie
doch die letzte Möglichkeit, gewissenhaft sich selbst zu ver-
bessern.
Oft vermag ein glĂŒcklich gewĂ€hltes Bild eine schwer
verstÀndliche Situation mit einem Schlage zu beleuchten.
Wem die Phantasie ihre FlĂŒgel nicht willig zur VerfĂŒguni;
stellt, der begnĂŒge sich mit der trockenen Beschreibung, die
dem VerstÀndnis weiter entgegenkommt, als ein wesens-
fremdes Gleichnis.
In der Promotionsschrift lernt der Arzt zum ersten Male
die Feder in den Dienst der Oeffentlichkeit zu stellen. Es
gibt wenige Lehrer, welche die PrĂŒfung der Arbeit auf In-
halt und Form beziehen; statt verdienten Dank nehmen sie
den Vorwurf der Pedanterie entgegen. Gerade hier bietet
sich unzweifelhaft eine Gelegenheit, gegen das Uebel anzu-
kÀmpfen. SpÀter verschwindet der Einfluà einer leitenden
Persönlichkeit immer mehr. Um so angenehmer fÀllt es
dem aufmerksamen Leser auf, daĂ manche Zeitschriften die
sichtende, formgewandte Hand der Redaktion erkennen
lassen.
Die hÀufigen Hinweise auf Autoren stören manchmal
ohne Not den FluĂ der Gedanken. Man darf einen Aufsatz
nicht dermaĂen mit fremdem Ballast beschweren, daĂ der
Auftrieb eigener Gedanken aufgewogen wird. Wenn eine
kasuistische Mitteilung oder ein gelegentlicher Vorschlag
durch historische Untersuchungen eingeleitet werden, die
dreimal mehr Raum beanspruchen als die Abhandlung
selbst, so ergibt sich daraus eine lÀcherliche Stilwidrigkeit.
Wo die ErwĂ€hnung frĂŒherer Forscher geboten, da fĂŒgt sie
sich zwanglos in den Text ein oder findet in FuĂnoten Platz.
Der Ehrgeiz zwingt manchen Autor, jede Nichtigkeit, die
ihm durchs Gehirn geht, einer weitschweifigen Veröffent-
lichung fĂŒr wert zu halten. Von vornherein ist anzunehmen,
daĂ sich die Sprache dem Inhalt anpaĂt, daĂ sich um eine
Leere herum schwĂŒlstige Worte, gruppieren. Niemand wird
die Kleinarbeit der einzelnen Biene verachten. Das Summen
der Drohne aber wichtig zu nehmen, kann uns nur die
Drohne selbst zumuten.
Klarer Text muĂ sich im modernen medizinischen Buche
mit gutem Bilde vereinigen. Auch das wissenschaftliche
Bild hat seinen Stil: er heiĂt Anschaulichkeit. Wie er-
schreckend hÀufig schlechte Illustrationen veröffentlicht
werden, zeigt jede Fachzeitung. Da ihnen stets etwas Per
so 1 liebes anhaftet, sollte man ihrer Auswahl die gleiche
Sorgfalt angedeihen lassen wie dem Texte.
Ich will die AusfĂŒhrungen abschlieĂen mit dem Hinweis
au! den Wert eines guten Titels. Der Titel ist einem Firmen- ,
Schild zu vergleichen. Er wirkt um so besser, je knapper
er gehalten ist. Nicht- immer gelingt es leicht, den dargebo
lenen Stoff in eine kurze und doch das Wesentliche ent-
haltende Fassung zu bringen. Man darf die Schwierigkeit
der Aufgabe nicht umgehen, indem man in vielzeiligen
Feberschriften den ganzen Untersuchungsgang vorausnimmt.
Der gute Titel benennt das Problem, zeigt gegebenenfalls das
Ergebnis der Arbeit an, ohne in schwer VerstÀndlicher Klau-
sulierung von VorgÀngen zu berichten, deren Ablauf erst im
Texte erörtert werden soll.
Auf Einzelheiten oder gar auf Regeln der Syntax und
der Grammatik einzugehen, liegt nicht in der Absicht dieses
Aufsatzes. Er wollte in keiner Weise bevormunden, er
wollte nur anregen. Dem Leser, der nach Abhandlungen
ĂŒber Stil sucht, empfehle ich die âDeutsche Stilkunst'" von
Ed. Engel als ein zwar etwas pedantisches, aber durch seine
unzÀhligen Musterbeispiele bester Prosa hervorragendes
Werk. Köstlich und lehrreich zugleich ist Schopcnhauei s
Aufsatz âUeber Schriftstellern und Stil" (Parer^a u. I'araĂ-
pomena Kap. XXIIIV 1
10. Jahrg. â Nr. 2.
Referate
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
Deutsche Medizinische Wochenschrift, Berlin.
8. Dezember 1921, Nr. 49.
Virchows Reutheorie und heutige experimentelle Gcschwulstforschung.
F i b i g e r. 1181.
Zum Problem der Resistenz der SyphilisspirochÀten und der Krankheitserreger
ĂŒberhaupt. Z i e m a n n. 1183.
Aufhebung der ReaktionsfÀhigkeit luiischcr Sera durch FormaJdehyd.
D O 1 d. 1185.
Eine neue Flockungsreaktion bei Syphilis. Hecht. 1187.
W elchen RĂŒckschluĂ gestattet die Restetickstoffbestiiiuming des Blutes auf die
tatsÀchliche Stickstoffretontion im Körper? R o s o n h e r g. 1188.
l'ebcir intrakardiale Adrenalininjektion bei akuter HerzlÀhmung.
X n e i e r, 1190.
<(âș Anatomische und technische PrĂ€gen zur intrakardialen Injektion.
Vogt. 1491.
Zur Technik der iditralumbalen Lufteinblasung, insbesondere »um Zwecke
der âEnzephalograpbie"'. Biiigcl. 1192.
Zur Frage des Ersatzes von Blutverlusten durch Gummi-Kochsalzlösungen.
K ii 1 z. 1193.
Diagnostische I/eitungsanÀsthesie. Scholl. 1494.
Teilexzision des Nagels bei Paronychie .am Nagelgrund. H i n t z e. 1494,
Zur Biologie der Haut. Gans. 1195.
â Kein Karbol paraffin statt Karbolglyzerin. B o e u n i n g b a u s. H97.
UnzuverlÀssige Fieberthermometer. K r i t z 1 e r. 1497.
Anatomische und technische Fragen zur intrakardialen In-
jektion: Die Methode ist keinesfalls technisch schwierig oder un-
sicher, wie unrichtigerweise mehrfach angenommen wird. Auch
fĂŒr die Praxis sehr wertvoll. Desinfektion: Jod. Ort der In-
jektion: am besten 4. linker Interkostalraum unmittelbar am
Brustbein, EinfĂŒhrung der 6 â 10 cm langen dĂŒnnen Nadel bis zum
hinteren Brustbeinrand, dann geringe Neigung der Nadel median-
wĂ€rts und dann in die Tiefe 3%â 5 ccm. Vorher Blut ansaugen,
dann langsame Injektion (1 ccm Adrenalin). Bewegung der Nadel
(Herzkontraktion) prognostisch gĂŒnstiges Zeichen. Auch beim
Neugeborenen (einige Tropfen einer 1 °/oo Adrenalinlösung auf
1 ccm physiologische Cl Na-Lösung); Punktionsstellen scharf im
medialen Winkel des 4. 1. I.-R. Zeitliche Indikation 3 â 5 Minuten
nach dem primÀren oder sekundÀren Herzstillstand.
Kein Karbolparaffin statt Karbolglyzerin, weil sich Karbol
im ersteren nicht löst, und es wie ein Fall beweist, zu schweren
Verbrennungen im Ohr kommen kann. V. S c h n i z e r.
15. Dezember 1921, Nr. 50.
Zur Lehre vom Aktionstrom. Kraus und Z o n d e c k. 1513.
âąH eber ITerzsehmerzeri. A. H o f f m a n n. 1514.
Ein âhĂ€matologischcs Besteck fĂŒr die Praxis" mit einigen Neuerungen fĂŒr
einfache Blutuntersuchung. Schilling. 1517.
HĂ€moklastischc Krise. J. Baue r. 1519.
l'ntersuchungen ĂŒber das Wesen der Vagus- und Sympathionswirkung.
Zonleck. 1520.
âl'eber die Wirkung intravenöser Traubenzuekerinjektionen auf die Haut und
ihre Erkrankungen. S c h o 1 1 z und Richter. 1512.
Lieber die Erhöbung der spirilloziden Wirkung des Salvarsans in Verbin
dung mit Traubenzucker. S t e i n b e r g. 1523.
Camphochol ein neue« KampferprÀpart. T a s c h e n b e r g. 1524.
GesundheitsschÀdliche Stempelfarben. B o r i n s k i. 1526.
Eine Aeuderung des Perkussioushaminers. f. i s s a u e r. 1528.
Postoperative Bestrahlung des Karzinoms. S t r a u Ă. 1529.
Herzschmerzen: In erster Linie in der Muskulatur des Thorax
hei Gichtikern an den RippenansÀtzen, auch bei Muskelrheuma-
tismus in der Interkostalmuskulatur, bei genauerem Zusehen auch
entfernter in der Muskulatur der GliedmaĂen. Dann Neuralgien
der Zwischenrippennerven, bei GĂŒrtelrosen durch den Ausschlag
leicht zu erkennen. Gewöhnlich, wenn kein Ausschlag, weiter-
reichend bis zu den Achselhöhlen hinein und den Wirbelkörpern.
ErkĂ€ltungen, Druck auf Nerven oder Ganglien durch GeschwĂŒlste
karzinomatöser tuberkulöser Natur, Wirbelerkrankungen. Dann
bei konstitutionellen Erkrankungen, Diabetes, Gicht. Endlich u. U.
durch die GĂŒrtelschmerzen der Tabiker vorgetĂ€uscht. Ferner bei
Erkrankungen der Rippen, ihrer Knochenhaut (tbc), des Rippen-
fells (ReibegerÀusche), bei Perikarditis sekundÀr nach und u. U.
gleichzeitig mit Angina, akutem Gelenkrheumatismus, Tuberkulose
Charakteristisches ReibegerĂ€usch. Endo-Myokarditis machen fĂŒr
gewöhnlich keine Schmerzen. Mediastinalerkrankungen: DrĂŒsen
Schwellungen. Tumoren, relromediastinale Abszesse (Tbc. der
Wirbelkörper). Endlich von den l nterlcibsorgancn atisgehend
infolge Ilochdrangung des Zwerchfells, vom Magen (Luft) od«
Dickdarm ausgehend. AngstgefĂŒhl.
Es gibt alter auch schmerzhafte Beschwerden im Herzen
selbst, organischer oder funktioneller Natur; hierher gehört die
Lues der Aorta und die Arteriosklerose der Kranzarterien. Auch
die Insuffizienz der Aortenklappen. Genese der Schmerzen nicht
klar. Bei Lues als erstes Symptom oft andauernder schmerz
harter Druck unter dem oberen Teil des Brustbeins. Ott auch
Yn fĂŒlle nach Bewegungen, psychischen Erregungen, Ver-
dauungsstörungen mit AngstgefĂŒhl. Prognosen infaust, oft letaler
\usgang im Anfall. SchlieĂlich sind fĂŒr solche Herzschmerzen
auch ĂŒbermĂ€Ăiger TabakgenuĂ, starke KĂ€ltereize und Psycbo-
neurosen verantwortlich. Behandlung: intravenös Traubenzucker
lösung nach BĂŒdingen, Prophylaxe: Meiden von Alkohol, Tabak.
Hochgebirge, SeebÀder.
Wirkung intravenöser Traubenzuckerinjektionen auf die Haut
und ihre Erkrankungen. Praktisch brauchbar bei frischen
Ekzemen, Dermatitiden auch toxischer Art, die sich unter lokaler
Behandlung nicht rasch zurĂŒckbilden, sowie bei zu weiterer und
entfernterer Ausbreitung neigenden Ekzemen, aber nie ohne lokale
Behandlung. Ferner bei Strophulus, Prurigo, Pruritus. Erregung
eines FlĂŒssigkeitsslroms von den Geweben nach den GefĂ€Ăen, der
therapeutisch auszunĂŒtzen. Es tritt auch eine Reizwirkung bakte-
riellen Krankheitsherden gegenĂŒber ein, die zu Provakations- und
Heilzwecken verwandt werden kann. Technik: einfach mit den
vorrĂ€tigen 25- und 50 % -Lösungen âMerck" in 1 â 2 Wochen 4 bis
8 Injektionen von 16 â 30 ccm der 50 %-Lösung. v. Schnitzer
MĂŒnchener Medizinische Wochenschrift.
9. Dezember 1921, Nr. 49.
Endemischer Favus und BekÀmpfungsmaUnahmen. S C h ö n f e I d. 1575.
Hormonale Sterilisierung des weiblichen Tierkörpers. II a b e r
1 a n d. 1577.
Verbreitung der Rachitis 1914 bis 1021. H i 1 g e r s. 1578.
Einzeilige Sachs-Georgi-Meinecke-Keaktion. Stern. 1680.
Blutuntersuchungen bei Verdacht auf Blcierkrankungen. Seiffert. 15S0.
âTherapie pnstdysenterrseher Darmsitörungen. Werl e. 1581.
Extnapleuraile Plombierung bei Lungentbc. B a c r. 1582.
Gleichzeitig desinfizierende und adstringierende Mischung. E b 1 e r. i.':8;>.
Lokale Reaktion«« auf intrakutane Aolaninjektion.* G a m n i t z. 1585.
âTrypaflavinwirkung bei Erkrankungen der Mund- und Rachenhöhle, be-
sonders bei Soor. Maie r. 1580.
Benutzung von Schlingen und (.inten in der praktischen Geburtshilfe.
L i e p m a n n. 1586.
Professionelle muskulöse TrapeziuslÀbmuug. Schmitt. 1588.
Ergebnisse der Schfutzpookenimpfung in Bayern 1920. G r o k. 1588.
KĂŒnstliche Virulenz und Chemie. Bach mann. 1589.
Beseitigung dnr durch Palpation des Abdomens ausgelösten Bauehdeckeu-
kontraktionen. K c 1 1 i n g. 1590.
â Pfriemenschwanz. N o r d h o f. 1590.
Pneumothoraxbehandlung. X e u m a y e r. 1590.
Beitrag zur Therapie postdysenterischer Darmstörungen.
Krankengeschichte eines schweren Ruhrfalles, bei dem die Nach-
störungen, die ĂŒber 4 Monate der ĂŒblichen Behandlung mit Tannin-
Ii rĂ€paraten usw. getrotzt hatten, durch Behandlung mit âMutaflor"
in 2â3 Wochen geheilt wurden. Ein RĂŒckfall ist seitdem (2J/.
Jahre) nicht aufgetreten.
TJcber Trypaflavinwirkung bei Erkrankungen der Mund- und
Rachenhöhle, besonders bei Soor. Verf. berichtet ĂŒber ausge-
zeichnete Erfolge bei den im Titel angefĂŒhrten Erkrankungen. An-
wendungsweise: Auspinseln mit 1% (SÀuglinge: lA %) Lösung
oder Spray. Gurgeln mit 40 Tropfen 1% Lösung auf Vi 1 Wasser.
Der Pfriemenschwanz. Verl', empfiehlt folgende Therapie
gegen Oxyuris: Vollbad und grĂŒndliches Abseifen des ganzen
Körpers und besonders des Afters und der FingernÀgel; sodann
graue Salbe an die At'leröffnung und Wattebausch davor. Nach
jeder DefĂ€kation grĂŒndliche Afterreinigung mit Wasser und Seife
und Erneuerung der Salbenvorlage. Da die Zeitdauer vom Augen-
blick, wo das Ei in den Mund kommt bis zum Erscheinen des
Weibchens am After 14 Tage betrÀgt, muà die Kurdauer etwas
ĂŒber 14 Tage betragen Mit dieser einfachen Kur sah Verl nie
mals einen Versager.
F. Loewenhar dt (Charloltenburg-Westend
44 Aus den neuesten Zeitschriften 40. Jahrg. â Nr. 2.
MĂŒnchener medizin. Wochenschrift.
1(1. Dezember 1921, Nr. 50.
Kpithrlkörpervorpf'anzung bei postoperabiver Titanic. H o c C Ii 6 r s. 1009.
â Intravenöse KieselsĂ€ureinjektionen bei Arteriosklerose u. a. K ii Ii n. 1612.
Reizbestrahlung von Milz und Leber. Partsch. 161.3.
Sedative Therapie btyphösor Erkrankungen, insbes. Flecktyphus. H aus-
mann. 1615.
Verhalten des Blutes im Hochgebirge. F r e n k e 1 T i s s o t. 1616.
Röntgenologischer Beitrag zur . Kenntnis d. Tbc,, der Lungen.
Kacstl te 1617.
Weichstrahlaufnahmen. Zacher. 1619.
Festsitzender Kopfhaubenverband. G o e t z e. 1621.
Behandlung der HyperaziditÀt mit Neutra.lon. v. P r i e d r i c h. 1621.
Stalapnometrischer Quotient zur Differentialdiagnose. Sche-
rn c n s k y. 1622.
Schmerzlose Enthindung. F 1 ö e 1. 1623.
Mitralinsuffizenz. Herzog. 1623.
Blasenverletzung durch PfÀhlung. S c h rode r. 1624.
Kombination von Variolois und Lues latens. H i 1 1 e n b e r g. 1624.
Operative Behandlung der Skoliose, v. F i n e k. 1625.
Aortenkompressorium. Hoffmann. 1625.
TJeber die Wirkung intravenöser KieselsÀureinjektionen bei
Arteriosklerose, Stenokardie und verwandten ZustÀnden. Verf.
behandelt, ausgehend von dem Gedanken, daĂ im Alter der Kiesel
SÀuregehalt des Körpers schwindet (als wahrscheinlich erste
AltersverÀnderung der Bindegewebsgrundsubstanz), die im Titel
angefĂŒhrten ZustĂ€nde mit Injektionskur von Nalriumsilikal
(Merck). 10â12 Spritzen 1 % alle 3 Tage, dann 3â4 Wochen
Pause und eventuell Wiederholung der Kur. Bericht ĂŒber sehr
gute Erfolge.
F. Loewenhardl (Charl. -Westend .
Medicinische Klinik.
20. Nov. 1921, 17, Nr. 47.
Die Ti aeheotonĂŒe. I' e 1 s - L e u s d e n. 1405.
Art und IndividualitÀt. R o s e in a n n . R. 1408. (Schluà aus Nr. 46.)
l'eber parenterale Resorption körperlicher Elemente und ihre Bedeutung fĂŒr
Physiologie und Pathologie. Ziegler. Kurt. 1410.
ȉUeber den sogenannten Circulus vitiosus nach Gastrocnteioanastomosc.
Blond. Kasper. 1412.
Zur Kenntnis der akuten Snlvarsaunebemvirkungen. Glaser. K. und
Langer, E. 1415.
âTMphtheriebazillen im Auswurf. Singer. Ernst. 1416.
Klinische Erfahrungen mit Purostrophan (kristallisiertes g-Strophantin i.
Samolewitz. Ernst. 1417.
Bemerkungen zur Arbeit von R. S c h m i d t : Zur Kenntnis der U-Röhrchen-
blutprohe und ihrer Verwendbarkeit. P o s s e 1 t. 1417.
SchluĂwort. Schmidt. R. 1417.
â Hinweise auf das Wesen von Brustkrebsen. M e r k . Ludwig. 1418.
Geburtshilfe der Unfallstation. Runge. Ernst. 1422.
Ueber den sogenannten Circulus vitiosus nach Gastroentero-
anastomose. Nach Anlegung einer hinteren Gastroenterostomose
wegen eines perforierten Ulcus ventriculi stellte sich unstillbares
Erbrechen ein, derart, daĂ nach 4 Tagen eine nochmalige, dies-
mal vordere Gastroenterostomie erforderlich wurde. Bei der
Operation zeigte sich nun, daĂ der zufĂŒhrende Schenkel der Je-
junumschlinge stark erweitert, der abfĂŒhrende vollkommen kolla-
biert war. Eine etwa 3 Wochen spÀter vorgenommene Röntgen-
durchleuchtung zeigte noch 6 Stunden nach der Kontrastmahlzeit
etwa noch % derselben im Magen; die Entleerung erfolgte nur
langsam, vorzugsweise durch den Pylorus, zum geringen Teil
durch die Anastomose. Nach weiteren 4 Wochen konnte in noch-
maliger Röntgendurchleuchtung eine erheblich raschere Ent-
leerung durch zwei deutlich sichtbare Anastomosen beobachtet
werden. Auf Grund dieser Beobachtungen und eingehender
Ueberlegungen schlieĂt Verfasser, daĂ diese Erscheinungen Hin-
durch Incarceration auf der Basis spastischer Kontraktionen zu-
stande kommen können. Weitere Beobachtungen und Unter-
suchungen mittels elektrischer Ströme wÀhrend der Operation
lassen Verfasser zu dem Resultat gelangen: Der Circulus vitiosus
entsteht in vielen, wenn nicht in allen FĂ€llen durch eine Ver-
legung des zufĂŒhrenden und des abfĂŒhrenden Schenkels der zur
Gastroenterostomie verwendeten Schlinge, welche einerseits
durch spastische Verengerung der Magendarmöffnung, anderer-
seits durch Einziehung der ganzen Schlinge gegen den Magen
bedingt wird.
Diphtheriebazillcn im Auswurf. Bei einer Patientin, die
klinisch das Bild der IliliisdrĂŒsentuberkulose darbot, bei der
auch das Röntgenbild eine starke Verbreiterung des Ililus-
schattens beiderseits zeigte, der weit in das Lungengewebe hin-
einragte, konnten im Auswurf Diphtheriebazillen nachgewics n
werden, wÀhrend Abstriche von den Tonsillen, dem Nasophai -vn\
und dem Larynx negativ waren. Tuberkelbazillen wurden im
Sputum nicht gefunden. Nach Injektion von 2000 I. E. Diphtherie-
serum wurde das vorher eitrige Sputum glasig mit wenigen
Eiterflöckchen, der Husten lieĂ nach, SchwĂ€chegefĂŒhl und Nacht-
schweiĂe blieben unverĂ€ndert. Verfasser glaubt entgegen an-
deren Autoren die Diphtheriebazillen nicht als harmlos ansehen
zu dĂŒrfen, sondern hĂ€lt es fĂŒr wahrscheinlich, daĂ sie in die
Bronchial- und HilusdrĂŒsen eingedrungen sind und dort ent-
zĂŒndliche VerĂ€nderungen hervorgerufen haben.
Hinweise auf das Wesen von Brustkrebsen. Merk hat
unter besonderen Kautelen den frischen Saft kurz vorher ope-
rierter, noch nicht exulzerierter Brustkrebse und Lymphknoten
eingehend untersucht und auf diese Weise deutliche, geschwulst-
echte, pflanzliche Formen und Stoffe gefunden. Darunter fanden
sich â in mindestens zwei verschiedenen FĂ€llen gefunden â in
erster Linie StĂ€rkekörner, ein gelber Farbstoff â â Carotin â ,
ein grĂŒner Farbstoff, Bastfasern und schwarzbraune Farbstoff-
körner. Auf die ĂŒberaus sorgfĂ€llige Art der Identifizierung
dieser Befunde kann hier nicht nÀher eingegangen werden. In
seinen an diese Befunde anschlieĂenden ErwĂ€gungen spricht
Verfasser die Ansicht aus, daĂ solche Pflanzenspuren nur von
Pflanzenzellen erzeugt werden können, und daĂ der ĂŒberwiegend
allergröĂte Teil des Brustkrebsgewebes von einem pflanzlichen
Bildungsgewebe ausgefĂŒllt wird, das ,,je nach ZulĂ€ssigkeit der
eigenen Entwicklungskraft und der menschlichen GegenkrÀfte
sich als Bildungsgewebe weiter entwickelt". Weitere Unter-
suchungen werden vor allem darauf gerichtet sein mĂŒssen, zu
erforschen, wie die Freiform der Pflanze aussieht, die im
menschlichen Körper eine derartige Geschwulst hervorzurufen
imstande ist. Das Verhalten der StÀrkekörner wird hierbei weg-
weisend sein können. Nach den bisherigen Befunden glaubt Ver-
fasser annehmen zu dĂŒrfen, daĂ es sich um eine Glumiflore. eine
windblĂŒtige Pflanze handeln könnte.
Silberma n n (ChÀrlöttenburg).
27. November 1921, 17, Nr. 48.
IVe Stirahlenbi'handlung der Tuberkulose. O. d c 1» G a m p. 1435.
Ăeber Hodentranspl.-mtation beim Menschen. E n d e r 1 e i n. 1439.
âUeber scheinbare zeitliche VerĂ€nderungen in der HĂ€ufigkeit und Er-
scheinungsweise gewisser Erkrankungen. StrĂŒmpell. Vdnlf. 144a
Hie Behandlung der Krampfadern mit Suhlimateinspritzungen und ihre Er-
folge. Einser. 1445.
âKeuchhusten bei Erwachsenen. S c h w e n k e n b e c Ii e r . A. 14(7.
Mein Kapillarmikroskop. M ii 1 1 e r . Otfried. 1448.
Umfrage ĂŒber die Behandlung des septischen Abortes. Antworten von
AVinter. Königserg: Franz. Berlin: Fritz Kermauner. Wien;.
Opitz Freiburg; S t o e e k e 1 . Kiel: K ĂŒ s t n e r , Breslau. 14:0.
Geber Tatren. Eine einfache, direkte Methode zum Nachweis der Abdcihal-
denschen Reaktion. Abderhalden. Emil. 1453.
âUeber Yatren. ein wasserlösliches Chinolinderivat. Rietschel. 1452.
Geburtshilfe der Unfallstaltron. Runge. Ernst. 14.'4.
Ueber scheinbare zeitliche VerÀnderungen in der HÀufigkeit
und Erscheinungsweise gewisser Erkrankungen. In einem ĂŒber-
aus interessanten Aufsatz berichtet StrĂŒmpell ĂŒber HĂ€ufigkeit
und Erscheinungsweise einzelner Erkrankungen wÀhrend seiner
jetzigen Leipziger TĂ€tigkeit im Vergleich zu seiner frĂŒheren. Bei
den Infektionskrankheiten sind ja Aenderungen in ihrer Erschei-
nungsweise bekannt. Einzelne sind durch Besserung der sani-
tĂ€ren VerhĂ€ltnisse, andere durch spezifische MaĂregeln zu ihrer
BekÀmpfung ganz oder teilweise verschwunden. Neue Infektions-
krankheiten sind aufgetreten und teils auf die biologischen Ver-
hÀltnisse der Erreger oder auf neue Ausbreitungsmöglichkeiten
zurĂŒckzufĂŒhren. Ob sich auch der allgemeine Charakter der In-
fektionskrankheiten geÀndert habe, ist schwer 7.11 beurteilen, weil
ja manche Infektionen zu verschiedenen Zeiten in verschiedener
Schwere auftreten können. Daà beim Abdominaltyphus von vielen
Seiten behauptet wird, er zeige sich heute nicht mehr so hÀufig
unter dem als typisch beschriebenen Bilde, fĂŒhrt St. z. T. auf die
heute feinere Diagnostik zurĂŒck, die unklare FĂ€lle sehr bald
klÀrt, andererseits die Differentialdiagnose zwischen Typhus und
anderen Krankheiten ermöglicht. Auffallend, ohne daà er selbst
eine ErklĂ€rung dafĂŒr finden kann, ist ihm das seltene Auftreten
der charakteristischen TyphusstĂŒhle, ebenso wie der Darm-
blutungen, wÀhrend Schwerhörigkeit und völlige Taubheit hÀufiger
zur Beobachtung kamen. Die kroupöse Pneumonie hat ihr Bild
nicht verÀndert; hinzugekommen sind nur die schweren Tn-
fluenza-Pneumonien. Die septischen Erkrankungen zeigen eine
Zunahme durch die feinere Diagnostik. Bei den akuten Exan-
âą10. Jahrg. â Nr. 2.
Aus den neuesten / e i l s c Ii r i I l e n
Ihemen ist der RĂŒckgang der HĂ€ufigkeit der schwe ren Scharlach
nephritis und der Scharlachdiphtherie bemerkenswert, bei denen
St. eine augenblickliche Abnahme der ToxizitÀt annimmt. Auf
die Behandlung mit Salizyl möchte er die Abnahme der schwere n
Komplikationen bei der Polyarthritis zurĂŒckfĂŒhren, wĂ€hrend die
gonorrhoischen Gerenkerkrankungen neben einer allgemeinen Zu-
nahme der Gonorrhoe auch durch die verfeinerte Di.-iL'.noslik jetzt
hÀufiger diagnostiziert werden und dadurch eine Zunahme zeigen
Tuberkulose und Syphilis zeigen keine merkbare VerÀnderung
Ihre scheinbare Zunahme dĂŒrfte ebenfalls nur darauf zurĂŒckzu-
fĂŒhren sein, daĂ verfeinerte Untersuchungsmethoden eine frĂŒhere
Diagnosestellung ermöglichen. Bei der Syphilis innerer Organe,
besonders der Aorta, der Aortenklappen und des Zentralnerven
Systems (meningeale Syphilis) zeigt sieh gegen frĂŒher zweifellos
eine Zunahme; aber auch möchte St. dieselbe auf die Möglichkeit
einer frĂŒheren Diagnosestellung zurĂŒckfĂŒhren, glaubt aber nach
seinen Beobachtungen, speziell bei der jetzigen HĂ€ufigkeit der
sogenannten Neutorezidive, an eine Einwirkung der verÀnderten
Therapie, des Salvarsans. Von den metaluetischen Erkrankungen
kann er bei der Tabes vorlÀufig noch keine Abnahme konstatieren.
â Von den nicht infektiösen Krankheiten zeigen Lungen-
emphysem, Chlorose, chronischer Magenkatarrh eine erhebliche
Abnahme, aber wohl nur dadurch, daĂ durch genauere Diagnose-
stellung auf Grund feinerer Untersuchungsmethoden diese Dia-
gnosen seltener gestellt werden. Bei den hysterischen AnÀsthesien
liegt es wohl daran, daĂ heute nach diesen Erscheinungen gar
nicht mehr gesucht wird. St. schlieĂt seine Betrachtungen mit
dem Hinweis, âdaĂ das tempora mutantur auf die Krankheilen
nur eine beschrÀnkte Anwendung findet, wÀhrend die Richtigkeil
des Schlusses dieses Hexameters uns Àlteren Aerzten alltÀglich
zum BewuĂtsein kommt: et nos mutamur in illis!"
Keuchhusten bei Erwachsenen. Verf. konnte in seiner eigenen
Familie eine auĂerordentlich interessante Keuchhustenendemie
beobachten, die in der Hauptsache Erwachsene ergriff und ge-
eignet ist, die Anschauung, daĂ Keuchhusten in erster Linie eine
Kinderkrankheit ist, die Erwachsene nur selten befalle, stark zu
erschĂŒttern. Verf. selbst hatte schon im Jahre 1912 einen hart-
nÀckigen, wenig charakteristischen Husten, dessen Bedeutung erst
dann festgestellt wurde, als die beiden Kinder des Verf. an
schwerem Keuchhusten erkrankten. Im letzten Sommer erhiell
Verf. Besuch von seiner 66 jÀhrigen Mutter, die zwar hÀufig an
einem Katarrh der Luftwege leidet, der in diesem Falle aber hart-
nÀckiger war und in wiederholten, lang anhaltenden AnfÀllen auf-
trat. Die Diagnose wurde auf Grund der bestehenden diffusen
Bronchitis und des Lungenemphysems demgemÀà gestellt. Zehn
Tage spĂ€ter erkrankten die drei jĂŒngsten Kinder des Verf. an
pertussis. Aber auch die erwachsenen Mitglieder der Familie
erkrankten an unklaren schnell abklingenden katarrhalischen Er-
scheinungen und auch eine 30 jĂ€hrige Pflegerin des jĂŒngsten
Kindes, die mit 19 Jahren Pertussis durchgemacht halte, bekam
einen leichten Katarrh. Weitere Nachforschungen nach dem ur-
sprĂŒnglichen Herd des Keuchhustens ergaben nun, daĂ der
iO jÀhrige Bruder des Verf. seine Eitern infiziert hatte. Er selbsl
hatte seine Infektion im BĂŒro geholt, in das die Erkrankung durch
einen 23 jÀhrigen Beamten eingeschleppt worden war. Dieser
infizierte nacheinander seine Nachbarn im BĂŒro, diese wiederum
ihre GegenĂŒber, so daĂ sĂ€mtliche Insassen des BĂŒros erkrankt
waren. Im NebenbĂŒro blieben zwei junge MĂ€dchen, die als
Kinder Keuchhusten gehabt hatten, verschont, wÀhrend in den
anschlieĂenden BĂŒros fast alle Erwachsenen, die noch keine
Pertussis durchgemacht hatten, erkrankten, die anderen verschont
blieben oder nur leichte Katarrhe zeigten. â Diese Beobachtung
und die gelegentlichen Veröffentlichungen von Infektionen Er-
wachsener veranlassen Verf. zu dem SchluĂ, daĂ es sich beim
Keuchhusten nicht um eine Kinderkrankheit, sondern um eine
ausgesprochene Volksseuche handele. Die bei Erwachsenen
hÀufig unter unklaren Erscheinungen auftretende Krankheit sollte
die Aerzte in jedem Falle von hartnÀckigem Reizhuslen an Per-
tussis denken lassen.
Ucber Yatrcn, ein wasserlösliches Chinolinderivat. Valien,
ein Jodderivat des Benzolpyridin, ist vom Verf. in 5 % Lösung
in Dosen von 1 bis ."> cem intramuskulÀr bei Keuchhusten und
Pneumonie der Kinder injiziert worden. Nach den gemachten
Beobachtungen gingen die' AnfĂ€lle beim Keuchhusten ĂŒber-
raschend schnell zurĂŒck, so daĂ bisweilen schon nach 1 5
6 Injektionen die Krankheit ihre charakteristischen Zeichen ver-
lor. In einzelnen, wo die Zahl der AnfÀlle in einer Nacht bis
zu 30 betrug, ging ihre' Zahl schon nach der ersten Injektion auf
5â6 zurĂŒck, um nach etwa 8 Tagen vollkommen zu schwinden,
Die Injektionen wurden in 1- bis 2 tÀtigen Intervallen vorge-
nommen, bei eingetretener Besserung jeden 1. Ins .">. Tag. Bei
Pneumonie sind die Erfahrungen noch zu gering Im ein ah
schlieĂendes Urteil, doch scheint auch hier eine Wirkung vor
banden zu sein. In Pulverform Einblasungen in die- Nase
bewÀhrte sich das Yatrcn be'i Diphthericbazillenti Àgern. Die'
Einblasungen wurden tÀglich 3 5 mal gemacht. Die' bisher er
zielten Erfolge fordern jedenfalls zu weiterer PrĂŒfung de s Mittels
auf, um so mehr als irgendwelche SchÀdigungen nicht beobachtel
wurden. Silbermann (Charlottenburg .
1. Dez. 1921, 17, Nr. 49.
Wundbehandlung. Bayer, Prag. 1471.
N'cucrc Forschungen ĂŒber die Ursachen de« Vborta und dei FrĂŒhgeburt.
Abernejtty, C. 147;>.
âŠM'cber Endocarditis lenta. (i e Ă 1 e r. 1478.
Zur Frage der ButteTBiehln&hrung, Epstein. 1478.
Der Unfug des AbfĂŒhrmittels. Alexander. Alfred. 1481.
Umfrage Uber die Behandlung des .septischen Aborts, Antworten ydli
Hocbnc, Greifswald, M aytr. TĂŒbingen, Edler von .T a s c h k c .
GieĂen, F ĂŒ t h , Köln, R i Ă m a n n . OsnabrĂŒck. K it p f e r h e r g .
Mainz, B a u m m , Breslau. 1483.
âŠâŠâŠWelche chemischen Prozesse können das Kalomel bei interner Darreichung
zu einem gefÀhrlichen Gift werden lassen? Sehn m a c h c r .
Josef, Berlin. 1485.
âŠt*lVbcr die Verwendung des Hypophysenextraktes zur Nierenfiinktioiisprufung.
B r i e g e r , Heinrich und R a w seit, Kurt. 1485.
Ueber die Anwendung von Flavieid in der Dermatologie. K a 1 1 -
man n. 1487.
Bemerkungen zu detm Bericht ĂŒber âErysipelbediandlung mit lfi% Argentum
nirieum in Nr. 43. Theisinger. Fischbach, Weierbach. 1487.
âŠÂ»âŠF.ine Verbesserung des' mikroskopischen Nachweises eler Tuberkelhazille.i im
Sputum mittels Leuchtbildmethode von E. Hoffmann. Duhm, H. A. l 187.
Ueber Endocarditis lenta. Die Krankheit ist hÀufiger als
allgemein angenommen wird. GeĂler konnte an der Heidel-
berger Klinik im Laufe von 1% Jahren 33 FĂ€lle beobachten. Das
Krankheitsbild ist etwa folgendes: Bei Leuten, die frĂŒher einmal
eine Polyarthritis mit nachfolgender Endocarditis durchgemacht
haben, entwickelt sich groĂe Mattigkeit und Appetitlosigkeit,
Schwindel und Kopfschmerzen treten auf, Herzklopfen und Kurz-
atmigkeit nach geringen körperlichen Anstrengungen, zeitweilig
Gelenkschwellungen und Gelenkschmerzen. In jedem Falle aber
zeigt sich ein deutlicher derber Milztumor. Die Kranken sehen
blaĂ aus, regelmĂ€Ăige. Temperaturmessungen zeigen zeitweise
auftretende Temperatursteigerungen. AllmÀhlich nimmt der
KrÀfteverfall zu, die AnÀmie wird stÀrker, hÀmorrhagische Ne-
phritis und bisweilen HĂ€maturien treten auf, und unter den Er-
scheinungen der Herzinsuffizienz gehen die Kranken zugrunde
Dieses Krankheitsbild zeigt aber hÀufig noch Komplikationen
durch Embolien in die verschiedensten Organe: Apoplexien, Lun-
gen-, Nieren- und Milzinfarkte, Embolien in die groĂen GefĂ€Ăe
und in die Haut. Die Sektion ergibt in diesen FĂ€llen als Haupt-
erkrankung eine ulceröse Endocarditis vorwiegend des linken
Herzens mit Auflagerungen und Zerstörungen an den Klappen,
anÀmische Infarkte in Milz und Nieren, embolisehe Herdnephritis
oder diffuse Glomerulonephritis.
GegenĂŒber den bisherigen Angaben, daĂ die meisten Kranken
vorher eine Polyarthritis mit nachfolgender Endocarditis und
Klappenfehler durchgemacht haben, konnte G. nur in 7 von 33
FĂ€llen eine Polyarthritis eruieren. Er konnte ferner durch den
Obduktionsbefund in 14 FĂ€llen zeigen, daĂ der ĂŒberwiegende Teil
eine kombinierte Erkrankung der Aorten- und Mitralklappe
hatten, unter Ueberwiegen der Aortenerkrankung. Bei 19 nur
klinisch beobachteten FĂ€llen konnten 6 mal reine Aortenfehler,
12 mal Kombinationen von Aorten- und Mitralfehlern festgestellt
werden. Zerebrale Störungen in Form von Embolien konnten
auch schon im Anfang der Krankheit beobachtet werden, und
Nierenerkrankungen, die meist erst im vorgeschrittenen Stadium
der KranKheit auftreten sollen, konnten bei genauer Urinbeobach-
tung schon frĂŒhzeitig entdeckt werden. Die AnĂ€mie kann hohe
Grade erreichen; es wurden Hb. -Werte von 30 Prozent gefunden
Der als Erreger bisher angesprochene Streptokokkus viridans
konnte nur in wenigen FĂ€llen nachgewiesen werden: 3 mal aber
konnte aus dem Leichenblul der Diplostreptokokkus pleomorphus
nachgewiesen werden.
Welche chemischen Prozesse können das Kalomel bei intern
Darreichung zu einem gefÀhrlichen Gift werden lassen? Die' An-
nÀhme, daà Kalomel im Magen unter der Einwirkung der Salz-
sÀure in Sublimat umgewandelt wird und auf diese Weise das
Quecksilber zur Resorption gelangt, hat sich nach den Unter-
suchungen S c h u h m a c h e r s nicht als richtig erwiesen. Unter-
suchungen mit einer SalzsÀurelösung 2 : 100 zeigten in der KÀlte
keine Entwicklung von Sublimat, und selbst be'i Erhitzen auf Siede-
46
Aas den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 2.
lemperatur bildeten sich nur gerade noch nachweisbare Mengen.
Dagegen trat bei Mischung mit 1 Prozent Alkalikarbonat schon in
der KĂ€lte eine Umwandlung eines groĂen Teiles des Kalomels
in lösliche Hg- Verbindungen ein. Sch. kommt daher zu dem
SchluĂ, daĂ die Umwandlung des Kalomels weder im Magen er-
folgen, noch zu Sublimat fĂŒhren kann, sondern daĂ seine che-
mische VerÀnderung unter dem Einfluà des alkalikarbonathal-
tigen Darmsaftes erst im Darm erfolgt.
Ueber die Verwendung des Hypophysenextraktes zur Nieren-
funktionsprĂŒfung. Brieger und R a w a c k konnten in Ver-
suchen an nierengesunden Personen die von anderen Autoren be-
obachteten Wirkungen der Injektion von Pituitrin bezw. Pitu-
glandol bestÀtigen. Auch bei ihnen zeigte sich Diuresehemmung
mit nachfolgender Diurese und stark erhöhter Kochsalzausschei-
dung. Die Verringerung der Urinmenge wurde 'durch erhöhte
Konzentration ausgeglichen. Zur besseren Beobachtung der ein-
zelnen Phasen wurde in jedem Falle vor dem Versuch 1 Liter
Wasser verabfolgt und die zu untersuchenden Personen auf
Standardkost gesetzt. Das Blutserum zeigte sich, wie auch bei
anderen Autoren, ĂŒber die retinierte Wassermenge hinaus hy-
drÀmisch und stark kochsalzhaltig, so daà eine Mobilisation stark
kochsalzhaltiger GewebsflĂŒssigkeit anzunehmen ist. Die Stick-
stoffausscheidung scheint auch gefördert zu werden, ist jedoch
nicht einwandfrei nachzuweisen. Bei Nierenkrankheiten sind die
beiden Phasen' der Diuresehemmung und der Diurese nicht so
deutlich ausgeprÀgt, die Versuchsdauer ist verlÀngert. Auch die
Kochsalz- und Stickstoffausscheidung zeigten Unterschiede, in-
dem bald die eine, bald die andere niedriger war. Der Methode
selbst haftet der Fehler an, daĂ durch die Injektion auch eine
Gewebswirkung hervorgerufen wird, bei der auĂer einer Wasser-
ausschwemmung auch möglicherweise eine solche von Schlacken
stattfindet. Auch die Zufuhr einer gröĂeren FlĂŒssigkeitsmenge
in FĂ€llen von Oedem oder Oedembereitschaft dĂŒrfte fĂŒr die Be-
urteilung der Resultate bei dieser Methode nicht auĂer acht zu
lassen sein. Die renale Wirkung des Extraktes dĂŒrfte auf eine
Reizung der von Jost entdeckten sympathischen Nervenfasern
zurĂŒckzufĂŒhren sein.
Eine Verbesserung des mikroskopischen Nachweises der
Tuberkelbazillen im Sputum mittels Leuchtbildmethode von E.
Hoffmann. Die mit der angegebenen Methode vorgenommenen
Untersuchungen an einem reichhaltigen Material haben fĂŒr den
Nachweis von Tuberkelbazillen im ĂŒblichen AusstrichprĂ€parat
erheblich bessere Resultate ergeben, als die sonst ĂŒbliche mikro-
skopische Untersuchung. Durch vergleichende Untersuchungen
nach beiden Methoden konnte festgestellt werden, daĂ in der
Zeiteinheit im Dunkelfeld die doppelte Anzahl von Bazillen ge-
runden wurde als im Hellfeld. Dabei waren die Bilder von
groĂer Klarheit, und die Segmentierung der Bazillen kam mit
groĂer Deutlichkeit zum Vorschein. Zieht man in Betracht, daĂ
nach den Untersuchungen von Matson bei einer Bazillenzahl
von 55 000 in 1 ccm Sputum diese der Untersuchung noch voll-
stĂ€ndig entgehen können, und daĂ selbst bei einer 10 fach gröĂe-
ren Zahl nur vereinzelte Bazillen nachweisbar sind, so ist die
Bedeutung der Hoffmann'schen Methode klar, und ihre Anwen-
dung sollte Gemeingut aller Untersucher werden, um so mehr,
als die Anreicherung des Sputums mit ihrem mehrstĂŒndigen Zeit-
vorlust bei dieser Methode in Wegfall kommen kann.
Silbermann (Charlottenburg
Zeitschrift fĂŒr ImmunitĂ€tsforschung, Jena.
18. November 1921, 33, Heft 2.
Agglutination der X-Stiimme. BĂŒchner. S. und ZĂŒrn. W. 115.
VerhaUten der Albumine und Globuline beim sereologischen JLiuiesn&ehwei».
S a h 1 m a n n , II. 130
âTheoretische, und praktische Ergehnisse mit den Flockungsreaktionen nach
Meinicke. .1 a n t z e n . W. 156.
Vergleichende Untersuchungen ĂŒber Antikörperbildung' be1 Gonorrhoe.
Fey. H. 178.
Theoretische und praktische Ergebnisse mit den Flockungs-
reaktionen nach Meinicke. Die Serienuntersuchungen des Verf.
ergaben bei der Meinicke Reaktion (M. R.) hÀufig unspezifische
Resultate. Bei der dritten Modifikation (D. M.) erzielte er gute
Erfolge, besonders, wenn er die Beobachtungsdauer auf 48 Stun-
den ausdehnte. Der vom Verf. empfohlenen Verwendung frischer
Sera und der Behauptung, daĂ hierbei keine un spezifischen
Reaktionen auftraten, steht eine sehr groĂe Zahl anderslautender
AeuĂerungen anderer Autoren gegenĂŒber. Die theoretischen Aus-
lĂŒhrungen des Verf. ĂŒber das Wesen der Reaktionen entbehren
experimenteller UnterlÀgen. W. Weisbach (Halle a. S.)
Zeitschrift fĂŒr ImmunitĂ€tsforschung und experimentelle
Therapie, Jena.
7. Dezember 1921, 33, Heft 3.
Die HitzebestÀndigkeit gebundener Antikörper. Gutfeld. F. v. 197.
lieber die Bildung von X-19-AggkltinÀnen beim Kaninchen nach Infektion
mit Kaninchen-Fleckfiebervirus. Weil, E. und G r u s c h k a . A. 207.
Die Beziehung des lipotdartigen HĂ€molysinogeas von Bang uml FöorĂ-
man zu den heterogenetischen HammelbiuthÀmolysiuen. S c Ii m i d t .
H. 216.
Beziehungen zwischen Orgaiiabbauprodukten und Wa. K. Beck-
mann., W. 233.
Biologie der Kolitisbazillen. Wirkungsweise der Desinfektionsmittel und des
Hungers auf Bakterien. Braun. H. und Gersbach. A. 217.
âStudien bei der Rekurrensinfektion zwecks Beeinflussung von Psychosen.
Weichbrodt. R. 267.
Die agglutinationsfördernde Wirkung des Normalsei ums in ihren Beziehun-
gen zur HĂ€raagglutination und HĂ€molyse. Olsen, O. 283.
Studien bei der Kekurrensinfektion zwecks Beeinflussung von
Psychosen. Im Verfolg von Versuchen, welche darauf hinzielten,
die Paralyse mittels Rekurrensinfektion zu beeinflussen, konnte
Verf. folgende positive Befunde erheben:
Durch Ueberimpfung des Blutes von Rekurrenskranken auf
MÀuse konnten SpirochÀten wÀhrend der ganzen Krankheit im
Blute nachgewiesen werden, hÀufig auch schon kurz nach dem
Anfall, auch in allen den FĂ€llen, wo im Dunkelfeld der Nachweis
nicht gelang. Mit einem fĂŒr Menschen apathogenen Stamme wur-
den Menschen geimpft. Mit dem Blute solcher Personen konnte
mitunter bis zu 2 Tagen nach der Infektion eine Infektion bei MĂ€u-
sen erzielt werden. Beinfektionen bei Menschen gelangen bis zu
18 Monaten nach der Erstinfektion nicht. Ebenfalls nur durch den
Tierversuch, nicht mittels Dunkelfeld, waren im Liquor meist
2â3 Tage nach dem Anfall SpirochĂ€ten nachzuweisen. Spiro
chĂ€ten im Liquor schienen nicht in dem MaĂe wie die SpirochĂ€ten
im Blute von den AnfÀllen abhÀngig zu sein, denn bei Entnahme
von Blut und Liquor kurz nach dem Anfall war mitunter die mit
dem Blut geimpfte Maus erst nach 9 Tagen positiv, die mit dem
Liquor geimpfte dagegen schon nach 2â 3 Tagen. Blut und Liquor
von Kranken, die eine Rekurrensinfektion ĂŒberstanden hatten,
vermochten bei einer Maus eine Infektion zu verhindern, bezw.
zu verzögern. Das Serum gab meist einen stÀrkeren Schutz als
der Liquor. Nicht bei jeder Rekurrenserkrankung wurde eine
deutliche Hyperleukozytose beobachtet, trotzdem wurde bei einem
solchen Kranken eine' starke gĂŒnstige Beeinflussung der Krank-
heit beobachtet. W. W e i s b a c h (Halle a. S.)
Zeitschrift fĂŒr Hygiene und Infektionskrankheiten, Berlin.
12. Oktober 1921, 94, Heft 1.
ParasĂŒologisehe und klinische Beobachtungen bei kĂŒnstlichen Malaria- und
RekurrensĂŒhcrtragungcn. MĂŒhlens, P. und Kirschbaum. \V. l|
Virus des Herpes febrilis und seine Beziehungen zum Virus der Enzcph.i' tw
epidemica. Docrr, E. und Schnabel. X. 29.
Vergleichende Untersuchungen ĂŒber den Desinfektionswert von Kreselseifenr
lösungen und wÀsserigen Kresollösungen. Lange, B. 82.
ZustandsÀndrungen der Streptokokken im Tierkörper. Schnitzer. R.
und Munter F. 107.
Bedeutung des zur Nachkultur verwandten NĂ€hrbodens fĂŒr die Beurteilung
des Desinfektionserfolges. Lange. B. 12."i.
2. Dezember 1921. 94. Heft 2-3.
Untersuchungen ĂŒber Superinfektion. Lange. B. 13Ă€.
Vbspaltung bakteriolvtischer und hÀmolytischer Ambozeptc.ren. Munter.
H. 152. i
Depressionsi-mmunirÀt bei intravenöser SuperinfcWon mit Streptokokken.
Morgenroth. J. und A b r a h a m . L. 163.
Experimenteller Beitrag zur Frage der PathogenitÀt klinisch virulenter und
klinisch avirulenter Diphtheiriebazillon. Meyer. S. 172.
Massenerkrankungen durch Ra*inkulturen. W i 11 f ĂŒ b r und W c n d t -
1 a n d. 192.
Krankheitsbild der experimentellen herpetischen Allgemeininfektion de«
Kaninchens. Luger. Lau da und S i 1 b e r s t e r n. 200.
rVbertrngbarkeit des Herpes Zoster auf das Kaninchen. Luger. A. und
L a u d a , E. 206.
Phenolhilduug durch Bakterien. S i e k c . F. 21 1.
âBedeutung endogener und exogener Faktoren bei Kindern der Hilfsschule.
Reiter, H. und O s t h o f f . H. 224.
% Weitere experimentelle Studien zur Anaphylaxiefragc. Schmidt. P. und
H a p p e . H. 253.
Ueber eiweiĂfreien Agar-Agar. K 1 o s t e r in a h n. 262.
Untersuchungen ĂŒber das Verhalten von Trypanosoma gamblense im mensch-
lichen Körper. R e i c h e n o w . E. 266.
Untersuchungen ĂŒber gattungsspezifische Partialfunktiuuen des Typhusimmun-
körpers und ihren Einfluà auf die Biologie der Paratyphushazillcn
BaumgÀrtcl, T. 386.
" Lebensdauer der Schildkröten und Tompetenbazillcn im Meerschweine*«
und ihr kulturelle« und biologisches Verhalten bei rierpassag«
Koike, M. «4.
n
40. Jahrg. â Nr. 2.
Aus den neuesten Zeitschriften
I i
l>ic Bedeutung endogener und exogener l*'nk(oren bei Kindern
der Hilfsschule. Untersuchungen an der Rostocker Hilfsschule
fĂŒhrten zu dem Ergebnis, daĂ der Vererbung der gröĂte EinfluĂ
auf die Entstehung jugendlichen Schwachsinns zukommt. Ge
burtstraumen, konstitutionelle und andere Erkrankungen haben
viel geringere Bedeutung. Tuberkulose und Lues sind ohne We
sentlichen EinfluĂ. Eben so wenig zeigte sieb ein erheblicherer
EinfluĂ des Milieus. W, Weisbach Halle a. S.
Archiv fĂŒr klinische Chirurgie.
1921, 117, Heft 2.
4»Zur Operation des Cardiospasmus und des Oesophaguskarzinoms. K Ii in
in c 1 , H. 193.
Zur Raxuk&lbeihandlung des chronischen Pleuraempyems. Kirschner. 205.
Der Einfluà der AlkoholanÀsthesie des Ganglion GÀseeri auf die KautÀtigkeit.
Bleichsteiner, A. 232.
Totale Emaskulation beii ausgedehntem Peniskarzinom. Hadda. S. 244.
âąJ*Zur Sternumspaltung, Wechsler, J. 261.
âąt»Zur Diagnose der Fremdkörperperitonitis. Pick, P. 268.
Anatomische und klinische Untersuchungen ĂŒber PrimĂ€rgesehwĂŒilste vor-
tÀuschende Metastasen, insonderheit solcher des Adenokarzinoms der
SchilddrĂŒse. Erdheim, S. 274.
âŠWeitere Untersuchungen ĂŒber experimentell nach Einimpfung von mensch-
liehen Karzinomen und Sarkomen entstandene MĂ€usegeschwĂŒlste.
Kejrsser, Fr. 318.
Beitrag zur Aetiologie der akuten MagenlÀhmung. N i e d e u , H. 338.
Bemerkungen zu der Arbeit des Herrn Professor Wieling: Erfahrungen und
Kritik in Dingen der sogenannten chirurgischen nichtvisceraleu Tuber-
kulose. W i e s i n g e r. 423.
Zur Operation des Kardiospasmus und des Oesophaguskarzi-
noms. . Wiederholte Rezidive des nach den ĂŒblichen Methoden
Sondierung, Dilatation usw.) behandelten Kardiospasmus er-
fordern neue Wege des operativen Vorgehens. Als solche er-
wiesen sich in 3 FĂ€llen Operationen, die mit Erfolg eine Be-
seitigung des Spasmus durch blutige totale Ausschaltung des
Oesophagus, bezw. der -Cardia und Ersatz derselben durch den
zum Oesophagus umgewandelten Magen anstrebten. In zwei
FĂ€llen trat Nahtinsuffizienz und Peritonitis ein, und zwar als
Folge vermehrten Druckes wegen des blinden Verschlusses der
ausgeschalteten Speiseröhre. â Aehnliche, jedoch noch erheb-
lichere Schwierigkeiten bestehen bei der operativen Behandlung
des Oesophaguskarzinoms. (Verletzung der Nn. vagi, Pleura-
infektion, Pneumothorax, lange Dauer der Operation, Blutungen.)
Hier empfiehlt es sich, das Karzinom der Cardia abdominell an-
zugreifen, es möglichst hoch hinauf aus dem Hiatus mit dem
Oesophagus zu lösen, diesen am Halsteil freizulegen und dort,
nach Resektion der Speiseröhre mit anhaftendem Tumor, den ent-
sprechend vorbereiteten Magen als neuen Oesophagus zu fixieren.
Zur Sternumspaltung. Verf. erlÀutert an einer Reihe operativ
behandelter FĂ€lle von endothoraler Struma, bezw. thorakaler
Tumoren Indikation und Technik der Sternumspaltung. Hiernach
erweist sich der betr. Eingriff als sehr zweckmĂ€Ăig nicht nur bei
rein endothorakalen Strumen, sondern auch bei allen thorakalen
GeschwĂŒlsten, wo es sich um Beseitigung drohender Asphyxie
durch Tumordruck handelt. Tumoren der mediastinalen DrĂŒsen
sollten der Röntgentherapie vorbehalten bleiben.
Zur Diagnose der Fremdkörperperitonitis. Differential-
diagnostische Schwierigkeiten zwischen echter Bauchfelltuber-
kulose und Fremdkörpertuberkulose â besser Fremdkörper-
peritonitis, da es sich hierbei nicht um eine tuberkulöse Erkran-
kung handelt â gaben AnlaĂ zur AusfĂŒhrung einer Reihe von
Tierexperimenten, aus denen deutlich hervorgehl, daĂ in jedem
Falle von Fremdkörperperitonitis in den tuberkelÀhnlichen
Knöcheln des Bauchfells FremdkörpereinschlĂŒsse vorhanden
sind. Nur wo diese fehlen, dĂŒrfte es sich um echte Tuberkulose
handeln. Die Richtigkeil der aus dem Tierversuch gezogenen
SchlĂŒsse wurde durch einen operativ behandelten, ursprĂŒnglich
als Fremdkörperperitonitis aufgefaĂten Fall von Bauchfell-
tuberkulöse bestÀtigt.
Weitere Untersuchungen ĂŒber experimentell nach Einimpfung
von menschlichen Karzinomen und Sarkomen entstandene MĂ€usc-
geschwĂŒlste. Aus den interessanten, die experimentelle biolo-
gische Forschung fördernden Untersuchungen ergeben sich als
wesentlichste folgende Punkte: experimentelle Erfolge bei Ueber-
tragung bösartiger Tumoren von Mensch auf Tier lassen sich nur
bei geeigneter Vorbehandlung und Auswahl des Ueberpflanzungs-
materials (Reizzustand, Sensibilisierung) erzielen. Der geringe
Prozentsatz zu erzeugender GeschwĂŒlste (2 Prozent) bedingt
Impfung von mindestens je 100 Tieren. Die Entwicklungsdauer
der Tumoren betrÀgt etwa 10 Monate und kann bei Weiterimpfung
in den verschiedenen Generationen bis zu G Monaten abgekĂŒrzt
werden. Nur bei systematisch ausgefĂŒhrten, umfangreichen V«
suchsreihen lassen sich Zufallaprodukte, die fĂŒr grundlegende
Forschung unbrauchbar sind, ausschalten.
L, !âą' r 0 s c b Merlin
Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
26. November 1921, 48, Nr. 47.
âąHUutstillung bei Verletzungen schwer zugĂ€ngliche) GefĂ€lle. V ol k â
m a n n. 1710.
âą{«Die Mjagenausbeberung vor Operation der IJlcuspcrforatlou. <j n u dual o und
Pototschnig. 1712.
Murphyknopf, der 20 Jahre im SalzsÀure sezernierenden Magen Helenen hat.
K e 1 1 i n g , (J. 1714.
Kontrastiniittel fĂŒr die Pyelographie, v. Lichtenberg, nio.
Zwei HilfsmaĂnahmen bei operativem VerschluĂ ausgedehnter Blaeenrand-
defekte. L i II d e , F. 1719.
Die Extirpaifion der Gallenblase mit primÀren Verachluà der Bauchhöhle.
VorschĂŒtz. 1721.
Zur Herstellung der Novocainlösung. 1* i o p p i n g. 172:1.
Blutstillung bei Verletzungen schwer zugÀnglicher GefÀlle.
Bei einer Arrosionsblutung aus der Vena iliaca externa spritzte
Verfasser in die V. femoralis oberhalb der EinmĂŒndung der V.
saphena 100 cem Pregl'sche Lösung ein und unterband die Vene
an der Injektionsstelle; die Blutung stand.
Die Magenausheberung vor Operation der Uleusperforation.
Vor der Operation des perforierten Magenulcus soll der Magen
ausgehebert, aber nicht ausgespĂŒlt werden.
3. Dezember 1921, 48, Nr. 48.
âŠJ'AbwelirmaĂnahineii des organisierten Gewebes gegen den Krebs. Bayer.
O. 1758.
|j Beitrag zur Technik der Oesophagotomie. Mertens. 1761.
Hine Anomalie des Hodens bei mangelhaftem Descensus und operative Aus-
nutzung derselben. P 6 1 g a , E. 1762.
Zur Behandlung penetrierender Thoraxverletzuugen. 11 a i in. 1764.
Actiologie der Osteoarthritis deformans juvenilis des HĂŒftgelenks. Hac k e u -
b r o c h. 1766.
Hagedorn-Nadelhalter in Bogenform. Schmidt, G. 1768.
AbwehrmaĂnahmen des organischen Gewebes gegen den
Krebs. Die an der Grenze besonders der rasch wuchernden Kar-
zinome stets zu findenden âkleinzelligen Infiltrationen" (Leuko-
zyten, Lymphozyten, Rundzellen) und ihre Abbauprodukte stellen
eine Art AbwehrmaĂnahme des organischen lebendigen Gewebes
dar, indem sie den Zerfall des Neoplasmas bewirken sollen.
Experimentell wird diese Annahme gestĂŒtzt durch den Versuch
mit anderen Arten von âlebendigem Gewebssaft": Wird auf ein
offenes KrebsgeschwĂŒr Milzpulpa oder entzĂŒndliches Exsudat ge-
bracht, so entsteht an der Applikationsstelle eine Einschmelzung
des Krebsgewebes.
10. Dezember 1921, 48, Nr. 49.
4* Verlaufen sensible Fasern in den vorderen Wurzeln? Meyer. W. :790.
Fall von doppelter Hasenscharte. Mertens, G. 1794.
Blutstillung bei der Hydrocelenoperation nach Bergmann. .1 u n g b 1 u t h. 1795.
Heilung des Ănsaiugena der NasenflĂŒgel durch Fascieneinpfianzung.
B o e c k e r. 1796. ^
Hajonettkornzangen. S c h m i d t . G. 1797.
Technik der örtlichem BetĂ€ubung bei Halsoperationen, ĂŒ r ĂŒ n e r. 1798.
Verlaufen sensible Fasern in den vorderen Wurzeln? Verl.
hat Durchschneidungen der hinteren Wurzeln an Katzen vorge-
nommen um zu prĂŒfen, ob das Bell'sche Gesetz, wonach die Sen-
sibilitĂ€t nur ĂŒber die hinteren Wurzeln geht, zu Recht besteht.
Im Gegensatz zu der jĂŒngst von Lehmann geĂ€uĂerten Ansicht,
daà auch nach Hinterwurzeldurchschneidung noch SensibilitÀt
vorhanden sein könne, kommt Verf. zu dem SchluĂ, daĂ, wenn
wirklich alle betreffenden, zu dem Körperteil zugehörigen
hinteren Wurzeln durchtrennt sind, jegliche SensibilitÀt erloschen
ist. DaĂ die Operation wirklich gelungen ist, d. h. also daĂ keine
Wurzel stehen geblieben ist, kann nur durch die Obduktion be-
wiesen werden, da die technischen Schwierigkeiten oft groĂ sind.
MiĂerfolge der Operation beim Menschen, Erhaltenbleiben der
SensibilitÀt oder selbst Auftreten von HyperÀsthesien, sind dem-
nach stets auf unvollstĂ€ndiges Operieren zurĂŒckzufĂŒhren.
K. W o h 1 g e m u t h (Berlin).
Zeitschrift fĂŒr orthopĂ€dische Chirurgie.
1921, 42, Beilageheft.
Thorakoplastiik und Skoliose. H u g . O.
Um das VerstÀndnis des Zustandekommens deformierender
Prozesse an Thorax und WirbelsÀule nach operativen Eingriffen
zu erleichtern, erfolgt im ersten Teile der sehr ausfĂŒhrlichen
48
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 2.
Arbeit eine Besprechung des Standes der heutigen Lungen-
Chirurgie unter AnfĂŒhrung einschlĂ€giger Operationen und deren
Resultate. Der zweite Teil bringt Untersuchungsergebnisse des
Verfassers an etwa 2 Dutzend thorakoplastisch behandelter
Lungenkranker, wobei in erster Linie das VerhÀltnis zwischen
gradueller IntensitĂŒtszunahme des Eingriffes und dadurch be-
dingter Steigerung des MiĂbildungsfaktors berĂŒcksichtigt wird.
Als wesentlichste DeformitÀt ergab sich in allen Lallen
eine sehr schnell einsetzende, die habituelle Skoliose an Schwere
weit ĂŒbertreffende WirbelsĂ€ulenverbiegung, und zwar eine
typische operierlseitig konvexe Kyphoskoliose. Lerner fand
sich stets ein bisweilen hochgradiger Thoraxwandkollaps mit
entsprechender Atmungsbehinderung. Das Sternum zeigte
typische SchrÀgstellung, und zwar von der gesunden Seite oben
nach der operierten unten, ferner Torsion um die longitudinale
Achse. Die Brustkorbmuskulatur wies verhĂ€ltnismĂ€Ăig geringe
Beeinflussung durch die skoliotische Verbiegung auf. Verf. fĂŒhrt
dies auf genetische Ursachen zurĂŒck. Im dritten Teil, der ml
den beiden ersten nur in losem Zusammenhange steht, streift K.
die biologischen Ursachen der verschiedenen Formen der Sko-
liosen (angeborene, habituelle, rhachitische Skoliose usw.) und
daraus resultierende Àtiologische Momente.
L. Frosch (Berlin).
Zentralblatt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
10. Dezember 1921, 45, Nr. 49.
Die Benennung der Nierenkrankheiten in der Schwangerschaft, Kau tzky ,
K. 17G6.
Zur Pathologie' und Klinik der Xicr. nerkrankungen in der Schwanger-
schaft. HieĂ, V. und Beckmann. M. 1773.
Die Ausrottung des Harnröhrenkrebses unter zeitweiligem) Aufklappen der
SchoĂfuge. Graf, P. 1777.
â Die BekĂ€mpfung der postopeiativen Urinverhaltung durch intravenöse Uro-
tropininjektionen. Vogt. E. 1781.
Beitrag zur operativen Therapie der Harninkontinenz. II i s g e n , H. 1783.
lieber Zystoskopie in der luftgefĂŒllten Blase. L i n z e n m e i e r , G. 1786.
Atresia vaginae puerperalis: dilatatio urethrae e coitu. S t a u c a . C. 1788.
Die BekÀmpfung der postoperativen LTrinverhaltung durch
intravenöse Urotropininjektionen. Die seitherigen Methoden der
BekÀmpfung der postoperativen Dysurie und Urinverhaltung
waren der Katheterismus oder das Einlegen eines Dauerkatheters.
Beide Methoden sind fĂŒr den Kranken belĂ€stigend, manchmal
sogar gefÀhrlich. Verf. empfiehlt am Abend des Operationstages
5 â 10 cem einer 40 % sterilen Urotropinlösung (von der chemi-
schen Fabrik auf Aktien, vorm. Schering, Berlin, in den Handel
gebracht) intravenös zu injizieren. Es kam danach in ĂŒber 200
FĂ€llen zur spontanen Urinentleerung. AuĂer dieser prophy-
laktischen Injektion fĂŒhrte auch die therapeutische Anwen-
dung der Methode bei Urinverhaltung, die erst mehrere Tage
nach der Operation oder Entbindung auftrat, stets zum Ziele. Die
Injektion ist vollkommen ungefÀhrlich; jedoch ist bei Nieren-
kranken zur Vorsicht zu raten. Speyer (Berlin
17. Dezember 1921, 45, Nr. 50.
Zur KlÀrung der Eklampsiefrage. Hofbauer. J. 1797.
âAetiologie und Behandlung der Eklampsie. L i e p m a n n , W. 1810.
Die badische Eklampsie-Statistik fĂŒr das Jahr 1919 im Lichte der DiĂ€tetik.
G e Ă n e r , W. 1814.
Ueber einen besonderen Fall von totalem DammriĂ. W i e g e 1 s , W. 1818.
Aetiologie und Behandlung der Eklampsie. Auf Grund seiner
frĂŒheren Forschungen und der in den letzten Jahren zusammen
mit E. Schulz gemachten Untersuchungen hĂ€lt L. es fĂŒr einwand-
frei erwiesen, daĂ die Plazenta die Stelle ist, an der das eklamp-
lische Gift gebildet wird, und daà der verÀnderte Chemismus das
Krankheitsbild bedingt. FĂŒr die Behandlung der Eklampsie ist
es danach unbedingt erforderlich, die GiftproduktionsstÀtte auf
dem schnellsten Wege aus dem Körper zu beseitigen, d. h.
Schnellentbindung. DaĂ daneben ein AderlaĂ, der die Giftstoffe
aus dem Blute beseitigt, von Bedeutung sein kann, ist selbstver-
stÀndlich, hat aber erst dann einen Sinn, wenn die Giftproduk-
tionsstelle beseitigt ist. Speyer (Berlin).
'Monatschrift fĂŒr Geburtshilfe und GynĂ€kologie, Berlin.
November 1921, 56, Heft 1/2.
âDie rektale Untersuchung unter der Geburt: 11 e y u e in a n n . T. l.
Bakteriologisches zur rektalen Untersuchung unter der Geburt. T h e o d o r,
P. und H a n d t m a n n G. 7.
âUeber Stirnlage. Eymer, H. 13.
Zur Frage der Geburtsleistung bei Stirnlagf. Seitz. A. 21.
Vasa praevia als Geburtskomplikation. G r a f f . E. 28.
Spontane Uterusruptur mit Austritt von Friichl und Plazenta in die Bauch*
höhle. Kreisch. E. 34.
âWie beeinfluĂt die Zange, die Kindersterblichkeit unter der Geburt?
Lonne, F. und S Unkel, F. 38.
.SekundÀre Bauchhöhlenschwangerschaft nach Ruptur der Kaisersehnittnarbe.
I c h e n h À u s e r . M. 47.
â Die Lichtbehandlung der weiblichen Gonorrhoe. G u t Ii m a n n . 11. 500.
Verletzung des kindlichen SchÀdels infolge RigiditÀt des Muttermundes,
H e n r tri, E. 04.
FamiliÀres Vorkommen von Cyklopie und Arrhinencephalre. Klops tock,
A. 59. *
Die rektale Untersuchung unter der Geburt. Die rektale
Untersuchung ist zwar nicht imstande, die vaginale zu ersetzen,
unter bestimmten Voraussetzungen ist sie jedoch wohl geeignet,
zur ErgĂ€nzung des Ă€uĂeren Untersuchungsbefundes herangezogen
zu werden (Weile des Muttermundes, Entfaltung der Cervix.
Fruchtblase). Wo sich Schwierigkeiten bei der Geburt oder Yer-
dachtsgrĂŒnde komplizierender ZustĂ€nde ergeben, muĂ vaginal
untersucht werden.
Ueber Stirnlage. Auf Grund seiner Erfahrungen bei 13 Stirn-
lagen bespricht Verfasser die Therapie und kommt zu dem Er-
gebnis, daà womöglich die Spontangeburt anzustreben ist. Tritt
bei beweglichem Kopf die Indikation zur Entbindung ein, so
kommt die Wendung in Betracht. Wenn der Kopf nicht ins
Becken eintritt und es zu akut bedrohlichen Erscheinungen fĂŒr
Mutter oder Kind kommt, so ist der Kaiserschnitt, bei geringerer
Dringlichkeit der Erscheinungen die Symphyseotomie vorzu-
nehmen.
Wie beeinfluĂt die Zange die Kindersterblichkeit unter der
Geburt? Unter Zugrundelegung der Statistik von M a y e r (Hei-
delberg) verglich Verfasser an einem Material von 5038 Geburten
Zangenfrequenz und GesamtmortalitÀt. Er kommt zu dem Er-
gebnis, daĂ man in der Lage ist, durch die Anwendung der Zange
die Kindersterblichkeit unter der Geburt gĂŒnstig zu beeinflussen,
sofern nur die Vorbedingungen zum Forceps erfĂŒllt sind.
Die Lichtbehandlung der weibliehen Gonorrhoe. Die Licht-
behandlung mit wassergekĂŒhlten Leuchtsonden ist auch in chro-
nischen FĂ€llen von Gonorrhoe imstande, Gonokokkenfreiheit zu
erzielen. Die Lichtwirkung lĂ€Ăt sich noch verstĂ€rken durch Ver-
abreichung bakterizider Mittel.
Jonas (Berlin .
Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen.
28, Nr. 1.
âZur exakten Diagnose des Ulcus duodeni. Lore n z. 1.
v Ucbcr Spondylitis typhosa. Gallus. 13.
Ueber Spondylitis typhosa. L o r e y. 19.
Ueber die Einwirkung des Mesothoriums auf Einzellige. M a r e o v i t z, 22.
Zur Klinik und Röntgendiagnose der multiplen Myelome. Kohl m a 0 n. 21.
Ein Beitrag zur Patella hipartita. S a u p e. 37.
Zur röntgenologischen Darstellung der SchÀdelbasis. S t a u n i g. 42.
âUeber WirbelsĂ€uleusehĂ€diguug nach Lumbalpunktion bei Tabikern. i e
a e 1 e r. 45. âą
Röntgenuntersuchungen des Neugeborenen. Vogt. 49.
Röntgendiagnostik der Bronchopneumonie der ersten Lebenszeit. V o g t. 54
Ueber einen offenen Ductus Botalli mit Beteiligung des linken Herzens
G a s s u 1. 56.
Verwendung des Radioskops und Thoraxdurchleuchtung. J o s s. 58.
Ueber die von der RĂŒckseite der Antikathode ausgehende Röntgenstrahlung
Halb er stÀdter-Tugendreich. 64.
âEigentumsrecht des Röntgenologen an seineu Platten. H Ă€ n i s c h. 68.
Zur exakten Diagnose des Ulcus duodeni. Bei Ausnutzung
aller modernen Untersuchungsmethoden ist es Lorenz gelungen,
die genĂŒgend exakte Diagnose in 70 % zu stellen, insbesondere
auf Grund des direkten Bulbussymptomes.
Ueber WirbelsÀulensehÀdigung nach Lumbalpunktion bei
Tabikern. G i e s e 1 e r beschreibt 2 FĂ€lle von Gibbusbildung nach
Lumbalpunktion, wodurch jede Beweglichkeit der WirbelsÀule
und dementsprechend auch das Spiel der RĂŒckenstrecker fehlte,
so daĂ der schon an und fĂŒr sich bestehende ataktische Gang
nunmehr vollstÀndig unmöglich wurde.
Eigentumsrecht des Röntgenologen an seinen Platten. Die
fĂŒr die Praxis wichtige Frage, ob der Röntgenologe gezwungen
werden kann, die gefertigte Röntgenplatte dem behandelnden
Arzte oder Patienten zu ĂŒbergeben, hat das Gericht im ver-
neinenden Sinne entschieden auf Grund des hier wiedergegebenen
Gutachtens, dessen SchluĂpassus lautet: Der Röntgenologe ist ein
Facharzt und wird vom Arzt oder Patienten konsultiert zur Stel-
lung einer Diagnose. Die bei einer fachÀrztlichen Untersuchung
entstehenden Platten und sonstige Untersuchungsbefunde sind
JO. Jahrg. Nr. 2.
A u s don neuesten Zeitschriften
t'.i
Ingenium des Röntgenologen, Die UebermiĂŒelung der Diagnose
Wh den Arzt muĂ in einer das Interesse des Patienten in jeder
Hinsicht wahrenden Weise geschehen durch mĂŒndlichen oder
schriftlichen Bericht oder Demonstration der eventuellen Platte
usw. In besonders schwierigen oder dringenden FĂ€llen ist eine
leihweise Ueberlassung der Platte aus kollegialen GrĂŒnden Ge
Krauch. KrankenhÀuser sind zur Abgabe von Platten nicht ver
pflichtet. Die Abgabe von AbzĂŒgen usw. isl freiwillig oder riehtel
sieh nach bestehenden Abmachungen. I'. M Lc Ii a el i s.
28, Nr. 2.
âŠBeitrag zur Klinik der umschriebenen Lungenciterung. W ;i Ii h e n f u Ii i n r.
P7.
âŠUeber eine besondere Art gĂŒnstiger Kiinvirkung von liontgonstrahlen bei der
Sehiidelgeschwulst. Hlumc nthal und T ugen d r <â i c b. 130.
Beitrag zur Kenntnis der von A. Köhler beschriebenen Erkrankung des
2. Itetatarso phalangesJ-GreJenks. W e i 1. 133.
Ungewöhnlicher Röntgenbefund am kindliehen Oberschenkelkopf. W e i l. I3a.
Abgekapselte Pleuritiden im Kontgenbild. U r o e d e 1. 137.
Studien Uber J-adungsverteUung ĂŒber der Röntgenröhre. S c h r e u s. 149.
Orr Querschniltt-Zeiiobeinap-par&t und Orthodiiagraph. G r u c d e 1. 165.
lieber die traumatische Entstehung von Knochenzysten DreifuĂ. li6.
lieber Duodenojejunaldivertiikel. F e h b e. 159.
Untersuchungen zur Diagnose und zum Entstehungsmechanismus des idio-
pathischen Zwerehfellhochstandes. Wels. 162.
âŠZum Verhallten des Blutdruckes nach Röntgenbestrahlung. Levy-Dorn
und Weinstein. 175.
Eine neue Ventilröhre. Greineuter. 179.
Kontrastspeise im Bronchialbaum. Sons. 180.
Die Messung der prozentualen Pulpendosis mit Kneböckstiruifen nach Bau-
meister, v. Kothen. 181.
Beitrag zur Klinik der umschriebenen Lungeneiterungen
(AbszeĂ und GangrĂ€n). R a h n c n f ĂŒ h r e r behandelt dies fin-
den praktischen Arzt wichtige Krankheitsbild m ausfĂŒhrlicher
Weise unter Darbietung von guten Röntgenbildern. Die Einzel-
heiten mĂŒssen im Original nachgelesen werden.
Ucber eine besondere Art gĂŒnstiger Einwirkung von Röntgen-
strahlen bei einer SchÀdelgeschwulst. Das Osteosarkom, welches
sich gegen Röntgenstrahlen ganz refraktÀr verhÀlt, wurde auch in
diesem Falle Ă€uĂerlich nur in geringem MaĂe beeinfluĂt, trotz-
dem konnten Blumenthal- Tugendreich eine auĂer-
ordentliche Besserung des Allgemeinzustandes und ein fort-
schreitendes Nachlassen sÀmtlicher subjektiver und objektiver
Krankheitssymptome nachweisen.
Zum Verhalten des Blutdrucks nach Röntgenbestrahlung.
Levy-Dorn und Weinstein fanden, daà Röntgenbestrahlung
in kleiner und mittlerer Dosierung eine vorĂŒbergehende geringe
BlutdruckÀnderung bewirken kann und daà die Aenderung in ge
sieigertem MaĂe auftritt, wenn die Gegend des 11. Brustwirbels
beide Nebennieren â bestrahlt wird. Ein Gesetz ĂŒber die Ab-
hÀngigkeit der Reaktion von der Höhe der Dosis kann bisher
nicht aufgestellt, die Reizdosis fĂŒr das Nebennierenmark nicht
angegeben werden. Michaelis.
Archiv fĂŒr Augenheilkunde, MĂŒnchen und Wiesbaden.
Oktober 1921, 90, Heft 1.
Kanunerwasseruntersuchung. I. Gilbert, W. und Plaut, F. 1.
Morphologie des K.unmerwassers. W o 1 f , H. 29.
Vererbung von Farbensinnstörungen. D ö d e r 1 e i n , G. 4.1.
Operation bei Narbcn-Ektropion des Unterlides. Schmidt, P. «7.
Experimentelle und anatomische Studien zur Frage der Aderhautabhebung.
M e e s m a n n , A. 69.
Erkennbarkeit von Antiqua- und Frakturbuchstaben. Wiek. 105.
âŠTechnik und Erfolge der Strahlenbehandlung in der Ophthalmologie
s t u m p f , P. 109.
Photometrie ultravioletten Lichts. Passow, A. 123
Technik und Erfolge der Strahlenbehandlung in der Ophthal-
mologie. Wie auf vielen anderen so ist auch auf strahlenthera
peutischem Gebiet das Auge das beste Objekt, um Reaktion und
Heilverlauf verfolgen zu können. In den zwei groĂen Gruppen
des hier zur Verwendung kommenden Strahlengebietes, den ultra-
violetten und den Röntgenstrahlen, hat die Quarzlampe, die
âkĂŒnstliche Höhensonne", Finsenlichl und anderers ĂŒberflĂŒgelt.
Ihren Erfolg sieht Verf. vor allem in einem erstaunlichen Nach
bissen des Reizzuslandes eines kranken Auges nach 3 â 4 Allge
fneinbestrahlungen, denen er vor lokaler Anwendung den Vorzug
| gibt. Störende Hautreize verhindert er durch BestÀuben der Hanl
h\ mit einer fein vernebelnden Spritze, das auf ihr eine automatisch
I sich regulierende filterartige Dunstschicht erzeugt.
Die Anwendung der Röntgenstrahlen auf ophtbolmolbgisch« m
Gebiet erfordert vor allem eine exakte Dosierung. Ihre Wirkung
auf Zellen Ivmphoider Abstammung und Epithelzellen isi ehu
rakterisiert durch einen Zerfall der er st er en ohne Latenzzeit und
eine Wachstumshemmung der Epitbelzellen, deren Erfolg erst
nach Ablauf der natĂŒrlichen Lebensdauer dieser zutage Will
Die SchĂ€digungsdosis Liegt beim Auge meist Ăber der ĂŒblichen
llauteinheilsdosis. Die individuell verschiedene PrimÀrreaktion
kann u. U. bis zum Einsetzen der eigentlichen Höntgcnreaktion
anhalten, die sich in einem Erythem der Eider, zuweilen mit
BindehÀutreizung vergesellschaftet, ausprÀgt. Relativ seilen be
obachtete Verf. kurze Hornhautreizungen unter dem Bilde dei
Keratitis punctata und Randulcerationen bis zu einer Woche
Dauer, dagegen keine SchÀdigung der Linse (Kataraktbildung
Den bei der Lidbestrahlung angewandten Bleiglasprothesen ziel 1 1
er die von ihm angegebenen glyzeringefĂŒllten Hohlprothesen vor".
Die Technik der Bestrahlung ist ein wenig kurz abgehandelt,
obwohl gewiĂ manchen Leser eine eingehendere Schilderung
interessiert hÀtte
Der Erfolg isl gut bei Epitheliom, Lupus, Ekzem der Eider.
Blepharitis ulcerosa, Herpes corneae, Macula corneae, malignen
Tumoren u. a. .Massur (Berlin,.
Psychiatrisch-Neurologische Wochenschrift.
8. Oktober 1921, Nr. 27/28.
Aushildungs- und PrĂŒfungsordnung fĂŒr das Pflegepersonal der Heil- und
Pflegeanstalten des Bczirksverbandes des Regierungsbezirks Cassel. 103.
âŠZur Prognose der schweren Kohlcuoxydpsychosen. 11 e i 11 e n. 160.
Telepathie. Schmelzeis. 170.
Zur Prognose der schweren Kohlenoxydpsychosen. Beschrei-
bung eines Falles von Geisteskrankheil nach Kohlenoxydver
giftung. Entgegen der allgemeinen Anschauung, daĂ solche
Psychosen stets einer, ungĂŒnstigen Verlauf nehmen, z. T. sogar
quoad vitam infaust sind, besserte sich diese 24 jÀhrige Frau
nach langer Zeit noch und scheint der Genesung entgegenzugehen
Wem H. Beck er.
22. Oktober 1921, Nr. 29/30.
Derzeitiger Stand der Krankenpflege in bayrischen Irrenanstalten.
B 1 a c h i a n. 175.
âŠZu? Behandlung der Tabes und Paralyse. Adler. 183.
âŠBeschĂ€ftigung von Pfleglingen im Haushalt Anstalts-Angestellter.
B r e s 1 e r. 183.
Zur Behandlung der Tabes und Paralyse. Kurz und bĂŒndig
macht Verfasser wie gewöhnlich seine VorschlÀge, leider wie
immer so auch dieses Mal ohne eigene Versuche. Chinin soll
nunmehr das Heilmittel sein âmit RĂŒcksicht auf die vorzĂŒgliche
prophylaktische Wirksamkeit der Merckschen Chininsalbe gegen
die Infektion mit Syphilis."
BeschÀftigung von Pfleglingen im Haushalt Anstalt*- Ange-
stellter. W ie Referent schon am andern Orte betont hat, forderl
dieser Aufsatz -luĂerordentlich zum Widerspruch heraus und
wĂ€re nicht nur im Interesse der Anstaltsbeamten â das wĂ€re ja
nebensĂ€chlich â sondern vor allem auch im Interesse der Wissen-
schaft besser nicht geschrieben worden. W e r n. H. Becker.
5. November 1921, Nr. 31/32.
Zum dritten â und nicht letzten â Male: Sparsamkeit in Irrenanstalten.
B r e s 1 e r. 187.
âŠDer derzeitige Stand der Krankenpflege in den bayrischen Irrenanstalten.
Ast. 193.
Der derzeitige Stand der Krankenpflege in den bayerischen
Irrenanstalten. Keine Polemik gegen Blachian, sondern Kor-
referat zu demselben. W e r n. H. Beck e r.
Zeitschrift fĂŒr soziale Hygiene, FĂŒrsorge und
Krankenhauswesen.
Heft 2.
âŠZur Reform der Medizinalverwaltung. Hirsch. 33.
Wohlfahrtspflege, Arzt und Frau. Bau m. 38.
Die Deutsche Wohnungsfrage. P o h l. 42
âŠDie Vereinheitlichung der sozialen Versicherung; K 1 e e i s. 49.
Zur Reform der Medizinalverwaltung. Staatsminister a. D.
Paul Hirsch macht folgende VorschlĂ€ge: Der Kreisarzt muĂ
hauptamtlich angestellt und von der Kreisvertretung gewÀhlt
werden. Er muĂ Mitglied des Kreisausschusses sein. Kreisarzt
und Gerichtsarzt sind zwei vollstÀndig getrennte Posten. Die
50
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â
Personalunion von Kreisarzt und Kommunalarzt ist von Fall zu
Fall zu regeln. Die Wohlfahrtspflege einschlieĂlich der Gesund-
heitspflege muà an die Selbstverwaltungskörper zur eigenen Ver-
waltung ĂŒbertragen werden. Endlich ist erforderlich der ErlaĂ
eines Gesundheitsgesetzes, das den Selbstverwaltungskörper zur
Grundlage der Organisation macht.
Die Vereinheitlichung der sozialen Versicherung. Unsere
soziale Versicherung muà den verÀnderten politischen und wirt-
schaftlichen VerhÀltnissen Rechnung tragen. Eine Arbeits-
gemeinschaft fĂŒr die Neuordnung der Sozialversicherung ist von
privater Seite ins Leben getreten; das Reichsarbeitsministerium
gibt -die GrundzĂŒge der deutschen Sozialversicherung heraus.
Kleeis macht beherzigenswerte VorschlĂ€ge â wenn sie auch z. T.
nicht neu sind â zur Zusammenlegung der verschiedenen Ver-
sicherungszweige. Paul Michaelis.
Heft 3.
Die neue PreuĂische Desinfektionsordnung und die Zukunft des Desinfektoren-
Standes. Seligmann. 65.
Zur Frage der GesundheitsÀmter. P o 1 1 i g k e i t. 69.
âDie Bedeutung des Rohrersehen Index fĂŒr die Beurteilung von Massen-
untersuchungen. Harms. 76.
âSollen wir die offene von der gesehlos euen Tuberkulose trennen?
Pactsch. 80.
Die Bedeutung des Rohrer sehen Index fĂŒr die Beurteilung
von Massenuntersuchungen. Harms weist â ohne die Nachteile
des Rohrer'schen Index zu verkennen â an seinem Materiale
nach, daĂ der Rohrer'sche Index das geleistet habe, was er sollte,
nĂ€mlich auf Grund der nach ihm ausgefĂŒhrten Untersuchungen
die Möglichkeit zu geben, die Speisen ĂŒber ganz Deutschland in
gerechter Weise zu verteilen.
Sollen wir die âoffene" von der âgeschlossenen" Tuberkulose
trennen? P a e t s c h lehnt die Forderung Z a d e k s ab, die alte
Einteilung ist fĂŒr die Praxis unbedingt beizubehalten.
Paul Michaelis.
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
1. Dezember 1921, Nr. 48.
Biologie der SyphĂŒis. Dind. 1105.
Versuche ĂŒber die Wirkung der KohlensĂ€urebĂ€der iu St. Moritz. L> 1 1 j e s -
Strand. G. und Magnus. R. 1109.
Erythema nodosum uud Tuberkulose. Demieville. llio.
âPathogenese der Syphilis maligna. U m a n s k y M. 1112.
âUntersuchungen der Magenfuuktionen ohne Anwendung der Schlund60nde.
C u s t e r . J. 1115.
Die Patogenese der Syphilis maligna. Die EigentĂŒmlichkeiten
der Lues maligna haben von jeher die Aufmerksamkeit der
Autoren auf sich gelenkt. Man fragt naturgemÀà nach der Ur-
sache der auffallenden Abweichungen vom gewöhnlichen Typus
der Syphilis und konstatiert, daĂ die Auffassungen hierĂŒber recht
geteilt sind. Verf. lĂ€Ăt die existierenden ErklĂ€rungsversuche der
Reihe nach passieren: 1. die Mischinfektionstheorie, die im Laufe
der Jahre aus stichhaltigen GrĂŒnden wieder verlassen worden ist,
2. begleitende KonstitutionszustÀnde, 3. stÀrkere Virulenz oder
quantitative Differenzen der eingedrungenen Erreger, 4. das
Fehlen von vererbter WiderstandsfÀhigkeit, 5. die vorherrschende
Auffassung ĂŒber die Pathogenese der Lues maligna geht dahin,
daĂ der Organismus der Befallenen sich in einem auĂerordent-
lichen SchwÀchezustand befindet, bei dem die Antikörperproduk-
tion darnieder liegt.
Der Symptomenkomplex der S. maligna ist nach den ver-
schiedenen Autoren verschieden zusammengesetzt. Selten finden
sich alle Symptome beieinander. Sie manifestiert sich durch Mit-
ergriffensein des Gesamtorganismus, beschleunigten Ablauf der
Stadien, Fehlen der DrĂŒsenschwellung, negative Seroreaktion,
refraktÀres Verhalten gegen Antisyphilitica usw. Eine Erschei-
nung wird am konstantesten erwÀhnt: Das Auftreten von ulce-
rösen, disseminiert angeordneten Effloreszenzen zu einer Zeit,
die noch dem SekundÀrstadium entspricht. Es liegt nahe, diese
Erscheinung mit der Pathogenese des abweichenden Typs der
Syphilis in Zusammenhang zu bringen. Nach N a e g e 1 i und
Jadassohn handelt es sich bei der S. maligna um eine aller-
gische Reaktion. Das besagt, daà der Körper in FÀllen von S.
maligna die Infektion im Stadium der Ueberempfindlichkeit be-
kÀmpfte. Die im Ueberschuà gebildeten Abwehrstoffe werden
zum Kampf gegen das Virus herangezogen und bedingen den
eigenartigen Verlauf der Infektion. Der Unterschied zwischen
der gewöhnlichen sekundÀren und der malignen Syphilis wird
also einzig durch den verschiedenen Antikörperreichtum des Or-
ganismus oedingt sein.
Die Tatsache, daĂ die erste ebenso wie die zweite Inkubation
bei der S. maligna hĂ€ufig verkĂŒrzt angetroffen wird, steht nicht
im Gegensatz zu dieser Anschauung. Man nimmt jetzt allgemein
mit v. Pirquet an, daĂ die Inkubation die Zeit bedeutet, die
von der Infektion bis zur Ausbildung genĂŒgender Antikörper-
mengen erforderlich ist. Bei der S. maligna, wo die Antikörper-
proĂŒuktion ausgiebig ist, wird sie dementsprechend auch kĂŒrzer
sein können. Bei der Vernichtung eines groĂen Teils der Spiro
chaeten im PrimÀraffekt ist es begreiflich, daà bei der malignen
Lues gelegentlich die Entwicklung einer charakteristischen regio-
nĂ€ren DrĂŒsenschwellung ausbleibt. Die mangelhafte Wirkung des
Hg und manchmal auch des Salvarsans wird so zu erklÀren sein,
daà eine Produktionssteigerung der Antikörper, die die Anti-
syphilitica bewirken, nicht immer den Verlauf der Krankheit bei
schon bestehendem Antikörperreichtum beeinflussen kann. Trotz
dem der Körper bei dieser Form der Syphilis besser und reich
lieber mit AbwehrkrĂ€ften ausgerĂŒstet ist, kann man nicht
leugnen, daà er einen hÀrteren Kampf als gewöhnlich auszu-
stehen hat und daher meist stÀrker mitgenommen wird. Es be-
ruht dies auf einer allgemeinen Erscheinung bei Ueberempfind
lichkeitsvorgÀngen. Der Körper besitzt nicht immer das nötig
MaĂ in seiner AbwehrtĂ€tigkeit, er schieĂt manchmal ĂŒber das
Ziel hinaus, so daĂ der Gesamtorganismus ungĂŒnstig, wenn auch
meist nur vorĂŒbergehend beeinfluĂt wird.
Die Untersuchung der Magenfunktionen ohne Anwendung de)
Schlundsonde. Die mit der Sondenuntersuchung verbundenen
Schwierigkeiten stehen ihrer ausgiebigen Anwendung oft hin-
dernd im Wege. So verzichtet der praktische Arzt zum Nachten
seiner Patienten auf diese komplizierte Untersuchungsmethodt
und stĂŒtzt seine Diagnose nur auf die Ergebnisse der Anamnese,
Inspektion, Perkussion, Palpation, vielleicht noch auf die Stuhl-
untersuchung. Verf. will deshalb eine Lanze brechen fĂŒr eine
sondenfreie FunktionsprĂŒfung, die er in jahrelanger Anwendung
zuverlÀssig gefunden und radiologisch kontrolliert hat. Er be-
ginnt mit der Methylenblaureaktion (M.-B.), schlieĂt an diese dit
Salolreaktion (S.-R.) an und beendigt die Untersuchung mit der
Desmoid-Reaktion (D.-R.). Beim abgekĂŒrzten Verfahren werden
die Jodoform- und die Desmoid-Reaktion gleichzeitig ausgefĂŒhrt
Die M.-R. wird so gut wie immer positiv ausfallen. Diagnostische
Bedeutung hat nur der Zeitpunkt des Eintritts, der unter patho
logischen VerhÀltnissen starken Schwankungen unterworfen ist.
Normalerweise beginnt die M.-R. eine Stunde post coenam.. Dit
.M.-R. reicht zu einer erschöpfenden Analyse der motorischen
Funktion nicht aus, denn sie gibt nur Auskunft ĂŒber die initiale
MagenmotilitĂ€t. Die Salolreaktion dient zur PrĂŒfung der termi-
nalen MagenmotilitÀt. Die SalizylsÀureausscheidung nach Ein-
nahme von 1 g Salol soll beim Gesunden 26 â 27 Stunden nicht
ĂŒberschreiten. Die S.-R. ist positiv, wenn Liqu. ferr. sesquichlor
nach 27 Stunden und spÀter noch eine SalizylsÀurereaktion aus-
löst. Ist nach den Konlrollproben die Salolspaltung und nach
der M.-R. und der klinischen Untersuchung die Darmresorption
und die NierenpermeabilitÀt normal, so handelt es sich um eine
terminale motorische Insuffizienz. Dieselbe ist um so schwerer,
je lÀnger die S.-R. positiv bleibt. Bei Pylorusstenosen sind posi-
tive Reaktionen noch nach 39 Stunden beobachtet worden. Die
D.-R. gibt uns in 1. Linie Auskunft ĂŒber den Chemismus des
Magens. Die Magenverdauung ist suffizient, wenn ihr die chemische
Umsetzung und Entleerung eines ProbefrĂŒhstĂŒcks- in 3 â 4 uno
einer weniger leicht verdaulichen Mittagsmahlzeit in spÀtestens
7 Stunden gelingt. Sie ist mehr oder weniger insuffizient, wenn
der Magen diese LeistungsfÀhigkeit nicht zeigt, sei es, daà ei
seiner Aufgabe chemisch nicht gewachsen ist, oder infolge einer
motorischen- Störung sich zu langsam oder zu rasch entleert. Die
Desmoidreaktion stĂŒtzt sich auf die von KĂŒhne und Ad.
Schmidt festgestellte Tatsache, daĂ ungekochtes Bindegewebe
ausschlieĂlich im Magen und nur bei Anwesenheit von Pepsin
verdaut wird. Im Prinzip besteht die Methode darin, daĂ man
eine im Urin nachweisbare Substanz als Indikator mit einer
GummihĂŒlle umgibt, welche man mit einem Catgulfaden zubindet,
dieses Beutelchen schlucken lĂ€Ăt, durch Untersuchung des Urins
bestimmt, ob und wann der Indikator zum 1. Mal erscheint und
dann daraus die erlaubten SchluĂfolgerungen zieht. Der positive
Ausfall der Reaktion setzt selbstverstÀndlich das Freiwerden der
Indikatorpille aus ihrer GummihĂŒlle voraus. Die Verdauungs-
zeit entspricht der Differenz aus der durch die D.-R. angegebenen
Zeit und der Ausscheidungszeit des Indikators. Sie ist ein MaĂ
fĂŒr die Geschwindigkeit, mit der der Catgutfaden und die Mittags
mahlzeit bei der D.-R. im Magen verdaut werden. Da diese Ge-
schwindigkeit in 1. Linie von der peptischen LeistungsfÀhigkeit
10. JĂ€hrt
\i . 2.
A ii s (1 o ii neuesten Zeitschrift« n
51
des Magensaftes abhĂ€ngig und derselben proportional ist, so muĂ
die Verdauungszeil von groĂer diagnostischer Bedeutung sein.
Eine kurze Verdauungszeil setzl ('inen sein- guten Chemismus
voraus, Den lÀngsten Verdauungszeiten von 20 und mein- Stunden
begegne! man bei den schwersten chemischen Insuffizienzen, d, Ii
heim hy.p- und anaziden Magen. Da der Verdauungsakl bei hohen
SalzsĂ€urewerten sieh rascher abwickeil als bei niederen, so muĂ
die Verdauungszeil in der Mehrzahl der FĂ€lle auch AufschluĂ
ĂŒher die AziditĂ€ts-VerhĂ€ltnisse geben. Oh im Falle einer ver-
spÀteten D.-R. die motorische Schwache allein oder in Verbindung
mii einer verminderten chemischen LeistungsfÀhigkeil des Magen-
saftes fĂŒr die VerspĂ€tung verantwortlich zu machen ist, ersehen
wir aus der Verdauungszeit der M.-R. und der S-R. Die mĂ€Ăig
verspÀtete D.-R. findet man in FÀllen, bei denen trotz Fehlens
schwerer Retentionserscheinungen die Verdauungszeil ziemlich
lang ist, weil der MĂ€gen ohne erkennbare Ă€uĂere Ursache, an-
scheinend nur zum Zweck einer möglichst vollstÀndigen Aus-
nutzung des Magenmechanismus die schwer verdaulichen
Nahrungsbestandteile lĂ€nger zurĂŒckhĂ€lt. Die D.-R. ist negativ,
wenn der Indikator wĂ€hrend der ganzen UntersĂŒchunaszeil im
Urin nicht nachgewiesen werden kann. Sie beweist, daĂ rohes
Bindegewebe nicht verdaut wurde. Der Grund hierfĂŒr liest ent-
weder in einer schweren Insuffizienz oder in einer hochgradigen
1 tvnermol ililÀt des Magens. Die DifferentialdiaÀnose gestaltet
sich leicht, wenn man die D.-R. bei nĂŒchternem Magen, an dem
die HyoermotilitÀt sieh selbstverstÀndlich nicht geltend macht,
wiederhol!. Ist auch die nĂŒchtern ausgefĂŒhrte D.-R. negativ, so
handelt es sich um eine schwere Insuffizienz, bzw. Achvlie.
K. Held (Berlin).
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
8. Dezember 1921, Nr. 49.
Beitrag zur Kasuistik Ànr zentralen Hnftsrelenkhixation. Bosch. E. llJfl.
Phorometrischc ErmĂŒdiuiigsmessungen. Strohe! . J. 1.J3R.
Kin neuer Epiigil itt'sheber. Rcynier. T>. de. 11 Ii.
Revue medicale de la Suissc romandc, Lausanne-Genf.
November 1921, 41, Nr. 11.
âąJsErythema modosum. O u e i s s a z . E. G89.
Distorsioncn des Kniegelenks. V u il Ii e t . II. 7(H).
âŠAphasie. Christin. Hl 717.
$HĂ€moklaisisehe Krisen. G tuti <â r . P. 727.
Das Erythcma nodosum. Nach sorgfÀltiger Durchsicht von
300 FĂ€llen, die im Verlaufe der letzten 20 Jahre in der Univer-
sitÀtspoliklinik zu Lausanne zur Beobachtung kamen, komm!
Verf. zu folgenden SchluĂfolgerungen:
1. Es gibt ein primitives, spezifisches Erythema nodosum.
das alle Merkmale einer exanlhematischen Infektionskrankheit
besitzt. Beweisend fĂŒr seine Autonomie sind folgende Talsachen:
a) die Erkrankung befÀllt weit hÀufiger Frauen als MÀnner, man
findet sie in jedem Alter, jedoch meist zwischen 5 â 20 Jahren.
Es ist eine ausgesprochene Saisonkrankheit, bevorzugt ist das
FrĂŒhjahr. Betroffen werden alle Gesellschaftsklassen, Stadl und
Landleute gleichermaĂen, b) Das E. nodos, ist unbestreitbar eine
ansteckende Krankheil, deren Erreger, noch unbekannt, seinen
Eingang durch die Tonsillen nimmt. Das E. nodos, kann epi-
demisch auftreten; verleiht jedoch ImmunitÀt, so daà Rezidive zu
den gröĂten Sellenheilen gehören.
Das E. nodos, zeigt sieh bei sonst krankheitsfreien Personen,
aher es befÀllt ziemlich hÀufig Tuberkulöse und nicht minder
hÀufig Rheumatiker.
2. Es scheint, daà unter gewissen Bedingungen Tuberkulöse.
Syphilitiker, Malariakranke, Lepröse Erytheme erzeugen können,
die dem E. nodos, Àhneln. Tuberkulöse insbesondere scheinen
zuweilen rezidivierende Erytheme hervorbringen zu können, die
im Anfang die Merkmale des E. nodos, aufweisen, im Wiedel
holungsfalle dagegen dem indurierten Bazinsehen Erythem
gleichen.
Zur Frage der Aphasie. Es ist Monakoffs groĂes Ver-
dienst, auf die Verwechslung von Lokalisation der Aphasie mit
Lokalisalion der Sprache hingewiesen zu haben, ebenso wie auf
den FehlschluĂ, daĂ die VerĂ€nderung einer Reifion Störungen in
der Funktion nach sieh ziehen mĂŒsse. Es gibt auch keine be-
rechenbare ProportionalitĂ€t zwischen HerdgröĂe und Funktions-
störung. Im Laufe des letzten Jahres hat der englische Neuro-
loge M. Ifead Studien ĂŒher Aphasie veröffentlicht, Er bestĂ€tigl
die Auflassung von P. M a r i e, daĂ die. Aphasie im wesentlichen
ein intellektueller Defekt ist. Sie beruhl nichl auf dem Verlust
sogenannter Wortbilder. Die meisten Aphasischen erkennen
einen Gegenstand, zeigen dessen Gebrauch durch Gesten an, ohne
das entsprechende Wort dafĂŒr zu finden. Ilead schlĂ€gt eine
neue Klassifikation der Aphasien vor, die von der herkömmlichen
etwas abweicht. In Betracht kommen nur bleibende Störungen
1. Verbale Aphasie: der Kranke kann die Worte iso-
liert wiederholen, aber die FĂ€higkeil, sie zu SĂ€tzen zu verbinden
isl ihm abhanden gekommen. Das Sehreiben nach Diktal erfolg!
langsam und unter vielen Auslassungen und IrrtĂŒmern; aber der
Kranke erkennt beim Wiederlesen seine Fehler das isl fĂŒr
diese Form typisch.
2. Nominale Aphasie: hier ist die WĂŒrdigung des
Wortsinns verloren gegangen. Der Kranke erkennt GegenstÀnde
Orienliert sich gut, liest wie ein Papagei, ohne zu verstehen, kann
Gedrucktes nicht in Kursivschrift ĂŒbertragen. Auf dem Ziffer-
blatt kann er vor- und rĂŒckwĂ€rts nicht unterscheiden. Rechnen
isl unmöglich.
P>. Koordinations- Apha sie: Aussprache und Syntax
sind exakt, die Kranken benennen vorgehaltene GegenstÀnde, aber
sie fassen den allgemeinen Sinn eines Salzes, die Absicht einer
Geste oder einer Handlungsweise nicht. An einer Zeichnung ver-
stehen sie Einzelheiten, aber nicht die Gesamtheit. Sie haben die
Orientierung fĂŒr rechts oder links verloren, ebenso fĂŒr vor- und
rĂŒckwĂ€rts, können weder Karten- noch Schachspielen. Die Re
Ziehungen der Dinge untereinander ist ihnen verloren gegangen.
Ilead leugnet die FÀlle rein motorischer Sprachstörung,
Wortblindheit oder Taubheit. Bevor man sich ein definitives
. Urteil bildet, mĂŒĂte man die anatomische Verifizierung der FĂ€lle
II e a d s abwarten, denn es genĂŒgt nicht, jede Lokalisation abzu-
streiten und die WidersprĂŒche der Anatomokliniker hervorzu-
heben. SchlieĂlich lĂ€Ăt sich auch nicht ableugnen, daĂ zwischen
den Erscheinungen der motorischen Aphasie und den Verletzun-
gen der vorderen Zone, sowie andererseits zwischen der sensori-
schen Aphasie und den Verletzungen der temporoparielalen Re-
gion der 1. Sylvischen Furche eine bemerkenswert hÀufige Be-
ziehung besteht.
Eine, so hochstehende nervöse Funktion wie die Sprache
nimmt einen groĂen Teil der Rindensubstanz in Anspruch. Die
Brocasche und die Wernickesche Zone sind nur Bjfurkafions-
stellen, wo auf kleinem Raum zahllose NervenbĂŒndel zusammen-
treffen. Um das Entstehen, das Restehenbleiben, bzw. den RĂŒck-
gang einer Aphasie zu verstehen, muĂ man, dem Beispiele
Monakows folgend, nicht nur den Sitz der Verletzung, sondern
die Natur des pathologischen Prozesses studieren: desal. den vor-
herigen Zustand des Gehirns, toxische EinflĂŒsse, individuelle Dis-
positionen. Die Sprache als Modus des allgemeinen Ausdrucks
der Intelligenz ist wie das weiĂe Licht des SonnensoektrĂŒms:
Resultante sÀmtlicher Strahlen ist sie nirgendwo lokalisierbar.
Bemerkungen zur digestiven HĂ€moklasie. W i d a 1, A b r a m i
und Jancovesco haben vor einigen Monaten die Anwendung einer
neuen Probe vorgeschlagen, die die mehr oder weniger voll-
kommene UnfÀhigkeit der Leber, gewisse körperfremde Albumine
zu fixieren, die auf dem Verdauungswege zu ihr gelangt sind, zu
demonstrieren geeignet ist. Sie nennen das die Probe der
digestiven Ilaemoklasie. Sie besteht darin, daà man das vÀskulo-
sanguine Gleichgewicht an einer Versuchsperson studiert, die
seit mehreren Stunden nĂŒchtern geblieben ist und dann vor Ein-
setzen der Untersuchung rasch 200 cem Milch getrunken hat.
Nun erfolgt die Blutdruckmessung und die ZĂ€hlung der weiĂen
Blutkörperchen in AbslÀnden von 20 Min. Reslehl eine HÀmo-
klasie, so ist sie nach 2 Stunden beendet, so daĂ die Messung
bzw. ZĂ€hlung 5 â 6 mal erfolgt. Leukopenie und Hypotension sind
Zeichen einer positiven Reaktion. Der Gesunde zeigt keine irgend-
wie bemerkenswerte Aenderung des Blutdrucks, keine Leukopenie,
sondern viel eher eine leichte Zunahme der weiĂen Blutkörper-
chen. Der Versuch isl dann auf Personen mit gestörter Leber-
funktibn ausgedehnt worden. Dies die Ergebnisse:
Salvarsanikterus â keine Aenderung des Blutdrucks, aber aus-
gesprochene Leukopenie.
LĂ€ehnecsche Lebercirrhose â Abnahme des Drucks und der
Leukozyten.
Im Verlauf akuter Krankheilen kann die Leber eine mehr
oder weniger ausgesprochene Insuffizienz aufweisen, ohne daĂ
man sie klinisch feststellen kann. Der Versuch hei einem Pneu-
moniker zeigte Leukopenie, d. h. also positives Ergebnis im akuten
Krankheitsstadium, negatives in der Genesung. Ein wunder
Punkt des Versuches ist die relative Unsicherheit der Grenze,
52
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 2.
jenseits deren man von einem positiven Ausfall sprechen kann.
Um von einer Leberinsuffizienz sprechen zu können, muà man
schon eine Verminderung der Leukozyten um % â % nachweisen
können, ebenso eine parallel gehende Herabsetzung des Blut-
drucks. K. Held (Berlind.
Revue Medicale de la Suisse Romande, Lausanne-Genf.
Dezember 1021. 41. Nr. 12.
T>h> Behandlung der Xacvi pfliferi, D u B o i-S . Ob'. Tfifl.
Kiu PaJl von multplcn. primÀren Karzinomen. Tf e n a u d . A. 77 1.
Die SpÀtmortalitÀt der Enzephalitis lctharjjica. R c n o 11 d . A. 783.
Kiu Kall von Stomatitis gangraenosa leukÀmisclieli Ursprungs.
A I i k Ii a n . M. 785.
Komplettes Pehlen der innere«! G-cnitalorgane^ Star o i> i n s k v . XI. A. 790.
Nedcrlandsch Tijdschrift voor Geneeskunde, Amsterdam.
II Nr. 23* 3. Dezember 1921.
Die versehiodonen Kassen unter Àer Bevölkerung Middelbiirgs. W a p .
3. 3. p. 2777.
Unrichtiges Urteil ĂŒbejr das Vertikale und das Horizontal«» heim Hemmen
oder in Be\vcgun.<rsetzdn vom Zu»- oder v4n 3er StraĂenbahn. Uul-
d e r . M. K. p. 27S.
40. Dezember 1921.
âŠJ'Coliitiis nie. -rosa, cim Beitrag zur Kenntnis der pathögenen Wirkung der Coll-
hazillen. Leu sehen. .T. Tli. 2n90.
Kine einfaeiie schnelle Methode /ur Bfi«tiirrmun? der OberflĂ€ĂbeniKnannijiig vor
kleinen QuantitĂ€ten einer FlĂŒssigkeit. Urin k m a n n . R. und v a n
Dam. Meij. K. 2905.
âRuhr in SeclĂ€ndiseb Flandern. TT .â ; 1 - 1 1 .»ff Pol; D. J. 3909.
«r
Die Colitis ulcerosa ist in Àtiologischer Hinsicht oft die Folge
einer frĂŒheren Infektion mit Ruhrbazillen. Die Darmschleimhaut
ist nach Ablauf dieser primĂ€ren EntzĂŒndung gelöst, wodurch die
Darmwand fĂŒr eine neue Infektion, z. B. mit Coli-Bazillen. sehr
empfindlich geworden ist. Die Agglutinationsversuche mit dem
Blute der Kranken fallen dann in vielen FĂ€llen positiv aus. Aus-
i ''dirlich wird hingewiesen auf die oft schwierige bakteriologische
Tc -hnik.
KĂŒhr in SeelĂ€ndisch Flandern. In den letzten Monaten isl
ĂŒber einige FĂ€lle von Bazillenruhr in dieser Provinz berichtet
w( i dei Von dieser wird hier eine epidemiologische Beschvei-
bui g gegeben. Bnneking f Amsterdam).
Hospitalstitende, Kopenhagen.
Nr. 44, 2 Nov. 1921.
Uebc â Kiek .1 odiagnostik. K Hassen. Ivar Brinrk.
Nr. 45, 9. November 1921.
Ueber Elrktrndiagnostik. (SchluĂ.) K 1 i a s s e n . Ivar Brinck.
Nr. 46, 16. November 1921.
R Kalle von intrakraniellen Aneurysmen. P e d e r s e n . Thorvald.
Nr. 47, 23. November 1921.
âŠâŠâąTo. i ich \ erlaufende Vergiftung ' -n mit f'aloincliuin.iektionen. Hacker.
Tödlich verlaufende \ ergiftungen mit Calomelinjektionen.
Bei einem 48 jÀhrigen Ma in mit Tabes dorsalis, der positive
Wasserman ische Reaktion darbot, wurde dreimal mit Zwischen-
raum von 11 â 12 Tagen 10 cg Calomel injiziert. Am Tag nach
der letzten Injektion wurde ein scharlachÀhnliches Exanthem
konstatiert. SpÀter traten unter Temperatursteigungen starke
Unterleibsschmerzen und zahlreiche Diarrhoen ein; die KrÀfte
des Patienten nahmen mehr und mehr ab, und er starb 3 Wochen
nach der letzten Injektion. Die Autopsie zeigte u. a. Tabes
dorsalis. Aorlilis syph. Colitis.
2. B< i einer 48 jÀhrigen Frau mit Angina pectoris wurde
positive Wassel mannsche Reaktion gefunden. Die Patientin be-
kam dreimal '.\ cg Calomel mit Zwischenraum einer Woche in-
jiziert. Am Tage nach der letzten Injektion wurde sie sehr er-
schöpft, unruhig, kurzatmig und bekam dĂŒnne, blutige StĂŒhle, die
nicht zum Aulhören gebracht werden konnten. Der Tod trat
0 Tage nach der letzten Injektion unter allgemeiner SchwÀche
ein. Bei der Autopsie wurden u. a. Aortitis syphilitica und
Enteritis et Colitis pseudomembranaca et ulcerosa gefunden. â
Verfasser macht darauf aufmerksam, daĂ die Calomeldosis nicht
gröĂer war, als die, welche im allgemeinen angewandt wurde,
und daĂ ein Risiko immer mit dieser Behandlungsmethode ver-
bunden ist.
Nr. 48, 30. November 1921.
Ueber Polyarthritis. L o r e n z e n . Peter.
Nr. 49, 7. Dezember 1921.
Os Vcsalianiuni tarsi und Fraktur von tubersitas ossis metatassi. V. II a a s -
t r u ]> , Chr.
Ugeskrift for Lager.
Nr. 44, 3. Nov. 1921.
Die allgemeinen Prinzipien fĂŒr die Behandlung der Gelenk- und Knochen-
tuberkulose, besonders mit RĂŒcksicht auf die Organisation in der
Praxis. Hertz-. Rolf.
Nr. 45, 10. Nov. 1921.
âDie exsudative, lymphatische Diathese. M o n r a d . S.
Die exsudative lymphatische Diathese. Der Verfasser hat in
den Jahren 1917â1920 inklusive von 5706 Kindern im Alter von
9â14 Jahren 327 mit exsudativ-lymphatischer Diathese behandeil.
Weilaus die meisten der Kinder hatten dem mageren Tvnus zu-
gehört, die lange Zeit hindurch ohne Erfolg mit Rahm, Eier und
viel Butter gefĂŒttert waren. Nach zahlreichen FĂŒtterversuchen
ist der Verfasser zu dem Besultat gekommen, daĂ die Materia
peccans bei der exsud.-lymph. Diathese im tierischen Fett der
Nahrung gesucht werden muĂ. Bei EinschrĂ€nkung des tierischen
Fettes in der Nahrung auf ein Minimum verschwinden die exs-
lvmph. Symptome nach und nach, und die mageren, eretischen
Kinder nehmen an Gewicht zu. Die DiÀt bei Kindern unter
1 Jahr besteht deswegen aus Magermilch. Buttermilch, Hafer-
schleim, Fruchtsuppen, Zwiebacksbrei, Kartoffelmus und Aenfel-
mus. Bei gröĂeren Kindern verbietet der Verfasser sĂŒĂe Milch,
Rahm, Butler, Fett, Eidotter und Speck, sowie fettes Fleisch und
Fisch. Alle anderen Speisen sind gestattet, darunter auch
Pflanzenbutter und Margarine. Dagegen wird Lebertran als
ebenso schÀdlich wie andere animalische Fette angesehen.
Nr. 46. 17. Nov. 1921.
^Vasektomie bei einein Hund als Regenerationsexperiment; Knud Saud.
Vasektomie bei einem Hunde als Regenerationsexperiment.
Bei einem 12 ^ jÀhrigen Jagdhund mit einem so ausgesprochen
senilen GeprÀge, daà man Tötung angeraten hatte, nahm der
Verfasser eine Resectio epedidymid. vor. Der Erfolg war sehr
befriedigend. Der Hund war 3 â 4 Jahre verjĂŒngert, zur Jagd
wieder gut anwendbar und das senile GeprÀge war ganz ver-
schwunden.
Nr. 47, 24. Nov. 1921.
Ueber die klinische Untersuchung bei Patienten mit unregelmĂ€Ăigem Puls,
besonders bei Arytmia perpetua. Kundsgaard, Chr.
«^Hautkrankheiten von mineralischen Oelen (Solaröl) hervorgerufen. Xau-
d e r . Niels.
Hautkrankheiten von mineralischen Oelen (Solaröl). Bei vier
Maschinenarbeitern, die mit Solaröl gearbeitet hatten, hat der
Verfasser ein Exanthem symmetrisch an den ExtremitÀten von
stecknadelgröĂen bis erbsengroĂen, festen und harten, hellroten
Pakein mit nekrotischem Zentrum gefunden. Die Effloreszenzen
waren den von Vereso (Derm. Woch. 1917 Nr. 31) unter Exan-
thems folliculare veneiforme beschriebenen FÀllen sehr Àhnlich.
La Pediatria, Neapel.
1. November 1921, 19, Nr. 21.
âRespiratorische AffektkrĂ€mpfe. V a g 1 i o . R. . 969.
Verdauuugslcukozytosc beim Neugeborenen. Auricchio, Ii. 977.
âŠJ»Banfiische Krankheit im Kindesalter. C a n e 1 1 i . A. F. 986.
Respiratorische AffektkrÀmpfe. 8 FÀlle von respiratorischen
AffektkrÀmpfen werden beschrieben; sie sind bei Knaben hÀufiger
als bei MĂ€dchen. Es handelt sich um eine frĂŒhzeitige Manifesta-
tion der Neurasthenie, nach Ibrahim um einen bedingten patho-
logischen Reflex. Von der Tetanie unterscheidet sie das Fehlen
des juchzenden Inspiriums, das Fehlen der Ueberregbarkeit. das
Auftreten nach vollendetem 1. Lebensjahr. Die Epilepsie tritt im
Gegensatz zum Affektkrampf ohne vorhergehende Erregung auf
und ist meist durch Stuhl- und Urinabgang, den postkonvĂŒlsiven
Sopor ausgezeichnet. Bei Idioten können die WutkrÀmpfe bis ins
7. Jahr andauern. Die Kinder bedienen sich ihrer oft, um ihre
Umgebung zu terrorisieren. Die Behandlung der Kinder kann nur
in einer strengen Bestrafung der Kinder nach jedem Anfall be-
stehen.
40. Jahrg. â Nr. 2.
Aus den neuesten Zeitschriften
Leber den Morbus Hanti iu der Kindheit und PubertÀtszeit.
Verf. tritt gegenĂŒber anderen Autoren dafĂŒr ein, daĂ der Morbus
Banti eine Krankheit fĂŒr sieh und die dabei gefundenen MilzverĂ€n-
derungen typisch seien. T e /. n e r I \\ ien.)
La Pediatria, Neapel.
15. November 1921, 19, Nr. 22.
âąfrLeukuz) teureaktiou beim Neugeborenen. A u r i c c h i u , 1.. 1)77.
â frKeuclihustenbehandlung. Auriccnio, 1.. L009.
âCholesteringehalt dos Blutserums beim Neugeborenem. l>e iS i m u u e ,
B. 1023.
âKaloriengehalt der Frauenmilch, Pestalozzi)., C. 1027.
Leukozytenreaktion beim Neugeborenen. Verf. hat bei fĂŒnf
gesunden, kĂŒnstlich genĂ€hrten, neugeborenen SĂ€uglingen das Ver-
halten ĂŒer Leukozyten nach ĂŒer Mahlzeit (Trockenmilch, Menge
niclil angegeben; bestimmt. Die Leukozyten sinken ab, olt bis aul
die Hallte ues Anlangswertes; der Tiefsland wird lâl:A Uhr posl
coenam erreicht, dann steigen sie wiener an, ohne jedoch an ĂŒen
Ausgangswert heranzukommen (dies gilt fĂŒr den 2. bis 1. lag,
am o. 'lag wird der NĂŒchternwerl nach 3 Uhr wieder erreicht;;
dieser NĂŒchternwert ist an jedem folgenden Tag niedriger als am
vorhergehenden; das leukozyloly tische Vermögen verhall sich um-
gekehrt wie die Leukozytenzaliien. Die Yerdauungsleukozylose
beim Neugeborenen fehlt nicht, sie wird lediglich durch die rasche
Abnahme der Leukozyten in den ersten Lebenslagen verdeckt.
Therapie des Keuchhustens. Die mehrfach empfohlenen intra-
muskulÀren Aetherinjektionen bei Keuchhusten erwiesen sich iu
24 FĂ€llen als wirkungslos. Es erfolgt nur eine vorĂŒbergehende
Beruhigung,, der ein hrregungsstaĂŒium vorausgeht, das bei Spas-
mopliĂŒen verhĂ€ngnisvoll werden kann. Dagegen wurden mit einer
aus dem Dordet-Gengou sehen Bazillus Hergestellten Vak-
zine bei 196 perlussiskranken Kindern in 07,8 % Heilung, in 20 %
Besserung erzielt; in 0,2 % blieb der Erfolg aus. (Die Dosis be-
trÀgt 2 cm3 jeden 2. Tag.) Es lieb jedoch die Heilung bisweilen
20 lÀge, die Besserung gar 30 Tage auf sich warten, daher sind
die Resultate wohl etwas zu gĂŒnstig beurteilt.
Cholesteringehalt des Blutserums beim Neugeborenen. Der
Cholesteringehalt im Serum von 27 SĂ€uglingen (2 â 17 Tage alt)
wurde untersucht; er geht scheinbar parallel mit dem Alter, lai-
sÀchlich mit dem Gewicht; bei neugeborenen, wassermannpositive;i
Kindern war der Cholesteringehalt niedrig; ebenso bei einer lue-
tischen FrĂŒhgeburt; dagegen bei 2 gesunuen FrĂŒhgeburten ziem-
lich hoch. Vielleicht Stent die grone "Widerstandskraft des ge-
sunden, krÀftigen SÀugtings, die HinfÀfligkeit des Luelikers damit
in Zusammenhang.
Der Kalorienwert der Frauenmilch. Verf. hat die Milch seiner
Frau in der Stillperiode untersucht. Es wurden tÀglich zu ver-
schiedenen Tageszeilen und in verschiedenen Phasen des Still-
geschÀftes Fronen entnommen und in der Mischmiich tÀglich der
Trockengehalt und dessen Kalorienwert durch Verbrennung in der
Berthelotschen Bombe bestimmt, ierner in der Fischmilch dreier
Tage 2 mal wöchentlich EiweiĂ-, Zucker- und Fellgehalt festge-
stellt und daraus der Kalorienwert errechnet. Es izeigle sich, daĂ
der errechnete oft um 100 Kalorien hinler dem direkt festgestellten
Wert zurĂŒckblieb; dies dĂŒrfte weniger auf methodischen Fehlern
als darauf beruhen, daĂ auĂer EiweiĂ, Zucker und Fell noch
andere Energiespender in der Milch vorhanden sind und daĂ die
fĂŒr diese Substanzen in Rechnung gesteiften 9, resp. 4 Kalorien
nur annÀherungsweise richtig sind. Ferner war der Kalorien-
gehalt der Milch zweier aufeinanderfolgender Tage ofl um 160
Kalorien verschieden. WĂ€hrend 3 er Fieberattacken war die Milch
arm an Fett und Kalorien. Auch will Autor nach reichlichen Fell
und Zuckerzulagen, in geringerem MaĂe auch nach EiweiĂgaben
eine Mehrausscheidung dieser Stoffe in der Milch beobachtet
haben; doch erscheinen seine Kurven nicht sehr beweisend, ins-
besondere fÀllt es schwer, den hohen Milchzuckergehalt einer
Probe auf ein zwei Tage vorher genossenes Gericht aus Kastanien
und Schokolade zurĂŒckzufĂŒhren, wie es Verf. tut.
Tezner (Wien).
Rivista di Clinica Pediatrica, Florenz.
1921, n, Nr. 5.
âHĂ€ufige Ursache der Dyspepsie bei kĂŒustlicher ErnĂ€hrung. V e r o -
n e s e , D. 257.
âGegen den Gebrauch gewĂ€sserter Milch iu der SiiuglingsernĂ€hriiug. S i 1 -
v e s t r i , F. 268.
âDie Indikanurie hei Kinderkrankheiten. Nigro, T. 278.
âBlenorrhagic beton Kinde, Chirurgie und Vakzinotherapic. F nasal, L. 290.
lieber eine hÀufige Ursache der Dyspepsie bei Machen
kindern. Die VerdĂŒnnung der Milch (der Gebrauch von >/, und
selbst Yi Milch scheint in Italien noch mehr verbreitet zu sein
als bei uns) ist schÀdlich, da sie namentlich infolge der Verrin-
gerung des Fettgehaltes zu UnterernÀhrung und im weiteren Ver-
laufe zu Atrophie und Dyspepsie fĂŒhrt- Vcilasscr hat Kinder,
die nicht schwer ernahrungsgcslort waren, bis zum 2. Monat mil
% Milch plus 5 Prozent Zucker, von da ab mit Vollmilch plus
7 Prozent Zucker ernÀhrt und dabei sehr gute Erfolge gehabt.
Da es sich um gesunde und unlerernÀhrte Kinder handelte, mag
dies vielleicht zutreffen. Schwerer schon fÀllt es, mit dem
Verfasser anzunehmen, daĂ die geringe Zahl der in dem Spital
wÀhrend des Sommers beobachteten Enleriliden auf das Obige
ErnĂ€hrungsregime zurĂŒckzufĂŒhren sei, auch ist es fraglich, ob
es sich um wahre Dyspepsie gehandelt hat und nicht um Hunger
stĂŒhle (in einem als dyspeplisch bezeichneten Falle werden 2 bis;
3 StĂŒhle tĂ€glich angegeben).
Gegen den Gebrauch gewÀsserter Milch in der SÀuglings-
ernĂ€hrung. Die VerdĂŒnnung der Milch ist schĂ€dlich. Werden
von der verdĂŒnnten Milch gleiche QuantitĂ€ten wie von Vollmilch
zugefĂŒhrt, so kommt es zu UnterernĂ€hrung. Soll diese vermieden
werden, so mĂŒssen sehr groĂe Mengen gegeben werden, die
entweder zu Erbrechen oder zu Meteorismus und MotilitÀts-
störungen des Darmes fĂŒhren. Oder man muĂ zur Erhöhung des
Kaloriengehalts soviel Milchzucker zulegen, daà er schÀdlich
wirkt. (Andere Kohlehydrale werden nicht erwĂ€hnt.; SchlieĂ-
lich wird durch den Wasserzusatz die molekulare Salzkonzen-
tration und besonders der Kalkgehalt verringert, was wieder die
Wirkung des Labferments erschwert; es ist auch nicht richtig,
daà der hohe Kaseingehalt der Kuhmilch schÀdlich sei. Ver-
fasser ernĂ€hrt, wie es schon frĂŒher B u d i n und P a not ge-
tan haben, gesunde und atrophische SĂ€ugiinge vom 1. Tage an
mit Vollmilch und erzielt damit sehr gute Resultate.
Die indikanurie bei den Kinderkrankheiten. Verfasser hat
eine neue Methode zur Indikanbestimmung (eine modifizierte
Obermeyersche Methode) ausgearbeitet. Er stellt sich drei
Stammlosungen (1 mg Indican auf 100, 250 und 500 cm3 Chloro-
form) her und fĂŒgt zu jeder 2 Tropfen Amylalkohol hinzu, um
sie haltbar zu machen. Hierauf wird der Harn nach Obermeyer
extrahiert, einige Tropfen 90 prozenligen Alkohol hinzugefĂŒgt,
was die AusschĂŒUeiung des Chloroforms erleichtert, und ge-
schĂŒttelt. Da der Chloroi'ormextrakl oft trĂŒbe isl, wird filtriert.
Die geringe Menge, die dabei durch Verdunsten verloren geht, isl
ohne Bedeutung. Dann wird 1 cm3 des Extraktes mit Amyl-
alkohol solange verdĂŒnnt, bis seine Farbe der einer der drei
Stammlösungen gleichkommt; der Indikangehalt lĂ€Ăt sich dann
leicht berechnen. Bei 11 MasernfÀllen hat sich die Methode als
brauchbar erwiesen.
Beobachtungen ĂŒber die kindliche Gonorrhoe, ihre chirurgi-
schen Komplikationen und die Resultate der Vakzinetherapie.
Die Komplikationen der kindlichen Gonorrhoe sind nicht so
extrem selten, als allgemein angenommen wird. Die amerika-
nische Gesellschaft fĂŒr PĂ€diatrie berichtet ĂŒber 13,3 Prozent
Komplikationen unter 188 FĂ€llen. Verfasser hat bei 9 gonorrhoi-
schen Kindern (darunter 2 mit Gelenksaifektionen) mit Gono-
kokken-Vaccine sehr gute Erfolge erzielt; es wird mit 5 000 000
begonnen und bis 200 000 000 gestiegen. Schon nach der ersten
Injektion lĂ€Ăt der AusfluĂ wesentlich nach, was wegen Herab-
minderung der Ansteckungsgefahr von Bedeutung ist. Bei un-
klaren FĂ€llen mit fehlender Sekretion kann die Vaccine provo-
katorisch wirken und so die Diagnose ermöglichen.
Tezner (Wien).
El Siglo Medico, Madrid.
20. November 1921, 68,, Nr. 3540.
Chirurgische Eingriffe bei GefĂ€Ăverletzungen. Murales. A. U4J.
Schwierigkeiten des Eingriffs bei totem FĂŒtus. Villi ;i n u c v a . F. 1143.
âBeitrag zur Kenntnis und zum Gebrauch von l'araguaytee. Corte*«?
F. J. 1H5.
â Malaria im Heere und ihre allgemeine Bedeutung. Bares, F. B. U.47.
Beitrag zur Kenntnis und zum Gebrauch des Paraguay-Tee s
im AnschluĂ an den Artikel in Nr. 3543 berichtet hier Verfasser,
wie der Paraguay-Tee zuerst auf der Weltausstellung in Paris
1807 nach Europa kam, aber zuerst nur sehr geringe Verbreitung
fand; wÀhrend noch 1880 in Frankreich im Jahre nur 1000 kg
konsumiert wurde, war der Verbrauch um 1900 in Paris allein
auf 10 000 kg gestiegen. Heutzutage ist in Europa Spanien das
Land, das am meisten Paraguay-Tee verbraucht. Verfasser sieht
54
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg.â Nr. 2.
in seiner Anwendung die stÀrkste Walle gegen alle bisherigen
schĂ€dlichen GenuĂmittel (Alkohol, Tee, Kailee) und wĂŒnscht ihm
eine gröĂere Verbreitung, als er bisher erlangt hat
L u r j e.
La Pediatria espanola, Madrid.
31, Oktober 1921, 10, Nr. 109.
.Molluscum contagiosum der Augenlider. Ppyales, F. 189.
Scharlach und Diphtherie. C a ve n g t, S. 297.
âPostoperativer Hydroeephalus. Gairido-Lcslaclie, J, 301.
Physiologisches ĂŒber das Scheu. Palacios. F. G. 305.
Postoperativer Hydroeephalus. W erden neugeborene Kinder
mit Spina bifida operiert, so tritt hÀufig als Folgeerscheinung
Hydroeephalus auf. Verlasser ist der Ansicht, daĂ Hypersecre-
tien der Chorioidea und des Ependyms die Ursache hiervon sei;
solange die Spina bifida bestehe, wirke diese wie ein Sicher-
heitsventil, die W Ă€nde sind dehnbar, der Druck steigt im RĂŒcken-
markskanal. Ist die Spina bifida beseitigt, so hat die Hyper-
sekretion zur Folge, daà der SchÀdel, dessen NÀhte noch nicht
verwachsen sind, gedehnt wird. Als Ursache der Hypersekretion
sieht Verfasser eine EntzĂŒndung der Chorioidea und des Epen-
endyms an, auf hereditÀr-luetischer Basis oder aus unbekannten
Ursachen. Auf jeden Fall hilft Quecksilber-Behandlung.
Archivos espanoles de Pediatria, Madrid.
Oktober 1921, 5, Nr. 10.
âDiagnostik der .Syphilis hereditaria praecox. S i s t o , G. 577.
Eröffnung der appendikularcu Abszesse vom Rektum aus. âą! u a -
risti, V. 092.
As tragalektomie durch Hemisektion. Juaristi. V. 593.
Diagnostik der Syphilis hereditaria praecox. Verfasser be-
richtet ĂŒber einige weitere FĂ€lle, die als einziges Zeichen der
hereditÀren Syphilis das von ihm zuerst 1905 beschrie-
bene Weinen und Schreien (Sisto'sches Zeichen) darboten und
macht auf die Wichtigkeit dieses Zeichens aufmerksam, da es
frĂŒher als alle anderen hereditĂ€r luetischen Erscheinungen auf-
tritt. L u r j e.
The Lancet, London.
10. Dezember 1921, 201, Nr. 5128.
»âŠâŠDie Funktion der Lymphozyten und des lymphoideu Gewebes bei der Er-
nÀhrung und die Beziehungen zm Vitaminenlrage. Gramer, W.,
Die w , A. H. und M o 1 1 r a m , J. C. 1202.
â Der EinfluU von Vitamin B auf den Appetit. VV r i g h t , S. 1208.
Insufficientia aortae. Langley, Ă. J. li'ua.
ĂŒeber die Laktose nicht vergĂ€hreude Bazillen im Stuhl gesunder und kranker
Eingeborenen von Uganda. 1212.
Die Funktion der Lymphozyten und des lymphoideu Gewebes
bei der ErnÀhrung und die Beziehungen zur Vitaminenfrage.
Wenn man Ratten oder MÀusen eine DiÀt verabreicht, die kein
Vitamin B enthÀlt, wird das lymphoide Gewebe atrophisch und
im Blute beobachtet man eine Lymphopenie ohne Leukopenie.
Avilaminose A hat keinen EinfluĂ auf das lymphoide Gewebe
oder auf die Zahl der Leukozyten. Avilaminose B gibt Gewichts-
verlust, Abmagerung, subnormale Temperaturen, also Symptome
von Marasmus; bei Avitaminose A findet man nie etwas Àhn-
liches. Die Atrophie des lymphoiden Gewebes und die Lympho-
penie verschwindet, wenn wieder Vitamin B verabreicht wird,
die Lymphozyten haben wahrscheinlich eine wichtige Funktion bei
der ErnÀhrung, und vielleicht sind manche ErnÀhrungsstörungen
bei Kindern mit VerÀnderungen im lymphoiden Gewebe auf
Vitamin B-Mangel zurĂŒckzufĂŒhren. Vitamin B ist nicht nötig fĂŒr
das Leben der Zellen; es ist nötig, um die normale Funktion des
lymphoiden Gewebes möglich zu machen.
Der EinfluĂ von Vitamin B auf den Appetit. Wenn man
Tieren eine Vitamin B-freie DiÀt gibt, wird der Appetit sofort
kleiner; wenn man bei diesen Tieren nach dem Tode den Magen
untersucht, findet man ihn ganz gefĂŒllt mit Nahrung in energi-
scher GĂ€rung. Die marantischen Erscheinungen bei Avita-
minose B sind also mit groĂer Wahrscheinlichkeit einer Stauung
im Magendarmkanal mit Absorption von Toxinen zuzuschreiben.
Koopman (Haag).
The British medical Journal, London.
10. Dezember 1921, Nr. 3180.
âChirurg und Pathologe. Bond. C. J. 973.
Die Sauerstoffinflation. Kost. E. 978.
Persistierende Kloake mit nicht perforiertem Anus als Ursache fetaler Aszitc.s
C r u i c k s h a n k , J. K. 980.
Curetfcage und die Behandlung der GetÀrmutterblutungen. White-
h o u s e , B. 981.
Wie hat sich der Arzt zum Abortus criiniualis zu verhalten. C a in p -
bell. J. 98Ă€.
Kaiserschnitt bei Nabelschuurvorfall. P a t 0 n , J. 987.
Eine Methode der Hauttransplantation. N e v e . E. F. 987.
Geschwulst des Oesophagus aus Schilddriiscngewebe. L a w soll,
W h a 1 e , HC. 987.
Hypertrophische Pylorusstenose, ilolt, A. 987.
Therapeutische Verwendung von Parathyreoidea. Dukes, C. 987.
Chirurg und Pathologe. Es ist Verfasser aufgefallen, dal!
viele Blutelemente sich mit Jod fÀrben. Die Leukozyten, Myelo-
zyten und gewisse Epitheliumzellen haben die FĂ€higkeit, eine
glykogenartige Substanz zu bilden. Der polynukleÀre Leukozyt
bilĂŒet diese Substanz nur, wenn sie den Blutstrom verlĂ€Ăt. Die
Substanz wird aber bald von der Zelle ausgestoĂen. Ebenso
findet man eine glykogenartige Substanz in den Myelozyten des
roten Knochenmarks und in den Zellen von Myelomen, wÀhrend
man sie in den SchleimhÀuten, die die Oeffnungen vom Ver-
dauungs-, Atmungs- und Urogenitalapparat begrenzen, auch in
Form von Körnchen antrifft. In Krebszellen kann man eben-
falls die jodophile Substanz finden, sowohl im primÀren Tumor
als in den geschwollenen regionĂ€ren DrĂŒsen. Die Menge gly-
kogenartiger Substanz ist kein MaĂ fĂŒr die MalignitĂ€t. Viel-
leicht besteht eine Beziehung zwischen der IntensitÀt der Bil-
dung dieser Substanz und dem Widerstand gegen Infektion.
Koopman (Haag).
17. Dezember 1921, Nr. 3181.
Atmungser.* cheiuungcu bei Nervenkrankheiten. Stewart. J. P. 1017.
Einige Ursachen körperlicher Minderwertigkeit. K n o wies 8 lanstie 1 d,
T. E. 1020.
âBakterizide Wirkung des Magensaftes auf die Tubcrkelbazillen. 1 akuter,
J. und Koodhouse Gloyne. S. 1024.
Op jratiou des Leistenbruches. L e n t a 1 C h e a 1 1 c, G. 102j.
âDerangcment interne" des Kniegelenkes. P c n e 1 1 . V. 102U.
Moderne Behandlung der Zuckerkrankheit. B a 11 m a n n . E. P. 1027.
Bakterizide Wirkung des Magensaftes auf Tuberkelbazillen.
Der normale Magensaft hat nur eine ganz geringe bakterizide
Wirkung auf Tuberkelbazillen. Der natĂŒrliche Widerstand des
Wagens gegen Tuberkulose kann also nicht in dieser Weise er-
klÀrt werden. Es ist möglich, daà die MotilitÀt des Magens hier-
bei eine Rolle spielt. Es gelang nie, auch nicht mit dem Tier-
versuch, Tuberkelbazillen im Mageninhalt zu finden.
Koopman (Haag).
Paris medical, Paris.
19. November 1921, 11, Nr. 47.
Neuere Arbeiten Uber Chirurgie und 'OrthopÀdie im Kindesaltcr. Mouche t
und K o e d e r e r. 393.
âTuberkulose des Metatarsus I. beim Kinde. S u r r c 1 und Bouquier. 399.
Tuberkulose des ersten Metatarsus beim Kinde. Bei der dia-
physÀren Spina ventosa, wenn beide Enden völlig frei sind, kann
und muĂ man den Knochen zu erhalten suchen und den Meta-
tarsus nach den bekannten allgemeinen Regeln zu erhalten suchen.
Man muĂ sich aber dabei klar sein, daĂ damit noch keineswegs
die Heilung garantiert ist. Sitzt die Spina am vorderen Ende des
Metatarsus: Amputation in der KontinuitÀt entfernt vom Sitze,
aber immer ohne den diaphyso-epiphysÀren Knorpel, weil er eine
schĂŒtzende Rolle spielt und mit ihm der FuĂ einen besseren Halt
bekommt. Sitzt die Spina hinten: Desarlikulation des Melastarsus
mit der groĂen Zehe wie beim Erwachsenen und zwar möglichst
bald. Funktionelle Resultate: Sowohl bei Entfernung des Se-
questers recht befriedigende, weil sich der Knochen rekonstruiert,
wie bei der Desartikulation, wo sich der FuĂ akkommodiert und
an Stelle des ersten der zweite Metatarsus tritt, leichte Varus-
stellung. Allerdings dauert dies lange. v. S c h n i z e r.
The Journal of the American Medical Association, Chicago.
12. November 1921, 77, Nr. 20.
EiweiĂĂŒberenipfindlicbkcit und ihre Bolle in der Aotiologie von Erkrankun-
gen. L o n g c o p c . W. T. 1535.
Das Pirquetsche System der ErnÀhrung, b a r t c r . W. E. 1511.
Multiple Myelome. Oftedal. S. 1517.
âBronchoskopie bei LuugenabszclJ. L y n a b , H. L. 1548.
Pankreastunioren. Lockwood, C. D. 1554.
Xantoma tuberosum multiplex im Kindesalter. K n o w 1 e s . F. C. und
Fisher, H. N. 1557.
Die Strahlentherapie in der Dermatologie. S o i 1 a n d . A. 1560.
Karzinom der Nase. Sutton. 1!. Ii. 1561.
10. Ja lug. Nr. 2.
A u s (I e n neuesten Z e i 1 3 <âą h r i f t e n
55
PrimÀres Sarkom der Oberlippe, s « i." l t sc o r . s. E, und VI i v Ii o 1 s o n ,
II. E, 1508.
Itio MiĂerfolge der Uastro-KiitcrositionUo. Koeder, ('. \. L66S,
Operation des Pes vnlgus. II o h e r t s , P. W. 1671.
Am hÀufigsten ent stehen Lungenabszesse infolge von Aspi
pation von Fremdkörpern oder infiziertem Sekret des Nasen'
rachenraumes. Die klinische Diagnose ist nicht immer leicht, da
Ăfer physikalische Befund erheblich zu wechseln pflegt. Pro
duzierl der Pat. periodisch eitriges Sekret, das Lungengewebs
Zilien enthÀlt, so sollte stets an Lungenabszeà gedacht werden.
Entscheidend ist in der Hegel das Itöntgenbild, das aber keinen
AufschluĂ ĂŒber genaue GröĂe und Lage des Abszesses gibt. Die
Bronchoskopie vermag in solchen Fallen Gnies zu leisten, sie ist
nur bei schweren Lungenblutungen kontraindiziert Auf Grund
zahlreicher FĂ€lle rĂ€t Verf. zu möglichst frĂŒhzeitiger Broncho-
skopie, namentlich wo es sich um Fremdkörperaspirationen han-
delt. Der Eingriff wird immer gut vertragen und ist bei einiger
Uebung leicht auszufĂŒhren. Verf. aspiriert möglichst viel Eiter
und injiziert anschlieĂend eine Bismutholivenölmischung, wo-
durch die Abszehhöhlen in der Röntgenaufnahme sehr schön zur
Darstellung gebracht werden. Er gelangte mit einer selbst ker
Struierten gebogenen SpiralkanĂŒle selbst in Höhlen der Ober-
lappen. Die Kranken vertragen bis zu viermal wiederholte Injek-
tionen ausgezeichnet und fĂŒhlten sich danach sehr wohl. Auf-
fallend war die recht rasche Besserung des Krankheitsbildes, die
Verl aber mehr der Eiteraspiration zuschreibt, da der Injektion
ein therapeutischer Effekt nicht wohl zugesprochen werden
kann. K À c kell (Hamburg).
19. November 1921, 77, Nr. 21.
Ăarcaid und Syphilid. Stil Ii ans. A. \V. 1610
âAbwehrreaktionen von mit Spirochaeta pallida infizierten Tieren. B r o w u .
W. H. und P o a reo, L. 1619.
215 FĂ€lle von Syphilis nach 5 .Innren. Irvi n e . H. G. 1620.
âViscerale VerĂ€nderungen hei kongenitaler Syphilis. FrĂ€ser, J. P. 1623
Korrektur des Narbtnektropioii. W h e e 1 e r , .(. M. 1628.
âDie Phenoltetraehlorphtaleinprobe zur PrĂŒfung der Lcberfuntotion. \ a r o n,
A. II.; Beck. E. C. und Schnei d e r . Ii. C. 1631.
Schwangerschaft nach Nephrektomie. M a 1 1 h e w s . II. B. 1634.
Oeffentliclie Gesundheitspflege in Ohio. F r e e in m n . A. Vf. 16.39.
Pseudotumoren des Gehirns. Rows. E. G. 1643.
Wirkung der UnterernĂ€hrung' auf BrustdrĂŒse und sexuale Organe. L o e 1» .
L. 1646.
âDas sogenannte prĂ€systolische GerĂ€usch R e i d , W. 1). 1648.
Feststellung des Todes durch Ertrinken. Gottler. A. O. 1650.
Abwehrreaktionen von mit Spirochaeta pallida infizierten
Tieren. Allgemeinbetrachtungen auf Grund einer frĂŒher erschie-
nenen Arbeit ĂŒber experimentell erzeugte luische Infektion bei
Kaninchen. Eine luische Infektion kann lange Zeit bestehen,
ohne daĂ irgend welche Manifestationen bestellen. Es scheint
âądiese Tatsache fĂŒr zwei, untereinander in keiner Beziehung
stehende Abwehrreaktionen zu sprechen, deren eine sich gegen
die Spirochaeta selbst richtet, wÀhrend die anderen zur Neu-
tralisation von Licht zu dienen scheint. Bei den Versuchstieren
scheint die letzte Beaktion ausgeprÀgter zu sein als beim Men-
schen. Als weilerer MaĂstab fĂŒr Abwehrreaklionen dient das so
hÀufig beobachtete Wiederauftreten luischer Krankheitserschei-
nungen nach gewissen, verschieden langen Pausen. Die Abwehr-
reaktionen scheinen gewissen GesetzmĂ€Ăigkeiten zu unterliegen.
Die visceralen VerÀnderungen bei kongenitaler Lues. Kurze
Studie, die die pathologisch-anatomischen VerÀnderungen von
Leber; Herz, Lungen, Pankreas, Milz, Gehirn und BĂŒckenmark,
Magendarmkanal, Thymus und Nieren bei kongenitaler Lues be-
handelt. Luische VerĂ€nderungen des Herzens und der groĂen
GefĂ€Ăe sind durchaus nicht so selten, als man bisher glaubte:
man findet sie nahezu ebenso hÀufig bei der kongenitalen
wie bei der akquirierten Lues. Dagegen sind Lungen- und
Pankreaserkrankungen bei kongenitaler Lues Ă€uĂerst selten,
ebenso wie solche des Gehirns und BĂŒckenmarks. BĂŒckenmarks-
verÀnderungen fand Verfasser im Gegensatz zu der von N o n n e
Vertretenen Anschauung in keinem seiner zahlreichen systema-
tisch untersuchten FĂ€lle. Zusammenfassend kann gesagt werden,
BaĂ sich die luischen VerĂ€nderungen in dem weitaus gröĂten Teil
der FĂ€lle in Leber, Milz, Nieren und Knochen dokumentierten,
alle anderen Organerkrankungen dagegen bei der kongenitalen
Lues zu den Seltenheiten gehören.
LeberiiinktionsprĂŒfiing mit Pbcnoltetrachlorphtalein. Leber
tunktionsprĂŒfungen mit Phenoltetrachlorphtalein gestalteten sich
bisher deshalb besonders schwierig, weil die Lösung jedesmal
frisch hergestellt weiden muĂte. Verfasser geben eine Konser-
yierungsmethode m. nach deren Anwendung sich die l henol-
tetraehlorphtaleinlösung monatelang hÀll und benutz) werden
kann. Die FunktionsprĂŒfung wurde nach der von Mc Neil an
gegebenen Methode vorgenommen, die darin besteht, daĂ nach
grĂŒndlicher MagenspĂŒlung eine Duodenalsonde eingefĂŒhrt wird,
hierauf 1,0 cem l'hcnolletrachlorphlaleinlösung 50 mg Phenol-
tetrachlorphtalein) intravenös eingcsprilzi wird und nun wahrend
2 Stunden der Duodenalsaft auf Phenoltetrachlorphtalein unter-
sucht wird. Um einen regelmĂ€Ăigen DuodenalsalUluĂ zu er
hallen, gaben Verfasser den Patienten nach EinfĂŒhrung der Sonde
etwa 500 cem kaltes Wasser tropfenweise per os. Erst nach Ein
setzen einer reichlichen, gallig gefÀrbten, ziemlich dicken Saft-
sekretion erfolgte die intravenöse Injektion. In den Iii nicht
pathologischen FĂ€llen trat Phenoltetrachlorphtalein zwischen I I
und 20 Minuten, im Durchschnitt nach 17 Minuten im Duodenal-
saft auf, im Gegensalz zu 7 anderen FĂ€llen, wo der Durchschnitt
32 Minuten betrug. Verfasser glauben in FĂ€llen, bei denen das
erste Auftreten von Phenoltetrachlorphtalein erst nach 20 Mi
nuten nachweisbar wird, eine Lebererkrankung annehmen zu
mĂŒssen.
Das sogenannte praesystolische GerÀusch. Das Crescendo
gerÀusch an der Herzspitze, das in einen scharfen ersten Ton
oder ein systolisches GerÀusch auslÀuft, wird fÀlschlich prae-
systolisch genannt. In Wirklichkeit ist es ein frĂŒhsystolisches.
Das âsogenannte" praesystolische GerĂ€usch entsteht durch den
RĂŒckstrom von Blut durch die Mitralis bei der Ventrikelsystole.
Gegen die Annahme, daĂ es durch die Vorhofkontraktion entsteht,
spricht die Art des GerÀusches, die Zeit und das Fehlen einer
Pause zwischen GerÀusch und 2. Ton. Ueber die wahre Natur
des âsogenannten" praesystolischen GerĂ€usches muĂ man sich
klar sein, um falsche Diagnosen zu vermeiden. Es gibt zwei ver-
schiedene GerĂ€usche, das âsogenannte" und das echte praesysto-
lische. Letzteres ist relativ selten und recht schwer zu dia-
gnostizieren. Kack eil (Hamburg).
26. November 1921. 77, Nr. 22.
Die Kontrolle ĂŒbertragbarer Krankheiten. Mc. Laughlin. A. ,T. 1693.
âLaboratoriumsbefundo bei FrĂŒh- und SpĂ€tsyphilis. Fordyce, J. A. und
Rosen. I. 1696.
âNeurosyphilis mit. negativer Spinalfliissigke'it. Solomon H. C. und
K 1 a u d e r , J. V. 1701.
âDie Behandlung der Syphilis mit Silberarsphenamin. P a r o u n a g i a n ,
M. B. 1706.
Ausbruch von Diphtherie in einer Pri vatschulo. F 1 e i s e h n e r . E. C. und
S h a w . E. B. 1714.
Typhusepideinie. O 1 i n , Ii. M. 1717.
âToxische EiwciĂproduktc als Ursache des sogenannten Inanitionsfiebers.
I) e W i t t , H.. S h e r m a n und I. o h nee, II. R. 1720.
â Punktion des Sinus longitudinal is superior heim Neugeborenen. Gor-
iloii, .1. W. 1721.
I'honolplitaloiu-Dermatitis. Ayres, S. 1722.
Partielles oder komplettes Staphylonia anetrior. T e n n e r . A. S. 1724.
Staatliches Hospital fĂŒr Sprachstörungen. U re e n e , J. S. 1726.
Laboratoriumsbeluiule bei FrĂŒh- und SpĂ€tsyphilis. Der Ar-
beit liegen 10(15 FĂ€lle zugrunde. Verff. erinnern an die Bedeutung
einer möglichst frĂŒhzeitigen Diagnose, besonders raten sie, die
Dunkelfelduntersuchung bei PrimÀraffekten mehr als bisher her-
anzuziehen. In 38 % der FÀlle im sekundÀren Stadium fanden
Verff. Liquorbefunde, sie halten diesen hohen Prozentsatz aber
fĂŒr auĂerordentlich selten und nehmen syphilitische Erkrankungen
des Zentralnervensystems im allgemeinen nur in 25 â 30 % an.
Auf jeden Fall muĂ die Lumbalpunktion regelmĂ€Ăig und mög-
lichst frĂŒhzeitig ausgefĂŒhrt werden. Die Beteiligung des Zen-
tralnervensystems fand sich ĂŒberwiegend bei MĂ€nnern, wurde da-
gegen bei Frauen relativ selten nachgewiesen. Von vielen
Autoren wird die moderne antiluische Behandlung fĂŒr das ge-
hÀufte Auftreten von Neurosyphilis verantwortlich gemacht, eine
Anschauung, der sich Verff. nicht anschlieĂen können. Sie halten
vielmehr die Zunahme von Neurosyphilis fĂŒr eine nur scheinbare,
die auf die in letzter Zeit systematisch vorgenommenen Unter-
suchungen und auf die erweiterten Kenntnisse der Erkrankung
ĂŒberhaupt zurĂŒckzufĂŒhren ist. Ein exakter Beweis fĂŒr die
SchÀdlichkeit des Salvarsans auf Seh-, Gehör- oder andere Hirn-
nerven ist bisher nicht erbracht, Verff. konnten bei ihrem Mate-
rial bei richtiger Salvarsanbehandlung sogar Stillstand von
Optikusatrophie beobachten. Bei Beurteilung des Problems der
Neurosyphilis soll man sich stets an die Allgemeininfektion, be-
sonders auch an die Erkrankung des Herzens und GefĂ€Ăsystems
erinnern. Die Wichtigkeit einer sehr genauen Augenunlersuchung
ist hinreichend bekannt. Man findet gar nicht so selten bei nega-
tivem Blutwassermann typische LiquorverÀnderungen. Verff.
haben mit der Koloidal-Gold-Beaktion recht gute Erfahrungen ge-
macht.
56
Aus den neuesten Zeitschriften
4U. .Jahrg. â
Nr. 2.
Neurosyphilis mit negativem Liquorbel'und. in Fachkreisen
ist es allgemein bekannt, daà bei Neurosyphilis hÀufig keine Ver-
Ă€nderungen der ZerebrospinalflĂŒssigkeit nachweisbar sind. Be-
sonders hÀufig ist dies bei Tabes, Hirngumma, bei luischer spasti-
scher Paraplegie. erbsyphilitischer Epilepsie und Paranoia.
In solchen FĂ€len muĂ eine genaue klinische Untersuchung
die Diagnose sichern. Besonders wertvoll erscheint hier-
bei Verf. die Argyll Robertsonsche Pupillenreaktion. Die Arbeit
bringt fĂŒr die oben erwĂ€hnten Typen Krankengeschichten von
Patienten, die negativen Liquorbefund aufwiesen. Im allgemeinen
decken sich die Anschauungen des Verf. in dieser Frage mit den
von Nonne in seinem Lehrbuch niedergelegten Ansichten.
Erfahrungen mit Silberarsphenamin bei der Luesbehandlung.
Statistische Angaben ĂŒber Ergebnisse bei Silbersalvarsan ame-
rikanischen Ursprungs. Verf. hat im ganzen 7f>t; Kranke mit
4290 Injektionen behandelt. Die FÀlle gehörten allen drei Stadien
der Lues an, dazu kommen noch 10 FĂ€lle von kongenitaler
Syphilis. Die Endresultate sind nicht ĂŒbermĂ€Ăig hoch zu be
werten. Ein groĂer Teil der FĂ€lle ist nicht bis zum SchluĂ be-
handelt, da das Material vornehmlich aus Seeleuten und anderen
unstÀndigen Personen bestand. Irgendwelche unangenehmen
Komplikationen sah Verf. in keinem Fall auftreten. Eine Kur
bestand aus 8 Injektionen. Eine Kontraindikation fĂŒr kombinierte
Behandlung (Silbersalvarsan und Quecksilber) scheint nicht zu
bestehen. Die klinischen Manifestationen schwanden in allen
Krankheitsstadien relativ rasch, Verf. hat sogar den Eindruck
gewonnen, daĂ sie bei Silbersalvarsan schneller als bei anderen
ArsenikprÀparaten schwanden, was sich mit den Angaben von
Kolle. Ritz. Galewsky. Hauk und Emmerich decken
wĂŒrde.
Toxische EiweiĂendprodukte, die Ursache des sogenannten
Inanitionsfiebers. Die meisten Autoren fĂŒhren das wohl am 3. bis
5. Tage nach der Geburl auftretende Fieber auf Wasserverluste,
Umstellung des Stoffwechsels, Empfindlichkeil des WĂ€rme-
zentrums, SeptikĂ€mie oder Darmtoxine zurĂŒck. Alle diese
GrĂŒnde scheinen nicht bewiesen zu sein und auch nicht zu-
zutreffen. Zweifellos spielt eine unzureichende Nahrungszufuhr
eine sehr wichtige Rolle und zwar besonders deshalb, weil dann
zu geringe Kohlehydratmengen (Dextrin und Laklose zugefĂŒhrt
werden. Auf dem Boden dieser âUnterernĂ€hrung' entwickeln
sich Darmtoxine. Verff. glauben diese Annahme mit den Ergeb-
nissen ihren bakteriologischen Stuhluntersuchungen beweisen zu
können, ferner gelang es ihnen, das Fieber durch Zufuhr von
Zuckerlösungen sofort zum Verschwinden zu bringen. Die Be-
zeichnung âInanilionsfieber" sollte besser durch ..Proteolytische
DarmtoxÀmie des Neugeborenen" ersetzt werden.
Punktion des Sinus longitudinalis superior bei Neugeborenen.
Kurzer Bericht ĂŒber 231 Sinuspunktionen bei Neugeborenen bis
zum 7. Lebenstage. Verf. rasiert den Kopf nicht, auch verwendet
er kein Jod, sondern desinfiziert lediglich die Gegend der groĂen
Fontanelle mit 70 % Alkohol. Er geht mit kurzangeschliffener,
nicht zu enger KanĂŒle in schrĂ€g nach hinten gehender Richtung
im hinteren Winkel der Fontanelle ein. Die Durchschnittstiefe
des Einsliches betrug 6,35 mm. Nur in 3 FĂ€llen erhielt Verl. kein
Blut. Drei zur Sektion gekommene FĂ€lle zeigten keine patho-
logischen Befunde. In mehreren FĂ€llen wurden Kochsalzinfusionen
(60 â 180 cem) mit gutem Erfolg in den Sinus gemacht. Salvarsan
hat Verf. nie injiziert. Alle anderen Punktionen dienten der Blut-
gewinnung zum Wassermann. Fischer hat in 50 FĂ€llen ohne
SchĂ€digung Salvarsan gegeben, Löwen bĂŒrg machte 13 mal
Bluttransfusionen in den Sinus. Auf Grund der guten Erfolge
hĂ€lt Verf. die Methode fĂŒr die beste zur Blutgewinnung oder
intravenösen Injektion irgendwelcher Medikamente.
K Àck eil (Hamburg).
American Journal of Ophthahnology, Chicago.
Oktober 1921, 4, Nr. 10.
Papillom der Kornea. (J a.r r n g Ii ;i ii. ~\~>-
Atypische kreisförmige Retiniti*. Y a. 11.0 . F. 718.
âChronische Ohorniditi«. A 1 1 p o r t . F. 722.
â Keratitis infolge ZuckerĂŒberernĂ€hrung. M A c 1 «1 s b , 724.
Wiederholte Operationen von Glaukom. Bodd, O. 727.
Wortblindheit. AI per, E. M. 731.
â A Ilgen VerĂ€nderungen bei infantilem Skorbut. B 1 :i k e . E. M. 736.
Chronische Aderhauterkrankung mit Glaskörperverfliissigung
und doppelseitiger Katarakt. In dem beschriebenen Falle be-
stunden die gröĂten Schwierigkeiten fĂŒr die Entfernung der ge-
trĂŒbten Linsen. Die erste, von anderer Seile ausgefĂŒhrte Ope-
ration miĂlang. Die Linse versank im Glaskörper, der zum Teil
auslief. Durch besondere VorsichtsmaĂnahmen gelangen die
weiteren Eingriffe. (Operation im Bett, besondere Lidhalter,
Schlinge, KochsalzeingieĂung. ĂŒ Tage lang kein Verbandwechsel.,
HornhautentzĂŒndung, verursacht durch unmĂ€Ăigen GenuĂ von
Zucker in der Nahrung. Es wird die Kenntnis vorausgesetzt,
daĂ Ausschalten von ZuckergenuĂ Lei Personen mit Keratitis
phlyktenularis gĂŒnstig wirkt. Ein Fall wird berichtet, in dem
EntzĂŒndung des Hornhautparenchyms vorlag (doch keine
PhlyktÀnen). Es handelte sich um ein schlecht ernÀhrtes Kind,
dem /.ucker in unverstÀndiger Weise gewÀhrt wurde keine
Glykosurie!). Heilung nach Aenderung der Nahrung. RĂŒckfall
bei VernachlÀssigung der vorgeschriebenen ErnÀhrungsweise.
AugenverÀnderungen bei Skorbut in der Kindheit. Das all-
gemeine Vorkommen und die Kennzeichen der Krankheit werden
besprochen. Ueber einen Fall wird berichtet, der die Schwierig-
keiten der Diagnose, aber auch der schnellen Besserung bei Inne-
haltung der in Betracht kommenden ErnÀhrungsweise illustriert.
Die Augenerscheinungen bestehen vor allem in plötzlich und
als FrĂŒherscheinung auftretendem Exophthalmus (meist
leichten Grades), bedingt durch Blutung in das lockere Gewebe
der Orbita oder unter ihr Periost. Das Symptom sichert die
FrĂŒhdiagnose. .( u n i u s Bonn'
November 1921, 41, Nr. .41.
âKeratitis diseii'ormis. U a n c , William <;. und M. soi.
âSpĂ€te traumatische Ablösung der Netzhaut. G i f f o r d . II. -so.l.
Tenotoinie und Sehncnlochung zwecks Schieloperation. 8 o M w art z . J're-
deriek O. 806.
âAugiosklerosis der Bettina. C o p p s , L. A. 810.
âAugenliefunde bei Gehirnkraukheiten. Black. Nelson. 819.
Ursachen und VerhĂŒtung der Blindheit. II a r m a n . Bi&hop. ^2-1.
Erscheinungen in der Nachbarschaft hei Hypopbysis-Tunjdr. Elugan,
.1. J. 835.
Transplantation von Augenmuskeln. O'Coiinor, K. S38.
Extraktion des Altersstars. V e a s e y . Ol, A. 846.
Keratitis disciformis. Klinischer Bericht ĂŒber einen-Fall der
seltenen Krankheil. 27jÀhrige Patientin. Verletzung oder In-
fektion Lues, Tuberkulose, Pocken oder Vakzine-BerĂŒhrung war
nicht vorausgegangen. Die Ursache blieb unklar. Subkonjunkti-
vale Injektionen von ZimmtsÀure-PrÀparalen schienen heilsam zu
wirken.
SpĂ€te Ablösung der Netzhaut nach Trauma. VerhĂŒtung und
Wichtigkeit fĂŒr die EntschĂ€digungsfrage. Bifford vertritt den
Standpunkt, daà die jugendlichen, zur Netzhautablösung an sich
nicht disponierten Augen ein oft lange zurĂŒckliegendes Trauina
fĂŒr die SpĂ€tfolge verantwortlich zu machen ist. In Betracht
kommen perforierende Wunden des Augapfels mit und ohne Ver-
bleiben von Fremdkörpern im Auge, auch UnfÀlle, bei denen der
Kopf oder der ganze Körper stark erschĂŒttert wurde. Bei recht-
zeitiger Fahndung nach feineren intraokularen LĂ€sionen findet
man oft unerwartete Blulungs- oder andere Erkrankungsherde in
der Netzhaut, die keine Symptome machen, aber die Grundlage
fĂŒi Netzhautablösung nach Jahren geben können. Verf. fordert
grundsÀtzliche Beachtung dieser Möglichkeit, Behandlung der-
artig gefĂ€hrdeter Augen mit Verwand fĂŒr etwa 1 Woche, Schwitz-
bĂ€dern usw. unmittelbar nach der Verletzung, kurz, sachgemĂ€Ăe
prophylaktische Behandlung und Bewertung im Gutachten.
Angiosklerose der Retina. Die Ursachen sind: Intoxikationen
hoher Blutdruck, Alter. Klinischer Bericht ĂŒber sechs FĂ€lle â
mit Illustrationen. Zusammenfassung der bekannten Erfahrungen
in pathologischer und klinischer Hinsicht. .Mitteilung eigener
Iii fahrungen ĂŒber das interessante, in der deutschen Literatur
bisher selten gewĂŒrdigte Krankheitsbild.
Augenbefunde bei Gehirnerkrankungen. Eine Zusammen-
fassung der bekannten klinischen Symptome mit Stellungnahme
zu ihrer Bedeutung und Bewertung auf Grund eigener Erfahrun-
gen des Verfassers. Der Befund von Stauungspapille im Verein
mit weiteren Hirndrucksymptomen ist dem Verf. eine unbedingte
Indikation zur Vornahme druckentlastender Operationen.
Stauungspapille allein rechtfertigt einen Eingriff nicht. Das
Fehlen von Stauungspapille sollte aber andererseits keine
Gegenanzeige fĂŒr einen operativen Eingriff sein, wenn andere
Hirndruckerscheinungen ihn wĂŒnschenswert erscheinen lassen.
J 11 n i u s Bonn .
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, öeriin W 50
Verlag von F. C. W. VOGEL, Leipzig, Dresdner Sira&e 3 * Berliner GeschÀftsstelle und alleinige
Inseratenannahme: HANS PUSCH, Berlin SW 40, Wilhelm-Strafe 20 / Fernsprecher: LĂŒtzow 9057
Nr. 3
Berlin, den lö. Januar 1922
40. Jahrgang
Oer Verlag behĂ€lt sich das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist vor.
Aus der UniversitÀts-Kinderklinik in Berlin.
MiĂerfolge in der Röntgentiefentherapie der
tuberkulösen Halslymphome und ihre
Vermeidung.
Von P. Karger.
Trotz aller gĂŒnstigen Erfahrungen, die man mit der
Röntgenbestrahlung der tuberkulösen HalslymphdrĂŒsen bei
Kindern gemacht hat, finden sich in den Statistiken wohl
jedes Institutes, das sich mit dieser Behandlung befaĂt, eine
kleinere oder gröĂere Anzahl von FĂ€llen, die trotz der Be-
handlung keine Aenderung in der GröĂe der sichtbaren und
tastbaren Tumoren aufweist.
Wo es in solchen FÀllen nachtrÀglich zur Operation kam,
fand man stark verkĂ€ste oder verkalkte DrĂŒsen, die in ein
auĂerordentlich reichliches Narbengewebe eingebettet und
lest mit ihrer Umgebung verwachsen war. Es ist klar,
daà eine Operation in diesem Gebiete um so gefÀhrlicher sein
muĂ, je mehr Verwachsungen die zur Exstirpation be-
stimmten Organe an die groĂen GefĂ€ĂstĂ€mme des Halses
verlöten. Andererseits wissen wir, daà diese Verwachsungen
durch die Röntgenbestrahlung hervorgerufen bezw. ver-
stÀrkt werden. Aus diesem Grunde kann man fast sagen,
daĂ die Indikation zur Bestrahlung am besten den Verzicht
auf einen nachfolgenden operativen Eingriff ein-
schlieĂen sollte.
Wenn es sich um Kalk oder KĂ€se enthaltende DrĂŒsen
handelt, so ist ihre Strahlenempfindlichkeit so gering, daĂ
von einer Röntgentherapie ein Erfolg nicht zu erwarten ist.
Es muĂ also unser Bestreben sein, solche FĂ€lle von vorn-
herein von der Bestrahlung auszuschlieĂen.
Der Tastbefund gibt uns keinen hinreichenden Anhalt
dafĂŒr, was die DrĂŒse an solchen Einlagerungen enthĂ€lt.
Wenn auch bei weichen DrĂŒsen die Wahrscheinlichkeit einer
Verkalkung sehr gering ist, so ist es doch bei harten Tumoren
nicht gesagt, daĂ sie Kalk enthalten, da auch markig ge-
schwollene DrĂŒsen eine so starke fibröse Kapsel haben
können, daà sie durch ihre HÀrte Kalk vortÀuschen. Da-
durch werden manche lohnenden FĂ€lle von der Bestrahlung
ausgeschlossen, die auch ohne den sonst unvermeidlichen
operativen Eingriff geheilt wÀren.
Wir haben versucht, uns in den FĂ€llen, die nach lang-
dauernder Bestrahlung unverÀndert blieben, mittelst der
Röntgenaufnahme ein Bild von dem Umfange der Kalkein-
lagerungen zu machen. Man erkennt diese stark schatten-
gebenden Kalkflecken schon bei der Schirmdurchleuchtung,
wenn auch nicht in dem Umfange wie auf der Platte.
Die Aufnahmetechnik ist nicht schwierig. Man kann
sich vor dem Schirm ĂŒberzeugen, wie stark man den Kopf
xurĂŒckbiegen muĂ, um die DrĂŒse unter den sie deckenden
Kieferknochen hervortreten zu lassen. Die Aufnahmen wer-
den dann möglichst weich gemacht, wie wir es von Lungen-
aufnahmen gewöhnt sind, nur empfiehlt es sich, die Röhre
schwach zu belasten und lĂ€nger zu belichten. Die DrĂŒse muĂ
der Platte eng anliegen.
Unsere Abbildungen zeigen solche Aufnahmen von ver-
kalkenden oder verkĂ€senden DrĂŒsen in drei verschiedenen
Stadien.
Abbildung 1 stammt von einem unbehandelten Kinde,
dessen DrĂŒsenschwellungen von der Mutter bereits mehrere
.lahre in gleicher GröĂe und HĂ€rte beobachtet wurden. Man
sieht punktförmige Einlagerungen, von denen ich nicht etil
scheiden möchte, ob es sich um Kalk oder KÀse handelt.
Kiefei
"Vâ Dnw inil
Kasel?)-
Einlagerangen.
Abb 1.
In solchen FĂ€llen ist die Indikationsstellung am schwierig-
sten. Wenn wir solche FÀlle bestrahlen, können wir viel-
leicht damit rechnen, daĂ die DrĂŒsen kleiner werden, doch
mĂŒssen wir darauf aufmerksam machen, daĂ ein Ver-
schwinden nicht zu erwarten ist. Vielleicht wÀre die ratio-
nellste Therapie dieser FĂ€lle eine kombinierte, d. h. man lĂ€Ăt
diese voraussichtlich noch nicht oder nur wenig verwachsene
DrĂŒse durch einen chirurgischen Eingriff entfernen, ohne
bei der Operation RĂŒcksicht darauf zu nehmen, was sich in
der Umgebung noch an DrĂŒsen findet, um den Eingriff nicht
^ - Kiefei .
Abb ?.
Zachariae: Tuberkulose
40. Jahrg. â Nr. 3.
unnötig zu verlĂ€ngern und zu erschweren. Dann lĂ€Ăt man
die Gegend bestrahlen, um die dem Messer des Chirurgen ent-
gehenden nichtverkĂ€sten DrĂŒsen unschĂ€dlich zu machen und
eine eventuelle Fistelbildung aus der Operationswunde zu
vermeiden.
Abbildung II stammt von einem Kinde, das auswÀrts
ausgiebig bestrahlt wurde, bei dem aber die Tumoren nicht
nur nicht kleiner wurden, sondern sogar bei jedem Infekt
der oberen Luftwege wieder anschwollen. Ein Blick auf die
Photographie erklĂ€rt beides. Wir sehen vorn DrĂŒsen mit
sehr reichlichen Kalkeinlagerungen, nach hinten zu Pakete
mit geringeren Schatten und ganz hinten diffuse Ver-
schleierungen.
Die vordersten verkalkten DrĂŒsen sind natĂŒrlich nicht
mehr strahlenempfindlich, sie hindern aber die Strahlen er-
heblich am Durchtritt und an der Beeinflussung der direkt
dahinter liegenden DrĂŒsen. Die ganz hinten liegenden nicht
verkalkten DrĂŒsen werden von den Strahlen kaum mehr
getroffen. Diese hintersten sind es, die bei Infekten an-
schwellen und so die vorderen Pakete vordrÀngen, dadurch
die VergröĂerung des Tumors bewirkend. Die verkalkten
DrĂŒsen sprechen selbstverstĂ€ndlich auf Infekte nicht mehr an.
Dieser Fall eignet sich in diesem Stadium also weder
zur Bestrahlung noch zur Operation; denn die Verwach-
sungen mĂŒssen bereits infolge der Bestrahlung sehr reich-
lich sein und die DrĂŒsenpakete reichen so weit in die Tiefe,
daĂ der chirurgische Eingriff ein ganz besonders schwerer
sein muĂ, wenn er auch nur annĂ€hernd die im Röntgenbilde
sichtbaren Pakete entfernen soll.
seheint es mir zweckmĂ€Ăig, durch ein so einfaches Mittel die
Zahl der MiĂerfolge zu verringern, die geeignet sind, das
Röntgenverfahren zu diskreditieren.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch eine Frage kurz
besprechen, nĂ€mlich die GefĂ€hrlichkeit verkĂ€ster DrĂŒsen in
bezug auf die Weiterverschleppung der Tuberkulose. KĂ€se
kann noch Tb-Bazillen enthalten. Eine ausgiebig bestrahlte
DrĂŒse hat aber eine so starke fibröse Kapsel, daĂ diese einen
gewissen AbschluĂ bieten kann. Histologische Untersuchun-
gen haben ergeben, daĂ in solchen DrĂŒsen, die nicht ausgiebu
bestrahlt wurden, noch spezifisch tuberkulöses Gewebe er-
halten war. Die Frage, inwieweit noch virulentes Materia!
in solchen DrĂŒsen vorhanden ist, veranlaĂte uns, eine solche
exstirpierte DrĂŒse gleich nach der Operation zu zerreiben und
von dem Brei je 25 ccxn zwei Meerschweinchen in die Bauch
höhle zu spritzen. Beide Tiere blieben gesund und zeigten
nach drei Monaten bei der Sektion keinerlei tuberkulöse Ver-
Ă€nderungen. Da man heute nur selten Gelegenheit hat, solch
DrĂŒsen operieren zu lassen, so soll diese vereinzelte Beob-
achtung dazu auffordern, in geeigneten FĂ€llen gleiche Ver-
suche zu machen, um so die Frage zu klÀren, ob man durch
ausgiebige Bestrahlung (bei uns 10 Sitzungen zu je 135 F.
bei 3 mm AI-Filter) den NĂ€hrboden der Bazillen so ver-
Ă€ndern kann, daĂ sie zugrunde gehen.
Ganz allgemein ergibt sich auch aus diesen Beobachtun-
gen die Forderung, Lymphome zu bestrahlen, wenn sie noch
frisch sind, da die Aussichten au!' Erfolg mit der Zeit sich
rasch vermindern.
Sdiadel
Drusen
Clavicula.
Abb. i.
Abbildung III stellt einen Zufallsbefuhd dar und zeigt
nicht mehr Einlagerungen von Schatten, sondern die ganzen
DrĂŒsen als kompakte Schatten. Hier scheint es sich wohl
um eine vollkommene Verkalkung zu handeln; auch hier
kommt wegen der groĂen Zahl der DrĂŒsen kein chirurgischer
Eingriff in Frage, obwohl ein groĂer Teil der DrĂŒsen als
kleine Tumoren sichtbar und tastbar war.
Auf Grund unserer Erfahrungen möchte ich empfehlen,
vor der Bestrahlung eines harten HalsdrĂŒsentumors eine
Röntgenplatte anzufertigen, um sich vor unangenehmen MiĂ-
erfolgen zu schĂŒtzen. Ob wir damit alle MiĂerfolge aus der
Welt schaffen, erscheint zweifelhaft, da wir nicht im Voraus
wissen können, ob die RĂŒckbildung der DrĂŒsen auf dem
Wege der Resorption, der Fibrose, der VerkÀsung, Verkal-
kung oder Abscedierung vor sich gehen wird. Immerhin er-
Aus der Poliklinik fĂŒr innere Krankheiten.
Weiland Prof. A 1 b u, Berlin
Ueber Behandlung der Tuberkulose
mit KT B »Vaccine.
Von Dr. med. Georg Zachariae. ehem. Assistenten. Facharzt
fĂŒr innere Krankheilen in Berlin-Lichtenber«.
In der wissenschaftlichen Welt steht in letzter Zeit die
Behandlung der Tuberkulose mit KTB-Vaccine im Mittel
punkt des Interesses. Gegner und Freunde der neuen Be-
handlungsmethode sind in gleicher Weise zu Wort gekom-
men, ohne daĂ es bisher zu einer Entscheidung ĂŒber den Wert
lies Mittels gekommen wÀr\ So wenig ich beabsichtige, in
den Streit der Kliniker und Bakteriologen einzugreifen, sc
glaube ich doch berechtigt zu sein, ĂŒber meine eigenen in
Poliklinik und Praxis gesammelten Erfahrungen kurz zu be-
richten. Ich glaube, daĂ gerade der Praktiker, der ĂŒber ein
nn allgemeinen gleichartiges Material verfĂŒgt, insofern als
seine Patienten in der Regel sich zum gröĂten Teil aus der
arbeitenden Bevölkerung rekrutieren und somit unter wenig
verschiedenen Ă€uĂeren, wie ErnĂ€hrungs- und WohnverhĂ€lt-
nissen leben, zur KlÀrung der Frage nach dem Heilwert der
KTB-Vaccine mancherlei Wertvolles beitragen kann. Gerade
wenn heutigen Tages mit voller Berechtigung auf die Pro-
phylaxe der Krankheiten so groĂer Wert gelegt wird, ist der
Praktiker derjenige, der in der ersten Reihe der KĂ€mpfer
gegen die Volksseuchen steht, und es soll der Zweck dieser
Zeilen sein, die Kollegen zu eigenen Versuchen anzuregen.
Ich erinnere daran, daĂ die Behandlung der Tuberkulose mit
Kochs Tuberkulin erst nach jahrelangen, mĂŒhsamen Erfah-
rungen inbetreff der Indikationsstellung zum Allgemeingut
der Aerzte geworden ist, und so muĂ es auch durch unvorein-
genommenes Arbeiten gelingen, der KTB-Vaccine den ihr ge-
bĂŒhrenden Platz in der Behandlung der Tuberkulose anzu-
weisen.
Wie schon gesagt, will ich in die Streitfragen der Bak-
teriologen ĂŒber die der Vaccine zugrunde liegenden KTB
nicht eingreifen. Mir erscheint als wichtig allein ihre SĂ€ure-
festigkeit, und ich glaube Grund zu haben, mich dahin zu
Ă€uĂern, daĂ wir ĂŒber die biologischen und biochemischen
VerhÀltnisse kleinster Lebewesen noch bei weitem nicht hin-
reichend unterrichtet sind, um ein abschlieĂendes Urteil hin-
10. Jahrg. â Nr. 3.
Zachariae: I ubcrkulose
sichtlich ihrer Verwandtschaft abgeben zu können. Zu
meinen Versuchen habe ich nur die KTB-Vaccine von Dr.
F. Baum benutzt, die von Dr. BĂŒrger auf ihre Reinheit ge-
prĂŒft und von der Friedricb-WilhelmstĂ€dtischen Apotheke,
Berlin NW 6, Luisenstr. l'.». in sterilen Ampullen in den Han-
del gebracht wird. Die Ampullen enthalten etwa 0,3â0,4 ccm.
Auf die Dosierung ist nur geringer Werl zu legen, da sieh das
PrÀparat bisher in meinen FÀllen stets als absolut unschÀd-
lich erwiesen hat. In der Regel genĂŒgen 0,25 bis 0,3 ccm.
Nur bei tuberkulösen Fisteln erscheint eine höhere Dosierung
angezeigt zu sein. Das Mittel wird unter streng aseptischen
Kautelen am besten intraglutaeal eingespritzt. Wesentliche
Schmerzen hereitel die Injektion nicht. Empfindliche Per-
sonen haben manchmal mehrere Tage das GefĂŒhl, als ob sie
an der Impfstelle einen harten Schlag erhalten hÀtten. Es
entsteht nun an der Impfstelle ein hartes, etwa erbsengroĂes
Infiltrat, das in der Zeil von 4 Wochen bis zu einigen Mo-
naten allmÀhlich resorbiert wird. Manchmal kommt es vor,
daà das Infiltrat besonders bei Personen mit stÀrker ent-
wickelten Fettpolstern unter AbszeĂbildung abgestoĂen wird,
doch habe ich nicht den Eindruck gewonnen, daĂ dadurch
der Heilwert der gesetzten Infektion herabgesetzt wĂŒrde.
Der Zweck der Behandlung ist, durch eine fĂŒr den Men-
schen unschÀdliche Infektion mit KTB. die AbwehrkrÀfte des
Organismus so mobil zu machen, daà ihnen die UnschÀd-
lichmachung der menschlichen Tuberkelbazillen und ihrer
Toxine gelingt. Hier setzt nur die Schwierigkeit der Be-
urteilung der fĂŒr die KTB. -Behandlung geeigneten FĂ€lle ein,
und da uns andere spezifische Methoden der Beurteilung der
Durchseuchung des an Tuberkulose erkrankten Organismus
fehlen, so kann uns nur die praktische Erfahrung darin vor-
wÀrts bringen. So wenig auch die KTB. -Vaccine imstande
ist, schwere progrediente FĂ€lle zu heilen, so wenig darf uns
andererseits ihre meines Erachtens absolute UnschÀdlichkeit
abhalten, in noch der therapeutischen Beeinflussung irgend-
wie zugÀnglichen FÀllen einen Versuch mit ihr zu machen.
In der letzten Zeit habe ich durch systematische Blutbild-
untersuchungen den Eindruck gewonnen, daĂ es vielleicht
durch ihre Anstellung gelingen könnte, einen Gradmesser fĂŒr
die therapeutische Beeinflussung der Tuberkulose durch KTB
Vaccine zu finden, doch sind in diesem Punkte meine Er-
fahrungen noch lange nicht ausreichend in anbetracht der
ungemein komplizierten VerhÀltnisse.
Ich lasse eine Uebersicht der von mir mit KTB-Vaccine
behandelten FĂ€lle folgen. Es sind im ganzen 59, deren Impf-
tag mindestens 3 Monate bis zu einem Jahr zurĂŒckliegt. Erb-
liche Belastung lag in 43 FÀllen vor. Bereits in HeilstÀtten
ohne oder mit vorĂŒbergehendem Erfolg behandelt wurden
14 der von mir geimpften Personen. Komplikationen, die
.ich unten nĂ€her schildern werde, lagen fĂŒnfmal vor. Der
Erfolg war bisher in 37 FĂ€llen klinische Heilung, gebessert
wurden 11, unverÀndert blieben 11 FÀlle. Eine Verschlim-
merung trat niemals ein. Stets habe ich als diagnostisches
Hilfsmittel das Röntgenverfahren hinzugezogen. Damit ent-
lallt wohl der von Gegnern der KTB. -Behandlung mit Vor-
liebe gemachte Einwurf, daĂ die sogen, geheilten Spitzen-
katarrhe keine tuberkulösen gewesen seien. Es ist das ein
m. E. ungemein billiger Einwand, es mĂŒĂte aber eigentlich
um unser diagnostisches Können traurig bestellt sein, wenn
wir nicht auch ohne den Röntgenschirm und die Röntgen -
platte tuberkulöse und nicht tuberkulöse VerÀnderungen im
( Jrganismus feststellen .könnten.
Ich gebe nunmehr zunÀchst eine Schilderung einiger ty-
pischer FĂ€lle und des Ergebnisses ihrer Behandlung.
1. K. M., Arbeiter, 21 Jahre alt. Vater an Lungenschwind-
sucht im 42. Lebensjahr gestorben, Mutter gesund, keine Ge-
schwister. FrĂŒher stets schwĂ€chlich gewesen, vor einem Jahre
an Grippe mehrere Wochen krank. Seitdem Mattigkeit, SchwÀche-
gefĂŒhl, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme. Seil 3 Monaten Nacht
schweiĂe, Hustenreiz, etwas schleimiger Auswurf.
Befund: Kleiner Mensch, ErnÀhrungszustand schlecht, feuchte
Hanl, schmaler langer Brustkorb, SchlĂŒsselbeingruben einge
Blinken. DĂ€mpfung ĂŒber beiden Spitzen, rechts oben feiner Ka-
tarrh, links oben leises Atmen mil verlÀngerten Kxpiriuui. Im
Auswurf keine l uhcr kclbazillcn.
Röntgenologisch; lliius bds. verbreitert, beide Spitzen stark
verschleiert, hellen sich bei Husten nicht auf, Zwerchfell fnw be-
weglich. Tbc. pulmonum.
il. VIII. 20.: Intraglutaeal 0,8 KTB-Vaccine.
22. VIII. 20.: IniplUnoten harl erbsengroĂ, reizlos.
7. IX. 20: Allgemeinbeiinden bedeutend gebessert, guter Ap-
petit, ruhiger Schlaf, keine NachtschweiĂe. Zeitweise etwas
Hustenreiz, beim Aulstehen morgens etwas wÀsseriger Auswurf.
Ueber beiden Spitzen kein Katariii mehr, sondern etwas ver-
schÀrftes rauhes Almen.
29. IX. 20: Gewichtszunahme von 5 Pfund, subjektiv keine Be-
schwerden, kein Husten, kein Auswurf. Schall ĂŒber beiden
Spitzen etwas verkĂŒrzt, deutliches Narbenalmen.
9. IV. 21: Bisher gÀnzlich beschwerdefrei. M. hal ununter-
brochen als Metallarbeiter gearbeitet klinische Heilung dauert an.
2. A. L., Kaufmann, 37 Jahre , all. Valer im hohen Aller an
Nierenkrankheit gestorben, Mutter bei der Geburt eines Kindes
gestorben. Ein Bruder ist lungenkrank und deswegen mehrfach
in HeilstĂ€tten behandelt worden, frĂŒher stets gesund, wenn auch
Neigung zu Katarrhen der Luflwege immer bestand, erkrankte er
im Felde schwer an Grippe, wurde entlassen im Jahre 1918 und
nahm sein GeschÀft wieder auf. Seit 5 Monaten stÀndig Husten,
Auswurf, Mattigkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme, Nacht-
schweiĂe.
Befund: MittelgroĂer Mann, im schlechten ErnĂ€hrungs- und
KrĂ€ftezustand. Brustkorb breit, aber sehr flach, SchlĂŒsselbein-
gruben eingesunken, DĂ€mpfung ĂŒber dem rechten Oberlappen und
der linken Spitze. Rechts oben verschÀrftes Atmen mit zahl-
reichen feuchten RasselgerÀuschen, links leises Atmen mit ver-
einzelten feinen katarrhalischen GerÀuschen. Im Auswurf spÀr-
liche Tuberkelbazillen.
Röntgenologisch: Hilus bds. vergröĂert, rechts einige Kalk-
herde, beide Spitzen besonders rechts stark verschleiert, hellen
sich bei Husten nicht auf. Zwerchfell rechts weniger beweglich
als links.
10. I. 21: Intraglutaeal 0,3 KTB-Vaccine.
21. I. 21: Impfknoten hart, mandelkerngroĂ, reizlos.
10. II. 21: Das Allgemeinbefinden ist besser. Es hat sich
ruhiger Schlaf ohne NachtschweiĂe und guter Appetit eingestellt.
Dagegen hat die Menge des Auswurfes zunÀchst etwas zugenom-
men, ist aber wÀsseriger geworden. Ueber beiden Spitzen ver-
schÀrftes Atmen, rechts zahlreiche feuchte RasselgerÀusche, links
kein Katarrh.
23. II. 21: Bei gutem Appetit hat das Körpergewicht um 1 Pfd.
zugenommen. NachtschweiĂe sind nicht wieder aufgetreten. Der
Husten hat sehr abgenommen, nur morgens noch etwas wÀsseriger
Auswurf. Ueber beiden Spitzen verschÀrftes rauhes Atmen, ohne
Katarrh.
16. III. 21. Gewichtszunahme um weitere 2 Pfund, morgens
immer noch elwas wÀsseriger Auswurf. Im Auswurf finden sich
keine Tuberkelbazillen mehr. Physikalischer Befund bds. un-
verÀndert.
2. V. 21: Patient fĂŒhlt sich subjektiv wohl, geht seiner TĂ€tig-
keit wieder nach. Gewicht hal weiter 2 Pfund zugenommen. In
dem mehrfach untersuchten Auswurf fanden sich keine Tuberkel-
bazillen mehr.
Der Verlauf beider FĂ€lle, wie ich ihn im Vorhergehen-
den ausfĂŒhrlich geschildert habe, ist typisch fĂŒr die mit
KTB-Vaccine behandelten FÀlle. In Àhnlicher Weise trat der
Erfolg bei 35 weiteren Patienten ein. '
1. Frau P. N., 23 Jahre, Mann Arbeiter, Eltern gesund, zwei
Geschwister im Alter von 16 und 18 Jahren an Schwindsucht ge-
storben. Seit 6 Monaten zunehmende Mattigkeit, MuskelschwÀche,
Gewichtsabnahme, kein Husten, kein Auswurf.
Befund: Kleine schwÀchliche Frau, ErnÀhrungszustand sehr
mĂ€Ăig, blasse schlaffe Haut und Muskulatur, auffallende Pigmen-
tation an den Druckstellen der Haut, schwacher, schlecht ge-
fĂŒllter Puls, Leber und Milz nicht vergröĂert, Herz o. B., Lun-
gen o. B.
Röntgenologisch: Cor pendulum, Verbreiterung des Hilus,
links einige Kalkherde, linke Spitze getrĂŒbt.
Blutbild: 38 Prozent kleine Lymphosyten, HĂ€moglobin 64
Prozent.
Diagnose: Beginnender Morbus Adisson?
28. III. 21: 0,4 KTB-Vaccine intraglutaeal.
6. IV. 21: Harter mandclkerngroĂer Impfknoten.
20. IV. 21: Allgemeinbefinden gebessert, wieder Lust zur
TĂ€tigkeit. Appetit besser, noch keine Gewichtszunahme.
I
60
Zachariae: Tuberkulose
40. Jahrg. â Nr. 3.
Objektiver Bei'und: unverÀndert.
1 \. 21: Gewichtszunahme um 2 Pfund. Arbeitet wieder
etwas im Haushalt, Appetit und Schlaf gut.
HĂ€moglobin 71 Prozent.
25. \. 21: Patientin fĂŒhlt sieb subjektiv wohl, bat weitere
1 Plund zugenommen. Implknolen voiislÀndig resorbiert. Puls
gut gelullt, gleichmÀbig, regelmÀbig. l igmeiuation unverÀndert.
1. Vlll. 21: Patientin ist 8 \\oenen bei Verwandten auf dem
Laiute gewesen, kommt frisch zurĂŒck, Gewicht hat um weitere
5 Llunu zugenommen. HĂ€moglobin 76 Prozent.
2. Kl., 19 Jahre, Schneiaergeselle. Bruder zu 1. Seil 1 .Mo-
naten stanĂŒig Hustenreiz, geringer zĂ€hflĂŒssiger Auswurf, Ge-
wichtsabnahme, Nachtschweibe.
beiund: Grober schlanker Mensch in recht schlechtem Er-
nÀhrungszustand. Blasse Gesichtsfarbe, leuchte Haut, schlaffe
.Uuskuiatur, brustkoro lang, schmal, wenig gewölbt, Schlussel-
beingruben eingesunken. L eber beiuen Spitzen Scliailverkurzung,
reems mehr als links. Untere Lungengrenzen frei verschieblicli.
Ueber beiden Spitzen VerschÀrftes Atmen mit leinen katarrhali-
schen GerÀuschen. Im Auswurf keine Tuberkelbazillen.
Köntgenoiogisch: Hilus bĂŒs. vergröbert, beide Spitzen ver-
schleiert, bellen sich bei Husten nicht auf. Zwerchfell frei ver-
schieblich.
27. IV. 21: 0,3 KTB Vaccine Inlraglulaeal.
15. V. 21: impfknoten hart, erbsengrob, nicht empfindlich.
Keine Nachtschweine mehr, Husten wenig, Auswurf wÀsserig, hat
an .\ienge etwas zugenommen.
1. Vi. 21: Keine Machtschweilie, kein Husten, kein Auswurf.
Schlaf ruhig. Ueber beiden Spitzen SchallverkĂŒrzung und ver-
schÀrftes Atmen ohne katarrhalische GerÀusche.
17. VI. 21: Subjektiv keine Beschwerden, objektiver Befund
ĂŒber den Lungen unverĂ€ndert. Gewichtszunahme von 5>-> Pfund.
In beiden FĂ€llen ist also auf die Injektion prompt eine
subjektive und objektive Besserung gefolgt. Ich habe im
Mai noch 2 Schwestern der eben Genannten, die im Alter
von 16 und 17 Jahren standen, prophylaktisch mit KTB-
Vaccine behandelt. Beide litten an ausgesprochener Chlo-
rose, ĂŒber den Lungen war bei beiden aulier einer vermehr-
ten Hiluszeichnung im Röntgenbild nichts nachweisbar. Die
Patienten einölten sich ebenialis nach der Injektion in auf-
fallender Weise. Leider ist die Familie nach Polen ver-
zogen, so daĂ ich ĂŒber einen Dauererfolg der eingeleiteten
Benandlung nicht berichten kann.
Ich fĂŒge hieran die bemerkenswerte Krankengeschichte
eines lljĂ€nrigen Jungen als Beispiel fĂŒr die Wirkung der
KTB-Vaccine auf skrofulöse Kinder.
H. F., 11 Jahre alt, Vater Kaufmann, in der Familie sind bis-
her FĂ€lle von Tuberkulose nicht vorgekommen. Als kleines Kind
war der Junge stets gesund, leidet aber seit der Schulzeit hÀufig
an Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit und will trotz guter Pflege
nicht zunehmen. Er war auf Àrztlichem Rat vor einem Jahre
lÀngere Zeit auf dem Lande in Pflege, da eine Röntgenaufnahme
das Vorhandensein einer ausgesprochenen Hilus-Tuberkulose er-
wiesen hatte. Die Beschwerden sind aber nur vorĂŒbergehend,
besser geworden und haben sich im Laufe der letzten 4 Monate
in verstĂ€rktem MaĂe wieder eingestellt.
Befund: 11 Jahre aller kleiner, schlechternÀhrter Junge mit
blasser Hautfarbe, schlaffer Haut und Muskulatur. Am Hals
zahlreiche erbsengroĂe harte DrĂŒsen, ebenso in der Leisten-
gegend. Ueber beiden Lungen keine SchallverkĂŒrzung, nur ĂŒber
der rechten Spitze verschÀrftes rauhes Atmen.
Röntgenologisch: Hilus bds. vermehrt, rechts einige Kalk-
herde und zur Spitze ziehende StrÀnge.
3. V. 21: 0,2 KTB- Vaccine Intraglutaeal.
10. V. 21: Impfknoten hart, erbsengroĂ, nicht empfindlich.
7. VI. 21: Gewichtszunahme von 5 Pfund. Haut gespannt,
Gesichtsfarbe gerötet, Bewegung rasch. Die Mutter erzĂ€hlt, daĂ
der Junge etwa 14 Tage nach der Injektion angefangen habe, un-
gestört zu schlafen und gut zu essen. Er klage jetzt zeitweise
direkt ĂŒber HeiĂhunger.
28. VII. 21: Weitere Gewichtszunahme von 3 Pfund, keine Be-
schwerden, objektiv keine Besonderheiten.
In diesem Falle hat die Injektion eine sofortige Umstim-
mung im Organismus bewirkt. Der Erfolg war direkt in die
Augen springend. In gleicher Weise habe ich noch bei fĂŒnf
anderen Kindern eine Besserung und Heilung eintreten sehen.
leb berichte jetzt noch ĂŒber einige FĂ€lle, in denen be-
merkenswerte Komplikationen der Tuberkulose vorlagen.
Frau E. E., 27 Jahre alt, Mann Arbeiter. In der Familie bis-
her keine FĂ€lle von Tuberkulose. Erkrankte vor etwa 4 Wochen
an RippenfellentzĂŒndung und wurde mir von dem behandelnden
Arzt zur weiteren Behandlung ĂŒberwiesen.
Befund: Kleine Frau in leidlichem ErnÀhrungs- und KrÀfte-
zustand. Sitzt im Bett, klagt ĂŒber heftige Schmerzen in der
rechten Brustseite, Kurzatmigkeit, etwas Auswurf. Temperatur
38,6. Ueber der ganzen rechten Lunge hinten bis zur Höhe d.
spina scap. absolute DĂ€mpfung, Stimmfremitus aufgehoben,
AtmungsgerÀusch bronchial fast unhörbar. Ueber beiden Spitzen
SchallverkĂŒrzung, rechts bronchiales Atmen, links vereinzelte
knackende GerÀusche, Herz nach links verdrÀngt.
Röntgenologisch: Im rechten Brustfellraum bis zur Höhe der
dritten Kippe, vorn Exsudatschalten. Linke Spitze etwas ver-
schleiert.
Exsudat: serös, enthĂ€lt ĂŒberwiegend Lymphozyten.
28. III. 21: 0,4 KTB Vaccine Intraglutaeal.
15. IV. 21: Die Atemnot ist verschwunden. Patientin bat jclzl
elwas Auswurf. Kein Fieber mehr. Objektiv nur noch etwas
verkĂŒrzter Schall ĂŒber der rechten Lunge. Exsudat nicht mein
nachweisbar. Ueber beiden Spitzen Befund unverÀndert.
27. IV. 21: Kein Auswurf mehr, auĂer allgemeiner SchwĂ€che
keinerlei subjektive Beschwerden. Nur noch SchailverkĂŒrzung
ĂŒber den Spitzen mit verlĂ€ngertem und elwas verschĂ€rftem At-
mungsgerÀusch. Exsudat nicht nachweisbar. Rechte untere Lun-
gengrenzen schlechter verschieblich als links.
IG. V. 21: Subjektiv keine Beschwerden. Patientin hat sich
inzwischen gut erholt, kein Husten, kein Auswurf, keine Nacht-
schweiĂe. Objektiver Befund: unverĂ€ndert.
Hier hat die Injektion der KTB-Vaccine eine ĂŒberaus
schnelle Resorption eines Exsudates zur Folge gehabt. Ich
war selbst höenstiieh ĂŒberrascht, als bereits nach 14 Tagen
das Exsudat verschwunden war. Eine röntgenologische Nach-
prĂŒfung hat aber dieses Ereignis bestĂ€tigt. In zwei anderen
Fallen von RippenfellentzĂŒndung habe ich dann wiederum
die KTB-Vaccine injiziert mit dem Erfolge, daĂ in dem einen
Fall nach 4, im anderen nach -i'A Wochen das Exsudat voll-
stÀndig verschwunden war, ohne daà andere Mittel als Mor-
phium usw. zur Behebung subjektiver Beschwerden in An-
wendung gekommen wÀren. Auch hat sich in allen FÀllen
bis heute irgend eine Folgekrankheit der RippenfellentzĂŒn-
dung nicht eingestellt.
Besonders erwÀhnenswert erscheint mir der Erfolg der
KTB -Behandlung in einem von mir behandelten Fall von
tuberkulösen Fisteln. Es handelte sich um einen 36 Jahre
alten Maurer, der seit 10 Jahren etwa wegen tuberkulöser
Fisteln in Àrztlicher Behandlung stand und an dem bisher
chirurgische und Strahlenbehandlung ohne Erfolg angewen-
det waren.
11. Z., Maurer, 36 Jahre alt. Iii der Familie keine Tuber-
kulose. Erkrankte vor etwa 10 Jahren zunÀchst an Lungen-
spitzenkatarrh, dann an DrĂŒsenschwellung am Hals. Steht seit-
dem dauernd in Behandlung.
Befund: GroĂer, sehr blasser Mann, in schlechtem ErnĂ€h-
rungs- und KrĂ€flezustand, SchlĂŒsselbeingruben eingesunken, an
der rechten Halsseite in der oberen SchlĂŒsselbeingrube drei nadel-
öhrgroĂe Fistelöffnungen mit stark geröteter Umgebung.' Aus
den Oeffnungen quillt auf leichten Druck dicker rahmiger Eiter
hervor. Brustkorb lang, schmal, wenig gewölbt, ĂŒber beiden
Spitzen DÀmpfung und rauhes verschÀrftes Atmen mit vereinzel-
ten feuchten RasselgerÀuschen, besonders rechts.
Röntgenologisch: bedeutend vermehrte Hiluszeichnung, Ver-
stattung beider Spitzen, rechtes Zwerchfell weniger beweglich
als links. âą
3. III.: 0,4 KTB-Vaccine Intraglutaeal. In jede Fistelöffnung
werden 2 â 3 Tropfen KTB-Vaccine injiziert.
15. III.: Stark vermehrte Eitersekrelion aus den Fistelöff-
nungen. Ueber den Spitzen keine katarrhalischen GerÀusche
mehr.
24. III.: Die Sekretion aus den Fistelöffnungen ist wÀsseriger
geworden, hat aber an Menge noch zugenommen.
1. IV.: Die Sekretion hat an Menge abgenommen, doch schlie-
Ăen sich die Fisteln nicht, der allgemeine KrĂ€ftezustand ist besser
geworden.
28. IV.: Sekretion unverÀndert. Ueber beiden Spitzen kein
Katarrh mehr. Kein Husten, kein Auswurf.
15. V.: Befund unverÀndert
40. Jahrg. â Nr. 3.
Drexel: Tuberkulose im Kindcsallcr
2. VI.: Da die Sekretion unverÀndert Fortbesteht, werden in
die Fistelöffnungen nochmals je 3 Tropfen KTB-Vacine injiziert.
8. VI.: Sehr starke dickeitrige Sekretion .ins den Fisteln.
16, IV.: Die Sekretion isi fas1 rein serös geworden und ha1
an Menge bedeutend nachgelassen.
11. VIT.: Die beiden unteren Fistelöffnungen haben sich ge-
schlossen, wÀhrend aus der oberen auf Druck noch einige Tropfen
seröser FlĂŒssigkeil entleert werden. Das subjektive Befinden
des Patienten hat sieh bedeutend gebessert. Das Gewicht hat um
3 Pfund zugenommen.- Ueber den Lungen Befund unverÀndert.
2. VIII.: Aueh die letzte Fistel hat sieh geschlossen. Son:
Befund unverÀndert.
Im AnschluĂ an die EinzelĂŒbersicht gebe ich noch einige
Bemerkungen, die mir fĂŒr die Beurteilung der Erfolge wich-
tig erseheinen. Auffallend ist zunÀchst, daà meistens die
NachtschweiĂe als ausgesprochen toxisches Symptom zuerst
schwinden und Gewichtsstillstand eintritt. Dann macht sich
ein gesteigertes NahrungsbedĂŒrfnis geltend, das sich beson-
ders bei Kindern zu HeiĂhunger steigert. Ganz allmĂ€hlich
Irilt eine Abnahme des Auswurfs quantitativ ein, der qua-
litativ einen mehr serösen Charakter annimmt, oft nach vor-
heriger Zunahme der Menge. Mit dem Schwinden der Symp-
tome der aktiven Tuberkulose steigert sich das Lebens- und
GesundungsgefĂŒhl oft in ĂŒberraschender Weise. Ich habe
wenigstens in den ersten 2 â 3 Wochen nach Möglichkeit jede
andere symptomatische Behandlung vermieden, um die Ein-
sicht in den Erfolg der KTB-Vaccine nicht zu trĂŒben, ins-
besondere habe ich von der Verordnung von StÀrkungs-
mitteln abgesehen. Die behandelten Personen entstammen
zum gröĂten Teil der arbeitenden Bevölkerung. Ihre soziale
Lage schlieĂt eine das BedĂŒrfnis des Organismus ĂŒberschrei-
tende ErnÀhrung aus, so daà die reichliche ErnÀhrung als
Heilfaktor der Tuberkulose in meinen FĂ€llen nicht gelten
kann. Ja, den meisten verbot die Sorge um Auskommen und
Erhaltung der Stellung ein Aussetzen der Arbeit. ErwÀh-
nenswert ist aber, daĂ von einzelnen, durch die Wohnungsnot
herbeigefĂŒhrten krassen FĂ€llen abgesehen, im allgemeinen
die Wohnungsve'rhÀltnisse im Berliner Osten keine schlechten
sind, jedenfalls besser als die, die ich wÀhrend meiner
Assistentenzeit in Göttingen und in seiner reichen Umgebung
gefunden habe.
Ich bin mir in strenger Selbstkritik bewuĂt, daĂ die seit
der Impfung der meisten hier aufgefĂŒhrten FĂ€lle verflossene
Zeit zu einem abschlieĂenden Urteil nicht ausreicht. Sehen
wir doch tÀglich auch ohne spezifische Behandlung spontane
Remissionen im Verlaufe einer tuberkulösen Erkrankimg.
Somit kann ich nur ĂŒber Anfangserfolge berichten. Diese
aber sind oft so in die Augen fallend, daĂ ich im Interesse
meiner Kranken die Behandlung mit KTB-Vaccine fortsetzen
zu mĂŒssen glaube. Ich habe jetzt die Erfahrung gemacht,
daĂ wohl die KTB-Vaccine keine Panacee ist, wie sie es ja
auch entsprechend ihren Eigenschaften nicht sein kann, und
daĂ sich diejenigen Personen am besten zur Behandlung
eignen, bei denen die toxischen Symptome vor der Behand-
lung trotz relativ ausgedehnterem Befund am wenigsten aus-
geprÀgt waren. In dieser Richtung wird am ehesten eine
Umgrenzung der fĂŒr die Behandlung geeigneten FĂ€lle mög-
lich sein. Mit allem Vorbehalt möchte ich mein Urteil ĂŒber
die KTB-Vaccine dahin zusammenfassen, daĂ ich ihre Ver-
wendung in der Behandlung der Tuberkulose fĂŒr angezeigt
halte.
Aus der KinderheilstÀtle Hohenlychen.
Ueber die Behandlung der Tuberkulose
im Kindesalter nach âDeycke-Much".
Von Eipmi Drexel, med. prakt.
Deycke-Much fĂŒhren den Kampf gegen die Tuberkulose
vom fein biologischen Standpunkt aus. Ihr ganzes Be-
st leben geht dabei darauf hinaus, durch die Summe der
im Tuberkelbazillus enthaltenen Antigene die Summe der
Antikörper zu erzeugen. Anzustreben ist gröĂtmöglichste
Anlikörpercnlw ieklung; geeignet zu diesem Zweck ist abge
sehen von der Liegekur, ErnÀhrung, Röntgeil und Sonne eine
spezifische Km- mit den Partigenen
Es wurden deshalb zur Behandlung der Kinder tuber-
kulöse die Partigene gewÀhlt, und zwar (las einfachere Vei
fahren mit M. Tb. R. Falsch wÀre es anzunehmen, daà dies
auf nichts anderes als auf eine Tuberkulin-Behandlung etwa
mit T. R. Koch hinauslaufe. Denn abgesehen von der viel
weiter gehenden AufschlieĂung in M. Tb. R., die in der alles
ĂŒbertreffenden biologischen AklivitĂ€t ihren Ausdruck findet,
â diese erweist sich bei. Vergleichen 100 â 10 000 mal stĂ€rker
als T. R. Koch â besteht auch prinzipiell ein groĂer Unter
schied. WĂ€hrend nĂ€mlich T. R. fĂŒr den Körper nicht ohne
weiteres im antigenen Sinne verwendbar ist, liegen im M. Tb.
R. die gebrauchsfertigen Antigenen A, F und N isoliert, in
einem, dem Bazillenleib entsprechenden GewichtsverhÀllnis
nebeneinander. Bei der Behandlung mit den getrennten
Partigenen stehen sich A, F und N nur in etwas verÀnderten
GewichtsverhĂ€ltnissen gegenĂŒber, so daĂ also zwischen der
M. Tb. R. und T. R. -Behandlung ein prinzipieller, zwischen
der M. Tb. R. und A, F und N. -Behandlung hingegen nur
ein Dosierungsunterschied besteht.
Den weiteren AusfĂŒhrungen liegen die bei mehr als
100 Intrakutanreaktionen und an 39 behandelten FĂ€llen ge-
sammelten Erfahrungen zu Grunde.
Die Technik weist gegenĂŒber der bei Erwachsenen zu
beobachtenden kaum Abweichungen auf. Die Spritzkur
richtet sich nach dem Ausfall des Intrakutantiters, der ent-
scheidet, mit welcher Konzentration begonnen werden muĂ,
und ob ĂŒberhaupt begonnen werden darf. Die Injektionen
werden tÀglich vorgenommen und zwar in der Art, daà man
einschleichend von den schwÀchsten Konzentrationen all-
mÀhlich bis zur stÀrksten ansteigt. Besonders zu betonen
ist die Einfachheit der Handhabung; es ist möglich, die
Technik in kĂŒrzester Zeit so zu beherrschen, daĂ von einem
komplizierten Arbeiten nicht die Rede sein kann. Der Ein-
wand einer gewissen Schmerzhaftigkeit â besonders bei
Kindern eine QuĂ€lerei â wird durch die Erfahrung voll-
kommen widerlegt. Bei mehr als 100 Inlrakutanreaktionen
kam es vielleicht 2 â 3 mal vor, daĂ die Kleinsten (5 jĂ€hrige)
sich anfangs ein wenig ungeneigt zeigten, bald aber dem
kleinen Eingriff sich willig unterzogen. Voraussetzung ist
natĂŒrlich, daĂ der behandelnde Arzt sich in ein gutes Ver-
hĂ€ltnis zu den Kindern zu setzen weiĂ, und daĂ er es ver-
steht, durch wenige Scherzworte eine gewisse Ablenkung
herbeizufĂŒhren. Die Spritzkur selbst ist mit ihren tĂ€glich
einmaligen Injektionen so harmlos, daĂ Schwierigkeiten von
seiten der kleinen Patienten nicht zu erwarten sind.
Verschiedene Beobachtungen lieĂen eine Modifikation
der Intrakutanreaktion in folgendem Sinne angebracht er-
scheinen: WĂ€hrend bei Kindern ĂŒber 13 Jahre wie bei Er-
wachsenen verfahren, d. h. je 0.1 cem der verschiedenen
Konzentrationen eingespritzt wurde, kamen unterhalb dieser
Altersgrenze nur 0,075, bei besonders schwÀchlichen Kindern
fĂŒr die beiden letzten (stĂ€rksten) Konzentralionen sogar nur
0,05 cem zur Anwendung. Der Gewinn war dadurch ein
zweifacher: einerseits wurden lokale Störungen in Form
entzĂŒndlicher Stichreaktion vermieden, andererseits zeigten
die schwĂ€cheren VerdĂŒnnungen mit 0,1 cem unvermindert
ihren feinen Ausschlag. Die beiden stÀrksten Konzentra-
tionen einfach wegzulassen empfahl sich schon aus dem
Grunde nicht, weil ja gerade sie oft den einzigen Ausschlag
geben und dadurch das Bild bestimmen. Beim Ablesen des
Intrakutantiters konnte oft ein voneinander sehr abweichen-
der Verlauf der einzelnen Reaktionen beobachtet werden,
d. h. individuelle Reaktion sowohl in bezug auf Konzentra-
tion als auch auf IntensitÀt. Auch war z. B. am 4. Tage
nicht immer die höchste ReaktivitÀt schon erreicht, ferner
ergeben bei ein und demselben Individuum wiederholt ange-
stellte Intrakutanreaktionen Schwankungen des Ausschlages
im Sinne der AltstÀdtschen ImmunitÀtskurve.
Bei der Spritzkur wurde von der VerdĂŒnnung 1 : 100
Millionen ab die Dosis der tÀglichen Injektionen insofern
Petenyi: Diagnostik des Kindesalters
40. Jahrg. â Nr. 3.
geÀndert, als je nach Fall Einschiebungen gemacht wurden,
so daĂ sich folgendes Schema ergab:
0,1 ccm 0,15 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7
oder etwa: 0,1 ccm 0,15 0,2 0,3 0,5 0,6 0,75
WĂ€hrend der Injektionsperiode eintretende Temperatur-
steigerungen lassen sich dadurch unterdrĂŒcken, daĂ man auf
die vor dem Temperaturanstieg gegebene Dosis zurĂŒckgeht
und solange auf dieser stehen bleibt, bis die Temperatur
wieder abgefallen ist, worauf man dann allmÀhlich von
neuem ansteigt.
Allgemein- und Herdreaktionen wurden nicht bemerkt,
dagegen unterliegen bei den beiden letzten Injektionen mit
0,1 ccm bei Hochreaktiven leicht entzĂŒndliche Reaktionen,
die unter feuchtem Verband jedoch schnell zurĂŒckgingen.
WĂ€hrend der Injektionsperiode war das Allgemeinbefinden
niemals verÀndert und irgendwelche klinische Nebenerschei-
nungen, im besonderen die gefĂŒrchteten Herdreaktionen
kamen niemals zur Beobachtung.
Von den 39 behandelten FÀllen gehörten 20 der offenen
Lungen-Tbc. an â 15 mit gĂŒnstiger, 5 mit ungĂŒnstiger Prog-
nose â bei den 19 ĂŒbrigen handelte es sich 11 mal um be-
ginnende Katarrhe der Lungenspitze und des Unterlappens,
4 mal um tuberkulöse HalsdrĂŒsen, 4 mal um aktive Bron -
chial-DrĂŒsen-Tuberkulose. Die beginnenden Katarrhe win -
den mit einer einzigen Ausnahme z. T. auĂerordentlich
gĂŒnstig, z. T. recht betrĂ€chtlich beeinfluĂt, die DrĂŒsen blieben
so gut wie unbeeinfluĂt, wĂ€hrend die aktive Bronchial-
drĂŒsen-Tuberkulose in allen 4 FĂ€llen ausgesprochene Nei-
gung zum Ausheilen zeigte.
Von völliger Heilung kann bei strenger Kritik bis
jetzt deswegen nicht gesprochen werden, weil die Zeit der
Beobachtung noch zu kurz ist; jedoch wurde in den meisten
FĂ€llen das erreicht, was Sahli als Kompensation der Tuber-
kulose bezeichnet; in anderen FĂ€llen wenigstens eine sicht-
bare Verlangsamung des an und fĂŒr sich fortschreitenden
Prozesses. UnbeeinfluĂte FĂ€lle zeigten schon seit der Auf-
nahme eine so ausgesprochene Neigung zum Fortschreiten,
daĂ ein Versagen der angewandten Therapie schon im vor-
aus als wahrscheinlich angenommen werden muĂte.
Zusammenfassend kann gestĂŒtzt auf klinisch streng kon-
trollierte FĂ€lle gesagt werden, daĂ auĂer der Besserung des
lokalen Befundes eine Beeinflussung der Temperaturkurven
und des Auswurfs sowie des Allgemeinbefindens oft sinn-
fÀllig zu Tage traten.
Als erstes Zeichen einer Einwirkung des Antigens konnte
meist nach vorĂŒbergehender geringer Erhöhung des schon
bestehenden Fiebers eine Herabsetzung desselben beobachtet
werden. Gelang es auch nicht immer, das Fieber sofort zu
beseitigen, so zeigte die Fieberkurve der erfolgreich behan-
delten FĂ€lle teils einen milderen Verlauf, teils eine baldige
Entfieberung.
Einen weiteren charakteristischen Befund bot die Ver-
Ă€nderung des Sputums sowohl inbezug auf Verminderung
der Menge, als auch auf das Schwinden der Bazillen, wobei
besonders interessant das langsame Abnehmen der letzteren
war. Das Allgemeinbefinden hob sich oft nach kurzer Zeit,
Körpergewicht und Appetit nahmen zu, NachtschweiĂe ver-
schwanden ohne weiteres.
Durch die wiederholt ausgefĂŒhrte Intrakutanreaktion
drĂŒckte sich eine wesentliche Besserung oft schon nach der
ersten In jektionsperiode durch den gesteigerten Intrakutan-
ster aus. VorĂŒbergehende Temperatursteigerung ist kein
Grund zur Einstellung der Injektionen. Sogar betrÀchtlich
hohes Fieber braucht von der aktiven Immunisierung nicht
abzuschrecken, da durch die Methode der tÀglichen Spritzen
ein langsames Einschleichen gewÀhrleistet ist.
Besonders zu betonen ist das Fehlen jeglicher SchÀ-
digungen und schon aus diesem Grunde dĂŒrfte dem Ver-
fahren eine weitgehende Verbreitung beschieden sein und
einer EinfĂŒhrung sowohl in Kinderkliniken als auch in die
Praxis nichts im Wege stehen.
Als kĂŒnstliche aktive Immunisierung will die spezifische
Therapie nach Deycke-Much niemals die allgemein hygie-
nisch-diÀtetische verdrÀngen, als solche kann sie immer nur
eine energische UnterstĂŒtzung des Organismus gegen den
eingedrungenen Krankheitserreger sein.
(Aus der Kinderklinik der ungarischen Elisabeth-UniversitÀt
derzeit in Budapest im WeiĂen Kreuz-Kinderspital. [Direktor:
Prof. Dr. P. Heim.])
BeitrÀge zu einer systematischen Diagnostik
des Kindesalters.
Von Dr. Geza Petenyi.
II. Mitteilung.
Ueber das Zustandekommen der Herzverkleinerung
bei der Intoxikation.
Im Jahre 1914 hat C z e r n y die Symptomatologie der
Intoxikation mit einem interessanten Beitrag bereichert. Er
hat beobachtet, daĂ das Herz sich in jenen schweren FĂ€llen,
wo die Herztöne immer dumpfer werden, bis zuletzt nur
mehr ein Ton hörbar ist, auffallend verkleinert. Die Ver-
kleinerung ist so hochgradig, daĂ es zu ihrer Feststellung
keiner weiteren genaueren MeĂmethode bedarf, sie ist bei der
Durchleuchtung sofort zweifellos konstatierbar. Die Ursache
dieser Herzverkleinerung suchte C z e r n y zuerst in einer
besonderen Erregbarkeit des Blutzirkulationssystems ein-
zelner Kinder. Es lieĂe sich denken, daĂ das Blut infolge
des groĂen Wasserverlustes eindickt und seine Gesamtmenge
sich vermindert, so daĂ die FĂŒllung des Herzens mangelhaft
wird. Die Bluteindickung ist in diesen FĂ€llen wohl vor-
handen, aber nicht erwiesen, daĂ sie einen solchen Grad er-
reichen könnte, um eine mangelhafte FĂŒllung des Herzens
zu verursachen. C z e r n y schlieĂt ferner als mögliche Ur-
sachen die Funktionsstörung des Diaphragma (weil die Er-
scheinung ohne Atemstörung zustande kommt), die patho-
logische Verteilung des Blutes und den abnormen Kontrak-
tionszustand der Herzmuskulatur infolge toxischen Ein-
flusses aus. SpÀter kommt er auf diese Frage nochmals zu-
rĂŒck, um nach neuen Beobachtungen zu einer anderen Stel-
lungsnahme zu gelangen. Mit Kleinschmidt zusammen
beschreiben sie zwei FĂ€lle, in welchen Herzverkleinerung
aufgetreten war, bei denen es gelang, die Kinder am Leben
zu erhalten. Bei diesen wurde die HerzverÀnderung wÀh-
rend und nach der Krankheit mit Röntgenaufnahmen ver-
folgt. Auf diese Art wurde beobachtet, daĂ das Zwerchfell
in beiden FÀllen wÀhrend der Zeit der Herzverkleinerung zu
tief, in der Höhe der 9. und 10. Rippe stand. Bei der Ge-
nesung erreichte das Herz wieder seine normale GröĂe, und
dies ging parallel dem Höhertreten des Zwerchfells bis zur
7. und 8. Rippe. Das Zwerchfell spielt in der Aufrecht-
erhaltung der normalen Zirkulation eine wichtige Rolle
(Duchenne, Keith, Wenckebach). Zwei wichtige
Punkte sind hierbei zu beobachten: erstens, beim Einatmen
geht das Zwerchfell herunter, vergröĂert den Brustraum, be-
wirkt eine Saugwirkung auf das in den groĂen Venen
befindliche Blut. Das hat das inspiratorische Zusammen-
fallen der Venen zur Folge. Zweitens, beim Heruntergehen
des Zwerchfells wird der Bauchraum zusammengedrĂŒckt,
der Intraabdominaldruck steigt, und so wird das Blut aus
den Bauchorganen und in erster Linie aus der Leber her-
ausgepreĂt. Czerny und Kleinschmidt sagen auch:
âFassen wir das Zwerchfell als einen Muskel auf, der fĂŒr
die Zirkulation eine wichtige Saugarbeit zu leisten und
ĂŒberdies fĂŒr die Entleerung des Blutes aus der Leber in die
Vena cava zu sorgen hat, so erscheint es schlieĂlich sehr
plausibel, daĂ die geringe FĂŒllung des Herzens ihre Ursache
in einer Behinderung der genannten Funktionen des Zwerch-
fells hat." Der« abnorm hohe oder tiefe Stand des Zwerch-
fells kann auch der Ausgangspunkt von Zirkulationsstörun-
gen sein. Wenckebach hat zuerst darauf hingewiesen.
40. Jahrg. â Nr. 3.
Sternberg: Muskel-Meehanik
68
daà der Tiefstand des Zwerchfells zu Zirkulationsstörungen
fĂŒhren kann. Bei Enteroptosis hat er sie beobachtet, wobei
auĂerdem allgemeine körperliche SchwĂ€che und nervöse Be-
schwerden vorhanden waren. Die Symptome der Zirkula-
tionsstörung waren: arterielle AnÀmie, kleiner leerer Puls,
BlÀsse, Schwindel; Flimmern, akute zerebrale AnÀmie mit
OhnmachtsanfĂ€llen, kĂŒhle ExtremitĂ€ten. Bei der Röntgen-
durchleuchtung konnte er beobachten, daĂ âdas Herz in nor-
malen Verhaltnissen mit breitem Schatten dem Diaphragma
aufliegt, hier als langes schmales Organ tief herunterhÀngt,
hat es seine Unterlage verloren". Wenckebach hat aus
dem Tiefstand des Zwerchfells einfach mechanisch die Ver-
lÀngerung und scheinbare Verkleinerung des Herzens er-
klÀ it. Die von Czerny und Kleinschmidt gegebene
ErklÀrung bei Toxikosen ist nicht so einfach. Nach ihnen
kommt infolge des Funktionsausfalles des Zwerchfelles eine
Zirkulationsstörung mit konsekutiver abnormer Blutvertei-
lung, schlechter FĂŒllung imd Verkleinerung des Herzens zu-
stande.
Der Tiefstand des Zwerchfells erschwert die Zirkulation
jedenfalls. Nach unseren Beobachtungen bei Toxikosen kon-
trahiert sich aber das Zwerchfell auch bei betrÀchtlichem
Tiefstand noch genĂŒgend. Wir haben toxische SĂ€uglinge
von diesem Standpmikte aus untersucht und gefunden, daĂ
das Zwerchfell beim Einatmen in einzelnen FĂ€llen mehr, in
einzelnen weniger, aber bestimmt herunterging.
Die Bewegungen des Zwerchfells weisen auch bei ge-
sunden SĂ€uglingen manche Abweichungen gegenĂŒber den
Erwachsenen auf, und die Bewegungen sind an sich kleiner,
so daĂ die Beurteilung derselben oft nicht leicht ist; im all-
gemeinen aber haben wir keine wesentliche VerÀnderung in
der Kontraktion des Zwerchfells im VerhÀltnis zu gesunden
SĂ€uglingen gefunden. Wir haben viele FĂ€lle untersucht und
das Tiefergehen des Zwerchfells immer bestimmt konstatiert.
(Den Körper des Kindes haben wir fixiert â am sichersten
geschieht es bei sitzender Stellung â , um einer Bewegung
des Körpers nach auf- oder abwÀrts vorbeugen zu können;
wÀhrend der Durchleuchtung haben wir den Bogen des
Zwerchfells mit einem Dermograph auf den Schirm aufge-
zeichnet, um das Heruntergehen des Zwerchfells sicher be-
obachten zu können; letzteres ist notwendig, weil beim Ein-
atmen auch ein sich nicht bewegendes Zwerchfell infolge
der SeitwÀrts- und AufwÀrtsbewegungen der Rippen her-
unterzugehen scheinen kann.) Der Befund, daĂ selbst bei
schweren FĂ€llen die Kontraktion des Zwerchfells immer
feststellbar ist, spricht dafĂŒr, daĂ die Funktionsstörung des
Zwerchfells erst in zweiter Linie in Betracht kommt; das
Zwerchfell kontrahiert sich, nur der Effekt kann infolge des
Tiefstandes nicht ausreichend sein. Die Frage ist, wie der
Tiefstand des Zwerchfells zustande kommt. Die Verminde-
rung des Intraabdominaldruckes, an die man zuerst denken
könnte, ist auch nach Czerny kein konstantes Begleit-
symptom.
Der entscheidende Faktor ist hier, nach unserer Mei-
nung, die VerÀnderung des Atemtypus. In unseren FÀllen
war entweder die von Czerny beschriebene âgroĂe
Atmung" oder die weniger ausgeprÀgten Formen derselben
zu sehen, jedenfalls war die Atmung immer forciert
âtoxisch".
Seit den Untersuchungen D u r i g und Hof hauer's
ist es bekannt, daĂ die forcierte Atmung, auch wenn sie nur
kĂŒrzere Zeit dauert, immer zu einem akuten Volumen pul-
monum auetum fĂŒhrt, in Verbindung mit einem Tiefergehen
des Zwerchfells. Dementsprechend muĂ bei Toxikosen, bei
denen lĂ€ngere Zeit eine forcierte oder typische groĂe Atmung
vorhanden ist, eine akute LungenblÀhung und Tiefstand des
Zwerchfells erfolgen. Darauf weisen die klinischen Unter-
suchungen F. Bauers hin, der bei alimentÀrer Intoxikation
eine hochgradige mit Perkussion feststellbare LungenblÀhung
nachweisen konnte. Beweisend sind in dieser Hinsicht die
Untersuchungen A. E ckstein's und E. Romingers,
die bei spirometrischen Versuchen bei der alimentÀren In-
toxikation eine auĂerordentliche Steigerung des Atem-
volumens gefunden haben, das in einzelnen FĂ€llen das Dop
pelle des Ateinvoluinens gesunder gleichaltriger Kinder er-
reichte. Der primÀre Vorgang ist nie akute LungenblÀhung
infolge der forcierten (toxischen) Atmung, dies fĂŒhrt zum
Tiefstand des Zwerchfells, welcher extreme Grade erreichen
kann, wenn die Verminderung des Intraabdominaldruckes
hinzukommt. Folge des Tiefstandes des Zwerchfells ist, daĂ
das Herz, weil der Boden tiefer steht, sich verlÀngert, ver-
schmÀlert, scheinbar verkleinert. In der ersten Zeit handelt
es sich sicher nur um eine scheinbare Verkleinerung, spÀter,
venn sich bedeutende Zirkulationsstörung und pathologi-
sche Blutverteilung entwickelt, ist es wahrscheinlich, daĂ in-
folge der mangelhaften FĂŒllung auch eine wirkliche Ver-
kleinerung zustande kommt.
Zusammenfassung.
Bei der Intoxikation bildet die verÀnderte forcierte
(toxische) Atmung den Ausgangspunkt zur Herzverkleine-
rung. Infolge der forcierten Atmung entwickelt sich ein Vo-
lumen pulmonum auetum mit Tiefertreten des Zwerchfells.
Letzteres kann extreme Grade erreichen, wenn die Verminde-
rung des Intraabdominaldruckes dazu kommt. Die mecha-
nische Folge des Tiefstandes des Zwerchfells ist die Ver-
lÀngerung, das SchmÀlerwerden und die scheinbare Ver-
kleinerung des Herzens. Diese scheinbare Verkleinerung
kann in eine echte ĂŒbergehen, wenn sich infolge des Tief-
standes des Zwerchfells schwerere Zirkulationsstörung ent-
wickelt mit pathologischer Blutverteilung und mangelhafter
FĂŒllung des Herzens.
Literatur.
1. A. Czerny: Jahrb. f. Kinderh., Bd. 80, S. 601.
2. A. Czerny und H. Kleinschmidt: Jahrb. f. Kinderh.,
Bd. 84, S. 441.
3. I. B a u e r : Monatsschr. f. Kinderh., Bd. 12, S. 510.
4. A. Eckstein und E. Rominger: Zeitschr. f. Kinderh.,
Bd. 28, S. 1.
5. L. Hofbauer: Ergebn. der inneren Med. u. Kinderh., Bd.
IV, S. 1.
6. K. F. Wenckebach: Ueber pathologische Beziehungen
zwischen Atmung und Kreislauf beim Menschen. 1907.
Neue Gesichtspunkte aus der physiologischen
Muskelmechanik fĂŒr die Graphologie und
internationale phonetische Lautschrift.
Von Wilhelm Sternberg, Berlin.
Die Bewegungsart*) ist ein der Physiologie bisher
fremder Begriff. Seine EinfĂŒhrung in manche Gebiete und
seine Anwendung in der Praxis dĂŒrften sich dankbar er-
weisen.
Betrachtet man die Bewegungsart der Koordinationen,
dann muĂ man die geordneten Bewegungen in zwei Klassen
einteilen. Diese sind:
1. die Bewegungen der FĂŒhrung, des Zuges, des Strichs
oder Streichens,
2. die Bewegungen des Wurfes, StoĂes, Schlages, der
Zuckung, wozu
3. der wiederholte Wurf gehört. Und das ist das Zittern.
1. Die gefĂŒhrte Bewegung kennzeichnet sich durch drei
Faktoren, die der anderen Bewegungsart entgegengesetzt sind.
Sie erfolgt durch
a) gleichmĂ€Ăig mehr oder weniger starke Akti-
vierung der Impuls gebenden Muskelgruppen, mit
UnterstĂŒtzung der bremsenden Antagonisten;
b) die dauernd von Anfang bis zu Ende nach Art
einer arretierenden Feder hemmend und abstufend
mitwirken;
*) âDie Bewegungsart. Analyse der Mechanik der Koordi-
nation." (Fortschr. d. Med. 1922, Nr. 2.)
Sternberg: Muskel -Mechanik
40. Jahrg. â Nr. 3.
i ) die Muskelkraft der Einstellung und der AusfĂŒhrung
ist eine sanftere gegenĂŒber der Muskelkraft der
anderen Bewegungsart;
2. Die geworfene Bewegung erfolgt durch
a) weit stÀrkere, energischere,
b) dafĂŒr aber kĂŒrzer dauernde Aktivierung der Im-
puls gebenden Muskelgruppen,
c) mit Ausschaltung, also I n a k t i v i e r u n g der An-
tagonisten.
Die Bewegung des Wurfs wird mechanisch begĂŒnstigt
durch das sogen. Ausholen. Physiologisch ist dies die
Dehnung des Agonisten. Mechanisch wird dadurch die
GröĂe der aktiven Kontraktion des Agonisten vermehr t.
Denn es summiert sich dadurch mit dieser GröĂe die GröĂe
der physiologischen elastischen Spannkraft des gedehnten
Agonisten und auĂerdem die physikalische elastische
Federkraft oder Schnellkraft. Es wird dadurch die Be-
wegung des Werfens und Schnellens erleichtert, wie die
Sprache richtig sagt, und die Zeitbeschleunigung. Mit Recht
benutzt die musikalische Technik diese Art von Bewegung
und nennt den hörbaren Effekt einen âSchneller". Daher
eignen sich gerade elastische Instrumente, wie der Bogen
der Streich-Instrumente, oder die Stahlfeder, die Schieib-
feder, der Federkiel fĂŒr diese Bewegungsart.
Die Wurfbewegung ist also dadurch ausgezeichnet, daĂ
ihr Zustandekommen gebunden ist an einen gröĂeren Auf-
wand von Energie, von psychischer Spannkraft des
Willens, und von Muskelkraft, physiologischer Spannkraft.
Diese physiologische und psychologische Eigenart drĂŒckt
die Sprache bereits aus. Denn das Wort âzucken" ist die
Intensivbildung zu ziehen und bedeutet kurz und heftig
ziehen, âZuck", âZuckung" ist das ZeitmaĂ einer kurzen
Bewegung. Dagegen spricht die Sprache von âSchriftzug",
âSchriftfĂŒhrer".
Somit ist der Wurf ein Zeichen von charakteristischer
Bewegungsart, die FĂŒhrung ein Zeichen von weniger cha-
rakteristischer, mehr sanfter Bewegungsart.
Diese Verschiedenheit der Muskel-Mechanik lĂ€Ăt sich
graphisch leicht erlĂ€utern. Die gefĂŒhrte Bewegung wĂŒrde
graphisch durch einen Stab, einen Strich, âSchriftzug" /,
Gedankenstrich â , âFederstrich", Aufstrich oder âH"-Strich
oder Grundstrich der Schreibbewegung darzustellen sein, der
die beiden bezeichnenden Charaktere der FĂŒhrung deutlich
erlÀutert:
1. der Strich ist wie ein Stab von Anfang bis zu Ende
gleichmĂ€Ăig,
2. der Druck des Striches ist verhĂ€ltnismĂ€Ăig zart.
Hingegen der Wurf wÀre graphisch darzustellen durch
ein Zeichen, das allgemein schon Verwendung findet fĂŒr
gewisse Zwecke, nÀmlich durch ein Komma: ,
Dieselben beiden gegensĂ€tzlichen EigentĂŒmlichkeiten
kennzeichnen schon graphisch das Komma, das Schrift-
zeichen:
1. Der Druck des Anfangs ist stÀrker als der Druck
der FĂŒhrung.
2. Der Druck ist ungleichmĂ€Ăig.
Der graphische Gegensatz ist sogar zur Unterscheidung
von Formelementen in den Wissenschaften festgehalten.
Die Mikrobiologie unterscheidet geradezu âKomma"- und
,.StĂ€bchen"-Bazillus, âBacilli" - âStĂ€bchen" sind auch tech-
nische AusdrĂŒcke in der Kunstsprache der Pharmacie fĂŒr
die Form von arzneilichen StÀbchen.
Dieser Unterschied, der sich nicht bloĂ graphisch, son-
dern allgemein graphologisch festhalten lĂ€Ăt, fĂŒr alle
âSchriftzĂŒge" und âFederstriche", zeigt sich sogar in der
sprachlichen Benennung der Interpunktionszeichen, und
zwar in nahezu allen Kultursprachen. Lateinisch heiĂt
Komma âvirgula"; das ist das Deminutivum von virga
(vireo = grĂŒnen) der Zweig, das Reis, die Gerte, die Rute.
Sie ist seit jeher das Instrument zum Schlagen. Das ist aber
die Bewegungsart des Wurfs. Virgae sind die schwanken
Teile in den Fasces der Liktoren, mit denen die Verbrecher
gepeitscht wurden, oder die Gerte des Reiters zum ZĂŒch-
tigen. Die Bezeichnung hat sich noch heute im Französi-
schen erhalten: âvirgule", die auch den Noten-âSehwanz"
bedeutet.
Gerade hier zeigt sich der Unterschied in dem mehr
zarten Druck des Striches, der hier âHals" der Note genannt
wird, und in dem stÀrkeren Druck des Notenschwanzes, der
aber nur auf den Anfang beschrÀnkt bleibt. Mit Recht sagt
die Sprache âSchwanz", mit Recht schreibt man den
Schwanz mittels der Bewegungsart des Wurfs. TatsÀchlich
eignet sich ja zum Peitschen, Schlagen der Schwanz und die
Rute, und weniger der Stab. Den Hammer martellus wÀhll
die Technik der Streichinstrumente, um die Wurfbewegung
und die Strichart des âmartele" zu kennzeichnen.
Schon die Sprachen drĂŒcken Ă€uĂerst treffend die Ver-
schiedenheit des Charakters aus, der sich in diesen beiden
Bewegungsarten verrĂ€t. Denn setzt man nur fĂŒr das Wort
âfĂŒhren" das Wort âstreichen", fĂŒr das Wort âwerfen" das
Wort âschlagen" ein, dann tritt der symptomatische Cha-
rakter, der diesen beiden Bewegungsarten zugrunde liegt,
recht deutlich hervor.
Physiologisch ist âstreichen" natĂŒrlich dasselbe wie
âfĂŒhren" und bedeutet: sanft berĂŒhren, sanft streifen, ĂŒber
etwas hinfahren. Effleurer sagt die französische Sprache,
leicht oberflĂ€chlich berĂŒhren, ĂŒber etwas hingleiten, im Ge-
gensatz zu approfondir. Streicheln â â1" ist das Zeichen dei
Sprache fĂŒr die HĂ€ufigkeitsbildung â bedeutet: wiederholt
sanft streichen. Physiologisch ist âschlagen" dasselbe wie
âwerfen". Mit Recht unterscheidet man âStreich"-Instrumente
und âSchlag"-Instrumente.
âStreicheln" ist die Bewegung der Liebkosung, des
âSchöntuns" zur Erregung eines WohlgefĂŒhls, âStoĂen".
âSchlagen" ist hingegen die Bewegung zur Erregung von
Schmerz.
Diese einfache Betrachtung scheint bisher noch niemals
gemacht zu sein. Und doch dĂŒrfte sie sich als recht frucht -
bar erweisen. Denn diese neuen Gesichtspunkte des Cha-
rakters der Bewegungsart sind geeignet, mancherlei dunkle
Wissensgebiete zu erhellen und in einem anderen Licht
durchsichtiger und klarer erscheinen zu lassen.
Der Unterschied der beiden Bewegungsarten, der schrift-
lich leicht darstellbar und graphisch so sinnfÀllig ist, kehrt
in der alltÀglichen Handschrift eines jeden Individuums
fortwĂ€hrend bei jedem âFederstrich" wieder. Daher muĂ die
Graphologie dieses graphische Merkmal des Charakters
leicht verwerten können.
Wie merkwĂŒrdig! Die moderne Wissenschaft, die in
ihrem Streben nach Exaktheit alles gern graphisch fixiert,
ist noch nie an die wissenschaftliche BegrĂŒndung der
Graphologie herangetreten. Der Grund dafĂŒr liegt in dem
Uebersehen des Wesens der Bewegungsart.
Wenn diese meine neue Betrachtungsweise der Be-
wegungsart richtig ist, und die graphische Darstellung ihrer
Muskel-Mechanik, dann muĂ sich ihre Anwendung nicht
bloĂ in der Graphologie als nĂŒtzlich erweisen. Vielmehr
muĂ sogar die internationale Druckschrift hiervon seil
jeher schon Gebrauch gemacht haben, wenn auch die phy-
siologische BegrĂŒndung dafĂŒr noch ausstand. Das ist aber
deshalb so besonders bemerkenswert, weil die Druckschrift
stets nur ĂŒber gleichmĂ€Ăige StĂ€be verfĂŒgt, die in die Tafel
eingeritzt wurden: âBuchstabe" â dieser Ausdruck hat sich
erhalten im Worte âStabreim" = Anfangsreim â . Dies
ermöglicht kaum die graphische Darstellung des Wurfs.
Mit Recht heiĂt daher die deutsche Uebersetzung von
Komma âBeistrich".
Dennoch verfĂŒgt die internationale Notenschrift
â das ist nicht die Handschrift, sondern die Druckschrift,
der Notendruck â seit jeher ĂŒber die diakritischen
Zeichen des Kommas und des wirklichen Beistrichs.
Denn seit langtm setzt sie ein Komma ĂŒber die Noten,
wenn sie damit eine Wurfbewegung, ein martele, ein stac-
10. Jahrg. â Nr. 3.
Möller: Medizin und Handschrift
cato des ausfĂŒhrenden Spielers vorschreiben will. Ebenso
hat die internationale Notenschrift seil jeher einen Ge
dankenstrich - ĂŒber oder unter die Note gesetzt, wenn sie
r j j
damit eine fĂŒhrende Bewegung, ein legato des ausfĂŒhrenden
Spielers anzeigen wollte.
Wie merkwĂŒrdig ist dann aber die Tatsache, daĂ von
dieser internationalen Graphologie der Noten, von dieser
Tonschrift, die doch gewià als Schriftsprache der Töne eine
Lautschrift ist, eine weitere Disziplin der Graphologie noch
nicht Kenntnis nimmt. Das ist die phonetische Lautschrift.
Denn von der Notenschrift, die doch schon, wenn auch nur
unbewuĂt, die Bewegungsart mit ihrer unterschiedlichen
Muskel-Mechanik in Rechnung zieht, hat die Association
Phonetique Internationale mit ihrer internationalen phone-
tischen Lautschrift noch nicht Kenntnis genommen. Das
konnte deshalb nur möglich sein, weil die Phonetik selber
mit der Physiologie die Analyse der Mechanik der Koordi-
nationsbewegungen bisher ĂŒbersehen hat. TatsĂ€chlich muĂ
aber die konsequente DurchfĂŒhrung des prinzipiellen Ge-
gensatzes der beiden Bewegungsarten und dieser ange-
wandten Muskel -Mechanik auch den Sprachwissenschaften
und der Phonetik ganz neue Gesichtspunkte liefern.
Der Charakter der Bewegungsart gibt ebenso wie der
Schrift, auch der Sprache den Charakter. Das Charak-
teristische der Bewegungsart zeigt sich naturgemÀà in den
Elementar-Bewegungen des Schreibens und auch des
Sprechens. Sind die Elemente der Schrift die SchriftzĂŒge,
die Elemente der Schriftsprache die Buchstaben, so sind die
Elemente der Sprache die Laute, der Lautsprache die Sprach-
laute. Und das physiologische Prinzip der Einteilung aller
Laute ist der Faktor, den ich einfĂŒge: die Bewegungsart. Zu-
mal fĂŒr den Unterschied der verschiedenen Charaktere bei
der Aussprache eines und desselben Lautes ist die Bewe-
gungsart maĂgeblich. Besonders dankbar erweist sich dies
fĂŒr die Lautschrift.
Die internationale Lautschrift hat folgende, ganz kon-
ventionelle Zeichen eingefĂŒhrt:
1.
h
stimmhaftes
scb
2.
/
stimmloses
sch
3.
z
stimmhaftes
s
4
&
stimmloses
s
5.
8
stimmhaftes
engl.
th.
6.
b
stimmloses
engl.
th.
Also nicht weniger als schon sechs vollkommen willkĂŒr-
liche und zwar internationale Fremdkörper sind der inter-
nationalen Graphologie zum Zwecke der Artikulation, und
zwar im Sinne der pÀdagogischen Erleichterung einverleibt,
und zwar bloĂ fĂŒr die hauptsĂ€chlichsten Kultursprachen.
Dabei kommen fĂŒr die Aussprache eines Lautes, fĂŒr den die
internationale Graphologie der Hand- und der Druckschrift
meist ein und dasselbe Zeichen besitzt, nicht weniger als
zwei â von diesen gebrĂ€uchlichen Schriftzeichen abwei-
chende â und unter sich auch wieder ganz verschiedene,
fremde Kunstprodukte, kĂŒnstliche Zeichen in Betracht.
Im Gegensatz dazu hat die internationale Graphologie
der Tonsprache, die internationale Notenschrift, die ich je-
denfalls mit mehr Recht als ein natĂŒrliches Kunstwerk an-
sehen darf, ĂŒberhaupt keine einzige Aenderung nötig fĂŒr ihre
âCharakteristik", fĂŒr ihre âmusikalische Aussprache", fĂŒr
ihre âArtikulation", wie ihre KunstausdrĂŒcke gleichfalls
lauten, mit gutem Recht. Vielmehr fĂŒgt die Schrift der Ton-
sprache die ĂŒberall verstĂ€ndlichen eindeutigen Zeichen hin-
zu, diakritische Zeichen, die nach meinen AusfĂŒhrungen
noch dazu den unschÀtzbaren Vorzug in sich bergen, physio-
logisch durchaus begrĂŒndet zu sein. Somit stellt sich die
von mir der internationalen Association vorgeschlagene
HeiĂe folgendermaĂen dar:
1. stimmhaftes seh seh.
2. stimmloses seil sfh.
3. stimmhaftes s s.
4. stimmloses s â
5. stimmhaftes ih â th.
r
6. stimmloses th â th.
Das Zeichen â fihdet freilich in der Phonetik bereits
Verwendung: Denn â ist das diakritische Zeichen dafĂŒr,
daà der Vokal geschlossen auszusprechen sei, wÀhrend der
offene Vokal nicht besonders bezeichnet wird. Doch be-
zieht sich dies immer bloĂ auf Vokale. Daher ist diese dop-
pelte Bezeichnung des einen Zeichens nicht irrefĂŒhrend.
Die bisherige, vermeintlich rationelle Lautschrift hat,
trotz aller VorzĂŒge, den Nachteil, daĂ sie leicht gekĂŒnstelt
und daher fremdartig dem ungeĂŒbten Auge des Lesers er-
scheint, weshalb sie oft als unbequem abgelehnt wird. Tat-
sÀchlich werden selbst die bekanntesten Lieder, in Laut-
schrift dargestellt, dem Auge unsagbar unleserlich. Die An-
wendung der Lautschrift will erst erlernt und eingeĂŒbt sein,
die Beherrschung der Lautschrift ebenso wie der Kurzschrift,
der Stenographie, will in dauernder Uebung erhalten bleiben.
Sie stellt daher fĂŒr manchen einen pĂ€dagogischen Um-
weg dar.
Ueberdies darf nicht vergessen werden, daĂ sie auch zu
einem physiologischen Umweg, ja zu einem physiologischen
Fehler fĂŒhren kann. Denn wir lesen ja gemeinhin gar nicht
Buchstaben fĂŒr Buchstaben. Wir buchstabieren nicht beim
Lesen. Vielmehr ĂŒbersehen wir eine höhere Einheit und
fassen sie auch zusammen zur Einheit. Zum âflieĂenden"
Lesen gehört das Zusammenfassen dieser gröĂeren Einheiten
mittels der Muskelbewegung der Augen, ebenso wie das
flieĂende Sprechen das Zusammenfassen gröĂerer Einheiten
mittels der Muskelbewegung der Ausatmung erheischt. Nicht
einmal im langsamen Tempo ist dem, der nicht stets in
Lautschrift zu lesen gewohnt ist und bleibt, ein flieĂendes
Lesen möglich. Mit Recht heiĂt âepeler" soviel wie mit
MĂŒhe lesen. Alles aber, was nicht âspielend" leicht, sondern
âwie ein KunststĂŒck" mit MĂŒhe und Anstrengung getan
wird, ermĂŒdet schnell. Demnach ist das Lesen in Laut-
schrift fĂŒr viele physiologisch dasselbe wie Stottern. Die
Sprache sagt âStottern", weil das Sprechen des Stotterers
tatsĂ€chlich stoĂweise erfolgt.
Den gerade entgegengesetzten Weg wĂ€hle ich fĂŒr die
Beseitigung der Sprachgebrechen. Denn als UnterstĂŒtzungs-
mittel meiner Methode verwende ich geradezu Mitbewegun-
gen der jeweiligen charakteristischen Bewegungsart bei der
betreffenden Artikulation.
So wird ein und dasselbe Prinzip ein Hilfsmittel fĂŒr
meine pĂ€dagogisch-didaktische Therapie, fĂŒr meine syste-
matische, rationelle Einteilung der Elemente der Lautschrift
und der Lautsprache: der Charakter der Bewegungsart.
Medizin und Handschrift.
Von Walter Möller, Oranienburg.
FĂŒr die Erkenntnis des Innenlebens eines Menschen
bieten dem Beobachter in erster Linie die Ausdrucksbewe-
gungen des Körpers wichtige Anhaltspunkte. Der Gang ist
charakteristisch fĂŒr eine bestimmte Person, das Kind, ja das
Haustier erkennt den Einzelnen am Tritt. An einem nebligen
Novemberabend können wir, ohne Gestalt und GesichtszĂŒge
vorerst wahrzunehmen, bereits an den Bewegungen des uns
entgegenschreitenden Menschen irgendeinen Bekannten ziem-
lich sicher feststellen. Die gesunde, zielbewuĂte Person hat
sichere Bewegungen zu eigen, der Nervöse ĂŒberhastende oder
66
Möller: Medizin und Handschrift
40. Jahrg. â Nr. 3.
fahrige, der von Krankheit GeschwÀchte hÀufig zitternde
langsame und unsichere.
Alle diese Ausdrucksmerkmale sind jedoch nur sehr
flĂŒchtiger Natur. Im Gesicht werden sie allmĂ€hlich durch
die sich schlieĂlich eingrabenden charakteristischen ZĂŒge
konstanter. Daher legt ja der Arzt schon seit Jahrhunderten
ein besonderes Gewicht auf die Physiognomie.
Aber auch andere wichtige Ausdruckmomente werden
festgehalten und so der eingehenderen Betrachtung zugÀng-
lich: durch die Handschrift nÀmlich. Man könnte einwen-
den, die heutige Schrift stamme eigentlich von der Bilder-
schrift her und kĂ€me daher im gĂŒnstigsten Falle fĂŒr die.
Charaktererkennung in groĂen und den hauptsĂ€chlichsten
ZĂŒgen in Betracht. Dies sei jedoch fĂŒr die Feststellung der
feinsten inneren Regungen und Stimmungen bedeutungslos
und daher auch fĂŒr den Juristen und Psychiater ohne Wert.
DemgegenĂŒber betont jedoch schon der Maler immer wieder,
daà es ihm nur die notwendige Stimmung möglich mache,
diese oder jene Linie seinem Wunsch entsprechend zu brin-
gen, und Ludwig Richter bestÀtigt die Erfahrung in den Er-
innerungen an die italienische Studienreise. Er schildert, wie
jeder der jungen Zeichner bemĂŒht war, die Umrisse des
gleichen Landschaftsausschnittes bis ins feinste Detail fest
und bestimmt zu umziehen. âWir verliebten uns in jeden
Grashalm, in jeden zierlichen Zweig und wollten uns keinen
ansprechenden Zug entgehen lassen. Luft- und Lichteffekte
wurden eher gemieden als gesucht; kurz, ein jeder war be-
mĂŒht, den Gegenstand möglichst objektiv, treu wie im Spie-
gel wiederzugeben. Ich war nicht wenig ĂŒberrascht, als ich
am SchluĂ der Arbeit aufgestanden, die vier vor mir liegen-
den Bilder ĂŒberblicken konnte und sie so abweichend von-
einander fand. In der Stimmung, in Farbe, im Charakter der
Kontur war bei jedem etwas anderes hineingekommen, eine
leise Umwandlung zu spĂŒren." Der berĂŒhmte Maler kommt
dann zu dem SchluĂ, daĂ diese am stĂ€rksten bei einem Me-
lancholiker hervorgetreten sei. âAlle Linien waren ruhiger, ge
rader, die goldig -brĂ€unlichen Felsen trĂŒber, die nĂ€chtliche
Schattenfarbe aber schÀrfer. Kurz, des Menschen Art offen-
bart sich entschieden in seiner Malerei, und so war es bei
einem Jeden."
Wenn also hier, wo nach der ausdrĂŒcklichen Versiche-
rung Richters jeder Zeichner versuchte, alle persönliche
Eigenart nach Möglichkeit bewuĂt auszuschalten, doch jedes
Bild bestimmte charakteristische ZĂŒge verriet, welch' ein
feines Reagenz muĂ dann die Handschrift sein. Man schenkt
doch gewöhnlich der SchreibtÀtigkeit als solcher keine be-
sondere Aufmerksamkeit, bedient sich auch keiner Vorbil-
der, ist also dabei ungleich weniger beeinfluĂt als der Maler.
GewiĂ lassen sich nicht alle charakteristischen Zeichen in
ihrer Entstehung ohne weiteres psychologisch restlos er-
klĂ€ren. Aber dessen ungeachtet wird selbst der gröĂte Skep-
tiker immer da von dem Wert der Graphologie ĂŒberzeugt
werden, wo sie nicht, wie das leider noch vielfach geschieht,
von dazu gĂ€nzlich unbefĂ€higten Personen ausgeĂŒbt oder als
bloĂe Spielerei betrachtet wird.
Die Medizin hat bisher allerdings nur geringen Nutzen
davon gehabt. Dies dĂŒrfte m. E. durch folgende UmstĂ€nde
begrĂŒndet sein. Wenige Psychiater konnten sich bis jetzt
neben der sonstigen umfangreichen TĂ€tigkeit dem grapholo-
gischen Studium widmen. Aber gerade ihnen steht das in
Frage kommende Handschriftenmaterial in erster Linie zur
VerfĂŒgung. An den Schriftbildern der Patienten aus ge-
sunden Tagen und bei weiterem Fortschreiten der Krankheit
lassen sich VerĂ€nderungen am besten feststellen und schlieĂ-
lich durch Vergleichen mit anderen Krankenschriften typi-
sieren. Nur auf diesem Wege ist es möglich, einen gewissen
Fundus zu schaffen, von dem ausgehend weitere Forschungen
zu neuen Resultaten fĂŒhren werden.
Hier seien nur die bis jetzt einwandfrei als charakte-
ristisch fĂŒr einzelne Leiden erkannten Handschriftformen in
den Bereich der Betrachtung gezogen. Diese Anzeichen
stellen sich zumeist bedeutend frĂŒhzeitiger ein, als die Krank-
heitserscheinungen selbst von der nÀchsten Umgebung des
Patienten wahrgenommen werden. Darin liegt ja eben der
groĂe Wert in bezug auf Diagnosestellung und rechtzeitige
Prophylaxe. EinschrÀnkend sei jedoch von vornherein be-
merkt, daĂ nicht jede der nachbenannten EigentĂŒmlichkeiten
notwendigerweise die betreffende Krankheit als Ursache
haben muĂ. Finden aber in der Schrift des Beobachteten
nach der angegebenen Richtung hin auffallende VerÀnderun-
gen statt, so sollte sie der Arzt als Wegweiser betrachten, die
ihn auf die gesuchte FÀhrte bringen können.
GedrĂŒckte GemĂŒtsstimmung geht fast allen Leiden vor-
aus. Sie ist an abwÀrts gerichteten Zeilen erkennbar, vor-
ausgesetzt, daĂ kein Linienblatt oder liniiertes Papier benutzt
wird. Dazu treten oft noch Undeutlichkeit der Schrift, die
Formen lassen die gewohnte Festigkeit vermissen, I-Punkte,
Ae-Striche usw. werden tiefer als bisher gesetzt. Bei ner-
vösen Leiden, Hysterie stellt sich bei dĂŒnner Schrift oft
krampfhafter, also plötzlich auftretender Druck ein.
Wie fein die Handschrift selbst auf kaum bewuĂte und
rasch vorĂŒbergehende GemĂŒtsbewegungen reagiert, habe ich
an fremder und der eigenen Handschrift wiederholt feststellen,
können. Der Leser wird beim NachprĂŒfen Ă€lterer Briefe es
selbst bestÀtigen, daà in verschiedenen Abschnitten eines
Briefes, die freudige Mitteilungen, optimistische Gedanken-
gÀnge enthalten, die Schriftrichtung Neigung zum Steigen,
bei entgegengesetzten GedankengÀngen zum Abfallen zeigt.
Diese EigentĂŒmlichkeiten dĂŒrften dem Arzt manchen An-
haltspunkt fĂŒr den jeweiligen Stand eines Leidens geben.
Ueberschwengliche Naturen, die leicht zu Hysterie
neigen, schreiben hÀufig auch oft in wellenförmigen Linien,
bilden viele, oft unschöne Schleifen; die Schrift ist meist
stark nach rechts geneigt, die Grundstriche zeigen Rundun-
gen, Buchstaben lassen Klarheit vermissen, oft werden sie
auch gegen SchluĂ des Wortes gröĂer. I-Punkte erscheinen
in der Regel sehr weit nach rechts gesetzt, die U-Haken weit
ĂŒber dem Buchstaben hinausgezogen.
Sehr stark tritt der geistige und körperliche Verfall in
der Unterschrift des Dichters Lenau auf. WĂ€hrend sie ur-
sprĂŒnglich eine gewisse Festigkeit und kĂŒnstlerisches Emp-
finden namentlich durch das schön gebildete L verrÀt, er-
scheint sie bei beginnender geistiger Umnachtung haltloser.
Unterschrift des Dichters Lenau.
Namenszug nachdem Lenau geisteskrank geworden.
Linzeine Buchstaben werden nur angedeutet. Aehnliches
lĂ€Ăt sich bei aller Verschiedenheit des Charakters von Napo-
leons Handschriftenbild sagen. Der Namenszug Buonaparte
des vor der Kaiserkrönung stehenden Generalissimus der von
ihm gefĂŒhrten siegreichen Armee erscheint eindrucksvoll,
kraftstrotzend und selbstbewuĂt. Der sieche, körperlich und
Buonaparte als Generalissimus der franz. Armee in Italien.
Abdankungsunterschrift Napoleons.
10. Jahrg. â Nr. 3.
Luda: Bartflechtenbehandlung
schlieĂlich auch geistig zusammengebrochene abgedankte
Herrscher deutet seinen Namen nur mehr an und beendet die
Unterschrift mit dem stark abfallenden Resignationsstrich." i
Geistig zurĂŒckgebliebene Menschen, Idioten, soweit sie
Ăberhaupt schreiben können, zeigen meist unbeholfene, kind-
lieb anmutende Handschriften. Mine solche im Mannesalter
stellende Person kann eine Schrift zu eigen haben, wie wir
sie von A-B-G-SchĂŒtzen gewohnt sind. Oft lassen unschöne
und plumpe Schnörkel die geistige Unbeholfenheit noch
deutlieber dabei zutage treten.
Zitterschrift kommt nach starken körperlichen und see-
liseben Anstrengungen bezw. Erregungen, manchmal auch
im hohen Alter, vor allem jedoch bei Vergiftungen vor.
Starke Raucher, Morphinisten, Alkoholiker und Kokain-
schnupfer weisen sie nicht selten auf.
Groà schreiben gewöhnlich Leute, die es gewohnt sind
zu disponieren, also der Kaufmann, der Feldherr usw. Ihre
Handschrift verrÀt ebenso wie die des Geistesaristokraten
dabei auch dem ungeĂŒbten Betrachtenden WillensstĂ€rke, In-
telligenz, GroĂzĂŒgigkeit. â Aendert sich aber die einfache
Schrift eines Menschen mit allen vorher skizzierten Kenn-
zeichen geistiger ZurĂŒckgebliebenheit, indem sie ĂŒbertriebene
groĂe und. plumpe Formen annimmt, so ist der Verdacht auf
beginnenden GröĂenwahn nicht von der Hand zu weisen.
Der Inhalt der Briefe wird ja in den meisten FĂ€llen auch
weiteren AufschluĂ darĂŒber geben.
Paralyse soll ,sich nach Preyer und Lombroso hÀufig
durch das Fehlen einzelner oder mehrerer Buchstaben in
einem oder dem anderen Wort, aber auch durch Verdoppe-
lungen oder auffallend falsche Buchstaben verraten, z. B.
Natlager statt Nachtlager oder Gartensaus statt Gartenhaus.
Das Fehlen von Buchstaben habe ich wiederholt an Hand-
schriften von Paralytikern, die mir von AnstaltsÀrzten zur
Einsicht ĂŒberlassen wurden, feststellen können. Beginnende
sogen. Gehirnerweichung kĂŒndet sich aber auch nach an-
deren Beobachtungen durch engere, stÀrker geneigte und
klecksige Schrift an, ohne daĂ man hieraus allein auf
Geistesstörungen schlieĂen darf. Gerade feine und kritisch
veranlagte Geister schreiben oft eng und klein. Eine gewisse
NervositĂ€t spricht selbst fĂŒr den ungeĂŒbten Graphologen, er-
kenntlich aus dem etwas âkribbeligen" allgemeinen Schrift-
bild. Ausschlaggebend fĂŒr die Vermutung von VerĂ€nderun-
gen im geistigen oder körperlichen Zustand des Beobach-
teten sind also alle diese Zeichen erst dann, wenn sich auch
die Schrift in verhĂ€ltnismĂ€Ăig kurzer Zeit nach dieser Rich-
tung hin Ànderte.
Charakteristisch fĂŒr den Verfolgungswahnsinn ist
manchmal eine plötzlich eintretende ĂŒberĂ€ngstliche Aus-
nutzung des Schreibpapiers. Der Betreffende schreibt nicht
nur, wie das wohl jeder einmal tut, gelegentlich am rechten
Rand herunter und am vorderen oder oberen Rand quer, son-
dern vielfach noch von oben nach unten durch die erst zu
Papier gebrachte Schrift. Dabei gehen noch Ober- und
UnterlÀngen durch- und ineinander.
Erregungen, Herzkrankheiten, sofern sie einen beschleu-
nigenden EinfluĂ auf den Puls haben, teilen sich der Schrift
mit, die dadurch plötzliche und nur stellenweise auftretende
Druckstellen zeigt. Wie schon erwÀhnt, kommt dies bei
Hysterie vor, aber erklÀrlicherweise auch bei Asthma. Die
GemĂŒtsstimmung solcher Leute steht ja dauernd unter einem
gewissen Angstdruck vor neuen AnfÀllen.
Einen kraftlosen Charakter aber mit allen Zeichen der
NervositĂ€t weist die Schrift BleichsĂŒchtiger auf. Nur selten
finden wir in ihr WillensstÀrke durch feste und mit regel-
mĂ€Ăigem Druck gebildete Formen ausgeprĂ€gt. Hingegen er-
scheint die Schrift meist stark nach rechts geneigt und der
Zeilenabstand unregelmĂ€Ăig. Von den Schriften Herzleiden-
der behaupten mehrere französische und schweizer Autoren,
darunter auch der Pariser Arzt Dr. Tardieu, daĂ in ihnen
Die beigegebenen Schriftbilder sind dem Buch des Ver-
fassers âAngewandte Menschenkenntnis" 21.â 30. Tausend. 15 M.,
geh. 18 M. mit ausdrĂŒcklicher Genehmigung des Verlags âMĂ€r-
kische Rundschau", Berlin-Oranienburg entnommen.
ein lief und sein stark gesetzter [-Punkt charakteristiscli sei.
FĂŒr Mitteilung Ă€hnlicher Wahrnehmungen wĂ€re der Ver-
fasser sein- dankbar.
im allgemeinen lassen sich ja rein organische Leiden
noch schwieriger aus dem verÀnderten Schriftbild erkennen,
als Geisteskrankheiten, da sie ja sehr mittelbar, nÀmlich
immer erst wieder durch die GemĂŒlsbeeinflussung, die jedes
Leiden mehr oder weniger mit sich bringt, auf die Hand-
schrlft einwirken.
Der Ohrenleidende und namentlich der geistig rege, be-
findet sich mit zunehmender Taubheit meist in dauernder
MiĂstimmung darĂŒber, daĂ er immer mehr von der Mitwelt
dadurch abgeschlossen wird. Seine Schrift zeigt daher sein
bald alle Ausdruckszeichen des Pessimismus, stark ge-
schlossene a und o, kantige und schwertartige ZĂŒge bei sin
kender Zeilenrichtung. Beethovens Handschrift wies mit
zunehmendem Gehörleiden auffallende VerÀnderungen nach
dieser Richtung hin auf, wie aus den Faksimiles deutlieb zu
ersehen. Aehnliche ZĂŒge finden sich auch in der Schrift MiĂ-
gestalteter, die unter der Gedankenlosigkeit und dem zur
Schau getragenen Mitleid ihrer Umgebung leiden, des öfteren.
Da hier aber die Ursache der SchriftverÀnderung offenbar zu-
tage tritt, hat das graphologische Bild in diesem Falle keinen
besonderen Wert fĂŒr den Arzt.
Die fĂŒr die Krankheitserkennung wichtigen und bisher
als einwandfrei erkannten Feststellungen auf dem Gebiete
der Graphologie sind also noch nicht allzu zahlreich. Man
wird aber namentlich in bezug auf die Psychiatrie sehr bald
zu weiteren greifbaren und wertvollen Resultaten kommen,
wenn die dazu berufenen MĂ€nner auf dem Vorhandenen auf-
bauen, indem sie sich mit der Handschriftbetrachtung ein-
gehend beschÀftigen und ihre Erfahrungen bekanntgeben.
Das Studium wird erleichtert durch die im Àrztlichen Beruf
immerwÀhrend gepflegte Menschenbeobachtung. Und wenn
man von einer natĂŒrlichen Begabung fĂŒr die Graphologie
spricht, so habe ich sie unter Geistlichen und Aerzten bisher
am auffallendsten ausgeprÀgt gefunden.
Ueber Bartflechtenbehandlung.
Von Dr. med. Georg Luda, Arzt in Berlin-Schöneberg.
Die Behandlung der Bartflechte bildete von jeher die
Crux medicorum. Das kommt daher, daĂ immer noch Mittel
angewandt werden, welche eigentlich von nur geringem oder
gar keinem Wert sind. Dies gilt besonders von den viel
empfohlenen SublimatumschlÀgen wÀsseriger oder spiri-
tuöser Art, den Pinselungen mit Jodtinktur und der
Pasten- und Salbenbehandlung. Alle diese Prozeduren haben
keinerlei abtötenden Einfluà auf die sehr widerstandsfÀhigen
Pilzsporen, bewirken aber tiefgreifende HautverÀtzungen und
-entzĂŒndimgen, welch letztere wiederum einem Eindringen
der Pilze in die Tiefe Vorschub leisten. Man muĂ sich, wie
ich dies immer wieder betont habe, bei der Behandlung
dieses lÀstigen Leidens von zwei Gesichtspunkten leiten
lassen, nÀmlich die Pilze in ihrer Entwicklung zu hemmen
und ferner die Pilzrasen samt der obersten Epidermisschicht
möglichst schonend zur AbstoĂung zu bringen; eine Abtötimg
der Pilze gelingt, wie gesagt, mit keinem der bisher be-
kannten Mittel. Im Gegenteil, sie machen erst das akute
Leiden zu einem chronischen. Die obengenannte Forderung
erfĂŒllt einzig und allein die frĂŒher viel angewandte, neuer-
dings anscheinend ziemlich in Vergessenheit geratene Chry-
serobin-Traumaticinlösung (1 : 10). Unangenehm ist es nur
fĂŒr den Patienten, mit den braunen Flecken am Halse her-
umzulaufen, wÀhrend diese Behandlung im Gesicht aus kos-
metischen GrĂŒnden nicht anwendbar ist. Das Traumaticin
bewirkt einen guten LuftabschluĂ, so daĂ die Pilze vom
Sauerstoff, dessen sie benöligen, abgeschlossen sind; auĂer-
dem werden die Pilze mechanisch festgeklebt und dadurch in
ihrer Entwicklung gehemmt. Das Chryserobin wirkt eben-
falls schÀdigend auf dieselben ein und bringt die Oberhaut
Pflug: Zur HĂ€mophiliefrage
40. Jahrg. â Nr. 3.
samt den Pilzrasen schonend zur AbstoĂung. Die maku-
löse Form der Bartflechte â um diese handelt es
sich meist im Anfangsstadium, wÀhrend die papulösen und
nÀssenden Ekzemformen erst bei lÀngerem Bestehen des
Leidens in die Erscheinung zu treten pflegen â wird durch
diese Behandlung mit Sicherheit geheilt.
Störend wirken, wie gesagt, in kosmetischer Hinsicht die
braunen Flecke am Halse, so daĂ ich es mit Freuden be-
grĂŒĂt habe, als die chemische Fabrik von Haidle & Maier
in Stuttgart unter dem Namen Antisykon ein Mittel auf den
Markt brachte, welches der oben genannten Chrysarobin-
Traumaticinlösung nicht nur völlig ebenbĂŒrtig war, sondern
auch in kosmetischer Hinsicht nichts zu wĂŒnschen ĂŒbrig
lieĂ; es besteht in einer Spirituosen Lösung, welche in der
Hauptsache Zibosal, ein sehr krÀftiges, in die Tiefe dringen-
des Antiseptikum enthÀlt. Man pinselt das Mittel zwei bis
drei Tage lang auf, es schlĂ€gt sich ein feiner weiĂer Puder auf
den gepinselten Hautstellen nieder, welcher kosmetisch nicht
störend wirkt und nach kurzer Zeit ĂŒberhaupt nicht mehr
auffÀllt. Nach zwei bis vier Wochen heilt unter dieser Be-
handlung jede Bartflechte mit Sicherheit ab, vorausgesetzt,
daĂ keine andere der frĂŒher genannten, nur schĂ€dlich
wirkenden Behandlungsarten mit Sublimat, Jod, Schwefel -
teer usw. vorausgegangen war. Dies kann ich nach drei-
jÀhriger Erfahrung mit aller Sicherheit behaupten. Des-
infektion des Rasierapparates durch Auskochen und Ab-
reiben des Gesichts nach dem Rasieren mit Ăprozentigem
SalizylsĂ€urespiritus ist natĂŒrlich erforderlich.
Wenn man trotzdem manchmal noch andere Mittel
gegen die chronischen Formen der Bartflechte an-
wenden muĂ, so hat das seinen Grund darin, daĂ der Patient
die Krankheit entweder verschleppt und vernachlÀssigt hat,
oder daĂ unzureichende oder direkt fehlerhafte Behandlungs-
methoden vorausgegangen sind. In diesen FĂ€llen hat sich
die Behandlung mit polyvalenter Extraklvaccine aus Tricho-
phytonstÀmmen sehr bewÀhrt. Es existieren mehrere brauch-
bare PrÀparate. Bei frischer Bartflechte, welche in Gestalt
roter Flecke mit etwas erhabenem Ringe in der Peripherie
auftritt, ist diese Behandlung jedoch nicht am Platze, viel-
mehr direkt fehlerhaft.
Zur HĂ€mophiliefrage in der Praxis.
Von Dr. med. Wilhelm Pflug - Steinhorst i. Lauenburg.
In Nr. 15 der M. m. W., 1919, S. 413 gibt Walt her
einen interessanten Beitrag zur Stillung hÀmophiler Blutun-
gen. Er hat dabei nach der Erfolglosigkeit anderer Methoden
schlieĂlich auf defibriniertes Menschenblutserum (vermutlich
rasseeigenes) zurĂŒckgegriffen und damit einen vollen Erfolg
erzielt. Leider wird sich aber diese Methode nicht in allen
FĂ€llen durchfĂŒhren lassen. Wenn man wohl auch einen
geeigneten Spender immer â unter UmstĂ€nden natĂŒrlich in
erster Linie in der eigenen Person wegen der bei gesund-
heitlich unbekannten ja immer vorhandenen Gefahr der
Lues und Tuberkulose â finden wird, so wird man oft nicht
in der Lage sein, rasch und unter allen aseptischen Kautelen
die Serumierung des Blutes durchzufĂŒhren. Besonders als
praktischer Landarzt denke ich an diesen Fall, da selbst die
kleinen LandkrankenhÀuser nur selten diese Prozedur tech-
nisch werden ausfĂŒhren lassen können und die gröĂeren bei
der drohenden Gefahr der Verblutung nicht rasch genug
wegen der schlechten LandverkehrsverhÀltnisse erreicht wer-
den können. Da heiĂt es andere Wege gehen. Diese auszu-
probieren, hatte ich in folgendem Fall Gelegenheit:
Nachdem ich schon zwei weibliche Blutsverwandte einer
Patientin wegen zunÀchst unstillbarer Blutungen nach Zahn-
extraktion mit Erfolg behandelt hatte, kam am 28. 4. 1919 diese
selbst, ein FrÀulein S., zu mir in die Sprechstunde wegen Blutung
nach Zahnextraktion. Der 2. und 3. rechte untere Molar waren
am 27. 4. extrahiert. Die Wunde war mit dunkel-rötlichem
schmierigen Gerinnsel bedeckt. Der Atem roch nach Verwesung.
Es bestand starker SpeichelfluĂ. Ein Tupfer mit etwa 1 ccm
Suprareninlösung (1 : 1000) rief binnen etwa 2 Minuten leichtes
Uebelsein hervor. Die Blutung stand einige Minuten und fing
wieder an. Erneuter Suprarenintupfer bewirkte dasselbe. Ein
Tupfer mit Liquor ferri sesquichlorati wurde auf die Wunde ge-
legt. Patientin meinte nach einigen Minuten des festen Auf-
beiĂens auf denselben, die Blutung wĂŒrde geringer. Mit einem
erneuten Tupfer mit ferri sesquichlorati wurde sie entlassen. Am
Nachmittag kam sie von neuem. Ferri sesquichlorati-Tupfer
mehrmals brachten wieder nach Meinung der Patientin beim
letzten Tupfer eine Verringerung der Blutung hervor. Vorher
konnte ich dies nicht bemerken, das Blut floĂ ruhig weiter, und
nach dem letzten Tupfer wollte ich den Mund nicht aufmachen
lassen, um etwa eingetretene Gerinnungsbildung nicht zu zer-
stören.
Am 30. 4. erschien Patientin von neuem. Da ich erfuhr, daĂ
Patientin am 29. 4. mittags zu menstruieren begonnen hatte,
dachte ich an die gynÀkologische Wirkung von secale cornutum.
Erst auf wiederholtes Auflegen von damit getrÀnkten Tupfern das
subjektive Empfinden einer Blutstillung. Ich bemerke noch, daĂ
ich Patientin angewiesen hatte, ja nicht etwa mit der Zunge und
dem Munde Saugbewegungen auszufĂŒhren, die ja auch immer wie-
der hÀtten neue Blutungen auslösen können.
Leider war alles erfolglos. Denn in der Nacht vom 30. 4.
zum 1. 5. wurde ich wegen fortgesetzten Blutens der Patientin
geweckt. Sie lag erschöpft zu Bett, inzwischen fast ausgeblutet
anÀmische BlÀsse, anÀmische GerÀusche am Herzen, kaum fÀhig
die Hand zu heben. Ich griff jetzt zur heroischen Therapie. Nach
dem Grundsatz âviel hilft viel". Ich injizierte der Patientin in
etwa 5 Minuten nach den gehörigen Vorbereitungen intravenös
10 ccm Mercksche Gelatine, 1 ccm Hydrastinin und-l ccm Ergotin
Jungclaussen intramuskulÀr, 1 ccm Suprarenin '1:1000) wegen
der Kollapsgefahr] subkutan. Einen Tampon mit Mischungen
von einigen Tropfen sesquichlorati, Hydrastinin und Gelatine tat
ich gleichzeitig auf die Wunde. Nach 5 Minuten etwa hörte die
Blutung auf. Patientin blieb die Nacht ohne Schlaf und ohne
Blutung. Die Menses zessierten nicht.
Ich war mir wohl bewuĂt, daĂ ich ganz unwissenschaft-
lich arbeitete, daà ich mir jede Möglichkeit einer genauen Be-
stimmung der wirklichen Causa der Blutstillung nahm. Aber
das Wohl und das Leben der Patientin ging mir doch noch
darĂŒber. Ob nun die eigentĂŒmlichen ZustĂ€nde des Blutes
bei den Menses â Hormone? â vielleicht die Neigung zur
HĂ€mophilie gesteigert hatten oder ob die Patientin in
höherem Grade als ihre Blutsverwandten damit âbeerbt"
war, vermag ich ja jetzt nicht mehr zu entscheiden. Jeden-
falls war der Erfolg meiner Therapie eklatant. Und diese
Zusammenstellung kann ja jederzeit gegeben werden.
Bemerken will ich noch, daĂ die Blutung an der In-
jektionsstelle in die Vene nur schwer, etwa nach lĂ, Stunde
stand, diejenige an der Injektionsstelle in den Muskel
(GlutÀus) nach kaum 3 Minuten. WÀhrend ich die 10 ccm-
Spritze von der KanĂŒle absetzte, um neue Gelatine aufzu-
saugen, floĂ das Blut in dĂŒnnen Tropfen heraus.
Auf die eigentĂŒmlichen Verwandtschafts- und Ver-
erbimgsverhÀltnisse und auf die Manifestationen mÀnnlicher
HĂ€mophilie im Gegensatz zu der bisher herrschenden, wenn
auch schon anders vorhandenen Auffassung von deren
Latenz behalte ich mir vor in einer spĂ€teren Arbeit zurĂŒck-
zukommen.
* »
*
Vorstehende Arbeit war damals von mehreren klinischen
Zeitschriften abgelehnt worden. Zweifellos hÀtte in der
Zwischenzeit so manches Menschenleben durch die intra-
venöse Gelatineinjektion gerettet werden können. Ein neuer
Fall mit reinen Versuchsbedingungen mag das beleuchten.
Am 28. 11. 21 Extraktion eines unteren rechten 1. Molaren.
Blutung stand, allerdings ohne jede weitere Behandlung erst am
Abend, also nach etwa 12 Stunden. Am 2. 11. von anderer Seite
in LeitungsanÀsthesie weitere Extraktion einer Wurzel. Dabei
auffallend starke Blutung. Etwa 1 Stunde spÀter erschien Patient
W. bei mir. Auflegen von Suprarenin, Hydrastinin keinerlei Er-
folg. Erst mehrfaches Auflegen von Liq. Ferri sesquichlorati
brachte nach ĂŒber einstĂŒndiger Behandlung geringes Nachlassen.
Patient ging nach Hause. 6 Stunden spÀter wurde ich zu dem
inzwischen in höchstem MaĂe ausgebluteten Patienten gerufen,
bleiches eingefallenes Aussehen, hochgradiger Lufthunger, rings
um seinen Kopf Blutgerinnsel und aus der Wunde fortwahrendes
schwaches Hervorströmen des Blutes. Sofortige intravenöse In-
jektion von 20 ccm 10 % Merckscher Gelatina sterilisata pro In-
lĂŒ. Jahrg. â Nr. 3.
Walte: Muskeln und Nerven
iektionc, unter Weglassung aller anderen Therapie. Auftreten
von Leichtem Sausen im Kopf und im Ohr, sousl keine weiteren
subjektiven Empfindungen. Unmittelbar nach der etwa
5 Minuten wÀhrenden langsamen Injektion subjektive Meldung
des Patienten: âHerr Doktor, es blutet nicht mehr". Objektive
BestÀtigung. Weiterhin keinerlei Nachblutung. AllmÀhliche Er
holung des Patienten.
Vater toi an plötzlichem Lungenschlag. Sonst nichts an
etwaigen Erbeigenschaften zu erfragen,
Injektionstechnik sehr einfach ErwÀrmung der Gelatine in
der fertigen geöffneten Ampulle in reichlich heiĂem Wasser.
ErwĂ€rmung der Spritze in abgekochtem beiĂen Wasser. Auf
ziehen und langsames Injizieren.
Die VorgÀnge in den Muskeln und Nerven.
Von Prof. Dr. Walte (Hamburg).
Die in den vorhergegangenen Heften dargelegte Ansieht
ĂŒber das Wesen der galvanischen Energie betrachtet sie als
die freie, in Form von Schrauben wucht auftretende Energie,
die bei der Bildung von GroĂmolekeln entsteht. Nun wer-
den die VorgÀnge in Muskeln und Nerven als elektrisch an-
gesehen: es drÀngt sich daher die Frage auf, ob nicht auch
sie in der Bildung von GroĂmolekeln ihre ausreichende Er-
klÀrung finden können.
Der Sitz der MuskeltÀtigkeit sind die Zellen der Muskel-
fasern. Eine jede Faser besteht aus einer Reihe gleichlic-
gender, hintereinander geordneter Zellen, deren jede von
einer Zellhaut eingeschlossen ist. Damit diese Arbeit
leisten, muĂ vorher in ihnen Energie aufgespeichert wer-
den, die aus den ReservebehÀltern des Körpers in Form lös-
licher Nahrung vermittelst des Blutes zugefĂŒhrt wird. Das
Protoplasma bringt sie vorerst wieder in eine unlösliche
Form, wozu es durch die leichte Verschiebbarkeit seiner Teile
und der damit verknĂŒpften leichten Aufnahme und Abgabe
von Stoffen besonders geeignet ist. Die so in den einzelnen
Zellen wÀhrend der Ruhezeit des Muskels angesammelte
Nahrung wird durch einen Nervenreiz auf das Proto
plasma wieder löslich gemacht. Sie bildet nach der vor-
liegenden Auffassung mit der ZeilflĂŒssigkeit GroĂmolekeln
und macht dadurch Energie in Form von Schraubenwucht
frei, die sich aus LĂ€ngswucht und Drehwucht zusammen-
setzt. Welches die Kerne dieser GroĂmolekeln sind, ob sie
sauren bezw. basischen Charakter haben oder aus anderen
Gebilden organischer Natur bestehen, das zu ermitteln, wird
Aufgabe der Zellphysiologie sein. Diese freie Energie leistet
die Muskelarbeit.
Wenn die aufeinander folgenden Zellen einer Muskel-
faser alle gleich geordnet sind, so ist zu erwarten, daĂ auch
die entstehenden GroĂmolekeln gleich gerichtet sind und die
LĂ€ngswuchten der freien Schraubenbewegungen parallel der
Muskelfaser geordnet sind und die Drehwuchten der freien
Strombewegungen parallel der Muskulatur geordnet sind
ind die Drehwuchten in untereinander parallelen Ebenen
senkrecht zur Nervenfaser alle in demselben Sinne kreisen.
Die LĂ€ngswuchten suchen die eigene Zelle zu strecken, (Sic
Drehwucht, sie senkrecht zur Zellaxe auszubauchen. Beide
Wuchten wirken daher einander entgegen. Da aber nach der
Entstehung der GroĂmolekel ihre Drehwucht die LĂ€ngswucht
ĂŒberwiegt, so wird die Ausbauchung und die dadurch be-
dingte VerkĂŒrzung der Zellaxe die LĂ€ngsstreckung ĂŒber-
winden: und die Folge wird eine VerkĂŒrzung der Muskel-
zelle sein; die aber passiv eine Folge der Ausbauchung ist.
Die ganze LĂ€ngswucht und ein ihr entsprechender Teil der
Drehwucht wird dadurch in WĂ€rme umgesetzt und bildet
die verlorene Arbeit der MuskelzellentÀtigkeit. Dali die
Muskelzelle ebenso wenig eine ideale- Maschine ist wie etwa
die Dampfmaschine, ist hingst festgestellt worden. Aber
wĂ€hrend man bei der letzteren die GrĂŒnde fĂŒr die MĂ€ngel
bald eingesehen hat, steht man bis jetzt vor der ersteren wie
vor einem RĂ€tsel. Die neue Auffassung ist geeignet, dies
BÀtsei zu lösen und auch Wege aufzusuchen, um aus dein
angegebenen Mechanismus die verlorene Arbeit zu berechnen
und mit der beobachteten zu vergleichen.
Wenn nun in den sÀmtlichen Zellen einer Muskclfasei
durch Nervenreize gleichzeitig Groliinolekeln gebildet Wer
den, so werden auch sĂ€mtliche Zellen in der LĂ€nge verkĂŒrzt
und in der Breite ausgebaucht; und wenn das (deiche in
allen Fasern eines MuskelbĂŒndels vor sich geht, so wird der
ganze Muskel in der LĂ€nge verkĂŒrzt und schwillt in der
Breite an, wie auch jede Beobachtung zeigt. Die VerkĂŒrzung
ĂŒbertrĂ€gt die freie Energie der sĂ€mtlichen GroĂmolekeln auf
den mit dem Muskel verbundenen einarmigen Hebel und
bewirkt die Verlagerung der am Ende des Hebelarmes befind-
lichen Masse.
Diese Vorstellung wird manchem befremdend erscheinen.
Wie sollen die zarten Zellgebilde den starken Druck aus-
halten, dem ein krÀftiger Arm beim Stemmen schwerer Ge-
wichte Widerstand leistet? MĂŒĂten nicht die ZellhĂ€ute, die
den Druck zunÀchst aufnehmen, dabei zerrissen und der
ganze Muskel zerstört werden? Aber der Druck verteilt sich
auf die Millionen der Zellen eines Muskels, so daĂ auf jede
einzelne nur ein kleiner Teildruck fÀllt. Dann mag man
fragen, wie denn die Schrauhenenergie der GroĂmolekeln in
die beiden Komponenten LĂ€ngswucht und Drehwucht sich
zerlegt, da es doch eine einzige Energie ist? Aber jede
Kanonenkugel, die auf ihrer Bahn um ihre Axe rotiert, ĂŒbt
unabhÀngig voneinander zwei Wirkungen aus, das Durch-
schlagen etwa durch eine Mauer und gleichzeitig das seit-
liche Auseinandertreiben der MauerstĂŒcke. So können auch
beide Energien der Muskelzelle voneinander unabhÀngige
Wirkungen ausĂŒben, die sich teilweise aufheben. Ermög-
licht wird dies durch die Festigkeit der Zellhaut, die aus-
reichend groĂ sein muĂ, um ohne SchĂ€digung die verlorene
Arbeit als WĂ€rme aufzunehmen. Das Blut fĂŒhrt dann diese
WĂ€rme schnell fort und gibt dadurch der Zelhaut die alte
Festigkeit wieder. Es darf hier an einen anderen Vorgang
erinnert werden, den wir bei aer Bewegung der Anneliden
finden. Diese weisen LĂ€ngsmuskeln auf, die sich vom Kopf
bis zum After erstrecken und durch VerkĂŒrzung infolge eines
Nervenreizes den Wurmleib verkĂŒrzen und dadurch passiv
verdicken, und daneben Ringmuskeln, deren VerkĂŒrzung den
Wurmleib wieder streckt. Mit Hilfe von Borsten, die ab-
wechselnd am Vorder- und Hinterleib einen Halt am Boden
gewinnen, bewegt sich der Wurm vorwÀrts. Beide Muskel-
systeme veranlassen nacheinander abwechselnd gerade ent-
gegengesetzte Bewegungen- des Körpers. In der einzelnen
Zelle sind beide Wirkungen auf die Zellhaut gleichzeitig
nebeneinander vorhanden; und die verkĂŒrzende Wirkung
ĂŒberwiegt jedesmal. Bildlich gesprochen, benutzt die Natur
die voneinander unabhÀngigen Wirkungen der LÀngs- und
Drehwucht der GroĂmolekel, um auf einem, allerdings nicht
gerade wirtschaftlichen, aber vielleicht einzig möglichen
Wege den Effekt der ZellverkĂŒrzung zu erzielen.
Ist die dargelegte Auffassung richtig, so muĂ ein Muskel
Einrichtungen haben, die verhindern, daĂ die Schrauben-
energie, ohne Arbeit zu leisten, die Zelle verlĂ€Ăt. Diese Auf-
gabe dorf wohl zunĂ€chst der umschlieĂenden Zellhaut zuge-
schrieben werden: und es ist zu prĂŒfen, durch welche Ein-
richtungen sie dieselbe erfĂŒllen kann. Sollten die ZellhĂ€ute
einer Muskelfaser nicht ĂŒberall dicht abschlieĂen, was als
eine Krankheitserscheinung aufzufassen wĂ€re, so wĂŒrde die
Energie die Faser verlassen und auf die Sehne ĂŒbertreten.
Vielleicht ist ein derartiger Zustand' die Ursache von Sehnen-
entzĂŒndungen, so daĂ deren Ursache nicht unmittelbar in
der Sehne, sondern in dem entsprechenden Muskel zu suchen
wÀre.
Nun hat Dubois-Keymond berĂŒhmte Untersuchungen
ĂŒber die MuskelelektrizilĂ€t angestellt, die als klassisch an-
gesehen werden. Ihm ist es gelungen, durch Einsetzen von
Sonden in die Muskelfasern elektrische Spannungen am »
Elektroskop nachzuweisen. Damit scheint aber im Wider-
spruch zu stehen, daĂ der gesunde Muskel die elektrische
70
Walte: Muskeln und Nerven
40. Jahrg. â Nr. 3.
Energie nicht abgeben soll, es sei denn, daĂ der berĂŒhmte
Forscher entweder mit nicht gesunden Muskeln gearbeitet
hÀtte oder daà die beiden voneinander getrennten Spitzen der
Sonde in dieselbe Muskelzelle getaucht wÀren und dadurch
natĂŒrlich die elektrische Spannung, d. i. die kinetische
Energie der GroĂmolekel zum Galvanoskop geleitet hĂ€tten.
Doch ist noch mit einer weiteren Möglichkeit' zu rechnen, daĂ
nÀmlich die beiden Spitzen der Sonde in zwei nahe zu-
sammenliegende, nur durch wenige andere Zellen getrennte
Zellen eingetaucht sind und daĂ die ganze Zellenreihe durch
den mechanischen Eingriff verletzt wurde und infolgedessen
die Schraubenenergie entweichen lieĂ. Es dĂŒrfte daher wohl
der MĂŒhe wert sein, Dubois-Reymond's Versuche unter
diesem Gesichtspunkte zu wiederholen und zweckent-
sprechend zu erweitern.
Nun kann es auch fĂŒr bestimmte Tiere ganz zweckmĂ€Ăig
sein, daĂ die Zellhaut der Aufgabe, zu isolieren, ganz ent-
hoben wird und daĂ die gesamte Energie aller Zellen eines
Muskels als Schraubenwucht auf einmal abgegeben wird. In
der Tat ist diese Einrichtung in den elektrischen Organen
bestimmter Fische anzutreffen. Morphologisch ist dieses
Organ ein umgebildeter Muskel. Wenn frĂŒher diese Um-
wandlung als etwas AuffÀlliges erschien, so ist sie etwas
NatĂŒrliches auf grund der entwickelten Vorstellung. Die
Abweichung in dem Bau der Zellen von denen eines normalen
Muskels ist jetzt daraufhin zu prĂŒfen, ob sie die allmĂ€hliche
Aufspeicherung der Energie wie auch die plötzliche Ent-
ladung derselben besonders gut zu bewirken imstande ist.
DaĂ dieses Organ bei den Fischen ganz verschiedener Ord-
nungen ausgebildet worden ist, ist nun nicht mehr ver-
wunderlich, da die Anlage zu der Umwandlung bei den
meisten Fischen vorausgesetzt werden darf. Viel eher muĂ
es befremden, daĂ sie nur bei so wenigen Fischen anzutreffen
ist. Aber sie wird nur dort zu erwarten sein, wo die Tiere
einen besonderen Nutzen davon haben. Nun wird das elek-
trische Organ auf Kosten eines Muskels gewonnen, so daĂ
die freie Bewegung des Tieres beschrÀnkt wird. Daher wird
man dasselbe nur bei Fischen finden, die durch ihre Lebens-
art in irgendeiner Weise an der schnellen Bewegung be-
hindert sind. Wer sich im freien Wasser bewegen muĂ, wird
keinen Grund haben, sich um einen Muskel zu schwÀchen,
der ihn vor seinen Feinden ebenso sicher zu schĂŒtzen ver-
mag wie er ihm erleichtert, seine Beute zu erhaschen. Nun
leben die Zitteraale, -weise und -rochen im Schlamme, von
welchem Versteck aus sie ihre Beute erspÀhen. Naht sich
ein Opfer in dem klaren Wasser ĂŒber dem Schlamme, so
wĂŒrden sie zu viel Zeit verlieren, um ins klare Wasser zu
kommen und die Verfolgung aufzunehmen. Dagegen wirkt
die im elektrischen Organ aufgespeicherte Energie, plötzlich
auf einmal entladen und auf einer kurzen Wasserstrecke
ĂŒbertragen, auf die Muskeln des Beutetieres lĂ€hmend; so kann
der Zitterfisch sich der Beute leicht bemÀchtigen.
Die Nervenzellen gelten als umgewandelte Muskelzellen
und gleichen besonders den Zellen des elektrischen Organs.
Bei den niederen Tieren trifft man Neuromuskelzellen an, die
also noch nicht differenziert sind und als der gemeinsame
Ursprung der Nerven- und Muskelzellen anzusehen sind. Mit
der Bildung des Muskels muĂten gleichzeitig Nervenzellen
und NervenfÀden entstehen, die den Reiz zu den Muskeln
ĂŒbertragen und dort den chemisch-mechanischen Effekt aus-
lösen konnten. Diese Uebertragung muĂte ohne Hebel -
mechanismus und dabei schnell bewirkt werden. In der Form
von WÀrme wÀre sie zu langsam erfolgt; dagegen ist eine
solche durch Schraubenwucht mit groĂer LĂ€ngswucht als be-
sonders geeignet anzusehen; man darf daher vermuten, daĂ
sie, wie in den Muskeln, auch in den Nerven das treibende
Agens ist. Die in den Ganglien freigemachte Nervenenergie
hat eine gröĂere LĂ€ngsnaht und durchjagt damit den Nerven-
faden, um die kleine Drehwucht zur Muskelzelle zu tragen,
wo sie die GroĂmolekelenergie frei macht. Solange die
Nervenzellen neue Reize zu dem Muskel senden, wird dieser
Arbeit leisten, vorausgesetzt, daĂ der Nahrungsvorrat, aus
dem GroĂmolekeln gebildet werden, dazu ausreicht. Nach
Aufhören dieser Reize geht der Muskel in die Ruhelage zu-
rĂŒck und speichert von neuem aus dem Nahrung zufĂŒhren-
den Blute Reservestoffe auf. Hierzu bedarf es keines beson-
deren Reizes; oder man kann auch sagen: das Aufhören des
Nervenreizes wirkt als Reiz, um die frĂŒhere, rein der Selbst-
erhaltung dienende TĂ€tigkeit wieder aufzunehmen.
Zu dem Falle, daĂ der Reiz einer Nervenzelle zu einer
Muskelzelle ĂŒbertragen wird, gesellt sich der Verlauf des
Reizes von Nervenzelle zu Nervenzelle. Schon bei der Aus-
lösung einer Muskelbewegung geht der Reiz von vielen Ge-
hirnzellen zu allen Nervenzellen, die den Muskel regieren,
und wird von diesem erst an alle Muskelzellen ĂŒbermittelt.
Ferner sind alle Nervenzellen der Sinnesorgane mit bestimm-
ten Nervenzellen des Gehirns verknĂŒpft, so daĂ die Ganglien
der Sinnesorgane im Gehirn lokalisiert sind. Dort sind be-
stimmte Ganglien mit bestimmten anderen durch Nerven-
fĂ€den verknĂŒpft. An jedes Ganglion ist eine Vorstellung
gebunden, die dem Menschen bewuĂt wird, wenn ein Reiz
das Ganglion durchströmt. FlieĂt ein Reiz von einem Gang-
lion zum anderen, so werden die Vorstellungen beider mit-
einander verknĂŒpft; es entsteht ein Gedanke. Zwischen den
GanglienverknĂŒpfungen, die zu Gedanken fĂŒhren, die mit
keine Verbindung durch NervenfĂ€den. Sollte sie frĂŒher ein-
mal bei unseren Vorfahren bestanden haben, so ist sie durch
Nichtbenutzung des Urverbindungsweges unwegsam ge-
worden und dann ganz verschwunden. So werden die
GanglienverknĂŒpfungen, die zu Gedanken fĂŒhren, die mit
der Wirklichkeit in Widerspruch stehen, auf Grund der Ei-
fahrung mit der Zeit von selbst aufgehoben. Das Gehirn des
Einzelnen ist im allgemeinen konform mit seiner Erkenntnis
der Welt.
Geht der Reiz von einem Ganglion ĂŒber eine Reihe an-
derer zu einem zweiten, so werden dadurch die zu einem Ge-
danken verknĂŒpften Vorstellungen spezialisiert: der Gedanke
ist kein allgemeiner: Diese besonderen Vorstellungen und Ge-
danken sind die ursprĂŒnglichen gewesen. Wird das Anfangs-
und Endganglion auf verschiedenen Bahnen ĂŒber andere
Ganglien miteinander verbunden, so wird der durch Reize
hervorgerufene Gedanke schon ein allgemeinerer. Werden
aber aus der Balm mehr imd mehr Ganglien ausgeschaltet,
so wird der entsprechende Gedanke immer allgemeiner und
am allgemeinsten, wenn zwischen den beiden Ganglien eine
unmittelbare Verbindung hergestellt wird, die gangbarer als
alle mittelbaren ist.
Zwingen die Beobachtungen der Welt zur Bildung eines
neuen Gedankens, so ist ein Nervenfaden zu bilden, der ĂŒber
alle Ganglien lÀuft, deren Vorstellungsinhalt mit dem neuen
Gedanken in Verbindung steht. Zwischen vielen dieser
Ganglien bestehen schon VerbindungsfÀden; nur an einigen
Stellen, schlieĂlich nur an einer einzigen fehlt die Verbin-
dung noch. Infolge, der Reize senden die noch nnverbundenen
Ganglien FĂ€den aus. Falls diese sich berĂŒhren und inein-
ander mĂŒnden, so ist die Möglichkeit gegeben, den Reiz durch
die ganze Kette zu ĂŒbertragen, wenn er hinreichend stark ist,
um den neugebildeten schwachen Verbindungsfaden zu
passieren: dann ist der neue Gedanke geschaffen, aber noch
nicht konserviert. Die geschlossene Verbindung kann wieder
zerreiĂen, besonders wenn sich die Gedanken jagen und neue
Gedankenverbindungen eintreten. Kommt spÀter derselbe
GedankenfluĂ erneut zustande, dann kann das GlĂŒck es
bringen, daĂ die BrĂŒcke zwischen den beiden Ganglien noch
einmal hergestellt wird und der neue Gedanke wieder im Be-
wuĂtsein erscheint. Jetzt ist schon im voraus die Aufmerk-
samkeit auf ihn gerichtet, so daĂ er aufgeschrieben wird und
dadurch immer neu produziert werden kann; zugleich wird
der Verbindungsfaden immer gangbarer. Aber der neue Ge-
danke ist noch an viele besondere Vorstellungen geknĂŒpft, so
daĂ er als allgemeiner noch nicht in Anspruch genommen
werden kann. Die PrĂŒfung der Wirklichkeit, ob die Ver-
allgemeinerung ĂŒberhaupt statthaft ist, spricht oft das Todes-
urteil ĂŒber den Gedanken selbst aus.
Aber ebenso schwierig wie es ist, einen neuen allgemeinen
40. Jahrg. â Nr. 3.
R <; f e r a I 6
71
Gedanken zn fassen, wie es etwa Newtons Gravitationsgesetz
oder das Gesetz von der Erhaltung der Energie gewesen ist,
ist es auch, sich von einem Gedanken, der auf einer falschen
VerknĂŒpfung von Vorstellungen beruht, frei zu machen,
selbst wenn man die Unrichtigkeit des Gedankens genau
Kennt. Die Wenigsten werden beim Sonnenaufgang den un-
mittelbaren Gedanken habin, dajĂ die Erscheinung der Um-
drehung der Erde um ihre Axe zu danken ist. Nur auf einem
Umwege wird dieser Gedanke geweckt. Der falsche Gedanke
Stimmt aber so sehr mit der Beobachtung uberein, daĂ die
falsche VerknĂŒpfung der Ganglien (Sonne und Bewegung)
dauernd erhalten bleibt und auch auf das Gehirn der Nach-
kommen vererbt wird.
Falsche Gedanken abzuschĂŒtteln, ist dabei ebenso mĂŒh-
sam, wie neue zu bilden. Daher kommt es, daĂ gerade die
Gelehrten, die sieh am intensivsten mit der Wissenschaft be-
schÀftigt hallen, sich neuen Gedanken auf ihrem Gebiete am
stÀrksten widersetzen, da die VerbindungsfÀden ihrer Ge
dankenbahnen fĂŒr sie zu wegsam sind, als daĂ sie dieselben
verlassen könnten. Erst das neue Geschlecht nimmt die
neue Wahrheit ohne Schwierigkeit auf und versteht nicht,
was das alte am Begreifen derselben behindert hat.
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
Berliner klinische Wochenschrift.
15). Dezember 1921, 58, Nr. 51.
Die Kultur des l-"h ekfiehervirus auĂerhalb des Körpers (1. Teil).
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(Jeher einen Fall von jugendlicher Olaudicatio intei'.nittcuÀ non arterioscle-
rotica mit Raynaudschen Erscheinungen. '1 ablas. E. 1493.
Ein Fall von Polyneuritis mit erhaltenen Knie-Seluien-Reflcx.en. Tetzner,
II. Zt, 1494.
1 'eher operative Behandlung des Schulter-Schlottergeleinks nach SehuĂ-
lÀhmungen. M a n a s s e . P. 1494.
âŠUeber Abortbehandlung. II a m m e r s Chi a g. 1497.
Ueber den heutigen Stand des Kasedowprnhlems in Theorie und Praxis.
Melchior, E. 1500.
Gciniiis epidemieus (in Berlin). M a g e 1 s s e n , A. 1504.
Der serologische Luesuachweis mittels der Flockungsreaktionen naeii
Sachs-Georgi und Meinickc und der Wasserrflannschcn Reaktion.
Sehneider, M. 1508.
Ueber Abortbehandlung. H a m m erschlag kommt in der
Frage der zweckmĂ€Ăigsten Abortbehandlung im scharfen Gegen-
salz zu den Auffassungen Siefarts zu folgenden GrundsÀtzen:
1. In geeigneten FĂ€llen von Blutungen ist der Versuch zu
machen, die Schwangerschaft zu erhalten.
2. In allen anderen FĂ€llen ist in erster Linie die Spontanaus-
stoĂung des Abortes anzustreben.
3. Inkomplette aseptische Aborte sind aktiv zu beenden.
4. Septische Aborte sind zunÀchst exspeklativ zu behandeln.
5. Die digitale AusrĂ€umung mit gelegentlicher UnterstĂŒtzung
durch geeignete Instrumente ist das fĂŒr den Praktiker beste
Verfahren.
Medicinische Klinik.
11. Dezember 1912, 17, Nr. 50.
I. lieber einen klinisch und anatomiiisch untersuchten Fall i-r>n Meningitis
cerebrospinalis acuta syphilitica (mit positivem SpdroehÀtenbefund) im
FrĂŒhstadium der Lucs. Nonne, Hamburg-Eppendorf. 1501.
Zur chemotherapeutischen Aktivierung der Salvarsanpraparate mit besonderer
BerĂŒcksichtigung der Metallsalvarsanc und der einzeiligen intravenösen
Salvarsnu-Quccksilhrrthcrapic. Hole. \Y, i:>04.
Zur Klinik und Therapie des intermittierenden Hinkcus. Schlesinge r.
II. 1507.
I âŠUeber die unspeziifische Theripie und Prophylaxe der progressiven Paralyse.
F l s c o e r. Oskar, Prag 1509.
âŠUeber Behandlung der exsudativen Form der Peritonealtuberkulose mit
Pneumoperitoneum. S o r g o und F r i t z. 1513.
[ Umfrage ĂŒbar die Behandlung des septischen Ahortcs. Antworten von:
P e h a m, Wien, von F r a n q u e. Bonn. Z a n g e meiste r Marburg.
151S.
Methodenwahl in der Röntgendiagnostik, Die unzweckmĂ€Ăigen und die
zweckdienlichen Wege. Fordes. Fritz. 1516.
âZur Cymanintherapie. B o n s m a n n. 1518.
"rFeher das Vorkommen von Diphtheriehazillen im Auswurf. M C V 0 r,
Kurt. 1520.
Geburtshilfe der Unfallstation. Runge, Emst. 1521.
Leber die unspezifische Therapie und Prophylaxe der pro-
gressiven Paralyse. Fischer hat seine bereits im Jahre 1912
Begonnenen Versuche der Behandlung der Paralyse mit Natrium
pĂŒcleinicum fortgesetzt und berichtet ĂŒber eine gröĂere Anzahl
von FÀllen, von denen ein Teil SanatoriumsfÀlle, also bereits
vorgeschrittene FĂ€lle waren, ein Teil aus der Sprechstunden-
Praxis stammte, also sich im Initialstadium befanden. Es zeigte
sich nun. daà Letztere FÀlle einen wesentlich höheren Heilungs-
prozentsatz gaben, als erstere, daĂ ferner die Menge des ver-
wendeten Nucleins eine Rolle spielt und daĂ auch das Alter der
Patienten von nicht unwesentlichem EinfluĂ auf das Resultat
blieb, insofern als die Erfolge bei Patienten unter 40 Jahren
bessere waren als bei Ă€lteren. Unter BerĂŒcksichtigung dieser
Faktoren bei der Aufstellung der Statistik konnten in 55 Prozent
der FĂ€lle Heilungen konstatiert werden, und nur 27 Prozent
blieben ungeheilt. Unter den Geheilten befinden sich 2 FĂ€lle,
die jetzt bereits seit 9 Jahren voll arbeitsfÀhig sind. Aus seinen
bisherigen Erfahrungen heraus gewinnt Verfasser den Eindruck,
daĂ die besten Resultate dann zu erzielen sind, wenn die Nuclein-
therapie in AbstÀnden wiederholt wird. Die Behandlung wurde
in der Weise durchgefĂŒhrt, daĂ von einer 10 prozentigen Lösung
von Natrium nucleinicum in Wasser in AbstĂ€nden von 3 â 4 Tagen
von 2,5 â 3 cem an steigend ĂŒber 5,7 bis zu 10 cem injiziert wird.
Nach einer Pause von 14 Tagen wird das Verfahren wiederholt.
Worauf es ankommt, ist, daà bei den Patienten lÀngere Zeit hin-
durch eine Leukozytose erhalten bleibt.
Ueber Behandlung der exsudativen Form von Peritoneal-
tuberkulose mit Pneumoperitoneum. S o r g e und Fritz haben
in einem Fall von Bauchfelltuberkulose mit Ascites durch Ein-
blasen von Luft in den Peritonealraum nach Ablassen des Ex-
sudats Heilung erzielt. Die Wirkung ist wahrscheinlich auf eine
Besistenzerhöhung des Peritoneums unter der Druckwirkung der
eingeblasenen Luft zurĂŒckzufĂŒhren. Kontraindiziert ist der Ein-
griff bei gleichzeitig bestehender Darmtuberkulose oder bei peri-
tonealen Verwachsungen, sowie bei Fehlen von Exsudat wegen
der dann bestehenden Gefahr einer Darmverletzung bei EinfĂŒh-
rung des Salomon'schen Katheters. Eine NachfĂŒllung von Luft
ist erforderlich bei Wiederansteigen des Exsudats. Der Eingriff
selbst wurde von den Verfassern in der Weise vorgenommen,
daĂ nach Jodierung der bei Ascitespunktion ĂŒblichen Einstich-
stelle und AnÀsthesierung mit Novokain der Salomon'sche
Katheter eingestochen und zunÀchst das Exsudat abgelassen
wurde. Durch dieselbe Hohlnadel wurde dann mittels des
Sorgo sehen Pneumothoraxapparates 1 â 1 Liter Luft einge-
blasen, etwa die HĂ€lfte des abgelassenen Exsudates. Zu ver-
meiden ist jede stÀrkere Spannung des Abdomens und dem sub-
jektiven Befinden des Patienten Rechnung zu tragen.
Zur Cymarintherapie. Verfasser hat seine bereits vor meh-
reren Jahren begonnene DurchprĂŒfung des Mittels fortgesetzt und
verfĂŒgt jetzt ĂŒber 200 FĂ€lle verschiedenster Art von Kreislauf-
störungen. Nach diesen Untersuchungen scheint das Mittel ganz
besonders bei Störungen im kleinen Kreislauf zu wirken. So
wurden sehr gute Besultate in 40 FĂ€llen schwerer Pneumonie
mit ausgedehnten Lungenprozessen und oft hochgradiger Cyanose
erzielt. In diesen FĂ€llen wurde das Cymarin in einer Dosis von
0,001 dreimal tÀglich intravenös gegeben, wodurch gleichzeitig
eine sedative Wirkung eintrat. Durch diese sedative Kompo-
nente ist das Mittel in den FĂ€llen von Pneumonie kontraindiziert,
wo schon von vornherein groĂe HinfĂ€lligkeit und SchlĂ€frigkeit
bestehen. Auch in FĂ€llen von Arteriosklerose wurde das Mittel
mil vertragen, soll jedoch bei schwerer Sklerose nicht intra-
venös gegeben werden. Bei schwerer SchÀdigung des Herz-
muskels soll es nur intramuskulÀr angewandt werden; wo aber
diese Art der Applikation nicht ausreicht, sind intravenös nicht
mehr als höchstens 0,5- 0,7 mg zu geben. Vereinzelte Extra-
systolen bilden keine Kontraindikation, gehÀufte dagegen ver-
72
Ans den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 3.
hingen Aussetzung des Mittels. Kumulationen des Mittels und
Gewöhnung wurden nicht heobachtet. Als ĂŒbliche Dosis hat
Verfasser â mit Ausnahme der obengenannten FĂ€lle â 0,001
innerhalb 24 Stunden gegeben, und diese Dosis besonders bei
organischen Herzleiden nicht ĂŒberschritten. Als Grenzdosen
haben nach ihm 0,o und 3.0 mg pro die zu gelten.
lieber das Vorkommen von Diphtheriebazillen im Auswurf.
Meyer konnte aus hundert hintereinander eingesandten Sputis
in 15 FĂ€llen â Diphtheriebazillen rein zĂŒchten, obwohl aus Ă€uĂeren
GrĂŒnden auf die ReinzĂŒchtung nicht viel Zeit verwandt werden
konnte. Drei von diesen Kulturen erwiesen sich als virulent. In
einem zur Sektion gelangten Fall von Lungentuberkulose konnte
auch aus dem Lungenparenchym Diphtheriebazillen gezĂŒchtet
werden. Dieser Befund stimmt mit anderen schon frĂŒher von
anderer Seite gemachten Beobachtungen ĂŒberein. Die Ansied-
lung von Diphtheriebazillen in pathologisch verÀnderten
Atmungsorganen veranlaĂt Verfasser, besonders auf die Gefahr
der Weiterverbreitung bei hustenden Kranken hinzuweisen.
Silbermann (Charlottenburg .
MĂŒnchener medizinische Wochenschrift.
23. Dezember 1921. Nr. 51.
Lymphozytose. W e i <âą k s e 1 . 1643.
Moroscher Umklamincaningsreflcx u. fj. Mi'n(l/,iiiskisrln>n Nfackenzeichen ul>
Reflexe dos NĂ€uglingsalters. V r e u d e n Ii e r g. I64fi.
Thorakoskopie. K o f Ii s e I). 1647.
âKalorische Erregung des Ohi-lnliyrintlis. Ii r i e M in u n n. 1648.
d'Herellesches PhÀnomen. R i m p a u. Kits.
Oesophagusatresie. G ö p p eil. 1649.
SpÀttetanus. Reh m. 1649.
Traumatische Ruptur am Ductus ĂhoIeUochu«. B u 'I 11 e r g Ifi.vi.
âKlarheit. T o e p 1 i t z. 1651.
Zahnpflege. K ii h n. 1652.
Vntropomcltrie und Medizin. S 6 Ii G i d t. 16BS.
Schmerzlose Gehurt, v. Octting e n. 1654.
Tetanus nach Starkstruniverbreniiiuug. 1655.
Zur kalorischen Erregung des Ohrlabyrinths. VorlÀufige
kurze Mitteilung. Zur kalorischen PrĂŒfung ist SpĂŒlung des Ge-
hörganges gar nicht notwendig; Einlegen eines Wattebausch
chens, das mit kaltem oder heiĂem Wasser angefeuchtet ist, oder
Auflegen eines feuchten Lappens auf die Halsmuskulatur unter-
halb des Ohres ruft dieselben Reaktionen hervor. Danach be-
stehen enge ZusammenhÀnge zwischen Haut und Vestibularappa-
rat und das Ohrlabyrinth ist als feiner temperaturempfindender
Nervenapparat aufzufassen.
Klarheit (BeitrÀge zur Tuberkulosefrage). Verf. behandell
die auf dem Tuberkulosegebiet herrschende Unklarheit der Be-
griffe, besonders bezĂŒglich der beginnenden Erkrankung. Zum
Referat nichl geeignet. Lesen des Originalartikels dringend zu
empfehlen. F. Loewenhardt (Charlottenburg-Westend
Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
1 7. Dezember 1921, 48. Nr. 50.
âf irupuenreaktion mit Blutkörperchen zum Nachweis aktiver Tuberkulose.
K ii in m e 1 1 jr. 1822.
âMethode zum Auffinden von Hirntumoren. M e y e r , W, 1824.
âApparat zur Bestirnrnung des elektrischen Widerstandes im Gehirn. 8 c h I ĂŒ -
ter. 1827.
Beitrag zur Technik der Magenoperatinnen. Orth, 1828;
AchscIliiihlenfurunUiilij-e. II e i d e n Ii a i n. 1891.
Gr Uppenreaktion mit Blutkörperchen zum Nachweis aktiver
Tuberkulose. Bei der Eigenharn- und Eigenserumreaktion von
Wildbolz tritt hin und wieder an der Injektionsstelle eine Haut-
nekrosc auf. Auf W. 's Erfahrungen fuĂend, hat Verf. versucht, ein
anderes Reagens zu finden, dem diese nekrotisierenden Eigen-
schaften des Urins fehlten. Ein solches fand er in den Blut-
körperchen. 10 cem Blut werden mit der gleichen Menge Pepton-
bouillon gemischt und bis zum Absetzen stehen gelassen; der
Bodensatz besteht aus Blutkörperchen und ist ohne weiteres
impfferlig. Die Impfung geschieht intrakutan; die Reaktion ver-
lÀuft wie bei den anderen intrakutanen Proben.
Methode zum Auffinden von Hirntumoren bei der Trepanation
durch elektrische Widerstandsmessung. â Apparat zur Bestim-
mung des elektrischen Widerstandes im Gehirn. Die Lokalisation
von Hirntumoren ist selbst nach eröffneter Dura â hĂ€ufig
nicht möglich. Verf. fand nun einen groĂen Unterschied in der
elektrischen LeitfÀhigkeit des Gehirns und des Gehirntumors.
Durch Tier- und Leichenversuche wurde festgestellt, daĂ das
normale Gehirn etwa 550 bis 050 Ohm Widerstand leistete, der
Tumor dagegen nur etwa 200. In einem Operationsfall wurde ein
Kleinhirntumor auf diese Weise lokalisiert. Genaue Beschrei-
bung des Apparates.
24. Dezember 1921. 48, Nr. 51.
\l 1 1 rci i In- mi sehe Chiru rgen verein! srung. i B53,
K. Wohlgemut h Berlin
Zentralblatt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
24. Dezember 1921, 45, Nr. 51.
â Anatomisch-pathologische BeitrĂ€ge zur weiblichen Gonitaltuberkulose. Ber-
told n i , G. 1830.
Beitrag zur Frage: Herzfehler und Schwangerschaft. Bemerkungen zu der
gJeichnamiiigiein Arbeil von Paul Werner und Kud. Stiglbauer im Aich. F.
Gyn/, Bd. CXV, lieft 1. v. Jiaschke, R. Tb. 1837.
Geburt, kompliziert durch einen Ovarialtumor. B j ö r k e n h e i m . ICd. A.
1838.
â l'elier die Art der Weiheuanrcgung durch Hy pophysenextraktc and ĂŒber das
neue Mittel Physormon. C a 1 m a n . A. 1841.
Zur Collifixatio uteri. G r a f . E, 1843.
Anatomisch-pathologische BeitrÀge zur weiblichen Genital-
tuberkulose. Verfasser untersuchte das Material der Univ-
Frauenklinik Berlin, im ganzen 55 FĂ€lle von Genitaltuberkulose.
Am meisten war das Peritoneum betroffen, 43 mal; die Tube
wurde in 19 FĂ€llen als krank befunden, je 7 mal mit Corpus uteri
und Ovarium 4 mal Cervix und je 1 mal Portio und Vulva. Auch
an diesem Material zeigte sich die schon öfters betonte Schwie-
rigkeit der makroskopischen Diagnose, da das Vorkommen von
grauweiĂen Knötchen auf dem SerosaĂŒberzug der Genitalien, be-
sonders der Tuben, die sofort den Verdacht auf Tuberkulose er-
wecken, doch nicht allzu hÀufig ist. Sehr hÀufig werden vor-
handene Knötchen deshalb ĂŒbersehen, weil sie von AdhĂ€sionen
bedeckt sind, oder sie werden fĂŒr Serosa zysten gehalten, die je-
doch zum Unterschied von Tuberkulose fast ausschlieĂlich auf
der dorsalen Seite der Adnexe und Ligamente vorkommen. Unter
dem Material war kein Fall von primÀrer Infektion der Geni-
lalien und Aufsteigen des Krankheitsprozesses. Die hÀmalogene
Infektion scheint recht selten zu sein, viel hÀufiger die sekundÀre
Infektion der Eileiter durch Eintauchen des Fimbrienendes in die
peritoneale FlĂŒssigkeit oder durch Einschwemmen derselben in
den Tubentrichter. Die Peritonealtuberkulose, von der die In-
lektion der Genitalien in den meisten FĂ€llen herrĂŒhrt, entstamml
ĂŒberwiegend bereits dem Kindesalter. Was das Alter der Pa-
tienten betrifft, so kamen die meisten Erkrankungen zwischen
dem 20. und 40. Lebensjahre vor; relativ hÀufig (5 mal) wurden
Erkrankungen im 7. Jahrzehnt. 2 mal sogar im 8. Jahrzehnt kon-
statiert. Es stimmt dies mit der Anschauung von Lubarscli
iiberein, daà die Tuberkulose im hohen Alter hÀufig vorkommt.
Ueber "die" Art'der Wehenanregung durch Hypophysenextrakte
und ĂŒber das neue Mittel Physormon. Das wesentliche Anwen-
dungsgebiet der Hypophysenextrakte war seither das Endstadium
der Eröffnungsperiode, die Austreibungs- und Nachgeburts-
periode. Auf die jĂŒngst veröffentlichte Empfehlung von Arthur
St ein -New York hin hat Verfasser versucht, das Mittel in
kleinen Mengen auch zur Einleitung der Geburt am Ende der
Schwangerschaft zu benutzen, hatte jedoch keinen Erfolg. Da-
gegen hat sich das Mittel in kleinen Dosen â 2 Tropfen Pituitrin
intramuskulĂ€r mehrmals in AbstĂ€nden von je 1 Stunde â bei
Wehenmangel in jedem Stadium der Geburt bewÀhrt. Bei nicht
genĂŒgendem Resuilat kann die Wirkung durch Chinin in kleinen
Dosen verstÀrkt werden. Als bestes deutsches Hypophysen
prÀparat empfiehlt C. das Physormon, mit dem auch in der Ham-
burger UniversitĂ€ts-FrauenkĂnik sehr gute Erfolge erzielt wur-
den. Unangenehm ist jedoch auch bei diesem PrÀparat die leicht
zu Angiospasmen fĂŒhrende blutdrucksteigernde Kraft, die sich
in plötzlich eintretender hochgradiger BlÀsse, Schwindel- und
OhnmachtsgefĂŒhl und starkem Kopfdruck Ă€uĂern.
Speyer 'Berlin
Dermatologische Wochenschrift.
3. Dezember 1921. Nr. 48.
âSaivansanerythein und Herxheiimersche Reaktion. Hess e, Max.
Stoffwechselpathologie und Hautkrankheiten. Pfllay, F.rwin.
Salvarsanerythem und Herseheimersehe Reaktion. Im An-
schluĂ an einen artifiziellen Fingerschnaker eines Zahnarztes
entwickelte sich eine Lymphangitis: ein zufÀllig auftretendes
Salvarsanexanthem zeigte sich besonders stark an dieser H.
glaub! daher, die Lymphangitis habe eine SchÀdigung der Wams
10. Jahrg. â Nr. 3.
Aus den neuesten Zeitschriften
73
dĂŒngen der entsprechenden Blut- und LymphgefĂ€Ăe hervor
gerufen, hierdurch sei ein locus minoris resistentiae geschaffen
worden, auf dem sich das auftretende Krylhem hesonders gul
entwickeln konnte. Analog dieser Beobachtung halt II auch hei
der Herxheimerschen Reaktion eine GefĂ€ĂwandschĂ€digung fĂŒr
die Hauptursache ihres Zustandekommens. Bab
10. Dezember 1921, Nr. 1!).
Kin unter dem BiJil einer Miliaria rubra verlaufener Fall von ausgedehnter
Oidiomykosc (Miliaria rubra oidiotnyeetica). Miescher. O.
Kiu in Deutschland beobachteter Kall von Creeping Disease. A p pel, âą)
âKin Weg zur VerhĂŒtung und Behandlung des Stomatitis mercurialis.
Sohrens, Hans Th.
Felix Lewandowsky v. A i m i n g. E.
Ein Weg zur VerhĂŒtung und Behandlung der Stomatitis
mereurialis. Sch. empfiehlt zur VerhĂŒtung und Behandlung der
Stomatitis mercurialis: 3 mal tĂ€glich 1 EĂlöffel Sol. Natrii jodal
innerlich mit gleichzeitigen MundspĂŒlungen von 1 Prozent H2 Os
bzw. Touchierungen mit Ortizonstiften. B a b.
17. Dezember 1921. Nr. 50.
âUeber neuere Mittel zur Förderung des Haarwuchses auf der Grundlage der
physiologischen Betrachtung des Wachtums. Friedentha 1 . Hans,
âUeber die Erfolge mit der einzeitig kombinierten Xeosalvarsan-Cyarsalbeband-
lung. Labaud, Paul.
l'eber Entwicklung und Forschung wege der neueren Dermatologie. [Rek-
toratsrede.] Rieh I, Gustav.
Ueber neuere Mittel zur Förderung des Haarwuchses. F.
wendet sich gegen die von Zuntz empfohlene interne Verab-
reichung von Stoffen, die zur Haarbildung notwendig sind, um
Glatzehbildung zu bekÀmpfen, da diese Stoffe zystinreich zu sein
pflegen und daher möglicherweise Nieren- und Kreislaufstörun-
gen hervorrufen können. AuĂerdem ist nicht einzusehen, warum
gerade die geschwÀchten und absterbenden Haarpapillen eine
besondere Anziehungskraft auf die im Blute kreisenden Horn-
stoffe ausĂŒben sollen; vielmehr ist anzunehmen, daĂ die Haar-
wĂŒchsförderung gerade an unerwĂŒnschten Stellen eintreten wird.
Er hĂ€lt daher die Weidner'sche Empfehlung fĂŒr wTeit zweck-
mĂ€Ăiger, durch lokale Einreibungen von Heratin Spaltungspro-
dukten unter gleichzeitiger Massage das Haarwachstum anzu-
regen.
Ueber die Erfolge mit der einzeitig kombinierten Neosalvar-
san-Cyarsalbehandlung der "Syphilis. Bei der Neosalvarsan
Cyarsalmischung bilden sich trotz Klarbleibens der Lösung un-
lösliche, metallische Hg-Verbindungen, die jedoch nur selten eine
Stomatitis herbeifĂŒhren. Auch sonst ist die VertrĂ€glichkeil der
Mischung ausgezeichnet, selbst Gravide vertragen sie anslands
los. Die Wirkung auf sichtbare luetische Erscheinungen ist gut
und steht nur wenig hinter der einzeitigen Neosalvarsan-Nova-
surolmischung zurĂŒck. Auch die Serumreaktion wird etwas
langsamer und nicht ganz so hĂ€ufig negativ als bei dieser; ĂŒber
Dauererfolge kann man bei der KĂŒrze der Beobachtungszcit
nichts aussagen. B a b.
Dermatologische Wochenschrift.
24. Dezember 1921, Nr. M
Ueber drtisenartiige Bilder bei Basalzellenkrebsen. K ra i n /. Wilfried.
âBeobachtungen ĂŒber Cyarsal. N e g e n d a n k. Johanna.
Beobachtungen ĂŒber Cyarsal. Cyarsal wurde sowohl intra-
muskulÀr wie intravenös gut vertragen, doch steht seine Wir-
kung hinter der des Sublimats oder der des Novasurol weit zu-
rĂŒck. Auch die Wirkung des Cy. in der Mischspritze mit SĂ€l-
varsan kombinierl ist nicht sehr erheblich, da bereits von
einigen Beobachtern Rezidive gesehen worden sind. B a b,
Nr. 52. 1921, 31. Dezember.
âUeber syphilitischen I'rimĂ€rai'fekt an den Zehen. Hill e. B.
Zur ImmunitÀtsbehandlung der Geschlechtskrankheiten. Dr. N o u r a e y.
Bemerkungen zu der Arbeit von Dr. Xegendank: Beobachtungen ĂŒber Cyarsal.
O e 1 z e, F. W.
âBemerkungen zur Arbeil von Fr. Bering: Zur Abortiv beliandlung der Syphilis.
P e r u t z. Alfred.
Ueber syphilitischen PrimÀrafiekt an den Zehen. Da es eine
Literatur ĂŒber primĂ€re Syphilis der Zehen so gut wie nicht
gibt, so veröffentlicht R. einen Fall von PrimÀraffekt der rechten
groĂen Zehe, der im ĂŒbrigen keine Besonderheit bietet. Die
Infektion kommt wohl dadurch zustande, daĂ die barfuĂ herum-
laufenden Patienten an weggeworfenem infektiösen Material sich
anstecken, doch können durch syphilitische Paronychie oder
Zwischenzehenpapeln infizierte FuĂbekleidungen als Zwischen
trÀger in Frage kommen.
Zur A.bortivbehandlung der Syphilis. FĂŒr die Prognose del
Abortlvkur der Syphilis hÀlt I'. die von ihm im Verein jiill
Herr mann angegebene Ausflorkungsrcnklion TĂŒr wertvoller
als die. Wassermannsche Reaktion, da sie im PrimÀrstadium der
Lues frĂŒher als die Komplementsbindungsreaktion positiv wird
und so schon zeitiger die Generali$ation der Syphilis zu efe
kennen gibt. B :|
Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen.
28, Hell 3.
â Heinrich Ernst \ I hers-Sehönbcrg t-
â Encephalographic. eine Methode zur röntg igwtpuisehen Darstellung iled
Gehirns. B i u g c 1. 205.
Beiltrag zur Osteomyelitis der Dornlm tsatzo. R-0 8 O n b °u r g. 21 x.
Eine neue Darstellung der Nebenhöhlen. Ts che bull. 222:
âDie KĂŒntgcndaktyloskopie. R o t h b a r t. 226.
Zur Aetiologiie des sog. Kaskad'emm&geus. S tu p 6 l. 229.
Die VerÀnderungen de.s Röntgenbildes der Hrustnrgniic bog Kyphoskoliosen
und Skoliosen. A m e 1 u n g. 230.
Ueber Fehler bei der Messung de- Höhrcuputeurials. Mies c h e r.
Beitrag zur Röntgentherapie der Ostitis deformans. Caan. 239.
âFortschritte in der röntgenologischen DarsteMbarkeilt der Gallensteine
SchĂŒtze. 247.
Die Osmoregulierung. R z e w u s k i. 2.">3.
Die physikalische BegrĂŒndung der Wirkung der Uebeffdeekoinggschicbtcn.
Bachem. 255.
Erwiderung zu den AusfĂŒhrungen des Herrn Baelienn. G r ö d e 1. 278.
âRöntgentherapie: Heilmethode oder iirztliche Behandlung. Gutachten.
H À n i s c h. 260.
Heinrich Ernst Albers-Schönberg |. Grashey widmel einen
warmen Nachruf auf den fĂŒr die Wissenschall allzufrĂŒh verstor-
benen gröĂten Röntgenologen Deutschlands. Als Opfer seines
Berufes erlag er einer Röntgenkarzinomatose.
Encephalographie, eine Methode zur röntgenographischen
Darstellung des Gehirns. Ohne Kenntnis der amerikanischen
Autoren gelang es B i n g e 1 durch intralumbale Lufteinblasung
â nach Lumbalpunktion â die Gehirnkonturen intra vitam zur
Darstellung zu bringen. Die Abbildungen sind höchst instruktiv
und versprechen ganz neue Wege fĂŒr die Diagnostik zerebraler
Erkrankungen.
Die Röntgendaktyloskopie. Ein neues Verfahren zur Iden-
titÀtsfeststellung. Rothbarl reibt den zu untersuchenden
Finger mit einer Mischung aus Plumbum carbonicum, Stearin,
creme aĂ€ ein, drĂŒckt ihn auf eine photographische Platte und
stellt wie gewöhnlich eine Röntgenaufnahme her. Wir erhalten
ein exaktes Bild der Fingerfurchen selbsl zusammen mit dem
Knochensystem. Sodann hat Verf. die LĂ€nge der Endphalanx be-
stimmt und sie in verschiedene Gruppen eingeteilt, so daĂ diese
Methode fĂŒr den gerichtlichen Erkennungsdienst sehr gut ver-
wendbar ist.
Fortschritte in der röntgenologischen Darstellbarkeit der
Gallensteine. Sollte sich die von Schulze angegebene Auf-
nahmetechnik bewahren, so wÀre sie tatsÀchlich ein erfreulicher
Fortschritt, denn er konnte in 50 % seiner GallensteinfÀlle die
Gallensteine auf der Platte zur Darstellung bringen
Röntgentherapie: Heilmittel oder Àrztliche Behandlung. Dies«
Frage beantwortet DĂ€nisch in seinem Gutachten dahin, daĂ
die Anwendung eines derartig differenten Mittels wie die Rönt-
genstrahlen, welches nur durch einen in diesem Fach besonders
ausgebildeten Arzt erfolgreich benutzt werden kann, als rein
iirztliche TĂ€tigkeit angesehen werden muĂ.
M i c Ii a e 1-1 s.
4. Hell.
Zur Röntgendiagnostik des Magen-Darmkatvals der Neugebdrenerf. V <> g I
287. ;v* ' . â
âVerĂ€nderungen den- mĂ€nnlichen Harun ihn- im Röntgenbild nach KontrasJ
fĂŒlliung. Kurt zahn. 294.
Röntgenbild eines peruanischen .UuniienteiK s a I u m o n. .309.
âUeber den VorfuĂschnicrz. Engelmann. 31 1 .
Ueber den röntgenologischen Nachweis nicht .schnttengehender Puein I körnet
in Kmpycmhöhlcn. S g a 1 i t z e r. 332.
Die physikalischen Grundlagen der Tie icntiherapic. \l .i r c h. 339.
Die Röntgenuntersuchung der l>arminingina-ti>.ii. K I â > i b <âą r. 851.
Ueber eine neue .Methode der Eichung der Höntgcnapparatc. S t u u u i gl
363.
Die Tiefenlage der im ĂŒrthodiiagramrn rapdbildenden Hetrz-GafĂ€Ăpatfieu.
Hcraheis e r. 372.
KarzinomatĂŒscis Pseudodivertikel der Paore doce.iidcus dnuileni. II er tu
Heise r. 884.
VerÀnderung der mÀnnlichen ilaruröhro im Röntgenbild nach
KontrastfĂŒllung. Kurt zahn fĂŒllte die Harnröhre mit Baryinu-
74
Aas den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 3.
sulfataufschwemmung. Hierdurch erhielt er â wie aus den bei-
gegebenen Bildern ersichtlich â instruktive Bilder der Harn-
röhre, welche pathologisch-anatomische VerÀnderung sehr gut
erkennen lassen.
Ueber den VorfuĂschmerz. Engelmann untersuchte rönt-
genologisch eine groĂe Reihe Leute mit VorfuĂbeschwerden und
fand gewöhnlich Platt- und SpreizfuĂ; dabei meist hochgradige
VerÀnderungen der Metatarsophalangealgelenke. Therapie:
Genau passende Schuhe, vorne breit und genĂŒgend hoch. Schuh-
sohle möglichst stark. Der Schuhabsatz darf nicht zu hoch und
nicht zu klein sein, man muĂ das lokale Belastungsoptimum her-
auszufinden trachten. Die schmerzende Stelle des FuĂes ist mög-
lichst zu entlasten (PlattfuĂeinlage, keilförmige halbe Sohle an
Medial- bezw. Lateralseite). Filzpolster unter Metarsophalangeal-
gelenk. Bei Hallux valgus RedressionszĂŒge.
Michaelis.
Monatsschrift fĂŒr Kinderheilkunde, Leipzig.
Dezember 1921, 22, Heft 3.
âŠFettpolster und ErnĂ€hrungszustand. Kunhc. O. HS.
âŠBedeutung der Milz hei Injektionen von Adrenalin und Natrium nuclemi-
cum n WechseHbezÀehiuingen zu einander. TS e u m c. r . IT.. H c 1 1 w i g ,
H. 157.
âŠAtypischer Keuchhusten und bakteriologische Diagnostik: T Ii i c m a n n .
C. 471.
Encephalitis epidemica. B a r d a. c h . M. 17.").
âŠDie Bedeutung des/- Faeialisphaennmens im schulpflichtigen Alter.
Schnitze. A. 484.
Antikörper der Muttermilch. P e t c n y i . (i. 186.
Fettpolster und ErnÀhrungszustand bei Kindern. Um sich
ĂŒber den ErnĂ€hrungszustand bei Kindern ein möglichst objek-
tives Bild zu schaffen, werden neben den Norm zahlen eine Reihe
von Indizes herangezogen, die naturgemÀà noch eine Reihe von
Fehlerquellen in sich tragen. U. a. hat man auch Fettpolster-
messungen benutzt. Verfasser hat diese Messungen an einer
groĂen Zahl Leipziger VolksschĂŒler vorgenommen und erhielt
im Durchschnitt Werte, die um die HĂ€lfte hinter denen von Neu-
mann im Frieden erhobenen zurĂŒckbleiben. Er fand ferner,
daĂ bei Knaben in den Sommermonaten eine Abnahme, bei MĂ€d-
chen dagegen eine Zunahme des Fettpolsters zu verzeichnen ist
und daĂ die in der Begabtenklasse sitzenden MĂ€dchen gröĂere
Fettpolster- und Gewichtszahlen aufweisen, als gleichaltrige
MĂ€dchen anderer Klassen. Mastkuren unterzogenen SchĂŒlern
höherer Anstalten schwand schon nach kurzer Zeit das ange-
setzte Fettpolster fast völlig. Im allgemeinen ist auch die Fett-
polstermessung zur Beurteilung des ErnÀhrungszustandes nicht
zu unterschÀtzenden Fehlern unterworfen:
Ueber die Bedeutung der Milz bei Injektionen von Adrenalin
und Natrium nucleinicum in Wechselbeziehungen zu einander.
Bericht ĂŒber Versuche an Kaninchen zur NachprĂŒfung der von
Frey erhobenen Befunde. Danach tritt nach Adrenalininiek-
tionen in den ersten 15 â 45 Minuten eine relative und absolute
Lvmphozvtose auf, die dann einer Polynukleose Platz macht.
Unter UmstÀnden tritt die Lymphozvtose aber auch beim völlig
gesunden Versuchstiere nicht in Erscheinung. Die Adrenalin-
wirkung im Sinne einer Lymphozvtose wird durch vorherige
Einsnritzung von Natrium nucleinicum, die bekanntlich eine Po-
lvnukleose zur Folee hat, nicht beeinfluĂt, desgleichen is' die
Milzexstirpation völlig einfluĂlos. Diese Ergebnisse stehen im
direkten Gegensatz zu den Frev'scben Befunden, dessen Theorien
ĂŒber die Bedeutung der Milz daher nicht haltbar zu sein scheinen.
Atvnimcher Keuchhusten und bakteriologische Diagnostik. Tn
der Praxis kommen nicht seilen FĂ€lle zur Beobachtung, bei
denen die Diagnose Keuchhusten ungemein schwierig zu stellen
ist. Die von Chievitz und A. Meyer angesehene âTrönf-
chensÀuunsrsmethode" zur Untersuchung auf den Bordet-Gengou-
schen Bazillus schien ein differenzialdiagnostisches, bei schwieri-
gen FĂ€llen wertvolles Hilfsmittel zu sein. Verfasser prĂŒfte in
entsprechenden FĂ€llen diese Methode zuweilen mit gutem, zu-
weilen ohne Erfolg nach. Die bakteriologische Untersuchung
wird nach der Ansicht des Verfassers zu. diagnostischen Zwecken
fĂŒr die Praxis erst dann wertvoll werden, wenn zu den bakterio-
logischen nicht ganz einfachen Untersuchungen besondere, auf
diese eingestellte Laboratorien zur VerfĂŒgung stehen.
Ueber die Bedeutung des FacialisphÀnomens im schuloflich-
ti«en Alter. Auf Grund seiner svstematischen Untersuchungen
von 1648 Kindern beiderlei Geschlechts hÀlt Verfasser das Fa-
cialisphĂ€nomen, unter BerĂŒcksichtigung d«s gleichzeitigen Nach-
weises elektrischer Uebererregbarkeit oder von spasmophilen
KrÀmpfen in der Anamnese bei mehr als Zweidrittel der FÀlle
als ein fĂŒr Spasmophilie pathognomonisches Zeichen. Ein po-
sitives FacialisphÀnomen im spÀteren Kindesalter muà daher
mindestens als hochverdĂ€chtig fĂŒr das Vorhandensein einer la-
tenten Spasmophilie angesehen werden.
KĂ€ckell (Hamburg'.
Deutsche Zeitschrift fĂŒr Nervenheilkunde, Leipzig.
September 1921, 72, Heft 3/4.
âŠPathogenese und Lokalisation der Puly neuritis. S t a h 1. R. I2ĂŒ.
âVererbung bei Muskeldystrophie. W e i t /. . W. 14:5.
Einige seltene Hirntumoren. H u e b s c Ii m a u n. 205.
BeitrĂ€ge zur Geschichte der Schlafsucht, mit besonderer BerĂŒcksichtigung der
Enzephalitis epidemica. Ebstein, E. 225.
Vakzineurintherapie peripherer Nervenerkrankungen. Reim. 236.
Zur Pathogenese und Lokalisation der Polyneuritis. Ge-
legentlich eines zur Autopsie gelangten Falles von schwerer
nkuter Polyneuritis mit LĂ€hmungen beider Beine sowie des
linken Armes bei vollkommener Arreflexie ergab sich folgender
Befund: Im RĂŒckenmark nur eine akute Erkrankung der Vorder-
harnzellen, nĂ€mlich BlĂ€hung und Chromatolyse, ohne EntzĂŒn-
dungserscheinungen, in den peripheren Nerven vereinzelt
EntzĂŒndung und Degeneration; dagegen um die GefĂ€Ăe der aus-
tretenden RĂŒckenmarkswurzeln ausgesprochene EntzĂŒndungs-
erscheinungen, besonders in den ExtremitÀtenplexus. Die Patho-
genese ist also wohl so zu erklÀren, daà das krankmachende
Agens auf dem Blutwege zu den spinalen Wurzeln gelangte und
hier EntzĂŒndungen hervorrief, die sich allmĂ€hlich auf das peri-
phere Nervensystem ausdehnten. Es ist damit zum ersten Male
der Beweis erbracht, daĂ der von klinischer Seite geforderte
primÀre Sitz der Erkrankung tatsÀchlich die spinalen Wurzeln
betrifft. Weitere pathologisch-anatomische Untersuchungen sind
abzuwarten.
Leber die Vererbung von Muskcldystrophie. Bei genauer
generalogischer Durchforschung von 15 erkrankten Familien, bei
denen Muskeldystrophie einwandsfrei festgestellt ist, zeigt sich,
daĂ das Mendelsche Vererbunasgesetz nicht ausreicht, um das
starke Ueberwicgen des mÀnnlichen Geschlechts und die sicher
beobachtete Vererbung der Krankheitsanlage durch gesunde
Frauen auf weibliche Personen zu erklÀren. Es wird die nur
wenig befriedigende Hypothese aufgestellt, daĂ die Geschlechts-
anlage durch Mutation fAenderung der Erbmasse) entstehe, daĂ
sie dem dominanten Erbgange folge und im mÀnnlichen Ge-
schlecht in einem gewissen Alter stets die Krankheit bewirke, im
weiblichen nur in einem Teil, und daĂ die EigentĂŒmlichkeit des
Weibes, trotz bestehender Anlage nicht zu erkranken, in man-
chen Familien stÀrker ist als in anderen. Die gesunden Frauen
mit Krankheitsanlage vererben die Anlage durchschnittlich auf
die HĂ€lfte ihrer Kinder. Haber.
Psychiatrisch-Neurologische Wochenschrift.
19. November 1921, Nr. 33/34.
Der derzeitige Stand der Krankenpflege in den bayrischen Irrenanstalten.
(SchluĂ.) A s t. 199.
<5>BadcrhchandIung in den Irrenanstalten.
BĂ€derbehandlung in den Irrenanstalten. Umfrage mit den
Antworten aus der Psychiatrischen Klinik zu Jena (Schulz\ zu
ZĂŒrich (Bleuler), zu Frankfurt a. M. (Kleist), zu Bonn
(HĂŒbner), zu Hamburg (Wey g an dt), zu Berlin (Bon-
hoeffer), dazu aus den öffentlichen Anstalten zu Sorau
(Ahrensi, zu Ellen (DelbrĂŒck), zu Herborn (Snell), zu
Wien (Scherrer), zu Dösen (N i t s c h e) und zu Altscherbitz
(Bauer). Wem. H. Becke r.
3. Dezember 1921, Nr. 35/36.
ISezuglclue. B r e s 1 e r. 211.
âŠStuporlösung durch Kokain. Becker. 219.
KozialÀrztliehe und sozialpsychatrische TÀtigkeit an der Heil- und Pflege-
anstalt Wiesloch (Baden). M ö c k c 1. 220.
Stuporlösung durch Kokain. NachprĂŒfung der Bergersehen Ent-
deckung, daĂ katatonischer Stupor fĂŒr kurze Zeit durch Kokain-
lösunginjektion zu heben sei. an 6 FÀllen der Herbörner Anstalt.
In 5 FĂ€llen negativer, in einem aber schwach positiver Erfolg,
der aber doch zu Nachuntersuchungen bei frischen Haftpsychosen,
bei als Unbekannte Aufgegriffenen u. dergl. FĂ€llen ermuntert.
10. Jahrg. â Nr. 3.
Aas den neuesten Zeitschriften
76
17. Dezember 1921, Nr. 37/38.
Beiuglebre. (SchluĂ.) Brösle r. 223.
âŠZu dem Aufsatz: Telepathie von Dr. l\. S c Ii 111 o 1 â /. e i s., Fried-
1 À n d e r. 228.
Zur Streitfrage* der âokkultistischen Forschung". II o 1 u I). 230.
Zu dem Aufsatz: Telepathie von Dr. K. Schmelzeis. Polemik
gegen Schmelzeis, die in dem Satze gipfelt: âIch werde
öffentlich erklÀren, von dem bestehen okkultistischer Erscheinun-
gen ĂŒberzeugt zu sein, wenn mir solche ein einziges Mal auf
Cirund einer von mir getroffenen Versuchsanordnung nachge-
wiesen wurden. Es ist Sache der Okkultisten, dieser Aufforde-
rung nachzukommen. Nicht unsere, zu beweisen, daĂ es okkul-
tistische FĂ€higkeiten oder Erscheinungen nicht gibt."
Wem. H. Becker.
Zeitschrift fĂŒr
soziale Hygiene, FĂŒrsorge und Krankenhauswesen.
3, Heft 4.
âŠDer heutige Stand der Siedelungsfrage und deren sozialhygieniscbe Bedeu-
tung. W e i s b a c h. 97.
Die wissenschaftliche Bedeutung der TuberkulosefĂŒrsorgestelle.
E f f 1 e r. 104.
Der Friedensvertrag und die internationale Sozialpolitik. F 1 a t o w. 108.
âŠGesundheitszeugnisse vor der Ehe. Feilchenfeld. 111.
Der heutige Stand der Siedelungslrage und deren sozial-
hygienische Bedeutung. W ei Ubach zeigt, wie eng Wirtschaft
liene und sozialhygienische Gesichtspunkte gerade in der Siede-
lungsfrage miteinander verknĂŒpft sind. Reich und LĂ€nder haben
durch die Gesetzgebung in weitestem AusmaĂe jedem die Wege
geebnet, der den Wunsch hat, sich anzusiedeln. âą Die Kenntnis
dieser vielen Siedlungsmöglichkeiten der Allgemeinheit zu ver-
mitteln, erscheinen bei der auĂerordentlich groĂen sozialhygieni-
schen Bedeutung der Frage in erster Linie die Aerzte berufen.
Bei der Beratung ĂŒber einen aus GesundheitsrĂŒcksichten er-
forderlichen Berufswechsel dĂŒrfte es sich wohl empfehlen, in
allen gesundheitlich geeigneten FĂ€llen nachdrĂŒcklichst auf die An-
siedelungsmöglichkeit auf Grund des Reichssiedelungsgesetzes
hinzuweisen.
Gesundheitszeugnisse vor der Ehe. Um die Gefahr der
QualitÀtsverminderung unseres Nachwuchses zu bekÀmpfen, sind
von den verschiedensten Seiten Gesundheitszeugnisse vor der
EheschlieĂung gefordert worden. Feilchen fei d berichtet
ĂŒber den jetzigen Stand dieser Angelegenheit. Die Ansichten
gehen weit auseinander, vor einer gesetzlichen Regelung scheinen
wir noch lange nicht zu stehen. DaĂ dies keineswegs eine
moderne Forderung ist, beweist die Angabe des Maimonides, nach
welcher schon im Mittelalter eine Untersuchung der jĂŒdischen
Ehekandidaten stattfand. Michaelis (Bitterfeld).
5. Heft.
lieber Zeugcgebote. Poll. 129.
Die deutsche Wohnungsfrage. Pohl. 137.
âŠDer Kampf gegen die Kindertubi ikulose in Sowjet-RuĂland. M a r k vi -
s o n. 143.
Bleifarbcnverwertung zu Anstreicher-Arbeiten. Tele ky. 147.
Der Kampf gegen die Kindertuberkulose in Sowjet-RuĂland.
Der Vertreter des russischen Volkskommissariats fĂŒr das Ge-
sundheitswesen liefert aus der Feder von Dr. Markuson-
Moskau einen lesenswerten Bericht ĂŒber die FĂŒrsorgebestre-
bungen der russischen Regierung, welche sich natĂŒrlich bei der
hermetischen Abgeschlossenheit RuĂlands nicht nachkontrollieren
lassen. Michaelis (Bitterfeld).
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
15. Dezember 1921, Nr. 50.
Zur Kropffrage. H o t z . G. 1153.
Die GeiĂelbildung der Euphorbiazeen in dar Schweiz. G a 1 1 i -
V a 1 e r i o. 1154.
âŠlieber Myocarditis tuberculosa. Ma s s i n i , R. 1156.
âŠLieber Myocarditis tuberculosa. LĂŒ scher, W. 1158.
Ueber tuberkulöse Myocarditis. Es liegt die Möglichkeit, ja
sogar die Wahrscheinlichkeit vor, daĂ viel mehr Prozesse tuber-
kulöser Natur sind, als man gewöhnlich annimmt. Sie wurden bis
jetzt darum ĂŒbersehen, weil sie keine spezifischen tuberkulösen
VerÀnderungen setzen. Dazu kommt, daà die Bazillen nur aus-
nahmsweise direkt nachgewiesen werden können, weil die Zahl
derselben meist gering ist. Speziell ĂŒber die Aetiologie der Myo-
carditis chronica ist wenig bekannt. Sehr oft finden wir nicht
einmal mehr die Reste einer EntzĂŒndung, sondern nur noch die
Folgen.
Verf. hat in einem Falle, der klinisch und pathologsich als
Myocarditis angesehen werden muĂ, Tuberkelbazillen nachge-
wiesen, dadurch, daĂ er ein StĂŒck Herzmuskel auf Meerschwein-
chen verimpfte. Die Versuchstiere halten bei der Sektion die
Zeichen einer ausgedehnten Tuberkulose. Die Bazillen schienen
vom Typus humanus zu sein. Durch diesen Versuch glaubt er
gezeigt zu haben, daĂ die Myocarditis auf Tuberkulose beruhen
kann, daĂ also eine nicht spezifische EntzĂŒndung des Myocards
durch den Tuberkelbazillus entstehen kann. Verf. möchte aus dem
einen Fall noch keine verallgemeinernden SchlĂŒsse ziehen; es ist
schon wichtig genug, wenn fĂŒr die Myocarditis, fĂŒr die wir
kaum sichere Àtiologische Momente kennen, wenigstens in ein-
zelnen FĂ€llen die Möglichkeit zugegeben werden muĂ, daĂ sie
eine tuberkulöse Erkrankung ist. Es wird die Aufgabe weiterer
Forschungen sein, zu zeigen, wieviel FĂ€lle von Myocarditis auf
Tuberkulose beruhen, und welche andern chronischen oder akuten
Infektionen auch noch ein solches Bild hervorrufen können.
Ueber Myocarditis tuberculosa. Verf. veröffentlicht 2 im
Basler pathologisch-anatomischen Institut beobachtete FĂ€lle von
spezifischer Myocarderkrankung, die deshalb ein besonderes In-
teresse beanspruchen, weil es gelang, die spezifisch tuberkulöse
Aetiologie einmal durch positiven Bazillenbefund, das zweite Mal
durch den positiv ausgefallenen Tierversuch sicherzustellen. Im
1. Fall bestand klinisch kein Anzeichen einer Tuberkulose; die
Vermutung, daà die vorhandene Myocarditis tuberkulöser Natur
sei, wurde durch den sicheren Nachweis von Tuberkeln im Epi-
card des L Vorhofs wachgerufen und bestÀtigt durch das Auf-
finden vereinzelter Tuberkelbazillen in den aus dem Herzbrei
angefertigten AbstrichprÀparaten.
Der 2. Fall betraf eine Pat, die schon lÀngere Zeit das Bild
eines chronischen Herzfehlers dargeboten hatte und mit der
klinischen Diagnose âMyodegeneratio cordis, Pneumonie" zur
Autopsie kam. Da der makroskopische Befund am Herzen in
keiner Weise dem einer gewöhnlichen Myocarditis chronica
fibrosa entsprach, und in andern Organen z. T. noch bestehende,
z. T. auf vernarbte tuberkulöse Prozesse zurĂŒckzufĂŒhrende Ver-
Ă€nderungen nachgewiesen werden konnten, so dachte man bei
der Autopsie gleich an die Möglichkeit einer spezifischen Aetio-
logie der ganzen Erkrankung, die dann durch den Tierversuch
bestÀtigt wurde.
Verf. spricht die Vermutung aus, daĂ im Myocard wahr-
scheinlich oft durch Tuberkelbazillen anatomische VerÀnderungen
im Sinne einer parenchymatösen oder interstitiellen Myocarditis
gesetzt werden, die nur deshalb nicht als tuberkulös erkannt
werden, weil den LĂ€sionen die spezifische histologische Struktur
der Tuberkulose abgeht.
Wenn es möglich wÀre, einmal sÀmtliche VerÀnderungen am
Myocard systematisch mit Hilfe des Tierversuchs auf ihre tuber-
kulöse Aetiologie hin durchzuprĂŒfen, so wĂŒrden sich wahrschein-
lich die Ansichten ĂŒber die HĂ€ufigkeit der Lokalisation der Tu-
berkulose im Myocard wesentlich zu Àndern haben.
K. Held (Berlin).
Hygiea.
IG. Okt. 1921, 83, Heft 19.
Pcistbazillenagglutination. Kling, C. 625.
Ueber Pestbazillenagglutination. (Aus dem staatlichen bak-
teriol. Laboratorium.)
1. Die im Handel befindlichen flĂŒssigen und getrockneten, zu
prophylaktischer und therapeutischer Verwendung bestimm-
ten Pest-Antisera sind zur Identifizierung zweifel-
hafter Bazillen ungeeignet.
2. Die Verfasser haben durch Immunisierung von Kaninchen
mit hilzegetöteten Pestbazillen ein krÀftig agglutinierendes
zur Diagnostik verwendbares Serum dargestellt.
3. Da aber sichere Pestbazillen mitunter auch von diesem
Serum zeitweise oder dauernd nicht applutiniert werden, so
sind nur positive Ergebnisse als eindeutig zu be-
trachten. Schnabel.
31. Oktober 1921, 83, Heft 20.
Angina mercurialis. Almkvist, J. 657.
Ueber angina mercurialis. Einem erschöpfenden RĂŒckblicke
auf den Wandel in der Auffassung des seit 1694 beschriebenen
Krankheitsbildes folgt die ausfĂŒhrliche Wiedergabe von 26
Krankenberichten ĂŒber FĂ€lle von Angina mercurialis, als deren
besondere Kennzeichen hervorgehoben werden:
Aus den neuesten Zeitschriften
10. Jahrg. â Nr. ;}.
1. die UnabhÀngigkeit ihres Auftretens von der Menge der
auslösenden Ilg-Gabcn und von der Dauer ihrer Verab-
reichung;
2. das vorwiegend einseitige Auftreten:
.">. die hÀufige Gruppierung vorhandener BelÀge um tiefe
Krypten und Buchten:
1 das Fehlen weiterer VerÀnderungen der Mund- und Bachen-
schleimhaut in % der FĂ€lle;
.">. die Anwesenheit zahlloser Mikroorganismen auf den Ton-
sillen bezw. in dem Belag, besonders von spindelförmigen
Bazillen und Spirochaele-Arten, auf deren eiweiĂzer-
setzende Wirkung der Verfasser die örtlichen Krankheits
erscheinungen gröĂtenteils zurĂŒckfĂŒhrt. Das Fehlen von
Di-Bazillen;
ti. der nahezu immer f i eb.erl ose Verlauf in FĂ€llen mit
typischem Bazillenbefund;
7. die verhĂ€ltnismĂ€Ăig seltene Ausbreitung der VerĂ€nde-
rungen ĂŒber die Tonsillen hinaus.
8. der sichere Erfolg sachgemĂ€Ăer Behandlung.
Die letztere gleich der der Stomatitis mercurialis,
von der die Angina mercurialis nur als ein Sonderfall zu be
trachten ist. und hat zu bestehen in;
1. grĂŒndlicher Desinfektion besonders der Krypten und Buch-
ten mittels Argentum nitricum-Lösungen (50%) bezw.
Lapistouchierung, IL 02 - Lösungen (3â21%), Tinct. Jodi,
Ha SO« conc. + Aether sulf. aa, u. U. mit Hilfe der Miller-
schen Nadel.
Auch Kombinationen der genannten Stoffe zu empfehlen!)
2. Fortsetzung der Salvarsan-Behandlung.
'!. Die Hg-Behandlung braucht bei gewissenhafter Durch-
fĂŒhrung der genannten MaĂnahmen (1 u. 2.) nicht unter-
brochen zu werden!
BeigefĂŒgt: 1 schöne farbige Abbildung. AusfĂŒhrliches Literatur-
Verzeichnis. Schnabel.
16. November 1921, 83, Heft 21.
Dil' experimentelle epidemische Enzephalitis des Kaninchens. Kling. C,
Davide. H., Liljenquist. F. 705.
Die experimentelle epidemische Enzephalitis des Kaninchens.
WĂ€hrend Levaditi und Mar vi er bei experimenteller Ueber-
tragung menschlicher Enzephalitis - Giftes auf Kaninchen nach
einem kurzen (3â 10 tĂ€gigen) Inkulationsstadium einen rasch töt-
lichen Krankheitsverlauf als Regel beobachteten, sehen die Ver-
fasser bei ihren Versuchen einen zwar ebenfalls tötlichen, aber
ĂŒberwiegend chronischen Verlauf, wie er ja auch beim Men-
schen die Regel bildet. Nur bei Verwendung von Passage-Virus
und bei Verunreinigung des eigentlichen Giftes mit Staphylo-,
Strepto- und Pneumokokken kam akuter Ablauf vor.
Die Uebertragung auf Kaninchen gelang: 1. mit H im Sub-
stanz eines an Enzephalitis gestorbenen Menschen. 7 Tage nach
der (intracerebralen?) Ueberimpfung zeigte das Kaninchen Temp -
Anstieg. Schlaffheit, sonst keinerlei cerebrale Symptome. Sektion
des am 17. Tage getöteten Tieres ergab neben unbedeutender
mononukleÀrer Infiltration der weichen Hirnhaut perivuskulÀre
und herdförmige Rundzelleninfiltration bes-. im Metencephalon.
Bei anderen Versuchstieren fehlten klinische Symptome zwar
vollkommen, die Sektion ergab jedoch bereits ausgeprÀgte Ver-
Ă€nderungen gleicher Art im Hirn, mit dessen Substanz sich bei
neuen Tieren wieder die gleichen HirnverÀnderungen erzeugen
lieĂen.
2. Mit M u n d s p ĂŒ 1 w a s s e r Encephalitis-kranker Menschen,
das nach Faust-Heim eingedickt und durch Heims Filter ge-
deiht war: es erwies sich bei intracerebraler (spÀter auch zu-
gleich intra p e r i t o n e a 1 e r bezw. intra n e r v ö s e r) Einver-
leibung als spezifisch infektiös und nach Monaten als tötlich, wo-
bei Krankheitserscheinungen z. T. gÀnzlich fehlten (oder nur
nicht erwÀhnt sind?), z. T. nur in einem kurzen SpÀtstadium mit
motorischen Reiz- und LĂ€hmungserscheinungen an den Extremi
tÀten und nachfolgendem mehrtÀgigen Schlafzustand bestanden.
Aus dem typisch verÀnderten bakterienfreien Mes- und
Metencephalon lieĂ sich ein unsichtbares, kulturell nicht zĂŒcht-
bares, gegen Glyzerin widerstandsfÀhiges, Berkefeld-Filter pas-
sierendes Virus gewinnen, welches bei weilerer Verimpfung auf
Kaninchen, meist erst nach Monaten, tötlich wirkte, ohne merk-
liche klinische Symptome ausgelöst zu haben. Die Sektion ergab
vvieder als einzigen Befund die typischen HirnverÀnderungen
bes. im Mes- und Metcnzephalon, daneben mitunter Zellinfiltration
der Meningen.
3. Die gleichen Krankheitserscheinungen lieĂen sich beim
Kaninchen durch intracerebrale und intranervöse Injektion kul-
turell steriler D a r m a u s s c h e i d u n g e n hervorrufen, die von
einem mit Durchfall einhergehenden und durch gleichzeitige
schwere Erkrankung beider Eltern als solchen sichergestellten
Fall von Enzephalitis eines Kindes herstammten. Auch hier
gelang WeilerĂŒberlragung von Tier zu Tier (intracerebral und
intraperitoneal) und der Nachweis typischer Infiitrate im hin-
leren Mitteln irn, z. T. mit deutlicher Neuronophagie
Die Krankheit verlief bei den Tieren mit Temp.-Steigerung, Ab-
magerung, Mattigkeit, teilweise auch mit Stumpfheil, katatonie
artiger Steifheit, Paralysis - agitans - artigem Zittern, mÀchtigem
SpeichelfluĂ. Wiederholt Tierpassage unterworfenes Virus er-
zeugte einen rascheren Krankheitsablauf.
Daà es sich bei sÀmtlichen Tierversuchen immer nur um die
Einwirkung eines einheitlichen, die epidemische Encephalitis des
Menschen hervorrufenden Giftes gehandelt habe, schlieĂen die
Verfasser aus der gleichen Art und gleichen konstanten Lokali
sation der entstandenen HirnverÀnderungen, sowie aus der Uebei -
einstimmung der aufgetretenen Krankheitsbilder mit den beim
Menschen beobachteten.
Versuche, eine neutralisierende Wirkung des Blutes von En-
zephalitis Genesener auf das fragliche Virus nachzuweisen, sind
geplant.
(N. B. Histologische Hirnbefunde mehrfach mikrophotn
graphisch abgebildet.) Schnabel.
El siglo med i co, Madrid.
3. Dezember 1921, 68, Heft 3547.
â ^Betrachtungen ĂŒber die Genese der paranoischen Psychosen. I. a f o r a ,
Gr. R. 1169.
âą^Studien ĂŒber Transplantation von Organen. V e r o n o f f , S. 1172.
Verbesserung der Hygiene und des Gesundheitszustandes iin Spauien.
A u t u u a n o , I.. M. 1176.
Das Sumpffieber im Heer und seine soziale Bedeutung. Beres, F. B. 1179.
Betrachtungen ĂŒber die Genese der paranoischen Psychosen.
Verf asser teilt einige von ihm selbst beobachtete FĂ€lle paranoi-
scher Psychosen mit (nach der Kraepelinschen Einteilung zu den
Paraphrenien gehörig), die er analysiert hat; er kommt nun im
Gegensatz zu Freud, dessen Theorien er im allgemeinen akzep-
tiert, zur Ansicht, daĂ die paranoischen Erkrankungen nicht
bedingt sind durch verdrĂ€ngte homosexuelle W'ĂŒnsche, sondern
seiner Ansicht nach handelt es sich um eine individuelle
Anlage (vielleicht toxische Ursachen), die die paranoische Er-
krankung bedingt, und die verdrÀngten sexuellen Konflikte, die
in der Tat fast immer vorhanden sind, bedingen nur die Symp-
tome, in denen sich die Erkrankung Ă€uĂert.
Studien ĂŒber Transplantation von Organen. Verfasser be-
richtet ĂŒber einige FĂ€lle von Myxoedem, bei denen er durch
Ueberpflanzung von SchilddrĂŒsen, die von Schimpansen stammen,
ausgezeichnete Erfolge hatte; die eine Ueberpflanzung erfolgte
bei einem 14 jÀhrigen Knaben, der alle Zeichen schweren Myxoe-
dems zeigte; die Gesundung war so vollkommen, daĂ er mit
19 Jahren als MilitĂ€rtauglich befunden wurde. â Verf. hĂ€lt die
Ueberpflanzung von Organen der höheren Affen fĂŒr gĂŒnstiger,
als wĂŒrden diese DrĂŒsen von anderen Menschen stammen; denn
einerseits bei der Thyreoidea kann man nur Teile von Organen
ĂŒberpflanzen, andererseits stammen sie meist von Ă€lteren Men-
schen (in einigen von ihm operierten FĂ€llen von den Eltern der
myxoedematösen Kinder), bei denen die DrĂŒsen nicht mehr voll
funktionsfĂ€hig sind. Als Hauptanwendungsmittel der OrganĂŒber-
pflanzung von Affen auf Menschen fĂŒr die Zukunft sieht Ver-
fasser die Ueberpflanzung von Testikeln zur VerjĂŒngung an und
berichtet auch schon ĂŒber einen von ihm operierten Fall, einen
Mann im Alter von 73 Jahren, der mehr als 30 Jahre in Indien
gelebt hat. Neun Monate nach der Operation war der Patient
rĂŒstig wie ein Mann in den fĂŒnfziger Jahren. L u r j e.
Heft 3548.
VerÀnderungen der Lunge und des Herzens bei beginnender Lungentuber-
kulos'e. mittels Durchleuchtung beobachtet. C a ' n o v a s . B. H. 119R.
Ein interessanter Fall von Diphtherie. B a i b o s a . A. 1199.
Betrachtung ĂŒber die Genese der paranoischen Psychosen Lafor»,
G. R. 1201.
Verbesserung der Hygiene und des Gesundheitszustandes in Spanien. A n t fe-
il an Ol, L. M. 120f>.
Das Sumpffieber im Heer und seine soziale Bedeutung. Beres. F. S; 120R.
Heft 3549.
Betrachtungen ĂŒber den gegenwĂ€rtigen Stand der Röntgentiefentbeiapio.
Rutcra, S. T. S. 1226.
Kurs zur VerhĂŒtung des Sumpffiebers in Vettuno (Rom). Mac ia . S. G. 1228.
Verbesserung der Hygiene und de« Gesundheitszustandes in Spmien.
Antiinano. Ii. M. 1?31.
Ugeskrift for Lager.
Nr. 48, 1. Dezember 1921.
SandbÀder. F a b e r . Erik und P 1 ti m . Tage.
Aus den ueucsten Zeitschriften
MO. Jahrg. Nr- 3.
Nr. Ii», s. Dezember 1921.
⊠IVher nualltaUvcn und mmiititativon Nachweis von Mint im 1 im. I . Ii n »
o o a e n , Arne.
4 FĂŒlle von Amooboiulysenterie mit Kmetin behandelt. II :i n sen. II
ITgoplex âRoche" in der Uonorrhocithcrapiie. Ki> - m e V e r . A.
Ueber qualitativen und quantitativen Nachweis von Blut im
l'rin. Der Verf. hat vergleichende Versuche mit Benzidin-,
Phenolthalein- und Fluoreszin-Reagenzen, wozu blutge/nischter
Harn und blutgemischtes destilliertes Wasser in verschiedenen
konzentration hinzugesetzt sind, ausgefĂŒhrt. Die Reaktion
wird bei allen Reagenlien, aber am stÀrksten bei Benzidin. viel
starker bei den gleichen Blutungen im Wasser als im Harn aus-
gelöst, da die Salze des letzteren hemmend auf die Reaktion
wirken. Der Verf. kommt zu dem Resultat, daĂ Phenolthalein
vorzuziehen ist, weil die Benzidinprobe unbrauchbar zu Nach-
weisen von HĂ€maturie bei Anwendung von gleichen Teilen Harn
und Reagenz ist und weil die Ablesung der Fluoreszinprobe ver-
schieden bei Tageslicht und hÀuslichem Licht ist.
Po vi Hertz (Kopenhagen
Rivista Ospedaliera, Rom.
15. September 1921. 11. Nr. 17.
âŠSubkutane Sauerstoffinsuftlationen zur Behandlung clor Neuralgie. B.olog-
n i n i , L. 381.
Hockenepidemie in Caserta. Tasciotti. E. 390.
Subkutane Sauerstolfinsufflat bei der Behandlung der Neu-
ralgien. Bei hartnÀckigen Neuralgien jeder Art, soweit sie nicht
.auf mechanischen, nur durch chirurgischen Eingriff beeinfluĂ-
baren VerhÀltnissen beruhen, insbesondere bei der Ischias, er-
wies sich dem Verfasser die EinfĂŒhrung von 50â100 ccm Sauer-
stoffgas unter die Haut der betroffenen Körperregion als auĂer-
ordentlich schmerzlindernd. Das Gas verteilt sich, langsam in-
jiziert, gleichmĂ€Ăig in den Geweben. Nach Beendigung der In-
sufflation muà die Einstichöffnung mit einem in Kollodium ge-
tauchten WattebÀuschchen geschlossen werden, damit der Sauer-
stoff nicht wieder entweiche. In 10 geschilderten FĂ€llen genĂŒgten
drei bis sechs Injektionen zur Erzielung einer völligen Heilung.
L. K a n n e r.
30. September 1921, 11, Nr. 18.
BlutuiiteiĂ€uchiung bei Skorbut. Mont.anari, ĂŒ. 107.
Beckentumor infolge Trauma. Most i. 411.
VerschluĂ von Gallenfisiteln. Venturi A. 417.
Rivista di Clinica Pediatrica, Florenz.
1921, 19, Nr. <>.
t ⊠TurmisohÀueJ. Savelli. G. B. 321.
\ ⊠Möglichkeiten, experimentell Diphtherictoxin im Serum von Diphtheriekian-
ken nachzuweisen. Bus« c cbi, P. 331.
⊠Tobcr einen Fall von RattenbiĂkrnnkheiit. Zamorani, V. 352.
TurmschÀdel. Ein Fall von angeborenem TurmschÀdel bei
'einem Knaben von 5 Jahren; die NÀhte waren völlig verwachsen,
der Liquordruck nicht vermehrt; es bestand Strabismus conver-
I gens und Neuritis optica, doch war die Macula nicht betroffen,
daher der Visus nicht gestört. Bemerkenswert war, daà auch
die Mutter einen geringgradigen TurmschÀdel hatte.
Ueber einen Fall von RattenbiĂerkrankung, Sodoku. Bei
kranker Toxin nachzuweisen. Uff enheimer hat angegeben,
daĂ diphtherietoxinhaltiges Serum beim Meerschweinchen sub-
kutane Infiltrate erzeuge, normales Menschenserum nicht. Um
.den Wert dieser Reaktion zu prĂŒfen, hat Verfasser bei 14 Diph-
theriekranken zugleich mit ihr die Römer sc he Probe an-
gestellt, die darin besteht, daĂ eine bestimmte Toxinmenge von
bekannter StĂ€rke mit fortlaufenden Serum VerdĂŒnnungen ge-
mischt, zuerst im Brutschrank und dann im Eisschrank stehen
* gelassen werden, wrorauf jene SerumverdĂŒnnung festgestellt wird,
L welche die durch das unvermischte Toxin beim Meerschweinchen
, entstehende Hautnekrose eben verhindert; so lĂ€Ăt sich der Anti-
»toxingehalt des Serums bestimmen. WÀhrend nun bei den Se-
l- rumbehandelten mit der Rom er sehen Probe stets Antitoxin
nachgewiesen wurde, bei den Unbehandelten nicht, fiel die
BU f f e n h e i m e r sehe Reaktion bei beiden Gruppen bald positiv,
fcbald negativ aus; besonders starke Reaktion zeigten (bazillen-
[ freie) Personen, die die Diphtherie schon lange ĂŒberstanden
hatten. Auch Diphtherieserum selbst setzte allerdings etwas
& anders geartete Infiltrate. Die Reaktion ist also fĂŒr die Praxis
unbrauchbar.
Heber einen Fall von MĂ€usebiĂerkraiikunjj;, Sodoku. Bei
einem Knaben trat \ Wochen nach einem Rai Imbià plötzliche
Fiebersteigerung au! 40 Grad mit SchĂŒttelfrost und zugleich am
rechten FuĂ, wo der BiĂ in Form zweier roter Punkte noch zu
sehen war, Schwellung, Rötung, blÀuliche VerfÀrbung und
rseudofluktation auf; nach 12 Uhr fiel das l ieber unter SchweiĂ
Ausbruch ab, die entzĂŒndlichen Erscheinungen schwanden bald
darauf. Es traten in unregelmĂ€Ăigen Intervallen noch wicdei
holt Fieberattacken von gleicher Dauer und IntensitÀt auf, je-
doch ohne die Begleitung der lokalen Erscheinungen; allmÀhlich
1 niwickelte sich ein mÀbiger Milztumor, im Blute trat Lympho
zytose und Mononukleose auf. 2 Monate nach dem Beginn er
schien wÀhrend eines Fieberanfalles ein Exanthem in Form von
blassen, unregelmĂ€Ăigen Flecken von weinroter Farbe, das nach
2 Tagen allmÀhlich wieder verschwand. Die geschilderten Symp-
tome sind charakteristisch fĂŒr Sodoku, eine nach RatlenbiĂ auf-
tretende Krankheit, die in Japan und China hÀufig ist und von
F r u p o n i in Europa zuerst beschrieben wurde. Der Erreget
ist nicht bekannt. Die asiatische Form weist eine MortalitÀt von
10 Prozent auf, die europÀische ist gutartig, zeigt aber einen
sehr protrahierten Verlauf von 5 Monaten bis 2 Jahren. Gute
Erfolge wurden mit kolloidalem Silber, ausgezeichnete mil Neu
salvarsan erzielt. Im vorliegenden Falle wirkte Heklin sehr
gut. T e z n e r (Wien).
Rivista di Clinica Pediatrica, Florenz.
Juli 1921, 19, Nr. 7.
âŠZerebrospinaimeningitis beim SĂ€ugling. Pestalozza, C. 3tJl>.
âŠDas XackenphĂ€nomen an den Gelenken der unteren ExtremitĂ€ten; sein Ver-
halten im Veirlauf der meniugealen En/teĂŒndiunge,n. Segagui. S. 409.
âŠSomatische Struktur des kongenitalen sporadischen, infantilen Myxödems.
Wirkung der Thyreoideakur. R o s s o . M. 422.
âŠSclerodermia neonatorum. Pollitzer, K. 435.
Die zerebrospinale Meningitis beim SĂ€ugling. Die Zerebro-
spinal-Meningitis des SÀuglings verlÀuft oft unter atypischen
Symptomen, oft ganz okkult. Verf. berichtet ĂŒber 10 FĂ€lle; drei
zeigten das Bild einer Pneumonie mit Meningismus, bei einem
von diesen, der ĂŒber ein hydrozephales Stadium zum Tode fĂŒhrte,
lag eine Mischinfektion mit Pneumokokken vor, bei einem weite-
ren waren Darmstörungen, Fieber und Nackenstarre, die nach
der Anamnese seit einem Monat bestanden, die einzigen Symp-
tome. Besonders schwer verlĂ€uft die âblockierte Meningitis mit
Ependymitis im geschlossenen Hohlraum", bei der es infolge von
Verwachsungen der Kommunikationen zwischen den Ventrikeln
und Subarachnoidalraum, zu einer Ependymverdickung und An-
sammlung der FlĂŒssigkeit in der ersteren kommt; auch die vom
Verfasser beobachteten FÀlle verliefen tödlich. Die Meningitis
eines 19 Tage alten Kindes, bei dem die Infektion in die ersten
Lebenstage fallen muĂ, fĂŒhrte unter geringen Erscheinungen
rasch zum Tode (der jĂŒngste, bisher beschriebene Fall). SchlieĂ-
lich wird noch ĂŒber ein Kind berichtet, bei dem blutige StĂŒhle
und septische Hautblutungen das erste Symptom darstellten, die
Annahme erscheint berechtigt, daĂ die Meningitis der allgemeinen
Meningokokkensepsis vorausging, doch ist auch das Gegenteil
beschrieben. Trotz Serumtherapie starben von 10 SĂ€uglingen 7:
doch ist in Betracht zu ziehen, daĂ dreimal Komplikationen zum
Tode fĂŒhrten, viermal besonders schwere Verlaufsarten v
lagen blockierte Meningitis, SeptikÀmie, geringes Alter); auch
wurde einmal festgestellt," daĂ die Kokken von dem injizierten
Serum nicht agglutiniert worden waren, so daĂ es sich wahr-
scheinlich um Parameningokokken gehandelt hat.
Das NackenphÀnomen in den unteren ExtremitÀten; sein Ver-
halten im Verlauf der EntzĂŒndungen der Meningen. Verfasser
hat das Brudzinski-PhĂ€nomen (Beugung der Beine im HĂŒft- und
Kniegelenk bei passiver Beugung des Kopfes auf das Sternum) in
81 FÀllen von tuberkulöser Meningitis in 30 FÀllen von epidemi-
scher Meningitis, in 4 FÀllen von eitriger, in "> Fallen von seröser
Meningitis geprĂŒft und es stets positiv gefunden (Kernig und
Babinski waren in einem viel geringeren Prozentsatz positiv);
es ist also diagnostisch Ă€uĂerst verwertbar. Er hat ferner fest-
gestellt, daĂ es in je einem Fall von Epilepsie, von zerebro-
spinaler Lues, von akuter Poliomyelitis und von schwerer Chorea
nach einer Lumbalpunktion auftrat und 4 â 5 Tage spĂ€ter wieder
verschwand und nimmt daher an, daĂ bei diesen Krankheiten eine
gröĂere Empfindlichkeit der Meningen vorliege, die infolgedessen
auf die Spinalpunktion mit leichten EntzĂŒndungserscheinungen
reagieren.
Die Körperstruktur beim kindliehen, angeborenen, spora-
dischen Myxödem und ihre durch Thyreoideakur hervorgerufenen
VerÀnderungen, Der Körperbau des Myxödems ist oft beschrie
78
Ans den aeaesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 3.
ben, genaue Messungen jedoch liegen nur in geringer Menge vor.
\ eriasser hat nun ein myxodematoses mit einem normalen
gleicnaiterigen Kind verguenen und folgenaes festgestellt: Der
Genaue! des myxouematoscn ĂŒbertrifft den des normalen in allen
Durcbniessern um 1 â 2 cm, ebenso der L mlang des ilaises; der
Glieder und des Rumpfes: die LĂ€ngsmabe aes Rumpfes beim
ersteren bleiben um 1 â 2 cm zurĂŒck, nie LĂ€nge der ExtremitĂ€ten
um ö â 11 cm, die LĂ€ngenoillerenz zwischen neiden Kindern be-
tragt 18,5 cm. W enn man nie Matte des normalen Kindes auf die
eines mit dem niyxooematosen gieiebgronen reouziert tritt die
\ ergronerung der transversalen Durcnmesser noch deutlicher
hervor, insbesonders die \ ergröĂerimg des Abdomens. Aach
Tnyreoiueameoikation bleiben die Transversaldurchmesser un-
veranaert, dagegen nimmt Kump! und ExtremitÀten an LÀnge
wesentlicĂŒ zu, so dali der Körper sein plumpes Aussehen ver-
liert. Wahrscheinlich wirkt die Thyreoidea nicht nur im allge-
meinen stimulierend auf das Wachstum, sondern sie stellt aen
normalen Gang der morpholigischen Entwicklung her, der in-
folge ihres Mangels unterbrochen war.
Ein Fall von Sklerodermie bei einem Neugeborenen. Ein
SĂ€ugling zeigte am 6. Lebenstage am oberen Drittel des linken
Onerarms eine lĂ€ngliche, unregelmĂ€Ăig begrenzte Zone verdick-
ter, verhĂ€rteter, weinroter Haut, die ĂŒber aer Unterlage frei ver-
schieblich war; am 9. Tage trat genau symmetrisch am rechten
Oberarm eine gleichartige Hautaifektion auf, am 10. Tage zwei
weitere am Sakrum und am Giutaeus: die erste heilte mit Ver-
uarbung ab, die anderen ohne solche; es handelt sich um Sklero-
dermie. Der vorliegende Fall ist ausgezeichnet durch das sym-
metrische Auftreten zweier Herde, durch die Ausheilung des
einen in Vernarbung ^bisher beim SĂ€ugling ein einziges Mal be-
schrieben" und dadurch, daĂ die Erkrankung wahrscheinlich an-
geboren w ar. T e z b e r (Wien).
La Presse Medicale. Paris.
23. November 1921, Nr. 94.
*LeukÀniie und Tuberkulose. Emile-ffeill und Cosie. 9-9.
Xeuer spygmographiseher OsciUograph. S o 1 e r, F. L. 9-30.
Die modernen ErnÀhrungssystcnie. II e r r i 1 L T.. und V i o 1 1 e. H. 931.
LeukÀmie und Tuberkulose. Gelegentlich eines Falles von
akuter lymphatischer LeukÀmie erörtert Verfasser die Frage des
Zusammenbanges beider Erkrankungen. Er stĂŒtzt sich dabei auf
die Beobachtungen von N a n t a, der 30 FĂ€lle von myeloischer
LeukÀmie eingenend studiert hat und dabei zwei Gruppen unter-
scheidet, die eine mit meist chronischer LeukÀmie, wo im End-
stadium ein rascher Abfall der weiĂen Blutkörperchen und
RĂŒckgang des leukĂ€mischen Prozesses stattfindet und bei der
die Autopsie eine kombinierte Tuberkulose und LeukÀmie des
hĂ€matopoeĂŒschen Systems ergab. Die zweite Gruppe zeigt eine
klinisch und anatomisch erwiesene LeukÀmie zugleich mit alten
Spitzen- oder DrĂŒsenaffektionen. Diese sind die interessanteren:
bei ihnen entsteht die LeukÀmie durch hyperplastische Reaktion
der hĂ€matopoeĂŒschen Organe auf eine tuberkulöse Intoxikation
dieser Herde. Bleibt die Tuberkulose latent, so handelt es sich
um eine anscheinend idiopathische LeukÀmie, wird sie dagegen
manifest so erklÀrt man die Erscheinungen aus dem kÀsigen
Zerfall, der sich in den hÀmatopoetischen Organen vollzieht. Es
wĂ€re wĂŒnschenswert, den Zusammenhang zwischen LeukĂ€mie
und Tuberkulose in jedem Falle mittels aller zur VerfĂŒgung
stehender Methoden, besonders auch durch Ueberimpfung auf
Meerschweinchen zu ergrĂŒnden. Haber.
26. November 1921, Nr. 95.
Ophthalmophegia externa chronica progressiva. lernen. F. JoT.
Prolongierte Mag-nsaitsekrerion. Leon-lleunier. 93T.
âąfrDie ErnĂ€hrui g der Tuberkulösen. Cawadias. A. 93$.
BikondjiÀre transTerso-horizonrale Fernurfraktur. Juuri, E. S39.
Das Regime der Tuberkulösen. Nach den letzten elimentÀren
Beobachtungen bedarf der Tuberkulöse zur Gewichtszunahme
Fette} und zur Kraftvermehrung EiweiĂ einer Ration, die den
hohen Werten der normalen entspricht, also 50 Kalorien pro
Kilogramm Körpergewicht tĂ€glich, die folgendermaĂen verteilt
sein sollen: Albumine 90â100 g, Fette 80 g. Kohlehydrate 500 g.
Verfasser hĂ€lt den Ausdruck ..l eberernĂ€hrung" fĂŒr falsch und
spricht statt dessen von einer reparatorischen Alimentation. In
dieser sind selbstverstÀndlich die notwendigen AminosÀuren.
Mineralien, Vitamine und Stoffe der frischen Nahrung in-
begriffen. Jeder ErnÀhrungstherapie hat aber eine Allgemein-
behandlung der Tuberkulose voranzugehen, damit die formative
Assimilation ĂŒber der destruktiven Desassimilation das Ueber-
gewicht gewinnen kann. Haber.
Paris Medical, Paris.
3. Dezember 1921, 11, Nr. 49.
Die- Therapie im Jahre 1921. Raiherr. F. 426.
âDie Wirkung des Chinidins auf das Vorhofflimmern. C 1 e r c und
P e z z i. 440.
â Prophylaxe und Therapie des koUoidalen Schocks. Lumiere. A. 445.
Diathennotberapie bei Magenerkr&nkungen. Bordier. 450.
Das Bserin in der modernen Therapie. Montier. F.
Wirkung des Chinidins auf die aurikulÀre Fibrillation ebenso
wie die des Chinins durch Verminderung der Erregbarkeit des
Myokards bis zur LĂ€hmung. Ersleres das handlichere und wirk-
samere, weil leichter löslich. Die Medikation versagt in der
HĂ€lfte der FĂ€lle: bestimmte Regeln hierfĂŒr lieĂen sich noch nicht
linden. Manchmal geringe Intoleranzerscheinungen. Also kleine
Dosen. Manchmal verscblimmert auch das Chinidin die Insuffi-
zienz des Myokards. Dann ,bei Asystolikernj erst als Versuch
und Vorbereitung eine Digitaliskur.
Betrachtungen ĂŒber Prophylaxe und Therapie des kolloidalen
Schocks. Folge eines Niederschlags, der eingefĂŒhrt oder brĂŒsk
in der Zirkulation gebildet, der. wenn er die nervösen Zentren
erreicht hat, durch Reiz des Endothels der Gehirnkapillaren zu-
nĂ€chst einer Dilatation dieser GefĂ€Ăe veranlaĂt. Dann auf dem
Reflexwege eine zentrale Dilatation, die sich plötzlich auf die
viszeralen Kapillaren ausbreitet und so das Volum des gesamten
GefĂ€Ăsystems in wenigen Augenblicken auĂerordentlich vermehrt.
Blutmasse bleibt aber konstant; also Drucksenkung. Das Herz
schlĂ€gt gewissermaĂen leer; also Synkope. Dies zu verhindern,
folgende W ege: 1. Vermeidung der Bildung oder brĂŒsken Ein-
fĂŒhrung eines PrĂ€zipitats in das Blut: durch vorherige Injektion
sehr kleiner Dosen nach der Methode Besredka. Weniger sicher
ist die rektale Desensibilisation. Geringeres Risiko scheint aber
die subkutane Injektion zu geben. Gegen die Nahrungsanaphy-
laxie 0,5 Pepton vor jeder Mahlzeit. 2. Auflösung des Nieder-
schlags in geeigneten Mitteln: Nahyposulfit 10 Prozent 10 â 20 cem
Subkutan oder 4.0 innerlich: Natriumkarbonat 0,5 â 2,0 in 40 bis
60 H20 unmittelbar vor der intravenösen Injektion. Aehnlich
wirken Natriumazetat. Natrium -Taurocholat oder Glykocholat.
3. Verhinderung der brĂŒsken W irkung des Niederschlags auf die
GehirngefĂ€Ăe durch die oben genannte Methode Besredka's. Nicht
immer sicher. Topophylaxie: Unterbindung der Wurzel des
Gliedes, an dem die Injektion vorgenommen wird, und allmÀhliche
Lösung. 4. Verminderung der Erregbarkeit der GefĂ€Ăe durch
geringe Mengen von Anaestheticis Aether-Chloroform\ ohne daĂ
eine Anaesthesie stattfindet Kopaczewski . 5. LĂ€hmung des
vasodilatorischen Reflexes; also Anwendung von vasokonstrik-
torischen Mitteln: Adrenalin. Auch noch nach Ausbruch des
Krieges sicher. 6. Ausgleich des MiĂverhĂ€ltnisses zwischen dem
Volum des dilatierten GefĂ€Ăsystems und der Blutmenge durch In-
jektion massiver FlĂŒssigkeitsdosen. Man muĂ sich aber oft da-
mit beeilen, daĂ man einem Herzstillstand zuvorkommt
v. Schnizer.
The Journal of the American Medical Association, Chicago.
3. Dezember 1921. 77, Nr. 23.
Diagnose des latenten oder besinnenden Diabetes. Sherill. J. W. 1779.
+Eruprionsfieber mit ungewöhnlichen Erscheinungen beim Kinde. Le v j .
D. J. 17S5.
â s-Ein febriles Esa.-u.ez_ :- der K_-ĂŒe::. Exanthem SubitumJ Veeder,
B. S. und Hempelmanc. T. C. 1787.
Behandlung der gonorrhoischen Arthritis. Collings. C. W. 178t.
Chinidin- Behandlung des Vorhofflimmerns. Hewlett. A. W. nl Swee-
n e j . J. P. 1793.
ChinidiBsalfat bei Vorhofflimmern. Hamburger. W. W. 1747 Chini-
din bei Vorhoffiirnmeii-. Opper-heimer. B. S. und Wann.
H_ 1SÂŁ*.
Trigeminus-Xeuralgie. Silvermann. S. L. 1502.
Histopaihologie der Spitzenregion der ZĂ€hne mit teilweise gefĂŒllten Warzet-
kanÀlen. H a 1 1 o n . E. H. 1505.
Abdukaonsbehandlung der Fraktur des Schenkelhalses. W h i t m a n .
B. 1SOS.
Fraktur des Schenkelhalses und der Troehanteren. Ruth. C. E_ lgll.
Endresultate der Behandlung der Schenkelhal«frakturen. Btdlon. J. 1?15-
Eigenartiges eruptives Fieber bei SĂ€uglingen und Klein-
kindern. Verfasser beschreibt eine eigenartige Erkrankung, die
er in den letzten Jahren des öfteren zu beobachten Gelegenheit
hatte. Die 30 FĂ€lle waren 8â30 Monate alt die Krankheit trat
zu allen Jahreszeiten auf. Ohne irgendwelche Prodromalsymp- '
40. Jahr«?. â Nr. 3.
Ans d
e n ne nfslf n Zeit
I c h r I f t e
tome crkninken die Kinder plötzlich mit hohem Fieber «I is sieh
t bis zum 1. Tage nahezu als Kontinua hÀlt. WÀhrend oder am
I Ende des 4. Tages erfolgt kritischer Abfall und zugleich tritt
â ein eigenartiges, morbilliformes Exanthem auf. Dies beginnt in
der Regel am Rumpf und geht dann rasch innerhalb weniger
I Stunden auf die ExtremitĂ€ten ĂŒber, wo es allerdings nicht so
| massig auftritt. Das Gesicht ist weniger stark befallen der bc
haarte Kopf pflegt frei zu bleiben. Das Exanthem hat maku-
losen Charakter, die Flecken sind 1-3 mm im Durchmesser "roĂ
' unregelmĂ€Ăig rund, blaĂrosarot, zuweilen fleischfarben, nicht er-
; haben. Das Exanthem konfluiert ziemlich rasch, zuweilen blei
ben einzelne besonders groĂe Flecken isoliert, die dann einen
kleinen weiĂlichen Hof zeigen. Nach etwa 48 Stunden ist das
Exanthem völlig geschwunden, eine Schuppung im AnschluĂ
' daran wurde nie beobachtet. Die Kinder sind im Allgemein-
befinden wÀhrend der ganzen Krankheit kaum wesentlich *e-
: stört. Das Blutbild zeigte mit Ausnahme einer geringen Leuko-
; penie keine VerÀnderungen. Ansteckend scheint die Krankheit
nicht zu sein. Differenzialdiagnostisch kÀmen Scharlach Masern
oder Röteln in Frage, die aber alle auf Grund des klinischen Be-
. fundes, des Verlaufs und des Blutbefundes ausgeschlossen wer-
den können
Fieberhaftes Exanthem bei Kleinkindern. Verfasser berich-
ten ĂŒber KrankheitsfĂ€lle, die sich der Beschreibung nach mit den
von Levy decken. Die Krankheit setzt plötzlich mit hohem
rieber ein, ohne daĂ daneben irgendein Organbefund zu erheben
wÀre. Der Verlauf ist stets völlig gleichartig, die Kontinua hÀlt
I steh zwischen 39 und 40 Grad Celsius bis zum 4. Krankheitsta«e
|und sinkt mit dem Auftreten eines eigenartigen morbilliformen
Exanthems kritisch ab. Es besteht dabei immer eine ziemlich
I erhebliche Leukopenie, fast regelmĂ€Ăig auch relative Lvmpho-
zytose (80-90 Prozent). Es werden fast ausschlieĂlich Kinder
in den ersten 2 Lebensiahren befallen. Irgendein Anhaltspunkt
lur KontagiositÀt ist nicht vorhanden. Das Charakteristische der
Erkrankung besteht in einem typischen Exanthem, das immer
erst im Augenblick des Temperaturabfalles auftritt und nur bis
zu 48 Stunden besteht. Dieses Exanthem besteht aus kleinen
blaĂroten, nur selten etwas erhabenen Flecken von 15â5 mm
Durchmesser, ist in der Regel profus und erstreckt 'sich auf
Rumpf, untere GesichtshÀlfte, Nacken und ExtremitÀten Nie-
mals gelang es den Verff., aus den Blutkulturen irgendwelche
Erreger zu zĂŒchten. Scharlach. Masern und Bötein konnten stets
ausgeschlossen werden. Die Krankheit gleicht nach allem den
von Zahorsky 1910 und 1913 beschriebenen, die er mit dem
Namen âRoseola infantum" belegte. Verff. schlagen fĂŒr diese
noch in keinem Lehrbuch beschriebene Erkrankung den Namen
.Exanthem subitum" vor. K À c k e 1 1 (Hamburg).
New York Medical Journal, New York.
19. Oktober 1921, 114, Nr. 8.
âBehandlung des vorzeitigen Haarausfalls. Mac. Kec G M und V n
d re w s , G. C. 437. ' . ui.u
Dentale Infektion. Osborne, O. T. 442.
T>ie Bewegungen des Zwerchfells im Röntgenbilde. Tousey, S. 441.
Die Ausscheidung sekundÀrer Strahlung in der BaiWographie Vbrams
AI. V. 447.
âRöntgentherapie hei chronischen Erkrankungen der Knochen. Gelenke und
âąSehnen. Philips, H. B. und Finkeist ein. H. J 18.
Operation der Femoralhernie. Bavini, C. 451.
âBiologie der Knochenentwicklung in Beziehung zur Knochentransplantatiön.
Fi a I n <1 f| , lr. . 4o4.
Das rektovaginale Septum. Mc. Kenne y . I). c. löli.
Statischer EinfluĂ der VerkĂŒrzung von Beckenmuskeln. X n t t .1 .[ 4;,n
tinreifer Staar. S m I th. H. E. 462.
Die VortÀuschunc epidemischer Enzephalitis durch Arznei Vergiftung Wil-
son. G. 467.
Anscheinend tuberkulöse anorektalc Fistel. Landsmann, A. A. 468.
â LokalanĂ€sthesie in der Zahn-. Mund-. Nasen- und RachenclĂŒrurgie. Tomp-
k l n s , H. E. 469.
Hepatisches Fieber infolge Gumma, Fried mann. G. A. 475.
Behandlung des frĂŒhzeitigen Haarausfalls. Besprechung der
Symptomatologie, Prognose und Behandlung: 1. der Alopecia
praematura mit ihren 3 Unterabteilungen der A. symptomalica,
A. idiopatica oder hereditaria und der A. seborrhoica; 2. der A.
senilis und 3. der A. areata. Die ausfĂŒhrlichen Angaben ĂŒber «die
Behandlung mit zahlreich beigefĂŒgten Rezepten -eignen sich nicht
zum Referat und mĂŒssen im Original nachgelesen werden.
Die Behandlung chronischer Knochen-, Gelenk- und Schnen-
orkrankungen mit Röntgenstrahlen. Verff. berichten ĂŒber gute
Resultate der Röntgentherapie bei tbc. Arthritis und Osteomye
litis, bei chronischer (pyogener) Osteomyelitis und chronischer
AUhniis, bei Ganghen- und Sehnenscheidenhygromeo. MiĂerfolge
beruh,,, n.eisl auf einer zu intensiven Bestrahlung, die ZU elnei
Gcwcbs.schadigung fĂŒhrt, wahrend nur ein Anreiz auf den /eil
^'^fchsel ausgeĂŒbt werden darf. Die BestrahlungsintensiW
bei einen. 6 jĂ€hrigen Jungen mit IlĂŒflgelcnslbe. betrug eine halbe
'-rvihemdosis mit 4 mm Aluminturafflter. Nach wengien Bestrah
hingen verschwanden Schmerzen. Muskclsp.mnung und Temp,
ratursle.gening. GĂŒnstig ist der EinfluĂ auf die Semiestrierunfl
und den Schluà von Fistelöffnungen; der chronische Verlauf der
Osteomyelitis wird deutlich abgekĂŒrzt. Die chirurgischen und
orthopĂ€dischen MaĂnahmen können durch die Röntgentherapie
zwar nicht ersetzt, aber wirksam unterstĂŒtzt werden.
Die Biologie der Knochcnentwiekluns; in ihrer Beziehung zur
Knochentransplantatiön. Der Ossificationsprozeà setzt ein mit
dem Auftreten von Osteoblasten nach vorausgegangener Vaseula
nsierung der Grundsubstanz. Die Osteoblasten sind weder ver-
Ànderte Knorpelzellen, noch verÀnderte Bindegewebszellen- sie
entstehen selbstÀndig und haben keinerlei Beziehung zu dem
Penchondrium. Sie sind beschrÀnkt auf die Cambiumschicht des
Periostes oder Endostes. Da streng genommen nicht dem Periost
sondern nur den Osteoblasten in der Cambiumschicht knochen-
mldende FÀhigkeit zukommt, hat man bei Knochentransplantatiön
nen darauf zu achten,. daĂ noch eine dĂŒnne Knochenschicht mit
dem Periost in Zusammenhang bleibt. Die Transplantation von
Periost- und Endostfreiem Knochen ist nur dann möglich wenn
von dem gesunden Knochen aus Osteoblasten in genĂŒgender
Menge in die Interstitien des implantierten Materials eindringen
Ein dauernder Erfolg wird aber meist nur dann erzielt, wenn der
transplantierte Knochen bereits Osteoblasten enthÀlt.
LokalanÀsthesie in der Zahn-, Mund-. Nasen- und Rachen
Chirurgie. Weitschweifige Darstellung der Vorbereitung und Aus
iuhrung der LokalanÀsthesie bei chirurgischen Erkrankungen des
Mundes und benachbarter Organe. Die Arbeit bringt nicht neues;
sie will den Praktiker unterrichten, wo er im gegebenen Fall zu
injizieren hat, in welcher StÀrke und Menge das AnÀsthetikum
(Procaine) anzuwenden ist, und nach welcher Zeit er den Eintritt
der AnĂ€sthesie erwarten kann. 2 beigefĂŒgte Tabellen ermöglichen
eine schnelle Orientierung ĂŒber diese Einzelheiten.
Stadelmann (Frankfurt a. M. .
New York Medical Journal, New York.
2. November 1921, 114, Nr. 9.
âPathologie der Syphilis des Zentralnervensystems. K e i 1 t y R. A. 497.
Methode zur Erhaltung der Antigeneigenschaften von Oonokokkcuproteinen
in f.lyzerol. flock. R. O. und Beard. S. D. 499.
â Eine Reaktion im Blutseirum bei Syphilis. Kilduffe. R. A. 502.
Antikörper und Komplement in Beziehung zur ImmunitÀt. H e r b . F. 50X
Syphilis. Stevens. .T. H. 508.
Wic_i.M-.nftr.'te.t s-ehtbarer luetischer Manifestationen wÀhrend antispezi-
rischer Behandlung. S a y e r . A 513.
âl'nilateraie Nephritis. Rath b u n . N. I>. 515.
âWas muĂ der Praktiker von Nierenerkrankungen wissen? Hai-
p e r t . H. 520.
Ureterstein. Mc. K e n n a . W. F. 522.
âChronische Nephritis mit beiderseitiger Operation nach Eilebohl . V a u \
N. W. 524.
Diagnose und Behandlung chronischer Gonorrhoe beim Mann Rosen-
thal, B. 525.
âDefekte ZĂ€hne als Ursache von Tnfektion des TVogenĂŒtaltrakts (2 FĂ€lle) und
von Asthma (2 FĂ€lle). R u e c k . G. A. 527.
âSyphilis in bezug auf Psychosen und Psychoneurosen. B a r n e s . F. H. 529.
Quecksilherbehamllung der Synhilis. Hadjopoulos, L. G. Burlmi k
R. und Kyrides. L. P. 529.
âPraktische Kontrolle der venerischen Erkrankungen in England. R o u t ,
E. A. 536.
Die Pathologie der Syphilis des Zentralnervensystems mit
serologischen Reaktionen im Auszug. Bereits im SekundÀr-
stadium der Syphilis können Gehirn und BĂŒckenmark durch das
Eindringen der SpirochÀte pallida spezifische VerÀnderungen er-
leiden. Infolge der ungĂŒnstigen Wachstumsbedingungen, die die
Sp. p. im Zentralnervensystem findet, sind die VerÀnderungen
jedoch geringfĂŒgiger als an anderen Stellen des Organismus,
dementsprechend die Krankheitserscheinungen weniger ausge-
prÀgt. Die syphilitischen VerÀnderungen sind ausgesprochen
produktiver Natur und fĂŒhren im C. N. S., wenn nicht bereits im
FrĂŒhstadium grĂŒndliche Behandlung einsetzt, zu irreparablen
SchÀdigungen. Nicht selten ist bei einwandfrei pos. Wa. im
Liquor die Wa. R. im Blute negativ. Negative Blutreaktion
schlieĂt nicht unbedingt eine Syphilis des Zentralnervensystems
aus. Daher die Mahnung, hÀufigere Liquoruntersuchungen vor-
zunehmen.
Eine die Ausflockung hemmende Reaktion im Blutserum
Syphilitischer. Die von Gordon angegebene Methode ver
80
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 3.
wendet als prÀzipitierendes Agens eine wÀsserige 1 % Hg Cl2-
Lösung, von der 5 â 10 Tropfen einigen ccm klaren Blutserums
zugesetzt werden. Das nicht syphilitische Serum zeigt innerhalb
weniger Minuten Ausflockung, wÀhrend das syphilitische Serum
vollkommen klar bleibt. Die Methode erwies sich bei Nach-
prĂŒfung als ganz unzuverlĂ€ssig.
Einseitige Nephritis. Gewisse pathologische VerÀnderungen
der Nieren bieten ein ziemlich scharf umschriebenes Krankheits-
bild und werden daher schlechtweg als Nephritis bezeichnet,
wÀhrend sie hÀufig nur die Narbe eines vorausgegangenen, auf
einen Teil des Nierengewebes lokalisierten EntzĂŒndungszustandes
darstellen, der durch einen entfernt liegenden Infektionsherd her-
vorgerufen ist. Verf. teilt diese FĂ€lle in zwei sich teilweise
deckende Gruppen ein 1. FĂ€lle von sog. idiopathischer renaler
HĂ€maturie und 2. die chronische, schmerzhafte Niere. Nach
seinen Erfahrungen gehen alle Nierenblutungen mit Schmerzen
einher, andererseits zeigen alle schmerzhaften Nieren, wenn nur
genĂŒgend lange beobachtet wird, das Symptom der HĂ€maturie.
Als Grundlage seiner theoretischen Ueberlegungen dienen Verf.
die Operationsergebnisse von 11 FĂ€llen (6 Nephrotomien, 2 De-
kapsulationen und 3 Nephrektomien). Als Ursache der Be-
schwerden fand sich einmal ein AbszeĂ, einmal ein aus Lympho-
zyten bestehender EntzĂŒndungsherd, der anfangs fĂ€lschlich als
Sarkom angesprochen wurde, einmal eine etwa zollgroĂe Narbe.
Einmal zeigte sich die Niere durchsetzt von Stecknadelkopf- bis
erbsengroĂen Höhlen. Einmal fanden sich neben einer mĂ€Ăig
fortgeschrittenen vaskulÀren und Glomerulonephritis mehrere
kleine. Zysten, von denen 2 mit Blut gefĂŒllt waren. Alle bis auf
2 FĂ€lle wurden durch die Operation dauernd von ihren Be-
schwerden befreit.
Was muĂ der praktische Arzt ĂŒber Nierenerkrankungen
wissen. Zur Beurteilung einer Nierenerkrankung ist die Auf-
nahme einer genauen Anamnese von besonderer Wichtigkeit. Die
Höhe des Blutdrucks ist kein zuverlĂ€ssiger MaĂstab fĂŒr die
Schwere der Erkrankung; besser zeigen HerzvergröĂerung, Ex-
sudationen und HĂ€morrhagien im Augenhintergrund die Aus-
dehnung der NierenschÀdigung an. Um sich ein vollstÀndiges
Bild von der FunktionsfÀhigkeit der Nieren machen zu können,
ist der Reststickstoff im Blut zu bestimmen. Die Ursache der
NierenschÀdigung kann toxischer oder bakterieller Natur sein.
Auch chemische Agentien und Giftstoffe, wie sie wÀhrend der
Schwangerschaft gebildet werden und in Verbindung stehen mit
den Erscheinungen des an aphylakti sehen Shoks, können dieselbe
Wirkung ausĂŒben. Therapeutisch werden zur Erleichterung der
Nierenarbeit Schwitzpackungen und Ableitung auf den Darm
empfohlen. Die Brightsche Krankheit ist eine chronisch-toxische
Nephritis, die sich entweder aus einer akuten Nephritis, oder in-
folge einer seit lÀngerer Zeit einwirkenden GiftschÀdigung ent-
wickelt hat. Nicht selten findet sich eine akute Nephritis neben
der chronischen Form. Am hÀufigsten erlebt der praktische Arzt
Xierenkomplikationen bei Schwangeren. Bei chronischer Ne-
nhritis sollte die Schwangerschaft sofort unterbrochen werden.
Unbedingte Indikation hierzu liegt vor bei bestehender Retinitis
albuminurica
Die Edcbohlsehe Operation bei chronischer Nephritis. Bei
einem 6 jÀhrigen luetischen Knaben mit chronischer Nephritis, die
trotz ausgiebigster Behandlung mit allen nur denkbaren Mitteln
der internen Medizin zu allgemein fortschreitendem Oedem mit
Ascites gefĂŒhrt hat, wurde nach 7 Wochen in Stickoxydulnarkosp
nach E debohl die Dekasulation. zunÀchst der rechten und
nach Erholung des Patienten von der ersten Operation auch der
linken Niere ausgefĂŒhrt. Der Erfolg war ausgezeichnet. Nach
15 Wochen fanden sich nur noch Spuren von EiweiĂ und einige
wenige hyaline Zylinder im Urin, und die Ausscheidung betrug
fast das doppelte der Aufnahme.
Kariöse ZÀhne als Ursache einer Infektion des Urogenital-
traktus und von Asthma in je 2 FĂ€llen. Unter Hinweis auf den
zweifellos groĂen EinfluĂ septischer Erkrankungen der Mund-
höhle auf die Entstehung von Rheumatismus, verschiedener Er-
krankungen des Blutes, des Darmes, der Nieren usw. zeigt Verf.
an 4, allerdings nicht recht ĂŒberzeugenden FĂ€llen, die gĂŒnstigen
Resultate, die er bei der Behandlung von Rheumatismus, Pyelitis
und eitriger SehnenscheidenentzĂŒndung, bei Asthma und Heu-
fieber dadurch erzielt haben will, daĂ er alle erkrankten ZĂ€hne,
in einem Fall 13 StĂŒck, extrahieren lieĂ.
Einige Gesichtspunkte ĂŒber die Beziehung von Lues zu
Psychosen und Psychoneurosen. Verf. betont die Notwendigkeit,
bei allen Kranken mit neurasthenischen Symptomen, bei Psycho-
neurosen und leiclil depressiven Formen von Geisteskrankheit
auf Lues zu fahnden, die in vielen FĂ€llen die Ursache der Er-
scheinungen ist, wie er an 7 FĂ€llen zu zeigen imstande ist.
Praktische Kontrolle der Geschlechtskrankheiten in England.
Kritische Besprechung der von dem obersten Beamten des eng-
lischen Gesundheitsministeriums im Jahresbericht fĂŒr 1921
niedergelegten AusfĂŒhrungen ĂŒber die Prophylaxe und Behand-
lung der Geschlechtskrankheiten und Darlegung eigener An-
schauungen ĂŒber die BekĂ€mpfung der Geschlechtskrankheiten,
die im einzelnen nicht besprochen werden können. Betonung det
Wichtigkeit der Prophylaxe durch persönliche Reinlichkeit und
Selbstdesinfektion. Stadelmann (Frankfurt a. M.).
New York Medical Journal, New York.
16. November 1921, 114, Nr. 10.
Galen und seine Zeit. W r i g h t . T. 557.
Diagnostische Bedeutung der Pupillensymptomc. Koster. M. L. r>6r,.
Die Bedeutung der Augen hei Kopfschmerzen. K o a r n e y . .T. A. 565.
Mobilisierung der Kniogelonksankyloso: Arthvoplastik. Ogilvy. C. 366.
Behandlung der Femurfraktur. H a (1 d e n . W. 568i
Das Radium in der Chirurgie. S c h 1 e y . W. S. 573.
âąfcAetiiologie und Behandlung der Handinfoktionen. Hill. ('. D. 575.
Knoehenchirurgic. Walsh. J. W. 576
Verwechslung des Thoraxtumors mit Aneurysma. G o 1 d s t e i n . H. I. 57S.
Psychotherapie. Ball. C. R. 580.
Organische Erkrankungen in Begleitung von Psychonouros: n. G o v e y .
C. B. 583.
Akute diffuse suppuratlve Labyrinthitis. G r e e n f i e 1 d . B. D. 585.
Aetiologie und Behandlung von Handinfektionen. Die schlimm-
sten Handinfektionen entstehen meist im AnschluĂ an kleinere
Verletzungen, zu deren Behandlung Àrztliche Hilfe nicht in An-
spruch genommen wurde. Um einer Infektion vorzubeugen, emp-
fiehlt Verf. sofortige Jodierung; nach eingetretener Infektion ab-
solute Ruhigsteilling, heiĂe BĂ€der in Sublimat. Carrel-Dakin- oder
Wrightscher Lösung und feuchte heiĂe VerbĂ€nde wĂ€hrend der
Nacht. Am besten werden die Kranken zur Incision und Nach-
behandlung einem Krankenhause ĂŒberwiesen.
Stadelmann (Frankfurt a. M.)
Archives of internal Medicine, Chicago.
15. November 1921, 28, Nr. 5.
EinfluĂ allgemeiniW SchwĂ€ch« und ErmĂŒdune auf die vitale KapazitĂ€t der
Lunge. P e a liodv. F. W. und Stursis. 0. f. 501.
Studien ĂŒber Erythrozytâą mit besondrer RĂŒcksicht atff Betieulum. Poly-
chromatophil ie und Mitochnndrie. Key. .T. A. 511.
Vephiitis durch Ankvlostr.ma duodenalis. P. o j a s . F. und M o r e n «t o .
J. T. 550.
Chemie des Blutes und der Corel.ronpinalfliissigkeit. K g e r e r - S e h a m .
G. und Nixon. C. E. 501.
Funktionelle Krankhrvt bei Soldaten. Sw.an. J. IL 586.
Pl]enol.sulphoncphtha!cin-.\usschoidun<r hei chronischer interstitieller Ne-
phritis. S n o iv den. Tl. R. G03.
Beziehungen des Mageninhalten zu der sekrotorisch-u und motorischen
Funktion des Organs. W h e e 1 o n . IT. 613.
\lkaptonurie: Stoffwechsel. Gibson. R. B. und Howard. C. P. 632.
âPer EinfluĂ des anorganischen Eisens auf die Blurrrgeneration nach
hÀmorrhagischer AnÀmie. M u s s o r . .1. H. 638.
RrĂŒfeing der Nierenfunktion. Sharlit. Tl. und Lylc. W.t G. R49.
Terminale Herzarrhythmie. Dienaide. F. E. und Davidson,
E. C. 6G3.
Zerebrale und neuromuskulÀre Wirkung des Digitalis. Macht. D. J.
und Bloom W. i 78. ,
Der EinfluĂ anorganischen Eisens auf die Blutregeneration
bei hÀmorrhagischer Anaemie. Um den Einfluà des anorgani-
schen Eisens auf die Blutregeneration zu studieren, bekamen
Hunde, die durch wiederholte Blutverluste anaemisch gemacht
waren' Eisensulfat zusammen mit Natriumbiearbonat in tÀglichen
Mengen die den therapeutischen Gaben beim Menschen ent-
sprechen. Anaemisierte Kontrolltiere erhielten kein Eisen. Es
zeigte sich im Begenerationstvp bei den Versuchsreihen kein
wesentlicher Unterschied. Die Tiere - es waren sonst gesunde
Hunde, die normal ernĂ€hrt wurden â erholten sich mit und ohne
Eisenmedikaiion in etwa der gleichen Zeitdauer.
L. Farmer Loeb 'Berlin .
The Japan Medieal World, Tokio.
15. Oktober 1921, 1. Nr. 6.
ImmunhÀmagglutiinin. T a n e m o t o F u r u h ata. 1.
^Prophylaktische Maseruimpfung. Hiraislii. S. und O k a m o t o . K 10.
Transplantation von Batten-Sarkom auf ausgewachsene Yöge^
Sliirai, % 15.
Ueber Masernschutzimpfung. Im AnschluĂ an Untersuchunucn
von Kusama, dem es gelang, durch Injektion sehr kleiner
40. Jahn
Nr. 3.
Buchbesprechungen
M
Mengen von unabgeschwĂ€chtem FlecktyphusvirĂŒs Affen gegen die
5 fache krankmachende Dosis zu schĂŒtzen, wurde der \ ersuch
unternommen, durch Injektionen von stark verdĂŒnntem Masern1
blut Kinder aktiv zu immunisieren. Die immunisierten Kinder
wurden teils der natĂŒrlichen Infektion ausgesetzt, teils durch In-
jektionen gröĂerer Mengen von Masernblut oder durch Bepinseln
der Rachenschleimhaut mit dem Rachensekret masernkranker
Personen zu infizieren versucht. Hierbei zeigte sieh, daĂ es
uichl immer gelingt, durch den Rachenschleim die Krankheit zu
ĂŒbertragen, wahrend die UebertrĂ€gung durch Blutinjektionen
sicherer erreicht wird. Ferner zeigte sich, daii einige nicht-
schutzgeimpfte Kinder, die nach Injektionen von sonst krank-
machenden Dosen von Masernblut gesund blieben, nach Zu-
sammensein mit masernkranken Personen die Krankheit er-
warben. Als kleinste Dosis von .Masernblut, die im Injeklions-
versueh krankmachend wirkte, wurde die Menge von 0,001 bis
0,002 cem festgestellt. Eine Schutzimpfung mit 0,0001 cem in-
fizierten Blutes erwies sich als ganz harmlos und konnte bei dem
Kinde einen gewissen Grad von ImmunitÀt gegen die eben ge-
nannten krankmachenden Dosen bewirken. Ein sicherer Schutz
gegen Infektion auf natĂŒrlichem Wege wird allerdings nicht er-
reicht. In den FĂ€llen, in denen es trotz der Impfung zur Er-
krankung kam, verlief dieselbe besonders leicht. Die erfolgreichen
v ersuche von Degkwitz mit Masernrekonvaleszentenserum
werden von den Verff. nicht erwÀhnt. Wolf f (Hamburg).
Buchbesprechungen.
Kratter, Julius (Graz): Lehrbuch der gerichtlichen
Medizin, in 2 BĂ€nden. I. Band Theoretischer Teil. Zweite,
wesentlich verbesserte Auflage. Stuttgart, Ferd. Enke. 1921.
724 S.
Je komplizierter das Leben in seinen Beziehungen zur Um-
gebung wird, um so hÀufiger kommt es zu Reibungen, und wenn
der Arzt von altersher als Therapeut, mithin als Akteur in die
Zukunft, aufgefaĂt wurde, so schiebt sich immer deutlicher neben
ihn der Arzt als Diagnostiker und Aetiologe, mit einem in die
Vergangenheit gerichteten Blick.
Solch eine TĂ€tigkeit ist naturgemÀà von Wichtigkeit fĂŒr die
Rechts- und Wohlfahrtspflege, damit Störungen im physiologi-
schen Verlauf entweder geahndet oder abgestellt werden.
Die Pathologie tritt hier also eben so auf, nur gewissermaĂen
in umgekehrter Orientierung. Das kann man nicht lernen; das
muĂ man erlebt haben. Und so ist es dankenswert, daĂ ein Mann
mit den Erfahrungen eines Vierteljahrhunderts hier seinen
SchĂŒlern einen Niederschlag seines Erlebens gibt. Erfahrungen
sind immer subjektiv; drum leuchtet auch aus diesem Lehrbuch
allenthalben eine wohlumrissene Persönlichkeit mit ihrer beson-
deren Stellung zur Welt hervor. Wenn er z. B. an einer Stelle
halbgebildeten Laien zuverlÀssige Beobachtungsgabe zuerkennt,
so ist das gewià höchst subjektiv; oder er hat vorwiegend Ro-
manen im Auge, welche in der Tat in ihren Krankenbeschrei-
bungen unvergleichlich viel prÀziser sind als die Germanen.
Umfang und Inhalt der âgerichtlichen Medizin" sind bekannt
genug; sie braucht man also nicht im einzelnen aufzuzÀhlen. Die
Hauptsache ist die Kunst der Darstellung, und diese ist in allen
Teilen, sogar in den ausgeschriebenen Verletzungen, fesselnd und
verschafft auch einem Juristen einen Einblick in das biologische
Getriebe.
DaĂ ein Werk aus dem Verlag Ferd. E n k e an sich schon ein
sthetischer Genuà ist, bedarf keiner ErwÀhnung.
Buttersack.
F. A. Hoffmann, Professor P. O. em. an der UniversitÀt Leipzig,
Kais. Russ. Wirkl. Staatsrat, Kgl. Sachs. Geheimer Rat: Die
Reichsversicherungsordnung. Nach der Vorlesung
ĂŒber Soziale Medizin fĂŒr Juristen und Aerzte. Verl. F. C. Vogel,
Leipzig 1921. Preis 20 M.
Wenn einer der GroĂen unserer Wissenschaft, welcher jahr-
zehntelang einen Lehrstuhl an einer unserer gröĂten Universi-
tÀten bekleidete, nun nach fast 50 jÀhriger Àrztlichen TÀtigkeit
procul negotiis die Feder ergreift, um aus dem Borne seiner reichen
Erfahrung uns JĂŒngere zu belehren, so dĂŒrfen wTir mit Recht
etwas Besonderes erwarten. Dies ist auch in dem neuesten Werke
unseres Albin Hoffmann der Fall. GewiĂ an Bearbeitungen
der Reichsversicherungsordnung sowohl aus der Feder von Me-
dizinern und -Juristen besteht kein Mangel. Aber das vorliegende
Werk zeigt eine höchst persönliche Note und ganz individuelles
GeprÀge. An Umfang zÀhlt diese Bearbeitung nur 65 Seiten abej
welche FĂŒlle sozial-medizinischer Erfahrung auf («rund der aus-
gedehnten GutachtertÀtigkeil finden Wir hier zusammengedrÀngt,
welche abgeklĂ€rte Gediegenheit des Urteils und welche grĂŒnd-
liche Kenntnis der Psyche unserer Kranken, unserer Unfallver-
letzten und unseres Invalidenrentners. Welch treffende Worte
spricht er ĂŒber Arzt, Krankenkassen, Patienten sowie ĂŒber Kur-
pfuscher.
Im Kapitel Krankenversicherung bietet uns U. in prÀgnanter
KĂŒrze alles Wissenswerte; insbesondere verweise ich auf die
Feststellung der ArbeitsfĂ€higkeit sowie auf seine AusfĂŒhrungen
ĂŒber Mittel, die Grenze zwischen Gesundheit und Krankheit
praktisch festzusetzen. Was II. ĂŒber das III. Buch (Unfallver-
sicherung) bietet, dĂŒrfte nicht so leicht ĂŒbertroffen werden
können; der praktische Arzt findet hier alles Wissenswerte und
fĂŒr die Begutachtung Notwendige in interessantester Weise mil
ganz persönlicher Note. Gesund und treffend sind seine Kritik,
seine VorschlĂ€ge, wert bei einer Revision in weitestem MaĂe be-
rĂŒcksichtigt zu werden, ebenso wie sein SchluĂ-Kapitel ĂŒber Ar-
beitslosenversicherung.
Zusammenfassend möchte ich sagen, daà II o f f m a n n ' s
Reichsversicherungsordnung wie wohl keine zweite Bearbeitung
dieses Themas geeignet ist, den Juristen in die medizinische Seite
dieses Gebietes einzufĂŒhren, und dem Ă€lteren erfahrenen Medi-
ziner sowie dem jungen PraxisanfÀnger und Assistenten auf
diesem nicht immer leichten sozialmedizinischen Gebiete ein
FĂŒhrer zu sein, ihm in ĂŒbersichtlicher eingehender Weise auf-
klÀren und Belehrung bietend. Dr. Paul Michaelis.
G. Schmorl : Die Pathologisch - Histologischen
Untersuchungsmethoden. 10. u. 11. Auflage, 1921,
Verlag F. C. W. Vogel, Leipzig*
Das ausgezeichnete Buch Schmorls liegt in neuer Auflage
vor, die wiederum etwas vermehrt und verbessert ist. FĂŒr den
AnfÀnger besteht der besondere Wert des Werkes in der klaren
Darstellung der GrundzĂŒge der Technik, fĂŒr den Fortgeschrittenen
in der lĂŒckenlosen VollstĂ€ndigkeit und Uebersichtlichkeit des
Inhalts, wodurch es schlechthin zu âdem'' Buch in der Fachlite-
ratur gestempelt wird. H a b e r.
Dr. Pospischill: Ueber Klinik und Epidemiologie der
Pertussis. S. Karger. Berlin 1921. Preis 33 M.
Das Studium dieser Monographie lehrt uns den Keuchhusten
als ein neues, Ă€uĂerst chronisches und ungeahnt bösartiges Lei-
den erkennen. In seiner eigenartigen metaphernreichen und sub-
jektiven Diktion schildert Pospischill die klinischen Erfahrungen,
die er im Laufe von fast 20 Jahren an ĂŒber 25 000 Keuchhusten-
kranken Kindern gewonnen hat. Aus der ĂŒberreichen FĂŒlle von
klinischen und epidemiologischen Tatsachen ergibt sich die Er-
kenntnis, daĂ das klassische Bild, der zeitlich in ihrem Ablauf
begrenzten Infektionskrankheit âPertussis" zu den seltenen Aus-
nahmefÀllen gehört. Meist ist der Beginn schleichend und durch
lange Zeit fehlt das Hustensymplom. Die Krankheit besteht nur
in einer auch klinisch besonders charakterisierten Bronchitis.
Gelegentlich einer sekundÀren Infektion (Masern, Influenza,
grippöse Erkrankungen aller Art, Diphtherie usw.) kommt es zur
Entwicklung des vollen Bildes der Keuchhustenkrankheit, die
dann eigentlich als Rezidiv aufzufassen ist. Sie dauert wahr-
scheinlich jahrelang, durch die ganze Zeit der Kindheit, und jede
neue Infektion kann zu mehr oder weniger manifestem Pertussls-
rezidive fĂŒhren. In der ChronizitĂ€t und enormen Verbreitung
liegt die ernste Bedeutung des Keuchhustens. Pospischill
glaubt, daà es in Wien nur wenige Bronchitiden und LobulÀr-
pneumonien (auch sonstige Erkrankungen des Respirations-
fraktes) geben dĂŒrfte, hinter denen keine Pertussis steckt. Ja
sogar âein sehr groĂer Teil des Krankheitsleidens der Kinder
ĂŒberhaupt hat in der Pertussis seine tief verborgene Wurzel".
âDie Pertussis besitzt die Lungen der Kinder Wiens." Der
Keuchhusten setzt sich in der Lunge fest, und die dort erzeugten
VerÀnderungen einer Bronchitis und Peribronchitis bedingen die
âPertussislung e ', in der leichtesten Form charakterisiert
durch ein eigenartig klingendes, kleinblasiges, hartnÀckig an eine
Stelle lokalisiert bleibendes, meist basales Rasseln. Bei dieser
und den anderen SchÀdigungen des Respirationstraktes durch die
Lungenpertussis ist der Husten noch nicht in seiner
klassischen Form vorhanden. Es muĂ erst zu einer Affektion
des Zentralnervensystems (P e r t u s s i s g e h i r n) durch die
spezifischen Keuchhustenformen kommen, damit die typischen
paroxysmalen Hustanfalle zustande kommen.
Von gröĂtem Interesse ist es, was Verf. aus seiner reichen
Erfahrung ĂŒber die GefĂ€ĂschĂ€digungen und ĂŒber Pertussis-
82
Buchbesprechungen
40. Jahrg. â Nr. 3.
pyĂ€mie, ĂŒber Haut- und Schieimhautkomplikationen noch zu be-
uchten weiĂ; wie jede einzelne Mischinfektion ihr besonderes
Kolorit dadurch erhalt, daĂ sie in einem keuchhustenkranken Or-
ganismus ablÀuft.
Pospischills Ansichten, die so grĂŒndlich das scheinbar
festgefĂŒgte Bild des Keuchhustens umstĂŒrzen, werden sicher nicht
unwidersprociien bleiben. Lauten doch die Erfahrungen, die man
in der Praxis â auĂerhalb der Mauern eines Epidemiespitales â
gemacht werden, in jeder Hinsicht, was Verlauf, Prognose, Re-
zidive, Heilbarkeit, Beziehungen zur Tuberkulose und anderen
Infektionen betrifft, ganz anders, und die Divergenz der Auf-
lassungen lĂ€Ăt sich auch nicht uurctir die Annahme besonderer
VerhÀltnisse des Krankenmaterials in einem Ini'ektionsspilale
gĂ€nzlich ĂŒberbrĂŒcken. Derzeit stehen sich zwei Formen der
j/ertussis: die klassische, typisch verlaufende, zeitlich begrenzte
Infektionskrankheit, die wir bisher gekannt haben, und das chro-
nische, immer wieder rezidivierende Leiden, das Pospischill
beschreibt, recht schroff gegenĂŒber. \\ eitere Untersuchungen
und Beobachtungen werden zeigen, ob und in welchem AusmaĂ
die alte oder die neue Lehre modifiziert werden mĂŒssen; An-
regungen zu Forschungen gibt die Monographie Pospischills
in mindestens gleichem Marie, als sie zu Widerspruch reizt.
Lehndorff (Wien).
Ernest Jones (London;: Therapie der Neurosen. Inter-
nationaler Psychoanalytischer Verlag, Leipzig-Wien-ZĂŒrich,
1921.
Das Buch erlĂ€utert in flĂŒssiger Darstellung die heutigen Be-
handlungsmethoden der Neurosen bezw. Psycnoneurosen. Neue
Gesichtspunkte werden nicht beigebracht. Verf. ist ĂŒberzeugter
Freudianer und rÀumt demgemÀà der Psychoanalyse die hervor-
ragendste Stellung in der Therapie der neurotischen Erkrankungen
ein. Mit ihm ĂŒber diese Auflassung rechten, heiĂt das ganze
Problem von neuem aufrollen. Und das hat in einer kurzen kriti-
schen Besprechung keinen Zweck. Man sieht immer wieder, daĂ
zwischen AnhÀngern und Gegnern der Freudschen Lehre eine
Kluft gĂ€hnt, die Kaum zu ĂŒberbrĂŒcken ist. Wenn ĂŒbrigens â um
Einzelneiten zu erwĂ€hnen â die Kriegsneurosen auf verdrĂ€ngte
Eigenliebe oder NarziĂmus zurĂŒckgefĂŒhrt werden, so ist das, ge-
linde gesagt, eine Einseitigkeit in der Beurteilung, vor der nicht
genug gewarnt werden kann. Und wenn von gĂŒnstiger Beein-
llussung durch Psychoanalyse in den Anfangsstadien der De-
mentia praecox, in den freien ZwischenrÀumen des manisch-
depressiven Irreseins und bei bestimmten Formen der Epilepsie
gesprochen wird, so muĂ der unbefangene Leser diesen Angaben
mit der gröĂten Skepsis begegnen. Hier mĂŒssen sowohl hinsicht-
lich der Diagnosestellung wie auch der wesentlichen Besserung
der Symptome bindende Beweise verlangt werden. Wohl ist es
möglich, daĂ hysterische Begleiterscheinungen unter dem EinfluĂ
der Behandlung schwinden, das Gesamtbild der Psychose aber
wird hierdurch nicht beeinfluĂt und kann ĂŒberhaupt durch psycho-
analytische Bestrebungen nicht von Grund auf geÀndert werden.
A. M ĂŒ n z e r.
P. Orlowski: Die Impotenz des Mannes. Kabitzsch,
Leipzig. 3. Aufl., IV, 150.
Verf. nimmt als eine der hÀufigsten Ursachen der Impotenz
eine Kollikulus-Hypertrophie an, die die Folge von jahrelanger
Onanie, Coitus interruptus, hÀufiger frustaner Erregung sein soll.
Die theoretische BegrĂŒndung der Entstehung dieser Kollikulus-
Hypertrophie ist allerdings sehr anfechtbar. â Als souverĂ€nes
Mittel hat sich Kauterisierung des Kollikulus fĂŒr den Verfasser
erwiesen.
Was Verf. ĂŒber die rein psychische Impotenz schreibt, das
Verwerfen jeder psychischen Behandlung usw., zeugt von groĂer
Einseitigkeit und geringer Kenntnis der menschlichen Psyche.
L u r j e.
Louis Satow: Hypnotismus und Suggestion. Oldenburg
& Co., Berlin 1921. 192 Seiten.
Aus der Masse der populÀren Schriften dieses Gebietes hebt
sich dieses Buch angenehm dadurch heraus, daĂ es rein sachlich,
ohne Schwulst â allerdings auch ohne Verliefung â das Wesent-
liche ĂŒber Hypnose und Suggestion bietet und gute Beispiele aus
dem Gebiet der Massensuggestion, der Kriegspsychose und
frĂŒheren psychischen Epidemien bringt. L u r j e.
Ed. Aigner: Okkultismus und Wissenschaft. Verlag
Otto Uhlmann, Siegmar-Chemnitz. 63 Seiten.
In der heutigen Zeit, wo ein Hang zur Mystik, zu ĂŒbernatĂŒr-
lichen Dingen durch alle Völker geht, ist es sehr wĂŒnschenswert,
daĂ auch die gebildeten Kreise sich mit diesen Dingen sine ira
et studio beschÀftigen, um so an einer wissenschaftlichen, sich von
jeder ĂŒbersinnlichen Spekulation fernhaltenden Durchdringung
dieser Probleme mitarbeiten zu können. â Das kleine Buch von
Aigner ist zur EinfĂŒhrung sehr geeignet, wenn es auch fast zu
wenig bringt. Es zeichnet sich durch strenge ObjektivitÀt aus,
berichtet nur einfache Tatsachen und sucht nicht, vorlÀufig noch
unerklĂ€rliche Dinge auf ĂŒbernatĂŒrliche Weise zu erklĂ€ren.
L u r j e.
»Sexus. Monographien aus dem Institut fĂŒr .Sexual-
wissenschaft in B e r 1 i n. Band 1 : A. Kronfeld : l e b e i
p s y c h o s e x u e 1 1 e n infantil ismus, eine K ö n s t i t u
i i o n s a n o m a 1 i e.
Das Konstitutionsproblem hat in der modernen Zeit eine un-
geahnte Bedeutung gewonnen. Emsigen Forschungen ist es nicht
nur gelungen, die somatischen Merkmale fĂŒr bestimmte Kon-
stitutionen bezw. Konstitutionsanomalien zu fixieren, sondern man
hat auch die psychischen EigentĂŒmlichkeiten fĂŒr gewisse Typen
zusammenzĂŒordhen und scharf umrissene Bilder zu zeichnen ver-
mocht.
Magnus II i r s c h f e 1 d hat zuerst den Begriff des psycho-
sexuellen Infantilismus aufgestellt, er ist als bestimmte Form
einer Sexualkonstitulion aufzufassen, welche das Stehenbleiben der
psychischen Sexualentwicklung auf infantiler Stufe anzeigt.
i\ r o n f e 1 d hat die mannigfachen Fragen, in die bisher eine tiefer
schĂŒrfende Beobachtung noch nicht eingedrungen war, zusammen-
hangend bearbeitet und hat unter Beibringung eines interessanten
kasuistischen Materials der geschilderten Konstitutionsanomalie
eine leste Grundlage geschaffen. â NaturgemÀà muĂ die Behand-
lung des psychosexuellen Infantilismus das Problem der kind-
lichen SexualitÀt wiederum aufrollen. Kronfeld betont, es
gebe beim Kind tatsÀchlich nichts im Triebleben, was der aus-
gereiften SexualitÀt des Erwachsenen vergleichbar wÀre; aber
es gebe alle Keime und Entwicklungsstadien einer Triebmatrix,
aus der die ausgereifte SexualitÀt hervorgehe. Das ist lediglich
eine Hypothese. Es fehlt jeder Beweis fĂŒr einen kontinuierlichen
U ebergang der kindlichen in die ausgereifte SexualitÀt. Die vom
Verfasser angezogenen Kindheitserinnerungen Erwachsener sind
nicht verwertbar, weil sie nachtrÀglich umgedeutet werden
können. Man kann mit dem gleichen Recht behaupten, daà die
SexualitÀt des Kindes und des Erwachsenen psychologisch völlig
verschiedene Dinge sind. Zudem bildet die in der PubertÀt ein-
setzende innere Sekretion der KeimdrĂŒsen ein Moment, dessen
Tragweite wir noch nicht ĂŒbersehen können.
Sehen wir von dieser prinzipiellen Streitfrage ab, so können
wir uns im ĂŒbrigen der FĂŒhrung des Verfassers getrost anver-
trauen. Die Herausarbeitung des psychosexuellen Infantilismus
bedeutet einen zweifellosen Fortschritt. Dabei tritt â vom Ver-
fasser gar nicht so sehr betont â der enge Zusammenhang zwi-
schen Sorna und Psyche mit einer seltenen Klarheit zutage.
Freilich ergeht es uns bei dem Studium des vorliegenden Pro-
blems genau wie mit vielen anderen Errungenschaften in der
Medizin: kaum haben wir eine höhere Stufe erklommen, so öffnet
sich die Sicht auf ein weites unbebautes Feld, dem wir nur wie-
der nach heiĂer Arbeit neue BodenschĂ€tze entreiĂen können.
âą A. M ĂŒ n z e r.
Hofrat Dr. Julius Parreidt-Leipzig: Zahnheilkunde. Ein
kurzes Lehrbuch fĂŒr studierende Aerzte und ZahnĂ€rzte. Leip-
zig. Verlag von J. A. Barth 1922. M. 45.
Das bekannte Kompendium in neuer Auflage, verbessert,
mehr auf den Zahnarzt zugeschnitten, das keiner weiteren Emp-
fehlung bedarf. v. Schnizer.
Alfred Beyer » (Regierungsrat im preuĂischen Ministerium fĂŒr
Volkswohlfahrt): Gesundheit und gewerbliche Ar-
beit. Ein Beitrag zur Erweiterung und Organisation des Ge-
sundheitsschutzes der Arbeitnehmer. Veröffentlichungen aus
dem Gebiete der Medizinalverwaltung. XIII. Band, 5. Heft,'
Berlin 1921. Verlag Richard Schötz. 174 Seiten. Preis brosch.
24 Mark.
An der Neuregelung des Àrztlichen Dienstes in der Gewerbe-
aufsicht hat Verf. einen hervorragenden Anteil; ist doch auf seinem
Antrage hin endlich die hauptamtliche Einstellung von 5 Ge-
werbeĂ€rzten in PreuĂen erfolgt, nachdem kleinere Staaten schon
lÀngst hervorragende, wissenschaftlich anerkannte KrÀfte mit
diesem Posten betraut hatten. In dem vorliegenden Werke gibt
Beyer einen Ueberblick ĂŒber die Organisation der Gewerbeauf-
sicht, welche Aufgaben die GewerbeĂ€rzte zu erfĂŒllen haben und
welche Erfolge fĂŒr den Gesundheitszustand der gewerblichen Ar-
lu. Jahrg. Nr. 3. Soziale Medizin und Standes fragen s.;
heiter und damit auch fĂŒr die Wiederaufrichtung unseres Volkes
infolge dieser MaĂnahmen zu erwarten sind. Einen Ueberblicl<
aber den reichen Inhalt, welchen Verfasser in geistreicher und
umfassender Weise meistert, mögen die einzelnen Ueberschriften
Mben: Organismus und Umwelt, GefĂŒhlsleben und ErnĂ€hrung
Die ., Arbeit" als begriff und ihre Bedeutung fĂŒr den Einzelnen
And FĂŒr die Allgemeinheit. Die AnfĂ€nge des gewerblichen de
Bundheitsschutzes und dessen Ausbau. â Die technische und Ă€rzt-
liche Organisation der gewerblichen Gesundheitspflege. Dia-
gnose und Begriff der Gewerbekrankheit. â Anzeigepflicht.
Aufgaben der Gewerbehygiene. â Konstitution und Arbeitszeil in
differentieller Wertung. Die angewandte Psychologie und ihre
Bedeutung fĂŒr die gewerbliche Gesundheitspflege. â Aufklarung.
Wie ersichtlich, sind es fĂŒr den Arzt der Praxis, dessen Haupt-
.. Kundschaft" ja die Arbeiterschaft bildet, höchst wichtige Fragen,
die hier restlos aufgeklÀrt und, soweit möglich, einer Lösung
entgegengefĂŒhrl werden. Wir mĂŒssen dem Verfasser Dank
wissen, daĂ er endlich die juristisch-technische Bevormundung
iles Arztes zerreist und uns Aerzten auch ein PlÀtzchen an der
Sonne gesichert hat. Die Erkennung der Gewerbekrankheiten,
ihre Anzeige-, ihre EntschÀdigungspflicht stellen auch den prak-
tischen Arzt vor neue Aufgaben und Pflichten. HierĂŒber sich
zu orientieren, bietet das vorliegende Werk, zu dessen Abfassung
Beyer wie wohl kein Zweiter geeignet ist, die beste Gelegenheil,
und ich möchte nur jedem Allgemeinpraktiker empfehlen, sich
wĂ€hrend seiner winterlichen MuĂestunden in dieses Buch zu ver-
liefen, zumal da es auch infolge seiner flĂŒssigen Schreibweise
sich interessant und glatt liest. Michaelis (Bitterfeld ;.
Sanders, Hans Theodor: Hypnose und Suggestion. Kos-
mosbeiheft, November 1921. 75 Seiten lange Schrift mit 14 Ab-
bildungen.
Die Schrift bringt in gedrĂ€ngter KĂŒrze alles Wissenswerte
und auf diesem Gebiet Bekannte. Streng wissenschaftlich gehal-
ten wie alle Kosmosheftchen, ist das Thema populÀr geschrieben,
hĂ€lt sich aber so sehr an die Forschungen der Wissenschaft, daĂ
selbst ein mit der Hypnose weniger vertrauter Arzt aus ihr
noch zu lernen vermag. Wer sich kurz orientieren will oder wer
die Ausgaben eines jetzt so teuren Werkes, wie das von Bern-
heim, von Dessoir, von Forel, von v. Krafft-Ebing oder von Moll,
sich nicht machen will, dem empfehle ich den Kauf dieses kleinen
fk'ftchens. Werner H. Becker.
Soziale Medizin und Standesfragen.
R. V. G. (Reichsversorgungsgesetz).
Von Dr. P n i o w e r.
Das Gesetz ist in mehrfacher Beziehung fĂŒr uns Aerzlc
wichtig und interessant. Erstens ist hier zum ersten Male
in der gesetzlich bestimmten Heilbehand-
lung die organisierte freie Arztwahl durch
ein reichszentrales Tarifabkommen fest-
gelegt worden.
Dies gilt natĂŒrlich nur fĂŒr die Behandlung der ,,Z u -
Geteilte n", von welchen jetzt die Rede sein soll. FĂŒr die
Behandlung dieser Zugeteilten sind alle Aerzte zuzulassen,
die sich verpflichten, zu den vereinbarten Bedingungen tÀtig
zu sein â nicht nur die KassenĂ€rzte als solche. Als eine
Errungenschaft, vielmehr als SelbstverstÀndlichkeit kann
man die Bestimmung auffassen, daĂ eine Karenzzeit ausge-
schlossen ist. - Andererseits sind aber auch natĂŒrlich alle
Kautelen vorgesehen, welche die organisierte freie Arztwahl
zu ihrer DurchfĂŒhrung braucht, denn die Zulassung kann
â nur â aus einem Grunde verweigert werden, der auch
eine Zulassung als Kassenarzt behindern wĂŒrde. (Aerztlichei
Reichstarif fĂŒr das Versorgungswesen I 6 b.) SinngemÀà tritt
,aber auch eine âUcberprĂŒfung der Ă€rztlichen TĂ€tigkeit"
(I 7 D X) in Erscheinung: daà die Àrztlichen Leistungen und
Verordnungen sich im Rahmen des nach Lage des Falles Er-
forderlichen halten. Diese Stellen haben das Recht, Ver-
warnungen und Verweise auszusprechen, die GebĂŒhren zu
kĂŒrzen, die Ersatzpflicht auszusprechen, auf Ordnungs-
strafen und auf zeitweise oder dauernde AusschlieĂung von
der Zulassung zu erkennen.
Es treten also mit der Krankenkasse auch Aerzte in
Verbindung, welche auĂer den eben angefĂŒhrten Gesichts-
punkten nichts mit derselben zu tun hÀtten. Allerdings
dient auch die Krankenkasse nur zur Vermittlung zwischen
den behandlungsbereilen Aerzten und dem Reiche, weil di<
BetrĂ€ge fĂŒr die Behandlung nur von der Kasse ausgelegt und
vom Reiche zurĂŒckerstattet werden.
Wichtig ist, daà in dem neuen Tarifabkommen die Àrzt-
liche. Organisation auf diese Weise auch fĂŒr die Niehl
kassenĂ€rzte als Grundlage fĂŒr den Vertragsab-
schluĂ anerkannt ist, denn nach I 7 A isl ĂŒber die
Behandlung der Zugeteilten . . . mit der Organisation dei
Aerzte ein Vertrag zu schlieĂen. Nach I 7 B enthĂ€lt die
Verpflichtung des einzelnen Arztes nur die Wiedergabe eines
Kollektiv-Vertrages, Satzung, Instruktion und BeschlĂŒsse dei
kassenÀrztlichen Organisation .... zu befolgen. Namentlich
die Unterwerfung unter die Entscheidungen der Mitglieder
Versammlung und des vertraglichen Schiedsgerichts i -t
wichtig.
Noch in einer anderen Beziehimg isl dei Ae.R. T. inter-
essant. Es ist die sog. Allgemeinverbindlichkei.t
der TarifvertrÀge von Arbeitern und Angestellten auch auf
die Aerzte angewandt. Nach dem Wortlaut des Gesetzes
(Verordnung) ĂŒber TarifvertrĂ€ge usw. vom 23. 12. 1918 rech-
nen die Aerzte nicht zu den Angestellten. Nach § 2 der âVer-
ordnung" kann das Reichs-Arbeitsamt TarifvertrÀge
fĂŒr allgemein verbindlich erklĂ€ren, und gilt dieser dann auch
fĂŒr alle, die an dem Tarifvertrage nicht beteiligt sind.
So heiĂt es im Ae. R. T. Einleitung im letzten Satz, daĂ
dieselbe â auch fĂŒr nicht durch Vertrag verpflichtete Aerzte
gilt, wenn sie von Versorgungsbehörden mit .... Behand-
lung beauftragt werden. Ein Vergleich mit der gesetzlichen
GebĂŒhren -Ordnung ist nicht angĂ€ngig, da ja der im R.V.G.
vorgesehene Arbeitsminister nur als neutraler Vorsitzender
zu gelten hat. Wir sehen hier also schon den VorlÀufer des
von uns geforderten gesetzlichen Zentralschieds-
amts, wobei die AllgemeinverbindlichkeitserklÀrung noch
weiter als dort geht, weil sie ja auch am Tarifvertrage nicht
beteiligte Aerzte einbezieht.
Aber eine âsoziale" GroĂtat kann ich selbst in der âun-
beschrÀnkten" Behandlung nicht erblicken. § 8, 4 RVG be-
sagt: die Heilbehandlung wird solange fortgesetzt, bis durch
sie eine Besserung des Gesundheitszustandes oder eine Stei-
gerung der ErwerbsfÀhigkeit nicht mehr zu erwarten ist. Es
muĂ sinngemÀà heiĂen: wird n u r solange fortgesetzt . . . .
und der Ae. R. T. I 1 a und b gibt genaue ErlÀuterungen
dazu. Nur wenn Verbesserung des Zustandes erwartet oder
eine Verschlimmerung verhĂŒtet wird, kommt Heilbehand-
lung in Betracht â andernfalls kann der Kranke ruhig ohne
Ă€rztliche Hilfe bleiben. Allerdings tritt bei besonderer Be-
dĂŒrftigkeit nach § 13, 3 RVG. eine UnterstĂŒtzung des Be-
schÀdigten und seiner Angehörigen in Kraft. Mit der Er-
fĂŒllung der These 9 des Erfurter Programms, der unentgelt-
lichen Àrztlichen Hilfe, ist es also auch im Gebiete des RVG.
nichts, obwohl dieses doch ein soziales Gesetz und keine
sozialpolitische Versicherung darstellen will.
Die Heilbehandlung im RVG. kommt also im GroĂen und
Ganzen nur auf das vorbeugende Heilverfahren
der Invaliden- und Unfallgesetzgebung hinaus, wenn sie
auch im Gegensatz zu diesem vorgeschrieben und nicht frei-
gestellt ist. Dieses Anrecht stellt immerhin einen sozialen
Fortschritt vor.
Wohl aber ist durch das RVG. der Staats-
sozialismus noch weiter in die Kranken-
kasse n ge s et z g eb u n g eingedrungen. Ich habe
schon in der Hamburger Wochenschrift darauf hingewiesen,
daĂ mit dem WochenfĂŒrsorgegesetz vom 26. 9. 1919 der erste
Schritt dazu getan war, denn hier werden Pflichtleistungen
nach § 205 d zur HĂ€lfte vom Reiche zurĂŒckerstattet.
Allerdings hatte schon der sog. M u n i z i p a 1 s o z i a 1 i s -
mus direkt mit dem KVG. zu tun, indem z. B. Gemein-
den zu manchen Leistungen ZuschĂŒsse geben mĂŒssen, und
indirekt standen dem KVG. auch die staatlichen Ii/
stanzen und Behörden zur VerfĂŒgung.
Soziale Medizin und Standesfragen
40. Jahrg. â Nr. 1
Es handelt sich aber im Gebiete des RVG. nur um die
sog. Krankenkassenmitglieder, weil hier vom
Reiche zu den Kosten zugeschossen wird, und nicht
um die âAusgesteuerte n", die ânicht vollberech-
tigten Versicherten" oder die âZugeteilten",
weil bei allen diesen die Kosten ersetzt werden. Nur die
bis zum 1. April 1923 vorgesehenen ZuschĂŒsse bei
Pflichtleistungen können im Sinne des Staatssozialismus an-
gesehen werden.
Es ist aber nicht ausgeschlossen, daà die in § 15 RVG.
vorgesehenen PauschbetrĂ€ge fĂŒr alle anderen als die Kran-
kenkassenmitglieder auch in diesem Sinne aufgefaĂt wer-
den können; denn es ist damit doch sicherlich die Absicht
vorhanden, nicht alle Leistungen voll zu ersetzen, wie ja
auch der ZuschuĂ fĂŒr die Krankenkassenmitglieder nach
§ 14 bis zum 1. April 1923 auch nur mit einer gewissen
Pauschbegrenzung gehandhabt wird.
Der 25. Ortskrankenkassentag.
Der 25. Ortskrankenkassentag in Hannover hat eine Reihe
von EntschlieĂungen angenommen, die die soziale Hygiene und
die soziale Medizin stark berĂŒhren. Von diesen mögen einige,
insoweit sie Àrztliche Fragen betreffen, hier Platz finden.
Die GewÀhrung des Krankengeldes vom ersten Tage der Er-
werbsunfĂ€higkeit ab sollte erst dann eingefĂŒhrt werden, wenn
die Kassen andere dringendere Leistungen eingefĂŒhrt haben und
ausreichende Reserven ansammeln konnten. Die Heilung Schwer-
kranker sollte vor allem in höherem MaĂe von den Kranken-
kassen betrieben und die dazu nötigen Mittel bereitgestellt wer-
den. Hierbei werden die Arbeitsgemeinschaften der Versiche-
rungstrÀger segensreich mitzuwirken haben. Krankenhauspflege
soll ĂŒberall da, wo sie sachlich geboten ist, gewĂ€hrt werden.
I achĂ€rztliche Behandlung muĂ in ausreichendem MaĂe zur Ver-
lĂŒgung gestellt werden. NĂ€hr- und StĂ€rkungsmittel sind in den
Grenzen des sachlich Gebotenen zu gewÀhren. Die GewÀhrung
Ireier Àrztlicher Behandlung der nicht versicherten Familien-
mitglieder dĂŒrfte bei nĂ€chster GesetzesĂ€nderung als Pflicht-
leistung vorgeschrieben werden, sobald die gesetzliche Regelung
der Arztfrage erfolgt ist; es ist geboten, sie schon jetzt einzu-
fĂŒhren, wo das VerhĂ€ltnis zu den Aerzten dies gestattet. An den
allgemeinen MaĂnahmen zur VerhĂŒtung und BekĂ€mpfung von
Krankheiten und Seuchen haben sich die Krankenkassen unbe-
dingt zu beteiligen und dazu entsprechende BetrÀge in den Vor-
anschlÀgen einzustellen.
In der Arztfrage wurde folgende EntschlieĂung angenom-
men: Die Arztfrage kann nur durch Eingliederung des Àrztlichen
Dienstes in die Sozialversicherung befriedigend gelöst werden.
Der Krankenkassentag betont aufs neue die unabweisbare Not-
wendigkeit einer beschleunigten gesetzĂŒchen Regelung der Arzt-
frage. Ein Tarifvertrag zwischen Krankenkassen und Aerzten
kann die gesetzlichen Vorschriften nur ergÀnzen, nicht ersetzen.
Obwohl das bisherige Verhalten vieler Aerzte die Fortsetzung
der Tarifpolitik nicht erleichtert, ist der Ortskrankenkassentag
doch gewiUt, den mit dem Tarifabkommen von 1919 betretenen
Weg weiter zu verfolgen. Das bisherige Tarifabkommen ist in
folgenden Punkten auszugestalten und zu verbessern: 1. durch
Schaffung einer Ă€rztlichen ReichsgebĂŒhrenordnung fĂŒr Kranken-
kassen, 2. durch zentrale Vereinbarung von Pauschalhonoraren,
3. durch Staffelung der Honorare nach Ortsklassen, 4. durch
Schaffung von Vertragsmustern. FĂŒr die Fortsetzung des jetzigen
Tarifabkommens mit den Aerzten gelten jedoch folgende Voraus-
setzungen: Zulassung aller Arztsysteme und Honorierungsarten,
wirksame DurchfĂŒhrung der versprochenen KontroimaĂnahmen
bei freier Arztwahl, bezirkliche Kontrole der WegegebĂŒhren-
berechnungen, Anerkennung der zentralen Vereinbarungen in
allen Bezirken. Aufgabe der Kassen muà es sein, den Àrztlichen
Dienst durch Ambulatorien zu zentralisieren und dadurch nutz-
bringender zu gestalten.
Die EntschlieĂungen des Ortskrankenkassentages enthalten
manches Empfehlenswerte, einiges Unklare und vieles fĂŒr den
Aerztestand Unannehmbare. Empfehlenswert sind die BeschlĂŒsse
ĂŒber die BerĂŒcksichtigung Schwerkranker, die VorbeugungsmaĂ-
nahmen, die Arbeitsgemeinschaft mit den Aerzten. Unklar ist die
Stellungnahme zur Familienversicherung, denn man versteht
nicht, warum es hierzu der gesetzlichen Regelung der Arztfrage
bedarf. Diese darf doch nicht soweit gehen, die Familienbehand-
lung nach den WĂŒnschen der Kassen zu erzwingen, wenn dadurch
die Interessen der Aerzte geschÀdigt werden. Unklar ist auch
die Forderung der Staffelung der Àrztlichen Honorare nach Orts-
klassen. Wie die Ortsklasseneinteilung jetzt besteht, wirkt sie
selbst bei den GehÀltern der Beamten keineswegs ausgleichend
Auch die ReichsgebĂŒhrenordnung fĂŒr Krankenkassen erregt Be-
denken. Es dĂŒrfte sich kaum empfehlen, GebĂŒhrenordnungen zu
schaffen, die noch unter die MindestsĂ€tze der jetzigen GebĂŒhren
Ordnungen heruntergehen, denn das ist doch des Pudels Kern.
Unklar ist auch die Forderung der Ambulatorien Eine Zentrali-
sierung des Àrztlichen Dienstes ist im Interesse der Kranken
nichts weniger als erwĂŒnscht; in ihrem Interesse liegt es viel-
mehr, die Àrztliche Hilfe möglichst zu dezentralisieren GÀnzlich
abwegig ist die Auffassung, daĂ die Arztfrage nur durch Ein-
gliederung des Àrztlichen Dienstes in die Sozialversicherung be-
friedigend gelöst werden kann. Wenn diese Auffassung keine
tönende Phrase bedeuten soll, sondern wenn etwa gefordert wird,
die Heilkunde zugunsten der Kassen auf gesetzlichem Wege zu
sozialisieren, so wird sie auf den schÀrfsten Widerstand der
Aerzte stoĂen und damit dĂŒrfte die âgesetzliche Regelung" aus-
sichtslos sein. Alexander.
Haftpflichtversicherung.
Der Leipziger Verband hat mit dem Allgemeinen deutschen
Versicherungsverein in Stuttgart ein Abkommen ĂŒber die Zahlung
von TeuerungszuschlÀgen auf noch laufende Haftpflichtver-
sicherungen geschlossen. Zu diesem Zwecke empfiehlt er,
sich auf das Abkommen zu berufen und dem Leipziger Ver-
bĂ€nde das Inkasso zu ĂŒbertragen. Die diesbezĂŒgliche ErklĂ€rung
des versicherten Arztes soll lauten: âHierdurch erklĂ€re ich mich
bereit, fĂŒr meine Haftpflichtversicherung Nr ... den zwischen!
dem Aerzteverband und Allgemeinen deutschen Versicherungs-
verein A.-G. in Stuttgart vereinbarten Teuerungszuschlag fĂŒr das
Jahr 1921 anzuerkennen unter der Bedingung, daĂ meine Polize
der Versicherungsabteilung des Leipziger Verbandes zum
weiteren Inkasso ĂŒbertragen wird." So sehr wir dem Leipziger
VerbÀnde die Inkassoprovision gönnen, so wenig können wir uns
fĂŒr einen ad hoc konstruierten Teuerungszuschlag erwĂ€rmen, der
rechtlich anfechtbar ist- Zudem sind von anderen Seiten gĂŒnsti-
gere Angebote eingelaufen, so von der Gesellschaft Providentia,
mit der der WĂŒrttembergische Aerzteverband ein Abkommen ge-
troffen hat, und von der Versicherungskasse fĂŒr die Aerzte
Deutschlands, welche sich zur Vermittelung unter gĂŒnstigen Be-
dingungen anbietet. Alexander
Die Verleihung des Umlagerechts an die ZahnÀrztekammer.
Entgegen dem preuĂischen Gesetze betr. das Umlagerecht der
Aerztekammer besitzt bis jetzt die ZahnÀrztekammer
kein Umlagerecht, ist also fĂŒr die Deckung ihres Kassen-
bedarfs, insbesondere auch fĂŒr UnterstĂŒtzungszwecke auf frei-
willige BeitrÀge angewiesen. Auf einen Antrag der ZahnÀrzte-
kammer an den Minister behufs Verleihung des Umlagerechts hat
dieser die Aerztekammern zu einer AeuĂerung aufgefordert. Der
Vorstand der Rheinischen Kammer ist der Auffassung, daĂ es
nicht angÀngig ist, Aerzte mit allgemeiner Approbation, die aus-
schlieĂlich oder in der Hauptsache eine TĂ€tigkeit als Zahnarzt
ausĂŒben, ohne weiteres der ZahnĂ€rztekammer zu unterstellen.
Eine Befreiung vom Kammerbeitrag soll solchen Aerzten auf
eigenen Antrag zugebilligt werden, wenn sie sich der ZahnÀrzte-
kammer anschlieĂen und nur rein zahnĂ€rztlich tĂ€tig sind. Sie
sollen aber in jedem Falle dem Ehrengericht der Aerztekammer
unterstellt bleiben. Einen diesem gleichen Standpunkt hat bereits
seit lÀngerer Zeit die Aufsichtsbehörde der Berlin-Brandenburgi-
schen Aerztekammer eingenommen, der Kammervorstand steht
jedoch grundsÀtzlich auf einem noch strengeren Standpunkt. Er
hÀlt aUe ZahnÀrzte, welche die Approbation als Arzt besitzen,
auch wenn sie nur zahnĂ€rztliche Praxis ausĂŒben, fĂŒr beitrags-
pflichtig, weil die Zahnheilkunde eine auf der Àrztlichen Wissen-
schaft beruhende Wissenschaft darstellt. Der OberprÀsident von
Brandenburg vertritt dagegen den Standpunkt, daĂ die Zahnheil-
kunde eine von der Àrztlichen Wissenschaft losgelöste, eigene
Wissenschaft darstellt, welche zur Bildung einer eigenen Fakul-
tÀt, der Verleihung eines eigenen Doktortitels und der Einrich-
tung einer eigenen Standesvertretung gefĂŒhrt hat. Wie schwierig
aber die Trennung in Wirklichkeit ist, ergibt sich daraus, daĂ eine
Anzahl ZahnÀrzte, die die Approbation als Arzt besitzen, ihre
TĂ€tigkeit nicht als ZahnĂ€rzte, sondern als FachĂ€rzte fĂŒr Mun"
und Kieferkrankheiten ausĂŒben. Alexander.
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von F. C. W. VOGEL, Leipzig, Dresdner Strafe 3 * Berliner GeschÀftsstelle und alleinige
Inseratenannahme: HANS PUSCH, Berlin SW 40, Wilhelm-Strafe 20 / Fernsprecher: LĂŒtzow 9057
Nr. 4
Berlin, den 25. Januar 1922
40. Jahrgang
Der Verlag behĂ€lt sich das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist vor.
Aus dem UniversitĂ€tsinstitĂŒt fĂŒr OrthopĂ€die, Berlin.
Direktor: Prof. Dr. H. Gocht.)
Die Behandlung der tuberkulösen Spondylitis.
Von Dr. Hans Debrunner, 1. Assistenten.
Die Prognose der tuberkulösen WirbelentzĂŒnduug ist un -
gĂŒnstig. DaĂ die Therapie besonders in der letzten Zeit neue
Wege sucht, um der Krankheit Herr zu werden, ist ein Beweis
dafĂŒr, daĂ sie bis heute nichts Vollkommenes, wenn auch viel
Erfreuliches zu leisten vermochte. Zwei Dinge sind im Auge
zu behalten: Erstens stehen wir vor der Aufgabe, eine Tuber-
kulose zu bekÀmpfen; zweitens haben wir die Entwicklung
oder die Verschlimmerung einer DeformitÀt hintanzuhalten,
die nicht nur zum Schönheitsfehler, sondern zur Grundlage
schwerer innerer OrganverÀnderungen werden kann. Da wir
die vollendete RĂŒckgratverbiegung nur in AusnahmefĂ€llen
und nur sehr schwer heilen können, werden wir gezwungen,
die MaĂnahmen der Behandlung so zu wĂ€hlen, daĂ sie so-
wohl das ursÀchliche Leiden als auch seine mechanischen
Folgen treffen.
Weiterhin wird die Therapie erschwert durch den Um-
stand, daĂ das erkrankte Organ, das RĂŒckgrat unseren thera-
peutischen Hauptforderungen, infolge seiner Bauart und
seiner Funktion allerhand Schwierigkeiten entgegenstellt.
Diese Hauptforderungen der Therapie verlangen a) eine Ent-
lastung, b) eine Ruhigstellung. Ihre DurchfĂŒhrung muĂ bei
einem aus beweglichen Segmenten aufgebauten StĂŒtzapparat
auf Hindernisse stoĂen. Wir mĂŒssen sie zu ĂŒberwinden
suchen; denn wir sehen darin zurzeit den einzigen Weg, um
das Grundleiden gleichzeitig mit seiner formzerstörenden
Nebenwirkung zu treffen.
Wir wissen, daà die Tuberkulose irgend eines Körper-
abschnittes als sichtbar gewordener Ausdruck einer Allge
meininfektion anzusehen ist. Wrir wissen, daĂ nicht der Herd
allein, sondern auch der ganze Körper einer Behandlung zu
unterziehen ist. So zerfÀllt die Therapie wiederum in eine
allgemeine gegen die Tuberkulose und in eine spezielle
gegen die Spondylitis.
Aus diesen GrĂŒnden gestaltet sich die Behandlung eigen-
artig; wir sind gezwungen, vielgestaltiges Wollen zu einheit-
lichem Handeln zusammenzufassen.
Was in der Praxis nebeneinander und gleichzeitig be-
trieben, wird durch die Beschreibung in getrennte Abschnitte
zerrissen. Der kritischen Beurteilung des Einzelfalles und der
persönlichen Erfahrung muĂ es ĂŒberlassen werden, das rich-
tige MaĂ und die richtige Verteilung zu finden.
A. Allgemeinbehandlung.
Licht, Luft, Nahrung, die drei Quellen des Lebens, sind
auch die Quellen, aus denen der kranke Körper seine StÀr
kung schöpft. Die Krankheit ist ein Teil des Lebens selbst.
Die Wirkung des Sonnenlichts ist sicher nicht
spezifisch. Bevor wir genaueres ĂŒber sie wissen, dĂŒrfen wir
in ihr eine Belebung, eine Anregung der allgemeinen Zell-
tĂ€tigkeit sehen, kurz gesagt, einen Reiz. Die NatĂŒrlichkeit
des Reizmittels bĂŒrgt fĂŒr seine relative Harmlosigkeit. Wir
haben es mit einem dem menschlichen Körper vertrauten
Reiz zu tun, an den eine gewisse Anpassung von vornherein
gegeben ist. Darin liegt ein Vorzug, verbirgt sich ein
Nachteil.
Der Vorzug beruht auf der GröĂe des Anwendungs-
gebietes, auf der vorzĂŒglichen Dosierbarkeit und auf der ver
hĂ€ltnismĂ€Ăigen, Sicherheit und UnschĂ€dlichkeit der Wir-
kung. Als Nachteile verzeichnen wir die Bindung an klima-
tische ZustÀnde, sowie die Langsamkeit, mit der ein verhÀlt-
nismĂ€Ăig schwerer Reiz die Umstellungen im Körpergewebe
erzielt.
Im ĂŒbrigen fassen wir die EinflĂŒsse der Irischen Luft
in ganz Àhnlicher WTeise auf. Heliotherapie ist immer Frei-
lufttherapie. Die schönen Erfolge, welche die Sonnenbehand-
lung in den Niederungen zu verzeichnen hat, sind nicht zum
geringsten Teile diesem UmstÀnde zuzuschreiben.
Was wir weiterhin logisch schlieĂen, hat sich in der
Praxis bewÀhrt: Durch sorgfÀltig gewÀhlte und reichlich be-
messene Nahrung mĂŒssen dem Körper die Stoffe geboten
werden, deren er zum erhöhten An- und Umbau bedarf.
(Unter An- und Umbau verstehe ich nicht nur die rÀum-
lichen VorgÀnge an den Geweben, wie etwa die verschiedenen
Formen des Wachstums, sondern auch ihre gesamte inkre
torische und sekretorische TĂ€tigkeit.) Als WTegleitung fĂŒhren
wir an, daĂ die Fette gegenĂŒber den Kohlehydraten in den
Vordergrund treten, ferner die FlĂŒssigkeitsmengen auf ein
geringes MaĂ herabgesetzt werden sollen.
Die DurchfĂŒhrung einer wirksamen Sonnen-Luftbehand-
lung stellt man sich meist zu leicht vor. Soll sie ihren Zweck
erreichen, so mĂŒssen gewisse Regeln eingehalten werden;
R o 1 1 i e r hat sie ausgearbeitet, Bier den hiesigen VerhÀlt-
nissen angepaĂt (M. m. W. 1921, Heft 8). Die Grundlinien,
auf denen sich die Vorschriften bewegen, seien kurz aufge-
zeichnet: Vorsichtige, langsame Steigerung der Reizdosen,
die am Anfang der Behandlung sehr schwach wirken sollen.
Die Möglichkeit bietet sich von selbst; Umfang der Bestrah-
lungsflÀche, Zeitdauer und IntensitÀt der Bestrahlung lassen
sich beliebig wÀhlen; die IntensitÀt ist z. B. abhÀngig vom
Stand der Sonne. Wir haben also gewissermaĂen drei Hebel,
mit denen wir die therapeutische Wirkung regulieren und
meistern können. Bei einiger Vorsicht und gutem WTillen des
Pflegepersonals kann der Arzt eine solche Kur im Privat-
hause einleiten, sofern ein Garten, ein Balkon oder wenigstens
ein recht sonniges Zimmer vorhanden ist. Er muĂ allerdings
den Kranken genau ĂŒberwachen und zĂ€h an seinen Forde-
rungen festhalten. Die wenigsten Menschen sind imstande,
einen monate- und jahrelangen Aufenthalt im Sanatorium
zu bezahlen. Deshalb ganz auf die segensreichen Wirkungen
der Sonne verzichten, hieĂe einer unnötigen Resignation
Raum geben. Allerdings wird es bei jeder Spondylitis Zeiten
geben, in denen sich eine Aufnahme in eine Klinik wenig
stens fĂŒr einige Wochen schwer umgehen lĂ€Ăt, da die Eigen
art der lokalen Behandlungsweisen dies verlangt. Daraus zu
schlieĂen, daĂ eine Spondylitis nur in der heliotherapeuti-
schen Kuranstalt zur Ausheilung gelangen kann, wÀre voll-
kommen falsch.
Die Sonnenbehandlung lieĂe sich von jedem praktischen
Arzte leicht erlernen und ĂŒberall durchfĂŒhren. Darin liegt
aber eine Gefahr, die nach meinem GefĂŒhl augenblicklich
weit unterschĂ€tzt wird, die Gefahr einer nicht sachgemĂ€Ăen
und unkundigen lokalen Behandlung. Wer die Allgemein-
Debrunner: Tuberkulöse Spondylitis
40. Jahrg. â Nr. 4.
behandlung, verbunden mit einer fragwĂŒrdigen Liegekur
oder mit unvollkommenen MaĂnahmen zur Fixierung des
RĂŒckgrates fĂŒr ausreichend hĂ€lt, um eine Spondylitis zu
heilen, der wird sehr trĂŒbe Erfahrungen machen. Der Kranke
kann zufrieden sein, wenn er mit dem Leben und einem
Buckel davonkommt. Ich habe weit Traurigeres gesehen und
warne wirklich nicht ohne Grund.
Die Behandlung mit kĂŒnstlichen Lichtquellen
darf nur als Notbehelf angesehen werden. Dagegen scheint
eine Tuberkulinkur die Krankheit manchmal gĂŒnstig
beeinflussen zu können. Die Beherrschung der Technik und
der schwierigen Dosierung ist Grundbedingung des Erfolges.
Wir geben unseren Kranken gerne Kreosotlebertran
(1 â 3 Teelöfel einer % prozentigen Emulsion tĂ€glich).
B. Lokale Behandlung.
Die Sonne allein hilft nicht. Wir mĂŒssen das erkrankte
Gewebe von seiner Funktion, so gut es geht, entlasten, um
ihm MuĂe und Kraft zu geben, sich ganz den Aufgaben der
Reparation zu widmen. Verschiedene Methoden stehen uns
zur VerfĂŒgung; sie ergĂ€nzen sich, lösen sich manchmal ab
und haben ihren eigenen Indikationsbereich.
a) Die WirbelsÀule wird dadurch von der Rumpflast
befreit, daĂ der Kranke gezwungen wird, in Bauch- oder
RĂŒckenlage zu verharren. Die Ruhigstellung erreichen
wir durch Gipsbetten oder durch eine sehr sorgfÀltige
Wartung.
b) Die WirbelsÀule wird durch leichten Zug entlastet
und durch das entlastende Mittel gleichzeitig ruhiggestellt.
(Gipskorsett; Hessingkorsett mit ArmstĂŒtzen oder Zugmast.
Die Extension mit der Glissonschen Schlinge stellt eine Kom-
bination von a und b dar.)
c) Die WirbelsĂ€ule wird durch operative MaĂnahmen
fixiert und entlastet. (Albeesche Operation.)
Alle Methoden gleichen sich in einem Punkte, nÀmlich
im Versuch, die WirbelsÀule möglichst zu lordosieren. Wir
glauben durch RĂŒckwĂ€rtsspannung des RĂŒckgratbogens die
vorderen Abschnitte besonders gut von allseitigem, ungĂŒnsti-
gem Druck zu befreien.
Zu a): Eine Lagerung in Bauchlage ohne irgendwelche
anderweitige Fixationsvorrichtung halten wir nur in den
Zeiten der Ausheilung oder bei schweren, fistelnden FĂ€llen
fĂŒr erlaubt. Die Matratze sei vollkommen flach und derb.
Weiche Kissen sind zu verbieten; dagegen lassen sich feste
Keilkissen z. B. mit SpreufĂŒllung zwecks besserer Lordosie-
rung der WirbelsÀule unter Brust und Kinngegend schieben.
Geschulte Pflege hat darauf zu achten, daĂ die Kranken von
der ihnen verbliebenen Bewegungsmöglichkeit keinen fal-
schen Gebrauch machen. WĂ€hrend der Genesungsmonate ist
sicher die Befreiung der WirbelsÀule aus vollkommener
Starre von Nutzen. Im akuten Stadium dagegen wĂŒrde sie
nur Schaden stiften. Frische FĂ€lle eignen sich eher zur
Gipsbettbehandlung. Besonders kleine Kinder und sehr
elende Kranke erholen sich oft ĂŒberraschend schnell in einer
Polsterlade, die ein angenehmes Liegen gestattet. Bei der
Herstellung muĂ auf gute Reklination des RĂŒckgrates Ge
wicht gelegt werden.
Im allgemeinen stehen wir auf dem Standpunkt, daĂ
sich die Lorenzsche Gipsbettbehandlung erfolgreich nur
durchfĂŒhren lĂ€Ăt, wenn die Umgebung sich einer sehr sorg
samen, dem Arzte gehorsamen Pflege gewachsen zeigt.
Zu b): Auch die Extensionsbehandlung im Liegen, die
sehr viele AnhÀnger zeigt, da sie scheinbar bequem und ein-
fach ist, steht und fÀllt mit der LeistungsfÀhigkeit des
Pflegepersonals. Lagerung, GleichmĂ€Ăigkeit und StĂ€rke des
Extensionszuges bedĂŒrfen einer stĂ€ndigen Aufsicht, sodaĂ
diese Methode sich noch weniger als die Gipsbettmethode fĂŒr
die Hauspflege eignet. Sie leistet ihr Bestes in gut geleiteten
Kliniken. Unter gewissen UmstÀnden ist allerdings die Ex-
tension im Liegen nicht zu umgehen; ich denke vor allem
an das Auftreten der Kompressionserscheinungen von Seiten
des RĂŒckenmarks. Im ĂŒbrigen erkennen wir in
der Anlegung eines technisch geschickt her-
gestellten, leichtlordosierenden und exten-
dierenden G i p s k o r s e 1 1 e s die eigentliche
Lokaltherapie der Spondylitis. Es reicht in den
meisten FĂ€llen vom Kinn und Hinterhaupt bis zu den Darm-
beinkĂ€mmen; zwischen diesen knöchernen StĂŒtzpunkten
spannt es die WirbelsĂ€ule aus. Durch Ausschneiden groĂer
Fenster werden Bauch und Brust fĂŒr die ungestörte Atmung
freigelegt. Im guten Korsett kann der Kranke nach Abklin-
gen der Fieber und Schmerzen aufstehen. SpÀter tritt ein
Hessingsches Stoff-Stahlkorsett mit ArmstĂŒtzen an seine
Stelle und hilft, die WirbelsÀule in ihrer Arbeit zu unter-
stĂŒtzen. Monate- und jahrelang verlangen wir von unseren
Kranken, daĂ sie sich tĂ€glich fĂŒr einige Stunden zur Ruhe
legen (SonnenbÀder, Bauchlage).
Zu c): Die Albeesche Operation besteht in der Einbettung
eines Tibiaspans in die gespaltenen DornfortsÀtze der er-
krankten und diesen benachbarten Wirbel. Noch sind wir
nicht zu einem abschlieĂenden Urteil ĂŒber die Operation ge-
kommen. Eingehende Untersuchungen haben mich indessen
vom Wert der Operation in bestimmten FĂ€llen ĂŒberzeugt.
(Archiv f. orthop. u. UnfÀllchirurg. XIX, 1921, und Schweiz,
med. Wochenschr. Heft 19, 1921.) Zwar muĂte sich der an-
fÀngliche Enthusiasmus vieler Operateure manche Ein-
schrÀnkung gefallen lassen; denn der Eingriff ist nur unter
besonderen, immerhin hÀufig zutreffenden UmstÀnden be -
rechtigt. Er hat ein streng abgegrenztes Indikationsgebiet, an
das man sich vorlÀufig zu halten hat. Die besten Erfolge er-
geben FrĂŒhfĂ€lle. Abzulehnen ist die Operation in FĂ€llen, bei
denen sich Fisteln oder Abszesse im Schnittgebiet befinden,
oder bei denen septische Allgemeininfektion sich eingestellt
hat. Ebenso bei Kranken, deren Spondylitis sich als Begleit -
erscheinung einer anderen, schweren Organtuberkulose ent
puppt (Lunge, Niere). Der Sitz des Herdes beeinfluĂt die
Indikationsstellung nicht, seitdem T u f f i e r gelehrt hat, die
hochsitzenden Gervikalspondylitiden durch SpanbrĂŒcken von
Dornfortsatz zu Hinterhaupt zu fixieren. (DaĂ durch Osteo-
phytenbildung in der Gegend der seitlichen Wirbelgelenke
Versteifungen auĂerhalb des Spanbereiches auftreten, haben
mir einige Röntgenbilder bewiesen, die ich kĂŒrzlich zu sehen
Gelegenheit hatte.) Das Alter spielt insofern eine Rolle, als
Kinder in den 3 â 4 ersten Lebensjahren ĂŒberhaupt von der
Operation auszuschlieĂen sind. Ebenso bildet das Vorhan-
densein eines ĂŒbermĂ€Ăig groĂen Gibbus eine Gegenindikation.
In allen anderen FÀllen gewÀhrt die Operation eine Reihe
von Vorteilen, die man freudig in Anspruch nehmen darf.
Sie zeigen sich besonders in der AbkĂŒrzung der Behandlungs-
dauer, in der Vermeidung schlimmer Buckelbildungen und
in der Möglichkeit frĂŒhzeitigen Auf Stehens (3 Monate post-
op.), was bei der Spondylitis Erwachsener von unschÀtz-
barem Wert sein kann. (Gefahr der Cystitis und Pyelo -
nephritis.)
C. Komplikationen.
1. Zuerst gedenken wir der Eiterbildungen, die am Ort
der Erkrankung entstanden, als Senkungsabszesse
in abgelegenen Gegenden zutage treten. Im interstitiellen
Bindegewebe sucht sich der Eiter einen Weg unter die Kör-
perhaut; bald erscheint eine dadurch entstehende Geschwulst
in der Inguinalgegend, bald taucht sie neben den Darmbein
schaufeln aus der Tiefe des Bauchraumes auf. Im RĂŒcken
oder am Bein, in der Rachengegend oder am Hals entdecken
wir die verdÀchtigen kugeligen Vorwölbungen der Haut. So-
bald wir den AbszeĂ erkannt haben, dĂŒrfen wir daran
denken, den Inhalt zu entleeren, um ihm die Möglichkeit zu
nehmen, auf eigene Faust von innen nach auĂen durchzu-
brechen. Jede dauernde Verbindung mit der AuĂenwelt, z. B.
jede Fistel, bildet die Eintrittspforte fĂŒr sekundĂ€re Infek-
tionen, welche die Prognose der Krankheit wesentlich ver-
schlimmern. Aus diesem Grunde suchen wir durch zeitige
Punktion den Durchbruch zu verhindern, ohne unsererseits
durch den Eingriff eine Bakterieninvasion zu fördern. Auf
keinen Fall dĂŒrfen wir daher einen SenkungsabszeĂ auf-
schlitzen, sondern mĂŒssen den Eiter auf sterilem Wege durch
eine derbe Hohlnadel oder einen dĂŒnnen Trokart absaugen.
0. Jahrg. â Nr. 4.
Heim: Mutter und SĂ€ugling
87
wenn wir möglichst schrÀg durch die stark auf der Unter -
age verschobene Haut einstechen, verhindern wir die Ent-
tehung einer Fistel am ehesten. Punktionen mĂŒssen hĂ€ufig
vieaeniolt werden, bis die Quelle versiegt.
Hat sich unglĂŒcklicherweise eine natĂŒrliche oder kĂŒnsl-
iclie Fistel gebiluet, so sorgen wir durch sterile VerbĂ€nde fĂŒr
luv Reinhaltung. Nach dein Vorschlage Ca lots beschicken
vir die FistelgÀnge mit einem Gemisch von Napthol -
vampher in Glyzerin, das ĂŒie \\ anuungen reizt und zum
VerschluĂ bringen kann. (Naphthol-Kampfer aa 1,0 auf Gly -
:erin 1U â 12,0; umschĂŒtteln; tgl. 1 â 2 cem 10 â 12 Tage lang
nit nachfolgendem Kompressionsverband. Ich habe dei
'lĂŒssigkeit meist noch 10 iropfen Joutinktur zugesetzt.)
2. Die Erscheinungen der Kompressions -
nyelitis, die sich in Form von Reflexsleigerungen,
ipasmen ouer Lahmungen Ă€uĂern, versuchen wir durch ver-
neinte Extension und Reklination der WS. zu beeinflussen.
Leider verlĂ€Ăt uns gerade hier senr hĂ€ufig der Erfolg, da die
neisten Formen aieser Begleiterkrankung auf ein direktes
per indirektes Uebergreifen der Infektion auf die Medulia
zurĂŒckzufĂŒhren sind. Das stark loraosierende Gipsbett, kom -
liniert mit einer Glissonschlinge, scheint manemnai gĂŒnstig
tu wirken. Zur Laminektomie nimmt man nur in den hart-
lÀckigsten, sonst aussichtslosen FÀllen seine Zuflucht.
'6. Die Behandlung des Gibbus. Einen fest ge-
wordenen Gibbus zu beseitigen, sind wir leider auch heute
licht imstande. Das Schwergewicht unserer B e-
:influssung ist auf die Prophylaxe zu ver-
egen; darum dringen wir auf die sorgfÀltige Losdosierung
m Gipskorsett. Nachdem der Siegeszug der Calotschen
»ewaltsamen Redressements sich in eine jÀhe Flucht ins
Vergessen verwandelt hatte, schreckten die Aerzte vor der
Behandlung des manifesten Buckels zurĂŒck. 'Mein Lehrer,
err Prof. G o c h t , sieht den Kernpunkt des Problems in
ier Indikationsstellung, weniger in sder Ausgestaltung der
rechnik. DaĂ ein konsolidierter Gibbus sich nur mit Gewalt
md unter schweren Zerstörungen strecken lĂ€Ăt, leuchtet ein.
2s gibt aber frische Buckelbiidungen, die durch Muskel-
spasiuen und Schmerzkontrakturen am Ausgleich gehemmt
werden. Diese FĂ€lle â sie kommen dem Arzte leider nicht
(lĂ€ufig zu Gesicht , â lassen sich in tiefer Narkose unter sehr
lorsichtiger und leichter Extension oft ĂŒberraschend gut aus-
gleichen. Ein Gipskorsett sichert das erreichte Resultat. Der
Eingriff eignet sich keineswegs fĂŒr die allgemeine Praxis.
Nur wenn sich exakte Voruntersuchung und vorsichtige Aus-
fĂŒhrung vereinigen, entstehen erfreuliche Ergebnisse.
D. SchluĂ.
Um die verschiedenen BehandlungsvorschlÀge noch ein-
mal zu ĂŒberblicken, wollen wir versuchen, an Hand eines
praktischen Beispieles den Gedankengang zu verfolgen, der
zu einer bestimmten Therapie hinleiten muĂ.
Vor uns steht eins vierjÀhriges, mageres, blasses Ge-
schöpfchen, dessen RĂŒckgrat die beginnende Gibbusbildung
in Form eines vorspringenden Dornlorlsatzes aufweist. Ein
PsoasabzeĂ, der die gerötete und gespannte Haut kugelig
vortreibt, stellt die Diagnose auĂer Zweifel. Das Röntgenbild
zeigt uns eine Zerstörung des 10., 11. und 12. BW. Was
sollen wir tun? Das Kind einfach ins Bett zu legen und zu
sonnen, halten wir stets, selbst bei vorzĂŒglicher Wartung fĂŒr
fehlerhaft. Eine Lagerung unter Anwendung der Extension
am Kopfe halten wir fĂŒr unnötig, da gar keine myelitischen
Symptome nachzuweisen sind. Das Gipskorsett, das wir am
iebsten verordnen wĂŒrden, kann wegen der AbszeĂbild ung
vorderhand keine Anwendung finden. Eine Operation ist bei
lern schwÀchlichen, zu jungen Kinde nicht angezeigt. Es
bleibt das Reklinationsgipsbett. Wir fertigen dem Kinde also
iin gut losdosierendes Gipsbett an, beginnen sofort mit den
Mlgemeinbehandlungen, punktieren den AbszeĂ. Erst wenn
?r endgĂŒltig verschwunden ist und das Allgemeinbefinden
| »ich nicht verschlechtert hat, legen wir einen Gipsverband
im, der den Rumpf vom Becken bis zum Kinn einschlieĂt.
SpÀter können wir daran denken, den Fall operativ anzu-
greifen, oder wir bleiben bei unserem konservativen Vor-
gehen, das bei dem schwachen Kinde seine VorzĂŒge hat.
Diesem Beispiele andere anzufĂŒgen, dĂŒrfte dem Lesei
ĂŒberlassen bleiben.
Die Behandlung der Spondylitis ist nicht einfach und
erfordert eine Reihe spezianstisener Kenntnisse und Fertig-
keiten, die nicht jedem Praktiker zu Gebote stehen. Er ziehe
darum den Spezialisten zu Rate, den er im Verlaufe des Lei-
dens nur zu bestimmten Augenblicken braucht, wÀhrend er
in langen Wochen und Monaten die Behandlung nach den
hier skizzierten Gesichtspunkten selbstÀndig zu leiten vermag.
Ueber die biologischen Beziehungen von
Mutter und SĂ€ugling nach der Geburl*).
Von Prof. Dr. Paul Heim.
Mit Schmerzen und unter Gefahren gebiert die Mutter
ihr Kind und damit sproĂt neues Leben, beginnt ein neues
Wesen. Dieser allgemein bekannte Satz ist aber biologisch
nicht völlig richtig, denn das neue Leben, das neue Wesen
ist schon IrĂŒner entstanden: im Moment der Konzeption und
nur in der Entwicklung ist die Frucht jetzt soweit fortge-
schritten, daà sie bereits das selbstÀndige Leben beginnen
kann, d. h. den Kampf um die Sicherung des eigenen Lebens
und das Ringen nach dem Fortieben auch ĂŒber die Grenzen
des Individuums hinaus. Doch ist die eigene Kraft des selb-
stĂ€ndig ins Leben tretenden SĂ€uglings fĂŒr diesen Kampf noch
zu schwach, er bleibt noch weiter an die Mutter gekettet,
denn der Verband von Mutter und Kind wird durch die
Geburt nicht zerrissen, sondern nur erweitert.
Man bort oft, daĂ der SĂ€ugling ein unvollkommenes
Wesen und es deshalb nicht zu verwundern sei, daĂ sein
Leben so gebrechlich ist. Auch dieser Satz ist nicht nur
unrichtig, sondern sogar gefahrlich. Das Leben des SĂ€ug-
lings ist â wie M o r o sagt â gesichert, wenn man ihm alles
ziiKommen lĂ€Ăt, was ihm die Natur zudenkt und im Moment
der Geburt als Wegzehrung aui diese Weit auch mitgegeben
hat. Von aer Natur bekommt er als Mitgift die Muttermilch
und die fĂŒrsorgliche und stets besorgte Mutterliebe. Mutter-
milch und Mutterherz sind die RĂŒstung, in deren Besitz das
neue Wesen den Kampf ums Leben mit Erfolg aufnehmen
kann. Werden aber dem SĂ€ugling diese beiden Waffen ent-
zogen, so ist er gezwungen, Aulgahen allein zu lösen, fĂŒr die
ihn die Natur nicht ausgerĂŒstet hat und denen gegenĂŒber er
sich als unvollkommen erweisen muĂ.
Die moderne SĂ€uglingsheilkunde beginnt mit dem Zeit-
punkt, da Gzerny und seine Schule es mit -völliger Be-
stimmtheit und Klarheit zum Motto dieser Wissenschaft
machten, was vor ihnen viele zwar schon gefĂŒhlt, aber nicht
so prĂ€zis formuliert und nicht befolgt hahen, nĂ€mlich daĂ
der SÀuglingskörper ein spezieller Organismus sei, dessen
EigentĂŒmlichkeiten auf dem Wege der Forschung erkannt
und durch besondere Untersuchungen erforscht sein wollen.
Der SĂ€ugling ist nicht ein erwachsener Mensch in kleinerer
Ausgabe, auch kein Miniatur-Kind und deshalb dĂŒrfen aie
Erfahrungen der spateren Altersstufen nicht einfach per ana-
logiam auf das SĂ€uglingsalter ĂŒbertragen werden. Am Himmel
dieses Zweiges der Wissenschaft leuchtet als glÀnzender Stern
Gzerny, der Leiter der deutschen PĂ€diatrie. Auf den von
ihm gewiesenen Pfaden fortfahrend entwickelte sich auf
soliden Grundlagen ruhend ein neuer Zweig der Wissen-
schaften, die SĂ€ĂŒglingsheilkunde, an deren Ausbau sich auch
die ungarischen KinderÀrzte beteiligt haben, in engem An-
schluĂ, an die deutsche PĂ€diatrie.
Im Mutterleibe, unter dem Mutterherz hat die Frucht
nichts anderes zu tun, als zu wachsen und sich zu ent-
wickeln. Die Nahrung erhÀlt sie fertig verarbeitet aus dem
Blut der Mutter, von wo sÀmtliche nötigen NÀhrstoffe direkt
*) Rektorat-Antrittsrede, gehalten im Wintersemester 1921 an
der Königl. ung. Elisabeth-UniversitÀt, derzeit in Budapest.
88
Heim: Mutter und SĂ€ugling
40. Jahrg. â Nr. 4
ins Blut der Embryos gelangen. Die Erhaltung der kon-
stanten Temperatur macht ihm keine Sorge, dies besorgt an-
statt seiner der mĂŒtterliche Organismus, der sich wirksam
gegen ErwĂ€rmung und AbkĂŒinung schĂŒtzt. Dies ist aber
nicht alles; aucn iĂŒr andere BedĂŒrfnisse des SĂ€uglingskörpers
sorgt der mĂŒtterliche Organismus, auch in anderen biologi-
schen Funktionen hilft er ihm aus.
Eine charakteristische EigentĂŒmlichkeit der Embryonal-
und bĂ€ugiings-Periooe ist die groĂe Neigung zum Wachsen.
Aus der betruchteten Eizelle werden zwei Zellen, aus den
zweien vier und so geht es weiter; inzwischen erfolgt die
Ausbiluung der einzelnen Embryonalgewebe, sodann werden
die Urorgane gebildet und daraus formt sich langsam stufen-
weise der menschliche Organismus. Wenn wir hier einen
Augenblick nachdenkend stehen bleiben, erscheint es nicht
wunderbar, welch strengen Regein das Wachstum und die
Entwicklung folgt? Um nur ein Beispiel unter so vielen an-
zufĂŒhren, ist es nicnt erstaunlich, daĂ im menschlichen
Au^e die Entfernung der Kornea von der Retina bei jedem
Menschen unabliĂ€ngig von der KörpergröĂe und der Kopf-
form, sozusagen aui Millimeter genau oie gleiche ist und eine
Differenz von Millimetern schon starke Kurz- oder Weit-
sichtigkeit verursacht? Ist es nicht erstaunlich, daĂ unsere
GiieumaĂen gleich lang sind, daĂ im Antlitz keine verzerren-
den Asymmetrien aultreten? Welcnes ist die Einrichtung, die
den Grad, das Wesen und die Form des Vvachstums reguliert
und bestimmt? Heute wissen wir bereits, daĂ im Organismus
ein ganzes groĂes, aus mehreren Organen bestehendes, in
seinen Funktionen zahnradartig ineinandergreifendes Organ-
system existiert: das DrĂŒsensystem mit innerer Sekretion
(das sogenannte Endokrinsystem), dessen Aufgabe die Wah-
rung der biologischen und chemischen IntegritÀt des Organis-
mus ist; dieses System bewirkt, regulieit, erhÀlt oder bringt
auch das Wachstum zum Stillstande.
Im foetalen Organismus, im Embryo bildet sich dieses
System erst in den spÀteren Monaten aus und man vermutet
mit gutem Grunde, daĂ anstatt seiner lange Zeit hindurch
das Endokrinsystem des mĂŒtterlichen Organismus funktio-
niert. Es unterliegt ja im Mutterleibe wÀhrend der Entwick-
lung des Embryos beinahe jedes Glied dieses Systems einer
Aenderung in GröĂe und Struktur. Es vergröĂert sich die
SchilddrĂŒse, die Hypophyse, die Nebennieren. In der Hypo-
physe, dieser das Wachstum regulierenden DrĂŒse, treten ganz
neuartige Zellen auf, die sogenannten GraviditÀtszellen; die
VerĂ€nderungen in der Nebenniere sind so groĂe, daĂ man
auf Grund der histologischen Struktur der Nebennieren fest-
stellen kann, ob sie von einer Schwangeren stammen. Im
Ovar kommt eine gewisse Funktion zum Stillstande und im
mĂŒtterlichen Organismus bildet sich ein neues Organ mit
innerer Sekretion, der Mutterkuchen (Placenta). Diese Ver-
Ă€nderung des ganzen Endokrin-DrĂŒsensystems, die unter
anderen ĂmstĂ€nuen nie beobachtet wird, verrĂ€t sich auch in
ihrer Wirkung auf den mĂŒtterlichen Organismus. Das
AeuĂere der Mutter verĂ€ndert sich, die Lippen werden dicker,
die GesichtszĂŒge gröber, die HĂ€nde und FĂŒĂe plumper und
gröĂer, man könnte beinahe sagen, es treten der durch ge-
steigerte Funktion der Hypophyse bewirkten Akromegalie
Ă€hnliche akromegaloide Erscheinungen auf. In der Haut
wird Farbstoff in abnormal groĂer Menge abgelagert, eine Er-
scheinung, die an die durch verminderte innere Sekretion der
Nebennieren verursachte Addison-Krankheit, die sogenannte
Bronzesucht erinnert, wÀhrend die Neigung zu reichlicher
SchweiĂbildung und das hĂ€ufige Herzklopfen an die auf ge-
steigerte Funktion der SchilddrĂŒse sich ausbildende Base-
dow'sche Krankheit gemahnt. Die ineinandergreifenden
ZahnrĂ€der des Endokrin-DrĂŒsensystems drehen sich, irgend-
einem neuen Ziel angepaĂt, in anderer Weise als gewöhnlich.
Im mĂŒtterlichen Organismus ist ein neuer Lebenskeim ent-
standen, dessen charakteristische EigentĂŒmlichkeit das
Wachstum und die Differenzierung von Geweben und Or-
ganen ist und um die strenge GesetzmĂ€Ăigkeit dieses Wachs-
tums und dieser Differenzierung zu wahren, regulieren ihn
nicht hur die den eigenen Zellen anhaftenden Eigenschaften
und FĂ€higkeiten, wenigstens nicht in den ersten Zeiten de:|
Schwangerschaft, sondern das mit dem Mutterkuchen er
gĂ€nzte Endokrin-DrĂŒsensystem des mĂŒtterlichen Organismu:
durch gesteigerte Funktion.
Doch auch in anderen Beziehungen schĂŒtzt und förder
der mĂŒtterliche den embryonalen Organismus. Der Embryi,
ist im Lterus von der AuĂenweit völlig abgeschlossen und s<
Infektionen nicht ausgesetzt und gegen die Angriffe von
Bakterien schĂŒtzt ihn uer mĂŒtterliche Organismus.
Man pflegt zu sagen, mit der Geburt beginne das selb
stÀndige Leben. Ist das richtig? Erlischt mit der Geburt di
Funktion der vielen Schutzeinrichtungen, mit denen de
mĂŒllerliche Organismus die Entwicklung des neuen Leben]
sichert? Ist das Leben des SÀuglings tatsÀchlich ein selb!
stÀndiges Leben zu nennen?
LaĂt uns der Reihe nach die Lebensfunktionen bei
trachten, die der Neugeborene anscheinend selbstÀndig verl
richtet und inwiefern er bei diesen Verrichtungen auf di
Mutter angewiesen ist.
im Mutterleibe erhÀlt der Embryo seine Nahrung fertil
durch Vermittelung des Mutterkuchens direkt in das Blu |
Im Moment der Geburt zerreiĂt dieses Band, von da an erhĂ€ll
er unverarbeitete Nahrung durch den Darmkanal, die er nu|
selbstÀndig zersetzen, selbstÀndig durch die Darmwand abj
sorbieren und aus deren absorbierten Bestandteilen er selb!
stÀndig die zum Leben notwendigen Stoffe aufbauen mulj
Sein Darmkanal, bisher völlig rein von Bakterien, wird jet;
plötzlich von den Darmbakterien bevölkert, so daà er genötiti
ist, die QuantitÀt, QualitÀt und Verteilung der Bakterien!
llora des Darmes in den verschiedenen Partien desselben z\
regulieren und zwar so, daà sie ihm nicht schÀdlich, sonderl
gerade im Gegenteil nĂŒtzlich seien. Vom Moment der Gebuij
an gelangt der SĂ€uglingsorganismus in steten Kontakt ml
der Weit der Bakterien, mit denen er dann bald im Kampf»!
bald sich mit ihnen abfindend, in friedlicher Eintracht unfi
Symbiose zu leben gezwungen ist.
Die erste Nahrung des Neugeborenen ist die Erstmilci
(Colostrum). Es ist dies eine Nahrung, welche die Muthj
des Neugeborenen nur einige Tage sezerniert und die infolgi
ihrer eigenartigen Zusammensetzung geeignet ist, die wegel
der verÀnderten VerhÀltnisse zum erstenmal in Funktioi
tretende Verdauung vor die möglichst einfachste Aufgabe z
stellen. Die Erstmilch enthĂ€lt Wasser, Salze, EiweiĂstoff ^
Fett und Zucker, somit sÀmtliche NÀhrstoffe, die der Mensel
benötigt. Doch sind die EiweiĂstoffe der Erstmilch nicht nr.1
menschliche, arteigene, sondern auch zugleich neutrale, dei
Blut nicht fremde EiweiĂstoffe, die mit denen des Blutes voll â
kommen ĂŒbereinstimmen und eben deshalb eines Abbaut 1
durch den Organismus nicht bedĂŒrfen; diese EiweiĂstoffe dii }
fundieren einfach durch die Darmwand des Neugeborenen, d:
noch ein gröĂeres Durchlassungs vermögen besitzt. Wie stau»
nenswert ist diese Einrichtung! Der Magen und Darm wirf
vor eine neue Funktion gestellt, hat aber in den ersten Tage j
nur einen Teil dieser Funktion zu verrichten: mit der Eiweif >
Verdauung braucht er sich nicht abzugeben, denn in d(|
Muttermilch erhĂ€lt er ein spezielles EiweiĂ, das unzerset:|
absorbierbar ist. In den folgenden Tagen verÀndert sich d
Zusammensetzung der Erstmilch. Die Menge des charakĂŒ \
ristischen Eiweisses der Erstmilch nimmt ab, in der sog(4
nannten Uebergangsmilch tritt das spezifische Milcheiwei Ă
das Kasein auf, dessen Menge von Tag zu Tag zunimmt. DeI
mit wird die Aufgabe, die der Darm zu lösen hat, von Tag z|l
Tag senwieriger, doch nicht plötzlich, sondern allmÀhlicljli
stufenweise mehren sich die Erfordernisse und der OrgÂŁ Ii
nismus hat Zeit und Gelegenheit, die Verrichtung der schwiti«
rigeren Aufgaben einzuĂŒben. Sodann erhĂ€lt die Muttermilc-i
allmĂ€hlich ihre normale Zusammensetzung und die mĂŒtteiJ
liehen BrĂŒste liefern Tag fĂŒr Tag die Stoffe, deren die VeiB
richtung der Lebensfunktionen und die Entwicklung bedaiiJ
Der SĂ€uglingsorganismus baut ununterbrochen, ohne Rull
und Rast seinen Körper und erhĂ€lt Tag fĂŒr Tag die da2 «
nötigen Stoffe und zwar sozusagen genau die Menge, derel
er bedarf, nicht mehr und nicht weniger. Doch muĂ di'l
40. Jahrg. â Nr. 4.
Heim: Mutter und SĂ€ugling
auch so sein, denn dem SĂ€uglingsorganismus mangeln noch
die Einrichtungen, mittels deren er den UcberschuĂ auf-
stapeln könnte, um im Notfall den Bedarf aus den aufge-
stapelten VorrĂ€ten zu decken. Die groĂen bestĂ€ndigen Lager-
rĂ€ume fĂŒr Fett und Glykogen bseitzt auch er bereits, aber
jene kleinen, ich möchte sagen, HandlagerrÀume, in denen
die ĂŒberschĂŒssigen Salze rasch unterzubringen sind, kann er
noch nicht recht benĂŒtzen. Der Regulator des Stoffwechsels:
der ineinander greifende Zahnradapparat des Endokrin-
DrĂŒsensystems ist den Aufgaben noch nicht gewachsen, die
i r im spÀteren Alter spielend löst, namentlich ist er noch
nicht imstande, die chemische IntegritÀt des Organismus
unter den verschiedensten VerhÀltnissen zu wahren. Wird
einem erwachsenen Menschen oder einem kleinen Kinde viel
mehr Kochsalz gegeben, als sein Bedarf ist, so wird man die
Erfahrung machen, daĂ der Organismus den UeberschvĂ
alsbald aus dem Flutstrom ausscheidet und bis ihn die
Nieren nicht entfernen können, im Salzlager, in der Haut
aufstapelt. Gibt man hingegen dem SĂ€ugling 100 g einer
3prozentigen Kochsalzlösung, also insgesamt 3 g Kochsalz,
so wird dasselbe lange im Blut zurĂŒckgehalten, dann das
Blut verdĂŒnnt und hohes Fieber, allenfalls Oedeme treten
auf. Unter normalen VerhÀltnissen ist es gar nicht nötig,
daĂ im SĂ€uglingsorganismus eine besondere Einrichtung dar-
ĂŒber wache, daĂ in seiner Nahrung weder UeberfluĂ noch
Mangel auf die Lebensfunktionen und den Körperaufbau
störend einwirke, denn jede Störung wird verhindert durch
die Muttermilch, die ihm zuliebe geschaffen ist, deren Bildung
und Abscheidung durch seine EmpfÀngnis und Geburt ver-
anlaĂt wurde, die nicht zubereilet, nicht gemischt, nicht ge-
kocht werden braucht, nicht des nĂŒtzlichsten Dieners der
Menschheit, des Feuers bedarf, sein rechtliches Eigentum
bildet und ihm nicht entzogen, sondern nur geraubt wer-
den kann. Wird der SĂ€ugling kĂŒnstlich genĂ€hrt,- wenn auch
in entsprechendster und zweckmĂ€Ăigster Weise, so wird sein
Körper vor eine Aufgabe gestellt, die die Natur nicht ihm
zugedacht hat, und dadurch geschÀdigt; die deutsche Paedia-
trie ist daher im Recht, wenn sie mit SchloĂmann die kĂŒnst-
liche ErnĂ€hrung als unnatĂŒrlich bezeichnet.
Die Erstmilch (Colostrum) und die Muttermilch enthÀlt
aber nicht nur NĂ€hrstoffe, sondern auch sogenannte Schutz-
stoffe, die den Organismus vor den Angriffen der Bakterien
schĂŒtzen. Dies ist auch sehr vonnöten, da der SĂ€uglings-
organismus nur in sehr geringem MaĂe Schutzstoffe (soge-
' nannte Immun-Stoffe) produzieren kann. Aus eigener Kraft
fÀllt es ihm sehr schwer, den Angriffen der Bakterien stand-
I zuhalten, doch hilft ihm im Kamnf ge^en dieselben der
(mĂŒtterliche Organismus, indem er ihm mit der Milch auch
die nötigen Waffen liefert. Ich fĂŒhre diesbezĂŒglich zwei
Beispiele an. Die Mutter ist arm und lebt in schlechten Ver-
hĂ€ltnissen. Sie hat kein Geld fĂŒr SĂ€uglingssachen, ist nicht
imstande Seife zu kaufen, stillt aber wenigstens ihr Kleines
selbst. Die paar Windeln werden kaum gewaschen: sind sie
naĂ geworden, so lĂ€Ăt die Mutter sie einfach trocknen und
nimmt sie wieder in Gebrauch, und nur wenn es schon un-
vermeidlich ist, werden sie oberflÀchlich gewaschen. Die
Haut des Kindes könnte reiner sein, doch ist nicht ein roter
Fleck, nicht eine eitrige Pustel darauf zu finden. Die andere
Mutt°r ist gut situiert, gebildet; ihr Kind stillt sie nicht
selbst, hÀlt aber eine gelernte, sorgsame, gewissenhafte Nurse.
L)ie Windeln werden schneeweiĂ gewaschen, sterilisiert, stets
gewechselt, und doch entsteht ein AbszeĂ nach dem anderen;
âąbösartig, daĂ sie geschnitten werden mĂŒssen. Alle Reinlich-
keit ist vergebens, die Muttermilch besitzt eine mÀchtigere
Schutzkraft. Es ist eine alte Erfahrung, daĂ ein selbstge-
Jstillter SĂ€ugling die Masern nicht bekommt, auch wenn er
Ider Infektion ausgesetzt war, wĂ€hrend der kĂŒnstlich ge-
nÀhrte SÀugling bestimmt erkrankt, sobald Infektion eintritt.
Man erklÀrte dies so, daà die Mutler einmal die Masern durch-
gemacht und dieser Krankheit gegenĂŒber immun geworden
sei und derart die Immunstoffe mit ihrer Milch in den Or-
ganismus des SĂ€uglings ĂŒbergehen. Paul Ehrlich hat
durch seine berĂŒhmten Experimente an Meerschweinchen
mit dem Antitoxin der Dipbtheritis nachgewiesen, daĂ die
Gegenstoffe mit der Milch eines Tieres der gleichen Art in
das Blut des Neugeborenen ĂŒbergehen. Wir können aber
noch weitergehen. Meinem Assistenten Dr. G c z a Pcten \ i
ist es gelungen, mit den Masern infizierte, kĂŒnstlich genĂ€hrte
SĂ€uglinge vor der Erkrankung zu schĂŒtzen, indem er ihnen
Milch einer Mutter unter die Haut spritzte, die in ihrer
Kindheit die Masern durchgemacht hatte. Die Injektion mit
dem Blut einer erwachsenen Frau, die in ihrer Kindheit die
Masern durchgemacht hat, schĂŒtzt den SĂ€ugling nicht vor
dieser Krankheit; wird aber eine solche Frau schwanger
und gebÀrt, so mehrt sich in ihrem Blut der Schutzstoff
gegen Masern. Hat jemand Typhus ĂŒberstanden und sind
seit dem Verlauf der Krankheit Jahre vergangen, so besitzt
sein Blut die FĂ€higkeit, die Typhusbazillen zu agglĂŒtinieren.
GebÀrt aber eine solche Frau, so nimmt nach der Geburt die
AgglutinationsfÀhigkeit des Blutes plötzlich stark zu. Diese
Beispiele beweisen ĂŒberzeugend, daĂ die Geburt als Anreiz
eine mĂ€chtig gesteigerte Bildung der Immunstoffe veranlaĂt.
Damit ist aber die schĂŒtzende Wirkung der Muttermilch
nicht erschöpft. Es ist noch eine sehr wichtige Aufgabe
derselben zu betrachten, die Regulation der Bakterienflora
des Darmes.
Von auĂerordentlichem Interesse sind die Experimente,
die sich mit dem Problem befassen, ob die den Darmkanal
bewohnende Bakterienflora zur Erhaltung des Lebens nötig
sei, ob sich der tierische Körper, von Bakterien völlig rein
gehalten, weiterentwickelt und am Leben bleibt? Ohne
weiter auf die Ergebnisse dieser Experimente einzugehen, ist
die Tatsache festzustellen, daĂ im Darm stets Bakterien vor-
handen sind, mit deren TĂ€tigkeit und Wirksamkeit man
rechnen muĂ. Das groĂe Handbuch von C z e r n y und
Keller, die Bibel der SĂ€uglingsernĂ€hrung, fĂŒhrt als Er-
fordernis einer zweckmĂ€Ăigen SĂ€uglingsnahrung an, daĂ sie
die Entwicklung einer geeigneten Bakterienflora und deren
dem Organismus nutzbringende Mitwirkung sichere. In
dem Buch von C z e r n y und Keller ist eine Beobachtung
Jensens zu lesen, die sehr interessant und von groĂer
Tragweite ist. Im Kampf gegen die Perlsucht der KĂŒhe
wurde seinerzeit in einzelnen Meiereien versucht, die KĂ€lber
von der perlsĂŒchtigen Mutter getrennt, mit abgekochter Kuh-
milch zu ernĂ€hren, also nicht mit unnatĂŒrlicher Nahrung,
sondern mit der Milch der gleichen Tierart. Wurde diese
Nahrung den neugeborenen Tieren als erste Nahrung ge-
geben, so gingen 80 â 90 Prozent der KĂ€lber an akutem,
blutig-eiterigem Durchfall zugrunde, und dieser Durchfall
stimmte anatomisch-pathologisch völlig mit der Kalbsdysen-
terie ĂŒberein; bakteriologisch erwies er sich als enzootische
Coli-Infektion. Wurden hingegen die neugeborenen KĂ€lber
am ersten Tage mit Erstmilch (Colostrum) genÀhrt und erst
am zweiten Tage mit abgekochter Kuhmilch, so ĂŒberstanden
sie dieses ohne jede schÀdliche Nachwirkung. Es ist somit
die Erstmilch (Colostrum), welche die Bakterienflora des
Neugeborenen so reguliert oder aber die Darmwand in einen
derartigen Zustand versetzt, daĂ der Organismus den im
Darm normalerweise lebenden Bakterien gegenĂŒber un-
empfindlich wird. SpÀter besitzt die ErnÀhrung mit Mutter-
milch ihre spezielle Bakterienflora, und auch diese Flora
bildet ein Schutzmittel fremden, schÀdlichen Eindringlingen
gegenĂŒber. Vogt machte die Erfahrung, als auf der SĂ€ug-
lingsabteilung eine Dysenterieepidemie ausbrach, daĂ die
bloĂ mit Muttermilch gestillten SĂ€uglinge von dem Uebel
verschont blieben, jene hingegen erkrankten, die, wenn auch
gestillt, auĂerdem kĂŒnstliche Nahrung in beliebig geringer
Menge erhielten.
AuĂer dem Gesagten gibt es noch eine wichtige Lebens-
funktion, die der SĂ€uglingsorganismus erlernen und vom
ersten Tage nach der Geburt verrichten muĂ. Diese Lebens -
funktion ist die WĂ€rmeregulierung, deren AusĂŒbung wĂ€h-
rend des Lebens im Mutterleibe völlig dem mĂŒtterlichen Or-
ganismus zufiel.
Der Mensch ist nicht nur ein warmblĂŒtiges, sondern ein
die Körpertemperatur auf einem gewissen bestÀndigen Grade
90 Siebert: UnterstĂŒtzungstherapie
erhaltendes Wesen, mit einem wissenschaftlichen Kunstaus-
druck, ein homoiothermer Organismus. Sowohl in groĂer
WĂ€rme als auch in groĂer KĂ€lte erhĂ€lt sich seine Körper-
temperatur mit, man könnte sagen 1/w Grad Genauigkeit, auf
steter Höhe. Ist seine Temperatur im Steigen begriffen, so
beginnt eine Reihe von Funktionen: die Oxydationsprozesse
nehmen ab, die BlutgefĂ€Ăe der Haut erweitern sich, die
normale Spannung (Tonus) der Muskeln wird verringert,
die SchweiĂdrĂŒsen treten in Funktion; ist hingegen die
Temperatur im Sinken, so steigern sich die Oxydations-
prozesse, feine Muskelzuckungen beginnen, die HautgefĂ€Ăe
ziehen sich zusammen, die normale Spannung der Muskeln
erhöht sich. Und dies alles geschieht derart, daà diese
vielerlei Verrichtungen miteinander in Harmonie bleiben,
denn nur so lĂ€Ăt sich genau die normale Temperatur und
dabei die innere IntregritÀt des Organismus sichern. Um
aber dies möglich zu machen, muà irgend ein höherer Or-
gaisator existieren, der stetig Berichte erhÀlt und Weisungen
austeilt. Und tatsÀchlich gibt es im Corpus striatum des Ge-
hirnes ein Zentrum, das Zentrum der WĂ€rmeregulierurig, von
dessen IntegritÀt und Wirksamkeit die FÀhigkeit der
WÀrmeregulation im Organismus abhÀngig ist.
Mein Kollege, UniversitÀtsprofessor Geza Mans-
f e 1 d , hat mit seinen neuesten sehr schönen Unter-
suchungen nachgewiesen, daĂ dieses Zentrum der WĂ€rme-
regulierung anders funktioniert, als wir bisher meinten.
M a n s f e 1 d warf das Problem auf, wie dieses Zentrum
seine Vorkehrungen treffe, um seine Weisungen den an
der WĂ€rmeregulierung teilnehmenden zahlreichen Organen
zukommen zu lassen. Zwei Wege stehen ihm zu diesem
Zweck zur VerfĂŒgung: die langsamere Post, der Blutstrom
und die raschere Telegraphie, das Nervensystem. Man be-
denke aber, zu wievielerlei Organen das Zentrum der WĂ€rme-
regulierung seine Weisungen direkt den einzelnen Or-
ganen zusendet, oder aber den einfacheren Weg wÀhlt und
nur einer einzigen DrĂŒse mit innerer Sekretion den Be-
fehl gibt, die dann in den Blutstrom ein Hormon entsendet,
welches im Blutkreislauf ĂŒberall hin, zu jeder einzelnen
Zelle gelangend, auf einzelne anreizend, auf andere hemmend
einwirkt und einigen gegenĂŒber neutral ist. Die Versuche
Mansfelds haben das Letztere erwiesen. Das Zentrum
der WĂ€rmeregulierung gibt der SchilddrĂŒse eine Weisung,
die dann entweder ein abkĂŒhlendes oder ein erwĂ€rmendes
Hormon auscheidet, welches in den Blutstrom gelangend die
entsprechenden Organe zu entsprechender BetÀtigung an-
reizt.
Die FĂ€higkeit der WĂ€rmeregulierung ist bei den jungen
SĂ€uglingen sehr mangelhaft ausgebildet, sie werden leicht
warm und auch sehr leicht kalt. Das Zentrum der WĂ€rme-
regulierung ist bereits vorhanden, auch die SchilddrĂŒse fehlt
nicht und doch ist die WĂ€rmeregulation nicht vollkommen,
da charakteristischerweise im SĂ€uglingsalter der harmonisch
ineinandergreifende Zahnradapparat des ganzen Endokrin-
drĂŒsensystems noch nicht zusammengepaĂt ist. Die Aufgabe
dieses DrĂŒsensvstems ist, die IntegritĂ€t des Organismus auf
chemischem Wege zu wahren und die Organe dieses
DrĂŒsensystems produzieren spezifische Stoffe mit dem
Beruf, die verschiedene:« Organe untereinander zu verbinden
und als Reize wirkend jene Organfunktionen hervorzu-
rufen, zu steigern, oder zu hemmen, die im Interesse der
chemischen oder biologischen IntegritÀt des Organismus ab-
laufen. Den stÀrksten Angriff gegen diese IntegritÀt unter-
nimmt die ErnĂ€hrung und deshalb regulieren diese DrĂŒsen
in erster Linie den Stoffwechsel. Es ist bekannt und er-
wÀhnt, wie speziell die ErnÀhrung des SÀuglings ist,
namentlich, daĂ dabei weder UeberschĂŒsse noch MĂ€ngel auf-
treten. Tag fĂŒr Tag hat er dieselbe und einzige Aufgabe zu
lösen.
Wird der SĂ€ugling kĂŒnstlich genĂ€hrt und dies mit
unrichtig zusammengesetzter Nahrung, so wird, wie wir aus
der Pathologie wissen, das EndokrindrĂŒsensvstem vor eine
Aufgabe gestellt, die ihm von der Natur nicht zugedacht ist;
derselben kann es natĂŒrlich nicht entsprechen, es treten
40. Jahrg. â Nr. 4.
ErnÀhrungsstörungen auf, durch die der Chemismus des Or-
ganismus verÀndert wird; die Folgen sind derartige, durch
die ErnÀhrung verursachte klinische Erscheinungen, wie sie
im spÀteren Alter nie beobachtet werden. Das durch
Nahrung verursachte Fieber, verlangsamte HerztÀtigkeit
(Bradykardie), Ueberspannung (Hypertonie) usw. sind alles
Erscheinungen, die nur im SĂ€uglingsaiter auftreten als
Folgen dessen, daĂ der SĂ€uglingsorganismus vor natur-
widrige Aufgaben gestellt wurde.
Der SĂ€uglingsorganismus kann sich nur bis zu einem
gewissen Grade gegen ErwĂ€rmung oder AbkĂŒhlung schĂŒtzen,
da er auĂer der Muttermilch auch noch auf die fĂŒrsorgliche
Mutterliebe angewiesen ist. Auch diese bringt er mit sich
zur Welt und wenn ihm die Mutter in groĂer Hitze den
kĂŒhlsten Platz aussucht, in der KĂ€lte hingegen, wenn nötig,
auch die eigene Decke entbehrt und lieber friert und vor
KĂ€lte zittert, um nur ihr Kleines schĂŒtzen zu können, so er-
gÀnzt sie damit nur die Funktionen, die der SÀugling aus
eigener Kraft noch nicht vollkommen verrichten kann.
Ich könnte die AufzÀhlung der VerbÀnde noch lange
fortsetzen, die den SĂ€ugling an die Mutter knĂŒpfen; ich
könnte darĂŒber sprechen, wie wichtig fĂŒr die geistige Ent-
wicklung des SĂ€uglings der erziehende bildende EinfluĂ
ist, der sich geltend macht, wenn die Mutter nicht aus
PflichtgefĂŒhl, nicht fĂŒr Bezahlung, wie die Nursen, sondern
zum eigenen Ergötzen mit ihrem Kleinen spielt â doch war
es genug. Meine Rektoratsrede möchte ich am treffendsten
mit den Worten beschlieĂen, die Langstein und Rott;
ihrem schönen Atlas zum Motto setzten: Die Muttermilch
und das Mutterherz kann durch nichts ersetzt werden.
(Aus der dermatologischen Abteilung des Krankenhauses Berlin-
Lankwitz. Dirigierender Arzt: Dr. C. Siebert.)
Ueber die interne UnterstĂŒtzungstherapie der
Gonorrhoe, mit besonderer BerĂŒcksichtigung
des âCystosan".
Von C. Siebert.
AVĂ€hrend des Krieges machte sich der Mangel an bal-
samischen Mitteln zur internen UnterstĂŒtzung der lokalen
Gonorrhoetherapie in unliebsamer Weise bemerkbar. San-
talöl, Copaivabalsam, Kawa-Kawa und die daraus herge-
stellten PrĂ€parate waren kaum oder nur zu auĂerordent-
lich hohen Preisen zu haben. Nach dem Kriege kamen
diese Erzeugnisse wohl wieder auf den Markt, der Preis
aber stieg und steigt noch immer infolge unserer Valuta-
schwierigkeiten dermaĂen in die Höhe, daĂ der Gebrauch
sich in einer sehr groĂen Zahl von FĂ€llen verbietet.
ZunÀchst ist es wohl angebracht den Standpunkt, den
man diesen UnterstĂŒtzungsmitteln der Gonorrhoebehand-
lung gegenĂŒber einzunehmen hat, festzulegen, um keine
Zweifel ĂŒber ihre therapeutische Begrenzung aufkommen zu
lassen. Wie ich mit der Bezeichnung sage, unterstĂŒtzen sie
nur unsere lokale Gonorrhoebehandlung, einmal in der Mil-
derung der subjektiven und objektiven Symptome, ohne in
der Regel unter AusschluĂ der lokalen Behandlung zur Hei-
lung zu fĂŒhren, andererseits aber, worauf ich noch gröĂeren
Wert legen möchte, scheinen die Komplikationen bei ihrem
Gebrauch weniger hÀufig aufzutreten. Nach meiner Ueher-
zeugung ist auf die VerhĂŒtung von Komplikationen bei einer
bestehenden einfachen Gonorrhoe die allergröĂte Aufmerk-
samkeit zu richten. Einer einfachen Schleimhautinfektion
der vorderen Harnröhre können wir noch relativ leicht
durch unsere antiseptischen Behandlungsmethoden Herr
werden. Treten Infektionen der SchleimhautdrĂŒsen, des
submukösen Bindegewebes, der hinteren Harnröhre, Prosta-
titis usw. auf, so stehen wir einer unendlich schwereren
10. Jahrg..â Nr. 4.
Sieberti UnterstĂŒtzungstherapie
therapeutischen Aufgabe gegenĂŒber. Das erste Prin-
zip jeder ĂŒonorrhoetherapie muĂ daher
dahin gehen, Komplikationen zu vermei-
den, und nach dieser Richtung hin darf nichts unversucht
bleiben. Hierin liegt nach meiner Ueberzeugung der Grund
und der Hauptzweck der Anwendung von internen Mitteln,
ohne daà ich noch andere, spÀter zu erörternde, augenschein-
liche Vorteile leugnen will.
WĂ€hrend des letzten Kriegsjahres machte sich mir als
Leiter einer sehr, groĂen Korpsstation fĂŒr Geschlechtskrank-
heiten der oben erwÀhnte Mangel an balsamischen Mitteln
besonders empfindlich fĂŒhlbar. Ich war genötigt, auf alte,
frĂŒher empfohlene Mittel zurĂŒckzugreifen. Versuche mit
Urotropin und Solol befriedigten in keiner Weise. Ich
wanate dann das salicylsaure Natron an. Bei komplizierten
Gonorrhoen war ich zunÀchst mit den Erfolgen, was die
Milderung der subjektiven Symptome, Schmerzen, Herab-
setzung lÀstiger Tenesmen usw. betraf, leidlich zufrieden.
HÀufiger konnte ich auch die KlÀrung des zweiten schleimig-
trĂŒben Urins ohne jede lokale Blasentherapie beobachten.
Es lohnt sich vielleicht, hier kurz auf die mögliche Wirkung
der SalicylprÀparate einzugehen. Die fraglose Wirkung in
Gestalt der Herabsetzung der subjektiven Beschwerden lĂ€Ăt
sich vielleicht aus seiner zentralen Wirkung heraus erklÀren.
Es liegt auch nahe, an eine Desinfektionswirkung den Gono-
kokken gegenĂŒber zu denken. Bekanntlich haben aber die
salicylsauren Salze nur eine Ă€uĂerst geringe Desinfektions-
kraft im Gegensatz zur freien Salicylsaure. Im Blute und in
GewebsflĂŒssigkeiten können aber wegen der dort vorhan-
denen Alkaleszenz nur salicylsaure Salze vorhanden sein. A
priori wÀre die Annahme einer direkten Desinfektionswir-
kung abzulehnen. Untersuchungen von Binz machen es
aber wahrscheinlich, daĂ gerade im entzĂŒndeten Gewebe ein
Freiwerden von SalicylsĂ€ure möglich ist, da dort eine auĂer-
ordentlich hohe KohlensÀurespannung herrscht, und ver-
mehrter KohlensÀuregehalt des Blutes ist nach Binz im-
stande, SalicylsÀure aus seinen Salzen frei zu machen. Die
klinische Erfahrung lehrt, . daà wir mit den SalicylprÀpa-
raten keine vollstÀndige Desinfektion des Uro-Genitaltraktus
erzielen können, wohl ist aber eine Linderung der Symp-
tome vorhanden, die wir berechtigt sind, auf gewisse Ent-
wicklungshemmungen der Bakterien in den entzĂŒndeten
Geweben zurĂŒckzufĂŒhren.
Einem AnsprĂŒche aber genĂŒgte die Darreichung der
SalicylprÀparate nicht, und das war die Herabsetzung der
Reizbarkeit, die sich bei den Gonorrhoekranken besonders
in den nĂ€chtlichen, schmerzhaften Erektionen Ă€uĂert.
Diese, wohl immer ein Zeichen einer schon vorhandenen
oder beginnenden Periurethritis fĂŒhren leicht zu weiteren
Komplikationen, einerseits durch den mechanischen Mo-
ment, der Gonokokken in die DrĂŒsenausfĂŒhrungsgĂ€nge hin-
eindrÀngen kann, andererseits durch die Anschoppung, die
mit ihrer sie begleitenden Exsudation die Entwicklung der
Gonokokken fördert. Ich kombinierte daher das salicyl-
saure Natron mit Bromsalzen, die sich mir schon frĂŒher
bei durch hartnÀckige, nÀchtliche Erektionen gequÀlten
Patienten gut bewÀhrt hatten. Die Erfolge waren jetzt be-
deutend bessere. Die Zahl der auf der Station selbst ein-
tretenden Komplikationen nahm ohne Zweifel ab. ErklÀr-
lich ist die Wirkung des Broms durch die bekannte Herab-
setzung der Reflexerregbarkeit des zentralen Nervensystems
und die nachweisbare Aufhebung resp. starke Verminderung
der SensibilitÀt der SchleimhÀute. Wir erreichen mit den
Bromgaben eine Ruhigstellung der Genitalorgane. Die
Krampfreaktion der glatten Muskulatur auf die entzĂŒnd-
lichen und auf unsere therapeutischen Reize, die sich mit-
unter nicht vermeiden lĂ€Ăt, die aber nur zu hĂ€ufig durch
Weiterverschleppung der Gonokokken in die DrĂŒsenappa-
rate und Samenleiter zu unliebsamen Komplikationen fĂŒhrt,
wird stark herabgesetzt. Nach meinen Erfahrungen er-
reichen wir damit sogar einen besseren Effekt, als mit dem
auch anÀsthesierenden, sehr kostspieligen Kawa-Kawaharz.
Die beobachtete gĂŒnstige Einwirkung der Kombination
Salicyl-Brom lĂ€Ăt nach neueren Forschungen auch noch
eine andere Deutung zu. Nach Luithlen') beeinflussen
Mittel, die zcntralanalgetisch einwirken oder die Erregbar-
keil der Nerven herabsetzen, alle EntzĂŒndungsvorgĂ€nge im
OrganismĂŒs in gĂŒnstigem Sinne. Diese Beobachtung ist von
verschiedenen Autoren auch experimentell erforscht worden
und wird durch Ruhigstellung der sensiblen Elemente des
EntzĂŒndungsreflexbogens erklĂ€rt.
Nach Erprobung dieser Kombination an einem sein
groĂen Krankenmaterial war der Fricdenszustand einge-
treten, und ich wandte meine Erfahrungen auch bei meinem
Privatklientel an. Die Erfolge befriedigten mieb auch
weiter. Es stellte sich aber jetzt heraus, daĂ in einem
Punkte die Kombination von Salicyl- und BromprÀparaten
den frĂŒheren SandelölprĂ€paraten unterlegen war, nĂ€mlich
in Bezug auf die Verminderung des Ausflusses. Gerade die
bekannte Sekretverminderung bei den balsamischen Mitteln
war mir immer eine willkommene Erscheinung gewesen.
Da ich die Therapie der Gonorrhoe prinzipiell mit sehr
schwachen Silberlösungen beginne, um auf jeden Fall eine
medikamentöse Irritation der entzĂŒndeten SchleimhĂ€ute zu
vermeiden, und da dabei die Eiterung erst langsam zurĂŒck-
geht, so brauchte ich diese Wirkung, die immer einen sehr
wohltÀtigen Einfluà auf den so hÀufig psychisch stark
deprimierten Kranken hat. Er empfindet eben das tröst-
liche subjektive GefĂŒhl der beginnenden Heilung. Abge-
sehen aber davon, wird jede Herabsetzung der Sekretion,
die nur auf Kosten der serösen DurchtrÀnkung erfolgen
kann, auch die Wachstumbedingungen der Gonokokken ein-
schrÀnken. Die sekretionseinschrÀnkende Wirkung scheint
von den internen Mitteln in der Tat nur den Balsamicis inne
zu wohnen. Da, wie Eingangs erwÀhnt, das Santalöl und
Ă€hnliche PrĂ€parate nur noch den oberen âTausend" vor-
behalten bleiben, stieĂ ich bei der Sache nach einem wohl-
feileren Mittel von Àhnlicher Wirkung auf die Kubeben,
die FrĂŒchte von Piper-Cubeba, einer Droge, die noch zu
einem einigermaĂen erschwinglichen Preise erhĂ€ltlich ist.
Die Kubeben, die in Indien, schon seit alten Zeiten, ein
Volksmittel gegen Gonorrhoe darstellen, hat man wohl in
den letzten Jahrzehnten in Europa fast völlig vergessen,
wĂ€hrend dieselben sich in Amerika noch groĂer Beliebtheit
als antikatarrhalisches Mittel erfreuen. Das Verlassen der
Kubeben erklĂ€rt sich daraus, daĂ die Dosen, die1 man frĂŒher
anwendete, maĂlos groĂe waren. LieĂ man doch die ge-
pulverte Droge mit 10 g pro Tag beginnend nehmen und
tÀglich um 10 g steigen bis zum Verschwinden des Aus-
flusses. Man wollte anscheinend die Heilung der Gonorrhoe
ohne lokale Behandlung durch diese massiven Dosen er-
zwingen. Es liegt auf der Hand, daĂ bei der Verabreichung
solch groĂer Mengen der stark gewĂŒrzigen Droge auch un-
angenehme Nebenerscheinungen nicht ausblieben. Auch
L e w i n fĂŒhrt die Nebenerscheinungen der Kubeben auf die
IndividualitĂ€t und unzweckmĂ€Ăige Dosierung zurĂŒck. Dieser
Autor nennt als Nebenwirkungen, die bei einem ĂŒbermĂ€Ăigen
Gebrauch vorkommen können: Brennen im SchlĂŒnde,
Magenbeschwerden, selten Erbrechen, Katarrhalische Er-
scheinungen der 'NasenschleimhÀute und der Konjunktiven,
in ganz exzessiven FÀlle nauch Störungen des Zentralnerven-
systems.
Ein sehr wichtiges Moment muĂ aber bei der Verwen-
dung der Kubeben beobachtet werden. Es kommt nach
Deussen**) massenhaft gefÀlschtes Kubebenmaterial in
den Handel, und dieser Autor wirft die Frage auf, ob bei
MiĂerfolgen und bei Nebenerscheinungen nicht VerfĂ€l-
schungen schuld sind, zumal man diese Beobachtungen auch
in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bei Be-
ginn einer ausgedehnteren Verwendung der SantalprÀpa-
rate machte. Bei der Ordination von Kubeben muĂ man
daher die Garantie haben, daà nur unverfÀlschtes Material
zur Verwendung kommt.
I *) Vorlesungen ĂŒber Pharmakologie der Haut. Berlin 1921.
**) Dermatol. Wochenschr. 1921. Nr. 37, S. 966.
92
Pniower: Kecht auf Gesundheit
40. Jalirg. â Nr. 4.
Ich stellte nun ausgedehntere Versuchsreihen an mit
einer Pulvermischung aus Kubeben, salicyisaurem Natron
Und Bromnatrium. Jetzt konnte ich auch eine sekrelions-
einschrÀnkende U irkung dieser Kombination feststellen,
und sogar bei einem reiatic geringen Kubebengehalt. Her-
Yorzuneuen wÀre noch, daà bei den Patienten eine leichte
Diurese eintritt, ein bei der Gonorrhoetherapie nur zu be-
grĂŒĂendes Moment. Ich verordnete die Mischung so, daĂ
der i/aĂŒent tĂ€glich 0,6 â 1,2 â 1,5 Kubebenpuiver erhielt.
An einem Uebel jedoch stieĂen sich öfter die Patienten, an
dem schlechten Geschmack. Nach einer Reihe von zunÀchst
fruchtlosen Versuchen ist es der chemischen Fabrik âAr-
c u i a " Rostock gelungen, diese mit Pulvermischung in Tab-
lettenform unter dem Namen âCysto San" in den Handel
zu bringen. Die Tabletten machen auch geschmacksemp -
fihdlichen Patienten das PrÀparat annehmbar.
Auf unserer venerologischen Abteilung werden die
C y s t o s a n - 1 a b 1 e 1 1 e n , bei denen noch ein Teil des
ursprĂŒnglichen Gehaltes des salicylsauren Natrons durch
Salol ersetzt wurde, um die SaĂŒeyrwirkung zu protahieren,
wÀhrend eines dreiviertel Jahres bei allen GonorrhoefÀllen
angewendet. Die Zusammensetzung der Tabletten ist:
20 Proz. Puv. Cubeb., 30 Proz. Natr. salicyl., 40 Proz. Natr.
bromat., 10 Proz. Salol. In Uebereinstimmung mit meinen
frĂŒheren Erfahrungen waren die Erfolge durchaus gĂŒnstige
in Gestalt von: Herabsetzung der Sekretion, Milderung der
Schm'erzhaftigkeit beim Wasserlassen und Blasentenesmus,
Nachlassen der Schmerzhaftigkeit bei Prostatitiden und
Epididymitiden. in vielen FĂ€llen trat auch bei bestehender
Posterior eine KlÀrung des zweiten Urins ein ohne Lokal-
behandlung der Blase. AuĂerdem habe ich auch hier den
Eindruck gewonnen, daĂ die Zahl der Komplikationen
ohne Frage geringer wird. Als wir eine Zeitlang, infolge
eines vorĂŒbergehenden Materialmangels an Gystosantab-
letten an ihrer Verabreichung gehindert waren, hÀuften sich
die im Krankenhaus selbst entstehenden Komplikationen.
Nebenerscheinungen haben wir bei Gaben von: 3 mal tÀglich
2 â 4 Tabletten nach den Mahlzeiten 4 â 6 wochenlang und
in einzelnen FÀllen auch noch lÀnger nicht beobachtet. Die
Tabletten enthalten als Bindemittel einen Schleimstoff, der
wohl auch dazu beitrĂ€gt, MagenbelĂ€stigungen zu verhĂŒten.
Nach diesen Beobachtungen ist es sicher, daĂ Kubebenpuiver
in diesen Dosierungen auch bei lÀngerem Gebrauch ver-
tragen wird und den von den balsamischen Mitteln zu er-
wartenden Effekt hat.
Zusammenfassend haben wir im Cystosan ein PrÀ-
parat, das den Zweck der sehr teuren Balsamica inbezug auf
UnterstĂŒtzung der lokalen Gonorrhoetherapie erfĂŒllt, in
vielen FĂ€llen, was Herabsetzung der subjektiven Beschwer-
den, Milderung der EntzĂŒndungserscheinungen, der Reiz-
barkeit betrifft und VerhĂŒtung von Komplikationen diesen
sogar ĂŒberlegen ist, ohne das besondere Nebenerscheinungen
beobachtet wurden. Auch -bei einigen FĂ€llen von Cystitis
rein bakterieller Natur und bei Prostatahyperthrophie hat
sich das PrÀparat mir gut bewÀhrt, so daà auch weitere
Versuche nach dieser Richtung hin Erfolg verheiĂend sind.
âRecht auf Gesundheit" und âPflicht zur Gesundheit"
als Bestandteile des BewuĂtseins eines
sozialen Pflichtmenschen.
Von Dr. Pniower.
Wenn wir âRecht auf Gesundheit" und âPflicht zur Ge-
sundheit" als Bestandteile des BewuĂtseins eines sozialen
Pflichtmenschen ansehen, so dĂŒrfen wir aber nicht
annehmen, daĂ diese Begriffe von âRecht" und âPflicht"
moderne sind, wenn sie auch unbedingt als notwendige
Bestandteile eines modernen Pflichtmenschen
gefordert werden mĂŒssen.
In der Menschheitsgeschichte begegnen wir zwei durch-
aus verschiedene Auffassungen. Als Individualismus
bezeichnet man die weitgehendste UnabhÀngigkeit des
Individuums, Universal ismus nennt man die
Anschauung welche die Wohlfahrt des Gemeinschafts-
wesens im Auge hat. NatĂŒrlich ist Individuum und Ge-
meinschaftswesen ebenfalls Gegenstand der Beachtung, aber
in beiden FĂ€llen nur auf dem Umwege des gegen-
sÀtzlichen Begriffs. Gesellschaftswissenschaltlich
ist dabei folgende Betrachtung grundlegend: es fragt sich,
was als das ursprĂŒngliche Element angesehen wird. Ist
dies das Gemeinscnaftswesen, in welches sich die Individuen
einzugliedern haben oder das Individuum selbst, das seine
absolute SelbstÀndigkeit nicht aufgibt, wenn es sich mit
anderen Individuen vereinigt?
Nun mĂŒssen wir das âRecht auf Gesundheit" doppelt
fassen, einmal in der subjektiven Anschauung, daĂ uns
dieses Recht zugestanden werden muĂ und in der objek-
tiven, daà wir dieses Recht auch zu gewÀhren haben.
Wohl kann die subjektive Auffassung aus beiden
Theorien hergeleitet werden, die objektive aber und die
âPflicht zur Gesundheit" im Grunde nur aus der universa-
listischen. Wir wollen nun kurz zusehen, inwieweit der
Individualismus beim âRecht auf Gesundheit" eine
Rolle spielt.
Der Egoismus, der Selbsterhaltungstrieb, ist jedem
Menschen naturbedingt angeboren und will im âKampfe ums
Dasein" jeden âseines GlĂŒckes Schmied" werten lassen. Wenn
die Gesellschaft aber tatsĂ€chlich nur ein zusammengewĂŒr-
felter âZweckmĂ€Ăigkeitsverein" ist, wo keine national -wirt-
schaftliche Vereinigung in einem Gemeinschaftskörper be-
steilt, sondern nur jeder fĂŒr sich selbstherrlich, mit eigenem
RechtsbewuĂtsein, existiert, dann werden wir Nietzsches
Wort verstehen: â . . . die Schwachen und MiĂratenen sollen
zu Grunde gehen". Wohl kann, wie gesagt, bei dem Indivi-
dualismus auch ein âRecht auf Gesundheit" als Forderung
zwar erhoben werden, nicht aber sich zum objektiven
âRecht auf Gesundheit" und zur âPflicht zur Gesundheit"
auswachsen. Diese Bedenken hinsichtlich unserer LehrsÀtze
stoĂen uns schon im grauen Altertum bei der Lehre der
Sophisten auf, welche âden Menschen", d. h. nur den
Einzelmenschen, âals das MaĂ aller Dinge" beschreiben. Nach
2000 Jahren etwa spricht man nach einer langen Periode des
Universalismus wieder vom âIndividuum" im Zeitalter der
âNaturrechtslehre"; man konstruiert die âunverĂ€nderlichen,
unzerstörbaren Naturrechte", die âVernunft" als MaĂstab
aller Dinge, aber nur die Einzelvernunft. Dies wird dann
auf das Gemeinschaf tswesen ausgedehnt und dieses z. B.
von Spinoza als eine Art âVernunftsanstalt" aufgefaĂt, da-
neben geht die Anschauung des Staates in absoluter (H o b-
b e s) und in konstitutioneller Richtung (Locke) einher.
Nach O n k e n s Vorgang könnte man wohl anstatt seiner
âlandesfĂŒrstlichen Wohlstandspolizei" von âlandesfĂŒrst-
licher Wohl f a h r t s polizei" sprechen, wenn wir die An-
forderungen an die Gesundheit zu damaliger Zeit betrachten,
denn sie wurden âerlassen", nicht von einer Volksvertretung
beschlossen. â Mit dem Zeitalter der französischen Revo-
lution beginnen die VorstöĂe gegen die absolute Gewalt mit
Schaffung der âMenschenrechte"; Rousseaus Schlacht -
mf: âder Mensch ist frei geboren und liegt doch in Banden"
gab den Auftakt dazu. Hatte bis dahin der Merkantilis-
m u s das Individuum und seine Gesundheit nĂŒtzlich nur
angesehen, soweit eine Vermehrung des Menschenreichtums
dabei in Betracht kam, so tritt jetzt der entgegengesetzte
Standpunkt ein: wenn auch die Individuen zur Sicherung
des âRechts auf Gesundheit" einen Vertrag abschlieĂen, so
braucht dies aber nicht zur Pflicht âauszuarten". Das
Schlagwort laissez faire, laissez passer lĂ€Ăt auf diesen Ge-
dankengang schlieĂen.
Der Individualismus oder, wie man auch sagt Libe-
ralismus, fĂŒhrt in seiner letzten Folgerung zum
Anarchismus, der kein Recht auĂer dem zwischen Ein-
10. Jahrg. Nr. 4.
Pniower: licdu auf Gesundheit
93
/einen kennt. NNO konunl in dieser Auffassung das objek-
tive âRecht auf Gesundheit" und die âPflicht zur Gesund-
heit" zur Geltung? Tolstois VorgÀnger S l i r u e r sprich I
in seinem âDer Einzige und sein Eigentum" klar den âun-
begrenzten Egoismus" aus, der nur sein I <âą Ii anerkennt und
fĂŒr den es kein Gemeinwohl gibt.
Immerhin können wir sagen, daà dei Individualismus
cloch einen gewissen Fortschritt in der Menschheitsgeschichte
uarsteltt, denn das Individuum wurde doch wenigstens auf
cn inm gebĂŒhrenden Platz geruckt, das âRecht aui Uesund-
eit" nicnt mehr auf lanĂŒesfĂŒrstliches Wohlwollen be-
schrĂ€nkt und der âbeschrĂ€nkte Uhtertanenverstand'
ausgeschaltet. Aber der Individualismus fĂŒhrt und verfĂŒhrt
zu uferlosen Folgerungen und Folgen, welche allenfalls
wohl ein âRecht" aber keine âPflicht" in bezug auf Gcsund-
eit aufstellen. Damit wird aber nicht der Endzweck eines
iemeinschaftswesens erzielt: die Vereinigung aller
n d i v i d u e n mit RĂŒcksicht a u f einander und
u f d a s G e m e i n w o h 1 !
\\ ir können ganz im Gegensatz dazu sogar die Ge-
chichte als Lehrmeisterin anrufen, welche ein Staatswesen
uf der Grundlage des kollektiven Universalismus auf-
ebaut beschreibt und nicht als eine nur mechanische Verb-
indung ansieht. Der Staat ist keine âNĂŒtzlichkeitsanstalt",
ein âzweckmĂ€Ăiges", sondern âsittliches" Gebilde, welches
icht nur das âRecht auf Gesundheit" in subjektiver, son-
'ern auch in objektiver Auffassung und die âPflicht zur
esundheit" zum Wahlspruch erhebt. Auch der zweite Be-
riff fĂ€llt unter die Pflicht und sogar das subjektive âRecht
uf Gesundheit" soll den sozialen Pflichtmenschen nötigen,
ieses Recht auch zur âPflicht gegen sich selbst"
u mache n. Dieser Pflichtcharakter kann aber nur in
iner âorganischen" Vereinigung voll und ganz erfaĂt wer-
en und zur Geltung kommen, in einem Gemeinschafts-
esen, welches die Individuen als aufeinander angewiesen,
ie âOrgane" eines Körpers miteinander verbunden ansieht.
Schon im Altertum finden w ir von P 1 a t o, dem groĂen
riechischen Denker, eine soziale âPflicht zur Gesundheit"
efordert. In seinem âStaate" schildert er ein universales
iemeinwesen, welches die Menschen körperlich und geistig
erbessern solle. Die Forderung der griechischen Philoso-
henschule der Stoiker âlebe in Uebereinstimmung mit
er Natur" weist auf eine âPflicht zur Gesundheit" hin. Und
das Wort der Apostelgeschichte âGeben ist seliger denn
nehmen" mit seinem Pi'lichtbegriff gegen Andere, finden wir
schon bei Epikur vor: âEs gewĂ€hrt einen höheren GenuĂ
Wohltaten zu empfangen als zu erweisen".
Auch die antiken Religionsphilosophien zur Zeit des
erstarkenden Christentums tragen dem PflichtgefĂŒhl hin-
sichtlich der Gesundheit Rechnung, wie ebenfalls die christ-
liche Religionsphilosophie, als sie den âAdel der Arbeit" und
die âPflicht zur Arbeit" lehrten. Nicht minder wollte das-
selbe die Forderung der KirchenvÀter, die Pflicht zur
MĂ€Ăigkeit.
In der Neuzeit drÀngt sich das alte Platonische So-
zialprinzip wieder machtvoll in den Vordergrund. Selbst
der Verfechter der Naturrechtslehre, G r o t i u s, will die
âMenschenrechte" aus der ursprĂŒnglich geselligen Natur des
Menschen ableiten. Mit einigen UebergÀngen wird die so-
ziale Pflicht dann von dem Franzosen Hellet ins be-
schrieben: âAlles wird gesetzlich, wenn es nur fĂŒr das Ge-
meinwohl geschieht". Soziales PflichtbewuĂtsein lehrt der
|ekrönte Philosoph von Sanssouci: âDer Herrscher soll
der erste Diener des Staates sein". Kants âkategorischer
Imperativ" lehrt PflichtbewuĂtsein, Goethe sagt: âImmer
strebe zum Ganzen! Und kannst du selber kein Ganzes wer-
den, als dienendes Glied schlieĂ' an ein Ganzes dich an",
„. i c Ii l e spricht in seinem âgeschlossenen Handelsslaat" so-
zialen Pflichtcharakter aus. Und die ganze deutsche Philo-
sophie von Hegel bis Schleiermacher (âschlecht-
hinnige AbhĂ€ngigkeit") sieht in der âPflicht zur Gesundheit"
eine SelbstverstÀndlichkeit im sozialen Gemeinschaftsleben,
d. h. eine sitliieiie l'llicht; auch die Romantik will das
selbe, der Staat wird Adam MĂŒller zu einer ethischen Ge-
meinscliaft, der man nur Hingabe widmen dĂŒrfe, die damit
also auch unbedingt die âPilicht zur Gesundheit" bean-
spruchen kann. Herbarls Erziehungskunsl will auch Iii
erster Linie PflichtbewuĂtsein erwecken, Lotze schreib!
dem sozialen BewuĂtsein âunbedingt verpflichtende Ideale"
vor, W unĂŒt will den allgemeinen Förtscnritt und die âall
gemeine VVohlfahrt" in sozialem Sinne als erste Hiicnt an-
erkannt wissen und begreitt damit die âPflicht zur Gesund-
heit" unbedingt ein.
Wir haben es also nicht nötig, uns einem sozialen
Pessimismus zu unterwerfen, wie es Schopenhauer
lehrt: âDie Well isl die schlechteste, die gedacht werden
kann, nicht wert, daĂ sie besteht und aus welcher nur die
Flucht in das Nichts einen Ausweg gibt". Nicht der Willen
zum Leben zu loten ist ein soziales Prinzip, sondern das
Gegenteil: das Leben in PflichterfĂŒllung zu verbringen. Auch
nicnt der materialistischen Auffassung Feuerbachs
werden wir uns anschlieĂen: âWas der Mensch iĂt, das ist
i r . wir kennen höhere Ideale.
Auch die sozialistischen Theorien lassen deutlich
einen Hinweis auf die âPflicht zur Gesundheit" erkennen,
Oven wollte durch körperliche MaĂnahmen in dieser Be-
ziehung vorbildlich wirken, die St. Simonisten wollen
wie Fourie r (âDie Arbeit mĂŒsse zum GenuĂ erhoben
werden") die âPflicht zur Gesundheit" bei der Arbeit vor-
ausgesetzt wissen. Und im Erfurter Programm von
1891 verlangt Forderung 3: âErziehung zur allgemeinen
Wehrhaftigkeit", womit sicherlich auch eine âPflicht zur
Gesundheit* auĂer dem âRecht auf Gesundheit" verbunden
gedacht wird; Bernstein sagt: âohne Verantwortlichkeit
gebe es keine Freiheit". Zum SchluĂ ein W7ort H. MĂŒllers:
âGroĂe Gedanken werden nur in reinen Herzen geboren, von
Menschen, die ihr Leben nicht fĂŒr sich, sondern fĂŒr eine
ganz auĂerhalb ihrer persönlichen InteressensphĂ€re liegen-
den Sache leben" â soweit gebt nicht einmal die âPflicht
zur Gesundheit", weil diese doch in erster Linie u n s zugute
kommt.
Wenn in der Entwicklungsgeschichte der Lebewesen der
Mensch das Höchste reprÀsentiert, so soll auch er seinerseits
in der Menschenwelt die Stufenleiter vom Niederen zum
Höheren emporsteigen. Galt in der vorsittlichen Zeit das
Recht des Starkeren, so soll das PflichtbewuĂtsein im âRecht
auf Gesundheit" und in der âPflicht zur Gesundheit" in Hin-
sicht auf uns selbst und andere in uns erweckt werden."
Und trotz aller RĂŒckschlĂ€ge, aller Zuckungen des in
seinem Innersten aufgewĂŒhlten Volkskörpers wollen wir
nicht den Glauben an eine vorwÀrtsgehende Entwicklung
und Vervollkommnung verlieren. Nein, im BewuĂtsein, ein
Glied einer groĂen Allgemeinheit zu sein, wollen wir das so-
ziale PflichtbewuĂtsein in bezug auf Gesundheit und Ge-
sundung nicht nur als âkategorischen Imperativ" ansehen,
sondern als âvernunftgemĂ€Ăen" Teil des sozialen BewuĂt-
seins ansprechen.
Dieser Gesichtspunkt hilft uns auch gern und willig den
angeborenen Egoismus in uns ĂŒberwinden und fĂŒhrt uns zu
den lichten Höhen, wo wir nicht als Feind unserer Mit-
menschen, sondern als ihr Bruder, als ein Glied einer alle
mit gemeinschaftlicher Liebe umfassenden Familie, alle
unsere Pflichten hinsichtlich unserer und anderer Gesund-
heit erfĂŒllen können.
In der Zugehörigkeil zu beiden Reichen, dem Reiche der
Natu i* lind dem Reiche der V e r n u n f t liegt die Wesens-
art des Menschen. Welchem von beiden Reichen der Sieg
beschieden ist, wird dem sozialen Pl'l ic h t m e n sehe n
zu erkennen nicht schwer fallen.
Dreuw: GesetzentwĂŒrfe
40. Jahrg. r- Nr. 4.
Die beiden GesetzentwĂŒrfe zur BekĂ€mpiung
der Geschlechtskrankheiten.
Von Dr. med. Dreuw- Berlin.
Bekanntlich unterliegen nach geltendem Recht
alle ansteckenden Erkrankungen durch das Seuchengesetz
der Anzeigepflicht. Es sind jedoch nicht anzeigepflichtig die
Erkrankten an Syphilis, Schanker und Tripper. Diese dĂŒrfen
auch nicht einer Beobachtung, Absonderung oder Zwangs-
behandlung unterzogen werden, es sei denn, daĂ es sich um
Personen handelt, die gewerbsmĂ€Ăig Unzucht treiben
(§ 361,6). Der Staat stellt es also jedem an einer solchen
Krankheit leidenden Menschen anheim, ob und wie lange er
sich behandeln lassen will. Da es sich nun aber heraus-
gestellt hat, daĂ nach Philip etwa 90 Prozent aller zum
Beispiel an Syphilis Leidenden die Behandlung vorzeitig
unterbrechen, so ergibt sich angesichts der bevölkerungs-
politischen Probleme fĂŒr unseren Nachwuchs die Frage: Soll
der Staat auch noch weiterhin sich der Lösung dieses
Problems gegenĂŒber passiv verhalten? Wie will er diese
90 Prozent, die zur Vermehrung der Geschlechtskrankheiten
auf Millionen beigetragen, zwingen, ihre Pflicht zu tun? Die
Antwort kann nicht zweifelhaft sein. WĂŒrde der Staat an-
gesichts der zahlreichen, auch auf dem Lande auftretenden
Erkrankungen wie bisher handeln, dann wÀre in Staats -
erhaltender und rassenhygienischer Beziehung das
Schlimmste zu befĂŒrchten.
Die âDeutsche Gesellschaft zur BekĂ€mpfung der Ge-
schlechtskrankheiten" hat nun dem Reichsversicherungsamt
empfohlen, sogenannte âBeratungsstellen" zu errichten, die
bei allen denjenigen Kranken, die sich freiwillig melden oder
durch Vermittlung oder durch eigenmÀchtige Mitteilung des
behandelnden Arztes (selbst unter Brechung seiner bisherigen
Schweigepflicht) gemeldet werden, schriftlich und mĂŒndlich
von Zeit zu Zeit daran erinnern sollen, daĂ sie noch behand-
lungsbedĂŒrftig sind. Diese Idee kann eine praktische Wir-
kung nicht erzielen, da naturgemÀà sich nur solche melden
oder melden lassen, die schon an und fĂŒr sich gewissenhaft
genug sind, die Behandlung durchzusetzen, wÀhrend die
ĂŒbrigen, die Indolenten, Böswilligen und Imbezillen â und
diese bilden die Mehrzahl â ohne Zwang sich nicht melden
lassen. Praktisch also kann nicht viel erzielt werden. Daher
die vielen Versuche, einen ungesetzlichen Zwang auszuĂŒben.
Und die Aerzte haben kein Interesse daran, zwischen sich
und den Patienten noch eine beratende Zwischeninstanz zu
setzen, die auch nicht mehr kann, vielleicht noch mit weniger
Nachdruck, als es der Arzt Auge in Auge im Sprechzimmer
tut, nÀmlich den Patienten daran zu erinnern, daà es nach
einem viertel oder halben Jahre wieder an der Zeit ist, sich
behandeln zu lassen, da eben die Behandlung hÀufig, ja in
der Mehrzahl der FĂ€lle von Syphilis immer jahrelang dauert.
Ein solches schriftliches Erinnern seitens der Beratungs-
stellen bei einer solchen heiklen Angelegenheit, ohne grund-
legende GesetzesÀnderung, kann aber die unangenehmsten
Folgen fĂŒr den Betreffenden haben. Jeder Tag zeitigt solche
Beispiele. In der Tat erheben sich namentlich in Aerzte-
kreisen die schwersten Bedenken gegen die Neueinrichtung,
aus Standesinteressen und aus GrĂŒnden des Versagens in der
Praxis. Die Aerzte wollen tatsÀchlich von den Beratungs-
stellen sehr wenig wissen. Denn nach der Statistik der
Deutschen Gesellschaft zur BekÀmpfung der Geschlechts-
krankheiten auf ihrer Ausstellung kamen in den Jahren
1916, 1917 und 1918 im ganzen Königreich Sachsen nur 4580
Personen zur Beratung, von diesen waren nur 99 von den
Aerzten ihnen ĂŒberwiesen, dagegen 1164 von Kranken-
hÀusern, 1304 von Krankenkassen und 526 von MilitÀrbehör-
den, 746 von anderen Stellen und nur 741 Selbstmeldungen.
Man sieht also, die Behörden haben das an und fĂŒr sich
schon kĂŒmmerliche Resultat noch halbwegs verbessert.
(Ueber die entsprechend der Steigerung der Kranken höheren
Zahlen fĂŒr 1920 siehe spĂ€ter.) Diese völlig unnĂŒtzen In-
stitute will die obige Gesellschaft nun verankern und um
diesen Torso herum ihre GesetzesvorschlÀge ankristallisieren,
inuem sie in ihrer âSachverstĂ€ndigen-Kommission" folgen-
den BeschluĂ fĂŒr das zukĂŒnftige Gesetz gefaĂt hat, der in
dem Gesetzentwurf der Regierung vom 10. 3. 20 in der Tat
verankert ist:
âDie allgemeine Anzeigepflicht*) ist nicht einzufĂŒhren,
hingegen ist eine beschrĂ€nkte Anzeigepflicht (d. h. âAnzeige-
recht", Dr. Dreuw) erwĂŒnscht, und zwar derart, daĂ die Mel-
dung erfolgen soll (zunÀchst an die Beratungsstellen, die die
Kranken vorladen, und erst wenn sie der Aufforderung nicht
nachkommen, an die Gesundheitsbehörden â welche und auf
Grund weicher GesetzesÀnderung, wird nicht gesagt),
a) wenn der Kranke die Kur unterbricht, ohne den Nach-
weis zu erbringen, daà er sich in andere Àrztliche Be-
handlung begeben hat;
b) wenn der Arzt in Erfahrung bringt, daĂ der Patient im
ansteckenden Stadium verkehrt.
Vom Arbeitsausschuà zur BekÀmpfung der Geschlechts-
krankheiten im preuĂischen Wohlfahrtsministerium wurde
hierzu noch vorgeschlagen:
c) wenn der Arzt erfÀhrt, daà der Kranke durch seine be-
rufliche TÀtigkeit oder seine persönlichen VerhÀltnisse
eine erhebliche Gefahr fĂŒr seine Umgebung bildet.
Als ob nicht jeder Geschlechtskranke eine erhebliche Ge-
fahr fĂŒr seine Umgebung bildet! Sowohl die Aerzte wĂŒrden
sich fĂŒr diese unangenehmen BĂŒtteldienste, als auch die Pa-
tienten fĂŒr diese Knechtschaft durch viele gewissenlose und
gewinnsĂŒchtige Aerzte bedanken. Schon 1835â1905 hat
dieses âRegulativ" der beschrĂ€nkten Anzeigepflicht zum MiĂ-
erfolg gefĂŒhrt. 1910 wurden in allen deutschen Kranken-
hÀusern zusammen etwa 60 000 mÀnnliche Syphilitiker amt-
lich registriert, wĂ€hrend 1910 â 1914 (also noch vor dem
Kriege) die Zahl die erschreckende Höhe von 120 000, also
eine Steigerung von 100 Prozent erreicht hatte. Wundert
man sich, wenn in einer sĂŒddeutschen UniversitĂ€tsstadt die
Poliklinik der UniversitĂ€t, die frĂŒher nur von einigen Per-
sonen besucht war, schon 1919 etwa 200 Geschlechtskranke
tÀglich behandeln mu� In einem kleinen LandstÀdtchen!
Der Entwurf eines Gesetzes zur wirksamen BekÀmpfung
der Geschlechtskrankheiten muĂ sich immer mehr zu der
Frage zuspitzen: âAllgemeine diskrete Anzeige- und Behand-
lungspflicht" oder nicht? Die Zahl der AnhĂ€nger fĂŒr dieses
System aus den Reihen der Aerzte, Soziologen, Juristen,
Frauenrechtlerinnen usw. wÀchst immer mehr. Nur die
BĂŒrokratie und die D. G. B. G. verhĂ€lt sich ablehnend. Sie
verleidigen das Prinzip: âWas ist, ist vernĂŒnftig". Trotz
alledem verlangt die moderne Zeit ihr Recht. Denn Ge-
schlechtskrankheiten sind Kinder- und Staatenmörder.
Ihnen gilt der Kampf.
Auch von hervorragender juristischer Seite (Oberlandes-
gerichtsrat Dr. jur. et phil. Bodensiepen) wird die Anzejge-
pflicht in letzter Zeit gefordert. Geh. Justizrat Dr. M i 1 1 e r-
maier - GieĂen sagt (Deutschlands Erneuerung, 1917, Heft
Nr. 6) mit Recht, daĂ sie mindestens so viele ethische Ideale
wie die bisherigen Systeme in sich berge. Auch er kÀmpft
gegen die Halbheiten an, die die Regierungsvertreter in dieser
wichtigen Frage begehen im Vertrauen m. E. auf eine ein-
seitige âautoritative" Information der D. G. B. G.; AutoritĂ€ten-^
und SachverstÀndigenkommissionen sind aber sehr hÀufig
schlechte Berater.
*) S. meine Arbeiten: 1. Entwurf eines Planes zur staatlichen
Ueberwachung von Syphilis und Gonorrhoe. âArchiv fĂŒr Rassen-
biologie", 1916-17, 1. Heft. 2. Abolitionismus und Statistisches
Gesundheitsamt. âDer AboliĂŒonist", 1917, Nr. 1 und 2. 3. An-
zeige-, Behandlungs- und Schweigepflicht, Beratungsstellung und
Sittenpolizei. âDermatologische Wochenschrift", 1917, Heft 11
und 12. 4. Berufsgeheimnis, Anzeigerecht und Anzeigepflicht.
âAcrzlliche Rundschau" 1917, Nr. 20. 5. Allgemeine, gleiche dis-
krete Anzeigepflicht. Gesetzentwurf zur BekÀmpfung der Ge-
schlechtskrankheiten, Fischers medic. Buchhandlung, Berlin W 62,
usw. usw. 6. Die âSexualrevoluĂŒon". Verlag Ernst Bircher,
Leipzig.
40. Jahrg. â Nr. 4.
Drcuw: GesetzentwĂŒrfe
Nachdem ich 1015 zuerst in meinem Buche âHaut- und
Geschlechtskrankheiten im Kriege und im Frieden" einen be-
stimmt abgegrenzten Gedanken, die diskrete Beaufsichtigung
Uttels einer Zentral-Zettelregistratur zur Kontrolle aller ge-
chlechtskranken Manner und Frauen unter voller Wahrung
er fĂŒr diese so wichtigen Diskretion, veröffentlicht hatte,
ei dem es sich nicht mehr, wie bisher, um ein vages Umher-
sten, sondern um die Ebnung des Weges zur EinfĂŒhrung
ins bisher noch nicht erörterten Systems des âDiskretionis-
us" handelte, hat die Diskussion ĂŒber dieses Thema einen
oĂen Umfang angenommen.
Die Hygiene muĂ in allen Zweigen alle, arm und reich,
ung und alt, MĂ€nner und Frauen umfassen. Sie darf nicht
ur Klassenhygiene werden, wie bei der sog. beschrÀnkten
nzeigepflicht und den sog. Beratungsstellen fĂŒr Geschlechts-
ranke. In der Impffrage, bei der BekÀmpfung der Diph-
erie, der Cholera, der Ruhr usw. mittelst der modernen
ygiene (Beobachtung, Anzeigepflicht, Isolierung, Desinfek-
'on) ĂŒberall herrscht der Grundsatz, daĂ sich die hygieni-
chen MaĂnahmen auf jeden Erkrankten mĂ€nnlichen und
eiblichen Geschlechts erstrecken mĂŒssen. Nur bei den Ge-
chlechtskrankheiten macht man bisher zum Schaden der
llgemeinheit eine Ausnahme; man beobachtet und behan-
elt zwangsweise nur eine dekadente Menschenklasse, nÀm-
ch die Prostituierten; in Berlin vor dem Kriege von etwa
000 nur 4000, d. h. etwa ein FĂŒnfzehntel der wirklich vor-
andenen. Was wĂŒrden wir sagen, wenn wir nur die w e i b-
i c h e n an Diphtherie Erkrankten und von diesen nur ein
ĂŒnfzehntel hygienisch erfassen wĂŒrden und alle MĂ€nner
n dem Behandlungszwang und der Anzeigepflicht ver-
honen wĂŒrden. Man wĂŒrde ĂŒber die Logik derartiger âHy-
eniker" den Kopf schĂŒtteln.
FĂŒr den praktischen Arzt ist es wichtig, ĂŒber die legis-
torischen Vorlagen zur BekÀmpfung der Geschlechtskrank-
iten orientiert zu sein.
Nachdem die EinfĂŒhrung des âDiskretionismu s",
h. der âallgemeinen, gleichen, diskreten
nzeige- und Behandlungspflicht" bei Ge-
schlechtskrankheiten durch BeschluĂ der preuĂischen Lan-
desversammlung am 25. Februar 1920 beschlossen und ein
auf diesem System beruhender Gesetzentwurf von 32 Para-
graphen^ vorgelegt ist, nachdem am 10. MĂ€rz das Reichs-
ministerium des Innern als Drucksache Nr. 71 auch seinen
Entwurf (gez. Koch) fertiggestellt hat, dĂŒrfte eine GegenĂŒber-
stellung der Hauptprinzipien der beiden EntwĂŒrfe a) des dis-
kretionistischen Entwurfs, b) des Entwurfs des Reichs-
ministeriums des Innern, der auf dem Boden der âbe-
schrĂ€nkten Anzeigepflicht", d. h. der AnzeigewillkĂŒr des
Arztes, steht, die nötige AufklÀrung bringen:
a) Der diskretionistische Entwurf.
Angenommen, Herr Albert MĂŒller, geboren 17. MĂ€rz 1883
zu Breslau, befĂŒrchtet geschlechtskrank zu sein, so ist er ver-
pflichtet, auf Kosten des Staates sich von einem fĂŒr Ge-
schlechtskrankheiten attestierfÀhigen, d. h. vom Staate zu-
gelassenen Arzt untersuchen zu lassen. Er teilt dem Arzt
seine richtige Adresse mit, und der Arzt klÀrt ihn, wenn er-
krank ist, ĂŒber das Gesetz und seine Krankheit auf, gibt ihm
ein Merkblatt und meldet dem zur strengsten Diskretion ver-
pflichteten Gesundheitsamte, nicht etwa den Namen, sondern
die Anfangsbuchstaben des Namens und Geburtsortes, sowie
die drei Geburtszahlen, in diesem Falle also A. M. 17. 3. 83,
B. Auf diese Weise ist jede Verwechslung ausgeschlossen,
die Diskretion bleibt gewahrt, und der Patient kann diese
Zahlen nie vergessen. Nur der Arzt weiĂ von seiner Krank-
heit. Von diesem Momente an ist Herr MĂŒller verpflichtet,
jede Woche einmal dem diskreten Gesundheitsamt in der
Stadt, wo die erste Meldung gemacht wurde, auch wenn er
sich auf Reisen befand oder befindet, unter dem Zeichen
A. M. 17. 3. '83, B. ein von einem attestierfÀhigen deutschen
Arzte ausgefĂŒlltes Einschreibeformular zu senden. Bei
Kassenpatienten kann dies eventuell durch Vermittlung der
Kasse geschehen. Die Untersuchung, Behandlung und das
Attest sind auf Kosten des Staates zu machen, wenn der Pa
tient nachweist, daĂ er unter 10 000 M. Einkommen ver-
steuert. (In Schweden wird jeder geschlechtski anke Patient
auf Staatskosten behandelt und ihm freie Arznei gewÀhrt)
LĂ€uft unter dem obigen Zeichen kein Einschreibebrief ein,
dann hat das Gesundheitsamt das Recht, nach weiterem acht-
tÀgigen Zuwarten bei dem ersten Arzt sich nach dem Namen
zu erkundigen und den Patienten unter Berechnung einer
sofort vollstreckbaren GebĂŒhr von 10 M. um die Einsendung
zu ersuchen. Kommt er der Aufforderung auch dann nicht
nach, dann kann er zwangsweise in Àrztliche Behandlung
oder in ein Krankenhaus gebracht werden. Kommt er dann
immer noch nicht seiner Pflicht nach, wird er in Strafe ge-
nommen. SelbstverstÀndlich kann er den Arzt nach Be-
lieben wechseln, muĂ aber den Einschreibebrief immer an
das erste Amt senden, damit keine DoppelzÀhlung stattfindet.
Das Gesundheitsamt darf weder an das Gericht, noch an die
Polizei, noch an sonst jemand, an Behörden oder Private
Mitteilungen machen. Alle Akten und Aufzeichnungen sind
so zu verwahren, daà sie Unbefugten unzugÀnglich sind. Ist
der Patient von einem attestierfĂ€higen Arzt fĂŒr gesund er-
klĂ€rt, der sich bezĂŒglich seiner Handlungen der Kontrolle
des Gesundheitsamtes unterwirft, dann schickt er ein SchluĂ-
attest ein, eingeschrieben auf Staatskosten, und die Sache ist
erledigt. Es bleibt also alles wie bisher, nur muĂ der Er-
krankte einmal in der Woche sich seiner Pflicht der Allge-
meinheit und sich selbst gegenĂŒber erinnern. Ist dies zu
viel verlangt? Wenn die Kurierfreiheit, d. h. das 1869 ein-
gefĂŒhrte Gesetz, daĂ auch Nichtapprobierte als Kranken-
behandler fungieren können, durch Parlamentsbeschluà auch
fĂŒr Geschlechtskranke wie bisher erhalten bleibt, sollen die
nichtapprobierten Krankenbehandler ein Examen machen,
um die Meldungen an das Gesundheitsamt richtig machen zu
können. Hierdurch wĂŒrde auch eine Kontrolle stattfinden,
da die Geschlechtskrankheiten langdauernd sind und der Pa-
tient erfahrungsgemÀà von einem Arzt zum andern, von
diesem dann zum Nichtapprobierten und umgekehrt geht,
und das Nichtmelden zu gefahrvoll sowohl fĂŒr den Arzt als
auch den Nichtapprobierten wÀre. (Automatische Melde-
kontrolle.)
Durch das System des Diskretionismus wird nun auch
die Prostitutionsfrage gelöst. Die Sittenpolizei und die Regle-
mentierung (der berĂŒchtigte § 361> 6 StGB) wird abgeschafft.
Die KontrollmĂ€dchen werden BĂŒrgerinnen wie alle anderen,
mit allen Rechten solcher, sie werden nicht mehr gehetzt
und gejagt. Sic haben, wie jeder andere geschlechtskranke
BĂŒrger, auf Kosten des Staates wöchentlich den Nachweis
(durch Einschreibebrief) der Gesundheit an das Gesundheits-
amt zu erbringen. Da sie aber â wie die Praxis ergibt â
dauernd krank oder krankheitsverdÀchtig und besonders ge-
fĂ€hrlich sind, mĂŒssen sie den Nachweis nicht einmal
wöchentlich, sondern dreimal wöchentlich erbringen.
Jeder deutsche attestierfÀhige, sich der Kontrolle des Ge-
sundheitsamtes unterwerfende Arzt darf sie auf Staatskosten
untersuchen und attestieren. Höhere als die staatlich fest-
gesetzten Taxpreise darf der Arzt nicht nehmen, insbesondere
nicht direkte Bezahlung von der GewerbsmĂ€Ăigen selbst. Bei
einer Erkrankung mĂŒssen sie unter strenger Strafandrohung
sofort vom Arzte aus das Krankenhaus aufsuchen.
Ein Pflegeamt, dem ein Arzt und eine sozial ausgebildete
FĂŒrsorgerin vorsteht, kĂŒmmert sich um ihre sozialen und
wirtschaftlichen und ethisch-moralischen VerhÀltnisse, so-
weit sie dem Gesundheitsamt die Nennung ihres Namens ge-
statten oder selbst dem Pflegeamt ihren Namen und ihr Ge-
werbe mitteilen. Man erkennt also die strenge und reinliche
Scheidung zwischen der Polizei (die ganz ausgeschaltet ist,
und sich, wie bei jedem anderen BĂŒrger, nur um die Auf-
rechterhaltung der Ordnung, des Anstandes und der Sitte
kĂŒmmert und die Befolgung der Gesetze, selbstverstĂ€ndlich
auch dieses neuen Gesetzes, eventuell erzwingt), zwischen dem
rein medizinisch-sanitÀren Gesundheitsamt und dem Pflege-
amt, das in Verbindung mit dem Gesundheitsamt in sozialer.
Dreuw: GesetzentwĂŒrfe 10. Jahrg. â Nr. 4.
96
ethischer und wirtschaftlicher Beziehung wirkt. Suum
cuique. (Jedem das Seine.)
Da die Sittenpolizei (§ 361, 6) beseitigt wird, ohne daĂ,
wie fÀlschlich geglaubt wird, die gesundheitliche Beaufsich-
tigung der Prostituierten abgeschafft ist (der Beichsratsent-
wurf Nr. 71 beseitigt leider diese sanitÀre Beaufsichtigung!),
da ferner die Wohnungsfrage durch Verbesserung des Kup-
peleiparagraphen (§ 180) gesetzlich neu geregelt wird, so
wird, wie es bisher war, das AusĂŒben der Prostitution als
solches nicht mehr bestraft. Hierdurch ist nun die Gelegen-
heit gegeben, auch die Geheimprostitution gesundheitlich
mehi âą'zu kontrollieren. Bisher wurde jede GewerbsmĂ€Ăige be-
straft, es sei denn, daĂ sie sich durch die schmachvolle Regle-
mentierung ihrer BĂŒrger- und Frauenrechte entkleidete und
unter Polizeiaufsicht stellte und einen Freischein fĂŒr ihr Ge-
weihe dadurch erkaufte, daĂ sie sich in die Polizeisklaverei
besah. Dann, aber auch nur dann drĂŒckte der Staat ein
Auge zu. Die Selbstmeldung von Prostitutierten an das neue,
auch fĂŒr sie wie fĂŒr jeden BĂŒrger zur Diskretion verpflichtete
Gesundheitsamt, kann nach dem neuen Gesetz daher auch
keinen Schaden oder Strafe mehr fĂŒr sie nach sich ziehen,
im Gegenteil. Unter diesen UmstÀnden kann also wegen der
nunmehrigen völligen Trennung zwischen Polizei und Ge-
sundheitsamt von jeder Person, die gewohnheitsmĂ€Ăig gegen
Entgelt, d. h. gewohnheitsmĂ€Ăig und gewerbsmĂ€Ăig, wie ich
es nennen möchte, Geschlechtsverkehr ausĂŒbt, unter Straf-
androhung gefordert werden, daĂ sie ebenso wie jeder andere
oder jede andere Geschlechtskranke (die GewerbsmĂ€Ăige ist,
praktisch ausgesprochen, immerzu geschlechtskrank, solange
sie ihr Gewerbe ausĂŒbt), sich dem rein sanitĂ€ren Gesund-
heitsamt meldet. Das Wort âUnzucht" ist durch Geschlechts-
verkehr in dem Entwurf absichtlich ersetzt, da das Amt nur
sanitÀre; keine moralischen oder ethischen Ziele, die dem
Pflegeamt ĂŒberlassen bleiben, verfolgt. Ist der Sinn dieser
gewaltigen kulturpolitischen Neuerung den Prostituierten und
der Ăffentlichkeit, den Aerzten und Juristen und Soziologen
durch staatliche und private Belehrung, VertrÀge usw. ein-
mal völlig klar geworden, insbesondere, daà ihre Meldung
nur zu rein gesundheitlichen, nicht mehr zu polizeilichen
Zwecken, also nur in ihrem eigenen Interesse erfolgt, daĂ
sie die bisher berechtigte Furcht vor der Polizei und der mo-
dernen Aechtung und Sklaverei abstreifen können, daà ihnen,
wie iedem anderen BĂŒrger, die strengste Diskretion auch
â dem Gericht, der Polizei und Behörden und ihren Bekannten
und Verwandten gegenĂŒber gewĂ€hrleistet wird, dann werden
sie im eigenen gesundheitlichen Interesse sich gern dem Amt
anvertrauen. Es ist Sache der Behörden, diese AufklÀrung
mit allen Mitteln zu verbreiten. Denn- dieses Amt will ja
weiter nichts als die Gesundheit der GewerbsmĂ€Ăigen und
dadurch die Gesundheit der Allgemeinheit durch die einzige
Forderung, zwei- bis dreimal wöchentlich zwangsweise einen
Arzt aufzusuchen, sicherstellen.
Der diskretionistische Entwurf wurde im Prinzip ange
nommen vom Kölner bevölkerungspolitischen KongreĂ, von
fast der gesamten Frauenbewegung, von der deutschnationa-
len Partei und der S. P. D., der U. S. P. D. und der K. P. D.,
von vielen Mitgliedern der anderen Parteien befĂŒrwortet, von
fast .der gesamten Frauenbewegung, von den Rassehygieni-
kern. zahlreichen Aerzten, Juristen, Soziologen usw. Be-
kanntlich existiert in Schweden das ausfĂŒhrlichste SĂŒezial-
gesetz von 31 Paragraphen. Es ist nun wichtig, zu erfahren,
welchen Eindruck der diskretionistische Entwurf dort, wo
die Erfahrung mit einenr Spezialgesetz vorliegt, gemacht hat,
zumal das Ausland obiektiver urteilt wie das Inland, da be-
kanntlich der Prophet in seinem Vaterlande wenig gilt.
Der Direktor des hvgienischen UniversitÀts-Instituts in
Stockholm, Prof. Dr. Pattersen, schreibt (ĂŒbersetzt aus
dem Schwedischen) in Nr. 22 der âHygiea":
..Die nrcufiischen VorschlÀge stimmen im wesentlichen mij
den in Schweden geltenden gesetzlichen Bestimmungen ĂŒberein.
Der hnuntsĂ€chlichste Unterschied dĂŒrfte darin lieaen, daĂ Drpuw
die Behandlung durch eine Gesundheitsbehörde ĂŒberwachen lĂ€Ăt,
wĂ€hrend unsere Gesetze dem Arzt diese Arbeit ĂŒbertragen. Es
ist nicht ausgeschlossen, daĂ die Erfahrun-
gen ergeben werden, d a 15 den D r e u w s c h e n
VorschlÀgen der Vorzug vor dem sewedischen
Gesetz zu geben ist. Sie enthalten keine Bestimmungen,
welche Schritte zu tun sind, um den Quellen der Infektion nach-
zustöbern. FĂŒr den Arzt können diese Bestimmungen sehr un-
angenehm sein. Seine unbedingte Pflicht, das anzumelden, was
er erfahren hat, bringt ihn in die gröĂten Gewissenskonflikte
Um diese zu vermeiden, wird er hÀufig von vornherein den Pa-
tienten darĂŒber aufklĂ€ren, daĂ er nur das mitteilt, was er
wĂŒnscht, das mitgeteilt wird. FĂŒr alle, die an der BekĂ€mpfung
der Geschlechtskrankheiten (eine der wichtigsten sozialen Fragen
unserer Zeit) Interesse zeigen, sind die Dreuw' sehen Vor-
schlĂ€ge von gröĂter Bedeutung."
Bekanntlich existiert in Schweden die Anzeigepflicht der
Aerzte, und das schwedische Gesetz hat gewaltig zur Ver-
minderung der Krankheiten beigetragen.
B. Der Gesetzentwurf des Reichsministeriums des Innern auf
dem Boden der Blaschko'schen âbeschrĂ€nkten Anzeige-
pflicht" des Arztes beruhend.
Statt des ,, Diskretionismus" empfehlen dessen Gegner
das System der beschrÀnkten Anzeigepflicht, d. h. Anzeige -
willkĂŒr des Arztes, das sie dem Jahre 1835 entnommen
haben (Regulativ des Jahres 1835) und dem deutschen Volke,
nachdem das Regulativ damals zur Korruption der Aerzte
und der Patienten gefĂŒhrt, wieder auftischen wollen, aller-
dings in moderner VerbrĂ€mung mit der völlig unnĂŒtzlichen
Beratungsstellenidee. Hiernach soll der Arzt sich die ihm
gefÀhrlich erscheinenden (jeder ist doch gefÀhrlich!) Pa-
tienten aussuchen, die er dann den Beratungsstellen meldet,
d. h. die Reichen bleiben in der Regel ungemeldet, und die
Armen (18 Millionen Kassenmitglieder) werden gemeldet.
Ja, Prof. Blaschko sprach dies als Sozial- und Sexualhygie-
niker offen aus mit den klassischen Worten: âFĂŒrs Volk
sorgen die Beratungsstellen und fĂŒr die Privatpatienten sor-
gen die SpezialÀrzte".
Die hauptsÀchlichsten Paragraphen des Regierungsent-
wurfs vom 10. 3. 20 lauten:
§ 2. Wer geschlechtskrank ist, hat die Pflicht, sich von
einem fĂŒr das Deutsche Reich approbierten Arzt behandeln zu
lassen.
§ 3. Die zustÀndige Gesundheitsbehörde kann Personen, die
dringend verdÀchtig sind, geschlechtskrank zu sein und die Ge-
schlechtskrankheit weiter zu verbreiten, anhalten, ein von einem
behördlich dazu ermĂ€chtigten Arzt ausgestelltes Zeugnis ĂŒber
ihren Gesundheitszustand vorzulegen oder sich der Untersuchung
durch einen solchen Arzt zu unterziehen. Auf Antrag des unter
suchenden Arztes können solche Personen angehalten werden,
â wiederholt derartige Gesundheitsbezeugnisse beizubringen.
Personen, die geschlechtskrank und verdÀchtig sind, die Ge-
schlechtskrankheit weiterzuverhreiten, können zwangsweise
einem Heilverfahren unterworfen, auch in ein Krankenhaus ver-
bracht werden, wenn dies zur VerhĂŒtung der Ausbreitung der
Krankheit erforderlich erscheint. Aerztliche Eingriffe, die mit
einer ernsten Gefahr fĂŒr Leben oder Gesundheit verbunden sind
ĂŒĂŒrfen nur mit Einwilligung des Kranken vorgenommen werden
§ 5. Die Behandlung von Geschlechtskrankheiten ist nur den
fĂŒr das Deutsche Reich anprobierten Aerzten gestattet
§ 7. Wer eine Person, die an einer mit Ansteckun**scefahi
verbundenen Geschlechtskrankheit leidet, Àrztlich behandelt, hat
der im § IS bezeichneten Beratungsstelle Anzeige zu erstatten,
wenn der Kranke sich der Àrztlichen Behandlung entzieht oder
wenn er andere infolge seines Berufs oder seiner persönlichen
VerhÀltnisse gefÀhrdet. Kommt der Kranke den Anweisungen
der Beratungsstelle nicht nach, so hat diese der im § 3 bezeich-
neten Gesundheitsbehörde Kenntnis zu geben.
§ 12. Die Sittennolizei wird aufgehoben, der Sittenpolizei
naraeranh 361, 6 erhÀlt folgende Fassuno . Mit Haft bestraft wird
wer öffentlich in einer Sitte und Anstand verletzenden Weise zur
Unzucht auffordert oder sich dazu anbietet.
§ 13. Im ganzen Reichssebiel mĂŒssen öffentliche Beratungs-
stellen fĂŒr Geschlechtskranke in ausreichende!: Wahl vorhan-
den sein.
Wie gestaltet sich die Anzeigepflicht nach dem Regie-
rungsentwurf an einem praktischen Beispiele demonstriert?
40. Jahrg. - Nr. 4.
Dreuw: GesetzentwĂŒrfe
«7
Angenommen. Herr Albert MĂŒller, geb. 17. 3. 83 zu Bres-
lau, ist geschlechtskrank oder befĂŒrchtet es zu sein, so ist
er âverpflichtet (ob er Geld dazu hat oder nicht, dar
ĂŒber sagt der Entwurf nichts), sich v o n e i u e m :i p p r o-
bierten Arzt behandeln zu lassen. DaĂ er ver-
pflichtet ist dem Arzt ev. unter Vorzeigen eines Ausweises
seinen richtigen Namen unter Strafandrohung zu sagen, er-
wĂ€hnt der Entwurf nicht. Der Arzt âklĂ€rt ihn nun
aut § 6 ĂŒber die A r l der Krankheit und
die Ansteckungsgefahr auf und hÀndigt
hm ein amtlich genehmigtes Merkblatt
us". Nunmehr fĂ€ngt der Arzt, der doch auch bloĂ
ensch ist und allen möglichen Versuchungen unterworfen,
n zu ĂŒberlegen laut § 7, ob nicht gerade dieser âPatient
nfolge seines Berufes oder seiner per-
önlichen VerhÀltnisse Andere besonders
efĂ€hrdet". Kommt er zu diesem Resultat, was natĂŒr-
ich, da jeder Geschlechtskranke eine groĂe Gefahr darstellt,
enn er unparteiisch denkt, in 100 Prozent der Fall ist, denn
t er, ebenso âwenn der Patient sich dier Ă€rzt-
ichen Behandlung entzieht" (was der Arzt
icht, wohl aber ein Gericht auf Grund von Zeugenaussagen
eststellen kann) verpflichtet (aber auch nur in diesen
Ă€llen) den Patienten der sogenannten Be-
ratungsstelle zu melde n". Also der reine SchnĂŒf-
fel- und BĂŒtteldienst!
Nunmehr ist der Patient dieser auf Gnade und Ungnade
ausgeliefert, und ohne daĂ er das Recht der Berufung hat
verpflichtet, âden Anweisungen desselben Folge
zu leiste n", ganz gleich, was sie auch von ihm verlangt.
Folgt er nicht, so âhat diese der in § 3 bezeichne-
ten Gesundheitsbehörde Kenntnis zu gebe n".
Wer diese Gesundheitsbehörde ist, ob die Polizei oder das
Wohlfahrtsministerium oder das Ministerium des Innern,
wird nicht gesagt. Aber diese völlig in der Luft schwebende
Gesundheitsbehörde hat laut § 3 folgende Rechte: âSie
kann, nach Belieben, Personen, die dringend
verdÀchtig sind, geschlechtskrank zu sein,
und diese Krankheit weiter zu verbreiten,
anhalten, ein von einem behördlich dazu
ermÀchtigten Arzt ausgestelltes Zeugnis
ĂŒber ihren Gesundheitszustand vorzulegen
oder sich der Untersuchung durch einen
solchen zu unterziehen. Sie kann (!) alle
Patienten, die geschlechtskrank oder auch
nur verdÀchtig sind, die Krankheiten zu
verbreiten, zwangsweise einem Heilver-
fahren unterziehen, sie zwangsweise
in ein Krankenhaus verbringen, wenn
dies zur VerhĂŒtung der Krankheit erfor-
derlich erscheint.
Also der WillkĂŒr der Beratungsstellen und dieser sagen-
haften Behörde ist ieder Deutsche, der auch nur verdÀchtigt
wird (sei es aus HaĂ oder MiĂgunst, aus Neid oder Rach-
sucht, evtl. auf Grund einer anonymen Anzeige) geschlechts-
krank zu sein, einfach auf Gnade und Ungnade ausgeliefert,
d. h. die Sittenpolizei wird unter dem Namen einer Gesund-
heitsbehörde auf 60 Millionen Menschen ausgedehnt.
Zur wirksamen BekÀmpfung hat das Reichsversiehe-
rungs-Amt den Krankenkassen empfohlen, folgende Bestim-
mung ( die M. E. gegen die Gesetze verstöĂt) in die Kranken -
Ordnung aufzunehmen:
âGeschlechtskranke Mitglieder haben, sobald sie ihre Krank-
heit wahrnehmen, es sofort bei der Kasse schriftlich oder mĂŒnd-
lich zu melden. Die gleiche Verpflichtung liegt den Mitgliedern
ob. sobald sie von einer Geschlechtskrankheit ihrer mitver-
sicherten Familienangehörigen Kenntnis erhalten. Die Meldung
ist auch dann zu erstatten, wenn die Àrztliche Behandlung durch
einen Nichtkassenarzt oder sonst auf eigene Kosten erfolst. Ge-
schlechtskranke Mitglieder sind verpflichtet, auf Vorladung bei
flcr Beratungsstelle fĂŒr Geschlechtskranke zu erscheinen und
deren Anordnungen zu befolgen. Dazu haben die Mitglieder auch
geschlechtskranke nichtVersicherte Familienangehörige anzu-
halten."
Man will also hier fĂŒr eine Kategorie von Kranken, die
Kassenmitglieder, eine Anzeigepflicht einrichten. HeiĂt dai
nicht halbe Arbeit und sozusagen âKlassenhygiene" treiben?
Das, was Versicherungsnutglieder betrifft, muĂ fĂŒr jeden
Geschlechtskranken ohne Ausnahme unter gesetzlichen Kau
tclen, nicht unter dieser WillkĂŒr zustande kommen, nĂ€mlich
der gesetzlich verankerte âDiskretionismus". Diese Klassen
hygiene ist ein VerstoĂ gegen die bestehenden Gesetze und
kein Kassenangehöriger ist verpflichtet, sieh darum zu
kĂŒmmern.
, Ja. eine Krankenkasse betrat einen neuen Weg, der noch
willkĂŒrlicher ist, indem sie in ihre Krankenordnung eine
Bestimmung aufnahm, daĂ alle Mitglieder, sobald sie bei
sich und ihren mitversicherten Familienangehörigen eine
Geschlechtskrankheit wahrnehmen, dies unter Strafan-
drohung der Kasse sofort zu melden haben, und zwar auch
in dem Falle, wenn die Behandlung nicht auf Kosten der
Kasse geschieht. Auch sollen die Mitglieder und ihre Fami-
lienangehörigen verpflichtet sein, sich auf Vorladung der
Beratungsstellen fĂŒr Geschlechtskrankheiten zu melden und
die Anordnungen derselben zu befolgen. Nachdem das zu-
stÀndige Versicherungsamt und das Landesversicherunssamt
die Genehmigung dieser Bestimmung verweigert hatten,
wurde sie schlieĂlich vom Reichsversicherungsamt genehmigt,
und zwar mit der BegrĂŒndung: es sei der Zweck der Kran-
kenversicherung, eingetretene Krankheiten der Versicherten
möglichst rasch und möglichst grĂŒndlich zu beseitigen und
auch zu verhindern, daĂ durch ungeeignete Behandlung
der Heilnrozeà verzögert werde. Diese Entscheidung unter-
zieht Privatdozent Dr. Hanauer in der âAerztl. Sachver-
stÀnd.-Ztg." 1921, Nr. 21, einer eingehenden Kritik. Formell,
meint er, könne man gegen die Einbeziehung aller Mit-
glieder, auch derjenigen, die in privater Behandlung
stehen, nichts einwenden, weil hier bei der BekÀmpfung der
Geschlechtskrankheiten gemeinnĂŒtziges Interesse vorlĂ€se
(was m. E. nicht richtig ist, da ein privates Institut wie die
Beratungsstellen die Kassenmitslieder garnicht tangiert). Hin-
gegen widersprÀche es den bestehenden Gesetzen, wenn man
auch auf die nichtVersicherten Familienangehörigen (m. E.
auf alle Mitglieder. Dr. Dr.) denselben Zwang ausdehnen
wolle, weil auf dieselben keinerlei Zwang von seiten der
Kasse ausgeĂŒbt werden könne. Ebenso ungesetzlich sei die
Vernflichtung, sich auf Vorladung der Beratungsstellen zu
melden, weil diese rein privater Natur sind. Die
ganze Vorschrift sei auch praktisch deshalb undurchfĂŒhr-
bar, weil selbst den Kassenmitgliedern viele Möglichkeiten
offen bleiben, sich ihr zu entziehen. Durch derartige Be-
stimmungen werde in der BekÀmpfung der Geschlechts-
krankheiten kein Fortschritt möglich sein. Hier mĂŒsse
schon ein Reichsgesetz, das den diskreten Meldezwang und
die Behandlungspflicht bei Geschlechtskrankheiten regelte,
geschaffen werden.
Derartige WillkĂŒrakte verbittern m. E. die Patienten und
die Aerzte und schaden nur wegen ihres klassenhygienischen
Charakters in unserer heutigen Zeit.
Ein Vergleich der beiden GesetzentwĂŒrfe wird ĂŒber die
falschen Auffassungen aufklĂ€ren, die vielfach ĂŒber die
beiden Systeme verbreitet werden.
Inbezug auf die Beratungsstellen sei das Folgende mit-
geteilt: âDas Reichsversicherungsamt gibt bekannt, daĂ Ende
1920 164 Beratungsstellen fĂŒr Geschlechtskranke vorhanden
waren, die 107 995 Personen berieten. 40 526 Kranke hatten
die Beratungsstellen selbst aufgesucht, wĂ€hrend die ĂŒbrigen
von Aerzten C20 992V Krankenkassen C18 699), Kranken-
hÀusern 05 105). MilitÀrverwaltungen (3 831) und anderen
Stellen ĂŒberwiesen wurden. Doch ist in all diesen letztge-
nannten FÀllen die Beratung nahezu hinfÀllig, da die Krank-
heit ja schon bekannt war. Von den 107 995 Personen waren
9710 örtlich nicht zustĂ€ndig und 11 619 waren ĂŒberhaupt
nicht geschlechtskrank. Von den 86 456 Geschlechtskranken
waren 1 653 Kinder unter 14 Jahren, ein Zeichen der Zeit!
Im Jahre 1920 waren die Selbstmeldungen auf 40 526 ge-
stiegen gegenĂŒber 38 050 im Jahre 1919. In Nr. 38 der âSo-
98
Referate
40. Jahrg. â Nr. 4.
zialen Praxis" erklÀrt Privatdozent Dr. Christian
aus dem Reichsarbeitsministerium, daĂ die
âBeratungsstellen" ihren Zweck nicht erfĂŒllen. ..Wenn sich
allerdings nur 40 000 Patienten, worunter 10 Prozent ĂŒber-
haupt nicht krank sind (in Berlin werden schÀtzungs-
weise jÀhrlich 300 000 Personen behandelt, in ganz
Deutschland haben wir, ebenfalls schÀtzungsweise, rund
6 Millionen Kranke) von selbst melden, die ĂŒbrigen aller, von
Behörden und Instituten den Beratungsstellen zugefĂŒhrt
werden, dann bedeutet dies, trotz aller Reklame fĂŒr diese
Stellen, ein ziemlich starkes Fiasko. Melden tun sich nach
Dr. Christian die âSchlauen", die herausbekommen
haben, daĂ man in den Beratungsstellen eine Blutunter-
suchung umsonst haben kann. Die GefÀhrlichen aber werden
nicht erfaĂt." Nach Mitteilungen von Dr. Hodann in dem
von dem Reichsgesundheitsamtmitglied Dr. R ö s s 1 e her-
ausgegebenen âArchiv fĂŒr soziale Hygiene" (Nr. 1, 1920) âhat
von 40 Kranken, die der leitende Arzt einer
Beratungsstelle fĂŒr behandlungsfĂ€hig er-
klÀrte, nur ein Einziger nach der ersten
Behandlung den Arzt wieder aufgesucht".
Auch diese Tatsache bedeutet den Bankerott der Be-
ratungsstellen, Millionen staatlicher Gelder werden
nahezu nutzlos verschwendet. Denn mit Recht schreibt
Privatdozent Dr. Christian, er mĂŒsse feststellen,
daĂ die Beratungsstellen keine starke Handhabe zur Ein-
dÀmmung der Seuche darstellen. Dazu bietet allein die
allgemeine, gleiche, direkte Anzeige und
Behandlungspflicht eine Handhabe.
Wieviel Geschlechtskranke gibt es nun?
Etwa 25 Prozent, d. h. jeder vierte Mensch ist geschlechts-
krank. Leider versuchen die deutschen maĂgebenden Kreise
mit unrichtigen Angaben, wie es auch wÀhrend des Krieges
geschah, diese Tatsache, die das völlige Versagen der bis
herigen MaĂnahmen, die auch das Versagen der rein pri-
vaten, aber staatlich subventionierten deutschen Gesellschaft
zur âBekĂ€mpfung" der Geschlechtskrankheiten illustriert, zu
beschönigen und zu verdecken. So rechnete das von dieser 1
Gesellschaft beratene Reichsgesundheitsamt allen Ernstes und
zur âBeruhigung" des Publikums heraus, daĂ 1913 in
den 10 gröĂten StĂ€dten Deutschlands von den Aerzten 33 266
Geschlechtskranke, d. h. 64 auf 100 000 gemeldet wurden und
1919 nur 31 631, d. h. 61 auf 100 000. Es könne, so schrieb
es zur âBeruhigung" in der gesamten Presse, âalso von einer
gewaltigen Zunahme nicht gesprochen werden". Ein einziger
Frankfurter Arzt hatte nach Prof. Flesch (Mitt. d. DGBH.)
jeden Tag 4 neue Geschlechtskranke und Dr. Albert Markus
in MĂŒnchen gibt in der MĂŒnch, med. Wochenschrift an,
allein 70 000 Salvarsaneinspritzungen in seiner Privatpraxis
gemacht zu haben. â
Das Ausland geht bei der Wichtigkeit dieser Frage
offener vor. Eine königliche Kommission in England gibt
bekannt, daĂ 10 Prozent von 45 Millionen Einwohner an
Syphilis und noch mehr Prozent an Tripper leiden, also ins-
gesamt etwa 25 Prozent. Das französische Kriegsministerium
veröffentlicht Àhnliche Zahlen, daà jeder dritte Franzose
und jeder zweite Erwachsene geschlechtskrank seien. Also
auch etwa 25 Prozent.
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
Berliner klinische Wochenschrift.
26. Dezember 1921, 58, Nr. 52.
V\ eseu und Formen der chronischen Arthritiden. H i s . W. 1525.
âZur Frage der Gegenanzeige des kĂŒnstlichen Pneumothorax heim Lungen-
emphysem. Wulff. E. 1529. ,
Sugillationen hei Tabes. Pineas, H. 1530.
Ueher Zirkumzisionstuberkulose. Wolf f. E. 1531.
Ueber âSalvarsanexantheme". Kuznitzky, K. und Laiijncr. W. 1534.
Ueher ein Verfahren zur Herstellung; von Lösungen in beliebigem Zeit-
punkte. S À g i , E. und S À g i . A. 1536.
Zur Frage der Gegenanzeige des kĂŒnstlichen Pneumothorax
heim Lungenemphysem. (Aus der Lungenheilanstalt des Vereins
zur BekÀmpfung der Tuberkulose in Estland.) Analog zwei von
Rautenberg beschriebenen FĂ€llen wird ein Fall von Lungen-
tuberkulose mit Volumen pulmonum auetum mitgeteilt, bei dem
nach einmaliger Insufflation von 200 cem N nach einiger Zeit
unter Herzinsuffizienzerscheinungen exitus letalis eintrat.
Lungenemphysem und Pneumothorax wirken gleichsinnig auf die
Zirkulation ein im Sinne einer erheblichen Erschwerung des
Kreislaufs. Nach Ansicht des Verfassers ist das Lungen-
emphysem als eine absolute Kontraindikation gegen die arte-
fizielle Pneumothoraxtherapie anzusehen.
O. S. T a r n o w (Charlottenburg-Westend).
Medicinische Klinik.
18. Dezember 1921, 17, Nr. 51.
Prognostische Richtlinien bei isolierten syphilogenen Pupillen.störungen.
D r e y f u s, G. L. 1539.
âl'ebcr da« AuslbschphĂ€nomcn hei Scharlach. D o r n e r, G. 1543.
âUeber e;nige praktische Methoden in der Mngendiagnosiiik. von Fried-
rich, Ladislaus. 1545.
Umfrage ĂŒber die Behandlung des septischen Abortes. Antworten von
Henkel. Jena. K o b 1 a n c k. Berlin, gcllheim, Halle.
Nfethodenwah] in der Röntgendiagnostik. Die unz\veckmaĂ;gen und die zweck-
dienlichen Wege. (Fortsetzung aus Nr. 50.) P p r d e s, Fritz. 1550.
OriinfĂ€rbung eines S-inplings nach Spin.itgcnuĂ. . D.o 1 l i n g e r. A. 1953.
âąJ'! "flirr ein neues Sichnnpfi'iiirrittol. f s n c S n n. 1553. -
Erfahrungen mit einigen neueren zur Luesdiagnose angegebenen Methoden
und Modifikationen. Winkler, W. F. 1554.
Ueber OefĂ€Ăgymnastik. (Selbstmassage der GefĂ€Ăe.) Fleisch. Alfred,
* 1555. ..âąâąâ
Geburtshilfe der Unfallstation. Runge. Ernst. 1556.
Ucber das AuslöschphÀnomen bei Scharlach. D o r n e r hat
das von Schulze und Carlton angegebene sog. Auslösch-
phĂ€nomen beim Scharlach einer eingehenden NachprĂŒfung unter-
zogen und dabei die Angaben der genannten Autoren voll be-
stÀtigt gefunden. Scharlach-Rekonvaleszentenserum und ge-
wöhnliches Menschenserum, Scharlachkranken intrakutan inji-
ziert, lieĂ nach einigen Stunden das Exanthem in mehr oder
weniger groĂem Umfang an der Injektionsstelle schwinden; Se-
rum von frischen ScharlachfÀllen lieà das Exanthem unbeein-
fluĂt. Auf Grund seiner Beobachtungen kommt Verfasser zu
dem Resultat, daà das PhÀnomen ein sehr wertvolles diagnosti-
sches Hilfsmittel darstellt. Er empfiehlt zur Verwendung das
Serum auf einen 0,5 prozentigen Karbolgehalt zu bringen und
Normalsera, Rekonvaleszentensera, die nicht vor 5â6 Wochen
nach dem Beginn der Erkrankung entnommen sein dĂŒrfen, und
frische Sera vom 3. bis 5. Erkrankungstage zu verwenden, die
aber nicht mehr als 4 â 6 Wochen aufbewahrt sein dĂŒrfen.
Ueber einige praktische Methoden in der Magehdiagnostik.
v. Friedrich berichtet ĂŒber seine Erfahrungen mit dem Al-
kohol-ProbefrĂŒhstĂŒck, das er in Form von 300 cem einer 5 pro-
zentigen alkoholischen Lösung morgens nĂŒchtern gegeben hat:
Ausheberung Vt Stunde nach Einnahme. Die Methode hat nach
Verfasser so groĂe Vorteile gegenĂŒber dem Boas-Ewald'schen
ProbefrĂŒhstĂŒck, daĂ sie âin vielen FĂ€llen das ĂŒbliche. Probe-
frĂŒhstĂŒck verdrĂ€ngen" wird, was aber Referent nicht glaubt,
da bei dieser Methode die auch vom "Verfasser als Nachteil an-
gefĂŒhrte, aber zweifellos zu wenig hervorgehobene Beurteilung
der Chymifikation und des Schichtungsquotienten wegfÀllt. Auch
die angefĂŒhrten Krankengeschichten beweisen weder etwas fĂŒr
noch gegen die Methode; denn wenn bei einem Patienten, bei
dem schon die Anamnese auf eine maligne Pylorusstenose hin-
weist, bei dfT Palpation ein strangförmiger, höckeriger, ver^
schieblicher Tumor oberhalb des Nabels nachgewiesen wird, und
die Röntgendurchleuchtung trÀge Peristaltik in der Antrum-
40. Jahrg. â Nr. 4.
Aas den neuesten Zeitschriften
09
gegend, zeitweise Antiperistaltik und Elfstundenrest ergibt, so
bedarf es «weder des Nachweises von Cnrmin nach 11 Stunden
im Magen, noch ĂŒberhaupt einer Magenaushcberung, um die
Diagnose eines malignen Tumors zu stellen. Und daĂ auch bei
djeser Methode Fehldiagnosen trotz Carminrcsten vorkommen
können, zeigt Fall 4. Zur Feststellung von Retentionen hat
Verfasser abends dem Patienten 2 g Carmin in Oblaten ver-
abfolgt, nachher nichts mehr essen lassen und morgens nach
Alkohol-ProbefrĂŒhstĂŒck ausgehebert. Seine damit gemachten Er-
fahrungen faĂt Verfasser dahin zusammen, daĂ gröĂere makro-
skopisch sichtbare Carminmengen fĂŒr eine Störung der MotilitĂ€t
Sprechen; kleinere Mengen, flöckchenartig schwimmend, auĂer-
halb des Schleimes sollen fĂŒr Magenwanddefekte sprechen
(Ulcus, ulceriertes Ca). Anstelle des Abendessens empfiehlt
Verfasser im Notfalle dem Patienten abends Kartoffeln in der
Schale zu geben, da die Schalen den Pylorus schwer passieren,
aber beim normalen Magen nach 12 Stunden denselben verlassen
haben.
Ueber ein neues Schnupfcnmittel. I s a c s o n hat bei Ka-
tarrhen der Nasenschleimhaut mit starker Sekretion das Leni-
gallol mit gutem Erfolge angewandt; die Erscheinungen schwan-
den gewöhnlich schon nach 24 Stunden. Die Anwendung erfolgte
in Form einer 5â 6 prozentigen Lenigallol-Zinkpaste, die auf
einem Wattetampon in die Nase eingefĂŒhrt ĂŒber Nacht liegen
blieb, oder in Form eines 2% prozentigen Pulvers (Lenigallol-
Knoll 1.0. Zinc. oxvd. 9.0, Amvl. trit., Sacch. lactis aa 15.0).
Silbermann (Charlottenburg).
Medicinische Klinik.
25. Dezember 1921, 17, Nr. 52.
Die Mobilisierung in der Extremjtats Chirurgie. Tin m. Anton. Wien. 1571.
âŠZur Behandlung des Keuchhustens nach Violi. Kr «'h e. F. 1573.
Seltener Schwangerschaft«- und Geburtsverlauf beim kleinen Bechen fest-
gewaciisenen Uterus myomatosus. Nacke, Berlin. 1574.
Methodenwahl in der Röntgendiagnostik. Die unzweckmĂ€Ăigen und die zweck-
- dienlichen Wege. (SchluĂ aus Nr. 51.) Bordes. 1575.
âą.lieber vergleichende quantitative Fermentuntersuchunsen im Duodenalsaft und
den Faeces. zugleich eine. Kritik der Permentinitersuchungsmcthoden rm
Stuhl. Strsuss, Leo. 1577.
Geburtshilfe der Unfallstation. (SchluĂ aus Nr. 51.) Ru n g e. Ernst. 1579.
Zur Behandlung des Keuchhustens nach Violi. Reiche hat
die Resultate Sterns bei der Behandlung des Keuchhustens mit
dem Serum vaccinierter Rinder nachgeprĂŒft und kommt bei 19
geimpften FĂ€llen zu dem Resultat, daĂ diese Behandlungsart auf
die Zahl und Schwere der AnfÀlle, sowie auf den Ablauf der
Krankheit keinen EinfluĂ hat. Selbst das Absinken der charak-
teristischen Leukozytose konnte nur in einem Teile der FĂ€lle
beobachtet werden. Untersuchungen ĂŒber den spezifischen Ein-
fluĂ der Seruminjektion zeigten an fĂŒnf, 37â59 Tage nach der
Seruminjektion vaccinierlen Kindern, daĂ dieselben im besten
Falle nur einen sehr beschrÀnkten Impfschutz auslöst.
Silbermann (Charlotten bĂŒrg I
Deutsche medizinische Wochenschrift, Leipzig.
22. Dezember 1921, Nr. 51.
âŠUeber die Beeinflussung der oostenzephnilitischen Schlafstörung durch
temperatursteigernde Mittel. Lust. 1545.
âŠUeber F.ncepbalomyeli+is npidemiea. ihre Fonries frustes und ihre Be-
handlung. A I e x a n d e r. 1547.
Geher Iwlhseitige Uemstörung hei pontiner HomipHgie. D a et k a u. 1549.
⊠Ober die postoperative Leukozytose. Stahl. 1550.
âŠErfahrungen mit Vahren in der Chirurgie. Kaiser. 1551.
âŠUeber DuodenalsnĂŒlungen bei der perniziösen AnĂ€mie. R ö 1 1 n e r und
' W e r n e r. 1552.
Ueber die Behandlung hÀmolytischer AnÀmie mit Kollargol. Stein
Ii r i n e k. 1553, . .' âą
⊠Der lymphanrr.'Fscho Oanmcna.bszeà der oberen Front/.Àhnc und seine
Folgen. K i e s t a d t. 1554.
.lejunostomic bei Magenleiden. Alka n. 1555.
Zur FrĂŒhdiagnose des Typhus. R e h b e r g. 1556.
Tuberkuloscnnchweis durch verkĂŒrzten Tierversuch. O p p <: n Ii e i m c i . R.
Ergebnisse von TrĂŒncnsnckoperationcn nach Toti. I. a n g e. 1557.
Ein neues Aestlies ometer. Griesbach. 1559.
âŠUeber den Stand der Anschauungen vom Wesen der pnptischen Ma^en- und
DuodenalgeschwĂŒre. G r » Ii e r und K r Ă€ t z e i s c n. 1550.
Ueber die Beeinflussung der postenzephalitischen Schlaf-
störung durch temneratursteigernde Mittel. Im Anschluà an
Enzephalitis epidemica kann sich im SÀuglings- und snÀteren
Alter eine chronische Schlafstörung einstellen, gegen welche die
ĂŒblichen Schlafmittel nicht wirken. Wohl aber prompt, wenn auch
nur rein symptomatisch intramuskulÀre Milchinjektionen, wohl
zurĂŒckzufĂŒhren auf die Erhöhung der Körpertemperatur, wĂ€h-
rend deren Dauer eine narkotische oder sedative Wirkung bei
einem nicht ganz zweijÀhrigen Kinde anhielt. Dies isl aber
keine spezifische Wirkung der Milchinjektionen. Sie kommt viel
mehr allen tcmperalurcrhöhcnden Mitteln zu Cperoral, subkutan«!
Cl Na-Zufuhr, heiĂe RĂ€der und Packungen). Deshalb Vermutung
berechtigt, daà das hypothetische Schlafzentrum in nÀchster NÀhe
des WĂ€rmezentrums sitzt.
Ueber Enzephalitis epidemica, ihre Formen frustes und Ihre
Behandlung. Beobachtungen ausgesprochener Störungen im Re-
reiche des Zentralnervensystems als Folge der Grippeinfektion
Hier nur Erfolg bei möglichst frĂŒhzeitiger Behandlung und zwar
am besten mit Eucupinum basicum bei leichteren FĂ€llen und
Formes frustes 0,25 5 stĂŒndlich. Meist abortive Wirkung. In
einigen FĂ€llen in folgenden Tagen noch 3 â 4 mal Wiederholung
dieser Dosis. Bei schweren FĂ€llen noch Heilung mit Vucin ''je
100 cem einer 2°/00 Lösung in beide Oberschenkel eingespritzt),
aber nur wenn so frĂŒhzeitig wie möglich. Nebenher prophylak-
tische Behandlung von Herz- und Vagus-Störungen.
Ueber die postoperative Leukozytose. Ursache: die paren-
terale Resorption von EiweiĂ und die trotz aller aseptischen
Kautelen eintretende Infektion der Operationswunde.
Erfahrungen mit Yatren in der Chirurgie. Oertlich nicht
reizend, allgemein ungiftig, wÀrmebestÀndig, geruchlos, desodo-
rierend, gewebsanregend auch bei tuberkulösen Wunden, den
grĂŒnen Eiter beseitigend. Seine vielfach erwĂŒnschte Wasser-
löslichkeit erfordert hÀufige Erneuerung. ,
Ueber DuodenalspĂŒlungen bei der perniziösen AnĂ€mie. Emp-
fehlung an 'der Hand von. 6 FĂ€llen zur Beseitigung der hypothe-
tisch giftigen Produkte (nicht aber der UrsprungsstÀtte der Gift-
bildung).
Der lymnhangitische Gaumenabszefi der oberen FrontzÀhne.
Durch Infektion mit Vorliebe vom seitlichen Schneidezahn aus
entstehend, ohne unmittelbaren Zusammenhang mit dem Krank-
heitsherd. Durchbruch infolge der bekannten Derbheit der
Gaumenschleimhaut durch Einschmelzung des Knochens in die
Nase, bei Bestehen eines recessus palatinus in die Kieferhöhle.
Ueber den Stand der Anschauungen vom Wesen der pep-
tischen Magen- und DuodenalgeschwĂŒre. Hauptbedingung fĂŒr die
Entstehung: fokale Blutkreislaufstörung. Voraussetzung: Abson-
derung zur Verdauung geeigneten Magensaftes. SchÀdigende
Bedingungen: vasomotorische, hÀmodvnamische Zirkulations-
störungen, physikalische, chemische infektiöse Momente, die die
LebensfÀhigkeit der Schleimhaut in kleinen und kleinsten Be-
zirken beeintrÀchtigen. Modus: durch lokale Reizung oder zen-
trale oder perioherisch reflektorische Reizung des Nerven-
systems, allgemeine GefĂ€Ă- und HerzkrankheitszustĂ€nde. Die
Eigenart der sekretorischen Funktion des Magens, seine moto-
rische Unruhe, die Eigenart seiner Form, ungĂŒnstige ErnĂ€hrungs-
bedingungen im Gewebsbereich der GeschwĂŒre genĂŒgen allein
schon als Bedingungskomplex fĂŒr die ChronizitĂ€t eines Ulcus.
Dazu als steigerndes Moment die Reizung durch das Ulcus selbst.
In manchen beschrĂ€nkten FĂ€llen wird die Möglichkeit fĂŒr die
Heilung eines primÀren Magendefektes verschlechtert durch
allgemeine vielleicht konstitutionell bedingte anscheinend familiÀr
auftretende, also eingeborene FunktionseigentĂŒmlichkeiten des
GefĂ€Ănervenapnarates bezw. des viszeralen Nervensystems. Man
ist aber deshalb nicht berechtigt vom chronischen Magen- und
DuodenalgeschwĂŒr allgemein als von einer konstitutionellen
Krankheitserscheinung zu sprechen.
Abgesehen von den durch GefĂ€Ăarrosion, Wanddurchbruch
und Narbenenge bedingten Erscheinungen ist die allgemeine pro
gnostische Beurteilung des Duodenalulcus gĂŒnstiger wie frĂŒher.
Ferner stimmt die hÀufige Angabe, daà Ulcera duodeni besonders
gerne perforierten, zumal sie an der Vorderwand sĂ€Ăen, schon
deshalb nicht, weil sie nicht in sicherer Gegend an der RĂŒck-
wand sitzen. Der frĂŒher aufgestellte Unterschied in der Prognose
des ulens duodeni gegenĂŒber dem harmloseren ulcĂŒs ventriculi ist
lediglich Folge einseitigen Urteils an klinischem Material. Auch
hinsichtlich der Krebsbildung auf dem Boden eines peptischen
Ulcus bestehen falsche Ansichten: die krebsige Entartung von
ulcera ventriculi ist wahrscheinlich selten â die Uebergangs-
mögliehkcit von GeschwĂŒr in Krebs erscheint mit 3 â 5 Prozent
schon hoch die des Duodenalulcus ganz zweifellos extrem
selten v. S c h n i z e r
100
Aas den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 4.
Deutsche Medizinische Wochenschrift, Leipzig.
âą2!). Dezember 1921, Nr. 52.
âZum d llerelleseheu PhĂ€iiomui. Otto und Munter. 1079.
Die Tuhorkulinreaktion. R 0 s e n b a c h. 1581.
Herzmuskeltonus und tnetadiipnthcrische HerzlĂ€bmĂŒttk F r i e d e m a na
1581.
âl) â Regelung; der DaimtĂ€tiigkeit unter M itbeimtziing kleiner Mengen von
Atropin. A r n o 1 d i. 1583.
Das Blutbild :ils prinzipielle* I utevsuclumgsmittel am Krankenbett.
S c a i l 1 1 Ii g. ir>84.
Terpiehinbohandlung chronisch cnfzĂŒndUclicr gynĂ€kologischer Erkrankuwren
Seh w a r z. 1584.
Zur Frage der entziin Hieben GesĂhwĂŒistc der Mamma. G 1 Ă€ Ă. 1585.
I elier ein neues Antiiieuralgikuin âVeranion". Martin. 158C
Die Auswahl der AugenschutsglÀser. B 1 o c h. 1586.
Einige Lehren der QuÀkerspeisung. T u g e n drei C h . (i. i.">h7.
Zur Technik der Uroehromogeiireaktion. H a ĂŒ g. 1589.
Spielen die BlutplÀttchen hei den TodesfÀllen naeh der indirekten Blut-
ĂŒbertragung eine Rolle? Zelle r. 1590.
HautschÀdigung heim Neugeborenen durch Gonokokken. L i e b e. 1590.
l'ebcr Hutchinsonsehc ZÀhne. M » y <e r. 1590.
Wie lassen sieh starke Temperatursehwankungen in den BrutschrÀnken mit
Gasheizung vermelden? M e
17. Dezember 1921, 42, Nr. 50.
â Per Kolloidgehalt des menschlichen Harnes
b c r ĂŒ c r . F. 961.
I' r i Ii r a ni . H, und E i g c n
^iim d'Herellc'schen PhÀnomen
r s c b m i d t. 1591.
Die grundlegenden Be-
v â V ^1 INIUl^g^ilU^JI ut"
i unde d'Herelles werden bestÀtigt. Es gelang auch im Tier-
versuch die \urkung des âBakteriophagen" nachzuweisen, doch
Konnten bei Darmerkrankungen des Menschen (Ruhr, Typhus)
sichere und einwandfreie therapeutische Erfolge bisher nicht er-
zielt werden. Auf Grund der Tatsache, daĂ die Gewinnung des
wirksamen Agens mehrfach auch aus Kulturen allein gelang, und
auf andere Befunde hin wird angenommen, daĂ es sich bei
diesem PhÀnomen um die Wirkung eines an allei kleinste Bak-
terienteilchen gebundenen Fermentes handelt.
Die Regelung der DarmtÀtigkeit unter Mitbenutzung kleiner
Mengen von Atropin. Sowohl bei Obstipation wie bei Diarrhoe
ist das Darmnervensystem irgendwie mitbeteiligt. Atropin wirkt
vom Auerbach'schen Plexus aus erregend, bei LĂ€hmung der
Vagusendigungen beruhigend. Also kleine Mengen von Atropin
(K mg und weniger, im allgemeinen möglichst kurz gegeben,
entweder mit fol. Senna und Natr. bicarb. oder mil Opium. Fer-
tige PrÀparate: Kaiser Friedrich-Apotheke, Berlin: Sennatropin
und Opatropin. v Schnizcr.
Zeitschrift fĂŒr Ă€rztliche Fortbildung, Jena.
15. Dezember 1921, 18, Nr. 24.
Die biologische Syphilisdiiiagiiostik. Lange. C. 689. 6
âKopNcbmerz. MigrĂ€ne und ihre Behandlung durch lvoehsaUin.jekti.men.
Experimentelle und praktische Versuche ĂŒber die Steirlisierlurkeit von In-
.iekt.ionssprit7.cn. G u t f e 1 d Fr. v. 703.
Kopfsehmerz, MigrÀne und ihre Behandlung durch Koch-
salzinjcktionen. Peritz stehl auf dem Standpunkt, daĂ der Kopf-
schmerz nicht nur stets von Muskelkontraktionen begleitet ist,
sondern sogar am hÀufigsten als Folge einer autochthonen
Muskelerkrankung entsteht. Neben den meist herdförmigen
Myalgien, die vornehmlich im Trapezius, dem Sternokleidomasto-
ideus, m den Unterliegenden, kleinen Halsmuskeln und im Tempo-
ralis ihren Sitz haben, finden sich â besonders bei FettsĂŒchtigen
auch ausgedehnte Dermalgien der Schulter- und Nackenhaut
Die von Peritz seit 15 Jahren mit Erfolg angewandte Behand-
lung besteht in intramuskulĂ€ren Injektionen "von je 2â4 cem
steriler physiologischer Kochsalzlösung (mit Zusatz von 0,5
Novokain auf 100 cem der Lösung) in die myalgiscb erkrankten
Partien. Der hierbei empfundene Schmer/, gehl bald vorĂŒber,
gegen den 2â3 Stunden spĂ€ter auftretenden' Nachschmerz gibt
man nötigenfalls 0,3 Pyramidon. Durchschnittlich genĂŒgen
20â25 Einspritzungen in zweitĂ€gigen Intervallen, um die Kopf
schmerzen zum Schwinden zu bringen. Die gĂŒnstigsten Resultate
< rzielt man bei Kopfschmerzen nach einer schweren Grippe oder
anderen Infektionskrankheiten, bei den ErmĂŒdungskopfschmerzen
der Neurastheniker und der AnÀmischen. Die spasmophilen Kopf-
schmerzen erfordern neben der Kochsalztherapie eine Behand-
lung durch intravenöse Kalkinjektionen und Phosphorlebertran
L. Kanne r.
Zentralnlatt fĂŒr innere Medizin.
3. Dezember 1921, 42, Nr. LS
Sainrnelreferat ans dein Gebiete der Pharmakologie ( Juli-September 19213
Bach e m . C. 929.
10. Dezember 1921, 42, Nr. 19.
Der Kolloidgehalt des menschlichen Harnes. Im Harn sind
eine Menge verschiedener, schwer von einander zu trennender
Substanzen vorhanden, die kolloidalen Charakter haben und die
trotz ihrer geringen Menge eine hohe biologische Potenz be-
sitzen. Den Verfassern ist es gelungen, nachzuweisen, daĂ das
Kolloid des Menschenharns im Tierversuch hypnotisch und
miotisch wirkt, daà seine Injektion zur Bildung von Antikörpern
fĂŒhren kann und da Ă es bei wiederholten Injektionen zum Tode
der Versuchstiere Veranlassung geben kann. Die wirksamen
Substanzen zu charakterisieren ist schwierig; es dĂŒrfte sich zum
groĂen Teil um höhere EiweiĂabbauprodukte handeln, die weder
zu den Peptonen noch zii den Albumosen gehören.
Beschreibung der von Schemensky angegebenen, von
Verfassern modifizierten Methode der quantitativen Bestimmung
der Harnkolloide. Aus einer Reihe von Untersuchungen geht
hervor, daà erhöhte Kolloidwerte bei fieberhaften Erkrankungen,
Diabetes und bei Neoplasmen gefunden werden. Da bei diesen
Erkrankungen erhöhter EiweiĂabbau stattfindet, so kann man
in der Kolloidvermehrung einen Indikator fĂŒr die Aenderung
des EiweiĂabbaus erblicken. In frĂŒheren Arbeiten haben die
Verfasser die Ansicht ausgesprochen, die Kolloide könnten die
FĂ€higkeil haben, einerseits Zucker zu binden beim Diabetes,
andererseits mit der Entstehung des Komas in enger Beziehung
stehen. Nun hat Schmiedeberg nachgewiesen, daĂ bei
Diabetes der Zucker an EiweiĂabbauprodukte gebunden ist und
sich 'daher der Verbrennung entzieht. Verf. halten die Kolloide
fĂŒr die von Schmiedeberg als âdiabelogen" bezeichnete
Substanz. O. S. Tarnow Charlottenburg- Westend .
24. Dezember 1921, 42, Nr. 51.
âZu der Abhandlung: ..Zur physiognomischeu Erkenntnis der kongenialen
Syphilis in der zweiten und dritten Generalien, nbst ,il'_:emei ieii Sebluli-
folgerungen hieraus, von Dr. Trust und Mal ta Kraupa. K r a 0 z. 'S. 077.
Kongenitale Syphilis in der zweiten und dritten Generation.
Kraupa will bei der Sicherung der Diagnose kongenitale
.Syphilis in der 2. und 3. Generation mehr als bisher physio-
gnomische Merkmale, insbesondere die Zahnanomalien, herange-
zogen wissen. Zu dem Merkmal âZahnanomalien" nimmt Kranz
in seiner Arbeit Stellung. Wenn ĂŒberhaupt von fĂŒr Syphilis
pathognomonischen Zahnformen gesprochen werden soll, so
mĂŒsse man sich genau an die PrĂ€zision Hutchinsons halten,
wonach ĂŒberhaupt nur die oberen, inneren SchneidezĂ€hne mit
den bekannten VerĂ€nderungen fĂŒr die Diagnose kongenitale
Syphilis in Betracht zu ziehen seien. So ist z. B. Hypoplasie der
unteren SchneidezĂ€hne nur dann fĂŒr die Diagnose zu ver-
werten, wenn auch die oberen verÀndert sind. Entgegen
Kraupa 's Ansicht hÀll Verf. nicht jeden TrÀger eines Hutchin-
sonzahnes fĂŒr kongenital syphilitisch. Er bat solche ZĂ€hne
auch bei luesfreien Patienten gefunden. Auch von typisch
syphilitischen Stellungsanomalien könne nicht die Rede sein.
Verf. bestreitet auch, daĂ die VerkĂŒmmerung sĂ€mtlicher ZĂ€hne
ein charakteristisches Merkmal kongenitaler Syphilis sei: er hat
sie auch bei Rachitikern und tetaniekranken Patienten gesehen.
Hutchinson selbst sieht verÀnderte ZÀhne nur dann als
sicheres Zeichen einer kongenitalen Syphilis an, wenn sie mit
:'ls Teil der Trias auftreten. Verf. glaubt, daĂ alle Wachstums-
störungen in der Entwicklungsperiode, zu denen auch die Zahn-
und KieferverÀnderungen gehören, durch Bilanzstörungen im
Kalkstoffwechsel, die ihre Ursache wiederum in inneren DrĂŒsen
Störungen haben, bedingt sind. Nur dann wurden bei syphilitischen
Foeten- und Kinderleichen Störungen in der Zahnentwicklung
festgestellt, wenn zugleich auch innere DrĂŒsen erkrankt waren.
Von fĂŒr kongenitale Lues pathognomonischen Zahn- und
Stellungsanomalien kann deshalb keine Rede sein.
O. S. Tarnow (ChajTottenburg-Westend).
31. Dezember 1921, 42, Nr. 52.
Anreicherung in SĂŒss
Waehstnnisenergie
;en Medien zum Nachweis von Wenigst oder
rehemmten Keimen. H u n k in b 1 I e r , O.
ihrer
Stottern iiml Whma. S t e r n b t' r g . W. 946.
Zeitschrift fĂŒr
die gesamte Neurologie und Psychiatrie, Berlin.
21. Dezember 1921. 73. Heil 1â3.
Zur Analyse und Pathopsx chologie der BtvtÀfeii Bewegungsstörungen.
Foerster.O. 1
Zur pathologisch-anatomischen Differentiallingnuse der Parjlysis agitans und
der Huntingtnnseheii Chorea, t e v y . F. H. 170.
10. Jahrg. Nr. 1.
Aus den neuesten Zeitschriften
101
⊠Weitere Beitrage /tu Kenntnis dci Krlcdruieh-ilhnileheii lirunltheltsbllder.
S c Ii ci Ii . P, 188'.
âŠZur Frage der Iintersiuhung dei körperlichen LeistungsfĂ€higkeit bei Hirn-
verletzten. B n ]i p e r t. 289.
Enzephalitis lethargicn in dei Selbstbeobachtung. M ;i > e r- tu U . \V,
und S t 6i n 6 r , (1. 388.
Die Spli'oclmoton im Zentralnenensysteii] bei der Paralyse. -I a Ii u c 1 , F. 310.
Histologisches iur Frage der d'ffusen Hirnsklerose. X o u i> Ii r g e r . K. 3Sfl.
Weitere BeitrÀge zur Kenntnis der Friedreich-Àhnlichen
Krankheitsbilder. Beschreibung zweier Interessanter FĂ€lle. In
dem ersten handelt es sieh um ein der Friedreich'schen Ataxie
Àhnliches Krankheitsbild kombinierl mit AugenmuskellÀhmung
und Chorioiditis. Hierbei ist darauf hinzuweisen, daĂ bei Fried
reichscher Krankheit Augensymptome - abgesehen vom Nystag
mus auĂerordentlich selten sind. Der zvveile Fall, der auch
ein Friedreich-Ă€hnliches Bild hol, konnte anatomisch genau
untersuch! werden und wird als olivocercbellare Degeneration
kombiniert mit Degeneration der HinterstrÀnge gekennzeichnet:
Àtiologisch kommt hier mit Wahrscheinlichkeit hereditÀre Lues
in Betracht.
Zur Frage der Untersuchung der körperliehen Leistungs-
fĂ€higkeit bei Hirnveiietzten. Die experimentelle PrĂŒfung der
körperlichen LeistungsfÀhigkeit Hirnverletzter am Ergographen
fĂŒhrte zu folgenden Ergebnissen: die gewonnenen Kurven der
Hirnverletzten bieten im Prinzip dasselbe Bild wie die Kurven
ermĂŒdeter Normaler. Es kann aber nicht behauptet werden,
daĂ die Hirnverlelzten von vornherein als ErmĂŒdete an die
Leistung herangehen; sondern man muĂ sagen, daĂ sowohl die
betreffenden Hirnverletzten als auch die ermĂŒdeten Normalen
leistungsgeschÀdigt sind und daà die LeistungsschÀdigung sich
stets auf Ă€hnliche Weise Ă€uĂert. Durch die vorliegenden Unter-
suchungen wird erwiesen, daà ein jeder sein persönliches
L ei s t u n g s sy s t.em hat. Das zeigt sich, wie aus den mit-
geteilten Kurvenbilderu hervorgeht, sowohl in der Eigenart der
Leistungen wie der ErmĂŒdung. Jeder ermĂŒdet auf seine be-
sondere Weise. A. MĂŒnzer.
Zeitschrift fĂŒr ImmunitĂ€tsforschung und experimentelle
Therapie, Jena.
30. Dezember 1921. 33, Heft 4/5.
Antikörpeirbi'lduiig durch Transplantate. Oehikawa, K. 297.
Beziehungen zwischen Antigen und Antikörperbildung. Os bi ka w a . K. SOGi
Xeue Beobachtungen ĂŒber die Schutzwirkung des Liquors bei der MDastK-
roaktion. Preiser', K. und W eint r a u b . \. 317. ,
Zur Theorie und klinischen Verwendnarkeii der M< inicke-Reaktintt.
Bauer. R. und N y i r i . W. 325.
Untersuchungen ĂŒber unspezifische Reaktionen bei prĂ€zipitierenden Anti-
seren. M a n t e u f c I , P. und B <â r g e r . H. 348.
Ungleichartige ErnÀhrung als Ursache wechselnder Empfindlichkeit un I ver-
götterter antigener Eigensehaffen der Bakterien. (' n h n - B r o n n e r .
C. E. 375.
Differenzierung sÀurefester Bakterien imeii Untersuchungen am Augv.
S e i t z . A. 431.
Archiv fĂŒr Dermatologie und Syphilis, Berlin.
2. Dezember 1921. 136, Heft 3.
Ein Fall von essentiellen Teleangiektasien. F u c h a . Dura.
âŠUeber eine Impfnekrose. Voll m e r , E.
lieber mykotische Allgenieininfekl, unen bei Trichophytie und Mikrosporie
(Trichophytosen und Mikrospirose'n). Arst. Uieopold und V tt c h s ,
Herbert.
Der Chilblainlupus (Hutchinson), seine Pathogenese, Histologie und The-
rapie. F i s e h 1 . Friedrich.
Zur Pathogenese der netzförmigen Livedo bei Tuberkulose. F i s e h I (
Friedrich.
Ueber einen Kall von einseitiger, /.osteriformer Leukopathia K :âąâ d a k . A.
Atypische Formen der collinuierenden Hauttuberkuiose. \ i â â : , I.. u in
K u n i e r , L.
Ueber Partialantigcue nach Deyke-Much bei Hauttuberkuiose Fried', A.
Diffuse Hautinfiltrate im sekundÀren Stadium der Lu . s. S a \ ni'k i'anl.
Die Pigmentierung der Haut von Glrampus grises Cuv. KrĂŒge:-. Paul.
âŠZur Pathogenese der Trichophytide. J e Ă n e r . Max.
Beitrag zur Klinik der Urticaria. Hahn. L. und K r ii u p a , M.
âŠUntersuchungen ĂŒber die Aetliologie der Krankheiten der Herpesgrapp« IHer-
pes /.oster: Herpes genitalis: Herpes febrilis.) h i p s e U li t z B.
Ueber eine Impfnekrose. Wahrend im Jahre 1920 kein ein
|iger Todesfall in Folge von ImpfschÀdigung eingetreten ist. sind
pchtere ImpfschÀdigungen nicht allzuselten. So konnte / B
V. eine totale Nekrose der Impfstelle beobachten. Die Impl
stelle hatte zunÀchst keine Besonderheil gezeigt, erst 14 Tage
nach der Impfung verfÀrbte sich die Haut zwischen den Impf-
slrichen livide, sie wurde dunkler im Ton und eine zirkulÀre
AbsloĂung mit deutlicher Demarkationslinie begann. Nach Ab-
|tf>Ăung der Kruste lag die Muskulatur des Oberarmes Trei. FĂŒr
'las Zustandekommen der Nekrose gib! V, 2 Möglichkeiteil an;
entweder wurden die Lyniphspaltcn der Haut und die (.apillaien
zwischen den I Schnitten ganz durch die Lymphe ausgefĂŒllt; und
es kam so eine Absperrung der normalen ErnÀhrung der Ix
[reffenden Hautpartie zustande, oder es trat analog der Yei
Ădung von Angiomen durch Impfung eine Gerinnung der
arteriellen GefĂ€Ăe ein. die zu deren vollkommenen VerschluĂ
gefĂŒhrt hat,
Zur Pathogenese der Trichophytide. J. gelang es. 2 mal bei
Trichophytiekranken mit Hilfe des Kulturverfahrens den Nach-
weis von Pilzen im Blute zu erbringen: damit isl die vielfach
bereits angenommene hÀmatogene Verschleppung von Pilz
elementen erwiesen.
Untersitchungen ĂŒber die Aetiologie der Krankheiten der
lleipesgruppe. L. gelang es sowohl mit Material von herpes
zoster, wie auch von herpes febrilis wie auch von herp. genit. bei
Kaninchen Impfkeratitidcn zu erzeugen. Bei jeder dieser Kera-
titiden können KerneinschlĂŒsse festgestellt werden, die einander
zwar Ă€hnlich aber fĂŒr jede Zosterart doch streng charakterisier!
sind; Impfungen mit dem Virus des herp. febrilis ergibt keine
ImmunitÀt gegen Impfung mit Genitalherpes. L. bezeichnet
danach die Krankheiten der Herpesgruppe als âEinschluĂkrank-
heiten", Chlamydozoonosen, die durch neuro-dermotrope Erreger
verursacht werden. Bab (Berlin).
Zeitschrift fĂŒr Sexualwissenschaft, Bonn.
Dezember 1921, 8. Heft 9.
Die sogenannte Geschlcchtskr inkhoitenbokÀnipfung. S c Ii « o i s Ii e i in e r .
W. 276.
Frank Wedekinds Anschauungen ober SexualitÀt. D o Ii n u w . I'. 379.
Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen.
5. Heft.
⊠Dir Begutachtung der Lungentuberkulose auf Grand der Röntgenunter-
suchung. S c h i n z. 413.
Ein fĂŒr die Zwecke der praktischen Röntgenologie konstruiertes Snektro-
meter. M a r c h . St a u n i g u. F r i t i. 420.
Spaltbildungen am Schenkelhals und Knorpelfuge. M a > e r. 127,
Lympbogene I.ungeneareonose. L 0 r c n z. 430.
Zur klinischen und röntgenologischen Differentialdiiaguose des interlihÀren
Empyems. S i n g e r. 431.
l'cber Duodeuo-.Te.iunaldivertikel (Fortsetzung». .1 e b 1 e. 43(>.
FĂŒr Echinococcus gehaltene Nierensteine. K e v e s â /.. tin.
Der Xahelschnurkreuzhruch im Röntgenbilde. V o g t. 443.
âDie Röntgendiagnose der kindlichen BronchialdrĂŒsentuberkilnse. K r e t s e h-
m e r. 452.
Zur Frage der IrrtĂŒmer in der N ieretliteindiagliilĂŒtik . I. e Ii in a n n. HiO.
Die von A. Köliler beschriebene BrkranbuiiR des 2, Xletotarsus-Köpfehch»:
eine traannatische DeformitÀt. F r i e h e r. 462.
Die Dustellung der Hand in der Intbersinelerstelung. Stau Ii ig. 464.
âZum Verhalten des Blutdrucks nach Röntgenbestrahlung. S t t a U Ii. tiiT.
Ein Diveiitlikel an der Flexura duodeno.je.junalis durch Rönigen diagnostiziert
und operativ verifiziert. S a u 1 a d e r. 472.
Begutachtung der Lungentuberkulose auf Grund der Röntgen-
untersuchung. Schinz gibt uns unter BerĂŒcksichtigung aller
differentialdiagnostischer Punkte eine gute Uebersicht ĂŒber das
Röntgenbild der Lungentuberkulose. Er warnt eindringlich, aus
einseitigen Symptomen eine Lungentuberkulose zu diagnostizieren.
Die Röntgendiagnose der kindlichen BronehialdrĂŒsentuber-
kulose. Kretschmer liefert im allgemeinen eine BestÀtigung
der unveralteten Untersuchungen Engels, Köhlers und von
AĂmann. WĂ€hrend die klinischen Untersuchungsweisen bei
der kindlichen BronchialdrĂŒsentuberkulose in vielen FĂ€llen im
Stich lassen, haben wir in der Röntgendurchleuchtung und
Plattenanfnahihe ein sicheres Beweismittel, um auch im frĂŒhesten
Stadium die Krankheil zu erkennen.
Zum Verhalten des Blutdrucks nach Röntgenbestrahlung.
StrauĂ kommt auf Grund seiner Versuche zu folgendem
Ergebnisse: Die klinischen Betrachtungen haben bis jetzt keine
Unterlage dafĂŒr abgegeben, dafi eine Nebennierenbestrahlung
einen krankhaft erhöhten Blutdruck herabsetzt und die hierĂŒber
angestellten Tierversuche sind teilweise unrichtig gedeutet, teil-
weise direkt zu SchluĂfolgerungen nicht ausreichend.
Michaelis.
Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
3t. Dezember 1921. 48, Nr. ö2.
»S»E.\»t rpation der Magenstrulic. Bauer. H. 1889.
Operation der eingeklemmten Hernia ohturatoria. Franke. 1893.
102
Ans den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 4.
Ueber die Exstirpation der MagenstraĂe. Alle typischen
Ulcera rotunda haben ihren Sitz in der sogen. âMagenstraĂe",
entlang der kleinen Curvatur. Daher liegt die schon mehrfach
geĂ€uĂerte Forderung sehr nahe, beim MagengeschwĂŒr die ganze
MagenstraĂe und damit die ganze GeschwĂŒrsregion zu exstir-
pieren. Von dem Gedanken ausgehend, daĂ der Organismus aber
eine ausgesprochene Tendenz hat, kĂŒnstlich ungangbar gemachte
physiologische Wege â wie also auch die MagenstraĂe â wieder
nachzubilden und gangbar zu machen, prĂŒfte Verf. die Folge
der MagenstraĂenexstirpation an Hunden. Die Resultate waren
folgende: 1. die Exstirpation der MagenstraĂe ist ohne nennens-
werten Belang fĂŒr Bau und Funktion des Magens. 2. in 3 nach
3 â 1 Monaten autoptisch gewonnenen MĂ€gen hat sich wieder ein
LĂ€ngsfaltenweg entlang der kleinen Curvatur von der Cardia
bis zum Pylorus in Form einer neuen MagenstraĂe gebildet.
3. bei EinfĂŒhrung kleiner Mengen Salz- bezw. SchwefelsĂ€ure in
den Magen treten die HauptverÀtzungen entlang der neugebildeten
MagenstraĂe auf. â Aus Punkt 2 und 3 ist also zu schlieĂen, daĂ
die mechanisch-dispositionellen Momente zur Ulcusbildung einige
Monate nach der Exstirpation der MagenstraĂe wieder gegeben
sind. K. Wohlgemuth (Berlin).
Deutsche Zeitschrift fĂŒr Chirurgie.
November 1921. 167, Heft 1â2.
BeitrÀge zur Kenntnis der retrograden Inkarzeration. Polya. E. 1.
âąi»Dic Ursachen der angeborenen Schief haisei krankung. Schubert, A. 32.
Kongenitale mediale und laterale Halsfisteln. Bliesen. C. 61.
âUeber die Hypertrophie der VorsteherdrĂŒse. Niemeyer. R. 65.
Ueber die diffuse Fibromatose der Mamma und ihren Ucbergang in Karzinom.
S u k o w s k y , A. 81.
Zur Operation des perforierten MagengeschwĂŒres. N ö t z e 1. 116.
Zur Kasuistik des Darmverschlusses, inf. innerer Einklemmung in einer
MesenteriallĂŒcke vind ĂŒber den Volvulus des Sanduhrmagens.
Sohn, A. 124.
âVerfahren zur Erzielung der Kontinenz bei Anus praeternaturalis. Kurl-
zahn. 129.
Die Ursache der angeborenen Schiefhalserkrankung. Inwie-
weit die Ansicht des Verf., der muskulÀre Schiefhals beruhe auf
einer primÀren SchÀdigung des zentralen Nervensystems, zu Recht
besteht, soll hier nicht kritisch untersucht werden, zumal ein
direkter anatomischer Nachweis nicht erbracht wird, vielmehr
die aufgestellten Theorien sich gröĂtenteils aus vergleichender
Literaturbetrachtung oder den Nachuntersuchungen an 20 FĂ€llen
operierter SchiefhÀlse herleiten. ErwÀhnt sei nur, daà die
vom Verfasser abgelehnte Tatsache postoperativer Korrek-
tur der stets vorhandenen SchÀdelskoliose jedem OrthopÀden
durch praktische Erfahrung bekannt ist, wie sie sich auch seit
langem in den LehrbĂŒchern der OrthopĂ€die bestĂ€tigt findet. Hier
sei vielmehr der Forderung des Verf., jeden muskulÀren Schief-
hals so frĂŒh wie möglich zu behandeln, d. h., in den allermeisten
FĂ€llen operativ und zwar mittels einfacher offener Tenotomie
oder teilweiser Resektion des verkĂŒrzten Muskels, aufs nach-
drĂŒcklichste zugestimmt.
Ueber die Hypertrophie der VorsteherdrĂŒse. Verf. nimmt
auf Grund pathologischer Untersuchungsbefunde an 35 hyper-
trophischen VorsteherdrĂŒsen Stellung zur umstrittenen Frage
nach dem Wesen derartiger Erkrankungen. Makro- und mikro-
skopische Untersuchungen ergaben ungefÀhr folgendes Bild: bei
geringgradigen VerÀnderungen handelt es sich um kompensato-
rische Hyperplasie infolge seniler Involution; hochgradigen Ver-
Ă€nderungen liegen Tumoren zu Grunde und zwar meistens Fibro-
myoadenome. Die Prostatahypertrophie ist hÀufig durch ent-
zĂŒndliche VorgĂ€nge kompliziert. Diese sind aber, ebenso wie
die Atherosklerose, nie die Ursache der Erkrankung. Die Auf-
fassung des Verf. nÀhert sich demnach der Virchow'schen Lehre
vom Geschwulstcharakter der Prostatahypertrophie und die mit-
sei eilten Tatsachen mögen daher als BeitrÀge und Fingerzeige
hinsichtlich der Aetiologie der Tumoren gelten.
Verfahren zur Erzielung der Eontinenz bei Anus praeter-
naturalis. Die erheblichen Beschwerden infolge fehlender Kon-
tinenz bei operativem Sphinkterverlust lassen Methoden not-
wendig erscheinen, letzteren durch Schaffung eines Ersatzes aus-
zugleichen. ZunÀchst empfiehlt es sich, den Anus praeternaturalis
als Anus iliacus anzulegen zwecks besserer Erreichbarkeit zur
SĂ€uberung usw. fĂŒr den Patienten als es beim Anus sacralis oder
perinealis der Fall ist. Es werden sodann einige Verfahren
mitgeteilt, die in vorteilhafter Weise einen guten VerschluĂ des
kĂŒnstlichen Afters gewĂ€hrleisten. Einmal wird der Darm
zwischen einer Ă€uĂeren Pelotte und einem im operativ herge-
stellten Hautschlauch befindlichen Gummistab zusammengedrĂŒckt
In einem weiteren Falle wurde die starre Kompression durch
Einschaltung eines Bruchbandes, an dem sich die genannte Pe-
lotte befand, vermieden. SchlieĂlich gelang es bei einem weiteren
Patienten mittels Hautplastik ein 5 cm langes, penisartiges Ge-
bilde herzustellen, das allseitig von Haut bedeckt in seinem
Innern das ausfĂŒhrende DarmendstĂŒck beherbergte und leicht
durch eine Klemme verschlossen werden konnte.
L. Frosch (Berlin).
Zeitschrift fĂŒr orthopĂ€dische Chirurgie.
1921. 42, 2. Heft.
âEin Beitrag zur pathologischen Anatomie und Klinik der Spina bifida occulta
auf Grund von Sektionsbefunden an Leichen Neugeborener,
v. F i n c k. 65.
Das Skoliosebecken. R e i j s. 87.
Eine sonderbare Knochenbildung am Femuramputationsstumpf. Sorge.
Ein Beitrag zur pathologischen Anatomie und Klinik der Spina
bifida occulta auf Grund von Sektionsbefunden an Leichen Neu-
geborener. Die Ergebnisse der genauen Untersuchungen an zahl-
reichen Leichen sind hinsichtlich der pathologisch-anatomischen
VerhÀltnisse im Original nachzulesen. Praktisch wichtig sind
die SchluĂfolgerungen fĂŒr die klinische Anwendung: man unter-
suche vor allem den Zustand der DornfortsÀtze, ob rudimentÀr
oder fehlend, bezw. ob sich in letzterem Fall ein knöchener oder
weicher Widerstand ergibt. Auch die Unterscheidung von Haupl-
oder Endwirbeln bei der Untersuchung ist wichtig, ebenso das
Alter des Kranken. Die so gewonnenen Ergebnisse ermöglichen
die PrÀzisierung der Prognose. Diese ist zweifelhaft, wenn sich
der Defekt am Hauptwirbel findet, ebenso Narbenbildung in-
mitten eines hypertrichotischen Feldes. L. Frosch (Berlin).
Zeitschrift fĂŒr urologische Chirurgie, Berlin.
15. Dezember 1921. 8, H. 3â4.
Pathologie der colliculus seminalis. Brack 67.
Blutbestimmung im Harn bei HĂ€maturie. Schiller. 76.
Ischiorektale Prostatektomie. Orth . Oskar. 83.
EinfluĂ der Epidydektomie auf die Prostata. W a 1 t h a r d. 87.
«{âąUnterbrechung der Samenwege. W e h n e r , E. 113.
Altes und Neues ĂŒber die Folgen der Unterbrechung der
Samenwege fĂŒr Hoden und Prostata. Verf. hat an Kaninchen
die Steinach'sche Operation (Unterbindung der Samenwege zwi-
schen Hoden und Nebenhoden) vorgenommen, um die morpho-
logischen VerÀnderungen am Hoden und die Fernwirkung auf die
Prostata zu untersuchen. Steinach fand nach der Unterbindung
eine weitgehende RĂŒckbildung der âSamendrĂŒse'1 (wie er den
generativen Anteil des Hodens nennt) und lebhafte Wucherung
der âPubertĂ€tsdrĂŒse" (der Zwischenzellen); selbst in dem nicht
ligierten Hoden fand St. eine Wucherung der PubertĂ€tsdrĂŒse auf
Kosten der SamendrĂŒse. Die bisher vorliegenden experimentellen
Nachuntersuchungen haben diese Befunde nur teilweise bestÀtigen
können. Verf. fand, wenn er die Ligatur beim infantilen Tier,
das noch keine Spermatogenee zeigte, vornahm, eine schwere
SchÀdigung des generativen Hodenanteils; eine auffallende Ver-
mehrung des Zwischengewebes war nicht festzustellen. Wurde
die gleiche Operation beim geschlechtsreifen Tier vorgenommen,
so war der Befund aber ein ganz anderer; makroskopisch war
der Hoden betrÀchtlich verkleinert; mikroskopisch zeigte sich
eine noch stÀrkere SchÀdigung des KanÀlchenepithels als bei
den unreifen Tieren ohne jede Regenerationszeichen; das inter-
stitielle Gewebe lieĂ eine geradezu geschwulstarlige Wucherung
erkennen. â Aus diesen Befunden zieht Verf. den SchluĂ, daĂ es
sich nicht â wie Steinach meint â um eine âNeubelebung" der
PubertĂ€tsdrĂŒse handelt, sondern daĂ diese enorme Wucherung
des Zwischengewebes lediglich auf eine MĂ€stung mit den abge-
bauten Substanzen des generativen Hodenanleils zurĂŒckzufĂŒhren
ist. â In der Ă€uĂeren Entwicklung der Tiere konnte keine be-
sondere VerÀnderung festgestellt werden.
Wenige Wochen nach Unterbindung der Samenwege fand
Steinach ein neues starkes Wachstum der Prostata. Diese
so war der Befund aber ein ganz anderer; makroskopisch war
worden. Verf. fand bei seinen Versuchen mit infantilen Tieren,
daĂ die Prostata nach der Operation makroskopisch und mikro-
skopisch auf dem infantilen Zustand verharrte; bei den ge-
schlechtsreifen Tieren war makroskopisch gar keine VerÀnde-
rung wahrnehmbar, mikroskopisch konnte nur eine geringe Se-
kretionsverminderung der ProstatadrĂŒsen festgestellt werden.
Von irgend einer ..Hypertrophie", einer Bindegewebswucherung.
10. Jahrg. â Nr. 4.
Aus den neuesten Zeitschriften
einer Vermehrung der glatten Muskulatur oder sonstigen progres-
siven VerÀnderungen war nichts zu hcmerken.
K. \V o h 1 g e in u l h (Berlin).
Zentralhlatt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
31. Dezember 1921, 45, Nr. 52.
Ein Fall von Netzlymphangiectasicn als Begleiterscheinung ciucs erweichten
Utcrusfibroms. Tranen -Keiner. M. 1861.
«t»Zur Behandlung entzĂŒndlicher Adncxerkraukungen mit Terpcutineinspritzun-
gen. Uollendall. H. 1864.
Zur Behandlung entzĂŒndlicher Adnexcrkrankungcn mit
Terpentineinspritzungen. Entgegen den zahlreich veröffentlichten
guten Erfolgen mit Terpichin bei entzĂŒndlichen Adnexerkrankun-
gen teilt H. mehrere FĂ€lle von akuter Adnexerkrankung mit,
bei denen die Terpichintherapie völlig versagt hat. In 4 FÀllen
konnte die Wirkungslosigkeit des Terpichins durch die Laparo
tomie festgestellt werden. Auch akute NachschĂŒbe bei chroni-
schen Prozessen konnten durch Terpichin nicht verhindert wer-
den, und besonders die entzĂŒndlichen Adnex blutungen waren
durch das Mittel, das jeden 2. Tag bis zu 10 mal eingespritzt wurde,
nicht immer zum Stehen zu bringen. Speyer (Berlin).
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
28. Dezember 1921, Nr. 51.
<i»Endokranielle Operationen gegen die Fazialis-Neuralgie. Jentzer, A. 1177
Zur Frage der geographischen Verbreitung und poliklinischen Behandlung
der Epilepsie. W y r s c h , J. 1182.
Beitrag zum Morbus Banti. Opp recht. ÂŁ. 1189.
Wirkung von Oraugen-Schalea-Destillat auf Gallensteinaffektionen.
Seiler. 1191.
Endokranielle Operationen bei hartnÀckigen Gesichts-
Neuralgien. Rose und Krause waren die ersten, die den Mut
hatten, den Trigeminus im SchÀdelinnern selbst anzugreifen. Sie
ĂŒbten die Exstirpation des Ganglion Gasseri und zeitigten in
20 jÀhriger Praxis manchen unbestrittenen Erfolg. Jetzt taucht
eine von dem amerikanische Neurologen Spiller angeregte, neue
Methode auf; sie besteht in der einfachen DurchschneiĂŒung der
Wurzel des Trigeminus zwischen Ganglion und Protuberanz.
Man könnte sie retroganglionÀre Neurotomie nennen. Diese
Methode bietet in Bezug auf Radikalheilung ebensoviel GewÀhr
wie die Gasserektomie, ist technisch einfacher und fĂŒr den Pat.
gefahrloser, d. h. nur in der Hand eines Chirurgen, der n
operativen Eingriffen am SchÀdel vertraut ist. Technische Vor-
ĂŒbungen an der Leiche sind unerlĂ€Ălich. Nach ausfĂŒhrliche*-
Wiedergabe der Technik teilt Verf. 2 FĂ€lle aus seiner eigenen
Beobachtung mit. Der 1. Fall interessiert aus verschiedenen
GrĂŒnden. 1. die Grundlage der Neuralgie bildete eine Kompres-
sion der Nerven durch zahlreiche HĂ€mosiderinablagerungen,
Dieser Befund wurde vom Pathologen an dem resezierten Nerven
erhoben. 2. Die Heilung des Pat. beweist, daĂ nicht nur die
peripheren, sondern auch bisweilen die zentralen Neuralgien
einer chirurgischen Behandlung zugÀnglich sind. 3. Die Tat-
sache, daà der durch zwei anderweitige Operationen erschöpfte,
unterernĂ€hrte Pat. den Eingriff gut ĂŒberstanden hat, zeigt zur
Evidenz, daĂ diese Operation keinen bemerkenswerten Schock
erzeugt. An dem 2. Fall ist zu konstatieren, daĂ die anlilue-
tische Behandlung miĂglĂŒckte, obwohl nach anamnestischen
Daten vieles an eine Neuritis luetica denken lieĂ. Der Pat., der
seit mehr als einem Jahr Insasse des Siechenhauses war, konnte,
dank der beschriebenen Operation, geheilt der menschlichen Ge-
sellschaft zurĂŒckgegeben werden.
Periphere chirurgische Eingriffe, wie Durchschneidung, Re-
sektion, Ruptur und HerausreiĂen der erkrankten Aesle, sollten
aus der modernen Behandlungsweise verschwinden. Abgesehen
von entstellenden Narben, die sie im Gefolge haben, ist man
vor RĂŒckfĂ€llen oder MiĂerfolgen nie sicher. Wir besitzen in
der Alkohol-Injeklionsmelhode eine elegante Behandlungsart, die
gute Resultate liefert. Hat die Neuralgie das ganze Trigeminus-
gebiet erfaĂt, so wird der Alkohol an der SchĂ€delbasis injiziert,
besser noch in das Ganglion selbst. Diese Injektionen erfordern
eine besondere Meisterschaft und sind daher Spezialisten Àuf
diesem Gebiet zu ĂŒberlassen. Bei denjenigen Neuralgien, die
auch der Alkoholbehandlung trotzen, ist man auf endokra-
nielle chirurgische Eingriffe angewiesen. Da nun erweist sich
die retroganglionÀre Neurotomie als eine der sichersten Ope-
rationen bezĂŒglich des unmittelbaren Resultats, als eine der er-
freulichsten Aquisitionen der Nervenchirurgie in den letzten
15 Jahren. K. Held (Berlin).
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
29. Dezember 1921, Nr. 52.
GhUlensteinlelden. Michaud, L. 1201.
Chirurgie der ĂaHenweKc. Hotz, O. 1214.
Chirurgie der Ăalleuwege. 11 c n s c h e n . K. 1228.
Courvoisiers Anteil au der Entwicklung der Chirurgie der (iiillcmvege.
V e i 1 1 o 11 , E. 1240.
âąHJe/ber Starkatromverletzungen. J ae gc r, II. 1200.
Antethorakale Oesophagusplastik. F o n i o. 1261.
l'artiellc liumerusrcscktiou. Jentzer, A. 1261.
Zwei- und Mehrte. Jung der l'atella. O d e r 111 a 1 1 , W. 126a.
Ueber ein doppelseitiges, latentes chronisches I'leuraempycin. Schwei-
zer, B. 1264.
Apparat zur Behandlung der Humerusfrakturen. I'a'schoud. H. 1260.
Kystoinata ovarii permagua. B a u in a n n . E. 1272.
Ueber Starkstromverletzungen. Mit der wachsenden technischen
Bedeutung der ElektrizitÀt wachst auch , die medizinische; denn
aus der UbiquilÀt der elektrischen Anlagen ergibt sich die
UbiquitÀt der elektrischen GelÀhrdung. In der technischen
ElektrizitÀt wird unterschieden zwischen Schwach- und Stark-
stromanlagen, wobei man erstere als Anlagen definiert, Bei
denen normalerweise keine Ströme auftreten, die fĂŒr Personen
oder Sachen gefÀhrlich sind. Die GefÀhrdung durch den Strom
wird also zum Einteilungsprinzip erhoben. Die ElektrizitÀt wird
fĂŒr den menschlichen Körper gefĂ€hrlich, wenn sie denselben
durchströmt. Die dynamische ElektrizitÀt also ist allein gefÀhr-
lich, die statischs ist harmlos. Neben gröĂerer Spannung, Wider-
stand und StromstÀrke hÀngt der animalische Effekt eines
Stromes auf den Organismus noch von folgenden Faktoren ab:
1. Wechselstrom ist gefÀhrlicher als Gleichstrom. (*h der Praxis
kommen meist nur noch Wechselstromanlagen vor); 2. Geringe
Periodenzahl des Wechselstroms ist gefÀhrlicher als hohe. (In
der Praxis zeigen unsere technischen Ströme meist 50 Perioden.)
3. Langer Kontakt ist gefĂ€hrlicher als kurzer, groĂe Kontakt-
flÀchen gefÀhrlicher als kleine. 4. Der Ort des Stromeintritts und
damit die relative Dichtigkeit des Stromes in den einzelnen
Organen (Medulla oblongata, Herz) ist wesentlich fĂŒr die Ge-
fÀhrdung. Die Hemmung der nervösen Zentren geschieht bei
groĂer Stromdichte, diejenige des Herzens jedoch bei geringer
Dichtigkeit. 5. Somatische EinflĂŒsse im einzelnen Individuum
erhöhen die GefÀhrdung, so vor allem nach den bisherigen Er-
fahrungen der Status thymo-lymphaticus. 6. Psychische Momente
spielen eine groĂe Rolle. Die Ueberraschung durch den Strom
verstÀrkt den animalischen Effekt, die psychische Bereitschaft,
die Erwartung des Stroms schwÀcht denselben ab.
Das klinische Bild der Starkstromverletzung ist charakteri-
siert durch eine auĂerordentliche Vielgestaltigkeit, die sowohl die
primÀren Symptome, wie den Verlauf und die SpÀtbilder betrifft.
Sie ist in erster Linie bedingt durch die Mannigfaltigkeit der
Unfallsituation, in zweiter Linie durch das Zusammenwirken der
verschiedenen Energieformen, indem sich elektrolytische, ther-
mische und mechanische Wirkungen des Stroms kombinieren und
durch Vorherrschen der einen Komponente das Bild variieren
können. Bei der Starkstromverletzung zeigt sich aber anderer-
seits soviel Typisches und GesetzmĂ€Ăiges, daĂ es beim elek-
trischen Traum » wie bei kaum einem anderen möglich wird, die
Unfallsituation zu rekonstruieren. Das wichtigste Allgemein-
symptom ist der âelektrische Schock", d. i. der meist mit dem
Durchtritt des Stroms einsetzende BewuĂtseinsverlust. Er ist
dem Bild der Commotio cerebri analog, besonders auch durch
die beiden gemeinsame retrograde Amnesie und die folgenden
psychotischen ZustÀnde. Zu den Lokalsymptomen gehören
a) die Strommarke, die elektrische Verbrennung, b) das elek
trogene Emphysem, c) die Epidermolyse, d) das elektrogene
Oedcm, e) die PrimÀrnekrose ganzer ExtremitÀtenabschnitte.
Zu den Fernsymptomen gehört die SchÀdigung der inneren Or-
gane; sie sind wohl vorwiegend als Toxinwirkung aufzufassen,
sind Produkte des starken EiweiĂzerfalls im Körper. Von den
typischen Komplikationen im Verlauf der Starkstromverletzung
seien folgende hervorgehoben: die fortschreitende Nekrose, die
Gefahr der Nachblutung, der Verlauf mit Infektion, die SchÀdel-
verlttzung mit nachfolgender eitriger Meningitis. Unter den
SpÀtbildern verdienen besondere Beobachtung die Störungen des
Nervensystems. Seit Jellineks pathologisch-anatomischen Be-
funden gelten die nervösen Symptome der elektrischen Ver-
letzung nicht mehr als rein funktionell. Auf die SpÀtschÀdi-
gung der Augen z. B. Cataract, sei nur hingewiesen.
Die GefÀhrdung durch elektrischen Strom hat mit zunehmen-
der Kenntnis und Erfahrung von ihrer RÀtselhaftigkeit verlören.
Wir kennen seine Gesetze, wenn auch noch nicht die letzten Ur-
saenen seiner biologischen Wirkungen, haben aber damit bereits
die Handhabe, uns vor ihm zu schĂŒtzen. K. Held (Berlin).
104
Aus den neuesten Zeitschriften
Kl. Jahrg. Nr. I.
Acta Chirurgien Scandinavica, Stockholm.
21). Dezember 1921, 54. Nr. :;.
<$>Uebci das eerebellare Uokaiisatdonspröblein. Experimentelle Untersuchungen
Tr o e 1 1 , A. und Hesser. U. 411.
Fistulae jejuno-colieac pept.cae. Hellst rö tu , N. 2s?.
Fahrbares Bett. 0 r <â I I . S. 302.
I ober das cerebellarc Lokalisationsproblem. Experimentelle
Untersuchungen. Die Verlasser prĂŒfen in der Arbeil Bolks
interessante Theorie ĂŒber die cerebellare Lokalisa lion nach, die
dieser auf der Basis seiner vergleichenden Untersuchungen ĂŒber
die .Morphologie des Kleinhirns aufgestellt hat.
Die durch Operationen an vorwiegend Katzen, aber auch
Hunden gewonnenen Ergebnisse sind: fĂŒr den Lobulus ausifor-
mis Grus I Lokalisation der Muskeln der gleichseitigen vor-
deren ExtremitĂ€t, Grus II Gentra fĂŒr Synergien der gleichseitigen
vorderen wie hinteren ExtremitĂ€t. FĂŒr den Lobulus parame-
dianus funktionelle Relation zur ExtremilÀtenmuskulatur. be-
sonders zu bestimmten Muskelgruppen des gleichseitigen Vorder-
beins, aber auch zu bestimmten Muskelgruppen des Halses und
Rum pfes.
LĂ€sionen des vorderen Teiles des Lobulus medianus ergaben
keine Gentren von integrierender Bedeutung fĂŒr die Regulierun:;
und (Koordination der bilateralen' synergischen Bewegung der
ExtremitĂ€ten, wohl aber Schwierigkeil fĂŒr das Gleichgewicht.
Die Formatio vermicularis hat funktionelle Korrelation zur
Rumpfmuskulatur, auch wahrscheinlich EinfluĂ auf Hals-.
RĂŒcken-, ExtremitĂ€ten- und Augenmuskulatur.
Die Verletzungen des Lobulus simplex ergaben mehrdeutige
Symptome, die wohl nicht ausschlieĂlieh auf das Gebiet zu be-
ziehen waren.
Die Verletzungen des Lobulus posterior stellen neben den
Störungen in der grauen Rinde auch Verletzungen der weiĂen
Substanz dar und egraben somit auch Assoziationsstörungen.
Der Lobulus anterior ergab durch die entstandenen Symp-
tome einen direkten Einfluà auf die Rumpf- und ExtremitÀten-
muskulatur und keinen ausschlieĂlichen fĂŒr die Muskelgruppen
des Kopfes und der Halsmuskeln.
Die Erfahrungen widersprechen also in vielen und wesent-
lichen Punkten der Lehre Bolks. Ja, fĂŒr Katze und Hund ist sie
prinzipiell unrichtig. Cordes (Berlin).
II Polielinico, Rom.
5. Dezember 1921, 28, Nr. Ii).
âąJtArsentherapie; liuhe Dosierung bei Nerven- und Geisteskrankheiten. B i
C n 0 Ii i . Gr. 1640.
Hochdosige Arsenkuren bei einigen Nerven- und Geistes-
krankheiten. Verfasser verwandte in 2 FĂ€llen von Tarkinson-
scher Erkrankung und in einem Fall von progressiver Paralyse
hohe Arsengaben von Natrium Caleodylicum, die in beiden ersten
FĂ€llen innerhalb 14 Tagen von 25 Gentigramm bis 2.00 bezw.
3.00 g stiegen und im Falle der progressiven Paralyse im
ganzen 22 g betrugen. WĂ€hrend bei der progressiven Paralyse
keinerlei Fortschritte und Besserung erzielt wurden, zeigte die
Therapie sich gĂŒnstig in den anderen FĂ€llen, in Form einer
Besserung des Allgemeinbefindens. Nephritiden, Herabsetzung
des Blutdrucks wurde in keinem Falle beobachtet. Mit der Ver-
wendung und Empfehlung der Arsenkur bei Nervenkrankheiten
bringt der Verfasser mit Ausnahmebeobachtungen bei hohen Do-
sen nichts Neues. Ger des (Berlin).
12. Dezember 1921, 28, Nr. 50.
(iastroenterostomie mit AusschluĂ des I'ylorus bei Karzinom des Magen-
darmkunals nach Parlavecchio. C a m i n i t i - V i n c i , G. 1684.
Chronische Pankreatitis nach Magenulcus. M a 3 c i . B. 1685.
Muskeiatonie der. Kehlkopfs ei Malaria. Pa nsdni, G. 1688.
Rivista di Clinica Pediatrica, Neapel.
1921, 19, Nr. S.
â Klinischer Wert der Ăriippen.-igglutinntion bei der Tvohusiiifektiou der
Kinder. C a f f a r e n a . D. 449.
âąJ'Laktotherapic beim Typhus und Paratyphus. (' a n e 1 I i , A. F. to.'i.
Ueber den klinischen Wert der Gruppenagglutination bei dem
Typhus der Kinder. Verfasser hat Untersuchungen ĂŒber das
Verhalten der Agglutination auf Paratyphus A und B bei Kinder-
typhus angestellt; die angewandte SerumverdĂŒnnung war 1 : 50;
die Agglutination wurde dem Grade nach in minimale, mittlere
usw. geschieden: nur in einzelnen FĂ€llen wurde bis 1:250 aus
geWertet; die Agglutination wurde slets mikroskopisch geprĂŒft.
\'on 152 Kranken zeigten 83 % eile Gruppenreaktion, und zwar
42% fĂŒr A und B, 21% lĂŒr A allein und 18% fĂŒr B allein. Die
Typhen mit doppelter Gruppenagglutination dauerten im Mittel
oo Tage, die mit einlacher S5 Tage, die. ohne solche 22 Tage je
lÀnger die Dauer, desto stÀrk er war die Reaktion. Stellt man
das Stadium incrementi und die Akme als erste Periode dein
Stadium decrementi als zweite gegenĂŒber, so ergibt sich, daĂ bei
den Kranken mit Gruppenreaktion die zweite wesentlich ver-
lÀngert ist. Es zeigt sich ferner daà sich unter den hochfiebern
den Kranken in ĂŒnerwiegendem Prozentsatz starke Gruppen-
agglutinationen linden und zwar hauptsĂ€chlich' fĂŒr B, die mit nie-
drigem Fieber zeigen umgekehrte VerhÀltnisse. Die Typhen mit
Gruppenreaktion zeigten weit öfter Rekrudeszenzen als die ohne
solche, die profanierten, aber milden Formen mit niedrigem Fiebe.
wiesen meist geringe Gruppenreaktionen auf, die öfters erst nach
der 2. Woche auftritt. Die Reaktion trat meist schon geraume
Zeit vor den RĂŒckfĂ€llen auf und zwar wurde in 7 % ParatypĂŒus ! >.
in 29,1 % Paratyphus Ă agglutinierl. Von 6 FĂ€llen mit Darm-
blutung zeigten alle Gruppenagglulination, und zwar meisl hoch-
gradige; ebenso die letalen FĂ€lle, in denen die Agglutination fĂŒr B
vorherrschte, die mit dem Fortschreiten des Prozesses intensiver
wurde. Kurz, je lÀnger die Krankheit dauert, desto öfter tritt die
Gruppenagglutination auf und desto stÀrker wird sie: man find< !
sie viel öfter bei schweren als bei leichten FÀllen.
Ueber die Milehtherapie bei Typhus und Paratyphus. Milch-
injektionen bei Kindertyphus und -paratyphus wurden mit gutem
Erfolg angewendet: nach der Injektion tritt zuerst Temperatur
Steigerung auf 40° bis 41 °. SchĂŒttelfrost und Kopfschmerz, dann
Temperaturabfall, Polyurie, oller-, auch Albuminurie und Besse-
rung des Allgemeinzuslandes auf. Die Leukopenie wird durch eim
neutrophile Leukozytose verdrÀngt; auch bei Bronchopneumonien
und Darmblutungen wirkt die Milehtherapie gĂŒnstig Wenn nacii
der I. Injektion noch kein Erfolg eingetreten ist. hat ein weiteres
Fortsetzen derselben keinen Zweck. Tezner (W'-ienY.
La Pediatria. Neapel.
1. Dezember 1921, 29. Nr. 23:
â »»Cholesterin in der ZerebrospinalKuvsigkert. F a b i i e . s. hjoJ.
âŠScliwankungeu der Hau tte m pe*a tur bei gesunden und kranken Kindern.
V o n /. o , F. 1065.
âąfrOppenneitaselie Krankheit bei einem hereditĂ€r-luetischen Neiigeboiencn.
K I a in i n i . \I. 1081.
Der Cholesteringehalt im Liquor cerebrospinalis. Verf. hat
den Cholesteringehalt bei 25, ."> Monate bis 8 Jahre alten Kindern
untersucht und gefunden, daĂ er normalerweise zwischen Spuren
und 0.01 u/00 schwankt, bei sekundÀrem und primÀrem Ilydrocepha-
lus meist ĂŒberhaupt nicht nachweisbar ist und bei Meningit. tbc.
meist vermehrt (bis 0,24%), jedenfalls nie vermindert ist.
Schwankungen der Temperatur der Haut bei gesunden und
kranken Kindern. Es wurden insgesamt 22 Kinder untersucht;
es ergab sich, daĂ die Hauttemperatur ĂŒber oberflĂ€chlichen Ent-
zĂŒndungsherden erhöht, ĂŒber tiefliegenden nicht verĂ€ndert ist.
daà bei normalen Kindern die Temperatur der rechten Körper-
hÀlfte, gemessen in den Supraclavicular- und Suprascapular
gruben, den Axillen, dem Abdomen, der Leistengegend und den
Kniekehlen, bis 1 0 höher ist als die der linken; nur selten findet
sich das umgekehrte Verhalten; die Differenzen sind am gröĂten
vormittag, nehmen nachmittag mit steigender Körpertemperalu
ab; bei Fiebernden verschwinden sie völlig: auch ist meist die
axillare Temperatur höher als die inguinale. Man muà daher
Kranke, deren Temperatur stÀndig kontrolliert wird, stets an der-
selben Körperstelle und auf derselben Seite messen.
Oppenheimseher Symptomenkomplex bei einem heredolueti-
schen Neugeborenen. Krankengeschichte eines 13 Tage alten
Kindes, mit positivem Wassermann, das die typischen Symptome
der Myatonie mit Beteiligung der Atemmuskulatur bot und nach
10 Tagen an Pneumonie starb. Die Sektion ergab Verringerung
der Zahl und GröĂe der Ganglienzellen der Vorderhörner. der
Hirnrinde und der Purkinjeschen Zellen des Kleinhirns. Glia
Wucherung in Klein- und GroĂhirn, weniger im Mark; das Klein-
hirn erschien makroskopisch kleiner als normal. Diese Befunde
zeigen, daĂ die Ansicht von de Viller. der die Myatonie auf
Entwicklungshemmung der Ganglienzellen, die Werdnig-Hoff-
mannsche Erkrankung auf ihre entzĂŒndliche VerĂ€nderung zu-
rĂŒckfĂŒhren wollte, nicht richtig ist, daĂ vielmehr bei beiden Ei
krankungen die gleichen anatomischen VerÀnderungen gefunden
werden, daĂ eine gewisse pathogenetische und aetiologische Ver-
wandtschaft zwischen ihnen besteht, und daĂ die Verschiedenheit
des Verlaufs nur durch den verschiedenen Zeitpunkt des Ein-
10. Jahrg. â Nr. I
Aus den neuesten Z e i t s c h r i f t e u
105
ii'fUiis der SchÀdigungen und durch Ihre verschiedene IntensitÀt
beding! ist. auch wurden bei beiden Erkrankungen die gleichen
MuskelverÀnderungen beschrieben. Die LÀsionen im Kleinhirn
könnten fĂŒr das Zustandekommen der Atönie von Bedeutung sein
Die VerĂ€nderungen im GroĂhirn, die auch Concetti schon in
einem Fall beobachtet hat, ferner die bisweilen beobachtete
[pteHigenzstörung, Athetose, leichten Kontrakturen lassen es als
wahrscheinlich erscheinen, daĂ auch aetiologische Beziehungen
zum Morbus Little bestehen; es wĂŒrde sieh bei Myatonie, Werd
nig-Hofmann und Little um 3 Symptomenkomplexe handeln, von
denen jeder durch Ganglienzellenatrophie und Gliawucherung
hervorgerufen und durch den verschiedenen Sitz dieser VerÀnde-
rungen bestimmt wird. Die Ursachen können innersekreto-
rische sein, Verwandtschaft oder hohes Aller der Eltern, toxische
und zwar Alkoholismus. Tuberkulose der Eltern, Lues wie in
diisem Falle, schlieĂlich Traumen in utero oder bei der Geburt,
Asphyxie hei der Geburt. Die Behauptung des Autors, daĂ diese
hauptsÀchlich bei Morbus Little in Betracht kommenden actio
logischen Faktoren auch fĂŒr die anderen zwei Erkrankungen ver-
antwortlich seien, ist wohl nicht genĂŒgend gestĂŒtzt.
T e z n e r Wien r.
La Pediatria, Neapel.
15. Dezember 1921, 29. Nr. 21.
Aettoiogie und Pathogenese des Scharlachs. Di. Oristi/a, 6. 1105,
Die Ausbreitung; der Leishmaniose in Messina und der Pmgegenrt. M i o,
G. 1109.
Archivio di Ortopedia, Milano.
1921, 37, Nr. 1.
Neue Behandlung des kongenitalen Pes equiu-us-varus. A n /. u I Ă t t i . A. a.
Operationsmaske. L>a vermicocca, A. 15.
Mobilisation des Ellbogens nach Resektion wegen Tuberkulose. S c .-i âą
1 o n e . J. 20.
âŠVerstellbare horizontale Leiter fĂŒr die Wiederherstellung des Gehens,
L a v e r m i c o c c a . A. 81.
â Apparat zum Schreiben mit dem Mumie. L a \ V r in i c 0 (âą (' a. 'ZT.
Behandlung der spastischen Paralyse. Pieri; G. 15.
â Die Tenodese. V a c e hell i. 55.
Verstellbare wagerechte Leiter zur Vornahme von Geh-
ĂŒbungen. Eine in ihrer Höhe verstellbare, wagerecht auf einem
Brett montierte Leiter wird vom Verfasser beschrieben und ab
gebildet. Sie dient zu Uebungen, die Patienten mit Gehstörungen
aller Art an ihr vornehmen mĂŒssen. Sie lĂ€Ăt sich mit einem
einfachen Luifstuhl kombinieren. Der Kranke ist gezwungen,
jeden Sehritt abzumessen und die Beine ĂŒber die Sprossen zu
heben.
Mundschreibapparat fĂŒr Armlose. Mit Hilfe eines GebiĂab-
gusses stellte der Verfasser einen SchreibapparĂ€l fĂŒr Armlose
her. Der hufeisenförmige, dem Zahnkranz angepaĂte Griff trĂ€gt
auf seinem rechten Schenkel einen leicht nach iinks gerichteten
Federhalter. Die abgebildeten Schriftproben zeigen, wie hĂŒbsch
sich auf diese Weise schreiben lernen lĂ€Ăt.
Die Tenodese. Die operative Versteifung schlotternder Ge-
lenke durch Tenodese wird immer noch zu wenig gewĂŒrdigt.
Die vielen MiĂerfolge sind auf indikatorische oder technische
Fehler zurĂŒckzufĂŒhren. Auch die Art der Nachbehandlung spielt
eine wichtige Rolle. Nach des Autors und seines Lehrers Patti
Ansicht ist die Tenodese gerechtfertigt in allen FĂ€llen, in denen
man einem schlotternden oder durch LĂ€hmungen deformierten
FuĂe Halt geben muĂ, insofern nicht durch MuskelĂŒberpflan-
zungen bessere Erfolge zu erzielen wÀren. Kurz und gut:
Vacchelli hĂ€lt die Tenodese (Versteifung durch kĂŒnstliche BĂ€n-
der aus Sehnen) meistens fĂŒr einen vollwertigen Ersatz der
Arthrodese (Versteifung durch Verödung der GelenkflÀchen).
Allerdings hat auch die letztere im spÀten Kindesalter und heim
Erwachsenen ihre groĂen VorzĂŒge. Die von Codivilla ange-
gebene Technik besteht darin, daĂ nach Beseitigung der Defor-
mitĂ€t durch Redression, die vorderen und Ă€uĂeren Sehnen am
Uebergang in die MuskelbÀuche abgeschnitten und unter der
nötigen Spannung im Knochen subperiostal verankert werden.
Eine 3 monatige Feststellung im Gipsverband sicherte die Ver-
wachsung der Gewebe. Die lange Dauer der postoperativen
Versteifung verursachte durch trophische Beeinflussung der
Sehnen manches Rezidiv. Patti verÀnderte aus diesem Grunde
die Codivillasche Technik. Er durchbohrt die Tibia von einer
Seite zur anderen und feilt den Tunnel aus ,so daĂ er weit ge-
nug wird, um die Sehnen durchtreten zu lassen. Das durch-
geschobene Ende wird auf der Gegenseite herabgezogen und mit
dem aufsteigenden vernÀht, so daà die Sehne in Form einei
Schlinge im Knochen befestigt bleibt Die Gipsbchaiicllimg dauert
nur II Wochen. Die Erfolge an ĂŒber 100 Kranken waren sein
ermutigend, so dal! der Verfasser die Operation warm empfiehl!
I) e b r u n n c r Berlin .
La Presse Medicale, Paris.
30. November 1021. Nr. 96.
â Die syphilitische Natur der pssenth Hcn Epilepsie. |, ,. ,. ,, ,| ,i ,. \.-
'rumor der SpeicheldrĂŒse. Ii e r g e y, J., und Magrn.u. 3. 931.
Die syphilitische Natur der genuinen Epilepsie. Verfasser
grĂŒnde! seine Behauptungen auf die Beobachtung von 11 FĂ€llen
von Epilepsie, von denen 6 sieher syphilitischer Natur waren.
Er rechnet die Epilepsie zu jenen chronischen Affektionen, bei
denen die Serunireaktion in der Hegel negativ bleibt; trotzdem
nimmt er auf Grund anamnestischer Erhebungen, klinischer
ĂŒntersuchungsmethoden und vor allem der Resultate einer spe-
zifischen Behandlung eine erworbene und noch hÀufiger eine
hereditÀre Lues als Ursache an, gibt indessen zu, daà die An
zahl der beobachteten FĂ€lle nicht groĂ genug ist. um seine
Theorie genĂŒgend zu stĂŒtzen. || a Der
:i. Dezember J921- Nr. 97.
Seroreaktion der Syphilis, Vernes A. 957.
Autiaivaphy taktischer und kolloidoklasischer Schock. Li! ra i e r e. A.
âOsteochondritis de.- Rippe i.ach Typhus. D o Ii r o v o |'Vk » i âą'' V 961.
Jodtherapie bei kostaler Osteochondritis infolge von Typhus.
Langdauernde Osteochondritiden der Rippen infolge von Typhus
mit AbszeĂ- und Fistelbildungen, die infolge groĂer Ausdehnung
hÀufig nicht chirurgisch angreifbar sind, lassen sich durch .Tod-
behandlung auĂerordentlich gĂŒnstig, meist bis zur völligen Aus-
heilung beeinflussen. Angewendet wurde eine Mischung von
10 Prozent Jodtinktur und 10 Prozent liquider Jodvaseline, die
jedesmal vor der Anwendung frisch im VerhÀltnis von 1 : 10 zu-
bereitet wird. Man injiziert einmal wöchentlich intraglutaeal
anfangs 3 cem und steigt nach und nach bis 10 ccm. Unter-
stĂŒtzen kann man die Therapie noch durch Jodpinselungen der
groĂen KörperoberflĂ€chen, Arm, Bein, halber RĂŒcken oder Brust
alle 3â4 Tage. Der sich hĂ€ufig zeigende Zusammenhang mit
Tuberkulose, seltener mit Syphilis, erfordert natĂŒrlich spezifische
Behandlung, wie auch die chirurgische Behandlung geeigneter
FĂ€lle nicht auĂer acht gelassen werden darf. Haber.
7. Dezember 1921, Nr. 9,8.
âinnere Kinderklinik als medicu-soziale Schule X 0 Ii e e o n i t. 969.
Syrinsomyelie und Spina bifida, Klippel. Ii'.; und Fe i 1. A. 971.
Medieo-soziale Kinderklinik. Um den verschiedenen akuten
und chronischen SchÀdigungen des Kindesalters dauernd abzu-
helfen, schlÀgt Verfasser eine Neuorientierung der Kinderklinik
vor, wie sie der Amerikaner Richard Cabot in seinen Essays
ĂŒber soziale Medizin 1919 dargelegt hat und wie sie in Deutsch-
land schon lĂ€ngere Zeit eingefĂŒhrt ist, nĂ€mlich eine Verbindung
von klinischer und sozialer FĂŒrsorge, da es sich zur GenĂŒge ge-
zeigt hat, daĂ jede medizinische Beratung wirkungslos bleibt,
wenn die sozialen VerhÀltnisse, Wohnung, Umgebung, Ver-
mögenslage usw., deren DurchfĂŒhrung unmöglich machen. Er
schlÀgt eine Poliklinik mit drei Konsultationsgruppen vor:
1. Diagnostik, 2. Behandlung, :>. Unterbringung. Die letzte
Gruppe umfaĂt jede Art von JugendfĂŒrsorge, wie sie bei uns
durch die Mutter- und SĂ€uglingsfĂŒrsorge, die LungenfĂŒrsorge,
den Psychopathenverein und die deutsche Zentrale fĂŒr Jugend-
fĂŒrsorge schon lange besteht und sich bestens bewĂ€hrt.
Habe r.
Paris Medical, Paris.
Kl. Dezember 1021. 11. Nr. ;>(».
â ri/.cralioncu mit eyaiiotischcn RĂ€ndern. Gougerot, 4r> 7 .
âNitrit-Krisen. G i r b a I. 464.
[.«ungenggingrÀn. Arsentherapie, Seröthewtpie. P e r r i n. 166.
Uleerationen mit cyanotisclu n und purpurfarbenen RĂ€ndern
erfordern oft eine sorgfÀltige, langdauernde, schwierige Behand-
lung, namentlich auch prophylaktisch nach der Vernarbung, und
fĂŒhren leicht zu der irrtĂŒmlichen Diagnose Tuberkulose oder
Lues. Hierher gehört das eyanotische und nekrotische Ekthyma
Beginn meist mit kleinen Blasen, traumatisch durch Schuhdruck
oder aus einer banalen Pyodermatitis. die sich nach einem Fu-
106
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr.,4.
runkel hier entwickelt, bald von vornherein nach Abkratzen der
Blasen nekrotisch. Meist an den unteren GliedmaĂen mit oder
ohne Oedem und Sklerose, aber auch an den oberen, selbst auf
Bauch und Thorax. Im Gegensatz zu den diphtheritischen und
gangrĂ€nösen GeschwĂŒren reproduzieren sich die eliminierten
nekrotischen TrĂŒmmer nicht. Langsame Entwicklung, hĂ€ufige
Rezidive. Die Nekrose ist sekundÀr, beherrscht das bild nicht,
und Folgen des Bodens, nicht der Infektion (Staphylo-, Strepto-
kokken).
Dann beobachtet man bei Leuten ĂŒber 40 Jahren, die an
Varizen oder varikösem Ekzem gelitten, GeschwĂŒrbildungen in-
folge einer nekrotisierenden Capiliaritis obliterans oft nach einem
leicnten Trauma. Hier ist die brĂŒchigkeit der Kapillaren die Ur-
sache, wie man ja bei Gichtikern, Diabetikern, Hepatikern und
Neuroarthritikern finden kann, oft auch als Folge Ă€uĂerer In-
toxikationen (Alkohol, ĂŒbermĂ€Ăiger FleischgenuĂ, Blei). Sehr
hÀufige Rezidive, mit dem Alter zunehmend. Behandlung: Des-
infektion (1,5 Prozent Permanganat), Entfernung der nekrotischen
TrĂŒmmer, ev. mit dem Löffel, Anregung der Narbenbildung. Be-
seitigung der lokalen, vaskulösen Störungen durch Herzlagerung. â
Radiotherapie. Innerlich Hamamelis. Behandlung des Allgemein-
leidens (Diabetes usw.). Dann Prophylaxe der Narben nach
Heilung, Hautwaschungen, Pudern, Vermeiden von KĂ€lte und
Ă€uĂeren SchĂ€digungen.
Nitritoide Krisen und anaphylaktische AnfÀlle. An der Hand
eines Falles fĂŒhrt G i r b a 1 aus, daĂ die Erscheinungen der nitri-
toiden Krisen nach Salvarsaninjektionen zu trennen sind von
anaphylaktischen Erscheinungen, daĂ sie gleichzustellen sind den
VerÀnderungen im Serum, die durch Seruminjektionen hervor-
gerufen werden. v. S c h n i z e r.
17. Dezember 1921, 11, Nr. 51.
Endokrine Störungen. Mussio-Fournier. 477.
Skoliose. J o 1 a n d. 481.
Tetanie bei Typhus. D e 1 a t e r. 484.
The Lancet, London.
17. Dezember 1921, 201, Nr. 5129.
Atmungserscheinungen bei Nervenkrankheiten. Stewart, J. P. 1261.
Welche Forderungen sind an Nase. Ohren und Kehle des Fliegers zu stellen.
Banken, D. 1263.
âIntestinalinfektioneo bei chronischer Arthritis. M u t c h , N. 1266.
âChronische Mittelohreiterung. Wells, A. G. 1268.
âDie normale Grenze der Agglutination des B. Dysenteriae Flexner. Gatd-
net, A. D. 1269.
Behandlung von Kniegelenkinfektionen mittel Einschnitt. Drainage und Be-
wegung. W e a t h e r b e , P. 1271.
Pyocele des Sinus frontalis. G u b b . J. A. 1272.
Ein Fall von Syringomyelie. Sibbald Eobertson. VVr. 1272.
Paraurethrale Gonorrhoe. Chambcrlain. T. 1273.
TödĂŒcher Fall von SpĂ€tvergiftung mit Neosalvarsan. Shepherd, D. 1273.
Intestinalinfektion bei chronischer Arthritis. Verfasser be-
hauptet, daĂ in vielen FĂ€llen von chronischen Arthritiden die In-
fektion vom Darme ausgeht. Namentlich Streptokokken, aber
auch Staphylokokken spielen eine Rolle. Stuhlverstopfung wird
sehr oft gefunden, wÀhrend sehr oft Ptosis der Eingeweide be-
steht. Die Fermentwirkungen sind nicht selten .ungenĂŒgend und
die DÀrme enthalten viel Gas. Kurzdauernde DurchfÀlle können
mit Verstopfung abwechseln. Auch andere Komplikationen (Ma-
gengeschwĂŒre, Gallensteine) können bestehen. Man muĂ auch
bedenken, daĂ es eine lavierte Stuhlverstopfung gibt, bei der der
Kranke jeden Tag Stuhl hat, aber dennoch die MotilitÀt des Dar-
mes ungenĂŒgend ist. Bei solchen FĂ€llen von Gelenkaffektionen
behandelt man am besten zuerst die Darmerscheinungen. Vak-
zinebehandlung kann nĂŒtzlich sein, und auch die Verwendung von
SchilddrĂŒsenextrakt wird empfohlen.
Chronische Mittelohreiterung. Die Behandlung' dieser Er-
krankung ist Ă€uĂerst undankbar. Verfasser berichtet schöne Er-
folge mit Ionisation. Ins Ohr wird ein wenig von folgender
Lösung gegossen: Zinc. sulf. 5 Proz., Glyzerin 5 Proz. cm3.
Wasser bis 1 Liter. Dann wird ein positiver Pol ins Ohr ge-
bracht und der negative auf Arm oder Bein des Kranken gesetzt.
Wenn diese Behandlung nicht hilft, ist das eine Indikation zur
Mastoidoperation.
Normale Grenze der Agglutination des B. dysentcriae Flexner.
FĂŒr jeden neuen Stamm, mit dem man arbeiten will, muĂ zuerst
die Agglutinationsgrenze in normalen Seren bestimmt werden.
K o o p m a n (Haag). -
The American Journal of the Medical Sciences, New York-
Philadelphia.
November 1921, 162, Nr. :>.
Wege der Infektion des Nervensystems. Kennedy. F. 625.
Die Wirkung antisyphilitischer Behandlung auf schwere AnÀmien. F o u -
car, H. 633.
âLeiukĂ€inie im Kindesalter. BaĂ. M. H. 647.
âPerikarditis. MacLachlan. W. W. C. 654.
Balanlidum coli und pemieiöse AnÀmie. L o g a n , A. H. 668.
Zur Eröffnung der Gallenwege. Luckett, W. H. und L u t z . J. R. 674.
Akute Pankreasnekrose. Douglas, J. 687.
Immunkörper bei louÀrer Pneumonie. Steiufield. E. und Dar m-
s t a d t e r , H. 696.
Stoffwechsel bei Hautkrankheiten. Levin, 0. L. und Kahn. M. 698.
Akute Appendizitis, experimentell hervorgerufen. Behau, R. J. 7051
âEin AuskultatiousphĂ€nomen bei akuten Abdomiualerkrankungen. A s c h u e r,
P. W. 712.
âEnzephalitis lethargica und Poliomyelitis. NeustĂ€dter, M.. Larkin.
J. H. und Banzhaf, E. J. 715.
Mcralgia paresthetica. Goldstein, H. I. 720.
Chronische Nierentuberkulose. Beer, E. 736.
LeukÀmie mit Störungen des Nervensystems bei Kindern.
Verfasser berichtet ĂŒber 6 FĂ€lle mit hervortretenden Nerven-
symptomen. 4 FĂ€lle boten das Bild der zerebralen Blutung; einer
wurde klinisch mit Meningitis cerebrospinalis verwechselt; einer
mit zerebralen Symptomen wies makroskopisch Herde mit leu-
kÀmischer Infiltration auf.
Perikarditis. 10 Prozent des Autopsiematerials hatten Peri-
karditis (5 Proz. akute, 4 Proz. chron., 1 Proz. tuberkulöse);
Aetiologie fĂŒr akute und chronische Formen der Erreger des
Rheumatismus (d. h. der Arthritis infectiosa acuta, Ref.). Bei
lobÀrer Pneumonie fand sich in 7 Prozent akute Perikarditis,
meist kurz vor dem Tode.
In 54 TuberkulosefÀllen keinerlei Perikarditis. Tuberkulose
ist fast stets vorhanden, wenn die Zeichen akuter Perikarditis un-
gewöhnlich lange bestehen bleiben, das Herz dabei betrÀchtlich
vergröĂert ist und der klinische Verlauf abwĂ€rts geht. Das
wertvollste Zeichen fĂŒr die Diagnose ist das ReibegerĂ€usch. Chro-
nische Perikarditis kann nur in einem geringen Prozentsatz kli-
nisch diagnostiziert werden, es gibt keine sicheren Symptome.
Wertvoll ist die Kenntnis einer vorhergegangenen akuten fibri-
nösen Perikarditis fĂŒr die Möglichkeit der allgemeinen Peri-
carditis adhaesiva.
Ein auskultatorisches Symptom bei akuten abdominalen Er-
krankungen. Verf. fand bei akuten abdominalen Erkrankungen
â es wurden hauptsĂ€chlich Appendicitiden untersucht â , die
bei der Operation eitriges oder eitrigseröses Exsudat aufwiesen,
in 18 oder 20 FĂ€llen bei Untersuchung des Leibes mit dem
Stethoskop ĂŒber 3 oder allen 4 Quadranten ein inspiratorisches
GerÀusch und hörbare Herztöne vom Charakter der fötalen Herz-
töne. In 12 negativen FÀllen fehlte das Zeichen. Bei 8 der po-
sitiven FĂ€lle lieĂen die sonstigen ĂŒblichen Untersuchungsmetho-
den und Symptome eine Peritonitis nicht vermuten. Bei 2 FĂ€llen
mit starker BlÀhung der DÀrme fand sich trotz positivem aus-
kultatorischem Befund keine Peritonitis bei der Operation.
Beitrag zum Studium der Beziehungen zwischen Enzephalitis
lethargica und Poliomyelitis. Verff. konnten im Experiment
5 Affen durch Rekonvaleszentenserum von 4 sicheren und einem
zweifelhaften Enzephalitisfall gegen Poliomyelitisinfektion völlig
schĂŒtzen. Ferner bestĂ€tigten Verff. die Versuche anderer Auto-
ren ĂŒber Neutralisation des Poliomyelitisvirus durch mensch-
liches Poliorcryelitis-Rekonvaleszentenserum.
F. Loewenhardt (Charlottenburg-Westend).
Endocrinology, Los Angeles.
September 1921, 5, Nr. 5.
âDie Bedeutung der inneren Sekretion bei den Störungen des Stoffwechsels 5
und der Verdauung. Biedl. A. 523.
âEndocrine Probleme in der Beckenchirurgie mit besonderer BcrĂŒcbsichti- V
gung des Menstruationsausf alles. Eosser, C. 537.
Die neuen Anschauungen ĂŒber die Morphologie der Thymus und ihre Be-
ziehung zu dem Problem der Thymusfunktion. H a m m a r , J. A. 543. «
Eine klinische Studie ĂŒber ungewöhnliche Störungen der iukretorischen I
DrĂŒsen. Osborne. O. T. 574.
âBericht ĂŒber einen Fall von Hypophysentumor. N e f f . M. L. 377.
âDas Herz bei dem experimentellen Hyperthyreoidismus mit besonderer Be-
rĂŒcksichtigung seiner Histologie. Hashimoto. H. 579.
VerÀnderungen des Blutdruckes in einem Falle von Hypervagotonie, die
durch die intravenöse Injektion von Adrenalin hervorgerufen wurde.
Izqulerdo, J. J. 607.
Die Bedeutung der inneren Sekretion bei den Störungen de*
Stoffwechsels und der Verdauung. Die Wirkungen der DrĂŒsen
10. Jahrg. â Nr. 4.
Aus den neuesten Zeitschriften
107
mit innerer Sekretion auf den Gesamtstoffwechsel können an
Folgenden Ă€uĂeren Faktoren verfolgl werden: dein Körpergewicht,
der KörperlÀnge als Ausdruck des Wachstums der Röhren-
knochen, der Brustweite als MaĂstab fĂŒr die Entwickelung des
EtumpfskelettS, MaĂe und Spannung der Muskulatur, die Be-
schaffenheit der Fettdepots und der Haut mil ihren AnhÀngseln,
Ilaaren und NĂ€geln. Aus den Abweichungen dieser Faktoren
vom groĂen Durchschnitt kann man RĂŒckschlĂŒsse auf die Funk-
lion der einzelnen endokrinen DrĂŒsen ziehen und damit eine Er-
klĂ€rung fĂŒr den Begriff der Konstitution geben als Ausdruck der
endokrinen Formel, die nichts unabÀnderlich Gegebenes ist, son-
dern nach dieser Auffassung durch entsprechende Organotherapie
verÀndert werden kann. An verschiedenen Beispielen von Adipo-
silas, die teils auf Funktionsausfall der SchilddrĂŒse, teils der
Hypophyse oder der Testes zurĂŒckzufĂŒhren waren, wird diese
Beeinflussung des gesamten Stoffwechsels dargelegt.
Endokrine Probleme in der Beckenchirurgie mit besonderer
BerĂŒcksichtigung des Menstruationsausfalles. Beschreibung von
drei FÀllen mit Menstruationsstörungen: 1. verbunden mit Myx-
ödem und Fettsucht; Verschwinden der Symptome mit glpicbz^i-
tiger Gewichtsabnahme um 58 Pfund in 10 Tagen nach Schild-
drĂŒsenextrakt. 2. MĂ€nnlich aussehende Person mit dunkler Haut
und starkem Haarwuchs, abnorm kurzen, plumpen Gliedern,
periodischen Unterleibsbeschwerden ohne Menstruation. Nach
operativer Entfernung einer mittelgroĂen Ovarialzvsle und Ver-
abreichung von HypophysenprĂ€paraten mit SchilddrĂŒsen- und
Ovarialextrakten nach zwei Monaten wieder Einsetzen regel-
mĂ€Ăiger Menses. 3. UnregelmĂ€Ăige Menstruation mit Schmerzen
blutigem Erbrechen und Blutungen aus dem linken Ohr. die nach
operativer Behandlung einer angeblichen Appendizitis und Re-
troversio uteri nicht schwanden. Injektion von Lutein ver-
stÀrkten die Symptome, so daà die Diagnose auf Hyperfunktion
der Ovarien gestellt wurde. Ovariotomie: ein Ovar verkleinert
mit kleinen corpus luteumzvsten, diffusen HĂ€morrhaeien. Nach
der Operation noch drei Mal menses mit den frĂŒheren Symptomen,
dann plötzliches Verschwinden aller Erscheinungen.
Bericht ĂŒber einen Fall von Hypophysentumor. Seit drei
Monaten nicht gut lokalisierte Kopfschmerzen, MuskelschwÀche,
BrechanfÀlle, Schwindel, Abnahme der SehschÀrfe, Obstipationen,
leichtes Frösteln, Tremor der rechten Hand, Gesichtszucken. Im
Röntgenbilde VergröĂerung der sella turcica. â Augenbefund
ergab HĂ€morrhagica im Opticus und weiĂe streifige Exsudate:
unregelmĂ€Ăiges Gesichtsfeld mit EinschrĂ€nkung fĂŒr farbige
Bilder. Geruchsvermögen vermindert. Diagnose: Hypophysen-
tumor.
Das Herz beim experimentellen Hyperthyreoidismus mit be-
sonderer BcrĂŒcksichtiĂŒung seiner Histologie. Orale Verab-
reichung toxischer SchilddrĂŒsendosen fĂŒhrte zu einer Myode-
generatio cordis, die sich im histologischen Bilde durch Zerfall
von Muskelfasern und Ansammlung groĂer âhistiozvtĂ€rer"
Zellen Ă€uĂerte, in Ă€hnlichen Bildern, wie sie nach FĂ€llen von
Rheumatismus beschrieben worden sind, und wie sie auch bei
Kropfherzen gefunden wurden. A. Weil (Berlin).
American Journal of Ophthalmology, Chicago.
Dezember 1921. 4, Nr. 12.
Phlegmone der Konjunktiva nach Operation ÂŁPte<rygium!). Kteble,
Fredr. A. 881.
SchuĂwunden des Gehirns mit Gesichtsfelddefekten. Bell ovvs, G. E. 884.
Periphere Iriidektomie (Curran) in der Glaukombebandlung. Gif ÂŁ or d , H.
889.
âDer gegenwĂ€rtige Stand de* Keratoplastik. G radle, Bf. 8. 895.
Heile und unre'fe senile Katarakte. Smith. Henry. 900.
â AdcrhautentzĂŒndung mit dichten GlaskörpertrĂŒbungen. B u c k , Robert H.
908.
Die spezifische PrÀcipitin-Reaktion der Linse'. II e k t o e p . I.udw. 909.
8taroperat;onen im Alter. H i g g i u s , Samuel Gr. 911.
*<âą \ ugenkomplkationeu bei den Krankheiten der Kinder. Peabody, II. C.
914.
Der gegenwÀrtige Stand der Keratoplastik. Die hauptsÀch-
lich geĂŒbten Verfahren werden besprochen und in vier Gruppen
eingeteilt: Die Àltere Methode v. Hippels: Trepanation eines
Teiles aus der ganzen Dicke der Cornea und Ersatz des De-
tektes durch klare Tier-HornhÀut. Ferner die spÀtere Methode
v. Hippels: Trepanation der Hornhaut in ganzer Dicke und
entsprechender Ersatz nebst der verbessernden ErgÀnzung durch
Elsen n ig. Drillens die partielle Keratoplastik nach Löh-
lein (1909-) Vieriens die Operation nach Wiener (deren
Einzelheiten hier nicht wiedergegeben werden sollen). Von
Kraupa ist dann noch (1914) der Vorschlag gemacht, bei ge-
eigneten FĂ€llen ein besonders groĂes StĂŒck der Hornhaut par-
tiell zu trepanieren, dann diese Scheibe in situ um ihre Achse
zu drehen, so daĂ damit das TrĂŒbungsstĂŒck aus der zen-
tralen Lage infolge der Drehung ah eine mehr periphere Stelle
kommt und andererseits klare Hornhaut ins Sehlochgcbict. Dieser
bisher theoretische Vorschlag ist von G r n d 1 e in die Praxis
umgesetzt. Es handelte sich um eine .r>0 jÀhrige Patientin mit
positivem Wassermann, die beiderseits eine oberflÀchlich er-
seheinende sehstprende zentrale HornhauttrĂŒbung aufwies, die
eine derartige Operation geeignet und gerechtfertigt erscheinen
lieĂ. Es erfolgte Anheilung und eine nachweisbare Schver-
besserung. Das Besultat wÀre wohl noch besser geworden,
wenn tiefer trepaniert worden wÀre. Die ganze Methode er-
scheint Gr adle aber jedenfalls als gelegentlich brauchbar und
noch bessere Ergebnisse versprechend. Im Berich t stalle ging
im ĂŒbrigen das Sehvermögen spĂ€ter durch Sehnervenschwund
aus anderer Ursache verloren (Lues). Der Fall kann aber
immerhin als Probefall gelten.
*
ĂderhautentzĂŒndung mit dichten GlaskörpertrĂŒbungen. Teil-
weise Wiederherstellung. Es handelte sich um Erkrankung eines
23 jĂ€hrigen Mannes, der frĂŒher gesund zum Heeresdienst heran-
gezogen wurde und im Lager im MĂ€rz 1918 an Mumps, komp-
liziert durch HodenentzĂŒndung erkrankte. Drei Monate spĂ€ter
entzĂŒndete sich das rechte Auge. Dichte GlaskörpertrĂŒbungen,
traten auf. Das Sehvermögen ging bis auf Wahrnehmung von
Handbewegungen verloren. Im Februar 1919 trat der gleiche
Zustand am linken Auge auf. AuĂer dem vorausgegangenen
Mumps war keine Entstehungsursache anderer Art zu ermitteln.
Behandlung erfolgte mit aller möglichen Sorefalt und den ĂŒb-
lichen aufsaugenden Methoden. Aber erst im Januar 1920 stellte
sich etwas Sehen wieder ein, das schlieĂlich beiderseits auf
acht Zehntel, der Norm stieg und den Pat. wieder berufsfÀhig
machte. Der Fall ist unter die metastatischen nicht
eitr-ig.eh Uveitiden zu rechnen und zeigt, daĂ die Prognose
bei genĂŒgender Ausdauer nicht immer ungĂŒnstig ist. Erhebliche
Glaskörper flocken blieben im ĂŒbrigen zurĂŒck.
Augenkomplikationen bei infektiösen Kinderkrankheiten.
Scharlach, Masern, Diphtherie, Mumps werden besprochen,
auĂerdem ĂŒber einen Fall von doppelseitiger Erblin-
dung im Verlauf von Keuchhusten berichtet, der aber
in seiner tieferen Ursache ungeklÀrt blieb. Es kam Broncho-
pneumonie hinzu, kurz darauf Lidschwellung und Vortreibung
der AugĂ€pfel. Weite, lichtstarre Pupillen. Augapfel nach auĂen
und oben gerollt. Blindheit. Reizsymptome von seiten der
Meningen waren nicht nachweisbar. Nach einer Woche war die
Beweglichkeit des linken Auges wieder normal. Es erfolgte
Wiederkehr der Pupillenreaktion links und geringen Sehens. Am
Augenhintergrund eine kleine Blutung oberhalb der Sehnerven-
scheibe. Das rechte Auge blieb blind, zeigte keine Fundusyer-
Ànderungen. Drei Monate spÀter war bei fortbestehender Blind-
heil rechten Auges Abblassung der rechten Sehnervenscheibe
festzustellen. Das Auge stand noch nach auĂen und oben gerollt
Am linken Auge war die Netzhautblutung aufgesaugt. Ge-
ringes Sehvermögen. Ohr, Nase, Hals, Kopf lieĂen objektiv
keine Abweichungen von der Regel erkennen
Junius (Bonn).
The Urologie and Cutaneous Review, St. Louis.
20. Dezember 1921, 25, Nr. 12.
Vogelmilbe-HautentzĂŒndung. (Dermanyssus Galinae). N o x i n T o o m e y.
Die unbewuĂte Macht alter Symbolik. S t o n e , Alexander.
â Indikation und Technik des retrograden Kathcterismus. Bonn, Rudolph.
l're'tirocoele oder Cyste des unteren Ureterendes â Sammelbcricht mit Berieht
Uber einen speziellen Fall. Michel, Leo L.
Wichtige Punkte der Syphilisdiagnose. Walters tone, Charles.
II, âąĂ¶hrena.usftiuĂ, hervorgerufen durch Symbiose von Spirillen und Vibrio-
nen. L a t a n c C r i s c o 1 1.
VerschluĂ des Vas deferens nebst einer Metbode zur. Behandlung des Samens.
W c i d c , King.
Indikation und Technik des retrograden Katheterismus. Sind
bei einer HarnröhrenzerreiĂung die RiĂstellen sehr gezerrt, oder
erscheinen sie infiziert, so daĂ bei einer Naht eine prima intentio
n ich I verwendet werden kann, so empfiehlt es sich einen Dauer-
katheter einzulegen, indem man von der Wunde aus das eine
Ende des Nclaton-Kalhclers nach hinten in die Blase, das andere
108
Kinderheilkunde
40. Jahrg. â Nr. L
nach vorn zum meat. eit. schiebt. Dieser Katheter muĂ 6 â 7
Wochen liegen bleiben, falls man bei gröĂeren Defekten eine
gute Vereinigung der StĂŒmpfe erreichen will. Kann man von
der Wunde aus das zur Blase fĂŒhrende Ende der Urethra nicht
entrieren oder vermutet man gleichzeitig SchÀdigung der Blase,
so empfiehlt sich die sectio suprapubica mit nachfolgendem
retrograden Katheterismus. Der weiche Katheter wird dabei
nach Eröffnung der Blase in das stets leicht zu findende orificium
int der Urethra eingefĂŒhrt und nach vorne geschoben, bis er
zunĂ€chst in der Wunde sichtbar wird, dann wiid er weitergefĂŒhrt,
bis er aus dem meat. ext. herausragt. Stets wird vorher der
Katheter mit 2 Augen versehen, damit er sich nicht so leicht
verstopft. AuĂerdem wird durch ihn ein starker, gut 50 cm
langer Seidenfaden gezogen und an ihm befestigt. Die Enden
dieses Fadens schauen oben durch die suprapubische W'unde,
unten zum meat. ext. des Penis heraus und werden hier ver-
knotet. Mit Hilfe dieses Fadens kann man den Katheter ohne
jede Schwierigkeit in die Blase hineinziehen, falls er unabsicht-
lich herausgeglitten ist oder falls man ihn, um Blasenkatarrhe
zu vermeiden, auswechseln will. Dies ist sonst nur sehr schwer
ausfĂŒhrbar und mit der Gefahr verknĂŒpft, daĂ sich der neu ein-
zufĂŒhrende Katheter in der Wunde verfĂ€ngt und diese dabei
schÀdigt. Bab (Berlin).
Aus den verschiedenen Sondergebieten
Kinderheilkunde.
M. von Pfaundler: Ueber die Indizes der KörperfĂŒlle
und ĂŒber âUnlerernĂ€hrun g". (Nach einem am 20. MĂ€rz
1921 in der MĂŒnchner Gesellschaft fĂŒr Kinderheilkunde ge-
haltenen Vortrag.) Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd. 29, S. 217â244.
1921.
In eingehender Weise werden die stereometrischen Körper-
indizes, die zur Beurteilung der Eignung zur QuÀkerspeisung her-
angezogen werden, auf ihre Brauchbarkeit untersucht. P. kommt
dabei zu dem Resultat, daĂ die mathematisch einwandfreien
Indizes, spez. der Rohrer 'sehe wegen AuĂerachtlassen zeit-
licher Entwicklungsvarianten und Pronortionsstörungen zur Aus-
wahl des Materials keine sichere Handhabe bieten. AbÀnderungen
der bis jetzt gebrÀuchlichen Zahlen, z. B. im Sinne einer Ein-
schrĂ€nkung des ĂŒberwiegenden Einflusses der LĂ€nge durch die
P P
Verminderung des Exponenten ( ~ 2y2 statt â 3) ergeben ebenso
JLi I i
wenig eine vollkommen befriedigende Lösung wie der herange-
zogene Vergleich des Istgewichtes mit dem LĂ€ngensollgewicht.
In einem Abschnitt ĂŒber die Beziehungen zwischen Körner-
fĂŒlle, ErnĂ€hrungszustand und Nahrungszufuhr werden die âunter-
vollen" Kinder in klar umschriebene Tynrn eingeteilt. Bei cin°r
groĂen Zahl scheidet das mangelhafte Nahrungsangebot als Ur-
sache der UnterfĂŒlle aus. Das schwierige Problem scheint Verf.
durch eine Art funktioneller PrĂŒfung, die Feststellung der
Reaktion auf die Speisung u. U. gelöst werden zu können.
Schall (TĂŒbingen).
A. Huth: ErnĂ€hrungszustand und KörpermaĂe.
(MĂŒnchen, pĂ€dagogisch-psvehologisches Institut.) Zeitschr. f.
Kinderheilk., Bd. 30, S. 39--13. 1921.
II. weist auf die Unbrauchbarkeit der verschiedenen Indices
und KörpermaĂe als Ausdruck des ErnĂ€hrungszustandes hin. Der
von ihm angegebene Gewichtsquotient, d. h. das VerhÀltnis des
wirklichen Gewichts zu dem der KörperlÀnge entsprechenden
Normalgewicht, teilt die MĂ€ngel der ĂŒbrigen, wenn er auch mit
dem klinischen Untersuchungsbefund etwas mehr ĂŒbereinzu-
stimmen scheint. Mit Hilfe der Korrelationsrechnung werden
die verschiedenen Indices mit der klinischen Untersuchung ver-
glichen. Das Resultat ist ein vernichtendes. Der klinisch an
erster Stelle bedĂŒrftig bezeichnete SchĂŒler rangiert z. B. nach
der Indicesberechnung an letzter Stelle. Ob sich ein idealer Er-
nÀhrungsindex noch finden wird, erscheint sehr fraglich, zurzeit
ist auf jeden Fall die Beurteilung nach den ĂŒblichen Körper-
maĂen als irrefĂŒhrend abzulehnen.
Schall (TĂŒbingen\
K. Kassowitz: Zur Frage der Beeinflussung der
KörperlĂ€nge und KörperfĂŒlle durch die Er-
nÀhrung. (Wien, Univ. -Kinderklinik.1) Zeitschr. f. Kinder-
heilkunde. Bd. 30, S. 275â280. 1921.
DaĂ auch die ErnĂ€hrung und nicht allein die âEigentĂŒmlich
keit dei Erbmasse" (Friedenthal) die KörperlĂ€nge und -fĂŒlle be
einlluĂt, konnte an in einem Heim aufgenommenen Proletarier
kindern nachgewiesen werden. Sie wurden quantitativ unter Be
rĂŒcksichtigung des gesteigerten LĂ€ngenwachstums genĂŒgend er
nÀhrt und haben, trotzdem die Nahrung qualitativ sehr viel zu
wĂŒnschen ĂŒbrig lieĂ, die Camererschen Zahlen des LĂ€ngenwachs
tums und Gewichts ĂŒberschritten. Schall (TĂŒbingen)
O. Huber: Ein nunmehr 8 Jahre altes mit einem
Geburtsgewicht von 790 g frĂŒhgeborenes MĂ€d-
chen. (Wien, Lniv.-Kinderklinik.) Zeitschr. f. Kinderheilk.
Bd. 30, S. 281â290. 1921.
Eine FrĂŒhgeburt von 790 g Geburtsgewicht konnte im 8. Le-
bensjahre wieder untersucht werden. Lie Entwicklung war ver-
langsamt. AuĂer einer Untergewichtigkeit ist das Kind jedoch
normal. Nach dem Pirquetschen System berechnet v. ar der Nah-
rungsbedarf pro Kilogramm bedeutend höher, ⹠als beim recht
zeitig geborenen Kinde. Die EinfĂŒhrung der nötigen Nahrungs-
menge stellt an die Pflege groĂe AnsprĂŒche. Im ĂŒbrigen scheint
das Kind eine besonders gut ausgebildete Widerstandskraft gegen
Infektionen zu haben. Schall (TĂŒbingen;.
H. MĂŒller: Zur Frage der Melaena neonatorum.
(DĂŒsseldorf, Institut f. Pathol. u. pathol. Anatomie d. Akad.
f. prakt. Med.) Zeitschr. f. Kinderheilk., Bd. 30, S. 234â262. 1921.
Die Melaena gehört noch zu den wenigen Krankheitsbildern,
bei denen ein Symptom und nicht die Krankheitsursache namen-
gebend war. \\ ie verwirrend diese VernachlÀssigung der ur-
sÀchlichen Faktoren wirkt, wird an Hand einer Zusammen-
stellung von dem, was die einzelnen Autoren unter Melaena ver-
stehen, nachgewiesen. Die vielen Theorien, die in der Mclacna-
frage aufgestellt wurden, geben sich meist nur damit ab, wie die
Blutung hÀtte erfolgen können, ohne in dem einzelnen Fall nacli
zuweisen, wie sie wirklich erfolgt ist. Meistens kommt man
allerdings mit einem ursÀchlichen Moment bei der ErklÀrung
des einzelnen Melaenafalles nicht aus.
Es werden 5 selbstbeobachtete FĂ€lle mitgeteilt. Beim ersten
fand sich ein GeschwĂŒr im Oesophagus oberhalb der Cardia. Das
in dasselbe mit offenem Lumen einmĂŒndende gröĂere GefĂ€Ă
wurde mikroskopisch nachgewiesen. Eine mechanische Ent-
stehungsursache (PrÀdilektionsstelle am Zwerchf lldurchtrit t)
wird angenommen. Beim zweiten Fall ist das Mittelohr der Sitz
der Blutungsquelle. Eine Blutung in HirnhÀute und Seiten-
ventrikel mit Stauung des venösen Abflusses, sowie die Eigen-
tĂŒmlichkeit der kindlichen Tube kommen als unterstĂŒtzende Mo-
mente hinzu. In den 3 anderen FĂ€llen handelt es sich um Blu-
tungen aus der Nasenschleimhaut, deren Bedeutung als Ursache
der Melaena ganz besonders betont wird. Auch hier finden sich
verschiedene ursĂ€chliche Momente, teils lokal entzĂŒndliche, teils
lokale oder allgemeine Stauung. Dazu ist die besondere Blu-
tungsbereitschaft der FrĂŒhgeburten â in 2 FĂ€llen handelt es sich
um solche â in Betracht zu ziehen.
Die Unsumme der Möglichkeiten, die zu dem Krankheitsbilde
fĂŒhren können, machen es notwendig, den Ausdruck Melaena
nicht anders als in der Bedeutung eines Krankhcitssvmptoms zu
gebrauchen. Schall (TĂŒbingen).
E. Nobel und R. Wagner: Trocken milch in der Kinder
ernÀhrung. (Wien, Univ. - Kinderklinik.) Zeitschr. f.
Kinderheilk., Bd. 30, S. 291â301. 1921.
Die Verf. untersuchen die Brauchbarkeit von Trockenmilch
auslÀndischer Herkunft zur SÀuglingsernÀhrung. Sie kommt le
diglich in Betracht, wenn einwandfreie Frischmilch nicht zur
VerfĂŒgung steht. Eine Bedeutung als Ileilnahrung kommt ihr
nicht zu. Die antiskorbutische Wertigkeit kann, wie an 7 Bar
lowfÀllen gezeigt werden konnte, trotz der Trocknung erhalten
hleibcn. Auf die Vorteile ihrer Verwendung zu konzentrierter
ErnÀhrung wird in dieser Arbeit nicht eingegangen.
Schall (TĂŒbingen).
M. Pfaundler und L. v. Seht: Ueber Syntropie von
Krankheitsz-u stĂ€nden. (MĂŒnchen, Univ.-Kinderklinik.N
Zeitschr. f. Kinderheilk., Bd. 30, S. 100â120. 1921.
Unter Syntropie von KrankheitszustÀnden verstehen die
Verf. die entweder gleichzeitige oder sukzessive Kombination
zweier Krankheiten. FĂŒr diese klinisch lĂ€ngst gelĂ€ufigen Tat-
sachen wird eine objektive MaĂzahl als Ausdruck gesucht. Als
solche dient der â syntropische Index", der nach einer einfachen
Formel sich berechnen lĂ€Ăt. Die Untersuchungen haben dadurch
Wert, daĂ sie an einem groĂen Material von beinah 30000 FĂ€llen
4U. Jahrg. â Nr. 4.
I n f e k I i o n s k r a n k h e i t e n
10.»
angestellt wurden, wobei die Beobachtung des Einzelfalles sich
ĂŒber Jahre erstreckte. (J oliklinisches Material.) Die Berechnung
stimmte mit den aus der klinischen Erfahrung zu erwartenden
Resultaten gut ĂŒberein.
Durch hohen syntropischen Index wird jedoch nicht immer
ein innerer Zusammenhang zum Ausdruck gebracht, oft handelt
es sich um eine Scheinsyntropie, bedingt durch eine Altersdispo-
sition. Auch die indirekten Syntropien, die ĂŒber ein Zwischen-
glied miteinander in Zusammenhang stehen (z. B. Angina und
Vitium cordis ĂŒber Gelenkrheumatismus) sind zu berĂŒcksichtigen.
Die MehrzÀh] der Falle stellt jedoch eine echte Syntrophie dar,
bei der eine Subordination â der eine Zustand eine Folge des
anderen oder durch einen Zustand Schaffen einer Disposition fin-
den andern â und eine Koordination â Reaktionen in verschie-
denen Organen auf den gleichen Infekt usw. â unterschieden
wird.
Den Syntropien werden Dystropien gegenĂŒbergestellt, das
sind KrankheitszustÀnde, die seltener als es der Wahrschein-
lichkeitsrechnung entspricht miteinander gekuppelt sind. Auch
hier sind Scheindystropien zu berĂŒcksichtigen.
Die Berechnungen ergeben nicht nur rein quantitative Be-
ziehungen, sondern gewÀhren auch qualitativ neue Einsicht. So
werden fĂŒr bestimmte Altersstufen klare Gruppen systematisch
zusammengefaĂt, auch fĂŒr mehr als zweigliedrige Gruppen
werden Syntropien berechnet. . Schall (TĂŒbingen).
M. Victor: Ueber plötzliche TodesfÀlle im SÀug-
lingsalter als Folge von akuter Nebenniere n-
Insuffizienz. (Charlotlenburg, Kaiserin Augusta- Viktoria-
Haus.) Zeitschr. f. Kinderheilk., Bd. 30, S. 44â54. 1921.
Verfasser berichtet 2 FĂ€lle, in denen es einmal infolge von
alten durch das Geburtsirauma bedingten Blutungen, das andere
Mal durch eine akute toxisch infektiöse Blutung in die Neben-
nieren zu deren Insuffizienz und zu plötzlichem Tod kommt. Ob-
wohl bei dem Kind der Adrenalinbedarf verhĂ€ltnismĂ€Ăig gering
ist, kam es im ersten Falle durch den mit zunehmendem Alter
wachsenden Bedarf, im zweiten durch die plötzliche, vollstÀndige
Ausschaltung zu Ausfallserscheinungen. Der zweite Fall ging
mit purpuraartigen Hautblutungen einher, ob durch infektiöse
EinflĂŒsse hervorgerufen oder als Folge der HypadrenalinĂ€mie
aufzufassen, wird nicht entschieden. Auffallend ist ein gleich-
zeitiger Blutreichtum des Gehirns. In beiden FĂ€llen findet sich
eine groĂe Thymus. Auf die Beziehungen zwischen Status
thymo-lymphalicus und Hypoplasie des chromaffinen Systems
wurde schon öfters hingewiesen. Es ist wahrscheinlich, daĂ
mancher âThymustod'" bei nĂ€herer Untersuchung als ein durch
akute. Nebennisrenir.suffizienz bedingter Tod sich erklÀren
wĂŒrde. Schall (TĂŒbingen).
Pinel, Xavier: La maladie pylorique du nourrisson.
Paris-Lyon 1921. A. Maloine.
Die Arbeit des Verfassers stĂŒtzt sich auf sieben eigene Beob-
achtungen von âPyloruskrankheit", wie er statt Pylorusstenose
oder Pylorospasmus zu sagen vorschlĂ€gt, um dem Urteil ĂŒber
das Wesen der Krankheit nicht vorzugreifen. Das Hauptverdienst
liegt in der sorgfÀlligen und klaren Verarbeitung einer ausge-
dehnten Literatur, die etwa 150 Arbeiten berĂŒcksichtigt. Be-
merkenswert ist, daĂ Fred et, der zuerst die nach ihm benannte
Pyloroplastik angewendet hat, diesen Eingriff nur fĂŒr die gut-
artigeren Formen des Leidens empfiehlt; bei sehr groĂem Tumor
der Pylorusgcgend hĂ€lt er den Eingriff fĂŒr bedenklich, weil er
zum EinreiĂen der Schleimhaut fĂŒhren könnte. In einem nach
dem Fredet Rammstedtschen Verfahren operierten Fall des Ver-
fassers erlag das Kind einer Blutung aus der Pyloruswunde, die
sich nach dem Eingriff eingestellt hatte und unbemerkt geblieben
war. H. Vogt.
M. R. Jones: Der Kalziumgehalt des Blutplasmas
und der Blutkörperchen beim Neugeborenen.
Journal of Biolog. Chemistry, 49, H. i, 187.
Untersuchungen an Kindern im Alter von 4 Stunden bis
12 Tagen. Im Gcsamfblut fanden sich im Durchschnitt 8.8 mg Ca
pro 103 cm»; in den Blutkörperchen 5 mg; im Plasma 12,3 mg.
Loeb (Berlin).
Blund, Nelson, Oleson: Der Stoffwechsel bei Kindern
mit unternormalem Körpergewicht. Journal of
Biolog. Chem., 49, H. 1, 247.
SĂ€uglinge mit unternormalem Gewicht haben einen hohen
Stoffwechsel, unterernÀhrle Erwachsene einen niedrigen. In der
vorliegenden Arbeit sind die VerhÀltnisse bei jenen Kindern nnter-
&ucht worden, die gewöhnlich als unterernÀhrt betrachtet werden:
diejenigen Kinder, die bis auf ihr ausgesprochenes Untergewicht
scheinbar normal sind. Die Untersuchungen .wirden an 25 Kindern
im Aller von 8 -12 Jahren ausgefĂŒhrt. L.s ergab sich hierbei,
daĂ der Stoffwechsel bei Kindern mit untei normalem Gewicht im
VerhÀltnis zu normalen Kindern erhöht ist. Der extremste I
ein MĂ€dchen von 9 Jahren 7 Monaten, deren Gewicht nur 13%
unter der. Norm war (21,7 kg), die aber sehr zart und psychisch
labil war, produzierte 1188 Kalorien pro die; wogegen das nor-
male Kind vom selben Körpergewicht nur 860 Kalorien produziert.
Im Durchschnitt ergaben sich Kalorienzahlen, die 14â22 % höher
waren, als die von Benedict und Talbot bei normalen Kin-
dern vom selben Gewicht gefundenen.
L. Farmer Loeb (Berlin;.
H. Beumer: Ueber den Verl auf intravenöser
Zuckerinjektionen bei SĂ€uglingen. (Univ. -Kinder-
klinik Königsberg.) Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd. 29, S. 352 bis
367. 1921.
Durch die als âOsmotherapie" bezeichnete entwĂ€ssernde Wir-
kung hypertonischer Zuckeilösung^n hat die Anwendung der
intravenösen Zuckerinlusion eine erhebliche Erweiterung er-
fahren. In der vorliegenden Arbeit wurden Dextroselösungen in
Konzentrationen bis zu 70 Prozent und bis zu 2,8 g pro Kilo
Körpergewicht bei gesunden und ernÀhrungsgestörten SÀuglingen
in Anwendung gebracht. Irgendwelche schÀdlichen, z. B. py-
rogene Wirkungen wurden nicht beobachtet.
Die Kontrolle des Blutzuckers (Untersuchungsmethode Mc
Leans) ergibt bei kleineren Zuckermeng^n (bis zu i,2 g pro Kilo
Körpergewicht) schon nach 12 Minuten eine RĂŒckkehr zur Norm,
bei gröberen (ĂŒber 2 g) erst nach 40 Minuten. Bei einer schwe-
ren alimentÀren Toxikose mit Sklerem und einer asphyktischen
FrĂŒhgeburt wurde eine Verzögerung festgestellt. Die Glykosurie,
bei der Unmöglichkeit allzu hÀufigen Katheterisierens beim SÀug-
ling in ihren zeitlichen VerhĂ€ltnissen schwer zu ĂŒbersehen, ist
abhÀngig vom Konzentrationsgrad und dem Injektionstempo der
Zuckerlösung. Sie ist beim SÀugling stÀrker ausgesprochen als
beim Erwachsenen. Die auftretende HydrÀmie, an der HÀmo-
globinkurve verfolgt, wird ihrem Umfang nach durch den Reich-
tum an GewebsmaĂe bestimmt. Das therapeutisch Wesentliche
bei hydropischen ZustÀnden ist nicht die temporÀre Gleich-
gewichtsstörung, sondern die folgende Nachwirkung. Im ĂŒbrigen
wurdj bei Bronchopneumonien mit Stauungserscheinungen, bei
nÀssenden Ekzemen usw. nur geringe (eventl. durch Herzmuskel-
krÀftigung bewirkte), bezw. gar keine Erfolge erzielt. Dagegen
erscheinen elende Athrophiker und alimentÀre Toxikosen gut an-
zusprechen. Zusatz retardierender und gefĂ€Ădichtender Mittel
ergaben keinen Erfolg, ebenso bietet die Anwendung von LĂ€vu-
lose, die im stĂ€rkeren MaĂe als die Dextrose wieder ausgeschie-
den wird, keine Vorteile. Ein Coma diabeticum, dessen B. Z.-
Kurve einon besonderen Verlauf nahm, wurde durch LĂ€vulose-
infusion nicht beeinfluĂt. Schall (TĂŒbingen).
Infektionskrankheiten.
P. Kutter: Masernschutz durch Rekonvaleszenten-
se r u m. (Berlin, Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kinder-
krankenhaus.) Zeitschr. f. Kinderheilk., Bd. 30, S. 90â99. 1921.
Von 145 nach Degkwitz behandelten FĂ€llen weisen 107 einen
vollen Erfolg auf. Speziell gelang es, in Heimen und auf Sta-
tionen ausgebrochene Masern vollkommen zu unterdrĂŒcken.
Scheinbare MiĂerfolge traten auf, wenn die Bestimmung des Zeit-
punktes der Ansteckung schwierig war. So erkrankten Kinder
schon 3 â 6 Tage nach der Einspritzung, dieselbe wurde also an
einem zu spĂ€ten Termin ausgefĂŒhrt.
Ein abgeschwÀchter Verlauf wurde in einem Fall beobachtet,
der mit Serum vom 6. Rekonvaleszententage geimpft wurde.
Dieser Fall war ungeschwÀcht kontagiös. In zwei FÀllen
war ein Schutz durch Serum nicht erkrankter, sondern nur vor-
behandelter Kinder möglich. Im ganzen wurden nur 4 wirk-
liche Versager beobachtet. Die Rehandlung mit Erwachsenen-
serum war nur teilweise von Erfolg begleitet. Die Degkwitzschen
Ergebnisse können voll bestÀtigt werden.
Schall (TĂŒbingen).
O. Jacob) : Beitrag zur Frage des Àtiologischen Zu-
sammenhanges zwischen Varizellen und ein-
zelnen FĂ€llen von Herpes zoster. (Univers. Kinder-
klinik Greifswald.) Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd. 29, S. 368 bis
372. 1921.
m
Tu b e r k u 1 o s e
40. Jalirg. â Nr. 4.
Ein am Ende einer Varizellenendemie beobachteter Fall von
Herpes zoster wird benutzt, um den von v. Bokay zwischen
diesen beiden Erkrankungen konstruierten Zusammenhang zu
stĂŒtzen. Irgend ein zwingender Beweis eines solchen Zusammen-
hanges besteht in diesem Falle nicht. In den sich anknĂŒpfenden
Theorien wird unter anderem die Ansicht ausgesprochen, der
Herpes zoster könnte ein Aequivalent der Varizellen fĂŒr das
höhere Lebensalter darstellen. Schall (TĂŒbingen).
Vargas Martinez: HautverÀnderungen als Folgezu-
stand und Anzeichen fĂŒr Typhus abd. La Medi-
cina de los Nifios, 22, Nr. 262, Oktober 1921.
An der Hand einer einschlÀgigen Krankheitsgeschichte be-
schreibt Verf. HautverĂ€nderungen, welche fĂŒr ĂŒberstandenen
Typhus abd. charakteristisch sein sollen. Dieselben bestehen in
schmutzig verfĂ€rbten, unregelmĂ€Ăig kreisförmigen, unscharf be-
grenzten Plaques, welche ĂŒber die Haut des Abdomen, der Wangem
des Thorax, des Kopfes, der Hand- und FuĂteller verbreitet sind.
Ihre. Bildung wird auf partielle Desquamation zurĂŒckgefĂŒhrt, wo-
bei durch die Sekrete der TalgdrĂŒsen die unvollkommen abge-
stoĂenen Epithelien miteinander verkleben. Als Ursache dieses
Prozesses werden neurotrophische Störungen betrachtet.
Mona Adolf (Wien).
F. Hofstadt: lieber SpÀt- und Dauer SchÀden nach
Encephalitis epidemica im Kindesalter. (Der
Encephalitis epidemica IL Teil. Aus der Univ.-Kinderklinik.
MĂŒnchen.) Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd. 29, S. 272â305. 1921.
' Den 2. Teil seiner Arbeit ĂŒber Encephalitis epidemica widmet
H. den SpÀt- und DauerschÀden. Das Auftreten derselben ist so
konstant, daĂ beim Fehlen die Diagnose Enceph. epid. zweifelhaft
wird. Die mannigfaltigen Symptome werden in 5 Gruppen einge-
-teiltr die auch zusammen oder nacheinander vorkommen können.
Die wichtigste ist die Schlafstörung, die post encep h ali-
tisch e A g r y p n ie (Pfaundler) die in fast allen beob-
achteten FÀllen auftrat. Sie stellt sich dar als eine Verzögerung
des Einschlafens, verbunden mit schwerer motorischer Unruhe
und Verminderung der 24 stĂŒndigen Gesamtschlafdauer. Es wird
der Zustand mit der Aufhebung eines im Schlafzentrum (Thala-
mus, s. I.Teil) liegenden Hemmungsmechanismus (T r ö m m e r)
zu erklÀren versucht. Der zweithÀufigste Befund ist der
amyostatische Symptomenkomplex (StrĂŒmpell),
eine eigenartige Steifigkeit der gesamten Muskulatur, die allerlei
typische Symptome bedingt und von ataktischen oder spastischen
Symptomkomplexen durchaus verschieden ist. Anscheinend ist
ein extra-pyramidales motorisches System erkrankt, das nach
Wilson seinen Sitz im Linsenkern hat. Jedoch zeigen einzelne
FĂ€lle auch Pyramidensymptome. Eine 3. als chronische
Chorea oder Chorea-Athetose bezeichnete Form scheint seltener.
Tn einer 4. Gruppe werden psychische Störungen zusam-
mengefaĂt, von leichten WesensverĂ€nderungen bis zu schweren
hypomanischen ZustÀnden, von geringer Demenz bis zu ausge-
sprochener Verblödung.
Die 5. Gruppe, 2 FĂ€lle, die einen adiposogenitalen
Komplex aufweisen, werden vom Verf. selbst nur mit Beserve
als zu den SpĂ€tschĂ€den gehörig angefĂŒhrt.
Die Prognose der verschiedenen Bilder ist bei der kurzen
Beobachtungsdauer noch unklar, fĂŒr Gruppe 2 besonders wohl
recht ungĂŒnstig zu stellen. Schall (TĂŒbingen).
Tuberkulose.
Corvetto, Anibal: Abortiv e F ormen der Lungentuber-
kulose. Revista de Tuberculosis. Jahrg. IX, Nr. 407, No-
vember 1921.
Unter abortiven Formen der Lungentuberkulose versieht
Verf. diejenigen, deren pathologisch-anatomisches Substrat durch
eine geringe, wohlumschriebene VerÀnderung gegeben ist, welche
meist aus wenig zahlreichen Tuberkeln besteht. Die Entwicklung
der letzteren beeinfluĂt das Allgemeinbefinden nur wenig und
fĂŒhrt zur Narbenbildung, womit der pathologische ProzeĂ beendet
erscheint. Je nach den verschiedenen Lokalisationen der tuber-
kulösen VerÀnderungen zeigt das klinische Bild charakteristische
Besonderheiten derart, daĂ Verf. die abortiven Formen der
Lungentuberkulose in parenchymatöse, interstitielle, bronchiale
und pleurale einteilt. Die Tuberculosis pulmon. parenchymat.
abort. zeigt neben dem nicht charakteristischen Befunde einer un-
spezifischen Tracheobronchitis als wichtigstes Symptom ein- oder
mehrmaliges Auftreten von Haemoptoe, keine oder geringe Tem-
peraturerhöhung, negativen Bazillenbefund.
Die Tuberkulosis bronchialis abort. weist das Bild einer
Bronchitis, mit rauherem Atmen meist ĂŒber einer Lungenspitze.
Der Verlauf ist fast afebril, Bazillenbefund ist fast stets positiv.
Die Tuberculosis pleuralis abort. verlÀuft unter dem Symp-
tomenkomplex einer Meuritis sicca und weist demgemÀà Seittn-
scnmerzen, Fieber, Husten und auskultatorisch ReibegerÀusche
auf.
Die Tuberculosis inlerstitialis abort., die disseminierte Gra
nulartuberkulose, bietet dilferenitaldiagnostisch gegen Typhus,
Paratyphus und Maltafieber Schwierigkeiten, da sie meist ohne
Husten, stets mit negativem Kochschen Bazillenbefund unter an-
dauerndem Fieber von verschiedener IntensitÀt und Verlauf sich
entwickelt, Das Allgemeinbefinden erscheint gestört. Schwel-
lung von Leber und Milz kommt vor. Diese Form neigt zu Re-
zidiven; Lokalisation der einzelnen Tuberkel in den Meningen,
im Peritoneum, im Darm, in Nieren oder Nebennieren rufen ent-
sprechende Symptome hervor.
Allen abortiven Formen kommt naturgemÀà ein benigner Ver-
lauf zu. Bei der Diagnosestellung mĂŒssen auf Grund der klini-
schen und bakteriologischen Befunde die anderen progredienten
Formen der Tuberkulose ausgeschlossen werden. Die Therapie
soll nach BerĂŒcksichtigung anfĂ€lliger Lokalsymptome eine allge-
mein roborierende sein, Verbesserung der hygienischen VerhÀlt-
nisse der Patienten anstreben, die auch nach Abklingen der Er-
scheinungen als TrÀger- tuberkulöser Herde, deren Wiederauf-
flammen niemals als ausgeschlossen betrachtet werden darf, als
schonungsbedĂŒrftig erseneinen. Periodische Tuberkulinkuren
können vorgenommen werden. Mona Adolf (Wien).
Garcera Jose: Ueber den EinfluĂ der Kontaktthera-
pie bei der chronischen Lungentuberkulose.
Bevista de Tuberculoses. Jahrg. IX., Nr. 108. Dezember 1921
Von der Beobachtung ausgehend, daà oberflÀchliche tuber-
kulöse Prozesse durch Lokalbehandlung gĂŒnstig beeinfluĂt wer-
den, lĂ€Ăt Verf. durch einen von ihm konstruierten Apparat die
Patienten vorgewÀrmten Sauerstoff einatmen, der durch Euka
lyptus-, Kreosot- und ThymoldĂ€mpfe gesĂ€ttigt ist und ĂŒberdies
Tanin, Kalziumphosphat, Jodoform und benzoesaures Natrium
in feinster Verteilung enthÀlt. Unter dem Einfluà dieser Therapie
deren Dauer bei im ersten Stadium der Tuberkulose befind-
lichen FĂ€llen von 15â60 Tagen, bei denjenigen im 3. Stadium
von 2â4 Monaten schwankte, sah Verf. bei den ersteren Pa-
tienten vollstÀndiges Schwinden der Bazillen im Sputum und
gleichzeitige Genesung. Bei den .letzteren Besserung der subjek-
tiven Beschwerden ohne objektiv feststellbare Heilung des Lun-
genprozesses. Hingegen vermochten die von diesen FĂ€llen stam-
menden Tuberkelbazillen, Wenn inokuliert, die Versuchstiere
nicht zu töten und verliehen ihnen ImmunitÀt gegen nachtrÀg-
liche Impfung mit virulenten StÀmmen. Verfasser gibt an, auf
diese Weise 114 Patienten behandelt zu haben, von welchen 70
geheilt wurden, wobei die leichteren FÀlle naturgemÀà der Be-
einflussung zugÀnglich waren. Mona Adolf (Wien).
Rollestön Humphry: Die Rolle der Aerzte im PrÀven-
tiokampf gegen die Tuberkulose. Revista de
Tuberculosis, Jahrg. IX, Nr. 108. Dezember 1921.
Da es nicht möglich ist, die Tuberkelbazillen durch Isolh3-
luig aller Krankheitsherde radikal zu beseitigen, so muĂ vor
illem die ResistenzfÀhigkeit des Organismus gehoben werden.
Dieses geschieht durch Verbesserung der sanitÀren VerhÀltnisse,
duidi gesunde Wohnungen, gute ErnÀhrung, normale Arbeit urd
erfolgreiche BekÀmpfung des Alkoholismus und der Geschlechts-
krankheiten. Die Aerzte vermögen die Krankheit abzu-
schwÀchen und ihr zuvorzukommen, die WiderstandsfÀhigkeit
de; Bevölkerung zu heben und durch AufklÀrung der breiten
,. eiksmasse sich deren Mitwirkung im Kampfe gegen die Tu-
berkulose sichern. GemÀà ihrem verschiedenen Wirkungskreise
obliegt den praktischen Aerzten die prophylaktische und thera-
peutische Behandlung seiner Patienten und die Anzeigepflicht,
1 1 ii Falle dieselbe gesetzlich vorgeschrieben ist; die Bedeutung
der letzteren wird hervorgehoben. FĂŒr den UniversitĂ€tsunter-
richt wird der obligate Besuch eigener Tuberkuloseabteilungen
und -Ambulanzen empfohlen, welcher die Studierenden auch in
die Diagnostik der wenig vorgeschrittenen FĂ€lle einfĂŒhren soll.
Die Hygieniker werden auf den EinfluĂ der Lues auf die Tu-
bei kulose hingewiesen und von brauchbaren Statistiken eine Be-
rĂŒcksichtigung des Stadiums der komplizierenden Syphilis ge-
fordert. Der Einfluà des Alkohols lind der UnterernÀhrung wer-
den durch im Kriege gemachte Erfahrungen belegt.
Mona Adolf (Wien). -
40. Jahrg. â Nr. 4. -Schule â Neurologie â Vcrsi c h e r u ng am ed i / i n IM
Sdiule.
Levinsohn (Berlin): B er uf sber a tung bei Augenleiden.
Z. f. Schulgesundheitspflege, 34, 1921, Heft 5 u. 6,
Die Kinder sind von Berufen fernzuhalten, fĂŒr die die Seh-
funktion nicht ausreicht, jedoch ist bei sonstiger Eignung fĂŒr
. einen bestimmten Beruf die Anforderung an die zentrale Seh-
schĂ€rfe herabzusetzen. Zu berĂŒcksichtigen sind auch Gesichts
fehl, Farben-, Baum- und Lichtsinn. Individuen mit hÀufigen
Bindehautkatarrhen mĂŒssen vor Berufen, die mit Staubentwick
hing einhergehen, einÀugige vor Berufen, in denen das Auge stark
gefĂ€hrdet ist, gewarnt werden. StĂ€rker Kurzsichtige dĂŒrfen
keinen Beruf ergreifen, der stÀrkere Rumpf- und Kopfbeugung
verlangt, da nach einer durch Tierversuche gestĂŒtzten Theorie
des Verf. bei Rumpf- und Kopfbeugung das Auge nach vorn fÀllt
und dadurch die zur Myopie fĂŒhrende Dehnung des Auges ver-
ursacht wird. Samelson (Breslau).
Ilse Szagunn (Charlottenburg) : Ueber die schulÀrztlicht
TĂ€tigkeit an Fortbildungsschulen. Z. f. Schul-
gesundheitspflege, 34, 1921, H. 5 u. 6.
Bei 1153 SchĂŒlerinnen der Fortbildungsschule stellte Ver-
fasserin in 432 FĂ€llen eine behandlungsbedĂŒrftige Erkrankung
fest. Sie leitet davon die Forderung der Einstellung von Schul-
Ă€rzten an den Fortbildungsschulen her, die von Schulpflegerinnen
zu unterstĂŒtzen wĂ€ren. Zu erstreben ist halbamtliche TĂ€tigkeit
des Schularztes mit tĂ€glichem Dienst von 2 â 3 Stunden.
Samelson (Breslau).
Bachauer (Augsburg): KörpermaĂe von Augsburger
Volksschulkindern vor und nach dem Kriege.
Schul- und FĂŒrsorgearzt, 19, 1921, Nr. 2.
Die Zahl der Kinder, deren KörpermaĂe sich in der Vor-
kriegszeit ĂŒber den Durchschnitt erhoben, hat wĂ€hrend des
Krieges abgenommen, eine weitere Anzahl erfuhr dagegen eine
Förderung ihrer Leibesbeschaffenheit. Die Summe der Kinder
mit mittleren Werten hat sich betrÀchtlich erhöht. Die nivel-
lierende Tendenz der Beeinflussung der Kinder durch den Krieg
ist in allen StĂ€nden gleichmĂ€Ăig, wĂ€hrend sie nach Pfaundler
bei den MĂŒnchener Kindern mehr in den besser siluierten Kreisen
in Erscheinung trat Samelson (Breslau).
Neurologie.
0. Bossert: Das Problem der Uebererregbarkeit im
frĂŒhen Kindesalter. Zeitschr. f. d. ges. Neurologie und
Psych., 1921, 67, S. 311.
Unter Uebererregbarkeit ist ein Zustand zu verstehen, der
dadurch gekennzeichnet ist, daĂ ein Individuum auf einen Reiz
stÀrker als normal reagiert. In der PÀdiatrie ist dieser Begriff
fĂŒr einen bestimmten Symptomenkomplex vorbehalten, fĂŒr die
Tetanie oder Spasmophilie. Eine Analyse zahlreicher Krankheits-
bilder zeigt aber, daà eine gewisse Scheidung möglich ist, da in
bestimmten FĂ€llen nur ein isolierter Symptomenkomplex nach-
weisbar ist, entweder Karpopedalspasmen oder Laryngospasmen
oder eklamptische AnfÀlle. Bossert ordnet daher diese Er-
scheinungen alle nach, hĂ€lt sie nicht fĂŒr einheitlich, sondern
schafft als ĂŒbergeordneten Begriff die Uebererregbarkeit als
solche. Diese wieder gliedert er in verschiedene Gruppen.
â1. Uebererregbarkeit auf dem Boden einer Konstitutionsanomalie,
bei der die ErnĂ€hrung, der Salzstoffwechsel, die DrĂŒsen mit
innerer Sekretion und die klimatischen VerhÀltnisse ev. Milieu-
schĂ€den noch BerĂŒcksichtigung verdienen. 2. Die Uebererregbar-
keit bei Infektionen, die ihrerseits wieder zum Salzstoffwechsel
oder zu den Organen der inneren Sekretion in Beziehung stehen
können. 3. Die Uebererregbarkeit infolge Ueberladung des Or-
ganismus mit Produkten des intermediÀren Stoffwechsels (Amino-
basen, Biedt) Einen Einblick in die Mannigfaltigkeit der Erschei-
nungen versucht Bossert mit Hilfe myographischer Unter-
suchungen zu gewinnen. Es zeigte sich ein auffÀlliger Gegensatz
zwischen der Kurve bei Laryngospastikern (hohe und spitzwinklige
Kuppe) und der bei Tetanikern im engeren Sinn (runde und breite
Kuppe). Die Ursache der Erscheinungen wird gesucht in einer
Korrelationsstörung der Minerale, vielleicht unter Beteiligung der
Parathyreoideae, in einer Kalkarmut der Gewebe. Jeder Form
der Tetanie entsprÀche eine isolierte Kalkarmut des entsprechen-
den Organsystems, der Muskulatur bei Karpopedalspasmen, des
Nervengewebes bei Laryngospasmus, des Gehirnes bei Eklampsie.
Wenn auch die ganze Frage der Trennung des Symptomenkom-
plexes der Tetanie noch hypothetisch ist, so eröffnet die ver-
schiedene Reaktion der Muskulatur auf den elektrischen Reiz
neue Ausblicke. Weinberg Halle;
O. JlÀuptli: Zur Histologie der Poliomyelitis acuta
(II ei n e- M ed i n) und der Enzephalitis epi-
demica (1 e t h a r g i c a). D. Zeitschr. f. Ncrvenheilk., 1921,
71, H. 1â3, S. 1.
Die vorliegende Arbeit will die Beteiligung der neutrophiien
Leukozyten an EntzĂŒndungsprozessen im Zentralnervensystem
feststellen. Nach neueren Anschauungen sollen bei EntzĂŒndungen
im Gehirn und RĂŒckenmark, auch bei akuten Prozessen, die
hÀmatogenen Elemente keine Rolle spielen, vor allem nicht die
polymorphkernigen Leukozyten, vielmehr sollen histogene Zellen
ihre Rolle spielen. Ausgenommen sind natĂŒrlich die rein eitrigen
Prozesse. Durch eine einwandfreie Methode, vermittels der
Oxydase-Reaktion, soll durch Studien bei zwei akut entzĂŒndlichen
Erkrankungen, der Poliomyelitis acuta (Heine-Medin) und der
Enzephalitis epidemica lethargica (Economo) die Rolle der
Leukozyten klargestellt werden. Im akuten, frĂŒhen Stadium der
Poliomyelitis konnte festgestellt werden: HĂ€matogene Zellen be-
teiligen sich am EntzĂŒndungsprozeĂ, und zwar finden sich sowohl
im perivaskulÀren wie auch im intravenösen Infiltrate Leukozyten
und Lymphozyten neben Plasmazellen und Polyblasten. Auf Grund
der Oxydasereaktion ist die Zahl der polymorphkernigen Leuko-
zyten als sehr groĂ anzusehen im Gegensatz zu frĂŒheren Autoren.
Auch die Polyblasten von Wickmann und Wallgren sind
als Leukozyten anzusehen. Je Àlter der Krankheitsfall ist, desto
geringer wird die Zahl der Leukozyten mit positiver Oxydase-
reaktion. Vom 3. bis 4. Krankheitstage ab findet kein Nachschub
von Leukozyten mehr statt, sondern ein Ersatz durch gliogene
Elemente, deren Kern dem Leukozytenkern Àhnlich ist. Die nach
etwa 10 Tagen auftretenden Festkörnchenzellen sind keine umge-
wandelten Leukozyten, sondern advenditielle Zellen. In akuten
FÀllen von Enzephalitis wurde festgestellt: PerivaskulÀr und
intravenös finden sich in den ersten 9 Tagen vor allem Leuko-
zyten, die allmÀhlich von Lymphozyten ersetzt werden. Der
Hauptsitz der Leukozyten ist die Gegend der VierhĂŒgeL Auch
hier im Anfang eine zahlenmĂ€Ăig recht starke Beteiligung der
Leukozyten, die mit zunehmendem Alter der Erkrankung abnimmt.
Die Befunde bestÀtigen also durchaus die Auffassung Àlterer
Autoren betreffs der Beteiligung der Leukozyten als wichtigen
Bestandteilen des entzĂŒndlichen Exsudates bei Poliomyelitis und
Enzephalitis. Als extravaskulÀre Zellen beweisen sie die Zuge-
hörigkeit der Krankheitsprozesse zur EntzĂŒndung, um so wich-
tiger, als die Entscheidung ob degenerativer oder entzĂŒndlicher
ProzeĂ im Zentralnervensystem, oft schwierig ist. Nach 5 bis
6 Tagen sind die Leukozyten, die sehr schnell der Degeneration
verfallen, aus den Infiltraten verschwunden. Ein Nachschub aus
der Blutbahn findet nicht statt. Ersetzt werden sie im peri-
vaskulÀren Gewebe durch Lymphozyten, Plasmazellen und
lymphzytogene Polyblasten, im nervösen Gewebe durch proli-
ferierende Gliazellen, Lymphozyten und Plasmazellen. Ein Ver-
gleich der Befunde bei beiden Erkrankungen zeigt weitgehende
Uebereinstimmung sowohl im Bau der Infiltrate wie in der Be-
teiligung der Leukozyten. Die Reaktion auf das Virus ist also
in beiden Prozessen gleich. Im Anfange stehen die VerÀnderungen
der GefĂ€Ăapparate und die Auswanderung von Blutzellen im
Vordergrunde, die der Abwehr dienen, in den spÀteren Tagen
finden wir die starke Beteiligung der Glia, die der Reparation
dient. Die Auswanderung der hÀmatogenen Zellen ist wahr-
scheinlich bedingt durch eine LĂ€sion der Membrana perivascularis
gliae, womit ĂŒbereinstimmt, daĂ die Auswanderung um so stĂ€rker
ist, je stĂŒrmischer die EntzĂŒndung verlĂ€uft.
Weinberg (HalleV
Versicherungsmedizin.
V. Horn (Bonn) : Wann kann ein U n f a 1 1 v e r 1 e t z I e i
Schmerzensgeld verlangen? Aerztl. Sachv.-Ztg.,
1921, Nr. 20.
Mit RĂŒcksicht darauf, daĂ sowohl bei den Unfallverletzten
als auch bei den Ă€rztlichen Gutachten ĂŒber die Berechtigung eines
Anspruchs auf âSchmerzensgeld' vielfach Unklarheit bestellt,
skizziert H. in kurzen ZĂŒgen die in Frage kommenden Rechts-
grundlagen. FĂŒr gewerbliche BetriebsunfĂ€lle kann nach der
R. V. O. Schmerzensgeld nicht gefordert werden. Auch das fĂŒr
die Voll-, Neben- und StraĂenbahnen gĂŒltige Reichshaftpflichl-
gesetz vom 7. 6. 1871 sieht keinen Anspruch auf Schmerzensgeld
vor. Nur beim Vorliegen einer âunerlaubten Handlung" (Vorsatz
oder FahrlÀssigkeit) kann nach dem B. G. B. ein derartiger An-
spruch in Frage kommen. A.
112
Buchbespreeungen
â Kleine Mitteilungen
40. Jahrg. â Nr. 4.
H. Reichel Hamburg : Zum 1' n f a 1 1 s b e g r i f f. Aerztl.
Sachv.-Ztg., 1921, Nr. 20.
Unfreiwilliges Ertrinken gilt als entschÀdigungspflichtiger
Unfall, sofern es nicht durch eine bereits besiehende Erkrankung
bedingt ist. Schreckereignis wird als Unfall aufgefaĂt, wenn das
Ereignis ein ungewöhnliches ist und Krankheitserscheinungen
unmittelbar im Gefolge hatte. P. Horn (Bonn).
Hanauer (Frankfurt a. M.) : Die Krankenordnung der
R. V.O. und die BekÀmpfung der Geschlechts-
krankheiten. Aerztl. Sachv.-Ztg., 1921, Nr. 21.
Das R. V. A. hat die RechtsgĂŒltigkeit einer Betriebskranken-
kassenordnung anerkannt, wodurch die Kassenmitglieder ver-
pflichtet werden, sowohl zum Meldezwang als auch zur Auf-
suchung der Beratungsstelle fĂŒr Geschlechtskranke. In lĂ€ngeren
AusfĂŒhrungen medizinischer und rechtlicher Art sucht H. darzu-
legen, daĂ diese Entscheidung des R. V. A. weder rechtlich be-
grĂŒndet noch materiell durchfĂŒhrbar und erfolgversprechend sei,
da nur auf reichsgesetzlichem Wege diese schwierigen
Fragen endgĂŒltig gelöst werden könnten. P. Horn (Bonn).
Fr. Zimmermann (Bingen): Die Einteilung der Unfall-
neurosen. Aerztl. Sachv.-Ztg., 1921, Nr. 22.
Fr. Zimmermann, frĂŒher langjĂ€hriger juristischer Beirat
der oberrheinischen und sĂŒddeutschen Eisenlbahngesellschaften, der
sich durch zahlreiche. Arbeiten ĂŒber Unfallneurosen auch in der
medizinischen Literatur vorteilhaft bekannt gemacht, versucht im
Anschluà an die EinteilungsvorschlÀge von Horn, NÀgeli und
Reichardt mehr vom rechtlichen Standpunkte aus die
Unfallkrankheiten zu klassifizieren, indem er unterscheidet:
I. entschÀdigungsberechtigte Krankheiten (unmittelbare Unfall-
folgen), 2. teilweise entschÀdigungsberechligte Krankheiten (meist
mittelbare Unfallfolgen), 3. nicht entschÀdigungsberechtigte Er-
scheinungen (simulierte Krankheiten, Àltere Leiden, krankhafte
Veranlagungen, Begehrungs- und Rentenkampfneurosen usw.".
Wertvoll sind ferner seine Darlegungen ĂŒber die geschichtliche
Entwicklung des Eisenbahnhaftpflichtrechts und die .Wandlungen
der Rechtsprechung bei Haftpflichtf allen, insbesondere die Stel-
lungnahme zur EntschÀdigung von Unfallneuiosen. Auch Z. be-
tont den schÀdlichen Einfluà von Dauerrenten.
P. Horn (Bonn).
Buchbesprechungen.
Schwalbe, J.: Diagnostische und therapeutische
IrrtĂŒmer und deren VerhĂŒtung. (Abteilung GynĂ€-
kologie.
Henkel: Krankheiten der Ă€uĂeren Geschlechts-
teile, der Vagina, der weiblichen Blase, des
Harnleiters und der Harnröhre, Gonorrhoe,
Syphilis und Tuberkulose der weiblichen G e -
schlechsorgane. (Heft 1.)
Reifferscheid^ Karl: Krankheiten des Uterus. (Heil 2.
von Jaschke, R. Th.: Krankheiten der Ovarien, Tuben,
Ligamente des Uterus und Beckenbindege-
webe, Bauchfell. (Heft 3.)
Die Abteilung âFrauenheilkunde" reiht sich wĂŒrdig den bis-
her erschienen BĂ€nden von Schwalbes âIrrtĂŒmern"' an. Alle drei
Hefte stellen in knapper, aber sehr instruktiver Form die hÀufig-
sten diagnostischen IrrtĂŒmer dar und zeigen die Wege zu ihrer
Vermeidung. Ganz besonders gut gelungen und beherzigenswert
fĂŒr die Praxis ist das Kapitel ĂŒber âErkrankungen der Harnwege'
von Henkel. Die 3 Hefte verdienen weiteste Verbreitung unter
den Praktikern, die sich mit GynÀkologie beschÀftigen.
K. Wohlgemuth (Berlin).
Richard WeiĂ â Paul Engelen: Die schnellsten und ein-
fachsten U n t e r s u c h u n g s m e t h o d e n zur kli-
nischen Diagnostik. Berlin, Fischers Med. Buchhdlg.,
H. Kornfeld, 1921.
Das ausgezeichnete Buch von WeiĂ, das in zweiter ver-
gröĂerter Auflage unter Mitarbeit von Paul Engelen vorliegt, ist
in erster Linie fĂŒr den praktischen Arzt bestimmt, der ohne be-
sondere Hilfsmittel, evtl. am Krankenbett selbst sofort unter-
suchen will. AuĂerordentlich ĂŒbersichtliche Einteilung, klare
und einfache Darstellung und lĂŒckenlose VollstĂ€ndigkeit unter
Weglassung allzu spezialistischer Details machen es zu einem
fast unentbehrlichen Ratgeber fĂŒr den Praktiker. Haber.
Ebstein: Der Geruch in der klinischen Diagnostik."
WĂŒrzb. Abhandl., 20, 10â12. Pr. brosch. 4,50 M.
Aufbauend auf eigenen Erfahrungen und den Ergebnissen
eines eingehenden Literalursludiums zeigt Verf. die groĂe dia-
gnostische Bedeutung, die dem Geruchssinn sowohl in der inneren
Medizin, insbesondere bei den Infektionskrankheiten, als auch in
ihren Grenzgebieten Chirurgie, GynÀkologie und Geburtshilfe zu-
kommt. Die modernen Untersuchungsmethoden haben uns zwar
im allgemeinen von der Ausbildung unseres Geruchsorgans un-
abhÀngig gemacht, aber wer zu riechen gelernt hat, wird nur.
ungern auf dieses Hilfsmittel in der Diagnostik verzichten. Wer
sich ĂŒber die diagnostische Verwertung der verschiedenen unter
pathologischen VerhĂ€ltnissen auftretenden GerĂŒche des SchweiĂes,
der "Atemluft, des Urins, des Kotes usw. AufklÀrung zu ver-
schaffen wĂŒnscht, wird in der vorliegenden Abhandlung finden,
was er braucht. Stadelmann (Frankfurt a. M.).
Kleine Mitteilungen.
Anstellung von GewerbeÀrzten zur Mitarbeit und zum Aus-
bau der Hygiene in gewerblichen Betrieben. Nach einem Be-
schluĂ des PreuĂischen Staatsministeriums werden zur Unter-
stĂŒtzung der technischen Gewerbeaufsichtsbeamten in gewerbe-
hygienischen Fragen, sowie zur Vertiefung der Kenntnisse der
durch die gewerbliche Berufsarbeit bedingten krankhaften Ver-
Ă€nderungen und deren Vorbeugung und Beseitigung, sowie zum
Ausbau allgemein gewerbehygienischer Aufgaben und Arbeits-
gebiete fĂŒr das Gebiet des Freistaales PreuĂen fĂŒnf Gewerbe-
Àrzte angestellt. Die GewerbeÀrzte sind unmittelbare Staats-
beamte und unterstehen der Aufsicht des fĂŒr ihren Amtssitz zu-
stÀndigen RegierungsprÀsidenten. Sie haben die im § 139 b der
Reichsgewerbeordnung den staatlichen Aufsichtsbeamten gegebe-
nen Befugnisse, insbesondere die der jederzeitigen unangemelde-
ten Besichtigung der ihrer Aufsicht unterstellten Betriebe.
Berlin. Prof. Dr. Franz Keibel in Königsberg hat den
Ruf als Nachfolger Oskar Hertwigs auf den Lehrstuhl der allge-
meinen Anatomie und Entwicklungslehre angenommen.
Die Dienstbezeichnung âauĂerordentlicher Professor" den
Privatdozenten Ludw. F. Meyer (Kinderheilk.), R. WeiĂen-
berg (Anat.), Franz HĂŒbötter (Chir., Geschichte der Medizin),
A. G ĂŒ 1 1 i c h (Ohren-, Nasen-, Halsheilk.), M. W e i n g Ă€ r t n e r
(Nasen- u. Kehlkopfheilk.), P. J u n g m a n n, MĂŒnk, H. Z o n -
d e k, G. W alter hoefer und J. Guggenheimer (Innere
Medizin), A. Kohlrausch und E. A t z 1 e r (Physiologie), G.
Joachimoglu (Arzneimittellehre), B. Marlin, E. Kisch,
F. BrĂŒning und A. von Lichtenberg (Chirurgie), H.
Se eiert (Phychiatrie und Neurologie), F. Blumenthal (Der-
matologie), O. Kuff ler (Soziale Medizin).
Habilitiert fĂŒr allgem. Pathologie und pathol. Anatomie
Dr. M. H. Kuczyhsk i.
Bonn. Dienstbezeichnung âauĂerordentl. Prof."' dem Privat-
dozenten Dr. fit. FrĂŒnd (Chir.).
Breslau. Verstorben Privatdozent Prof. Dr. Jean Schaffe r.
DĂŒsseldorf. Verslorben der Ă€rztl. Direktor der stĂ€dt. Kran-
kenanstalten Generalarzt a. D. W. Classen.
Frankfurt. Dienstbezeichnung âauĂerordentl. Prof." den Pri-
valdozenten E. Reià (Innere Med.) und O. Götze (Chir.;.
Freiburg. Dienstbez. âauĂerordentl. Prof." den Dozenten K..
Amersbach (Laryngo-, Rhino- u. Otologie), H. Böker (Ana-
tomie) und P. Lindig (Geburtsh. u. GynÀkol).
Heidelberg. Dienstbez. ..auĂerordentl. Prof. den Dozenten
Ii. Frh. v Redwitz und A. Meyer (Chir.), H. Freund (Inn
Med. u. Pharmakol.), H. E y m e r (Geburtsh. u. GynÀkol.), V. Frh.
v WeizsÀcker (Inn. Med.), E. Freudenberg (Kinderhlk N.
Kiel. Der Privatdozent und Assistent am hygienischen In-
stitut der UniversitÀt Kiel, Dr. Wolfgang GÀrtner, ist als
Mitglied der Hills expedition des Roten Kreuzes nach RuĂland am
13. Dezember d. J. in Kasan an Fleckfieber gestorben.
Marburg. Prof. Dr. M. L ö h 1 e i n, Direktor des pathologi-
schen Instituts, ist am 27. 12. 21 gestorben.
WĂŒrzburg. Die WĂŒrzburger medizinische FakultĂ€t hat den
Rineckerpreis dem frĂŒheren ord. Professor an der StraĂbur-
ger UniversitÀt Dr. Franz Hofmeister, jetzt Honorar-
professor fĂŒr physiologische Chemie in WĂŒrzburg, zuerkannt.
Privatdozent Dr. D. Ackermann wurde zum auĂerordentl.
Prof. der physiol. Chemie ernannt.
Titel und Rang eines auĂerord. Prof. wurde verliehen den
Dozenten Dr. E. Leupold (Allg. Pathol.), Dr. WT. Vogt (Ana-
tomie), Dr. W. Nonnenbruch und Dr. G. Ganter (Innere
Medizin).
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von E. C. W. VOGEL, Leipzig, Dresdner Strafte 3 * Berliner GeschÀftsstelle und alleinige
Inseratenannahme: HANS PUSCH. Berlin SW 4ö, Wilhelm-Stra&e 20 / Fernsprecher LĂŒtzow 9057
Nr. 5 Berlin, den 1. Februar 1922 40. JfjlirqaiKj
Oer Verlag behĂ€lt sich das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist vor.
RĂŒckblick auf die Frage der Herkunft
und der experimentellen Grundlagen des
Friedmannschen Tuberkulosemittels.
Von W. P f a ri h e n s t i e l; Frankfurt a. M.
Nach der Entdeckung des Tuberkelbazillus durch Ro-
bert Koch ist es zahlreichen Forschern gelungen, eine
grolie Reihe saprophytischer StÀbchen aus den Organen und
den Sekreten und Exkrementen von Menschen und Tieren,
Warm- und KaltblĂŒtern, aus Pflanzen, GrĂ€sern und Mist, aus
Milch und Butter, aus Wasserleitungsrohren und Trompeten-
mundstĂŒcken, aus Schlamm und Erde zu isolieren, deren
fĂ€rberisches Verhalten dem der Tuberkelbazillen auĂer-
ordentlich Àhnelte. Wegen dieses gemeinsamen fÀrberischen
Verhaltens, welches in der hohen Resistenz dieser Bakterien
gegen entfÀrbende Agentien, wie SÀuren, Alkali, Alkohol, Na-
triumsulfil usw. seinen Ausdruck findet, glaubte man sie
zusammen mit den echten Tuberkelbazillen in eine geson-
derte Bakteriengruppe zusammenfassen zu können, welche
kurz mit der âGruppe der sĂ€urefesten Bakterien" bezeichnet
wurde. Im Tierversuch unterscheiden sich diese tuberkel-
bazillenÀlmlichen sÀurefesten StÀbchen von den echten Tu-
berkelbazillen des Typus humanus und bovinus, welche be-
kanntlich schon in minimalster Dosis an Meerschweinchen,
bzw. Kaninchen verimpft, den Tod an generalisierter Tuber-
kulose bei diesen Versuchstieren innerhalb einiger Wochen
bis Monate mit Sicherheit herbeifĂŒhren, dadurch, daĂ sie
nach Verimpfung selbst groĂer Mengen bei Meerschweinchen
meist nur örtliche LÀsionen, welche in der Mehrzahl der
Fidle wieder glatt abheilen, verursachen.
Kulturell unterscheiden sich die sogenannten sÀurefesten
Saprophyten, zu denen wohl auch die sogenannten Kalt-
blĂŒtertuberkelbazillen zu rechnen sind (Weber und Taute)
von den typischen W'armblĂŒterluberkelbazillen durch ihr
sehr rasches und ĂŒppiges Wachstum, ihre Anspruchslosig-
keit in bezug auf kĂŒnstliche NĂ€hrböden und untereinander
hauptsÀchlich durch die Temperaturgrenzen und -Optima
ihres Wachstums. WĂ€hrend echte WarmblĂŒtertuberkelbazil-
len (Typus humanus, bovinus und gallinaceus) sich nur bei
Temperaturen von etwa 30 â 43 Grad gut entwickeln, ge-
deihen z. B. aus KaltblĂŒtern gezĂŒchtete sĂ€urefeste StĂ€bchen
nur bis zu 27 Grad, Grasbazillen dagegen bis zu 58 Grad
Höchsttemperatur. (SchloĂberger und Pfannenstiel.) (1)
Allerdings ist es neuerdings manchen Autoren, z. B. St.
Lichtenstein, sowie B. Lange (2) gelungen, durch allmÀh-
liche Steigerung der Temperatur solche BakterienstÀmme, die
ursprĂŒnglich nur bei niedrigen Temperaturen (Zimmer-
temperatur) ein Wachstum auf gĂŒnstigen NĂ€hrböden auf-
wiesen, auch an höhere Temperaturen zu gewöhnen. Eine
sonstige scharfe Differenzierung dieser Bakterien unterein-
ander mit den ĂŒblichen bakteriologischen Methoden gelingt
auĂerordentlich schwer, da das biologische Verhalten der
einzelnen StĂ€mme groĂen Schwankungen unterworfen ist.
Besonders bemerkenswert ist die erstmals von Robert Koch
festgestellte, hernach von vielen Autoren bestÀtigte Erschei-
nung, dal) sich die verschiedenen Arten sÀurefester Bakterien
einschlieĂlich der echten Tuberkulose mittels serologischer
Verfahren (Agglutination, Komplementbindung usw.) nicht
unterscheiden lassen, daà also eine weilgehende Rezeptören-
gemeinschaft bei den verschiedenen Angehörigen der sÀure-
festen Gruppe (GruppenspezifitĂ€t) vorhanden ist â s. auch
SchloĂberger und Pfannenstiel (2).
Einer der Vertreter der groĂen Gruppe der sogen, sĂ€urefesten
Saprophyten ist anscheinend auch der von F. F. F r i c d -
mann in der Lunge einer Wasserschildkröte (Ghelone cor-
tica) im Jahre 1902 gefundene und von ihm als âSchild
krötentuberkelbazillus" bezeichnete Stamm. Auf Veran-
lassung Friedmann's gelang es P i o r k o w s k i, die im Ge-
webe massenhaft vorhandenen sÀurefesten StÀbchen auf
kĂŒnstliche NĂ€hrböden zu ĂŒberimpfen und in Reinkultur
weiterzuzĂŒchten. Diese Bazillen gedeihen im Gegensatz zu
den ĂŒbrigen KaltblĂŒtertuberkelbazillen noch bei Tempera-
turen bis zu 40 Grad. Auf Meerschweinchen verimpft zeigen
sie eine ebenso geringe PathogenitĂ€t wie die ĂŒbrigen sĂ€ure-
festen Saprophyten.
F riedmann beschreibt den pathologisch-anatomi-
schen Befund der bei der verendeten Schildkröte allein er-
krankten Lunge als sehr Àhnlich dem Bilde, das eine tuber-
kulöse menschliche Lunge mit Kavernenbildung darbietet.
Dieser Vergleich ist kaum zulÀssig, da der normale Bau der
Schildkrötenlunge an sich schon einen gefalteten Luftsack
darstellt, der sich zu einer groĂen Kaverne aufblĂ€hen lĂ€Ăt,
wÀhrend die Kavernenbildung einer menschlichen Lunge be-
kanntlich durch kÀsigen Zerfall des Lungengewebes ent-
steht.
Ueber die Herkunft dieser von Friedmann in der
Schildkrötenlunge gefundenen sÀurefesten StÀbchen ist nichts
Sicheres bekannt. Friedmann (2) nahm anfangs selbst
an, daĂ es sich um einen durch Schildkrötenpassage âwun-
dersam mitigierten" menschlichen Tuberkelbazillus handeln
könne. TatsÀchlich litt der WÀrtei des Berliner Aquariums,
aus dem die betreffende Schildkröte stammte, an doppel-
seitiger offener Lungentuberkulose, so daĂ die Vermutung
einer Infektion der Schildkröte durch das nachgewiesen stark
bazillenhaltige Sputum des Dieners einige Wahrscheinlich-
keit hatte. DafĂŒr wĂŒrden insbesondere auch die Versuche
von Bataillon, Dubard und Terre, A. Dieudonne, E. Klebs,
M. Klimmer, E. Bertarelli und vieler anderer Autoren
sprechen, denen es durch Verimpfen von WarmblĂŒtertuber-
kelbazillen gelungen zu sein scheint, eine AbschwÀchung der
MeerschweinchenpathogenitÀl zu erzielen. Dagegen ist es
allerdings experimentell noch nicht geglĂŒckt, auf digestivem
Wege KaltblĂŒter tuberkulös zu infizieren (Hormann und
Morgenroth, Nicolas und Lesieur u. a.).
SpĂ€ter hat Friedmann seine ursprĂŒnglich geĂ€uĂerte
Ansicht stark revidiert. Wohl um die öffentliche Meinung
ĂŒber die verdĂ€chtige Provenienz seines Mittels nicht ungĂŒn-
stig zu beeinflussen, bezeichnete er den von Piorkowski unter
seiner Leitung isolierten Bazillus als den âechten Schild -
krötentuberkelbazillus", womit er scheinbar seine genuine
Herkunft aus spontan an Tuberkulose erkrankten Schild-
kröten zum Ausdruck bringen wollte. Wie er angibt (2 u. 221
gelang es ihm noch zweimal, aus Schildkrötenlungen den
âechten Schildkrötentuberkelbazillus" zu isolieren. Aus dem
aus der dritten Schildkröte gewonnenen Stamm wird
nach Angaben Friedmanns (22) sein Tuberkuloseheilmittel
hergestellt.
114
Pfannenstiel: Friedmanns Tuberkulosemittel
40. Jahrg. â Nr. 5>
Die Tierversuche mit diesem sog. Schildkrötentuberkel-
bazillus ergaben Ă€uĂerst widersprechende Resultate. WĂ€h-
rend Friedman n seine hohe Virulenz fĂŒr KaltblĂŒter be-
tonte (4), gelang es spĂ€ter nicht mehr, mit den auf kĂŒnst-
lichen NĂ€hrböden weiter gezĂŒchteten Bazillen Schildkröten
zu infizieren. (L. Rabinowitsch (1), Andersen und Stimson,
\Y. Kruse u. a.) Andererseits zeigte sich bei Verimpf ung auf
WarmblĂŒter bei Mengen von ĂŒber 50 mg Kultur, ebenso wie
bei anderen Vertretern der sogen, sÀurefesten Saprophyten,
eine gewisse Giftwirkung durch die Ueberschwemmung des
Organismus mit lebenden Bazillen, in einzelnen FĂ€llen wur-
den sogar tuberkuloseÀhnliche, bazillenhaltige LÀsionen
Knötchenbildung â auch in von der Impfstelle entfernten
Organen in mehr oder weniger groĂer Ausdehnung gefunden.
Die im Staatl. Institut fĂŒr experimentelle Therapie zu
Frankfurt a. M. unter Leitung von Herrn Geheimrat W.
Kol le bei Verwendung sehr groĂen Tiermaterials angestell-
ten Versuche ergaben, ebenso wie die spÀteren Untersuchun-
gen von U h 1 e n h u t h und Lange, daĂ der Fried-
mannsche sogen. Schildkrötentuberkelbazillus fĂŒr Kanin-
chen völlig harmlos ist, wie auch L. Lange und alle an-
deren Autoren ĂŒbereinstimmend bestĂ€tigen konnten. Bei
MĂ€usen und den fĂŒr Tuberkulose besonders empfindlichen
Meerschweinchen jedoch verursachte er bei interperitonealer
Verimpfung gröĂerer Mengen (50 â 100 mg) lokale Impf-
ahszesse, die mit DrĂŒsen-, Netz- und Milzschwellungen und
positivem Bazillenbefund in diesen Organen einhergingen.
In einzelnen FĂ€llen gelang es sogar, in allen Organen aus-
gedehnte tuberkuloseÀhnliche Erkrankungen (disseminierte
Knötchenbildung) zu erzeugen (W. K o 1 1 e und H. SchloĂ-
berger) (1). Aehnliche Befunden hatten bereits auch an-
dere Autoren beobachtet (O r t h und Rabinowitsch,
A n d e r s o n und Stimson, K. Kaufmann, G. Sehr ö-
d e r u. a.). Eine âvöllige Harmlosigkeit" fĂŒr WarmblĂŒter
lieà sich also nicht nachweisen. Aus den tuberkuloseÀhn-
lichen LĂ€sionen gelang es wiederum, die im mikroskopischen
PrÀparat nachgewiesenen Bazillen erneut zu isolieren und
auf normale Meerschweinchen, die durch vorherige Tuber-
kulinprĂŒfung als nicht tuberkulös befunden worden waren,
zu ĂŒbertragen. (K o 1 1 e, SchloĂberger, Pfannen -
stiel.) Dabei zeigte sich, daĂ sich der sogenannte Schild-
krötentuberkelbazillus durch mehrfache Tierpassage in seiner
Virulenz fĂŒr WarmblĂŒter derart steigern lieĂ, daĂ er schlieĂ-
lieh die gleichen pathologisch-anatomischen VerÀnderungen
hervorrief, wie der echte Tuberkelbazillus (R. Jaffe). Die
infizierten Meerschweinchen starben bereits nach Infektion
mit nur kleinen Mengen des Passagestammes zum groĂen
Teil an den Erscheinungen einer generalisierten Tuberkulose.
Aehnliche Versuchsergebnisse hatten bereits K. Kauf m a n n
und G. Schröder verzeichnen können. Da sich aber die
gleichen pathologisch-anatomischen VerÀnderungen und Vi-
rulenzsteigerungen durch Tierpassagen in ganz analoger
Weise mit anderen, an sich schwach pathogenen sogen,
sÀurefesten Saprophyten, z. B. mit Butter- und Grasbazillen,
sowie mit ursprĂŒnglich typischen, durch langjĂ€hrige ZĂŒch-
tung auf kĂŒnstlichen NĂ€hrböden, aber in ihrer PathogenitĂ€t
fĂŒr Meerschweinchen stark abgeschwĂ€chten menschlichen
Tuberkelbazillen erzeugen lieĂen (K o 1 1 e, SchloĂberger
und Pfannenstiel, Igersheimer und SchloĂ-
berge r), ist die Frage der Stellung des Friedmann'schen
Bazillus innerhalb der Gruppe der sÀurefesten Bakterien noch
nicht endgĂŒltig entschieden.
Was nun die Anwendung des sogen. Schildkrötentuber-
kelbazillus als Schutz- und Heilmittel bei Tuberkulose an-
langt, so muĂ darauf hingewiesen werden, daĂ mit dem Ver-
such nach Art der J e n n e r sehen Pockenimpfung eine Im-
munitÀt gegen Tuberkulose mit lebendem abgeschwÀchten
Virus zu erzeugen, in der Tuberkuloseforschung schon frĂŒh
begonnen worden ist. Als Grundprinzip dieser Immunisie-
rung ist die Beobachtung Robert Kochs, die spÀter durch P.
H. Römer bestĂ€tigt und erweitert wurde, anzusehen, daĂ
ein lokal bleibender tuberkulöser Herd einen gewissen Schutz
fĂŒr den Gesamtorganismus bildet, allerdings nur solange, als
der lokalisierte Herd lebende Bazillen enthÀlt. E. v. Beh-
ring verzeichnete auf diese Weise gewisse Immunisierungs-
erfolge bei Rindern mit den fĂŒr die Boviden weniger viru-
lenten menschlichen Tuberkelbazillen (Bovovaccination). R.
Koch, W. SchĂŒtz, F. Neufeld und H. MieĂn ei-
nnachten Àhnliche Versuche mit saprophy tischen Mist-, Gras-
und Pseudoperlsuchtbazillen, sowie mit Blindschleichen-
Tuberkelbazillen, P. H. Römer mit GeflĂŒgel-Tuberkelbazil-
len an Rindern. Eine groĂe Reihe von Autoren (Batail-
lon, Dubard und T e r r e, E. K 1 e b s, F. Klemperer,.
H.Klimraer, A. Dieudonne, A. M o e 1 1 e r, E. K ĂŒ s t e r,
Klops tock und Seligmann, B. Lange (1) u. a.)
suchten durch verschiedene wenig virulente sÀurefeste Sapro-
phyten oder durch echte WarmblĂŒtertuberkelbazillen verschie-
dener Provenienz, die durch NĂ€hrboden- â vor allem aber
durch KaltblĂŒterpassage â verĂ€ndert, bzw. in ihrer Virulenz
fĂŒr WarmblĂŒter abgeschwĂ€cht waren, Laboratoriumstiere
gegen eine nachfolgende Infektion mit virulenten Tuberkel -
bazillen zu immunisieren. Alle diese Versuche wurden aber
wegen ihres sehr zweifelhaften Erfolges wieder aufgegeben.
Wenn auch manchmal eine gewisse LebensverlÀngerung ge-
genĂŒber den nur mit virulenten Tuberkelbazillen infizierten
Kontrolltieren zu verzeichnen war, so gelang es doch niemals
einwandfrei den tödlichen Verlauf der Tuberkulose bei den
Versuchstieren zu verhindern. Der einzige, dem dieser Ver-
such angeblich glĂŒckte, war Friedmann mit seinem sog.
Schildkrötentuberkelbazillus.
Leider hat Friedmann nur mit ganz wenigen Ver-
suchstieren experimentiert. Die Versuchsprotokolle hat er
niemals in extenso veröffentlicht. Er gibt nur an, daà die
mit Schildkrötentuberkelbazillen vorbehandelten Versuchs-
tiere, hauptsÀchlich Meerschweinchen, zu einer Zeit, da die
nur mit Tuberkelbazillen infizierten Kontrolltiere an Tuber-
kulose starben, bei der Obduktion nach diagnostischer Tö-
tung noch frei von tuberkulösen VerÀnderungen gewesen
seien, die am Leben gelassenen 3 mal so lange als die Kon-
trolltiere lebten oder ĂŒberhaupt nicht an Tuberkulose ein-
gingen. Keiner der zahlreichen Autoren, welche diese Ver-
suche einer NachprĂŒfung unterzogen (Libbertz und RuppeL
Orth und L. Rabinowitsch, P. Ehrlich, H. Seiter, E. Bau-
mann, G. Schröder, F. Klopstock, W. Kolle und H. SchloĂ-
berger, P. Uhlenhuth und L. Lange, M. Kirchner, A. Moeller,
G. Töppich, S. Meyer u. a.) konnte die Angaben Friedmann's
irgendwie bestÀtigen.
Durch die im staatlichen Institut fĂŒr experimentelle The-
rapie in Frankfurt a. M. hauptsÀchlich an Meerschweinchen,
aber auch an Kaninchen und MĂ€usen ausgefĂŒhrten Arbeiten
wurden sowohl die Wirkung, als auch die angebliche Schutz-
kraft des Friedmann'schen Stammes einer eingehenden PrĂŒ-
fung unterzogen. Zur Infektion der Versuchstiere wurde ein
alter, durch vieljÀhrige NÀhrbodenpassage in seiner Virulenz
abgeschwÀchter menschlicher Tuberkelbazillenstamm ver-
wendet, welcher subkutan in einer Dosis von M mg ver-
impft, Meerschweinchen meist erst nach mehr als 1 Jahr
tötete. Unter anderem wurden auch Aufschwemmungen
dieses schwach virulenten Stammes, um den fĂŒr den Men-
schen hauptsÀchlich in Betracht kommenden Infektions-
modus nachzuahmen, im Martini'schen Inhalationsapparat
versprayt und von den Meerschweinchen inhaliert; in weite-
ren Versuchsreihen wurden die Bazillen den Tieren in die
rasierte Bauchhaut mit dem Glasstab eingerieben. Trotz
dieses auĂerordentlich schonenden Infektionsmodus und des
ganz langsamen Krankheitsverlaufes konnte durch prophy-
laktische oder therapeutisch! Anwendung der sogen. Schild-
krötentuberkelbazillen Friedmann's in keinem Falle eine Be-
einflussung des tuberkulösen Prozesses festgestellt werden.
SĂ€mtliche Tiere gingen schlieĂlich, ohne daĂ sich ein deut-
licher Unterschied gegenĂŒber den Kontrolltieren zeigte, an
typischer Tuberkulose zugrunde. (Kolle u. SchloĂberger (2).)
Alle diese Versuche beweisen, daĂ sich der sogen. Fried-
mann'sche Schildkrötentuberkelbazillus entgegen den An-
gaben seines Entdeckers in bezug auf seine Verwendung als
Heil- oder Schutzmittel im Tierversuch ebenso unwirksam
verhÀlt, wie die anderen sogen, sÀurefesten Saprophyten, mit
denen die oben erwÀhnten anderen Autoren experimentierten.
âą10. Jahrg. â Nr. ö
Pfannenstiel: Friedmanns Tuberkufosemittef
ff.>
Ls erscheint daher durchaus ungerechtfertigt, das Mittel als
Heil- und Schutzmittel Iii r Tuberkulose unter Aufwand von
marktschreierischer Reklame, wie dies von Seiten Fried
bann 's geschehen isi, fĂŒr den Menschen in Anwendung zu
bringen.
Friedmann selbst gibt dem Tierversuch keine Be-
weiskraft, inuem er sagt, daĂ der spontan erkrankte mensc h -
Bpnc Organismus anuers reagieren könne, als der des experi-
mentell infizierten Versuchstieres. Es ist dieser Einwand
[§aglos richtig, er lĂ€Ăt sich sogar noch dahin erweitern, daĂ
pcnt nur L nterschiede in der ReaktionsfÀhigkeit auf die
kĂŒnstliche Impfung mit lebenden sĂ€urefesten StĂ€bchen zwi-
schen Mensch und Tier, sondern auch zwischen den ein-
zelnen menschlichen Individuen bestehen mĂŒssen. Es sei
nur auf die bekannte Tatsache hingewiesen, daĂ die bei den
âdurchseuchten" EuropĂ€ern im allgemeinen chronisch ver-
laufende Tuberkulose, bei manchen anderen VölkerstÀmmen,
Jenen eine derartige âDurchseuchungsresistenz" fehlt, unter
DastÀnden als akute Infektionskrankheit verlaufen kann.
Einen Àhnlichen Unterschied, wie er hier zwischen verschie-
lenen Menschenrassen in Erscheinung tritt, mĂŒssen wir aber
uich innerhalb eines und desselben Volksstammes bei ver-
schieden alten und verschieden disponierten Individuen an-
lehmen. Der klinische Verlauf und die pathologisch anato-
nischen Befunde bei tuberkulösen SÀuglingen, verglichen mit
in Erscheinungen der Tuberkulose beim Erwachsenen, be-
tÀtigen eine solche Anschauung. Denn es ist ja eine be-
tannte Tatsache, daĂ der SĂ€ugling oder das Kind in den
âąrsten Lebensjahren dem tuberkulösen Virus gegenĂŒber viel
veniger Widerstand entgegenzusetzen imstande ist als der
Erwachsene, der, wie wir durch zahlreiche statistische Un-
ersuchungen wissen, meist im Laufe der ersten 20 Jahre
eines Lebens durch geringe, meist ohne Erscheinungen ver-
SĂŒfende tuberkulöse Infekte einen mehr oder weniger star-
ten Schutz gegen Neuinfektionen mit Tuberkelbazillen er-
virbt. Die Erscheinung, daĂ das Friedmann 'sehe Tuber-
culoseheilmittel vom Erwachsenen meist vollstÀndig reak-
ionslos vertragen wird, kann daher wohl mit Recht auf
inen solchen erworbenen Schutz zurĂŒckgefĂŒhrt werden. An-
lers aber liegen die VerhĂ€ltnisse beim SĂ€ugling, der ĂŒber
lerartige Schutzstoffe noch nicht verfĂŒgt. Bei der nahen
iferwandtschaft, die in biologischer und phylogenetischer
linsicht zwischen den echten Tuberkuloseerregern und den
ibrigen sÀurefesten StÀmmen, vor allem gerade dem Fried -
nann'schen Stamm besteht, ist es daher a priori nicht voll-
tÀndig ausgeschlossen, daà unter UmstÀnden der nur
chwach pathogene Friedmann'sche Stamm auf Grund seiner
UipassungsfÀhigkeit, anstatt am Orte der Injektion liegen
u bleiben und dadurch eventl. einen Schutz zu bewirken,
ine progrediente Tuberkelbazillenerkrankung hervorrufen
ann. FĂŒr diese Möglichkeit einer Virulenzsteigerung im
ingeschĂŒtzten Organismus des Kindes sprechen, abgesehen
on den oben mitgeteilten Tierversuchen, vor allem auch die
rĂŒheren Angaben Friedmann's, nach welchen der von ihm
ntdeckte Bazillus ein durch KaltblĂŒterpassage abgeschwĂ€cht-
er menschlicher Tuberkelbazillus sei. Es ist daher die von
'riedmann empfohlene prophylaktische Massenimpfung von
andern und SĂ€uglingen durchaus nicht unbedenklich und
ie Möglichkeit der Entstehung einer Tuberkulose bei ein-
elnen dazu disponierten Individuen niemals ganz von der
Band zu weisen.
Wie bereits oben erwÀhnt, kann das Friedmann'sche
littel keineswegs als eine originelle Entdeckung bezeichnet
Verden; denn die ihr zugrunde liegende Tatsache, daĂ lokale
Libcrkulöse Herde einen Schulz des Körpers gegen die All-
emeininfektion mit Tuberkelbazillen bedingen, ist bereits
urch Robert Koch u. a. festgestellt und erhÀrtet worden.
)ie Hauptschwierigkeit einer jeden solchen Impfung gegen
bberkulose mit lebenden Erregern liegt jedoch insbesondere
a den individuellen Resistenzunterschieden der verschiede-
nen Patienten. Es wÀre daher notwendig, das Mitlei indi-
iduell dosieren zu können. Dieser Versuch wurde von
'riedmann in der Weise gemacht, daĂ er nach Art der Vac-
ine verschiedene VerdĂŒnnungen der Kultur â gemessen
nach der Dichtigkeit der Aufschwemmung herstellt und
in den Handel bringt. Bei einem solchen Verfahren kann
von einer wirklichen Dosierung natĂŒrlich gar keine Rede sein.
1/ie Keimzahl dieser Verdiinnungen des Impfstoffs erwies sich,
wie bereits vielfach festgestellt wurde (L. Rabinowitsch (2),
F. Klemperei (I), B. Heymann u. Koike u. a.), als durchaus
inkonstant; oft enthielten die Ampullen, welche mit
,, schwach" bezeichnet waren, mein- Keime, als die mit âstark"
bezeichneten. Vor allem hat aber Friedmann die Schwierig-
keit der individuellen Dosierung entsprechend den Resistenz-
Unterschieden bei verschiedenen Patienten nicht erkannt und
noch viel weniger ĂŒberwunden; denn sein Mittel kann im
Gegensatz zu sonstigen Impfstoffen (Lyssa, Pockenimpfstoff
usw.), welche vor ihrer Anwendung beim Menschen experi-
mentell genauestens austitriert werden, keinen Anspruch auf
eine Konstanz seiner Wirkung machen. Wir wissen, daĂ
sich sÀurefeste StÀbchen unter verÀnderten Lebensbedingun -
gen in ihren biologischen und chemisch - physikalischen
Eigenschaften wesentlich, verÀndern können. Das trifft auch
fĂŒr den Friedmann'schen Stamm zu; denn der nach den An-
gaben Friedmann's aus einer der 3 Schildkröten seinerzeit
gewonnene und zu Schutz- und Heilzwecken fĂŒr den Men-
schen unter Kontrolle von W. Kruse Jahre hindurch auf
kĂŒnstlichen NĂ€hrböden fortgezĂŒchtete Bazillus hat z. B., wie
Kruse selbst zugibt, seine PathogenitĂ€t fĂŒr Schildkröten
völlig verloren. Da aber speziell bei den Tuberkelbazillen
immunisierende Wirkung und PathogenitÀt in einem engen
Zusammenhang miteinander stehen, so ist wohl die An-
nahme berechtigt, daĂ auch die immunisierenden Eigen-
schaften des Friedmann'schen Stammes, wenn solche ĂŒber-
haupt vorhanden waren, unter dem EinfluĂ der NĂ€hrboden-
passagen Aenderungen erfahren haben. Ganz das Gleiche
gilt auch fĂŒr die dem Friedmannmittel nachgebildeten aus
Schildkrötentuberkelbazillen hergestellten Tuberkuloseheil-
mittel: das âChelonin, Schildkröten-TB-Vakzint Dr. Pi-
orkowski", und die âKaltblĂŒter-KTB-Vakzine Dr. F. Baum"
(B. Heymann und M. Koike.)
Die klinischen Erfolge des Mittels sind dem Gesagten
entsprechend recht zweideutig. WÀhrend die AnhÀnger
Friedmann's glÀnzende Heilerfolge beim tuberkulösen Men-
sclien gesehen haben wollen, werden die Angaben ob-
jektiver Beobachter immer zahlreicher, welche in der Mehr-
zahl der FĂ€lle keine Beeinflussung des Krankheitsverlaufes
durch das Friedmann -Mittel, teilweise sogar akute Ver-
schlimmerungen feststellen muĂten. Eine Reihe von Todes-
fÀllen im Anschluà an die Friedmann-Impfung (Westenhöfer,
Vulpius und Laubenheinier. Tillmanns, Specht u. a. m.)
warnen vor dem Gebrauch des Mittels beim Menschen.
In der ĂŒberaus umfangreichen ĂŒber das Mittel veröffent-
lichten Literatur hielten sich bis vor kurzem das FĂŒr und
Wider ungefÀhr die Wage. Durch die in den letzten Jahren
vorgenommenen biologischen NachprĂŒfungen des Mittels im
Tierversuch und die sich immer mehr hÀufenden warnenden
Stimmen der Kliniker dĂŒrfte sich die Wage jedoch heute
schon dahin geneigt haben, daĂ die medizinische Welt das
Mittel in Zukunft wegen seiner GefÀhrlichkeit einerseits und
wegen seiner sehr zweifelhaften Wirksamkeit beim Menschen
andererseits ablehnen wird.
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und Nr. 13, S. 655.
Weber, und Taute: D. m. W. 1904, Nr. 28, S. 1019
Wostenhöfer : Berl. kl. W. 1913, Nr. 27, S. 1247.
(Aus dem Sanatorium Dr. G r a u 1 - Neuenahr.)
Ueber Genese, Diagnostik und interne Therapie
der Cholelithiasis.
Von Dr. G. Grau 1, Neuenahr.
Hinsichtlich der Genese der Gallensteine sei daran er-
innert, daĂ wir â fuĂend auf den experimentellen Unter-
suchungen, auf Sektionsbefunden von Aschoff und Bac-
meister â heute neben der Entstehung der Gallensteine
auf Grund einer entzĂŒndlichen Affektion der Gallenblase,
die durch Bakterieninvasion entsteht, solche durch bloĂe
Gallenstauung bei steriler FlĂŒssigkeit kennen. Die in steriler
Gaile, einfach infolge Stauung derselben, sich bildenden
Gallensteine sind r ad iÀrstr ahlige Cholestea r in-
st e i n e, die in der Regel in der Einzahl vorkommen, des-:
halb SolitĂ€rsteine genannt werden. Der BildungsprozeĂ
dieser Cholestearinsteine, ist ein physikalisch-chemischer
Vorgang. Das Cholestearin, das in der Galle durch die Gallen-
sÀuren in Lösung gehalten wird, kommt bei einer durch Cho-
i! stearin ĂŒbersĂ€ttigten Galle zuerst als Tropfen und Tröpf-
chen zum Ausfall â tropfige Entmischung â , die dann sich
zu gröĂeren Gebilden zusammenballen, sich aneinander la-';
gern und nun das Cholestearin auskristallisieren.
Ist die Gallenstauung entzĂŒndlicher Natur, so bilden sich
infolge der kalkhaltigen Exsudation der Schleimhaut B i 1 i -j
nibin - Kalksteine; in ihnen kann man stets organi-
sche Bestandteile, "die EiweiĂe der entzĂŒndlichen Exsudation
nachweisen (Fibrinnetzgewebe). Sie haben im Durchschnitt
nicht ein radiĂ€eres GefĂŒge, sondern weisen eine mehr oder
minder deutliche Schichtenbildung auf. Nach Schade ist
diese Schichtenbildung das Formcharakteristikum der Aus-
fĂ€llung von Kolloiden (geschichtete EiweiĂ-Bilirubin-Kalk-
steine). Wirkt auf den steril entstandenen Cholestearinstein
nun weiterhin eine auf entzĂŒndlicher Basis beruhende Stein-
Jildung ein, kommt es also zu Exsudation von Bilirubin-
kalk, von EiweiĂelementen, so wandelt sich der Cholestearin-
stein in einen Kombinationsstein um. Um den Cho-
lestearinkern schichtet sich ein Bilirubinkalkmantel (ge-
schichteter Cholestea rin-Bilirubinkalkstein
oder Cholestearin - Pigmentkalkstein). Die
Steine sind Zeugen fĂŒr den Entwicklungsgang ihrer Bildung.
Wir unterscheiden somit zweckmĂ€Ăig: 1. den durch asepti-
sche Stauung entstandenen SolitÀr- oder Chole-
stearinstein, 2. den durch EntzĂŒndung entstandenen
Bilirubinkalk stein, 3. die verschiedenen Kombi-
n ati ons steine.
Es muĂ also stets irgendwie die Galle gestaut, ein
freier AbfluĂ aus der Gallenblase, die ja als Reservoir dient,
behindert sein, daĂ Steine sich ĂŒberhaupt bilden können.
Beim weiblichen Geschlecht spielt nun die GraviditÀt hierbei
eine hervorragende Rolle; es ist bekannt, daĂ meist infolge von
GraviditÀt die ersten GalleristeinanfÀlle auftreten. Aber die
GraviditÀt kann unmöglich ein absolutes genetisches Moment
sein, denn doch nur ein Bruchteil gravider Frauen bekommt
Gallensteine. Und auch sonst alle anderen Faktoren, die als
raumbeengend geeignet sind, einen Druck auf die Gallen-
blase, die GallengĂ€nge auszuĂŒben â ich denke an SchnĂŒr-
leberlappen, Tumoren der rechten Niere, Tumoren der Pan-
kreas, der Leber, des Magens â oder die durch Zugwirkung
Knickungen, Verengerungen des Gallenkanalsystems er-
zeugen â ich denke an Enteroptose (Magenptose, Nieren -
ptose) â bedingen nicht immer Gallensteine. Da hat sich
nun ein konstitutionelles Element zur Disposition fĂŒr Gallen-
steine in der Cholestearinaemie herausgestellt Man konnte
bei Gallensteinkranken ĂŒberaus hĂ€ufig eine Cholestearin-
vermehrung im Blute nachweisen (Flandin, Pathogenie de
la lithiase biiaire, These de Paris 1912, Defaye, Contr. À
l'etude clinique de la cholesterinaemie, These de Bordeaux
1912), wie auch Cholestearinvermehrung in der Galle
(Aschoff). Und dann fand sich auch in der GraviditÀt,
dann bei Adipositas, Diabetes usw. Hypereholestearinaemie-j
Experimentell konnte Aoyama (Deutsche Zeitschrift fĂŒr
40. Jahrg. â
Nr. 5
Graul: Cholelithiasis.
11;
Chirurgie 1915, Nr. i;*2) den Beweis erbringen, daĂ
Stauungen der Galle bei vermehrter Cholestearinzufuhr bei
Kaninchen Lithiasis hervorrufen. Eine solche Choleslearin-
diathese kann als Konstitulionsanomalie gegeben sein, kann
sicherlich auch durch eine cholestearinĂŒberreiche ErnĂ€hrung
(Feit. EiweiĂ) erworben werden. Es ist bekannt, daĂ ge-
wisse BlutdrĂŒsen (Nebennieren, KeimdrĂŒsen) von Bedeutung
fĂŒr den Lipoidstoffwechsel sind. NatĂŒrlich ist es auch
denkbar, daĂ Anomalien in der Funktion der Leberzelle lin-
den Ausfall oder die Ausscheidung des Cholestearins von
maĂgebender Bedeutung sind. Es wurde ja schon eingangs
jjjrwÀhnt, daà die gallensauren Salze das Cholestearin in Lö-
sung halten, und eine MischungsÀnderung in der notwen-
digen gegenseitigen Menge der chemischen Körper die Stein -
bildung hervorruft.
Neben einer groĂen Anzahl von fettleibigen Gallenstein -
krankin beobachtet man hÀufig solche von astheni-
schem Habitus. Ich halte diesen Habitus fĂŒr einen kon-
stitutionell disponierenden Krankheitsfaktor. Erstlich, weil
er meist mit Lockerung der Ligamente, mit den verschiede-
nen Formen der Enteroptose einhergeht, worauf oben schon
hingewiesen wurde; dann aber, und darauf möchte ich ganz
besonders hinweisen, weil fast alle asthenischen Individuen
abnorme Innervierung des vegetativen Systems zeigen. Die
Harmonie im- Vagus -Sympathicussystem ist gestört, Hyper-
tonie ĂŒberaus hĂ€ufig. Nun wissen wir, daĂ im Vagus er-
regende Fasern fĂŒr die Gallensekretion und Gallengangsmus
kulatur verlaufen (Eiger). Die Vagusreizung zeigt sich in
funktionellen KrÀmpfen bestimmter Muskeln. Ebenso wie es
einen neurogenen Pyloruskrampf gibt, so darf auch ange-
nommen werden, daĂ bei Vagotonikern der Choledochus -
schlieĂmuskel abnorm stark innerviert wird, zumal wenn
durch ein Plus an Galle ein Reiz ausgeĂŒbt wird; und wie es
eine asthenische Alonie der Magenmuskulatur gibt, so darf
man auch muskulÀre, konstitutionell bedingte SchwÀche-
iu-stÀnde der Gallenblasenmuskulatur annehmen, wenn
Symptome einer asthenischen Konstitution vorliegen. Auf
alle FĂ€lle ist mir stets die relative HĂ€ufigkeit des Zusam-
mentreffens von Cholelithiasis und Asthenie, bezw. mit Ano-
malien des vegetativen Systems aufgefallen. Ich sehe, dal!
auch E p p i n g e r und Heà schon auf die Möglichkeit vago -
Ionisch bedingter KrÀmpfe der Gallenwege hinweisen; ich
möchte aber die Ansicht vertreten, ob nicht etwa solche va-
golonisehe KrÀmpfe durch Erzeugung von Stauung, durch
Beeinflussung des Gallenflusses als steinbildende Momente
direkt anzusprechen sind.
Durchaus ins Symptomenbild der Vagotonie paĂt die
gleichzeitig meist zu beobachtende chronische Obstipation,
die meist spastischen Charakters ist, die HyperaziditÀt des
Marens, seine Neigung zu Spasmen, alle Erscheinungen eines
Krankhaft gesteigerten, ĂŒberreizbaren Tonus im autonomen
System. Auch Stiller lenkt in seinem Buche (Die asthe-
nische Konstitutionskrankheit) die Aufmerksamkeit auf das
Zusammentreffen von Cholelithiasis, Spbanchnoptose und
Aslbenie.
Die bakterielle Invasion in die GallengÀnge, bzw. in die
Gallen wege erfolgt sowohl auf dem Blutwege, als sicher auch
fezendierend durch Bakterieneinwanderung in den Chole-
doehus, im AnschluĂ an Magen -Darmkatarrhe.
Die vornehmste BildungsstÀtte der Steine ist die Gallen-
blase. PrimÀre Steinbildung in den GallengÀngen ist eine
Seltenheit.
Die wichtigsten diagnostischen Symptome
sind: der Schmerz, Nachweis einer vergröĂerten
pa 1 1 e n b 1 a s e, dann der [ k t e r u s, die L e b e r s c h w e 1-
1 u n g. Dem S c h m e r z kommt die erste Bedeutung zu,
denn Ikterus, Leberschwellung und Gallenblasenlumor kön -
nen fehlen. Ein m e c h a n i s c her I k t e r u s durch Stein-
\ei schluĂ kann nur resultieren . aus dem Festliegen eines
Steines im duclus hepalicus oder im ductUS choledochus,
wÀhrend Steine in der Gallenblase oder im duetus cysticus
keinen Ikterus durch Gallenstauung an und fĂŒr sieb bedingen.
Nur dann, wenn ein groĂer Stein im Cysticus sich befindet,
der Cysticus anstatt spitzwinklig in den Hepalicus einzu
mĂŒnden, parallel zum Hepatictis verlĂ€uft oder sich etwa
spiralig um ihn windet, kann durch den Druck des im
Cysticus steckenden Steines auch der Hepaticus mehr oder
weniger verlegt werden. Freilich gibt es auch bei der Chole-
lithiasis einen nicht mechanisch, sondern entzĂŒndlich
bedingten Ikterus. Im AnschluĂ an eine Cholecystitis
kann es auf dem Wege der Lympfbahnen zu einer Pankrea-
titis kommen. Da nun in den allermeisten FĂ€llen der Chole-
dochus durch den Pankrcaskopf hindurchlÀuft, so wird eine
entzĂŒndliche Anschwellung des Pankreaskopfes zu einer
Cholcdochuskompression und dadurch zu einem Ikterus
fĂŒhren. Ikterus wird ferner auftreten, wenn es zu einer Cho-
langitis hepatica infolge Infektion der feinsten intrÀhepati
sehen GĂ€nge kommt. Sitzt ein Stein oberhalb der MĂŒndungs-
stelle des Choledochus in das Duodenum, also oberhalb der
Papilla Vateri, so ist der Ikterus meist wechselnd in seiner
IntensitĂ€t, da der Stein meist sich verschieben kann, so daĂ
zeitweise Galle vorbeiflieĂt, zeitweise zurĂŒckgehalten wird.
Dieser IntensitÀtswechsel im Ikterus ist stets dann vorhan-
den, wenn der Choledochus sich gedehnt hat und der Stein
sein Lumen nicht vollkommen ausfĂŒllt.
Wir unterscheiden also den mechanischen und den ent-
zĂŒndlichen Ikterus bei der Cholelithiasis; den intrahepatisch
bedingten Ikterus hat man auch funktionellen genannt, er
beruht auf der sogen. Paracholie des Gallen flusses innerhalb
der Leberzellen.
Wie schon erwÀhnt ist der Seh m e r z unstreitig das
wichtigste diagnostische Merkmal. Am
charakteristischen ist er als Kolikschraerz (Gallenstein -
kolik). Er wird bedingt durch die akute entzĂŒndliche
Schwellung der Gallenblase, durch Dehnung der Ligamente;
bekannt sind die Ausstrahlungen des Schmerzes in den
RĂŒcken, in die SchulterblĂ€tter. GegenĂŒber dem akuten
typischen Schmerzanfall stehen die mehr chronischen
Schmerzarten, die im Bereich der Gallenblase, im Eni^a-
strium, unter dem Sternum, ja im linken Hyooehondrium
lokalisiert sein können. Charakteristisch fĂŒr den Chole-
dochusstein, d. h. Cholangitis ist der Schmerzounkt in der
Mittellinie oberhalb des Nabels. Nicht selten ist rechts vom
10. bis 12. Brustwirbel ein lokalisierter Sehmerzpunkt
nachzuweisen (Boasscher Druckpunkt). Ist keine Ent-
zĂŒndung vorhanden, handelt es sich also um Steine in
steriler Blase, so fehlt naturgemÀà der Schmerz.
Bei der akuten Cholecystitis ist im Anfall die
Gallenblase fast immer als prall-elastischer, meist kleiner
Tumor unter dem Leberrand zu palpieren, vorausgesetzt, daĂ
die Bauchdecken nicht zu stark gespannt sind. Denn ebenso
wie bei der Appendieitis besteht bei der akuten Gallen-
blasenentzĂŒndung eine reaktive Muskelspannung im Bereich
der Gallenblasenschwellung infolge der EntzĂŒndung der
Serosa der Gallenblase (Pericholecyslitis). Ist die Ent-
zĂŒndung abgelaufen, so verschwindet schnell der Tumor; er
bleibt dagegen bestehen, vergröĂert sieh, wenn nicht eine
seröse, sondern eitrige Cholecystitis vorhanden ist. Wir
sprechen von einem Empyem derGallenbl a s e. Dieser
Tumor ist schmerzhaft, im Gegensatz zum Hydrops der
Gallenblase. Der Hydrops der G a 1 1 e n b 1 a 's e ist eine
Ausheilungsform der serösen Cholecystitis. Dieser hy-
dropische Tumor der Gallenblase kann bis ins kleine Becken
reichen, ist beweglich und bei der Palpation pendelnd. Der
Hydrops der Gallenblase entsteht dadurch, daĂ die Ent-
zĂŒndung wohl zurĂŒckgeht, der Stein jedoch im Gallenblasen -
hals oder im Cysticus verbleibt, so daĂ das ursprĂŒnglich
entzĂŒndliche Exsudat nicht abflieĂen kann. Dieser Gallen-
blasentumor ist nach Ablauf der EntzĂŒndung nicht druck-
empfindlich bei der Palpation, wĂ€hrend der entzĂŒndliche
Tumor, also z. B. die Empyemform der Cholecystitis druck-
empfindlich ist.
Bei der chronischen EntzĂŒndung des Choledochus ist
die Gallenblase meist klein und in 80 Prozent der FĂ€lle
geschrumpft. (Kehr.)
118
Graul: Cholelithiasis.
40. Jahrg. â Nr. 5
Leberschwellung treffen wir an bei der akut-
eitrigen Cholecystitis, bei allen EntzĂŒndungsformen, die mit
Cholangitis einhergehen, also sowohl bei einer infektiösen
Cholecystitis wie bei der akuten oder chronischen Ent-
zĂŒndung des Choledochus. Als Riedeischen Lappen
bezeichnet man die ĂŒber der Gallenblase lokalisierte Leber-
schwellung, die sich durch ihre Schwellung lappenf örmig
von der ĂŒbrigen Lebermasse abpalpieren lĂ€Ăt, die aber nicht
mit einer sog, SchnĂŒrleber oder mit einer rechten Wander-
niere verwechselt werden darf.
Von den Komplikation enbeiCholelithiasis
seien in Erinnerung zurĂŒckgerufen: a) die adhĂ€siven
Prozesse, die durch eine Pericholecystitis erfolgen und zu
Verklebungen der Gallenblase mit dem Duodenum, dem
Pylorus, der Leber, dem Colon usw. fĂŒhren und funktionelle
Störungen der Verdauungsorgane, vorwiegend in Form von
Stenosen bedingen. Man denke also bei nachgewiesener
Pylorusstenose an adhÀsive Cholecystitis. Im Röntgenbild
lĂ€Ăt sich hĂ€ufig die Verwachsung durch Verzerrung der
Konturen-Schatten nachweisen. Infolge vorhergegangener
Verklebung kann es zu Fistelbildungen der Gal-
lenwege, speziell der Blase mit Duodenum, der Bauch -
wand usw. kommen, wenn ein Stein perforiert ist. Perfo-
ration ohne vorherige Verklebung kann zur Peritonitis
fĂŒhren, zu tötlichen Blutungen, wenn der Stein in ein be-
nachbartes GefÀà einbricht (Vena cava). EntzĂŒndungsvor-
gÀnge können sich von den Gallenwegen auf die Leber fort-
setzen und Leberabszesse erzeugen oder retroperi-
toneale, peritoneale oder subphrenische Eiterungen. Findet
man einen subphrenischen AbszeĂ, so denke man
auĂer an Appendicitis stets auch an Cholelithiasis suppu-
rativa.
Wichtig ist die â allerdings nach meiner Beobachtung
â seltene Komplikation der Cholelithiasis mit der Pan-
kreatitis. Die subjektiven Beschwerden sind hÀufig die
gleichen; bei der Untersuchung des Leibes wird es oft gelin-
gen, eine wenig druckempfindliche Resistenz im linken Teil
des Epigastrium durchzutasten. Ausschlaggebend fĂŒr die
Diagnose der Pankreasaffektion ist die Stuhlbeschaffenheit,
die bei Verdacht darauf niemals unterbleiben darf. Die
StĂŒhle sind voluminös, von aĂhaftem Geruch und zeigen
hÀufig schon makroskopisch eine aufliegende, schillernde
Fettschicht. Mikroskopisch konstatiert man die mangelhafte
Fettverdauung durch den Nachweis massenhafter Feitropfen,
Fettnadeln, die mangelhafte. Fleischverdauung durch die un-
verdauten Muskelfasern (Querstreifung, scharfe Ecken).
WÀhrend in den AnfÀngen einer Cholelithiasis hÀufig
HyperaciditÀt gefunden wird, ist S u b- und Anazi-
d i t À t bei lÀnger dauernder Cholezystitis nicht selten. Ich
habe relativ hÀufig AnaziditÀt bei chronischer Cholezvstitis
nachweisen können. Hohlweg hat zuerst darauf hinge-
wiesen und darauf aufmerksam gemacht, daĂ nach Chole-
zystektomie AnaziditÀt sich ausbildet. Nicht selten fand ich
Achylien des Magens mit spastischen Pyloruserscheinungen.
Ich glaube, daà da hÀufig eine chronische Cholezystitis ur-
sÀchlich zugrunde lag.
Noch auf eine Komplikation möchte ich hinweisen, die
ich zufÀllig zweimal in kurzer Zeit beobachten konnte. Der
sogen. Gallensteinanfall wurde eingeleitet durch eine
trockene Pleuritis, die einmal rechts hinten unten,
das andere Mal links hinten unten saĂ. Erst nach 3 â 4 Ta-
gen trat der Kolikanfall ein. Ich glaube, daĂ nicht eine
primÀre Pleuritis die Cholezystitis bedingte, sondern daà eine
klinisch latente Cholezystitis bestand, die aber auf dem Wege
der Lymphbahnen zu einer prÀmonitorischen trockenen
Pleuritis fĂŒhrte. Auf die Komplikation der Cholelithiasis
mit Pleuropneumonien hat Bahr dt zuerst hinge-
wiesen (M. m. W. 1912, 59), Nur erwÀhnt sei der Ileus,
der sich an in den Darm eingetretene Gallensteine anschlieĂen
kann, an das Karzinom der Gallenblase, das von vielen
Autoren als eine Folgeerscheinung der Gallensteine angesehen
wird, doch wird dem auch widersprochen. BezĂŒglich der
Diagnose des Gallenblasenkarzinoms weise ich
darauf hin, daĂ der Tumor hart, uneben ist, daĂ sich heftiger
Ikterus einstellt, wenn der Choledochus bezw. der portale
DrĂŒsenplexus affiziert wird und daĂ durch eine Kompression
der vena portae Ascites sich einstellen kann.
Die Differentialdiagnose der Cholelithia-
s i s gegenĂŒber symptomĂ€hnlichen Erkrankungen der be-
nachbarten Organe kann bekanntlich eine recht schwere sein.
Der beste Rat Fehler zu vermeiden ist die genaue Palpa-
tion des Leberrandes, der Nachweis einer
zirkumskripten Schmerzhaftigkeit in der
Gallenblasengegend, der Nachweis eines Riedel-
schen Leberlappens. Verwechslungen können eintreten mit.
der Annahme eines ulcus pylori, duodenale, mit einer akuten
Appendizitis. Ist der Appendix nach oben umgeschlagen,
so spielt sich naturgemÀà der EntzĂŒndungsprozeĂ in der
NĂ€he der Gallenblase ab und kann die Diagnose in falsche
Bahnen lenken. Das Hauptgewicht wÀre auch hier festzu-
stellen, ob die Palpation des Leberrandes zirkumskript
schmerzhaft ist, ob sich der fragliche Tumor in Beziehung
zur Leber befindet, respiratorisch beweglich ist, und ob sich
zwischen ihm und dem unteren Leberrand eine Zone tym-
panitischen Schalles deutlich nachweisen lĂ€Ăt. Eventl. Indi-
kanurie snricht fĂŒr Appendizitis und gegen Cholezvstitis.
Ikterus wird fĂŒr Cholezystitis snrechen, obwohl bei schwerer
Anpendizitis Ikterus als Begleiterscheinung auftreten kann
(Cholangitis). Bei der akuten Appendizitis besteht meist Aus-
strahlung der Schmerzen in den rechten Oberschenkel,
Schmerzen beim Urinlassen. Verwechslunsen können vor-
kommen, wenn eine akute Perityphlitis mit Thrombo-
phlebitis der Pfortader verlÀuft: hier treten eben-
falls Leberschmerzen, Ikterus auf. Das Fieber ist intermit-
tierend, mit SchĂŒttelfrösten verlaufend, meist kommt es zur
Milzschwellung.
FĂŒr Ulcus duodenale bzw. pylori wird ein po-
sitiver Nachweis okkulten Blutes sprechen, die zeitliche Ab-
hÀngigkeit der Schmerzen von der Nahrungsaufnahme, und]
worauf ich immer wieder hinweise, der Palnationshefund des
freien Leberrandes. Der von einigen Autoren als fĂŒr Ulcus
duodenale charakteristisch bezeichnete Hungerschmerz
kommt auch bei Cholezystitis vor, durch Ansammlung der
Galle in der Gallenblase und dadurch bedingte Zerrung, Deh-
nung ihrer Wand. Denn bekanntlich flieĂt die Galle nicht
kontinuierlich in das Duodenum, sondern der SchlieĂmuskel
des Choledoctus öffnet sich erst auf den Reiz der in das Duo-
denum eintretenden Ingesta. DaĂ in unklaren FĂ€llen eine
Röntgenuntersuchung unbedingt notwendig ist, soll nur er-
wÀhnt werden.
Unter dem Schmerzbild der Cholezvstitis kann ferner die
Nierenkolik auftreten. Bei der Nierenkolik geht aber
doch meist der Schmerz von der Lendengegend aus. verlÀuft
lÀngs der Uretheren und strahl in Blase, in die Genitalien
aus. was bei der Cholezystitis nicht der Fall ist.
Bekloofen der Nierengegend ist schmerzhaft. Im Urin
snricht der Nachweis, wenn auch nur vereinzelter, roter
Blutkörperchen fĂŒr Nierenkolik.
In seltenen FĂ€llen kann eine rechtsseitige Wan-
derniere eine vergröĂerte Gallenblase vortĂ€uschen. Hier
entscheidet die Gestalt der Geschwulst, ihre freie Beweglich-
keit, ihre Abgrenzbarkeit gegen die Umgehung. Der Gullen -
blasentumor ist naturgemÀà nach oben nicht umgreifbar wie
eine Wanderniere, da er ja mit der Leber zusammenhÀngt,
Die Wanderniere zeigt in der Reöel eine viel ffroĂpre freie
Beweglichkeit als die vergröĂerte Gallenblase. Die Wander-
niere ist dann resniratorisch beweglich, wenn sie der unteren
LeberflÀche anliegt und ihr somit durch die T eher die resp-
iratorischen Verschiebungen des Zwerchfelles ĂŒbertragen
werden.
Ob ein TumorderNiere (z. B. Hvdronenhrose^ oder
der Leber bzw. der Gallenblase angehört, lĂ€Ăt sieh in det
Regel durch die AufblÀhung des Kolon nachweisen. Das
Colon ascendens zieht von rechts unten nach links oben
ĂŒber den Nierentumor hinweg. Bei Luftanfblasune des
Kolon wird sich ĂŒber den Tumor der luftgefĂŒllte Darm per-
10. .Jahrg. - Nr. ">
Graul: Cholelithiasis
Icuiorisch aachweisen hissen, wahrem 1 ein Gallenblasen
tumor durch die LuftfĂŒllung des Kolon gegen die Bauchdecke
gehoben wird. Bei der Hydronephrose isi die intermittierende
FĂŒllung des Sackes, wenn der Urether nicht infolge Torsion
unwegsam ist, ein diagnostisches Charakteristikum.
Ueber die differeutialdiaguöstischen Hauptmomente, die
eine P a n k r e at i t i s von einer Cholezystitis scheiden
lassen, wurde schon oben kurz gesprochen.
D u r c h d e n E i n t r i 1 1 d c r E n t z ĂŒ n d u n g
w i r d d a-s Gallenstein leiden, d a s i m âs t e -
r i 1 e n" S i ;i d i ii m n u r als p h y s i o l o g i s c h e
A n o m a 1 i e zu b e z e i c h n e n w À r e , erst z u r
manifesten K r a n k h e i t. Aufgabe der Ther a p i e
ist es in erster Linie, das Einsetzen der EntzĂŒndung zu ver-
hindern, bei ausgebrochener EntzĂŒndung dieselbe zu be-
kÀmpfen, ihr Weiterschreiten zu verhindern; die Prognose
des Leidens wird in erster Linie vom Grad, der Ausdehnung,
der Art der EntzĂŒndung â ob serös, ob purulent â bestimmt;,
dann natĂŒrlich von der Art eines eventuell auftretenden
Ikterus; denn ein diÀtetisch oder medikamentös nicht beein-
fluĂbarer mechanischer Ikterus durch Obstruktion des duc-
lus hepaticus oder choledochus, ist anders zu bewerten als
eventuell ein inflammatorischer oder funktioneller, der in
einer Paracholie der Leberzellen beruht; Bei der ausge-
brochenen Krankheit erstreckt sich die Therapie mithin auf
die Erscheinungen der Inflammation und des Ikterus in
erster Linie, und zwar nach den verschiedensten Richtun-
gen hin.
Die MaĂnahmen bei der akuten Cholezystitis sind durch
die Sachlage gegeben; hier handelt es sich in erster Linie
darum, den Schmerz zu bekĂ€mpfen. Ich halte es fĂŒr ver-
kehrt, mit dem Morphium allzu lange zuzusehen. Eine in-
tensive Kolik, deren Dauer ja von vornherein gar nicht ab-
zuschĂ€tzen ist, wird durch heiĂe UmschlĂ€ge, Trinken heiĂen
Tees, durch Baldriantropfen, Hof f mann stropfen nicht unter-
drĂŒckt. Man gebe bald die erlösende Morphiumspritze:
zweckmĂ€Ăig wird jedoch bei dieser Indikation dem Mor-
phium das Atropin als Antispasmodium zugefĂŒgt, also Mor-
phini mur. 0,2, Atropini sulf. 0,02, Aq. dest. 10,0, MDS. %
bis 1 Spritze.
In leichteren AnfÀllen hilft Pantopon subkutan, auch
Papaverin.
Man denke daran, daĂ eine heftige Kolik zum Kollaps
fĂŒhren kann (Wein, Kaffee, Kampfer, Digalen). In der
Regel stehen die Kranken zu bald nach einer Kolik auf; so-
lange noch Bauchdeckenspannung vorhanden, leichte Pal-
pation schmerzhaft ist, ist bis zum vollkommenen NachlaĂ
absolute Bettruhe, die Applikation heiĂer UmschlĂ€ge nötig;
das kann fĂŒr mehrere Wochen nötig sein. Dabei versĂ€ume
man nicht, fĂŒr grĂŒndliche Stuhlentleerungen durch Klys-
cnata, Rhabarber, Cascara, Purgen und Karlsbader Salz zu
sorgen. Sicherlich wirkt Obstipation ungĂŒnstig. WĂ€hrend
des Anfalles, und zwar bis zum RĂŒckgang der entzĂŒndlichen
Erscheinungen muà die DiÀt unter allen UmstÀnden eine
blande sein. Quantitative Ueberlastung des Magens ist
schÀdlich, desgl. jede AufblÀhung des Organes; man bedenke,
daà jede FormverÀnderung des Magens reizend auf die meist
vorhandene Serositis der Gallenblase durch eventl. Zerrung
des Organes wirken muĂ.
Sind die akuten Erscheinungen zurĂŒckgetreten, so fĂ€llt
der Therapie die wichtige, oft recht segensreiche Nach-
behandlung zu. Man hat von jeher schematische DiÀt-
formen fĂŒr Gallensteinleidende aufgestellt; dieselben sind
zu verwerfen, und zwar deshalb, weil wir wissen, daĂ der
Magenchemismus, die MagenmotilitÀt, Darmchemismus und
DarmmotilitÀt beim Kranken Anomalien aufweisen können,
die erstens ursÀchlich in Beziehung zum Kolikausbruch
stehen können, zweitens aber von derartiger DignitÀt sein
können, daĂ sie an und fĂŒr sich einer Behandlung bedĂŒrfen.
Ich untersuche prinzipiell bei j e d e m G a 1 -
leustein kranken den Magen; denn es liegt ja
auf der Hand, daà die DiÀt bei der AnaziditÀt eine, andere
sein muà als bei HyperaziditÀt, bei MotilitÀtsstörungen im
Sinne der Mageninsuffizienz wie sie durch parapylörische
AdhÀsionen erfolgen kann . anders als bei ungestörter In
haltsentleerung des Magens, anders bei chronischer Obstipa
lion, bei spastischer Kolitis, bei allerdings sehr seltener
gleichzeitiger Pankreasinsuffizienz, Es winde den Rahmen
des Aufsatzes ĂŒbers» breiten, die DiĂ€t nun im Hinblick auf
die einzelnen, eben angefĂŒhrten diagnostizierten Verdauungs-
anomalien nĂ€her auszufĂŒhren. Der Grundgedanke muĂ ebeö
der sein, daĂ die Gallenblase, das Gallengangssystem ge-
schont wird, eine EntzĂŒndung, Heizung vermieden wird.
DaĂ aber unzweckmĂ€Ăige DiĂ€t einen krankmachenden
Reiz abgeben kann, ist bekannt. HĂ€utige kleine Mahlzeiten
sind deshalb besser als seltene voluminösere, weil durch die
hÀufigeren Mahlzeiten der Gallenfluà rege gehalten wird. Es
scheint doch durchaus angebracht, daĂ die Ansammlung der
Galle in der Gallenblase, in der sie sich eindickt, nicht allzu
lange wĂ€hrt. Manche Aerzte halten es fĂŒr richtig, daĂ aus
diesem Grunde der Kranke noch in den spÀten Abendstunden
eine Kleinigkeit genieĂt. Diese muĂ aber leicht verdaulich
sein, daĂ sie nicht etwa in einem atonischen Magen lange
liegt und ihrerseits nun ungĂŒnstig wirkt. Ich habe doch
sehr hÀufig gesehen, daà der Reizzustand im Gebiet der
Gallenwege ein derartig gesteigerter ist, daĂ â bei sonst
gutem Wohlbefinden â unmittelbar, oft noch wĂ€hrend des
Essens der Kolikanfall einsetzt. Ich erklÀre mir dieses da-
mit, daĂ die Uebererregung im autonomen System den Chole-
dochus krampfhaft sich schlieĂen, statt sich öffnen lĂ€Ăt und
dadurch eine plötzliche Spannung der Gallenblase durch die
retinierte GallenflĂŒssigkeit entsteht. Aus diesem Gesichts-
punkte empfehle ich vor dem Essen Belladonna (0,025) oder
Papaverin (0,03 â 0,05) zu geben und nur wenig essen zu
lassen. Zwischen den einzelnen Speisen mögen die Kranken
ruhen und heiĂe UmschlĂ€ge machen.
BlĂ€hende GemĂŒse besonders, kalte GetrĂ€nke, Eis, rohes
Obst, fette Saucen (Majonnaisen-, Remouladensauce), viel
Eier, harten KĂ€se, fette Fische, RĂ€ucherfische, Speck, Hefe-
kuchen, BlÀtterteig u. dergl. verbiete ich allen Gallenstein-
kranken; auch starker Kaffee, viel Wein erscheint deshalb
unzweckmĂ€Ăig, weil sie eine SchleimhauthyperĂ€mie der Gal-
lenwege, des Duodenums machen können. Im ĂŒbrigen soll
aber der Gallensteinkranke sich diÀtetisch soweit beobachten,
daĂ er selbst weiĂ, welche Speisen ihm bekömmlich sind und
welche nicht; denn ich weiĂ wohl, daĂ manche Gallenblasen-
kranke alle die Speisen, die als schwerer verdaulich ver-
boten werden, unbedenklich genieĂen dĂŒrfen. Deshalb wĂ€re
es aber verkehrt, sie als unschÀdlich zu bezeichnen. Also,
um es nochmals zu prÀzisieren: der je-
weilige Befund der Funktion der Verdau-
ungsorgane, die Erfahrung des Kranken
und der EntzĂŒndungszustand der Gallen-
blase schreibt die jeweils individuelle
DiÀt vor. Eine schematische DiÀt gibt es hier eben so
wenig, wie etwa beim Diabetes. Hinsichtlich der Butter
möchte ich bemerken, daà ich dieselbe, falls nicht stÀrkerer
Ikterus besteht, stets erlaube.
Um gegen die Stauung der Galle anzukÀmpfen,
gebraucht man Mineralwasserkuren. Unter dem Ein-
fluĂ des Karlsbader oder Neuenahrer Wassers wird
die Galle dĂŒnnflĂŒssiger und wird reichlicher abgesondert.
WĂ€hrend des Kolikanfalles sei man zurĂŒckhaltend; es ist eine
bekannte Tatsache, daà die MineralwÀsser durch ihre Ein-
wirkung auf den Gallenfluà KolikanfÀlle hervorrufen kön-
nen, sei es, daĂ Steine fortgeschoben werden oder daĂ eine
bestehende Schleimhautschwellung der abfĂŒhrenden KanĂ€le
die reichlicher flieĂende. Galle nicht genĂŒgend abfĂŒhrt, wo-
durch der Druck in der Gallenblase steigen wird und reflek-
torisch unter UmstÀnden der Choledochussphinkter kontrÀr
arbeitet, sich spastisch schlieĂt. Wie viel man trinken lĂ€Ăt,
welche MineralwÀsser, ist abhÀngig vom Magenbefund. Einem
atonisch-ptotischen Magen eine gröĂere Menge Wassers zu-
zufĂŒhren, wĂ€re direkt schĂ€dlich. Hier haben BadeĂ€rzte oft mit
dem Unverstand der Kranken zu kÀmpfen. Manche Mineral-
wĂ€sser, es sind dies die hypotonischen, fĂŒhren nicht ab. Da
120
Fertig: Brille
40. Jahrg. â Nr.i %
aber neben der Cholagogen hÀufig auch die laxierende Wir-
kung der Mineralsalze erwĂŒnscht ist, so wird man solchen
hyp< tonischen WĂ€ssern ein Bittersalz oder Glauhersalz zu-
setzen. Die MineralwĂ€sser sollen, speziell nĂŒchtern, recht
wann getrunken werden. Xaunyn lĂ€Ăt das Wasser 45
Grad Celsius trinken. Ich verordne unseren Cholagogen
Neuennahrer Sprudel meist dreimal tĂ€glich, nĂŒchtern 1 Glas
zu 200 cem, vor dem Essen und in den Nachmittagsstunden
in gleicher Menge.
Noch ein Wort ĂŒber die heiĂen Packuuge n. WĂ€h-
rend der Bettruhe, also nach einem Anfall, sind wohl die
alten LeinsamenumschlĂ€ge die besten. Recht gĂŒnstige Er-
folge habe ich bei der Cholezystitis von der Anwendung der
Diathermie gesehen, doch warte ich damit, bis die akutesten
Erscheinungen vorbei sind. Am erfolgreichsten ist die Mine-
ralwasserkur bei der serösen Cholezystitis, Cholangitis. Be-
steht ein Empyem der Gallenblase, so wird man ihren mut-
maĂlichen Erfolg sehr skeptisch beurteilen, ebenso, wenn bei
einem CholedochusverschluĂ nicht in 4 â 6 Wochen Heilung
eintritt. Man zögere dann nicht, den Chirurgen zu rufen.
Von den vielfachen Spezialmitteln gegen Gal-
lensteine ist hinsichtlich ihres möglichen Nutzens nur
soviel zu sagen, daĂ derselbe in ihrer abfĂŒhrenden Wirkung
beruht. Mittel, die Steine im Organismus aufzulösen, gibt es
nicht. Eine eingehendere persönliche Kenntnis hinsichtlich
der Wirkungsweise der SpezialitÀten fehlt mir, da ich fast
nie solche verordne. Ruhe, DiÀt, Hitzeapplikation, Mineral-
wasser sind die wirksamsten therapeutischen Mittel. DaĂ die
ĂŒelkuren ,als Oeltrinkkuren oder Oeleinlaufkuren, daĂ das
Chologen sich in Patienten- und manchen Aerztekreisen be-
sonderer Anerkennung erfreuen, soll jedoch nicht unerwÀhnt
bleiben. SchlieĂen möchte ich mit dem nochmaligen Hin-
weis, daĂ im Reizzustand die Ruhe das Rich-
tige ist, die diÀtetische Schonung, und daà es
fĂŒr den Gallensteinkranken nur eine ihm angepaĂte DiĂ€t
gibt. Besteht durch Anamnese und Beobachtung begrĂŒndet,
Verdacht auf ein latentes Gallensteinleiden, so wird die
therapeutische Prophylaxe sich in erster Linie
wieder auf die individuell begrĂŒndete DiĂ€t beziehen und wird
die eben besprochenen cholagogenen MaĂnahmen (Trink-
kuren) in ErwÀgung zu ziehen. Feitleibige wird man zweck-
mĂ€Ăig zu entfetten suchen, da die Adipositas sicherlich zur
Cholelithiasis disponiert, Astheniker, Magere wird man an-
fetten. Bei nachgewiesenen Gallensteinen sind alle körper-
lichen ErschĂŒtterungen, alle traumatischen Einwirkungen
auf die Leber (Quetschungen, StöĂe) durchaus ungĂŒnstig und
wirken provozierend auf einen Gallensteinanfall.
Wer soll eine Brille tragen,
und wann soll man eine Brille tragen?
Von Dr. A. Fertig, Augenarzt in Berlin, 1. Assistent an der
Klinik des Herrn Geh. Rat Silex.
Die BrillenglÀser dienen zur Korrektion von Refraktions-
und Akkomodationsanomalien des Auges. Durch die klassi-
schen Arbeiten von Donders gehört die Lehre von den
Brillenbestimmungen zu den exaktesten Untersuchungs-
methoden der Ophthalmologie, ja der gesamten Medizin.
Trotzdem begegnet man in der Praxis sehr hÀufig ganz fal-
schen Anschauungen ĂŒber das Wesen des Brillentragens und
den Wert der Brillenbestimmung, hauptsÀchlich wohl des-
halb, weil die groĂen optischen GeschĂ€fte fast allein die
âAufklĂ€rungsarbeit" ĂŒbernommen haben und mit ihrer viel-
fach Sinn verwirrenden Reklame die groĂe Masse des Publi-
kums an sich zu ziehen versuchen. Bei der groĂen Bedeu-
tung der Angelegenheit â fast jeder Mensch wird in seinem
Leben BrillentrĂ€ger â dĂŒrften die nachstehenden AusfĂŒh-
rungen auch fĂŒr den Allgemeinpraktiker von Interesse sein.
Das ânormalsichtige" menschliche Auge ist so eingerich-
tet, daĂ es ohne optische Hilfsmittel sowohl in die Ferne als
auch in der NĂ€he deutlich sehen kann. Das Sehen in die
Ferne ist gegeben durch den Bau des Auges, seine Refrak-
tion â beim normalsichtigen Auge werden die aus der Ferne
einfallenden parallelen Strahlen durch die âbrechenden Me-
dien" (Hornhaut, Linse, Glaskörper) so gebrochen, daà sie
sich auf der Netzhaut schneiden, so daĂ von den Gegen-
stĂ€nden der AuĂenwelt auf der Netzhaut ein scharfes (um-
gekehrtes, reelles, verkleinertes) Bild entsteht â , wĂ€hrend
beim Nahesehen die Akkomodation, die FĂ€higkeit, durch
stÀrkere Linsenwölbung die Brechkraft zu Àndern, in Kraft
tritt. Etwa 60 â 70 Prozent aller Menschen sind normal-
sichtig. Die Refraktion bleibt wÀhrend des ganzen Lebens
unverÀndert (auf die VerÀnderungen, die eintreten können,
werden wir spÀter eingehen), wÀhrend die Akkomodation,
wir sagen Akkomodationsbreite, vom Alter abhÀngig ist.
Jugendliche Individuen haben eine groĂe Akkomodations-
breite, sie können GegenstÀnde bis etwa 7 cm vor dem Auge
deutlich erkennen â ihr Nahepunkt liegt 7 cm vor dem
Auge â ; mit den Jahren wird die Akkomodationsbreite
geringer, der Nahepunkt rĂŒckt immer weiter vom
Auge ab, bis mit 70 Jahren die Akkomodation völlig
erloschen ist. Praktisch bemerkbar macht sich die Ab-
nahme der Akkomodation mit etwa 40 bis 45 Jahren, wo
der Nahpunkt sich in ungefÀhr 25 cm vor dem Auge befindet,
man nennt diesen Zustand Weit- oder Alterssichtigkeit (=
Presbyopie). Diese Alterssichtigkeit muĂ man
durch B rillen (Konvex -)glÀser korrigieren,
um ein Arbeiten in der NÀhe zu ermög-
lichen. Die StÀrke des Glases richtet sich nach der dem
Alter entsprechenden Abnahme der Akkomodationsbreite und
der Entfernung, in der der Betreffende zu arbeiten gewohnt
oder genötigt ist. Man soll die GlÀser tragen,
sobald sich Störungen bei der Naharbeit
bemerkbar machen; das Tragen der GlÀser
hinauszuschieben, hat keinen Sinn, weil
man den Ablauf der Akkomodationsbreite
doch nicht beeinflussen kann. Die Meinung,
daĂ man durch frĂŒhzeitiges Tragen der GlĂ€ser die Augen
âverwöhne" und deshalb spĂ€ter âimmer stĂ€rkere GlĂ€ser nehmen
mĂŒsse", ist ganz irrig; das ist ein ganz natĂŒrlicher Vorgang
und lĂ€Ăt sich nicht verhĂŒten, wĂ€hrend man, wenn man nicht
rechtzeitig die Alterssichtigkeit korrigiert, sich unnĂŒtz die
Arbeit erschwert, ganz abgesehen davon, daĂ viele Menschen
dadurch Kopfschmerzen, Arbeitsunlust imd andere nervöse
Störungen bekommen. Vielfach wird einem auch von Pa-
tienten, denen man ein Altersglas verordnen will, entgegen-
gehalten, daĂ sie eine alte Dame oder Herrn kennen, der
80 Jahre alt geworden sei und nie ein Glas gebraucht habe,
warum sollten sie da schon ein Glas tragen? Darauf ist zu
erwidern, daĂ dies gar nichts Wunderbares ist, sondern sich
ganz natĂŒrlich erklĂ€ren lĂ€Ăt; der Betreffende war entweder
von Jugend an kurzsichtig (s. u.) oder ist es spÀter durch
die AltersverÀnderung der Linse geworden; jeder Normal -
sichtige wird im Alter aber weit(alters)sichtig und muĂ fĂŒr
die NĂ€he eine Brille tragen. Die Alterssichtigkeit ist also eine
Anomalie der Akkomodation, der jeder Mensch unterworfen
ist; natĂŒrlich muĂ aber immer festgestellt werden, ob es sich
bei den Sehstörungen auch wirklich um Alterssichtigkeit
handelt und ob nicht andere krankhafte VerÀnderungen vor-
liegen. Zu jeder Brillenbestimmung gehört
die Untersuchung des ganzen Auges, be-
sonders die Untersuchung des Augenhinter-
grundes mit dem Augenspiegel, will man
nicht manchmal unabsehbaren Schaden
stiften.
Von diesem ânormalen" Bau des Auges gibt es aber Ab -
weichungen, man faĂt sie unter dem Namen Refraktions-
anomalien zusammen; es sind dies die Kurzsichtigkeit
(Myopie), die Ueber(nicht Weitsichtigkeit (Hypermetropie)
und der Astigmatismus. Mit dem Sehen bei diesen Refrak-
tionsanomalien wollen wir uns im Folgenden beschÀftigen.
Das Wesen der Kurzsichtigkeit besteht darin, daĂ die
10. Jahrg. â Nr. 5
Fertig: Brill«
121
parallel in das Auge einfallenden Strahlen sich schon vor
der Netzhaut schneiden, weil entweder das optische System
ku stark brechend ist, oder was das HĂ€ufigste ist, der Sa-
gittaldurchmesser des Auges zu lang ist (Achsenmyopie oder
typische Myopie); auf der Net/haut entsteht kein scharfes
Bild, sondern sogenannte Zerstreuungskreise. Deshalb wei-
den in der Ferne befindliche GegenstÀnde nicht deutlich ge-
sehen; der Kurzsichtige versucht, sein Sellen zu verbessern,
indem er die Augen zukneift, wodurch die Pupille verengert
und die Zerstreuungskreise verkleinert weiden.
Korrigiert wird die K u r zs i c h t i g k e i t
d u r e h Z e r s t r e u ungs (Konkav-) linsen, d e r e n
S t Ă€ r k e so beschaffen sein muĂ, daĂ sie
die parallelen Strahlen so zerstreuen, als
oh sie vom Fernpunkt des kurzsichtigen
Auges herkĂ€men; bei der SehprĂŒfung ist
dies das schwÀchste Konkavglas, mit dem
am besten gesehen wird. Die Entfernung des
Fernpunktes von dem Auge gibt, in Dioptrien (Meterlinsen)
i ungerechnet, den Grad der Myopie an, d. h. je dichter der
Kernpunkt am Auge liegt, um so stÀrker ist die Kurzsichtig-
keit.
Jugendliche Kurzsichtige sollen voll
korrigiert werden, d. h. man soll ihnen ein Glas ver-
erdnen, das ihre ganze Kurzsichtigkeit ausgleicht; m i l
diesem Glas können sie gut in die Ferne und
(mit Hilfe der Akkomodation) auchin der NĂ€he sehen.
Dieses Glas sollen sie â im Prinzip â dauernd fĂŒr die
Ferne und fĂŒr die NĂ€he tragen; fĂŒr die NĂ€he ein zweites,
schwÀcheres Glas zu verordnen, oder sie ohne Glas
lesen zu lassen, ist prinzipiell nicht richtig, da da-
durch die Akkomodation, ein physiologischer Vorgang, -aus-
geschaltet wird. In der Praxis muà man sich hÀufig nach
der Gewohnheit des Patienten richten und besonders bei
hochgradig kurzsichtigen Leuten, die meistens auch schwach-
sichtig sind, und bei anÀmischen und nervösen Individuen
schon fĂŒr die Ferne ein schwĂ€cheres Glas und eine noch
schwÀchere Arbeitsbrille geben, da ihnen schon die normale
Akkomodation Beschwerden bereitet. DaĂ durch die Voll-
korrektion ein Fortschreiten der Kurzsichtigkeit aufgehallen
oder verhindert wird, und ob man ĂŒberhaupt dieselbe be-
einflussen kann, darĂŒber sind die Ansichten noch geteilt, da
die eigentlichen Ursachen der Kurzsichtigkeit, hei denen die
Vererbung sicherlich die Hauptrolle spielt, noch nicht klar
erkannt sind. Man nimmt heutzutage an, daĂ durch an-
haltende Naharbeit die Kurzsichtigkeit, deren Anlage vererbt
ist, verschlimmert wird. NatĂŒrlich tritt auch heim Kurz-
sichtigen die Abnahme der Akkomodationsbreite, die Alters-
sichtigkeit, ein, doch macht sich diese praktisch etwas an-
ders bemerkbar als beim Normalsichtigen. Myopen von 4
Dioptr. und darĂŒber können ihr ganzes Leben ohne Glas in
der NÀhe sehen, weil sie in ihrem Feinpunkt lesen können;
fĂŒr andere Entfernungen brauchen sie aber ein Glas, das
ihrer Kurzsichtigkeit und ihrem Alter entspricht, immer ist
aber das Glas fĂŒr die NĂ€he schwĂ€cher als das fĂŒr die Ferne.
Bei der Brillenbestimmung sind noch die Muskelgleichge-
wichtsverhÀltnisse, die bei Myopie hÀutig gestört sind, zu
berĂŒcksichtigen, und nur ein richtig ausgesuchtes Glas wird
seinen Zweck voll erfĂŒllen und seinen TrĂ€ger befriedigen.
Durch zu starke GlĂ€ser wird die Akkomodation ĂŒbermĂ€Ăig
angespannt und dadurch werden Beschwerden, die das
Tragen der GlÀser zur Unmöglichkeit machen können, her-
vorgerufen.
Bei der Uebersichtigkeit (Hypermetropie) ist das Auge
so gebaut, daĂ die parallel einfallenden Strahlen sich erst
Ii i n t e r der Netzhaut vereinigen, weil entweder das optische
System zu schwach brechend oder die Augenachse zu kurz
ist. Der Uebersichtige bekommt also weder von fernen noch
von nahen GegenstÀnden scharfe Netzhautbilder, so daà er
eigentlich weder weit noch nah gut sehen mĂŒĂte. DaĂ dies
bei jugendlichen Hypermetropen nicht immer der Fall ist,
liegt daran, daĂ er ja ĂŒber eine groĂe Akkommodationsbreite
verfĂŒgt und seine Brechkrafl durch Akkommodation, schon
fĂŒr die kerne, vermehren kann. In geringerem Grade ist dies
noch physiologisch, so daĂ bei der Sehpriifung nicht die
âtotale" Hypermetropie gefunden (âmanifest") wird, sondern
ein Teil durch die Akkommodation âlatent" bleibt, erst in
spĂ€teren Jahren wird die âtotale" Hypermetropie âmanifest".
Bei höheren Graden der II. wird aber auch in die keine
schlecht gesehen, besonders machen sich aber die Beschwer-
den beim Nahesehen bemerkbar, wo ja noch die Akkomo
dation fĂŒr die NĂ€he hinzukommt. Hochgradige Uebersichtige
hallen, wenn sie nicht korrigiert sind, die Schrift ganz dicht
vor das Auge, um die Netzhautbilder zu vergröĂern, so daĂ
sie den Anschein von hochgradig Kurzsichtigen erwecken.
Die Klagen, mit denen die Patienten gewöhnlich kommen,
sind ganz charakteristisch. Das Weitsehen gehe noch, und
sie könnten eine Zeitlang ganz gut lesen, bald verschwimme
aber alles vor den Augen, so daĂ sie keine Ausdauer bei der
Arbeit hÀtten. Man muà deshalb die Ueber-
sichtigkeit korrigieren, und zwar muĂ man
das stÀrkste Konvexglas geben, mit dem am
besten in die Ferne gesehen wird, um die
Akkommodation fĂŒr die Ferne, die doch nicht physiologisch
ist, nach Möglichkeit auszuschalten; da aber bei Kindern zu-
nĂ€chst immer ein Teil der H. âlatent" bleibt, wird man die
Eltern aufmerksam machen, daà die GlÀser spÀter verstÀrkt
werden mĂŒssen, und sie belehren, daĂ das nicht damit zu-
sammenhÀngt, daà die Kinder durch die Brillen ihre Augen
âverwöhnen" oder âverderben", sondern daĂ das durch den
Bau des Auges bedingt ist (vgl. die Bemerkungen bei der
Alterssichtigkeit). Bei Kindern, die schielen, wird man
zweckmĂ€Ăig von Anfang an die totale H. korrigieren, nach-
dem man die Akkomodation durch Atropin gelÀhmt hat.
Der Hypermetrop kann, so lange er jung ist,
m i t demselben Glas sowohl in die Ferne als auch
in der NĂ€he sehen, wird er Presbyop, so
braucht er fĂŒr die NĂ€he ein zweites Glas, das
entsprechend der Abnahme der Akkomoda-
tion stĂ€rker ist, fĂŒr die Ferne behĂ€lt er sein
die bestehende Hypermetropie korrigieren-
des Glas.
Die dritte Refraktionsanomalie, der Astigmatismus, be-
steht darin, daĂ die Hornhaut nicht in allen Meridianen
gleichmĂ€Ăig gekrĂŒmmt ist, sondern daĂ zwei aufeinander
senkrecht stehende Meridiane eine ungleiche KrĂŒmmung be-
sitzen (= regulÀrer Astigmatismus; der irregulÀre Astig., bei
dem die Hornhaut schon in ein und demselben Meridian un-
gleichmĂ€Ăig gekrĂŒmmt ist, z. B. durch Narben, Keratokonus,
usw. interessiert uns hier nicht, da er nicht korrigiert wer-
den kann). Es ergeben sich dabei folgende Möglichkeiten:
der eine Meridian ist emmetrop und der andere myop
(= 1. einfacher myopischer A.) oder hypermetrop (= 2. ein-
facher hypermetropischer A.) oder beide sind myop, aber in
verschieden starkem Grade (= 3. zusammengestzt myopischer
A.) oder beide sind hypermetrop, aber in verschiedenem
Grade (= 4. zusammengesetzt hypermetropischer A.) oder
der eine Meridian ist myop und der andere hypermetrop
( - ö. gemischter A,). Die Korrektion des Astig-
matismus geschieht durch Zylinderg lÀser,
d. s. Linsen, die so geschliffen- sind, daĂ nur Strahlen, die
in einer Ebene senkrecht zur Achse einfallen, gebrochen
werden, die in der Achsenebene einfallenden Strahlen unge-
brochen hindurchgehen. Es gibt Konvexzylinder- und Kon-
kavzylinderglÀser. Von besonderer Wichtigkeit ist bei der
Verordnung der ZylinderglÀser die Stellung' der Achse; da
beim Astigmatismus ânach der Regel" der vertikale Meridian
der stÀrker brechende ist, so steht gewöhnlich die Achse des
Konvexzylinders vertikal und die Achse des Konkavzylinders
horizontal. Es gibt aber auch Astigmatismus âgegen die
Regel", besonders nach (Star-)Operationen. Höhere Grade
von Astigmatismus lassen sich nicht immer voll korrigieren
und sind hÀufig, wenn sie angeboren sind, mit Schwach-
sichtigkeit verbunden. Der Astigmatismus soll
immer korrigiert werden, besonders der
hypermetropische, da er sehr hÀufig mit
stÀrkeren Beschwerden ein hergeht.
Im allgemeinen haben beide Augen denselben Brechungs-
122
Neter: Aus der Kinderpraxis
40. Jahrg. â Nr. 5
zustand, ist er verschieden (Anisometropie), so soll man rein
prinzipiell jedes Auge fĂŒr sich korrigieren, da erst dann
beide Augen gleichmĂ€Ăig funktionieren und der âbinokulare
Sehakt" hergestellt wird. In der Praxis wird man aber da-
bei, namentlich bei Àlteren Individuen, hÀufig auf Schwierig-
keiten stoĂen, weil die GlĂ€ser nicht âvertragen" werden, die
Betreffenden bekommen Kopfschmerzen, Schwindelerschei-
nungen, Flimmern vor den Augen usw.; man muĂ dann das
Glas weglassen, oder wenn man Wert darauf legt, daĂ ein
Glas getragen wird, mit schwÀcheren Nummern beginnen
und so weiter.
Zusammenfassend können wir sagen, daà die Augen
erst dann ihre volle LeistungsfÀhigkeit darbieten, gewisser-
maĂen zu ânormalsichtigen" gemacht werden, wenn etwa
vorhandene Fehler der Brechkraft oder der Akkommodation
korrigiert werden, und daĂ deshalb jeder, dessen
Augen diese Fehler zeigen, eine Brille tragen
soll. Geschadet wird den Augen mit einem richtig ausge-
wÀhlten Glase nicht, andererseits werden aber durch das
Nichltragen von GlÀsern keine organischen Ver-
Ă€nderungen hervorgerufen. Man kann deshalb in der
Praxis, besonders bei kurzsichtigen Damen, die auf der
StraĂe kein Glas tragen wollen, davon Abstand nehmen, ich
mache sie aber immer darauf aufmerksam, daĂ sie dadurch
nur die halbe Welt sehen und sich viele Schönheiten ent-
gehen lassen; aber da die AnsprĂŒche der Menschen ver-
schieden sind, lĂ€Ăt sich nicht darĂŒber streiten.
Die Brillenverordnung ist ein schwieriges Kapitel, es ge-
hört dazu viel Uebung und Erfahrung, um in jedem Fall
das richtige zu finden. Man sollte deshalb das Publikum
warnen, gedankenlos zu den optischen GeschÀften zu laufen,
weil diese ihnen eine âkostenlose Augenuntersuchung" ver-
sprechen, die sie sachgemÀà und nach wissenschaftlichen
GrundsĂ€tzen doch nicht ausfĂŒhren können. Die Kosten zahlt
doch nur das Publikum, da diese GeschÀfte gewöhnlich
höhere Preise fĂŒr ihre Ware verlangen, und die KĂ€ufer Ge-
fahr laufen, daĂ bei ihnen Krankheitserscheinungen ĂŒber-
sehen werden, die, im Anfangssladium entdeckt, hÀtten ge-
heilt werden können, wÀhrend spÀter der einmal entstandene
Schaden nicht wieder gut gemacht werden kann.
Aus der Kinderpraxis.
Von Kinderarzt Dr. Eugen N e t e r (Mannheim).
IV.
Die Auswahl der Kinder fĂŒr die QuĂ€kerspeisung (und
fĂŒr andere FĂŒrsorgemaĂnahmen) hat eine breite Diskussion
ausgelöst ĂŒber die Frage, mit welchen Hilfsmitteln der Unter-
suchung die körperliche BedĂŒrftigkeit der Kinder am
Sichersten festgestellt (und gleichmĂ€Ăig erfaĂt) werden
könne. In einer neuesten Arbeit (Kuntze)*) wird wieder auf
den Wert einer Messung des Fettpolsters hingewiesen, die
u. a. bei einer Reihenuntersuchung Leipziger Volksschul-
kinder MaĂe ergab, die um die HĂ€lfte hinter Friedenszahlen
zurĂŒckblieben. Es will mir scheinen, als ob man bei den
SchluĂfolgerungen aus den gewonnenen Zahlen und bei der
Beurteilung der Körperbeschaffenheit des einzelnen Kindes
zwei Begriffe miteinander identifiziert, die ganz verschie-
denen Inhalt haben: UnterernÀhrung und schlechter Er-
nĂ€hrungszustand. â Das Wort âUnterernĂ€hrung" gibt â in
seiner ĂŒblichen Anwendung â die Ursache eines Zu-
standes an, wird aber trotzdem zumeist fĂŒr die Charakteri-
sierung eines Zustandes angewendet. Diese unrichtige An-
wendung des Wortes âUnterernĂ€hrung" hat zu weitgehenden
falschen praktischen MaĂnahmen gefĂŒhrt.
Ein mageres Kind, ein Kind mit sehr spÀrlichem Fett-
polster und auch sonst elendem Aussehen kann unterernÀhrt
sein, braucht es aber nicht zu sein. Die Magerkeit kann
bedingt sein: 1. durch mangelhafte ErnÀhrung; 2. durch
Krankheit oder 3. durch Vererbung. Die erstere Möglich-
âą Monatsschrift fĂŒr Kinderheilkunde 1921. Bd. 22.
keit liegt vor, wenn nachzuweisen ist, daĂ entweder aus
wirtschaftlichen GrĂŒnden nicht genĂŒgend Nahrungsmittel
dem Kinde geboten werden können, oder wenn eine ein-
seitige, fehlerhafte Kost, schlechte Gewöhnung und Erziehung
usw. â trotz guter ökonomischer VerhĂ€ltnisse â die Er-
nĂ€hrung nur in ungenĂŒgendem Umfang zulieĂ â mithin
zwei Möglichkeiten der UnterernÀhrung aus ganz entgegen-
gesetzten GrĂŒnden. (Die Zulassung auch gutsituierter Kin-
der zur QuĂ€kerspeisung wird oft damit begrĂŒndet, daĂ die
betr. Kinder zu Hause wegen Appetitlosigkeit nur sehr
wenig essen, bei der QuĂ€ckerspeisung aber â im Kreise
gut essender Alterskameraden â einen ungekannten Appetit
zeigen). â Als zweite Ursache fĂŒr einen schlechten Er-
nĂ€hrungszustand kommen Krankheiten in Betracht. â Am
wenigsten Beachtung findet die dritte Ursache der Magerkeit
eines Kindes: die Konstitution, d. h. die durch Vererbung
ausschlaggebend bedingte Statur des Kindes. Bei diesen
letzteren Kindern handelt es sich um die jedem Arzt zur Ge-
nĂŒge bekannten StammgĂ€ste der Sprechstunde: gesunde
Kinder, unsympathisch mager und durch keinerlei Àrztliche
MaĂnahmen zu einem Fettansatz zu bringen; dabei oft recht
leistungsfÀhig und abgehÀrtet. Bei diesen Kindern den
schlechten ErnĂ€hrungszustand mit âUnterernĂ€hrung" cha-
rakterisieren, bedeutet einen unverstÀndlichen wissenschaft-
lichen Irrtum.
Bei Gelegenheit einer Reihenuntersuchung in der hie-
sigen Volksschule wurde auch mein 7 jÀhriger Junge mit
der schlechtesten Note heimgeschickt und mit dem dringen-
den Rat, wegen âUnterernĂ€hrung" an der QuĂ€kerspeisung
teilzunehmen. Trotzdem auch ich das Wort: âDat Galenus
opes" fĂŒr das verlogendste aller Sprichwörter halte, kann ich
aber doch behaupten, daĂ dem Jungen noch jederzeit â
selbst wÀhrend des Krieges, den er auf dem Lande zubrachte
â genĂŒgend Nahrungsmittel zur VerfĂŒgung standen, um den
stets sehr krÀftigen, nicht wÀhlerischen Appetit zu befriedi-
gen. Der Junge âschlĂ€gt" in die vĂ€terliche Familie, deren
Mitglieder â heute nicht mehr grazil â in der Kindheit fast
sÀmtlich sehr mager waren. Bei genauer Anamnese wird
man ausnahmslos bei diesen mageren Kindern feststellen
können, daà die Mitglieder derjenigen Familie, die dem
Kinde die Aehnlichkeit vererbte, frĂŒher dieselbe Statur
hatten, wie das zu untersuchende Kind sie jetzt zeigt. Sieht
man in einem Windhund ein âunterernĂ€hrtes" Geschöpf, so
miĂachtet man in einseitiger Weise das bedeutungsvolle Mo-
ment der Vererb mag und ĂŒberschĂ€tzt den EinfluĂ der Er-
nÀhrung auf den Körperbau.
Es soll und kann nicht bestritten werden, daĂ die
Nahrung â nach QuantitĂ€t und QualitĂ€t â den ErnĂ€hrungs-
zustand des Kindes innerhalb gewisser Grenzen zu beein-
flussen imstande ist. Man wird aber fast ĂŒberall die Beob-
achtung machen, daà der kindliche Körper ein gewisses
Körpergewicht, einen bestimmten Bau zÀh festhÀlt und z. B.
rasch eine Gewichtszunahme wieder verliert, die er unter
sehr gĂŒnstigen ErnĂ€hrungs(MĂ€stungs-)bedingungen vor-
ĂŒbergehend aufweist. So konnte der Verfasser des erwĂ€hnten
Aufsatzes mit Hilfe sehr kohlehydratreicher Ferienkost bei
16 Kindern eine Zunahme des Gewichtes und des Fettpolsters
erzielen, ein Resultat, das aber nicht lange anhielt; bereits
nach sechs Wochen zeigten die Kinder wieder die frĂŒheren
MaĂe. Welchen ErnĂ€hrungszustand mĂŒssen wir nun als den
fĂŒr diese Kinder physiologischen bezeichnen? Den Zustand
der âUnterernĂ€hrung" vor dem Ferienaufenthalt und wieder
bei der Nachuntersuchung oder den gĂŒnstigen am SchlĂŒsse
der Ferien?
Standardzahlen fĂŒr GröĂe und Gewicht der Kinder
zu gewinnen, ist ein schwieriges Unternehmen; soweit
solche Normalwerte bereits vorliegen, erfordert ihre Anwen-
dung groĂe Vorsicht. Welche Vergleichszahlen mögen wohl
folgendem Schularztbericht zugrunde liegen, den ich dieser
Tage wieder unter die HĂ€nde bekam? âWir dĂŒrfen uns nicht
verhehlen, daà der durchschnittliche KrÀfte- und ErnÀh-
rungszustand miserer Volksschulkinder weit unter dem Nor-
malzustand zurĂŒckbleibt, daĂ das Idealbild eines strammen
10. Jahrg. â Nr. 5
Aebly: Geschlechtsprognostik
Kindt s in den Volksschulen der StÀdte kaum mehr zu linden
ist. Wir haben uns schon lange an ein krÀnkliches, körper-
lich minderwertiges Geschlecht gewöhnt, so daà wir den
Mangel kaum mehr wahrnehmen." (Sic! im Jahre 1908!)
Das Verhalten des Körpergewichts als MaĂstab zu wĂ€hlen
fĂŒr die Notwendigkeit oder fĂŒr den Erfolg einer FĂŒrsorge
rischen MaĂnahme heim Kinde, bedeutet eine nicht gleich-
gĂŒltige Einseitigkeit. Es ist verstĂ€ndlich, wenn man he
sonders in Statistiken â SchluĂfolgerungen gern auf Fak-
toren stĂŒtzt, die faĂlich sind, und die man so hĂŒbsch schwarz
auf weiĂ nach Hause tragen kann, im Gegensatz zu den
mancherlei anderen Kennzeichen von Gesundheit, die aber
weniger prÀzis sind und deshalb, von verschiedenen Beob-
achtern festgestellt, nur schwer vergleichbare Resultate er-
geben. Aber es wĂ€re dringend zu wĂŒnschen, daĂ man den
Blick nicht einseitig auf das Verhalten des Körpergewichtes
und des allgemeinen ErnĂ€hrungszustandes einstellt, und daĂ
man in diesen beiden Eigenschaften nur einen Teil jener
Symptome erblickt, die ein Urteil ĂŒber die Gesundheit des
Kindes ermöglichen. âBewĂ€hrt den Forscher der Natur ein
frei und ruhig Schauen, so folge MeĂkunst seiner Spur mit
Vorsicht und Vertrauen" (Goethe).
In seinem Vortrag âHungernde Brustkinder" bespricht
Lust*) jene an Zahl sich mehrenden FĂ€lle, die eine
UnterernÀhrung an der Mutterbrust aufweisen, und deren
schlechtes Gedeihen nicht â wie es oft zutrifft â
durch die Annahme einer exsudativen Diathese, einer
Neuropathie oder anderer bekannter Ursachen erklÀrt
werden kann, sondern ausschlieĂlich auf eine quan-
titative UnzulĂ€nglichkeit der gebotenen Muttermilch zurĂŒck-
gefĂŒhrt werden muĂ. Die hierbei manchmal auftretenden
Darmerscheinungen tÀuschen gelegentlich auch Aerzte und
FĂŒrsorgerinnen und geben AnlaĂ zu unzweckmĂ€Ăigen, ge-
radezu gegensĂ€tzlich wirkenden MaĂnahmen. Eine gewisse
Uebertreibung der Stillpropaganda trÀgt etwas Schuld an
dieser nicht so seltenen UnterernÀhrung von Brustkindern.
Lust warnt deshalb â ohne andererseits einer zu frĂŒhen
BeifĂŒtterung das Wort zu reden â vor allzu langem Zu-
warten, das man heute gerade in denjenigen Kreisen nicht
allzu selten treffe, welche die Lehren mancher pÀdiatrischer
Kompendien und die Gebote stillpropasandistischer Merk-
blÀtter allzu starr und allzu getreulich befolgen, so in den
Kreisen mancher Aerzte, ganz besonders aber in denen der
SĂ€uglingspflegerinnen und FĂŒrsorgerinnen.
Hungernde Brustkinder hat es schon immer gegeben, bereits
vor der modernen Stillpropaganda und auch in Gegenden, wo-
hin noch keine Spur pÀdiatrischer Weisheit gedrungen ist. Im-
merhin muĂ Lust vollauf beigestimmt werden, wenn er die
zunehmende HĂ€ufigkeit der diesbezĂŒglichen FĂ€lle auf Aus-
wĂŒchse der populĂ€ren Belehrung zurĂŒckfĂŒhrt. Oft schon
wurde das Dogmenhafte getadelt, mit dem gerade von kli-
nischer Seite her die 4 stĂŒndliche Nahrungspause, die lange
Nachtpause und die Höchstzahl von 5 Mahlzeiten unbedingt
verlangt wurden. In der Praxis und im Unterricht bekÀmpfte
ich stets â und besonders hinsichtlich der Brustkinder â
die AllgemeingĂŒltigkeit dieser Forderungen. Zeigte mir das
Leben doch zu oft, mit welcher souverĂ€nen NatĂŒrlichkeit die
MĂŒtter, die Kinder sich ĂŒber jene Vorschriften hinwegsetzten
und â nicht trotzdem, wie ich als AnfĂ€nger meinte,
sondern nur deshalb â gut gediehen sind. Im Unterricht
geht mein hauptsÀchliches Streben dahin, an zahlreichen
Beispielen aus dem praktischen Lehen den auswendig ge-
lernten Leitfaden zu kommentieren, d. h. den SchĂŒlerinnen
zu zeigen, daĂ das Buch nur Richtlinien gehen darf, und daĂ
drauĂen im Leben sich die Dinge anders gestalten als im
Buch und auch anders als in der Anstalt, die oft recht ein-
seitige Erfahrungen gibt. âViele Wege fĂŒhren nach Rom",
dieses Wort den SchĂŒlerinnen einhĂ€mmern, auf daĂ sie
spÀter einmal den mannigfaltigen Forderungen des Lebens
und auch den verschiedenen Ansichten der Aerzte, mit denen
sie zu arbeiten haben, gerecht werden können, sei ein wich-
tiges Ziel des Unterrichtes.
' Monalschrift fĂŒr Kinderheilkunde 1921/22
Kaupe will bei dem mangelhaften Gedeihen mancher
Brustkinder weder an eine VerÀnderung der Zusammen
setzung noch an eine ungenĂŒgende Gesamtmenge der Mutter
milch glauben, sondern möchte fĂŒr die zögernde Entwic]
hing jener SÀuglinge uns noch unbekannte und 'iklÀrliche
VerÀnderungen der Muttermilch verantwortlich machen, die
ihre Entstehung den vielen seelischen Erregungen verdanken
sollen, denen heute jede Mutter mehr oder weniger unter
worfen ist. Lust hĂ€lt diese mystischen Vorstellungen fĂŒr
unhaltbar. Mit der Bezeichnung âmystisch" sind solche Vor-
stellungen noch nicht erledigt. Der Wissenschaft kann nicht
zugemutet werden, daĂ sie Dinge annimmt, die sie nicht
nachweisen kann. Aber andererseits ĂŒberschreitet sie die
Grenzen sachlichen Urteils, wenn sie Dinge nur deshalb fĂŒr
unmöglich hÀlt, weil sie sich nicht feststellen lassen. Gerade
auf unserem pÀdiatrischen Gebiete tÀte die Forschung gul
daran, bevor sie eine Auffassung bestreitet, deren Unrichtig-
keit nachzuweisen oder es bei einem Non liquet zu belassen.
Ich erinnere z. B. an die mancherlei Ansichten, die ĂŒber die
Auswirkungen der Menstruation bestehen und die mit der
Bezeichnung âmystisch" nicht als Aberglaube beiseite ge-
schoben werden können. Die Annahme, daà seelische Vor-
gÀnge bei der werdenden und stillenden Mutter Einfluà ge-
winnen können â nicht in grob-chemischer Art â auf das
sich entwickelnde Kind, ist eine Vorstellung, die zu sehr
Allgemeingut der mĂŒndlichen und schriftlichen Tradition
frĂŒherer Aerztegenerationen war, als daĂ ihr Tatsachen nicht
zugrunde liegen sollten. Pfaundler hat Recht, wenn er
unsere chemischen (Milch-) Analysen gleichsetzt einem Axt-
hieb zum Studium des Mechanismus einer Taschenuhr. Ich
habe die feste Ueberzeugung, daà die pÀdiatrische Forschung
rascher zu manchem Ziele kÀme, wenn sie anstatt auf sehr
weitem Umwege schlieĂlich doch zur Anerkennung einer
anfÀnglich entschieden bestrittenen populÀren Anschauung
zu gelangen â natĂŒrlich stets dann in moderner Nomen-
klatur â , direkt an die PrĂŒfung der traditionellen Ansicht
ginge, mag das Gewand dieser Ansicht auch noch so ein-
fÀltig erscheinen.
Zur Geschichte der Geschlechtsprognostik.
Von J. Aebly, ZĂŒrich.
Der Artikel von H. E. Sigerist in Nr. 28, 1921 der Fort-
schritte der Medizin, veranlaĂt mich, einige, wie ich glaube
weniger bekannte Anschauungen auf diesem Gebiete zu
publizieren. Da Sigerist die Frage aufwirft, ob die letzte
von ihm erwĂ€hnte Regel vielleicht nicht richtig ĂŒberliefert
sei, will ich zuerst kurz das betr. Beispiel betrachten, das
zwar an und fĂŒr sich ganz uninteressant ist, aber entschie-
den an Interesse gewinnt, wenn es in den zugehörigen theo-
retischen Rahmen eingefĂŒgt wird.
Es handelt sich im Grunde um eine Anwendung der
Zahlenmystik, wie sie sowohl Pythagoras, als auch der jĂŒdi-
schen Kabbala zugeschrieben wird. Wo diese Vorstellungen
ihren eigentlichen Ursprung nehmen, ist ganz unbekannt.
Selbst Bouche-Leclercq, einer der besten Kenner
dieses Gebietes meint: âLa superstition des nombres pairs et
impairs remonte certainement plus haut que Pytha-
gore". (1) pag. 6, 1.
Die Grundvorstellung der pythagorÀisehen Lehre ist die
Annahme einer Harmonie des Weltganzen, der SolidaritÀt
aller Teile bis ins Kleinste. Diese Harmonie enthĂŒllt sich
dem erkennenden Verstand als Zahl, der SensibilitÀt als Mu-
sik, Rhythmus. Dem Gegensatz gerade â ungerade
im Gebiet der Zahlen entspricht weiblich â mĂ€nn-
lich, links â rechts, kalt â warm usw., also die
GegensÀtze, die in fast allen Geschlechtsprognostiken
in der einen oder anderen Form vorkommen und
daher offenbar mehr oder weniger direkt mit der Pytha-
gorĂ€isehen Lehre, resp. vielleicht noch ursprĂŒnglicheren An-
schauungen zusammenhÀngen. Es ist daher im Sinne obigei
124
Aebly: Geschlechtsprognostik
40. Jahrg. â Nr. 5
Darstellungen ganz konsequent, wenn man aus dem Namen
einer Person, eventl. in Verbindung mit anderen auf sie be-
zĂŒglichen Dingen alles mögliche prognostizierte. Bouche-
Leclercq bemerkt ganz richtig: âLa conversion des lettres en
nombres, au temps oii les lettres etaient en meine temps des
chiffres, est une idee toute simple. Si les juifs en ont use
plus que personne dans leur Kabbale, c'est qu'ils avaient un
Livre revele sur qui operer. Iis croyaient faire ce que font
nos mathematiciens modernes, qui decouvrent des verites
nouvelles en traitant meeaniquement des foimules." (1) 537,3.
Unter diesem Gesichtswinkel betrachtet, scheint aller-
dings das von Sigerist gegebene Rezept sehr verstĂŒmmelt.
Vor allem ist auffÀllig, daà dem mÀnnlichen Geschlecht eine
gerade Zahl entsprechen soll, wĂ€hrend es sonst ĂŒberall eine
ungerade Zahl ist. FaĂt man 3 (= 1+2) als Vereinigung
von mÀnnlich und weiblich auf, welche Interpretation wohl
nicht so weit abliegen dĂŒrfte, so hĂ€tte man fĂŒr das erste
Kind eine Formel, die eine konsequente Anwendung der
theoretischen Anschauungen ist. Dann aber hört es auch
auf. Schon daĂ anstelle des Vaters der letztgeborene Sohn
tritt, bedeutet eine gewisse Durchlöcherung des Prinzips,
noch mehr aber die Unmöglichkeit der Aenderung des Ge-
schlechts fĂŒr den Fall, daĂ das Resultat der Berechnung ein
MĂ€dchen ergibt. Es handelt sich also um eine Ă€uĂerst pri-
mitive Formel, die nicht einmal im Sinne der Theorie konse-
quent ist und insofern. wenigstens den Tatsachen entsprÀche,
daĂ fĂŒr jeden Fall die Wahrscheinlichkeit einer Knaben-
resp. MĂ€dchengeburt gleich ist, eine Forderung, die sonst
auch die primitivsten Rezepte erfĂŒllen und der sie zweifellos
auch ihr zÀhes Leben verdanken, da eben jede solche Formel
in etwa der HĂ€lfte der FĂ€lle zutrifft, soÂŁ*ar wenn man
âGlĂŒck" hat, noch hĂ€ufiger, was immerhin auf das GemĂŒl
von Leuten, die mit den VerhÀltnissen nicht vertraut sind,
einen gewissen Eindruck machen muĂ.
Bei der Division durch 9 handelt es sich nicht, wie
Sigerist irrtĂŒmlich annimmt, um eine DurchfĂŒhrung im
heutigen Sinne, d. h. also um eine Verwandlung des Restes
in einen Dezimalbruch, sondern es muĂ der Rest auf seinen
Charakter (gerade -ungerade) untersucht werden, wobei ein
Rest 0 als 9 betrachtet wird. Die DezimalbrĂŒche sind erst
gegen Ende des 16. Jahrhunderts in Aufnahme gekommen
und sind wahrscheinlich erst ziemlich viel spÀter all^e
meiner gebraucht worden.
Was die in dem Beispiel gebrauchten Zahlemverte der
Buchstaben betrifft, so stimmen sie, soweit ich beurteile.]
kann, weder mit dem âpythagorĂ€ischen noch mit dem
..kabbalistischen" System ĂŒberein, so daĂ sich auch nicht
vermuten lĂ€Ăt, woher das betr. Rezept stammt. Unter Be-
rĂŒcksichtigung aller UmstĂ€nde scheint es mir gar nicht un -
wahrscheinlich, daĂ es sich ĂŒberhaupt nicht um ein ..Origi-
nalrezept" handelt, sondern um irgend eine Nachbildung,
wenn nicht gar um eine bewuĂte FĂ€lschung zum Zwecke des
Geldverdienens oder auch um gutglÀubige Leute zu narren.
Sehen wir von den erwÀhnten Unvollkommenheiten
dieses Rezeptes ab und halten uns mehr an das Prinzipielle,
so scheint mir, daĂ Sigerist die âphysiologischen" Vor-
schriften selbst im Sinne der damaligen Zeit zu hoch wertet.
Die physiologische VerbrĂ€mung ist doch Ă€uĂerst dĂŒrftig und
das mystische Element herrscht durchaus vor. Das zeigt
sich vor allem dann, wenn die physiologischen Ueberlegun-
gen mit den prinzipiellen in Widerspruch treten, wie z. 15.
Ix'i der Unwahrscheinlichkeit, daĂ die Gravida mit dem
rechten FuĂ ausschreitet, wenn das Vorhandensein eines
Knaben den Schwerpunkt des Körpers mehr nach der rechten
Seite verschieben soll, wie es die Theorie verlangt.
Ein AnalogieschluĂ lag der Vorschrift zugrunde, nach
der die Schwangere ein Vogelei ausbrĂŒten sollte, wobei das
Geschlecht des ausschlĂŒpfenden Vögelchens das Geschlecht
des Kindes anzeigen sollte, wofĂŒr als historisches Beispiel
Livia zitiert wird: âPraegnans enim Livia, cum an marem
editura esset, variis captaret omnibus, ovum ineubanti
gallinae subduetum nunc sua, nunc ministrarum manu per
vices usque fovit, quoad pullus insigniter cristatus exclusus
est." [Suet., Tiber., 14, zitiert nach (1).]
Neben den bis jetzt erwÀhnten populÀren Vorschriften,
die von jedermann ohne groĂe Schwierigkeit angewandt wei -
den konnten, gab es noch eine eigentlich mathematisch -
wissenschaftliche Methode, die sich auf astrologische Vor-
stellungen, speziell auf das âHoroskop der Konzeption" grĂŒn-
dete und die daher nur einem kleinen Kreise zugÀnglich war.
Aus der Stellung der Planeten relativ zur Sonne, zum Mond
und zum Horizont zur Zeit der Konzeption ergab sich nach
gewissen Regeln nicht nur das Geschlecht des Kindes, son-
(lern auch der Zeitpunkt der Geburt, dessen Bestimmung da -
her vor allem von der Genauigkeit der Ephemeriden abhing,
womit es allerdings nicht zum besten bestellt war. Auch die
mehrfachen Geburten und die Verteilung der Geschlechter
bei denselben wurden von PtolemÀus in ein System ge-
bracht. Auch hier scheint es noch nicht gelungen zu sein,
den Ursprung dieser Vorschriften festzulegen, die sich, wie
die Astrologie ĂŒberhaupt nicht weiter als bis zu den Aegyp-
ten^ resp. ChaldĂ€ern zurĂŒckverfolgen lĂ€Ăt.
Es wĂŒrde viel zu weit fĂŒhren, die Regeln hier auch nur
auszugsweise wiederzugeben. Der Leser, der sich dafĂŒr
interessiert, findet das Nötige nebst Quellenangabe in (1).
Ich will hier nur noch zwei Beispiele anfĂŒhren, die aus einer
viel spÀteren Periode stammen.
Das erste betrifft den bekannten Astronomen Johannes
Kepler, der das Horoskop seiner Konzeption folgendermaĂen
kommentiert [(2) pag. 6721:
Ad nativitatem Joannis Kepler i : Conceptio
mea investigata: anno 1571. Maji d. 16. h. 16. 37. Cum
abortus matris foetusque editi imbecillitas tollat suspicionem
antieipatae impregnationis, recte diem nuptiis postpono, quae
liiere die 15. Maji. Cum Sol in Geminis, Lima in Geminis
esset, 5 planetae Orientalen signabant masculum, Mercurius
( ombustus, ut in meteoris vehementes ventos, ita hic debilem
et properatam foetum habeat. Sic natus sum extericineus
32 septimanis, post 224. diem horis 10. (1571. 27. Dec. h.
1.30. "
Ferner berichtet Troels-Lund (3) pag. 223 von
Friedrich I und Christian III von DĂ€nemark . . .: âZugleich
gab er (Ditlev Reventlow) hinsichtlich ihrer Kinder sofort
nach ihrer EmpfÀngnis richtig an, welches Geschlecht sie
sein wĂŒrden, als auch, an welchem Tage sie geboren werden
wĂŒrden."
Das wĂ€re allerdings eine kĂŒhne Prognose, um die die
moderne GynÀkologie die alter Astrologen beneiden könnte!
Leider erfahren wir gsr nichts weiter. Troels-Lund
gibt gar keinen Kommentar dazu, auch nicht einmal die
Quelle, aus der er schöpfte, so daà man mit der Möglichkeit
rechnen mĂŒĂte, daĂ es sich um eine unkontrollierbare Heber -
lieferung handeln könnte, wenn andererseits Troels-Lund
nicht ein sehr vorsichtiger Historiker wÀre, der nichts we-
niger als ein AnhÀnger der Astrologie ist und wo immer
möglich, auf die Quellen zurĂŒckgeht. Die Prognose des Ge-
schlechts an sich könnte ja bei einigen wenigen FÀllen
schlieĂlich auch ganz gut ein Zufallstreffer sein. Anders die
Bestimmung des Zeitpunktes der Geburt, falls nicht etwa die
Geburten gerade an dem Tage stattgefunden hÀtten, der sich
durch die bekannte Regel ergibt, die aber ja in den seltensten
FĂ€llen auf den Tag zutrifft.
Vielleicht fÀnde ein Historiker da noch interessante
Dinge, falls er mit Bouche-Leclercq der Meinung ist â â â
qu'on ne perd pas son temps en iveherchant À quoi d'autres
ont perdu le leur".
Literaturverzeichnis :
1. Bouche-Leclercq: L'Astrologie Grecque, Paris. Leroux, 1899.
2. Kepleri Opera omnia. Band 8.
3. Troels-Lund: Himmelshild und Weltanschauung im Wandel der
Zeiten.
10. Jahrg. â Nr. 5
S i :i ii (I e s i r ii ^ c ii u u (I sozial e M r (1 i /. i ii
Standesfragen und soziale Medizin.
Schiedsspruch fĂŒr cl i «» kassenĂ€rztlichen GebĂŒhren in WĂŒrttemberg.
Der Schiedsspruch vom 1. Oktober 1921 lautet: Die Kranken-
kassen haben vom 1. August 1921 :ib den KassenÀrzten zu den in
der KassengebĂŒhrenordnung Festgesetzten GebĂŒhren und zu den
Wegegeldern bis auf weiteres einen Zuschlag von 20 Prozent zu
gewÀhren. Dabei ist davon ausgegangen, daà die TeuerungszUr
lagen der Beamten zwar als MaĂslab dienen können, daĂ aber in
dem Durchschnitt dieser Zulagen von etwa 13 Prozent die Er-
höhung der Kinderzulagen nicht enthalten und daà der Dienst-
aufwand der Aerzte noch mehr gestiegen ist als die Kosten der
Lebenshaltung. Auch ist berĂŒcksichtigt, daĂ die Aerzte nicht,
wie die Beamten, Anspruch auf Pension haben. Ob vom 1. Ok-
iober 1921 ab eine weitere Teuerungszulage nach den Geldwerts-
verhĂ€ltnissen begrĂŒndet erscheint, wird zunĂ€chst dem Ermessen
der Parteien ĂŒberlassen.
Die BegrĂŒndung der Erhöhung ist so treffend, daĂ sie pro-
grammatisch auch bei Ilonorarforderungen anderer Aerzte-
gruppen Verwendung finden kann.
A 1 e x a n d e r.
Die Wohlfahrtseinrichtungen des WĂŒrttembergischen Aerzte-
verbandes.
In der Hauptversammlung des WĂŒrttembergischen Aerzte-
verbandes wurden folgende BeschlĂŒsse gefaĂt: 1. Es besteht An-
spruch auf Beule fĂŒr Hinterbliebene, auf Pente im Falle der In-
validitÀt und auf ein Sterbegeld. 2. Die Höhe des Sterbegeldes
wird vom A er ztever bÀnde festgesetzt und soll zurzeit 20 000 M.
betragen. 3, Die gesamte Wohlfahrtseinrichtung tritt am 1. Ok-
tober 1021 in Wirksamkeit. 4. Zur Deckung der RentenansprĂŒche
wei den bei der zentralen Verrechnungsstelle 10 v. H. des kassen-
Ă€rzllichen Roheinkommens abgezogen. Die groĂen kassenĂ€rzt-
lichen Einkommen sollen einer gesteigerten Veranlagung unter-
liegen.
Es ist anzuerkennen, daĂ diese BeschlĂŒsse zunĂ€chst pro-
grammatisch sind, daĂ die Ausarbeitung der Satzungen noch aus-
steht und daà diese zunÀchst den Vereinen zur Besprechung zu-
gehen sollen. Es isl anerkennenswert, denn die vorlÀufigen Be-
schlĂŒsse sind nichts weniger als einwandfrei. Unklar ist in
1. der Anspruch auf Rente und Sterbegeld. Was soll damit ge-
sagt sein? Ist ein Rechtsanspruch in bestimmter Höhe gemeint
©der richtet sich der Anspruch nach den Bestimmungen Dritter
etwa nach der finanziellen Lage? Fast sollte man das letztere
annehmen, denn Punkt 2 bestimmt, daà die Höhe des Sterbegeldes
vom VerbĂ€nde festgesetzt wird und âsoll zurzeit" 20000 M. be-
tragen. Das beiĂl doch, daĂ die Höhe auch weniger oder mehr
betragen kann. Gilt dies auch fĂŒr die Rente, so schwebt der An-
spruch völlig in der Luft und isl kein Rechtsanspruch. Man be-
denke aber, welche Folgen diese UngewiĂheit nach sich ziehen
muĂ. Der tiefliegende Zweck der Versicherung bestellt doch
darin, daĂ der Arzt fĂŒr den Todesfall, fĂŒr Alter oder InvaliditĂ€t
soweit vorsorgt, daà beim Eintritt dieser EventualitÀten auf
eine bestimmte Summe gerechnet weiden kann. Niehl eine
einzige Versicherung, wenn sie nicht ĂŒberschwengliche PrĂ€mien
fordern soll, reicht aus, um den erstrebten Zweck vollauf zu er-
reichen. Immer wird es sich nur um einen mehr oder weniger
ergiebigen ZuschuĂ zum Lebensunterhalt handeln. Dieser Zu
SchuĂ muĂ aber vorher, d. h. vor der ErfĂŒllung, errechnet
werden können, weil sich danach das Lebensstandard des zu
Versorgenden zu richten hat. Hat ein Arzt fĂŒr sein Aller eine
Rente von 5000 M. zu erwarten, wird aber sein Lebensunterhall
Voraussichtlich 10 000 M, betragen, so muĂ er sieh bemĂŒhen, bei
Lebzeilen noch so viel zu ersparen, daĂ ihm hernach noch
5000 M. jĂ€hrlich zur VerfĂŒgung stehen. Das wird ihm zwar
nicht immer gelingen, aber er kennt doch das Ziel, das er er-
reichen mĂŒĂte und wird entsprechend vorbauen. Ist aber seine
Altersrente von zukĂŒnftigen, von ihm nicht errechenbaren Um-
stÀnden abhÀngig, so hat er ein uferloses Ziel, der beabsichtigte
Zweck der ..Versorgung" wird nicht erreicht. Exempla docent.
Die Pension des Beamten besitzt nur dadurch Wert, daĂ sie bis
aufs Einzelne vorher errechnet werden kann. Kaum ein Be-
amter kommt mit seiner zukĂŒnftigen Pension aus. fast alle
mĂŒssen sie von ihrem Gehalt noch soviel zurĂŒcklegen, um im
Falle des Alters ein Existenzminimum zu erreichen. Da er das
vorher weiĂ, kann er sich rechtzeitig darauf einrichten. WĂŒĂte
er es nicht, so könnte er fĂŒr sein Alter unliebsamen Ueber-
raschungen ausgesetzt sein. Man denke an die unerquickliche
Situation eines unbestimmten Sterbegeldes, welche peinliche Ver-
legenheiten können dadurch entstehen, daà im Falle des Ab-
lebens die Hinterbliebenen sin 1 1 der erwarteten und erforder-
lichen Summe eine geringere, nicht ausreichende erhalten! Mao
hĂŒte sich also vor UngewiĂheiten, und man kann sie nur da
durch verhĂŒten, daĂ man auf (irund unanfechtbarer mathematl
scher Berechnungen einen bestimmten Rechtsanspruch vorsieh!
Ist dieses bei dem gewĂ€hlten System nicht durchfĂŒhrbar, so ist
es fĂŒr den vorliegenden Fall nicht anwendbar
Nachtrag: Wie berechtigt die obigen EinwÀnde sind, er-
gibt sich aus dem Entwurf der Satzungen der Wohlfahrtseinriofi
lungen, der in Nr. 49/50 1921 des Medizinischen Korrespondenz
blattes fĂŒr WĂŒrttemberg von Dr. Langbein veröffentlicht
wird. Wir entnehmen ihm die die Frage klÀrenden Bestimmuli
gen. Nr. III C 2 lautet: Die Höhe des Sterbegeldes und der dafĂŒr
zu erhebenen BeitrÀge (nach G 1 Umlageverfahren) isl verÀndei
lieb und wird dem jeweiligen Geldwerte entsprechend durch Be-
schluà der WAV. festgesetzt. Nr. V 3 lautet: Die Höhe der In-
validen- und Hinterbliebenen-Renten ist keine feste, sie wird nach
dem â durch die in dem § V .'5 b, c, d, e, f, g festgelegten Aus-
nahme- und Uebergangsbestimmungen ergÀnzten System
Köbner festgesetzt. (Die Grundlage fĂŒr die Berechnung bildet
hiernach das durchschnittliche Jahreseinkommen des Beniners,
jedoch nur bis zu einer gewissen Grenze, deren ĂŒbersteigender
Betrag den unter dem Durchschnitt bleibenden Rentnern nach
umgekehrtem VerhĂ€ltnis ihrer BezĂŒge zugeteilt wird.)
Wir haben hiernach unseren obigen Bemerkungen nichts hin-
zuzufĂŒgen, machen jedoch noch besonders darauf aufmerksam,
daĂ nach obigem SchlĂŒssel gerade dem kleinen Rentner, der die
gröĂte Sorge um seinen Unterhalt im Alter haben wird, die Mög-
lichkeit völlig genommen ist, zu wissen, auf welche Rente er im
Alter zu rechnen hat. A I ex a n d e r.
Verein Aerztliches Standesgericht im Regierungsbezirk Breslau.
Nach Auflösung des Vereins der Aerzte des Reg.-Bez. Bres-
lau, mit dem ein Standesgericht verbunden war, haben die be-
teiligten Vereine beschlossen, einen eigenen einzutragenden Ver-
ein âAerztliches Slandesgericht" zu grĂŒnden. Die GrĂŒnde fĂŒr
dieses unter heutigen VerhÀltnissen etwas ungewöhnliche Vor-
gehen setzt der spiritus rector, H. Sachs, in der Scblesischen
Aerztekorrespondenz Nr. 26, 1921, auseinander. Er stellt selbst
die Frage, ob bei dem Vorhandensein des staatlichen Ehren-
gerichts ein besonderes Standesgerichl ĂŒberhaupt erforderlich ist,
und bejaht die Frage. Nach seiner Ansicht arbeitet das Ehren-
gericht zu langsam, die Entscheidungen des Ehrengerichtshofes
stehen nicht immer mit den Anschauungen der Provinz in Ein-
klang, die beamteten Aerzte und UniversitÀtslehrer werden von
den staatlichen Ehrengerichten nicht umfaĂt, besonders wertvoll
ist das Vermittlungsverfahren beim Standesgericht.
Wir können diese GrĂŒnde nicht fĂŒr stichhaltig ansehen und
ihnen auĂerdem noch UmstĂ€nde anfĂŒgen, welche gegen die Stau
desgerichte sprechen. DaĂ das Ehrengericht langsamer arbeilet
als das Standesgerichl, ist zuzugeben, hat aber seinen guten
Grund in der GrĂŒndlichkeit des Verfahrens, das auf rechtlichen
Grundlagen aufgebaut ist. DaĂ die Entscheidungen des Ehren
gerichtshofes nicht immer dem Geschmack der Provinz ent-
sprechen, mag wohl vorkommen, ist aber ein segensreiches Vor-
beugungsmittel gegen zĂŒnftlerische Anschauungen kleiner ge-
schlossener Kreise. DaĂ die beamteten Aerzte ebenso wie die
SanitÀtsoffiziere nicht dem Àrztlichen Ehrengericht unterstehen,
ist, wenigstens hinsichtlich der Vergehen im Privatberuf, be-
dauerlich, aber durch private Standesgerichte auch nicht zu Àn-
dern, da die Beteiliglen sich auch nicht dieser Jurisdiktion unter-
werfen wĂŒrden. Der MiĂsland kann nur durch Aenderung der
Gesetzgebung beseiligl wrerden. Das V ermittelungsverfahren isl
gewiĂ recht wertvoll, liegt aber gesetzlich auch den staatlichen
Ehrengerichten ob und zeitigt verdienstvolle Resultate.
Erweisen sich dann noch die GrĂŒnde fĂŒr die Errichtung.
Aufbau und Standesgerichte als nicht stichhaltig, so sprechen
auch andere GrĂŒnde direkt dagegen. Dadurch, daĂ den Standes-
gerichten das Becht der Zeugenvernehmung, der Vereidigung
und des Stellungszwanges abgeht, fehlen die Unterlagen fĂŒr
eine lĂŒckenlose Rechtsprechung. Das Verfahren kann ferner nur
eingeleitet werden gegen Mitglieder derjenigen Vereine, die zum
Standesgericht gehören. Dadurch bleiben gerade die schlechteren
Elemente des Standes unbehelligt, denn diese pflegen sich Ge-J
meinsebaften nicht anzuschlieĂen. Endlich wirkt die Konkurrenz
zwischen privaten und staatlichen Einrichtungen gĂŒnstig weder
nach innen noch nach auĂen. In Berlin hatten die Standesver-
eine alle ihre EhrenrÀte, die vor der Zeit des staatlichen Ehren-
gerichts von groĂem Nutzen waren. Die Einrichtung besteht
heule noch, aber sie wird fast gar nicht mehr benutzt, ein Be-
i«»6
Standesfragen und soziale Medizin
40. Jahrg. â Nr. 5
weis, wie die Achtung des staatlichen Ehrengerichts gestiegen
ist. Alexander.
Verordnung betr. die Ausdehnung der Bestimmungen der Bun-
desratsverordnungen vom 2. 8. 1917 auf das Unterrichtstach der
Heilkunde.
Auf Grund des ÂŁ 1 Abs. ;! der Bundesratsbekanntmachung
ĂŒber den privaten gewerblichen und kaufmĂ€nnischen Fachunter-
richt vom 2. 8. 1917 wird folgendes bestimmt:
Art. 1. Die Vorschriften der Bundesratsbekanntmachung
ĂŒber den privaten gewerblichen und kaufmĂ€nnischen Fachunter-
richt vom 2. August 1917 finden auch auf das Unterrichtsfach der
Heilkunde entsprechende Anwendung.
Art. 2. Die Erlaubnis ist vom BegierungsprÀsidenten, in
Berlin von dem PolizeiprÀsidenten zu erteilen. Der Bescheid,
durch den die Erlaubnis versagt oder unter Bedingungen erteilt
oder zurĂŒckgenommen wird, ist nur im Aufsichtswege anfechtbar.
Art. 4. Die Vorschriften dieser Verordnung treten am 1. Ok-
tober 1921 in Kraft.
Zugleich im Namen des Ministers fĂŒr Volkswohlfahrt
Der PreuĂische Minister fĂŒr Wissenschaft. Kunst und
Volksbildung.
Diese preuĂische Verordnung hat ihre Geschichte. Die Na-
turheilkundigen haben, dem Zuge der Zeit folgend und die ihnen
gĂŒnstige politische Konstellation ausnĂŒtzend, systematisch daran
gearbeitet, das letzte Bollwerk fĂŒr die privilegierte Stellung der
Aerzte, die Vorbedingung einer PrĂŒfung und Approbation fĂŒr
gewisse öffentlich-rechtliche Funktionen dadurch zu beseitigen,
daĂ sie Schulen fĂŒr Heilkunde errichteten, Unterricht in FĂ€chern
der Heilkunde erteilten und PrĂŒfungen vornahmen, auf Grund
deren sie Zeugnisse und Diplome verliehen. Vom Auslande
kennt man diese Schulen oder, wie sie sich dort nennen, Akade-
mien oder FakultÀten, und sie sind es, die den bekannten Kur-
pfuschern wie dem bekannten Prof. Mistelsky in Berlin, bisher
ungestraft als AushÀngeschild dienen. Die materiellen Erfolge
dieser auswÀrtigen Anstalten wirkten belebend auch auf unter-
nehmende Köpfe des Inlandes, und besonders in Berlin war es
ein bekannter Naturheilkundiger Cavitz, der eine solche Schule
errichtete, in der die schwierigsten wissenschaftlichen FĂ€cher
der Heilkunde, wie Anatomie, Mikrologie, Chemie Gegenstand des
Unterrichts waren. NatĂŒrlich wurde dieser von Laien und an
Jedermann, mit und ohne entsprechender Vorbildung erteilt.
Diesen Schulen, die geradezu unheilvoll wirken muĂten, beizu-
kommen, war bisher unmöglich. Sie unterstanden nicht, wie die
gewerblichen und kaufmÀnnischen Privatunterrichtsanstalten
der Aufsicht der Behörde und jeder Versuch der Behörde, der
medizinischen FakultĂ€ten, der preuĂischen Aerztekammer, hierin
Wandel zu schaffen, muĂte scheitern. Hier greift nun die neue
preuĂische Verordnung ein. Durch sie wird es ermöglicht, den
Betrieb zu versagen und die Ausstellung von Zeugnissen oder
Diplomen zu verhindern. Hoffentlich wird hiervon nicht nur in
PreuĂen, sondern auch in anderen deutschen LĂ€ndern, wo das
Unkraut ebenfalls wuchert, ergiebiger Gebrauch gemacht werden.
Alexander.
PreuĂischer Ministerialerlah" betr. Zulassung der Zahntechniker
zu den Krankenkassen.
Der Erlaà an die OberversicherungsÀmter vom 26. 9. 21 be-
sagt: Durch Rundfrage hat sich ergeben, daĂ verschiedene Ver-
sicherungsĂ€mter Ausweise ĂŒber die ZulassungsfĂ€higkeit zur
Krankenkassenpraxis erteilt haben, die in den in Betracht kom-
menden Vorschriften nicht vorgesehen sind. In Zukunft ersuche
ich, in folgender Weise zu verfahren. Die AntrÀge auf Zulassung
als Zahntechniker zur Krankenkassenpraxis sind seitens der
Krankenkassen zu stellen. Von ihnen sind che Unterlagen zu
fordern, daĂ die verlangten Voraussetzungen fĂŒr die Zulassung
als Zahntechniker gegeben sind. Nach Anhörung des zustÀndigen
Kreisarztes wird der antragstellenden Krankenkasse von dem
Versicherungsamt Bescheid erteilt. Die Kassen sind anzuhalten,
den Zahntechnikern eine schriftliche Nachricht ĂŒber ihre Zu-
lassung zur KrankenkassentÀtigkeil zukommen zu lassen. Die
Zahntechniker selbst erhalten von der Behörde eine solche Mit-
teilung nicht Alexander.
Anspruch eines Versicherten auf Erstattung eines dem Kassen-
arzte gezahlten Honorars.
Entscheidung des Oberversicherungsamtes vom 22. 9. 21.
Die âOrtskrankenkasse" berichtet: ,,Das Versicherungsami
hat die Klage abgewiesen, die Berufung ist zurĂŒckgewiesen. Da
die KlĂ€gerin einen Kassenarzt zu Rate gezogen hat, isl es fĂŒr die
! n's;!röidnTii! des Rechtsstreits unerheblich, ob ein dringender
Fall Àrztlicher Hilfe vorgelegen hat. Bei der Inanspruchnahme
Ă€rztlicher Hilfe hat das Kassenniitglied nach den statutarischen
Bestimmungen der Kasse die Verpflichtung, dem Arzt gegenĂŒber
als Kassenmitglied sich auszuweisen. Hat die KlÀgerin dieser
Verpflichtung genĂŒgt, so ist der Anspruch des Arztes auf Be-
zahlung seiner Ă€rztlichen Hilfeleistung unbegrĂŒndet. Daher steht
der KlÀgerin auch ein Anspruch auf Ersatz des von dem behau
delnden Kassenarzt von ihr geforderten Honorars nicht zu. Hai
die KlĂ€gerin sich dem Arzte gegenĂŒber nicht als Kasscnmitglied
zu erkennen gegeben, so hat sie gegen die Bestimmungen der
Kassenstatuten verstoĂen und kann infolge eigenen Verschuldens
die Ersatzleistung von der Kusse gleichfalls nicht verlangen."
Die angefĂŒhrten EventualitĂ€ten erschöpfen die Möglichkeiten
nicht. Hat z. B. die Hilfesuchende den Ausweis als Kassenniit
glied in dringenden FĂ€llen versucht, ihn aber nicht erbringen
können (Unfall auf der StraĂe . so ist der Kassenarzt berechtigt
Bezahlung zu verlangen und das Kassenmitglied, wohl ohne
Zweifel ebenfalls berechtigt, den Ersatz von der Kasse zu fordern.
Alexander
Alkoholische Geistesstörungen vor, in und nach dem Kriege.
In Nr. 20/1921 der âVolkswohlfahrt'" veröffentlicht Herr Re
gierungs- und Medizinalrat Glaubilt eine Statistik ĂŒber die Auf-
nahme alkoholischer Geistesstörungen in Krankenanstalten, der
wir folgende interessante Zahlen entnehmen: Der Tiefstand der
Aufnahmen ist im Jahre 1918, dem letzten Kriegsjahre, erreicht
sie betragen 13,4 Prozent des lel Am Friedensjahres. Mit dem
Jahre 1919 steigt die Aufnnhmezalil, sie ĂŒbertrifft die des Jahres
1918 um 32,1 Prozent und ist im J ihre 1920 um 91,4 Prozent ver-
gröĂert. GegenĂŒber 1919 betrĂ€gt die Zunahme 44,9 Prozent.
Allerdings ist diese Zahl noch immer so klein, daĂ sie nur 25,7
Prozent des letzten Friedensjahrcs betrÀgt.
Alex a n d e r.
Zuchthausstrafe fĂŒr Uehe stragung von Syphilis.
Wir entnehmen der âOrtskrankenkasse" einen Bericht,
der auch fĂŒr die Leser unserer Zeitschrift von Interesse sein
dĂŒrfte:
Zu einer auĂerordentlich hohen Strafe wurde ein
25 Jahr alter, verheirateter M( chaniker verurteilt, weil der-
selbe ein achtjÀhriges Kind infiziert hatte. Die Strafkammer
des Landgerichts Frankfurt a. M. stellte folgendes fest:
Die Eltern des Angeklagten hatten einen achtjÀhrigen
Jungen vom Jugendamt seit 1915 in Pflege. Seit FrĂŒhjahr
1920 wohnte der damals noch ledige Angeklagte nicht mehr
bei seinen Eltein, kam aber noch hÀufig zu ihnen, um dort
zu ĂŒbernachten. Bei dieser Gelegenheit schlief auch das
Pflegekind öfters bei dem Angeklagten. Dieser hatte sich 1915
als Soldat mit Syphilis infiziert und muĂte eine achtwöehent-
liehe Kur durchmachen. 1917 und 1918 wurde er wiederum
wochenlang vom Spezialarzt behandelt. August 1920 muĂte
er eine Salvarsan-Kur im Krankenhaus durchmachen, um
dieselbe Zeit wurde auch das Pflegekind mit einer Lues-
Infektion in das Krankenhaus aufgenommen, wo es gleich-
falls eine Salvarsan-Kur durchmachen muĂte. Obwohl der
Angeklagte bestritt, mit dem Jungen unsittliche Handlungen
vorgenommen zu haben, konnte er nicht leugnen, trotz seines
Leidens mit dem Kind in einem Bett zusammen geschlafen
zu haben.
Das Gericht hielt ihn deshalb des Verbrechens gegen
§§ 223, 224 des Str. G. B. fĂŒr schuldig, da feststeht, daĂ das
sonst gesunde Kind von dem Angeklagten mit Syphilis infi-
ziert worden ist. Der Angeklagte gab dies selbst zu, be-
streitet aber, gewuĂt zu haben, daĂ seine Krankheit an-
steckend gewesen sei. Das Uiteil hÀlt ihm aber vor, daà er
sehr wohl die AnsteckungsfĂ€higkeit seiner Krankheit gewuĂt
habe, da er sich diese wÀhrend seiner MilitÀrzeit geholt habe,
und bekanntermaĂen beim MilitĂ€r die Mannschaft, vor allem
die geschlecbtskranke, wiederholt ĂŒber die InfektiositĂ€t be-
lehrt wurde. Auch kannte er die Krankheit von den ver-
schiedenen Àrztlichen Behandlungen und Kuren, die er in
den letzten Jahren durchgemacht hatte. Er muĂte also
wissen, daĂ er an der ansteckenden Krankheit leide und die
Ansteckung auch durch Eindringen des Giftes in eine
Ivörperschnnide erfolgt.
10. Jahrg. â Nr. 5
Heferate
127
Der Grund des Zusammenschlafens sei auch nicht
Wohnungsmangel oder das Fehlen einei sonstigen Lager
stÀlte, sondern sicher nur geschlechtlicher Art gewesen, zu
mal das Zusammensein sich auch nur auf einige Stunden
beschrĂ€nkte. Er muĂte deshalb mit der Ansteckung rechnen.
Kr wollte auch den Erfolg der Ansteckung fĂŒr den Fall, daĂ
er eintrete. Er hahe also vorsÀtzlich gehandelt, da er das
BewuĂtsein hatte, daĂ das Zusammenschlafen den Erfolg
einer GesundheilsschÀdigung hahe.
Das Kind selbst sei durch die Syphilis -Infektion in
Siechtum verfallen, nach Àrztlicher Aussage in seiner Lei-
stungsfÀhigkeit schwer beeintrÀchtigt, wobei dahingestellt
bleiben könne, ob die Krankheit heilbar sei. Sonach sei tat-
sÀchlich festgestellt, daà der Angeklagte im Mai 1920 das
Kind vorsÀtzlich an der Gesundheil beschÀdigte, daà es in
Siechtum verfallen sei.
Der Angeklagte sei noch unbestraft, seine Handlung*;
weise, durch die er ein ahnungsloses Kind in solcher Weise
fĂŒr sein ganzes Kelten unglĂŒcklich gemacht hat, zeuge aber
von einer derartigen Hoheit, daĂ eine exemplarische Strafe
angezeigt erscheine. DaĂ er sich trotz des BewuĂtseins, daĂ
er an einer so schweren Krankheit litt, nicht davon abhalten
lieĂ, mit dem Kinde zusammenzuschlafen, sei auch ehrlos.
Deshalb wurde eine Zuchthausstrafe von einem
Jahre sechs Monaten als angemessen erachtet, auch
auf Verlust der bĂŒrgert. Ehrenrechte wurde gemÀà § 32
Str. G.B. mit 3 Jahren erkannt. Der Schwerkranke hat aber
trotz seines Leidens eine Ehe eingegangen!
Werner W o 1 f f , Dresden.
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
Deutsche medizinische Wochenschrift. Leipzig.
5. Januar 1922, Nr. 1 .
Zur Charakteristik der gegenwĂ€rtigen Therapie. v. StrĂŒmpell. i
Kons<riturionsther«,pie. Krau s. 5.
Der jetzige Stand der Lehre von den Chromosomen. Kettwig. 8.
Die Behandlung der chronischen KreislaufsehwÀche (unter vorwiegender Be-
rĂŒcksichtigung der physikalisch-diĂ€tetischen Methoden). Gr o 1 d -
scheidet-. 10. »
âUeber den gegenwĂ€rtige« Stand der Tuberkulinbehandlung. Klein p c r e v.
F. 13.
I'eber den gegenwÀrtigen stand der operativen Behandlung des Kropfes.
H i 1 d e b r a n d. 16.
I'eber Nc.isilbersalvarsan und die chemotherapeutische Aktivierung der
Nah arsanprÀparatc durch Metlalle. K o 1 1 e. 17.
Syphilisbehandlung durch den praktischen Arzt. J a d n s * u h n. iy.
Ceber die Behandlung des Puerperalfiebers. D öd er lein. 22.
Erfahrungen eine« alten Augenarztes. H irsc h b e r g. 25.
(Jeher MasefnsehutĂŒ-Serum. Degkwitz. 26.
Uguer Olliulli und seine PrÀparate. .1 o a c h i m 0 g I u. 27.
Ueber den gegenwÀrtigen Stand der Tuberkulinbehandlung.
Nach dem Stande der bakteriologisch experimentellen Forschung
wie nach den klinischen Erfahrungen liegt kein Grund vor, von
den bisherigen GrundsÀtzen der Tuberkulinbehandlung abzugehen.
Auswahl der FĂ€lle: nur behandlungsbedĂŒrftige. Solche die
fluter hygienisch-diÀtetischer Allgemeinbehandlung 'bessern, brau
eben keine The. -Behandlung. Auch dĂŒrfen klinisch Gesunde le-
diglich wegen eines positiven Pirquet nicht mit Tuberkulin be-
handelt werden. Da alle Tuberkuline wahrscheinlich wesens-
gleich sind, ist die Dosierung wichtiger als das Mittel. Alttuber
kulin macht stÀrkere Herder scheinungen, als die milder wirkenden
Heutuberkuline. Art der Einverleibung: Der perkutane intra-
oder subkutane Weg ist gleicherweise zulÀssig. Der kutane Weg
verÀndert oder verbessert die Tuberkulinwirkung nicht. Am
zuverlÀssigsten: Subkutane, wegen der Möglichkeit einer wirk-
lichen Dosierung. Dosen: Anfangs vorsichtig und recht klein, der
verschiedenen individuellen ReaktionsfÀhigkeit wegen. Gewisser
aber nicht sicherer Anhalt durch vorherige PrĂŒfung der Haul-
FeaktionsfÀhigkeif mit Pirquet oder Intrakutanprobe. Langsame
Steigerung, strenge Individualisierung. Vermeidung stÀrkerer
Reaktionen, maĂgebend lediglich der klinische Erfolg. Ziel oder
Behandlung: nicht biologische Heilung, ZufĂŒhrung grober und
gröĂter Dosen, absolute UnempfĂ€nglichkeil gegen Tuberkulin,
sondern klinische Heilung. v. Schnizer
Klinische Wochenschrift.
i. Januar 1922. 1. Nr. 1.
lieber UerzgröĂc und Blulgol'Ă€ĂfĂŒllung. M e.'.j C r . E. I
Oege» wart und Zukunft fle.j' MageugcsehwĂŒichirnrgic. Schmied n. V. S
CnhcT d'm Wrs'Ci der lonervatiuti und ihre Beziehungen zur Inkretbildung.
A b d e I h a I d e r. . E. 7.
l.elK'rbefunde bei tieekfioberkranken Meerschweinchen. K u r z v n s k l .
M. H. 8.
Steigerung di r Knoclueiunurksfunhtioii durch Röutgenveizdose.n Burk \. 0
und O n g g e n h c i m e V . "H II
EntzĂŒndung und Nervensystem. Kauf f mann, V. und Wiakel» M. 12.
â Zur Koinzidenz von Syphilis und Tuberkulose. Frei, W. u. Spitzer.
R. 15.
â L'eber Zuckertage in der Behandlung der kindliehen Nephritis. C z a p s k t .
E. 18.
Unsere Ergebnisse mit dem neuen Verfahren zur PrĂŒfung der GefaĂfunktion
von Morawitz und Denecke in der Geburtshilfe. Hellmuth, K. Hl.
Die Bedingungen der GrĂŒnfĂ€rbung von SĂ€uglingsstĂŒhlen. Frenden-
berg, E. 21.
Weitere Untersuchungen ĂŒber humorale IVhertiragbarkeit der Herzhexveh-
wirkungen. 1. o e w i O. 22.
I'eber die Bildung anorganischer PhosphorsÀure bei der Kontraktion des
Froschmuskeis. E m b d e n . G. und L a w a c z e k , H. 23.
Untersuchungen ĂŒber Xarkosc. Lange, H. und MĂŒller. B. \\'.. 23.
Bro\vu-S(.(|uanlsche UalbseitenlÀsion des Halsmarkes. K a h n e n f ii h r e r.
23.
Sarkom des Caleaneus. Valentin, B. 24.
Erkennung und Beurteilung der Herzarythmien ohne graphische Methoden.
M «, g n u s - A 1 s 1 e b e n , E. 25.
Die Behandlung der Enuresis. Z a p p e r t , J. 27.
Der EinfluĂ des Krieges auf die Milcherzeugung und Milchversorgung..
.1 u c k e n a c k . A. 30.
standesangelegenheiten. f i o t t s t e i n , A. 32.
Eorachungsprohlcme und -ergebnisse auf dem Gebiet der icllatmung und der
biologischen Oxydationen. L i p s c h i t z , W. 33.
Zur Koinzidenz von Syphilis und Tuberkulose. (Aus der
UniversitĂ€tsklinik fĂŒr Hautkrankheiten in Breslau.) 1. Bei zwei
FĂ€llen von ausgedehnter fistelnder HalsdrĂŒsentuberkulose wur-
den nach einer luetischen Infektion in den tuberkulösen DrĂŒsen
Spiroch. pallid. gefunden. 2. Bei einem Fleischer wurde unter
einer frischen Lues eine Bovinusinfektion der beiderseitigen
KubitaldrĂŒsen manifest, ohne daĂ an den HĂ€nden Zeichen einer
bestehenden oder ĂŒberstandenen Hauttuberkulose nachzuweisen
gewesen wĂ€ren oder sich ein Anhaltspunkt dafĂŒr in der An-
amnese ergeben hÀtte. 3. In 2 von diesen F"Àllen wurden Tu-
berkelbazillen und SpirochĂ€ten nebeneinander in derselben DrĂŒse
n iebgewiesen. 4. Bei allen 8 LuesfĂ€llen mit stark vergröĂerten,
teils regionÀren, teils nichtregionÀren, klinisch nicht tuberkulose-
verdĂ€chtigen LymphdrĂŒsen konnten zwar SpirochĂ€ten, aber nicht
Tuberkelbazillen (Tierversuch) im DrĂŒsenpunktat festgestellt
werden.
Ueber Zuckertage in der Behandlung der kindlichen Ne-
uhritis. (Aus der UniversitÀts-Kinderklinik Jena.) Als ein gutes
Hilfsmittel, um bei akuter diffuser hÀmorrhagischer Glomerulo-
nephritis ĂŒber die initialen bedrohlichen Symptome der Anurie
und der UrĂ€mie hinwegzukommen, hat sich die EinfĂŒhrung von
..Zuckertagen" bewÀhrt. Bei dieser DiÀtform, die von Noor-
d e n eingefĂŒhrt hat, wurde durch 2 â 4 Tage lediglich eine nach
dem Gewicht des Patienten zu bemessende Lösung von Bohr-
zucker in dĂŒnnem Malzkaffee gereicht. Mitteilung zweier Kran-
kengeschichten, aus denen hervorgeht, daĂ nach den ersten
Zuckerfagen Diurese und urÀmische Symptome sich rasch
besserten O. S. Tarnow fT.harlottenburg-WestendV
Medicinische Klinik.
1. Januar 1922, 18, Nr. 1.
Die chirurgische Behandlung der Kriegsverletzungen der peripheren Nerven
und ihre Hcilnngsniiigliebkeit durch r.prr.-ilivc Eingriffe. K i r S <â b Her.
M. I.
128
Aas den neuesten Zeitschriften
iO. Jahrg. â Nr. 5
Zur Kenntnis der Aortalgieu (Angin« pectoris) uud ĂŒber das Symptom des
auginösen linksseitigen Plexusdrucksckiiierzes. Schmidt. R. 6.
âLeber KieselsĂ€ureinjektionen. K ĂŒ h n . A. 9.
BeitrÀge zur Klinik der Lues congenita. Stra u s k y . K. und Schiller.
E. 11.
4»Die Behandlung der gonorrhoischen Gelenks- und SehnenscheidenentzĂŒndung.
Langer. E. 13.
â Die Blutbehandluug der AnĂ€mien, Ăroff, A. 15.
Kin neues FlÀschchen nach Hinz-Thini zur sterilen Aufin WÀhrung von Medi-
kamenten und direkten Entnahme derselben mit der Kekordspritzc.
T h i m , J. R. 17.
Bakteriologische Untersuchungsbefunde bei Encephalitis lethargica (3. Mit-
teiiuug). H i 1 g e r m a n n . L. a u x e n und S h a w . Charlotte. 17.
Die akuten Magen-Darmerkrankungen. B 1 ĂŒ b d o r n . K. 18.
l'eber KieselsĂ€ureinjektionen. KĂŒhn hat in einer gröĂeren
Reihe von TuberkulosefÀllen nach zahlreichen Tierversuchen
KieselsÀureinjektionen vorgenommen. WÀhrend intramuskulÀre
Injektionen von einem Teil der Patienten gut verlragen wurde,
reagierte ein anderer mit Infiltrationen, Fieber und Störungen
des Allgemeinbefindens; intravenöse Injektionen (1 prozentige Lö-
sung von Natr. silic. Merck) wurden dagegen sÀmtlich gut ver-
tragen. Die augenfÀlligste Folge der Injektionen war die auch
bei oraler Zufuhr schon beobachtete Leukozylenvermehrung, die
Iiier 2 â 3 Tage anhielt, um dann zum normalen Wert abzustĂŒrzen,
und Höhen bis zum 3 fachen des Normalen erreichte. Die Ver-
mehrung betraf in der Hauptsache die neutrophilen polynukle-
Ă€ren auf Kosten der Lymphozyten. Diese Leukozytenvermehrung
im Blute betrachtet Verfasser als spezifische KieselsÀurewir-
kung. Eine gĂŒnstige Beeinflussung der Tuberkulose durch reich-
liche KieselsĂ€urezufuhr hĂ€lt Verfasser fĂŒr möglich, die intra-
venöse Behandlung aber wegen der langdauernden erforderlichen
Zufuhr von KieselsĂ€ure fĂŒr nicht angebracht.
Die Behandlung der gonorrhoischen Gelenk«- und Sehnen-
scheidenentzĂŒndung. Individuelle Behandlung jedes einzelnen
Falles ist hier ganz besonders erforderlich. Chirurgische Be-
handlung einschlieĂlich Gelenkspunktion lehnt Langer ab. FĂŒr
ihn kommt in erster Linie physikalische Therapie in Frage,
unterstĂŒtzt durch Vakzine- und Proteinkörpertherapie, sowie
durch innere Medikation von Natr. salicyl., Aspirin, Jodkali,
Pyramidon, Atophan usw. und Ă€uĂere Anwendung von 25 pro-
zentiger Ichthyolvaseline und Jodvasogen. In allen leichten und
subakuten FĂ€llen wird von Anfang an Bewegungsbehandlung
eingeleitet, aktiv und passiv im heiĂen Bade, in den akuten hoch-
fieberhaften FĂ€llen wird mit Ruhebehandlung â Schienenverband
â begonnen und erst nach dem Abklingen der akuten Erschei-
nungen ebenso wie bei den obengenannten FĂ€llen mit der Be-
wegungsbehandlung eingesetzt. Auch HeiĂluft- und Stauungs-
therapie werden angewandt, um die Exsudate möglichst schnell
zu beseitigen, und in der Nachbehandlung Elektrisation und
Massage der Muskeln zur Vermeidung von Atrophie vorge-
nommen. Die Resultate, was Funktion der Gelenke und Sehnen;
anlangt, sind bei dieser Behandlung gut, wĂ€hrend bei ausschlieĂ-
licher Vakzine- oder Proteinkörpertherapie gleichwertige Resul-
tate nicht erzielt werden konnten.
Die Blutbehandlung der AnÀmien. Die schon seit langem
bekannte Behandlung der schweren AnÀmien mit Bluttransfusion
wurde nach den von Itami angestellten Tierversuchen von
GroĂ beim Menschen ausgefĂŒhrt. 300 cem Blut eines Wa-nega-
tiven Patienten wurden defibriniert, zentrifugiert, die Erythro
zyten mehrmals gewaschen und mit einem Drittel ihres Volumens
Aqu. dest. versetzt und so die HĂ€molyse herbeigefĂŒhrt. Von
dieser Lösung wurden dann 10 cem intraglutÀal injiziert und in
4 FĂ€llen, die auf defibrinierles Blut und Arsen gar nicht mehr
reagierten, ein sehr guter Erfolg erzielt. Die Wirkung fĂŒhrt
Verfasser auf den Fe-Gehalt des HĂ€moglobins zurĂŒck. Versuche
mit HĂ€matin, das Verfasser selbst hergestellt hatte, ergaben
gleichfalls gute Resultate. Ueber che Indikation fĂŒr die eine oder
andere Form der Blutzufuhr bei schweren AnĂ€mien Ă€uĂert sich
Verfasser dahin, daĂ bei bedrohlichen Erscheinungen eine groĂe
Transfusion erforderlich erscheint, wÀhrend bei den mittleren
und leichteren FÀllen intraglutÀaie Injektion von kleinen Mengen
defibrinierten Blutes oder Zitratblut ausreichen. In den FĂ€llen,
wo besonders bei perniziöser AnÀmie oder Chlorose nach dieser
Behandlung ein weiterer Fortschritt in der Besserung nicht mehr
erzielt werden kann, soll die parenterale Zufuhr von HĂ€min oder
HĂ€matin versucht werden, die dann noch Besserung zu bringen
imstande ist. Silber spann fCharlottenburg).
MĂŒnchener medizin. Wochenschrift.
30. Dezember 1921, Nr. 52.
âą{âŠVorĂŒbergehende schwere Mischungscyanose beim Neugeborenen, d 8 u p .âą i i
1673.
Vikariierende oder komplementierende .Menstruation? S i p p e 1. 1674,
âŠ{âŠâPuppenauge". W i d o w i t z. 1074.
Haut- und Scbleimhautblutungen mit Knocheninarksschadigung bei sekun-
dÀrer Syphilis. V i 1 1. 1675.
Jodisinus bei Potatoren. Bons m a n u. 1676.
Klinik der Quecksilberexantheme. W o 1 f. 1678.
Wundscharlaeh durch Daumenlutschen. Bloch. Itj'/f».
Osteomyelitis typhoso ulnae. Michaelis. 1679.
Therapie des epidemischen Singultus. R e h. 1680.
VorĂŒbergehende, schwere Mischungscyanose beim Neuge-
borenen, ein typisches Krankheitsbild. Es gibt drei Formen bald
nach der Geburt oder innerhalb der ersten 5 Lebenstage ent-
standener Mischungscyanose. 1. Herzfehler von derartigem Um-
fang, daà eine Mischung von arteriellem und venösem Blut statt-
finden muĂ. Dauernde Blausuchl. 2. Herzfehler, meist Tricus-
pidalis- oder Pulmonalisstenose. Infolge Ueberdruck im rechten
Herzen nur kurze Zeil Ueberströmen des venösen Blutes, bis
durch Zunahme der Kraft der linken HerzhÀlfle und fortschreitende
Verengerung des Foramens ovale das Herz kompensiert wird.
Danach Verschwinden der Blausucht. 3. Ohne Herzfehler. Durch
Druckdifferenz zwischen rechtem und linkem Vorhof Ueber-
strömen des venösen Blutes in den linken Vorhof. HerzgerÀusche
sind dabei denkbar, aber bisher nicht gefunden worden, bei
1 u. 2 meist vorhanden. Gruppe 1 ist meist röntgenologisch gut
erkennbar. 1 u. 2 lassen sich anfangs nicht immer trennen. Die
Diagnose der Gruppe 3 ist oft erst durch den klinischen Verlauf
zu stellen. Therapie muĂ stets davon ausgehen, daĂ das Herz
des blausĂŒchtigen Neugeborenen nur einen leichten Fehler haben
oder gar gesund sein kann.
âDas Puppenauge", ein Symptom der postdiphtherischen
LĂ€hmung. Verf. weist auf âdas Puppenauge" als Begleitsymptom
hin. Es kommt zustande durch leichte Protrusio bulbi, seltenen
und monoton schachleldeckelÀhnlichen Lidschlag. Pathologisch-
anatomisch kommt es zustande durch die Parese der Muskeln und
die Verringerung des Muskeltonus.
F. Loewenhardt (Charlottenburg-WTestend).
Zeitschrift fĂŒr Ă€rztliche Fortbildung, Jena.
1. Januar 1921, 19, Nr. 1.
âŠ{âŠ(iallenstcincrkrankung;. Körte. I.
Pathologie, Pathogenese und Therapie des Lungenemphysems. G e r h a r d t
D. 7.
âŠ{âąÂ»Psychotherapie und Ă€rztliche Praxis. Oberendcr. W. 10.
âŠ{âŠDer gegenwĂ€rtige Stand der Steinaehsehen Regenerationslehre". Schmidt,
P. 14.
Gallensteinerkrankung. ^Erster Teil.) Das Anstauen der
Galle in der Vesica fellea ĂŒber das physiologische MaĂ hinaus
bildet eine Vorbedingung fĂŒr die Steinbildung. FĂŒr das Aus-
fallen der Steinbildner von Bedeutung sind konstitutionelle Er-
krankungen und besonders die Nahrungsart: der Cholesterin-
gehalt in Blut' und Galle ist höher bei EiweiĂ- und Fettnahrung
als bei pflanzlicher ErnÀhrung. Aetiologisch kommen in Betracht:
einengende Kleider, sitzende Lebensweise, Erblichkeit, Schwan-
gerschaft, Infektionskrankheiten, Wanderniere und Traumen. In
Japan hat man auch Wurmeier als Zentrum von Gallensteinen
gefunden.
Reine Cholesterinsteine sind selten, ebenso Bilirubinkalk-
sleine; am hÀufigsten sind (he schalig angeordneten Cholesterin-
kalksteine. Ihre GröĂe und Zahl ist sehr verschieden. Die
Sektionsstatistik ergibt einen Durchschnitt von 7 Prozent Gallen-
steinen. Ihr Vorkommen ist in der Jugend sehr selten und steigt
mit dem Alter erheblich an. Es ist bei Frauen fĂŒnf mal gröĂer
als bei MĂ€nnern. Die Zeitdauer der Steinentwicklung ist nicht
genau bekannt. Die Steine können lange Zeit völlig symptomlos
getragen werden, oder es bestehen nur Magenbeschwerden.
Die Gallensteinerkrankung wird mit Sicherheit erkannt durch
Koliken, Ikterus oder Anschwellung der Gallenblase. Es gibt
rein mechanische und entzĂŒndliche Koliken. Doch existieren auch
solche ohne Steine bei akuter Cholecystitis und bei AdhÀsion
der Gallenblase. Der Ikterus tritt ein bei Verengung oder Ver-
stopfung des Choledochus, daneben gibt es auch einen weniger
intensiven entzĂŒndlichen Ikterus. Von den Erkrankungen der
Gallenblase infolge von Steinen entsteht der Hydrops, wenn ein
Stein den AusfluĂ des Cystikus aus der Gallenblase verstopft.
Die akute Cholecystitis kommt durch Infektion vom Darm aus.
seltener auf dem Blut- oder Lymphwege zustande. Man hat hier
Colibakterien, Eiterkokken. Typhusbazillen und Pneumokokken
gefunden.
10. Jahrg. â Nr. 5
Aus den neuesten Zeitschriften
12*.»
Psychotherapie und Àrztliche Praxis. Einleitend betont Verf.
die Wichtigkeit der universellen gegenĂŒber der âEin-
methoden-Psychotherapie" und bespricht dann unter Hinweis auf
die einschlÀgige Literatur die verschiedenen Formen der Hyp-
aosebehandlung, die Wachsuggestion und die Psychoanalyse. Die
Arbeit Freuds finden volle Anerkennung, doch wird dessen
einseitige, âfanalische" Verallgemeinerung der Sexualpsycho-
analyse zurĂŒckgewiesen. Zum SchluĂ wird auf die groĂe Rolle
hingewiesen, die die Psychotherapie in der PĂ€dagogik zu spielen
berufen ist.
Der gegenwÀrtige Staad der Steinach'schcn Kegenerations-
lehre. Besprochen werden nur die mĂ€nnliche KeimdrĂŒse und
die an sie geknĂŒpften Regeneralionsmöglichkeilen am mĂ€nnlichen
Organismus. Die Ueberpflanzung von Teslikeln beim Menschen
(AusnĂŒtzung fremder KrĂ€fte) konnte bisher wegen der Selten-
heit des Ueberpflanzungsmalerials nur vereinzeil ausgefĂŒhrt
werden. Ihre Wirkungen sind eindeutig und dauernd. Die
Vasoligatur (Unterbindung des Samenleiters; AusnĂŒtzung eige-
n e r KrĂ€fte") ĂŒbt bei richtiger Indikation â vorzeitiges oder
rechtzeitiges Teil- oder Gesamtaltern mit zunehmender Arbeits-
unfĂ€higkeit, beginnende Arteriosklerose â und bei richtiger
Technik auf den Organismus eine fördernde Wirkung aus, die
sich in Aufbesserung der Stoffwechselbilanz und Steigerung der
Organfunktionen Ă€uĂert; daneben wurde eine Zunahme der
geistigen ArbeitsfÀhigkeit und des psychischen Befindens kon-
statiert. Ueber die Wirkungsdauer lĂ€Ăt sich AbschlieĂendes
noch nicht aussagen. L. K an n er.
Therapie der Gegenwart.
Dezember 1921, 82, Heft 12.
Ifi'Ppokratieehc Medizin. K 1 e m p e f er, G. 449.
â Zur Diagnose und Therapie der Periearrtitis. D ĂŒ n n e r , Ii. 15S.
Zur Therapie des Puerperalfiebers. W est m a n n , St. 155.
âZur Phlaridzindiagnostik der FrĂŒhgravidifĂ€t. K a m uitzei und Joseph
459.
Ccber die soziale, eugenetische und Xotzuehtindikation zur Einleitung des
kĂŒnstlichen Abortus. Wiegels, W. 461.
Die Behandlung der Varizen und ihrer Folgezustitude. B o r e h a r d t und
Ostrowski. 467.
Zar Diagnose und Therapie der Periearditis. Zu jeder In-
fektionskrankheit kann eine Endokarditis hinzutreten. Diese ver-
lĂ€uft aber schmerzlos. Darum mĂŒssen Stiche in der Herzgegend
immer den Verdacht auf Perikaderkrankung lenken. Der
Schmerz der beginnenden Perikarditis ist mitunter unertrÀglich.
Der Patient wagt kaum zu atmen, das Gesicht bekommt allmÀh-
lich einen typischen âmarmornen" Ausdruck. Auffallend oft wer-
den Jugendliche bis 18 Jahren von Perikarditis befallen. Ein
wichtiges FrĂŒhsymptom ist Nasenbluten. Das berĂŒhmte peri-
karditische Reiben ist inkonstant, ebenso die âtypische" Ilerz-
figur. Ueberhaupt differieren die physikalischen Symptome stark
je nach der Lage des Ergusses. Selten ist die Heiserkeit infolge
RekurrenslĂ€hmung â Uebergreifen der EntzĂŒndung auf das Me-
diastinum â , nicht allzu hĂ€ufig auch das Heiserwerden der Herz-
töne. â Bei akuten Prozessen gebe man Narkotika, sorge vor
allem fĂŒr Erhallung der Herzkraft. Die Herzbeutelpunktion nur
ausfĂŒhren, wenn die Beschwerden wirklich eine Folge des
groĂen Exsudates sind (sehr groĂe DĂ€mpfung, Pseudo-Pleurilis.
Dyspnoe, Zyanose, kleiner Puls). Wenn Morphium Erleichterung
schafft, hat sicher nicht der ErguĂ, sondern die EntzĂŒndung die
Beschwerden verursacht. Nur punktieren, wenn das Exsudat so
groĂ ist, daĂ man bequem entfernt vom Herzen einstechen kann.
Damit erĂŒbrigt sich die Angabe bestimmter Einslichstellen. Ver-
fasser nimmt der Perikarditis gegenĂŒber einen meist abwarten-
den Standpunkt ein, ĂŒberlĂ€Ăt es der Natur, ob AdhĂ€sionen ent-
stehen. Er verspricht sich auch von Fibrolysin und physikali-
schen MaĂnahmen wenig
Zur Phloridzindiagnostik der FrĂŒhgraviditĂ€t. Verfasser er-
gÀnzen ihre Mitteilungen aus dem Septemberheft der Zeitschrift.
Sie hatten angegeben, daĂ die Schwangere vom ersten bis dritten
Monat bei Injektion von 2,5 mg Phloridzin Zucker ausscheidet,
und bauten darauf eine Diagnostik der Schwangerschaft auf. Sie
haben jetzt in weiteren Versuchen die Methode prÀziser gemacht,
indem sie die Dosis verringerten, und berichten ĂŒber 190 FĂ€lle.
Man spritzt der zu untersuchenden Person, die nĂŒchtern sein
muĂ, 2 mg Phloridzin subkutan ein. Die Injektion ist schmerz-
los bei Zusatz von Novokain zur Lösung (Phloridzin 0,03, Aqua
des). 30,0, Novokain 0,15). Vor der Injektion muĂ die Ve rsuchs-
person urinieren, dann 200 ccm FlĂŒssigkeit (ohne Zucker! Irin
ken. Nach % Sfd. noch einmal 200 ccm FlĂŒssigkeit, dann PrĂŒfen
des Urins auf Zucker (Nylander), -%A â \ Std. und ['/âą Sld. nach
der Einspritzung. Die Clycosuria gravidarum beginnt Vi Stunde
nach der Einspritzung und dauert etwa 2 Stunden. Nach An
gĂ€be des Verfassers lĂ€Ăt der negative Ausfall der Probe
Schwangerschaft sicher ausschlieĂen, der positive die Diagnose
mit Wahrscheinlichkeit stellen. â Die Verfasser machen darauf
aufmerksam, daĂ das Mittel unter dem Namen Malurin ("Schering
in den Handel kommt. So isl der Weg zu einer NachprĂŒfung
dieser wohl allgemein interessierenden Angaben frei.
G lÀse r.
Zeitschrift fĂŒr klinische Medizin, IJerlin.
15. November 1921, 92, Heft 1-3.
Untersuchungen ĂŒber die diagnostische Bedeutung des Katalascindcx der
roten Blutkörperchen bei menschlichen und experimentellen Blutkrank
heiten. Nissen, R. 1.
âUeber paroxysmale HĂ€moglobinurie und Syphilis: zugleich ein Beitrag zum
Problem der ErkÀltungskrankheiten. B u r m e i s t e r , J. 19.
Pathognese der Kohleinoxydvergiftung. GĂŒnther, H. 41.
Spirochaetenbefunde im Magensaft und deren diagnostische Bedeutung tut
das Carcinoma ventriculi. Luger, A. und Neuherger. H. 54.
Ueber die Dauer der letal verlaufenden DiabctesfÀlle. Helberg K. A.
76.
Einige besondere Befunde am Ruhrdarm. Lewin, A. 78.
âąHCriegsenteritis mit besonderer BerĂŒcksichtigung der Dickdarmentzlindurig
und ĂŒber deren Behandlung. O e t v ö s , E. 94.
Klinik und Pathologie der Sublimatnephrosp. G o r k c H. und
Töppieh, G. 113.
Hypeirtonie und Blutzucker. H ii r 1 e . F. 124.
Zur Beeinflussung der KÀltehÀmoglobinuric durch unspezifisch wirkende
Salzlösungen. B u r m e i s t e r . ,T. 134.
âUeber septischen Ikterus. B i n g o 1 d . K. HO.
Enthalten die Lymphozyten ein ltpolyto'sches Ferment? Zugleich ein Beitrag
ĂŒber den Lipasegehalt des Liquor cerebrospinalis. Res c h . A. 160.
Morbus maculosus Werlhofii. Foerster. A. 170.
Nachwirkung geringfĂŒgiger EinflĂŒsse auf den Stoffwechsel in den nĂ€chsten
Tagen. A r n o 1 d i . W. 187.
Ueber das Verhalten des Reststickstoffs im Blute bei Grippe. C olin, E. A.
201.
EinfluĂ des Durstens auf den Stickstoff- und Chlorstoffwechsel. Franken-
t h a 1 . K. 208.
âBakterienbefunde im Duodenalsaft von Gesunden und Kranken. II o e f n r t.
B. 221.
Ueber einen Fall von Pneumoperikard und ausgedehnter schwieliger Me-
diastino-Perikarditis bei gleichzeitigem Pneumothorax. Mayer. A. 236.
Wirbt die pharmakologische Beeinflussung des vegetativen Nervensystems
auf das weiĂe Blutbild? W o 1 1 e n b e r g . H. 249.
Zur quantitativen Bestimmung der Fermente im Duodenalsaft. Isaac-
Krieger, K. 259.
Ein zweiter Fall von akardialem Thoraxwandschaukeln. II 0 1 1 e r . G. 269.
1'ebcr paroxysmale HĂ€moglobinurie und Syphilis; zugleich
ein Beitrag zum Problem der ErkÀltungskrankheiten. Verf. er-
örtert an der Hand von einigen eigenen FÀllen und den in der
Literatur angegebenen Notizen die Beziehungen zwischen p. H.
und Syphilis; die Wa. R. ist ungleich hÀufiger positiv wie die
anamnestischen und klinischen Merkmale fĂŒr Lues (95 : 30 %).
Wahrscheinlich rufen die KÀltehÀmolysine, analog ihrem Ver-
halten In vitro gegenĂŒber Lipoiden, auch ohne Anwesenluit nor-
maler Syphilisreagine bei der Wa. R. einen positiven Ausfall
hervor. Durch Entfernung der KÀlteambozeptören aus dem vor-
her Wa. R. positiven Serum (Moro-Nodascher Versuch) wird die
Reaktion negativ. Die durch Bindung an corpusculÀre Lipoide
und nachherige Dissoziation bei 37" in Na Gl 0,85% isolierten
KÀlteambozeptören geben positive Wa. R. mit und ohne Zusatz
von normalem Serum oder Liquor. Der KĂ€lteambozeptor kann
an Lipoide auch in der WĂ€rme, an Erythrozyten, wahrscheinlich
wegen der besonderen Lipoiden Beschaffenheit, in der KĂ€lte ge-
bunden werden. Dieser KĂ€lteeinfluĂ auf die Erythrozyten, der
nur fĂŒr menschliche Erythrozyten Gellimg hat, spielt möglicher-
weise bei den ErkÀltungskrankheiten eine Rolle.
Ueber die Kriegsenteritis mit besonderer BerĂŒcksichtigung
der DickdarmentzĂŒndung und ĂŒber deren Behandlung. Aetiologie
unklar und nicht einheitlich. 3 Formen: 1. akute mit Magen-
katarrh verbundene Enteritis. 2. subakute oder chronische Ente-
ritis, diese beiden entsprachen etwa dem bekannten Bild der
Cholera nostras. 3. Colitis, diese Àhnlich der bazillÀren Dysen
terie oder der Colitis chronica purulenta, jedoch kein charakte-
ristischer Dysenteriestuhl, Tenesmen nie so hochgradig, nie Kom-
plikationen, keine Agglutination des Dysentcriebazillus in stÀr-
kerer VerdĂŒnnung. Seklionsbild: schwerste VerĂ€nderungen der
Dickdarmsehleimhaut, die öfters zum groĂen Teil durch Narben-
gewebe ersetzt war. Therapie: am besten systematische Darm-
spĂŒlungen mit groĂen Mengen warmen Wassers als rein mecha-
nische Therapie, zugesetzte Arzneien verstĂ€rkten die gĂŒnstige
Wirkung nicht.
130
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 5
Ueber septischen Ikterus. Der Ikterus bei der anaeroben
Streptokokkensepsis, der im Gegensatz zur aeroben Sepsis auf-
fallend oft auftritt, unterscheidet sich bei beiden Formen nicht.
Die HautfÀrbung wird durch Bilirubin bedingt. Kein ver-
mehrter Blutkörperzerfall und in der Leber makroskopisch kein
AbfluĂhindernis fĂŒr die Galle. Im Gegensatz hierzu beruht der
Ikterus beim FrÀnkel'schen Gasbrand im wesentlichen auf einer
oft groĂen Blutdissolution, die. auf die BakteriĂ€mie zurĂŒckzu-
fĂŒhren ist.
Bakterienbefunde im Duodenalsaft von Gesunden und
Kranken. 64 einwandfrei untersuchte FĂ€lle. Duodenalsaft normal
steril. Bei Hyp- und AnaciditÀt des Magens reichliche Baklerien-
flora von in der Hauptsache gleicher Art der Keime wie im
Magen. Auch Erkrankungen des Magendarmkanals scheinen das
Bakterienwachstum im Duodenum zu begĂŒnstigen. Bei Erkran-
kungen der Gallenwege, besonders bei Entleerungsbehinderung
der Gallenblase in zwei Drittel der FĂ€lle zahlreiche Bakterien.
Aus dem mikroskopischen Bild lassen sich keine SchlĂŒsse auf
vorhandene Keime machen.
F. L o e w e n h a r d t (Charldtt enburg- Westend) .
Zeitschrift fĂŒr die gesamte Neurologie und Psychiatrie.
Berlin.
30. Dezember 1921. 73, Heft 4 u. 5.
Em Fall \iiii seniler Paralyse. Salomon. S. 353
âEncephalitis congenita. Cerebrale Destiruktionsprozesse bei Neugeborenen
und kleinen Kindern. Wohl IV i 1 1 , F. 360.
SpirochÀtenbefunde bei atypischen Paralysen. Her m e 1 , H. 419.
Ein Fall von multipler Sklerose milt positiven SpirochÀtenbefund. S c h u -
s t e r , J. 433.
Reitrag zur Differentialdiagnose zwischen Nervcnlepra und Syrinsjoinyelie.
Jordan, A. und Kroll. M. 437.
Seborrhoea faciei als ein Symptom der Encephalitis lethargioa. S t i e f -
ler. G. 455.
âZur Klinik der Ostitis deformans (Paget) des SchĂ€dels. Grosz, K. 464.
âUeber statischen Infantllismus bei cerebraler Diplegie. T h o m a s , E. 175
âMultiple Sklerose und Beruf. D r e y f u s s , H. 479.
Diagnostische Bedeutung des GlutÀalklouus. P fister. H. 009.
Nachweis eines Stirnhirntumors :i it Röntgenstrahlen. Holthusen, H. 523.
Kritik des Begriffs ..unbewuĂtes psychisches Geschehen. J o s s m a u n. 530.
Einteilung und Bezeichnung der Psychopathien. Hof f mann, R. A. E. 538.
Huntingtonsehe Chorea. E n t r e s , J. L. 541.
âPseudopsychosen. M oerchen. F. 552.
Frage der allgemeinen Proteinkörpertherapie und aktiven Immunisierung der
progessiven Paralyse. J a c o b i , W. 575.
Zwei FĂ€lle von Eigentumsdelikten infolge krankhaften Triebes zum A'er-
schenken. H er s c h m a n n , H. 585.
âPersönlicbkeitsverĂ€nderungen bei Kindern infolge von epidemischer Ence-
phalitis. Kirschbaum. M. 599.
Erweiterung des Foramen occiptale magnum. Kluge, A. 606.
Tierexperimentelle Krampfstudien. Fischer, H. 614.
Ein Fall von isolierter reflektorischer PĂŒpiJlehstarre. G r a g e , H. 627.
Experimentelle Untersuchungen zur Frage des Verlaufes der oculo-pupillÀren
Fasern in den hinteren Wurzeln. P o 1 1 a e k . E. und Stern-
schein, E. 631.
Encephalitis congenita Cerebrale Destruktionsprozessc
bei Neugeborenen und kleinen Kindern. AusfĂŒhrliche Besprechung
einer Reihe von FĂ€llen, in denen es teils intrauterin, teils im
frĂŒhesten SĂ€uglingsalter zu ausgedehnten rein degenerativen
VerĂ€nderungen im Gehirn gekommen war â einerseits in Gestalt
von Erweichungen, andererseits in -Form sklerotischer Prozesse;
diese spielten sich entweder nur im Mark oder in Mark und
Binde ab. â Eine einheitliche Aetiologie dieser Affektionen be
steht kaum; in drei FĂ€llen konnte einem Geburtstrauma eine ur-
sĂ€chliche Bedeutung zugesprochen werden. â Die beschriebenen
FĂ€lle stellen zum gröĂten Teil frische Stadien derjenigen Pro-
zesse dar, die als âlobĂ€re" oder âatrophische Sklerose" bezw.
âsklerotische HemisphĂ€renatrophie'' bekannt sind. Eine âEnce-
phalitis" kommt als InitiallÀsion nicht in Betracht. Echte kon-
genitale Encephalitis ist â abgesehen von den entzĂŒndlichen
Gehirnaffektionen bei kongenitaler Syphilis â - sehr selten. Was
von Virchow als ..Encephalitis interstitialis congenita'" beschrie-
ben wurde, darf eigentlich nicht als Encephalitis bezeichnet
werden. Der Begriff ist am besten fallen zu lassen.
Zur Klinik der Ostitis deformans (Paget) des SchÀdels.
Es handelt sich um zwei Beobachtungen mit isolierter
Paget'scher Ostitis des SchÀdels. Die Diagnose wurde mit
Hilfe des Röntgenverfahrens gestellt. Die ĂŒbrigen Skleletteile er-
w lesen sich röntgenologisch frei von krankhaften tferÀnde'- ji-gen
ein sicher seltenes Vorkommnis. In beiden FĂ€llen waren
leichtere endokrine Störungen nachweishar. Von seilen des
Nervensystems wurden im ersten Falle Sphwindelersthemungen
verbunden mit hochgradiger Gangstörnng von cerebellarem
Typus beobachtet; in Fall 2 waren diese Erscheinnugen nur an-
gedeutet.
Ueber statischen Infantilismus bei cerebraler Diplegie. Bei
infantiler cerebraler Diplegie sind Nacken- und RĂŒckenmuskeln
fast nie spastisch: der Kopf fĂ€llt widerstandslos zurĂŒck. Diese
Muskelatonie wird hervorgerufen durch Nichtgebrauch, welcher
durch Hemmung der geistigen Entwicklung bedingt wird. FĂŒr
das PhĂ€nomen wird die Bezeichnung âstatischer Infantilismus''
vorgeschlagen.
Multiple Sklerose und Beruf. Eine berufsstatistische Unter-
suchung bei multipler Sklerose lieĂ ein Hervortreten landwirt-
schaftlicher Berufe deutlich erkennen. Aus den feiner differen-
zierbaren Handwerkerberufen ergab sich durch rechnerischen
Vergleich ein konstantes Mehr bei Holzberufen, wie z. B. Tisch-
lern usw. Zwischen mÀnnlichem und weiblichem Geschlecht wies
die Vergleichsbetrachtung keine grundlegenden Unterschiede
nach. â Die vorliegenden Untersuchungen sind deshalb wichtig,
weil Steiner auf Grund seiner Beobachtungen zu dem SchluĂ ge-
langt war, daĂ es sich bei Sklerosekranken oft um Leute handle
deren Beruf sie viel zum Aufenthalt im Freien zwinge und in
deren Anamnese hÀufig der Bià einer Zecke zu verzeichnen sei:
die Zecke wurde daher möglicherweise als UebertrÀger des
Krankheitserregers der multiplen Sklerose angesprochen.
Ueber Pseudopsychosen. Die Pseudopsychosen sind uns
z. T. schon lange als hysterische Psychosen bekannt. "WĂ€hrend
diese Syndrome aber bisher nur nach den ĂŒblichen psychia-
trischen Gesichtspunkten beurteilt wurden, versucht die vor-
liegende Arbeit sie in ihrer biologischen Bedeutung zu erfassen.
Die Pseudopsychosen sind hiernach gar keine eigentlichen Er-
krankungen, sondern sind nur abnorme Einstellungen eines
biologisch unterwertigen Organismus gegenĂŒber einer Situation,
die seine körperliche und seelische WiderstandsfĂ€higkeit ĂŒber-
steigt. Das Studium dieser ZustÀnde erfordert verstÀndnisvolle
und miterlebende EinfĂŒhlung in die Persönlichkeitsanlage â
Individualpsychologie. Die Symptomalogie der Pseudopsychosen
wird nicht nur von hysterischen Krankheitserscheinungen be-
herrscht, sondern es finden sich bei einer Reihe von Patienten
auch Symptome, die in das Bild der Dementia praecox hinein-
gehören.
Ueber PersönlichkeitsverÀnderungen bei Kindern infolge von
epidemischer Encephalitis. Bei drei Kindern kam es nach einer
epidemischen Encephalitis zu einer VerÀnderung der Persön-
lichkeit, die sich besonders durch die Neigung zu asozialem Ver-
hallen auszeichnete: ein Intelligenzdefekt war nicht nachweisbar.
Ein viertes Kind wies eine deutliche Hypomanie auf. â Ueber die
Prognose dieser ZustĂ€nde lĂ€Ăt sich noch nichts Bestimmtes
sagen. AuffÀllig ist. daà sich die geschilderten VerÀnderungen
bisher noch nicht bei Erwachsenen gefunden haben.
A. M ĂŒ nze r.
Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
7. Januar 1022. 49. Nr. 1
âPepsinlösung zur Mairbenerw.ediob.uDg. P a y r. 2.
Schnitti'iilirung bei dir K.-irdiolysc. MeLcHior. 12.
RcgeneratoiisfÀhigkeit des Colon. H o f m a u n. 13.
TrommlerlÀhmung iturch typischen Radiusbrueb. T. e v y. i.\
Ueber eine keimfreie, kolloidale Pepsinlösung zur Narben-
erweichung, VerhĂŒtung und Lösung .von Verklebungen. Um
eine völlig klare Lösung, sichere Keimfreiheit und dabei volle
oder doch möglichst weitgehende Erhaltung der verdauenden
Kraft des Pepsins zu erzielen, hat Payr eine Lösung von Pepsin
in Pregl'scher .Todlösung hergestellt, die diesen Anforderungen
völlig gerecht wird. Tierversuche haben gezeigt, daà diese
Lösung normales Gewebe im allgemeinen nicht angreift (mit
Ausnahme von Nervensubstanz, die völlig aufgelöst wird); alle
genÀhten Muskel- oder Hautwunden werden aber durch die
Lösung zum Aufgehen gebracht. Infolge ihrer stark desinfizie-
renden Eigenschaften kann man die Pepsin-Pregl-Lösung auch
bei noch vorhandenen entzĂŒndlichen Erscheinungen (z. B. an
Gelenken anwenden, ohne ein Aufflackern der Infektion be-
fĂŒrchten zu mĂŒssen. Das Hauptanwendungsgebiet wird sein:
Lösung von fibrös versteiften Gelenken: Erweichung von Narben
aller Art: Prophylaxe und Therapie der Keloide: Auflösung
fibrinöser Exsudate: VerhĂŒtung der Wiederkehr gelöster perito-
nealer Verwachsungen, Behandlung der Neuralgien: Behandlung
von Strikfuren Harnröhre. Rektum. Oesophagus Die Injek
10. Jahrg. â Nr. :>
tioncn sind meist schmerzlos; Lokal- oder Allgemeinrcnktioncn
sind nicht beobachtet worden. Praktisch angewandt isl das
Verfahren bisher in 35 FĂŒllen; ganz wirkungslos ist es in keinem
Fall gewesen; genaue Angaben ĂŒber den klinischen Verlauf der
FĂŒlle werden nicht gemacht. K. Wohlgemuth (Berlin)
Deutsche Zeitschrift fĂŒr Chirurgie.
November 1921. 167, ::. bis 1 Hell.
â Pathologisch-anatomische und experimentelle Studien Uber die Pathogenese
des chronischen MagengeschwĂŒres. N i e. o l a y s e n , K. 143.
l'eber diffuse Flbromato.se der BrustdrĂŒse heim Mann. Conston, <Y. 261.
I'ankreasverlotzung beim Kinde mit wanderndem KiguĂ in der primitiven
Bursa omcntalis. B o e S o h . F. 282.
Pathologisch-anatomische und experimentelle Studien ĂŒber
die Pathogenese des chronischen MagengeschwĂŒres. Die wich-
tigsten SchluĂfolgerungen der zahlreichen, in einer eingehenden
Arbeil beschriebenen tierexperimentellen Versuche sind etwa
folgende: der mechanisch-chemische Reiz der aufgenommenen
Nahrung verhindert die Heilung zufÀlliger kleiner Ulzerationen
der Magenschleimhaut, zumal wenn sich diese typisch lokalisiert
vorfinden. Es kommt dann zur chronischen EntzĂŒndung, die
entweder in Vernarbung oder aber zur sekundĂ€ren GefĂ€Ă- und
Nervenneubildung fĂŒhrt. Letztere bedingen als Circulus vitiosus
die ChronizitÀt der bestehenden Prozesse, indem sie die Vitali-
tÀt der betroffenen Gewebe herabsetzen. Ein Wegfall des mecha-
nisch-chemischen Reizes wĂŒrde demnach Heilung bedingen und
dies wird ja in der Tat durch diĂ€tetische oder chirurgische MaĂ-
nahmen gröĂtenteils erreicht. L. Frosch (Berlin).
Zeitschrift fĂŒr orthopĂ€dische Chirurgie, Stuttgart.
1921, 42, Heft 3.
4»L'eher die Arbeitsleistung des transplantierten Muskels. S a x 1. 129.
Tenodese der Quadriecpssehne. S a x 1. 138.
Ein neues Kyphosen- und Skoliosenkorsett. C Ii r y s o s p u t Ii e s. 145.
â l'eber die Aetiologie des kongenitalen KlumpfuĂes. Hahn. 151.
Die Fehlergrenzen der Lange'sehen Messung von Schenkjedhalsverbiegungen,
XuĂbau m. 156.
Das hĂŒpfende Knie und das schnappende Knie. <; a n g e 1 e. 160.
â Neui'j PlattfuĂopenationsmethode. WĂ€chter. 168.
l'eber Krsatz des M. opponens pollieis. K r u k e n b e r g. 178.
lieber die Arbeitsleistung des transplantierten Muskels. Die
ErwÀgungen des Verf. ergeben im wesentlichen folgendes: die
Wirkung eines transplantierten Muskels ist abhÀngig von seiner
physiologischen Beschaffenheit und zwar in Hinsicht auf die
Forderungen des Kraftnehmers; weiterhin von der Lage des
Kraftspenders zum Kraftnehmer, der unter entsprechender Span-
nung in möglichst gerader Richtung zu letzterem verlaufen soll.
Von Wichtigkeit ist ferner bezgl. der Arbeitsleistung des trans-
plantierten Muskels die sogen. Lagedifferenz, d. h. die etwaige
Verminderung der erwarteten Arbeitsleistung durch eine mehr
oder minder ungĂŒnstige Lage von Kraftspender zu Kraftnehmer,
da diese das âDrehmoment" ihrerseits wieder unvorteilhaft zu
beeinflussen vermag. Bei Transplantation gefiederter Muskeln
ist ferner noch mit einem gewissen Arbeitsausfall zu rechnen,
der mit dem Verluste der Arbeitsbasis der dem ursprĂŒnglichen
AnsÀtze entsprechenden Teile des betreffenden transplantierten
Muskels zusammenhÀngt.
Ueber die Aetiologie des kongenitalen KlumpfuĂes. Er-
mittelungen an 677 KlumpfuĂpatienten der letzten 10 Jahre lieĂen
folgende Momente fĂŒr di# Aetiologie des Leidens als verwertbar,
erkennen: 1. die durch Krieg und Teuerung bedingten körper-
lichen SchÀdigungen der Eltern erhöhen die Disposition. 2. die
HĂ€ufigkeit des KlumpfuĂes bei der Landbevölkerung erklĂ€rt sich
aus den bei dieser hÀufigen Verwandtenehen (Mendelsches Ge-
setz, Vererbbarkeit). 3. neben den Theorien, die im KlumpfuĂ
eine BelaslungsdeformitÀt sehen, gewinnen neuerdings jene
andere an Bedeutung, die als Ursache der DeformitÀt kongenitale
vererbbare WirbelsÀulen- und Zentralnervensyslemanomalien
hinstellen. ' Letztere sind vielleicht die einzige Ursache der
paralytischen Form der Erkrankung.
Neue PlattfuĂopcrationsmethode. Verf. gibt ein neues Vor-
gehen zur blutigen Beseitigung solcher hochgradiger PlattfĂŒĂe
an, die durch funktionelle und mechanische Therapie nicht mehr
zu heilen sind (nach dem 20. Lebensjahr). Es handelt sich im
wesentlichen um eine operative Zerlegung des knöcheren FuĂ-
gerĂŒstes in einen medialen und lateralen Anteil und zwar so, daĂ
die Trennungslinie, vom lat. Drittel des Kahnbeines beginnend
sich in sichrÀger Bichtung medialwÀrts zur Basis d*s MetH
131
tnrsnle 1 zieht, das sie. teilweise noch durchlrennl. Iis hangen
beide Teile nunmehr nur noch im C.alcanco-Cuboidgelcnk zu
summen. Ihn diese (ielenkflache herum vollzieht sich die weitere
Kcdrcssion des VorderfuĂes, die bei genĂŒgender AusprĂ€gung
durch NĂ€hte, bezw. den Gipsverband festgehalten wird. Nach-
behandlung wie ĂŒblich. Der Vorteil der Operation besieht dem-
nach in der Erhaltung eines tragfÀhigen Gewölbes durch Her-
stellung einer soliden KnochenbrĂŒcke vom Taluskopfe zum GroĂ
zehengrundgelenk L. Frosch 'Berlin
Zentralblatt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
7. Januar 1922, 46, Nr. 1.
âDas Korpusadenom der Matrone. Menge, C. l.
âZehn Jahre geburtshilflich all wartender F.klanipsiehehamllung. J. i c- Ii 1 e I)
stein, F.
>t*Ein Vorschlag zur Verminderung der Abortgefahr bei Operationen an dei
schwiangeren G-eibĂ€rmuMier. KĂŒster, H. 35.
â Kiiie Verbesserung der intrauterinen Radiumanw endung. Fiat au, W. s
36.
Ein einfacher Beckenmesser fĂŒr alle erreichbaren Distanzen des weibliehen
Beckens. VorlÀufige Mitteilung. FÀrber, Erich. 37.
Das Korpusadenom der Matrone. In der Literatur ist ĂŒber
das Korpusadenom der Matrone so gut wie nichts zu finden.
Die Erkrankung kommt hauptsÀchlich im vorgeschrittenen Ma-
tronenalter vor. Sie stellt ein nach seiner anatomischen Struk-
tur vollkommen gutartiges Neoplasma dar, das sich oft lange
Zeit nach eingetretener Atrophie des Genitale durch eine plani-
metrisch angelegte Epithelproliferation aus einem schon mehr
oder weniger atrophisch gewordenen Schleimhautmutterboden ge-
schwulstartig heraushebt. Mit den gewöhnlichen Polypen der
Uteruskörperschleimhaut hat das Korpusadenom der Matrone
nichts zu tun. Die Erscheinungen, die die Erkrankung macht,
sind atypische Blutungen, die nach mehrjÀhriger Amenorrhoe
auftreten, und deshalb immer an das Vorhandensein eines Kor-
puskarzinoms denken lassen. Die diagnostische Curettage ergibt
jedoch ein Material, bei dem keinerlei Anzeichen maligner De-
generation zu finden sind.
Zehn Jahre geburtshilflich abwartender Eklampsiebehand-
lung. Eingehende kritische Behandlung der Frage der Eklampsie-
therapie. Lichtenstein tritt erneut fĂŒr die von ihm schon 1911
empfohlene abwartende Behandlung der Eklampsie ein, die
gegenĂŒber der Schnellentbindung wesentliche VorzĂŒge hat. Vor
allem können viele Eklampsien intercurrent heilen. Schwere
Nebenverletzungen, wie sie bei der aktiven Therapie hÀufig vor-
kommen und den Ueberlebenden oft ein langes Krankenlager
bereiten, sind bei der abwartenden Behandlung ausgeschlossen.
Die MortalitĂ€t der MĂŒtter und Kinder ist fast um die HĂ€lfte ge-
ringer. Und schlieĂlich ist die Behandlung fĂŒr den auf sich
selbst gestellten praktischen Arzt zweckmĂ€Ăiger und leichter als
mit groĂen Operationen. Die Therapie selbst hat sich nicht
wesentlich verÀndert, Morphium und Chloral in schemalischen
ZeilabstÀnden. Bei noch nicht entbundenen Frauen mit lebendem
Kind, wird anstatt des Morphiums, das fĂŒr das Kind schĂ€dlicher
ist, Pantopon oder Laudanon gegeben. Hauptwert wird auf den
AderlaĂ gelegt. Vor der Entbindung werden, falls diese noch
lange nicht bevorsteht, groĂe AderlĂ€sse (500 â 600 cem) gemacht,
resp. kleinere (250 â 300 cem), wenn die Geburt bald zu erwarten
ist. Ist der Muttermund völlig geöffnet, wird erst entbunden
und dann sofort nach der Entbindung der AderlaĂ gemacht, bei
dem soviel Blut entnommen wird, daĂ der Gesamtblutverlust (mit
Geburt) 500 â 600 cem betrĂ€gt. GroĂe sekundĂ€re AderlĂ€sse be-
kommen die Wochenbettseklampsien. Nötigenfalls kann der
AderlaĂ 1â2 mal wiederholt werden. Vor groĂen Infusionen
von Kochsalz- oder Bingerlösung (1000 cem und mehr) wird ge-
warnt, da mehrfach rapide Verschlechterungen beobachtet
wurden.
Ein Vorschlag zur Verminderung der Abortgefahr bei Opera-
tionen an der schwangeren GebÀrmutter. K. schlÀgt vor, den
Beiz, der durch die Vornahme von Operationen an der schwan-
geren GebĂ€rmutter auf diese ausgeĂŒbt wird, durch LokalanĂ€sthe-
sie auszuschalten und dadurch die Weiterleitung auf die Uterus
muskulatur fĂŒr einige Zeit nach dem Eingriff unmöglich zu
raachen. V. operierte 2 gravide Frauen mit groĂem Cervixspall.
den er als Ursache fĂŒr die vorhergegangenen Aborte ansah. In
beiden FĂ€llen wurden die BĂ€nder des Cervixspaltes mit etwa
10 cem 1 prozentiger Novokain-Suprareninlösung infiltriert. Es
hat in beiden FĂ€llen keine Spur von Wehen auf und beide Male
wurde am berechneten Termin ein reifes Kind geboren.
FĂŒr abdominale Enucleationen oder Ovariolomien wĂŒrde das
(losdrwulstbett resp. der Stiel infiltriert werden.
Aus den neuesten Zeitschriften
182
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. - Nr. 5
Einr Verbesserung der intrauterinen Radiunihehandliing.
Durch das Einlegen des RadiumtrÀgers in das Cavum uteri
kommt eine Zustöpselung desselben zustande; das Sekret staut
sich, solange der RadiumtrĂ€ger im Uterus liegt, also etwa 24 â 48
Stunden. Dadurch kommt es hÀufig zu Fiebererscheinungen,
peritonealen Reizerscheinungen, Exsudatbildungen, ja selbst
TodesfÀlle wurden beobachtet. Zur Vermeidung dieser unange-
nehmen Begleiterscheinungen empfiehlt F. die Anwendung einer
RadiumkanĂŒle, die den Sekreten der GebĂ€rmutter ungehindert
AbfluĂ erlaubt. Es handelt sich um einen aus Neusilber gefer-
tigten, breit gefensterten Hohlzylinder, in dessen inneren hohlen
Teil das Radiumröhrchen zu liegen kommt. (Verfertiger Paul
V\ alb, chir. Instrumenten-Fabrik, NĂŒrnberg.)
Speyer (Berlin).
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
5. Januar 1922, Nr. 1.
Die Physiologie der Atmung. Asher, L. I.
Die Pathologie der Atmung. S t <a e h e 1 i n , K. 8.
âSubkutane Fetttgewebsnekrnsen beim Neugeborenen. Uernheim-
K a r i" e r. 12.
âDarstellung eines salzarmen Lsotonischen AutigenprĂ€parates fĂŒr die Eigen-
urinreiaktion nach Wildbolz. La. nz. W. 15.
Zur Wirkung des â(Synergen". Frey, T. 18.
Feher subkutane Fettgewebsnekrosen beim Neugeborenen
(sogen. Sklerodermie des Neugeborenen). Die Sklerodermie der
Neugeborenen hat bis jetzt wenig Beachtung gefunden; man kann
daraus schlieĂen, daĂ sie jedenfalls eine seltene Krankheit sein
muĂ. Verf. meint' jedoch, daĂ die Zahl der Beobachtungen zu-
nehmen wird, sobald einmal das Interesse der Aerzte auf sie
gelenkt worden. Er selbst hat im Verlauf von 13 Monaten 5 FĂ€lle
gesehen, die er im Einzelnen mitteilt. Allen gemeinsam ist die
Bildung von Infiltraten, die in den tieferen Hautschichten zu
liegen scheinen. Nur die Ausdehnung und die Lokalisation
wechselt. PrĂ€dilektionsstellen sind der RĂŒcken, die AuĂenseite
der Oberarme und die Wangen. Narbenbildung ist bei keinem
der Erkrankten eingetreten; die Resorption der Infiltrate er-
folgte ziemlich rasch. Da, wo die Knoten isoliert auftreten, er-
innern sie an diejenigen des Erythema nodosum, doch fehlt den
beider^ Krankheitsbildern jede weitere Analogie. Mikroskopisch
charakterisiert sich die sogen. Neugeborenensklerodermie als
eine Fettgewebsnekrose des subcutanen Fettgewebes, die von
einer recht betrĂ€chtlichen entzĂŒndlichen Reaktion begleitet ist.
Bei der echten Sklerodermie findet man eine homogenisierende
Degeneration oder eine Verdichtung und teilweisen Schwund des
Bindegewebes und subakute EntzĂŒndung der Cutis. DaĂ Traumen
bei der Entstehung der Sklerodermie der Neugeborenen eine
Rolle spielen, ist schon wiederholt vermutet worden. Infolge
des Traumas kommt es zu Blutungen in die Haut und nament-
lich in die Subcutis. Dieselben sind wahrscheinlich an der Aus
lösung der FettgewebsschÀdigung mitbeteiligt.
Von Bedeutung scheint die Dicke des Fettpolsters zu sein
und vielleicht auch die durch den relativ geringeren Oel SĂ€ure-
gehalt bedingte HĂ€rte des Neugeborenenfetts.
Die Darstellung eines salzarmen, isotonischen AnĂŒgen-
prĂ€parates fĂŒr die Eigenurinreaktion nach Prof. Wildbolz. Aul
Grund zweijÀhriger Erfahrungen erachtet Verf. die Eigenurin-
reaktion als eine spezifische Reaktion, verursacht durch ein
tuberkulöses Antigen, das durch die Nieren bei aktiven Tuber-
kulosen in mehr oder weniger groĂer Menge ausgeschieden wird.
Infolge des Gehaltes des PrÀparates an Urinsalzen entstehen oft
Reaktionen in der Haut, die nicht spezifisch sind, und es kann
nur eine sehr geringe Menge des UrinprÀparates injiziert wer-
den, weil sonst sofort Hautnekrosen entstehen. Es ist daher
auch die Menge des Antigens gering, die Hautreaktion dem enl
sprechend auch unbedeutend. Es erschien dem Verf. daher
wichtig, die Technik der PrÀparation des Urins zu verbessern,
so daà man eine konzentrierte Anligenlösung ohne die Bu
mischung von toxisch wirkenden Salzen vor sich hat, die sich
auch zur GewebsflĂŒssigkeit isotonisch verhĂ€lt. Er gibt ein Ver-
fahren an, den Urin durch Dialyse salzfrei und durch weiteres
Dialysieren in physiologischer Kochsalzlösung isotonisch zu
machen. Diese Lösung macht dann bei intrakutaner Injektion-
wenn kein spezifisches Antigen vorhanden ist, keine Reaktion
und die Injektion ist schmerzlos. Die Reaktion in den positiven
FÀllen fÀllt deutlicher aus, weil mehr Antigen injiziert werden
kann. Das negative Resultat hat auch mehr Wert, weil wir
sicherer sind, daĂ eine genĂŒgende Menge Antigen in der Injek-
tionsmenge vorhanden gewesen wÀre, wenn wirklich der Urin
solches enthalten hÀtte. K. Held (Berlin ).
Acta Medica Scandinavica.
Vol. LV. Fase. 2. 7/11 1921.
Die Messung des Blutdrucks am Schlafenden als klinische Methode
M ii 11er, C.
âTotale Aphasie bei Herd im Xemporatlapipen. M a r du » , Stockholm.
Ein Fall von (iiabetischem Koma, mit renaler Insuffizienz. Mördre.
K., C'bristiania.
Fall von tuberkulöser Meningitis mit atypischem Symptomenkomplex.
.1 o h a n s s e n , Nie.
Ueter einige charakteristische Falle zur Illustration des Verhalten,, des
arteriellen Drucks im prÀnephri tischen .Stadium. K y 1 i n.
"Totale Aphasie bei Herd im SchlÀfelappen. Oft sind Kom-
binationen von motorischen und sensorischen Symptomen kli-
nisch zu beobachten, ohne daà sich dann bei der Sektion VerÀn-
derungen in jedem der beiden Zentren nachweisen lassen. Fs
findet sich totale oder nahezu totale Aphasie bei gröĂeren Her-
den im Temporallappen, ohne daĂ der Frontallappen sichtlich
affiziert ist.
Verf. erwÀhnt die hierhergehörige Literatur und beschreibt
dann drei eigene klinisch beobachtete und anatomisch unter-
suchte FĂ€lle mit Herden im Temporallappen. Es ergibt sich,
daà recht ausgiebige Zerstörungen in den sensorischen Sprach
Zentren, wenn sie hauptsÀchlich nur die Bindensubstanz der-
selben betreffen, nicht ausreichen, um eine schwere oder totale
Sprachstörung hervorzurufen. Sobald dagegen die darunterlie-
gende Marksubstanz und dadurch die Bahnen in derselben zer-
stört sind, die das sensorische Gebiet mit dem motorischen ver-
binden, dann kann eine schwere, ja totale Sprachstörung ein-
treten, auch ohne VerÀnderung im Broca'schen Zentrum. Doch
mĂŒsse auch die schwere psychische Wirkung des Verlustes des
ganzen Wortschatzes in solchen FÀllen zur ErklÀrung des a pha-
sischen Symptomenkomplexes mit in Betracht gezogen werden.
Popper, Stockholm.
El siglo medico, Madrid.
24. Dezember, 1921. 68. Heft 3550.
âDie GemĂŒtsbewegung in der Genese der Paralvsis agitans. Guarros
C. 1253.
Leber gonorrhoische Septikaemio. G il y O r t e g a . B. 1254.
Heber den gegenwĂ€rtigen Stand der RĂŒntgentiefenthcrapie. Rahsa.
S. Y. S. 1258.
Verbesserung des Gesundheitswesens in Spanien. Munoz A n t u fi a n o
L. 1260.
Die GemĂŒtsbewegung in der Genese der Paralysis agitan«.
WĂ€hrend frĂŒher GemĂŒtserregungen als ursĂ€chliches Moment fĂŒr
die P. a. angenommen wurden, ist in neuerer Zeit hiervon immer
mehr abgesehen worden. Verfasser hat nun die Soldaten, die
im letzten Jahre an den KĂ€mpfen in Marokko teilnahmen, sehr
groĂe Anstrengungen und Erregungen durchzumachen hatten, un-
tersucht und keinen einzigen Fall von P. a. gefunden, er ist da-
her der Ueberzeugung, daĂ fĂŒr die Genese der P. a. GemĂŒtser-
regungen nicht in Frage kommen. Lurje.
81. Dezember, 1921. 68. Heft 3551.
âEinseitige akustische Halluzinationen, deren Krankhaftigkeit dem Patienten
bewuĂt waren. S a m , E. F. 1271.
Behandlung der Lungentuberkulose durch natĂŒrliche Mittel. V r 1 1 e -
gas. R. 12S4.
Verbessrung des Gesundheitswesens in Spanien: Munoz A n t u n a n o .
L. 1287.
Einseitige akustische Hallucinationen, deren Krankhaftigkeit
dem Patienten bewuĂt waren. Eine Frau vom Lande, erblich
nicht belastet, bisher immer gesund, auĂer einer seit mehreren
Jahren zunehmenden Schwerhörigkeit, die zur völligen Ertaubung
auf dem rechten Ohre gefĂŒhrt hat, erleidet mit 64 Jahren einen
S-hlaganfall. Sie erholt sich bald vollstÀndig von diesem, je-
doch besteht jetzt seit fĂŒnf Monaten unverĂ€ndert folgendes PhĂ€-
nomen- ununterbrochen hört Pat. auf dem rechten â tauben â
Ohre Stimmen, ganz deutlich, die sie in der Àrgsten Art be-
schimpfen; manchmal kĂŒndigen diese Stimmen ihr an, daĂ sie
Musik hören werde, und dann hört Pat. Melodien, die sie angeb-
lich frĂŒher nie gehört hatte. Das Eigenartige an diesem Fall
nun ist, daĂ Pat. sich voll bewuĂt ist, daĂ sie halluciniert, daĂ
dies krankhaft ist, und daĂ sich daher kein paranoisches Wahn-
system bei ihr ausgebildet hat. L ii r j e.
La Pediatria Espanola, Madrid.
30. November 1921, 10, Nr. 110.
âDie LebensfĂ€higkeit des kongenital syphilitischen Kindes. V e 1 a 9 c 0
Pajares.J. 322.
Fall von Sterkoraemie beim Kinde. Ca v engt, S. 352.
)(>. Jahrg. - Nr. 6
Aus den neuesten Zeitschriften
Die LebensfÀhigkeit des congenita] syphilitischen Kindes.
Verfasser macht darauf aufmerksam, daĂ Kinder von syphiliti
seilen Eltern wenn sie selbst auch bei der Geburl und spÀter
keine manifesten Zeichen der Erkrankung tragen weniger
widerstandsfÀhig bei intercurrenten Erkrankungen Masern,
Scharlach als Kinder gesunder Eltern sind. Ks isi daher zu
lordern, daĂ Kinder syphilitischer Eltern â auch wenn bei den
Eltern der Wassermann negativ ist â antiluetisch behandi
werden, genau wie die Kinder, die mit manifesten Zeichen der
Erkrankung geboren werden. Lurje.
Archivos Espanoles de Pediatria. Madrid.
November 1921, 5, Nr. IL
Diphtherie und Serotherapie. F e ( r C r . B. G. 641.
âą{âąProteinkörpertherapie. Coronas, E. N. 651.
Praxis der Proteinkörpertherapie. Verfasser gibt eine kurze
Uebersicht ĂŒber die Entwicklung und den augenblicklichen Stand
der Proteinkörpertherapie, ohne Neues zu bringen.
L u r j e.
The Lancet, London.
7. Januar 1922. 202, Nr. 5132.
Behandlung- der Tuberkulose. S p a h 1 i n g e r . H.
chorionepithelioma. Munro Korr, .T. M. 9.
Angioma venosuu der Hirnrinde. (' a m p b e 1 1 , II. und Ball a n c c . C. lĂŒ.
Bilaterale interstitielle rupturierte cktopische Schwangerschaft. W o oll'.
A. E. M. U.
^FixatioosabszeĂ. T o d d , A. T 12.
Bedeutung der Verdauungsleukozytose X o e 1 P a t o n , D i:>.
Obstruktion des Kolons durch den Stiel einer Ovarialgesehwulst. Wood-
m an, G. C. 16.
Anastomosierendes GeschwĂŒr. Adams, J. W. 16.
Kolloidales Mangan bei Hodgkinscher Krankheil, S a in u t , R. 17.
âą{âąKongenitaler Tumor hei einem Neugeborenen. Handfield, Jones 17.
Eigenschaften der Kolloiden. Baylios, W. M. 38.
FixationsabzeĂ. Der FixationsabszeĂ ist ein mĂ€chtiger
Reiz zur Bildung von Leukozyten und zur Steigerung der Phago-
zytose. Er ist indiziert bei allen schweren Erkrankungen, nament-
lich bei septischen Erkrankungen, wobei der Widerstand des Orga-
nismus erheblich herabgesetzt ist. Man muĂ nicht warten, bis der
Kranke sterbend ist, sondern so frĂŒh wie möglich injizieren. Am
besten spritzt man 1 cc Ol terebinth subkutan ein, wobei man da-
fĂŒr sorgt, nicht die Faszie zu berĂŒhren. Verf. behandelte 9 ver-
zweifelte FÀlle und hÀtte in C> einen glÀnzenden Erfolg.
Kongenitaler Tumor bei einem Neugeborenen. Es betraf ein
Kind von 14 Monaten mit einer starken Schwellung in der linken
Achsel. Bei der Operation fand man eine multilokulare Zyste, von
einem Schleimbeutel unter der Klavikel ausgehend und teilweise
mit dem Pektoralis major verwachsen.
Koopraan, Haag.
14. Januar 1922, 202, Nr. 5133
âąH'lcus dilodeni bei SĂ€uglingen. Paterson. I). 6.1.
âErscheinungen und HĂ€ufigkeit der GeschwĂŒre der kleinen Kurvatur.
F a her. K. 65.
Perkussion und Herzbreite. G o r d o n W. 68.
Der psychische Faktor hei Kntcroptnsc. 8 t 0 d d a r t . VV. I). 69.
Die Untersuchung des Herzens fĂŒr die 1 ehensversicherung. P r i e e . F. VV.
71.
Haemosalpinx und Pvosalpinx mit Torsion der rechten Eileiter. G i t f o r d, X.
78.
Ulcus duodeni bei SĂ€uglingen. Das Ulcus duodeni ist nei
SĂ€uglingen zwar selten, aber wenn man bei Sektionen genau
untersucht, findet man es doch öfter, als man bisher annahm. So
findet man es z. B. bei Melaena neonatorum, wÀhrend es auch bei
Darmdyspepsien vorkommen kann. Die Ursache ist sehr oft
Tuberkulose. Bei septischen Wunden oder bei Septicaemie, bei
Verbrennungen wird das GeschwĂŒr ebenfalls gefunden. Die Diag-
nose ist sehr schwer. Die chirurgische Behandlung ist oft erfolg-
reich.
Erscheinungen und HĂ€ufigkeit der GeschwĂŒre der kleinen
Kurvatur. Bei Frauen findet man viel mehr GeschwĂŒre der kleinen
Kurvatur wie bei MĂ€nnern. Das Ulcus juxtapyloricum dagegen
findet man mehr bei MĂ€nnern. Im allgemeinen findet man mein
GeschwĂŒre bei Frauen. Da aber viel mehr PylorusgeschwĂŒre
Gegenstand einer Operation werden, gehl aus vielen chirurgischen
Statistiken mit Unrecht hervor, daà MÀnner öfter UlcuslrÀger sind
als Frauen. Das GeschwĂŒr der kleinen Kurvatur hat eine aus-
gesprochene Tendenz zur Spontanheilung. Da die typischen Ulcus-
schmerzen und die Hyperazidilai lebten können, ist. die Diagnos«
«oft schwierig K 0 0 p m a n n ('Haag).
The British medical Journal, London.
7. Januar 1922, Nr. 3104.
Ktnvas ĂŒber Schmerz. II e a tl , H.
Gesohlechtsfragen beim Menschen. 'I h o m t q n . A. 6.
âą{âąDie Sekretion des Magens und Duodenums, speziell bei der Zuckerkrankheit.
Bennet, T. J. und l> o d «i s . j. c. u.
Hemiplegie bei einem Kinde mit nachfolgender Ataxie. Calwell, \V. LI.
«{»Asthma und BadiummenopausĂ, If o s s , J, x. m. und K o I 1 e s t o n . II. l>
12.
Die Behandlung des Strabismus. 8 e h in Ith, H. 18.
Pulsatilla bei Dysmenorrhoe'. C o 1 e y . F. C. 18.
Die Sekretion des Magens und Duodenums, speziell bei der
Zuckerkrankheit. Die Aenderungen der CGvSpannung in den
Alveolen nach einer Mahlzeit haben Beziehungen zum Quantum
SĂ€ure und Alkali ausgeschieden im Magen resp. Duodenum. Wenn
man mit einer Sonde Atropin auf die Schleimhaut des Magens oder
Duodenums bringt, so hört die Sekretion der betreffenden DrĂŒsen
auf. Verf. glauben, daĂ die BauchspeicheldrĂŒse permanent Sekret
absondert. Nur wenn Nahrung den Pylorus passiert, wird die Ab-
sonderung viel stÀrker.- Wenn man die CGvSpannung bestimmt
wÀhrend einer Fastperiode, stellt sich heraus, daà diese eine
Art Gleichgewicht zwischen dem SĂ€ureverlust des Blutes via
Magen und dem Alkaliverluste via Duodenum und Pankreas dar-
stellt. Bei schwerem Diabetes ist wÀhrend Nahrungsentziehung die
C02-Spannung niedrig, auch wenn keine Kelonurie bestellt. Bei
Diabetes ist nach einer Mahlzeit die CGvSpannung sehr viel nie-
driger als bei einer anderen Erkrankung.
Asthma und Radiummenopause. Eine intrauterine Applikation
von Radium genĂŒgt, um Amenorrhoe zu erhalten. Komplikationen
sind aber nicht selten. Namentlich beschreiben Verf. ein sehr
heftiges Asthma, das nach dieser Behandlung entsteht und das nur
durch OvarialprÀparate geheilt werden kann.
Asthma kann die Folge sein einer endokrinen Insuffizienz, und
auch die Ovarialinsuffizienz spielt also eine Rolle.
Koopmann (HaagV
II Policlinico, Rom.
19. Dezember 1921, 28, Nr. 51;
âąÂ»âŠAppendizitis und Pseudoappendizitis amöboiden Ursprungs.. 8 a B f i I i p p o ,
E. 1715.
Kryptogenetisches Fieber mit periodisch wiederkehrenden Attacken. M a s c i .
' B. 1719.
Knochenappendizitis und Pseudoappendizitis. Im Verlaule
einer akuten oder chronischen Dysenterie kommt es auĂer
EntzĂŒndungen des Sigmoids in seltenen FĂ€llen zu EntzĂŒndungen
des Blinddarms, die unter dem Bilde einer Appendizitis oder
Pseudoappendizitis verlÀuft. Die Behandlung ist gleich der ge-
wöhnlichen Appendicitis expectativ oder bei Indikation operativ.
Cordes (Berlin).
2. Januar 1922, 29, Nr. 1.
Bedeutung verschiedener Vitamine fĂŒr die ImmunitĂ€t D ' Asaco
B i o n d o . M. 3.
â Kin Fall von flottierender Schulter infolge von KinderlĂ€hmung. Bosen. f>. ft.
Kongenitale Luxation des Radiuskbpfcheins. K r a U 9 . .V. 8.
Ucber einen Fall von Sehlottergelenk im Schultergelenk bei
RĂŒckenlĂ€hmung. Verfasser berichtet ĂŒber einen Fall von
Schlottergelenksbildurtg im Schullergelenk im AnschluĂ an eine
kongenitale starke WirbelsÀulendeformitÀt. Es handelt sich um
einen 4 jÀhrigen Jungen, welcher mit Poliomyelitis anterior er-
krankt war und wÀhrend die anderen Glieder nach und nach sich
erholten, im Schultergelenk schwere VerÀnderungen zeigte. Die-
Röritgenuntersuchung der WirbelsÀule zeigte auf der Seite des
Schlottergelenks VerÀnderungen. Die Elektrotherapie hatte keine
Erfolge und das Kind wurde der chirurgischen resp. orthopÀdi-
schen Behandlung unterworfen. Cordes ('Berlind.
9 Januar 1922, 29, Nr. 2.
âGefĂ€Ădiaskopie. s e n i g a g 1 i a . A. 41.
Abnormes GerÀusch infolge \nn Thorax-Kontusion. Fasana. M. it.
Die desinfizierende Wirkung der Alkohnllösungnn in der chirurgischen
Praxis. C i g n o 7. z i . 0. 46.
GefĂ€Ădiaskopie. Verfasser versteht unter GefĂ€Ădiaskopie die
Transparenz der HautgefĂ€Ăe, die mit Hilfe der elektrischen
Lampe, der Sonne oder anderer Beleuchtungsquellen dem Be-
schauer offenbar wird, wenn er mit Hilfe eines vor das Auge
Aus den neuesten Zeitschriften
10. Jahrg. â Nr. 5
auf die GefaĂstelle gerichteten Zylinders Pappe) andere Licht .
quellen ausschlieĂt. HauptsĂ€chlich handelt es sich um die Be^
obachtung der FingergefĂ€Ăe. Auf Grund dieser Beobachtung
zieht Verfasser SchlĂŒsse ĂŒber die DurchgĂ€ngigkeit der GefĂ€Ăe bei
Endarteritis, Thrombosen, Verletzungen usw. Er sieht in dieser
Methode eine wichtige UnterstĂŒtzung der Sphigmanometrie.
Cordes (Berlin
Ki. Januar 1922, Nr. 3.
â Die Reaktion des kolloidalen Benzöes auf die XerohrnspinaJflussigkcit.
F e r r a r o . A. 77.
Formen von TracheohronchialdrĂŒscnerkr.'inkung. dir einen diphtherischen
Krupp vortÀuscht. Tron. G. 80.
Die Einwirkung des kolloidalen Benzoins auf den liquor cere-
brospinalis. Die gemachten Untersuchungen im normalen Liquor
cerebrospinales, positiv in allen FĂ€llen progressiver Paralyse,
negativ dagegen in einigen sicher luetischen Erkrankungen,
positiv dagegen bei einigen, bei denen Lues fast auszuschlieĂen
war. Cordes (Berlin).
vv'i vv.^JSC'Sfc»^ >U \\ » . â .....â>. . ' , :
Paris Medical, Paris.
24. Dezember 1921, 2, Nr. 52.
âDie Kraniotabes der SĂ€uglinge und ihre Beziehungen zur syphilitischen
Rachitis. Marfan, A. B. 493.
Die AzotÀmie beim Fleckfieber. B ei n h a m n n . .1 a hier und Barth e -
1 e m y. 501.
Mediastino-interlobÀrer Hydropneumothorax bei einem Tuberkulösen.
Bloch, S. und Hallet, L. 503.
Tonsillektomie. Fredeseu-Rion. 505.
Die Kraniotabes der SĂ€uglinge und ihre Beziehungen zur
syphilitischen Rachitis. Sie entwickelt sich in den ersten Mo-
naten, im allgemeinen vor dem dritten, nie nach dem sechsten.
Gewöhnlich bilateral und symmetrisch, pflegt sie auf einer Seite
vorzuherr sehen. Meist die erste Manifestation der Rachitis.
Congenital: zahlreiche ausgebreitete Lakunen und Erweichungs-
herde ĂŒber dem GroĂhirn. Erworben: in der Gegend der Lambda-
naht und der Warzenfontanelle. Ursache: Der Druck des exzen-
trisch sich entwickelnden Gehirns u. a. auch der Druck auf die
Ilinterhauplsknochen bei der ĂŒblichen Lage des SĂ€uglings. Durch
die intrauterine Lage erklÀrt sich auch der Sitz der Erweichungs-
herde bei der kongenitalen Kraniotabes ĂŒber dem GroĂhirn.
Letztere ist sehr selten, wÀhrend die erworbene hÀufig ist.
I âą ferentialdiagnose: Lakunen, die auf einer Entwicklungshem-
mung der SchÀdelhaut (Meningocele, Encephalocele) beruhen, oder
auf eine Ossifikationsanomalie (einseitig oben auf dem Parietal-
bein) dann die Osteogenesis imperfecta cranii Hochsingers (meist
mit Spina bifida verbunden), die Osteopsathyrosis Lobstein's,
ferner die Erweichung der RĂ€nder der Sagittal- und Lambdanaht.
Die Kraniotabes ist also eine Manifestation der Rachitis praecox,
die intrauterin oder in den ersten 3 extrauterinen Monaten ein-
setzt. Rachitis entsteht aber durch chronische Infektionen
oder Intoxikationen in der Ossifikationsperiode, die gegen das
18. Jahr beendet ist. In allen Perioden der Kindheit ist immer
die hÀufigste Ursache die Syphilis. Dann die Tuberkulose und
die chronischen Intoxikationen digestiver Form namentlich bei
kĂŒnstlich ErnĂ€hrten. Jedoch treten diese meist zu einer Zeit
auf, wo die Knochen schon ziemlich entwickelt sind. Als seltenere
Ursachen kommen in Betracht: Bronchopneumonien mit hÀufigen
BĂŒckfĂ€llen wie beim Keuchhusten, Pyodermien. FĂŒr den syphi-
litischen Ursprung spricht der frĂŒhzeitige, kongenital oder in den
ersten 3â4 Monaten einsetzende Beginn, dann Lokalisation der
Bachiiis auf das SchÀdeldach, die Ausbuchtungen der Frontal-
und Parietalbeine (was bei der Tuberkulose nicht der Fall ist .
ferner die AnÀmie, endlich Hypertrophie der Milz. Die Mehr-
zahl der FĂ€lle, die nach einem Jahr beobachtet werden und
groĂe MiĂbildungen aufweisen, sind syphilitischen Ursprungs:
die Tuberkulose schont den SchÀdel und trifft mehr die Rippen,
die langen Knochen. v S c h n i z e r.
31. Dezember 1921, 11. Nr. :>:;.
.luxia-ai tikuliiiv N'odositafen und Syphilis, (i a n g e
509.
A. und V i n a n d . It,
âTrachealc Injektionen und Lungentuberkulose. Buh a y. SM.
. Kindheitsckzcme und Metastasen. Veyrieres und J.iTmou,. .">!».
Tracheale Injektionen und Lungentuberkulose. Lediglich He
haudlung eines Symptoms, der Dyspnoe, nicht aber der Lungen-
tuberkulosen GĂŒnstige Wirkung auf die Expektoration, die se-
kundÀren Infektionen, auf das Fieber in den FÀllen mit Misch
infektion, auf die NachtschweiĂe, die. Kehlkopftuberkulöse auf
(fe*n Angemeinzustand. v. S c h n i z e r
7. Januar 1922, 12. Nr 1
â Die Tuberkulose im Jahre td'28. L e r e h null e r. und Petit f.. l.
Uebej die Diagnostik der Tuberkulose durch direkte Aussaat dir
Expektorationsprodukte. Calmettc, A. 13.
Die tuberkulöse Pneumonie. Rist und Ameuille. M.
Die Unterbringung von SÀuglingen tuberkulöser Altern in Familien
Bcraard, L. 21.
SpÀtresultate der SÀnaitoriumsbehandJung. Burnand, t;.
Behandlung der HĂ€moptyse mit Extrakt des HypophysenhinterlAiMHins
P i s s a v y. 28.
âTrauma und chirurgische Tuberkulös
M a d i e r.
â 10.
Die tuberkulöse Pneumonie. Der PrimÀraffekt ist eine pneu-
monische LĂ€sion von einer gewissen Ausdehnung, der zurĂŒck-
gehen oder sich umbilden kann, man darf aber nicht jedesmal bei
einer solchen LÀsion von einer kÀsigen Pneumonie sprechen. Es
braucht auch keineswegs immer eine schwere LĂ€sion zu sein.
Dies gilt auch von den NachschĂŒben. Man darf ĂŒberhaupt die
Prognose nicht auf die QualitÀt der LÀsionen basieren und z. B.
den TrÀger einer Caverne deshalb aufgeben. Lediglich die Aus-
dehnung der LĂ€sion, das noch verbleibende intakte Lungen-
parenchym regelt die Prognose.
Trauma und chirurgische Tuberkulose. Abgesehen von
Wunden mit direkter Inokulation ist das Trauma so gut wie nie
der Erzeuger, in sehr seltenen FĂ€llen bestimmt es die Lokali-
sation. Viel hĂ€ufiger lĂ€Ăt .es eine schon bestehende latente
LĂ€sion zu Tage treten, die es dann immer verschlimmert. Unter
UmstÀnden von dort aus Autoinokulation
v. S c h n i z e r
Archives de Medicine des enfants, Paris.
November 1921, 24, Nr. 11.
âZwölf neue FĂ€lle vou infantilem Skorbut. Uomby. J. 649.
â Partielle Lungensklcrosen und Verlagerung des Herzens bei ausgebreiteten
Dungcnsklerosen. Duhem, P. 663.
Zwölf neue FÀlle von SÀuglingsskorbut. WÀhrend der Ver-
fasser in frĂŒheren Zeiten durchschnittlich 3 FĂ€lle von SĂ€uglings-
skorbut im Jahre zu sehen bekam, waren es deren in den Jahren
1919 und 1920 je 6. Die Diagnose wird meist nicht gestellt. Die
hÀufigste Erscheinung ist die durch Schmerzhaftigkeit vorge-
tÀuschte BeinlÀhmung, wÀhrend die Zahnfleischblutungen an
zweiter Stelle stehen. Die Schleimhautblutungen betreffen angeb-
lich mit Vorliebe den Oberkiefer. H. Vogt.
Umschriebene Lungenverdichtung und Verlagerung des
Herzens bei umfangreichen Lungenverdichtungen im Kindesalt »r.
Umschriebene Verdichtung des Lungengewebes infolge binde-
gewebiger Induration (sclerose) kann in der Hilusgegend vor-
kommen, ausgehend von verkĂ€sten DrĂŒsen. In anderen FĂ€llen sind
Lungenverdichtungen so angeordnet, daĂ sie von beiden Seiten des
Herzens her dem Zwerchfell entlang verlaufen (sclerose diaphrag-
matique). Dabei sieht man, daĂ die verdichteten Lungenabschnitte
der Bewegung des Zwerchfells bei der Atmung folgen, wÀhrend
bei Verwachsungen zwischen Zwerchfell und LungenunterflÀche
die Beweglichkeit des Zwerchfells aufgehoben ist. H. Vogt
Lyon Medical, Lyon.
10. November 1921, 130, Nr. 21
Tuberkulose der Prostata. G a y e t. 933.
25. November 1921, 130. Nr. 22.
Enzephalitis epidemica. B 6 r i e I . L. 981.
10. Dezember 1921, 130. Nr. 23.
âEnzephalitis epidemica. B e r i c 1 , L. 1032.
Die Bilanz der Encephalitis epidemica. 1. Die p a t h o 1 <>
gische Bilanz: Die Epidemie des Winters 1919/20 hat zahl-
reiche Opfer gefordert; man schÀtzt die MortalitÀt auf 30 Prozent.
Aber hier sind es mehr die Residuen der Erkrankung, die uns
beschÀftigen. Wenige Epidemien hinterlassen bei den Ueber
lebenden so deutliche Spuren, wobei es gleichgĂŒltig bleibt, ob die
Krankheil leicht oder schwer verlief. Uebereinstimmend wird
allseitig anerkannt, daĂ die postenzephalitischen Parkinsonschen
ZustÀnde die wichtigsten und hÀufigsten Folgeerscheinungen der
Epidemie darstellen. Sie sind vor allem gekennzeichnet durch
die RigiditĂ€t der Gesichts- und auch eines groĂen Teiles der
ĂŒbrigen Muskulatur bei ungestörtem Ablauf der intellektuellen
Funktionen. Dabei gibt es Abstufungen der IntensitÀt: von ein-
lacher Bewegungsverlangsamung ohne objektive Steifigkeit bis
â 10. Jahrg. â Nr. 5
Aas den neuesten Zeitschriften
185
zur RigiditÀt mii Ausbildung von Kontrakturen. Bevorzugl ist
das Gesicht, ĂŒberhaupl der Kopf Zu diesem Bild der Unbeweg-
lichkeil gesellt sich bisweilen Somnolenz, Asthenie, vasomotori
sehe Störungen, auch respiratorische Störungen, Schmerzen, Myo-
klonien können sich einstellen. Die Somnolenz bei Tage kann
von einer sehr hartnÀckigen Schlaflosigkeit bei Nachl begleitet
sein. Die Erschöpfung isi vorwiegend körperlich, kann aber
auch psychisch sein. Echte enzephalitiscbe Psychosen existieren
dagegen nicht. Das schlieĂt nicht ans, daĂ die Encephalitis ge
legentlich das auslösende Moment fĂŒr eine Psychose sein kann.
Nicht ganz selten sind Augenstörungen, die die akute Phase der
Encephalitis ĂŒberdauern können, aber eben so gut sicli erst Mo
nate lang spĂ€ter einstellen können. Ăeberblickt man die Ge-
samtheit der klinischen Beobachtungen aus den letzten beiden
Jahren, so ist man ĂŒberrascht ĂŒber das Fehlen jeglicher Banali-
tÀt. Statt Narben zw hinterlassen, die ihrerseits zu Folgekrank-
heiten fĂŒhren, nimmt die Encephalitis einen kontinuierlichen Ver-
lauf, immer den gleichen Charakter, nÀmlich den einer diffusen,
wenig destruktiven Erkrankung bewahrend.
Pathologisch-anatomisch zeigt sich die Krankheit als
entzĂŒndlicher ProzeĂ ohne SpezifitĂ€t, ohne absolute Lokalisation,
aber mit Bevorzugung gewisser Bezirke, z. B. der grauen Sub-
stanz der Hirnbasis und des Hirnstamms. Die Rinde kann im
allgemeinen als unverletzlich gelten; das deckt sich mit der kli-
nischen Beobachtung. Die Bestimmung des Ausgangspunktes ist
ein noch ungelöstes Problem. Desgleichen liegt die pathologi-
sche Anatomie der chronischen ZustÀnde noch ganz im Dunklen
und die bakteriologischen Ergebnisse sind noch völlig ungewiĂ.
Wir kennen weder die Natur, noch den Invasionsmodus, noch die
Entwicklung des Virus, noch wissen wir etwas ĂŒber seine Spe-
zifitÀt bzw. seine KontagiositÀt.
2. Die therapeutische Bilanz: Was die akuten
FĂ€lle anlangt, so ist die Immunisierung oder die Behandlung mit
Kekonvaleszentenserum heute wieder aufgegeben. Die Dar-
reichung von Urotropin oder die Erzeugung von Fixations-
abszessen ist in ihrer Wirkung nicht bewiesen und grĂŒndet sich
auf persönliche EindrĂŒcke. Trotzdem wird man diese Medikation
mangels einer besseren beibehalten und im ĂŒbrigen die ĂŒbliche
B eh'andluntrsweise infektiöser Erkrankungen zur Anwendung
bringen. FĂŒr die chronischen Formen hat man eine ganze Reihe
therapeutischer Hilfsmittel herangezogen; Verfasser resĂŒmiert
dieselben auf Grund persönlicher Versuche. Gegen Sera scheinen
sich die Kranken völlig refraktÀr zu verhalten. Zweifelhaft in
ihrem Erfolg ist die intravenöse Anwendung von Calcium chlora-
tum. Das Urotronin in Dosen von 0.5 â 1 g intravenös oder per
os erfreut sich allgemeiner WertschÀtzung, doch wird erst die
Zukunft lehren, ob das nicht nur eine Modesache ist. Störungen
von Seiten der Blase sind nicht ausgeschlossen. Das Novarseno-
l enzol ist ziemlich einstimmig als wertlos abgelehnt worden.
Von der Anwendung des Jods sah Verfasser keinerlei Erfolg:
Auch auf den Gebrauch von DrĂŒsenextrakten grĂŒndet er wenig
Hoffnung. Nur in den ganz speziellen mit Fettleibigkeit verbun-
denen FĂ€llen hatte Hvpophvsenextrakt eine deichte Wirkung.
Strvchnin erscheint absolut kontraindiziert wegen der Hyper-
tonie und der gesteigerten Reflexe. Rei asthenischen Patienten
mit normalen Sehnenreflexen und fehlender Muskeln »idilÀl
spiftlt Strvchnin in Dosen von 1 â 3 mg eine kleine palliative
Bolle. Chi oral und Onium sind wegen der Gefahr der Gewöhnung
zu vermeiden. Verona], Snlfonal usw. scheinen in unerwĂŒnschter
Weise auf das Allgemeinbefinden einzuwirken. Extr. BeHa-
donnae und Atronin erweisen sich als nĂŒtzlich infolge ihrer Se-
krelionsbeschrÀnknng, versagen aber in schweren FÀllen, weil
sie durch ihre austrocknende Wirkung der ErnÀhrung des V-
ken hinderlich sind. Die Alkaloide des Bilsenkrauts und der
NachtschattengewÀchse sind zur palliativen Behandlung wohl am
(geeignetsten, aber es handelt sich nur um vorĂŒbergehende un-
snezifische Wirkungen. Das Sconolamin ist viell^rM das nwi
wenigsten GefÀhrliche; der oft bemerkenswerte Effekt dauert
etwa 6â12 Stunden. Der Gebrauch von Curare und Cieulin ist
noch nicht genĂŒgend erprobt, um die Vorteile gegen die Nach-
teile abschÀtzen zu können.
Die Hvdrotheranie stiftet bei chronischen FĂ€llen wenig
Nutzen; dagegen ist die Heliotherapie ein wichtiger Faktor mehr
wegen d°r BegleitumstÀnde, als um einer spezifischen Heilwir-
I ung willen.
So sehen wir, daĂ trotz der FĂŒlle der zu Gebote siehenden
Littel kein ausgesprochen wirksames Heilmittel existiert. Wir
werden daher unser tlmra neutisch es Mandeln immer nur nach
dem individuellen KrankheitsbiTde, nach der Beschaffenheil der
Symptomen komplexe einrichten können
K. Held (Berlin).
Archives des Maladies de l'Appareil digestif, Paris.
Band XI, Nr. <>.
âą{âŠIdiopathische Erweiterung rtet Speiseröhre. 0 c 1 1 1 n ge r , W, und
c a ii a llero, i(. V. .-»in.
I>ir GHykĂ€mle beim MaunniteschwUr und beim Magenkrebs. Lenoir. Pâ
de F o s scy, M. und R I c h o t . 0. 89S.
Abdominale Arterioekler nd Weaenft rlalthrombo»c, M h rt I nci,
F. F. 400.
Idiopathische Erweiterung der Speiseröhre. Diese Erkrankung
ist nicht selten, man denkt aber zu wenig an sie. Man findet keine
Hypertrophie der Kardia. Die Speiseröhre ist nicht nur erweitert,
sie ist auch verlÀngert. Die Mukosa derselben kann hyper-
trophisch sein; diese Erscheinung kann aber auch fehlen. Verf.
glauben, daĂ es sich um eine kongenitale MiĂbildung Ă€hnlich der
Hirschprung'schcn Krankheit handelt. Es gibt keine Therapie.
Vielleicht wÀre eine Anastomose zwischen Magen und unterem Ab-
schnitt der Speiseröhre zu versuchen. K o b p m a n n (Haag .
The Journal of the American Medical Association, Chicago.
10. Dezember 1921, 77, Nr. 24.
Behandlung von Hirntumoren. T> a n il y , YV. E. l*."">:f.
âŠAnwendung von Chlorhatriiuns bei Kopfschmerz. II u ix Ii B <i n . W. ls.'jfl.
Arthroplastisehe Operat'onen. B s I ihv i n . W. J. k860.
âąJj-Serumtherapie d r bazillĂ€ren Dysenterie heim Kinde. Josephs, H. W
und D a v i s ii n . W. C. 1863.
-^Arzneimittel aus der Digitalis-Reihe. .\[ a r v i n . H. M. und W Ii i t e . P. 1).
1865.
Arthrodese mitt ls Knoclienspau in der Behandlung des PlattfuĂes. Soul e ,
R. E. 1871.
Lunge ngangrÀn durch SpirochÀten. K I i n e . B. s. mit.
FollikulÀre Cyste. W e. n k e r R. .7. im77.
Kiefertumoren. P e t t i t , J. A. 18.81.
Aetiologio. Pathologie und Behandlung der Kiefercystfce». Dorranee,
G. M. 1883.
Fall von SchÀilellcankvnid und Fall von Enzephalitis nach Extraktion cives
Zahnes mit Infektion an d;>r Wurzel. Potts. H. A. I88.r).
Verabreichung von Kochsalz gegen Kopfsehmerzen. Gewisse
Arten von Kopfschmerzen hÀngen wohl zweifellos mit einer Zu-
nahme des intrakraniellen Druckes zusammen, deren Ursache
bisher noch ungeklĂ€rt ist. Nachdem andere Autoren fanden, daĂ
durch intravenöse Kochsalzinfusionen der intrakranielle Druck
sinkt, wiesen Cushing und Foley das gleiche bei innerlicher
Verabreichung nach. Hand in Hand mit der Abnahme des Druckes
wurde hÀufig eine solche der Kopfschmerzen beobachtet. Natur-
gemÀà war die Zufuhr gröĂerer Kochsalzmengen in gelöster
Form per os mit gewissen Unannehmlichkeiten verbunden, wes-
halb Verf. Versuche mit Tabletten machte, die 1 g Kochsalz ent-
halten und erst im DĂŒnndarm zur Lösung kommen. In leichten
FĂ€llen wurden 8 â 10 Tabletten in ZwischenrĂ€umen von 5 Minuten
gegeben, in schwereren gab Verf. 15 und mehr. Er glaubt, daĂ
in einer Reihe von FĂ€llen diese Medikation sehr gĂŒnstig wirkt
und daĂ sie auch differential-diagnostisch insofern von Wert ist,
daĂ man die durch Steigerung des intrakraniellen Drucks be-
dingten Kopfschmerzen . von denen anderer Aetiologie differen-
zieren kann.
Serumtherapic bei Bazillenruhr bei Kindern. Verff. berichten
ĂŒber ihre Erfahrungen mit Antidysenterieserum bei einer Reihe
von FĂ€llen von Shiga- und Flexner-Ruhr. Die Kinder wurden
mit tÀglichen, teils intramuskulÀren, teils intravenösen Injektionen
von 20â50 cem Serum behandelt, die immer gut vertragen wur-
den. Einen Einfluà auf den Krankheilsverlauf oder die MortalitÀt
sahen Verff. nicht.
Klinische Stadien ĂŒber Drogen der Digitalisgruppc. Verff.
prĂŒften in FĂ€llen von Herzfehlern mit Vorhofflimmern die Wir-
kung von Apocynum cannabium und von Konvallaria. Apocynum-
liuidextrakt wurde in Dosen von 0,1 cem je 13,6 kg Körper-
gewicht 3 mal tÀglich gegeben. Die Verabreichung löste bei fast
allen Patienten erhebliches Erbrechen aus. Die diuretische Wir-
kung war recht gut/ zuweilen traten nicht unbetrÀchtliche Durch-
fÀlle auf. Einen wesentlichen Einfluà auf den Blutdruck konnten
Verff. nicht beobachten, dagegen eine gewisse Zunahme der Vital-
kapazitÀt. Fluidextrakt von Konvallaria wurde in Dosen von
5,0 cem, zuweilen auch von 10,0 cem 3 mal tÀglich verabreicht.
Die emetische Wirkung war nicht so krÀftig wie bei Apocynum.
Die Wirkung auf das Herz war bereits 24 Stunden nach Aus-
setzen des Medikamentes aufgehoben. Unangenehm war auch
hier wieder das Auftreten von DurchfÀllen. Zusammenfassend
kann gesagt werden, daĂ beide Drogen Digitalis in keiner Weise
ersetzen können. KÀckell (Hamburg).
136
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 5
17. Dezember 1921, 77, Nr. 25.
ImmunitÀt. Hektoeti, L. 1935.
Osteomyelitis der Beckenknochen, G e i s t E. S. 1939.
â KinderlĂ€hmung. Lovett. R. W. 194t.
Lokale und allgemeine Serumbehandlung des Haut- Anthrax. K e g ;i n . 3. G.
1944.
Speise-Infektionen. Rosenau. M. J. und WeiĂ. H. 1948.
âŠJ»Konektion von angeborenem Wolfsrachen und Hasenscharte. Moore-
h e a d , F. B. 1951.
Hasenscharten-Operation in Beziehuug zur Nase. B r o w n . G. V. J. 1951.
Plastische Chirurgie der Lippe. K a z a h j i a n . H. 1959.
Erwachsener mit totaler Phoeomelie. O'Biicu, H. R. und M u s t a r d .
H. X. 1964.
âKultivierung von Rickettsia-Ă€hnlichen Körpern bei Typhus. I, 0 c w e . 1...
Ritter. S. und Baehr. G. 1967.
Poliomyelitis im 3. Jahre. Bericht ĂŒber den Verlauf der
poliomyelitischen LĂ€hmungen in 180 FĂ€llen, die Verf. 3 Jahre
lang behandeln und regelmĂ€Ăig nachprĂŒfen konnte. Danach ist
Grundbedingung fĂŒr möglichst weitgehende Besserung die jetzt
ja ĂŒberall gehandhabte intensive Bewegungstherapie, Massage und
Elektrisierung. In der Begel wird in den ersten Wochen nach
der Erkrankung bedeutende Besserung beobachtet, die bis gegen
Ende des 2. Jahres andauert, wenn auch die Fortschritte in der
spÀteren Zeit nicht mehr so augenfÀllige sind. Prognostisch am
gĂŒnstigsten waren in dem Material des Verf. LĂ€hmungen der
RĂŒcken- und Nackenmuskulatur, dann folgten die der Arme,
wÀhrend die LÀhmungen der Abdominalmuskeln sich wesentlich
schwerer zurĂŒckbildeten. Am ungĂŒnstigsten verliefen die LĂ€h-
munsen der Beinmuskeln und zwar immer schlechter in Richtung
auf die FĂŒĂe. Am Ende des 2. Jahres kommt der HeilungsprozeĂ
in ein stationÀres Stadium. Noch nicht wesentlich gebesserte
Muskelgruppen geben dann Veranlassung zu schweren Kontrak-
tionsstellungen und damit zu DeformitÀten, die ohne operativen
Eingriff kaum noch gebessert werden können.
Behandlung von angeborener Hasenscharte und Wolfsrachen.
Die Hasenschartenoperationen sollten nicht vor der 0 â 10. Lebens-
woche ausgefĂŒhrt werden, Grundbedingung -ist auch dann ein
ladelloser Allgemeinzustand. Der Chirurg sollte lediglich die
Operation ausfĂŒhren, die Nachbehandlung aber, die ja in erster
Linie in sachgemĂ€Ăer ErnĂ€hrung besteht, dem Kinderarzt ĂŒber-
lassen. Die ErnÀhrung erfolgt tunlichst nicht mit dem Sauger,
um ein AufreiĂen der NĂ€hte durch den Saugakt zu verhindern.
Die WundflÀchen beluofl Verf. in den ersten Tagen nach der
Operation 1 â 2 mal tĂ€glich mit .r>0 Prozent Alkohol und beginnt
schon am Ii. Tage mit dem Entfernen einzelner FĂ€den, so daĂ
diese am 7. â 8. Tage alle entfernt sind. Die SchlieĂung des
Wolfrachens erfolgt in spĂ€terer Zeit. Verf. fĂŒhrt sie am liebsten
im 12. â 15. Monat aus
ZĂŒchtung von Rickettsia-Ă€hnlichen Gebilden bei Typhus. In
einer frĂŒheren Arbeit haben die Verff. ĂŒber anaerobe, gramDO-
sitive Bazillen berichtet, die sie aus dem Blute Typhuskranker
hatten zĂŒchten können. Sie haben nun bei einer Reihe von
Typhuskranken Gebilde gezĂŒchtet, die sich wesentlich von dem
von Plötz gefundenen Bazillus unterscheiden, so daà zwischen
diesen beiden keine Beziehungen bestehen dĂŒrften, wie Verff. ur-
snrĂŒnulich angenommen hatten. Nach Giemsa gefĂ€rbt, zeieten
die Gebilde rote FÀrbung, sie sind gramnegaliv und mit gewöhn-
lichen Anilinfarben nur sehr schwer fÀrbbar. Im Glukoseascites
bilden sie keine SĂ€ure im Gegensatz zum Plolz' sehen Organismus.
Ob Beziehungen /.wischen den von den Verff. gefundenen Orga-
nismen und den Prowazek'schen Rickettsien bestehen ist noch
nicht erwiesen. Desgl. kann ĂŒber die Art der Gebilde, ob Bnkte
i ten oder Protozoen, noch nichts gesagt werden. Die ZĂŒchtung
wurde in AszitesflĂŒssigkeit (10 cem), in der ein StĂŒckchen Mer-
sch weinchenleber Liegt, vorgenommen. Nach Beimpfuna mit einigen
Tropfen Patientenblul wurde 2 Prozent Dextrosebouillon zuge-
fĂŒgt und das ganze mit Petroleum ĂŒberschichtet und so eine
Aiiaerobiose hergestellt. Nach dieser Methode gelang es, die Or
canismen auch aus dem Gehirn und der Leber von vorher mit
Tvnhusba zillen infizierten Meerschweinchen zu gewinnen. Bis zu
7 Generationen wurden sie ohne Tierpassaar durch einfache
Ueberimpfung gezĂŒchtet. Die Organismen sind nicht filtrierbar
und waren noch in der 4. Generalion tiernathogen. Wurden ein
oder mehrere Kubikzentimeter der KultĂŒrflĂŒssigkeit Meer-
schweinchen intraperitoneal iniiziert, so entwickelt^ sich nach
Ă â 8 Tagen Fieber, das "> â 10 Tage anhielt. Inkubationszeit und
Fieberkurve erinnern sehr an Befunde, die man nach Injektion
von Blul Typhuskranker bei Meerschweinchen erheben konnte.
Bei der Tiersektion fand sich neben einer Milzschwellung noch
eine solche der Malpighi'schen Körperchen und GehirnlÀsionen
die wiederum denen bei Typhuskranken gefundenen sehr Àhnelten.
Typhusimmune Tiere reagierten nicht auf die Injektionen.
K Àck eil ''Hamburg).
New York Medical Journal, New York.
7. Dezember 1921, 114, Nr. 11.
Ext.riktiou von Fremdkörpern mit Hilfe der Bronchoskopie kompliziert durch
Pyopneumothorax. Lyn. all, II. L. 017.
Mukozele der Nasennebenhöhlen. Dabney. V. ki9.
Behandlung rezidivierender Pleuritis mit Sauerstoff-Injekt.-onen. M R e
F a rhinc, A. 623.
â Atmungsgymnastik. K o u i n d ,j y . P. 627.
Aspergillosis und Pseudotuberkulose der Lunge. 1. a p e n t ;. . V. A. 629.
ââ Udhandlung der l.ungcnhĂ€morrhagien. S e h w a t t . H. 631.
âŠÂ«Â«âąSymptomatologie und Diagnose der TracheobronchialdrUsentuberkulose.
Frisch m a n . L. 634.
Larynx-Tuberkulose. Cohen. S. 636.
Enukleation der Tonsillen. AI e d i n g . 638.
PeritonsillÀrer Abszeà und seine RadikalbehÀndlung. Hell e r . I. M. 612.
âTonsillĂ€res und adenoides Gewebe unter Riintginlieliaiullung. Herrin a KU.
W. G. 646.
Tonsilleii-ScliilddrĂŒsen-Syndrom. B Ă€ r a c h , .1. II. 61s.
âDie erkrankten Tonsillen. I t t e 1 s o n . M. S. 619.
â Influenza als primĂ€res Ocldcm der respiratorischen SchleimhĂ€ute B r e n u e r.
J. M. 651.
Symptomatologie der Influenza. 1! e g a n . .1. ('. 0.'>6.
Atemgymnastik und körperliehe Ausbildung. Verfasser be-
tont die grundlegende Bedeutung exakter AtemĂŒbungen bei jeder
Art körperlicher Ausbildung zur Erzielung einer Erweiterung
des Brustkorbes, VergröĂerung der AtemflĂ€che und besseren
Saucrsto ^Versorgung des Blutes. Die Atemgymnastik hat in
erster Linie die Ausbildung der aktiv tĂ€tigen tnspirationsmĂŒskeln
zu berĂŒcksichtigen. Die Anwendung von Spirometern empfiehlt
sich nicht. Sie können nur der Kontrolle des erzielten Erfolges
dienern, aber nicht als Hilfsmittel der Atemgymnastik. Grundsatz
jeder Alemtechnik muĂ sein, daĂ die AtemĂŒbungen mit Aufbietung
der Willenskraft ausgefĂŒhrt werden, daĂ sie tiefe Inspirationen
hervorrufen und rein nasal sind.
Praktische Gesichtspunkte Ihm der Behandlung der Lungen-
blutung. Die Behandlung einer Lungenblutung muĂ aufgebaut
sein auf der Erfahrung, daĂ nur ganz selten eine HĂ€moptoe un-
mittelbar tödlich verlĂ€uft, da Ii in der ĂŒberwiegenden Mehrzahl
der FĂ€lle Selbstheilung eintritl du i ch Verminderung des Blut-
drucks, Steigerung der GerinnungsfÀhigkeit des Blutes. Kontrak-
tion der GefĂ€Ăe und Thrombosierung. Die ungestörten KrĂ€fte der
Natur sind wirksamer und schaden weniger als irgend eine
medikamentöse Therapie. Die klassische Behandlungsmethode
mit absoluter Ruhigstellung des Patienten in streng horizontaler
Lage und die Verordnung von Morphium werden abgelehnt, emp-
fohlen dagegen halbsitzende Lagerung und Kodein. Heroin oder
I »ionin Das wirksamste Mittel, eine schwere HÀmoptoe zum
Stehen zu bringen, besteht in dem kĂŒnstlichen Kollaps der bluten-
den Lunge durch Anlegung eines Pneumothorax.
Die Bedeutung der trackeobrönchialen LymphdrĂŒsentuber-
kulose und ihre Diagnose. Bei SĂ€uglingen und Kindern geht die
Lungentuberkulose mit einer VergröĂerung und VerkĂ€sung der
IracheĂ€len und bronchialen LymphdrĂŒsen einher. Im Gegensatz
zum Erwachsenen ist eine Lokalisierung des Prozesses auf die
Lungenspitzen selten; es besteht wenig Neigung zur fibrösen Ein-
kapselĂŒng und Kavernenbildung. In frĂŒher Kindheil verlĂ€uft eine
Herdluberkulose meist tödlich, wÀhrend nach dem 18. Lebens-
jahre kaum ein Individuum von einer solchen verschont ist. Nach
dem 10. Lebensjahre ist eine tödliche Tuberkulose mit wenigen
Ausnahmen apikalen Ursprungs. Eine Spilzenluberkulose nach
bereits durchgemachter Herderkrankung verlÀuft meist chronisch,
wird latent oder heilt aus. Zur Feststellung tracheobronchialer
LymphdrĂŒsen wird die PrĂŒfung der Zeichen von de la Camp, Pe-
Iruschky. d'Espine und Eustace Smith (VenengerĂ€usch ĂŒber dem
oberen Teil des Brustbeins bei ĂŒberstreckler Kopfhaltung' emp-
fohlen.
Röntgenbestrahlung von Tonsillen und adenoidem Gewebe.
GĂŒnstige Erfolge bei der Behandlung erkrankter Tonsillen und
adenoider Gewebsschwellungen mittels Röntgenstrahlen, be-
stehend objektiv in einer Almahme der Schleimhautschwellung
und des fibroiden Gewebes, im Verschwinden des Kryptehinhaltes
und in Körpergewichtszunahme, subjektiv in einer Besserung des
Appetits und geringerer AnfÀlligkeit gegen ErkÀltung. Es wurde
in zweiwöchentlichen Pausen die (legend zwischen auĂerein Ge-
hörgang und Zungenbein in einer Ausdehnung von 5â7 cm im
Durchmesser durch 3 mm Aluminiumfilter mit etwa ein Drittel
âą10. Jahrg. â Nr. 5
Aus den n e u e s l e n Zeitschriften
U7
Erythemdosis in 2f> cm Hautabstand bestrahlt. Die Bestrahlungs
datier wechselte je mich dem Alter des Kindes und dem Silz der
Tonsillen, Im Durchschnitt genĂŒgten (> 8 Bestrahlungen.
Die erkrankte Tonsille. Verfasser warnt vor . Ueberlreibun-
gen in der heute weitverbreiteten Neigung, pathologisch verÀn
rterte Tonsillen als Ursache der verschiedensten Organ- und
Systemerkrankungen anzusehen, da im Gegenteil die Tonsillen
hÀulig sekundÀr infolge von Alkoholismus, Verstopfung, l'roleiu-
verghtung, Gicht, Rheumatismus und Àhnlichen Affektionen er-
krankt sein können. EntschlieĂt man sich zur Operation, so sind
neben den Tonsillen auch die infizierten Lymphknoten der Um-
gebung radikal mit der Kapsel zu entfernen.
[nfluenza als primÀres Gedern der Respirationsschleimhaui
und ihrer Adnexe. Verfasser vertritt die Anschauung, daĂ die
Infektionserreger der Influenza wie an der Uvula und der
Rachenschleimhaut, so auch im Respirationstraktus, im Darm und
Genirn ein primÀres Oedem des Zellprotoplasmas hervorrufen,
das in der Lunge zu einer hochgradigen Flussigkeitsansammlung
und zu einer Form von Pneumonie fĂŒhrt, die vom Verlasser als
,,gelntinös" bezeichnet wird und ein ganz anderes Bild darbietet
als die Bronchopneumonie. Das Ziel der Therapie muĂ daher
die Beseitigung dieses Oedems mittels diaphoretischer, diureti-
scher und purgierender Ăiittel und eine Steigerung der Blutkon-
zentration sein. Verfasser empfiehlt absolute Bettruhe, Salizyl-
prĂ€parate, Koffein, Kodein und Hautreize auf die Brust fĂŒr die
Dauer von 15 â 20 .Minuten alle 1 Stunden.
S l a d e 1 m a n n (F rankfurt a. M. ).
Bulletin of the Johns- Hopkins Hospital, Baltimore.
Dezember 1921, 32, Nr. 370.
"^Experimentelle Impfling mit virulenten IWphthei'ieliazillen. fr u t h r i e . C G..
Mar sli all, fi. C. und Hots, W. L. 369.
HĂ€molytische Influenzabazillen. Bloom ficld A. I.. 378.
â Experimentelle Studien Uber Hydrozephalie. Nanagas, J. (.'. 381.
Sulphbaemoglobinaemie. Masou, V. R und Oonroy, F. 1). 391.
Studien ĂŒber die Muskulatur der reifen Graafschen Follikel. G u 1 1 -
m r c h e r , M. ,S. und Guttm acher, A. F. 394.
Experimentelle Uebertragung virulenter Diphtheriebazillen
auf die menschliche Rachenscnleimhaut. Durch frĂŒhere Arbeiten
war von den Verfassern nachgewiesen worden, daĂ es gelingt,
durch Verreiben einer Aufschwemmung von fĂŒr Meerschweinchen
avirulenten Diphtheriebazillen auf die menschliche Bachen-
schleimhaut die betreffenden Personen zu BazillentrÀgern zu
machen; von diesen Versuchspersonen erkrankte keine an kli-
nischer Diphtherie, noch traten Erkrankungen bei ihren Haus
genossen auf. Auf Grund dieser Ergebnisse schlössen die Verff.,
tiaĂ die im Meerschweinchenversuch nachgewiesene Avirulcnz
auch fĂŒr den mens« Wichen Organismus fehlende Virulenz be-
deutet. In Fortsetzung dieser Versuche unterwarfen die Verff,
S sich freiwillig zur VerfĂŒgung stellende Personen (Mitglieder
des Instituts) der Uebertragung virulenter Bazillen auf die
Rachenschleimhaut, michdem durch wiederholte. Untersuchungen
festgestellt war, daĂ die beireffenden Individuen, die bereits fĂŒr
die frĂŒheren Versuche mit avirulenten Bazillen verwendet wor-
den waren, nicht mehr BazillentrÀger waren. Bei den Versuchs-
personen wurde zur Feststellung des ImmunitÀtszustandes die
Schick'sche Reaktion angestellt, zwei Versuchspersonen erhielten
vor . der kĂŒnstlichen Infektion je 1000 Einheiten Diphtherieanti-
toxin. Es wrurden nun infolge einer einmaligen Uebertragung 7
von den 8 Personen zu BazillentrÀgern, und zwar konnten die
Bazillen in einem Falle bis zu 72 Tagen nachgewiesen werden:
auch nach dieser Zeit zeigten die durch Rachenabstrich gewonne-
nen Bazillen keinerlei VerÀnderungen in bezug auf FÀrbbarkeil,
kulturelles Verhalten und Virulenz im Tierversuch. Aus den
Versuchen geht ferner hervor, daà die nach Schick feststellbar«
natĂŒrliche ImmunitĂ€t gegen Diphtherie keinen Schutz gegen die
Ansiedlung von Diphtheriebazillen im Hachen bietet. Die einzige
Versuchsperson, bei der es nicht zur Bazillenansiedlung kam,
halle eine prophylaktische Seruminjektipn erhalten; jedoch lassen
sich auf Grund dieses einen Falles keinerlei SchlĂŒsse auf die
Bazillenansiedlung hintanhaltende Wirkung des Serums ziehen.
Vier Versuchspersonen zeigten nach Schick natĂŒrliche ImmunitĂ€t;
diese blieben nach der kĂŒnstlichen Infektion von klinischer Diph-
therie verschont, wĂ€hrend die ĂŒbrigen 4, die eine positive Schick -
sche Reaktion ergaben, sÀmtlich an typischer Diphtherie er-
krankten. Eben so wehig wie bei der frĂŒheren Versuchsreihe mit
avirulenten Bazillen, kam es bei diesen Versuchen zu Erkrankun-
gen an Diphtherie bei den Hausgenossen der Versuchspersonen.
Auf Grund dieser Tatsache sind die Verfasser der Ansicht daĂ
BazillentrÀger nur in einer recht geringen Zahl von l allen die
Ursache von Erkrankungen an Diphtherie sind im ĂŒbrigen be-
rechtigen die Versuche zu der Annahme, daĂ die VirulenzprĂŒfung
im MeerscKweinchenversuch bindende RĂŒckschlĂŒsse au! die Viru
lenz fĂŒr den menschlichen Organismus gestattet.
Experimentelle Untersuchungen ĂŒber Hydrocephalus. Durch
Injektion einer Aufschwemmung von KohlenruĂ in physiologi-
scher Kochsalzlösung in die Seitenventrikel oder in den Sub-
arachnoidealraum durch das ligamentum atlanto-occipitale rjach
oiher von vyeed angegebenen Methode) wurde bei jungen Katzen
(in typischer Hydrocephalus internus hervorgerufen. Der Druck
des Liquors innerhalb des erweiterten Seitenventrikels wurde
durch Punktion dieses Hohlraumes an der sutura Ironto-parie-
talis bestimmt; er ĂŒbertraf den entsprechenden Druck bei nor-
malen Tieren um etwa 50 mm. Nach intravenöser Injektion einer
stark hypertonischen Kochsalzlösung erfolgt nach kurzer an
lÀnglicher Drucksteigerung eine schnelle Senkung des Liquor
druckes, wobei es sogar zu negativen Werten kommen kann,
dieser Erscheinung dĂŒrfte eine vermehrte Resorption von Liquor
zugrunde liegen. Umgekehrt bewirkt intravenöse Injektion hypo-
tonischer FlĂŒssigkeit (destilliertes Wasser) prompt eine be-
trĂ€chtliche Drucksteigerung als Folge vermehrter FlĂŒssigkeil s-
ahscheidung in dem erweiterten Hohlraum. Es wurde ferner die
Frage studiert, auf welchem Wege die Resorption stattfindet: zu
diesem Zwecke wurde nach Ablassen des Liquors Ferrocyankali
und Eisenammoniumzitrat in isoionischer Lösung in den Seiten-
ventrikel injiziert, einige Stunden spÀter wurde das Tier getötet,
worauf in die Aorta eine 10 prozenlige Formalinlösung mit Zu
satz von 1 Prozent HCl eingespritzt wurde. Auf diese Weise
werden die Resorptionswege des Liquors im histologischen Bilde
an den NiederschlÀgen von Berlinerblau kenntlich. Es zeigte
sich, daĂ die Resorption durch das Ependym hindurch in das
darunter liegende Kapillarnetz erfolgt, wÀhrend eine Resorption
durch die Plexus chorioidoi nicht nachweisbar ist. FĂŒr das
normale Tier scheint die Resorption aus dem Ventrikelsystem
keine nennenswerte Rolle zu spielen. Wolff (Hamburg).
The Boston Medical and Surgical Journal, Boston.
1. Dezember 1921, 185, Nr. 22.
W h i t e , V. n..
C. J.. Davidoff
De Wirkung des Chinin-Sulfats hei Herzkrankheiten.
M o r v i n , H. M. und BarweĂŒ, C. S. 647.
Selbstmord, Ursachen. Ring. A. II. 650.
Steinbildung in der Appendix. P a c k a r d , H. 656.
ZellzÀhlung in der .SpinalfliKsigkeit. (' a m p Ii e
I,. M. und ©rabfield; c. l\ 657.
Bronchialasthma. Stau a f i e t d , H. 659.
Wiederkehrender spontaner Pneumothorax. M o r r i s o n . II «59.
8 Dezember 1921, 185, Nr. 23
Osteitis Eibrosa. 1* a i n t e r , 0. F. 677.
âŠMlĂŒftfrakturen. Moore. <i. A. 683.
Infektion des Latevalsinus. Tobey Ii. L. 68K.
Ifospitalisation der syphilitischen Patienten. G-'oodman, II. 694.
HĂŒtt-Frakturen. Es wird von den meisten Chirurgen zuge-
geben, daĂ die Frakturen, die den Troch. ma betreffen, unter alten
UmstÀnden mit knöcherner Vereinigung heilen; es hÀngt damit
zusammen, daĂ bei diesem Typ die Blutversorgung des proxi-
malen Fragments wenig gestört ist. Bei jugendlichen Individuen
heilen auch die intracapsulĂ€ren BrĂŒche gut aus; schwierig ge-
staltet sich dagegen die Behandlung der HĂŒftfrakturen bei Per-
sonen in vorgerĂŒckten Lebensjahren.
Nach Einrichtung des Bruches ist die Erhaltung der Stellung
der BruchslĂŒcke dasjenige, was jegliche Behandlungsweise anzu-
streben hat. Unter der Voraussetzung, daĂ Immobilisierung der
Fragmente nach erfolgler anatomischer Beposilion die ideale
Vorbedingung fĂŒr die knöcherne Vereinigung bietet, ist jede Be-
handlung, die diese Anforderungen nicht erfĂŒllt, abzutun. Die
bisher geĂŒbten Methoden, die das Bein in eine Ebene mit dem
Becken bringen, zwingen den Pal. in eine liegende Stellung, die
bei alten Leuten auf die Dauer zu unangenehmen Komplikationen
fĂŒhren kann. Verf. hat daher den Versuch gemacht, das Bein
in sitzender Stellung im Gipsverband zu fixieren. Der Ober-
schenkel steht im rechten Winkel zum Rumpf, der Unterschenkel
im rechten Winkel zum Oberschenkel, beide Beine werden so weit
wie m'öglich abduziert; in dieser Stellung wird ein Gipsverband
vom Rippenrand bis zur Wade angelegt. Auf diese Wreise ist es
dem Pat. möglich, seine Rekonvaleszenz im Rollstuhl zu ver-
bringen, was bei Pat. jenseits der sechzig ungemein wichtig ist
138
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 5
und die Sterblichkeit herabsetzt. Nachdem sich öfters Oedeme an
FuĂ und Unterschenkel zeigten, ist Verf. dazu ĂŒbergegangen, den
Gipsverband auf das gesunde Bein auszudehnen. Gelenkverstei-
fung und Kontrakturen sah Verf. unter 42 so behandelten FĂ€llen
nur einmal. K. Held (Berlin).
1."). Dezember 1921, 185, Nr. 24.
Chirurgische Behandlung des chronischen Magenulkus. Cheever, D
707.
Gastro- je/un&I-Ulcus. Lampson, E. K. 112.
â ^HĂ€morrhagische Osteomyelitis. Arnold, E. H. 717.
Haemorrhagisehe Osteomyelitis. Die Erkrankung ist nicht
besonders hĂ€ufig, was aber vielleicht damit zusammenhĂ€ngt, daĂ
sie subjektiv symptomlos verlÀuft und daher undiagnostiziert
bleibt. Die Bevorzugung des spongiösen Knochens erklÀrt ihr
\ orkommen in der Kindheit und jugendlichem Alter; ihr Ur
sprung ist traumatisch. Diese Tatsachen sowie das Fehlen eines
ausgesprochenen Schmerzes, einer BewegungsbeschrÀnkung oder
eines Muskelspasmus, die lange Dauer ohne Verschlimmerungen
oder Metastasen fĂŒhren zur Diagnosenstellung. Der Röntgen-
befund ist charakteristisch genug, um die tastende klinische
Diagnose zu stĂŒtzen. Verf. gibt ausfĂŒhrlich den pathologisch
anatomischen Befund und grenzt das Krankheitsbild differenlial-
diagnoslisch gegen Sarkom und Knochentuberkulose ab. Die
Behandlung besteht in einer grĂŒndlichen Ausschabung der Höhle
nach Eröffnung derselben durch die Corticalis hindurch. Naht
des Periosts und der Haut, fixierender Verbard bis das Röntgen-
bild eine völlige Consolidierung aufweist. Die Prognose ist
durchweg gĂŒnstig. Mitteilung einschlĂ€giger FĂ€lle unter Bei-
gabe der jeweiligen Röntgenbefunde. K. Held (Berlin1.
Archives of Pediatrics, New York-London.
November 4921, 38, Nr. 11.
âąÂ«âŠPneumokokken-Peritonitis. II e i m a n n . 11. G77.
Jaksche AuÀmie. H 0 r w i t t , S. G85.
SÀuglingsspitÀler. S h a w , H. L. K. 697.
Unterricht in der PĂ€diatrie. Abt. J. A. 7iu.
Unterricht in der Deutung von Laboratoriumsproben. L e v i n s 0 n , A. 724.
Die Kinderklinik der Zukunft. W i 1 e . J. S. 727.
Paroxysmale Leibschmerzen und Anorexie. Kerl e y . C. G. und Lorenz,
E. J. 734.
Fricdreichsche Ataxie. Graves, (i. W. 737.
Lipodystrophie. 1 r 0 ing, <i. K. 743.
Pneumokokkenperitonitis im SĂ€uglings- und Kleinkindesalter.
In den letzten 5 Jahren sah Verfasser unter 125 FĂ€llen von allge-
meiner Peritonitis 15, in denen der Pneumokokkus nachgewiesen
werden konnte. 7 Patienten waren jĂŒnger als 5 Jahre, 7 standen
im Alter von 5â10 Jahren, einer war 14 Jahre alt. Das weib-
liche Geschlecht ĂŒberwog mit 13 FĂ€llen das mĂ€nnliche, eine Be-
obachtung, die auch von anderen Autoren gemacht wurde. Ueber
den Infektionsmodus besteht noch keine völlige Klarheit. Man
kann wohl sicher annehmen, daà die sekundÀren, im Anschluà an
Pneumokokkeninfektionen anderer Organe auftretenden Peritoni-
Siden, hÀmatogen entstehen. Das pathologisch-anatomische Bild
ist durch fibrinöse Auflagerungen des Peritoneums und der Darm-
schleimhaut charakterisiert. Der Eiter ist gelb-grĂŒnlich, geruch-
los und enthÀlt Fibrinflocken. Einzelne FÀlle neigen zur Bildung
von abgekapselten Abszessen. Verfasser legte in 8 FĂ€llen Blut-
kunuren an und konnte 5 mal Pneumokokken zĂŒchten. Das Blut-
bild war uncharakteristisch. 4 mal bestand keine Leukozytose,
die anderen FĂ€lle zeigten teilweise erhebliche Vermehrung der
weiĂen Blutkörperchen. Die klinische Diagnose ist nicht immer
ganz einfach. In 4 FĂ€llen punktierte Verfasser mit gutem Er-
folg. Die Sterblichkeitsquote ist eine recht groĂe, im vorliegen-
den Material betrug sie 8ö Prozent. Von der therapeutischen An-
wendung des Antipneumokokkenserums sah Verfasser nichts, er
rÀt, abzuwarten, ob sich Abkapselungen bilden und dann operativ
vorzugehen. KĂ€ckell (Hamburg).
Endocrinology, Los Angeles.
November 1921, 5, Nr. 6.
âŠÂ«â âŠKlinische Untersuchung ĂŒber einen Fall von Basedowscher Krankheit mit
schneller Besserung nach oraler Verabreichung von frischen Neben-
nierenrindf n von Rindern. Shapiro, S. und Marine. D. 699.
tftTestesĂŒberpflanzungen. 8 t a n 1 e y , L. L. 708.
Die Wichtigkeit einer plastischen Darstellung einwandfreier wissenschaft-
licher Daten und ihre Anwendung auf die KĂŒrperzellen uud deren
chemischen Aufbau aus dem strömenden Blute. Luden, G. 715.
Einige neue Reflexe nach der Heizung der Lebernerven. C a n n 0 n , SV. B,
U r i d i 1 , J. E., und Griftith, F. E. 72».
âDie neueren Ausehauuugeu ĂŒber die Morphologie der Thymus uud ihr Ein-
fluĂ auf das Problem der Thymusfunktion. H a m ni a r . J. A. 731.
Experimenteller Diabetes insipidus und Genitahitrophie. B a ily P uud
Bremer, F. 761.
Exstirpatiou und Transplantation von ThymusdrĂŒsen bei Larven von raua
sylvatica. H 0 s k i n s , M. M. 763.
Organotherapie in FĂ€llen von niedrigem Blutdruck. II 0 x i e . G. H. 773.
Klinische Untersuchung eines Falles von Basedowscher
Krankheit. Der untersuchte Fall weicht von dem klassischen
Krankheitsbilde durch periodisch auftretende Temperaturer-
höhungen, einen sehr niedrigen Blutdruck, HauthÀmorrhagien
(.Purpura) mit verlÀngerter Blutgerinnungszeit, Zahnileisch-
Ulutungen und unregelmĂ€Ăigen Menses ab. â Die krankhaften Er-
scheinungen gingen nach Verabreichung von tÀglich 5 g frischer
X; bennierenrinde (nicht so schnell nach getrockneten PrÀparaten)
zurĂŒck; groĂe Dosen riefen Uebelkeit und Erbrechen hervor.
Aus der therapeutischen Wirkung schlieĂt Verf., daĂ die Neben-
nierenrinde in der Aetiologie der Basedowschen Krankheit neben
der SchilddrĂŒse eine wichtige Rolle spielt.
Testes-Ueberpflanzungen. Seit 1918 hat Verf. 21 Implan-
tationen von testes frisch hingerichteter Gefangener an senile Pa-
tienten ausgefĂŒhrt. Ueberpflanzungen tierischer Hoden miĂ-
langen zuerst, da zu groĂe StĂŒcke genommen wurden. SpĂ€ter
gelang es etwa dollargroĂe TestesslĂŒcke von Schafwiddern bei
Menschen auf dem rectus abdominis zum Anheilen zu bringen.
Zur Vereinfachung der Operation ging Verf. schlieĂlich dazu
aber, frische Hodensubstanz von jungen Widdern und Ebern mit
einer Paraffinspritze in Mengen von 4 cem zu injizieren, die von
der Einstichstelle aus auf vier verschiedene Stellen verteilt
wurden. Voraussetzung fĂŒr ein Gelingen ist strengste Asepsis;
will man die Hoden lÀngere Zeit aufbewahren, so werden sie in
liussig gemachter Vaseline versenkt und in den Eisschrank ge-
stellt. â Aehnlich wie Brown-SequĂ€rd berichteten auch die
behandelten Patienten (die verschiedensten Krankheiten, auĂer
Neurasthenie, Asthma, Epilepsie, Dementia praecox auch die ver-
schiedenen Formen der Impotenz) allgemein ĂŒber ein gesteigertes
körperliches Wohlbehagen, Zunahme des Appetits, der Körper-
krÀfte und der sexuellen LeistungsfÀhigkeit. Versuche an Tieren
sollen diese subjektiven Angaben durch das Experiment nach-
prĂŒfen.
Die neueren Anschauungen ĂŒber die Morphologie der Thymus
und ihr EinfluĂ auf das Problem der Thymusfunktion. âThymus-
Asthma" und âmors thymica" mĂŒssen streng auseinander ge-
halten werden. Das erstere entsteht durch den Druck des krani-
alen Abschnittes der vergröĂerten Thymus auf die Luftröhre und
Ă€uĂert sich in AnfĂ€llen von inspiratorischer Dyspnoe, Stridor.
Im Gegensatz zu diesem Erstickungstode erfolgt der von Pott
w iederholt beschriebene plötzlich Exitus durch einen Herzstill-
sland. Histologisch fand Verf. hierbei in vielen FĂ€llen eine Ver-
minderung der Hassalschen Körperchen. Er nimmt an, daĂ
diese epithelialen Gebilde unter dem âforma tiveh" EinfluĂ der
Lymphozyten auf das Markretikulum entstehen. Eine innere
Sekretion der Thymus lehnt Verf. ab; ihre Aufgabe sieht er in
einer entgiftenden TĂ€tigkeit fĂŒr bestimmte Stoffwechselprodukte.
A. Weil (Berlin).
The Journal of Urology, Baltimore.
Juli 1921. 6, Nr. 1.
âPlattencpithelcarciuom der Blase. Eine Studie ĂŒber heterotope Epidermi-
sation mit Bericht ĂŒber die Literatur uud einige eigenen Falle. II i n -
m a u . Frank und G i b s 0 n . Thomas E.
Geber den Wert einer guten Vorbereitung bei Nieren-Operationen. Bug-
b e e, H. G.
Blasen-Scheidcm- und Blasen-Uterus-Fisteln. Hackende . David W.
âŠHCin Vorschlag bei der Nachbehandlung von operierten Blasen-Scheideu-
Fisteln. C h u t e , A. L.
A an de rang im Blutbild bei experimenteller Nephritis. UnderhiH,
Frank und G r e c n h 0 u s e , Barnett.
Fortschritt in der Silber-Therapie. C o b b , Ralph B.
Plattenepithelkarzinom der Blase. Bericht ĂŒber 3 von H.
und G. operierte FĂ€lle von -Plattenephitelkarzinom-Neubildungen,
die ziemlich selten sind. Die Aetiologie dieser Neoplasmen ist
noch ziemlich ungeklĂ€rt, wahrscheinlich ĂŒberhaupt nicht einheit-
lich; auf jeden Fall entstehen sie nicht immer in Folge einer
Leukoplakie. â WĂ€hrend die Ca. -Diagnose mit Hilfe des Cysto -
skopes leicht gestellt werden kann, ist die der speziellen Tumor-
art nicht immer mit Sicherheit zu stellen. Die Plattenepithel
karzinome sind infolge ihres rasch infiltrierenden Wachstums
eine ganz besonders bösartige Ca.-art. Auch Metastasen sind
nicht selten, doch wurden sie bisher meist erst bei der Sektion
<JU. Jahrg. â Nr. 5
Aus den neuesten Zeitschriften
gefunden. In den :<8 bisher beschriebenen FÀllen waren 2!» mal
MĂ€nner und Sinai Frauen ergriffen, das Alter der Patienten
war gewöhnlich zwischen 10 50 Jahren. FĂŒr die Krankheit
charakteristische Beschwerden bestehen nicht, am ehesten sind
es Blutungen, die den Verdacht einer bösartigen Neubildung her-
vorrufen. Die Therapie ist in der Hauptsache palliativ, da die
operativen Resultate bisher wenig ermutigend sind.
Ein Vorschlag bei der Nachbehandlung von operierten
Blasenscheidenfisteln. Ch. empfiehlt, die an Blasenscheideri
fisteln operierten Patientinnen auf den Hauch zu lagern und ihnen
einen Dauerkatheter gleich nach der Operation einzufĂŒhren.
Dadurch, daĂ auf diese Weise der Urin von der Naht lern ge-
halten wird, ist stets prima intentio ohne jedes Rezidiv erreicht
worden. B a b (Berlin .
The Canadian Medical Association Journal, Montreal.
September 1921, li, Nr. 9.
⊠Disposition; ein vernachlÀssigter Faktor bei chirurgischen Infektionen.
(' il 1) O t . H. 610.
Mangel der SchwangerenfĂŒrsorge und Bevölkerungsabnahme. Hill. II. W.
615.
Prognose und Differentialdiagnose bei Krankheiten des Verdauungstr.tkts.
liewis, J. W. 019.
Rationelle Empirie. Rudolf. K. 1). 622.
LobÀre Pneumonie in Frankreich. Malloch', A. 025.
s.irkomatöser abdominaler Testiket bei Hermaphrodismus. 11 ;i I p e ti n v J.
032.
Moderne Medizin in ihrem VerhÀltnis zum praktischen Arzte. Billings,
F. 634.
( !i undstoffwechsel als Hilfe in der chirurgischen Behandlung des Kropfes mit
Hyperthyroidismus. Ellerts, E. M. 641.
Betrieb eines Hospitals fĂŒr Infektionskrankheiten. Rieh a r d s o n . I). L. 652.
Feststellung von Lamblia (Giardia) Intestinalis vermittels des Duodenalkibus.
B o y d . W. 658.
W esen der X-Strahlen und ihre Anwendung, (i i 1 e h r i s t. 1.. 660.
âŠSyphilis des Xervensystems. M a i t 1 ;i n d , 11. B. 601.
âŠKlinik der subakuten bakteriellen Endokarditis. Murray, L. W. und
Lougheed, G. W. 666.
Behandlung des Anns- und Rektumkarzinoms. Mo orb e ad, A. S, 673.
Chronische Sehmerzen in der rechten Fossa iliaca. Graham. R. K. 676.
Behandlung von Psychoneurosen. B o y e r , G. F. 678.
Die Lehre von der Vorbereitung des Bodens; ein vernach-
lÀssigter Faktor bei chirurgischen Infektionen. Auf der Suche nach
den Ursachen der Wundinfektionen hat man bisher den Bakterien
selbst eine zu groĂe Bedeutung beigemessen, andererseits die
mannigfaltigen Bedingungen, die begĂŒnstigend auf das "Wachstum
der Bakterien einwirken, zu wenig beachtet. Verf. faĂt diese Be-
dingungen unter der Bezeichnung âVorbereitung des Bodens" zu-
sammen und teilt sie ein in allgemeine und lokale. Zu den ersten
rechnet er Furcht, Hunger, \Vasserverarmung, unzweckmĂ€Ăige
oder zu lang ausgedehnte Narkose und die LĂ€nge der Operation
selbst, zu den lelzleren die ĂŒbertriebene Vorbereitung der Haut,
rohe Behandlung der Gewebe, mangelhafte Blutstillung und
Massenligatur, die zu Blutgerinnseln und Nekrose fĂŒhren und so
einen gĂŒnstigen NĂ€hrboden fĂŒr da.s Baklerienwachstum schaffen.
UnverdÀchtige Syphilis des Nervensystems und ihre Labora-
toriumsdiagnose. Durch die Untersuchungen zahlreicher Autoren
ist festgestellt, daĂ in allen Stadien der Syphilis die Cerebrospinal-
l'lĂŒssigkeit bereits krankhaft verĂ€ndert sein kann, ohne daĂ
klinische Zeichen einer Nervenerkrankung bestehen. Unter Ab-
lebnung der bisher ĂŒblichen Einteilung der Syphilis in 3 Stadien,
ein primÀres, sekundÀres und tertiÀres, teilt Verf. seine FÀlle in
4 Gruppen ein, a) solche mit PrimÀraffekt und neg. Wa.R.,
b) solche mit PrimÀraffekt oder entsprechender Anamnese, pos.
Wa. R. und DrĂŒsenschwellung ohne sonstige Zeichen einer All
gemeininfektion bis einschlieĂlich 18 Monate nach erfolgter In-
fektion, c) solche mit Allgemeinerscheinungen und pos. Wa. R. bis
einschlieĂlich 18 Monate nach erfolgter Infektion, d) solche mil
oder ohne Symptome jenseits 18 Monate nach der Infektion.
Gruppe a und b umfassen alle FĂ€lle der âprimĂ€ren" Syphilis,
Gruppe c akute oder Irische Falle âsekundĂ€rer" Syphilis, Gruppe d
spÀtsekundÀre, tertiÀre und besonders latente Infektionen. Bei
1314 wahllos untersuchten FĂ€llen konnte mehrmals eine einwand-
freie Zellvermehrung im Liquor festgestellt werden zu einer Zeil,
in der die Wa. R. noch neg. war. Die latenten FĂ€lle der Gruppe d
Zeigten hÀufiger eine Vermehrung der Zellzahl als die mit aktiven
VerĂ€nderungen. In FrĂŒhfĂ€llen von Syphilis war eine pos. Wa.R.
im Liquor immer' mil einer pos. Wa. K. im Hinte verbunden. Zu-
verlĂ€ssiger als die Wa.R. lĂ€Ăt die Zellvermehrung im Liquor eine
stattgehabte Infektion erkennen.
Das klinische Bild der subakuten bakteriellen Endokarditis.
Dem eigentlichen Auftreten der subakuten Endokarditis geht ein
mehr oder weniger langes Stadium einer BakteriÀmie mit unbe-
stimmten Beschwerden, wie allgemeine SchwÀche, Gelenkschnn l
zen, Dyspnoe usw. voraus. Die objektiven Feststellungen in
diesem Stadium sind gering. Der weitere Verlauf der Erkrankung
isl gekennzeichnet durch das Hallen der im Blute kreisenden Bai:
terien an den Heizklappen; begĂŒnstigt wird dieser Vorgang, wenn
die Klappen durch eine vorausgegangene rheumatische ddei
syphilitische EntzĂŒndung verdickt sind und so dem Eindringen der
Frreger nur geringen \\ idersland enlgegenslellen können. Mit der
Vermehrung der Bakterien kommt es zu ausgedehnten Wuche-
rungen an den Klappen, die zum Auftreten von Schwirren und Ge-
rÀuschen Veranlassung geben. Der Temperaturverlauf ist sehr
wechselnd bei den verschiedenen FĂ€llen. Das Fieber kann gering
sein und nur gelegentlich einer Frnbolie in die Erscheinung treten,
oder es kann sich unbeeinfluĂbar durch irgendeine Medizin
Wochen- und monatelang in betrÀchtlicher Höhe halten. Wichtige
Symptome sind BlĂ€sse, bei verhĂ€ltnismĂ€Ăig hoher Er\ Ihrozylcn-
zahl, TrommelschlĂ€gerfinger, Petechien als Ă€uĂeres Zeichen em-
bolischer Vorgange und Oslersche Knoten. Blutkulturen sind
hÀufig zu wiederholen, da sie hÀufig erst nach lÀngerer Zeit pos.
Resultate geben. Therapeutisch wurden Transfusionen angewandt
mit Normalserum und mit Blutserum, das spez. Antikörper ent-
hielt, ferner Vakzine, Silber- und Quecksilbersalze ohne jeden Er-
folg. Stadel m a n n. Frankfurt a. M.
Oktober 1921, XI. Nr. 10.
âą^Therapie der Pneumonie, SePumhehandlunK. Howard. âą'. p. 709.
Aetiologie der Xiereninfektionen. Mac K e n z i e , 1). W. 711.
Spinale DeformitÀt als Ursache 'foia Herzhyp"ertrophie und -Dilatation.
F i n 1 e y . F. G. 719.
Ganglion der Kandgelenksregion. (Stall o w a y . II. I'. It. 723.
\moniakalisehe Windeln. Hart. A. P 72fi.
Tuberkulöse Peritonitis. Wils o n , Gr. V.. 734.
âŠfrDarmtuherktilose heim Kind. Pitts, II. II. 7411.
Thyroiditis. X i e. h o l s o n . D. 742.
^Bluttransfusionen bei schweren Verbrennungen im Kindesalter. Robert-
son, B. 744.
BĂŒrUmusfusiorr. T h o m p s o n . .1. M. 750.
l'ngöabute Syphilis des Nervensystems; Diagnose im Laboratorium. M a i t -
1 a n d , H. B. 752.
DigitalisprÀparatc. Lewis, I). S. und ,M offatt. ('. F. 755.
Die Forschung und ihr EinfluĂ auf die medizinische Pr.-tvi*. White, W. C.
. 758.
Enzephalitis leWiargiea. Robertson. A. A. 7(i2.
Behandlung der Pneumonie mit besonderer BerĂŒcksichtigung
der Anwendung von Serum. Dochez und Gillespie erkann-
ten, daĂ Pneumokokken sich in biologischer Beziehung nicht
gleichmĂ€Ăig verhallen; sie stellten wenigstens drei verschiedene
Gruppen fest, von denen jede ihre speziellen Agglutinine und PrÀ-
zipitine hat. Cole ist es gelungen, fĂŒr die erste dieser Gruppen
ein hochwertiges Serum herzustellen, mit dem er, wenn seine An-
wendung beschrÀnkt wurde auf FÀlle dieser Gruppe, eine Ab-
kĂŒrzung der Krankheitsdauer und Herabsetzung der MortalitĂ€t
von durchschnittlich 25- 30 Prozent auf 7 -10 Prozent erzielen
konnte. Nach Cole werden 100 cem hochwertiges Serum mit
t(i(i 150 cem Normalsalzlösung verdĂŒnnt, innerhalb von 20 â 'M)
Minuten alle 8 Stunden infundiert, bis die Temperatur normal
bleibt. 3 Dosen sollen meist ausreichend sein. Verfasser und
zahlreiche andere Untersucher haben die Methode nachgeprĂŒft
und sich von der Wirksamkeil des Serums bei Infektionen der
Gruppe 1 ĂŒberzeugt. FĂŒr FĂ€lle aus den anderen Gruppen emp-
fiehlt Stengel die Anwendung von 30 â 70 cem Rekonvaleszen-
tenserum. Als Prophylaktikum wird Pneumokokkenvakzine
em pfohlen.
Intestinale Tuberkuloseinfektion bei Kindern. 2 FĂ€lle von
generalisierter Tuberkulose (Miliartuberkulose und tbc. Menin-
gitis) bei 2 Kindern im Alter von 11 bzw. 2 Jahren mit einwand
freiem Nachweis des primÀren Infektionsherdes im Darm, und
zwar im unteren Abschnitt des Jejunums.
Bluttransfusion bei schweren Verbrennungen von SĂ€uglingen
und hingen Kindern; vorlÀufiger Beriebt der Behandlung des toxi-
schen Shoeks mittels Bluttransfusion mit oder ohne voraus-
gegangenen AderlaĂ. Die Hauptprobleme bei schweren Verbren-
nungen bilden a) der primÀre Shock und b) der toxische Shock.
HÀufiger als infolge des primÀren tritt der Tod infolge des se-
kundÀren, toxischen Shocks ein. Charakteristische VerÀnderun-
gen an den Nebennieren, dem lymphatischen Gewebe und am
Herzmuskel lassen auf ein im- Blute kreisendes mehr oder we-
niger spezifisches Gift schlieĂen, dessen frĂŒhzeitige Neulralisie-
rung und Eliminierung eine Hauptaufgabe der Behandlung sein
muĂ. Subkutane und intravenöse Infusionen von Salz- und Trau-
140
() r t h o j) À d i e
Augenheilkunde
40. Jahrg. â Nr.
benzuckerlösungen haben bisher in dieser Hinsicht versagt. Ver-
fasser empfiehlt nach vorausgegangenem Aderlaà intravenöse
Bluttransfusionen, die eventl. mehrmals wiederholt werden
mĂŒssen. Je nach dem Alter der Kinder w urden 100â300 ccm Blut
aus dem Sinus longitudinalis. der Jugular- oder Femoralvene
oder der Radialarterie entnommen und durch eine etwa gleiche
Menge normalen Zitratblules ersetzt. Bei Konvulsionen erhielten
die Kinder 20 ccm einer 5 â 8 % Mg So« Lösung subkutan. Von
sieben so behandelten FĂ€llen wurden fĂŒnf trotz schwerster Er-
scheinungen geheilt, zwei starben an Pneumonie.
Stadelmann (Frankfurt a. M.).
Aus den verschiedenen Sondergebieten.
OrthopÀdie-
Gaudier et Swinghedauw: Traitement sanglant de la gibbosite
« ostale eomme adjuvant du traitement orthopedique. Revue
d'orthopedie 28, 265, 1921.
Trotz der Ausgestaltung ' der orthopÀdischen Skoliosen-
therapie bleibt eine lange Reihe von FĂ€llen unbeeinfluĂbar. Vor
allem sind es die groĂen und scharfkantigen Rippenbuckel, die
der Behandlung Widerstand entgegensetzen, die auch die direkte
Beeinflussung der Wirbelkörperreihe verhindern, und die zu-
guterletzt die VerkrĂŒppelung besonders hĂ€Ălich erscheinen
lassen. In Deutschland haben Volkraa nn (1889) und Hoffa
(1896) den Rippenbuckel operativ zu beseitigen versucht, indem
sie die am stÀrksten vorspringenden konvexseitigen Rippen rese-
zierten. Die beiden Verfasser haben â in Frankreich zum ersten
Male â dieses Verfahren zweimal bei jungen MĂ€dchen ange-
wandt und sind mit dem Erfolge sehr zufrieden. Vom groĂen
U-Schnitt aus, der gestattet, die Haut ĂŒber der GibbositĂ€t lappen-
förmig hochzuschlagen, haben sie auf 8â12 cm lange Strecken
5_6 Rippen subperiostal reseziert, die Wunde tamponiert und
vernÀht. Eine kurze Zeit nach der Operation eingeleitete'Nach-
behandlung hat das Ergebnis durch Massage und Gymnastik, vor
allem durch Extension zu befestigen. Beim zweiten Falle folgten
sie dem Vorschlage Volkmanns, der spÀter von A b b o t h
bekanntlich praktisch verwertet wurde, die WirbelsÀule in starker
Vorbeugehaltung einzugipsen, um auf diese Weise die Detorsion
besser in die Wege zu leiten. â Die blutige Behandlung soll nur
den schwersten, hartnÀckigen FÀllen vorbehalten sein. (Die
Operation wurde bei uns als unzweckmĂ€Ăig verlassen, da ihre
Dauererfolge den Erwartungen nicht entsprachen. D.)
Debrunner (Berlin).
Waton et Aimes: 23 FĂ€lle von Osteomyelitis der
Kiefer beim Kinde. Revue d'orthopedie '28, 283, 1921 .
Die Osteomyelitis der Kiefer nimmt ihren Ursprung immer
in Erkrankungen im Bereich der ZĂ€hne. Das Alter der erkrank-
ten Kinder schwankte zwischen 2 und 13 Jahren. Meist beginnt
das Leiden mit Zahnschmerzen, hÀufig finden sich auch von An-
fang an Schmerzen im Knochen. Es gesellt sich eine EntzĂŒndung
der Zahnalveolen dazu, der fast sofort die AbszeĂbildung auf
dem FuĂe folgt. Sehr bald bricht der Eiter nach innen oder â
in selteneren FĂ€llen â nach auĂen durch. Die entstehende Fistel
hat wenig Neigung, sich zu schlieĂen. Dreimal, und zwar bei
ganz kleinen Kindern, war der Oberkiefer befallen, alle anderen
Erkrankungen bezogen sich auf den Unterkiefer; hier war es
wiederum der untere Ast, der bevorzugt war. Die regionÀren
DrĂŒsen sind auffallend selten in Mitleidenschaft gezogen. 11 mal
fanden sich intrabukkale Fisteln, in denen man hÀufig den
schwÀrzlich verfÀrbten Knochensequester erkennen konnte. Die
zahlreichen extrabukkalen Fisteln geben wegen ihres Sitzes oft .
genug AnlaĂ zu diagnostischen IrrtĂŒmern, da die subkutanen
GĂ€nge oft erst im Brustgebiet oder in der Umgebung des Auges
mĂŒnden. âDie Kieferknochenvereiterung bedarf einer vollstĂ€ndi-
gen AusrÀumung mit Sequesterextraktion." 16 mal wurde die
Operation durchgefĂŒhrt; einmal wurde die Oberkieferhöhle durch
die NasengĂ€nge drainiert. 20 Kranke verlieĂen die Klinik ohne
Fistel vollkommen geheilt; die Heilung beanspruchte wenige
Tage bis 4 Monate. â Die Verfasser glauben, da sich die Osteo-
myelitis am hÀufigsten aus einer Alveolarpyorrhoe der PrÀmo-
laren des ersten Gebisses entwickelt, daĂ sie nur dann entsteht,
wenn die Streptokokken in geschlossener Höhle die Möglichkeit
einer Virulenzsteigerung haben; diese Höhle ist im SÀckchen des
durchbrechenden achten Pramolaren zu finden. Die Prognose ist
nur beim SĂ€ugling ungĂŒnstig und hĂ€ngt wesentlich ab von der
raschen Diagnosestellung und dem sofort folgenden therapeuti-
schen Eingreifen, das in Eröffnung des Abszesses vom Mund ms
besteht, vor der Entwicklung einer Fistel. Krankengeschichten.
Debrunner (Berlin
Fcutelais: O s t e o - c h o n d r i t e deform ante infantile
de 1 ' e p i p h y s e s u p e r i e u r du feraur. Revue d'ortho-
pedie 38, 315, 1921.
Ein typischer Fall von Osteochondritis deformans juvenilis,
der mit leichtem Hinken, Adduktionsbehinderung und Schmerzen
nach lĂ€ngerer Ruhe einherging, wird kurz beschrieben. AuĂer
einer allgemeinen krÀftigenden Behandlung an der See wurde
das Leiden nicht weiter beeinfluĂt; der Erfolg war gut. Die
Krankheil heilte unter ZurĂŒcklassung leichter Bewegungsein-
schrÀnkung aus. Es wird die Köhler'sche Krankheit mit der O.
d. juv. in Zusammenhang gebracht. Debrunner (Berlin).
Abrahamsen : Scapkoidite larsienne des jeunes
enfants. (Ein Fall von Köhler'scher Krankheit. Revue
d'orthopedie 38, 313, 1921.
Ein 7 Jahre alter Knabe fiel den Eltern auf wegen einer
leichten Atrophie der Wadenmuskulatur. Die Untersuchung er-
gab einen Unterschied des Wadenumfanges von 2 cm gegenĂŒber
der gesunden Seite. Das Röntgenbild lieà eine VerÀnderung im
Naviculare erkennen, das nur als schmaler Knochenkern zu sehen
war. Der Verfasser behandelte den Knaben mit Thyreoidin-
pulver (tÀglich 15 Gentigramm). Fortlaufende Röntgenbilder be-
stÀtigten die Vermutung, daà es sich um eine auf Ausfall der
inkretorischen SchilddrĂŒsenwirkung beruhende Entwicklungs-
hemmung des Kahnbeines handelte; denn unter dem EinfluĂ der
Therapie bildete sich ein dichter, stÀndig wachsender Kern, v ;-
er aus den Bildern anderer Veröffentlichungen bekannt ist.
Theorie Köhlers, daà es sich bei der Köhler'schen Krankheit um
eine Entwicklungshemmung handelt, wird durch diesen Fall be-
fest i gl. Debrunner (Berlin"
Jouon : Hypertrophie c o n genitale monstruense
de la main droite. Revue d'orthopaedie 38, 304, 1921.
Verfasser beschreibt ganz kurz einen angeborenen Riesen-
wuchs der rechten Hand, die nach der Geburt noch erheblich
gröĂer wurde und mit Syndaktylie und besonders hochgradiger
VergröĂerung des Daumens und Zeigefingers einherging. Das
Wachstum machte so schnelle Fortschritte, daĂ der ĂŒbrige Kör-
per infolge UnterernÀhrung buchstÀblich abzumagern begann.
Aus diesem Grunde und wreil die Hand zu Bewegungen untaug-
lich war, exartikulierte sie der Verfasser im Radio-Carpalgehnk.
D e b r u n n e r (Berlin .
Augenheilkunde.
Wessely und Horowitz: Das Verhalten des Augen-
drucks im Fieber. Archiv fĂŒr Augenheilkunde 1921,
89, S. 113.
Systematisch - vergleichende Messungen des Augendrucks,
Blutdrucks und der Temperatur hochfiebernder Kranker fĂŒhrten
die Verff. zu dem interessanten Ergebnis, daĂ im Fieber der
EinfluĂ des allgemeinen Blutdrucks am Auge vasomotorische
KaliberĂ€nderungen der intraokularen GefĂ€Ăe ĂŒberwiegt und âder
Augendruck die Kurve des Blutdrucks in voller Treue" mit-
macht. Um diese Erscheinung recht deutlich hervortreten zu
lassen, wÀhlte man Patienten mit rasch ansteigenden und ab-
fallenden Temperaturen, wie Malariakranke und mit intramus-
kulÀrer Milchinjektion behandelte.
Fr. W. Mass u r (Berlin .
Köllner, H.: Zu m G 1 au k o m a simples m i t nor m a 1 e n
Tonometerwerten. Archiv fĂŒr Augenheilkunde 1921,
89, S. 80.
Als Ursache des Glaucoma simplex und der dabei zu finden-
den Exkavation des Sehnerven nimmt man teils vorĂŒbergehende,
der Beobachtung entgehende Drucksteigerungen an, teils erachtet
man die dabei gefundenen Tonometerwerte von etwa 20 bereits
als pathologische Druckerhöhung fĂŒr ein disponiertes Auge.
K. stĂŒtzt seine neue Theorie, nach der beim Glaucoma simplex
eine ausgesprochene pathologische Drucksteigerung, die zu glau-
comatöser Sehnervenatrophie gefĂŒhrt hat, spĂ€ter zur Norm herab 1
gesunken ist, durch einen in der WĂŒrzburger Univ.-Augenklinik
beobachteten Fall, bei dem zufÀllig 2 Jahre vorher eine betrÀcht-
liche Drucksteigerung festgestellt wurde, nimmt aber nur ver-
einzelte FĂ€lle von Gl. s. fĂŒr sie in Anspruch.
Fr. W. Ma SS u r ( Berlin .
Fortschritte der Medizin
Dte Wochenschrift des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von F. C. W. VOGEL, Leipzig, Dresdner Strafte 3 * Berliner GeschÀftsstelle und alleinige
Inseratenannahme: HANS PUSCH. Berlin SW 40. Wilhelm-Strafce 20 / Fernsprecher LĂŒtzow 9057
Nr. 6/7 Berlin, den 15. Februar 1922 40. jahrgang
Der Verlag behĂ€lt sich das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist vor.
Aus der chirurgischen UniversitÀtsklinik der Charite, Berlin
(Direktor Geh. Rat Prof. Dr. Iii ldebrand).
, Die luetische Erkrankung der Gelenke.
Von Prof. Dr. A x h a u sen.
Noch nicht gar lange ist die Zeit her, in der die luetische
Erkrankung der Gelenke als selten angesehen wurde, als ver-
schwindend selten gegenĂŒber der enormen HĂ€ufigkeit der
Gelenktuberkulose. Die modernen diagnostischen Hilfs-
mittel, insbesondere das Röntgenverfahren und die serologi-
schen Untersuchungsmethoden haben mit diesem Irrtum
grĂŒndlich aufgerĂ€umt. Sehen wir selbst ab von den hĂ€ufigen
einfachen Gelenkerkrankungen im sekundÀren Stadium der
Lues, die als Begleiterscheinungen der Haupterkrankung fĂŒr
sich selber kaum ein praktisches Interesse beanspruchen,
legen wir der in diesen Zeilen zu besprechenden Gelenklues
nur die spezifischen Gelenkerkrankungen bei heriditÀrer Lues
und im SpÀtstadium der aquirierten Lues zugrunde, so
mĂŒssen wir nach unseren jetzigen Kenntnissen als fest-
stehend betrachten, daà die Gelenklues eine ziemlich hÀufige
Erkrankung ist. Dies gilt mit Sicherheit fĂŒr die mehr mit
Syphilis durchseuchten GroĂstĂ€dte. In der chirurgischen
Poliklinik der Charite, in der seit langem auf Vorkommen
und HĂ€ufigkeit der Gelenklues mit besonderer Sorgfalt ge-
achtet wird, konnten wir z. B. feststellen, daĂ von 121 Pa-
tienten (Kinder und Erwachsene), die innerhalb eines be-
stimmten Zeitraumes erstmalig wegen Verdachtes auf Knie-
gelenktuberkulose zur Untersuchung gelangten, nicht we-
niger als 33 sich als sicher nachweisbare Gelenklues heraus-
stellten (G 1 À à n e r). Das VerhÀltnis zwischen Tuberkulose
und Lues an dem allerdings von Lues am hÀufigsten be-
troffenen Kniegelenk war also an unserer Poliklinik etwa
1:2^. Und hatte noch die Anschauung von der Seltenheit
der Gelenklues frĂŒher fĂŒr die kleinstĂ€dtische und lĂ€ndliche
Bevölkerung eine gewisse Berechtigung, so wird sich dieser
Unterschied leider sehr bald verwischen, ist doch die Aus-
breitung der Lues bis in die entfernten lÀndlichen Bezirke
eine der traurigsten Folgeerscheinungen der lang dauernden
Kriegszeit.
Die angenommene Seltenheit ist wohl der Grund dafĂŒr, daĂ
die Gelenklues die am hÀufigsten Àrztlich verkannte Gelenk-
erkrankung darstellt. Die Folgen der Verkennung sind aber
fĂŒr den Patienten recht folgenschwer: sich selbst ĂŒberlassen
oder unter der Annahme einer Tuberkulose mit Immobilisa -
tion behandelt, nehmen die schwereren Erkrankungsformen
nicht selten den Ausgang in knöcherne Ankylose, wÀhrend
die spezifische Behandlung der frischen Gelenklues fast stets
zu einer weitgehenden, insbesondere funktionellen Restitutio
ad integrum fĂŒhrt. Wir haben mehrfach FĂ€lle von multipler
Gelenklues in Behandlung genommen, in denen das eine der
erkrankten Gelenke schon knöchern versteift war. Und
selbst bei minder schweren Formen, wenn sie lÀngere Zeit
unbehandelt fortbestanden haben, vermag die spÀter einge-
leitete spezifische Behandlung nicht immer die erwĂŒnschte
Wiederherstellung der Gelenke herbeizufĂŒhren. Zwar ist der
unmittelbar erreichte Erfolg zufriedenstellend, aber die be-
reits erfolgte KnorpelschĂ€digung fĂŒhrt im Laufe der weiteren
Jahre zur Ausbildung einer sekundÀren Arthritis deformans,
die wiederum die GebrauchsfÀhigkeit des Gelenkes stark be-
eintrÀchtigt. Die Wichtigkeit der rechtzeitigen Erkennung
dieses Gelenkleidens lĂ€Ăt es berechtigt erscheinen, immer
wieder auf die Gelenklues hinzuweisen. Man mache es sich
zur Àrztlichen Pflicht, bei jedem Gelenkleiden die Lues in
den Kreis der differentialdiagnostischen ErwÀgung zu ziehen
und bei leisester diagnostischer Unsicherheit die modernen
Hilfsmittel der Syphiliserkennung heranzuziehen!
Die Gelenklues tritt uns wie die Gelenktuberkulose in
zweifacher Form entgegen, als synoviale und als
o s s a 1 e Gelenklues. Die synoviale Form ist die weitaus
hĂ€ufigere; sie ist die nahezu ausschlieĂliche Form der here-
ditÀren Lues. Wir haben wenigstens die ossale Form fast
nur bei aquirierter Lues beobachten können (vergl. S. 144);
hier hÀlt sie nach unseren Beobachtungen etwa der syno-
vialen Form an HĂ€ufigkeit die Wage.
Die Kennzeichen der synovialen Gelenklues sind wie die
der synovialen Gelenktuberkulose: die Verdickung der Syno-
vialmembran durch Umwandlung in Granulationsgewebe
und der ErguĂ. Beide Symptome sind der Feststellung am
besten an dem am hÀufigsten befallenen Kniegelenk zugÀng-
lich. Die Verdickung der Synovialmembran ist hier nach
unseren Beobachtungen stets diffus, wenn auch gewiĂ zu-
weilen an manchen Stellen stÀrker als an anderen. Die in
der Literatur beschriebene knotige, gummöse Form der Sy-
novialverdickung haben wir nicht zu sehen bekommen, auch
nicht jene, gewiĂ sehr seltene Form, bei der die Synovial-
gummen mit Gummen der deckenden Haut verschmelzen
und nach auĂen geschwĂŒrig zerfallen. Die diffuse Synovial-
verdickung ist im allgemeinen bei der Gelenklues nur mĂ€Ăig
stark, manchmal nur gering; so auĂerordentlich massige Ver-
dickungen, wie wir sie beim richtigen tuberkulösen Fungus
sehen, gelangen bei der Gelenklues kaum je zur Beobachtung.
Die Erkennung geringer Synovialverdickungen am Knie-
gelenk erfordert eine gewisse Technik. Am besten setzt man
die geschlossenen 4 Finger der in der LĂ€ngsachse des zu
untersuchenden Beines gehaltenen rechten Hand mit den
Fingerspitzen oberhalb der Patella auf und schiebt sie
in der LĂ€ngsrichtung nach oben; gelangt man hierbei an die
Umschlagstelle der Synovialmembran am oberen Rand des
oberen Rezessus, so fĂŒhlt man an der Niveaudifferenz dieser
Umschlagstelle gegen die oberhalb liegenden Weichteile die
vorhandene Synovialverdickung am besten. Gewinnt man in
dieser Untersuchung Uebung, so wird man leicht feststellen
können, daĂ reine ErgĂŒsse, d. h. ErgĂŒsse ohne tastbare Syno-
vialverdickung ebenso wie bei der Gelenktuberkulose, recht
selten sind. Allerdings ist zur PrĂŒfung der Synovialver-
dickung bei vorhandenem stÀrkeren Erguà die Entleerung
des Gelenkes durch Punktion eine unerlĂ€Ăliche Vorbedin-
gung. Der Erguà ist fast nie rein wÀssrig, meist leicht ge-
trĂŒbt, von gelblicher oder grĂŒnlich gelber Farbe, zuweilen
kleine Fibrinflocken einschlieĂend; stĂ€rkere TrĂŒbungen sind
selten. Der angesaugte ErguĂ gerinnt nicht spontan.
An den anderen Gelenken ist die Trennung von ErguĂ
und Synovialverdickung fast nie möglich. Hier ist nur die
diffuse Schwellung des Gelenkes festzustellen; nur am Ellen-
bogengelenk kann man zuweilen durch die Fluktuation er-
kennen, daĂ ein Teil der Schwellung sicher auf FlĂŒssigkeits-
erguĂ beruht.
Weitaus am hÀufigsten ist, wie bereits erwÀhnt, das
Kniegelenk betroffen; hier ist als besonders charakteristisches
142
Axhausen: Luetische Erkrankung
40. Jahrg. â Nr. 6/7.
Symptom die auffallend hÀufige Doppelseitigkeit der Er-
krankung festzustellen, die doch hei der Kniegelenkstuber-
kulose im allgemeinen selten ist. Nur vergesse man nicht,
daraufhin zu untersuchen! In der Mehrzahl unserer FĂ€lle
doppelseitiger kindlicher Kniegelenkslues brachten die Eltern
das Kind wegen Schwellung eines Knies in die Poliklinik;
erst durch die genaue Untersuchung konnte dann festge-
stellt werden, daà das gemeinte Knie zwar das stÀrker be-
troffene war, daĂ aber auch das andere einen ErguĂ mit ge-
ringer Kapselschwellung aufwies. Der doppelseitige schlaffe
KniegelenkserguĂ mit geringer Kapselschwellung und mĂ€Ăi-
gen oder auch fehlenden Beschwerden ist nahezu patho-
gnomonisch fĂŒr die hereditĂ€re Lues des Kniegelenkes. Aber
auch bei Erwachsenen konnten wir nicht selten eine Er-
krankung beider Kniegelenke feststellen; auch hier war die
Erkrankung des zweiten Knies den Patienten oft nicht be-
wuĂt geworden. In einigen FĂ€llen konnten wir die Erkran-
kung des zweiten Kniegelenkes wahrnehmen, nachdem schon
vorher das erste unter Annahme einer Tuberkulose durch
Resektion oder Arthrektomie versteift worden war.
An zweiter Stelle der HĂ€ufigkeilsskala steht das Ellen-
bogengelenk; auch dieses ist nicht selten doppelseitig be-
troffen. Dann folgt in weitem Abstand das FuĂgelenk,
Schultergelenk, Handgelenk. Ein ziemlich hÀufiger Sitz der
luetischen Erkrankung ist das Sternoklavikulargelenk; doch
handelt es sich hier nach unseren Beobachtungen stets um
die ossale Form der Erkrankung. An den Fingergelenken
haben wir bisher eine sichere Gelenklues nicht zu sehen be-
kommen. Die frĂŒhere Annahme, daĂ das HĂŒftgelenk von
der luetischen Erkrankung verschont bleibe, ganz im Gegen-
satz zu der HÀufigkeit der tuberkulösen Koxitis, wurde uns
durch die folgenden Beobachtungen erschĂŒttert.
Beobachtung 1. Bei einem 5 jÀhrigen Kinde wurde 1918
eine sicher luetische doppelseitige KniegelenksentzĂŒndung fest-
gestellt (Wa Re vierfach positiv). WĂ€hrend der Behandlung gab
die Mutter, die ĂŒbrigens die luetische Infektion zugab, an, daĂ
auch ihre anderen beiden Kinder frĂŒher in der Poliklinik be-
handelt worden wÀren. Die Nachforschungen ergaben, daà in
der Tat fĂŒnf Jahre zuvor eine Schwester an linksseitiger âKnie-
gelenks t u b e r k u 1 o s e" und elf Jahre zuvor ein Bruder â da-
mals 3 jĂ€hrig â an rechtsseitiger âHĂŒftgelenks tuberkulöse"
behandelt worden war. Bei beiden war trotz langdauernder Im-
mobilisierung die Ausheilung mit fast völlig freier Gelenkbeweg-
lichkeit erfolgt, was damals als auffÀllig vermerkt wurde. Die
bei beiden jetzt noch vorgenommene Wa Re ergab ebenso wie bei
der Mutter einen vierfach positiven Ausfall. Danach
dĂŒrfte es sich wohl auch bei den beiden Ă€lteren Geschwistern
nicht um die damals angenommene Tuberkulose, sondern um eine
luetische Erkrankung, bei dem Bruder also um eine luetische
Koxitis gehandelt haben.
Beobachtung 2. 12 jÀhriges MÀdchen; nach leichtem Fall
Schmerzen in der rechten H ĂŒ f t e, die seit 3 Monaten anhalten.
Patientin hinkt stark, es besteht erhebliche BeeintrÀchtigung der
Abduktion, geringere der Flexion und Rotation. Aufnahme in
ein Krankenhaus. Hier als tuberkulöse Koxitis lange im Streck-
verband; spÀter mit Gips behandelt. Nach Entlassung wieder in
unsere Beobachtung. Schmerzen bestehen fort, Bewegungsbe-
schrÀnkung hat etwas zugenommen. Jetzt wird ein schlaffer
ErguĂ des rechten Kniegelenkes mit deutlicher
Kapselverdickung festgesteflt. Der Verdacht auf Gelenklues be-
stÀtigt sich: Wassermann aus Blut und Kniepunklat vierfach
positiv. Nach antiluetischer Behandlung baldige Wiederherstel-
lung, auch des HĂŒftgelenkes.
Wieviel frei beweglich ausgeheilte âtuberkulöse"' KoxiT
tiden mögen auch sonst in Wahrheit luetische Erkrankungen
gewesen sein! Leider sind frische Koxitis-FĂ€lle neuerdings
unter unseren ZugÀngen so selten geworden, daà unsere Fest-
stellungen ĂŒber das HĂ€ufigkeitsverhĂ€ltnis zwischen tuber-
kulöser und luetischer Erkrankung des HĂŒftgelenkes noch
keinen SchluĂ zulassen. Immerhin glauben wir sagen zu
können, daà die Proportionszahl der luetischen Erkrankung
am HĂŒftgelenk wesentlich geringer ist, als am Kniegelenk.
Jedenfalls ist die Vornahme der Wa Re bei allen vermeint-
lichen frischen âtuberkulösen" Koxitiden eine notwendige
Forderung, wenn man nicht Gefahr laufen will, eine lue-
tische Koxitis zu ĂŒbersehen.
Von den seltenen Lokalisationen der Gelenklues erwÀhne
ich einen Fall von luetischer Erkrankung des oberen Tibio-
Fibulargelenkes bei völlig intaktem Kniegelenk. Selbst die
Wirbelgelenke können von der Erkrankung ergriffen wer-
den, wie die folgende Beobachtung zeigt:
Beobachtung 3. 6 jÀhriges Kind. Vor einem Jahr in
unserer Behandlung wegen multipler Gelenklues, die mit gutem
Erfolge spezifisch behandelt wurde. Jetzt bringt die Mutter das
Kind wieder, da es seit etwa 14 Tagen den Kopf nicht bewegen
könne und heftige Schmerzen verspĂŒre. Das Kind hĂ€lt die Hals-
wirbelsÀule, wie bei einer tuberkulösen Spondylitis, völlig steif
und vermeidet Àngstlich jede Bewegung; dabei steht der Kopf in
leichter SchiefhattesteUung. Da Wa Re wieder stark positiv, wird
wegen der Möglichkeit einer Wirbelgelenklues energisch anti-
luetisch behandelt mit dem Erfolg, daĂ bald Besserung einsetzt
und nach weiteren 14 Tagen der Kopf wieder votlkommen frei
beweglich ist.
Man sollte nach einer solchen Erfahrung nicht ver-
sÀumen, bei Symptomen von Spondylitis ohne vorhandene
Gibbusbildung auch an die Möglichkeit einer luetischen Wir-
belgelenksaffektion zu denken.
Das klinische Gesamtbild, unter dem uns die
synoviale Gelenklues entgegentritt, ist von einer ĂŒberraschen-
den Verschiedenartigkeit. Man hat mit Recht die Gelenklues
den Proteus unter den Gelenkerkrankungen genannt. Eben
deshalb ist die Gelenklues differentialsiagnistisch bei
allen Gelenkerkankungen zu berĂŒcksichtigen. Das
Axiom von der ChronizitÀt und Schmerzlosigkeit der Ge-
lenklues muĂ fallen gelassen werden; diese Angaben anderer
Autoren (Schuchardt u. a.) mĂŒssen wir bestĂ€tigen.
Die Gelenklues kann unter dem Bilde einer akuten mon-
artikulÀren oder polyartikulÀren Arthritis verlaufen. Sie
kann einer gonorrhoischen Arthritis zum Verwechseln Àhn-
lieh sein. HierfĂŒr zeugen die folgenden Beobachtungen.
Beobachtung 4. 30 jÀhriger Mann. Luetische Infektion
vor 10 Jahren. Erkrankte vor mehreren Monaten plötzlich mit
heftigen Schmerzen im linken Schultergelenk. Lang andauernde
antirheumatische und antigonorrhoische Behandlung brachten
keine Besserung. Es bildete sich vielmehr eine Ă€uĂerst schmerz
hafte Kontraktur des geschwollenen Gelenkes mit starker Del-
toideus-Atrophie heraus. Jetzt Wa Re vierfach positiv: sofort
eingeleitete antiluetische Behandlung hatte einen eklatanten Er-
folg. Schmerzhaftigkeit ging bafd zurĂŒck; unter orthopĂ€discher
Nachbehandlung wurde eine volle Funktion des Schultergelenkes
ohne eine Spur von Schmerzhaftigkeit erreicht.
B e o b a c h t u n g 5. 33 jÀhrige Frau. Etwa 14 Tage vor Auf-
suchen unserer Klinik plötzlich heftige Schmerzen und starke
Schwellung des rechten Elfenbogengelenkes, die trotz aller
Therapie zu einer Versteifung fĂŒhrte. Wir fanden das rechte
Ellenbogengelenk in stumpfwinkliger Beugung versteift, bei pas-
siven Bewegungen minimale AusschlĂ€ge. Bewegungen Ă€uĂerst
schmerzhaft. Gelenkgegend spindlig verdickt, sehr druckempfind-
lich. Wa Re vierfach, positiv. Antiluetische Behandlung fĂŒhrte
rasch den RĂŒckgang der Erscheinungen herbei. Unter ortho-
pÀdischer Nachbehandlung Heilung mit volkommener Funktion.
Die Gelenklues kann auch unter dem Bilde der primÀr
chronischen Polyarthritis rheumatica verlaufen.
Beobachtung 6. 35 jÀhriger Mann. Lues vor 5 Jahren.
Innerhalb der letzten 4 Wochen nacheinander beginnend Entwick-
lung einer mĂ€Ăig schmerzhaften Schwellung beider Kniegelenke
und beider Ellenbogengelenke WaRe vierfach positiv. Die anti-
luetische Therapie fĂŒhrte restlose Heilung herbei.
Die Gelenklues kann auch die so traurige primÀre chro-
nische Polyarthritis des kindlichen Alters (von den Kinder-
Àrzten hÀufig als kindliche Arthritis deformans bezeichnet)
vortĂ€uschen. Hier gibt die frĂŒhzeitige richtige Erkennung im
Gegensatz zu der therapeutisch unzugÀnglichen chronischen
Polyarthritis die erfreuliche Möglichkeit einer wirksamen
Therapie.
Beobachtung 7. 5'A jÀhriges Kind. Im Verlauf von zwei
Jahren entwickelte sich nacheinander eine mĂ€Ăig schmerzhafte
Verdickung und BewegungsbeschrÀnkung des linken Kniegelenkes,
des rechten FuĂgelenkes, des linken Ellenbogengelenkes, des
rechten Ellenbogengelenkes und des linken FuĂgelenkes. Bei
40. Jahrg. â Nr. 6/7.
Axhausen: Luetische Erkrankung
148
Bebernahme der Behandlung waren beide Kniegelenke in Beuge-
Kontraktur versteift, die Ellenbogengelcnke und FuHgclcnke
zeigten erhebliche Verdickung und stinke Kapselschwellung.
Hfa He viel fach positiv. Die antiluetische Behandlung fĂŒhrte
zum Verschwinden der Kapselschwellung und zu weitgehender
Besserung der Funktion. Das rechte Kniegelenk blieb knöchern
versteift.
HĂ€ufiger aber gewiĂ sind die Formen, in denen nur ein
oder einzelne Gelenke, ganz besonders das Kniegelenk, den
beschriebenen Krankheitszustand zeigen. Hier erhebt sich
die Frage nach der Möglichkeit der Abgrenzung dieser FÀlle
gegenĂŒber der Synovialtuberkulose. Die Frage ist praktisch
so wichtig, weil die Behandlungswege in beiden FĂ€llen weit
auseinander fĂŒhren und weil die Wahl des richtigen Weges
fĂŒr das Schickal des Gelenkes ausschlaggebend ist.
Ich stehe nicht an auszusprechen, daĂ nach dem klini-
schen und röntgenologischen Bilde des Gelenkes in vielen
FĂ€llen eine sichere diferentialdiagrjpstische Entscheidung
vollstĂ€ndig unmöglich ist. GewiĂ kennen wir klinische ZĂŒge,
die uns mehr oder weniger deutlich nach der einen
oder der anderen Richtung weisen. DaĂ die doppel-
seitigen schlaffen ErgĂŒsse des Kniegelenkes mit geringer
Kapselschwellung und geringen Beschwerden fast mit
völliger Sicherheit den Schluà auf Lues zulassen, er-
wÀhnte ich schon. Eine besonders starke fungöse
Kapselschwellung berechtigt mit hoher Wahrscheinlichkeit
auf Tuberkulose zu schlieĂen. Aber diese Bilder stellen nur
einen Teil der zu beurteilenden KrankheitsfĂ€lle dar. GewiĂ
spricht Doppelseitigkeit der Erkrankung auch sonst fĂŒr Lues,
wir beobachteten sie aber auch gelegentlich bei der Tuber-
kulose. Mit Recht kann man sagen, daĂ die Schmerzhaftig-
keit, ebenso wie die Neigung zur Kontrakturbildung im all-
gemeinen bei der Tuberkulose gröĂer ist als bei der Lues;
ebenso lassen auch die FĂ€lle von Gelenklues meist die starke
Muskelatrophie vermissen, die fĂŒr die Tuberkulose charakte-
ristisch ist. Allein ein sicherer SchluĂ im Einzelfalle lĂ€Ăt
sich darauf nicht aufbauen. Auch das Röntgenbild gibt uns
in diesen FĂ€llen keine Entscheidung; entweder es ist ĂŒber-
haupt negativ, oder es zeigt in beiden FĂ€llen in gleicher
Weise neben den Symptomen des Ergusses die Bilder
leichter Arrosion an der Stelle des Knorpel-Knochenrandes,
ausgehend von der wuchernden, hier ansetzenden Synovial-
membran. Und daĂ die Anamnese hĂ€ufig im Stich lĂ€Ăt, ist
bekannt, wenn auch hier viel von der Art der Befragung ab-
hÀngig ist. Wir sind in diesen FÀllen, in denen die klinische
Diagnostik nicht zum Ziele fĂŒhrt, auf die Feststellung ander-
weitiger Luessymptome angewiesen: im kindlichen Alter be-
sonders die Keratitis parenehymatosa mit ihren Folgezu-
stÀnden, Zahn- und GaumenverÀnderungen, bei Erwachsenen
besonders die Periostitis der vorderen TibiaflÀche, strahlen-
förmige Hautnarben, LymphdrĂŒsen und Lues des Knochen -
Systems. In unseren FĂ€llen ist bei Erwachsenen eine gleich-
zeitige diffuse Knochenlues relativ hÀufig ein guter Weg-
weiser gewesen.
Beobachtung 8. 28 jÀhriges FrÀulein. Seit 3 Monaten
Schwellung des rechten Kniegelenkes mit mĂ€Ăigen Schmerzen;
ErguĂ und Kapselschwellung, geringe Hemmung der Funktion.
An der Fibularseite des anderen Beines etwa in der Mitte des
Unterschenkels deutliche teigige, druckemp-
findliche Schwellung; man fĂŒhlt die allmĂ€hlich dicker
werdende Fibula in das Schwellungsgebiet ĂŒbergehen. Im Rönt-
genbild spindlige Verdickung der Fibula etwa in der Mitte mit
aufgehobener Struktur und vielfach arrodierter Kontur: Lues der
linken Fibula, Lues des rechten Kniegelenkes.
Beobachtung 9. Die 45jÀhrige Patientin kommt zur Be-
handlung wegen einer seit 5 Monaten bestehenden allmÀhlich zu
nehmenden schmerzhaften Schwellung des rechten Handgelenkes,
die die rechte Hand fast gebrauchsunfÀhig macht. Starke und
druckempfindliche Verdickung des rechten Handgelenkes mit
dem Zentrum im Carpus. Dorsalflexion aufgehoben. Beugung
nur etwa 20° möglich. Es besteht also klinisch durchaus das
Bild der Handgelenkstuberkulose. Bei der Untersuchung fÀllt
alter eine leichte teigige Schwellung auf der Ulnar-
* e i t e des Vorderarmes entlang der U 1 n a auf; die
Dlna selber ist etwas verdickt und druckempfindlich Im Röntgen
bild beginnende diffuse Knochenlues der Dlna Die spezifische
Therapie bringt mit der Erkrankung der Ulna auch die Erkraii
kung des Handgelenkes zum Seilwinden.
Der wichtigste differentialdiagnostische FĂŒhrer, namenl
lieh in FĂ€llen, in denen eine positive Anamnese und alle son-
stigen Luessymptome fehlen, ist unzweifelhaft die Wasser
mannsche Reaktion. Ihr stark positiver Ausfall ist bewei
send fĂŒr die luetische Natur der Gelenkaffektion. Der theo
retisch gewiĂ denkbare Zufall einer Kombination von Gelenk-
tuberkulose mit Lues ist uns praktisch noch nicht begegnet.
So wird die Anstellung der serologischen Reaktion bei allen
diagnostisch nicht absolut sichergestellten Gelenkerkrankun-
gen zur zwingenden Notwendigkeit. Leider aber ist der Aus-
fall der ĂŒblichen Wassermannschen Reaktion aus dem Blut
nicht in allen FĂ€llen von Gelenklues positiv; dies gilt beson-
ders fĂŒr die heriditĂ€re Lues Erwachsener. Aus dem nega-
tiven Ausfall der Reaktion ist also noch kein SchluĂ auf die
nicht luetische Natur der Gelenkerkrankung zu ziehen. Hier
hat die letzte Zeit eine weitere Vervollkommnung der Dia -
gnostik ergeben durch die Anstellung der Wa Re aus dem
Gelenkpunktat bei vorhandenem Hydrops. Genau wie die
Wa Re aus dem Lumbalpunktat bei der Cerebrospinallues
das feinere diagnostische Reagens gegenĂŒber der Reaktion aus
dem Blut darstellt, ist nach unseren Feststellungen die
WaRe aus dem Gelenkpunktat der Wa Re aus dem Blut
an diagnostischem Wert durchaus ĂŒberlegen. Wir besitzen
nunmehr eine ganze Reihe von Beobachtungen von Gelenk -
lues, in denen die Wa Re aus dem Blut negativ, die Re-
aktion aus dem Punktat stark positiv ausfiel. Man gehe also
in solchen unentschiedenen FĂ€llen stets zur Gelenkpunktion
und zur serologischen PrĂŒfung des Punktats ĂŒber.
Auf diesem Wege wird die Diagnostik der Gelenklues bis
auf einzelne wenige RestfÀlle eingeengt. Und doch gibt es
noch solche RestfÀlle. Es gibt FÀlle, in denen man z. B. aus
einer doppelseitigen, lange behandelten, nicht fortschreiten-
den, aber auch nicht heilenden Verdickung beider Ellen-
bogengelenke bei Freisein aller ĂŒbrigen Gelenke auf eine
luetische Erkrankung schlieĂen möchte; aber die Luessymp-
tome fehlen, die Wa Re aus dem Blut ist negativ und ein
Punktat ist nicht zu erzielen. Und es gibt FĂ€lle von chro-
nischer doppelseitiger KniegelenkentzĂŒndung (ErguĂ und
Kapselverdickung) jugendlicher Erwachsener bei Freisein
aller ĂŒbrigen Gelenke, die sich gegen antirheumatische Be-
handlung refraktÀr erweisen und bei denen die Tuberkulose
mit allen modernen Mitteln der Untersuchung (einschl. Tier-
versuch) ausschlieĂbar erscheint; und doch ist die Wa Re
selbst aus dem Punktat zum mindesten zweifelhaft. In diesen
FĂ€llen scheue man nicht vor einer energischen probatori-
schen antiluetischen Behandlung zurĂŒck, die uns in einigen
FĂ€llen vollen Erfolg brachte.
Beobachtung 10. 28jÀhrige Lehrerin. Eltern beide ver-
storben. Seit 7 Jahren rechts seitige Kniebeschwerden, beson-
ders hĂ€ufig wiederkehrende ErgĂŒsse. Bisher therapeutisch un-
beeinfluĂbar. Es besteht leichte Beugekontraktur, praller ErguĂ;
nach Punktion deutliche Kapselschwellung wahrnehmbar. Unter-
suchung des linken Kniegelenkes ergibt einen kleinen ErguĂ
und geringe Kapselschwellung (von Patientin bisher nicht be-
merkt). Verdacht auf spÀte hereditÀre Gelenklues. Keine son-
stigen luetischen Symptome. Wa Re aus Blut negativ, aus
Punktat beiderseits einmal zweifelhaft, einmal schwach positiv.
Antiluetische Therapie vereint mit Nachkur in Oeynhausen
fĂŒhrt â allerdings erst nach % Jahren â Heilung herbei, die
noch jetzt, 3 Jahre spÀter, anhÀlt.
* , *
Wenn die klinische Erkennung der synovialen Ge-
lenklues in manchen FĂ€llen auf erhebliche Schwierigkeiten
stöĂt, so liegen die VerhĂ€ltnisse bei der ossalen Gelenk -
lues ungleich gĂŒnstiger. Das Röntgenbild liefert hier so
charakteristische Bilder, daĂ die Erkennung und die Abgren-
zung gegen die ossale Form der Gelenktuberkulose wohl nie
Schwierigkeiten machen wird. Bei der ossalen Gelenk-
tuberkulose finden wir im Röntgenbild neben der Arrosion
der GelenkflÀche selber die abgegrenzten subchondralen
Ashausen; Luetische Erkrankung
40. Jahrg. â Nr. 6/7.
Herde, die oft kleinere oder gröĂere Keilsequester ein-
sehlieĂen; die Spongiosa der ĂŒbrigen Epiphyse ist atrophisch,
zeigt aber erhaltene Struktur; die extraartikulÀren Seiten-
flÀchen der Gelenkenden weisen eine glatte OberflÀche auf.
Bei der ossalen Gelenklues finden wir nicht herdförmige,
sondern diffuse KnochenverÀnderungen; die gesamte Epi-
physe oder doch ein gröĂerer Teil von ihr zeigt einen voll-
stÀndigen Verlust normaler Struktur: Das Knochengewebe
ist teils strukturlos, teils wolkig getrĂŒbt mit helleren
und dichteren Partien. Die stark durchlÀssigen und dabei
strukturlosen Bezirke nehmen oft einen ganzen Condylus ein,
so daĂ die Grenze gegen die umgebenden Weichteile unscharf
wird. Neben den Arrosionsbildem der GelenkflÀche selber
sieht man Arrosion besonders hÀufig an den seitlichen Ge-
lenkabschnitten, bis tief in das extraartikulÀre Gebiet hinein;
daneben sind hier oft periostale Knochenbildungen wahr-
nehmbar. Die KnochenverÀnderungen erstrecken sich in
manchen FĂ€llen weit in den angrenzenden Schaft herein.
Sind die KnochenverÀnderungen auf die Epiphyse be-
schrÀnkt, so sind sie der klinischen Feststellung meist nicht
zugĂ€nglich. Hier ist allein das Röntgenbild maĂgebend.
Doch gelingt in AusnahmefÀllen auch die klinische Er-
kennung.
Beobachtung 11. 35jÀhrige Patientin. Seit 2 Monaten
Schwellung des rechten Kniegelenkes mit geringen Beschwerden.
Kleiner ErguĂ, mĂ€Ăige Kapselschwellung. Man bemerkt, daĂ die
sichtbare und tastbare Schwellung vom inneren Gelenkspalt aus
sich noch etwa handbreit auf die anstoĂende vor-
dere innere TibiaflÀche fortsetzt. Hier teigige Kon
sistenz und Druckempfindlichkeit. Daraufhin Diagnose auf ossale
Kniegelenklues, die durch den Röntgenbefund an dem inneren
Tibiacondylus bestÀtigt wird.
In der Regel aber ist die Erkennung nur durch das Rönt-
genbild möglich. Ein Beispiel der bezeichnenden Röntgen-
befunde bei ossaler Gelenklues geben die beigegebenen Fi-
guren 1 und 2, die den folgenden Beobachtungen entnom-
men sind.
Beobachtung 12. 30 jÀhrige Arbeiterin. 1914 wegen
rechtsseiliger Kniegelenkluberkulose lÀngere Zeit im Kranken-
Fig. 1.
haus behandelt. Gebessert entlassen, doch bleibt Verdickung des
Knies bestehen. Jetzt (1919) seit 8 Tagen wieder stÀrkere Be-
schwerden.
Praller ErguĂ; deutliche Kapselverdickung (nach Punktionj,
leichte Beugekontraktur. Aktive Bewegungen nur bis zu einem
Hechten möglich. Das Röntgenbild (Fig. 1) ergibt, besonders an
dem Ă€uĂeren Femurcondylus verwaschene Knochenstruktur mit
wolkigen Aufhellungen und Verdichtungen. Arrosion und
Knochenauflagerung an der SeitenflĂ€che. UnregelmĂ€Ăige AuĂen-
kontur des anstoĂenden Femurschaftes. Am Knorpelknochen-
rande des inneren Femurcondylus ausgesprochene Randwulst-
bildung als Zeichen der sekundÀren Arthritis deformans. Die
vierfach positive Wa Re bestÀtigt die Annahme einer ossalen
Gelenklues.
Noch ausgesprochener sind die röntgenologischen Ver-
Ă€nderungen am folgenden Fall.
Fig. 2.
Beobachtung lĂŒ. 41 jĂ€hriger Mann. Seit 13 Jahren leidet
der Patient an Schmerzen und Schwellung des rechten Knie-
gelenkes. Die Schwellung wechselte mehrfach an StÀrke. Im
Laufe der letzten Jahre zunehmende EinschrÀnkung der Beweg-
lichkeit. Vielfache Àrztliche Behandlung ohne wesentlichen Er-
folg. In den letzten Jahren erfolgte die Behandlung wegen Ar-
thritis deformans.
Spindlige Schwellung des rechten Kniegelenkes mit ziemlich
starker Kapselverdickung, ein ErguĂ ist zur Zeit nicht nachweis-
bar. Leichte Beugekontraktur; Flexion nicht ganz bis zu einem
Rechten. Das Röntgenbild (Fig. 2) zeigt die gleichen VerÀnde-
rungen wie im vorigen Falle, nur in viel stÀrkerem Grade, ins-
besondere sind beide Condylen befallen. Gleichzeitig sind auch
hier (am inneren Femurcondylus) die charakteristischen Rand-
zacken als Zeichen der sekundÀren Arthritis deformans wahr-
nehmbar. Wa Re aus dem Blute negativ. Ein Punktat ist nicht
zu gewinnen. An der Diagnose einer schweren ossalen Gelenk-
lues ist nach dem Röntgenbefunde kein Zweifel möglich. Leidei
hat sich der Patient der Behandlung entzogen.
Ich erwÀhnte bereits, daà in unseren Beobachtungen die
hereditĂ€re Gelenklues fast ausschlieĂlich in der Form
der synovialen Gelenklues auftrat: doch konnten wii
auch einige AusnahmefÀlle beobachten.
40. Jahrg. â Nr. 6/7.
Axhauscn: Luctische Erkrankung
145
Beobachtung 14. LI jĂ€hriges MĂ€dchen. Vor '/â . Jahr an-
geblich nach Fall Schwellung und Schmerzen im rechten Ellen
bogcngelcnk, vielfach Àrztliche Behandlung. Keine Besserung
.lei/.t Ellenbogengelenk stark verdickt, Streckdefekl von 30°,
Beugedefekt von 20°. Mafiige Schmerzhaftigkeit. Das Röntgen-
bild zeigt am Olecranon und im anstoĂenden Teil der Ulna die
charakteristischen /eichen der Knochenlues: Verdickung des
Knochens, rauhe Aulleukontmen, Aufhebung der Knochenstruktur
mit wolkigen TrĂŒbungen. Wa Re vier f a c h p o si t i v. Anii
luetische Behandlung fĂŒhrt Heilung herbei.
Röntgenbild ergibl eine, nach innen keilförmig zunehmende Ver-
dickung der Clavlcula mit diffuser VerÀnderung der Struktur bis
ans Sternale Gelenkende. Patient ist noch in Behandlung.
Manchmal geht in diesen FĂ€llen die luetische Erkran-
kung auch auf die deckende Muskulatur ĂŒber; dann entstehen
Bilder, die einein Sarkoni des Gelenkendes tÀuschend iiiin
lieh sehen. Ich gehe die Photographie eines solchen Falles
nebst dazugehörigen Röntgenbildern in den Figuren 4 und 5
wieder; sie gehören zu der folgenden Beobachtung.
Beobachtung IC. 28 jahriges MĂ€dchen, vor 10 Jahren
Lues. In den letzten Monaten zunehmende Anschwellung des
unteren Endes des rechten Ăberarms, zuletzt zu erheblichen
Ausmafien; gleichzeitig Versteifung des Ellenbogengelenkes.
Fig. 3.
Auch ohne Röntgenbefund ist dagegen die Diagnose der
ossalen Gelenklues leicht, wenn die Erkrankung auf die be-
nachbarte Metaphyse und den Knochenschaft ĂŒbergegangen
ist. Man bemerkt dann neben der Gelenkerkrankung selber
eine teigige Schwellung in der Gegend der anstoĂenden Meta-
physe und des benachbarten Knochenschaftes. Die tastende
Hand stellt die Verdickung des Knochens und seine Druck-
empfindlichkeit fest. Solche Befunde dĂŒrften wohl immer
beweisend fĂŒr die ossale Gelenklues sein. Die Mitbeteiligung
des anstoĂenden Knochenschaftes ist auch der entscheidende
Befund bei der ossalen Lues des Sternoeleidoclavicular-
gelenkes, die wir recht hÀufig zu Gesicht bekamen. In allen
FĂ€llen war hier von dem vorbehandelnden Arzt eine Tuber-
kulose des Sternoclaviculargelenkes angenommen worden.
Liegt, wie in der nachfolgenden Beobachtung 15, das Zen-
trum der sichtbaren Schwellung nicht im Gelenkspalt selber,
sondern neben ihm in der Clavicula, nahe dem sternalen
Ende, so ist schon klinisch die Unterscheidung möglich. In
anderen FÀllen ist das Röntgenbild ausschlaggebend, das bei
der Lues die flaschenförmige Auftreibung des sternalen Cla-
vicularendes mit den diffusen schweren StrukturverÀnde-
rungen deutlich erkennen lĂ€Ăt.
Beobachtung 15. 28 jÀhriger junger Mann. Seit zwei
Monaten langsam zunehmende Schwellung in der Gegend des
linken Sternoclaviculargelenkes. Geringe Beschwerden. Die
Untersuchung ergibt, daĂ das Zentrum der recht erheblichen
Schwellung nicht im Gelenkspalt, sondern etwa 2 Querfinger breit
nach auĂen davon in der Clavicula gelegen ist; der Gelenkspall
liegt schon nahe des inneren Randes der Schwellung. Das
Fig. 4.
Bei der Untersuchung (Fig. 4) fand sich in der unteren HĂ€lfte
des rechten numerus eine mÀchtige spindliche Tumorbildung, die
der Betastung nach zum Teil aus Knochen, zum Teil aus decken-
den derben Weichteilmassen bestand. Die Umfangsdifferenz an
Fig. 5.
146
Axhausen: Luetische Erkrankung
40. Jahrg. â Nr. 6/7.
der dicksten Stelle betrug 8 cm gegenĂŒber der anderen Seite!
Die Haut ist in dem Tumorbezirk gespannt, eine Spur gerötet,
luhit sich etwas heià an. Der ganze Tumor ist mÀhig schmerz-
haft.
Das Röntgenbild (Fig. 5) lĂ€Ăt deutlich erkennen, daĂ der ge-
tastete Tumor zum gröberen Teil aus Weichteilen, zum kleineren
aus Knochen besteht. Der Weichteiltumor hat eine ziemlich be-
trĂ€chtliche GröĂe. Der Knochen erscheint in ganzer Ausdehnung
des Humerus schwer verĂ€nĂŒert. Die Teilung in Kompakta und
Markhöhle ist völlig aulgehoben. Der Knochen ist in ein diffus
schwammiges Knochengewebe verwandelt, an manchen Stellen
Verdichtungen aulweisend, an anderen (nahe dem Ellenbogen-
gelenk) wie arrodiert aussehend. Die VerÀnderungen betreifen
den ganzen Knochen ziemlich gleichmĂ€Ăig. Eine Euter suchung
des obersten Llnaendes zeigt auch hier die gleichen VerÀnde-
rungen der Knochenarchitektur. Das Gelenk selbst erscheint
nahezu zerstört.
Auch hier fĂŒhrte die antiluetische Behandlung zu einem voll-
stĂ€ndigen RĂŒckgang der Knochen- und Muskellues, nachdem aller-
dings noch wÀlirend der Behandlung eine Spontanfraktur des
Humerus entstanden war; und selbst die Funktion des Ellenbogen-
gelenkes kehrte in erheblichem Umfang wieder.
Die alte Regel, beim vermeintlichen Knochensarkom die
ciit'ferentialdiagnostische Abgrenzung gegen die diffuse
Knochenlues mit allen Mitteln (ev. durch Probeexcision und
mikroskopische Beurteilung, die aber nur von sachkundigster
Hand vorgenommen werden darf) zu erzwingen, gilt auch
durchaus fĂŒr diese FĂ€lle kombinierter Gelenkknochenlues.
Manche ExtremitĂ€t ist in frĂŒherer Zeit der Amputation ver-
fallen, die durch antiluetische Behandlung hÀtte erhalten und
funktionstĂŒchtig erhalten werden können.
Welch ungeheuren Umfang die Erkrankung annehmen
kann, bewies uns die folgende Betrachtung:
Beobachtung 17. 47 jÀhriger Mann. Seit 1916 erkrankte
langsam nacheinander das linke Kniegelenk, das linke Ellen-
bogeiigelenk, das linke Schultergelenk. Behandlung ohne Erfolg.
1919 erkrankte auch das rechte Kniegelenk. Alle vier
groĂen Körpergelenke boten klinisch und
röntgenologisch das Bild schwerster ossaler
Gelenklues. Wa Re einfach positiv. (Patient des Herrn
Regierungsarztes Dr. H e i n e m a n n.)
BezĂŒglich der Therapie möchte ich mich kurz fassen:
Die verschiedenen Möglichkeiten der modernen antiluetischen
Behandlung vergleichend zu beurteilen, ist nicht Sache des
Chirurgen.
Bei kleinen Kindern leiten wir die Behandlung mit der
Imerwol sehen Kur ein, d. h. wir geben 3 â 5 mal in acht-
tÀgigen AbstÀnden eine intramuskulÀre Injektion von 1lw bis
"jio cem einer 1 % Sublimatlösung. k
Bei Erwachsenen beginnen wir die Behandlung mit
reichlichen Jodkaligaben. Wir fangen mit 3 g pro die an
und steigen allmÀhlich bis 5, 6, ja in manchen FÀllen sogar
8 g pro die. Wir haben den Eindruck, daĂ gerade die groĂen
Joukali-Gaben besonders wirksam sind. Nach einer 3- bis
4 wöchentlichen Jodkalikur ĂŒbergeben wir die Patienten dem
Facharzt zu einer kombinierten Quecksilber-Salvarsan-
behandlung.
Auf das Salvarsan möchte ich unter keinen UmstÀnden
verzichten. Seine Wirksamkeit hat sich uns in einem recht
bemerkenswerten Fall schwerster Gelenksyphilis in ekla-
tanter Weise gezeigt.
Beobachtung 18. 30 jÀhriger Kaufmann. Vor 7 Jahren
luetische Infektion in den Tropen. Etwa 1 Jahr G Monate vor
Aufnahme in die Klinik langsam einsetzende und allmÀhlich zu-
nehmende Schmerzen in beiden FuĂgelenken; deutliche Schwel-
lung der Gelenke und Verdickung der beiden unteren Tibiaenden.
Nach einiger Zeil auch zunehmende Schmerzen in beiden Knie-
gelenken. Die Erkrankung wurde als luetische Arthritis und
Ostitis diagnostiziert. 16 Monate lang war der Patient in Be-
handlung der Syphilisabteilung verschiedener KrankenhÀuser und
in verschiedenen dermatologischen Kliniken. Alles, was die alte
und neue Syphilogie an Kuren gegen die Syphilis kennt, ist an
diesem Patienten von berufenster Seite zur Anwendung gebracht
worden. Gleichwohl waren die schmerzhaften Schwellungen nicht
nur nicht zu beseitigen, sondern sie nahmen noch zu und die
Schmerzen wurden unertrÀglich. In einem Krankenhause wurde
eine Inzision am rechten unteren Tibiaende vorgenommen: die
Operationswunde verheilte nicht, sondern wandelte sich in ein
GeschwĂŒr um, in dessen Grunde schwarzer brandiger Knochen
lag. Der Zustand wurde so unertrÀglich, daà Patient sich in
unsere Klinik aufnehmen lieĂ mit der Bitte, ihm beide
Beine zu amputieren.
Er hatte das GlĂŒck, gerade zu der Zeit zu kommen, in der die
ersten Versuche mit der Salvarsantherapie gemacht wurden. Wir
hielten uns daher fĂŒr verpflichtet, der Amputation diese Sal-
varsantherapie vorangehen zu lassen. Der Erfolg war geradezu
verblĂŒffend. Die GelenkschweUungen gingen zurĂŒck, die Schmer-
zen nahmen ab und verschwanden bald ganz, das GeschwĂŒr heilte
zu. 6 Wochen nach dem Eintritt in die Klinik konnte der Patient
mit seinen eigenen Beinen zu FuĂ und beschwerdefrei die
Charite verlassen und seine Arbeit wieder aufnehmen.
DaĂ die Ausheilung der schweren, lange bestehenden
Gelenklues nicht selten in Ankylose erfolgt, habe ich schon
erwÀhnt. Aber auch in den FÀllen, in denen das Gelenk mit
guter Funktion erhalten bleibt, ist das definitive Schicksal
desselben noch nicht gesichert. Ein feines, fĂŒhlbares Knorpel -
reiben bei den Bewegungen mahnt uns, mit der Prognose vor-
sichtig zu sein; denn es zeigt uns, daĂ hier durch die Er-
krankung SchÀdigungen der Knorpeldecke erfolgt sind. Nach
der Natur der luetischen Erkrankung, nach der uns be-
kannten umfangreich nekrotisierenden Wirkung der lueti-
schen Erkrankung auf den Knochen (auch bei der diffusen,
nicht erweichenden Knochenlues), ist es durchaus verstÀnd-
lich, daà auch bei lÀnger bestehender synovialer und insbe-
sondere bei der ossalen Gelenklues nutritive SchÀdigungen
an der Knorpeldecke des Gelenkes auftreten. Die Folge-
erscheinungen solcher KnorpelschÀdigungen sind uns gegen-
wĂ€rtig durch experimentelle Untersuchungen enthĂŒllt. Der
geschÀdigte Knorpel ist weniger resistent als der normale
lebende Knorpel; er unterliegt unter der Funktion der Auf-
faserung und AbschleiĂung, in schwereren FĂ€llen bis zur Ent-
stehung der charakteristischen Schleifstellen. Jede Unregel-
mĂ€Ăigkeit einer GelenkflĂ€che fĂŒhrt aber unter der weiter-
gehenden Funktion auf der normalen GegenflÀche zu weiteren
Folgeerscheinungen. Der normale Knorpel ist dazu gemacht,
sich gegen die glatte OberflĂ€che des GegenĂŒber zu bewegen.
Weist die Gegenseite UnregelmĂ€Ăigkeiten auf, so treten an
*ihm ebenfalls oberflÀchliche, allmÀhlich tiefer gehende Ne-
krosen auf, die auch hier zur Zerfaserung und AbschleiĂung
fĂŒhren: es entsteht die sekundĂ€re Schleifstelle der Gegenseite.
Wie jedes andere tote Gewebe innerhalb lebender Umgebung,
lösen auch die Knorpelnekrosen gleichzeitig reaktive Vor-
gÀnge im umgebenden lebenden Knorpel (Knorpelzellwuche-
rung, Bildung von Faserknorpel und faserigem Bindegewebe)
und im unterliegenden Mark (Umwandlung in gefĂ€Ăreiches
exquisit resorbierend wirkendes Bindegewebe) aus. Die
intensiven LebensvorgÀnge in dem sonst so trÀgen Knorpel
und subchondralen Mark stellen erhöhte Anforderungen an
die Zufuhr ernÀhrenden Blutes; so kommt es zur Hyperaemie
und Hyperplasie des gefĂ€ĂfĂŒhrenden Synovialmembran und,
in Zusamenhang hiermit, zu lebhaften ZellbildungsvorgÀngen
in der Proliferationszone des Knorpels am Knorpel-Knochen -
rande. Hier miterliegt das wuchernde Knorpel -Bindegewebe
der Ossifikation vom subchondralen Mark aus: dies sind die
charakteristischen knöchernen Randwulstbildungen. Mit an-
deren Worten: Die nutritive SchĂ€digimg des Knorpels fĂŒhrt
gesetzmĂ€Ăig zur Arthritis deformans. Jenes oft beobachtete
Knorpelreiben ausgeheilter luetischer Gelenke ist das erste
Kennzeichen der VerÀnderungen im Sinne der Arthritis de-
formans. Sehr schön konnten wir die Entwicklung der
sekundÀren Arthritis deformans bis zum schwersten Grade
an dem rechten Ellenbogengelenk des in Beobachtung 7
wiedergegebenen Falles verfolgen. Hier war nach Ausheilung
der luetischen Erkrankung das Knorpelreiben deutlich wahr-
nehmbar. Im Verlauf der folgenden 8 Jahre konnten wir
nun die Entwicklung der Arthritis deformans durch alle
Stadien verfolgen. Zur Zeit besteht eine erhebliche Be-
schrÀnkung der Funktion, Schmerzhaftigkeit bei Bewegun-
gen, das Gelenk ist leicht verdickt. Bei Bewegungen Knacken
40. Jahrg. â Nr. 6/7.
Kocppc: Perkussion des SchÀdels
und Reiben. Im Röntgenbild ist der Gelenkspalt stark ver
engt, ausgesprochene Randzacken an dem Gelenkraride des
Humerus und der Ulna. Und auch in dem Röntgenbilde
ifFig. l) der Beobachtung 13 ist als Zeichen der sekundÀren
Arthritis deformans eine deutliche Randwulstbildung am
inneren Kenarcondylus wahrnehmbar.
Es muà nach diesen und Àhnlichen Beobachtungen als
sii her angenommen werden, daĂ manche FĂ€lle von jugend
Iii her Arthritis deformans auf dem Boden einer luetischen
Gelenkerkrankung entstanden sind. Es ist dabei durchaus
nicht nötig, daà die primÀre Erkrankung von den Patienten
oder von den Eltern der Kinder bemerkt worden ist, sehen
wir doch so hÀufig, daà die Eltern eine vorhandene luetische
Atfektion des Kniegelenkes gar nicht bemerkt haben. Und
auch in der Beobachtung 10 ist die sehr intelligente Patientin
sich der Erkrankung des linken Kniegelenkes gar nicht
bewuĂt gewesen. Wie hĂ€ufig mögen auch sonst leichte
luetische Gelenkerkrankungen, insbesondere am Kniegelenk
unbemerkt fortbestehen! Erst die Entwicklung der spÀteren
sekundÀren Arthritis deformans macht die Patienten
in diesen FĂ€llen auf das erkrankte Gelenk aufmerk-
sam. Gerade die gar nicht so sehr seltene juvenile doppel-
seitige Arthritis deformans des Kniegelenkes erscheint mir
in dieser Beziehung recht verdÀchtig. Die luetische Aetiologie
der Erkrankung lĂ€Ăt sich in diesen FĂ€llen, da die Wasser-
mannsche Reaktion aus dem Blut bei der hereditÀren Gelenk-
lues der Erwachsenen sehr hÀufig negativ, und ein
Punktat aus dem Gelenk nicht zu gewinnen ist, fast nie mehr
feststellen. Auch lĂ€Ăt es sich nicht mehr sagen, ob in diesen
FÀllen die luetische Vorerkrankung schon völlig ausgeheilt
ist, oder ob sie noch einen gewissen Anteil an der vorhan-
denen Erkrankung hat; ich halte das erstere allerdings fĂŒr
das wahrscheinliche. Gleichwohl halte ich es fĂŒr ratsam,
in solchen FĂ€llen doppelseitiger Arthritis deformans der
Jugendlichen, in denen die Möglichkeit der luetischen Aetio-
logie besteht, der ĂŒblichen Therapie der Arthritis deformans
eine spezifische Behandlung hinzuzufĂŒgen.
Weitere Erfahrungen mit der Perkussion
des kindlichen SchÀdels,
Von Prof. K o e p p e - GieĂen.
Die Perkussion des SchÀdels hat, wie ich mich seit
meiner ersten Veröffentlichung (D. m. W. 1919) ĂŒber diesen
Gegenstand dank der Zuschriften verschiedener Kollegen
ĂŒberzeugen konnte, doch schon ihre Geschichte. Ich will
heute daraus nur mitteilen, daĂ W e p f e r 1658 von
Schweizer TierÀrzten erzÀhlt, die durch Beklopfen des
SchÀdeldachs von Rindern und Schafen aus der Art des
Schalles auf das Vorhandensein von Cysticerken schlössen.
1828 berichtet P i o r r y ĂŒber Perkussion des SchĂ€dels und
1855 B e t z, ein Heilbronner praktizierender Arzt, der sich
nach schöner Beschreibung der verschiedenen beobachteten
Schallverschiedenheiten in theoretische Erörterungen ĂŒber
ihre Ursachen, Entstehung und physikalische Deutung ver-
liert, ohne zu einem praktischen Resultat zu kommen. 1895
und ausfĂŒhrlicher 1897 hebt Bruns die Bedeutung des Per-
kussionsschalles des SchÀdels hervor, besonders in diagnosti-
scher Beziehung. Die VerÀnderungen des Perkussionstones,
sowohl das âSchleppern" wie die Tympanie, sind fĂŒr Bruns
Zeichen einer erheblichen VerdĂŒnnung des SchĂ€deldaches.
Das Symptom des Schepperns findet sich besonders bei
HirngeschwĂŒlsten, ohne jedoch fĂŒr diese pathognomonisch zu
sein, da es ebenso wie die Tympanie auch bei anderen
Krankheiten vorkommt, so bei Hydrocephalus, Meningitis
| tuberculosa, seniler Osteoporose, ja bei gesunden SĂ€uglingen
sei die allgemeine Tympanie fast regelmĂ€Ăig nachzuweisen.
Die Arbeiten nach Bruns bringen nichts wesentlich
Neues.
Im Verlaufe meiner eigenen Beobachtungen und Unter-
suchungen kam ich nun bald ganz davon ab, fĂŒr das abson-
derliche PhÀnomen, daà beim Beklopfen der festen SchÀdel -
kapsei mit ihrem massiven Inhalt ein tympanitischer Schal]
gehört wird, eine physikalische Deutung zu suchen. Meine
Beobachtungen an SĂ€uglingen brachten mich vielmehr dar-
auf, zwischen den Ergebnissen des Perkussionsschalls und
dem Grade der Spannung der groĂen Fontanelle, also der
Spannung des SchÀdeldachs, infolge des intrakraniellen
Druckes einen Zusammenhang zu suchen. Ich glaube nun
folgenden Zusammenhang gefunden zu haben:
Das Auftreten von Schettern oder tympanitischen Schall
bei der Perkussion des kindlichen SchÀdels ist bedingt durch
einen erhöhten intrakraniellen Druck.
Damit ist die rein physikalische Frage nach der Ent-
stehung tympanitischen SchÀdelschalls zunÀchst ausge-
schaltet, ebenso die Frage, ob und inwieweit die Spannung
des SchÀdeldachs physikalisch bei der Entstehung desselben
beteiligt ist. Es handelt sich jetzt darum, ob klinisch
tympanitischer SchĂ€delschall ein Symptom fĂŒr erhöhten
intrakranellen Druck ist. Wir haben zu prĂŒfen, was die
Methode der SchÀdelperkussion im Vergleich zu den anderen
Zeichen fĂŒr erhöhten Hirndruck leistet.
Den höchsten Grad von Tympanie sowie Schettern lĂ€Ăt
auf den höchsten Grad von intrakraniellem Druck schlieĂen,
andererseits hat hohe Drucksteigerung Im SchÀdelinnern
Stauungspapille zur Folge. Bei 10 FĂ€llen, bei denen
die SchÀdelperkussion Schettern und hohe Tympanie und
damit AnlaĂ zur Untersuchung des Aug.mhintergrundes
ergab, wurde Stauungspapille festgestellt. In 12 anderen
FĂ€llen, bei denen der Augenhintergrund aus anderem AnlaĂ
untersucht wurde, wurde der Augenhintergrund normal ge-
funden, bei keinem dieser FĂ€lle war Schettern vorhanden,
nur bei 5 FĂ€llen ist Tympanie teilweise als voiĂŒbergehend
verzeichnet. Ein Fall, welcher mit fraglicher Stauungspapille
eingeliefert wurde, hatte absolut leeren SchÀdelschall, darauf-
hin erschien eine Stauungspapille unwahrscheinlich und
wiederholte Untersuchung in der Augenklinik brachte den
Beseneid, daà die VerÀnderungen der Papille innerhalb
physiologischer Grenzen liege.
Besser als durch die immerhin seltenen FĂ€lle mit
Stauungspapille können wir den durch die SchÀdelperkussion
diagnostizierten Grad des Hirndrucks durch darauf folgende
Lumbalpunktion kontrollieren.
Bei 69 FÀllen mit erhöhter SchÀdeltympanie, einzelnen
auch mit Schallern, fand sich 61 mal bei der Lumbalpunktion
erhöhter Druck. Die 8 FÀlle, bei denen die Lumbalpunktion
keinen erhöhten Druck ergab, erklÀren sich dadurch, daà bei
der Lumbalpunktion eben nur der Lumbaidruck gemessen
wird, nicht aber der Hirndruck.
Perkutieren wir vor der Lumbalpunktion und nach dem
Ablassen von Liquor, so ist in der Regel der Schall dann oft
leer oder weniger tympanitisch, je nach der Menge des abge-
lassenen Liquors. In FĂ€llen, wo vor wie nach Ablassen von
Liquor, der Perkussionsschall der gleiche war, handelte es
sich um tumor cerebri oder die Sektion ergab Oedem der
HirnhÀute, salzige DurchtrÀnkung der Hirnhaut.
Auch feinere Druckschwankungen, die bei Messungen
des Lumbaidruckes beboachtet wurden, können durch die
Perkussion des SchÀdels ermittelt werden, so ist bei inten-
sivem Schreien der Kinder höhere Tympanie festzustellen,
ebenso beim sog. Atemhalten, auch bei KeuchhustenanfÀllen.
Alle solche Tympanie ist vorĂŒbergehend. Wir sehen aber,
daĂ die Methode viel leistet und noch feine Unterschiede zur
Kenntnis bringt. Da also durch die SchÀdelperkussion noch
vorĂŒbergehende und geringe Drucksteigerungen ermittelt
werden, ist es nicht absolut nötig, sofort in jedem Fall von
erhöhter SchÀdeltympanie eine Lumbalpunktion anzu-
schlieĂen. Erhöhte SchĂ€deltympanie gibt nicht schematisch
die Indikation fĂŒr eine Lumbalpunktion, die zwar den an-
geregten erhöhten Hirndruck bestÀtigen wird, aber in man-
chen FĂ€llen sich als ĂŒberflĂŒssig oder bedeutungslos erweisen
dĂŒrfte. Immerhin sind hierĂŒber noch Erfahrungen zu sam-
meln. Ein Fehler dĂŒrfte es wohl keinesfalls sein, wenn man
bei erhöhter SchÀdeltympanie eine Lumbalpunktion vor-
nimmt.
148
Jacobsohn: SpÀtikterus
40. Jahrg. â Nr. 6/7.
Um die Perkussion des SchÀdels hei Kindern richtig
werten zu können, mĂŒssen wir scnarf daran festnĂ€hen, daĂ
durch die Perkussion nur ein gewisser physikalischer Zu-
stand, der intrakranielle Druck, ermittelt wird, nicht eine
bestimmte Krankheit diagnostiziert werden kann.
Nicht Krankheiten sind die Ursache des Symptoms der
SchÀdeltympanie und des Schetterns, sondern die Ursache
dieses Symptoms ist der erhöhte intrakranielle Druck,
weicher naturlich bei ganz verschiedenen Krankheiten und
Krankheitszustanden und bei den einzelnen wieder verschie-
den auftreten kann. Da sich nun die SchÀdelperkussion beim
Kind als sehr zuverlÀssige und empfindliche Methode zur
Ermittelung des intrakraniellen Druckes bisher durchaus be-
wĂ€hrt hat, erscheint sie vorzĂŒglich geeignet, nun umgekehrt
festzustellen, bei welchen Krankheiten, KrankheitszustÀnden
usw. Druckerhöhungen vorkommen, welche etwaigen anderen
klinischen Erscheinungen damit in Zusammenhang zu brin-
gen sind, in welchen ballen alsdann eine Liunbalpunktion zu
therapeutischen oder diagnostischen Zwecken angezeigt ist.
"Von den in dieser Ricntung gemachten Erfahrungen er-
scheinen mir folgende beachtenswert. Die FÀlle von SchÀdel-
tympanie und auch Schettern bei Otitis, auf welche ich
schon in meinem ersten Bericht hinwies, haben mir anfangs
viel Schwierigkeiten bereitet zur Zeit, als ich noch die
SchÀdeltympanie eben als Symptom bestimmter Krankheiten
ansah. Die inzwischen durch Beobachtung vermehrter FĂ€lle
gewonnenen Erfahrungen lehrten, daĂ bei dem Einsetzen
akuter entzĂŒndlicher Ohraffektionen in vielen FĂ€llen (nicht
in allen) hohe SchÀdeltympanie und sogar Schettern ge-
funden werden kann, hohes Fieber und leichte Rötung des
Trommelfells sind die einzigen sonstigen Befunde, wÀhrend
der Allgemeinzustand des Kindes den Verdacht auf eine be-
ginnende Meningitis erweckte. Das Verschwinden der
SchĂ€deltympanie in einigen Tagen brachte die Sicherheit, daĂ
keine Meningitis vorlag. Wir erkennen aber, daĂ bei ein-
facher Otitis der Gehirndruck erhöht sein kann. In anderen
FĂ€llen von Otitis purulenta, welche als geheilt noch von fach-
Ă€rztlicher Seite angesehen wurden, zeigte uns das weitere Be-
stehen und Zunehmen der SchÀdeltympanie an, daà Heilung
doch noch nicht da sei; erneutes Fieber, erneute Eiterung der
alten Affektion oder auf dem andern bisher gesunden Ohr
bestÀtigte diese Auffassung. Besonders bei SÀuglingen hat
sich uns die SchÀdelperkussion zur schnellen imd bequemen
Ermittelung von Ohraffektionen recht oft bewÀhrt. Auch bei
FĂ€llen von Meningismus z. B. bei Retropharyngitis fand sich
SchÀdeltympanie, deren baldiges Abklingen den Verdacht auf
Meningitis erledigte. Aus diesen und Àhnlichen FÀllen ist
ersichtlich, daĂ entzĂŒndliche Prozesse in der
NĂ€he van Blut- und Lymphbahnen, welche
mit dem SchÀdelinnern in Verbindung
stehen, im SchÀdelinnern krankhaften er-
höhten Druck erzeugen können.
Wie bei der Otitis werden wir durch die SchÀdelper-
kussion auch bei andern Krankheiten nicht unwichtige Auf-
schlĂŒsse ĂŒber bei diesen auftretende VerĂ€nderungen des nor-
malen Hirndrucks erlangen. Infolgedessen werden wir uns
immer bewuĂt sein mĂŒssen, daĂ die SchĂ€delperkussion fĂŒr
sich allein keine bestimmte Krankheitsdiagnose zu stellen
erlaubt, sondern eben nur AufschluĂ ĂŒber den jeweiligen
intrakraniellen Druck gibt, gerade so wie bei der Thorax-
perkussion eine DĂ€mpfung nur ĂŒber den jeweiligen physika-
lischen Zustand des dahinter liegenden Raumes schlieĂen
lĂ€Ăt. Deswegen sind die Vorteile, welche die SchĂ€delper-
kussion bringt, nicht geringer zu veranschlagen.
Bedenken wir, wie bei SĂ€uglingen und auch bei gröĂeren
Kindern der Arzt durch den Patienten keine oder nur höchst
mangelhafte Auskunft erhÀlt und ebenso die Angaben der
Umgebung zu wĂŒnschen ĂŒbrig lassen, wie der Arzt also fast
allein auf das Ergebnis seiner Untersuchung angewiesen ist,
so ergibt sich hieraus ohne weiteres, wie wertvoll jede Er-
weiterung unserer Untersuchungsmethoden ist. FĂŒr mich
persönlich gehört jetzt die SchÀdelperkussion zu einem voll-
stÀndigen Status genau so gut wie die Thoraxperkussion. In
einer groĂen Zahl von FĂ€llen hat mir das Ergebnis der
SchÀdelperkussion sowohl nach der positiven wie nach der
negativen Seite hin wertvolle, z. T. ausschlaggebende An-
haltspunkte fĂŒr Diagnose wie fĂŒr Therapie gegeben. Wenn
mir dabei jetzt noch die langjÀhrige Uebung, die gesammelten
Erfahrungen und mein fĂŒr den Gegenstand natĂŒrlich beson-
ders starkes Interesse zugute kommen, so ist andererseits doch
noch jetzt nach Festlegung dieser Erfahrungen die Erlernung I
der Technik und die Verwertung der Untersuchungsresultate J
um so leichter als bisher. Weiter möchte ich noch hervor- 1
heben, daà die SchÀdelperkussion eben doch nur ein Teil der !
Gesamtuntersuchung ist, die ĂŒbrigen Methoden nur ergĂ€nzt,!
also nicht ĂŒberflĂŒssig macht. Bei der Einfachheit der Hand- I
habung, der GeringfĂŒgigkeit des Eingriffes â jederzeit und!
unter allen UmstĂ€nden ist ihre Anwendung möglich â noch!
kein Kind hat sich mir ernstlich gegen das Beklopfen des!
SchÀdels gestrÀubt, wenn auch zuweilen die Perkussion!
schmerzhaft ist â , gibt das Resultat hingegen in jedem Fallel
ein eindeutiges Ergebnis ĂŒber einen höchst wichtigen Zu-1
stand des Kranken. Oft fĂŒhrt das Ergebnis zur weiteren I
Untersuchung des Augenhintergrundes, zur Lumbalpunktion!
usw., die ohne dem vielleicht unterblieben wÀren; in anderem!
Falle erlaubt es das Unterlassen dieser Untersuchungen.
Nach alledem, was die SchÀdelperkussion mir bis jetzt!
geleistet hat, zweifle ich nicht, daĂ mit den weiteren Erfah-
rungen ihre Bedeutung noch weiter wachsen wird.
Ueber den SpÀtikterus nach Salvarsan.
Von Dr. Julius Jacobsohn, Berlin.
Die Aerzte sind dem Salvarsan gegenĂŒber auch heute1
noch in einer eigenartigen, vielleicht beispiellosen Lage: das.
in seiner Wirkung gegen Syphilis allgemein anerkannte
Heilmittel wird in tausenden von FĂ€llen ohne den geringsten
Schaden angewendet, und eben dasselbe Mittel fĂŒhrt in einer
kleinen Zahl von FÀllen zu schweren, ja tödlichen Erkran-
kungen. Die ĂŒberwiegende Mehrzahl der Aerzte lernt schĂ€d-
liche Wirkungen des Salvarsans an eigenen FĂ€llen nicht,
keimen und viele wissenschaftliche Bearbeiter dieses Ge-,
bietes bestreiten die Beziehung von Gesundheitsstörungen zu
dem Heilmittel und fassen sie als AeuĂerungen der Syphi-
lis auf.
Ganz besonders schwierig ist die KlÀrung der Frage des
Zusammenhangs mit dem Heilmittel oder mit der Grund-
krankheit bei der zuletzt, eigentlich erst seit der Veröffent-
lichung von Rehder und Beckmann (1) 1917 bekannt-
gewordenen Nachkrankheit, der Gelbsucht, dem SpÀtikterus
nach Salvarsan, wie ihn diese Autoren bezeichnet haben im
Gegensatz zu der seit Beginn der SalvarsanÀra im unmittel-
baren AnschluĂ an die Injektion in seltenen FĂ€llen beob-
achteten Gelbsucht, dem FrĂŒhikterus. Auf Rehder und
Beckmann, welche 20 wÀhrend eines halben Jahres in
Kiel beobachtete FĂ€lle mitteilen, folgen dann schnell hinter-
einander eine Reihe von Mitteilungen ĂŒber die Erkrankung.
Aus fachĂ€rztlichen Lazaretten berichtet Fabry (2) ĂŒber 12
FĂ€lle, Friedmann (3) ĂŒber 22, Silbergleit (i) ĂŒber
21, aus UniversitÀtspolikliniken und Kliniken Pulver-
macher - Berlin (5 u. 6) in zwei umfangreichen Arbeiten
1917 ĂŒber 7, 1918 ĂŒber 16 eigene FĂ€lle, Spiethoff - Jena
(7) ĂŒber eine nicht nĂ€her angegebene erhebliche Anzahl und
Oltramare-Genf (8) ĂŒber 200 FĂ€lle, darunter 189 nach
Neosalvarsan wÀhrend 4 Jahren. Zimmern (9) hat in
einer sehr wichtigen Studie aus dem gesamten Material der
deutschen Marine wÀhrend des Krieges bis 1917 360 FÀlle ge-
sammelt. Die Zahl der ĂŒberhaupt vorgekommenen Erkran-
kungen ist aber sicher viel gröĂer, als die Zahl der ver-
öffentlichten, wie sich aus Diskussionsbemerkungen in fach-
Ă€rztlichen -Vereinen und aus mĂŒndlichen Mitteilungen von
Kollegen entnehmen lĂ€Ăt.
Das ziemlich gleichmĂ€Ăig sich darstellende Krankheits-
bild ist das eines katarrhalischen Ikterus mit den dafĂŒr cha-
40. Jahrg. â Nr. 6/7. Jacobsohn: Sp&tikterus 140
rakteristischen Symptomen, oft mit deutlicher Schwellung
und Druckschmerzhaftiekeit der Leber. Der Krankheits-
verlauf ist meist oin leichter, der die TĂ€tigkeit nicht beein-
trĂ€chtigt, von 3â9 Wochen Dauer, selten ein schwerer, der
ĂŒber mehrere Monate sich erstreckt und mit lange zurĂŒck-
bleibender VergröĂerung und VerhĂ€rtung der Leber die Ge-
sundheit lange und vielleicht dauernd beeintrÀchtigt. Tu ein-
zelnen wenigen FĂ€llen hat die Erkrankung aber unter dem
RĂŒde der akuten gelben Leberatrophie unter Delirien und
Koma, der fĂŒr diese Erkrankung typischen Psychose, zum
Tode gefĂŒhrt, und zwar berichtet Zimmern ĂŒber 6 Todes-
fÀlle, Silber gleit aus der in ihrer Schwere einzig da-
stehenden IngolstĂ€dter Ikterusendemie ĂŒber 13 TodesfĂ€lle
unter 21 Erkrankungen.
Charakteristisch fĂŒr den SnĂ€tikterus nach Salvarsan ist
das lange Intervall zwischen der letzten Salvarsaniniektiön
und dem Auftreten der Gelbsucht, das mindestens 14 Tage,
meist 3 Monate, in einzelnen noch hierher gerechneten FĂ€l-
len bis 7 Monate betrÀgt, nicht selten vollstÀndig beschwerde-
frei verlÀuft, oft aber Zeichen einer beginnenden Magen-
Darmstörung: Appetitlosigkeit, Druck- und SchmerzgefĂŒhl in
der Oberbauchgegend und Àhnliche Symptome aufweist. Die
Dauer dieser âInkubationszeit" ist dabei ganz unabhĂ€ngig
von der Anzahl der Salvarsaninjektionen und der Dosierung
und von der Kombination mit einer Ouecksilberkur. Ein
zweites Kennzeichen, das bei anderen Arten der Gelbsucht
vermiĂt wird, ist die von Rehder und Beckmann,
Friedmann, Gennerich u. a. konstatierte Giftfestig-
keit oder ,, ImmunitÀt" gegen die ikterogene Kraft des Salvar-
sans. Friedmann hat bei GelbsĂŒchtigen Salvarsan ohne
Verschlimmerung der Krankheit weitergegeben und hat seine
von der Gelbsucht genesenen Luetiker mit vollen Salvarsan-
dosen weiter behandelt und andere nach den ĂŒblichen Pau-
sen einer erneuten Kur mit Neosalvarsan unterworfen, ohne
die Gelbsucht wieder auftreten zu sehen.
Der pathologisch-anatomische Befund der Leber bei den
an Leheratronhie nach Salvarsan Verstorbenen bietet nichts
fĂŒr die Krankheit Spezifisches und gleicht dem Befunde der
beiden wahrscheinlich zu Unrecht zum FrĂŒhikterus gerech-
neten FĂ€lle von Severin und Heinrichsdorf CIO).
Es findet sich eine im Zentrum der LeberlÀnpehen begin-
nende, peripher fortschreitende Nekrose der Leberzellen ohne
Verfettung der Zellen mit Ersatz der ausgefallenen Zell-
partien durch erweiterte Kapillaren und HĂ€morrhagien. Es
ist dies das Bild der genuinen Leheratronhie P a 1 1 a u f ' s ,
die auch bei anderen Infektionen und Intoxikationen der
verschiedensten Art beobachtet worden ist. Auf hyner-
plastische und regenerative Prozesse, die von erhaltenen Le-
berzellen ausgehen und eine Restitutionsmöglichkeit auch hei
weitgehender Zerstörung des Lebergewebes einschlieĂen,
haben Severin und Heinrichsdorf und zuletzt
Herxheimer und G e r 1 a c h (11) hingewiesen.
FĂŒr die Aetiologie der Erkrankung lassen sich weder aus
dem klinischen noch aus dem nathologisch-anatomisehen
Refnnd irgend welche bindenden SchlĂŒsse ziehen. Die Son-
derstellung der Krankheit wird ĂŒberhaunt zweifelhaft, wenn
wir die Leberaffektionen, welche im Laufe der Svnhilis als
endotoxische Wirkung des Syphilisgiftes (Buschke) auf-
treten, zum Vergleich heranziehen, den FrĂŒhikterus der
Eruntions- und Rezidivperiode (Icterus svphiliticus praecox)
und die svnhilitische akute gelbe Leheratronhie. Man kommt
dann leicht zu der Annahme â und Tachau (12) hat das
heulich als uanz gesichert hinbestellt â . fast ieder nach
Salvarsan beobachtete Ikterus sei ein svnhilitisehcr. Nun ist
aber SnÀtikterus nach Salvarsan aueh bei Nicbtluetikeni in
einer sehr beringen Anzahl von FĂ€llen, wie bei der Spezi-
fitÀt des Mittels nicht anders zu erwarten ist, beobaebtet
worden. Pulvermacher erwÀhnt einen Fall von Lieben
ruber planus, der von Linser in einem Lazarett mit Alt-
salvarsan in den ĂŒblichen Dosen behandelt worden war und
6 Wochen spÀter in einem Rerliner Krankenhaus mit einem
leichten Ikterus zur Beobachtung kam, und Zimmern hat
5 solche FĂ€lle aufgefunden, von denen zwei nach Malaria
und einer naeb Herpes zoster gangrae.nosus vielleicht nicht
beweisend sind, weil eine Beziehung der Gelbsucht zur
Grundkrankheit nicht ganz unmöglich ist oder die Anamnese
vielleicht eine vorausgegangene Lues verschweigt. Zwei
andere bei Ulcus molle nach provokatorischer Neo-Salvar-
saninjektion beobachtete FÀlle scheinen aber beweiskrÀftig
zu sein, weil hier die auf die Lues-Diagnose gerichtete Beob-
achtung und wiederholte Serumreaktionen eine rezente oder
frĂŒher erworbene Syphilis ausschlieĂen.
Die Deutung des SpÀtikterus wird ganz besonders er-
schwert durch die Zunahme der FĂ€lle von Gelbsucht und
akuter Leberatrophie in Deutschland und einigen Nachbar-
lÀndern wÀhrend der letzten Kriegsjahre und der Nach-
kriegszeit. Zimmern bezieht die erhebliche Steigerung
der Zahlen fĂŒr den gewöhnlichen und den Salvarsaniktems
auf die allmÀhliche Verschlechterung der EmÀhrungsver-
hÀltnisse und die dadurch bedingte BeeintrÀchtigung der
WiderstandsfĂ€higkeit der Leber gegenĂŒber einwirkenden
SchÀdlichkeiten. Es besteht sicher die Möglichkeit, daà die-
selben Faktoren, welche besonders unter der Bevölkerung
der GroĂstĂ€dte Lebererkrankungen veranlassen: UnterernĂ€h-
rung, Mangel an leichtverdaulichen Fetten und Ersatz der-
selben durch Konserven und verdorbene Lebensmittel des
Schleichhandels, auch bei mit Salvarsan behandelten Lueti-
kern wirksam waren, und daĂ es sich in einer gröĂeren Zahl
von FÀllen um ein zufÀlliges Auftreten des katarrhalischen
Ikterus bei Luetikern handelt. Das wĂŒrde aber nicht die
HĂ€ufung der FĂ€lle in einzelnen Lazaretten und innerhalb
kurzer Zeit erklÀren, wie sie von Friedmann, Fabrv,
S i 1 b e r g 1 e i t u. a. beobachtet worden ist. In der Statistik
von Zimmern fehlen leider Angaben ĂŒber die Verteilung
der Salvarsan-IkterusfÀlle auf die einzelnen Marinelazarette.
Die Annahme einer besonderen, bisher unbekannt ge-
bliebenen örtlichen SchÀdlichkeit toxischer oder infektiöser
Art, welche zu einer Ikterusendemie fĂŒhre, wie sie Tachau
fĂŒr diese Lazarettendemien gelten lassen will, erklĂ€rt wie-
derum nicht die BeschrÀnkung des Ikterus auf den Kreis der
mit Salvarsan behandelten Syphilitiker, trotz Fehlens jeder
Absperrung von anderen nichtluetischen Lazarettinsassen,
wie es in allen FĂ€llen beobachtet und von S i 1 b e r g I e i t
fĂŒr die IngolstĂ€dter Endemie nĂ€her ausgefĂŒhrt worden ist.
Diesen mannigfachen Schwierigkeiten gegenĂŒber be-
gnĂŒgen sich die meisten Autoren und auch Pul ver-
mach er, der das hier in groĂen Umrissen wiedergebehene
Material einbehend und erschöpfend behandelt hat, schlieĂ-
lich damit, die verschiedenen ursÀchlichen Momente in ihrem
Zusammenwirken fĂŒr die Entstehung des Ikterus verant-
wortlich zu machen und das Salvarsan entweder als prÀ-
disnonierenden oder die Endwirkung auslösenden Faktor zu
bewerten.
Vielleicht fĂŒhrt auch hier das Auffinden eines analogen,
dem fraglichen, auffallend Àhnlichen ursÀchlichen Zusam-
menhanges zur KlÀrung der Frabe. Wir kennen seit kurzer
Zeit eine Ikteruserkrankung, welche mit dem SalvarsanspÀt-
ikferus die beiden oben hervorbehobenen Kennzeiehen ge-
meinsam hat: das Intervall zwischen Arzneibehandlung und
Auftreten der GelbfÀrbung und die Giftfestigkeit gegen den
toxischen Stoff wÀhrend und nach Ablauf der Gelbsucht. Es
ist dies der Ikterus nach dem frĂŒher beliebten Antimrrotikum
Laktonhenin, welchen zuerst H. StrauĂ 03) 1K94 beob-
achtete und den Olav Hanssen C14) an der Klinik von
Laache-Ghristiania an 48 FĂ€llen genauer studiert und in
einer Monographie 1914 beschrieben hat. Nach innerlichem
Laktonheninbebrauch von 1,5 â 3.0 g tĂ€glich tritt in ungefĂ€hr
50 Prozent aller FĂ€lle unter 1 â 2t3pn'bem Teirmeraturan stieg
Gelbsucht auf. Von Beginn der Medikation bis zum Auf-
treten der HautfÀrbunb und der Chohirie verbehen min-
destens 0, lÀngstens 12 Tabe. und diese Latenzneriode ist un-
abhÀngig von der verabreichten Dosis und bleibt auch un-
verÀndert, wenn man das Laktonhenin nach dem 2. Tage
schon aussetzt. Die Erkrankung dauert einibe Tage bis
einige Wochen, verlÀuft gutartig mit den gewöhnliehen Be-
schwerden und Symptomen des katarrhalischen Ikterus. Sie
150
Jacobsohn: SpÀtikterus
10. Jahrg. â Nr. 6/7.
hinterlĂ€Ăt eine dauernde VerĂ€nderung der ReaktionsfĂ€higkeit
des Organismus gegen das Medikament, welche in einem
Falle Hanssens noch 10 Jahre nach der erstmaligen Lak-
tophenindarreichung festgestellt werden konnte. Auch die
gröĂten Gaben des Medikaments fĂŒhren nicht mehr zu einer
erneuten Gelbsucht oder zu Temperaturerhöhung. Das
Laktophenin (Laktyl-paraamidophenyl-ÀthylÀther C,H30
C6 H4 NH COCHOH CH3) ist ebenso wie das Phenetidin und
das Phenazitin ein Abkömmling des Paraamidophenols
(G6 H4 OH NH2). Gleich diesem wird es nach Hanssen im
Organismus in der Weise zerlegt, daĂ die Seitenkette abge-
spalten wird und der Kern, das para-Aminophenol mit
SchwefelsÀure und mit GlucuronsÀure gepaart im Harn und
in der Galle ausgeschieden wird. Der nach Laktophenin -
gebrauch entleerte Harn gibt nach H e f f t e r (15) die Para-
amidophenolreaktion mit a Naphtol. Die antipyretische
Wirkung der Phenetidinderivate beruht nach Wenzel (16)
auf ihrem Kern, dem Para-Amidophenol, der auch zugleich
den toxisch wirkenden Bestandteil darstellt. Im Salvarsan
sind 2 Metamidoparaoxyphenyl-Kerne durch 2 Arsenaiome
verbunden. Das Salvarsan enthÀlt also ein Metamidophenol,
einen dem Paraamidophenolkern des Laktophenins isomeren
Körper. Es drÀngt sich damit der Gedanke auf, ob nicht
auch die gleiche toxische Wirkung auf die Leberzelle auf
die gleiche Amidophenolgruppe zu beziehen ist, so verschie-
den sich auch sonst isomere Körper chemisch und physiolo-
gisch manchmal verhalten mögen. Untersuchungen ĂŒber die
toxische Wirkung der Ortho- und Metamidophenole fehlen
bisher. Hinsberg und Treupel (17) haben in ihrer
ausgedehnten Arbeit ĂŒber die physiologische Wirkung der
Paraamidophenole nur das Azetylorthophenetidin unter-
sucht und es ebenso antipyretisch wirksam, aber erheblich
toxischer gefunden wie die entsprechende ParaVerbindung,
das Phenazetin.
Die Rolle des Arsens als Ikterus auslösender Faktor ist
schon von Bernh. Fischer (18) bezweifelt worden trotz des
Nachweises von wechselnden Arsenmengen in der Leber von
nach Salvarsan Verstorbenen. Herxheimer erinnert
daran, daĂ bei Vergiftungen mit Phosphor und mit Arsen
im Tierexperiment und beim Menschen der Beginn der
fettigen Degeneration und Nekrose der Leberzellen stets an
der Peripherie der LeberlÀppchen vorkommt im Gegensatz
zu der zentroazinÀren Nekrose der Leberatrophie nach Sal-
varsan. Können wir nun in dem nitrierten Benzolkern des
Salvarsans, der 65 Prozent des MolekĂŒls ausmacht, den
toxischen Faktor suchen, und wie wollen wir diese Hypo-
these in Einklang bringen mit der von Frenkel-Heiden
imd Navassart (19) gefundenen Tatsache, daĂ Salvarsan
nach intravenöser Injektion in wenigen Tagen mit Harn und
Faeces zum gröĂten Teil unverĂ€ndert ausgeschieden wird?
Danach könnte eine Abspaltung des Benzolkerns in wirk-
samer Menge im Körper nicht erfolgt sein und man mĂŒĂte
zunÀchst an einen Fabrikationsfehler denken, welcher zer-
setzte PrĂ€parate in gröĂerer Menge in die HĂ€nde der Aerzte
hÀtte gelangen lassen. In der französischen Literatur sind
solche Vermutungen gegenĂŒber den in Frankreich viel ge-
brauchten Arsenobenzenen, welche wohl landeseigene Ersatz -
Produkte fĂŒr deutsche OriginalprĂ€parate darstellen, sehr
hĂ€ufig geĂ€uĂert worden, und auch in Deutschland hat sich
in letzter Zeit dieser Verdacht geregt. Ganz abgesehen da-
von, daà die therapeutische Wirksamkeit des PrÀparats un-
verÀndert geblieben ist und die bestimmte Versicherung
K o 1 1 e s gegenĂŒber von Zimmern vorliegt, daĂ von einer
Aenderung des PrÀparates keine Rede sein kann, ist zur Auf-
klÀrung der IngolstÀdter Endemie, welche 22 Erkrankungen
an schwerem Ikterus mit 13 TodesfĂ€llen umfaĂt, auf Veran-
lassung der bayerischen SanitÀtsbehörde eine toxicologische
NachprĂŒfung des Vorrats von Salvarsan, dem die dort ver-
wendeten Ampullen entstammten, durch Robert und F r i-
b o e s erfolgt und hat ein vollstÀndig negatives Resultat er-
geben. S i 1 b e r g 1 e i t, der seinen Bericht ĂŒber die Ingol-
stÀdter FÀlle an das SanitÀtsamt im wesentlichen unver-
Àndert veröffentlicht, hatte das betreffende erst im Herbst
1918 in Ingolstadt bekannt gegebene Gutachten von Robert
nicht mehr berĂŒcksichtigt.
FĂŒr die Erforschung der SalvarsanschĂ€digungen hat
E h r 1 i c h den von Pulvermacher zitierten Leitsatz aufge-
stellt:
âIst ein bestimmter Schaden mit dem Mittel direkt ver-
bunden, so muĂ die Verteilung dieses Schadens eine gleich-
mĂ€Ăige sein. Stellt sich aber heraus, daĂ bestimmte SchĂ€den
an einer einzigen Stelle oder an einigen wenigen Stellen be-
sonders gehÀuft vorkommen, an anderen dagegen vollkom-
men fehlen, so beweist dies wohl, daĂ nicht das Mittel, son-'
dem die Technik, der besondere Fehler der Technik, Schuld
am Resultat tragen."
In der Literatur ĂŒber SpĂ€tikterus findet sich nur an einer
Stelle eine Aussage ĂŒber einen technischen Fehler und zwar
in dem oben erwĂ€hnten Bericht Silbergleit's ĂŒber die Ikterus -
endemie in der Syphilisabteilung des Lazaretts Ingolstadt.
Diese traurigen FĂ€lle haben auch fĂŒr mich den ersten AnlaĂ
zu der BeschÀftigung mit diesem Problem gegeben. Als be-
handelnder Arzt der Lazarettabteilung fĂŒr Harnkrankheiten :
habe ich selbst in Ingolstadt Syphilitiker nicht behandelt.
WĂ€hrend der Monate Dezember 1917 bis Februar 1918, ded
Zeit des Ausbruchs der Endemie, war ich erkrankt und be-
urlaubt, so daĂ ich nur die letzten Ikteruskranken einmal
flĂŒchtig gesehen und nur der letzten Sektion beigewohnt
habe. Immerhin blieb der damalige Eindruck lange haften
und bestimmte mich zu ganz besonderer Aufmerksamkeit
gegenĂŒber etwaigen Folgen von Salvarsaninjektionen. Von
den Angaben Silbergleits ĂŒber die dort geĂŒbte Technik
interessiert hier folgender Wortlaut: âAllerdings hat Dr. F.
(nach seiner Angabe wurde das stets auch von seinen Vor-
gÀngern so gehandhabt) Ampullen von 1,5 Neosalvarsan und
0,9 Neosalvarsan verwendet und mit dem Inhalt derselben
Ampulle mehrere Patienten gespritzt. (Die gröĂte Anzahl
waren 5 Patienten À 0,3 Neosalvarsan.) Das Spritzen habe
sich aber so rasch abgespielt, daĂ 5 Spritzen kĂŒrzeste Zeit
beanspruchten. Jedenfalls war in diesem Zeitraum eine Zer-
setzung des Neosalvarsans unmöglich . . . Gegen einen
Fehler in der Technik spricht ferner folgender Umstand:
An der Hand der KrankenblĂ€tter lĂ€Ăt sich feststellen, daĂ
es keinen Neosalvarsan-Behandlungstag gab, der allen
Kranken gemeinsam war. WĂ€re also ein Fehler in der
Technik vorgekommen, so mĂŒĂte er wiederholt begangen
worden sein, das ist doch sehr unwahrscheinlich."
Wie die folgenden AusfĂŒhrungen zeigen sollen, ist Silber-
gleit ĂŒber die strittige Frage, ob eine Zersetzung von Neo-
salvarsanlösungen innerhalb einer nicht einmal so sehr
kurzen Zeit möglich sei, vielleicht zu schnell hinweg-
gegangen. Auch ich konnte damals, als ich von dieser Me-
thode, Sammellösungen fĂŒr 3 â 5 Patienten anzusetzen, er-
fuhr, an irgend welche bestimmten dadurch verursachten
SalvarsanschÀdigungen nicht denken, hatte ich doch auch
in anderen Lazaretten recht viel Zeit zwischen Herstellung
der Lösung und Vornahme der Injektion verstreichen sehen,
ohne daĂ irgend welche schlimmen Folgen bekannt geworden
waren. Auf die Möglichkeit eines solchen Zusammenhangs
wurde ich erst ein Jahr spÀter aufmerksam, als ich in eigener
Praxis fĂŒr eine Neosalvarsaninjektion bei einem Tabetiker
lÀngere Zeit brauchte als sonst, weil die Vene nicht aufzu-
finden war. Der Patient, welcher frĂŒher Altsalvarsan und
Neosalvarsan wiederholt ohne Schaden vertragen hatte, be-*
kam am Abend des Injektionstages eine erhebliche Tempe-
ratursteigerung mit SchĂŒttelfrost und allgemeinem Unbe-
hagen und zeigte am folgenden Tage hochgestellten Urin mit
starkem Urobilingehalt. Dieselbe Erfahrung machte ich kurz
darauf in einem zweiten Falle von alter Lues, wo das so-
genannte Spirochaetenfieber ebenfalls ausgeschlossen war;
bei beiden Patienten kam es ĂŒbrigens nicht zu irgend einer
Folgeerkrankung. Ich bestimmte nun die Zeit, welche ich
brauchte vom Moment der Eröffnung der Ampulle bis zur
Beendigung der Injektion, wenn der Patient vor Ansetzen
der Lösung vollstĂ€ndig fĂŒr die Injektion vorbereitet war, und
fand ziemlich regelmĂ€Ăig auch bei 0,6 Neosalvarsan 1 % bis
10. Jahrg. â Nr. 6/7.
Jai obsohn: SpÀtikterus
ir.i
i Minuten fĂŒr diese fĂŒr die Zersetzung des Neosalvarsari
an der Luft kritische Zeit. Ich habe von da an jede Lösung
PortgegOSSen, welche das 3 â 1 fache dieses Zeitraums, also
ĂŒber 5 Minuten lang, im Lösungsglase und in der Spritze
hatte bleiben mĂŒssen, wegen irgend welcher ZwischenfĂ€lle
oder Hindernisse fĂŒr die schnelle AusfĂŒhrung der Injektion,
und habe dafĂŒr eine neue angesetzt. Ich glaube mit dieser
MaĂnahme den Erfolg gehabt zu haben, daĂ Fiebersteige-
rungen nach diesen Injektionen sehr selten geworden sind,
wenn man von den Injektionen wÀhrend der Eruptions-
periode und bei sonstigen zu Fiebersteigerungen neigenden
ErkrankungszustÀnden absieht. Auf Grund der gleichen Be-
sorgnis vor der schnellen Zersetzlichkeit des Neosalvarsans
verlangt Pinkus (20) in seiner lehrbuchartigen Darstellung
der Salvafsanbehandlung, daĂ zuerst die KanĂŒle in die Vene
eingefĂŒhrt wird, bevor man die Lösung ansetzt. Das wĂŒrde
Assistenz erfordern und die Arbeit nicht wesentlich ab-
kĂŒrzen.
Es bedarf hier keiner nĂ€heren AusfĂŒhrungen darĂŒber,
daà bei den Gruppenerkrankungen an SpÀtikterus in einer
Krankenabteilung manches fĂŒr einen technischen Fehler der
eben geschilderten Art spricht. Die Methode der Herstellung
von Sammellösungen ist ganz ohne RĂŒcksicht auf das be-
stimmte Verbot der Gebrauchsanweisung im GroĂbetrieb
sehr verbreitet, wie aus Mitteilungen von Kollegen und Pa-
tienten sich entnehmen lĂ€Ăt. Wir finden aber auch in der
Literatur darĂŒber einige Angaben. Unter den von Ehrlich
gesammelten Abhandlungen ĂŒber Salvarsan findet sich aus
der Zeit der EinfĂŒhrung der intravenösen Neosalvarsan-
injektionen ein Bericht von FrĂŒhwald (21) aus der Kli-
nik von Rille- Leipzig mit folgendem Wortlaut: âDa ich
stets mehrere, oft 6â8 Patienten tĂ€glich zu spritzen hatte,
muĂte ich darauf verzichten, das Medikament in der Spritze
zu lösen, da die jedesmalige Herstellung der einzelnen Dosis
zu zeitraubend gewesen wÀre. Deshalb habe ich die ge-
samten Dosen auf einmal gelöst; da alle Manipulationen sehr
rasch vorgenommen wurden, so konnte, wenn die letzten
Patienten an der Reihe waren, von einer chemischen Ver-
Ă€nderung des Neosalvarsans noch nicht die Rede sein. Ich
habe auch nie bei den zuletzt gespritzten Kranken irgend-
welche Folgeerscheinungen gesehen, die auf derartige Zer-
setzungsprozesse zurĂŒckzufĂŒhren gewesen wĂ€ren." Viel-
leicht sind doch die Temperatursteigerungen, welche FrĂŒh-
wald in etwa ein Drittel seiner FĂ€lle gesehen hat, und zwar
nicht allein nach der ersten Spritze, sondern noch hÀufiger
nach der dritten, auf die Zersetzung eines Bruchteiles der
verwendeten Sammellösung zu beziehen. Heller (22) er-
wÀhnt gelegentlich einer Demonstration von Streptokokken -
embolien in der Niere nach schwerer Salvarsandermatitis,
daà die betreffende Salvarsandosis einem GefÀà entnommen
wurde, in dem fĂŒr eine ganze Anzahl Erkrankter die
Mischung vorrÀtig gehalten wurde, und sagt dazu in einer
Anmerkung: âDer Kranke wurde nicht von mir behandelt.
Ich selbst ziehe nach wie vor Einzeldosierung fĂŒr jeden Pa-
tienten vor."
Ueber die Schnelligkeit und den Ablauf der Autooxyda-
tion der Salvarsanlösungen existieren leider keine fest-
begrĂŒndeten Vorstellungen. Auf Veranlassung von Ehr-
lich hat Castelli (23) im Tierversuch die ToxizitÀt der
Neosalvarsanlösungen und die Zunahme der Giftigkeit inner-
halb einer kurzen Zeitspanne genau festgestellt. Er knĂŒpft
ah seine Untersuchungen folgende praktischen Bemerkungen,
welche ĂŒber "das, was hier vorgeschlagen wird, hinausgehen:
âEs wĂ€re beispielsweise ein groĂer Fehler, die Lösung her-
zustellen, bevor der Patient vollstĂ€ndig fĂŒr die Einspritzung
bereit ist, oder fĂŒr mehrere Patienten nacheinander ein und
dieselbe Lösung zu verwenden. Man darf auch nicht Teile
der Lösung einspritzen, welche oben sitzen und deshalb mit
der Luft in BerĂŒhrung gestanden haben. Man muĂ bei der
klinischen Praxis stets bedenken, daà eine Verzögerung von
10 Minuten hinreicht, um die ToxizitÀt dieses Mittels beim
Kaninchen von < 0,3 auf > 0,15 pro Kilo zu steigern."
WÀhrend ich nun durch möglichste Beschleunigung der
Injektionsarbeil und Verzicht auf die Verwendung von Lö-
sungen, welche lÀnger als 5 Minuten im Lösungsglas und in
der Spritze gestanden halten, den vermuteten Arbeitsfehler
ausgeschlossen zu haben glaubte, winde ich durch zwei FĂ€lle
von SpÀtikterus, welche meine eigenen so behandelten Pa-
tienten betrafen, in meinen Ansichten zunÀchst wankend ge-
macht und dann darĂŒber belehrt, daĂ die ZeitbeschrĂ€nkung
allein nicht genĂŒgt, um die Gefahr des SpĂ€tikterus abzuwen-
den. Im letzten Vierteljahr 1919 erkrankte ein 36 jÀhriger
Postbeamter mit seit W* Jahren bestehender Lues an mittel-
schwerem Ikterus. 2 Monate nach einer Neosalvarsankur,
der zweiten, von 5 Spritzen in den ĂŒblichen Dosen und in
der Gesamtmenge von 2,1 g trat nach Magenbeschwerden
und unter Gewichtsabnahme eine Gelbsucht auf, den n Ah-
lauf ich nicht verfolgen konnte, weil der Patient bald ab-
reiste. Gegen Ende des ersten Vierteljahres 1920 erkrankte
eine 23 jÀhrige Wirtschafterin mit einer seit VA Jahren be-
stehenden Syphilis nach der zweiten Kur, einer Sublimat-
und Neosalvarsankur von 1,55 g Gesamtmenge nach einer
Latenzzeit von ungefÀhr 3 Monaten an einem ungefÀhr acht
Wochen dauernden Ikterus, der von einem Facharzt fĂŒr
Magenkrankheiten als katarrhalischer Ikterus behandelt
wurde. Ich habe die Patientin erst ein halbes Jahr spÀter
gelegentlich der Einleitung einer neuen Inunktions- und
Neosalvarsankur wiedergesehen und zweifle nicht an der Be-
ziehung des Ikterus zu der vorausgegangenen Kur. Bei
nĂ€herer PrĂŒfung entdeckte ich bei den beiden zeitlich nicht
zusammenfallenden BehandlungsfÀllen ein gemeinsames
Moment. Beide Patienten waren nie zu der fĂŒr die Injek-
tionen festgesetzten Stunde erschienen, sondern 2 â 3 Stun-
den spÀter. Zu ihrer Behandlung diente dieselbe Rekord-
spritze, welche einige Stunden vorher fĂŒr die Injektionen
mehrerer Patienten verwendet worden war. Die Spritze war
unmittelbar nach jeder Injektion mit abgekochtem Wasser
mehrere Male durchgespritzt worden. Sie wurde dann in
einer Glasschale bedeckt aufbewahrt und fĂŒr die spĂ€ter ge-
kommenen Patienten verwendet, ohne noch einmal ausge-
kocht zu werden. Es ist denkbar, daĂ die Reinigung durch
FĂŒllen mit Wasser und Ausspritzen nicht genĂŒgt hat, um
kleinste, dem Spritzeninnern anhaftende Salvarsanmengen
zu entfernen. Besonders dachte ich da an die Rinne des
Stempels fĂŒr den Haftring, welche sich schwer genĂŒgend
reinigen lĂ€Ăt.
Hart (24) hat vor wenigen Wochen in einer Arbeit
ĂŒber die âSterilisierbarkeit der Injektionsspritzen" auf Risse
und Spalten in der Lötmasse zwischen Spritzenzylinder und
Metallfassung aufmerksam gemacht, welche sich unter Druck
leicht mit FlĂŒssigkeit anfĂŒllen lassen und durch Auskochen
schwer sterilisierbar sind. Hart denkt selbst an eine Ver-
unreinigung des Salvarsans durch solche bei gelöteten
Spritzen unvermeidlichen Fehler der Lötstelle. Ich habe,
spÀter die Spritze nach jedesmaligem Gebrauch vollstÀndig
auseinandergenommen und mit abgekochtem Wasser durch
UebergieĂen und DurchspĂŒlen gereinigt. Das sicherste wĂ€re
wohl die Verwendung einer besonderen Spritze fĂŒr jede ein-
zelne Injektion. Auf einer Àhnlichen Fehlerquelle scheinen
die von Spiethoff (7) 1921 veröffentlichten FÀlle von ge-
hÀuft auftretendem Ikterus wÀhrend der Jahre 1913 und 1914
zu beruhen. Er hat 50 Prozent der mit Eigenserumlösungen
behandelten und auch einige der mit wÀsseriger Neosalvar-
sanlösung behandelten Patienten an Ikterus erkranken sehen
und hat die Erkrankungen dadurch zum Aufhören gebracht,
daĂ er sein gesamtes Spritzenmaterial wechselte. Welche
Momente hier wirksam gewesen sind, ob es sich um eine
durch Alkali abgebendes Glas der Spritzen bedingte SchÀd-
lichkeit gehandelt hat oder ob wirklich ein unbekanntes
toxisches oder infektiöses Agens, welches sich mit der Zeit
vermehrte, angeschuldigt wird, bleibt unklar, und Spiet-
hoff selbst spricht sich darĂŒber nicht deutlich aus. An
eine VerstÀrkung und Beschleunigung der Oxydation der
Neosalvarsanlösungen durch irgendwelche an seinem
Spritzenmaterial haftenden oder wÀhrend des Gebrauchs ent
standenen SchÀdlichkeiten denkt er offenbar nicht.
152
v. Schnizer: Galls SchÀdellehre
40. Jahrg. â Nr. 6/7.
Eine Entscheidung der fĂŒr die Salvarsantherapie recht
wichtigen Frage, ob zersetztes Salvarsan den SpÀtikterus ver-
ursacht, kann nur vom Tierversuch erwartet werden. Auch
die sorgfÀltigste klinische Beobachtung solcher FÀlle und die
ausgedehnteste Statistik wird hier, wo ungelöste Fragen der
Leberpathologie mitspielen, immer nur zu einem mehr oder
weniger groĂen Grad von Wahrscheinlichkeit fĂŒhren. Solche
Tierversuche liegen nun schon vor und scheinen die Frage
in unserem Sinne beantwortet zu haben. Allerdings sind sie
von einer ganz anderen Fragestellung aus unternommen
worden, nÀmlich zur Feststellung einer Verwandtschaft der
Salvarsandermatitis mit den Serumexanthemen. StĂŒhmer
(25) hat die Annahme Schreibers, daĂ unter Mitwirkung
des injizierten Neosalvarsans sich EiweiĂkörper oder Fer-
mente im Körper bilden, welche die Salvarsandermatitis
Ă€hnlich wie bei Serumxanthemen verursachen zu beweisen
versucht. Er hat Kaninchen mit toxischen Dosen von Neo-
salvarsan injiziert und fand bei den subakut eingegangenen
Tieren neben Leukozyteninfiltraten im Herzmuskel und Zell-
nekrosen in der Niere âin der Leber Nekrosenbezirke von
wechselnder Ausdehnung, in denen die Zellen kernlos und
bis zur Unkenntlichkeit zerfallen sind. Diese Bezirke sind
hÀufig keilförmig. Zuweilen waren an ihrer Stelle Zerfalls-
höhlen mit roten Blutkörperchen. Er hat diese VerÀnderun-
gen bei relativ kleiner einmaliger Dosis unter UmstÀnden
viel schwerer auftreten sehen, als bei den Tieren, welche mit
. höheren Dosen und wiederholt gespritzt worden waren. Viel-
leicht stellen diese wechselnden und unerwarteten Befunde
â das ist unsere Vermutung â die Wirkung mehr oder
weniger stark zersetzter Neosalvarsanlösung dar. Nach
dieser Richtung wĂŒrde der Versuch an gröĂeren und fĂŒr das
Studium der Gelbsucht mehr geeigneten Tieren mit einer auf
dieses Ziel gerichteten Versuchsanordnung eine Entscheidung
bringen.
Die praktischen Folgerungen aus meinen Betrachtungen
ergeben sich von selbst. Zusammenfassend lĂ€Ăt sich aus
meinen Darlegungen wohl entnehmen:
1. Der nach Salvarsan auftretende SpÀtikterus ist wahr-
scheinlich in vielen FĂ€llen eine besondere, von der Syphilis
und anderen Faktoren unabhÀngige Erkrankung, welche
durch Salvarsan, und zwar durch zersetztes Salvarsan ver-
ursacht wird.
2. Die Aehnlichkeit des SpÀtikterus mit dem Lakto-
pheninikterus legt es nahe, den Benzolkern des Salvarsans
und nicht die Arsenkomponente als fĂŒr das Leberparenchym
toxisch zu betrachten.
Literatur.
1. Zeitschrift fĂŒr klinische Medizin 84, 1917, S. 234.
2. Medizinische Klinik 1918, S. 260.
3. Dermatologische Zeitschrift 26, 1918, S. 317.
4. Zeitschrift fĂŒr klinische Medizin 88, 1920, Heft 5 und 6.
5. Dermatologische Zeitschrift 24, 1917, S. 577 und 648.
6. Dermatologische Zeitschrift 27, 1919, S. 191.
7. Berliner klinische Wochenschrift 1921, S. 8.
8. Schweizerische medizinische Wochenschrift 1921, Nr. 5.
9. Dermatologische Zeitschrift 27, 1919, S. 138.
10. Zeitschrift fĂŒr klinische Medizin 76, 1912, S. 138.
11. Zieglers Beitr. 68, 1921, S. 93.
12. Deutsche Medizinische Wochenschrift 1921, S. 677 und 711.
13. Therapeutische Monatshefte 1895.
14. Der Laktophenin-Ikterus, Kristiania 1914.
15. Ergebnisse der Physiologie IV, S. 244.
16. Zentralblatt fĂŒr innere Medizin 1896, S. 149.
17. Archiv fĂŒr exp. Path. u. Ther. 33, 1894, S. 216.
18. Deutsche medizinische Wochenschrift, S. 939 u. 976.
19. Zeitschrift fĂŒr exp. Path. u. Thor. 1913, Bd. 13, S. 531.
20. Die Behandlung der Syphilis mit Salvarsan, Berlin 1920.
21. MĂŒnchener medizinische Wochenschrift 1913, Nr. 45.
22. Zeitschrift fĂŒr Urologie 14, 1920, S. 85.
23. Zeitschrift fĂŒr Chemotherapie I, 1912, S. 321.
24. Medizinische Klinik 1921. S. 652.
25. MĂŒnchener medizinische Wochenschrift, Nr. 45.
Ueber Galls SchÀdellehre.
Von Reg.-Med.-Rat Dr. v. Schnizer.
Gal 1 wurde 1758 in Tiefenbrunn bei Pforzheim geboren.
Schon als SchĂŒler legte er den Grund fĂŒr seine spĂ€tere
SchĂ€dellehre: er suchte bei seinen MitschĂŒlern Zusammen-
hÀnge zwischen SchÀdelbildung und geistigen Anlagen. Dar-
aus hat sich dann wohl spÀter der Kern seiner Lehre aus-
kristallisiert: Bau des Gehirns und SeelentÀtigkeit stehen in
engem ursÀchlichen Zusammenhang. Aus der Wiener Schule
hervorgehend hat er entschieden groĂe Verdienste um die
Anatomie des Gehirns. Leider wich er von diesem sicheren
Pfade ab und baute sein System auf zwei keineswegs be-
grĂŒndbare Hypothesen: die Annahme bestimmter die ver-
schiedenen geistigen FĂ€higkeiten bedingender Organe, deren
Projektion auf die OberflÀche des Gehirns: vielleicht Reste
schon in der Jugend vorgefaĂter Meinungen, welche, wie so
hÀufig im Leben, spÀter dann nie mehr ganz auszujÀten sind.
1804 verband er sich zur weiteren Ausbildung seines Systems
mit dem ebenso bedeutenden Spurzheim, nachdem er
1796 in Wien seine Vorlesungen von Amts wegen einstellen
muĂte. Er bereiste dann einige Zeit Deutschland und Hol-
land, um VortrÀge zu halten. Von 1808 ab bis zu seinem
Tode 1828 lebte er in Paris, stets in seiner Lehre und Wissen-
schaft tÀtig. Die Popularisierung seiner Lehre hat ihm viel
geschadet und entzog ihm auch den wissenschaftlichen
Kredit.
Recht interessant ist es nun in mehrfacher Hinsicht seine
GedankengÀnge zu verfolgen, wenn seine Lehre auch lÀngst
ĂŒberholt ist.
G a 1 1 geht davon aus, daĂ Mensch und Tier angeborene
Anlagen und Neigungen besitzen, die sich beim Menschen
wenigstens durch Erziehung zur Festigkeit weiter entwickeln
lassen. Sie sind bei den Menschen im allgemeinen wohl
gleich, aber bei den einzelnen ihrer inneren Kraft nach höchst
verschieden, auch sind die Nebendinge, die auf die Ausbildung
EinfluĂ haben, sehr mannigfaltig, so daĂ schlieĂlich jeder
seinen eigenen Weg gehen muĂ und keiner dem anderen voll-
kommen gleichen kann.
Jede Kraft hat nun, um sich nach auĂen in eine Wirkung
umzusetzen, ein Organ notwendig. Dies gilt auch von den
SeelenkrÀften. Da nun jede geistige Kraft eine angeborene
Anlage voraussetzt, muĂ es so viele Organe geben als ange-
borene Anlagen. Und diese haben wie alle SeelenkrÀfte ihren
Sitz im Gehirn, das nur Organ nicht selbst Kraft ist, und
zwar des animalischen Lebens, das die Verrichtungen des
Geistes und des GemĂŒtes umfaĂt. Das organische Leben hin-
gegen â auf Erhaltung und Fortdauer des Organismus ge-
richtet â umfaĂt die Vitalfunktionen.
Der Mensch hat als höchststehender in der Stufenleiter
der tierischen Schöpfung das gröĂte Gehirn, d. h. nur in
bezug auf das Gehirngrau. Das Gehirn ist also der Sammel-
platz all dieser einzelnen Organe, nicht etwa allgemeines
Organ aller GeisteskrÀfte. Beweis: Der Mensch kann mit den
GegenstĂ€nden des Denkens und der Aufmerksamkeit ĂŒber-
haupt abwechseln, also verschiedene Organe einspannen; die
einzelnen Anlagen der meisten dem Menschen angeborenen
SeelenkrÀfte finden sich bei den verschiedenen Tierarten ein-
zeln und getrennt wieder. Die Anlagen des Menschen ent-
wickeln sich nicht gleichzeitig, sondern in verschiedenen
Lebensaltern usw.
Nur auf diesem Wege lassen sich auch gewisse psychische
VorgÀnge erklÀren: so entstehen TrÀume, wenn ein oder
mehrere dieser Organe etwa durch Blutandrang zum Gehirn
gereizt werden, was Vorstellung mit einem schwachen Be-
wuĂtsein dieser partiellen TĂ€tigkeit auslöst. Auch das Nacht-
wandeln ist Àhnlich aufzufassen, nur daà hier der Reiz auf
benachbarte Organe ĂŒbergeht und die Idee des vorgestellten
GeschÀftes wird so lebhaft und rege, daà auch die körper-
lichen Werkzeuge mit einbezogen werden, nur daĂ dabei die
ĂŒbrigen Organe des animalischen Lebens ruhen und deshalb
das BewuĂtsein nicht rege wird. Anders bei Visionen. Hier
findet wahrscheinlich durch physische Veranlassung eine er-
40. Jahrg. â Nr. 6/7.
v. Schnizer: Gulls SchÀdcllchrr
153
höhte TÀtigkeit eines oder mehrerer dieser Gehirnörgane statt,
damit lebhaftere Vorstellungen, die nun der VisionĂ€r irrtĂŒm-
lich bei allgemeinem BewuĂtsein als von auĂen empfangen
und demnach fĂŒr wirklieh hĂ€lt. FĂŒr den tierischen Magne-
tismus nahm Gall noch auĂer der ElektrizitĂ€t und dem
Galvanismus noch eine dritte unbekannte, stÀrker als die
ersteren auf die Nerven einwirkende Kraft an.
Diese einzelnen Organe nun drĂŒcken sich auf der Ober-
flÀche des Gehirns in den wurmförmigen Windungen aus,
diese letzteren sind aber nicht die Organe selbst, die reichen
mit ihren Nervenvorrichtungen von dort bis ins RĂŒckenmark.
Je gröĂer die Erhabenheiten, um so gröĂer beim Gesunden die
Anlagen.
Der SchĂ€del wird nun im Mutterleib aus der Ă€uĂeren
harten Hirnhaut an 8 Verknöcherungspunkten (strahlen-
förmiges AnschieĂen nach den Gesetzen der Kristallisation)
gebildet. Dies hatte den Einwurf zur Folge: dann stÀnde es
ja lediglich im Belieben der Hebammen, die Organe der Neu-
geborenen willkĂŒrlich und so schon bei der Geburt die Kinder
zu Dummköpfen oder Genies zu formen. Aber auch im
spÀteren Alter hat das Gehirn noch Einfluà auf die Bildung
des SchĂ€dels: die LymphgefĂ€Ăe saugen unausgesetzt die
Knochenmasse des SchÀdels ein, aus den harten HirnhÀuten
wird dafĂŒr dauernd neue Knochenmasse abgesondert. Die
innere SchÀdelplatte formt sich nun nach dem Gehirn und
da die Ă€uĂere dieser parallel ist, teilt sich diese innere Um-
formung auch der Ă€uĂeren mit. Der Einwurf, daĂ die
Ă€uĂeren Erhabenheiten des SchĂ€dels Ansatzpunkte der
Muskel seien, wird damit entkrÀftet, daà gerade an den
stÀrksten Erhebungen, denen der Organe, gar keine Muskel
ansetzen.
G a 1 1 s Untersuchungen lagen zunÀchst Vergleiche von
Menschen- und TierschÀdeln, dann Abbildungen ausgezeich-
neter Personen zugrunde, aber auch an Spekulation fehlte
es nicht.
Allgemeine GrundsÀtze: die zur Erhaltung des Lebens,
also der Natur nach wichtigen Organe, die des organischen
Lebens, liegen dem RĂŒckenmark am nĂ€chsten, die der
Geistesverrichtungen, also des animalischen Lebens, ent-
fernter davon, hauptsÀchlich im Stirnhirn, das beim Men-
schen am höchsten entwickelt ist. Analoge Organe liegen
nachbarlich beisammen. Bei den Tieren liegen alle Organe
da, wo sie sich auch beim Menschen ausdrĂŒcken.
Eines der fĂŒr die Natur wichtigsten Organe ist 1. der
Fortpflanzungstrieb (s. Abb. Nr. 1), der im kleinen Gehirn
seinen Sitz in doppelter Ausfertigung hat. Beweise: bei allen
Tieren mit starkem Begattungstrieb ist auch das kleine Ge-
hirn am gröĂten. Beim mĂ€nnlichen Geschlechte ist es stĂ€rker
als beim weiblichen. Deshalb haben auch die Weiber einen
dĂŒnneren Hals als die MĂ€nner, weil sich die StĂ€rke der
Muskel nach der GröĂe dieses Organs richtet. Dasselbe gilt
von dem Hals der Kastraten. Bei weiblichen Tieren ist der
Begattungsti ich nur periodenweise, also auch hier geringere
Ausbildung als bei mÀnnlichen Tieren. Die Mauser der Vögel
ist bedingt durch die SchwÀchung und Hinwelkung des
kleinen Gehirns nach dein ZeugungsgeschÀft usw. 2. Organ:
das der Kinder-, Jungen- und Elternliebe, das naturgemĂ€Ă
dem Zeugungstrieb am nĂ€chsten liegen muĂ. Gall hal es
zuerst an weiblichen SchÀdeln des Menschen und am stÀrk-
sten der Affen gefunden und es erst fĂŒr das Organ der Eitel-
keit gehalten. Es folgen die Organe, die den Menschen mit
der AuĂenwelt in Verbindung setzen: 3. das Organ des Sach-
sinns, memoria realis, der Bildungs- und ErziehungsfÀhig-
keit," eine Erhöhung der Stirn ĂŒber der Nasenwurzel. Vor-
handen bei allen zahmen Tieren oder solchen, die sich
zÀhmen lassen. Fehlt es, so ist das betreffende Tier nicht zu
zÀhmen. 4. Ortsinn, zu beiden Seiten von 3 in Form einer
Erhöhung am inneren Augenbrauenbogen, memoria localis.
Dieses Organ umfaĂt aber wesentlich mehr als sein Name
besagt: es bedeutet die Neigung zu allen Wissenschaften und
KĂŒnsten, bei denen es auf Beobachtung, Ausmessung und
Darstellung der VerhÀltnisse des Raumes ankommt, also bei
Geographen, Astronomen, Landschaftsmalern. U. a. auch an
den SchÀdeln von Newton, Columbus, Cook. Ebenso bedeutet
es den guten Blick fĂŒr das Wesentliche eines GelĂ€ndes, also
bei Feldherren: Mack, Laudon. Ferner drĂŒckt es bei Mensch
und Tier den Wandertrieb aus. Endlich: Orientierungssinn,
sich rasch zurechtzufinden. 5. Personensinn: Unterschei-
dung, scharfe Erkennung von Personen. 6. Farbensinn, der
keineswegs bloĂ im Auge liegt, bei Malern. AuĂerdem be-
deutet dieses Organ Blumenliebhaberei, Freude an Farben.
5 und 6 findet man bei Landschaftsmalern, bei Tieren gar
nicht. 7. Tonsinn hat mit dem Gehör, bzw. seiner SchÀrfe
gar nichts zu tun. DemgemÀà bei Pfauen, Hunden, Men-
schen, denen der Sinn fĂŒr Musik fehlt, nicht vorhanden. Bei
154
Pniower: Numerus clausus
40. Jahrg. â Nr. 6/7|
allen groĂen Musikern, auch bei Taubstummen. Harthörigen.
Auch Sinn fĂŒr Takt und Rhythmus. Beim Kinde, wenn
schon sehr frĂŒh entwickelt. 8. Zahlensinn. Auffallend ent-
wickelt bei Newton und allen groĂen Mathematikern. Fehlt
bei Tieren ganz, beim Affen ist die Stelle dort eiförmig ge-
rundet, beim Menschen mehr eckig. Deshalb bei Menschen,
die an Neujahr viele Rechnungen schreiben mĂŒssen, wie der
GewÀhrsmann von einem Apotheker in Wien launig be-
richtet, Kopfschmerzen an dieser Stelle danach. 9. Wortsinn
bei Schauspielern (Iffland) auch bei Sammlern. 10. Sprach-
sinn, sowohl Fertigkeit beim Gebrauch der Muttersprache,
wie bei der Erlernung fremder Sprachen, bei Lavater,
Philologen. 11. Kunstsinn, das Organ fĂŒr mechanische
Fertigkeiten, bei Raphael, ferner bei allen Tieren, die kĂŒnst-
liche Bauten auffĂŒhren, beim Biber, Hamster usw. 12. In
der NÀhe von 2. das Organ der Treue und AnhÀnglichkeit,
auch bei Hunden, nicht mit Bestimmtheit festgestellt.
13. Raufsinn, auch Mut anzeigend, an Wurmser's SchÀdel
deutlich. Bei Furchtsamen, auch Tieren, z. B. beim Hasen,
fehlend. 14. WĂŒrgsinn, ursprĂŒnglich bloĂ beim fleisch-
fressenden Tier, seinem ErnÀhrungstrieb entsprechend, nicht
bei Pflanzenfressern, bei Raubtieren, Mördern, Epileptikern.
15. Schlauheit, Gewandtheit des Benehmens, bald im guten
Sinne als Klugheit, bald im schlechten Sinne als Falschheit,
Hang zur Unwahrheit. Schleicherei und Bosheit. Empirisch
bei Tieren gefunden: Fuchs, Iltis, Katzen u. a. Bei Leuten,
die im Dunkeln fischen, den Mantel nach dem Winde hÀngen,
bei Ministern, Schauspiel- und Romandichtern, aber auch bei
klugen Feldherren. 16. Diebssinn. Einwurf: das Laster des
Stehlens grĂŒndet sich auf den Begriff des Eigentums und
dies ist erst durch die gesellschaftliche Ordnung entstanden.
Gall: Nein, angeboren. Beweis: Kampf der Tiere um Weide-
plÀtze, bestimmte NistplÀtze, Standorte des Wildes im Walde.
Wenn also das Streben nach Eigentum angeboren ist, muĂ
es auch der Hang zum Stehlen sein. Die Entwicklung einer
angeborenen Kleptomanie, einer solchen wÀhrend der Gravi-
ditÀt und nach einer Transplantation erwÀhnt Gall. 17. Das
Organ des Höhesinns. Bei Tieren und Menschen, die sich
gerne in der Höhe aufhalten, auch Hochmut anzeigend und
so bei Geisteskranken. 18. Ruhmsucht, Eitelkeit. Mehr bei
Frauen als bei MĂ€nnern, oft auch bei Geisteskranken als
GröĂenwahn. 19. Organ der BedĂ€chtlichkeit, Umhe rsicht,
der genauen Ueberlegung und ErwÀgung, auch der Unent-
schlossenheit und Langsamkeit. Beim Reh, bei der Gemse,
bei der Fischotter, beim Uhu, nicht aber beim Fuchs und
beim Adler, also bei Nachttieren. Fehlt es beim Menschen, ist
also diese Stelle ganz flach: Anzeichen von Leichtsinn, Un-
ĂŒberlegtheit. Bei starker Ausbildung: Kleinmut.
Die bisherigen Organe sind meistenteils Mensch und
Tier gemein. Die folgenden â im Vorderteile des Gehirns
liegend (s. oben) â kommen nur dem Menschen zu, sind
demnach meist empirisch (seu per speculationem) gefunden,
ohne daĂ sich hierfĂŒr Belege durch die vergleichende Ana-
tomie geben lassen, sind also weniger sicher als die frĂŒheren.
20. Vergleichender Scharfsinn bei Predigern. 21. Tief-
sinn, metaphysischer Scharfsinn, transszendenteller Speku-
lationsgeist, bei Sokrates, Kant, Mendelsohn, Fichte, an den
antiken besseren Jupiterköpfen. 22. Witz, bei Voltaire,
Wieland, Jean Paul. 23. Das Organ des Induktionsver-
mogens, 20â22 zusammenfassend, auch bei Kindern, aber
spĂ€ter wieder abnehmend. 20â23 sind sehr unbestimmt,
weil nur beim Menschen. 24. GutmĂŒtigkeit, eine Wulst lĂ€ngs
der Stirnnaht, auch bei Tieren: Reh, Hund, Schaf. Fehlt es:
Grausamkeit: bei Raubtieren, bei der Katze, besonders aus-
gebildet bei den SchÀdeln der Karaiben. Gall hat auf Grund
dieses Zeichens in einem Kuhstale bös- und gutartige KĂŒhe
mit Leichtigkeit richtig herausgefunden. 25. fheosophie, Re-
ligiositÀt. An Àgyptischen SchÀdeln stets zu finden, ebenso
an allen guten Jesusköpfen. Nach Gall ist dem Menschen
der Trieb, einen Schöpfer des All anzunehmen, angeboren.
Ohne dieses Organ sei ja auch die EmpfĂ€nglichkeit fĂŒr gött-
liche Offenbarungen hinfÀllig. 26. Beharrlichkeit, Festigkeit,
Trotz. 27. Darstellungsvermögen, eine von der Kreuznaht
bis zur vordersten Abdachung der Stirne sich erstreckend.]
Rundung. Bei allen groĂen Schauspielern.
Hinsichtlich der National-SchÀdellehre, um die siel
BlumenbÀch in Göttingen verdient gemacht hat isi
Gall der Meinung, daĂ diese nie zu sicheren Resultate!
fuhren wĂŒrde, weil der Charakter eines Volkes nicht nur vor
der natĂŒrlichen SchĂ€delbildung, sondern auch vom Klima
Erziehung, geistiger Ausbildung, Verfassung, Staatswesen
abhangig sei. Deshalb sei eine allgemeine Regel daraus nich
abzuleiten. Immerhin seien Beobachtungen wertvoll bei un-
kultivierten Sklavenvölkern, isolierten Völkern oder solchen
die einem ungĂŒnstigen Klima unterworfen seien
Numerus clausus.
Von Dr. Pniower.
Der Zunftcharakter wird durch irgendein Gemein-i
schaftswesen zugebilligt, sei es die Allgemeinheit oder eint
testgefugte staatliche oder kommunale Körnerschaft. Dei
Zunftcharakter prĂ€gt sich dann in der sog. âGeschlossenheit'
der Zunft aus, indem die gewisse Zunftvorrechte gewÀhrende
Melle die Àlteren Zunftmitglieder vor Zulassung neuer Stan-
desangehöriger schĂŒtzt. Sie verlangt dafĂŒr als 'Gegenleistung
Sicherheiten fĂŒr âreelle Bedienung". - Diesen Zunftcharak-
ter der ..Geschlossenheit" finden wir in der Àrztlichen Stan-
desgeschichte, angefangen von den Zunftfamilien der primi-
tiven Heilstufe bis zu den modernen DistriktsÀrzten vor Bei
den letzteren ist ersichtlich, daà es nicht immer eine behörd-
liche Stelle zu sein braucht, welche die âGeschlossenheit" der
Zunft zubilligt. Aber wenn uns gerade FrÀsdorf eine
Zunft schilt, soll er nicht vergessen, daĂ er mit seinem
Distnktsarztsvstem den Geschlossenheitscharakter in reinster
Form betĂ€tigen will und er damit sich in der âBeschrĂ€n-
kung" als wahrer (Zunft-) Meister erweist.
Was uns noch an sog. Zunftvorrechten erhalten ist, er-
innert nur an die Rechte der heutigen Innungen und
Zwangsinnungen, denn die angeblichen âVorrechte" sind im
Zeitalter der Gewerbefreiheit nur bedingt als solche anzu-
sehen. Und der Staat als HĂŒter der allgemeinen Volkswohl-
fahrt fĂŒhlt ja auch die volkswirtschaftliche Mission in sich,
möglichst viel Aerzte dem âKonsum" des leidenden Publi-
kums bereit zu stellen, wird also wenig fĂŒr einen numerus
clausus zu haben sein.
Die Gewerkschaft kommt durch einen sozialpolitischen
Vorgang der Selbsthilfe zustande. Im Vordergrund, und fĂŒr
unser Thema wichtig, steht natĂŒrlich die Lohnpolitik.
So interessant auch die Lohntheorien sind und vielfach auch
auf uns Aerzte passen, so will ich doch nur eine heraus-
greifen: die Lohnfondstheorie. Es ist ein bestimmter
Fonds vorhanden, aus welchem die Löhne gezahlt werden
können, der Lohn fĂŒr den einzelnen Arbeiter ist also ein
einfacher Quotient aus der Zahl der Arbeiter und der Summe
des Lohnfonds und wird sich je nach der Vermehrung und.
Verminderung der Arbeiterzahl Àndern (W y g o d z i n s k i).
FĂŒr die handarbeitenden Klassen stimmte das nicht mehr,'
weil die Löhne nicht nur absolut, sondern auch relativ ge-
stiegen waren â auch schon vor dem Kriege.
Auf uns Aerzte paĂt aber diese Lohnfondstheorie (Se-
nior) genau: die Kassen werfen tatsÀchlich nur einen be-
stimmten Satz aus, in den sich dann alle Aerzte zu teilen
haben.
Die Lohnpolitik hat nun ihrerseits aber auch in die Ge-
werkschaft VerhÀltnisse hineingebracht, welche mit der
Zunft sehr viel Aehnlichkeit haben. Auch der numerus
clausus ist als eine Erscheinung anzusehen, welche mit der
Lohnpolitik zusammenhÀngt, weshalb man auch beirtf
numerus clausus sehr wohl von einer ..indirekten Lohn-
politik" sorechen kann. Dazu gehört in erster Linie die ziel-
bewuĂte Bearbeitung des Nachwuchses und bei uns auch
die Warnung vor dem Studium, welche bald zĂŒnftleriseh,
bald gewerkschaftlich aufgefaĂt worden ist, je nach dem
Standpunkte, von welchem aus man sie betrachtete. Hin-
10. Jahrg. â Nr. 0/7.
Referate
155
sichtlich gewerkschaftlicher Anschauung lĂ€Ăt sich sagen,
daĂ namentlich die englischen Gewerkschaften die Regu-
lierung des Nachwuchses in einer Art numerus clausus
sich am Herzen liegen lieĂen. In England waren tatsĂ€chlich
fĂŒr die Zulassung von Lehrlingen Bestimmungen gellend,
welche deutlich an die alten zunftpolizeilichen erinnern: die
Zahl der Lehrlinge wird â von der organisierten Arbeiter-
schaft â vorgeschrieben, die LehrlingszĂŒchterei wird hinten-
angehalten, weil sie das Angebot steigern kann. So war es
auch bei uns Aerzten, als die Kassen vor Jahren durch
Empfehlung des Àrztlichen Studiums das Angebot zu heben
suchten. Nur ist hier ein grundlegender Unterschied zwi-
schen unserem Berufe und den Arbeitern zu beobachten.
Warnung wie Empfehlung des Studiums sind nÀmlich nur
Mittel, welche ohne absoluten Zwang angewandt werden
können; denn das Studium wird durch eine staatliche Ab-
schluĂprĂŒfung zu Ende gefĂŒhrt und damit erst die Unterlage
fĂŒr die Ă€rztliche BerufstĂ€tigkeit gewonnen â Ă€hnlich der
Lehrlingsausbildung. Diese liegt aber â und das ist die
Hauptsache â beim freien Willen des Ausbildenden oder je
nach der Macht der Gewerkschaft bei dieser, denn im Ge-
gensatz zu den Aerzten findet die Ausbildung nicht durch
freies Studium, sondern hei âMeistern" statt. Wenn auch
nicht zu ĂŒbersehen ist, daĂ bei vielen Gewerkschaften dei
Begriff der âLehrlingsausbildung" in Fortfall gekommen ist,
weil vielfach âungelernte Arbeiter" in ihnen vereinigt sind,
so ist doch festzuhalten, daĂ eine Regulierung, d. h. Hinten-
anhaltung des Àrztlichen Nachwuchses, immerhin geweift
schaftliche Anschauungen wiedergibt.
Auch daà die Aerzteschaft durch weitestgehend«' Sicher-
heitsmaĂnahmen das Studium zu vertiefen sucht und eine
möglichst gute Ausbildung verlangt, ist nicht ohne gewerk-
schaftlichen Vorgang: bei vielen englischen Gewerbevereinen
genĂŒgt die AusĂŒbung des Berufes an sich noch nicht allein,
um Aufnahme zu finden. Man spricht daher bezeichnender
Weise von der ExklusivitÀt der englischen Gewerk-
vereine. Dies steigert sich anderwÀrts zu VerhÀltnissen,
welche tatsĂ€chlich an die zĂŒnftigen erinnern. Es kommt bei
den nordamerikanischen Gewerkschaften vor, daĂ die Auf-
nahme neuer Mitglieder suspendiert wird, sobald die vor-
handenen genĂŒgen. Dies gilt also auch als âgewerkschaft-
lich".
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
Medicinische Klinik.
8. Januar 1922, 18, Nr. 2.
Ueber Nephritis. Bömberg, K. 33.
«J»Zur Kenntnis der Aortalgien (Angiua pectoris) und ĂŒber das Symptom des
anginösen linksseitigen Plexusdruekschmerzes. Schmidt. R. 3fi.
Umfrage ĂŒber die neue Influenzaepidemie. 39.
Weiterer Beitrag zum Verlauf und zur Prognose der Encephalitis epidemica.
P e 1 1 e . H. 41.
Zur Purpurafrage. FĂŒll, H. 43.
âZur Kohlebehandlung; der Ruhr. Kling. D. -Iii.
âNovasuro! als Dhireticum. H a g g e n e.y. 48;
Multipler Leberechiuococcus. W o ii I g e m u t h , K. 49.
Ein kleiner Apparat, fĂŒr Bqchfrequenzb'elhĂ€ndlufig. k x m a n n. 49.
Ueber Diagnose und Behandlung der Darmbilharziose. H ö p p 1 i . R. M.
Die alimentĂ€re Intoxikation. B 1 ĂŒ h d o r n , K. 51.
Zur Kenntnis der Aortalgien (Angina pectoris) und ĂŒber das
Symptom des anginösen linksseitigen Plexusdruekschmerzes. Auf
Grund von 121 eigenen Beobachtungen behandelt Schmidt die
Frage der Angina pectoris nach allen Richtungen. Das weib-
liche Geschlecht ist mit nur 27 FĂ€llen beteiligt, was Verfasser
zum Teil auf den hĂ€ufigen Nikotinismus bei MĂ€nnern zurĂŒck-
fĂŒhren möchte. Dem Alter nach waren nur 13 Patienten unter
40 Jahren; der Blutdruck war bei G3 FĂ€llen in 37 ĂŒber 140 mm
Hg, in den ĂŒbrigen zwischen 100 und 140 mm Hg. In den meisten
FĂ€llen bestanden im Anfall weder Todesangst noch Kollaps, son-
dern nur retrosternaler Schmerz bei Anstrengungen, der in
kurzer Ruhezeit wieder schwand. Besondere Beachtung verdient
die Schmerzfigur, fĂŒr die Verfasser einige besondere Typen auf-
stellt, je nachdem der Schmerz retrosternal, linksseitig kardial,
rechtsseitig thorakal, dorsal, im Abdomen oder Epigastrium auf-
tritt. Ein anderer Typ, als Typus inversus bezeichnet, beginnt in
den oberen ExtremitÀten und endet am Brustbein, noch ein an-
derer, peripherer, Ă€uĂert sich nur in Sensationen im linken Arm
oder Schultergelenk. Schmerzirradialionen treten auĂer nach den
ExtremitÀten auch nach den ZÀhnen des Unterkiefers, nach dem
linken Ohr auf, wobei aber hervorzuheben ist, daĂ bei den
schwersten, tötlich endenden FÀllen Irradiationen vollkommen
fehlen können. Die Schmerzen selbst können sich in GefĂŒhl des
ZusammenschnĂŒrens der Brust, in Stichen, durchgehend bis nach
dem RĂŒcken, Hitzeempfinden in Brust und RĂŒcken, in GefĂŒhl des
Sodbrennens. ParĂ€sthesien, ziehende Schmerzen, SchwĂ€chegefĂŒhl
in den oberen ExtremitÀten können diese Erscheinungen be-
gleiten. Magen-Darmstörungen â Empfinden verzögerter Ver-
dauung, Auftreibung des Leibes, LuftaufstoĂen (in einem Falle
wurde mehrtĂ€giger Singultus beobachtet) â können ebenso wie
vasomotorische Störungen weitere Begleiterscheinungen sein.
Auch die HerztÀtigkeit kann erhebliche VerÀnderungen zeigen,
hochgradige Tachysystolie und Extra systolie, gelegentlich auch
schwere KollapszustÀnde. Auf ein Symptom legt Verfasser be-
sonderen Wert, weil es bisweilen dem ersten Schmerzanfall noch
vorausgehen kann, die ausgesprochene Druckempfindlichkeit des
linken Plexus brachialis, die auch in der anfallsfreien Zeit hÀufig
feststellbar sein soll. Sonstige objektive Symptome, insbesondere
auch von Seiten des Herzens können vollkommen fehlen; in an-
deren FÀllen wiederum können ein klingender zweiter Aorten-
ton, PulszeleritĂ€t, ein kurzes systolisches GerĂ€usch ĂŒber der
Aorta oder der Herzspitze, Dilatationen des Herzens oder der
Aorta, in der anfallsfreien Zeit hÀufig Bradykardie auftreten.
Ausgelöst werden die AnfĂ€lle durch gröĂere Anstrengungen,
schnelles Gehen, besonders bei gefĂŒlltem Magen, durch Tragen
oder Heben einer Last, durch Pressen beim Stuhlgang, starkes
Husten, lÀngeres Sprechen usw.; diese Faktoren können die vaso-
motorischen Formen der Angina pect, gerade so auslösen, wie
die sklerotischen. Eine Reihe von AnfÀllen können durch vaso-
konstriktorische EinflĂŒsse (KĂ€lte!) ausgelöst werden, wieder an-
dere durch MoorbÀder, Trinken von Karlsbader Sprudel. In
pathogenetischer Beziehung verwirft Verfasser die Anschauung,
wonach eine Erkrankung der Koronararterien als hÀufigste Ur-
sache der Angina pectoris in Betracht komme. Nach ihm handelt
es sich um eine Aortensklerose, vorwiegend des Arktis und der
Aorta ascendens mit einem neuralgischen, vielleicht auch bis-
weilen neuritischen Reizzustand des Plexus aorticus, bei dem es
bei verstÀrkter Aortennulsation zum Anfall kommt. Stoff-
wechselstörungen im Sinne einer uratischen Dyskrasie oder
arthritischen Diathese, ferner Diabetes, Krebserkrankungen und
Steinleiden zeigten sich bei den FĂ€llen von Angina pectoris sehr
hÀufig in der Ascendenz, Lues und Nikotinismus spielen beson-
ders bei den jĂŒngeren JahrgĂ€ngen eine bedeutende Rolle. Die
Prognose stellt Verfasser im allgemeinen nicht so ungĂŒnstig, da
sich die AnfĂ€lle ĂŒber Jahrzehnte hin erstrecken können; ganz be-
sonders gilt dies von den rein vasomotorischen AnfÀllen. Medi-
kamentöse UnbeeinfluĂbarkeit der AnfĂ€lle, Tachykardie im An-
fall, Komnlikation mit Asthma cardiale trĂŒben jedoch die Pro-
gnose. Therapeutisch kommen die Behandlung etwaiger Stoff-
wechselstörungen, ferner Antirheumatica und Antineuralffica in
Betracht. Svmptomatisch ist Nitroslvzerin anzuwenden. Bei den
luetischen Formen ist Jodhehandlung, Schmierkuren und vor-
sichtige Neosalvarsanbehandlung angezeigt. Klimatische Kuren
in mittlerer Höhenlage, Enthaltung von Alkohol und Nikotin,
diÀtetische Behandlung etwaiger Magen-Darmstörungen kommen
weiterhin in Frage.
Zur Kohlebehandlung der Ruhr. Ein Fall von Perforalions-
peri tonitis bei Ruhr, den Verfasser auf die Kohlebehandlung zu-
156
Aas den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. âNr. 6/7
ruckfĂŒhrt, veranlagten Kling, diese Therapie an einem groĂen
Material zu ĂŒberprĂŒfen. Er kommt hierbei zu dem SchluĂ, daĂ
die Tierkohle nur imstande ist, die toxischen Stoffe des Darm-
inhalts zu binden, nicht aber heilend auf den dysenterischen Pro-
zeĂ im Darm zu wirken. Als groĂen Nachteil sieht er die lange
Relention der Kohle im Darm an, die, wie er feststellen konnte,
erst 7 Tage nach der Einnahme in Klumpen ausgeschieden wurde.
Er will daher die Tierkohle aus der Behandlung der Ruhr voll-
kommen ausgeschaltet und sie nur fĂŒr die FĂ€lle von Vergiftun-
gen, akuten Gastroenteriden und Cholera aufgespart wissen. Da
gröĂere FlĂŒssigkeitsmengen die Adsorptionskraft der Kohle her-
absetzen, schlÀgt er vor, dieselbe nur in Oblaten mit geringer
Anfeuchtung derselben zu geben.
Novasurol als Diureticum. Haggeney hat in einer Reihe
von FÀllen, bei denen die anderen DiureticÀ versagt hatten, das
Novasurol in intramuskulÀrer oder intravenöser Applikation an-
gewendet und in jedem Falle eine gute Diurese erzielt, die etwa
12- -15 Stunden nach der Injektion ihren Höhenunkt erreichte, um
dann allmÀhlich abzuklingen. Am dritten Tage nach der Injek-
tion war die Wirkung erschöpft, konnte aber durch eine neue
Injektion wieder hervorgerufen werden. Die Anwendung ge-
schah im allgemeinen zweimal wöchentlich, intraglutÀal, bei
gröĂeren Oedemen intravenös oder in die Oberarmmuskulatur.
Stomatitis wurde nur in zwei FĂ€llen beobachtet, Schmerzen und
Infiltrate waren selten. Als Indikationsgebiet kommen alle Arten
von Herzstörungen in Betracht, die Stauungserscheinungen auf-
weisen, wĂ€hrend bei Nierenleiden zum mindesten mit groĂer Vor-
sieht vorgegangen werden muĂ.
Silbermann (Charlottenburg^.
Deutsche medizinische Wochenschrift, Leipzig.
12. Januar 1922, Nr. 2.
Neue Forschungsergebnisse u"ber Pneumonie. Neufeld. 51.
Die Bedeu'tunn: der tuberkulösen Allergie fĂŒr das Entzundungsproblem und die
Protei nkrtrperther;
S e 1 t e r. 54.
Die Behandlung;' der chronischen Krei«lautsRhwÀche (unter vorwiegender Be-
rĂŒcksichtigung der physikalisch-diĂ€tetischen Methoden). G â | d -
scheider. 57.
âŠUeber Aortitis syphilitica, S e h-i.i i e n h e) m, fio.
Zur Pathogenese des periodischen Atmeas. Straub und Meier. 61.
Da.s Zentralnervensystem hei der G-asbrandinfeklrion des Menschen. F r a e n -
k e 1 und Wohlwill. fi3.
âąJ'WefhPehc Kriielgs,- und Nac'hkriegsepf er. W inte r. 64.
Diathermio-Tiefenst'ch bei Liry nxtuherkulose. Hofvendhhl. HT.
Ganglion der Nervenschei'de des N. ulnar*«. Pubs. fiR.
Ueber IsoprorvHlkohol als Mittel zur HĂ€ndedesinfektion. Bernhard t. 68.
Ein neuer NShrboden zur DiiagnosHiik und ZĂŒchtung im Blute kreisender
Streptokokken. Piorkowski. Hfl.
Ueber Aortitis luica. FĂŒr den Praktiker wichtig. Schleichende,
progrediente, oft (bei intakter Aortenwurzel) völlig svmptomlose
Erkrankung mit zuweilen plötzlich auftretenden Erscheinungen,
die unter UmstÀnden rasch letal verlaufen. Kurluftigkeit bei
körperlichen BetĂ€tigungen, rasche ErmĂŒdbarkeit und Verminde-
rung der LeistungsfĂ€higkeit. Herzklopfen, DruckgefĂŒhl, retro
sternales Brennen, leichte Schmerzen, anginöse Beschwerden
lassen bei einem Luiker genaueste Untersuchung angezeigt er-
scheinen. Svmotome abhÀngig vom Sitz der Erkrankung: bei Be-
teiligung der KoronargefĂ€Ăe die entsprechenden klinischen Fol-
gen (ansina pectoris, Stenokardie, HerzmuskelerkrankunffV So
u. a. Bild der Aorteninsuffizienz bei Erkrankung der Aorten-
klapnen (Binnen bei sonst gut schlieĂenden Klappen).
Diaenose: bei Koronar- oder Klappenerkrankung leicht,
schwierig hei Erkrankung der Aortenwurzel. Perkutorische Be-
grenzung der groĂen GefĂ€Ăe bei einem gewissen Grade der Er-
krankung wichtig: kleine Herzfigur, breite GefĂ€Ăfigur. Auskulta-
tion: andere FĂ€rbung des 2. Aortentons, mehr weniger klingend,
oft ohne besondere Akzentuation, aber oft svstolisches GerÀusch.
Blutdruck zuweilen erhöht, meist normal. Wichtig ist das frĂŒh-
zeitige Auftreten derartiger Symntome, meist zwischen 35. bis
50. Lebensjahr. Im Gegensatz zur Arteriosklerose, die im höhe-
ren Alter langsam verlÀuft, ohne so hochgradige Dilatation der
Aorta, mit akzentuiertem 2. Aortenton. ohne klingenden Beiklang
mit Blutdruckerhöhung, Pulsation im Jugulum, mit geringen sub-
jektiven Beschwerden.
Wichtig Röntgenbefund: die groĂe Verbreiterung fĂŒhrt oft zur
falschen Diagnose Aneurysma. Oft ist aber hei Arteriosklerose
auch der Unterschied zwischen letzterer und der Aortitis so ge-
ring, daĂ nur das hohe Alter â ĂŒber 70 â zugunsten der Arterio-
sklerose snricht. Ferner VerlÀngerung der Aorta (hÀufig), nicht
aber Höhertreten. Endlich tiefere Schattenbildnng der Aorta bei
Lues. Leute mit positiver W.-R. ohne sonstige Erscheinungen
sind immer auf eine Aortitis zu beobachten.
Behandlung: energische antiluetische Kur, wiederholt.
Weibliche Kriegs- und Nachkriegsopfer. Obgleich die Unter-
suchung nur fĂŒr OstpreuĂen gilt, gibt sie doch ein recht anschau-
liches Bild ĂŒber die schweren Opfer, die das Weib dem Vaterlande
im und nach dem Kriege gebracht hat.
In erster Linie Abnahme der Geburten: in den Jahren 1915 bis
1920 ein Verlust von ca. 100 000 Kindern. GrĂŒnde: Abwesenheit
und Kriegsverluste der MĂ€nner, Verminderung der EheschlieĂun-
gen, Flucht und Abwanderung. Dann Zunahme der Ahorte: D <s
Aufschnellen von 15 % wÀhrend des Krieges auf 36 bis 37 % in
den letzten 2 Jahren mit einer MortalitÀt von 10% (gegen 2% bei
Aborten ĂŒberhaupt) und mit 15% Frauen, die nachher krank
blieben, steril wurden oder wieder abortierten, beruht lediglich
auf einer Zunahme der kriminellen Aborte. Dieser Natur waren
die fieberhaften ausschlieĂlich. Besondere Zunahme der krimi-
nellen Aborte bei Verheirateten, und zwar meist durch die
Frauen selbst. GrĂŒnde: gesunkene Moral, Wohnungsnot, schlechte
soziale VerhÀltnisse, Bequemlichkeit, Unlust an weiterem Fami-
lienzuwachs. Auch das Puerneralfieber hat zugenommen: Ver-
wahrlosung und FahrlÀssigkeit des Personals in der Zeit nach
dem Kriege. Ebenso sind die Krankheiten der Unterleibsorgane
der Frauen (in erster Linie die Kriegsamenorrhoe) : ungenĂŒgende
ErnÀhrung, seelische Erregung, schwere körperliche Arbeit, un-
genĂŒgende Abwarfung des Wochenbettes. Teilweise dieselben
Ursachen verschulden die Zunahme der Prolapse. Das Traurigste
ist die Zunahme der Uteruskrebse von 13 auf 63 %. Endlich ist
die Zunahme der Geschlechtskrankheiten zu erwÀhnen.
v. S c h n i z e r
MĂŒnchener medizinische Wochenschrift.
6. Januar 1922, Nr. 1.
Zur patbolMi.-isch.-u Anatomie und Nomenklatur der l.un-cntuherkulose
Marchanil. 1.
âŠZiegenmilchanĂ€mie. S t e I t z n e r. 4.
âBedeu+una- der renalen 8ehw*nger*eh»ft>sglykosurie fĂŒr die Diagnose der
Schwangerschaft. Seit/, und .1 e 13. fi.
Einfluà des Nahrbodems auf die Agglut'nabilitÀH des Tvphusl. izillns
Hohn. 7.
âDiphthosanbehandlun« hei DiphtheiiebazillcntrĂ€trern. Riemann. I".
KapillarlÀhmungen im Darm bei Grippe. T. i m n e r 12
Chronische Appendizitis im Kindesalmr. f. u u e L e n h e i n. 12.
Dauerheilung des onerierten Brustkrebses mit und ohne prophylaktische
Röntgenbestrahlung, v. d. HĂŒtten. 13.
Kolloidnatur des Quecksilbers bei der intravenösen Injektion ' von Nco-
salvarsan-Quecksilhersalzmisehuns."!. Toll e u s. 15,
KĂŒnstliche Erzeugung von akuter, allgemeiner Anidrosis bzw. Oligidrosis
durch Formaldehyd. Cr r i e s 1> a e h. Iii.
frrundlaee der funktionellen Anpassung des Muskels im Sport. De p p e. Kl.
Behandlung- der Oxyuriasis. Franke. 1".
Lymphatische LeukÀmie u .1. Bild symmetrischer Paiutissehwellung. 18:
Zur Frage der Rachitis. Sehe d e. 18.
Ueber ZiegenmilchanÀmie. ErnÀhrt man SÀuglinge mit Zie-
genmilch, so bekommen sie, wahrscheinlich infolge der anÀmi-
sierenden Wirkung der löslichen FettsÀuren, hÀufig eine schwere
hÀmolytische AnÀmie, die jedoch, falls keine sonstige Komplika-
tionen bestehen, bei Nahrungswechsel durch Uebergang zu ge-
mischter Kost ausheilt; bei nichtrachitischen Kindern tritt sie als
âeinfache" AnĂ€mie auf, bei rachitischen als Anaemia pseudoleuc
aemica. Die sogenannte Anaemia pseudoleucaemica ist die epi-
rachilische Form der frĂŒhinfantilen hĂ€molytischen AnĂ€mien.
Ueber die Bedeutung der renalen Schwangerschaftssrlykosuric
fĂŒr die Diagnose der Schwangerschaft. Verfasser prĂŒften an 36
FĂ€llen die Angabe von Frank und Nothmann (MĂŒnch, med.
Wochschr. 1920, Nr. 50), daĂ in den ersten drei Schwanger-
schaftsmonaten nach Einnahme von 100 g Traubenzucker per os
eine Glvkosurie auftritt. Verfasser fanden in 50 Prozent Glvkos-
urie (Schwangere 2.-8. Monat) und snrechen der Probe daher
nur den Wert eines wahrscheinlichen Schwangerschafts-
zeichens zu.
Diphthosanbehandlung bei DiphtheriebazillentrÀgern. Diph-
thosan (0,1 Flavicid: 0,85 Na Cl: 0,05 Saccharin pro Pastille^
wurde als NasenspĂŒlung 3^4 mal tĂ€glich 10 cem 1,0 Diphthosan
zu 500 Aq. dest. oder in der gleichen VerdĂŒnnung zum Gurgeln
bzw. in 2â3 mal tĂ€glich SpĂŒlungen bei Vaginaldiphtherie in 32
FĂ€llen angewandt. Die Erfolge waren gute; weitere Nach-
prĂŒfung wird empfohlen.
F. Loewenhardt (Charlottenburg-Westend).
13. Januar 1922, Nr. 2.
OrthopÀdischer Ausgleich der Hypotonie und TiefenanÀsthesie hei Tabikern.
v. B a e g e r. 37.
Art und Herkunft der Zellen iies Eiters bei Conjunctivitis und Urethritis «mi
Kraus. 38.
Behandlung von Tumoren mit Salviarsan. Matzdorff. 42.
40. Jahrg. â Nr. 6/7.
Aus den neuesten Zeitschriften
15?
<t>Xuosilborsalvursuu. Z 1 in in vi r n. 48.
âąHOudulunibalo Snlvursanuohandluug. Ii u u e il c k. II.
âąHtuitermehluahruug. s c U I o i) m u u n. 48.
VorbroituiiK de» Kropfes bei Schulkindern. Kracntor, 17.
AeuĂŒoru und Innere Eiuberwauderung. B n u r.
âKamillosan." Kownlllg, 48.
KĂŒinien lpeoaouanha und Senega durcb einheimische Arzneipflanzen voll-
wertig ersettt werden. U r i in in o. i>0
Ausllockungsreaktiou zur ĂyuhĂŒisdlaguose. W e i B. il.
Schmerzlose Ucburt. Zweifel. .rr.'.
Arteriotomie. II 1 u c k. 53.
Erfahrungen mit Neosilbersalvarsan. Bericht ĂŒber etwa 560
Kuren, uosis \j,Z â jedesmal iu 1U ccm Aq. ĂŒest. gelöst, t ro Kur
4,u â 4,0 g iu rz Injektionen (1 â 2 mal 0,2; l mal u,.>, aann 0,4â0,5),
in AuslÀnden von etwa 0 lagen, bei Lues 1, solange Watte
negativ, uur Neosiloer, bei laues auuerĂŒem Jod. Lues 111 nur
ng und Jod. Misciispritzen mit allen rig-PrÀparaten (Sublimat,
Novasurol, Cyarsal, bmbarin) möglicn. ^Nebenerscheinungen wie
bei den anderen PrÀparaten: Angioneurosen, Dermatitis, jedoch
beides anscheinend viel niilder. veriasser glauDl Uessere Er-
folge wie mit Silbersalvarsah erzielen zu können, da man höhere
Dosen geben kann.
Zur Frage der endolumbalen Salvarsanbehandlung. Be
sehreiuung eines Instrumentariums zur Vereiniacliung der Tech-
nik. Veriasser berichtet ĂŒber gute Erfolge bei Lues des Zentral-
nervensystems.
Erfahrungen mit Buttermehlnahrung. Verfasser verwendtt
seit \lA Jahren die Gzerny-Kleinschmiut'sche Buttermehlnahrung
iu etwas anderer Modifikation, indem er die Butter- und Mehl-
mengen statt auf die VerdĂŒnnungs-, auf die GesamtliĂŒssigkeit be-
recnnet. Herstellung : die gebrÀunte und geröstete Einbrenne wird
mit Halbmilch und 5 Prozent Zucker im 1. Lebensmonat mit
Drittelmilch und 5 Prozent Zucker versetzt. Pro Liter Butter -
mehlnahrung braucht man 70 g Butter, 70 g Mehl und 50 g Zucker.
Kaloriengenalt 1440 pro Liter. Die besten Resultate ergab nicht
die reine buttermehlernÀhrung, sondern die Z wiemilch er nÀhr ung:
In den ersten Lebenswochen zur Frauenmilch, spÀter zur Halb-
milch Buttermehlnahrung, bei gröberen Kindern auĂerdem Brei
und GemĂŒse. Im allgemeinen nicht mehr als die HĂ€lfte des
quantitativen tÀglichen Bedarfs als Buttermehlnahrung.
F. Loewenhardt (Charlottenburg-Westend)
Zeitschrift fĂŒr Aerztliche Fortbildung, Jena.
15. Januar 1922, 19, Nr. 2.
âBehandlung- des Diabetes. Richter. P. F. 88.
Galleasteinerkrankung. Körte. 41.
Psychotherapie und Àrztliche Praxis. Oberend'er, W. 45.
Behandlung des Diabetes. Mit erfreulicher Klarheil gibt
Richter dem Praktiker einen orientierenden Ueberblick ĂŒber die
gegenwÀrtige Auffassung vom Wesen und von der Behandlung der
Zuckerkrankheit. Der Diabetes wird heute nicht mehr wie frĂŒher
als eine durch mangelhafte Zuckerzerstörung bewirkte Krankheit
angesehen, er beruht vielmehr auf einer durch abnormen Gewebs-
reiz herbeigefĂŒhrten ĂŒbermĂ€Ăigen Zuckerproduktion, deren Sitz
wahrscheinlich die Leber ist. Es handelt sich dabei um eine all-
gemeine Störung des Stoffwechsels, nicht etwa des Kohle-
hydratstoffwechsels allein. Es ist deshalb nicht richtig, wenn
man absolute Zuckerfreiheit des Harns durch Kohlehydrataus-
scheidung erzielen will.
Als der erste Grundsatz bei der Diabetesbehandlung muĂ nach
den Erfahrungen im Weltkriege und den schon vorher bei der
Belagerung von Paris gemachten Beobachtungen die Vermei-
dung jeder Ueberer nÀhrung gelten. Doch ist auch das
andere Extrem, die UnterernĂ€hrung, vom Uebel. Die EiweiĂ-
menge soll eingeschrĂ€nkt werden, am zweckmĂ€Ăigsten auf 70 bis
80 g pro die. EiweiĂ kommt nicht als Quelle des Zuckers in Be-
tracht, sondern wirkt selbst zuckersteigernd. Der Grad der âEi-
weiĂempfindlichkeit" ist verschieden, sie ist am gröĂten bei KĂ€se
und Fleisch, am geringsten bei pflanzlichem EiweiĂ und Eiern,
die deshalb bei der Diabetesbehandlung zu bevorzugen sind. Die
Kohlehydrattoierenz richtet sich nicht nach der Menge der zuge-
fĂŒhrten Kohlehydrate, sondern nach der allgemeinen Nahrungs-
zufuhr. Gibt man weniger EiweiĂ und Fett, so darf man getrost
etwas mehr Kohlehydrate verabreichen. Zur Vermeidung und
Beseitigung der Azidosis, deren Bildung aus EiweiĂ und Fett
durch Kohlehydrate verhindert wird, ist eine DiÀt notwendig, die
eine bessere AusnĂŒtzung der Kohlehydrate gestattet, als es frĂŒher
möglich war. Darauf beruhen die Kohlehydratkuren, welche im
einzelnen besprochen werden (von Noordens Haferkur, vegr
tausche DiĂ€t, MchllrĂŒchlekur von Fallaj.
GegenĂŒber dem ausgebrochenen Görna diabeticum sind wir
völlig machtlos. Bei den prÀcomalosen ZustÀnden muà die Quelle
der Azidosis verstopft werden durch Reduktion der Nahrung,
Darreichung von Alkohol, der die HerztÀtigkeit erhobt und dazu
anlikelogen wirkt, und Alkali in groĂen Mengen (40â00 g Natr
bicarb. pro die subkutan, rektal oder am besten intravenös). In
derselben Weise soll die Azidosis vor Operationen an Diabetikern
bekÀmpft werden.
Richter betont am SchluĂ, daĂ die vorgetragenen An-
schauungen keinen unbedingten Anspruch auf Ewigkeitswert er-
heben. L. K a n n e r.
Therapeutische Halbmonatshefte, Berlin.
15. November 1921, 35, Heft 22.
DigitalisprÀparate. W i e c h o w s k i . W", 681.
»âŠâŠBehandlung der meningealen Syphilis. U 6 n u er 1c b , W. Göll.
â ^Beeinflussung der HerztĂ€tigkeit und der ĂŒiurese durch intravenöse Trauben-
zuckeriniusionen. 1 s a a c , S. 698.
Notwendigkeit der Errichtung von Volksaanatorien. I nner. VV. 102.
TnaiisdModenalspiUung. F u n c k. 70G.
Die Behandlung der meningealen Syphilis. Die Syphiliserregei
sind genuine Mesodermschmarolzer, daher auch im ZNS am
bindegewebigen Teil; den Meningen und ihren AuslÀufern. Durch
Lebergreilen auf das ZNS Entstehung der rein syphilitischen Bil
dĂŒngen, Zustandekommen der metasyphilitischen durch allmĂ€h-
lichen Einbruch des Liquors in die Pia und schlieĂlich in das
ZNS selbst. Anlage der Infektion abhÀngig von der Reaktions-
fÀhigkeit des Individuums und der EinschrÀnkung der allgemeinen.
Syphilose, die von den restlichen Infektionserregern stets mit
neuer Expansionstendenz beantwortet wird. Hauptlokalisation
1. Meningen, 2. gröĂere GefĂ€Ăe. Infolge der anatomischen Anlage,
der einseitigen ErnÀhrung der miningealen OberflÀche und ihrer
BerĂŒhrung mit dem wĂ€sserigen Liquor muĂ der Salvarsanspiegel
im Blut genĂŒgend hoch sein, damit genĂŒgend durch die Meningen
treten kann. Nachweislicher Beginn der meningealen EntzĂŒndung
stets bei den behandelten FĂ€llen im 1. bis 3. Infektionsjahr. Dia-
gnose durch Liquoruntersuchung stets möglich. Nur im frischen
Stadium ist die SR. ein BehandlungsmaĂstab. SpĂ€ter auch bei
negativer SR. genaue Liquorkontrolle unerlĂ€Ălich. Alle im Se-
kundÀrstadium erst zur Behandlung gelangten FÀlle sind 134 Jahr
nach der letzten Behandlung zu kontrollpunktieren (20 â 30 ccm
Liquor ablassen, 48 Std. Bettruhe horizontal zur Vermeidung
des Meningismus).
Behandlungsplan einer Lues:
lein.
masc.
1.
Tag Dos.
t
2 Salv. Nati
3â4
Tage spĂ€ter â
2
3
3â4
2 Vi
3^ â
3â4
3
4
4â5
33 35 3?
3
4
5
35 33 33
3
4â5 â
5â7
3' 33 11
3
M â â
5â7
53 33 3?
o
4-5 â â
Daneben 6 â 8 Wochen Hg. als Schmierkur (3â1 g pro die) oder
Injektionsbehandlung mit unlöslichen Oelen, eventl. in Kombi-
nation (A. Hydrach. salis. Calomel oder Ol. einer.).
Bei schwĂ€cheren Individuen nicht mehr wie Dos. 3 in 10 â 12
Injektionen alle 5 Tage, Hgkur eventuell erst nach der Hauptkur
in der Behandlungspause, die mit 4 â 6 Wochen Karlsbader Kur
(2 â 3 1 pro die) begonnen wird. Alle 2 â 3 Wochen daneben Dos. 3
Neo Salvarsan. 3â3% Monate spĂ€ter 2. Hauptkur, insgesamt
3 â 4 Kuren. Behandlung der Neurorezidive: In allen schwereren
FĂ€llen möglichst frĂŒhzeitige endolumbale Behandlung. Dosis 1,35
bis 1,8 mg Neo oder Natr. Sa. auf 60 â 90 ccm Liquors; bei Krampf-
anfÀllen und rezidivierenden Apoplexien Kombination mit intra-
venöser Therapie, y3 des entzogenen Liquors weggieĂen. Bei er-
neuter Blutung sofort 1,8 â 2,5 mg endolumbal, reichlich Liquor
zur Druckentlastung ablassen. Tabes: versuchsweise bei atakti-
schen FĂ€llen 0,5 mg auf 60 â 70 ccm Liquor. Pseudotabes und
Oytikusatrophie: 1,0 â 1,8 mg, falls keine RĂŒckenmarkssymptome
vorhanden. Beginnende Paralyse, besonders zweifelhafte FĂ€lle:
3 â 4 endolumbale Behandlungen (1,8 mg : 90 Liquor), stets vor-
her lA â Vi des Liquors weggieĂen.
Das Hauptanwendungsgebiet und die besten Erfolge sah
Verf. bei latenten Meningorezidiven.
Ueber die Beeinflussung der HerztÀtigkeit und der Diurese
durch intravenöse Traubenzuckerinfusionen. Versuche mit intra-
venöser Dextroseinfusion (25â50%) ergaben, daĂ auf die Diurese
158
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. ĂŒ/7.
bei kardialen Oedemen kein EinfluĂ ausgeĂŒbt wurde. FĂŒr die
âhypoglykĂ€mische Kardiodystrophie" (BĂŒdingen) ist kein experi-
menteller Beweis zu erbringen. Infolge der osmotischen VerÀn-
derungen des Blutes; die sie auslösen, sind sie aber bei lokalen
Oedemen, z. B. Lungenödem, sehr empfehlenswert. Bei Infek-
tionskrankheiten kommt ebenfalls auĂer dem tonisierenden Effekt
die durch sie hervorgerufene âinnere Transfusion" als nĂŒtzlich
in Betracht.
F. Loewenhardt (Charlottenburg-Westend). '
Therapeutische Halbmonatshefte, Berlin.
1. Dezember 1921, 35, Heft 23.
âZur Pathogenese und Therapie der Gicht. Thannhause r, S. J. 717.
»»âŠDie Röntgentherapie der Neuralgien. FĂŒrnrohr, W. 723.
Was konneu wir aus der Kriegsneurosenbehandlung fĂŒr die Friedens-
ueurose lernen? Jolowicz, F. 728.
Zur Frage der ergotropeu Therapie und der ergotropeu Wirkungen,
v G r ö e r , F. 732.
âZur Behandlung der FazialislĂ€hmung und Trigeminusneuralgie. A u e r -
h a c h , S. 737.
Zur Pathogenese und Therapie der Gicht Die NukleinsÀuren
sind ein wesentlicher Bestandteil des Zellkerns, der aus Nukleo-
proteiuen hestent. Man unterscheidet eintacue (iuononukleotiue)
und komplexe NukleinsÀuren (i'olynukleotiuej. Im Nuiueinstoli-
wecnsel wird der Eiw einaiiteil uurcn peptische und tryptische
Veruauung von den JNukleoĂŒuen losgelost, aie NukleinsĂ€uren
seihst im DĂŒnndarmsaft in einlache NukleinsĂ€uren aulgespallen,
ohne daà letztere daöei zerlallen. Es werden also nicnt die
scnwerioslicnen Purine abgespalten, sondern es entstehen ein-
fache NukleinsÀuren, die im intermediÀren Kreislauf weiter ab-
gebaut weraen. Die HarnsÀure ist das einzige Stotiwechselend-
produkt des Nukleinstoilwechsels. Ein urikolytisches Ferment
ist bisner niemals geiunden worden. 3 Gichltlieorien: 1. Ferment-
störung (brugsch und Schittenhelm), 2. Liratolnstechie (Umher,
Gudzent), 3. renale AussclieiĂŒungsstorung (Garrod, Thannhauser).
Verfasser deutet die Pathogenese der Gicht als renale Insuffi-
zienz der HarnsĂ€ureausscheiĂŒung; wobei er die Frage offenlĂ€Ăt,
ob die primÀre Störung in der Nierenzelle selbst oder in den
ĂŒbergeordneten nervösen Organen zu suchen ist. 2 Formen:
1.. primÀr konstitutionelle, 2. sekundÀre Gicht. Diagnose: Ge-
lenkerkrankung, bei der trotz HarnsĂ€urekonzentration von ĂŒber
4 mg % im blutserum die gleichzeitige Urinkonzentration der
HarnsĂ€ure in mehrstĂŒndig fraktioniert aufgefangenen Urin-
portionen 50 mg % nicht ĂŒberschreitet. (Blutzahl entschieden zu
hoch, 3 mg richtig. Ref.) Therapie: 1. Trinkkuren 15U0 ccm
pro Tag indillerente WĂ€sser (Yvildbad, Wildbad Gastein, Schlan-
genbad, Neuenahr), harnsÀurelösende Mittel: Citarin, Solurol und
auch die Radiumtherapie; ohne jeglichen Erfolg. 2. Auf die
harnsÀureausscheidende Funktion der Niere spezifisch wirkende
Substanzen: Atophan 0,5 3 â 4 mal (besser bis Ă,U pro die! Ref.),
Novatophan, Acidrin. Enderfolge sehr zweifelhaft. Therapie mit
ChinasÀurederivaten wirkungslos. Die Gichttherapie der Wahl
ist die DiÀtetik. NÀheres siehe Nahrungsmitteltabellen. Alkohol
ist zu verbieten, die purinarme Kost nicht zu streng schematisch
zu gestalten. Gegen die Schmerzen Colchiron Merck 1. Tag 4 bis
8 Pillen, 2. Tag 4, 3. Tag 2 Pillen. Das PrÀparat ist völlig gleich-
wertig dem französischen PrÀparat Colchirin Houde. Die Ge-
heimmittel, z. B. Alberts Remedy und Liqueur de Laville wirken
nur durch den Colchiringehalt. Bei Diarrhoe sofort aussetzen.
Die Röntgentherapie der Neuralgien. Ziemlich alle Formen
sind einer geeigneten Behandlung zugÀngig.
Zur Behandlung der FazialislÀhmung und Trigeminus-
neuralgie. Nach den vom Verfasser frĂŒher aufgestellten Gesetzen
der LĂ€hmungstypen erholen sich die Muskeln mit Arbeitsleistung
unter physikalisch ungĂŒnstigen Bedingungen langsamer und un-
vollkommener. Von den vom N. facialis innervierten Muskeln '
sind am ungĂŒnstigsten daran die Men. zygomatici und frontales.
Therapie: StĂŒtzung durch Heftpflasterstreifen, vom Mundwinkel
zum Jochbein; beim M. frontalis Hebung durch Streifen vom
Arcus superciliaris zur hinteren Grenze des Tuber frontale. Da-
neben natĂŒrlich Galvanisation und Massage. Therapie der Quin-
tusneuralgie: Alkoiaolinjektion, aber erst wenn einfache Methoden
nicht zum Ziele fĂŒhren und nur bei essentieller Neuralgie. Beste
Erfolge geben Neurexairese plus Gefriermethode, und zwar, daĂ
man den betr. Ast aus seinem Kanal soweit wie möglich heraus-
zieht, durchschneidet und den Querschnitt des fixierten zentralen
Endes unter der Lupe mit ChlorÀlhyl direkt total und wiederholt
vereist. F. Loewenhardt (Charlotlenburg-Westend).
Zeitschrift fĂŒr physikalische und diĂ€tetische Therapie.
Dezember 1921, 25, Heft 12.
â Beitrag zur FruĂ€hrung der Xcrvensubstanz. Bor uttau, H. 029â533.
âVersuche ĂŒber die W irkung oszillierender .Ströme auf Bakterien und Proto-
zoen, iusuesonderei in .Losungen von Jodsalzen. Philipp und Cart-
h a u s. 534 â 542.
âBeteiligung der Bauchdecken bei der Lumbago. Smitt, Will. 542â547.
.Serum-EiweiĂuntersuchungeu im Hochgebirge. Peters. E. 548â551.
âEinige biologische Wirkungen des Badgasteiner Thermalwassers.
is ch weyer. J. 551 â 556.
Die ErnĂ€hrung der Nervensubstanz lĂ€Ăt sich durch Lipoide
und Phosphatiue deutlich beeinilussen. bor uttau fĂŒtterte
Kanincnen mit P r o m o n t a una konnte nach 3U Tagen ein er:
hebliches Plus der Leber und des Zentralnervensystems an
Ă€therloslichen Substanzen una Lipoid-lhospnor naen weisen im
Vergleich mit gleicherweise, aber ohne ir romonta gelullerten
Kontroiitieren. .Diese Mitteilung stimmt also mit den klinischen
Beohacntungen ĂŒberein.
Versuche ĂŒber die Wirkung oszillierender Ströme auf Bak-
terien und Protozoen, insĂŒesonuere in Lösungen von Jodsalzen.
Mit Hille der osziliierenuen Strome von Kump! gelang aie Tö-
tung verschiedenartiger iViikroĂŒien durch ganz uunne Jodsalz-
lösungen. Anscheinend wandern dabei die h-lektroiyte nicnt zu
den Polen, sondern werden in der Losung irei und uuen nunmehr
ihre spezifischen \\ irkungen aut die i>aiaerien usw. aus. Od sich
diese luimpl sehen Strome therapeutisch im Korperinnern ver-
wenden lassen, steht noch dahin.
Beteiligung der Bauchdecken bei der Lumbago. Bei L u m -
b a g o iand im eigenen Körper S m i 1 1 weniger die KĂŒcken-
muskeln schmerzhalt, als vielmehr schmerzhafte, harte
Stellen in oen bauch decken und in der bauchmuskulatur,
besonders an den Insertionen an den Rippen, am Darmhein und
am Lig. Pouparti. Auf Grund dieser Seins ibeobachtungen kommt
Smitt zu den SchlĂŒssen: Die Anlage zu Lumbago ist erhiieh. Die
AnfÀlle werden ausgelöst durch KÀlte (kalte Duschen, burch-
schwilztseinj und durch Druck. Ihr Sitz befindet sich â wenn
nicht immer, so doch hÀutig genug in den bauchdecken und macht
sich durch Druckemplinunchkeit und harte Stellen bemerklich.
Aus der Aeliologie ergibt sich die Therapie: Vermeidung aller
âAbhĂ€rtungsprozeduren' mit kaltem Wasser; statt dessen heiĂe
Abwaschungen und energische Massage (im Stehen). Den An-
fÀllen geht hÀufig eine gewisse, kaum lÀstig empfundene Rumpf-
steifigkeit voraus; sie muĂ durch Massage sofort beseitigt wer-
den. â Den Ref. als Verfasser der latenten Erkrankungen des
Grund (-Binde) Gewebes 1912 freut diese Mitteilung ganz be-
sonders. Hoffentlich rĂŒckt sie dieses noch immer stiefmĂŒtterlich
behandelte' Gewebe mehr in den Mittelpunkt der pathologischen
Physiologie.
Einige biologische Wirkungen des Badgasteiner Thermal-
wassers. Bad Gastein ist kein Radiumbad, wie viele
unter dem EinfluĂ der Radiumreklame glauben. Beobachtungen
an Kranken haben ergeben, daĂ durch die Gasteiner Kur weder
die Leukozyten vermehrt werden, noch die HO-Produktion des
Magens unverÀndert bleibt, wie das nach Versuchen mit reinen,
kĂŒnstlichen RadiumwĂ€ssern der Fall sein mĂŒĂte. Man kann also
nicht eine Gasteiner Kur mit Hilfe von so und so viel Tau-
send-Mache-Einheiten in Buxtehude oder Posemukel durchmachen.
Die Jagd nach dem âBrunnengeisl" muĂ also erneut aufgenommen
werden. Buttersack.
Zeitschrift fĂŒr Klinische Medizin, Berlin.
30. Dezember 1921, 92, Heft 4â6.
Untersuchungen ĂŒber Mineralstoffwechsel V und VI: Vierte und fĂŒnfte
Untersuchung bei HĂ€mophilie. Berg, R. 281, 331.
Die Wirkung der aus endokrinen DrĂŒsen hergestellten PrĂ€parate auf den
Gaswechsel. A r n o 1 d i , W. und Leschke, E. 364.
â Versuche ĂŒber Kochsalzausscheidung von konstitutionellen Gesichtspunkten
aus betrachtet. M o e w e s , C. 376.
Untersuchungen ĂŒber den Purinstoffwechsel bei nicht gichtischen chronischen
Arthritiden. Lahmeyer, F. 381.
Ueber das Verhalten des Cholesterins im Blute von Nierenkranken. H a Ii n .
A. und W o 1 f f , E. 393.
âAkute gelbe Leberatrophie und ihre Beziehungen zur Phosphorvergiftung
und zu verwandten Parenchymdegenerationen der Lebex. Meier, M. 406.
Xanthomatosis und HypercholesterinÀmie. Ein Beitrag zur Frage ihrer
genetischen Beziehungen. Rosenthal.F. und Brauniech, R. 429.
Respiratorische Untersuchungen bei drei FÀllen von PolyzythÀmie.
Schill, E. 442.
Die Brauchbarkeit der Adrenalinlymphozytose zur FunktionsprĂŒfung der
Milz. Klinisches und experimentelles Beweismaterial. Frey, SV.
und Hageman, E. 450.
Eine im Anschluà an Filmaronöl aufgetretene akute gelbe Lebaratrophie.
Gutsteiu, M.. 466.
10. Jahrg. âNr. 6/7.
Aus den neuesten Zeitschriften
DU Bedeutung ko nplomentbindender Antikörper bei Lungentuberkulose,
ff» V* e 1 , E. 473.
Beitrag zur Lehre vou don experimentellen ctUronlaeheu AnÀmien.
Sehnst r o w , N . 490. ,
Zur frage der FuntetionsprĂŒfutig der blutbildenden. Organe. s e Ii u - i i u v> .
N. und W 1 ii d o s. 495.
Experimentelle Untersuchungen zur Frage ĂŒber die Bedeutung de» kou-
stitionoĂŒeu Moments bei der Entstehung der perniziösen iuĂ€inien.
S e Ii u s t r ĂŒ w , ST. 501.
Beitrag zur Frage der diagnostischen Bedeutung des Milchfiebers von
Dr. E. Wetze!. S c h i in d t , K. 51)5.
^âąlieber den heilenden Kiufluli des Erysipels auf Gewebsnoubildungeu, ins-
besondere bösartige Tumoren. \Y o 1 f f h e i m , W. »07.
Versuche ĂŒber Kochsalzausscheidung von konstitutionellen
Gesichtspunkten aus betrachtet. Kochsalzzulage (15 g) bei Iii
Personen verschiedener Konstitutionstypen ergab bei 21 Neigung
su Ausscheidungsstörungen. Zwischen einzelnen abgrenzbaren
\nomalien und der Kochsalzausscheidung bestehen keine ge-
sicherten Beziehungen, sondern die Ausscheidung ist abhÀngig
rom Allgemein- und ErnÀhrungszustand des Organismus.
lieber akute gelbe Leberatrophie und ihre Beziehungen zur
Phospnorvergittung und zu verwandten Parenehymdegencrationen
|er Leber. 2 FĂ€lle von akuter gelher Atrophie und Kranken-
geschichte und Sektionsbefund. Dem Ikterus katarrhalis, der oft
Andeutung von UebergÀngen in die schwere Form zeigt, kommt
nie Àtiologische Hauptrolle zu. Ein Vergleich mit der Phosphor -
VergĂŒtung ergibt im wesentlichen weitgehende IJebereinstimmung,
lie Yerschieuenheiten sind oft nur quantitativer Art und zum
groĂen Teil durch die Verschiedenheit der primĂ€ren Noxe be-
dingt. Die a. g. L. ist ebenso wie die P-vergif tung und die Be- '
EunĂŒe bei KnollenblĂ€tterschwammvergiftung im Prinzip dasselbe
wie die âzentrale LĂ€ppchennekrose" des Eckschen Fistelhundes,
tm Blutserum findet sich Vermehrung der freien FettsÀuren und
starke Verminderung der Lezithine, im Urin starke Vermehrung
der AminosÀuren.
Ueber den heilenden EinfluĂ des Erysipels auf Gewebsumbil-
iungen, insbesondere bösartige Tumoren. Beschreibung eines
Falles von Sarkom des Nasenrachenraumes, das nach Gesichts-
erysipel fast verschwunden war. AusfĂŒhrliche Zusammenstellung
der in der Literatur bekannten FĂ€lle. Nichts wesentlich Neues,
auch nicht in den theoretischen Erörterungen.
F. Loewenhardt (Charlottenburg-Westend).
Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und
Chirurgie, Jena.
1921, 34, Heft 2.
Röntgensymptomatologie des Ulcus duodeni. G r o e d e 1 145.
W ert der Ambardschen Konstante. R o s e n b e r g. 162.
âŠColoptose als Ursache der Obstipation. HeĂ T h a y s e n. 170.
PhrenicuslÀhmung hei LÀhmung des Plexus bracchiaiis. W i n t e r stein,
«f . 188.
â Polyperiostitis hypeirifesthetica. Stephan. 201.
.Se.ukungsgcschwindigkeit der roten Blutkörperchen. L 0 h r. 229,.
> VerĂ€nderungen im Verhalten der Dichte der KapillarwanduĂŒgen und deren
Nachweis durch das Endothelsymptom. S e St a d e r. 2B0.
Die Coloptose als Ursache der Obstipation. Von einer Reihe
von Autoren wird die Ptose des Transversum als Ursache einer
habituellen Obstipation angesehen. Verfasser untersuchte zu-
nÀchst an je 20 gesunden Frauen und MÀnnern die normale LÀge
des Transversum durch Röntgendurchleuchtung nach Kontrast-
mahlzeit; er fand, daĂ die Lage um 22 cm variieren kann, von
10 cm oberhalb des Nabels bis 12 cm unterhalb. Bei 50 Prozent
der Frauen und 25 Prozent der MĂ€nner ist das Transversum
10 cm oder tiefer unterhalb der Umbilicaltransversale zu finden.
Die Lage ist auch bei demselben Individuum an verschiedenen
Tagen verschieden. â Die durch das Herabsinken des Transver-
sum bedingten spitzwinkligen Knickungen der Flexura coli dextra
und sinistra sollen die Obstipation hervorrufen. Verfasser zeigt
ebenfalls durch die Röntgendurchleuchtung, daà bei FÀllen von
Obstipation die Form der Flexuren nicht hÀufiger spitzwinklig
ist als bei normalen Individuen. Demnach erscheint es ĂŒber-
haupt sehr zweifelhaft, ob die Koloptose irgend eine Bedeutung
fĂŒr das Zustandekommen der Obstipation hat; es handelt sich bei
dieser Erkrankung wohl mehr um funktionelle als um mecha-
nische Störungen.
Polyperiostitis hyperaesthetica. Beobachtungen ĂŒber eine
bisher noch nicht beschriebene Systemerkrankung des Periosts;
die Krankheit verlĂ€uft Ă€uĂerst chronisch, in abgegrenzten Pe-
rioden und ist von subfebrilcn Temperaturen begleitet. Der Ver-
lauf ist etwa folgender: Ohne erkennbare Ursache tritt an einem
Skelettknochen eine Ă€uĂerst schmerzhafte Schwellung des Pe-
riosts auf. Im Laufe von Jahren setzt dann eine ganz langsame
Propagierung des Krankheitsprozesses ĂŒber das ganze Skelett
system ein, die oft durch lange Intervalle relativen Wohlbefindens
unterbrochen wird. Die Krankheit bleibt stets auf das Periost
beschrÀnkt. Charakteristisch ist eine ganz ungewöhnlich starke
HyperÀsthesie der Haut in der Umgebung des Krankheitsherdes.
Die Aeliologie ist völlig unklar; fĂŒr Lues und Tuberkulose; kein
Anhaltspunkt. Die Erkrankung isl bisher (5 FĂ€lle) nur beim
Weiblichen Geschlecht beobachtet worden. Die Prognose ist
quoad sanalionem schlecht. Therapeutisch gĂŒnstig wirkl Rönt-
genbestrahlung. Verlasser schlĂ€gt fĂŒr das Krankheitsbild den
Namen âPolyperiostitis hyperaesthetica" vor.
K. Wohlgemuth (Berlin;.
ZentraibiaĂŒ fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
11. Januar 1922, 49, H. 2.
Resektion des perforierten Duodenal- und MagengeschwĂŒrs. B i r e h e i\ 42.
âąS'Nierentuberkulose. S t u t z i n. 42.
Operation der Varicocele. Franke. 4Ă€.
Behandlung des kontrakten PlattfuĂes, v. Sali s. 40.
Zu dem Aufsatz Kaisers: Laugsresektion der kleinen Ourv-atur des Magens.
Neugcbaucr. 48.
Zur Behandlung der Nierentuberkulose. Verfasser tritt im
Gegensatz zu den konservativen Bestrebungen anderer Autoren
fĂŒr die Nephrektomie bei der Nierentuberkulose ein. Wenn fĂŒr
die im Beginn befindliche tuberkulöse Erkrankung die Tuber -
kulinbehĂ€nĂŒlung vorgeschlagen wird, so ist dagegen einzuwen-
den, daĂ erstens der pathologisch-anatomische beginn durchaus
nicht mit dem klinischen zusammenfÀllt; daà zweitens unsere
heutige urologische Technik uns noch nicht gestattet, mit Sicher-
heit eine beginnende Nierentuberkulose festzustellen, sondern daĂ
drittens aller Wahrscheinlichkeit nach es sich nicht mehr um
eine beginnende Tuberkulose handelt, wrenn sie urologisch dia-
gnostiziert wird. Da che Erkrankung auĂerdem, wie Verfasser
an 6 FĂ€llen zeigt, einen durchaus unberechenbaren Verlauf auf-
weist und uns somit die Möglichkeit einer Vorhersage im Einzel-
fall nimmt, ist an der Nephrektomie festzuhalten, solange kein
anderes klares, besseres Verfahren gefunden ist.
21. Januar 1922, 49, H. 3.
âPrognose und Heilung der SehnennĂ€hte. Sa. lo.mo n. 74.
Chyluscyste des Mesenteriums. C a n d e a. 77.
âŠÂ»âŠVolvulus der Flexura sigmoidea. Gusse w. 761.
Darmquetsche. Merten s. 79:
Operation von Hasenscharten und Kieferspalten. M i I im r. SO.
Prognose und Heilung der SehnennÀhte. WÀhrend die Exten-»
sorennÀhte an der Hand in etwa 85 Prozent der FÀlle wieder
mehr oder weniger volle Funktion ergeben, sind die Resultate
der FiexorennĂ€hte auĂerordentlich schlechte; nur in etwa 20 Pro-
zent wird ein guter funktioneller Erfolg erzielt (nach anderen
Autoren sogar nur in 10 Prozent). Die Ursache hierfĂŒr ist nicht
nur in der Fixation der Sehne durch Verwachsungen und un-
regelmĂ€Ăiger Kalluswucherung zu suchen, sondern hĂ€ufiger noch
in einer primÀr mangelhaften Verwachsung der Sehnenenden mit-
einander. Wesentlich ist, daĂ auĂerhalb der synovialen Scheiden
die Sehnenenden stets zusammenwachsen, innerhalb derselben
niemals. Als praktische SchluĂfolgerung wird vorgeschlagen,
nicht eine sorgfÀltige Naht der Sehnenscheiden zu versuchen,
sondern im Gegenteil in der Umgebung der Nahtstelle ein
gröĂeres StĂŒck der Scheide zu entfernen.
Endokriner
Therapie des Volvulus der Flexura sigmoidea. Die von dem
Verfasser bevorzugte Methode besteht darin, daĂ nach Detorsion
des Volvulus der orale Teil der Flexur in den aboralen inva-
ginierl wird, bis die Flexur vor dem Anus erscheint; Fixierung
des Darmes in dieser Lage durch Naht. Der invaginierte Teil
stirbt ab und wird ausgestoĂen. â Krankheitsgeschichte eines so
operierten Falles. K. Wohlgemuth (Berlin).
Zentralblalt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
14. Januar 1922, 46, Nr. 2.
âLeber die Benennung der MenstruationsunregelmaĂigkerten. S e i t z . L. 50.
âŠ{âŠZur Fluorbehandlunig mit Bazillosan. v. J a s c h k c , Th. und Sil o-
m o n . R. 53.
âą{âąGumma syphiliticum/ ovarii, positiver SpirochĂ€tenbefund. \. K'Ubinyi, P.
und J o h a n , B. 57.
Beitrag z-ur Vaginoplastik. Steudiug, O. 61.
Zum hohen Geradstand. F o h r . O. 64.
Zur Aetiologie des tiefen Querstandes. X e 1 i u s , A. US.
Ueber die Benennung der MenstruationsunregelmÀlhgkeiten.
S e i t z schlĂ€gt folgende Benennungen vor: 1. FĂŒr die regelmĂ€Ăige
160
Aas den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 6/7.
normale Menstruation. Eumenorrhoe. 2. FĂŒr die Periode, die mit
lokalen Scnmerzen und Krampten in der GebÀrmutter und Um-
gebung einhergehl, Algomenorrboe. 3. Der Ausdruck Dys-
menorrhoe soll nur fĂŒr diejenigen Formen der Periode gebraucht
werden, bei denen allgemeine Störungen (groĂe Mattigkeit, Appe-
titlosigkeit, Erbrechen, nervöse Reizbarkeit, Kopfschmerzen, Mi-
grĂ€ne; vorherrschen. Der Ausdruck Algo-Dysmenorrhoe fĂŒr
kombinierte Formen, bei denen sowohl lokaie wie allgemeine Er-
scheinungen bestehen. 4. FĂŒr zu schwache Blutungen Oligo-
menorrhoe, zu starke Blutungen Polymenorihoe. 5. Die frĂŒh-
zeitige, in zu kurzen Zwischenzeiten auftretende Periode
Froiomenorrhoe, die zu spĂ€t, in zu groĂen ZwischenrĂ€umen auf-
tretende Periode ĂŒpscmenorrhoe. Der Ausdruck Metrorrhagie
soll lĂŒr alle mit der Periode nicht zusammenhĂ€ngenden Blutun-
gen aus der GebÀrmutter erhalten bleiben.
Zur Fluorbehan llung mit Bazillosan. Die Untersuchungen
an der Giebener Frauenklinik ergaben, daiJ das Bazillosan, dessen
Wirkung auf die Anwesenheit lebender iViilchsÀurebazillen in der
Scheide beruhen sollte, ĂŒberhaupt Reine lebenden Aiikroben ent-
hielt; daii also die seither veröffentlichten guten Erfahrungen
mit dem Mittel vielleicht nur auf die Trockenbehandlung, oder auf
die Anwendung des im PrÀparat vorhandenen Milchzuckers zu-
rĂŒckzufĂŒhren sir.'J. Auf die durch die Verfasser veranlaĂte Um-
stellung in der Fabrikation trat wohl eine Besserung ein insofern,
als in manchen Tabletten lebende MilchsÀurebazillen gefunden
wurden. Manche Packungen jedoch enthielten auch jetzt ent-
weder gar keine oder viel weniger Keime als nach den Angaben
der Fabrik zu erwarten waren. Da nach den bakteriologischen
Erfahrungen ein PrÀparat, welches qualitativ und quantitativ be-
stimmte lebende Mikroben enthÀlt, unter gewöhnlichen Lebens-
bedingungen aufbewahrt, dauernden Aenderungen unterworfen
sein muĂ, halten Verfasser das Bazillosan fĂŒr die Praxis fĂŒr un-
geeignet; ohne daĂ dadurch der Wert der biologischen Grundlage
derartiger Fluorbehandlung herabgesetzt wird. Es mĂŒĂte nur
auf anderem Wege erreicht werden, MilchsÀurekulturen in the-
rapeutisch brauchbarer Form lebend zu erhalten.
Gumma syphiliticum ovarii, positiver SpirochÀtenbefun:!.
SpirochÀten konnten bis jetzt in den Ovarien Neugeborener,
nicht aber in denen Erwachsener gefunden werden. Verfasser
operierten eine Frau mit rechtsseitigem, anderthalbfaustgroĂem
Adnextumor, der aus einer mÀchtigen Hydrosalpinx und ver-
gröĂertem Eierstock bestand. Die histologische Untersuchung des
Ovariums ergab mit Wahrscheinlichkeit ein Gumma syphiliti-
cum. Zur Sicherstellung der Diagnose durch Nachweis des Er-
regers wurden einzelne GewebsslĂŒckchen nach Levaditi imprĂ€g
âąniert. In 2 PrĂ€paraten konnten zahlreiche typische Exemplare
von SpirochÀta pallida nachgewiesen werden.
S p e y e r , Berlin.
Zentralblatt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
21. Januar 1922, 46, Nr. 3.
«5».Myonientw ickelung nach Ovarientrausplantatiuu. F 1 e i S c h m a u 11 . C. H2.
âą5*Zur Technik der Fibromyombehandlung mit Röntgenstrahlen. Bestrahlung;
in zwei Sitzungen. Driessen, L. F. t<3
âąMMe Suggestivbehandlung in der Frauenheilkunde. L i e g n e t . B. 89.
âŠlieber das Vorkommen von Diphtheriebazillen in der Seheide. 1. 8 n n e . W
und 8 c h u g t , P. 93.
Ueber die Indikation zur Ventrpf ixation. D 6er f ler, 11. 95.
Myomentwicklung nach Ovarienfransplantation. Einer 34 jÀh-
rigen, seit 16 Jahren amenorrhoischen Patientin wurden je eine
HĂ€lfte des rechten und linken Ovariums implantiert, die unmittel-
bar vorher einer 44 jÀhrigen Patientin bei einer supravaginalen
Amputation des myomatösen Uterus entnommen worden waren.
Nach 4 Monaten war der Uterus deutlich vergröĂert, die an der
AuĂenflĂ€che des Obliquus externus implantierten Ovarien waren
nicht mehr zu tasten. 9 Monate post operat. wurde am linken
Uterushorn ein wallnuĂgroĂes Myom festgestellt. 2 Monate spĂ€ter
trat zum ersten Mal wieder die Menstruation ein. Es ist anzu-
nehmen, daà die quantitativ oder qualitativ verÀnderten Hormone
der implantierten Ovarien der Spenderin in Àtiologischem Zu-
sammenhang mit den anatomischen und funktionellen VerÀnde-
rungen im Genitale der EmpfÀngerin stehen.
Zur Technik der Fibromyombehandlung mit Röntgenstrahlen.
D. bestrahlt in zwei Serien mit einer Zwischenpause von 3 bis
4 Wochen. Jede der beiden Serien, die prinzipiell post menstrua-
tionem stattfinden, dauert 1 â lYi Stunden, auf 1, 2 oder 4 Tage
verteilt; im ganzen erhĂ€lt die Kranke 100 H oder 200â300 X.
Wenn auch hÀufig nach der zweiten Sitzung die Menstruation noch
einmal wiederkehrt, so hĂ€lt D. eine dritte Bestrahlung doch fĂŒr
unnötig, da fast ausnahmslos ohne weitere Köntgenbestrahlung
danach Amenorrhoe eintritt.
Die Suggestivbehandlung in der Frauenheilkunde. Verf. gibt
einen U eberblick ĂŒber die ZustĂ€nde der GynĂ€kologie und Geburts-
hille, bei denen mit Erfolg von der Suggestivbehandlung Gebrauch
gemaent werden kann. Lue Form der suggestiven rseeinilussung,
ob \\ achsuggestion oder Hypnose, muĂ lur jeden einzelnen Fal
entschieden werden. Lingeliende BeschÀiligung mit dem Seelen-
leben der Kranken ist vor jeder suggestiven Behandlung uner-
lĂ€Ălich. Da die Hypnose zu einer Ausschaltung oder starken Her-
absetzung der Sclimerzemplindung fĂŒhrt, so kann man sie bei
allen gynÀkologischen Verrichtungen anwenden, in denen diel
Schmerziiailigkeit störend ist, z. B. bei der Aufrichtung eines
retroflektierten Uterus, bei sonst sehr schmerzhaften Unter-
suchungen wie bei Kranken mit doppelseilig entzĂŒndlichen Pro-
zessen an den Adnexen. Auch bei kleineren Eingriffen, wie Aus-.,
schabungen, Dehnungen und blutige Erweiterungen des Cervical-
kanals kommt die Hypnose in Frage und kann liier die Narkose
ersetzen. In allen den FĂ€llen, in denen psychische EinflĂŒsse in
Frage stehen, hat die Suggestivtherapie gute Erfolge (Ovarie, oft
auch bei Dyspareunie und Vaginismusj. Auch ĂettnĂ€ssen hat
Verf. in einem Fall mit Erfolg behandelt. DaĂ auch einige FĂ€lle
von Hyperremesis gravidarum durch Hypnose geheilt wurden,
spricht dafĂŒr, daĂ ein Teil dieser FĂ€lle sich auf psychogener Basis
aufbaut. Ueber die Anwendung der Hypnose in der Geburtshilfe
hat Verf. keine Erfahrung. (Zweifellos besitzt die Hypnose bei
Entbindungen nach Hallauer groĂe Annehmlichkeiten. D. Ref.)
Die AusrÀumung eines Abortes, sowie die Versorgung frischer
Dammrisse kann durch Suggestion vollkommen schmerzlos ge-
schehen.
Ueber das Vorkommen von Diphtheriebazillen in der Scheide.
Die Untersuchungen von Lonne und S c h u g t an der Göttinger
UniversitÀts-Frauen-Klinik ergaben, daà Diphtheriebazillen in der
Scheide wohl vorkommen können, dieses Vorkommen aber Ă€uĂerst
selten ist. FĂŒr die Infektion der Neugeborenen beim Durchtritt:
durch die Scheide kommt ihm deshalb wahrscheinlich nicht die
Bedeutung zu, wie sie von anderer Seite, bes. von Broer geltend'
gemacht worden ist. Speyer (Berlin).
Monatsschrift fĂŒr Geburtshilfe und GynĂ€kologie, Berlin.
Dezember 1921, 56, Heft 3/4.
âą{âąZur perniziösen und pemiciosaartigen Oravidita'teanĂ€mie. Beckmann, M.
119.
Das traubige Ovarialkystom. H i r s c h e n h a u s e r , F. 129.
Zur Kenntnis der desmoiden Tumoren des Ovariums. M a u t h n c r , E. 135.]
â Die bakterizide Wirkung der Hefe mit besonderer BerĂŒcksichtigung ihrer
praktischen Verwendung in der gynÀkologischen Therapie. Schugt,
P. 144.
Heber einen Fall von Meningocele oeeipitalis. Sautner, A. 151.
Zur perniziösen und perniziosaartigen GraviditÀtsanÀmie.
Verfasser teilt 6 FÀlle schwerer AnÀmie mit, die sich auf 60 000
Entbindungen der Jahre 1902â1920 verteilen. Dreimal gingen
nach der Entbindung die schweren Erscheinungen zurĂŒck, der
Blutbefund besserte sich, wenn auch bei der KĂŒrze der Beobach-
tungszeiten von absoluter Heilung nicht gesprochen werden kann.
In den ĂŒbrigen FĂ€Uen trat der Exitus ein. Zweimal fanden sich
die fĂŒr perniziöse AnĂ€mie typischen VerĂ€nderungen.
Die bakterizide Wirkung der Hefe mit besonderer BerĂŒck-
sichtigung ihrer praktischen Verwendung in der gynÀkologischen
Therapie. Lebende Hefe, der kein GĂ€rmaterial zugesetzt
wird, besitzt keine bakterizide Kraft. GĂ€rende Hefe wirkt zwar!
bakterizid, jedoch â wie die Versuche beweisen â in sehr ge-
ringem MaĂe, und zwar nur auf gewisse Keime, die gegen die
durch die GÀrung gesetzte VerÀnderung des NÀhrbodens (Bildung
von Alkohol, Aldehyden, SÀuren; VitalitÀtssteigerung des NÀhr-
bodens) besonders empfindlich sind. Jonas (Berlin).
The British medical Journal, London.
24. Dezember 1921. Nr. 3182.
âDer Einflult vitaminreicher ErnĂ€hrung auf schwache Kinder. O h i e k H.
und Da 1 y e 1 1 , E. J. 1051.
âDie Aetiologie der Rachitis. Bruton Sweet. 0. 1067.
Erkennung und Behandlung des perfonierten DuodenalgeschwĂŒrs. 1068.
Blaue Sklerae. Osteoporosis, stellenweise Hautatrophie und Cataracta Zomi-
lai-is. Biegrad V. and Haxthassoen. H. 1071.
Schwierigkeiten bei der Erkennung und Behandlung von Leberauszesseu.
L a n g 1 e y , G. J. 1073.
Plötzlicher Tod durch Anaphylaxie. Emrys Boberts. E. 1074. KU»
Fall von Pelin«is rheumatioa. Jackson. H. V. 1074.
40. Jahrg. â Nr. 6/7.
Aus den neuesten Zeitschriften
Per Einfluà Vitaminreicher ErnÀhrung au! schwache Kinder.
Verfasser haben bei 9 in der Entwicklung stark zurĂŒckgebliebe-
ner Kinder von 12â31 Monaten antiskorbutische FruchtsĂ€fte und
fettlösliches Vitamin verabreicht. Die Kinder hatten immer eine
kalorisch genĂŒgende DiĂ€t erhalten, die aber sein- wenig Vitamin
C und Milchfett enthielt. In allen FĂ€llen war der Erfolg der Be-
handlung geradezu ĂŒberraschend. Die Kinder entwickelten sich
sehr schnell. Die Verfasser betonen, daĂ 9 Falle zu wenig sind,
um daraus einen Sehlull zu ziehen, daĂ es aber zu empfehlen sei
bei in der Entwicklung zurĂŒckgebliebener Kinder solche Ver-
suche anzustellen
Die Aetiologie der Rachitis. Die namentlich von englischen
Autoren aufgestellte Behauptung, die Rachitis sei eine Avita-
minose, muĂ als völlig unbegrĂŒndet zurĂŒckgewiesen werden. Die
Ursache ist wahrscheinlich Mangel an frischer ammaler Er-
nÀhrung, namentlich an geeigneten Proteinen oder eine mangel-
hafte AusnĂŒtzung dieser Substanzen. Die Stoffwechselanomalien,
die man auch bei Rachitis findet, sind vielleicht einer endokrinen
Insuffizienz (Verfasser denkt an erster Stelle an die Thymus)
zuzuschreiben. Wenn junge Tiere kein oder wenig Sonnenlicht
erhallen, eingesperrt werden oder in einer schmutzigen Um-
gebung aufwachsen, ist die Erkrankung schlimmer, als wenn sie
in einem lichten, sauberen Raum gehalten werden.
K o o p m a n (Haag
The Lancet, London.
' 24. Dezember 1921, 201, Nr. 5130.
Serologische und nrlörphelORische Merkmale de* Preunjokok'ieii. I r q u -
hart. A. I,. 1313.
Thorakale- Atmung-. A r Ii u t h n p,t 1. a n e . W. 1317.
Die Wassermannsehe Reaktion. M e. I) o n a gr h , .1. E. R. 1319.
Die Sachs-Georgische Reaktion. L a w B r o \v n l i e . .1. 1322.
Geschwulst lies rechten Ospetfosum. \V r a y 1 - D » \ ies, V.
Pest auf einem Schiffe. Cse m e s h a . W. W. 1338.
31. Dezember 1921, 201, Nr. 5131.
âąKDie Verwendung des f.aevulose zur ĂŒntersuehuns der Leerin8-il'fi/Jeulii;ii7.
S p e n c e .7. f. und Brett P. C. 1362.
Oie Tuberkulinbebaiidliinsr von Asthma und 1 lernt' ieber. Storni \ an
Lc e u w e n , W. und V a r e k a m p , H. 1366.
⊠Eichung- der Bl itzellensnspension fĂŒr die VVasscrmauilsche Reak'ion.
Bigger, .1. W 1369.
Seriise Meningitis. G u r n c y Y a t e s . A. L971.
Studin ĂŒber Milch. 8 t e n h o «sc, \V i 1 I i a m s . Ii. 1388,
Die Verwendung der Laevulose zur Untersuchung der Leber-
insuffizienz. Wenn man einem Gesunden 50 g LĂ€vulose gibt, so
bleibt der Blutzuckergehalt derselbe. Bei Leberinsuffizienz wird
er erhöht, und der Grad der Steigerung ist ein MaĂ fĂŒr die In-
tensitÀt der Insuffizienz. Auf diese Weise kann man z. B. den
EinfluĂ von Salvarsan auf die Leber bestimmen. Da die Aus-
scheidungsschwelle von LĂ€vulose durch die Nieren sehr wechselt,
ist die Bestimmung im Harn nicht zu empfehlen.
Eichung der Blutzellensuspension fĂŒr die WaR. Verfasser
weist darauf hin, daĂ die Weise, in welcher man die Susnension
der Schaferythrozvten bereitet, sehr roh ist. Er beschreibt eine
Methode, in welcher er das Blu.l mit Kohlenoxyd sÀttigt und
dann kolorimetrisch den KohlenoxydhĂ€moglobin, daĂ ein MaĂ
ist fĂŒr die Zahl der Erythrozyten, bestimmt.
K o o p m a n (Haag ).
La Presse Medicale, Paris.
10. Dezember 1921, Nr. 99.
âŠErnĂ€hrung im Alter von 2â20 Jahren. Ii e u a u 1 t , .1. und T a n n e n -
h c r g , C. de. 977.
âŠDiathermie bei den entzĂŒndlichen und spastischen Reaktionen der Gallen-
blase. A i m a r d . .1. 981.
Di.'itetik des Diabetes. V Ii e i n i s s e . I.. Chi.
Einige praktische Indikationen ĂŒber die ErnĂ€hrung der
Kinder und Jugendlichen. Verff. stellen fĂŒr die verschiedenen
Stufen des Kindesalters ein Regime auf, das vor allem darauf ge-
richtet ist, die diesem Alter hÀufige AnÀmie zu bekÀmpfen oder
ihr vorzubeugen, als deren Hauptursache Verff. eine ungenĂŒgende
ErnĂ€hrung ĂŒberhaupt, vor allem aber eine allzu fleischarme Kost
ansehen. Sie weisen auf das gröĂere KalorienbedĂŒrfnis des
wachsenden Organismus hin, insbesondere auf eine Beobachtung
des Amerikaners G e p h a r t, der bei 355 Schulknaben einen
durchschnittlichen Bedarf von 5000 Kalorien festgestellt hat. Die
von ihnen angegebenen Wei te betragen fĂŒr
2â4 Jahre 52 g EiweiĂ 15,5 g Fette 171*6 g Kohleh. = 1,304 Kai
4â6 64 g ., 33.6 g .. 192 g .. =1,926 ..
6â9
73 g â
16
2:»0 g ..
: 1,628 ..
9â12 ..
90 g â
33
M âą>
252 g â
= 1,665 â
12-15 ,.
H7g
17
380 g â
-2,416 ..
16â18 ,.
118g .,
55
g tt
110 g .,
= 2,728 ,.
19â20 â
117« â
85
182,5 g ..
= 2,983 ..
Die systematische Anwendung der Diathermie hei Gtallcn-
blĂBenerkrankungen. Die Anwendung von WĂ€rme bei Erkrankungen
der Gallenblase ist allgemein ĂŒblich, aber die meist angewandten
Applikationen in Form von heiĂen Kompressen, WĂ€rmflaschen,
Kataplasmcn, heiĂer Luft usw. dringen nicht bis zu den tiefer
gelegenen Organen, zu denen die Gallenblase gehört: sie alle haben
eine exogene Wirkungsweise durch WĂ€rmeleitung, die von der
Ă€uĂeren Haut nur allmĂ€hlich in die tieferen Schichten dringt.
Die Diathermie dagegen wirkt endogen, die Kochfrequenzströme
entwickeln die WĂ€rme ĂŒberall da, wo sie auf Widerstand stoĂen,
d. h. in der ganzen Dicke der Gewebe. Es handelt sich nach dem
Ausdruck von De Therm und Laquerriere um eine inter-
stitielle Thermotherapie. Die Anwendung geschah stets mit dem
Arsonvalapparat, die Elektroden wurden vor und hinter der
Gallenblase direkt auf die Haut gesetzt, die IntensitÀt betrug
1,200 â 1,400 Milliamperes und die Dauer der tĂ€glichen Sitzung
20 Minuten. Gewöhnlich genĂŒgen 6 Sitzungen, um dauernden Er-
folg zu erzielen. Habe r.
14. Dezember 1921, Nr. 100.
âąHlanioklasische Krisen und Opotherapie bei I-elieierkrankungcn. () d d n . .1.
und B 0 r i e , P. 989.
LĂ€hmungen der assozierten Ăugenbeweguhgen. T e r r i e 11 . F. 990.
Organotherapie bei Lebererkrankungen. Die in Frankreich
auĂerordentlich beliebte Organotherapie haben die Verfasser bei
verschiedenen Erkrankungen der Leber, besonders bei katarrhali-
schem, luetischem und Salvarsanikterus, sowie Lebercirrhose mit
dem Erfolge angewandt, daĂ sich die anfangs bestehende Ver
daĂŒungsleukopenie als Zeichen der Leberinsuffizienz nach einer
Darreichung von pulverisierter Leber in die normale Leukozytose
umwandelte, ein Zeichen, daĂ die DrĂŒse selbst erkrankt ist. Die
Dosis bestand in allen FĂ€llen in 2 g tĂ€glich, die 6 â 10 Tage lang
gegeben wurden, bis ein dauernder Erfolg eintrat. Die anfÀng-
liche Erhöhung der Leukozytenzahl wurde bald auf das normale
MaĂ zurĂŒckgefĂŒhrt. Eine praktische Anwendung dĂŒrfte haupt-
sÀchlich bei Chloroform- und SalvarsanschÀdigungen ange-
bracht sein. Haber.
17. Dezember 1921, Nr. 101.
âŠAsthma, ein Syndrom iinpiimo"->str'sclier Hypertonie: Behandlung der Wahl:
Belladonna'. L La n ; C. 997.
âŠOtitis des Neugeborenen und SĂ€uglings. L. e r o u x . R. 8f9.
VuslöschphÀnomen bei Scharlach. M a r i e , P. 1.. 1001.
Asthma als ein Syndrom der Hypervagotonie und die Be-
handlung mit Belladonna. Die Theorie der Hypervagotonie als
Ursache des Asthma fĂŒhrt zur BĂŒckkehr zur Belladonnatherapie,
die, frĂŒher allgemein ĂŒblich, in neuerer Zeit vor anderen Mitteln,
wie dem Adrenalin oder der Vakzinetherapie allmÀhlich in den
Hintergrund getreten war. Verfasser gibt dem Belladonna den
Vorrang vor dem Adrenalin, weil dieses nur bei Dringlichkeit
wÀhrend der bereits ausgebrochenen Krise anzuwenden ist, jenes
dagegen die Wiederkehr der AnfÀlle verhindert, also eine Dauer-
wirkung erzeugt. Die Dosen mĂŒssen genĂŒgend groĂ sein, bis zu
2 mg. Verfasser wandte in Paris die Trousseau'schen Pillen an,
bestehend aus Extr. und Pulv. Beilad. aa 0,01. 3 mal tgl. 1 Pille,
die erste vor dem Abendessen, die zweite gegen 10 Uhr abends,
die dritte im Laufe der Nacht, in einer Serie von 20 Pillen.
Die Otitis des SĂ€uglings und Neugeborenen. Die Otitis
existiert im latenten Zustand fast bei allen Neugeborenen, was
aus den anatomischen Bedingungen hervorgeht, hypertrophische
Rachcntonsille, kurze und weite Tube. AusfĂŒllung der Pauken-
höhle mit einer foetalen ödematösen Gallertmasse, die allmÀhlich
verschwindet, um einer wirklichen lufterfĂŒllten Höhle Platz zu
machen. Das Ohr kann sich von der Entbindung und vom ersten
Atemzug an leicht infizieren; es ist. wie die Augen, von Geburl
an sorgfĂ€ltigst zu schĂŒtzen. Die Nasenhöhlen sind nach der Ent-
bindung und an den folgenden Tagen zu desinfizieren. Das Ohr
ist in allen FÀllen, besonders aber bei unerklÀrlichen Symptomen
und bei Infektionen zu beobachten. Die Parazcntose ist bei jedem
verdĂ€chtigen Trommelfell vorzunehmen. Durch diese MaĂnahmen
ist den 3 schlimmsten Folgeerscheinungen der Otitis, der Blut-
vergiftung, der Meningitis und der Taubstummheit vorzubeugen.
H a b e r.
162
Ans den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 6/7.
Rivista Ospedaliera, Rom.
15 â30. November 1921, 11, Nr. 21â22.
âDie elektrische Kraft in Form des Wechselstroms von hoher Frequenz in der
Behandlung der Wunden. M a s s i m i , S. 471.
âBehandlung der offenen osteo-artikulĂ€ren Tuberkulose. Conti, L. 486.
Die elektrische Energie in Gestalt des hochfrequenten
Wechselstromes in der Wundbehandlung. Die Förderung des
Wachstums und des Regeneratiönsprozesses durch die Einwirkung
elektrischer Energie ist bei Pflanzen und niederen Tieren schon
lÀngst einwandfrei festgestellt worden. Der Verf. hat es sich zur
Aufgabe gemacht, ihren EinfluĂ auch auf den Verlauf der Wund-
heilung und besonders auf die WiderstandsfÀhigkeit der beschÀ-
digten Gewebe gegen infektiöse Mikroorganismen an Hand klini-
scher und bakteriologischer Beobachtungen zu studieren. Hierbei
stellte er fest, daĂ der elektrische Hochfrequenzstrom eine des-
infizierende Wirkung ausĂŒbt, die entweder den ultravioletten
Strahlen oder dem gleichzeitig sich entwickelnden Ozon zuzu-
schreiben ist, daĂ er durch Anregung des Lymphzuflusses die
natĂŒrlichen AbwehrkrĂ€fte des Organismus gegen eine Inefktion
erhöht, daà er weder Schmerzen verursacht noch eine gewebs-
zerstörende Wirkung hat und daà er endlich bei Substanzver-
lusten eine rapide Regeneration bewirkt und die Vernarbung be-
schleunigt. Der weitere, von dem italienischen Verfasser betonte
Umstand, daĂ âdie Industrie es jedem Arzte gestatte, die not-
wendige Apparatur iĂŒr einen ganz mĂ€Ăigen Preis zu erwerben",
trifft fĂŒr uns leider nicht zu.
Die Behandlung der offenen Gelenktuberlose mit Kontentiv-
verbĂ€nden. Verfasser berichtet ĂŒber die Erfolge Solieris mit der
Behandlung offener, fistulöser Gelenkstuberkulose durch Immo-
bilisierung mittels eines die gleichzeitige Fixation der Nachbar-
gelenke ermöglichenden Apparates nach entsprechender (anti-
septischer) lokaler Vorbehandlung. Das Allgemeinbefinden
besserte sich zusehends, Temperaturstörungen lieĂen nach, die
Schwellung des Gelenkes ging allmĂ€hlich zurĂŒck und die eitrige
Sekretion wurde immer geringer, bis sie völlig verschwand. Eine
einzige Kontraindikation bildet das gleichzeitige Vorhandensein
einer Lungentuberkulose, weil dann der Körper die Abwehr-
krÀfte zur siegreichen BekÀmpfung der lokalen Affektion nicht
aufzubringen vermag. L. K a n n e r.
15. Dezember 1921, 11 Nr. 23.
â Behandlung der Nephritis mit hohen Alkoholdosen. Masel, B. 511.
Anaphylaktische PhÀnomene bei Malaria. D u 1 1 o . TJ. 515.
Nephritiden mit Alkohol in hohen Dosen. Verfasser ist von
dem geringen Erfolge hygienischer, diÀtetischer und medikamen-
töser MaĂnahmen bei der allgemein ĂŒblichen Behandlung akuter
NierenentzĂŒndungen nicht befriedigt. Eine Erfahrung am eigenen
Leibe sowie mehrere Beobachtungen einer Heilwirkung ein-
maliger toxischer Alkoholgaben fĂŒhren ihn zur Empfehlung ein-
gehender Untersuchungen an einem gröĂeren Krankenmaterial
nach dieser Richtung hin. Bemerkenswert ist die Geschichte eines
kleinen MÀdchens mit akuter hÀmorrhagischer Nephritis, das in
einem unbewachten Augenblick eine gröĂere Menge Kognak zu
sich nahm, worauf unmittelbar eine auffallende Besserung der
Krankheit bis zur völligen Genesung eintrat. â (UnerklĂ€rlich ist
es, weshalb die deutschen Zitate so oft bis fast zur völligen Un;
kenntlichkeit korrumpiert werden. Ein Beispiel: âEin Vorhaben
fĂŒr die Heilung der Brightschen Krankheit in dem spitzig
Stadium"!). L. Kann er.
The Journal of the American Medical Association, Chicago.
24. Dezember 1921, 77. Nr. 26
Sir William Osler. Einney, J. M. T. 2013.
Telangiektatische Splenomegalie. 8 y m m e r s . D. 2019.
âQuecksilber-lnunktion bei Syphilis. C o 1 e . H. X., G e r i c k e A. J und
S o 1 1 m a n n , T. 2022.
Magenulkus und Tabes dorsalis. Crohn, B. B. 2023.
SchÀdelfrakturen; Diagnose) und Prognose. Stewart, J. W, 2030.
Verhalten der Larven von Ankylostoma duodenalis im Erdboden. C o r t .
W. W., Augustine. O. L. und Payne. G. C. 2035.
Xichtchirurgische Drainage der Galleawege. S ni i I h i c s. F.. K a r s h n e r
C. F. und O 1 e s o n . R. B. 2036.
Chronische ulzerative Colitis. Veomaus, F. C. 2043.
Hernie âEn Bloc" reduziert. E 1 i a s o n , E. L. 2049.
âPerikarditis mit ErguĂ. Willia'mson. C. S. 2050.
âSpirochetose bei Kaninchen. Xeue FĂ€rbungsmethode des Treponema Pal-
lidum. Kok u chi , h. 2052.
Ueber reine Queeksilbcrinunktionsbehandlung der Lues. Die
Inunktionskuren sind wegen der Unsauberkeit, der Furcht, daĂ
die Krankheit von AuĂenstehenden leicht entdeckt wird, und der
in der Folge nicht selten auftretenden Folliculitis nicht sehr ge-
schÀtzt, obwohl ihr therapeutischer Wert sicherlich ein recht
groĂer ist. Verfasser nehmen an, daĂ nur das Quecksilber von
der Haut absorbiert wird, das in die Haarfollikel und SchweiĂ-
und TalgdrĂŒsengĂ€nge eingerieben wird, alles ĂŒbrige Hg aber
nicht zur Absorption gelangt. Es wurden 44 Luiker mit Inunk-
tionen (5 â 23, im Durchschnitt etwa 10) von je 4 g Quecksilber-
salbe in der Art behandelt, daĂ nach 30 Minuten langem Ein-
reiben alle noch auf der Haut befindliche Salbe mit Benzin und
Watte abgewaschen wurde. Die Queck silberwirkung war offen-
sichtlich ebenso gut als bei Anwendung der sonst ĂŒblichen
Methode, so daĂ Verfasser glauben, wenigstens klinisch ihre An-
nahme bestÀtigt gefunden zu haben.
Perikarditis mit ErguĂ. Die Ergebnisse der klinischen Stu
dien ĂŒber 23 einschlĂ€gige FĂ€lle ergeben, daĂ auch bei sehr kleinen
ErgĂŒssen die FlĂŒssigkeit sich zuerst im Winkel, der von Rippen
und Zwerchfell gebildet wird, ansammelt. Dies dokumentiert
sich klinisch durch HerabdrÀngung des linken Leberia pnens und
kann noch eher festgestellt werden, als die Abrundung des
Ebstein'schen Winkels (Herz, Leber). Der Leberrand wird bei
ErgĂŒssen von 500 â 600 cem bis zu 2 Querfingerbreite nach unten
verdrÀngt. In etwa zwei Drittel der FÀlle war perikarditisches
Reiben zu hören.
Bemerkungen zur SpirochÀtosis der Kaninchen. Verfasser
fand bei einer Anzahl Kaninchen an Vulva bzw. PrÀputium
papulöse Effloreszensen, die den luischen sehr Àhnelten und in
denen er eine der Treponema pallida sehr Àhnliche SpirochÀte
nachweisen konnte, die er mit dem Namen Treponema cuniculi
belegt. Sie ist etwas lÀnger als die SpirochÀte pallida; 0,25 «breit,
die Spiralamplitude betrĂ€gt 1 â 1,2 n. Die Spiralen selbst sind regel-
mĂ€Ăig und gleich tief, 8 â 12 an der Zahl. Rasche Rotation und
zuweilen KrĂŒmmungen in der Mitte konnten beobachtet werden,
dagegen nie GeiĂeloewegungen. Die Ueberimpfung von Papel-
exsudat oder Vaginalsekret auf gesunde Tiere gelang sehr hÀufig
die Inkubationszeit betrug im Durchschnitt 60 Tage. DrĂŒsen-
schwellungen wurden selten gesehen. Versuche, Orchitis, Kera-
titis oder SchankergeschwĂŒre kĂŒnstlich zu erzeugen, verliefen er-
gebnislos, desgl. miĂlang die Ueberimpfung auf Affen. Salvar-
sandosen von 0,02 g je Kilogramm Körpergewicht zerstörten die
SpirochÀten innerhalb von 24 Stunden, ohne daà bisher (nach
5 Monaten) Rezidive beobachtet worden wÀren. Tiere, bei denen
die Affektion monatelang bestand, gaben im Gegensatz zu solchen
mit Spirochaeta pallida infizierten, stets negativen Wassermann.
Diese Tatsache, sowie die Unterschiede in dem Aussehen der
LĂ€sionen und der GröĂe der beiden SpirochĂ€ten sind differen-
tial - diagnostisch von Bedeutung. FĂ€rberische Unterschiede
zwischen Treponema pallida und cuniculi bestehen nicht. Im An-
schluà an diese Mitteilung gibt Verfasser eine neue SpirochÀten
fÀrbung an, die diagnostisch bei Fehlen des Dunkelfeldes wert
voll ist. 9 Teile einer Lösung aus 88 Teilen M/15 Na2 HPO, 4-
12 Teilen M/15 KH2 PO, werden mit einem Teil Formaldehyd ge-
mischt. Dieser Lösung wird Reizserum bzw. Gewebsemulsion
zugefĂŒgt und das ganze mindestens 5 Minuten stehen gelassen
DĂŒnne Ausstriche hiervon werden nach Lufttrocknung mit ge-
sÀttigter alkoholischer Gentianaviolettlösung oder mit Fuchsin
gefÀrbt. K À ck eil (Hamburg1
The Journal of Laboratory and Clinical Medicine, St. Louis.
Dezember 1921, 7. Nr. 3.
â l'eber den Chloridgehalt des Blutes bei SubUmatnephrose. Killian. J. A.
129. â
â Klinische Diagnostik mit Hilfe der Viskosimetrie des Blutes und des Serums
mit besonderem Hinweis auf das Viskosimeter von HeĂ. B i r e h e r. M. E.
134.
âDie Behandlung der akuten Phosphorvergifrung. A t k i n s o n . H. V. 148.
Die Syithese des Arspheuamius und seine Derivate. M y e r s , C. N. 151.
Ueber den Chloridgehalt des Blutes bei SubUmatnephrose. Be
rieht ĂŒber zwei FĂ€lle von Nephrose nach Sublimatvergiftung. In
Uebereinstimmung mit frĂŒheren in der Literatur niedergelegten
Beobachtungen fand Verf., daĂ parallel der fortschreitenden Seh?
digung der Nierenfunktion, wie sie im Ansteigen der Reststick-
stoffwerte zum Ausdruck kam, eine Verminderung der Chlorid-
werte im Gesamtblut eintrat, mit zunehmender Besserung der
Nierenfunklion zeigte sich eine Zunahme der Blutchloride. Beide
FĂ€lle waren frei von Oedemen. Im Stadium der schwersten
NierenschÀdigung war das KohlensÀurebindungsvermögen des
Blutes deutlich herabgesetzt.
10. Jahrg. â Nr. 6/7.
Aus den neuesten Zeitschriften
Klinische Diagnostik mit Hille der Viskosimetrie- des Blutes
und »los Serums mit besonderem Hinweit aul' das Viskosimeter
von Hell. Zusammenfassende Besprechung der Methodik und des
klinischen Anwendungsgebietes der Viskosimetrie, in Anlehnung
an die Angaben von Naegeli. Bei Erkrankungen der Kreislaufs-
organe sollte der ViskositÀt des Blutes als einem wichtigen Fak-
tor fĂŒr die .vom Herzen zu Leistende Arbeit mehr Beachtung ge
schenkt weiden. Ferner gestallet die Viskosimetrie auf exakte
WCise eine Analyse der Blulziisammensetzung: die Viskosital ist
bhĂ€ngig vom EiweiĂgehalt des Serums, vom VerhĂ€ltnis des Glo-
ulins zum Albumin sowie vom Volumen der Blutkörperchen. IIa!
an z. B. die ViskositĂ€t gemessen und refraktometrisch den ĂŒi-
weiĂgehalt des Serums bestimmt, lĂ€Ăt sich aus einer empirisch
ewonnenen Kurve das VerhÀltnis von Globulin zu Albumin un-
iltelbar ablesen. Die ViskositÀtsbestimmung mit Instrument von
eB ist eine Ă€uĂerst bequeme Methode, die nur einen Tropfen Blut
rforderl und innerhalb von 30 Sekunden Werte liefert, die fĂŒr
Ănische Zwecke ausreichend genau sind.
Die Behandlung der akuten Phosphorvergiftung. Bei der Be-
andlung der Phosp'horvergiftung wird allgemein vor der Zufuhr
von Fetten gewarnt, in der Annahme, daà durch die Auflösung
des Giftes in der öligen Substanz, wenn letztere zur Besorption
gelangt, der Phosphor in vermehrter Menge von der Darmwand
aufgenommen wird. In Versuchen an Hunden zeigt Verf., daĂ es
gelingt, durch Gaben eines nicht resorbierbaren Mineralöls die
Tiere vor der Vergiftung mit sonst tötlichen Dosen zu schĂŒtzen.
Das angewandte flĂŒssige Paraffin wirkt abfĂŒhrend, so daĂ die in
ihm aufgenommenen Phosphormengen schnell aus dem Körper
hinausgeschafft werden. In Kontrollversuchen konnte gezeigt
werden, daà weder Bizinusöl noch Magnesiumsulfat die Tiere vor
der Vergiftung schĂŒtzen konnten. Das Verfahren wird fĂŒr Phos-
phorvergiftungen des Menschen empfohlen.
Wolf f (Hamburg).
New York Medical Journal, New York.
21. Dezember 1921, 114, Nr. 12.
Halen nnd Beine Zeit. Wright, J. 677.
â Mastoiditis. Smith, S. und M a c C u e n. 683.
âChirurgische Endothermie. Wyeth, G. A. 685.
Steinachs VerjĂŒngungsmethode. Benjamin, H. 687.
Plastische Chirurgie bei Handverletzungen. F u 1 d , J. E. 692.
*Metastatische infektiöse Arthritis der WirbelsÀule. SchwÀrt z, K. M. f'P9.
EntzĂŒndliche Störungen im weiblichen Genitalrrakt C h e r r y . T. FI. 700.
Enzephalitis lethargica. R e e v e 8 , R. S. 702.
Rheumatismus und verwandte Affektionen. O e y s e r . V. C. 707.
Akute gelbe Leberatrophie als Komplikation akuter Appendizitis. Beb-
r e n d , 51. 709.
VerhĂŒtung der Geschlechtskrankheiten. Broadmann, J. 710.
Vitiligo und seine Beziehungen zu Syphilis. C u ro s t o n , Ch. G. 71-2.
Geschlechtskrankheiten, eine soziale Gefahr. Riddell, W. R. 714.
Lösuug von Jodnatrium zum Gebrauch fĂŒr urologische Röntgenstudien.
stern, M. und Ritter, S. 715.
Ueber versteckte EntzĂŒndung des Warzenfortsatze9. Die Er-
krankung des Warzenfortsatzes ist die Folge einer EntzĂŒndung
oder Eiterung im Mittelohr; diese wieder die Folge einer pri-
mÀren Erkrankung des Nasenrachenraumes. In jedem Fall von
akuter Eiterung der Paukenhöhle sind Schleimhaut und Zellen des
Antrum mastoideum mehr oder weniger miterkrankt. Die FrĂŒh-
diagnose ist von gröĂter Bedeutung. In keinem Fall von unklarer
fieberhafter Erkrankung im Kindesalter darf die Ohruntersuchung
unterlassen werden. Wichtig ist frĂŒhzeitige Paracentese zur
Vermeidung von Mastoiditis und intrakraniellen Komplikationen.
Plötzliches Aufhören einer akuten Mittelohreiterung muà Ver-
dacht auf Beteiligung des Warzenfortsatzes erregen. Der Eiter
des Warzenfortsatzes kann sich einen Weg bahnen durch die San-
torinischen Fissuren nach der Parotis und dem sie umgebenden
Gewebe, oder er kann durch die Spitze nach dem Nacken durch-
brechen und unter dem Warzenfortsatz eine Schwellung verur-
sachen, die unter dem Namen Bezoldsche Mastoiditis bekannt ist.
In diagnostischer und prognostischer Hinsicht ist die Leukozyten-
zahl von groĂer Bedeutung. Hohe Leukozytenzahl gibt einen MaĂ-
stab ab fĂŒr die Widerstandskraft des Kranken gegenĂŒber der Er-
krankung, wÀhrend ein hohes ProzentverhÀltnis an polymorph-
kernigen Zellen die Schwere der Erkrankung anzeigt. Verf. warnt
vor der Anwendung von Pflaster und BreiumschlÀgen auf den
Warzenfortsatz, weil sie lokale Erscheinungen verdecken und eine
hyperÀmische Mastoiditis in eine eitrige umwandeln können.
Chirurgische Endothermie bei zugÀnglichen malignen Ge-
schwĂŒlsten. Hinweis auf die Bedeutung und die Erfolge der
Endothermie bei der Behandlung leicht zugÀnglicher maligner
GeschwĂŒlste. Heilung eines Falls von Plattenepithelkarzinom d<M
aulleren Haut der linken Hand.
Metastatisehe infektiöse WirbelsÀulcnurthritiw ausgehend von
Herden in dun Tonsillen und der linken Highmoreshöhle. Heilung
eines Falles von \\ irbelsÀulenarlhritis nach mehr als dreimonate
langem Bestehen durch operative Entfernung der Tonsillen, SpĂŒ-
lung der erkrankten 1. Highmoreshöhle und Behandlung mit Auto
Vaccine. S t a d e 1 m a n n (Frankfurt a. M.).
Fhe Journal of infections Diseases, Chicago.
Dezember 1921, 29, Nr. 6.
Studie ĂŒber den Gonokokkus und die Oonokokken-Infektionen Cook. AI.
W. und Stafford.D. D. 561.
âDiphthcriebazillontrĂ€ger unter den Schulkindern in Massachusetts. Beck-
ler. E., Gillette, II. und Parker, M. vn.
âą{âșDysentcrieĂ€hnlicbe Erkrankung bei Kindern. M i t a , K. 580.
Morphologische Variation des Bazillus coli. Scale 1', F. M. 591.
Quantitative Beziehungen zwischen Ambozeptor und Serum bei Mecrschw em-
otion, denen das Komplement; fehlt. Ecker, E. E. 611.
Charakteristika, des B. chanvoei. G 6 s s , L. W., Barbarin. R. E. und
II a i n e s , A. W. 615.
Komplementbildung bei der A\a. -Probe. Kuhn, R. L. und Ol in. R. M
630.
Wirkung der Hitze auf die komplementbindenden Antikörper. Kahn, R. I...
Johnson, S. R. und B o y e 1 , A. G. 639.
Studien ĂŒber Komplementfixation. IV. Kahn, R. L. und Lyon, D. S. 651.
Die PathogenitĂ€t des B. abortus und des B. melitensis fĂŒr Affen. F 1 e i s e h-
n e r . E. C, Yecki, M., Shaw, E. B. und Meyer; K, P. 663.
DiphtheriebazillentrÀger unter den Schulkindern von Massa-
chusetts. Infolge einer gröĂeren Anzahl von DiphtheriefĂ€llen
wurde bei mehr als 8000 Kindern im Alter zwischen 5 â 15 Jahren
eine Untersuchung von Nasen- und Bachenkulturen durchgefĂŒhrt.
Nur 41 (0,49 Prozent) erwiesen sich als positiv; hiervon wurden
etwa 95 Prozent als virulent befunden. Die sonst so hÀufigen
avirulenten Diphtheriebazillen fanden sich hier seltsamerweise
nur ganz' vereinzelt. Sehr verbreitet waren diphtheroide, von den
echten Diphtherieerregern in ihrem morphologischen und kul-
turellen Verhalten deutlich verschiedene, nicht pathogene Ba-
ziUen.
DysenterieÀhnliche Erkrankungen (Paradysenterie, Para-
typhus) bei Kindern und ihre Ursachen. Dysenterische Affek-
lionen bei Kindern werden nicht allein durch den echten Buhr-
bazillus (Typus 1 â 5) hervorgerufen, sondern in etwa einem Vier-
tel der FĂ€lle durch einen von M i t a entdeckten und beschriebenen
Paradysenteriebazillus. ' Es handelt sich um kleine, pathogene
StÀbchen ohne Eigenbewegung. M i t a unterscheidet zwei Grup-
pen: Bazillus paradysenteriae A gleicht in seinem Verhalten
gegenĂŒber KohlehydratnĂ€hrböden dem Flexnertypus, B dem Y-
Typus der echten Buhrbazillen. Beide bilden teils runde, teils
unregelmĂ€Ăig begrenzte Kolonien. Zuweilen findet man bei den
i uhrartigen Erkrankungen der Kinder auch einen in seinen kul-
turellen Eigenschaften typhusÀhnlichen BaziUus, den M i t a als
,,Paratyphus-x-Bazillus" bezeichnet. Die durch die genannten
Organismen bedingten klinischen Erscheinungen sind von mil
derer Natur als die echte Dysenterie. L. K a n n e r.
The American Review of Tuberculosis, Baltimore.
November 1921, 5, Nr. 9.
âDie Muskulatur der feineren Bronchialverzweigungerl. S n o \v Miller.
W. 689.
Chemische Probleme in der Bakteriologie des Tb.-Bazillus. Long, E. R. 705.
Methode zur Beobachtung von ReaktionsverÀnderungen bei Kulturen von
sÀure Bakterien. Long, E. R. und Major, A. L. 715.
âDie ringförmigen Pleura-schatten im Röntgenbilde bei der Lungentuberkulose.
B u r n s , J. und Amberson, J. 723.
Die Muskulatur der feineren BronchialverÀstelungen und ihre
Beziehung zu gewissen pathologischen Bedingungen. Miller
bespricht in seinem, mit anschaulichen Mikrophotogrammen und
schematischen Zeichnungen illustrierten Aufsatz die glatte Mus-
kulatur der knorpelfreien Bronchiolen und AlveolengÀnge sowie
ihr VerhÀltnis zum Lungenparenchym. Die Arbeit ist das Er-
gebnis eingehender Untersuchungen an Meerschweinchen, Katzen.
Hunden und am Menschen. Die Bronchialmuskulatur ist nicht in
Form abgegrenzter Streifen oder einer kontinuierlichen Schicht
angeordnet, sondern als âgeodĂ€tisches" Netzwerk, das den Bron
chiolen eine groĂe WiderstandsfĂ€higkeit verleiht und ihre maxi
male Erweiterung und Zusammenziehung ermöglicht. Die Muskel
fasern bilden einen Sphinkter um die Uebergangsstellen der
Bronchiolen und AlveolengÀnge in die Alveolen sowie um die Ein-
gÀnge in die AlveolensÀckchen, jenseits deren Muskelfasern ganz
Aus den neuesten Zeitschriften
â 10. Jahrg. â Nr. 6/7
fehlen. Die TÀtigkeit der Bronchialmuskulatur hÀlt Miller bei
der Exspiration nicht fĂŒr passiv, sondern fĂŒr aktiv.
Die ringförmigen Pleuraschatten im Röntgenbilde bei der
LungentuberKulose. Eine Untersuchung ihrer klinischen Bedeu-
tung und eine mutmaĂliche ErklĂ€rung ihrer Entstehungsweise.
Verf. hat 50 âringförmige" Pleuraschatten, die ĂŒbrigens auch
oval, dreieckig oder unregelmĂ€Ăig gestaltet sein können und deren
InnenflÀche entweder von gleicher Dichtigkeit oder etwas dunkler
ist als die umgebenden Partien, genau beobachtet und kommt zu
dem SchlĂŒsse, daĂ diese eigentĂŒmlichen Bildungen in einem kon-
stanten proportionalen VerhÀltnis zur aktiven Lungentuberkulose
stehen und nur dann zurĂŒckgehen oder ganz verschwinden, wenn
die Prozesse im Innern der Lunge zur Ruhe kommen; ein umge-
kehrtes Verhalten ist niemals beobachtet worden. Es kÀme also
dem Schatten eine gewisse prognostische Bedeutung zu. Die Be-
hauptung mancher Autoren, daĂ es sich um einen umschriebenen
Pneumothorax infolge von Lungenruptur handelt, hÀlt Amber-
s o n nicht fĂŒr zutreffend. Er versucht vielmehr, die Mehrzahl
dieser Schattenbildungen als den Ausdruck einer einfachen chroni-
schen oder subakuten lokalisierten Pleuritis mit oder ohne zir-
kumskripte Schwartenbildung zu erklÀren. L. K a n n e r.
The Journal of Urology, Baltimore.
August 1921. 6, Nr. 2.
<J*Xierentuberliulose. Caulk, John R.
PrimÀres Karzinom des Ureters. Liiteraturbericht und Mitteilung eines
Falles. .1 u d d . Edward S. und Struthers. Johu E.
Stiulie des normalen menschlichem Ureters durch Reihenaufnahmen des-
selben und des Nierenbeckens. G o 1 d s t e i n , Albert E.
Indikationen und Grenzen der peritonealen Nierenoperation. Q u i n b v .
Wm. c.
SakralanÀsthesie in der Urologie. »Schott, Albert J.
Radikalbehandhmg des Blasenkrebses. Smith, Georg Gilbert.
Nierentuberkulose. Etwa 30 Prozent aller Nierenoperationen
werden wegen Tbc. dieses Organes ausgefĂŒhrt; nur der chirur-
gische Weg fĂŒhrt zum Dauererfolg, eine Spontanheilung ist bis-
her noch nie beobachtet worden. Die Nierentbc. entwickelt sich
meistens auf dem Lymphwege von der Lunge her, seltener durch
Vermittlung des Blutstromes; eine sogenannte ascendierende
Ntbc. gibt es wohl kaum. Der PrimÀrherd in der Niere ent-
wickelt sich sehr hÀufig an der Pyramidenbasis, also im Nieren-
innern. Gewöhnlich werden junge Leute im Alter von 20 â 40
Jahren ergriffen â in der Mehrzahl Frauen. Die ersten Be-
schwerden sind gewöhnlich Blasenstörungen, die in hÀufigem
Urindrang, Blasenschmerzen, terminalen Blutungen bestehen,
doch sind diese Symptome keineswegs stets sÀmtlich vorhanden,
auch schwinden sie hĂ€ufig fĂŒr lĂ€ngere oder kĂŒrzere Zeit. Cha-
rakteristisch ist es, daĂ diese Beschwerden durch interne Medi-
kation nicht beeinfluĂt werden. Die Diagnose stĂŒtzt sich auf den
Bazillenfund im âą zentrifugierten Urin und auf die zystoskopische
Untersuchung, wĂ€hrend das Röntgenbild nur in einem FĂŒnftel
aller FĂ€lle einen positiven AufschluĂ gibt. Die Erkrankung ist
gar nicht selten bilateral. Von einigen Autoren ist empfohlen wor-
den, in diesem Falle die stÀrker erkrankte Niere zu entfernen,
doch hiervon rÀt Ch. ab; er erwartet bei diesem Zustand weit
mehr von Nierendrainage. â FĂŒr die Operation soll man ein
BetÀubungsmittel wÀhlen, das die Lungen nicht angreift, da diese
meist auch tbc. affiziert sind, auch soll man die Operation mög-
lichst nicht allzulang ausdehnen. Es empfiehlt sich, wÀhrend
der Operation die zu operierende Seite an Arm und Bein mög-
lichst auszurecken und die SchnittfĂŒhrung recht groĂ zu wĂ€hlen
bis an die zu mobilisierenden Rippen heran, damit man ordent-
lich an die Niere heran kann. Nach der Operation ist eine
Drainage gewöhnlich nicht notwendig, dagegen sind Tuberkulin-
einspritzungen und Sonnenlichtbestrahlungen hinterher sehr vor-
teilhaft. Bab (Berlin).
Journal of Urology, Baltimore.
September 1921, 6, Nr. 3.
Kndbcricht ĂŒber die Beziehungen von RĂŒckgratsfrakturen zu Nieren- und
Blasenfunktionsstörungen. P 1 a g g e m e i e r , H. W.
âTrabekelblasen bei peraieiöser AnĂ€mie. Kreta e fa m e r , H. L.
.Vierensenkung als Ursache einer enronischen durch Coli Bazillus hervor-
gerufenen Pyelitis. G r a b t r e e . E. G. und Sehe cl den. W. M.
âą^Entfernung von Urctirensteinen durch zvstokopische Manipulation. C r o -
well. A. .7.
Trabekelblasen bei perniziöser AnÀmie. Seit N i t z e sind
Blasenbeschwerden, die zum Teil mit Trabekelbildung in der
Blasenschleimhaut cinhergehen, bei den verschiedensten Erkran-
kungen des zentralen Nervensystems gekannt, ohne daĂ ein mecha-
nischer VerschluĂ der Blase vorliegt. Das Bild dieser Balkenbtosc
ist so charakteristisch, daĂ es gar nicht selten als erstes Symptom
einer Erkrankung des Zentralnervensystems gesehen wird, und K.
nennt daher diese Blase direkt RĂŒckenmarksbalkenblase. Weniger
gekannt aber ist es, daà dieses Bild auch bei perniziöser AnÀmie
vorkommt. Untersucht man jedoch systematisch alle FĂ€lle von
perniziöser AnÀmie auf Störungen der Blase, so werden diese gar
nicht selten gefunden. Allerdings sind sie auĂerordentlich variabel.
Mehr oder minder heftiger Harndrang kann auftreten, Harnreten-
tionen werden beobachtet, die dauernde Katheterisierung notwen-
dig machen, wÀhrend in anderen FÀllen Inkontinenz besteht, die
bisweilen mit Inkontinenz des Darmes vergesellschaftet ist. K.
konnte 4 FÀlle von solchen Harnbeschwerden bei perniziöser
AnÀmie zystoskopisch untersuchen und fand dabei 2 mal eine aus-
gesprochene Trabekelblase und 1 mal ein stark prominentes Liga-
ment, interuretericum.
Entfernung von Uretersteineu durch zystoskopische Mani-
pulation. C. hÀlt die Entfernung von Uretersteinen mit Hilfe von
Ureterkatheter fĂŒr die Methode der Wahl. 88 mal bei 95 FĂ€llen hat
er auf diese Weise den Stein entfernt. Vorbedingung ist tadellose
AnÀsthesierung des Ureters und der Blase, die durch 2 % Novo-
cainlösung erreicht wird. â Nach der AnĂ€sthesierung wird mit
Hilfe des Zystoskopes ein feiner Katheter in den Ureter geschoben,
bis er an dem Stein Widerstand findet; jetzt lĂ€Ăt man ihn gut
10 Minuten liegen und injiziert wÀhrend dieser Zeit etwas Oel
durch ihn, worauf er in den allermeisten FĂ€llen nunmehr den Stein
glatt passiert. Alle 24 Stunde wird jetzt der Katheter gewechselt
und jedesmal ein dickerer eingefĂŒhrt, soweit es ĂŒberhaupt das
Ureterenzystoskop zulĂ€Ăt, eventl. werden 2 â 3 dĂŒnnere Katheter
nebeneinander eingefĂŒhrt. Auf diese Weise wird der Ureter all-
mÀhlich dilatiert, eventl. wird dies durch metallische Dilatatoren
unterstĂŒtzt, bei denen allerdings besondere Vorsicht geboten ist,
damit man nicht den Stein durch sie in das Nierenbecken zurĂŒck-
schiebt, bis der Stein aus dem Ureter herausgleitet. Ueble ZufÀlle
hat C. bei dieser Methode kaum gesehen, wÀhrend bei der Uretro-
tomie TodesfÀlle, Niereninfektion und gar nicht selten Fistel-
bildung vorkommen. Bei Kindern ist diese Methode allerdings nicht
anwendbar Infolge des engen Ureters, ebenso nicht, wenn gleich-
zeitig Blasenerkrankungen vorliegen, die die Anwendung des
Zystoskopes unmöglich machen, und ferner nicht bei solchen Ver-
schlĂŒssen, die bereits dauernde Anurie oder gar Nierenatrophie
hervorgerufen haben. Bab (Berlin").
The Canadian Medical Association Journal, Montreal.
November 1921, 11, Nr. 11.
Varizellen in Edmonton. Whitelaw, T. H. 805.
BekÀmpfung der Geschlechtskrankheiten. Melvin. G. O. 80«.
Augensymptome. Bycrs, W. G. M. 811.
âą{âŠWirt richtig angewendeter AnĂ€sthesia fĂŒr alle Beteiligten. Johnston.
»S. 813.
Ambulatorische Behandlung der chronischen UnterschenkelgeschwUre.
G u r d , F. B. 815.
Stickoxydul- Analgesie und -Anaesthesie in der Geburtshilfe. Bnurne. W.
und Dune an. .1. W. 818.
Prophylaxe der Geisteskrankheiten in Canada. H i n c k s , C. M. 823.
Latente Syphilis des Nervensystems. Laboratoriums-Diagnose. Maitland.
H. 826.
Ein Fall von Giardiasis (Lambliasis) intestinalis. P e d 1 c y . F. G. 829.
Chirurgische Behandlung der Utcrusverlagerungen. Gilmour. C. H. 831.
^Behandlung irreparabler Xervenverletzungen. Harris, R. J. 833.
Chirurgische Behandlung der Magen- und Quodenalulcera. T> e a v e r . ,T. B.
842.
Pathologie der Osteomyelitis. G i b s o n . A. 844.
0:e Beziehungen der Syphilis zur SĂ€uglingsmortaltĂ€t und KindertĂŒrsorge.
Morgan, E. A. 849.
Ueber den Wert einer in jeder Beziehung sachkundigen An-
Ă€sthesie. Verf. lehnt jede durch Laien ausgefĂŒhrte Narkose ab
und fordert spez. ausgebildete und geschulte Fachnarkotiseure.
Behandlung irreparabler Nervenverletzungen. Die irre-
parablen Nervenverletzungen werden in zwei Gruppen eingeteilt,
erstens in solche, bei denen trotz Nervennahtvereinigung keine
Heilung eintritt und zweitens in solche, bei denen eine Nahtver-
einigung der Nervenenden infolge zu ausgedehnter Verletzung
nicht ausfĂŒhrbar ist. Die MiĂerfolge der ersten Gruppe beruhen
auf mangelhafter Naht, die, wenn möglich, von neuem auszufĂŒhren
ist. Die ĂŒbrigen FĂ€lle sind durch Sehnentransplantationen und
Sehnenfixationen zu behandeln. Die besten Resultate werden er-
zielt bei Verletzungen des fast rein motorischen N» radialis, wÀh-
rend bei Verletzungen des N. medianus neben einer Wiederher-
stellung der motorischen Funktion auch eine Beseitigung der
SensibilitÀtsstörung durch Nervenanastomose angestrebt werden
muĂ. Irreparable Ischiadicusverletzungen werden besser durch
stabilisierende Operationen (Sehnenfixation) als durch Sehnen-
transplantationen behandelt. Stadelmann (Frankfurt a. M.
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von F. C. W. VOGEL, Leipzig, Dresdner Strafe 3 « Berliner GeschÀftsstelle und alleinige
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Nr. 8 Berlin, den 22. Februar 1922 40. Jahrgang
Der Verlag behĂ€lt sich das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist vor.
Aus der UniversitĂ€tsklinik fĂŒr orthopĂ€dische Chirurgie, Berlin.
Direktor: Prof. Dr. G o c h l.
Lieber orthopĂ€dische MaĂnahmen bei Rhachitis.
Von Dr. L. Frosch, Assistent.
Die erhebliche Zunahme der Rhachitis nach dem Kriege
und das gehÀufte Auftreten besonders schwerer Formen der
Erkrankung verleihen mehr denn je der Frage nach einer
erfolgreichen Therapie gröĂte Bedeutung. Eltern und Pfleger,
Schul- und HausÀrzte wetteifern im Kampf gegen die eng-
lische Krankheit und werden wirksam unterstĂŒtzt durch
pÀdiatrische und orthopÀdische Bestrebungen. Letztere sind
nun vielfach nicht in ihrem vollen Umfange bekannt und
finden daher auch oft genug nicht die weitgehende Anwen-
dung, die sie ihrem Werte nach verdienen. Das lehrt uns die
tÀgliche Erfahrung am Rhachitikermaterial der Poliklinik,
in der wir immer wieder FĂ€lle hochgradigster VerkrĂŒppelung
zu sehen bekommen, die als Folge unsachgemĂ€Ăer, zumeist
zu spÀt eingeleiteter Behandlung aufzufassen sind. Die
OrthopĂ€die soll aber nicht nur entkrĂŒppeln, sie ist ebenso
dazu berufen, drohende DeformitĂ€tenbildung zu verhĂŒten
oder sie in ihrem ersten Entstehen erfolgreich zu bekÀmpfen.
In welcher Weise dies zu geschehen hat und inwieweit gerade
der Praktiker imstande ist, hier nutzbringend mitzuwirken,
sei im folgenden dargetan. Die mitgeteilten Tatsachen
stĂŒtzen sich hierbei auf die Resultate einer Behandlung, die
von G o c h t seit Jahren als bewÀhrt erkannt und an vielen
Tausenden von Rhachitikern der Klinik angewandt wor-
den ist.
Zuvor sei noch kurz betont, daà auch die OrthopÀdie als
wundlĂ€ge jeglicher zweckmĂ€Ăigen Therapie der Rhachitis
die von der PĂ€diatrie ausgebauten und zu groĂer Vollendung
erhobenen hygienisch-diÀtetischen Verordnungen ansieht und
zur Verwendung gelangen lĂ€Ăt, wie denn ĂŒberhaupt nur im
innigen Zusammenarbeiten beider Disziplinen ein wirklicher
Erfolg zu erhoffen ist. NaturgemÀà wĂŒrde eine nĂ€here An-
gabe entsprechender -Vorschriften hier zu weit fĂŒhren, wes-
halb auf die LehrbĂŒcher der Kinderheilkunde verwiesen sei.
Zwecks besserer Uebersicht unserer orthopĂ€dischen MaĂ-
nahmen und ihrer Anwendungsgebiete unterscheiden wir
zwei Epochen der Erkrankung: die eigentliche und die SpÀt-
rhachitis. Die erstere wieder gliedert sich entsprechend dem
Verlauf des Prozesses im Knochen in drei Stadien. Natur-
gemÀà kann solche Einteilung nur systematisch sein und nie
das Bild der allmÀhlichen UebergÀnge der Krankheit und
ihres Ă€uĂerst ungleichartigen, chronischen Verlaufes voll und
ganz schildern.
I.. Epoche (vom Y* â 4. Jahr).
1 . Das f 1 o r i d e Stadium.
Beginnend im eisten Lebensjahr und sich bis ins zweite
hinziehend, bisweilen auch spÀter noch einsetzend, ist es, ab-
gesehen von den bekannten klinischen Symptomen (Granio-
tabes, Rosenkranz, Epiphysenverdickungen an HĂ€nden und
FĂŒĂen, KopfsehweiĂen usw.) gekennzeichnet durch die in
seiriem Verlaufe bald einsetzende und daher hier vor allem
interessierende Neigung zur DeformitÀtenbildung. Gerade
deshalb aber, weil wir es noch mit beginnender De-
formierung zu tun haben, verspricht die sofortige ortho-
pÀdische Behandlung Erfolg!
Das Röntgenbild des Handgelenkes zeigt in allen erheb-
licheren FÀllen die typischen VerÀnderungen, von denen die
becherförmige Ausbuchtung der Epiphysen, die zackige, un-
regelmĂ€Ăige Epiphysenlinie, die breite Knorpelwucherungszone
und Fehlen oder minimale Andeutung der Verkalkung hier
anzufĂŒhren genĂŒgt. Bei allen Patienten mit derartigem
Röntgenbefund ist orthopÀdische Behandlung unbedingt ge-
boten! Wir raten deshalb in jedem Falle von Belang zur
Röntgenkontrolle des rhachitischen Prozesses im Knochen,
zumal hierdurch die Indikationsstellung sehr erleichtert wird.
Die zunÀchst, gewöhnlich mit Beginn der Aufrichtungs-
periode, aber auch frĂŒher schon auftretende MiĂbildung, die
Sitzkyphose, korrigieren wir durch möglichst konstante
Lagerung des Kranken auf glatter, ebener UnterlĂ€ge (RoĂ-
haarmatratze) und zwar in Bauchlage, eventl. durch seitliche
Polster unterstĂŒtzt. Dies sollte selbst bei Rhachitisverdacht
die erste Verordnung des Arztes sein! Vorgeschrittene FĂ€lle
lassen durch passive Lordosierung der WirbelsÀule die
Kyphose nicht mehr ausgleichen. Bei ihnen zeigt sich auch
hÀufig schon die verhÀngnisvolle seitliche Verbiegung der
WirbelsÀule, kompliziert durch die Torsion derselben (der
Anfang des Buckel s!). Hier lassen wir das Kind stÀndig
in dem von fachkundiger Hand hergestellten Gipsbett
ruhen, in dem es auch bequem herumgetragen und trans-
portiert werden kann. Der bisweilen gehörte Vorwurf der
Unmöglichkeit dauernden Liegens in solcher Gipslade ist
nach unseren Erfahrungen in vielen Hunderten von FĂ€llen,
selbst unruhigster und verwöhntester Rhachitiker, unge-
rechtfertigt. Auch die hÀufigen Atemstörungen der Rhachi-
tiker lassen sich durch Herumtragen der Kinder im Gipsbett,
und zwar in aufrechter Stellung, gĂŒnstig beeinflussen. Da-
neben erweist sich Massage des RĂŒckens und vorsichtige
aktive und passive Gymnastik der WirbelsÀule unter Aus-
schaltung der Belastung als unumgÀnglich.
Wichtig ist ferner das strenge Verbot des Tragens rhachi-
tischer Kinder stets auf ein- und demselben Arm in sitzender
Stellung: die Folge ist hÀufig Ausbildung des einen Beines
als O-Bein, des anderen als X-Bein. Ist es doch dahin ge-
kommen, so verordnen wir baldigst energische Massage der
Beine und sogenannte RedressionsĂŒbungen, passiv manuell
ausgefĂŒhrte Biegungen der betr. ExtremitĂ€t in redressieren-
dem Sinne. Gerade mit den letztgenannten Mitteln lassen sich
sehr schöne Erfolge erzielen.
Die in hochgradigen FĂ€llen bekanntlich sehr leicht und
oft zahlreich auftretenden Spontan!' rakturen werden
wie andere BrĂŒche mit GipsverbĂ€nden behandelt.
Die Periode des Kriechens, Stehens und Laufens ergibt
weiterhin die erhöhte Möglichkeit der Ausbildung der eigent-
lichen DeformitÀten an den Gliedern. An den Armen
treten bisweilen VerkrĂŒmmungen besonders im un-
teren Abschnitt auf, die wir mit den genannten Redressions-
ĂŒbungen behandeln. Die HĂŒfte zeigt, oft schon sehr frĂŒh,
C o x a v a r a - B i 1 d u n g, ein in der Allgemeinheit ver-
hĂ€ltnismĂ€Ăig selten erkanntes Leiden, das sich vor allem
durch watschelnden Gang mit Lordose der WirbelsÀule, posi-
tives Trendelenburg sches PhÀnomen, sowie durch mehr
«nler minder erhebliche Spreizbehinderung der Beine Ă€uĂert.
Wollen wir eine spĂ€ter Ă€uĂerst schwere, oft nur durch Ope-
Frosch: Rhachitis
40. Jahrg. - Nr. 8
ration zu beseitigende MiĂbiLdung vermeiden, so beginnen
wir frĂŒhestens mit passiven und, falls schon möglich, aktiven
SpreizĂŒbungen, ergĂ€nzt durch eine nachts angelegte Gipslade,
die die Spreizstellung der Beine festhalten soll.
Die Behandlung der jetzt auch sehr hÀufig auftretenden
0 - B e i n e und etwas weniger oft vorkommenden X -
Beine ist bereits angegeben. Je frĂŒhzeitiger wir
beginnen, um so sicherer der Erfolg. Bedenklich ist
die winklige Abknickung oberhalb der Knöchel: hier
muà Stehen und Gehen möglichst eingeschrÀnkt
werden. Alle DeformitÀten der unteren Extremi-
tÀt, besonders aber X-Beine und das Vorhandensein einer
Adipositas, disponieren ferner zur PlattknickfuĂ-
bildung, die in dieser Zeit bereits mit kleinen, nach
SohlenabdrĂŒcken hergestellten Holzeinlagen sowie mamellen
Redressionen behandelt werden sollte, um den Kranken von
einer spĂ€ter sehr unangenehmen FuĂanomalie möglichst
sicher zu befreien.
Wir ersehen schon aus den vorstehenden Zeilen die
Wichtigkeit der Anwendung von Massage und redressieren-
den MaĂnahmen bei DeformitĂ€tenbildung in diesem ersten
Stadium der Rhachitis. Obwohl ein nÀheres Eingehen auf
die Allgemeinbehandlung der Erkrankung, die besonders im
floriden Abschnitt im Vordergrunde steht und durch ortho-
pĂ€dische MaĂnahmen nur gleichsam ergĂ€nzt wird, hier nicht
stattfinden kann und deshalb auf die pÀdiatrischen Lehr-
bĂŒcher hingewiesen sei, möchte ich doch wenigstens auf die
Massage aufmerksam machen. Sie erweist sich nicht nur
Innsichtlich spezieller Einwirkung auf im Entstehen be-
griffene Verbiegungen des Skelettes als geradezu unerlĂ€Ălich,
sondern vermag auch einen gĂŒnstigen EinfluĂ auf die bei
Rhachitis oft erkrankte, zum mindesten geschwÀchte Mus-
kulatur auszuĂŒben. AuĂerdem aber lĂ€Ăt sich ein vorteil-
hafter Einfluà der Massage auf den geschÀdigten Stoffwechsel
und damit das Allgemeinbefinden keineswegs von der Hand
weisen, ein Faktor, dem doch eine gewisse Wichtigkeit nicht
abgesprochen werden kann.*) Im ĂŒbrigen kommt es gerade
im floriden Stadium der Rhachitis sehr darauf an, die rich-
tige Mitte zwischen erlaubter und schĂ€dlicher AusfĂŒhrung der
statischen Funktionen (Sitzen, Kriechen, Stehen, Gehen usw.)
einzuhalten. Dauerndes Stilliegen der Kranken, womög-
lich im dumpfigen, lichtlosen Zimmer ist ebenso bedenk-
lich als zu vieles Stehen und Gehen. Alle diesbezĂŒglichen
Anordnungen ergeben sich, worauf noch einmal hingewiesen
sei, abgesehen vom allgemeinen klinischen Befund, aus der
stÀndigen Röntgenkontrolle des Kalkansatzes der Knochen
sowie aus der genauen Beobachtung der FormverÀnderungen
der Glieder, die am besten mittels UmriĂzeichnungen in zeit-
lichen AbstĂ€nden nachgeprĂŒft werden.
2. Das Stadium der Abheilung.
Es fĂ€llt ungefĂ€hr ins 2. â 4. Jahr und bildet gleichsam
den Uebergang der floriden zur eburnisierten Rhachitis.
Neben der Besserung des- Allgemeinzustandes steht die zu-
nehmende Verkalkung der vorher kalkarmen Knochen im
Vordergrund. Das Röntgenbild des Handgelenkes zeigt da-
her die bekannten VerÀnderungen: die mehr oder minder
breite Verkalkungszone (KalkbÀnder), die GlÀttung der Epi-
physenlinie, den Ausgleich der kolbigen Epiphysen und die
deutlich sichtbar werdende Architektur der Spongiosa. Die
vorhandenen DeformitĂ€ten können sich in gĂŒnstigen FĂ€llen
bis zu einem gewissen Grade zurĂŒckbilden, falls sie nicht
\on vornherein zu ausgeprÀgt waren. Indessen sollen wir
uns nie darauf verlassen, sondern vor allem bei Kindern, die
offenbar im Wachstum zurĂŒckbleiben (vergleichende Mes-
sungen ausfĂŒhren!), unbedingt die folgenden orthopĂ€dischen
MaĂregeln zu Hilfe nehmen. Hier, wo zur erhöhten Belastung
infolge vermehrter statischer Funktionen noch die zu-
nehmende VerhÀrtung der Knochen kommt, sind Behand-
lungsfehler wesentlich verhÀngnisvoller als im vorher be-
schriebenen Abschnitt der Erkrankung. Leider kommen wir
A ii m e r k u n g : NĂ€heres ĂŒber diese Fragen ersieht man
aus einer- demnĂ€chst in der âKlinischen Wochenschrift" erschei-
nenden Abhandlung des Verfassers.
nicht mehr mit den vorigen relativ einfachen Mitteln aus.
Bei der Skoliose der WirbelsÀule, die jetzt eine
viel augenfÀlligere Torsion, oft schon einen kleinen Buckel
zeigt, verordnen wir zunÀchst noch das Gipsbett, vermehren
jedoch die Massage und RedressionsĂŒbungen; Kinder ĂŒber
3 Jahre beginnen orthopÀdisch zu turnen. Verbiegun -
gen der Arme erfordern in schwereren FĂ€llen die un-
blutige manuelle oder maschinelle Infraktion (Osteoklase).
Bei Coxa vara raten wir zu einem nach vorheriger Sprei-
zung in Narkose angelegten Spreizgips, dessen Resultat durch
nachfolgende aktive und passive SpreizĂŒbungen gesichert
wird. Die Dauer der Gipsbehandlung dĂŒrfte hierbei mit
4 â 8 Wochen nicht zu kurz berechnet sein. X-Beine
brauchen ebenfalls Redression im Gips, jedoch gewöhnlich
etappenweise, daher schmerzlos und ohne Narkose auszu-
fĂŒhren. Die Nachbehandlung mit sogen. X-Beinschienen ist
in allen schwereren FĂ€llen unerlĂ€Ălich und betrĂ€gt etwa ein
Jahr. Bei leichteren Formen genĂŒgt Schienenbehandlung.
Ă-Beine behandeln wir mit Osteoklasie, wie bei den Arm-
verkrĂŒmmungen beschrieben, falls kosmetische GrĂŒnde oder
die Gefahr unrichtiger FuĂstellung in Frage kommen. Auch
stark deformierte Oberschenkel erfordern eine solche Thera-
pie. Stets bildet ein sechswöchentlicher Gipsverband den Ab-
schluà des Eingriffes, wÀhrend die Nachbehandlung in
Massage, seltener in Schienenanlegung besteht. Den Eltern
zur Osteoklasie zu raten, sollte man sich nie scheuen, da die
Resultate des relativ kleinen Eingriffs mit seltenen Aus-
nahmen ĂŒberraschend gĂŒnstig sind. PlattknickfĂŒĂe stĂ€rkerer
Grade werden fĂŒr 2 mal 4 Wochen in redressierter Stellung
eingegipst und spÀter mit Einlagen, öfter auch Schienchen
behandelt. Die Therapie difform geheilter Spontan-
fraktur e n gleicht der bei den BeindeformitÀten ange-
gebenen. Wir erkennen also, daĂ die orthopĂ€dischen MaĂ-
nahmen des Verkalkungsstadiums der Rhachitis nicht nur
gröĂere Eingriffe darstellen (Narkosen, Klinikaufenthalt,
langes Liegen im Gipsverband usw.), sondern mĂŒssen auch
mit lÀngerer Nachbehandlung und vermehrten Kosten (Ver-
bÀnde, Schienen, Einlagen usw.) rechnen, alles UmstÀnde,
die doch schon ganz erheblich ins Gewicht fallen. Die In- i
dikationsstellung ist hier schwieriger, Unterlassungen ver- j
hÀngnisvoller, namentlich bei raschem Kalkansatz oder bei
sehr elenden Kindern. In allen ZweifelsfÀllen sollte daher
der Facharzt zugezogen werden. Leider mĂŒssen wir immer
wieder wahrnehmen, wie gerade bei der ausheilenden Rha-
chitis gegen die Forderung rechtzeitiger orthopÀdischer Be-
handlung verstoĂen wird, vielleicht wegen der augenschein-
lichen Besserung des Allgemeinbefindens des Kranken zu
dieser Zeit. Besonders hier scheint das verhÀngnisvolle
Wort: âEs wird sich schon verwachsen" seine Hauptgeltung
zu haben. Den unsÀglichen Schaden, den diese Auffassung
aĂŒch heute noch stiftet, mĂŒssen wir in der orthopĂ€dischen
Sprechstunde tĂ€glich wieder feststellen. DaĂ auĂer den spe-
ziellen orthopÀdischen Verordnungen als Grundlage erfolg-
reicher Behandlung der gesamte Apparat der Allgemein -
therapie zu verwenden ist, braucht nicht betont zu werden.
Auch hier hĂ€ngt ein gĂŒnstiges Resultat in erster Linie vom
Zusammenarbeiten aller in Betracht kommenden Zweige dei
Medizin, sowohl der inneren als Ă€uĂeren, ab.
;i Die difform ausgeheilte Rhachitis
(nach dem 4. â 5. Lebensjahr).
Sie bildet den AbschluĂ mangelhaft behandelter oder
sic h selbst ĂŒberlassener Rhachitis, sofern diese nicht so leicht
war, daĂ eine âSpontanheilung" etwaiger DeformitĂ€ten ein-
trat. Mehr oder weniger erhebliche, oft schwerste MiĂbildun-
gen, besonders der WirbelsÀule und der unteren ExtremitÀt
sind die Kennzeichen. Am Röntgenbilde des Handgelenkes
erinnern hÀufig noch die etwas verdickten Epiphysen an die
frĂŒheren VerĂ€nderungen: im ĂŒbrigen erkennen wir eine sehr
kompakte Architektur. Namentlich die Corticalis ist ge-
wöhnlich stark verdickt; eine Verengerung der Markhöhle
ist die unausbleibliche Folge. Dies und die auĂerordentliche
HĂ€rte der Knochen (Eburnisation) bestimmen die Art un-
10. Jahrg. â Nr. 8 Dreuw: Syphilistherapie I«i7
seres Vorgehens, das naturgemÀà ein rein chirurgisch-ortho-
pÀdisches sein inuli. Wenn hier trotzdem auf eine kurze
Besprechung der notwendigen MaĂnahmen eingegangen
wird, so geschiehl es, um einerseits den Hausarzt zur rich-
tigen Beratung der Angehörigen in Stand zu setzen, und
dann zur ErklÀrung der Wichtigkeit unbedingter Behand-
lungsnotwendigkeit. Denn nicht nur kosmetische GrĂŒnde
bestimmen uns, wie man glauben könnte, zur oft mĂŒhevoll-
sten Therapie der difform geheilten Rhachitis, sondern vor
allem die stets aus der FormverÀnderung des Skelettes resul-
l inenden Funktionsstörungen, die progressiv mit den Jah-
ren zunehmen. (Folge vermehrter Inanspruchnahme bei er-
höhter Belastung.) So bedingt die Kyphoskoliose VerdrÀn-
gungserscheinungen usw. innerer lebenswichtiger Organe.
Coxa vara und PlattfĂŒĂe erschweren das Gehen auĂerordent-
lich, letztere haben ferner Krampfadern, Gehschwielen usw.
zur Folge. Im Vordergrund aber stehen die zahlreichen
arthritischen VerÀnderungen aller betroffenen Gelenke in-
folge falscher Belastung. Ferner ist zu bedenken, daĂ jede
DeformitÀt eine andere nach sich zieht: die Skoliose ver-
krĂŒppelt den Brustkorb, die Coxa vara bedingt WirbelsĂ€ulen-
lordose, X-Beine und O-Beine verursachen PlattknickfĂŒĂe.
Letztere wie*der geben zur Hallux-valgus-Bildung AnlaĂ.
Alle einseitig mehr ausgeprĂ€gten MiĂbildungen der unteren
ExtremitÀt ziehen die statische Skoliose nach sich.
Unsere Behandlung stellt sich kurz folgendermaĂen dar:
die Kyphoskoliose erfordert jahrelanges orthopÀdisches Tur-
nen, Massage, aktive und passive Redressionen, dazu Exten -
sionsgipskorsetts, ferner hĂ€ufig das bewĂ€hrte, oft unerlĂ€Ă-
liche Hessingkorsett. Alles MaĂnahmen, deren Kosten heute
mit Tausenden von Mark nicht zu niedrig veranschlagt wer-
den, deren Erfolg jedoch in den schwereren FĂ€llen kaum
eine Beseitigung, bestenfalls ein Aufhalten des Weiterschrei -
U ns des Leidens darstellt. Auch die Coxa vara stellt uns
vor ernste Probleme hinsichtlich gĂŒnstiger Behandlungs-
resultate. Mehrfache gewaltsame unblutige Redressionen,
subtrochantere blutige Infraktionen, ja die Resektion des
HĂŒftkopfes können nötig werden; unerlĂ€Ălich ist dabei stets
die monatelange Gipsbehandlung. X- und O-Beine lassen
sich jetzt nur noch auf operativem Wege beseitigen (Keil-
osteotomien), wobei namentlich die Korrekturen der Unter-
schenkeldeformitĂ€ten recht groĂe Eingriffe darstellen. Ebenso
erweist sich bei PlattfĂŒĂen, falls Einlagen nicht zum Ziele
fĂŒhren, die gewaltsame Redression oder gar die operative
Wiederherstellung des Gewölbes hÀufig als nötig.
So ist die Therapie der difform geheilten Rhachitis cha-
rakterisiert durch die GröĂe der Eingriffe, die Dauer der not-
wendigen Behandlungszeit und schlieĂlich als heute ganz er-
heblich ins Gewicht fallend die Höhe der Kosten. Letztere
schrÀnken aber in mindestens 40 Prozent der FÀlle die kon-
sequente DurchfĂŒhrung der erforderlichen MaĂnahmen ein,
wenn sie diese nicht sogar ganz vereiteln! Bedenken wir
dann noch den oft nur beschrÀnkten Erfolg unserer Be-
mĂŒhungen bei allen schweren Formen der MiĂbildungen, so
sollten dies weitere GrĂŒnde sein, es nicht bis dahin
kommen zu lassen, sondern unter allen UmstÀnden einen
gĂŒnstigen AbschluĂ der vorher genannten Stadien der Rha-
chitis zu erzwingen.
Die zweite Epoche (sog. SpÀtrhachitis).
Sie fÀllt gewöhnlich in die PubertÀtszeit, bisweilen auch
in frĂŒhere Jahre, und gibt, wie man vielfach annimmt, An-
laà zu den DeformitÀten Adolescenler. Unter diesen sind be-
sonders Coxa vara, X-Beine und PlattfĂŒĂe zu nennen, aber
auch Skoliosen und O-Beine werden beobachtet. Die Be-
handlung gestaltet sich rein orthopÀdisch und ist aus dem
vorher Gesagten ohne weiteres zu ersehen; sie wird hÀufig
selbst bei frĂŒh behandelten FĂ€llen recht eingreifend.
Eine kurze Zusammenfassung unserer AusfĂŒhrungen er-
gibt hauptsÀchlich folgende Resultate hinsichtlich einer
zweckmĂ€Ăigen Rhachitistherapie:
Unter der Voraussetzung einer als Grundlage unbedingt
notwendigen pÀdiatrisch-internen Allgemeinbehandlung ist
die Forderung orthopĂ€discher MaĂnahmen im ganzen Ver
laufe der Erkrankung dringend zu stellen. Solche setzen be
reits im floriden Stadium prophylaktisch ein, sobald die ge
ringste Neigung zur DeformitÀtcnbildung zutage tritt. Sic
sind bei vorgeschrittener und voll ausgeprĂ€gter VerkrĂŒppc
hing unerlĂ€Ălich. Ein absoluter Erfolg lĂ€Ăl sich nur bei
rechtzeitiger und exakter Vornahme genannten orthopÀdi
sehen Vorgehens voraussagen. Jeder Aufschub, jedes Ver
zögern bedeutet lÀngere Dauer, erhöhte Schwierigkeil und
Kostspieligkeit der Behandlung.
Eine bedeutsame Vertiefung erfahren alle diese Forde
rungen, wenn man unsere heutige soziale Lage bedenkt: nur
die wenigsten Eltern sind imstande, die ganze kostspielige
Therapie durchzufĂŒhren, wie sie bei vollendeter rhachiti-
scher MiĂbildung notwendig wird. Die ungĂŒnstigen Folgen
hinsichtlich der ArbeitsfÀhigkeit unseres Volkes liegen auf
der Hand. Um so mehr sollte der Praktiker, der als erster
zur Behandlung gerufen wird, die aufgestellten, orthopÀdi-
schen Forderungen zu erfĂŒllen bestrebt sein; so vermag auch
er sich weitgehend am Kampfe gegen die englische Krank-
heit beteiligen und zum endgĂŒltigen Erfolge beizutragen.
Theoretisches und Praktisches zur
Syphilistherapie.
Von Dr. med. Dreuw, Berlin.
In Nr. 5, 1922, der âKlinischen Wochenschrift" vom
28. 1. 22 trĂ€gt Dr. S. B e r g e 1 Theorien ĂŒber âDie natĂŒrlichen
Abwehrmittel des Körpers gegen die syphilitische Infektion
und ihre Beeinflussung, besonders durch Quecksilber" vor,
die ich durch folgenden Aufsatz ergÀnzen möchte, der in
wesentlichen Punkten zu anderen Ergebnissen als Bergel
kommt.
Ich glaube in meinen BĂŒchern und Schriften1) nachge
wiesen zu haben, daĂ die ĂŒblichen Salvarsan-Heilmittel nicht
imstande sind, beim Menschen auf einmal oder in
kurzer Zeit die Spirochaeten fĂŒr die Dauer abzutöten. Wenn
eine Dauer-Heilung eintritt, so geschieht dies indirekt durch
die KrÀfte des Organismus, die durch die Heilmittel mobil
gemacht werden. Auf meiner, im Auftrag des preuĂischen
Kultusministeriums gemachten Studienreise an das Ehrlich -
sehe Institut in Frankfurt a. Main im Juli 1919 suchte der
Nachfolger E h r 1 i c h ' s, K o 1 1 e, mir an der Hand einer
Anzahl von Tierversuchen zu beweisen, um meine Salvarsan -
gegnerschaft ins Unrecht zu setzen, daĂ das Salvarsan die
Spirochaeten, zum Beispiel die Rekurrens-Spirochaeten, bei
der Maus prompt abtöte, und daà z. B. die im Hodenschanker
eines Kaninchens anzutreffenden lebenden, beweglichen
Spirochaeten nach der Einspritzung von Salvarsan ver-
schwunden seien. In der Tat kann man bei Tierversuchen
beobachten, daĂ nach der Einspritzung des Salvarsans im
Mikroskop tatsÀchlich die Spirochaeten, die vorher im Blute
oder im Schanker vorhanden waren, nicht mehr zu sehen,
was aber nicht bedeutet, nicht mehr vorhanden sind. Ich
habe Herrn Geheimrat Kolle erwidert, 1. daĂ diese Tier-
versuche, die in der Tat auf den ersten Blick verblĂŒffend
wirken, nicht ohne weiteres auf die chronischen Erkran-
kungsformen des Menschen zutreffen, 2. daĂ die Spirochaete
Sporen und Knospen bildet, die der Abtötung nicht zugÀng-
lich seien, daĂ nicht alle Spirochaeten abgetötet wĂŒrden, da
man sie ja nach der Abheilung der Schanker beim Menschen
in der Tiefe der vernarbten und dann ausgeschnittenen und
mikroskopisch untersuchten Schanker-Hautstellen noch vor-
l) Die Sexualrevolution. Der Kampf um die Be-
kÀmpfung der Geschlechtskrankheiten. Verlag Ernst Bircher-
Leipzig. 528 S. Die Salvarsangefahr. Selbstverlag
Haut - und Geschlechtskrankheiten. Fischers medic.
Buchhdlg., Berlin, KeithstraĂe. Im Kampf fĂŒr Wissen-
schaft und Wahrheit. Flugschrift der biologisch -
medizin. Gesellschaft. Der Heilwert des Sal-
varsan. Archiv fĂŒr physik.-diĂ€t. Therapie Nr. 8/9, 1916 und
1917. Ueber Ehrlich-Hata. Dermatol. Zeitschrift. 1911.
1<)S
Dreuw: Syphilislherapie
40. Jahrg. â Nr. 8
gefunden und mit Erfolg ĂŒberimpft hĂ€tte, daĂ also die Ab -
iölung nur eine oberflÀchliche scheinbare sei, was auch dar-
aus hervorgehe, daĂ sich in den geheilten Schankerstellen
hÀufig Rezidive aus den nicht abgetöteten Erregern bilden,
o. daĂ man die Spirochaeten, die sich natĂŒrlich gegenĂŒber
den abtötenden Mitteln energisch zur Wehr setzen, mög-
licherweise von der Haut weg in das Innere des Körpers, ja
sogar in das Nervengewebe hinein treibe.
Als ich Herrn Geheimrat K o 1 1 e dann bat (siehe meine
BĂŒcher âSexualrevolution", âIm Kampf fĂŒr Wissenschaft und
Wahrheit", âDie Salvarsangefahr" sowie âHaut- und Ge-
schlechtskrankheiten"), nachdem er mir im Tierversuch, bei
dem man die SchĂ€digungen nicht feststellen kann, die gĂŒn-
stige Seite der Salvarsan-Wirkung demonstriert und mich
ebenfalls auf die gĂŒnstige Beeinflussung beim Menschen hin-
gewiesen hatte, mir einmal eine Registrierung der in der Lite-
ratur beschriebenen TodesfÀlle und der sonstigen SchÀdi-
gungen zu zeigen, erklÀrte er mir, eine solche Aufstellung sei
in dem Ehrlich'schen Institut nicht gemacht worden. Da
man von einem Institut, in dem das Salvarsan entdeckt wor-
den ist, verlangen muĂ, daĂ es nicht nur die Aktiva, sondern
auch die Passiva registriert, zumal die zahlreichen Ange-
stellten des Institutes dies bequem machen konnten, so habe
ich als Fazit dieser Reise den in meinem Buch âDie Sexual -
revolution" Seite 356 abgedruckten Bericht an das Ministe-
rium geschickt, aus dem hervorgeht, daĂ eine derartige
âLösung dieser Frage" nicht angĂ€ngig ist. Wie wichtig wĂ€re
es gewesen, wenn das Institut, von dem die m. E. unrichtige
Behauptung ĂŒber die etwa 100 %- Heilwirkung des Salvar-
sans nach einer m. E. ungenĂŒgenden, weil zu kurzfristigen
PrĂŒfung2) verbreitet wurde, die TodesfĂ€lle und die Nerven-
errkankungen regelmĂ€Ăig registriert hĂ€tte, so wie es spĂ€ter
Professor Nonne und Professor K y r 1 e gemacht haben,
dann wĂ€re schon lange der Menschheit klar geworden, daĂ
das Salvarsan die Spirochaeten revera nicht abtötet, sondern
sie im Gegenteil in das Innere des Körpers, in das subtile
Nervengewebe, ins Gehini und RĂŒckenmark hineintreibt.
Man sollte meinen, diese auf dem HautÀrztetage 1921 an der
Hand von tausenden von Versuchen festgestellte Tatsache,
ĂŒber die Professor Nonne und Professor K y r 1 e berichte-
ten, hÀtten, abgesehen von den TodesfÀllen À tempo allen
SalvarsananhÀngern ein Verbot der Salvarsaneinspritzung
auferlegt, da es â «doch selbstverstĂ€ndlich sein muĂ, daĂ der
Arzt zum Heilen da ist, und nicht, um die Nerven seiner
Patienten kĂŒnstlich zu syphilidisieren. Vielleicht ist die ganze
Abtötung durch Salvarsan nur ein Verkriechen drr Spiro-
chaeten beim Menschen.
A mdt gibt zu, in 5 Monaten 8 Patienten durch das
Salvarsan verloren zu haben (im ganzen 12!), Rille verlor 7,
Hahn G in einem Jahr, Hoffmann 5, S c h o 1 1 z 4,
v. Zumbusch 3, H e n n e b e r g 3, um nur einige Beispiele
anzufĂŒhren. Nach meinen Berechnungen stirbt jeder 500.
Patient an Salvarsan. Nach einer amtlichen Statistik kom-
men auf Konto des Salvarsans auf 100 000 Patienten 620
Hautzerstörungen (Nekrosen), 1,3 Erblindungen, 2,6 Ertau-
bungen, 4 Schwerhörigkeit, 61,2 Gehirnaffektionen, 224 LÀh-
mungen (Neurorezidive), 16,2 sichere, 14 wahrscheinliche
TodesfÀlle, d. h. im ganzen etwa 1000 UnfÀlle, d. h. beinahe
jeder hundertste Patient bekommt einen Unfall. Da erscheint
am zehnjĂ€hrigen Jahrestage der SalvarsaneinfĂŒhrung ein
Buch des Kieler Professors Gennerich, des Leiters des
dortigen Marinelazaretts fĂŒr Geschlechtskranke, der ĂŒber die
SchÀden des Salvarsans am Zentralnervensystem mittels der
bisher geĂŒbten Methode der Einspritzung in die Blutadern
seine Beobachtungen an 8000 Soldaten veröffentlicht.
84,7 v. H. der Soldaten wiesen trotz ausgiebiger Behandlung
mit Salvarsan noch eine syphilitische Erkrankung der
RĂŒckenmarksflĂŒssigkeit, einen sogenannten pathologischen
Liquor auf, bei Quecksilberanwendung nur 30 v. H. Nach
Professor HĂŒbner waren 75 v. H. nach ein bis zwei Jahren
2) Etwa % Jahr beim Menschen in nur etwa 500 FĂ€llen bis
zum 22. 5. 10. SalvarsaneinfĂŒhrung in der Berl. medizin. Gesell-
schaft. J
noch ungeheilt. Seite 2 dieses umfangreichen Werkes heiĂt
es, es könne keinem Zweifel unterliegen, daà die HÀufigkeit
der Gehirnerkrankungen zugenommen habe, Seite 6, daĂ
nach der Allgemeinbehandlung mit Salvarsan sich eine Be-
schleunigung der Hirnerweichung und der RĂŒckenmarks -
schwindsucht zeige, Seite 11, daĂ die bisher ĂŒbliche Salvai
sanbehandlung trotz ausgiebigster DurchfĂŒhrung nicht zum
Ziele, im Gegenteil, zur Hirnerweichung und RĂŒckenmarks-
darre gefĂŒhrt, Seite 137, daĂ sie nur zum Scheinerfolg ge-
fĂŒhrt, daĂ nach zwei bis drei Jahren mit Sicherheit auf ernste
Gehirnerscheinungen geschlossen werden könne, Seite 128.
daĂ in etwa 40 v. H. der FĂ€lle mit EntzĂŒndungsvorgĂ€ngen an
den GehirnhÀuten zu rechnen sei, Seite 146, daà auch im
FrĂŒhstadium der Syphilis trotz allerbester Salvarsanbehand-
lung gar nicht selten schwere EntzĂŒndungsvorgĂ€nge an den
GehirnhĂ€uten zustande kĂ€men, bei der bisher ĂŒblichen Sal-
varsanbehandlung sei entweder eine LĂ€hmung (Neurorezidiv)
oder nach lĂ€ngerem Verlaufe eine Gehirn- oder RĂŒcken-
markssyphilis oder RĂŒckenmarksschwindsucht beziehungs-
weise Hirnerweichung mit Sicherheit zu erwarten.
Ich habe geglaubt, diese Tatsachen3) vorausschicken zu
sollen, ehe ich mich mit der Frage beschÀftige, wie wirken
die Syphilisheilmittel, insbesondere das Salvarsan, Jod und
Quecksilber und die physikalischen Heilmethoden.
Ich habe wÀhrend meiner vierjÀhrigen TÀtigkeit als
Assistent Dr. Unna 's (1902â1906) viele Schanker mit
Unna 'sehen FÀrbemethoden gefÀrbt und mikroskopisch unter-
sucht und habe ebenso wie Bergel angesichts des Plas-
moms und der Lympho-LeukozytenanhÀufung mich der Auf-
fassung nicht verschlieĂen können, daĂ wir es hier mit einer
lokalen Abwehrreaktion des Körpers zu tun haben. Die
Wassermann'sche Reaktion, die erst in der Regel in der 6. bis
7. Woche nach der Infektion, wenn also die Syphilis bereits
konstitutionell, nicht mehr rein lokal ist was sie m. E. sensu
strictiori ĂŒberhaupt nie ist, da schon im ersten Latenzstadium
die Spirochaeten, wenn auch in geringer Zahl und Vermeh-
rung, den Weg in die DrĂŒsen finden] auftritt, ist m. E. als
der chemisch-biologische Ausdruck einer allgemein einsetzen-
den Plasmo-Leuko-Lymphozytose, als eine Abwehraktion des
Körpers aufzufassen, wobei es m. E. noch unbewiesen ist, ob
hier das Aggregat oder lipolytische Lymphozyten in Frage
kommen. Jedenfalls gelingt mit Hilfe der W'assermannschen
Reaktion der Nachweis von unbekannten Körpern, angeblich
Lipoide, die auch bei Malaria, Framboesie usw. gebildet wer-
den, also nicht spezifisch fĂŒr Lues sind. Ich habe in der
âDeutschen medizinischen Wochenschrift" 1910 Nr. 4 die
Wassermann -Frage schon kritisch beleuchtet. Der oben an-
gedeutete Gedanke einer plasmo-lymphozytÀren Abwehrvor-
richtimg des Organismus in Verbindung mit der serösen
DurchtrĂ€nkimg gegenĂŒber den Eindringlingen liegt so nahe,
daĂ es zu verwundern ist, daĂ man den Ausdruck dieser Ab-
wehr, eben die im Blute zirkulierenden Substanzen, die sich
mittels âWassermann" nachweisen lassen, unbedingt ver-
nichten will. Ich stehe auf dem Standpunkte, daĂ man einen
positiven Wassermann nicht zu fĂŒrchten brauche, daĂ dann,
wenn er negativ ist, dies kein Beweis fĂŒr das Wohlergehen
des Patienten, ja möglicherweise das Gegenteil bedeuten
kann. Darum ist es auch falsch, im Anfangsstadium bei
negativem Wassermann zu behandeln, da die Abwehrreaktion
dadurch beeintrÀchtigt und Paralyse und Tabes die Folge
sein wird, wie die bekanntesten Forscher (F ournie r,
Ricord, Kaposi, Hebra u. a.) auf Grund jahrzehnte-
langer Forschungen immer gelehrt haben, was aber durch die
SalvarsanĂ€ra aprioristisch umgestoĂen wurde, zum Schaden
3) 21 Soldaten erkrankten in Ingolstadt 1918 innerhalb
einiger Wochen an Salvarsanikterus. wovon allein 13 starben.
Das verwendete Salvarsan war nach Prof. Kobert (Rostock
einwandfrei. Zimmern berichtet ĂŒber 3(50 solcher FĂ€lle, von
denen 6 starben. O 1 1 r a m a r e ĂŒber 200. Arndt sah innerhall)
eines Jahres neben 12 TodesfÀllen noch 230 FÀlle von Salvarsan-
ikterus, wie er in der Ministerialsitzung des Landesgesund-
heitsrats vom 14. 1. 22 berichtete. Leider enthÀlt "der halb-
amtliche Bericht ĂŒber diese Sitzung siehe Klin. Wochenschrift.
1922, S. 304) absolut nichts ĂŒber diese bisher unbekannten Tat-
sachen Anmerk. wahrend der Korrektur.'
40. Jahrg. â Nr. 8
DreĂŒw: Syphilistherapie
der Patienten und der Wissenschaft Es sei daran erinnert,
daĂ / B. bei Syphilis maligna der Wassermann meist negativ
ist, trotz der furchtbaren Erscheinungsformen, weil eben diese
Form sieh dadurch auszeichnet, daĂ der Korper keine oder
nic ht genĂŒgend Abwehrstoffe produziert, um der pathologi-
schen Erscheinungsformen Herr zu werden, die in circulo
vitioso daher immer schlimmer werden. Es sei ferner daran
erinnert, daĂ ein stark positiver Wassermann alte Leute, die
7(1 und 80 Jahre alt sind und vor 40â50 Jahren Lues acqui-
riert haben, bis zum 80. Lebensjahr begleitet hat, also das
Zeichen dafĂŒr ist, daĂ diese Patienten, wie ihr Alter beweist,
in der Tat 10 â 50 Jahre lang geheilt waren. Dementsprechend
sollte man es fĂŒr logisch halten â und ich bin immer dieser
Meinung gewesen â die AbwehrkrĂ€fte nicht, koste es was es
wolle, durch 50 â 60 Salvarsanspritzen, usw., usw. zu ver-
nichten, was notabene bei der völligen Unsicherheit der nega-
tiven WaRe auch dann meist nicht oder nur scheinbar oder
vorĂŒbergehend gelingt. Naturam expellas furca, tarnen usque
recurret. Die AbwehrkrĂ€fte des Körpers mĂŒssen zur Aus-
reifung kommen, ehe man behandelt. Ich stehe auf dem
Standpunkte, daĂ alle die Experimente, die beweisen sollen,
daĂ der positive Wassermann durch Kuren dauernd negativ
wĂŒrde, bei der völligen Bedeutungslosigkeit
einer negativen Reaktion4) jeder Logik und jeder Beweis-
kraft entbehrt. âDer Geist der Medizin ist leicht zu fassen,
Ihr studiert die groĂe und kleine Welt, um es am Ende
gehen zu lassen, wie es Gott gefÀllt". Ich verlasse mich
daher nur auf ErfahrungsgrundsÀtze, nicht auf eine so labile
Reaktion wie es die WaRe ist. Ist die Auffassung richtig,
den Körper in der Bildung der AbwehrvorgÀnge zu unter-
stĂŒtzen, anstatt diese zu hemmen (Untermaximaldosierung in
hÀufiger Anwendung anstatt Uebermaximaldosierung!), dann
stÀnden wir nicht nur hinsichtlich der Salvarsanfrage, son-
dern auch hinsichtlich unserer therapeutischen MaĂnahmen
ĂŒberhaupt vor einer Revolution, ja vor einer Katastrophe.
Auch insofern, als diese Lehre vielen UnglĂŒcklichen einen
Trost brÀchte, die heute mit ihrer (vielleicht ihnen wohl-
tuenden) positiven Reaktion von Pontius zu Pilatus laufen,
von einem Badeort zum andern, und diese nicht negativ be-
kommen. Als ich einen dieser UnglĂŒcklichen, der seit 6 Jahren
positiv trotz aller Kuren ist, diese neue Auffassung mitteilte,
da teilte er mir mit, daĂ er von Stunde an seine Selbstmord-
anfÀlle verloren habe. Man sieht, zu welchen praktischen
Konsequenzen diese Theorie fuhrt.
Wie wirken ĂŒberhaupt unsere antisyphililischen Mittel,
sei es, daĂ es sich um Quecksilber, um Jod, um Arsen oder
um die physikalisch-diÀtetische Behandlung, um chemische
oder um homöopathische Heilmittel handelt?
Ich habe in meinen Arbeiten auseinandergesetzt, daĂ Sal-
varsan, Quecksilber und auch Jod in der Hauptsache robo-
rierende, resorbierende, die AbwehrkrÀfte des Organismus
stÀrkende, Leuko- und Lymphozyten vermehrende Eigen-
schaften hĂ€tten, daĂ sie den NĂ€hrboden fĂŒr die Spirochaeten
verschlechterten und den Körper zur Bildung von Abwehr-
stoffen befÀhigten. Um diese AbwehrkrÀfte, insbesondere die
Lymphozytenbildung anzuregen, verbinde ich mit der bisher
ĂŒblichen Behandlung noch die Kalkbehandlung, auf Grund
der folgenden in meiner Arbeit (Die Behandlung der Syphilis
mit Hg, As und Ca. âWiener medizinische Wochenschrift",
1914, Nr. 19) erwÀhnten Tatsachen.
Die Vereinigung von einem löslichen KalziumprÀparat
mit Hg und As ist deswegen von besonderer Bedeutung, weil
4) Ein nichtsyphilitisches positiv reagierendes Kaninchen wird
durch Salvarsan negativ (Emanuel). Was soll also eine der-
artige Wirkung fĂŒr oder gegen die Diagnose ânoch Syphilis vor-
handen" beweisen? Und durch Quecksilber und durch andere Er-
nÀhrung auch. Wo bleibt hier die Einwirkung auf die [gar nicht
vorhandenen] Spirochaeten durch das Salvarsan? âGrau, Freund,
ist alle Theorie und grĂŒn des Lebens goldener Baum". Und ob-
schon Salvarsan die W. R. ebenso wie Quecksilber negativ macht,
sagt v. Wassermann, es bestĂŒnde eine prinzipielle Verschie-
denheit, wie sein Quecksilberversuch zeige, der Quecksilber- und
Salvarsanwirkung. âEs will mich fast bedĂŒnken, als ob die Ver-
suche beide nichts beweisen".
die Ca-Therapie5) bei Infektionskrankheiten an und fĂŒr sich
schon Resultate zeitigt. Dem Ca-Stoffwcchscl wird in letzter
Zeil ganz besondere Beachtung geschenkt. In physiologischer
und therapeutischer Hinsicht mögen folgende Angaben ge
nĂŒgen, die die Bedeutung der Ca-Zufuhr bei Infektions-
krankheiten demonstrieren.
Hamburger, der sich um die in der letzten Zeit auĂer-
ordentlich in Aufnahme gekommene Ca-Therapie besonders
verdient gemacht hat, erwĂ€hnt ĂŒber den EinfluĂ der Ca-Ione
folgende Beobachtungen: âDie einzige Substanz, von der bis
jetzt das phagozytÀre Vermögen der Leukozyten gesteigert
wurde, ist das Ga-Ion. Aber auch die auffallende Eigenschaft
des Ca, in minimalen Mengen die HerztÀtigkeit selbst nach
völligem Erlöschen neu anzuregen und dadurch die Funktion
des Herzens, den Blutdruck zu erhöhen, wird in neuerer Zeit
immer mehr beobachtet, wenn auch noch keineswegs ge-
nĂŒgend praktisch verwertet. 1. Legt man in eine reine Chlor-
natriumlösung das herausgeschnittene, zunÀchst in feuchtem
Medium lange Zeit weiterarbeitende Herz einer Schildkröte,
so hört es sofort auf zu schlagen. Die reine Natriumlösung
wirkt demnach offensichtlich schÀdlich, giftig auf das Herz.
FĂŒgt man nur eine minimale Spur Ca hinzu, so beginnt das
Herz sofort wieder zu schlagen. 2. Legt man junge schwim-
mende Funduluslarven in eine reine Chlornatriumlösung, so
ruht die Bewegung wie gelĂ€hmt. FĂŒgt man eine Spur Ca
hinzu, so schwimmen sie wieder lebhaft. 3. Die krÀftige
Peristaltik eines ausgeschnittenen WarmblĂŒterdarms im
warmen Serum hört sofort auf, sobald man die Darmschlinge
in reine Kochsalzlösung legt. Eine Spur Ca belebt den Darm
aufs neue. 4. FĂŒgt man einer Kochsalzinfusion eine Spur Ca
bei, so beginnt das kollabierende menschliche Herz fast stets
momentan lebhafter zu arbeiten und der Blutdruck steigt
stÀrker als dies bei einer einfachen Kochsalzinfusion zu er-
möglichen ist.
Hamburger weist darauf hin, daĂ Langendorf
und Hueck gezeigt haben, daĂ auch fĂŒr das isolierte SĂ€uge-
tierherz die Anwesenheit einer genĂŒgenden Ca -Menge in der
NahrungsflĂŒssigkeit notwendig ist und daĂ man durch Hin-
zufĂŒgung von nur 0,05 proz. Ca Clâ zum normalen Blut die
TĂ€tigkeit des isolierten Herzens erheblich steigern konnte.
Doch nicht nur beim isolierten Herzen war dieser EinfluĂ des
Ca sichtbar, auch beim lebenden Individuum. Wenn sie bei
einem chloroformierten und kurÀrisierten Kater nur 0,1 g
CaCl2 in die Blutbahn einfĂŒhrten, wurde die HerztĂ€tigkeit
krÀftiger und der Blutdruck steigerte sich bedeutend. Der
Zustand hielt mehrere Stunden an.
Bekanntlich enthÀlt das Blut das Ca in kleinen Mengen.
Ein starker Blutverlust verringert diese Ca-Menge oft wesent-
lich. Nimmt man absolute Entblutung an, was ja aus physi-
kalischen GrĂŒnden nicht möglich ist, so wĂŒrde eine sofortige
entsprechende Kochsalzinfusion â giftig auf das Herz wirken
und keinen Herzschlag hervorrufen. FĂŒgt man aber Ca-Ionen
hinzu, so sind die Bedingungen erfĂŒllt, den giftigen EinfluĂ
reiner Kochsalzlösung gleichsam zu paralysieren und die
HerztÀtigkeit anzuregen. In der Tat liegen viele einzelne Ver-
suche vor, welche auch beim menschlichen Herzen die Mög-
lichkeit einer kĂŒnstlichen Wiederbelebung nach SchwĂ€chung
durch groĂen Blutverlust durch Ca-Zusatz zur Durch-
spĂŒlungsflĂŒssigkeit erweisen.
Aus diesen Beobachtungen ergibt sich die dringende Auf-
forderung, bei jeder Infusion Ca hinzuzufĂŒgen (Ham-
burger, Langendorff, Hueck).
Bei den Phagozyten vermag zwar eine reine Kochsalz-
aufschwemmung nicht so offensichtlich stark giftig zu wirken
wie auf das Herz und den Darm, wohl aber ist eine schwach
giftige, schÀdigende Wirkung nachzuweisen, indem das
phagozytÀre Vermögen der Leukozyten in reiner Kochsalz-
lösung sinkt.
Es kommen also neben den OH-Ionen namentlich den
CaCa-Ionen Eigenschaften zu, die das phagozytÀre Vermögen
5) Prof. Dr. M. Kochmann (Greifswald), Kalk und
Magnesia auf Grund experimenteller Ergebnisse. Deutsche med.
Wochenschr. 1913, Nr. 45, S. 2190.
170
Dreuw: Syphilistherapie
lĂŒ. Jahrg. Nr. 8
der Leukozyten in gĂŒnstigem Sinne beeinflussen. Bei allen
Infektionskrankheiten ist daher der Ca-Zufuhr eine groĂe Be-
deutung beizumessen.
Nach Tigerstedt haben Gurgelungen mit Ga-Chlorat
bei Diphtherie zweifellosen Nutzen.
Bei Pneumonie haben Brun ton, James Bare, I.
S t a r k, A. N e 1 1 e r u. a. lediglich mit der Ga-Therapie gute
Resultate erzielt, namentlich wurde die HerztÀtigkeit durch
Ca-Zufuhr gesteigert.
Bekannt ist die Tatsache, daà Arbeiter an Kalköfen, die
bestÀndig Ca einatmen, wenig an Tuberkulose erkranken.
In Lippspringe wird dem Ca-Gehalt der Quellen ein be-
sonderer EinfluĂ auf die Tuberkulose beigemessen.
Es ist ferner bekannt, daĂ Ca-Hypochlorit auf die Toxine
des Schlangenbisses gĂŒnstig einwirkt. Calmette,
P a 1 1 a u f, G. Riehl u. a. empfehlen daher die sofortige In-
jektion dieses Ca-Salzes, um die Toxine zu neutralisieren.
C. A. Stephan und I. Ruter Williamson haben
bei entzĂŒndlichen Prozessen und Eiterungen, die mit Fieber
einhergingen, mit Erfolg Ca-Salze angewandt.
Bei Fieber beobachtet man eine Verminderung der Al-
kaleszenz des Blutes. Eine Zufuhr von Ca wirkt also in
physiologischer Weise im Gegensatz zu den Antipyretika
diesen VerhÀltnissen entgegen. Nach Senator sehen wir
bei der mit Fieber einhergehenden Tuberkulose eine Er-
höhung der Ca-Ausscheidung.
Alle diese in der Literatur festgelegten Beobachtungen,
daà Ca namentlich das phagozytÀre Vermögen der Leuko-
zyten steigert und infolgedessen bei chronischen Erkrankun-
gen, wie es die Tuberkulose ist, gĂŒnstig wirkt, gaben mir Ver-
anlassung, diese Therapie in Verbindung mit den bisherigen
erprobten Methoden der Hg- und As-Zufuhr zu vereinigen
bei einer Krankheit, die mehr wie viele andere zu den eigent-
lichen chronischen Infektionskrankheiten gerechnet werden
muĂ, der Syphilis.
Nach meiner Ueberzeugung sind die syphilitischen Er-
scheinungen an der Haut einerseits durch die Ansiedlung der
Spirochaeten hervorgerufene pathologische GewebeverÀnde-
rungen und andererseits AbwehrvorgÀnge des Körpers gegen-
ĂŒber den Spirochaeten selbst und dem Gifte, das die Spiro-
chaeten erzeugen. Jedes die Resorption befördernde Mittel,
wie z. B. Jod oder Quecksilber, wird also hier in sympto-
matischer Beziehung eine lokale Wirkung verursachen, indem
es das pathologische Gewebe, die Papeln oder das Gumma,
zur Resorption bringt und dadurch den NĂ€hrboden fĂŒr die
im Gewebe sich befindlichen Mikroorganismen verschlech-
tert und sie so zum Absterben bringt. Es wird zunÀchst eine
Vermehrung der Leuko -Lymphozyten und der Plasmazellen
(Plasmom des PrimÀraffektes und der (harten) Papeln (Se-
kundÀraffekt) erzeugen, was sich in Form einer sichtbaren
Reaktion (Cuti -Reaktion) Ă€uĂert und erst dann, wenn der
NĂ€hrboden verschlechtert ist und die Spirochaeten schwin-
den, wird allmÀhlich erst eine Resorption der Infiltrate, d. h.
eine Ausheilung der PrimÀr- und SekundÀraffekte eintreten.
Auch die allgemein einsetzende Leukozytose wirkt in diesem
Sinne. Daher muĂ nicht kurz und stark, sondern lange und
weniger intensiv ausreichend behandelt werden, um irgendwo
verborgene Spirochaeten indirekt durch Hebung der Abwehr-
krÀfte zu vernichten. Im primÀren, sekundÀren und tertiÀren
Stadium haben wir ein Plus an Gewebsbildung, wÀhrend wir
im quaternÀren Stadium (Paralyse und Tabes) ein Minus an
Gewebsbildung haben. Die Antisyphilitika wirken nun noch
so, daà neben den Abwehrstoffen, die der Körper selbst schon
zur VerfĂŒgung hat (Alexine nach Prof. Buchner) noch
neue gebildet werden, so daĂ wir 3 Arten von Abwehrstoffen
haben, Alexine, Antitoxine und die durch die kurative Wir-
kung des Heilmittels erzeugten Stoffe (Kurine). Selbstver-
stÀndlich findet bei der Bildung dieser Stoffe eine Wechsel-
wirkung zwischen den KrÀften des Körpers (Natura sanat)
und der Giftbildung des in den Papeln und in den Gummata
anzutreffenden Erregers und den Kurinen statt.
Wenn die Annahme zutrifft, daĂ der Erreger an der Bil-
dung von Abwehrstoffen beteiligt ist, dann wÀre es verfehlt,
ein Mittel anzuwenden, das sofort und direkt abtötet und so
wÀre in diesem Falle in der Tat die abtötende Wirkung des
Salvarsans auf die Spirochaeten (nicht aber auf die Sporen
derselben), die im Tierversuch festgestellt wurde, im Gegen-
satz zu der Jod-, As- und Quecksilberwirkung ein Teil von
jener Kraft, die das Gute bewirken sollte und das Böse schuf.
M. E. mĂŒssen alle Antisyphilitika indirekt, nicht direkt auf
die Spirochaeten wirken.
Diese Erkenntnis ist den SalvarsananhÀngern so unbe-
quem, daĂ, nachdem das Abtöten der Spirochaeten im sekun
dÀren Stadium schon 1910 versagt hat, dieselben (m. E. fÀlsch-
licherweise) behaupten, die Erreger im Beginne der Krank-
heit auf einmal abtöten zu können [daher desinfizieren sie
das Haus so, daĂ sie es anzĂŒnden]. Auch hier ist, wie hei
dem verfehlten Abtöten der Spirochaeten in der SekundÀr -
periode der Wunsch der Vater des Gedankens. Denn, so
sagen sie, wenn die Spirochaeten alle abgetötet sind, können
sie keinen Schaden mehr anrichten, und sie sind dann natĂŒr-
lich auch nicht mehr nötig, um bei der Heilung mitzuwirken.
Cessante causa, cessat effectus! Aber dieses angebliche Ab-
töten der Spirochaeten im Anfange ist erstens ein geschicktes
Manöver der Akteure, die so handeln, wie in einem verlorenen
ProzeĂverfahren. Auch hier sucht man durch Hinaus-
schieben der Hauptverhandlung das Endurteil möglichst
lange hinauszuschieben, indem man immer neue unbewiesene
Behauptungen aufstellt. Zweitens ergeben die Untersuchungen
von Boas, Freymann, Meirowski, mir u. a., daĂ
auch nicht die Spur eines wirklichen Beweises fĂŒr das
Abortiv-Töten im PrimÀrstadium erbracht ist. Der Tierver-
such hat diese Verwirrung gestiftet. Die Reinfektionen sind
unbewiesen und sehr gering an Zahl.
Das Salvarsan bewirkt also nach meiner Auffassung das
Gegenteil von dem, was es bewirken soll, es stört durch die
beim Tierversuch konstatierte Abtötung oder Abwanderung
der lebenden Spirochaeten (nicht aber der Sporen, aus denen
die Rezidive entstehen) die AbwehrvorgÀnge des infizierten
Organismus. Anders dagegen bei denjenigen in kleinen
Dosen gegebenen Mitteln, die die Spirochaeten, wie die Praxis
und der Tierversuch ergibt, beim Einspritzen nicht abtöten
oder vertreiben (Quecksilber, As und Jod) sondern resor-
bierend, Ferment- und Schutzstoff bildend und eine Plasmo-
Lymp ho -Leukozytose, eine Phagozytose und Seröse bewirken.
Ich bin wohl der erste gewesen, der aus allen diesen GrĂŒnden
die Anwendung von Kalzium empfohlen hat, und zwar in
Kombination mit leichten Dosen von Quecksilber und Arsen,
die alle bedeutend unter der Maximaldose blieben. Durch
diese Kombination der verschiedensten Heilmittel, von denen
das Hauptmittel, Quecksilber, allein Jahrzehnte erprobt
ist, wird eine Summierung der Wirkung erzielt. Die Ver-
suche, die ich damals mit hohen Dosen Quecksilber gemacht
habe und auf die ich in der obigen Arbeit hinwies, haben
mir bald gezeigt, daà SchÀdigungen des Körpers eintraten,
die sich durch die erwÀhnte Unterdosierung vollstÀndig ver-
meiden lieĂen. In diesem Sinne wirken m. E. auch die
homöopathischen Dosen, die, wenn auch m. E. nicht nach
dem Prinzip âSimilia similibus", so doch durch ihre Affini-
tÀt zu den Zellen des Organismus und zu dem erkrankten
Gewebe die Resorption beeinflussen und entzĂŒndungswidrig
wirken und so allmÀhlich indirekt auch die Abtötung der
Spirochaeten erzielen. Nicht schnelle Abtötung oder Ab-
wanderung, sondern allmÀhliche SchÀdigung der Erreger,
d. h. indirekte Einwirkung auf dieselben durch die Hebung
der KrÀfte der Natur! (Medicus curat, natura sanat.) Ebenso
wie wir einen NĂ€hrboden, der z. B. das bei 100 0 gerinnende
Serum ziun Zwecke der ZĂŒchtung von Bazillen enthĂ€lt, nicht
durch Kochen sterilisieren können, wie z. B. einen das
Kochen vertragenden Agar-NĂ€hrboden, da eben bei 100 0 das
Serum gerinnt, ebenso wie wir hier die sogenannte fraktio-
nierte Sterilisation anwenden, d. h. in bestimmten AbstÀnden
den NĂ€hrboden auf etwa 60 â 70 0 Grad erhitzen, um auf diese
Weise nicht bloà allmÀhlich die lebenden Erreger zu töten,
sondern auch die Sporen derselben am Auskeimen zu ver-
hindern, ebenso mĂŒssen wir sukzessive durch kleinere, aber
4u. Jahrg
Ni 8
Diruw : Syphilistherapie
171
[lÀufigere Dosen, nicht wie Ehrlich es wollte, am einmal,
sondern ganz allmÀhlich den Organismus von den Erregern
und von den durch denselben bewirkten pathologischen Pro-
dukten zu befreien suchen. Daher wird die Syphilisheilung
durch die hier anzuwendende Kombinationsgabe des Arztes
nicht, wie beim Salvarsan, zu einem Handwerk, sondern zu
einer Kunst.
In Àhnlichem Sinne wirken m. E. auch die Methoden der
sogenannten Naturheilkunde, die die ResorptionsvorgÀnge
durch Schwitzprozeduren, Packungen, BÀder, UmschlÀge usw.
unterstĂŒtzen und die AbwehrkrĂ€fte des Körpers stĂ€rken. Die
Theorie, daĂ es sieh hierbei in der Hauptsache um ein Aus-
scheiden oder Ausschwitzen des Giftstoffes handeln könne,
wie man dieses bei akuten Infektionskrankheiten vermutet,
ist m. E. nicht zutreffend, denn da das mikroskopische Bild
z.B. der Papeln, die in der Haut liegen, und ebenfalls der
Roseolen ergibt, daĂ hier zahlreiche sich lebhaft bewegende
Spirochaeten ihr Wesen treiben, so ist es zweifellos ein etwas
einfacher und zu wenig den VerhÀltnissen gerecht werden-
der Gedankengang, wenn man glaubt, diese hier und im Ge-
samtkörper anzutreffenden Spirochaeten wĂŒrden sozusagen
ausgeschwitzt oder ausgeschieden werden. Es kann sich
m. E. nur darum handeln, daĂ sie entweder durch die Ver-
schlechterung des NÀhrbodens zum allmÀhlichen Absterben
oder zur Auflösung gebracht werden, oder aber, daà sie
durch im Körper gebildete Abwehrstoffe so geschÀdigt wer-
den, daĂ sie ebenfalls absterben.
Mit einem Wort, chronische Erkrankungen können und
dĂŒrfen nur chronisch behandelt werden. Und daher hat das
Salvarsan, da die Ehrlich'sche Uebermaximaldosierungs-
theorie sich als völlig falsch in wissenschaftlich-bakterio-
logisch-mikroskopischer und serologischer Beziehung und
als menschengefÀhrlich erwiesen hat, abgewirtschaftet. An
seine Stelle kann daher nur eine chronische Behandlung
treten, die nicht handwerksmĂ€Ăig in dem Einspritzen einer
nicht heilenden, aber hÀufig tötenden Salvarsanlösung be-
steht, sondern die in der Tat das Beherrschen einer Àrzt-
lichen Kunst zur Voraussetzung hat. An seine Stelle kann
nur treten eine Kombination [die von Fall zu Fall durch die
Kunst des Arztes geschaffen werden muĂ] aller der Faktoren
chemischer, biologischer und physikalischer Natur, die den
KrankheitsprozeĂ beseitigen, d. h. Schutzstoff bildend und
den NÀhrboden umÀndernd und resorbierend wirken und so
indirekt mit den Spirochaeten âfertig" werden. Man soll das
Gute nehmen, woher es auch kommen mag. M. E. mĂŒssen
die im Körper zirkulierenden Spirochaeten so beeinfluĂt wer-
den, wie Kulturen von Bakterien, die auch, wenn man keine
desinfizierenden Mittel diesen Kulturen zufĂŒgt, schlieĂlich
doch entweder durch Verschlechterung des NĂ€hrbodens oder
mit Hilfe ihrer eigenen Reaktionsprodukte und der von ihnen
gebildeten Gifte zugrunde gehen, wenn sozusagen durch eine
zu starke Vermehrung der NĂ€hrboden oder durch andere
UmstÀnde so verschlechtert ist, daà sie selbst absterben. Um
im Vergleiche zu bleiben, der NÀhrboden, d. h. der Körper
wird durch die Reaktionsprodukte und durch die Therapie
so erschöpft und verÀndert, daà die Erreger allmÀhlich ab-
sterben, wenn sie sich nicht, wie z. B. die Typhusbakterien
bei BazillentrÀgern, einnisten, einkapseln und akklimatisieren
und dann Rezidive oder chronische Symptome verursachen.
Eine Therapia magna sterilisans gibt es nicht.
Wir beobachten auch bei akuten Infektionskrankheiten,
z. B. bei Masern, Scharlach, LungenentzĂŒndung usw. eben-
falls solche AbwehrvorgÀnge. Wenn die letzteren den Sieg
ĂŒber die Bakterien davon tragen, was bei akuten Infektions-
krankheiten meistens plötzlich (SchweiĂausbruch) geschieht,
so tritt eine plötzliche Heilung ein oder aber die Erreger oder
ihre Gifte siegen ĂŒber die seitens des Körpers zu leistenden
AbwehrvorgÀnge, dann tritt entweder unter hÀufig sich
wiederholenden SchweiĂausbrĂŒchen kachektischer Natur, die
durch die fortwÀhrenden Reaktionsbestrebungen des Körpers
gegen die Parasiten bewirkt werden, Siechtum und chronische
Erkrankung oder aber plötzlich oder langsam der Tod ein.
Wie ich bereits erwÀhnt habe, beobachten wir neben den
bereits im Körper zirkulierenden Schutzstolfen (Alexinc), die
in jedem auch nicht infizierten Körper vorhanden sind, die
Schutzstoffe, die der Körper in spezifischer Weise mit den
in ihn eindringenden Erregern bildet, ferner die sogenannte
Piasmose, die Leukozytose (Phagozytose) und Lymphozytose.
Diese sogenannte Plasmo-Lympho-Leukozytose tritt schon
bei der Bildung des PrimÀraffektes in krasser Weise zutage.
Hier sehen wir, wie ich an zahlreichen exstirpierten und
mikroskopierten PrimÀraffekten feststellen konnte, daà die
BlutgefĂ€Ăe von Plasmazellen ringartig völlig umgeben sind
und daĂ Millionen von Plasmazellen, Leukozyten und
Lymphozyten und hier und da sogar Riesenzellen in dem
serösen pathologischen Gewebe anzutreffen sind. Durch die
enorme Ansammlung dieser vorher nicht vorhandenen Zellen
entsteht eine pralle und straffe Beschaffenheit des Gewehes,
die nach auĂen hin sich in der sogenannten HĂ€rte des Schan-
kers (daher der Name harter Schanker) dokumentiert. Wii
haben hierin ebenfalls lokale AbwehrvorgĂ€nge gegenĂŒber der
rein lokalen Infektion, d. h. gegenĂŒber dem Eindringen der
Spirochaeten bei der Ansteckung zu erblicken. Es bildet sich
sozusagen ein Wall von Zellen, der versucht in biologischer
Weise die Giftbildung und die Vermehrung der Spirochaeten
zu inhibieren. Ist dieser WTall stark genug und ist der Spiro -
chaetenstamm möglicherweise nicht besonders stark virulent,
so ist es möglich, daà wir einen leichten Fall einer spÀter
folgenden konstitutionellen Syphilis bekommen, da dann die
AbwehrkrÀfte des gesamten Organismus mit der geringen
Giftbildung von selbst fertig werden (Selbstheilung). Haben
wir dagegen den Fall vor uns, daĂ stark virulente Spiro-
chaeten eingedrungen sind, die in ihrer Virulenz und Gif t-
bildung durch den Abwehrwall des PrimÀraffektes nicht
stark beeinfluĂt werden, so mĂŒssen durch die Kunst des
Arztes, sei es chemisch, sei es physikalisch, diese Abwehr-
krĂ€fte unterstĂŒtzt werden (medicus curat), namentlich bei
schlechter Körperkonstitution. Dies bewirkt Hg-As-Jod in
Verbindung mit physikalischen MaĂnahmen.
Schon von vornherein hat der Körper also durch einen
lokalen pathologischen Vorgang die Tendenz, durch eine Art
lokaler Selbstheilung mit dem Erreger abortiv fertig zu wer-
den. Wer aber einmal bloĂ einen Blick in das Mikroskop
getan hat, indem er die Millionen von lebhaft sich bewegen-
den schlangenartigen Spirochaeten sieht, dem ist es klar, daĂ
dieser lokale Abwehrvorgang in der Regel nicht genĂŒgt, um
den Spirochaeten den Eintritt in das Innere des Körpers zu
verwehren, dem ist es auch klar, daĂ die Versuche, nachdem
die Spirochaeten sich bereits drei Wochen lang entwickeln
konnten, mittels einer Exstirpation des Schankers diese am
Eindringen in den Körper (konstitutionelle Syphilis) zu hin-
dern, versagen muĂ. Dem ist aber auch klar, daĂ ein Labo-
ratoriumsforscher, wie es Ehrlich war, am besten den
Vorrang spezialistisch klinisch ausgebildeten Praktikern hÀtte
geben mĂŒssen, ehe er bei dem Fehlen eines Kriteriums zur
Feststellung einer Heilung die Behauptung einer Therapie
magna sterilisans, und als diese schon bald versagt hatte,
ehe er die Behauptung einer Abortivwirkung oder sogar
einer PrÀventivwirkung mit Hilfe von spezialÀrztlichen
Assistenten in die Welt setzte, welche bei der Demonstration
im Jahre 1910 die Aerzte der ganzen Welt, die sich von dem
Nutzen und dem Schaden des Mittels ĂŒberzeugen wollten, um
das Zimmer herumfĂŒhrten, in das man drei durch Salvarsan
bereits im Juni 1910 gelÀhmte Patienten damals einge-
schlossen und den Blicken dieser Aerzte verborgen hatte.
Diese sogenannte Abortivtheorie haben wir auch bereits beim
Quecksilber erlebt, nur daĂ, da das letztere nicht patentiert
war und infolgedessen der Erfinder und seine Mitarbeiter
nicht durch finanzielle Beteiligung an dem Patentmonopol
interessiert war, der sexual-kapitalistische Hintergrund nicht
so kraĂ in die Erscheinung trat. Prof. Kaposi 's Schilde-
rung ĂŒber âAbortivheilung" in seinem Lehrbuch ist noch
heute lesenswert. âAlles schon dagewesen!"
Wie schon hervorgehoben, tritt etwa drei Wochen nach
dem Eindringen der Spirochaeten in einen kleinen HaĂŒtriĂ
eine starke Abwehrreaktion lokaler Natur ein. Da diese
172
ĂŒreuw: Syphilistherapie
40. Jahrg. â Nr. 8
meist nicht in der Lage ist, die Erreger am weiteren Ein-
dringen zu verhindern, so dringen diese schon kurze Zeit
nachher durch die LymphgefĂ€Ăe in die LymphdrĂŒsen ein, wo
der Körper einen zweiten, aber ebenfalls vergeblichen Versuch
macht, sie durch die schon beschriebenen AbwehrvorgÀnge
unschÀdlich zu machen. Daher das Anschwellen der Leisten-
drĂŒsen (syphilitischer Bubo). DaĂ dieses Durchbrechen des
Schutzwalls auĂerordentlich schnell geschieht, beweist ein
Fall aus der Literatur, bei dem kurz nach dem ansteckenden
Coitus durch einen UnglĂŒcksfall der Penis an der Wurzel
amputiert wurde und trotzdem entwickelte sich eine kon-
stitutionelle Syphilis. Es ist daher auch verlorene Liebes-
mĂŒhe, in diesem Falle durch eine Abortivkur sozusagen mit
einem Schlage bei 100 % in kurzer Zeit die Spirochaeten zu
vernichten. Ich fĂŒr meine Person kann auf Grund eines
10 jÀhrigen intensiven Studiums der Salvarsangeschichte
nicht an eine Harmlosigkeit oder an einen Irrtum der Ent-
decker dieses Dogmas glauben, sondern ich habe die Ueber-
zeugung gewonnen, daĂ das MĂ€rchen der Abortivheilung
systematisch aus sexual-kapitalistischen GrĂŒnden, um den
Millionenabsatz und die Millioneneinnahmen durch das PrÀ-
parat nicht verloren gehen zu lassen, in die Welt gesetzt
worden ist, nachdem die therapia magna bereits bankerott
war. Beweise fĂŒr diese Abortivmethode gibt es nicht, wohl
Behauptungen.
Sind die Erreger nunmehr durch die LymphdrĂŒsen hin-
durch in das Innere des Körpers gelangt, so erzeugen sie etwa
10 bis 12 Wochen nach der Infektion die sogenannten Se-
kundÀrerscheinungen, d. h. die Spirochaeten sammeln sich
in den feinen Verzweigungen der Blut- und LymphgefĂ€Ăe in
der Haut (und im Körper, z. B. im Gehirn, Leber usw.) an
und erzeugen in der Haut sozusagen hunderte und tausende
von kleinen PrimÀraffekten. Denn m. E. zeigt, wie zahlreiche
mikroskopische Untersuchungen, die ich an exstirpierten
Papeln gemacht habe, ergeben, jede Papel in histologischer
Beziehung dasselbe Bild, wie ein PrimÀraffekt, d. h. wir
sehen um die GefĂ€Ăe herum zahlreiche Plasmazellen und in
dem Gewebe der Umgebung neben solchen auch viele Lym-
phozyten und Leukozyten, so daĂ auch beim AnfĂŒhlen jede
Papel im Vergleich zu andern pathologischen Erhebungen
der Haut, z. B. einer Akne, in typischer Weise sich hart an-
fĂŒhlt. Bricht dieser sekundĂ€r, d. h. von innen heraus, ent-
standene PrimĂ€raffekt (Papel) durch, d. h. zerfĂ€llt die ĂŒber
dem entzĂŒndlichen Gewebe liegende Haut, so haben wir eine
ulcerierte Papel, d. h. ein Analogon des ulcerierten PrimÀr-
affekls, der sogenannten Erosion chancreuse, vor uns. Wie
man sieht, besteht sowohl in histologischer als in bakterio-
logischer Hinsicht eigentlich kein prinzipieller Unterschied
zwischen einem PrimÀraffekt und einem SekundÀraffekt, wie
ich die Papel nennen möchte, nur daà beim PrimÀraffekt die
Spirochaeten durch den Einrià der Haut, beim SekundÀr-
affekt sie via Lymph- und Blutweg in die Haut gelangt sind,
wo sie den Affekt erzeugen.
Was nun den Alexinen, und den spezifischen Schutz-
stoffen, den Lymphozyten, der Seröse, den Leukozyten und
den Plasmazellen nicht gelang, nÀmlich die eingedrungenen
Spirochaeten, sei es direkt oder indirekt kampfunfÀhig zu
machen, das mĂŒssen, nachdem sie nun einmal in den Körper
eingedrungen sind und sich dort schrankenlos vermehrt
haben, die vom Arzte, sei es intern oder extern, anzuwenden-
den Heilmittel in Verbindung mit den ebengenannten Fak-
toren zu erreichen suchen. Jod-Quecksilber und Arsen er-
zeugen besondere therapeutische Schutzstoffe, die man viel-
leicht als Kurine bezeichnen kann (curare = heilen). Jedes
Mittel, das man in den Körper hineinbringt, und das auf der
einen Seite bei entsprechender Dosierung nicht schadet und
auf der andern Seite die Heilwirkung direkt oder indirekt
unterstĂŒtzt [was wir daran erkennen, daĂ die pathologischen
Substrate zum Verschwinden gebracht werden, daĂ z. B. bei
ulcerierten Stellen der primÀren und sekundÀren Periode eine
schnelle UeberhĂ€utung des an und fĂŒr sich schwer hierzu
tendierenden Gewebes eintritt], kann und darf auch von den
Gegnern dieses Mittels nicht abgelehnt werden, die m. E. zu
Unrecht glauben, daĂ nur externe MaĂnahmen (Naturheil-
kunde), dieses Ziel erreichen wĂŒrde. Sanatur intra et extra
muros.
Es ist schade, daĂ der Kampf um die Heilmethoden der
Syphilis zu sehr beeinfluĂt wird durch die sogenannten
Schulen, sei es durch die der sogenannten âSchul-
m e d i z i n", sei es durch die der sogenannten âVolks-
m e d i z i n". Da nun noch bestimmte Vereinsbildungen ein
groĂes Interesse daran haben, nicht bloĂ ein ideelles, sondern
meist auch ein materielles, daĂ allein ihre Auffassung nach
auĂen hin durch die Beeinflussung des Publikums, die durch
Versammlungen und TraktÀtchen bewirkt wird, den Sieg
davontrÀgt, um den Vereinen und ihren Aerzten den nötigen
Anhang zu verschaffen, so resultiert leider hieraus die Tat-
sache, daĂ die eine Auffassung intolerant gegenĂŒber der an-
deren wird, und daĂ aus Ă€uĂeren GrĂŒnden, nicht von dem
StÀndpunkte des Wohls des Kranken aus hier versucht wird,
in einseitiger Weise immer nur die eine Richtung als die
alleinseligmachende zu betrachten. M. E. fĂŒhren verschie-
dene Wege nach Rom und man soll daher, da eben nicht
jeder Weg gangbar ist, denjenigen wÀhlen, der das Ziel auf
alle FÀlle erreicht, ohne zu töten. Primum ne noceas!
Die starke Plasmo - Lympho - Leukozytenbildung im
PrimÀraffekt, in den sekundÀren Efloreszenzen, in der Milz,
im Blute und in den LymphdrĂŒsen, die wir bei der Syphilis
beobachten, dĂŒrfte auch die Ursache sein, daĂ sich bei der
Syphilis Körper im Blute bilden, die wir imstande sind durch
die sogenannte Wassermann'sche Reaktion nachzuweisen.
Hierbei sei ausdrĂŒcklich bemerkt, daĂ diese keine fĂŒr
Syphilis spezifische Reaktion ist, wie es m. E. auch kein fĂŒr
Syphilis spezifisches Medikament, ein sog. âS p e z i f i k u m"
gibt, sondern daà sie nur Körper (von Bergel lipolytische
Lymphozyten, von Wassermann als âWassermannsub-
stanzen6) bezeichnet), die im Blute und in der Lymphe
kreisen, nachweist, die bei bestimmten Krankheiten (Syphilis,
Malaria, Scharlach u. a.) sich bilden. Ob diese nun zu den
Lipoiden gehören, oder ob der Syphiliserreger lipoidhaltig
ist und ein lipoides Toxin abspaltet, ob dieses letztere im
Körper ein lipatisches (fettspaltendes) Ferment abspaltet, ob
dieses Ferment, wie Bergel, möglicherweise weil dieser
Autor sich hauptsĂ€chlich und in letzter Zeit fast ausschlieĂ-
lich mit der Lymphozytenforschung beschÀftigt, in den
Lymphozyten liegt, und ob diese gegen die im Blute kreisen-
den spezifischen Lipoide mit Hilfe der Lymphozyten spe-
zifische Abwehrstoffe (Lipoidantikörper) bilden, ist letzten
Endes ein Streit um Worte, der durch die in letzter Zeit ĂŒber
Wassermann nicht bloĂ in die Fach- sondern auch in
die Tagespresse hineingebrachten Behauptungen angeregt
worden ist. Ob man die unbekannten Körper Lipoidanti-
körper oder bloĂ Körper nennt, ist letzten Endes gleichgĂŒltig,
solange diese unkontrollierbaren (und wie die Selenversuche
Wassermann 's ergeben) möglicherweise nach einigen
Jahren bereits ad acta gelegten Mitteilungen nicht in der
Oeffentlichkeit zu SchluĂfolgerungen fĂŒhren, als ob hier
eine groĂe praktische Entdeckung gemacht worden wĂ€re, was
in Wirklichkeit nicht der Fall ist.7) Auch hier handelt es
sich, wenn man die gewaltigen Notizen in der gesamten deut-
8) Nach Wassermann verbindet sich die im syphilitischen
Serum befindliche Wassermannsubstanz mit den L i p o i-
den,. so daĂ ein neues Aggregat aus diesen Komponenten entsteht,
das Wassermann'sche Aggregat, das das Grund-
phĂ€nomen fĂŒr die Serodiagnostik sein soll, eine Hypothese, die
in der gesamten Tagespresse als eine gesicherte Tatsache durch
die âĂ€rztlichen Mitarbeiter" beschrieben wurde. Diese
âĂ€rztlichen Mitarbeiter" wachsen durch ihre Autokratie
allmÀhlich zu einer Gefahr heran.
7) Siehe Weil und Bruck: Kontroversen mit v. Wasser-
mann in der Berl. klin. Wochesnchrift. 1921, Nr. 9; Nr. 18:
Nr. 22; Nr. 33; Nr. 40 und Dr. med. Lilienthal: âDie Ent-
schleierung (!) des Geheimnisses der W. R." (Voss. Ztg.. 17. 12. -20).
Prof. Dr. med. C. Hart: âAuf den Spuren des Syphiliserregers",
Berliner Börsen-Courier, 23. 12. 20. Inwieweit durch die absolut
noch unanerkannte Wassermannsubstanz oder das Wassermann-
Aggregat das Geheimnis der W. R. entschleiert oder die âSpur
des Syphiliserregers" entdeckt ist, dĂŒrfte das Geheimnis der
obigen Autoren Hart und Lilienthal sein.
10. Jahrg. - Nr. 8
Dreuw: Syphilistherapie
sehen und auslÀndischen Tagespresse liest, um eine Art
wissenschaftlicher Reklame, wie wir sie aus der Schule der
SalvarsananhĂ€nger zur GenĂŒge kennengelernt haben.
âKs gibt eine Anzahl deutscher Aerzte, die in rastloser
stiller Arbeit Wertvolles entdeckt", so sehrieb 1913 ein Arzt,
âund groĂe Krfolge erzielt haben, ohne daĂ eine Spektakel -
presse alle Welt damit in marktschreierischer Weise belÀstigt
hÀtte. Aber die Posaunen Jerichos blasen heule noch ebenso
durchdringlich wie ehedem. Wenn Ehrlich meinte, daĂ
es in Zukunft gelingen werde, mit der Mehrzahl der an-
steckenden Krankheiten fertig zu werden, so tÀuscht er sich
gewaltig. Weder auf dem Wege der Chemo -Therapie noch
auf dem der Serum-Therapie ist dies möglich. Die Natur
kennt einfachere Gesetze der Heilung. Der Arzt, der nach
diesen Gesetzen heilt, hat andere Krfolge aufzuweisen und
braucht nicht ĂŒber stöhnende oder sterbende Tier- und Men-
schenleiber hinwegzuschreiten. FĂŒr ihn ist die ganze
âwissenschaftliche" Literatur der Neuzeit nur ein Sammel-
surium von Bezeichnungen fĂŒr Theorien ohne sichere Basis.
Ihre trĂŒgerischen Behauptungen haben die moderne Medizin
bis zu einem Grade verwirrt, daĂ man bis ins Mittelalter zu-
rĂŒckgehen muĂ, um nochmals ein solches Bild wissenschaft-
licher Anarchie und TĂ€uschung zu finden. Die modernen
Schriften, in denen der Arzt und der Student die Wahrheil
suchen, sind voll dieser trĂŒgerischen Wissenschaft, genannt
Bakterio- oder Toxinotherapie. Sie bringen Bakteriotropine,
unzÀhlige Tuberkuline einschl. der Tuberkulozidine und
-plasmine, Tulasen und Tulone, ferner Leproline, Kndo- und
Kxotoxine, Toxoide und Toxone, Aggressine, Alexine, Auto-
und Bakteriolysine, Opsonine, Zyto- und Antizytotoxine,
Kndolysine, Renotoxine, Leukozidine und -toxine, Para-
lvsine, PrÀcipitine und PrÀeipitoide, Pyocyanasen, Stimuline
, Katherine, Laterine, Simpeline, Gimpeline, -sine, sine
usw. Und sowas nennt sich âWissenschaft"!
Auch anlĂ€Ălich der Selenversuche Wasser mann 's
las man in allen Zeitungen, daà es gelungen wÀre, den Krebs
zu heilen. Nach dem Fiasko, das Wassermann mit
seinen etwa 100 % Abortivheilungen, die ebenfalls in alle
Zeitungen hineinlanziert wurden, erlebt hat, sollte man, bei
aller Achtung vor dem nur diagnostischen Wert der
Zufallsreaktion die Ăffentlichkeit mit ungeklĂ€rten wissen-
schaftlichen Theorien, fĂŒr die auch nicht die Spur eines Be-
weises erbracht ist, als âbereits fertige Wissenschaft" ver-
schonen. Sonst könnte allzu leicht das Vertrauen des Volkes,
das an und fĂŒr sich schon schwer erschĂŒttert ist, zur soge-
nannten autoritativen Medizin immer mehr verloren gehen,
wenn, wie Klemperer erklÀrte, die Medizin ihre Funda-
mente immer umĂ€ndern muĂ. Der Gegner sind zu viele!
KigentĂŒmlicherweise ergibt die Geschichte der wissenschaft-
lichen Reklame, daĂ diese hauptsachlich fĂŒr solche Er-
findungen erfolgt, die sich zunĂ€chst kaum nachprĂŒfen lassen
und deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit erst nach Jahren
entschieden werden kann. Beati possidentes!
M. K. ist die Wassermann'sche Reaktion, wie allgemein
angenommen wird, eine Abwehrreaktion gegenĂŒber dem ein-
gedrungenen Gift, ein Abwehrvorgang Àhnlich dem der
PrimĂ€r- und SekundĂ€raffektbildung, der erst ausreifen muĂ,
ein Abwehrvorgang durch Bildung bestimmter, aber fĂŒr
Syphilis nicht spezifischer im Blute kreisender Körper, die
sich sogar in der Schwangerschaft bilden und bei den ver-
schiedensten anderen Erkrankungen vorkommen.8) Schon sind
die SalvarsananhÀnger dabei, diese Abwehrreaktion des
Körpers zu vernichten. Ist es nicht geradezu widersinnig
(trotz aller Warnungen von Forschern allerersten Ranges, die
weder direkt oder indirekt an einer Patentmedizin beteiligt
waren, wie Fournicr, Engel-Reimers, Kaposi,
Hebra u. a.) diese schon vor der W. R. bekannte Abwehr-
reaktion des Körpers schon im Anfange der Krankheit mit
\ Das gesunde Kaninchen hat vielfach positive YY. R. und
ilicsc wird durch Aenderung der ErnÀhrung des Tieres negativ.
Was soll also eine derartig labile Reaktion fĂŒr die Heilung eines
chronischen Leidens sagen, was soll hier bei dieser HeĂŒungs-
f*age ĂŒberhaupt der Tierversuch ' Nur die Erfahrung hat hier
das letzte Wort zu sprechen.
allen Mitteln, mit 50 und 00 âabortiven" Salvarsanspritzen
in Verbindung mit 50 bis 100 Quecksilberspritzen auszu-
schalten, d. h. diese Abwehrreaktion, genannt Wassermann-
sehe Reaktion, negativ zu machen?
Auf der einen Seile also gibt man zu, mit Hilfe der W.-
Reaktion einen Abwehrvorgang zu konstatieren und auf der
anderen Seite bemĂŒht man sich, denselben mit tödlichen Sal-
varsandosen und mit immer höheren und höheren, ge-
gebenenfalls ebenfalls 5 â 6 fach ĂŒbermaximal dosierten töd-
lichen Quecksilberdosen zu vernichten. âErklĂ€ret mir, Graf
Oerindur. . ."
In meiner Behandlung befindet sich momentan ein
Patient, der schwere luetische SekundÀrerscheinungen pustu-
löser und papulöser Natur und wiederholt einen negativen
Wassermann hat, d. h. keine Abwehrstoffe im Blute gebildet
hat. Wenn die Logik von Ehrlich-Wassermann-
NeiĂe r-Blaschko usw., jede positive Reaktion in eine
negative umzuwandeln, koste es, was es wolle, richtig wÀre
(alle diese Theorien und alle âUntersuchungsresultate" sind
dank der UnbestÀndigkeit, der Wassermann'schen Reaktion
absolut ohne Beweiskraft), dann mĂŒĂte man umgekehrt
diesen Patienten ĂŒberhaupt nicht behandeln. Denn er hat
ja schon einen negativen Wassermann. Man sieht, zu welchen
unglaublichen logischen Konsequenzen eine jeder wissen-
schaftlichen Grundlage entbehrende, m. E. von denjenigen
Sexual-Kapitalisten besonders protegierte Erfindung fĂŒhrt,
die bei jedem Fall von Syphilis alle 14 Tage zwei Jahre lang
eine kostspielige Blutuntersuchung machen zu mĂŒssen
glauben.
Wenn man aber annimmt, daĂ die Behandlungsmethode,
welche es auch sei, Abwehrstoffe dem Körper zufĂŒhrt, also
sozusagen die von der Syphilis indirekt und von dem Körper
direkt gebildeten Abwehrstoffe noch vermehrt, dann muĂ
man in Zukunft jede RĂŒcksicht auf einen positiven oder
negativen Wassermann, wie ich es seit Jahren handhabe,
ausschalten. Dann handelt es sich, wie frĂŒher, wo keine
Laboratoriumsforscher und interessierten Chemiker der
Syphilidologie ihre Wege wiesen, nur darum: Was hat, da
wir zugestandenermaĂen kein Kriterium zur Feststellung der
Heilung einer Syphilis haben, im Laufe von Jahrzehnten und
Jahrhunderten in praktischer Beziehung sowohl symptoma-
tisch als dauerwirkend eine Methode geleistet? 80 % bis 90 %
Heilung nach Engel-Reimers nur durch Quecksilber!
Dann handelt es sich nicht darum, was leistet sie in bezug
auf die nur Verwirrung in den Köpfen der Gelehrten und der
Praktiker anstiftende heute, solange die AutoritÀt ihren Ein-
fluĂ ausĂŒbt, richtige, morgen schon falsche Theorie unserer
zĂŒnftigen AutoritĂ€ten. Ist es nicht geradezu verwirrend, wenn
ein Mann wie B 1 a s c h k o, der bei jedem Patienten viele
Wassermann - Untersuchungen macht, obschon es kein
Kriterium, als die jahrzehnte- oder jahrhundertelange
Beobachtung gibt, um eine Heilung festzustellen, in seinen
âMitteilungen", Band 19, S. 38, schreiben lĂ€Ăt: âDie Aerzte
haben wirksame Mittel (hiermit meint er Salvarsan), die q
ermöglichen, jeden Patienten, der mit einer frischen Erkran-
kung in Behandlung kommt, sicher und ohne Scha-
de n zu heilen". Sicher und ohne Schaden! (Siehe Arndt,
Gennerich, Hahn usw.) Die Wassermann-Reaktion
hat, abgesehen von der hÀufig nur durch die W. R. festzu-
stellenden Sicherung der Diagnose, die in den meisten FĂ€llen
durch die Anamnese schon feststeht, fĂŒr die Beurteilung der
Syphilisdauerheilung den Instituten Nutzen gebracht, nicht
aber den Patienten. Diese Institute sexual-kapitalistischer
Natur haben sich sogar Monopole auf Grund der Beziehungen
der Inhaber bei den von öffentlichen Geldern unterhaltenen
Kassen verschafft, anstatt daĂ diese jeden Arzt oder jedes
Institut mit der Untersuchung beauftragen sollten, der die
GewĂ€hr fĂŒr gute AusfĂŒhrung gibt. Der Wassermann ismus
ist, was die Heilwirkung (nicht die Diagnose) betrifft, eine
Scheinwissenschaft, dazu angetan, den guten Namen der
wirklichen Wissenschaft zu diskreditieren. UnterstĂŒtzt wird
diese Scheinwissenschaft von Organisationen, die angeben,
mit groĂen Geldmitteln, durch öffentliche VortrĂ€ge, Films
174
v. d. HĂŒtten: KniescheibenbrĂŒche
40. Jahrg. â Nr. 8
usw. die Geschlechtskrankheiten zu bekÀmpfen. Diese Be-
kÀmpfung aber hat nicht zu einer Verminderung, sondern
eher zu einer Vermehrung der Geschlechtskrankheiten ge-
fĂŒhrt. Und Warnungen werden in den Wind geschlagen und
die Warner selbst geketzert und verbrannt, von Amts- und
Rechtswegen.
âAuszeichnung hier erwarte nie.
Denn das System verbeut's.
Man hÀngt das Kreuz nicht an s Genie
Nein, das Genie ans Kreuz."
Aus der chirurgischen UniversitĂ€tsklinik GieĂen
(Direktor: Geh.-Rat Prof. Dr. Poppert).
Zur Behandlung der KniescheibenbrĂŒche.
Von Dr. med. F. von der HĂŒtten, Assistent der Klinik.
GegenĂŒber der von v. Bergmann und seiner Schule
vertretenen Forderung, einen jeden Patellarbruch operativ
anzugeben, wird neuerdings schÀrfere Indikationsstellung
zur Operation und konservative Behandlung betont. Beson-
ders KĂŒttner wendet sich gegen das schematische Ope-
rieren eines jeden Bruches und will auseinander halten
direkte und indirekte Fraktur, wobei er fĂŒr erstere eine Ope-
ration fĂŒr ĂŒberflĂŒssig hĂ€lt und ablehnt. Ich glaube nicht,
daà die Aetiologie ein so prÀgnantes Hilfsmittel ist in der
Entscheidung, ob operieren oder nicht; denn hÀufig sind die
Angaben der Patienten unsicher und in vielen FĂ€llen beide
Ă€tiologische Momente kombiniert. Viel sicherer gibt die
Anatomie, bzw. pathologische Anatomie die Entscheidung
weiteren Handelns: Wenn wir bedenken, daĂ die ĂŒber die
Patella hinwegziehenden Sehnenfasern des Quadriceps nur
einen Teil der Streckmuskulatur darstellen, und daĂ ihr Aus-
fall durch den seitlichen Bandapparat vollersetzt werden
kann, ferner, daĂ das Fehlen der Patella allein, operativ oder
angeboren, einen Funktionsausfall nicht bedingt, so wer-
den wir den Hauptwert nicht mehr auf den Kniescheiben -
bruch legen, als vielmehr auf die Mitverletzung des Band-
apparates, des sog. Reservestreckapparates. Ist die Patella
allein frakturiert â eine solche Fraktur haben wir an
unserer Klinik in den letzten Jahren nicht gesehen â , so ist
eine Verschiebung der BruchstĂŒcke niemals vorhanden: eben
so wenig wird eine Behinderung der Streckung des Beines
bestehen: Der Patient kann, wenn auch mit Schmerzen, das
gestreckte Bein von der Unterlage heben. Oft lĂ€Ăt nur das
Röntgenbild, das nach S c h u 1 1 z e immer in Beugestellung
gemacht werden muĂ, den Spalt in der Partella erkennen.
Schultze bezeiclmet diese Bruchform als Fraktura patellae
vera; fĂŒr diese ist eine Operation ĂŒberflĂŒssig; konservative
Behandlung â Lagerung auf der Volkmann-Schiene und
rationelle, noch unten zu erwĂ€hnende Nachbehandlung â
werden ein gutes Resultat erzielen. Ist hingegen eine, wenn
auch nur geringe Dislokation der BruchstĂŒcke vorhanden, so
mĂŒssen wir eine Mitverletzung des Kapsellagers der Patella
und der seitlichen BĂ€nder annehmen; in solchem Falle ist
stets die Funktionsstörung vorhanden derart, daà das Bein
nicht gestreckt gehoben werden kann. Die Fraktura patellae
mit ZerreiĂung des Reservestreekapparates (Schultze) muĂ in
jedem Fall operiert werden, soll nicht durch Nichtvereini-
gung des Kapsel- und Bandrisses SchwÀchimg des Beines
und bindegewebige Heilung der Patella die Folge sein. Was
wdr mit der Operation erreichen wollen, ist die Restitutio ad
integrum sowohl die anatomischen VerhÀltnisse, wie die
Funktion betreffend. Wir werden also den Hauptwert auf
genaueste Naht des eingerissenen seitlichen Bandapparates
legen, wozu wrir an unserer Klinik Jodkatgut benutzen, und
werden dadurch Adaption und Fixierung der beiden Frag-
mente und die besten Bedingungen fĂŒr knöcherne Verheilung
der Patella schaffen. Wenn auch in einer Reihe von FĂ€llen
die bindegewebige Heilung der Patella ein gutes funktionelles
Resultat gezeitigt hat, so ist das nach meiner Meinung nur
möglich, wenn sorgfÀltige Naht der verletzten BÀnder ein
Auseinandervveichen der BruchstĂŒcke verhindert. DaĂ bei
einem mit dicht aneinanderstehenden BruchstĂŒcken, binde-
gewebig verheilten Patellarbruch die spÀtere Untersuchung
eine Diastase von 11 cm ergab (v. Bergmann), ist nur durch
Unterlassung dieser Naht zu erklÀren. Zudem sind Knie-
gelenke mit bindegewebig verheilter Patella Wackelgelenke
im Siime der Ueberstreckung (Thiem), abgesehen von der
Gefahr der Refraktur, die bei bindegewebiger Verheilmag eine
unverhĂ€ltnismĂ€Ăig gröĂere ist. Konservative MaĂnahmen
werden also bei Mitverletzung des Reservestreckapparates
eben so wenig am Platze sein, wie die vielen Subkutan- und
Perkutanverfahren. Neben der Naht des Bandapparates â
wir bevorzugen fĂŒr den Hautschnitt dabei den nach oben
konvexen Bogenschnitt â wurden nun bisher von den
ineisten Autoren die Patellarfragmente mit Draht (Silber-
Aluminium- oder Bronzedraht) vereinigt. Eine Reihe von
Autoren (v. Brunn, Kocher, Thiem, Lauenstein
u. a.) hat in Weiterverfolgung des Schicksales des Drahtes
gefunden, daĂ dieser in der Mehrzahl der FĂ€lle in StĂŒcke ge-
brochen war, die zum Teil wanderten und erhebliche Be-
schwerden verursachten; nicht selten wurden solche Draht -
fragmente sogar im Kniegelenk beobachtet. Auch wir haben
in 6 von 9 mit Draht genÀhten FÀllen Bruch des Drahtes
gesehen; dreimal muĂte dieser wegen Eiterung, Schmerzen
und chronischen Hydrops nachtrÀglich entfernt werden. Wir
haben daher in letzter Zeit die Drahtnaht nicht mehr aus-
gefĂŒhrt, sondern uns auf die p e r i - und praepatellare
Naht mit Catgut beschrÀnkt. Um ihre Verbreitung haben sich
in Deuschland besonders Thiem, BĂ€rlocher, BĂŒdin-
ger u. a. verdient gemacht und entsprechend den anatomi-
schen Voraussetzungen an Hand ihrer guten Resultate bewie-
sen, daĂ mit der exakten Vereinigung der seitlichen und vorn
ĂŒber die Patella ziehenden BĂ€nder fast immer auch knöcherne
Verheilung der Patellarfragmenle durch Rekonstruktion des
Kniescheibenbettes und Aneinanderhalten der BruchstĂŒcke
erreicht wird. Schultze vernÀht den seitlichen Band-
apparat in Ueberkorrektion, indem er zu beiden Seiten der
Patella je eine, die BĂ€nder weitfassende Muzeuxzange anlegt:
dadurch werden die BruchstĂŒcke festaneinander gepreĂt.
Auch unsere Resultate sind mit dieser Operationsmethode
sehr gute; sowohl knöcherne Heilung wie gute Funktion wur-
den erzielt, so daà wir die peri- und prÀpatellare Naht als
das beste Operationsverfahren beim Kniescheibenbruch emp-
fehlen können. Neben dem Vorteil bester Heilungsmöglicli-
keit ist sie einfach auszufĂŒhren und vermeidet die Störungen
durch den Draht.
Nach der Operation lagern wir das Bein fĂŒr 14 Tage aui
eine Schiene, lassen von da ab passive und aktive Bewegun-
gen ausfĂŒhren: die Patienten verlassen nach 3 Wochen in
der Regel das Bett und kommen in der 3. bis 4. Woche zur
mediko-mechanischen Behandlung. Zugleich heizen wir das
Knie im HeiĂluftkasten, wobei war frĂŒhzeitig seitliche Be-
wegungen der Patella machen, um Verwachs ungen mit den
Femurkondylen zu verhindern. Ebenso suchen wir frĂŒh-
zeitig der Quadricepsatrophie durch Massage vorzubeugen.
Bei diesem Vorgehen sind unsere Resultate ausgezeichnete.
Diese AusfĂŒhrungen gelten nur fĂŒr den frischen, sub-
kutanen Kniescheibenbruch, ohne RĂŒcksicht auf die Bruch-
form. Beim komplizierten Bruch liegt die Hauptgefahr in der
drohenden Infektion. Ob man bei einer frischen, gut aus-
sehenden Wimde die offene Naht noch machen soll, wird
der Erfahrung des einzelnen Operateurs ĂŒberlassen bleiben
mĂŒssen. EntschlieĂen wir uns sekundĂ€r zu nĂ€hen, so werden
Verwachsungen der BruchstĂŒcke mit den Femurkondylen
und Retraktion des Quadriceps uns oft schwierige VerhÀlt-
nisse schaffen. Meist werden dann plastische Operationen
notwendig, deren WĂŒrdigung auĂerhalb des Rahmens dieser
Arbeit liegt.
Zum SchlĂŒsse will ich noch kurz die Rentenfrage strei-
fen. Wir haben bei Unfallversicherten, ebenso wie Thieml
und Schultze die Erfahrung machen mĂŒssen, daĂ das
funktionelle Resultat trotz glatter und knöcherner Heilung
nicht so gut war, wie bei unseren anderen, nicht versicherten
Kranken: ich kann daher bei solchen Patienten nur rnten:
40. Jahrg. - Nr. 8
Sticker: Medizingeschichte
17f,
l; eine besonders sorgfÀltige Nachbehandlung und Ueber-
wachung vorzunehmen ;
% keinen Patienten zu entlassen, bevor nicht wenigstens
bei kraftvoller Streckung eine aktive Beugung von 90
Grad vorhanden ist;
; die anfÀnglich berechtigt hohe Rente bald stark her-
abzusetzen.
Die Berechtigung dazu gibt uns die Erfahrung, daĂ bei
nicht versicherten Patienten volle ErwerbsfÀhigkeit nach
etwa 1 Jahr wieder eingetreten ist (T h i e m, Schnitze).
Wert und Aufgaben der Medizingeschichte
im Studium und Berufsleben des Arztes.
Von G e o r n S t i c k er , WĂŒrzburg.
Wie die Ueberschrift so lautet der erste Aufsatz in einem
eben erschienenen Buch: Skizzen von Karl Sudhoff
(Verlag von F. C. W. Vogel, Leipzig 1921, 326 Seiten, 120 M.).
Der Verfasser ist ein Mann, der seinen Weg aus fast dreiĂig-
jÀhriger Àrztlicher TÀtigkeit zu Fuà und zu Pferd in Land-
praxis und Kassenpraxis zum Lehrstuhl fĂŒr Medizingeschichte
an der UniversitÀt Leipzig gefunden, der dem Gebiet seiner
Forschung neues Ansehen und wachsende Wirkungskraft
eingeflöĂt hat, der als beinahe SiebzigjĂ€hriger in voller
RĂŒstigkeit weiter forscht, weiter lehrt, weiter anregt. Das
Buch, mit dem ausdruckvollen Bilde des Verfassers ge-
schmĂŒckt, enthĂ€lt eine Auslese zerstreuter Gelegenheitsschrif-
ten von schriftstellerischer TÀtigkeit wÀhrend eines Viertel -
jahrhunderts; es ist den leiblichen Kindern und geistigen
Zöglingen und Freunden gewidmet mit dem Wunsche, daĂ
auch Aerzte, Naturforscher und andere denkende Kreise sich
daran erfreuen möchten.
Das Verzeichnis der 48 jungen und alten AufsÀtze, die
zum Teil verbessert und erweitert sind, zeigt schon die FĂŒlle
des Gebotenen. Der Einleitung ĂŒber Wert und Aufgaben der
Medizingeschichte folgt ein lebendiger Ueberblick ĂŒber den
Entwicklungsgang der Heilwissenschaft; es schlieĂen sich an
Bilder von Heilbestrebungen des Steinzeitmenschen, von
Krankheitsvorstellungen und HeilbrÀuchen bei den alten Ger-
manen, von Heilwundern des Kosmos und Damian, des Kyros
und Johannes, von den Erstlingen wissenschaftlicher For-
schung bis zur Ausbildung der Aerzteschulen; weiterhin
LesefrĂŒchte ĂŒber die AnfĂ€nge der Volksgesundheitslehre, ĂŒber
SeuchenschutzmaĂregeln in der Vergangenheit; ferner Be
Ziehungen der Medizin zu den schönen KĂŒnsten, GedenkblĂ€tter
an Goethe, an Johannes MĂŒller; Erinnerungen an
Hermann Baas, an Georg Kahlbaum. Den SchluĂ
bilden Mitteilungen ĂŒber die Rheinische Goethe-Ausstellung,
zu DĂŒsseldorf im Jahre 1899. Diese Ausstellung, von Sud -
hoff angeregt und ausgefĂŒhrt, war das erste Werk seiner
leitenden und ordnenden TĂ€tigkeit, die in der Folge auch den
Vorbereitungen zur Einrichtung der medico-historischen Ab-
teilung des germanischen Museums in NĂŒrnberg, der Grund
steinlegung des Deutschen Museums in MĂŒnchen, vor allem
auch der Dresdener Hygieneausstellung vom Jahre 1911 zu
Gute gekommen ist und die in der Leitung des Leipziger In-
stituts fĂŒr Geschichte der Medizin und der Deutschen Gesell-
schaft fĂŒr Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaft
fortwirkt.
{ Wir zweifein nicht, daĂ Sudhoffs BĂŒchlein dem ge-
reiften Arzt groĂen GenuĂ und erwĂŒnschte Belehrung geben
wird. Wem Billroths Briefe, Kussmauls Erinnerun-
gen, S c h 1 e i c h s besonnte Vergangenheil lieb sind, der wird
auch an S u d h o f f s Skizzen seine Freude haben. Vielleicht
tragen diese sogar dazu bei, daĂ in unseren so einst streben-
den und in der BewÀltigung gewaltiger Stoffmassen so uner-
mĂŒdlichen jungen Medizinern das schlummernde BedĂŒrfnis
nach geschichtlicher Belehrung, nach einer geschichtlichen
Vertiefung der breiten anspruchsvollen Gegenwart erweckl
wiid.
VorlÀufig besteht unter den Medizinstudierenden auf Uni
versitÀten noch wenig Neigung und Möglichke it, sich in die
Geschichte der Heilkunst, der Àrztlichen Wissenschalt, des
Ă€rztlichen Standes einfĂŒhren zu lassen. An Dozenten dafĂŒi
fehlt es nicht. Aber der Stundenplan fies Studenten nach
dem Physikum ist so dicht und stark besetzt, dafl ei
zwischen der Eröffnung der HörsĂ€le, im Sommer frĂŒh um
sieben, im Winter um acht Uhr, und dem Ende des strengen
Tages, im Sommer um sieben oder acht, im Winter um achl
oder neun Uhr, keine LĂŒcke zeigt auĂer der schmalen bisher
unbeschriebenen Linie wÀhrend der Mittagszeit von ein Iii1
zwei Uhr; dabei sind manche Stunden doppelt besetzt. Da
nun die Geschichte der Medizin nach fĂŒnfzigjĂ€hriger Aech-
tung erst kĂŒrzlich wieder in den Lehrplan aufgenommen ist,
so wird einige Zeit vergehen, bis sie ihren alten Ruf und Wert
eines Erziehungsmittels, eines unentbehrlichen Fortbildungs
mittels zurĂŒckgewonnen hat. Diese Zeit wird um so lĂ€nger
dauern, je mehr der Lehrkörper dem Zuge der Gegenwart
nachgibt, welche aus den Unterrichtsjahren auf der Universi-
tÀt anstatt einer Zeit der Vorbereitung und Anleitung eine
Zeit der Ausbildung zu machen verspricht und trotz der
GrĂŒndung von groĂen Fortbildungsschulen schon eine Voll-
endung in der Vorschule fordert. Bei so gerichtetem Stunden-
plan fehlt dem Studierenden nicht nur die Zeit, das Wort
der Geschichte zu vernehmen, sondern er wird in der
Meinung von ihrer Entbehrlichkeit um so mehr befestigt, je
mehr er sich von dem Leitsatz âdie Schulung vollendet den
Arzt" tĂ€uschen lĂ€Ăt und der Schule das Unmögliche, ja Un-
gehörige zumutet.
Der Arzt, der im lebendigen Wirken steht, weiĂ die Ge-
schichte seiner Kunst zu schÀtzen. Je Àlter, je erfahrener er
ist, um so gröĂer sein BedĂŒrfnis nach historischer Be-
lehrung. Ob er sie gewinnen, ob er sie nutzen kann, ist
freilich eine Frage der Anlage und der Vorbildung, oder sonst
die Sache eines glĂŒcklichen Zufalles, der ihm zur guten
Stunde einen Bericht in die HĂ€nde spielt vom Werden und
Können eines groĂen Arztes oder vom natĂŒrlichen Werde-
gang einer gewaltigen Seuche oder von den AnfÀngen einer
weittragenden Entdeckung oder vom Zusammenbruch eines
als untrĂŒglich verkĂŒndeten Systems, einer jahrhundertelang
geschĂ€tzten MaĂnahme, eines unter Triumpfgeschrei ge-
borenen neuesten Heilmittels. Der Arzt, der mit einigem
freien Urteil auch nur sieben Jahre in der Praxis steht, weiĂ,
was an den neuen und neuesten Entdeckungen, an den zu-
kĂŒnftigen Siegen der modernsten HeilplĂ€ne und AbwehrmaĂ-
regeln ist. Er fÀngt an den traurigen Satz zu begreifen, den
der BegrĂŒnder der europĂ€ischen Klinik, Hermann Boer-
haave, an die Spitze seiner Therapie stellt: nihil arti
exitiale magis novi! Aber die GrĂŒnde dieses Satzes findet er
doch erst, wenn er von der Geschichte in die klugen Erfah-
rungen kluger VĂ€ter und VorvĂ€ter eingefĂŒhrt worden ist.
Was uns zur Geschichte zieht, ist kein leeres Unter-
haltungsbedĂŒrfnis, kein mĂŒder Zeitvertreib. Es ist die mehr
oder minder klare Einsicht, die gerade bei den TĂŒchtigsten
mit den Jahren unabweislich sich einstellt, denen unsere
Kunst ein Besitz ist, der nicht von gestern auf heute ent-
stand und nicht von heute auf morgen in ungeahnter Weise
sich mehrt, sondern als alte Erbschaft weniger groĂer
Geister und vieler kleiner Schwarmgeister sich angesammelt
hat; es ist die Einsicht, daĂ der Gebrauch dieser gemischten
Erbschaft eine stetige und wachsame Sichtung des Wahren
vom Falschen voraussetzt unter der FĂŒhrung des prĂŒfenden
Versuches und der richtenden Zeit, und daĂ die gröĂten
Feinde der wahren Kunst jene wimmelnden Eintagsfliegen
sind, die alles vom Tage erwarten und von ihrem tanzenden
Uebermut. Der Nachdenkliche erfÀhrt in seiner Praxis, wie
richtig der Pariser Professor Louis Du rat im sechzehnten
Jahrhundert urteilte, als er seinen SchĂŒlern zurief: fremant
licet omnes, dicam tarnen quod sentio, majorem scientiae et
praxeos ubertatem comparari a studioso Hippocratis uno
die, quam ab istis pragmaticis uno saeculo! Darum tritt er
dann und wann eine Stunde aus dem GedrÀnge der Gegen-
wart hinaus, um sich mit einem der groĂen FĂŒhrer zu unter-
176
S t a n d e s f r a g e n und soziale Medizin
40. Jahrg. â Nr. 8
halten, die uns durch die Jahrhunderte als LehrerÀrzte vor-
angegangen ist, oder um eines der groĂen Geschehnisse zu
ĂŒberschauen, in denen unbekannte oder unbekannt ge-
wordene Krankheiten und Plagen das Wissen und das
Können und die Bereitschaft der Aerzte auf die offene
Probe gestellt haben. Es muĂ nicht gerade Hippokrates
sein, an den er sich wendet; und es braucht nicht immer
die Zeit des schwarzen Todes oder der ersten Cholera-
wanderung heraufbeschworen zu werden, um uns aus dem
Banne des Tages zu heben und jenen freien Standpunkt ge-
winnen zu lassen, auf dem wir ĂŒber uns imd unsere Zeit ins
Klare kommen. Jeder Tag der Geschichte ist lehrreich fĂŒr
den Arzt; das vergangene Jahrhundert, das vergangene
Menschenalter so gut wie die Vorgeschichte und Urgeschichte
seiner Kunst geben unschÀtzbare Belehrung, und wenn es
keine andere wĂ€re als das Sapere aude! â
Sudhoffs Skizzen sind dazu angetan, dem, der im
weiten Gebiet der Medizingeschichte sein FerienplÀtzchen
zu ungestörtem Schauen und zu innerem Wachstum sucht,
den Weg zu weisen. Den anderen hat Goethe im Buch
des Unmuts ein Stammbuchverslein geschrieben:
Wer nicht von dreitausend Jahren
Sich weiĂ Rechenschaft zu geben,
Bleib im Dunkeln unerfahren,
Mag von Tag zu Tage leben.
Standesfragen und soziale Medizin.
Der Konflikt des Aerzleverbandes mit den Krankenkassen.
»
Die Beziehungen der Àrztlichen Spitzenorganisation zu den
HauptverbÀnden der Krankenkassen sind in letzter Zeit recht un-
erquicklich geworden. Um ĂŒber die Bedeutung des Konfliktes ein
Urteil zu gewinnen, wird es deshalb geboten sein, die Tatsachen
chronologisch aneinanderzureihen. Durch das sog. Berliner Ab-
kommen vom Dezember 1913 war eine Vereinbarung zwischen den
SpitzenverbÀnden getroffen worden, welche sich auf Herstellung
von Einrichtungen und Instanzen fĂŒr die Anstellung der Aerzte,
ihre GebĂŒhren fĂŒr Ă€rztliche Leistungen und die Austragung von
Streitigkeiten auf schiedlichem Wege bezogen. Die Vereinbarung
stellte einen Rahmen dar, der durch Verhandlungen der beider-
seitigen örtlichen Organisationen die nötige FĂŒllung erhalten
sollte. Dies ist auch im groĂen und ganzen geschehen, nicht
ĂŒberall zur Zufriedenheit der Aerzte, besonders hinsichtlich der
GebĂŒhren, aber doch so, daĂ von der Zukunft ein modus vivendi
erhofft werden kann. Da man von beiden Seiten der Ueber-
zeugung war, daĂ ein, wenn auch nicht ideales Uebereinkommen
immer noch besser ist, als ein vertragloser Zustand oder eine
uferlose Zersplitterung der vertraglichen Zugehörigkeiten, so
zögerte man nicht, als der 5 jÀhrige Vertrag abgelaufen war, ihn
auf weitere 5 Jahre zu verlÀngern. Man konnte Àrztlicherseits
nicht ahnen, welche UmwÀlzungen politischer und sozialer Natur
dem deutschen Volkskörper bevorstanden. Als aber die UmwÀl-
zungen einsetzten und auch zu einer Ausdehnung der Versiche-
rungspflicht und der Versicherungsberechtigung fĂŒr die in die
Versicherungsordnung hineingehörigen Personen fĂŒhrten, muĂten
auch die Aerzte auf VerÀnderung der Vereinbarungen dringen
und sie, wenn nötig, durch Rechtsprechung erkÀmpfen. Daà das
nicht ganz ohne ZerwĂŒrfnisse mit den KassenvorstĂ€nden erfolgte,
war nicht Schuld der Aerzte, jedenfalls durfte das Vorgehen nicht
Veranlassung fĂŒr die KassenvorstĂ€nde sein, das Kriegsbeil aus-
zugraben und auf der ganzen Linie den Kampf anzufangen. Im
Dezember 1920 erfolgte auf dem Krankenkassentage zu Berlin
der Ruf nach gesetzlicher Regelung des VerhÀlt-
nisses der Aerzte zu den Krankenkassen trotz Be-
stehens des Berliner Abkommens. Es ist bekannt, daĂ dieser Ruf
zu einer demnÀchst dem Reichstage zugehenden Gesetzesvorlage
gefĂŒhrt hat, die so ziemlich alle WĂŒnsche der Kassen befriedigt,
die der Aerzte aber unerfĂŒllt lĂ€Ăt. Das unerfreuliche VerhĂ€ltnis
zwischen Aerzte- und Kassenverband ĂŒbertrug sich dann auf die
Verhandlungen innerhalb des Berliner Abkommens. Ein Schieds-
spruch ĂŒber die Erhöhung der Honorare, der von dem
im Abkommen vorgesehenen Einigungsamte Ende Oktober 1921
gefÀllt worden war, wurde auch in einer vom Einigungsamt am
1. Dezember 1921 geÀnderten Fassung vom Leipziger VerbÀnde
abgelehnt. Im Gegensatz zu der Auffassung der KassenverbÀnde
stand dieser auf dem Standpunkt, daĂ mit der Scheiterung des
Tarifabkommens auch die Vereinbarung ĂŒber die Errichtung eines
Reichsschiedsamts vom 3. November 1921 hinfÀllig ge-
worden ist, wÀhrend die KassenverbÀnde nach wie vor das Ber-
liner Abkommen mit seinen sonstigen Bestimmungen als zu recht
bestehend halten. Neuerdings scheint der Leipziger Verband sich
der Auffassung der Krankenkassen zu nÀhern, indem er sich
bereit erklĂ€rt, falls Wahlen fĂŒr das Beichsschiedsamt ausge-
schrieben werden, sich an ihnen zu beteiligen. Das Ersuchen der
KassenverbÀnde um neue zentrale Vereinbarungen, das auch vom
Reichsarbeitsminister befĂŒrwortet wurde, hat der Leipziger Ver-
band abgelehnt, ebenso eine ErklÀrung, seine Mitglieder von dem
Eintritt eines vertragslosen Zustandes abzuhalten. Nach dem
Scheitern der zentralen Tarifverhandlungen stellt sich nun die
Bechtslage fĂŒr die Aerzte folgendermaĂen: Das Berliner Ab-
kommen, insoweit es die Tarife nicht betrifft, besteht unverÀndert
weiter und bindet die lokalen Organisationen. Laufen die VertrÀge,
die zwischen diesen und den lokalen KassenverbÀnden geschlossen
sind, weiter, so können sie nur auf Grund § 626 BGB. vorzeitig ge-
kĂŒndigt werden. Die rechtliche BegrĂŒndung ist angesichts der Er-
höhung der Grundlöhne und der Versicherungsgrenze der Reichs-
versicherungsordnung kaum anzuzweifeln. Laufen die VertrÀge
ab oder finden sich die lokalen Kassenorganisationen zu Ver-
handlungen bereit, so steht dem Abschluà neuer VertrÀge nichts
im Wege, es darf dann aber erwartet werden, daĂ seitens der
Aerzte nur solche TarifsÀtze angenommen werden, welche die
des Schiedsspruches ĂŒbersteigen. Solche Vereinbarungen sind
fĂŒr mehrere Bezirke, wie Baden und Berlin, bereits zustande ge-
kommen, in andern LĂ€ndern, wie Bayern, sind sie angebahnt.
LĂ€uft aber der Vertrag unerneuert ab, tritt also ein vertragloser
Zustand ein, so ist damit noch kein Zustand der Verweigerung
oder âernstlicher GefĂ€hrdung" Ă€rztlicher Behandlung im Sinne §370
der Reichsversicherungsordnung geschaffen. Denn da kein
Grund zur Verweigerung Àrztlicher Hilfe dem Kranken gegen-
ĂŒber vorliegt, wird der Kassenarzt nach wie vor den Kranken
behandeln und ihm die erforderliche Bescheinigung ausstellen
können, allerdings nicht auf Kosten der Kasse, es mĂŒĂte sich
denn um dringliche FĂ€lle handeln, in denen die Kasse auch dem
Arzte gegenĂŒber ohne weiteres haftet. Es ist den KassenĂ€rzten
dringend zu raten, im Falle des vertraglosen Zustandes ihre
Hilfe dem Kassenmitglied nicht zu entziehen, immer jedoch mit
dem aukdrĂŒcklichen Hinweis auf die Zahlungspflicht des Mil
gliedes. Die Unannehmlichkeiten fĂŒr die Kasse werden dann
schlieĂlich so groĂ werden, daĂ sie sich zeitgemĂ€Ăen Verhand-
lungen mit den Àrztlichen Organisationen nicht werden entziehen
können. Vor Einzelverhandlungen von Aerzten mit Kassen muĂ
jedoch dringend gewarnt werden, denn in allen diesen Fallen
spielt fĂŒr die Kassen das divide et impera eine Rolle und die
StoĂkraft der Ă€rztlichen Organisation wird lahmgelegt.
Das bei einigem gutem Willen der Krankenkassen und des
zustÀndigen Reichsarbeitsministeriums eine Vereinbarung mit
dem Aerzteverbande zu erreichen ist, ergibt sich aus dem Ab-
kommen, das am 13. Dezember 1921 ĂŒber Aenderungen des Ă€rzt-
lichen Reichstarifs fĂŒr das V e r s o r g u n g s \\ e s e n
vom 9. April 1921 geschlossen worden ist. Hiernach wei den die
KriegsbeschÀdigten, die sich als solche ausweisen, im Falte eines
vertraglosen Zustandes zwischen Krankenkassen und Aerzte-
schal't Àrztliche Behandlung von ihren bisherigen Aerzten er-
halten, ohne daà diese von den KriegsbeschÀdigten selbst Be-
zahlung von Honorar verlangen. Die Aerzte reichen die Honorar-
rechnung bei den Krankenkassen ein. Diese bezahlen vorlaufig
die bisher geltenden VergĂŒtungen. Kommt eine Vereinbarung
mit den Aerzten auch weiter nicht zustande, so sind die Ver-
gĂŒtungen nach dem Ă€rztlichen Beichstarif fĂŒr das Versorgungs-
wesen zu bezahlen. Die VergĂŒtungen sind mit BĂŒckwirkung auf
den Betrag festzusetzen, der in den spÀteren Vereinbarungen oder
durch Schiedsspruch festgesetzt wird. Teil II des Reichstarifs
erfĂ€hrt Erhöhungen fĂŒr Einzelpositionen, im ĂŒbrigen werden die
GebĂŒhrensĂ€tze um 40 % erhöht. FĂŒr die Zeit vom 1. Oktober
1921 bis 31. Dezember 1921 wird auf die Gesamtrechnung ein Zu-
schlag von 40 % nachtrÀglich gewÀhrt.
Schon aus diesem Beispiele ergibt sich, daà grundsÀtzlich,
d. h. wenn die Mitel dazu vorhanden sind, auch die Kassen an
der angemessenen Erhöhung der Àrztlichen Honorare
keinen Anstoà nehmen können. Angemessen aber ist die Er-
höhung nicht im SteigerungsverhÀltnis zu dem Friedenshonorare,
sondern zu dem absoluten Lebenshaltungsindex der Gegenwart.
Der Fehler, der in Friedenszeit von den Aerzten gemacht worden
ist, die Ă€rztlichen Honorare aus HumanilĂ€tsrĂŒcksichten und aus
Angst vor unlauterem Wettbewerb unsinnig niedrig zu bemessen,
darf sich nicht wie eine Plage dauernd forterben. Heute muĂ der
10. Jahr«. Nr. 8
Referate
177
Wert der Àrztlichen Leistung nach Àhnlichen gleichwertigen
Leistungen, mindestens aber nach MaĂgabe des Wertes quali-
tativer Arbeitsleistung ĂŒberhaupt, nach Abzug der Betriebs- oder
Werbungskosten und unter BerĂŒcksichtigung der durch Ausbil-
dung entstandenen Unkosten geschÀtzt werden. Zu dieser heule
SelbstverstÀndlichen Anerkennung haben sich die Kassenver-
bÀnde im allgemeinen bisher nicht durchgerungen. Wo aber
wirklich ein VerstĂ€ndnis dafĂŒr obwaltet, strĂ€ubte man sich gegen
jede Honorar erhöhung mit dem Einwand des non possumus:
die Kasseneinnahmen reichten angeblich nicht aus, um höhere
Honorare zu zahlen. Wie ungerecht dieser Einwand ist, ergibt
sich ja schon aus der Tatsache, daĂ Mittel vorhanden sein
mĂŒĂten, um die anderen Kassenleistungen zu erfĂŒllen: Kranken-
geld, Krankenhauskosten, Arzneimitel und die gesamten Betriebs-
kosten, fĂŒr all das waren die Mittel vorhanden und nur zu den
Arztkosten reichten sie nicht? Nun ist aber auch dieser Ein-
wand hinfÀllig geworden angesichts des neuen Gesetzes
ĂŒber Versicherungspflicht, Versicherungsbe-
rechtigung und Grundlöhne in der Krankenversiche-
rung. Die Grenze der Versicherungspflicht ist von dem Entgelt
von 15 000 M. auf ein solches von 40 000 M. erhöht worden. Diese
liinaufsetzung bedeutet nicht bloĂ ein automatisches Hinabgleiten
auf die Stufe der Geldentwertung. Trotz dieser ist mit der 40 000-
Mark-Grenze eine neue Gesellschaftsschicht getroffen, die nicht
mehr zu den VersicherungsbedĂŒrftigen zu zĂ€hlen ist und die
Segnungen der Versicherungspflicht nie beansprucht hat. Sie
wird sie auch in Zukunft nicht voll in Anspruch nehmen, sich
nach wie vor ihren Familienarzt halten und auf das Krankengeld
in Ansehung ihrer auch im Falle der Krankheit fortlaufenden
BezĂŒge verzichten. AuĂerdem erfreut sich diese Gesellschafts-
schicht an sich durchschnittlich besserer Gesundheit infolge
uesserer ErnÀhrung, Wohnung und Hygiene. Die Kassen werden
demnach an ihren Leistungen betrÀchtlich sparen. Eine noch
betrĂ€chtlich gĂŒnstigere Einwirkung auf die Kassenfinanzen ist
die im Gesetze vorgesehene Erhöhung der Grundlöhne, nach
denen die BeitrÀge bemessen werden. Der gesetzliche Höchst-
betrag ist von 24 auf 40 M. und der satzungsmĂ€Ăig zugelassene
Höchstbetrag von 30 auf 80 M. hinaufgesetzt worden. Den Kassen
wird demnach die Möglichkeit erhöhter Leistungen eröffnet sein.
Worauf es aber ankommen wird, ist, daĂ die Kassen nicht wieder
in den verhÀngnisvollen Fehler verfallen, als Hauptleistung das
Krankengeld anzusehen und die anderen Leistungen, insbesondere
die Àrztliche Behandlung, als minderwertig zu betrachten. Und
falls die Kassen von sich heraus die nötige Einsicht vermissen
lassen, mĂŒĂten die Aufsichtsbehörden dahin wirken, daĂ ein an-
gemessenes VerhÀltnis der Kassenleistungen untereinander her-
gestellt wifd. Letzten Endes aber werden sich die Aerzte selbst
helfen mĂŒssen. Nur wenn der Wert der Leistungen in ein gegen-
seitiges richtiges VerhÀltnis gebracht wird, wird das ewige
Feilschen um die paar Groschen Arzthonorar aufhören. Ergibt
sich der Beitrag fĂŒr die Versicherten bei Innehaltung dieses Ver-
hÀltnisses zeitgemÀà als zu gering, so wird von Gesetzes- oder
Aufsichtswegen eine Erhöhung des Beitrages festzusetzen sein.
Eine solche Begelung erscheint aussichtsvoller und dem Frieden
mit dem Aerztestande zutrÀglicher als die famose Regelung des
VerhÀltnisses zu den Aerzten, wie sie jetzt gesetzlich geplant ist.'
Diese kann den Frieden nicht bringen, weil sie versucht, einen
freien Stand zwangsweise öffentlich-rechtlichen Körperschaften
unterzuordnen. Alle strittigen Fragen, selbst die der freien
Arztwahl, werden sich unschwer regeln lassen, wenn die Frage
des WertverhÀltnisses Àrztlicher Leistung gelöst ist, denn auch
die lreie Arztwahl ist fĂŒr die Kassen im wesentlichen eine
pekuniĂ€re Angelegenheit. Es soll nicht verkannt werden, daĂ
(he Wertleistung der Àrztlichen Behandlung durch die Reichs-
versicherungsordnung erschwert wird insofern, als nach § 180
und 182 RVO. das Krankengeld die HĂ€lfte des Grundlohnes be-
iragen muĂ. Hierdurch sind die Kassen genötigt, die andern
Kosten der Krankenhilfe und die Betriebskosten mit dem ĂŒbrig-
bleibenden Reste der BeitrÀge zu decken. Diese Bestimmung ist
abwegig und hervorgerufen durch die Verkennung des Wei tes
der nichl in Barleistung gewÀhrten Krankenhilfen. Aerztliche
Behandlung, Arznei, Krankenhaus sind als Krankenhilfe dem
Krankengelde völlig ebenbĂŒrtig, deshalb dĂŒrfte nicht fĂŒr letzteres
allein ein Fixum festgeselzl werden oder aber es mĂŒĂten alle ein-
engenden Bestimmungen ĂŒber die Beitragsgrenzen zum Fortfall
kommen. Alex a n d c r.
Der preuĂische .Minister fĂŒr Volkswuhlfahrt zur
Kurpfuscherei.
Auf eine Anregung der Kurpfuschereikommission der Ber-
liner Aerztekammer in Sachen Verbotes des Annonzenunwesens
antwortet der Minister in einer lĂ€ngeren AusfĂŒhrung, der wir
einige inhaltliche Gesichtspunkte entnehmen.
Die Reichsgewerbeordnung gewĂ€hrleistet die KĂŒrierfreiheit
und verbietet nur, daĂ sich Personen, welche die Heilkunde ohne
Approbation gewerbsmĂ€Ăig ausĂŒben, als Aerzte oder mit einem
gleichlautenden Titel bezeichnen und ferner, daĂ solche Personen
vom Staate oder von einer Gemeinde als Arzt anerkannt oder mit
amtlichen Funktionen betraut werden, sowie endlich, daĂ ein
Nichlapprobierter die Heilkunde gewerbsmĂ€Ăig im Umherziehen
betreibt. Das Reich könnte nun ohne weiteres die sich auf die
Beichsgewerbeordnung stĂŒtzende Kurierfreiheit zuungunsten der
Kurpfuscher durch ein Spezialgesetz einschrÀnken. Der Reichs-
minister des Innern hat aber auf eine Anregung des preuĂischen
Ministers im Jahre 1920 erklÀrt, daà er wegen des Widerstandes,
den bereits der im Jahre 1910 dem Reichstag vorgelegte Entwurf
eines Reichsgesetzes gegen MiĂstĂ€nde des Heilgewerbes gefunden
habe, den gegenwĂ€rtigen Zeitpunkt fĂŒr ein reichsgesetzliches Vor-
gehen gegen Kurpfuscherei fĂŒr wenig geeignet halte. FĂŒr ein
landesrechtliches Vorgehen sind enge Grenzen gezogen. Polizei-
verordnungen gegen Zeitungsreklame sind als rechtsgĂŒltig an-
erkannt worden. Nach der Rechtsprechung des Kammergerichts
macht sich neben dem Kurpfuscher auch der Redakteur als Mit-
tĂ€ter strafbar, sofern die Aufnahme von ihm bewuĂt in Kenntnis
und VerstÀndnis des Inhalts erfolgt. Nach einem Urteil des
Kammergerichts wĂŒrden auch Polizeiverordnungen gĂŒltig sein,
in denen Anzeigen von Heilmitteln gegen bestimmte besonders
gefĂ€hrliche Krankheiten verboten werden. Ein preuĂisches
Landesgesetz wĂŒrde wenig wirksam sein. Eine Erweiterung der
gekennzeichneten Erlasse sowie eine gesetzgeberische MaĂnahme
mĂŒĂte abgelehnt werden. Die zustĂ€ndigen Organe sind jedoch
darauf hingewiesen worden, auf das Kurpfuschereiwesen und die
von ihm betriebene öffentliche Reklame zu achten und fĂŒr Ver-
folgung etwaiger VerstöĂe gegen die Polizeiverordnungen Sorge
zu tragen.
Es bleibt also alles beim Alten. Man muĂ zugeben, daĂ in
PreuĂen keine Möglichkeit besteht, die Kurpfuscherei auf behörd-
lichem Wege wirksam zu bekÀmpfen, so lange das Reich an der
Kurierfreiheil festhÀlt. Sie unter der jetzigen politischen Kon-
stellation aufzuheben, ist nahezu unmöglich. Es ist auch fraglich,
ob die Aufhebung im Interesse des Aerztestandes lÀge, denn
jedenfalls wĂŒrden wir fĂŒr das Privileg der Ă€rztlichen Heilbe-
rechtigung schwerwiegende BeschrÀnkungen, z. B. den Behand-
lungszwang eintauschen. Wir mĂŒssen uns also damit begnĂŒgen,
die Behörden immer wieder auf die ĂŒblen Folgen der Kur-
pfuscherei fĂŒr die Volkswohlfahrt hinzuweisen und im ĂŒbrigen
ihnen anheimgeben, selbst das zu tun, was im Interesse der
Volksgesundheit geboten ist. Alexander.
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
Medizinische Klinik.
15. Januar 1922, 18, Nr. :;.
Die ^Gcmorrho,. aJ» chronische Erkrankung. Busch ke und Lange,,
reber Nephritis (SchluĂ). E. Ro raber g. S. 67.
AufklÀrung. Suggestion und Abfindung hei UnfaJlneurosen. P. Hon., s. ;o.
Resultate <lcr einzeilig kombinierten Salvarsan-Suiblimat-BehandluiiB der
Syphilis. E. S c h rn id t. S. 71.
*Ueber einen Fall von linksseitiger RecurrenslÀhmung bei einem MitraM-
tnum. Frida Klein. S. 76.
Ueber Bcwcgungs- und RefleseigentĂŒmlichteeiten bei amyostatoscher En-
cephalitis. Vollme r. S. 78.
âDie Vasogcne in der Dermatologie. S t o e b e r. S. 78.
Vagotonische Manifestationen an der Haut als Ausdruck uratischer Diathese.
r u l a y. ö. 79.
Herzkrankheiten und physikalische Therapie (Hydrotherapie, Thermotbe-
rapao, Balneotherapie). Tobias. S. 80,
178
Aus den neuesten Zeitschriften
40. -Jahrg. â Nr. 8
Ueber einen Fall von linksseitiger RekurrenslÀhmung bei
einem Mitralvitium. Die bisherigen Beobachtungen ĂŒber Re-
kuirenslĂ€hinung bei .Mitralfehlern haben eine KlĂ€rung ĂŒber den
Kntslehungsmechanismus der LĂ€hmung nicht gebracht. WĂ€hrend
von einer Reihe von Autoren die LĂ€hmung als Folge des Druckes
lies vergröĂerten linken Vorhofs angesehen wird, von andern
wiederum ein Druck der Pulmonalis, also nur indirekt des Vor-
höfs angenommen wird, wird von dritter Seite wieder neben dem
DrĂŒck des Vorhofs eine gewisse Bewegungsfreiheit des Herzens
verlangt, um diesen Druck zur Geltung kommen zu lassen.
Krida Klein kommt auf Grund eines Sektionsbefundes, bei
dem sich neben dem vergröĂerten Vorhof und Ventrikel eine ad-
hĂ€sive Perikarditis an der Herzbasis fand, zu dem SchluĂ, daĂ
zur Entstehung der DrucklÀhmung eine gewisse Fixation des
Herzens notwendig sei.
Die Vasogene in der Dermatologie. Stoeber hat mit den
verschiedenen Vasogenen (Jod-, Ichthyol-. Jodoform-, Menthol-.
Kg.-Vasogen) in der dermatologischen Praxis sehr gute Er-
fahrungen gemacht. Besonders erwies sich das 6 % Jodvasogen
i Is sehr wirksam in FĂ€llen von Epididymitis, bei Bubonen, wo
es z. T. zur spontanen Einschmelzung fĂŒhrte, z. T. die Bubonen
inzisionsreif machte, bei Ulcus molle, gonorrhoischer Leisten-
drĂŒsenentzĂŒndung. Nach Inzisionen zeigte sich das 3 % Jodo-
Tormvasogen bei der Tamponade von gut heilender Wirkung. Bei
Pernionen wurde sowohl mit Jodvasogen als mit Ichthyolvasogen
ein guter Heilerfolg erzielt. Letzteres bewÀhrte sich auch bei
para- und perimetritischen Exsudaten besser als Ichthyolglyzerin.
Bei Hg.-Stomatitis zeigte Jodoformvasogen guten Erfolg; Menthol-
vasogen wurde bei Urticaria versucht und linderte den Juckreiz
ganz wesentlich. 33% % Hg.-Vasogen brachte FilzlÀuse nach
einmaliger Einreibung zum Schwinden und wurde auch zu
Schmierkuren verwendet; Follikulitiden wurden hierbei nicht be-
obachtet. Das Vasogen als Vehikel fĂŒr andere Medikamente hat
sich in allen FÀllen als gutes Mittel bewÀhrt, ohne störende
Nebenerscheinungen zu verursachen.
Silbermann - Charlottenburg.
Klinische Wochenschrift.
8 Januar 1922, 1, Nr. 2.
Einige Bemerkung!-!! ĂŒber die Grundlagen des Ă€rztlichen Denkeiis von heule
Martins, Fr. 49.
Halsmuskelkrampf und Torsionsspasmus. Cissirer, R. 53.
â Leber rektale Digitalistherapie. Meyer. E. 57.
Das Verhalten des Antitrypsins hei Bestrahlungen mit kĂŒnstlicher Hohen-
sonne. K o e n i g s f c 1 d , H. 58
Die LeistungsfÀhigkeit der LumbalanÀsthesie in der GynÀkologie,
v. J a s c h k e . R. G0.
/.in Kenntnis der malignen Lj niplidrĂŒsenerkrankiingen. G r a f e . K. 62.
Beteiligung der HirnhÀute hei den fieberhaften Infektionen der oberen Luft-
wege. Gö ppert, F. 64.
Heber quantitative Bilirubinbes+imniungsmethĂŒden im Hinte. Holzer. IV
und M ebner. H.
VI amnuasekr etion und -krisen hei 'Lahes. Biberstein. 11. 68.
Erfolgreich^ Behandlung einer schweren akuten Benzolvergiftung durch
Lecithinemulsion. N i c.k. 68.
I eher die Einwirkung des Adrenalins auf die PermeabilitÀt von Muskelfaser-
grenzschicMen. Lange. H. 70.
Leber PfiosphorsÀureausscheidung der Netzhaut hei Belichtung. Lange.
IL und Simon. M. 70.
Seife und Serum, .(arisch. \. 71.
Rindenepilepsie hei multipler Sklerose. (' u r s c h m a du, II II.
Das Anwendungsgebiet der Diathermie. K o W ;i r s e b i c k . .1. 72.
hie Behandlung der Knuresis. Zappe rl, .1. 75.
hie Tuberkulose nach dem Kriege. P r i n z i n g. 77.
I eher den gegenwÀrtigen Stand der Frage nach der Entstehung der Arten
v. V o Ă . H. 81.
Neue Tl rien ĂŒber Flimmern und Flattern. Kothberger. C. .1. 82.
Ueber die rektale Digitalistherapie. Verfasser empfiehlt
unter bestimmten Bedingungen die rektale Anordnung der Digi-
talis in Form von flĂŒssigem Digipurat: er laĂt pro Dosi 1 cem in
10 cem Wasser mit einer kleinen Glyzerinspritze 2â3 mal tĂ€g-
lich injizieren. Im wesentlichen sind es dieselben FĂ€lle fĂŒr
rektale Applikation, bei denen man sonst statt der peroralcn
die intravenöse Zufuhr anwenden wĂŒrde. Der Vorteil der
rektalen Anwendung vor der peroralen besteht in der Umgehung
des IM'ortaderkreislaufs, indem das Medikament durch die Vena
haemorrhoidalis inferior direkt in die Vena cava gelangt. Die
rektale Verabfolgung ist der intravenösen vorzuziehen. I. bei
ungĂŒnstigen VenenverhĂ€llnissen, II. bei Thromben- und Embolie-
gefahr, III. bei sehr langdauernder hepatischer Stauung, in FĂ€llen,
in denen man aus Ă€uĂeren GrĂŒnden nicht dauernd intravenös
injizieren kann O S Tarnow 'Charlottenbnrg-Westend"1
15. Januar 1922, 1, Nr. 3.
Prinzipielle Fragen zur Lehre von der inneren Sekretion. Aster, L. io:,.
Die pathologische Physiologie der cbiunischen Obstipation. ReiĂ. E. 108.
Experimentelle Untersuchungen ĂŒber den EinfluĂ der Vitamine auf Ver-
dauung und Stoffwechsel, und die Theorie der Vitaminwirkuii"
B i e k e 1 . A. 110.
BauchspeiehelfluĂ auf Aetherreiz. (Ein Verfahren. Zugleich ein Beitrag
ĂŒber Pankreasfunktion bei gastrischer Achvlie.) Ratsch »i und
v. Friedrich. L. 112.
âZur Förderung der Röntgendiagnose des subkardialen Ulcus an der klein«!
Kurvatur durch die linke Seitenlage. W o 1 f f , E. 115.
âDer Blutzuckerspiegel nach intravenösen Infusionen hochprozentiger Trau-
benzuckerlösuugen beim Kinde. Opitz. H. 117.
âZur Kasuistik von Ovarialtumoren als Komplikation von Schwangerschaft
und Geburt. V e y . E. 119.
Erfahiungen mit) dein Friedmannscheu Tuberkulosemittel in der Behandlung
der Lungentuberkulose. Deutsch, G. 120.
âUeber die Wirkungsweise und das Altern der Vaecins (speziell bei
Gonorrhoe). Buschke, A. und Langer. E. 122.
Physikalisch-chemische Untersuchungen ĂŒber die Bildung von Gallensteinen
B o 1 t . N. A. und Heeres. P. A. 124.
Tierexperim »ntelle Untersuchungen an Recurrensspii oebaeteii. H e n n i n âą
G. 124.
Die Chromatophoren in der Haut des Menschen: ihr Wesen und dir Herkui
ihres Pigments. M i e s c h e r . G. 125.
Ein Fall von renalem Diabetes. U e d i n g h o f f . B. 126.
Die funktionellen Ergebnisse der Sebnenoperation bei irreparabler Radial
lÀhmung. Perthes. 127.
Zur Behandlung der FrĂŒhsyphilis. Rost. G. V. 129.
Zum Mutterschutzproblem. Eckstein. A. 131.
Konstitntiouslebre- und Lebensversicherungsmedizin. F I o r e i h ĂŒ t /.. ia
China und die deutsche Medizin. Du Bois-Reymonrt. C. 134
Leber Gewebsverkalkung. v. Pfaundler. M. 136.
Zur Förderung der Röntgendiagnose des subkardialen Ulc
an der kleinen Kurvatur durch die linke Seitenlage. In eine
Reihe von FĂ€llen ist fĂŒr die Sicherheit der Diagnose eines hoch
sitzenden Ulcus die linke Seitenlage allen anderen Versuchs-
anordnungen ĂŒberlegen. Da bei pylorusfernen GeschwĂŒren die
Reflexwirkungen auf die PförtnertÀtigkeit nur abgeschwÀcht^
sichtbar sind oder ganz ausfallen, so ist eine besonders voll-]
kommene Ausnutzung aller Röntgensymptome erstrebenswert.
An vier FĂ€llen wird der Wert der Linkslagerung gezeigt.
Der Blutzuckerspiegel nach intravenösen Infusionen hoch-
prozentiger Traubenzuckerlösungen beim Kinde. (Aus der l'niv
Kinderklinik Breslau.) FĂŒr intravenöse Traubenzuckerin fusionen
stellt eine 75 proz. Lösung (Gewichtsprozente!) die höchste Kon|
zentration dar, die man ohne Gefahr anwenden kann. Im allgeJ
meinen steigt nach der Infusion der Blutzuckerspiegel sehr stea
an, um sehr rasch wieder abzufallen. Verf. stellte bei einem an
Herzinsuffizienz leidenden Knaben gegenĂŒber anderen gleichfalls
mit Zuckerinfusionen behandelten herzgesunden Kindern ein ab-
weichendes Verhalten der Blutzuckerkurve fest: der Abtransport
des injizierten Zuckers war auffÀllig verzögert. Möglicherweise
ist dafĂŒr die bestehende Stauungsleber verantwortlich zu machen!
In den meisten FÀllen war ein auffÀlliger diuretischer Effekt zw
beobachten, ferner eine VerkĂŒrzung der Blutungszeit. Von klmi
sehen Erscheinungen waren bemerkenswert Gesichtsrötungea
HitzegefĂŒhl, erhebliche Temperatursteigerungen mit Kopfschmew
zen. ja sogar SchĂŒttelfröste. Die Temperatursteigerungen sind
dem Zucker zuzuschreiben, da der sog. Wasserfehler bei Anwen-
dung von doppelt destilliertem Wasser nicht â wenigstens nicM
allein â verantwortlich zu machen ist. Ein EinfluĂ auf die Er-
krankung konnte nicht festgestellt werden.
Zur Kasuistik der Ovarialtumoren als Komplikation von
Schwangerschaft und Geburt. (Aus der UniversitÀts-Frauenklinik
GieĂen.) Bei einem in der Schwangerschaft festgestellten Ovarial-
lumor wird , abgewartet, bis etwa eine Indikation zu aktivem
Handeln vorliegt. Unter der Geburt gilt dasselbe. Bei eintreten-
der Indikation I Slieldrehung, VerdrÀngungserscheinungen,
wachsender Ascites usw.) sofortige Operation ohne BĂŒcksicht
auf Schwangerschaftsmonat, Laparotomie bevorzugt. Doppel
seil ige Ovarialtumoren werden stets sofort, wenn sie dia
gnostiziert sind, entfernt, da die Doppelseitigkeit fĂŒr seröse oder
papillÀre Zystadenome oder MalignitÀt spricht Die Richtigkeit
dieser GrundsÀtze wird an 5 FÀllen gezeigt
Ueber die Wirkungsweise und das Altern der Vaccine (-pc
zielt bei Gonorrhoe). (Aus der dermat. Abteilung des Rudol
Virchow-Krankenhauses Berlin. Die Autovaccine zeigt keinei
Unterschied in der Wirkungsweise gegenĂŒber der frischen hetero
genen und polyvalenten Vaccine, zudem bedeutet ihre Hörstel
lungsdauer fĂŒr den Patienten ein Hinausschieben des Behand
lungsbeginns auf mindestens 5 Tage. Die guten Ergebnisse, di
Schmidt-La Baume mit der intrakutanen Verwendung vo>
extrastarker Vaccine analog der P o n n d o r f sehen Applikation«
40. Jahrg. - Nr. 8
Aus den neuesten Zeitschrifte
17'.»
Weise hatte, konnten nicht bestÀtigt werden Hingegen war der
Bindruck bei intramuskulÀrer Anwendung von frischer hetero-
gener und polyvalenter Vaccine im allgemeinen gĂŒnstig. Frische
Vaccine wirkte besser als alte. Vergleichsuntersuchungen er
gaben, dafl die Vaccine im Lauf der Zeil durch das Lagern alterl
indem sich die Bakterien auflösen und zerfallen. Ks scheint bei
den bakteriellen Vaccinen /.wischen Formerhaltung und Wirkung
eine gewisse Beziehung zu bestehen. Kontroll- und PrĂŒfungs
maĂnahmen 'bei der fabrikmĂ€Ăigen Herstellung sind angezeigt
O. S. Tarnow (Charlottenburg-Westend]
MĂŒnchener inedizin. Wochenschrift.
2(). Januar 1022. Nr. 3.
âąHvhuische Diagnose der Knt\vii'klungsform«n der menachiiehen Tuberkulose
Ksnkc. 69.
UHiandlung der Lungentuberkulose durch Anregung des Kreislaufs. \ t â
n o 1 d i. 72.
Nabelschnurvorfall und «eine Behandlung. Schweitzer 73.
ZerreiĂungen des Teutoriums u. d. Falx eerebri unter der (Icluirt. Z i m
ni e r m a n n. 75.
Akute Perforation des Ulcus ventriculi. II r u u n e r. 77.
Rruuehotoinie. R À t h i. 81.
â frAzetonurie und experimentelle AdrenaliuglykĂ€mie bei Ruin. Butte,!-
wieser. 83.
HraurhharkeH von Meiueekes D.M. R u n t e. 83.
Flockungsreaktionen nach Sachs -Georgi u. Meinecke (D. XI. l und TrĂŒbungs-
reaktion nach Dold. Slrempel 35.
Zwischenfall bei Anlegung eines Pneumoperitoneum-. Lo.rey. 86.
â * ^Röntgenbehandlung der Perniones. I. c n k. 87.
Traumatische Nicrencyste. B a u m a u u. 87.
Ballbehandlung der Prolapse. Samson. 88.
N'atur und Entstehung diastatischer Fermente. R o t b I i n. â «<
(iasvergiftung im RĂŒntgenzimmer. Guthmann. 89.
Bemerkungen zur klinischen Diagnose der Entwicklungs-
formen der menschlichen Tuberkulose. Zusammenfassung der
wichtigsten Gesichtspunkte. Die GrundzĂŒge der klinischen Bilder
kommen durch die Kombination von vier verschiedenen Ausbrei-
lungsWeisen der tuberkulösen Herderkrankungen im Körper unter
sich und in Kombination mit drei deutlich unterscheidbaren
Reaktionsweisen des befallenen Organismus zustande. Ausbrei-
lungsweisen: 1. Kontaktwachstum des Herdes, d. h. das unmittel-
bare Fortschreiten der Erkrankung innerhalb der Randzonen der
Herderkrankung; 2. Metastasierung a) auf dem Lymphwege,
I) innerhalb der BlutgefĂ€Ăe, c) im Lumen aller sonstigen im
Körper vorgebildeten HohlrÀume und Röhrensysteme. Reaktions-
weisen: 1. primĂ€re, 2. sekundĂ€re mit anaphylaktischen ZĂŒgen.
3. Hervortreten einer eigenartigen TeilimmunitÀt, Die isolierte
primĂ€re Tuberkulose weist Ă€hnliche. EigentĂŒmlichkeiten wie der
luische nicht luetisch! Ref.) PrimÀraffekt auf: PrimÀrherd
und regionĂ€re DrĂŒsenverĂ€nderungen, ersterer stets sehr klein
und auĂer bei Haut- oder SchleimhautverĂ€nderungen nicht zu
âą geringfĂŒgigen Grades und an gĂŒnstigem Orte zunĂ€chst nicht
selbst sondern nur durch die DrĂŒsenerkrankung erkennbar.
I'ypische Heilungsform: Verkalkung. Von gröĂerer praktischer
Bedeutung isl die Erkennung der FrĂŒhformen der generalisieren
den Tbc, bei der es sich um keine lokale, sondern um eine aus
gesprochene Allgemeinerkrankung handelt. Wichtigstes Zeichen
sind Spuren hÀmatogener Dissemination, die ausnahmslos mit
toxischen Wirkungen verknĂŒpft sind. Leichteste Formen: Nach-
weisbarer PrimÀrkomplex nebst Allgemeinerkrankung Gewichts-
abnahme, Störungen des Wohlbefindens, Gewebsturgors und der
Körpertemperatur). Direkte Spuren hÀmatogener Aussaat: z. B.
Tuberkulide und PhlyktÀnen. Verf. gibt ein Beispiel der klini
sehen Entwicklung des Bildes an einer erdachten Kranken
geschichte. Im weiteren Verlauf immer mehr ZurĂŒcktreten der
histologischen Ueberempfindlichkeit. Prototyp: isolierte Lungen-
tuberkulose ohne humorale Metastasen. Das Auftreten eritzĂŒnd
licher Erscheinungen isl jetzt nicht mehr einfache Randreaktion
âą des Herdes, sondern Zeichen des Fortschreitens der Erkrankung.
Heilungsform: Nicht mehr Verkalkung, sondern bindegewebige,
Vernarbung und Abkapselung. Echt tertiÀre Erkrankungen fasl
nur in der Lunge. AuĂer Lungen-. Haut- und Darmtuberkulose
entstehen alle ĂŒbrigen Organtuberkulosen hĂ€matogen oder doch
auf dem Zirkulationsweg. Es gibt jedoch auch hÀmatogene
Lungentuberkulosen. Prototyp: Miliartuberkulose nicht nur die
ganz akute allgemeine Miliartuberkulose). Typus der Inhalations-
tuberkulose: PrimÀrkomplex. Rei der Kehlkopftuberkulosc zwei
Hauptformen 1 typische Kehlkopfphthise als Teilerscheinung
einer isolierten tertiÀren Lungenerkrankung. 2. primÀre . Kchlkopf-
nnd Trachealtuberkulose. Rei ersterer fehl! Erkrankung der
regionĂ€ren DrĂŒsen oder ist auf das eben noch erkennbare Mini-
mum der typischen abortiven Metastasen beschrÀnkt, bei letzterei
oft ungeheure Drfisenpakete in beider Halsseiteu und eventuell
Bild der schwersten infektiösen Gesamterkrankung Reaktion«
weisen gegenĂŒber Tuberkulin: FrĂŒhsekundĂ€re Tbc starke Stieb
reaktion. TertiÀre Form: deutliche Fieberreaktion ohne oder fast
ohne Stichreaktion. Das Lesen des Originalartikels ist dringend
zu empfehlen.
Azetonurie und experimentelle AdrenalinglykÀmie bei Ruhr
Nach Adrenalininjektion bei 7 Ruhrpatienten mit Azeton im Harn
in 2 FÀllen keine, in 5 geringe HyperglykÀmic, die bei gleich
zeitig vorhergehender Darreichung von PK) g Dextrose bei rÀcht
lieh anstieg
Röntgenbehandlung der Perniones. Technik: Harle Therapie
röhre, 0,5 mm AI- Filter, MI â 'A Erythemdosis. Behandlungsdauer
eine, selten nach 11 Tagen zweite Bestrahlung. Erfolg gut. Re-
zidive kommen vor, reagieren stets wieder gut Rei stÀrkerei
FrĂŒhreaktion daneben wechselwarme RĂ€der
F. L o e w e n h a r d t (Charlottenburg- Westend
Therapeutische Halbmonatshefte, Berlin.
15. Dezember 1921, 35, Heft 24
âą{»Das Kalzium in der Herztherapie. Singer, G. 758.
Die Reizlosigkeit der Kriegskost als Krankheitsursache. K e i U . E. 165
âDie Therapie und Prophylaxe des_ Kindbettfiebers. Dietrich. II. A. 772
Zur Behandlung der PolyzythÀmie. S t r a s b u r g e r . J. 777.
Das Kalzium in der Herztherapie. Nach Pick kann man ex
perimentell durch Zufuhr löslicher Kalksalze die sympathischen
Nervenzentren der Herzkammer erregen und durch Entziehung
hemmen. Verf. gibt bei schweren Dekompensationen mit Stauung
und Oedembildung Ca Cl2 1,0 der 10% Lösung mit 20 Digipuratum
combiniert intravenös, wenn eine sofortige Wirkung erzielt wer
den soll, sonst allein intravenös mehrere Tage hintereinander mit
Inf. Digitalis per os. Zahlreiche Kurven zeigen den guten Erfolg
und die Ueberlegenheit auch ĂŒber Novasurol zur EntwĂ€sserung
des Organismus. Der Kalk erscheint als Stimulans fĂŒr die Digi
talistherapie, vermindert aber gleichzeitig die unangenehmen
Nebenerscheinungen wie Vagusreizung und Dyspepsie, wie sie
nach lÀngerer Digitalisdarreichung auftreten.
Die Therapie und Prophylaxe des Kindbettfiebers. Infektions
möglichkeiten: 1. Exogene Keime, die bei der Untersuchung ein
geschleppt werden. 2. Endogene Keime: a) Sponlaninfektion.
b) artefizielle endogene Infektion. 3. HĂ€matogene, metastatische
Infektion, z. R. von gleichzeitig bestehender Angina aus. 4. Auto
infektion durch die GebÀrende selbst, die sich selbst untersuch I
Therapie: 1. Chirurgisch mit fasl völlig negativem Erfolg
2. Lokalbehandlung: zu verwerfen, abgesehen bei Verdacht auf
Plazentareste, die sofort und zwar digital auszurÀumen sind
3. Medikamente: 5,0 Elektrocollargol intravenös tÀglich bis zur
Entfieberung. Alle ĂŒbrige Therapie mit den verschiedenen zahl
reichen PrÀparaten ist von zweifelhaftem Erfolg, jedoch stets zu
versuchen. Prophylaxe: Möglichste EinschrÀnkung der inneren
Untersuchung, wenn möglich, nur rektale Untersuchung, sterile
Gummihandschuhe auf desinfizierter Hand.
F. L o e w e n h a r d t .' Charlottenburg- \\ eslend
Zentralblatl fĂŒr innere Medizin.
7 Januar 1022. 4!{. Nr. 1
âąM ntersuchungen
HĂŒlse. W
ĂŒber
1.
gefaĂreirengernde Stoffe im Blute hei Hypertonien
Untersuchungen ĂŒber gefĂ€Ăverengernde Stoffe im Blute bei
Hypertonien. Zur Frage, ob eine Ueberfunktion der Nebennieren
im Sinne einer HyperadrenalinÀmie als unmittelbare Ursache tiii
die Hypertonie in Frage kommt, hat Verfasser mit der Frosch
durChspĂŒlungsmethode nach LĂ€ wen-Tr endelenbur g Fol
gendes festgestellt: Venöses Rlut verursacht keine Abnahme dei
Tropfenzahl am LÀwen'schen PrÀparat. Zum Venenblut zuge
selztes Suprareninum bas. verursacht einen entsprechenden Aus
schlag, der durch Atropin zu beseitigen ist. Auch am frischen
arteriellen Blut von Menschen mit normalem Blutdruck lieĂen
sich selbst an PrÀparaten mit einer deutlichen Empfindlichkeit
gegen Adrenalinkonzentration 1 : 1 Milliarde keine vasokonstrik
lorischen Eigenschaften nachweisen. Das Gleiche fand sich bei
arteriellem Blut von Kranken mit Blutdrucksteigerung. Auch
bei den stĂ€rksten Graden von Hypertonie lĂ€Ăt sieh keine Adre
nalinwirkung des arteriellen Blutes feststellen, wÀhrend bei ganz
geringfĂŒgigen, durch Adrenalininjektion erzeugten kĂŒnstlichen
Blutdrucksteigerungen ein solcher Nachweis leicht geling! Eine
HyperadrenalinÀmie kommt demnach als Ursache der krank
180
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 8
haften Hypertonie nicht in Frage. Verfasser schlieĂt aus seinen
Versuchen, daĂ auch keine anderen gefĂ€Ăverengernd wirkenden
Substanzen im Hypertonikerblut âą vermehrt vorhanden sind, daĂ
vielmehr andere Ursachen dem allgemeinen GefĂ€Ăkram pf zu-
grunde liegen mĂŒssen. In 4 FĂ€llen von akuter Nephritis wurden
zur Zeit der Hypertonie im Blut kaum Stoffe nachgewiesen, die
die GefĂ€Ăe fĂŒr Adrenalin sensibilisieren. Die Art dieser Sub-
stanzen kann vorlÀufig nicht nÀher bezeichnet werden; es scheint
jedoch sicher, daĂ sie â ganz allgemein â mit der Infektion
^Streptokokken) im Zusammenhang stehen.
14. Januar 1922, 43, Nr. 2.
âAiuiuoniakbcstiininungeu im Blutserum. StrauĂ, H. 26.
Aminoniakbcstimmungen im Blutserum. FĂŒr die Ammoniak-
bestimmung im Blutserum wird die Methode von H ah n und
Kootz empfohlen. Die Normalwerte fĂŒr Ammoniak im Blut-
serum liegen zwischen 1 und 2 mg %, mit einer Höchstgrenze
von 2,5 %.
21. Januar 1922, 43, Nr. 3.
âIst die .sogenannte akute diffuse fUomerulenophritis eine primĂ€re diffuse
OefĂ€ĂaffektionV Kylin, E. 41.
Ist die sogenannte akute diffuse Glomerulonephritis eine pri-
mĂ€re diffuse GefĂ€Ăaffektion? Alle Versuche, die Entstehung der
Blutdrucksteigerung als eine Folge von Nierenschaden zu er-
klĂ€ren, sind miĂglĂŒckt. Notwendig ist es, das Studium der
Hypertoniefrage als einer GefĂ€Ăaffektion ohne vorherige An-
nahmen in irgendeiner Richtung anzufangen. Um liier vorwÀrts
zu kommen, mĂŒssen nicht nur die arteriellen, sondern auch die
kapillarischen DruckverhÀltnisse studiert werden. Beck-
mann' s und Krogh's Untersuchungen ergeben, daĂ bei der
sogen, akuten Glomerulonephritis pathologische VerÀnderungen
im Kapillarsystem vorhanden sind. Die diffusen GefĂ€ĂfĂ€den
treten bei der Glomerulonephritis am frĂŒhesten auf. Verfasser
glaubt die SchluĂfolgerung ziehen zu mĂŒssen, daĂ eine diffuse
GefĂ€Ăaffektion das PrimĂ€re bei der akuten diffusen Glomerulo-
nephritis ist. O. S. Tarnow (Charlottenburg-Westend).
Zeitschrift fĂŒr Klinische Medizin, Berlin.
25. Januar 1922, 93, Heft 1â3.
Die physikochemischen GesetzmĂ€Ăigkeiten des HarrisĂ€urekolloids uu i der
ĂŒbersĂ€ttigten HarnsĂ€urelösungen. Schade,, H. 1.
âDas Vorkommen des Beucc-Jonesseheai EiweiĂkörpers. K i m m e r 1 c , A.
66.
Untersuchungen ĂŒber den Zuckerstoffwechsel des Menschen. Staub. H. 1)9.
SpirochĂ€ten und Blutbild beim RĂŒckfallfieber. Mayer. A. 111.
Der Spechtschlagrliythinus bei schweren Grippekranken. MĂŒller. H. ini.
âUeber die Aetiologie und Pathogenese der Ischias und Lumbago nebst einer
neuen Anschauungsweise dieser Neuralgien. Lindste dt, F. 179.
âąH eber Xitrogen-Reteintion und Kest-N-Verteilung in den Geweben bei Xieren-
insuffizienz. (Ein Beitrag zur kehre von der UrÀmie.) Rohonyi, II.
und Lax, H. 217.
Das Vorkommen des Benee-Jonesschen EiweiĂkörpers. Aus-
fĂŒhrliche Zusammenstellung der in der Literatur bekannten FĂ€lle
von Bence-Jonesscher Albuminurie mit Besprechung der Sektions-
befunde. Das Auftreten des B.-J. im Urin zeigt eine VerÀnderung
im Knochenmark an, zunÀchst ist in erster Linie an multiple
Myelome zu denken. Bericht ĂŒber einen Fall, der bei der Sektion
keine Knochenmarkserkrankung zeigte. Es ist wĂŒnschenswert,
hĂ€ufiger bei unklaren ârheumatischen" Erkrankungen darauf zu
fahnden, um mehr einwandfreies Beobachtungsmaterial zu be-
kommen, da das bisherige nicht ausreicht, um definitive SchlĂŒsse
zu ziehen.
Ueber die Aetiologie und Pathogenese der Ischias und Lum-
bago nebst einer neuen Anschauungsweise dieser Neuralgien.
Verf. untersuchte zunÀchst die Àtiologische Bedeutung gewisser
VerĂ€nderungen fĂŒr das Entstehen der Ischias und fand unter
etwa 100 mit der Diagnose Ischias behandelten FĂ€llen nur in
9 keine wesentlichen VerĂ€nderungen. Alle ĂŒbrigen hatten Krank-
heitszustĂ€nde im Bereich des RĂŒckens, Beckens oder der unteren
ExtremitÀten. Lokalisation der VerÀnderungen war auffÀllig
ĂŒbereinstimmend mit der Lokalisalion der Ischiassymptome. Die
vorhandenen VerÀnderungen lassen den Schluà zu, daà die
Ischias auf der Basis statischer oder dynamischer Störungen
entsteht. Mit der Lumbago ist ein Zusammenhang vorhanden.
Aus Untersuchungen an 1578 Wehrpflichtigen ergab sich, daĂ
unter 318 mit VerÀnderungen 24,5 %, 864 ohne VerÀnderungen
nur 1,7 % Lumbago hatten. Die Ischias ist als eine auf Irradia-
tion^- oder Reflexwege entstandene Neuralgie anzusehen,
deren Pathogenese analog der anderer Irradiationsneuralgien
ist und die von peripheren ReizzuslÀnden ausgelöst wird. Sie
könnte daher auf Grund jeder VerÀnderung entstehen, die Reiz-
zustÀnde derartiger Natur und Lokalisation hervorruft, daà eine
Irradiation im Ischiasgebiet möglich ist. Bei der Lumbago
handelt es sich um die gleiche Irradiationsneuralgie, bei der nur
die Lokalisation auf die langen RĂŒckenmuskeln beschrĂ€nkt ist.
(Ueberfunktion der Lumbalmuskeln). Die sog. Aequivalent-
symptome (d. h. alle ZustÀnde ischias- und lumbagoÀhnlicher Art:
Muskelrheumatismus, ParÀsthesien, Myalgien usw.) sind ebenfalls
als sensilbe Irradiationserscheinungen, wenn auch geringen
Grades, anzusehen. Auch im ĂŒbrigen sind die sensiblen und
motorischen Reizerscheinungen bei statischen Anomalien (z. B.
Genu valgum, Coxa vara) analog reflektorischer Art. â Die
interessante Studie ist sehr zum Nachlesen zu empfehlen.
Ueber Nitrogen-Reteution und Rcst-N-Vertcilung in den Ge-
weben bei Niereninsuffizienz. (Ein Beitrag zur Lehre von der
UrÀmie.) Stoffwechselversuche mit N-Belastung bei Nieren-
kranken und Gewerbsuntersuchungen an Leichenorganen von Ge-
sunden und Nierenkranken. Verff. ziehen daraus folgende
SchlĂŒsse: Der Organismus vermag im Zustande relativer Nieren-
insuffizienz die Urin-N-Ausscheidung bedeutend zu erhöhen, wenn
er vorher N-ĂŒberlastet wurde (Anpassung!). Der Kranke bleibt
nachher im N-Gieichgewicht bei einer Kost, die frĂŒher zu erheb-
licher Retention fĂŒhrte. Der wĂ€hrend der N-Ueberlastung er-
höhte Blut-R N kann wieder die normale Höhe erreichen und be-
halten. Die N-Ausscheidung des Urin richtet sich nach dem
R N-Gehalt des Gewebes. WĂ€hrend der N-Ueberlastung ist die
N-Konzentration gröĂer im Gewebe als im Blut. Die Gewebe
enthalten das retinierte N wahrscheinlich in nicht diffusibler
Form, d. h. als EiweiĂ. Normale Gewebe enthalten etwa 10 mal
soviel diffusibles N als das Blut, die Gewebe von an echter
chronischer UrÀmie verstorbenen Niereninsuffizienzkranken ent-
halten ungefÀhr dieselben Mengen von Gesamt-N und dieselben
oder nicht viel gröĂere Mengen R N als die normalen Gewebe.
Der Tod an UrÀmie kann demnach ohne unmittelbar vorher-
gehende N-Retention erfolgen.
(Sowohl die SchlĂŒsse aus den Stoffwechseluntersuchungen
wie die behaupteten durch Zahlen nicht belegten Gewebsunter
suchungen an Nierenkranken werden sicher nicht unwider-
sprochen bleiben. Ref.)
F. Loewenhardt (Charlottenburg-Westend).
Zeitschrift fĂŒr die gesamte Neurologie und Psychiatrie,
Berlin.
in. Januar 1922, 74, Heft 1/3.
âBemerkungen ĂŒber die Psychologie des paralytischen GröĂenwahns. Schil-
der,?. 1.
Schizophrene VerĂ€nderungen des BewuĂtseins der AktivitĂ€t. Kronfeld,
, âą A. IS/" ' \ ,
â Die Bedeutung der Krbkonstitution fĂŒr die Entstehung, den Aufbau und die
Systematik der Erscheinungsformen des Irreseins. Kahn, E. 69.
(irundgedanken zur klinischen Systematik. Birnbaum. K. 103.
âStudie zum psychiatrischen Konstitutionsproblcin. (Ein Beitrag zum erb-
biologisch-klinischen Arbeitsprogramm . ) Ho ff mann, H. 122.
Der Fall Arnold. (Studie zur neueren Paranoialehre.) Kehrer. F. 15ö.
I.erisches Handvorderarnizeicben. M e y e r . A. 218.
Zentrales Fieber nach Gehini- und RĂŒckenniarksoperatiouen. Auerbach.
S. 229.
Einwirkung der Malaria tertiana auf die progressive Paralyse. Gerst-
m a n n , J. 242.
Kolloidreaktionen des Liquor cerebrospinalis. Kafka, V. 259.
âHistologie und Physiologie der menschlichen ZirbeldrĂŒse. Walter. F. K.
314.
Vergleichende Untersuchungen ĂŒber Phagozytose in Serum. Kochsalzlösung
und Liquor. Plaut, F. 331.
Beitrag zur, Frage der kindlichen SexualitÀt. K 1 À s i . J. 362.
Bemerkungen ĂŒber die Psychologie des paralytischen GröĂen-
wahns. Die Pathogenese der GröĂenideen ist noch durchaus un-
klar. An den Krankheitsgeschichten dreier FĂ€lle wird gezeigt,
daĂ unangenehme Erlebnisse, seien sie realer oder wahnhafter.
Natur, GröĂenideen und manische Erregung wecken können: der
Kranke löst sich dergestalt aus der ihn bedrĂŒckenden Situation.
Ueber die Bedeutung der Erbkonstitution fĂŒr die Entstehung,
den Aufbau und die Systematik der Erscheinungsformen des Irre-
seins. FĂŒr den menschlichen Organismus ist im wesentlichen
bestimmend seine Erbanlage, die Erbkonstitution. Neben den
erbkonslitutionellen enthÀlt der Organismus Eigenschaften, die
ihm zuwachsen, ohne in der Anlage gegeben zu sein. Das sind
erworbene Eigenschaften, die als konstellative bezeichnet wer-
den. SchlieĂlich kommen noch die EinflĂŒsse des Milieus, die
Milieufaktoren, in Betracht. Der Verfasser unternimmt den Ver-
such, einige Erscheinungen des Irreseins in der dreifachen Be-
ziehung zu Erbkonstitution. Konstellation und Milieu zu be-
40. Jahrg. â Nr. 8
A u s d e n n « ii v s i e ii Zeil s <⹠Ii r i f 1 e n
nachten, wobei der Hauptwerl auf erstere gelegl wird Gerade
diese Forschungsweise wird nach des Verfassers Ansicht zu
grundlegenden Ergebnissen fĂŒhren. Die Hin/.ellieiten mĂŒssen im
Original nachgelesen w erden.
Studium zum psychiatrischen Konstitutionsproblem. Unter
psychischer Konstitution verstellt man die Zusammenfassung von
Intelligenz, Charakter und Temperament. Allerdings ist diese
Definition etwas weit, insofern sie eine Reihe von konstellatrv
bedingten Faktoren (Milieufaktoren) einbezieht. Man hat bei der
Konstitution auf zweierlei Dinge zu achten, auf ihre Art (Quali-
tÀt) und ihre Valenz (StÀrke, QuantitÀt). Die letztere kann nie-
mals in exakten GröĂen dargestellt werden, sie lĂ€Ăt sieh aber
abschĂ€tzen. Ihre Bedeutung fĂŒr die Konstitutions- und Erblich-
keitsforschung ist sehr groĂ. Zum Beispiel haben pathologische
Konstitutionen mit hoher Valenz groĂe Durchschlagskralt hin-
sichtlich der Uebertragung auf die Nachkommenschaft. Hinsicht-
lich der Konstitutionsart kommt vorerst die zyklothyme und die
schizothyme Konstitution in Betracht. Sehr wichtig sind die
Konstitutionslegierungen, d. h. die Verbindung mehrerer Kon-
stitutionsarten. HierfĂŒr werden interessante Beispiele aufge-
fĂŒhrt. Neben den schizothymen und zyklothymen Konstitutions-
gruppen gibt es vermutlich noch eine Reihe von kleineren Grup-
pen, zu denen auch die epileptische Konstitution zu rechnen ist.
Das Konstitutionsproblem ist von gröĂter Bedeutung fĂŒr die
erbbiologisch-klinische Forschung in der Psychiatrie, und die
heutigen Errungenschaften lassen schon die Wege, denen nach-
gegangen werden muĂ, klar erkennen.
Zur Histologie und Physiologie der menschlichen Zirbel-
drĂŒse. Verfasser hĂ€lt an dem Ergebnis seiner frĂŒheren Unter-
suchungen fest, wonach in der ZirbeldrĂŒse Zellen mit Fort-
sÀtzen und Endkolben vorkommen, die die sogenannten Rand-
geflechte bilden. â Morphologisch kann man bei den Pineal-
zellen erstens einen rundlichen Typ und weiterhin, wenn auch
weniger zahlreich, Zellformen mit sehr polymorphen Zelleibern,
die ihren Konturen nach direkt an Nervenzellen erinnern, unter-
scheiden. Die letzteren liegen meist im Innern der Parenchym-
lÀppchen und geben nach allen Seiten plasmatische FortsÀtze
mit Endkolben ab. Auf Grund mehrerer Beobachtungen wird
die Anschauung geĂ€uĂert, daĂ der ZirbeldrĂŒse physiologisch eine
regulatorische Funktion bezĂŒglich des Hirndrucks zukommt.
A. MĂŒnzer.
Monatsschrift fĂŒr Psychiatrie und Neurologie, Berlin.
November 1921, 50, Heft 5.
âErgebnisse der Balkenstichoperation. P o Ii 1 i s c b , K. 251.
SchuĂverletzungen peripherer Nerven. 0. Plexus braehi.vlis. K r ;i in e r ,
F. 279.
Beitrag zur Kenntnis der LĂ€sionen der subthalamischen Region. B r e -
s o w s k y , M. 302.
Ergebnisse der Balkenstichoperationen. Auf Grund von 10
eigenen FĂ€llen und einer kritischen Zusammenfassung der bisher
bekannt gewordenen 550 LiteraturfÀlle von Balkenslich kommt
Verfasser zu folgenden Resultaten: Der Balkenstich ist ein
kleiner, aber doch nicht immer harmloser Eingriff, bei dessen
AusfĂŒhrung man mit unvorhergesehenen ZwischenfĂ€llen und
ĂŒblen Folgeerscheinungen rechnen muĂ; er hat in seiner Aus-
fĂŒhrung Vorteile vor der Trepanation, nicht aber vor der Hirn-
punktion. Diagnostisch kann der Balkenstich bei Hirndruck-
erscheinungen als Hilfsmittel verwendet werden, steht jedoch
auch in dieser Hinsicht der Hirnpunktion nach, weil diese fĂŒr
die Feststellung der Oertlichkeit und Beschaffenheit eines Tumors
mehr leistet. Therapeutisch hat sich der Balkenstich beim Hy-
drozephalus als PalliativmaĂnahme in einer- Anzahl von FĂ€llen
bewÀhrt, aber nur selten Dauererfolge gezeitigt; nach den vor-
liegenden Erfahrungen lassen sich durch, einmalige oder wieder-
holte Ventrikelpunktion die gleichen Ergebnisse erzielen. Auch
bei Tumoren ist dem Balkenstich die Ventrikelpunktion wegen
ihrer guten druckentlastenden und ihrer nicht selten zum Ziele
fĂŒhrenden diagnostischen "Wirkung als Voroperation vorzuziehen;
entlastet bei nicht exstirpierbaren Tumoren die Ventrikelpunk-
tion, auch wenn sie wiederholt wird, nicht genĂŒgend, so ist die
Dekompressions-Trepanation auszufĂŒhren. Bei Epilepsie wur-
den keine Erfolge mit dem Balkenstich beobachtet.
W. Misch (Berlin).
Zentralblatt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
28. Januar 1922, 46, Nr. 4.
"âșlieber intrakranielle Blutungen Neugeborener. Henkel, M. L29<
Schwangerschaft nach schwerer beiderseitiger AdnexeutzĂŒndung. Arnold.
I. 189.
âąM\liui.si lic Beobachtungen iibi'i Traubenzucker :iN welicnfordci mir.. Mittel
MĂŒller, M. 140.
Krwidcrting auf den Artikel von K. Sachs: Zur Entwicklung de« nachfol-
genden Kopfes bei totem Kinde. (Zentralblatf 1921. Nr. 48.) 8 lg Wart,
W. 144.
/um IV, Handgriff. Bau mm, H. 145.
niutige VerfÀrbung des Nabel« als diagnostische« Zeichen von Extrauterin-
graviditÀt. Hell e n d all , II. 147.
Ueber intrakranielle Blutungen Neugeborener. Intrakranielle
Blutungen sind nicht zu selten die Todesursache Neugeborener.
Traumatische Entstehung derselben, z. B. nach schwierigen
Zangenextraktionen, oder wenn die Entwicklung des nachfolgen-
den Kopfes, besonders bei engem Becken, gröĂere Kraftanwen-
dung notwendig macht, ist seit langem bekannt. Aber auch bei
ganz normalen Geburten, wo von einem Trauma weder seitens
der Geburtsleitung noch durch den Geburtsvorgang selbst die
Rede sein kann, können ebenfalls und sogar ausgedehnte intra-
kranielle Blutungen auftreten. Henkel sucht die Ursache dieser
Blutungen durch eingehende WĂŒrdigung seines Materials festzu-
stellen. In den Jahren 1920/21 wurden 12 mal TodesfÀlle mit intra-
kraniellen Blutungen beobachtet, davon waren 3 keineswegs
schwere Zangengeburten. Schon bei diesen 3 FĂ€llen (Beckenaus-
gangszangen ohne jede Gewaltanwendung) erscheint es gezwun-
gen, die intrakraniellen Blutungen mit der Zangenoperation in
Verbindung zu bringen. Noch viel weniger aber kann von einem
Trauma bei den ĂŒbrigen FĂ€llen gesprochen werden, bei denen es
sich ĂŒberwiegend um normale Geburten handelte. In diesen
FĂ€llen bleibt fĂŒr die Entstehung der intrakraniellen Blutungen
nichts ĂŒbrig als die Asphyxie in Anspruch zu nehmen, die in allen
FĂ€llen mehr oder weniger unmittelbar vor dem Durchschneiden
des Kopfes beobachtet worden war. Durch die Asphyxie wird
eine venöse Stauung und damit die Enstehung der Blutung ver-
anlaĂt. Diese Anschauung wird noch dadurch unterstĂŒtzt, daĂ
bei den Sektionen auĂer den Blutungen im SchĂ€del hĂ€ufig auch,
wenn auch nur kleine Blutungen an anderen Stellen, z. B. am
Herzmuskel, Endocard usw. festgestellt werden konnten. âIst nun
die Asphyxie die Ursache der Blutung, so kann unter UmstÀnden
diese je nach Sitz und Menge den vielleicht reparablen Zustand der
Asphyxie zu einem irreparablen machen, d. h. den Tod des Kindes
zur Folge haben."
Klinische Beobachtungen ĂŒber Traubenzucker als wehen-
förderndes Mittel. Verf. spritzte bei sekundÀrer WehenschwÀche
Traubenzucker in 10 % iger, spĂ€ter in 40 â 50 % iger Lösung in
einer Dosis von 10 cem intravenös ein. Die Wehen setzten schon
nach wenigen Minuten ein und in den meisten FĂ€llen war nach
ganz kurzer Zeit die Geburt beendet. Es wurden jedesmal lebens-
frische Kinder geboren. Die Injektion wurde immer gut ver-
lragen, nur einmal trat 1 Stunde post inj. ein leichter SchĂŒttel-
frost mit Temperatursteigerung bis 38,5 Grad ein, jedoch war
auch in diesem* Falle 1 Stunde danach wieder Fieberfreiheit und
Wohlbefinden. Die Versuchsreihe ist zwar noch sehr klein, je-
doch hÀlt Verfasser auf Grund der rein klinischen Beobachtungen
den Traubenzucker in 40â50 prozentiger Konzentration in Menge
von je 10 cem intravenös, steril appliziert fĂŒr ein gutes wehen-
förderndes Mittel vornehmlich bei ErmĂŒdungswehenschwĂ€che.
(Zu beziehen in Ampullen durch die Chem. Fabrik Kalle u. Co.
in Biebrich a. Rh.). Speyer (Berlin).
Archiv fĂŒr GynĂ€kologie, Berlin.
November 1921, 115, Heft 2.
âŠlieber die Funktionen des weiblichen Genitale bei SĂ€ugetier und Mnsch.
Vergleichendes ĂŒber die zyklischen Prozesse der Brunst und Menstru-
ation. Zietzschmann. O. 201.
Ueber Radiumdosiemng. Zander, Rud. 253.
Zur Klinik und Therapie der Eklampsie. Zacherl, Hans. 264.
âUeber den plötzlichen natĂŒrlichen Tod in Schwangerschaft. Geburt und
Wochembe'tit. K a t z , Heinrich. 283.
Ueber die prognostische Bedeutung der KeimhÀmolyse bei Kreisenden und
Wöchnerinnen. Kirstein. F. 313.
â Ueber die passive Immunisierung der Neugeborenen mit Dipbtherievace.ii
âTA." Kirstein, F. 326.
Ueber einen eigenartigen Ovaraltumor aus der Gruppe der Follikulome.
Nebst auffallenden Mensrruationsstörungeu und einem bisheT noch nicht
beschriebenen anatomischen Befund in Form einer gĂ€nseeigroĂen, massi-
ven corpus luteumÀhnlichen Bildung. A s c h n e r . 350.
Beitrag zur ScheidenverĂ€tzung mit Chlorzink. F ĂŒ t b. 383.
âOsteogenesis imperfecta. Baum m. 385.
Plattenepithelknötchen in hyperplastischen DrĂŒsen der Korpusschlei mh ut
des Uterus und bei Karzinom. Meyer, R. 394.
Beitrag zur Lehre von den Akardiern: Ueber einen Holoakardius eumorphu.s.
Strakosch. W. und Anders, H. E. 408.
lieber die Funktionen des weiblichen Genitale bei SĂ€ugetier
und Mensch. Unter Heranziehung einer groĂen Literatur und an
der Hand zahlreicher eigener PrĂ€parate legt Verfasser dar, daĂ
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg Nr., 8
die zyklische l'aligkeil von Ovar und Uterus bei Saugetier und
Mensch im allgemeinen die gleiche ist, insofern bei beiden das
innere Sekret des Follikelepithels und des aus diesem hervor-
gehenden gelben Körpers zusammen die Umwandlung der Uterus-
mucosa bewirken, wobei das lebende Ei die Oberleitung hat.
Stirbt es unbefruchtet, so bildet sich das Corpus luteum zurĂŒck.
Verfasser konnte bei Tieren zu der beim Menschen so lange
strittig gewesenen Frage, ob der gelbe Körper sich bindegewebig
aus der Thcca interna oder epithelial aus den Granulosazellen
entwickelt, im Sinne der letzteren, jetzt fĂŒr den Menschen allge-
mein anerkannten Anschauung Stellung nehmen und die epithe-
liale Genese beim Rinde nachweisen. â W esentlich ist nun, dati
Brunst und Menstruation nichts miteinander zu tun haben. Die
Brunst tritt einige Tage vor der Reifung des Eies auf, sie gehört
zum ovarielien Zyklus und ist dessen auffallendstes Symptom.
Die Menstruation vollzieht sich bei den Tieren nicht stĂŒrmisch,
wie beim Menschen unter AusstoĂung einer von Blutungen durch-
setzten Mucosa, sondern es gibt Tiere mit einer, zwei, oder, wie
Pferd, Rind, Schaf, mehreren Sexualperioden im Jahre, stets
aber hat die Mucosa Zeit zu langsamem, nach auĂen unmerk-
lichem Abbau. So wird also bei Tieren der Höhepunkt ovarielien
Geschehens durch die Brunst nach auĂen projiziert, wĂ€hrend
beim Menschen der Höhepunkt ovarieĂŒen Geschehens nach auĂen
zurĂŒcktritt und die Brunst nahezu völlig entfĂ€llt, wĂ€hrend sich
fĂŒr die klinische Betrachtung der Höhepunkt uterinen Geschehens
in der Menstruationsblutung anzeigt.
Ueber den plötzliehen natĂŒrlichen Tod in Schwangerschaft,
(ieburt und Wochenbett. Unter der ziemlich groĂen Zahl von
FĂ€llen, die in den zwei letzten Dezennien im gerichtlich-medizini-
schen Institut in Wien zur Sektion kamen und in denen Frauen
plötzlich in oder nach der Geburt ohne Àrztliche Hilfe
starben, sind 14 infolge Erkrankung des Herzens oder der Aorta.
Der Tod trat infolge Stauung oder fettiger Entartung des gegen
die Schwangerschaftstoxine besonders wehrlosen, weil schon
vorher erkrankten Herzens ein. Rekurrierende Endokarditis
scheint besonders rasch die Waffen zu strecken. Auch Sklerose
der Aorta oder A. Renalis spielten eine Rolle. Patientinnen mit
ambulanter LungenentzĂŒndung, d. h. mit dauernder, ihnen nicht
zum BewuĂtsein kommender Infiltration der Lunge gingen beim
Pressen intra partum au Herztod zugrunde. Glomerulonephritis
bewirkte zweimal akutes Hirnödem. Kropftod erfolgte zweimal
durch Stenose der Trachea, wozu einmal noch Herzdilatatiön mit-
verursachend trat. 30 mal bewirkte Eklampsie plötzlichen Tod,
oft ohne prÀmonitorische Symptome vorausgeschickt zu haben,
sei es mittels atonischer Nachblutung, sei es mittels Apoplexie,
durch die Blutdrucksteigerung hervorgerufen. Verblutungstod
fand sich, abgesehen von einigen FĂ€Uen ganz oder nicht ganz
manuell gelöster Plazenta mehrmals infolge Spontanruptur des
Uterus, die auf Beckenanomalie zurĂŒckzufĂŒhren war, ferner
durch Zervixrisse infolge zu raschen Durchtretens des Kindes.
Das venöse System verursachte einmal durch geplatzten Varix-
knoten, 13 mal durch Herzembolie aus der unteren ExtremitÀt
oder dem Plexus uterovaginalis den Tod. Die Arbeit enthÀlt
wertvolles Material in forensischer Beziehung, denn es kann
Verzten die Schuld an TodesfÀllen zugemessen werden, wo in
Wirklichkeit eine der oben genannten Todesursachen zugrunde
L'-g
Ueber die passive Immunisierung der Neugeborenen mit
Diphtherievakzine âTA". K. machte zahlreiche Schutzimpfungen
bei Neugeborenen, indem er entweder neues Behring' sches Diph-
Iherievakzin TA VI bei den Neugeborenen direkt oder den etwas
schwĂ€cheren Stoff TA VII bei den MĂŒttern anwandte. Eine Er-
höhung der Antitoxineinheiten konnte im Blute fast stets fest-
gestellt werden, und zwar noch mehr, wenn die Impfung auf dem
Weg ĂŒber Mutter und Plazenta erfolgt war. Praktisch aber ver-
sagt diese Prophylaxe, denn es zeigte sich, daĂ HĂ€ufigkeit der
Erkrankung und MortalitÀt bei immunisierten und nicht immuni-
sierten Kindern gleich waren. Verfasser erklÀrt dies unter
Heranziehung der Sahlischen Anschauungen von den sogenann-
ten nichtspezifischen Antikörpern dahin, daà der Körper den
Kampt gegen aie Infektion nicht nur im Blut, sondern insbe-
sondere mittels lokaler EntzĂŒndung, Phago- und Leukozytose,
sowie durch die sogenannten Antikörper ausficht. Ergebnis: Die
Neugeborenendiphtherie ist trotz ausgedehnten BazillentrÀger-
tums als klinische Krankheit selten, ihr Verlauf meist harmlos
und die passive Immunisierung zwecklos, allerdings nur fĂŒr die
allererste Lebensperiode. Soweit bei Neugeborenen gĂŒnstige Er-
folge mit Serum erreicht sind, dĂŒrften sie eher denjenigen Wir-
kungen, weiche C z e r n y dem Pferdeserum hinsichtlich all-
gemeiner KrÀftigung zuschreibt, oder die im Sinne Weich-
hardl s auf Protoplasmaaktivierung beruhen, /.uzuschreiben
sein.
Osteogenesis imperfecta. Bei einer etwa 9 Monate allen
FrĂŒhgeburt traf die seltene Diagnose Osteogenesis imperfecta zu
Der SchĂ€del war weich, Arme und Beine gekrĂŒmmt, mit mein
fachen Frakturen. Es konnte keine Osteomalacie sein, da diese
nur bei Erwachsenen vorkommt, keine Rachitis, da bei dieser
die Knochen weich und biegsam und die Epiphysenknorpel ver
dickt sind, wĂ€hrend hier HĂ€rte und BrĂŒchigkeit der Knochen im-
poniert, auch keine Chondrodystrophia foetalis. da bei diese:
Störung des Knorpelwachstums vorliegt und keine Frakturen
auftreten. Es handelte sich also um kongenitale Osteogenesis
imperfecta, die meist unter dem falschen Namen fötaler Rachitis
lĂ€uft. Die langen Röhrenknochen sind schlank, brĂŒchig, hart
Es gibt schmerzlose Spontanfrakturen, die im vorliegenden Falb
rasch wieder heilten. Pathologisch-anatomisch ist die periostale
Knochenbildung gestört, nach v. Recklinghause n besteht
Markhyperplasie. Die Aetiologie ist unklar, so daĂ auch keim
zielbewuĂte Therapie bekannt ist. Verfasser behandelte mit
gutem Erfolge mit Phosphorlebertran. Das Kind ist zurzeit 15
Monate alt und gedeiht verhĂ€ltnismĂ€Ăig gut.
Kuhn (MĂŒnchen
Dermatoiogische Wochenschrift, Leipzig.
7. Januar 1922, Nr. 1.
Eiu Beitrag zur Kenntnis der Ichthyosis hystrix. B I <â i <â \ d ^ r I . Wilhelm.
Liehen planus und lichenoide Arsendermatitis. Keller, l'hilipp.
âErfahrungen mit Mirion. GĂ€rtner H,
âLeber Spontanheilung von Vulvovaginitis gonorrhoica infantum D r f 8 c t ,
Irmgard.
Erfahrungen mit Mirion. WÀhrend Fröhlich und Kyrie
in dem von B e n k ö erfundenen Mirion ein Spezifikum gegen
Lues sehen wollen, das dem Salvarsan mindestens gleichkommt,
lehnt es G. auf Grund eigener Beobachtungen als Therapeutikum
vollkommen ab, da es sowohl dem Hg. wie auch dem Salvarsan
an Wirksamkeit weit unterlegen ist, dagegen hat es als Prpvo-
kationsmittel erheblichen Wert
Ueber Spontanheilung von Vulvovaginitis gonorrhoica in-
fantum. D. konnte bei einem SĂ€ugling das Verschwinden der
Gonokokken aus dem Sekrete beobachten, ohne daĂ irgend eine
Behandlung stattgefunden hatte. Trotz Provokationen mit Lugol.
Gonargin usw. waren monatelang die tÀglichen Konlrollab
striche aus dem geringen Sekret der Urethra, Vagina, wie auch
des Rektum stets Go. negativ. Aus dieser vereinzelten Beobach
tung folgert D. â wohl etwas weitgehend â , man soll die ganze
Behandlung der gonorrhoisch infizierten Kinder faUen lassen,
diese nur isolieren und sie gesondert von anderen Kindern auf
ziehen. Bab (Berlin
14. Januar 1922, Nr. 2.
â Beitrag zur Kenntnis des Leukoderma syphilitikuni iSubatute und univer-
selle Leukoderme). Freymann, W.
Ein Beitrag zur Kenntnis der Ichthyosis bystrix. "SchluĂ). Blote-
v o g e 1 . Wilhelm.
Beitrag zur Kenntnis des Leukoderma syphiliticum. Das
Leukoderm ist nicht als selbstÀndige Erkrankung der Haut oder
des Pigmentapparates anzusehen, sondern als Folge der Erkran
kung eines nervösen, den Pigmentapparat regulierenden Zentral
organs. Das Leukoderm entsteht besonders an den Stellen, an
denen die Roseola selten beobachtet wird; es trotzt im allge-
meinen der Therapie, ist aber in ganz frischen FĂ€llen vieUeicht
doch durch diese zu beeinflussen, wenigstens konnte Fr. viermal
beobachten, daĂ es unter kombinierter Kur in 8 Wochen zurĂŒck
ging, wĂ€hrend es gewöhnlich VAâ 2 Jahre zu bestehen pflegt
Wie andere Autoren auch, kann F. eine erhebliche Zunahme der
universellen Leukoderme feststellen. Bab Berlin
21. Januar 1922. Nr. 3.
lieber die Verwendung der Partialantigene nach Deyke-Muiii in prognosti-
scher Hinsicht bei Hauttuberkulose. Bergmann. Ernst.
âUntersuchungen ĂŒber die Aetiologie der Krankheiten der Herpesgrui i"
(Herpes zoster; H. genitalis; H. febrilis.) LipschĂŒtz. B.
l'eber die Therapie der Folliculitis barbae. Th im , Joseph R.
Untersuchungen ĂŒber die Aetiologie der Krankhetien der
Herpe9gruppe. Kurzer Eigenbericht seines Vortrages auf dem
Hamburger Dermatologen-KongreĂ. Die Herpeserkrankungen
sind Infektionskrankheiten, die durch âKerneinschlĂŒsse' Chlamy-
dozoen hervorgerufen werden; die Chlamydozoen sind fĂŒr jede
Herpesgruppe spezifisch. Bab (Berlin).
io. Jahrg.
\i 8
Aus de ii neuesten Zeitschriften
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel
12. Januar 192% Nr. 2.
âąJ»l>ic totale Indikation Mir operativen Beendigung der Uelmrl i; u « n i -
b e r g , H. J;>.
her Osoillotunogru.pl] zur graphischen Registrierung dei oscillatoriseheu Puls-
dnickschwonkungcn. J a q u e t , .V. 29.
Die Pathologie der Atmung. S t a e Ii e 1 i n . Ii. 30.
Kritische Bemerkungen zur FunktiousprĂŒfung des Magens. F i i c, U r r , K. :w
Zur Kasuistik der Zwillingslagen. 9 c- Ii n y il e c . R. in.
Die fpetale Indikation zur operativen Beendigung der («eburt.
Im Laufe der Geburl können Störungen auftreten von seiten der
Mutter oder von seiten des Kindes. Sind dieselben gefahr-
drohend und ist ihre Beseitigung nur durch Beendigung der Ge-
burt zu erwarten, so ist die Indikation zur AusfĂŒhrung der
pperation gegeben Wir mĂŒssen mĂŒtterliche und kindliche In-
dikation auseinander halten. Hecht umstritten ist die kindliche
Indikation zum Eingreifen. Es gehört zu den wichtigsten Auf-
gaben des Geburtshelfers, den Gesundheitszustand des Kindes
heim (.eburtsvorgang zu beobachten. Das kann einzig und allein
durch die Auskultation geschehen. Alle GeburtsschÀdigungen der
Frucht, mögen sie in mĂŒtterlichen Störungen liegen oder seien
sie bedingt durch die Frucht selbst, kommen dem Arzt nur durch
genaue Beobachtung der foetalen Herztöne zur Kenntnis. Finden
wir bei einer Geburt bei regelmĂ€Ăiger Auskultation eine Zahl
von Herztönen von 120â140 in der Wehenpause bis zum SchluĂ
der Geburt, so ist gewöhnlich eine Gefahr fĂŒr das kindliche Le-
ben nicht vorhanden. Die ganz seltenen FĂ€lle, in denen das Kind
asphyktisch oder tot zur Welt kommt, beruhen, abgesehen von
Fehlern der Beobachtung, auf SchÀdigungen durch einen opera-
tiven Eingriff oder das Kind ist erkrankt. Eine Möglichkeit,
solche FĂ€lle zu erkennen oder zu retten, liegt nicht vor. Die
Beschleunigung, mag sie noch so hoch sein, zeigt uns ein leichtes
Unbehagen der Frucht an, hat aber keine praktische Bedeutung
und ist gefahrlos. Tritt wÀhrend des Geburtsvorganges in der
Wehenpause eine Verlangsamung der Herztöne ein, die nach ein
nen Wehen anhÀlt, so hat der Arzt alle Vorbereitungen zu
treffen, damit er, wenn nötig, sofort zur Entbindung schreiten
kann. Diese ist auszufĂŒhren, sobald in der Wehenpause mehrere
Male die Herztöne unter 100 sinken. Zum Schluà sei noch das
NabelschnurgerÀusch erwÀhnt, das als alleiniges Symptom nie-
mals Ursache eines operativen Eingriffs werden soll. Auch der
Meconiumabgang allein soll den Arzt nicht veranlassen, sein
konservatives Verhalten aufzugeben. Die foetale Indikation zur
operativen Entbindung lĂ€Ăt sich durch diese Regeln auf eine
exakle und scharfe Grundlage stellen. Held (Berlin).
19. Januar 1921, Nr. 3.
â Hieben systematische Kropftherapie und -Prophylaxe. H u n z i k e r , H. und
W y s s , M. v. 19.
*lTeber die Beziehungen der Tiertuberkulose zur Tuberkulose des Menschen.
Pfenninge r, W. 54.
Die biologische Bedeutung der Vitamine fĂŒr die Kinderheilkunde. Glanz-
mann. E. 57.
â Klinischer Beitrag zur Schwangerschaftshyperrrophic der Hypipbyse
Jung, P. 61.
lieber die Wirkung der Treupelschen Tabletten bei mit Schmerzen verbun-
denen Krankheitserscheinungen. Eoeraisch, W. 62.
Ueber systematische Kropf-Therapie und Prophylaxe. Um
fĂŒr eine zweckmĂ€Ăige Kropfprophylaxe Unterlagen zu gewinnen,
haben die Verfasser an einer groĂen Zahl von Schulkindern
systematische Untersuchungen angestellt, deren Resultate sie in
Folgendem wiedergeben. Aus einer GegenĂŒberstellung Behan-
delter und Unbehandelter geht hervor, daĂ die Einnahme kleiner
âąJodsalzmengen (0,001 K J pro dosi) auf die Entwicklung asym-
metrischer SchilddrĂŒsen und auf die Knotenbildung hemmend ge
wirkt hat und daĂ sie da, wo solche schon aufgetreten war, zur
KĂŒckbildung erheblich beitrug. Bei einer Prophylaxis der Struma
ist regelmĂ€Ăigen, genau ĂŒberwachten Dosen unbedingt der Vor-
zug vor unkontrollierten gelegentlichen Dosen zu geben. Dabei
ist die Verwendung organischer Verbindungen, die in wechseln-
der Menge und mehr oder weniger langsam zur Resorption kom
men, wegen dieser Ungenauigkeit des AbwÀgens nicht indiziert.
Nur systematisches Vorgehen garantiert die Vermeidung von un-
erwĂŒnschten Erscheinungen.
Ueber die Beziehungen der Tiertuberkulose zur Tuberkulose
'les Menschen. Heut nimmt die Mehrzahl der Forscher auf Grund
ausgedehnter Untersuchungen an, daĂ es nur eine Art SĂ€uge-
: tiertuberkelbazillen gebe und daĂ durch Anpassung dieser einen
, Art an die beiden empfÀnglichsten Vertreter der SÀugetierreihe,
an den Organismus des Menschen und den des Rindes, die zwei
[ als Typen bezeichneten VarietÀten des SÀugerbazillus entstanden
seien. Der Tierversuch isi das zuverlÀssigste Mittel im ihre
Unterscheidung
FĂŒr die Infektion mit dem Kiiulcrbayjllus kommen beim
Menschen theoretisch 'â > Wege in Betracht: der erste, der Atmuugs
weg, hat praktisch gar keine Bedeutung. Die Infektionsgefahl
durch die Haut beschrÀnkt sich auf die Beritfsgruppe dei
SchlÀchter und Abdecker. Die wichtigste Infektionspforle Im den
typ. bovinus beim Menschen ist der Verdauungskanal. Die ge
ringe Virulenz des Fleisches tuberkulöser Tiere ist durch neuere
Untersuchungen bestÀtigt worden; ebenso scheint die Infektiosi
lÀt des Blutes tuberkulöser Schlachtliere eine Seltenheit zu sein
Anders verhÀlt es sich mit der Milch Die Gelegenheit, sieb
durch die Milch mit Rindertuberkelbazillen zu infizieren, ist groll,
indem die Euterluberkulose unter den KĂŒhen ziemlich verbreitet
ist. Die Tuberkelbazillen in der Milch scheinen den FellkĂŒgel
chen anzuhaften; in Milchprodukten können sie ziemlich lange
lebend und. virulent bleiben. GlĂŒcklicherweise zeigt sich dei
Organismus der Infektion gegenĂŒber sehr resistent, wenn als
Infektionspforte der Darmkanal in Betracht kommt. WĂ€hrend
bereits wenige Tuberkelbazillen genĂŒgen, um eine Kinalmungs
tuberkulöse hervorzurufen, sind zur Erzeugung einer FĂŒtterungs
tuberkulöse etwa 140 Millionen nötig, eine Bedingung, die fĂŒr die
Marktmilch, die ein Gemisch von Sekret vieler Tiere ist, nur
sehr selten zutreffen dĂŒrfte. Stellen wir der relativ geringen
Gesamtfrequenz des bovinen Ursprungs der Menschentuberkulose
die reichliche Infektionsgelegenheit durch infizierte Milch und
deren Produkte gegenĂŒber, so ergibt sich, daĂ die Gefahr der
bovinen Infektion fĂŒr den Menschen allgemein genommen eine
geringe Bedeutung hat, daĂ sie aber fĂŒr die Tuberkulose des
Kindesalters ein durchaus nicht zu unterschÀtzender Faktor ist
Was nun die BekÀmpfung anbetrifft, so ist man trotz der
intensiven Forscherarbeit der 4 Dezennien, die seit der Ent-
deckung des Tuberkelbazillus verstrichen sind, zu einem Ziele
noch nicht gekommen. Weder die Serum-, noch die Vakzine-,
noch die Chemotherapie haben auf dem Gebiet der Tuberkulose
bis heute praktisch greifbare Resultate gezeitigt. Die aussichts
reichste Methode, den Kampf gegen die Rindertuberkulose wirk
sam zu gestalten, scheint heute eine möglichst frĂŒhzeitige Schutz-
impfung der Jungtiere mit Tuberkelbazillen. Dieselbe ist ex-
perimentell begrĂŒndet und theoretisch der einzige Weg, um eine
der natĂŒrlichen ImmunitĂ€t Ă€hnliche Resistenz der Infektion
gegenĂŒber zu erzielen.
Ganz allgemein gesprochen kann die Tuberkulosel'orschun.u
eine wirkliche Förderung nur erfahren, wenn wir noch mehr als
bisher die Rindertuberkulose heranziehen, weil bei ihr Àhnliche
VerhÀltnisse vorliegen wie bei der Menschentuberkulose.
Klinischer Beitrag zur Schwangerschaftshypertrophie der
Hypophyse. Mitteilung eines Falles einer 45 jÀhrigen X.-Para,
die die voraufgegangenen Schwangerschaften glatt ĂŒberstanden
hat und seit dem Einsetzen der letzten ĂŒber schwindende Seh
kraft klagt. Die Annahme, daĂ es sich um eine Schwanger
schaftshypertrophie der Hypophyse handelt, wird durch das
Böntgenbild und durch die Restitution des Sehvermögens nach
erfolgter Schwangerschaftsunterbrechung bestÀtigt. Versuche
mit Verabreichung von Ovarialsubstanz verboten sich durch den
rapiden Fortschritt der Sehstörung. Zur KlÀrung des Falles
glaubt Verfasser eine primÀre Erkrankung der Hypophyse an-
nehmen zu mĂŒssen, vielleicht im Sinne eines Adenoms, das durch
die Schwangerschaft eine besondere Wachstumsförderung erfÀhrt
und nach deren Aufhören so weit sich zurĂŒckbildet, daĂ ein
nennenswerter Druck auf das Chiasma wegfÀllt und damit die
Sehstörung sich z. T. ausgleicht. Held (Berlin
Hospitalstidende.
14. Dezember 1921, Nr. 50.
t)s VesaĂŒnum torsi und Fraktur von tuberositas ossis rae^artasi (SchluĂ)
B a a s t r u p , Chr.
21. Dezember 1921, Nr. 51.
'.t FĂ€lle von Pulsionsdivertikel (Zenker). Sc Ii in i d t . Viggo
28. Dezember 1921, Nr. 52.
!) FĂ€lle von Pulsionsdivertikel (Zenker) (SchluĂ). Schmidt. Vlggo.
âŠEin Fall von Ruptura vesicae felleae mit mĂ€chtiger intraperitonealer Bin
hing. G y 1 1 e u p , Ole.
Ein Fall von Ruptura vesic. felleae mit mÀchtiger intra-
ncritonealcr Blutung. Bei einer 72 jÀhrigen Frau, die unter der
Diagnose Ileus aufgenommen war, wurden bei Operation eine
kinderfaustgroĂe Perforation in einer groĂen schlaffen Gallen
184
Ans den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 8
blase und eine zerrissene Arteria eystiea, welche groĂe Blutung
im Peritoneum bewirkt hatte, konstatiert. Heilung )'ola;l nach
Cholezystektomie.
Ugeskrift for Laeger.
15. Dezember 1921, Nr. 50.
Die Behandlung der chronischen Polyarthritis im Heim. F a i> e r . Arne.
22. Dezember 1921, Nr. 51.
âŠlieber den Ausfall der StrauĂ'sehen Wa-s «erprobe bei orthostatischer Albumi-
nurie. Gram. H. C.
âą5»(Yber Bronchialasthma in Reflation zur chronischen Obstipation. Kra m er
Petersen.
Ueber den Ausfall der StrauĂ'schen Wasserprobe bei orthost.
Albuminurie. Bei Patienten mit genuiner ort. Albuminurie fand
der Verfasser mit der Wasserprobe im Gegensatz zu Patienten
mit Nephritis von orth. Typus bedeutend gröĂere Wasseraus-
scheidung, wenn diese im Bett lagen, als wenn sie auĂer dem
Bett waren.
Ueber Bronchialasthma in Relation zur chronischen Obsti-
pation. Bei zwei Patienten, die jahrelang an Asthma und chroni-
scher Obstipation gelitten hatten, verschwand die Atem-
beschwerde gleichzeitig, sobald die Darmfunktion normal wurde
29. Dezember 1921, Nr. 52.
âŠUeber Veronal bei Hyperemesis gravidarum. .1 .1 c o l> a e ti-s , H.
Die DiÀtverordnung an der Kuranstalt Monrtebello. F a i> e t . Erik.
Ueber Veronal bei Hyperemesis gravid. Verfasser hat gute
Erfolge von Veronal 0,40â0,60 bei Hyperem. gravid, konstatiert.
P o v 1 Hertz (Kopenhagen .
El siglo medico, Madrid.
69, Nr. 3552.
Die Weiterverbreitung der Keime. 1.
Behandlung der Lungentuberkulose durch natĂŒrliche Mittel. R a m o n
V i 1 1 e g a s. 3.
Die Niere und die Glukosurien. C À ball e r o y F e i n À n d e t . 3. S.
Verbesserung des Gesundheitszustandes in Spanien. A n l u h ;i n o . T.. M. u.
69, Nr. 3553.
âŠBehandlung frischer Malariafalle. B u e n . s. 2i>.
Behandlung der Lungentuberkulose mit natĂŒrlichen Mitteln Villen a s .
R. 31.
Bericht ĂŒber die 9. Versammlung der italienischen Gesellschaft fĂŒr Fortschritt
der Wissenschaften zu Triest. 8.â Sept. 1921. 34.
Die Niere und die Glukosurien. C a b a l 1 e r o y F e r n a n d e % , .1. 30.
Verbesserung des Gesundheitszustandes in Spanien. A n t u n ;i n o . L. .\t. 38.
Behandlung frischer MalariafÀlle. Im allgemeinen herrscht
in Spanien â nicht nur unter der Bevölkerung, sondern auch
unter den Aerzten â eine gewisse Laxheit in der Behandlung der
.Malariakranken, so daĂ die FĂ€lle wohl anbehandelt werden, die
Behandlung jedoch nicht streng durchgefĂŒhrt wird. Verfasser,
der einer Kommission, die zur BekÀmpfung der Malaria ge-
bildet wurde, angehört, hat nun nach seinen langjÀhrigen Erfah-
rungen ein Behandlungsschema aufgestellt, das er ein fĂŒr alle
mal bei den Malariakranken zur Anwendung gebracht wissen
will: bei Erwachsenen 2 Wochen lang pro die 1,0 g Chinin, darauf
2 Wochen lang pro die 0,5 g Chinin; bei Kindern entsprechend
weniger (Kinder unter einem Jahre 0,3 g, bei Àlteren Kindern
dann steigend); die Form der Verabreichung ist am geeignetsten
in Pillenform, und zwar zusammen mit Eisen und Arsen.
L u r j c.
The Lancet, London.
21. Januar 1922, 202, Nr. 5134.
'«âŠInfluenza; Behandlung durch direkte Reizung der Leukozytenbildung, fi r a -
h a m Willmore, J. und G a r d n e r , F. W. lifi.
âDie Sigm ireaktion fĂŒr Syphilis. Rook. A. F. 118.
GastritisanfÀlle und Epilepsie. V i n i n g . C. W. 122.
âŠUntersuchungen ĂŒber Cinchonaalkaloide. A C ton, H. W. 121.
Ein Fall von lateraler Sinusthrombose. T r o t t e r . L. B. (\ 128.
Influenza; Behandlung durch direkte Reizung der Leuko-
zytenbildung. Verff. spritzten bei Grippekranken Narr, nuclein. ein,
zur Reizung der Leukozytenbildung und Nalr. bicarb. zur Neu-
tralisation des Toxins (! ! !). In schweren FĂ€llen wurde auch
Glykose und Natr. bicarb. intravenös oder subkutan eingespritzt.
Weiter verschrieben Verff. Laxantien, Cardiotonica und eine DiÀt
aus Milch, Glukose, Zitronen bestehend. GlÀnzende Erfolge wer-
den mitgeteilt.
Die Sigmareaktion fĂŒr Syphilis. Diese Reaktion ist eine Aus
llockungsreaktion. Das Antigen besteht aus einem Gemisch von
azetonfreiem Alkohol-Herzextrakt und Cholestearin. Das in-
aktivierte Serum wird in steigenden Dosen zugesetzt. FĂŒr Blut-
untersuchungen ist die Beaktion ebenso gut wie die Wa.R.; fĂŒr
die LumbaiflĂŒssigkeit scheint sie weniger zuverlĂ€ssig zu sein.
Untersuchungen ĂŒber Cinchonaalkaloide. Die rechtsdrehen-
den Alkaloide dieser Gruppe wirken im allgemeinen intensiver
auf die GebÀrmutter, den Blutdruck, den Darm usw. als die links-
drehenden. Die Hydroalkaloide sind konstanter und wirksamer
als die natĂŒrlichen Alkaloide.
Die komplizierten Alkaloide der Gruppe sind viel toxischer
fĂŒr SĂ€ugetiere, Protozoen und Bakterien wie die einfachen.
K o o p m a n (Haag
28. Januar 1922, 202, Nr. 5135.
Ein Fall akuter anaerobischer Infektion von Fibromen dei GebÀrmutter]
Gabriel. W. B. und King s b u r y , A. N. 1 72.
Chronische KieferentzĂŒndung. (Uly er. S. 175.
Zwei FĂ€lle von Fieber. 8 o 1 1 y , R. V. 177.
John Hunter und Portugal. B I a n d Su l i o n . J. ihi.
Konpman (Hang i.
The British medical Journal, London.
31. Dezember 1921, Nr. 3183.
Die Behandlung des Krebses der Cervix uteri Fiel c h e r S h a «⹠. Vi. UM.'
Radikale abdominale Behandlung des Carcinoma cervix uteri. Bonney,
V. 1103.
Carcinoma maminae und seine Operation. Coombs, R. 1100.
Diiselcktrolonytiscbe Behandlung der Gonorrhoe. RuĂ. C. 110*.
Behandlung des Pes equino varus. I' a y n t e r N o a I 1 . W. I I0D.
âŠPigmentation des Wurmfortsatzes. Co well, F.. M. 11U.
Thrombose, der Venaoara inf. Russell, Kort, R. 112.
VerÀnderungen in den roten Blutkörperchen. Ciaik, R. nw.
Anemysma des Arcus palmaics superficialis. K i f n a n . E. 1113.
Varikozele beim Weibe. R o w s e . F.. L. 1114.
Pigmentation des Wurmfortsatzes. Man hat diese Pigmen-
tation bis jetzt als eine groĂe Seltenheit betrachtet. Wenn man
aber genau darauf achtet, so stellt es sich heraus, daĂ man inj
vielen FĂ€llen von chronischer Obstipation die Pigmentation
findet. Die Pigmentzellen enthalten Metanin und eine FettsÀure,
deren Struktur dem Adrenalin nahesteht. In diesen FĂ€llen findet
man fast immer Entartung im Auerbaclvschen Plexus. Vielleicht
sind diese Degeneration, die Pigmentation und die Obstipation
einer Avitaminose zuzuschreiben, und Verfasser will dann auch
in FĂ€llen chronischer Obstipation oder Appendizitis Vitamin BJ
versuchen. K o o p m a n Haag
14. Januar 1922, Nr. 3185.
Spezifische Empfindlichkeit und Anaphylaxie. D a 1 e . H. EL 45.
Diagnose und Behandlung der intrathecalen GeschwĂŒlste des RĂŒckenmarkes.»'
T h o r b u r n . W. 49.
Der Wert von l'ebung nach Operationen. Rowlands. R. P. 52.
âDie Behandlung der Tuberkulose mit kolloidalem Kalzium. Brest. E. E. 53>j
Postoperative Blutung. F e r g u s . F. 54.
â Antimon hei Lepra. W i 1 d i c h , G. H. 55.
Antenatale Behandlung der kongenitalen Syphilis mit Salvarsan und Queck-
silber. Adams. J. 56.
Die Behandlung der Tuberkulose mit kolloidalem Kalzium.
Verfasser hat schon frĂŒher bei der Tuberkulosebehandlung Calc.
lact. versucht, aber mit sehr wechselndem Erfolg. Er hat sich
jetzt mit GlutaminsÀure ein kolloidales KalziumprÀparat her-
stellen lassen, das 1 : 2000 Kalzium enthÀlt. Es wird subkutan in-
jiziert. Man gebe nie mehr als 1 cem tÀglich. Dann und wann
tritt Erbrechen auf. Sehr oft wird der Schlaf besser und ver-
schwindet der NachtschweiĂ. Es gibt FĂ€lle, in welchen nach
der Einspritzung Tuberkelbazillen im Sputum auftreten. Einige
schöne Resultate werden beschrieben.
Antimon bei Lepra. Verfasser empfiehlt die intramuskulÀre
Injektion einer kolloidalen Antimonlösung. Zuerst werden wÀh-
ren drei Tagen 2,5 â 3 resp. 6 cem eingespritzt. Dann nach einer
dreiwöchentlichen Ruhepause wieder drei Injektionen von 4 â 5
und G cem. Ermunternde Erfolge auf den allgemeinen Zustand,
die neurologischen Symptome und die GeschwĂŒre. Es gibt aber
auch Versager. K o o p m a n Hans;
La Clinica Pediatrica, Modena.
1921, 3, Nr. 11.
âŠl'cber einige Lage- und Formamonalien le* kindlichen Intestinums. Si-
j m o u i n i , A. 377.
A ii s (I c n ii c iic s i v ii Zeitschrift e
Ik."
40. Jahrg. Nr. 8
Leber einige Lage- und Formauomalien des kindlichen Inte-
stinums. Bei loo Autopsien fand Verf. 69 Falle von Form-
Lageanomalien des Intestinums. Das Duodenum isi dabei weniger
berĂŒcksichtigt, da es mir seilen von der Nonn abwich. Auch beim
DĂŒnndarm waren die Enlwicklungsanomalien nicht gerade hĂ€ufig,
abgesehen von den FĂ€llen, in denen der DĂŒnndarm nur einen Teil
mangelhafter Entwicklung des gesamten Intestinums darstellt.
Viel hÀufiger linden sieh Abweichungen von der Norm heim Coc-
cum; wahrscheinlich hÀngt das mit den LageverÀnderungen zu-
sammen, die das Coecum normalerweise wahrend des Foetal-
lebens durchmacht. Das Vorkommen solcher Verschiebungen zu
kennen, ist w ichtig zur Vermeidung diagnostischer IrrtĂŒmer. Die
Verlagerungen des Colon sind hÀufig und bekannt. Die Verlage-
rung des Colon deseendens nach rechts wurde verschiedentlich
angetroffen: ist auch in der Literatur beschrieben. Ziemlieh
selten erscheint dagegen eine Stenose des Colon transversum. Li
wĂŒhnenswert isl die nicht seltene Ptose des Colon transversum
ein Sinken unter das Nabelniveau, von dem es in spitzem Winkel
aufsteigt, um die Flexura lienalis zu bilden. Das S romanum
schlieĂt sich den Verlagerungen des ĂŒbrigen Colon an; es ist der
an Lage- und Formanomalien reichste Darmabschnitt. In vielen
Fallen von angeborener Dilatation des Colon begegnet man ab-
normen Flexuren, Atresien, excessiver KĂŒrze des.<S romanum.
Zwerchfellhernien sind zumeist angeboren, aber es sind auch
FĂ€lle von erworbenem Ursprung bekannt. Die angeborene Form
fĂŒhrt gewöhnlich zu vorzeitigem tötlichem Ausgang; vereinzelt
sind diejenigen Falle, wo es gelang, das Leben fĂŒr Monate oder
Jahre, zu erhalten.
Verf. gibt zum Schluà die Sektionsberichte der oben erwÀhn-
ten 69 FÀlle, wobei er noch kurz auf die Funktionsstörungen des
Darms hinweist, so weit sie sich anamnestisch eruieren lieĂen.
K. Held (BerlinV
La Presse Medicale, Paris.
21. Dezember 1921, Nr. 102.
Die Sekundar-I nfektionen beim Typhus. R ĂŒ der. A. und Vi o n n ;i ra o u r .
S. 1009.
24. Dezember 1921, Nr. 103.
vHĂ€moklasisehe Krise und paroxysmale HĂ€moglobinurie. M o n t a g a a n j ,
M. 1017.
liesiehtsautoplastik. Möure, P. 1021.
Doppel-Separator zur osci'llometrisehen Bestimmung des Blutdruckes nach
Pachon und Kiva-Rocci. 1022.
HĂ€moklastische Krise und paroxystische HĂ€moglobinurie.
Verfasser verweist auf die Untersuchungen W i d a 1 s ĂŒber die
hĂ€moklastische Krise, die in den groĂen Rahmen der Kolloi-
doklasie gehört und durch die Behandlung mit Eigenserum thera-
peutisch gĂŒnstig zu beeinflussen sei. Montagnani hat nun einen
Fall von paroxysmaler HĂ€moglobinurie im selben Sinne behan-
delt und erhielt nicht nur keine Besserung, sondern sogar eine
Verschlimmerung der Empfindlichkeit. Wie in den meisten
FĂ€llen ist auch der Patient Montagnani's syphilitisch; eine spe-
zifische Kur bringt fast völlige Heilung. M. empfiehlt daher, die
luetische Aetiologie stets in Betracht zu ziehen, gibt indessen zu.
daĂ die Beobachtungen sich erst auf ein gröĂeres Material er-
strecken mĂŒĂten. Haber.
28. Dezember 1921, Nr. 101
Mystische lirkrunkunu; der Rartbolinisehen DrĂŒse. B c r a r d . \>. und
T> u u e t . C. 1029.
"^Febrile Syphilis: s> philitisehe Fieber und sypliilo-theraneutisehe Fieber
Chiray. M. und f mir)', A. 1031.
Febrile Syphilis, syphilitisches und syphilo-therapeutisehes
l ieber. Fieber bei Syphilis ist keine so seltene Erscheinung, wie
meist angenommen wird, und kann in allen drei Stadien auf-
treten, am hÀufigsten im sekundÀren. Zu diesen drei Formen,
die allgemein auf die Aktion der Treponema s selbst zurĂŒckge-
fĂŒhrt werden, gesellt sich die syphilo-therapeutische, bei der die
Pathogenese verschiedene Deutungen erfahren hat. WĂ€hrend
Bisher die Herxheimer'sche Reaktion als Wirkung der freiwei -
denden Endotoxine aufgefaĂt wurde, gelangen Verfasser dazu,
besonders bei Auftreten des Fiebers nach Reinjektio», die Theo-
rie der Intoxikation zu verwerfen und eine Herdreaktion anzu-
nehmen', da 1 nur Syphilitiker die Erscheinungen aufweisen, nicht
aber andere der Salvarsanbehandlung unterworfene Kranke, 2. es
sich stets dabei um eine Syphilis des Zentralnervensystem« han-
delt, dessen besondere FragilitÀl auch empfindlichere Reaktionen
verstÀndlich machen. Ha b e i
31. Dezember 1921. Nr 105
Vutureu und Sachregister.
\U \ uc d'orthopedie, Paris.
November 1921. 28, Nr. ti.
i>as Heii enthalt den Sitzungsbericht der III. OrtbopĂ€demveri»amnUuuK FrftĂŒll
reiche in Stoaflburg (ö. Oktober 1921) mit folgenden VortrÀgen und dei
ieweiK da/u gebÀrenden Diskussion:
âșMbe Fernrewultate der unblutigen Einrenkung angeborener BUftluxationen
P r o e 1 i c h. 451.
»Melier die Arthrodese lies Fulics. O tri b. t 8 d u B. H i. 516.
âopi r.itive Behandlung der Kniegeleiiksankyilosen. ĂŒf&vernier. âąTT.
Angeborene SchulteTverreukung. Wilmoth. Ăi".
Die Fernresultate der unblutigen Einrenkung angeborener
HĂŒftluxationen. Zuerst beschreibt Verfasser die Art. wie ei
bei Feststellung einer angeborenen Luxation der HĂŒfte die Be
handlung durchfĂŒhrt. 1. Möglichst frĂŒhzeitiges Einrenken.
2. Keine vorbereitende Extension (Steinmann Codi vi IIa .
veraltete FĂ€lle werden in zwei Etappen eingerenkt. 3. Vier Mo
nate Gipsverband in Lorenz'scher PrimÀrstellung, ein .Monat
Liegen ohne Gips, spÀter Gehversuche. Von 160 Kranken, die
vor 1910 operiert wurden, stellten sich nur 17 zur Nachunter
suchung.- Diese 17 FĂ€lle (26 behandelte HĂŒftgelenke; werden ein-
gehend beschrieben und im Röntgenbild vorgefĂŒhrt. Nur bei
vier Kranken entwickelten sich funktionelle Störungen, die einer
spÀteren Behandlung bedurften. Froelich konnte seine Beob-
achtungen in ein dreigliedriges Schema aufteilen: a HĂŒftgelenke,
die weder funktionell noch objektiv (Ă€uĂere Untersuchung und
Röntgenbild) von normalen Gelenken zu unterscheiden waren
11 HĂŒften), b) HĂŒftgelenke mit normaler Funktion; das Rönt-
genbild ergab aber starke VerÀnderungen des Schenkelkopfes,
z. B. Coxa vara-Bildungen, Pilz- und Pufferformen, unregel-
mĂ€Ăige Verdickungen, HalsverkĂŒrzungen (12 HĂŒften), c) Schwere
Gehstörungen, die sich mit der Zeit ausbildeten und verschlim-
merten; Abduktionsbehinderung. Der normal gebaute Kopf glitt
am obern Pfannenrand in die Höhe und nĂŒtzte das Pfannendach
dadurch ab. Bei einer Kranken war auch der Schenkelkopf
pufferförmig verunstaltet. (3 HĂŒften.) Vier Geburten bei frĂŒher
operierten Frauen verliefen in physiologischen Bahnen; die
Kinder waren gesund. Nimmt der Autor auch die schriftlichen
Antworten auf seine Umfrage zu Hilfe, so errechnet er eine
Ileilungsziffer von 75 Prozent. Diese 75 Prozent zeigen noch
nach mindestens 10 Jahren ein ausgezeichnetes funktionelles Er-
gebnis. SchluĂfolgerungen: Die Ausbildung der Pfanne
einer eingerenkten HĂŒfte lĂ€Ăt fast ausnahmslos eine
(wenigstens im Röntgenbild!) normal geformte Vertiefung er-
kennen; der Schenkelkopf dagegen verÀndert seine Forin in mehr
als zwei Dritteln aller FĂ€lle. Manchmal ist die AbdĂŒktion ein
wenig behindert, oder erscheint der Oberschenkelumfang ver-
kleinert. Wiederum nur in einem Bruchteil der FÀlle vermögen
diese nachweisbaren VerÀnderungen zu wahrnehmbaren
Funktionsstörungen zu fĂŒhren. Ab und zu traten wĂ€hrend der
Menstruation Beschwerden im kranken Bein auf. die nach Ab-
lauf der PubertÀtsperiode wieder verschwinden. Die anatomi-
schen VerÀnderungen des Schenkelkopfes, die viele Aerzte z. Zt.
auf eine begleitende Osteochondritis deformans juvenilis be
ziehen, will Froelich nicht alle auf die gleiche Ursache zu-
rĂŒckgefĂŒhrt wissen. Sehr richtig bemerkt er, daĂ eine Er-
örterung Àtiologischer oder pathogenetischer Momente an Hand
von Radiogrammen unsinnig sei. (Das Röntgenbild vermag uns
ĂŒber die Form und die relative StrahlendurchlĂ€ssigkeit gewisser
Gewebe einen nicht immer leicht zu deutenden AufschluĂ zu
geben; niemals sind wir imstande, direkte RĂŒckschlĂŒsse auf die
Ursachen des verÀnderten physikalischen Verhaltens zu ziehen".
Diskussion: Estor fand 40 Prozent vollkommene
Heilungen; 30 Prozent annÀhernde Heilungen: 10 Prozent
Besserungen: 20 Prozent ohne Erfolg. N o v e - J o s s er a,n d ' s
Ergebnisse interessieren wegen der groĂen Zahl der Beob-
achtungen (212): 61 Prozent Heilungen: 23.5 Prozent leichte
Dinker; 6.5 Prozent Reluxationen: 9 Prozent mit andauernden
Beschwerden. Er glaubt, daà die Entwicklungsstörung in Utero.
:'ls welche er das Leiden auffaĂt, dem Knochen auch eine erhöhte
Empfindlichkeil gegen Traumen hinterlĂ€Ăt, daĂ sogar der ver-
mehrte Wachstumsreiz imstande ist, die Kopfform ungĂŒnstig zu
beeinflussen. Die ĂŒbrigen Redner (R o e d e r e r . G o u r d o n .
Ducroqfuet) kommen zu Àhnlichen Ergebnissen.
Ueber die Arthrodese des FuĂes. Unter Arthrodese ver-
steht Ombredanne die Blockierung eines Gelenks in guter
Stellung durch kĂŒnstliche Abtragung ihrer knorpeligen Gelenk-
flÀchen. Die wichtigste Indikation ergibt sich aus der Gleich-
gewichtsstörung der fuĂbewegenden Muskeln, deren Ursprung
wiederum in einer KinderlÀhmung, einer Heniiplegse. einer
Friedreieh'sehen Krankheit, einer progressiven Muskelatrophie
iisw zu suchen ist. Die Folge einer Störung im Muskelgleich
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 8
gewicht ist die Ausbildung einer FuĂdeformitĂ€t. AnfĂ€nglich ohne
Schmerz oder Zwang ausgleichbar, wird sie mit der Zeit
kontrakt. Theoretisch ist eine Arthrodese nur gerechtfertigt
mr Versteifung einer leicht korrigierbaren DeformitÀt; sind wir
imstande, die Kontraktur durch einfache SehnenverlÀngerung zu
beseitigen, so haben wir uns die Bedingungen fĂŒr eine Arthrodese
selbst geschaffen. Eine knöchern versteifte DeformitÀt ist da-
gegen nur durch Tarsektomie oder Keilresektion zu beseitigen.
Die Arthrodese bleibt so lange eine unlogische Operation,
zulange wir in der Sehnentransplantalion einen Eingriff besitzen,
der dem FuĂe Beweglichkeit und gute Form wiedergibt. Wie
stellt es mit deren Dauererfolgen? SehnenverkĂŒrzung und
Sehnenanastomose verwirft Ombredanne als vollkommen un-
I i auchbar. Dagegen hÀlt er die Sehnenverpflanzung nach
Lange in vielen FĂ€llen fĂŒr geeignet, z. B. beim Pes calcaneus.
Schlechte Ergebnisse zeitigten die Sehnentransplantationen beim
paralytischen Spitz-, Knick- und KlumpfuĂ. (Wir stimmen ihm zu,
sobald es sich um einigermaĂen schwere FĂ€lle handelt. Leichte
FĂ€lle lassen sich sehr wohl durch geschickte Sehnenverpflanzun-
gen ausgleichen. D.). .
Zur einseitigen Bewegungshemmung im FuĂ stehen heute
dem Arzte verschiedene Verfahren zu Gebote, nÀmlich die
Tenodese (Codivilla) und die EinnĂ€hung kĂŒnstlicher Liga-
mente aus Seide (Lange), sodann die Verpflanzungen von
Fascienstreifen usw. Die einseitigen, auĂerhalb des Gelenkes an-
greifenden Hemmungsverfahren haben ungleichen, nicht be-
sonders groĂen Wert: die Tenodese ist unbedingt allen andern
ĂŒberlegen. Aber selbst die Tenodese erweist sich nur als nutz-
bringend, wenn sie als Begleitoperation einer richtigen Arthro-
dese ausgefĂŒhrt wird. Aehnlich bewertet der Redner die
I ;i lusexstirpation.
Als beste Methode zur Blockierung der Gelenkbewegung im
FuĂ gilt die eigentliche Arthrodese. Zwei Formen werden als
NollgĂŒltig anerkannt a) die dreifache Arthrodese (unteres und
oberes Sprunggelenk, Chopartsches Gelenk), b) die Arthrodese
des unteren Sprunggelenkes und des Chopart-Gelenks. Das Alter
der Kranken muĂ mindestens 8 Jahre betragen. Zwei Jahre
mĂŒssen seil Beginn der LĂ€hmung verstrichen sein. Nach einer
eingehenden, Schilderung der Operationstechnik kommt Ombre-
danne auf die Indikationsstellung zu sprechen.
Die zwiefache Arthrodese (im Choparl- und unleren
Sprunggelenk) ist imstande, die VarĂŒs-Valgusbewegung voll-
stÀndig zu blockieren, wÀhrend die Dorsal- und Plantar-
llexion erhalten bleibt. Sie verÀndert weder die Form noch die
gröbere Funktion des FuĂes. Bei paralytischem SpitzfuĂ ist sie
mit einer Tenodese zu kombinieren. Die dreifache Arthrodese ist
vorzuziehen in allen FĂ€llen vor schlotterndem FuĂ. Sonst hat
sie verschiedene Nachteile: 1. Sie verwandelt den FuĂ in eine
unnachgiebige Stelze, was den Gang im bergigen Terrain er-
sehwert. 2. Sie miĂlingt hie und da. so daĂ die Bewegungen im
oberen Sprunggelenk erhalten bleiben. Der SpitzklumpfuĂ wird
der doppelten Arthrodese mit Tenodese des peron. brevis vor-
behalten.
Die Diskussion ergibt, daĂ im groĂen Ganzen die FuĂ-
arthrodese besonders in ihrer doppelten Form (unteres Sprung-
gelenk und Chopart) in Frankreich weit hĂ€ufiger ausgefĂŒhrt wird
als bei uns; die Erfolge scheinen gut zu sein. Nove-
J os s er and arlhrodcsiert das obere Sprunggelenk zusammen
mit dem Chopartschen, um eine gewisse AnpassungsfÀhigkeit des
FuĂes an unebenen Boden zu erhalten. Er glaubt mit Bar-
barin, daà bei paralytischem Spitzfuà eine Verödung des
oberen Sprunggelenkes nötig sei. Froelich tritt warm fĂŒr die
.Sehnenplastiken ein, gegen die 0 m b r e d a n n e scharf vorge-
gangen war.
Operative Behandlung der Kniegelenksankylosen. Die
slellungsverbessernden Operationen sind seit langen Zeiten genau
bekannt: ebenso bekannt ihre Ergebnisse. Hier interessieren
eher die Operationen, die darauf ausgehen, dem Gelenk seine Be-
weglichkeit wiederzugeben. Nachdem die Erfolge Payr s'.
Lex eis. Pattis besprochen, wird eingehend die sehr klare
Technik Murphys geschildert. Leider eignet sich ihre Dar-
stellung nicht fĂŒr das Referat, umsomehr als man auf die
Illustrationen verzichten mĂŒĂte. Je schlechter die Stellung der
Ankylose, desto eher ist der Eingriff gerechtfertigt. Als gĂŒnstig
lassen sich folgende Bedingungen bezeichnen: Fibröse Ver-
wachsungen, bewegliche Patella, krÀftig wirksamer Quadrieeps.
V ollkommen knöcherne Versteifung. Fehlen der Patella. In-
fektionsherde bedeuten gewissermaĂen Gegenindikationen.
Diskussion: Mauclaire. Roch er, Kirmisson
Kasuistik: ein Fall von Verknöchernng im Kapselgewebe nach
der Operation). Dehrn nner ('Berlin V
Le Nourisson, Paris.
Januar 1922. 10, Nr. 1
â Haufigken der Syphilis bei SĂ€uglingen mit habituellem lirbrecben Mai
<f a n . A. B. und L e in a i r e . H. 1.
âDesquamative Dermatosen beim SĂ€ugling. Halle!. G. L. 5.
âBeobachtungen an kĂŒnstlich genĂ€hrten SĂ€uglingen. Savetti. G und
S e g a g n i . S. 28.
âZwei FĂ€lle von Paratyphus B. beim SĂ€ugling. B 1 e e b in a n n . G. SS
Diphtetritische Angina heim Neugeborenen in den ersten Lebensmonaten
Blech mann, G. und C h e v a 1 1 e y . M. 44.
âTyphus und Paratyphus heim SĂ€ugling. Sales, G. und Vallery-
Radot. P. 51.
HĂ€ufigkeit der Syphilis bei SĂ€uglingen, die an habituellem Er-
brechen leiden. Marfan und L e m a i r e haben SĂ€uglinge mit
habituellem Erbrechen, fĂŒr das sie keine Ursache fanden (wie
Fehler in der ErnĂ€hrung, anaphylaktische Intoleranz fĂŒr Milch,
eine Pylorusstenose) auf Syphilis untersucht. Sie haben eine
Anzahl von SĂ€uglingen daraufhin untersucht; in 33 Prozent der
FĂ€lle haben sie eine sichere Syphilis festgestellt (syphilitischer
Ausschlag, typisch syphilitischer Schnupfen, groĂe Milz, Parrot
sehe LĂ€hmung, positiver Wassermann); 22,8 Prozent der FĂ€lle
waren auf Syphilis sehr verdÀchtig (sichere Syphilis bei Vater
oder Mutter, mehrere FrĂŒh- oder Totgeburten der Mutter, Hy-
dramnion der Mutter); in 12,28 Prozent der FĂ€lle war die Dia-
gnose Syphilis wahrscheinlich. Beide Autoren heben hervor, daĂ
die Syphilis beim habituellen Erbrechen viel hÀufiger vorkomme
als bei den anderen SÀuglingen. Dies bestÀtige sich auch in der
Anwendung der Therapie: wÀhrend die gewöhnlich bei habi-
tuellem Erbrechen angewendeten Mittel (Atropin, Brom, Kalk.
MagenspĂŒlungen) nichts geholfen hĂ€tten, hĂ€tten sie mit Ein-
leitung einer spezifischen Kur gute Erfolge gehabt.
Kritische Abhandlung ĂŒber gewisse desquamarierendc Haut-
erkrankungen des SĂ€uglings. H a 1 1 e r beschreibt in seiner Ab-
handlung 3 fĂŒr das erste SĂ€uglingsalter sehr wichtige Haut
erkrankungen, die das Symptom der Hautabschilferung gemein
sam haben, sich aber in ihrer Natur, ihrem Beginn und Entwick-
lung und in der HĂ€ufigkeit, mit der man sie beobachtet, unter
scheiden. Es handelt sich um die physiologische Desquamation
des Neugeborenen, um die Dermatitis exfoliativa (Ritter) und um
die Erythrodermia desquamativa (Leiner). Die physiologische
Desquamation findet man bei fast allen Neugeborenen. Die fĂŒr
sie so charakteristische rote Haut mit einem Stich ins Violette
an den ExtremitÀten beginnt meistens am Ende des 2. Tages ab-
zublassen und rissig zu werden, besonders am Brustkorb und
Abdomen. Am 3. â 5. Tag fĂ€ngt dann die Haut an, in feinen,
dĂŒnnen Schuppen sich abzustoĂen. Der ganze Vorgang spielt
sich in wenigen, etwa 8 â 14 Tagen ab, ohne mit irgend welchen
Komplikationen, wie ErnÀhrungsstörungen oder Zeichen von Tn-
Tektion oder Intoxikation verbunden zu sein. Die Dermatitis ex
foliativa, zuerst beschrieben 1878 von Ritter von Rittersheim
in Prag, ist eine Hauterkrankung, deren selbstÀndiges Krank-
heitsbild nicht bestÀtigt zu sein scheint und die nach Ansicht der
tlermatologischen AutoritÀten in Frankreich. England, Italien
kaum bekannt ist. Sie tritt epidemisch auf und scheint mit Vor-
liebe Brustkinder in Anstalten in ihren ersten Lebenstagen zu
befallen. Die Erkrankung beginnt am hÀufigsten im Gesicht, in
der Umgebung des Mundes, und ergreift nach und nach den
ganzen Körper. Auf unverĂ€nderter Haut schieĂen Blasen auf, die
die Neigung haben, sich zu vergröĂern und zusammenzuflieĂen.
Auch auf der Schleimhaut entstehen solche Blasen. SchlieĂlich
fallen sie zusammen, trocknen ein und werden als Schuppen ab-
gestoĂen. Die ganze Entwicklung geht rasch vor sich, oft mit
Fieber, das sekundÀr infolge einer Infektion von der Haut aus
entsteht. Die MortalitÀt betrÀgt etwa 50 Prozent. Histologisch
findet man eine Lockerung des Zusammenhangs zwischen der
Deckschicht und den tieferen Schichten der Epidermis, verursacht
durch Zwischenlagerung einer entzĂŒndlichen FlĂŒssigkeit. Bak-
teriologisch hat man in diesem Exsudat, manchmal auch im Blut.
Staphylokokken gefunden. Das R i 1 1 e r sehe Krankheitsbild er-
innert sehr an den Pemphigus und an die Impetigo bullosa der
Neugeborenen, so daĂ man die Dermatitis exfoliativa in die
Gruppe der* schwereren bullösen Hauterkrankungen einreihen
kann. Die Erythrodermia desquamativa, 1908 von Lein er be-
schrieben, befÀllt ebenfalls am hÀufigsten Brustkinder im
frĂŒhesten Alter. Sie ist niemals ansteckend. Sie scheint eine
schwerere Form des universellen seborrhoischen Ekzems zu sein,
man sieht sie jedenfalls am hÀufigsten im Anschluà an einen
Intertrigo oder an ein seborrhoisches Ekzem auftreten. Die
SchleimhÀute sind bei ihr stets intakt Blasen entstehen nie.
Dagegen zeigt die gerötete- seidig fettigglÀnzende, leicht infil-
trierte Haut eine mĂ€chtige Exfoliation groĂer, entweder dicker
10. I ihr
\i 8
A u s (| c n ii c ii e s I e ii ZeilS C Ii r i f I <
is;
und gelblicher oder dĂŒnner und weiĂlicher Schuppen, die nach
der Absloflung sich immer wieder erneuern. ErnÀhrungsstorun
gen sind hier im Gegensatz zu der Dermatitis exfoliativa ziem-
lich hÀufig. Die Heilung tritt gewöhnlich in 3 1 Wochen ein
die MortalitÀt ist nicht so groà wie bei der Dermatitis exfolia-
tiva. -- Die Behandlung dieser ."> Hauterkrankungen erstreckt sich
weniger auf medikamentöse Behandlung, als besonders auf gute
hygienische Pflege der erkrankten Kinder
Einige Bemerkungen ĂŒber mit der Flasche aufgezogene
Kinder. Beide Autoren weisen in ihrer kleinen Abhandlung hin
auf die absolute Ueb erlegenheil der BrustmilchernĂ€hrung ĂŒber
jede andere ErnĂ€hrungsweise, wie Z wiemilch- oder kĂŒnstliche
ErnĂ€hrung; sie stĂŒtzen sich hierin besonders auf Marfan, der
jede kĂŒnstliehe ErnĂ€hrung als Kunstfehler betrachtet und die
Brustmilch durch keine andere Milch ersetzen zu können glaubt.
Salvetti und Segagni haben mehrere Jahre lang in einer
SĂ€uglingsfĂŒrsorge mit anschlieĂender MilchkĂŒche etwa 12 000
SÀuglinge, die verschieden ernÀhrt wurden, genau beobachtet.
Durch tÀgliche, um dieselbe Zeit vorgenommene WÀgungen haben
sie festgestellt, daà die tÀgliche und wöchentliche Zunahme bei
den mit Zwiemilch oder ganz mit Kuhmilch aufgezogenen SĂ€ug-
lingen bedeutend zurĂŒckbleibt gegenĂŒber der Zunahme der Brust-
kinder; nicht nur im Gewicht, auch im ganzen Allgemeinbefin-
den, in der Ausbildung der geistigen und statischen Funktionen
macht sich dieser Unterschied geltend. â Zum SchluĂ weisen sie
nochmals auf die Wichtigkeil hin, ĂŒberall Lehrkurse einzu-
richten, in denen MĂ€dchen und MĂŒtter ĂŒber die Vorteile des
Selbststillens aufgeklÀrt und in einer guten Pflege des SÀuglings
unterrichtet werden sollen.
Zwei FĂ€lle von Paratyphus B beim SĂ€ugling. Blechmann
beschreibt 2 SĂ€uglinge, die dasselbe Krankheitsbild zeigen: an-
haltende DurchfÀlle vom ersten Krankheitstage an; meningitische
Symptome, die eine Lumbalpunktion erforderten; kontinuierliches
Fieber zwischen 39 und 40 Grad. Meningitis, Miliartuberkulose,
Otitis media, Pyelozystitis konnten ausgeschlossen werden. Die
sero-diagnostische Probe ergab einen auf Paratyphus B posi-
tiven Befund. Blechmann rÀt, in unklaren FÀllen, die mit
Fieber, DurchfÀllen, meningitischen Zeichen einhergehen, stets
eine Blutprobe anzustellen.
Diphtherische Angiaa bei Neugeborenen und SĂ€uglingen in
den ersten Lebensmonaten. WĂ€hrend die Nasendiphtherie bei
SÀuglingen sehr hÀufig vorkommt, findet man die diphtherische
Angina mit ihren charakteristischen BelÀgen kaum bei einem
SĂ€ugling vor dem 7. Monat. DaĂ sie aber doch beim jĂŒngsten
SĂ€ugling vorkommen kann und man an sie denken muĂ, beweist
der Fall von Blechmann und Chevally. Sie haben ein 4 Wochen
altes Kind mit einer diphtherischen Angina beobachtet, das daran
2ugrunde gegangen ist.
Typhöses und paratyphöses Fieber beim SÀugling. Den Ty-
phus abdominalis erklĂ€ren viele Autoren im SĂ€uglingsalter fĂŒr
seilen. Beide Autoren weisen aber darauf hin, daĂ er doch
hÀufiger vorkommt, als man glaubt. Bei jeder fieberhaften Er-
krankung des SĂ€uglings soll man, wenn man die anderen Krank-
heiten ausschlieĂen kann, an Typhus denken und ihn dement-
sprechend behandeln. Das klinische Bild ist oft nicht fĂŒr Typhus
charakteristisch, da beim SÀugling nur höchst seilen alle Symp-
tome, wie Roseolen, Typhuszunge, groĂe Milz, Somnolenz, zu-
sammen ausgebildet sind. â Die Blutkultur und die sero-dia-
gnostische Probe mĂŒssen in allen zweifelhaften fieberhaften Er-
krankungen des SĂ€uglings angestellt werden. Eine Scheidung
von Typhus und Paratyphus haben die Autoren nicht vorge-
nommen, weil klinisch oft* kein Unterschied zwischen beiden
besteht. St andvo Ă (Berlin-Halensee).
1 he Journal of the American Medical Association, Chicago.
31. Dezember 1921, 77, Nr. 27.
Scrumbehandlung der Pneumonie. Thomas, W. s. 2101.
Die Entstehung des sogenannten vesiculsiren AtmungsgerÀusehes. B u s h -
n e 1 1 . (i. E. 2104.
â Der dclctĂ€rc Kffekl; des Natriunizitrats liei der Verwendung zur Bluttrans-
fusion. Inger, L. J. 2107.
Die Beziehungen zwischen den TodesfÀllen infolge traumatischer SchÀdel-
fraktur aind Alkohol. Katton, E. H. 2109,
Spontaner VerschluĂ dei Darmperforation. Raudolpb, B. \l. und
Hunter. 0. B. 211 U
I rsachen und Diagnose dei vcirsehiedenen Formen von Koma. Holsomn,
B. 2112.
Aortenaneurysmen. C r o w e 1 I P Li 2114
\f agenanal y«e IV F o » i c r . C f' . s (, r n o
und II a w k . P M »i |s
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Moohanlk der fclandgoleiiksfrak*
s c ii ii i im e j e r , II L.
\ iruiente Antrhaxbazlllen in billigen Ranteiplntolo s y m m <⹠r * I» nun
C 8 d y . [). W 2120.
⹠Heber die schÀdliche Wirkung von Natrium citricum lud
Bluttransfusionen. Verfasser berichtel ĂŒber experimentelle I n
tersuchungen, die feststellen sollten, ob es raisamer ist, bei Blut
Iransfusionen Zitratblui oder gewöhnliches Blut zu verwenden
Zusammenfassend kann gesagt werden, da Ii Xalr. citric. auch m
der schon notwendigerweise geringen Konzentration die roten
Blutkörperchen erheblich schÀdigt, so daà Zitratblui bei Blul
krankheiten, z. B. perniziöser AnÀmie, therapeutisch fast nutz-
los ist. Ferner aber vermindert Nalr. eilrie. zur VerfĂŒgung
stehendes Komplement in zwei Richtungen; einmal durch direkte
Einwirkung auf das Komplement, das andere Mal dadurch, daĂ
es antikomplementartige Substanzen dem Plasma zufĂŒhrt, die
Komplement inaktivieren. Weilerhin schÀdigt Natr. cilric. die
Opsonine und setzt die phagozytĂ€re Wirkung der weiĂen Blut-
körperchen ganz wesentlich herab. Verfasser fand ferner, daĂ
Blutproben verschiedener Spender verschiedene phagozytÀre In-
dizes aufweisen. Phagozytose und Komplement sind von gröĂter
Bedeutung bei Infektionen mit pathogenen Organismen. Kommen
also in solchen FĂ€llen therapeutisch Bluttransfusionen in Frage,
so sollte dazu n i c h t mit Nalr. citric. behandeltes Blut von mög-
lichst hohem phagozytÀren Index verwandt werden.
KĂ€ckell (Hamburg
The Boston Medical and Surgical Journal, Boston.
Vol. 185, Nr. 22;
Die. Wirkung des Cliinidinsultats bei Herscerkrankuns
und B u r w e 1 1 (Boston).
\V Ii i t e , MarSm
Die Wirkung des Chinidinsulfats bei Herzerkrankungen. Die
Arbeit ist ein vorlĂ€ufiger Bericht ĂŒber eine Reihe von FĂ€llen
mit gestörter Herzaktion, die mit Chinidinsulfat behandelt wur-
den. Von 33 FĂ€llen mit Herzohrflimmern wurden 24 wenigstens
zeitweilig auf einen normalen Rhythmus gebracht. Die Wirkung
des Chinidins besteht in der Aufhebung der Zirkusbewegung des
1 lerzohrflatterns bzw. -Flimmerns, sie ist eine der sinnfÀlligsten
der funktionellen Pharmakotherapie. Die Droge verspricht eine
wertvolle Bereicherung unseres RĂŒstzeugs in der Herztherapic
zu werden. Gewisse, nicht abzuleugnende Gefahren sowie unsere
gegenwÀrtig noch recht unvollkommene Kenntnis der Indikationen
und der Anwendungstechnik erfordern weitere Beobachtungen
und Berichterstattung, bevor das Mittel zu weitgehendem Ge
brauch empfohlen werden kann. Held (Berlin
The Journal of Urology, Baltimore.
Oktober 1921, 6, Nr. 4.
â Dir Beziehungen zwischen Urologie und den andern SonderfĂ€chern dei
.Medizin. B rasch, Wffl.jJam F.
Wundinfektion als Ausgangsquelle fĂŒr BlasengeschwĂŒre und Blasenkatarrhe.
M e i Ă e r , John 6. und Bru m p e rs , Herrnon C.
âąJ*S:i im- nb l,i sc iic ntzĂŒ ndung: Ihre Symptome. Diffcrentialdiagno.se. Behandlung
und bakteriologische Untersuchung in 1000 FĂ€llen. W hi t e , Edward
William und G r a d w o h 1 , R. B. H.
Die Koagulationsneikro.se nach D'Arsonval zur Beseitigung groĂer g-ut- und
bösartiger BlasenvorsprĂŒnge der Prostata. G 0 W a n , Granvilie Mac.
t'reterpapilloni. (' u I v e r , Harry.
Die Beziehungen zwischen Urologie und den andern Sonder-
lichem der Medizin. Da kein Arzt mehr das ganze Gebiet der
.Medizin ĂŒbersehen kann, hĂ€lt B. die Vereinigung mehrerer
Spezialisten zu einer Arbeitsgemeinschaft, wie es z. B. in
Majo's Klinik der Fall ist, fĂŒr Ă€uĂerst zweckmĂ€Ăig. Bei einer
solchen Arbeitsgemeinschaft zeigt sich bald, daĂ die innigste
Verbindung zwischen Internisten und Urologen besieht, aller-
dings darf er nicht nur in den FĂ€llen hinzugezogen werden, bei
denen direkte Symptome einer Erkrankung des Urogenitaltraktus
bestehen, sondern bei jedem Tumor der seitlichen Abdomina l-
und der Blasengegend, ferner bei dauerndem Fieber aus unbe-
kannter Ursache, ebensolchem Erbrechen, nicht zu deutenden
Magenbeschwerden, da diese Beschwerden gar nicht selten auf
einer ruhenden Pyelonephritis, einer beginnenden Nierenlbc,
einer heimlichen Samenblaseninfektion beruhen. â Zwischen
Neurologie und Urologie sind gerade in den letzten Jahren die
Beziehungen immer inniger geworden, da sehr hÀufig durch
einen zystoskopischen Blasenbefund eine Erkrankung des
Zentralnervensystems aufgedeckt wird, wÀhrend andererseits die
Diagnose mancher Harnbeschwerden erst nach AusschluĂ einei
Aus den neuesten Zeitschriften
10. Jahrg. â Xr. 8
nervösen Ursache gestellt werden kann Psoasabszesse.
Schmerzen und Beschwerden in der Sakral und Lumbaigegend
machen ein Zusammenarbeiten mit dem OrthopÀden erforderlich.
Eiterausscheidungen bei Kindern besonders nach fieberhaften Er-
krankungen ein solches mit dem Kinderarzt. Mund und Nase
werden immer hĂ€ufiger als Eingangspforte fĂŒr Infektionen des
L'rogenilaltraklus erkrankt, wÀhlend die Beziehungen zwischen
Röntgenologen, Frauenarzt und Urologen so intim und all-
bekannt sind, daà auf sie nicht nÀher eingegangen zu werden
braucht. Wird in solcher Zusammenarbeit stets auf den Uro-
genitaltraktus geachtet - wie bei Majo - so wird die Zahl der
an diesen Organen erkrankten Patienten ĂŒber alle Erwartung
noch gefunden werden. So wurden in Majo's Klinik von 00Ă0O
Patienten 5860 zysloskopiert mit dem Erfolg, daĂ von im ganzen
20 000 Operierten ĂŒber 1000 also mehr als 5 Prozent wegen einer
urologischen Erkrankung operiert wurden. Von diesen war bei
mehr als die HÀlfte auswÀrts eine Diagnose gestellt worden, die
garnicht auf den Urogenitalapparat hingewiesen hatte.
SamenblasenentzĂŒndung. Ihre Symptome, Dift'erential-
diagnose usw. In ĂŒber 90 Prozent sĂ€mtlicher FĂ€lle von
SamenblasenentzĂŒndung treten nervöse Beschwerden auf, die sich
bis zur höchsten IntensitÀt steigern können: weiterhin sihd
perineale, testikulÀre und anale Beschwerden recht hÀufig, die
als zerrende, ziehende, drĂŒckende Sensationen der betreffende^
Gegend geschildert werden. In der HĂ€lfte dieser FĂ€lle wird
ĂŒber Jucken und Brennen am After geklagt, das durch Massage
der Samenblasen fast stets gemildert werden kann. Bei lÀngerer
Dauer der EntzĂŒndung entwickelt sich hĂ€ufig eine EntzĂŒndung
des trigonum vesicae, dem bisweilen ' eine Reizung der Blase
folgt. Garnicht selten gehen allgemeine rheumatische Beschwer-
den von der Samenblase aus, auffallenderweise ohne daĂ etwa
stets dabei eine Go-Infektion vorliegt. Von Sexualstörungen sind
ejakulatio praecox und die leichteren Formen der Impotenz
durch die atonisch gewordene Samenblase hervorgerufen, wÀhrend
man bei den schwereren Formen der Impotenz die Samenblasen
meist hart und fibrös verÀndert findet. Mit der Samenblasen-
entzĂŒndung ist fast stets eine solche der VorsteherdrĂŒse und der
hinleren Harnröhre kombiniert; eine genaue Abtrennung der ein-
zelnen Erkrankungen voneinander ist zum Zwecke der Behand-
lung nicht erforderlich, wohl aber gegen die gelegentlich vor-
kommende EntzĂŒndung des Ureters, die event. nur durch das
Zystoskop entschieden werden kann. Der Erreger der Ent-
zĂŒndung ist in 80 Prozent der Gonokokkus. War er sicherge-
stellt, so konnten W. und G. stets eine Komplementbindung im
Blut durch eine von ihnen angegebene Methode feststellen. Von
anderen Bakterien werden gefunden, ein heller Staphylo-
kokkus, sehr selten der mikrokokkus catarrhalis, das Bakterium
coli comunis, der sogenannte pseudodiphtherie bacillus und
der Mikrok. telragenes. Der Gonokokkus war in 40 Prozent mit
anderen Organismen vermischt. Nur durch die kulturelle Fest-
stellung kann die Frage der InfektiositÀt des Patienten restlos
gelöst werden. Die Behandlung der EntzĂŒndung ist entweder
konservativ (Massage, SpĂŒlung, Vakzine) oder chirurgische Ent-
fernung der Samenblasen. Diese ist indiziert 1. bei akuten
Katarrhen mit schweren allgemeinen und Blasensymptomen,
'2. bei den fibrösen FÀllen, die jeder Behandlung trotzen, 3. wenn
nach jeder Massage oder bei jeder Zirkulation Blut und Eiter
auftritt und 4. falls durch die entzĂŒndete Samenblase ein Ver-
schluà des höher gelegenen Harntraktus hervorgerufen wird.
Bab (Berlin).
Phe Urologie and Cutaneous Review, Saint Louis.
Januar 1922. 26, Nr. 1.
âą{»Röntgen und Radium in der Medizin. X e w e o tri e t . William S.
Chirurgie, Radium und Röntgen in der Krebstherapie. I.ean, Isaac.
Sehutzsehirm gegen Hochspannungsdr&hte bei der Röntgenbehandlung.
Tnus c y , Sinclair.
Die Dosierung von Radium und seine Anwcndung.swci.se. Chase, Carol.
Die Wirkung des Radiums beim Lippenkrebs. Mohtgomery, Dougl. W.
â Uerieht ĂŒber .r>00 oberflĂ€chliche Epitheliome, die mit Radium behandelt wur-
den. D u n c a n , Rex.
Uerieht «her 2 FÀlle von Blastomykosd.s. Reith, David Y.
Dje Röntgenbehandlung der Blasromykosis. McCoy, James X.
â War/.enbehandlung mit Radium. Y o u n g ,. William J.
âZur Methodik de r Röntgenbehandlung bei einigen der Therapie schwer zu-
gÀnglichen Hautkrankheiten, Lawrence, Wolter S.
Heilung eines durch Trauma hervorgerufenen Sarkoms vermittelst Radium.
\ i k i n s . W. H. B.
I.'niitgcnhchandlung bei Obcrf lacbenkrebs. Ste\cns. Rellin H.
Radiumtherapie bei Greisen. T h e w 1 L s . Mnlford W.
Die Comblnatdon von Kystoskop und Röntgen bei der Diagnose urologisehei
Krankbeilen. Marchil don., John W.
âą>Die Radiumtberapie de- Lippenkrebses W i I k ' n - Henry }'. und i
\v i n n, William C.
Zur Röntgentherapie der Hautkrankheit« n. Goiu, Lir v e 11 6,
Itadiotherapeuthjches beim] Hautkrebs. T alt. Robert.
I'adiologische Betrachtungen, s u i n n e r . Edward H.
Röntgen und Radium in der Medizin. In den FÀllen, wo eine
intensive Bestrahlung einer kleineren, zirkumskripten Stelle ge-
wĂŒnscht wird, an die man leicht herankann, ist Radium anzu-
wenden, wÀhrend Röntgen vorzuziehen ist, sobald es sich um
gröĂere und in der Fiele gelegene FlĂ€chen handeil
Bericht ĂŒber 500 oberflĂ€chliche Epitheliome, die mit Radium
behandelt wurden. ' Die Epitheliome sind histologisch entweder
Plattenepithelkarzinome vom Typ des Xeroderm pigmentosum,
des Rönlgenulcus usw. â gewöhnlich das Resultat direkter oder
indirekter chronischer Heizungen â oder Basalzellenkarzinome
vom Typ des ulc. rodens. Letztere erscheinen zuerst als flache
Papeln mit ausgesprochener Tendenz oberflÀchlich zu bleiben und
sich nur langsam zu chronischen Ulcera umzuwandeln; ihre
Weiterverbreitung geschieht durch die oberflÀchlichen Lymph-
wege. UebergÀnge zwischen beiden Arten sind sehr hÀufig;
MÀnner werden hÀufiger als Frauen von ihnen ergriffen. Ihr
Lieblingssilz ist Lippe, Augenlid, Nase, seltener die Hand, doch
bleibt keine Stelle der KörperoberflÀche ganz verschont. Der
jĂŒngste Patient war 12, der Ă€lteste 95 Jahre alt. 68 Prozent
waren vorher bereits erfolglos behandelt worden, davon 20 Pro-
zent mit Röntgen. Durch Radium wurden 84 Prozent sÀmtlicher
Patienten vollkommen geheilt; dieser Prozentsatz könnte auf 100
Prozent gesteigert werden, wenn nicht viele Patienten zu spÀt
zur Radiumbehandlung geschickt wĂŒrden. Eine Kombination
von Röntgen und Radium hÀlt D. wegen Verbrennungsgefahr
nicht fĂŒr zweckmĂ€Ăig.
Warzenbehandlung mit Radium. Bei einer Patientin, die auf
beiden HĂ€nden zahlreiche Warzen hatte, wurde auf jeder Hand
je eine Warze nach guter Abdeckung der anderen mit Radium
bestrahlt. Trotzdem verschwanden sÀmtliche Warzen, wie dies
bereits bei der Röntgenbestrahlung der Warzen mehrfach beob-
achtet wurde.
Zur Methodik der Röntgenbehandlung bei einigen der The-
rapie schwer zugÀnglichen Hautkrankheiten. In kleinen Dosen
wirkt Röntgen als Stimulans auf die Zellen, in groĂen zerstört
es diese. Dazwischen gibt es UebergÀnge aller Art. Diese wer-
den noch dadurch variiert, daĂ verschiedene Organe auf dieselbe
Strahlenmenge verschieden reagieren. Eine vergröĂerte Thymus
verkleinert sich erheblich unter einer Dosis, die die Haut gar
nicht rötet. Bei LeukĂ€mie werden die weiĂen Blutkörperchen
bereits durch sehr kleine Strahlenmengen zerstört, und Mikro-
organismen, die in Reinkultur der stÀrksten Bestrahlung wider-
stehen, sterben im menschlichen Gewebe bereits nach kurzem ab
so reagieren die Blastomykosen, die bisher kaum zu heilen
waren, auĂerordentlich gut auf Röntgen. .Gute Erfolge gibt diese
Behandlung ferner bei Epitheliomen, Keloiden, Hautkörnern.
Feigwarzen. Akne vulgaris kann bei richtiger Dosierung in je-
dem Fall zum Verschwinden gebracht werden, meist auch chro-
nische Ekzeme, bei denen kleine Dosen besonders gĂŒnstig wirken.
Die Radiumtherapie des Lippenkrebses. Der Lippenkrebs
ist ziemlich hÀufig; 3 Prozent aller KrebstodesfÀlle sind auf ihn
zurĂŒckzufĂŒhren. Man unterscheidet 3 Gruppen von Lippenkrebs.
Bei der ersten beginnt das Epitheliom als seborrhoische Kruste,
die zunÀchst oberflÀchlich bleibt, dann langsam infiltriert und
immer hÀrter wird. Es sitzt meist an der Unterlippe, wÀchst
langsam, Metastasen treten erst spÀt auf; gewöhnlich werden die
oberflĂ€chlichen submenlalen oder vorderen submaxillaren DrĂŒ-
sengruppen ergriffen. Die Epitheliome â wie die DrĂŒsen -
sind leicht jeder Behandlung zugÀnglich. Die zweite Gruppe er-
greift ein Drittel und mehr der Oberlippe am Uebergang zwischen
Lippe und Lippenrot. Diese Gruppe tÀuscht Chirurg und Ra-
diumtherapeut, da sich bereits wenige Wochen nach dem Aufl
treten des Ep. Metastasen bilden. GĂŒnstige Resultate sind hier
nur bei ganz frĂŒhzeitiger und Ă€uĂerst energischer Behandlung
zu erwarten. Bei der 3. Gruppe liegt mehr als die HĂ€lfte des
GewÀchses auf der Lippenschleimhaut. Es besteht hÀufig mo-
natelang, ehe der Arzt gerufen wird. Gewöhnlich -sind dann be-
reits die submental-, submaxillar- und hÀufig auch die liefen
CervicaldrĂŒsen geschwollen, wodurch die Prognose sehr getrĂŒbt
ist. Da das Messer des Chirurgen an all diese DrĂŒsen nicht
herankann, ist die Radiumbehandlung hier die Methode der
Wahl, zum mindesten sollte sie vor und nach dem chirurgischen
Kingriff unterstĂŒtzend zugezogen werden. Bab Berlin).
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrifl des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von F. C. W. VOGEL, Leipzig, Dresdner Strafte 3 * berliner GeschÀftsstelle und alleinige
Inseratenannahme: HANS PUSCH. Berlin SW 40, Wilhelm-Strafe 20 / Fernsprecher LĂŒtzow 9057
Nr. 9
berlin, den 1. Marz 1922
40. Jahrgang
Der Verlag behĂ€lt sich das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist vor.
EinfluĂ
der BerufstÀtigkeit auf die Lebensdauer.
Von Prof. Dr. Axel \V in ekle r,
dirigierendem Brunnenarzt in Bad Nenndorf.
Die Arbeit, die der Urmensch leistete und die de Wilde
heute noch leistet, indem er fĂŒr sich und die Seinigen mĂŒh-
sam Nahrung sucht oder erjagt, und die Arbeit, die der Kul-
turmensch in irgendeinem Beruf vollbringt, bezwecken ein
und dasselbe: die Fristung der persönlichen Existenz und
die der Familie. Die Natur hat es so eingerichtet, aber sie
t ist âmit wenigem zufrieden"; sie heischt kein UebermaĂ von
Arbeit, keine Anstrengung, die ĂŒber ' den unmittelbaren
Zweck, ĂŒber die Erhaltung des Individuums und seiner
nÀchsten Angehörigen hinausgeht. Wir werden aus Sta-
tistiken ersehen, daà BerufstÀtige im allgemeinen lÀnger
leben als Berufslose. Ausnahmen bilden die in sehr gesund-
heitsschÀdlichen Berufen BeschÀftigten und diejenigen, die
sich keine genĂŒgenden Ruhepausen gönnen.
Der konservierende EinfluĂ regelmĂ€Ăiger BerufstĂ€tigkeit
erhellt schon aus der bekannten Tatsache, daĂ pensionierte
Beamte und Offiziere ihre Versetzung in den Ruhestand in
der Regel nicht sehr lange ĂŒberleben. Auch Kaufleute, die
ihr GeschÀft aufgeben, und Bauern, die sich aufs Altenteil
zurĂŒckziehen, pflegen auffallend rasch zu verfallen. âMor-
borum ferax est otium." (Symmachus, lib. X. ep. 5.) Das
groĂe Werk âSaluli senectutis" des Wiener Statistikers A. v.
Lindheim (2. Aufl., Leipzig und Wien 1909) bringt eine
FĂŒlle ziffermĂ€Ăiger Belege dafĂŒr, daĂ Ruhesland und Ar-
beitslosigkeit den Tod vorzeitig herbeifĂŒhren. Allerdings
kann man dagegen einwenden, daĂ die Pensionierung eines
Beamten bisweilen durch eine Krankheit veranlaĂt wird,
welche das Leben mehr verkĂŒrzt als die UntĂ€tigkeil allein
es vermöchte.
Ueber den EinfluĂ der einzelnen Berufe auf die Sterb-
lichkeit hat Ogle, der frĂŒhere Leiter der amtlichen engli-
schen Statistik, lehrreiche Angaben gemacht. Er studierte
die Sterblichkeit der 25 bis 65 Jahre alten MĂ€nner, weil
innerhalb dieser 40 Lebensjahre der EinfluĂ des Berufs auf
die Sterblichkeit am deutlichsten zum Ausdruck kommt.
Von 1000 Lebenden starben:
Gesamte mÀnnliche Bevölkerung ....
.MÀnnliche ErwerbstÀtige
Nicht ErwerbstÀtige (BeschÀftigungsh ise
MÀnnliche Bevölkerung ausgewÀhlt ge-
sunder Bezirke
geistliche, Priester, Beligionsdiener
Landwirte
Schullehrer, Lehrer
Fischer 832
Zimmerleulc, Tischler 7J9
Juristen 7^54
Bergleute in Kohlengruben
Schuhmacher
pandlungsreisende
MĂŒller
BĂ€cker, Konditoren
Bauarbeiter, Maurer
Grobschmiede
Handlungsgehilfen, Versicherungsbeamte
I abakarbeiter
im Alt«
r von
VerhÀ'tn.-
25 bis 45
45bis6S Zahl, 25
Jahre
Jahre
b.65Jah.
t0,lG
25,27
1000
9,71
24,6:;
967
32,43
36,20
2182
8,47
19,74
15,93
804
4,64
556
6,09
16,53
631
6,41
19,98
719
8,32
19,74
797
7.79
21,74
820
7,54
23,13
842
7,64
25,11
891
23,36
921
9,04
2.r>,03
948
8,40
26,62
957
8,70
26,12
958
9,25
25,59
969
9,29
25,67
973
10,48
24,49
996
11.11
23,46
1000
Schneider ....
Buchdrucker
Aerzte ,
Metzger . . . ,
Glasmacher
Bleiarbeiter, Maler, Lackierer, Glaser . .
Messerschmiede, Scherenschmiede, Nadel-
macher
Musiker
Bierbrauer
Kutscher und Kondukteure . . - . . .
Schornsteinfeger ..........
Gastwirte, Schankwirte
Feilenmacher
Töpfer
Bergleute in Cornwallis
EĂwarenhĂ€ndler, Hausierer. StraĂenver-
kÀufer
Arbeiter im allgemeinen, in London . . .
Kellner, Wirts- und Gaslhausbedienstele .
10,7:i
11,12
11,57
12,16
11,21
11.07
11,71
13,78
13.90
15,39
13,73
18,02
15,29
13,70
11,77
20,26
20,62
22,63
26,47
26,60
28,03
29,08
31,71
32,49
34,42
32,39
34,25
36,83
41,54
33,68
45,14
51,39
53,69
45,33
50,85
55,30
1051
1071
1122
1170
1190
1202
127",
1314
130!
1482
1519
1521
1667
1712
1839
1879
2020
2205
Die âVerhĂ€ltniszahlen" der letzten Spalte geben die
Sterbeziffer an, die auf den betreffenden Beruf fallen wĂŒrde,
wenn die GesamtsterbeziiTer des mÀnnlichen Geschlechts vom
25. bis 65. Lebensjahr gleich 1000 gesetzt wĂŒrde. Je höher
die Zahl dieser Spalle, desto ungĂŒnstiger sind die Sterblich-
keitsverhĂ€ltnisse des Berufs. Die Differenzen sind so groĂ,
daĂ man von lebenverkĂŒrzenden und von lebenverlĂ€ngern-
den Berufen sprechen darf. Nach obiger Tabelle erscheinen
als lebenverkĂŒrzend hauptsĂ€chlich:
a) die Berufe, welche zum Alkoholgenuà verleiten, nÀm-
lich die der Wirte, Kellner, Kutscher, Bierbrauer;
b) schwere Arbeit in schlechter Luft, z. B. die der Lon-
doner Arbeiter und der Bergleute in Cornwallis;
c) Staubgeweibe, wie die der Feilenmacher, Glasschleifer,
Scherenschleifer, Tabakarbeiter, Schneider;
hingegen scheinen folgende Berufe das Leben zu verlÀngern:
a) der geistliche Beruf;
b) die Landwirtschaft;
c) das Lehrfach;
d) das juristische Fach.
IrrefĂŒhrend ist die enorm hohe Sterbeziffer der ânicht
ErwerbstÀtigen, BeschÀftigungslosen", denn hierunter sind
mĂŒĂiggehende reiche Rentner mit stellenlosen Kommis, mit
Bettlern, KrĂŒppeln und unheilbar Siechen zusammen-
geworfen; die Ziffer hat also wenig Wert und berechtigt
nicht ohne weiteres zu einem SchluĂ auf den Segen regel-
mĂ€Ăiger Berufsarbeit. Auch andere Zahlen der Ogleschen
Tabelle sind mit Vorsicht aufzunehmen. Die hohen Sterbe-
ziffern der Arbeiter, Bergleute und Handwerker gelten nur
fĂŒr England, wo die Arbeiterschutzgesetzgebung noch
mangelhaft ist. In Deutschland haben diese Klassen gĂŒnsti-
gere Lebenschancen.
Ueberhaupt krankt jede derartige Statistik an unvermeid-
lichen Fehlerquellen. Erstens spricht die körperliche Kon-
stitution eines Individuums bei seiner Berufswahl mit, ist
sogar hÀufig entscheidend, so daà z. B. Brustkranke mit Vor-
liebe das leichte Schneiderhandwerk ergreifen, worauf sie
frĂŒhzeitig an Tuberkulose sterbend die Sterbeziffer dieses an
sich nicht sonderlich schÀdlichen Berufs in die Höhe treiben.
Zweitens erfolgt der Eintritt in die verschiedenen Berufe in
sehr verschiedenem Alter, in ein Handwerk oder in eine
Fabrikarbeit etwa im 14. Lebensjahr, in den Àrztlichen Beruf
im)
Winkler: BerufstÀtigkeit und Lebensdauer
10. Jahrg. â Nr. 9.
im 24 sten, so daĂ die Sterbeziffern eigentlich nicht ver-
gleichbar sind. Drittens kommen die EinflĂŒsse der sehr ver-
schiedenen wirtschaftlichen und sozialen Lage mit ins Spiel,
so daĂ die Wirkung des Berufs auf die Lebensdauer nicht
rein herausgeschÀlt werden kann.
Deshalb legt man in Deutschland weniger Wert auf
ziffernmĂ€Ăige Angaben ĂŒber die Lebensdauer in den ein-
zelnen Berufen und zieht es vor, in groĂen Umrissen ein Bild
der ZustÀnde zu haben. Am geringsten erscheint hier die
Sterblichkeit bei den Landwirten und bei den Angehörigen
der sogenannten liberalen Berufe, Juristen, Theologen usw.
Die einzigen Studierten, die eine Ausnahme bilden, sind die
Aerzte, die durch ansteckende Krankheiten, gestörte Nacht-
ruhe, hohe Verantwortlichkeit und schrankenlose Arbeitszeit
gefÀhrdet sind. Escherich fand i. J. 1852 unter 1168
bayerischen Aerzten nur vier AchtzigjĂ€hrige! â Unter den
Gewerben ist das Tischlerhandwerk eins der gĂŒnstigsten; die
BĂ€cker, Metzger, Maurer, Schneider und Schuhmacher halten
ungefÀhr die Mitte; schlechter steht es um die Lebensdauer
der Steinhauer, Bergleute, Feilenmacher, FĂ€rber, Maler und
Lackierer, und am schlimmsten um die der Bierbrauer, Fuhr-
leute, Wirts- und Gasthausbediensteten, die hÀufig dem
Mörder Alkohol erliegen.
Der Einzelne braucht sich jedoch vor Berufsgefahren
nicht allzusehr zu fĂŒrchten, denn mit Vorsicht kann man
das Lebensschiff zwischen schrecklichen Klippen hindurch -
steuern, und wo alle Klugheit nichts hilft, kann doch ein
gĂŒnstiger Stern walten. Ein Arbeiter, der achtzig Jahre lang
in einem Kohlenbergwerk gearbeitet hatte, starb i. J. 17(58
einhundertunddreiĂig Jahre alt! (PflĂŒger).
Auffallend ist die Langlebigkeit der Geistesarbeiter.
Philosophen, Mathematiker, Diplomaten, Redner und KĂŒnst-
ler werden in der Regel bedeutend Àlter als geistig untÀtige
Menschen, die ein vorwiegend materielles Leben fĂŒhren.
G a e t a n o Delaunay behauptete unumwunden, daĂ in-
lel Ii gente Menschen lĂ€nger leben als beschrĂ€nkte, und daĂ
Gelehrte am Àltesten werden. Daà man hei einseitig-körper-
licher Arbeit frĂŒhzeitig altert, ist sicher. Wenn viele Neu-
ronenkomplexe unausgebildet und untÀtig bleiben, wird das
Gehirn zehn bis zwanzig Jahre frĂŒher senil-Ă€trophisch als
ein Denkergehirn, und infolgedessen muĂ der ganze Leib
frĂŒher altern. Denn das Gehirn beherrscht ja in letzter In-
stanz alle Organe, indem es mittelbar auch die vegetativen
Funktionen beeinfluĂt, obgleich diese unmittelbar vom sym-
pathischen Nervengeflecht geleitet werden. Die Geistes-
arbeiter sind auch dadurch bevorzugt, daà ihr geschÀrfter
Verstand sie befÀhigt, viele Lebensgefahren im voraus zu er-
kennen und zu vermeiden, und daĂ ihre Bildung sie an
Trunk, Völlerei und andern Exzessen wenig Geschmack
linden lĂ€Ăt.
Obenan stehen die Philosophen; an ihnen bewahrheitet
sich der alte Spruch: âEin Lohn der Philosophie ist langes
Leben". Einige sehr alt gewordene Weltweise seien hier auf-
gezÀhlt: Thaies wurde 90 Jahre alt, Pythagoras 99, Xeno-
phanes 91, Anaxagoras 72, Gorgias 108, Plato 81, Diogenes 90,
Xenokrates 92, Zeno von Kittion 98, Ghrysipp 81, Epikur 71,
Pyrrho 90, Karneades 85, Averroes 72, Albertus Magnus 87,
Roger Bacon 80, Hobbes 91, Le Vayer 84, Locke 73, Leibniz
70, Fonney 86, Kant 80, Sendling 79, Schopenhauer 72,
Miehelet 92, Wrundt 89 Jahre. (Spinoza, durch Brillen-
schleifen schwindsĂŒchtig geworden, machte eine Ausnahme;
ei wurde nur 44 Jahre alt.)
Von altgewordenen Naturforschern erwÀhne ich Koper-
nikus, der 70 Jahre alt wurde, Galilei, 78 Jahre alt, Newton
85, Buffon 80, Linne 71, Euler 76, Herschel 84, Lamarck 85,
Laplace 78, Gauss 78, Alexander von Humboldt 90, Liebig 70,
Jean-Baptiste Dumas 84. Bimsen 88, PflĂŒger 81 und Chevreul
nahezu 103 Jahre!
Geschichtsehreiber: Thukydides ist 70 Jahre alt ge-
worden, Xenophon 73, Plutarch 70, Mabillon 75, Mommsen
86 Jahre. Der Nestor der neueren Historiker, Leopold
von Ranke, starb in seinem 91. Jahre.
StaatsmÀnner. Diplomaten: Kaunitz, 83 Jahre alt,
Chesterfield 79, Talleyrand 84, Metternich 86, Nesselrode 81,
Guizot 87, Gortschakoff 85, Schmerling 88, Beust 77. Glad-
stone 88, Bismarck 83, Crispi 82, Hohenlohe 82 Jahre.
Dichter, Schöngeister und Literaten: Simonides wurde
ĂŒber 90 Jahre alt, Anakreon 85 Jahre, Pindar 79, Sophokles
90, Euripides 74, Juvenal 80, Petrarca 70, Erasmus von
Rotterdam 71, Hans Sachs 82, Lope de Vega 73, Calderon 81,
Lesage 79, Lafontaine 74, Corneille 78, Fontenelle fast 100
Jahre, Voltaire 84, Diderot 71, Bodmer 84, Gleim 84, Wieland
79, Goethe 82, Manzoni 88, Chateaubriand 80, Lamartine 78.
v. Bauernfeld 88, Longfeliow 75, Tennyson 83, Andersen 70,
Augier 69, Legouve 96, Carlyle 85. Tolstoi 82, Simrock 74,
Paul Heyse 83 Jahre.
Auch KĂŒnstlertum fĂŒhrt oft zur Langlebigkeit. Vieh-
groĂe Maler haben eine hohe Altersstufe erreicht: Perugino
77 Jahre, Albani 82, Michelangelo 89; Tizian wurde ĂŒber
99 Jahre alt, Lukas Kranach 81 Jahre, Franz Hals 86, Peter
Cornelius 84, Le Brun 87, Greuze 79, Horace Vernet 73, Corot
78, Meissonier 76, Anton von W'erner 72, Adolf Menzel 89,
Gabriel Max 75, Defregger 86 Jahre. â Von Komponisten
nenne ich: HĂ€ndel, der im 75. Jahre starb, Gluck, 73 Jahre
alt, Haydn 77, Cherubini 81, Spontini 76, Auber 89, Meyer-
beer 72, Rossini 76, Gounod 75. Wagner 69, Verdi 87, Gold-
mark 81, Eduard StrauĂ 81 Jahre. Die ausĂŒbenden Musiker
haben zwar geringere Lebenschancen als die Komponisten,
es gibt aber bemerkenswerte Ausnahmen: Die im Jahre 1881
verstorbene SĂ€ngerin Elise Farnese ist 105 Jahre alt ge-
worden, der SĂ€nger und Gesanglehrer Manuel Garcia fast
102 Jahre, der Kapellmeister der Kurkapelle des Bades Elster,
Johann Christian Hilf, 103 Jahre, und der Turiner Musiker
Benedetlo Bazetti 100 Jahr alt. â Plinius berichtet, daĂ ein
TonkĂŒnstler namens Xenophilus ohne irgendein körperliches
Leiden 105 Jahre alt geworden sei. â Ernst Challier hat ein
Material von 3737 TodesfÀllen bekannter Musiker aus den
Jahren 1870 bis 1913 zusammengetragen und bearbeitet; nach
dieser im BuchhÀndler-Börsenblatt 1914 veröffentlichten
Statistik ergab sich das ansehnliche Durchschnittsalter von
61 Jahren und 1 Monat. (Weshalb die O g 1 e sehen Ziffern
fĂŒr die englischen Musiker ungĂŒnstig lauten, vermag ich
. nicht zu erklÀren.)
Endlich sei erwÀhnt, daà auch der militÀrische Beruf
nach Ausweis einiger Statistiken, vornehmlich nach den Auf-
stellungen von A. Legrand, Anwartschaft auf langes Leben
gibt. Das gilt speziell fĂŒr den hohen Offizier, der im Kriegs-
fÀlle persönlichen Gefahren weniger ausgesetzt ist als der
Gemeine. GlÀnzendes Gehalt enthebt ihn der Nahrungs-
sorgen, auch von Sorgen fĂŒr die Zukunft der Gattin und der
Kinder wird er durch Aussicht auf deren Pensionen mög-
lichst befreit; seine ehrenvolle TĂ€tigkeit wechselt zwischen
gesunder geistiger Arbeit und Bewegung im Freien; das Zu-
sammenwirken dieser Faktoren ist offenbar gĂŒnstig. Am
Ende der Napoleonischen Epoche waren von 36 GenerÀlen
der Revolutionszeit noch 26 am Leben; diejenigen, die vor
dem 50. Lebensjahr gestorben waren, hatten keinen natĂŒr-
lichen Tod gefunden; von den ĂŒbrigen wurden 4 ĂŒber
70 Jahre alt und 10 starben als AchtzigjÀhrige. Ihr mittleres
Lebensalter belief sich auf 72 Jahre und 3 Monate! Von alt-
gewordenen berĂŒhmten Feldherren erwĂ€hne ich den Prinzen
Eugen, 72 Jahre alt, BlĂŒcher 77, Wellington 83, Radetzky 91.
Moltke, 90 Jahre alt. Auch viele ehemalige gemeine Sol-
daten sind auffallend alt geworden: Hufeland behauptet
auĂer bei Landleuten, GĂ€rtnern und JĂ€gern finde man nur
unter Soldaten und Matrosen (?)*) die auĂerordentlichsten
Beispiele von langem Leben. Als ein solches nennt er den
Soldaten Mittelstedt, der unter drei preuĂischen Königen
76 Jahre lang diente. 17 Schlachten mitmachte, viele W unden
*) Dem widerspricht der Hygieniker F o n s s ;i g r i v e s. dei
als ehemaliger Chefarzt der französischen Marine hesondere Auto-
ritĂ€t hat. âEin Matrose zeigt mit 50 Jahren alle ZĂŒge eines vor-
zeitigen Greisenalters und sogar die Marine-Offiziere altern vor
der Zeit, trotz des Wohlstands und der Pflege, womit sie sich
umgeben können.'" ^Prof. Fonssagrives. ..Therapeutique de
In phthisie pulmonaire ". 2. ed.. Paris 1880. p. 61
40. Jahrg. - Nr. 9.
Dkum S5 philis
davontrug und im Jahre 1792 starb, L 12 Jahre alt. Bei der
Zentenarfeier von 1813 sah man fĂŒnf Veteranen, die 120 bis
125 Jahre alt waren. Es kommt freilich in Betracht, daĂ nur
auserlesene, vollstÀndig gesunde Menschen Aufnahme in den
Soldatenstand finden, wohingegen alle andern Berufe einen
[hehr oder minder groĂen Prozentsatz kranker Individuen
aufnehmen.
C ;i s \) e r, R 0 s c 0 e T a y I e r und andere haben Durch-
schnittszahlen der Sterblichkeit verschiedener Klassen von
Geistesarbeitern berechnet und verglichen, aber die Ergeb-
nisse dieser Rechner stimmen so wenig ĂŒberein, daĂ ich auf
die Wiedergabe verzichte. Nur soviel sei erwĂ€hnt, daĂ
M a d d e n. der das gröĂte Material prĂŒfte, gefunden hat, daĂ
die Philosophen die langlebigsten Kopfarbeiter sind, indem
sie durchschnittlich 75 Jahre alt werden, die Dichter mit 57
Jahren die kurzlebigsten.
Da diejenigen Berufsarten, welche das Gehirn beschÀf-
tigen und ĂŒben, lebenverlĂ€ngernd wirken, ist es nicht rat-
sam, solchen Beruf aufzugeben und sich âzur Ruhe zu
setzen'", was hÀufig darauf hinauslÀuft, daà die Ausruhen-
den in Klublokalen, Weinstuben, Bierkneipen oder Cafes
hocken, von frĂŒh bis spĂ€t rauchen und sich âtödlich" lang-
weilen. Die menschliche Maschine versagt dann gar bald
den Dienst, wie ein Uhrwerk, dessen treibende Feder ge-
schwÀcht worden ist. Dr. P. Rehm schreibt in seiner Ab-
handlung âSchlaf und Schlaflosigkeit", Halle a. S. 1905,
S. 8 f.: âIch war einige Zeit in einer Gegend tĂ€tig, in der in-
folge plötzlicher enormer Steigerung der Bodenrente fast alle
jungen Herren sich das Arbeiten abgewöhnten. Die meisten
starben anfangs der Vierziger!" Nicht einmal SchwÀchlinge
und KrĂ€nkliche profitieren vom Nichtstun. âWenn ein
schwÀchliches und hinfÀlliges Wesen anhaltend arbeitet, so
hat es gar nicht die Zeit zum Kranksein; ĂŒberlĂ€Ăt es sich
aber der Liebe zum VergnĂŒgen, so wird der MĂŒĂiggang es
töten." (Dr. Padioleau, âVon der moralischen Heil-
kunde". Uebers. v. Eisenmann, WĂŒrzburg 1865, S. 125.)
Wer Jahrzehntelang geistig tÀtig gewesen ist, sollte bedenken,
daĂ ihm die Kopfarbeit zum Leben notwendig geworden ist
und sich lieber einem neuen Arbeitsgebiet zuwenden als
gĂ€nzlich feiern. Steckenpferde, LiebhaberkĂŒnste und Ver-
einswesen ersetzen die Berufsarbeit nicht! Am besten ist es,
die gewohnte TĂ€tigkeit in verringertem Umfang beizube-
halten, indem man einen Teil der Last auf jĂŒngere Schultern
abwÀlzt. So kann der Kaufmann einem Prokuristen oder
GeschÀftsteilhaber, der Arzt einem Assistenten, der Gelehrte
einem SekretĂ€r einen Teil der Arbeit ĂŒbertragen, ebensogut
wie der Handwerker einem Altgesellen; nur guter Wille ge-
hört dazu und ein Verzicht auf die Eitelkeit, die alles selbst
machen möchte und mit keiner fremden Leistung zu-
frieden ist.
Leider ist dieser Weg fĂŒr die zwangsweise Pensionierten
nicht gangbar. Andere Kopfarbeiter könnten sich wohl bei
herannahendem Alter allmÀhlich entlasten, so namentlich die
groĂen Unternehmer, Industriellen und Börsenleute, aber
gerade diese ziehen es meistens vor, unablÀssig weiterzu-
arbeiten, bis sie zusammenbrechen. Sie stehen unter einem
Zwange, der es ihnen erschwert, rechtzeitig auszuspannen.
Richtig bemerkte Prof. C. E. Bock, daà GeschÀftsleute ihr
Gehirn mehr ĂŒberanstrengen als Gelehrte, weil sie Tag und
Nacht an ihre GeschĂ€fte denken; ihr ĂŒberreiztes Gehirn ar-
beitet noch im Schlafe weiter. SchlieĂlich können sie den
fehlerhaften Zirkel nicht mehr durchbrechen; nur wenige
waren dazu imstande, wie jener königliche Kaufmann
Jakob Fugger, der sich rĂŒhmte, daĂ er jeden Abend mit
den Kleidern alle GeschÀftsgedanken und GeschÀftssorgen
abgelegl habe. Die modernen Streber können das nicht; sie
kommen ans der TretmĂŒhle nicht heraus. Sogar wenn sie
Erfolg gehabt haben, in gĂŒnstige Lage und glĂ€nzende Stel-
lungen gelangt sind, bleiben sie seufzende Knechte. Im Alter-
tum und im Mittelalter muĂten sich die meisten Menschen
abrackern, weil sie Sklaven oder Leibeigene waren; in der
Neuzeit mĂŒssen sie es, wenn sie Sklaven ihrer kĂŒnstlichen
BedĂŒrfnisse, ihres Wohllebens und ihrer Habgier sind. Wenn
Arbeitstiere UbermĂ€Ăig angestrengt werden, wird ihre
Lebeinsdauer abgekĂŒrzt; nichl anders ergebt es ĂŒberanstreng-
ten GeschÀftsleuten; selten erreicht ein solcher das höhere
Greisenalter. Die Fanatiker der Arbeil kennen Epikurs Lusl
der Ruhe nicht, oder wenn sie sie endlich kennen lernen, ist
es zu spÀt.
Wir kommen zu dem SchluĂ: BerufstĂ€tigkeit, innerhalb
angemessener Grenzen betrieben, konserviert, muĂ alter in
spÀtem Jahren eingeschrÀnkt und im höchsten Alter auf-
gegeben werden. Dem Greisenalter ist Ruhe notwendig, als
Einleitung und natĂŒrlicher Uebergang in die ewige Ruhe.
Ein steinalter PrÀfekt der PrÀtorianer unter Hadrian, der
freiwillig von seinem hohen Posten zurĂŒckgetreten war, lebte
noch sieben Jahre auf dem Lande so glĂŒcklich und zufrieden,
daĂ er sterbend sich die Grabschrift bestimmte: âHier ruht
Similis, der sehr alt geworden ist, aber nur sieben Jahre ge-
lebt hat." (Jo. Xiphilinus in vita Hadriani, 2bT>.)
BezĂŒglich der WertschĂ€tzung beruflicher Arbeil besteht
zwischen antiker und moderner Denkweise ein fundamentaler
Unterschied: Die Allen schĂ€tzten Arbeit gering, ĂŒberlieĂen
Handwerk, Musik, Arzneikunst usw. den Sklaven; Arbeil als
Selbstzweck wÀre ihnen unbegreiflich gewesen, uns aber er-
scheint sie als ehrenvoll, ja als Pflicht. âArbeit ist des BĂŒr-
gers Zierde". Anders dachte der Grieche: âTue nicht viel,
wenn du gutes Mutes sein willst!" (Demokrit, zitiert von
Mark Aurel IV, c. 24); und der Römer pries die MĂŒĂigen,
âdenn sie allein leben!" (Seneca, âVon der KĂŒrze des Le-
bens", c. 14), wobei er allerdings eine gedankenreiche philo-
sophische MuĂe im Auge hatte. Einen Nachklang dieses
heidnischen Ausspruchs finden wir beim Skeptiker Mon-
taigne: âEr hat sein Leben im MĂŒĂiggang zugebracht," sagst
du, und âich habe heute nichts getan." âWie? Hast du denn
nicht gelebt?. Das ist nicht nur deine ursprĂŒngliche, sondern
auch deine vornehmste BeschÀftigung." (Essais III. 13.) In
wohltuendem Gegensatz hierzu steht der Spruch desPsalmislen,
wenn das Leben köstlich gewesen, sei es MĂŒhe und Arbeit
gewesen. Hierin liegt Wahrheit. Sicherlich ist Arbeit ein
wirksames Mittel gegen allerhand Ungemach und fĂŒr man-
chen UnglĂŒcklichen ist sie sogar eine Art von Narkotikum.
DaĂ berufliche TĂ€tigkeit in enger Beziehung zur Makrobiotik
steht, hat auch der alle Hufeland eingesehen; im praktischen
âąTeil seiner âKunst, das menschliche Leben zu verlĂ€ngern",
hat er gegen lebenverkĂŒrzenden Nichtgebrauch unserer KrĂ€fte
âals einziges, aber freilich nicht beliebtes Mittel bestimmte
Berufsarbeit" dringend empfohlen.
Salvarsanlose Behandlung der Syphilis.
(Die erfolgreichste und ungefÀhrlichste Methodik.
80 % bis 90 % Heilungsresultate).
Von Dr. med. D r e u w - Berlin.
Die bisher ĂŒbliche Syphilisbehandlung mit Salvarsan
hat, wie im folgenden bewiesen wird, versagt, da dieses Mit-
tel nicht dauernd heilt, im Gegenteil in 75 â 84 Prozent der
FÀlle versagt und schwere KörperschÀdigungen verursacht.
Die Salvarsanfrage ist die wichtigste .sozialhygienische Frage,
die es gibt. Dies wird m. E. in seiner vollen Tragweite aber
weder von den Medizinalverwaltungen und Krankenkassen,
noch von den breiten Volksschichten, noch von der m. E.
einseitig orientierten Aerzteschaft erkannt. Wenn Salvarsan
nicht heilt, sondern in vielen FÀllen tötet, lÀhmt und er-
blindet, ja sogar verblödet, dann wird, da z. B. in Frankreich
und England jede vierte Person nac h amtlichen Berichten
geschlechtskrank ist, angesichts der gewaltigen Zunahme
der Syphilis in allen LĂ€ndern der Welt der gröĂte Schaden
fĂŒr die gesamte Menschheit angerichtet. Die Salvarsanfrage
bat daher bei Millionen von Syphilitikern internationales
Kulturinteresse. Die Zunahme der Geschlechtskrankheiten
ist zum groĂen Teil durch die verfehlte Behandlung mittels
des m. E. menschentötenden, nervenzerrĂŒttenden und
nicht heilenden Mittels bedingt, das zu alledem durch
192
ĂŒreuw: Syphilis
40. Jahrg. â Nr. 9.
den verbreiteten Optimismus noch die Moral vergiftet und
den Leichtsinn groĂgezogen hat. Autoren wie Ehrlich,
Wochselmann, P i n k u s, Wassermann, L e s s e r,
Isaak, Z e i Ă 1, Kirchner, Lentz u. a. haben daher
eine schwere Verantwortung gegenĂŒber der Volkswohlt'ahrt
aller LĂ€nder auf sich geladen, als sie 1910 die unbewiesene
Behauptung mit verbreiten halfen, die Syphilis habe ihre
Schrecken verloren. Wie die gewaltige Millionenzunahme
derselben ergibt, entspricht diese Behauptung nicht den Tat-
sachen. In der Tat wurde auf dem HautÀrztekongreà 1921
ein Teil der Aerzteschaft sich der schweren Verantwortung
bewuĂt, daĂ man jahrelang diese ungeprĂŒfte Behauptung
verbreitet hat. Denn auf diesem KongreĂ wurde von autori-
tativer Seite (Nonne-Kyrl e) bewiesen, daĂ das Salvarsan
die Syphilis zwar von der Haut weg, aber wahrscheinlich in
das Nervensystem hineinbefördert. Damit ist m. E. der
Bankerott des Mittels festgestellt. Zieht man nicht die Kon-
sequenz daraus, so wird er zum betrĂŒgerischen Bankrott.
Mit den schÀrfsten Mitteln muà daher gegen den Optimismus
angekÀmpft werden, um der Welt zu zeigen, welches Ver-
gehen es bisher war und weiterhin ist, ein m. E. nicht
heilendes, dafĂŒr aber die Nerven zerrĂŒttendes Produkt 12
Jahre lang ohne genĂŒgende PrĂŒfung und ohne BeschrĂ€nkung
durch eine Höchstdosis fĂŒr die gesamte Menschheit autori-
tativ zu empfehlen. Die PrĂŒfung bei Millionen geschah so,
daĂ man es kombiniert mit dem seit 4 Jahrhunderten er-
probten Quecksilber anwandte, eine Methodik, mit der man
beweisen kann, daĂ destilliertes Wasser stark desinfiziert,
wenn man â KarbolsĂ€ure zusetzt. Die UnregelmĂ€Ăigkeiten,
die von Àrztlicher, behördlicher und nichtÀrztlicher Seite ver-
ĂŒbt, haben den Verfasser veranlaĂt, bei der preuĂischen Re-
gierung den Antrag zu stellen, daĂ endlich die auf seinen An-
trag in, dieser Frage vom Parlament bereits vor 4 .Jahren
beschlossene paritĂ€tische PrĂŒfungskommission einberufen
wird, um AufklĂ€rung ĂŒber Tatsachen und ĂŒber die stattge-
fundenen UnregelmĂ€Ăigkeiten zu schaffen. Denn die Salvar-
sanfrage ist, wie die Entwicklung derselben ergeben hat,
eine soziale Wissenschaft.
BĂŒcher und Schriften, die sich das groĂe Ziel setzen,
hier aufklĂ€rend zu wirken, können und dĂŒrfen gegenĂŒber
der gegnerischerseits beliebten Kampfmethode nicht in der
bisher ĂŒblichen Weise verfaĂt sein. Daher muĂ deren
Sprache eine andere sein, als bei anderen wissenschaftlichen
Fragen, die nur in der Fachpresse erörtert werden. Es kann
npi eine Sprache sein, Àhnlich der, die Semmelweià den
ZustÀnden der damaligen Zeit widmete und die Victor Hugo
in seinen âLes miserables" und andere Kritiker1) gefĂŒhrt
Ich zitiere, was in Band 7, Heft 10, 192'2 der âZeit-
schrift fĂŒr Sexualwissenschaft" Dr. med. W.
SchweiĂhei m e r u. a. ĂŒber mein Buch : âDie Sexual-
revolution" schreibt: âNun ist noch auf einen sehr wesent-
lichen Punkt der Dreuw?schen AusfĂŒhrung (in seiner âSexuĂ€l-
revolution") einzugehen: das ist die persönliche Kampfesweise
Dreuw's. Er geht in einer persönlichen Art. gegen verdiente
VorkÀmpfer in der GeschlechtskrankenbekÀmpfung' vor, die auf
den Vertreter einer rein sachlichen wissenschaftlichen Kampfes-
weise recht unangenehm wirkt. Dieser anfangliche Eindruck
verstĂ€rkt sich bei wiederholter LektĂŒre des Buches. Anderer-
seits â und das muĂ der gerecht Urteilende auch zugeben â er-
scheint diese persönliche Kampfesweise nicht unverstÀndlich, ja
fast nicht anders möglich, wenn man aus den Schilderungen
Dreuw's, nicht ohne innerliche ErschĂŒtterung, vernimmt, wie
persönlich im schlimmsten Sinn der Kampf gegen ihn seit der
Zeil seiner SalvarsanbekĂ€mpfung gefĂŒhrt wurde. Der Eindruck
verstÀrkt sich noch ganz bedeutend, wenn man jetzt nach dem
Erscheinen des DreuW'schen Buches das sogenannte âBeferat"
in den âMitteilungen der Deutschen Gesellschaft zur BekĂ€mpfung
der Geschlechtskrankheiten" (Band 19, S. 124) liest, das im höch-
sten Grad unsachlich, im ĂŒbelsten Sinn persönlich abgefaĂt ist.
Wer in solcher Weise eine gerade fĂŒr diese âMitteilungen" be-
deutungsvolles Buch referiert, der hat das Bechl verwirkt, sich
ĂŒber persönliche Angriffe zu verwundern oder zu entrĂŒsten.
PaĂ das kein Einzelfall, sondern ein System in den âMitteilungen"
der D. G. B. G. ist, das geht aus dem in der gleichen Nummer be-
ll ndlichen Prolest der âBerliner Gesellschaf i fĂŒr Bassenhygiene"
hervor, die sich energisch dagegen wendet, daĂ die Schriftleitung
der âMitteilungen" sich das Becht anmaĂt, Andersdenkenden die
Sachkunde abzusprechen, nur weil sie zu anderen Ergebnissen
der Ueberlcgung gekommen sind.
haben, um die ZustÀnde ihrer ZeitlÀufte zu schildern und zu
bessern.
Die Salvarsanfrage ist durch die Tagespressentaktik von
vornherein zu einer politischen, einer wirtschaftlichen, einer
kapitalistischen Frage gestempelt worden. Das Mittel wurde
daher zuerst hauptsÀchlich auch durch die Tagespresse, nicht
durch die Fachpresse populÀr, was schon dadurch bewiesen
wird, daĂ fĂŒr dieses Patentprodukt 1910 bis 1911 Annoncen,
wie sie sonst bei neuen PrĂ€paraten ĂŒblich sind, in der Fach-
presse sich erĂŒbrigten.
In den folgenden Zeilen soll auf die wichtige Kultur-
frage der Syphilisbehandlung ohne Salvarsan ausfĂŒhrlich
eingegangen werden.
Der breitesten Oeffentlichkeit dĂŒrfen nur solche Metho-
den als heilend empfohlen werden, die genĂŒgend erprobt
sind und nicht wie beim Salvarsan (und bei der momentan
einsetzenden französischen Wismutreklame, die bei sage und
schreibe 100 (!) Personen âerprobt" sein soll], bei etwas 500
Menschen inkorrekt und beim Menschen nur ein halbes Jahr
lang erprobt war, als im Juni 1910 plötzlich aus tausend Ka-
nĂ€len verbreitet wurde, die Syphilis sei ĂŒberwunden, es sei
ihr der âGiftzahn" ausgebrochen (E h r 1 i c h), ein Blatt und
FangschuĂ genĂŒge (Prof. Alt), eine Spritze heile die Sy-
philis (Ehrlich), in etwa 100 Prozent der FĂ€lle beob-
achte man ein Umschlagen der Wassermann'schen Reaktion
(Prof. Wechselmann, Prof. Z e i Ă 1 u. a.) usw. usw. Ob-
schon diese Nachrichten den Stempel der Unwahrhaftigkeit
auf der Stirn trugen, wurden sie damals von einer gutglÀu-
bigen Aerzteschaft und von dem Publikum als Wahrheil
sogar bis heute von letzterem angenommen.
Bei der Syphilisheilung muĂ letzten Endes die Erfah-
rung vieler Jahrzehnte, nicht der in Bezug auf die Heilung
völlig versagende Wassermann ismus die Entscheidung geben,
der bei dieser Frage leider eine allzu verhÀngnisvolle Rolle
gespielt hat. Was daher ein Mann wie Dr. Engel-Rei-
mers (Hamburg), der verschiedene Menschenalter hindurch
das gröĂte Syphilismaterial beobachten konnte, und was
andere Gelehrte auf Grund von in vielen Jahrzehnten gewonne-
nen Erfahrungen konstatiert haben, gilt, da diese Erfahrun-
gen sich auf nicht patentierte Methodik bezogen, mehr als
die heute 12 jÀhrige Patent-Salvarean- Wissenschaft.
Prof. G e n n e r i c h konstatierte, daĂ bei Anwendung
des Salvarsans 84 Prozent der untersuchten RĂŒckenmarks-
flĂŒssigkeilen mit Salvarsan behandelter Patienten noch
pathologisch waren, bei der Quecksilberanwendung dagegen
nur 30 %. Damit ist die Ueberlegenheit der von mir seit
20 Jahren konsequent angewandten salvarsanlosen
Syphilisheilung erwiesen, lieber das Salvarsan aber
gilt letzten Endes das, was der Berliner UniversitÀtsphar-
Auch die EinwÀnde gegen die persönliche Kampfesweise
Dreuw's können dem Wesen seines neuen Buches nichts anhaben.
Es verdient auf jeden Fall die weiteste Verbreitung, namentlich
in allen jenen Kreisen, die direkte oder indirekte Mitarbeiter an
der Ausrottung eines ausrottbaren Krankheilsherdes sind oder
sein wollen."
Die Mitteilungen der D. G. B. G. schrieben:
..Das seit Monaten mit groĂer Beklame angekĂŒndigte Buch
ist jetzt erschienen. Dem eigentlichen polemischen Hauptteil ist
ein wissenschaftlicher Teil, im wesentlichen kompilatorischen
Charakters, vorausgeschickt. Der Best ist, ein umfangreiches,
vorwiegend gegen die 1). G. B. G. und ihre FĂŒhrer gerichtetes
Pamphlet, dessen Niveau sich auf der Höhe frĂŒherer Dreuw-
scher Publikationen bewegt. Schade, daĂ der Preis dieses Pamph-
lets ein so hoher ist â 80 M. â und daĂ infolgedessen nicht
weitere Kreise sich von der vornehmen Kampfesweise dieses
âSexualrevoltionars"', ĂŒberzeugen können. Aber vielleicht dĂ€m-
mert nun doch den FĂŒhrerinnen der Frauenbewegung, sowie den
Abgeordnetender verschiedenen Parteien, in welcher Gefolgschaft
sie sich da bewegen und legen sich die Frage vor, ob nicht der
âDiskretionismus", den der Autor verficht, ebenso einzuschĂ€tzen
ist, wie seine Kampfesweise."
Diese âKritik" steht im Gegensalz zu der last gesamten
groĂen deutschen Presse.
Nach Heyse, Fremdwörterbuch. S. (V7'2. bedeutet ĂŒbrigens
Pamphlet (Palme: die Hand. Feuillet: das Blatt; eine Flugschrift,
ein Flugblatt, eine kleine Schrift, auch mit dem besonderen Sinn
eines beleidigenden Inhalts: SehmÀhschrift.
Die âSexualrevolĂŒtion" umfaĂt 528 Seiten, sie .schmĂ€ht nirhl.
aber sie sagt die Wahrheit, die lange warten kann.
40. Jahrg. â Nr. 9.
Dreuw: Syphilis
.makologe Prof. L. Lew i n sein ich: âNoch nie isl ein fĂŒr den
gerĂŒhmten Zweck so bedeutungsloses und so gefĂ€hrliches
Produkt mit einem solchen Aufwand marktschreierisch auf-
dringlicher Phraseologie an den dummen Mann zu bringen
versucht worden."
Im ĂŒbrigen verweise ich auf meine BĂŒcher: âDie Salvar-
sangefahr", âHaut- und Geschlechtskrankhelten", âDie
Sexualrevolution", âIm Kampf fĂŒr Wissenschaft und Wahr-
heit" u. a.
WĂ€hrend der ministeriellen Salvarsan - Konferenz am
1. 2. 19 trat v. W as se rm a n n an den Verfasser heran und
fragte ihn, wie er denn ohne Salvarsan die Syphilis in der
Poliklinik und Privatpraxis behandele. Antwort: âMit einer
seit 400 Jahren erprobten Methode, Herr Geheimrat, wÀhrend
die Ihrige noch erprobt werden muĂ, bei der auch heule noch
jeder Privatpatient ein Versuc hsobjekt ist." Wir sehen vor
lauter neuen Methoden und Methödchen und Modifikationen
des kombinierten-) Salvarsansystems (etwa 500 Kombinations-
möglichkeiten bei 7 Salvarsan- und noch mehr Quecksilber-
prĂ€paraten!) .âdie" Methode nicht mehr, d. h. eine allgemeine
Verwilderung an Stelle eines festgefĂŒgten, aber je nachdem
modifizierbaren Programms ist eingetreten. FrĂŒher hatte der
Arzt eine Richtlinie. Ja, wenn man Salvarsan nur fĂŒr be-
stimmte FÀlle empfohlen und es mit einer Höchstdosis ver-
sehen hÀtte und die gute alte Kur in ungefÀhrlichen Dosen
hÀtte bestehen lassen!
Der Verfasser steht seit 20 Jahren im Kampfe gegen die
Geschlechtskrankheiten und ĂŒbt eine seit 400 Jahren er-
probte Methodik in völlig ungefÀhrlicher Weise aus.
Der Verfasser hat als Polizeiarzt bei den Prostituierten
die Heilaussichten der von ihm empfohlenen Methodik fest-
stellen können. Wie gĂŒnstig diese Heilungsresultate sind
und daĂ der gröĂte Prozentsatz aller Syphilitiker zur Heilung
gebracht ist, geht aus einer Statistik hervor, die er auf dem
Berliner PolizeiprÀsidium angestellt und in den Monats-
heften fĂŒr praktische Dermatologie, Band 52, 1911, Seite 455,
in der Arbeit: âIntermittierende oder symptomatische Be-
handlung der Syphilis?" veröffentlicht hat. 500 an Syphilis
Erkrankte, deren Syphilis 1 â 25 Jahre zurĂŒcklag, wurden
vom Verfasser befragt, wann sie die erste Kur gemacht und
wieviel Kuren sie gemacht hÀtten. Da in Berlin die Prostitu-
ierten rein symptomatisch behandelt werden, d. h. nur dann
eine zweite Kur machen, wenn sie neue syphilitische Symp-
tome haben, so lĂ€Ăt sich aus dieser Statistik eine Beurteilung
des Auftretens neuer Symptome der alten Syphilis erkennen.
Hatte aber eine der 500 von mir Befragten seit 20 Jahren
keine Kur mehr gemacht, obschon sie wöchentlich unter-
sucht wurde, so hatte sie eben in den 20 Jahren keine neuen
Erscheinungen mehr gehabt, war also praktisch gesprochen
geheilt. Es stellte sich nun heraus, daĂ nach 1â2 Kuren
mindestens 60 Prozent viele Jahre lang von 3 bis zu 25 Jahren
keine Erscheinungen der Syphilis mehr gezeigt hatten, wie
die KontrollbĂŒcher ergaben.
Und der erwÀhnte Hamburger Syphilidologe Engel-
Reimers, der durch verschiedene Menschenalter mehr als
je ein Arzt beobachtet, hat konstatiert, daà nach der bewÀhr-
ten Hg-Methode etwa 90 Prozent aller Syphi-
litiker geheilt wenden, wenn die Kuren sorgfÀltig und
einige Jahre lang durchgefĂŒhrt werden. Aber mit einer oder
mehreren Spritzen, wie Ehrlich und seine SchĂŒler be-
haupteten, mit 100 Prozent Sicherheit mit einer Kur im An-
fange der Krankheit, ist eine Behauptung von âTatsachen",
die sich auf nicht genĂŒgende Beobachtungszeit stĂŒtzten, da
eben nach 15â20 Jahren die Paralyse und Tabes erst auf-
treten.
Einem jeden Patienten, der in meine Privatpraxis mit
frischer primÀrer oder sekundÀrer Syphilis kommt und mit
Salvarsan behandelt zu werden wĂŒnscht oder fordert,
*) Der Vater der âKombination" war, als Salvarsan ,.allein
schon Ende 1910 versagt hatte, Erich Hoffmann. Wie n'm den
Geburlsort Homers, so streiten sicli auch ĂŒber diese wichtige,
m. E. aber Verlegenheits-Entdeckung viele andere Autoren.
mache ich, schon seil fO Jahren auf die TodesfÀlle (H a Ii n 6
in einem Jahr, Arndt 12, Hille 7, Ho ff mann ö,
S cholt z 4, X U m b u s c h usw.) und die in der Literatur
festgelegten furchtbaren Tatsachen'') aufmerksam, ich erklÀre,
ihm, daĂ eine Dauerwirkung des Salvarsans bis heute nicht
nur nicht bewiesen, sondern sogar unwahrscheinlich sei, daĂ
schwere NervenschÀdigungen vorkommen, daà TodesfÀlle be-
obachtet worden sind und daĂ ich gar keine Garantie ĂŒber-
nehme gegen eventuelle NervenschÀdigungen und keine Ga-
rantie fĂŒr eine eventuelle Heilung, daĂ aber zweifellos das
Salvarsan in sehr vielen, aber nicht in allen FĂ€llen die Symp-
tome beseitige, daĂ sie aber in den meisten FĂ€llen wieder-
kÀmen und ferner, daà Salvarsan, wie dies meist geglaubt
wird, kein spezifisch wirkendes Serum, sondern ein Arsen -
prÀparat ist. Dann erklÀre ich dem Patienten auch die Kehr-
seite der Medaille, daà wir Àhnliche Wirkungen sowohl im
positiven als im negativen Sinne auch bei in 4 Jahrhunderten
bei Millionen von FĂ€llen erprobten Methoden sehen und habe
es bis heute kaum erlebt, daĂ jemand unbedingt mit einer
Salvarsaneinspritzung behandelt sein wollte, mit der ein
einziger Arzt als bester Techniker in einem Jahre 6 Leute
verloren hat, die heute ohne ihn und das Salvarsan noch
leben wĂŒrden. Wenn ich ihm dann noch erklĂ€re, daĂ ich als
Polizeiarzt in fast jedem Falle eine Nichtheilung durch Sal-
varsan konstatieren konnte und daĂ der Vetter E h r 1 i c h s
durch eine Anzeige beim PolizeiprĂ€sidium dafĂŒr gesorgt, daĂ
ich diese FÀlle nicht mehr in der Fachpresse veröffentlichen
konnte, und daĂ man mich spĂ€ter entlieĂ, um die Beobach-
tungen nicht mehr machen zu können, wenn ich dann ihm
noch weitere UnregelmĂ€Ăigkeiten mitteile, dann hat jeder
Patient mit EntrĂŒstung eine derartige Methode von sich ge-
wiesen.
Schon 1910 bis 1914, also 4 Jahre nach der EinfĂŒhrung
des Salvarsans, konstatierte die amtliche Statistik 25 Proz.
mehr FĂ€lle von Syphilis im LIeere. Es wurden ferner fest-
gestellt von 1910 bis 1914: 100 Prozent mehr in den
KrankenhÀusern, 75 Proz. Nichtheilungen nach Prof.
HĂŒbne r, 84,7 Proz. nach Prof. G e n n e r i c h4), 50 Proz.
mehr rĂŒckfĂ€llige Erkrankungen der Prostituierten nach der
EinfĂŒhrung des Salvarsan schon 1911, 5 Prozent Erkrankun-
gen an Salvarsan-Gelhsucht, 2°/oo TodesfÀlle, kaum Abortiv -
Heilung nach Prof. Meirowsk i. Wo hat man in der
âKölner Statistik" etwas davon gehört, daĂ damals Prof.
Henneberg ĂŒber drei, Prof. Hahn ĂŒber 6 TodesfĂ€lle
berichteten. Ist das Vorsetzen einer derartigen âStatistik",
die allein 9 TodesfĂ€lle von 2 Aerzten âvergessen" hat, nicht
irrefĂŒhrend? Und wie viele âVergeĂlichkeiten" könnte
3) Ich zÀhle wahllos nur folgende FÀlle von zugegebenen
TodesfĂ€llen auf: Kromayer 2, Minkowski 2, BrĂŒnns 1, Dr. Herzo 4,
Ilofmann, Riecke, Bering je 1, Henneberg 3, Zimmern 6, Fischer 2,
Kindfleisch 2, Hammer 2, Jacoby 2, Ingolsadt innerhalb einiger
Wochen 13, Nolten 1, Klieneberger 2, Zion 2, Ceelen 1 usw. usw.
Wie viele werden nicht veröffentlicht? Nach meiner Berechnung
stirbt jeder 500 ste Salvarsanpatient durch Salvarsan. Die Be-
ziehung der Kölner Statistik, Idie auf 225 780 Einspritzungen durch
182 Aerzte nur 12 TodesfÀlle ergab, wÀhrend in dieser Zeit der
statistischen Befragung 1918/1919 viele Aerzte (Hahn) mit vielen
TodesfÀllen gar nicht befragt wurden] auf Einspritzungen ist un-
richtig. Denn da durchschnittlich jeder Patient fĂŒr die Gesamt-
kur 30 Einspritzungen bekommt, starben von etwa 8000 Patienten
12, d. h. jeder 700 ste. Wie viel bei richtiger Befragung? Hahn
hatte allein 6 im Jahre 1919. 183 Aerzte also 18!
Wo hat jemals vor der SalvarsanÀra ein Mittel in einem
Lazarett innerhalb kurzer Zeit 13 TodesfÀlle, in einer Klinik
8 bezgl. 12 innerhalb eines Jahres (Arndt) und bei einem anderen
Arzt innerhalb eines Jahres sechs (Hahn) erzeugt? Schon 1914
starben in Amerika im Country Hospital an Neosalvarsanver-
giftung 7 Patienten. Der Bericht lautete: âFour men died at
various hoursup to midnight Saturday. Three more passed away
between an early hour yesterday morning and 3 o'clock in tlie
afternoon." Wo hat je ein Mittel 281 FĂ€lle von Jkterus insge-
samt bei 1913 Patienten in einem Jahr (1921) (Arndt Medic. Klinik
1922, Nr. 8) erzeugt? Dabei waren die behandelnden Aerzte die
besten Techniker. (Siehe Kichtlinicn des Reichsgesundheitsrats).
4) Im Sinne der heute geltenden Auffassung, daĂ ein positiver
Wassermann oder ein pathologischer Liquor, das Noch-Vor-
handensein eines Symptoms der Syphilis, im neuen Sinne, eines
Abwehrsymptoms bedeuten.
19+
Dreuw: Syphilis
10. Jahrg.
Nr. 9.
ich auĂerdem noch der âKölner Statistik"") nachweisen?
Jedes 25. in Deutschland gehorene Kind ist nach Loeser
syphilitisch! (Wo bleibt hier die versprochene Sterilisierung
und Heilung?) Wir hatten 1900 etwa 200 000, 1921 Millionen
Geschlechtskranke. Amtlich wurden in PreuĂen auf 100 000
salvarsanbehandelte FÀlle festgestellt: 620 Hautzerstörungen
an der Einspritzstelle, 1,3 Erblindungen, 2,6 Ertaubungen, 4
Schwerhörigkeit, 61,3 Gehirnvergiftungen, 224 LÀhmungen,
16 sichere und 14 wahrscheinliche TodesfÀlle, also beinahe
jeder 100. Patient erlitt einen Unfall. Und die Kölner Statistik
rechnet auf 163 000 Injektionen einen Unfall! Durch das
neueste Silbersalvarsan wurden in letzter Zeit drei Leute ge-
tötet (FÀlle von Prof. R i e c k e, Dr. Ho ff mann, Prof,
Bering); ein 21 jÀhriges MÀdchen wurde durch in der Haut
sich niederschlagendes Silber (Lochte) und zahlreiche Men-
schen durch ArsenniederschlÀge schwarzgefÀrbt.6)
Da nun Prof. Gennerich noch in seinem Buche âDie
Syphilis des Zentralnervensystems, nachgewiesen hat, daĂ bei
8000 Soldaten das Salvarsan trotz allerbester Behandlung die
Hirnerweichung, Gehirnsyphilis und RĂŒckenmarksschwind-
sucht mit Sicherheit erwarten lĂ€Ăt (Seite 146 des Buches), so
muĂ m. E. ein Verbot erfolgen, da sonst die Gefahr der Ver-
blödung des glÀubigen Volkes bei vielen Millionen Ge-
schlechtskranken besteht. Seite 2 dieses umfangreichen
Werkes heiĂt es, es könne keinem Zweifel unterliegen, daĂ
die HĂ€ufigkeit der Gehirnerkrankungen zugenommen habe,
Seite 6, daĂ nach der Allgemeinbehandlung mit Salvarsan
sich eine Beschleunigung der Hirnerweichung und der
RĂŒckenmarksschwindsucht zeige, Seite 11, daĂ die bisher
ĂŒbliche Salvarsanbehandlung trotz ausgiebigster Durch-
fĂŒhrung nicht zum Ziele, im Gegenteil, zur Hirnerweichung
und RĂŒckenmarksdarre gefĂŒhrt, Seite 137, daĂ sie nur zum
Scheinerfolg gefĂŒhrt, daĂ nach zwei bis drei Jahren mit
Sicherheit auf ernste Gehirnerscheinungen geschlossen wer-
den könne, Seite 128, daà in etwa 40 v. H. der FÀlle mit Ent-
zĂŒndungsvorgĂ€ngen an den GehirnhĂ€uten zu rechnen sei,
Seite 146, daĂ auch im FrĂŒhstadium der Syphilis trotz aller-
bester Salvarsanbehandlung gar nicht selten schwere Ent-
zĂŒndungsvorgĂ€nge an den GehirnhĂ€uten zustande kĂ€men, bei
der bisher ĂŒblichen Salvarsanbehandlung sei entweder eine
LÀhmung (Neurorezidiv) oder nach lÀngerem Verlaufe eine
Gehirn- oder RĂŒckenmarkssyphilis oder RĂŒckenmarks-
schwindsucht (beziehungsweise Hirnerweichung mit Sicher-
heil zu erwarten.
Der Kranke hat also demnach die Chance, entweder an
Arsenvergiftung zugrunde zu gehen oder zu verblöden, weil
die Gaben zu groĂ sind, oder ungeheilt zu bleiben, weil sie
bei einer Maximaldosis zu klein sind. In diesem Dilemma
befand und befindet sich der Staat, der glaubt mit Vogel -
strauĂpolitik die Frage zu lösen. Schon fragt Prof. Finger,
ob man angesichts der Gennerich sehen Feststellungen
u >ch Salvarsan anwenden darf.
Einen Vortrag, den der Verfasser den Aerzten der physi-
kalisch-diÀtetischen Richtung hielt, begann er mit 'den
Worten: âIch bin kein Salvarsangegner" (Unruhe. Lassen
Sie mich doch ausreden!) â âwenn man es in einer Dosis
gibt, die nicht schadet, d. h. wenn der Staat diese festsetzt in
einer Höhe, die fast sicher keinen Todesfall oder einen son-
stigen schweren Unfall herbeifĂŒhrt. Aber der Staat â der
möglicherweise fĂŒrchte, eine Maximaldosis verschlechtere die
Valuta ĂŒberlasse die Auswahl der Maximaldosis den
B) Der Àrztl. Mitarbeiter des Berl. Tageblatts Dr. Mamlock
^-vön'V1" Nr; 87 "die. Kölner Kommission verzeichnet auf
225 780 Einspritzungen 12 TodesfÀlle, d. h. also 1 ⹠18 815" Mit
derartigen Behauptungen wird die Ăffentlichkeit falsch orien-
v ,Vdl^ solche Zahlen als Tatsache auffaĂt, wĂ€hrend sie in
Wirklichkeit, wie Dr. Mamlock in meiner âSexualrevolution"
lesen konnte, konstruiert sind.
l'eber das Zustandekommen und die Fehler dieser Statistik"
siehe mein Buch âSexnalrevolution", S. 287.
«i Ein ganzes Buch der âSalvarsanpathologie" könnte man
schreiben die Gennench'schen und amtlichen Resultate sind der
l enersicht und des Zusammenhanges wegen aus dem Aufsnt?
T hÀretisches > und Praktisches zu? SvphilTslherÀpie WFor cn
der Medizin 1922. Nr. 8) entnommen.
Aerzten, weil er eben keine Verantwortung ĂŒbernehmen wolle.
Und diese wĂŒrden vor Gericht von SachverstĂ€ndigen7) freige -
sprechen, wenn sie jemand kĂŒnstlich getötet, geblendet, taub,
siech und krank gemacht hÀtten. Gibt man Salvarsan in
einer Dosis, die ungefÀhrlich ist, dann hört es eben auf, etwas
Besonderes zu sein, dann hat es keine Wirkung mehr im
Sinne der SalvarsananhÀnger.
Ich verwende aus allen den erwĂ€hnten GrĂŒnden die Medi-
kamente nur in Dosen, die unter der Maximaldosis bleiben.
Das ist mein prinzipieller Grundsatz bei jeder Behandlung.
Ich mache innerhal/ von 2 Jahren, unbekĂŒmmert darum, ob
neue Symptome kommen oder nicht, jedes halbe Jahr eine
Kur mit einem kaum schmerzenden PrÀparat, das nicht
schadet. Nur wenn bei allen diesen Prozeduren bei einer
frischen Syphilis die Symptome nicht weichen wollen, was
aber nur ausnahmsweise vorkommt, verwende ich die ver-
schiedensten Behandlungs-Kombinationen. Aus den zahl-
losen Krankengeschichten einer nunmehr 20 jÀhrigen Er-
fahrung gebe ich bloĂ die folgende: Ein Direktor einer groĂen
Fabrik holt sich 1909 einen PrimÀraffekt. Der Patient wollte
eine bestehende Verlobung mit einer Dame aus allerersten
Kreisen auflösen. Ich riet ihm ab. Er möge die Heirat zwei
Jahre hinausschieben. Er machte innerhalb von 1 K> Jahren
3 Kuren durch. Heiratete gegen meinen Willen schon nach
\lA Jahr, ĂŒbte aber den Geschlechtsverkehr zunĂ€chst mittels
PrÀservativ aus. 2 Jahre nach dem Entstehen des PrimÀr-
affektes teilte er mir mit, daà seine Frau in Hoffnung wÀre.
Die Geburt verlief normal. Das Kind und ein noch folgendes
waren gesund und sind gesund geblieben, ebenso wie die
Eltern.
SelbstverstÀndlich habe ich auch manche FÀlle erlebt,
wo nach 2, ja nach 3 und mehr Jahren noch Rezidive kamen.
Denn die Einwirkung auf die Syphilis ist nicht nur abhÀngig
von der Art und der Virulenz des Erregers, sondern auch
von dem Körperzustande des Patienten. Diese 3 Faktoren
spielen eine groĂe Rolle derart, daĂ m. E. die Therapie die
Hauptaufgabe hat, den Körperzustand physikalisch-diÀtetisch
und medikamentös derartig zu heben, daà der Erreger und
seine Sporen durch die KrÀfte der Natur (natura sanat) und
die UnterstĂŒtzung des Arztes (medicus curat) immer mehr
abgeschwÀcht und abgetötet werden, bis letzten Endes der
Körper frei davon ist.8) Daà Quecksilber in leichten und un-
gefÀhrlichen Dosen anregend, stimulierend auf das Körper-
wachstum wirkt, wissen wir aus dem Pflanzenreiche, wo das
Wachstum durch leichte Sublimatdosen angeregt und be-
schleunigt wird.
Ich erinnere mich folgenden Falles aus meiner Praxis:
Ein Herr, der eine groĂe Rolle wĂ€hrend der November-
tage 1918 gespielt, holte sich damals einen PrimÀraffekt, den
er nicht weiter beachtete. Er sollte 4 Monate spÀter einen
hohen Posten ĂŒbernehmen, konnte es aber nicht, da er in-
folge der Syphilis zusehends abmagerte und allmÀhlich zum
Skelett wurde. Verschiedene Aerzte hatten das charakte-
ristische Bild der Syphilis-Kachexie nicht erkannt, obschon
deutliche syphilitische Papeln vorhanden waren. Eine leichte
Behandlung in der geschilderten Weise besserten das Gewicht
des Patienten und das Ă€uĂere Aussehen derartig, daĂ er bald
wie neugeboren war und seinem Berufe vorstehen konnte.
7) Z. B. erklÀrte ein SachverstÀndiger, 0,6 g, die eine Er-
taubung hervorgerufen halte, sei nicht zu viel. M. E. sollten in
allen medizinischen Fragen, wie ich es in meinem diskretionisti-
schen Gesetzentwurf formuliert habe, in lege ferenda nur Sach-
verstÀndigenkommissionen, zu denen der KlÀger und der Be-
klagte, jedenfalls aber der letztere, einen Vertreter ernennen
dĂŒrfte, fĂŒr das Gericht maĂgebende Gutachten abgeben, da die
Medizin eben keine exakte, sondern eine subjektive Wissen-
schaft ist.
8) Ehrlich betrachtete als Laboratoriumsforscher âthera-
pia magna sterilisans") den Menschen sozusagen als ein lebendes.
SpirochÀten beherbergendes Reagenzglas, in das man bloli
Arsenobenzol zu spritzen brauche. Der Körper ist dagegen eine
aus Millionen von Zellen und vielen Geweben und Organen be
stehende, Ă€uĂerst subtil reagierende Schöpfung, von der das
Wort gilt, daĂ es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gibt,
als unsere Weisheit sich trĂ€umen lĂ€Ăt, die nach anderen Ge-
setzen, wenn sie pathologisch alteriert ist. als eine Recurrens
Maus, sich reguliert.
mi Jahrg. Nr. 9 Dreuw: Syphilis P.»5
Nach '- Jahr kam ein Rezidiv, das m derselben Weise wiedei
beseitigt wurde, er machte dann noch zwei Kuren bei mir
hirch und heule ist der Patient gesund und geht seinem Be-
rufe nach. Ich weide mich hĂŒten, zu behaupten, er wĂ€re
völlig gesund und auĂer Gefahr, da eben sowohl die Virulenz
der Erreger als die Körperkraft inkommensurable GröĂen
sind- Es ist geradezu vermessen und gröĂenwahnsinnig,
einer Reaktion, die â was die Heilung betrifft â so unbe-
stimmt, unspezifisch, ungenau und bei negativem Ausfall
nichtssagend, bei positivem Ausfall ebenfalls nichtssagend
ist (Beweis 80 jÀhrige Greise, die vor 60 Jahren Lues hatten,
liaben positiven Wassermann, Leute, die vor 5 Jahren Lues
hatten Und den Körper voller Papeln, haben negativen
W assermann) eine Bedeutung fĂŒr die Frage: Heilung oder
Sicht, zuzuschreiben.
Und wieviel Syphilodophoben werden gezĂŒchtet? Eine
ElitÀrperson, die seit etwa 20 Jahren frei von Symptomen
ist, wird zufÀllig gewassermannt. Positiv! Salvarsanzwang,
Rotz allen StrÀubens. Salvarsantod in einigen Tagen. Die
Flau mit ihren gesunden Kindern verdankt den Verlust ihres
Bannes dem Wassermanndogma und ist der Verzweiflung
iahe. Und wie viele solcher und Àhnlicher FÀlle erlebt man
1 der Praxis. Wie viele Selbstmorde verschuldet der
\Vassermannismus. d. h. die Uebertreibung der Grenzen
fieser Reaktion.
Ich war wohl einer der ersten, der eine rein objektiv -
â chliche Kritik in Nr. 4 der Deutschen medizinischen
Wochenschrift 1910 ausĂŒbte, als der Wassermannismus mit
meinen Uebertreibungen À la Steinach, Fried mann,
I h r 1 i c h usw. sich der Tages- und Fachpresse bemÀchtigt
liatte. Es war damals ein Wagnis, gegen den Strom zu
schwimmen. Aber auch heute ist meine damalige Kritik
per den Wassermannismus â wenn auch vielleicht noch
â was zu zaghaft â doch im allgemeinen zu recht bestehend.
Dr. D rey er (Köln) sprach damals im Reichsmedizinal -
»zeiger von einer befreienden Kritik durch diesen meinen
\ufsatz.
Wenn die AnhÀnger der physikalisch - diÀtetischen
1 lierapie") behaupten, ohne Medikamente der Syphilis Herr
»erden zu können, so mag dies in solchen FÀllen, die leichter
Natur sind, möglich sein. Der Verfasser bekam z. Zt. Ge-
legenheit in Hamburg u.. a. 1 Fall zu sehen. Es handelte sich
im den Sohn eines nicht approbierten Krankenbehandlers,
ler trotz 2 jÀhriger Behandlung mit allen Mitteln der Natur-
pilkunde, am Körper, auf dem Kopf, im Munde und im Ge-
richt so viel eiternde und papulöse Erscheinungen hatte, daĂ
'i eine öffentliche Gefahr darstellte. Nach einigen Ein-
spritzungen in Verbindung mit physikalisch-diÀtetischen
Vorschriften waren innerhalb 4 Wochen alle Stellen abge-
teilt. Ich frage jeden einsichtigen Menschen und Arzt, ob es
ii diesem Falle nicht verkehrt gewesen wÀre, von einer in
^ringen Dosen ungefĂ€hrlichen â so auch in diesem Falle â
Methode Gebrauch zu machen?
Die Frage der Maximaldosierung ist bei jeder Behand-
lung die Hauptsache. Mit zu viel oder zu wenig Wasser oder
acht kann ein Patient getötet werden. Namentlich bei phar-
nazeutisch-differenten Mitteln aber ist die Maximaldosis-
'estsetzung unbedingt nötig. Die Frage, ob man Quecksilber
»der Arsen oder beides geben soll, ist daher eine Frage der
â M aximaldosierun g".10) Es ist ein Zeichen der groĂ-
1 Prof. Klei n, ein physikal-diÀtel. Arzt, stellte im Berliner
verein fĂŒr physikal-diĂ€tet. Therapie 3 FĂ€lle vor, die monatelang
»'nie Quecksilber behandelt worden waren. In der Diskussion
sonnte ich bei allen 3 noch deutliche syphilitische Papeln nach
veisen. M. E muĂ eine Syphilistherapie â Ausnahmen bestĂ€tigen
he Regel â entweder allein oder mit physikal. Methoden zu-
lammen innerhalb einer gewissen Zeit die sichtbaren Symptome
»eseitigen. lieber die Dauerwirkung wissen wir a priori bei
;emer Methode etwas Genaues, wohl a posteriori.
10 ) Prof. Heffter IMedic. Klinik 1922, Nr. 71 hÀlt Maximal-
losen zwar fĂŒr erforderlich, nur beim 30 %! Arsen enthaltenden
»alyarsan nicht! Leider nahm die âMedizin. Klinik1' meine
Entgegnung und ihre GrĂŒnde nicht auf, so da» es mir nicht
nogiich war, Prof. Heffter in extenso zu widerlesen
-in bono''
kapitalistisclien Verwirrung und YYriiTung in dei Medizin,
daĂ seit 10 Jahren bei Millionen von Anwendungen eine
solche beim Salvarsan noch nicht gegeben ist, da sie dann so
klein sein muĂ, daĂ Salvarsan als solches erledigt ist. Hinc
illae lacrimae! Fs ist daher interessant, einmal zu verfolgen,
was der Staat (d. b. Personen) bisher getan hat, um das Volk
(6 TodesfÀlle durch einen Arzt in einem Jahre! 12u) durch
einen anderen, davon 8 in 5 Monaten! 13 TodesfÀlle 1918 in
Ingolstadt!! usw.) vor dem kĂŒnstlichen Arzneitod zu bewah-
ren. Die Antwort lautet: Seit 10 Jahren strÀubt er sieh mit
HĂ€nden und FĂŒĂen gegen die ErfĂŒllung dieser selbstver-
stÀndlichen Forderung.
Das Kapitel âMaximaldosis" gewann ein gewisses Inter-
esse auf der sogenannten âSalvarsankonferenz" im Ministe-
rium des Innern am 1. 2. 1919, zu welcher ich als einziger
Salvarsangegner geladen war. Ein allgemeines Staunen er-
regte die Mitteilung des wohl besten Arsenkenners in
Deutschland, des Geh. Med. -Rat Prof. Dr. L. L e w i n, des
Pharmakologen der Berliner UniversitÀt, als er hier die
Maximal dosis von Salvarsan sehr gering
angab und bemerkte, daà eine Erhöhung aus pharmako-
logisch-toxikologischen GrĂŒnden kaum angĂ€ngig wĂ€re. Da
aber mir als einzigen geladenen- Salvarsangegner bei der
Spezialerörterung dieser Frage um 5^ Uhr nachmittags, von
Ministerialdirektor Kirchner das Wort nicht gestattet
wurde, so sehe ich mich veranlaĂt, meine Meinung ĂŒber
dieses so wichtige Kapitel kurz12) zu erwÀhnen.
Es existiert vom Salvarsan bisher rioch keine Maximal -
dosis, obschon die Regierung schon seit dem Jahre 1914 auf
meine Anregung hin in den Parlamenten fast jedes Jahr
interpelliert wird, wie es mit der Feststellung derselben be-
stellt ist.
Die sogenannten Richtlinien des Gesundheitsamts sind
eine IrrefĂŒhrung insofern, als sie eine Maximaldosis vor-
tÀuschen, die von Gottstein gefordert, von Gruberu. a.
und der gesamten Kommission, zu der spezialÀrztlich aus-
gebildete Gegner nicht hinzugezogen waren, abgelehnt wurde.
Es ist m. E. verhÀngnisvoll, daà die letzteren systematisch
von der Mitarbeit in diesen Fragen seit Jahren ferngehalten
wurden. Der Staat muĂ diesen Fragen gegenĂŒber volle Neu-
tralitÀt walten lassen.
Entweder ist die Regierung nach nunmehr 12 jÀhriger
âPrĂŒfung" imstande, anstatt die Verantwortlichkeit fĂŒr die
Dosierung dem behandelnden Arzt zu ĂŒberlassen, endlich
eine Maximaldosis festzustellen, oder aber sie handelt wie
schon bisher gegen die Interessen der Bevölkerung, wenn sie
weiterhin jeden beliebigen Arzt, ob er Erfahrung hat oder
nicht, mit jeder beliebigen Dosis Einspritzungen machen lĂ€Ăt.
Der Aufsatz âMaximaldosen nicht offizieller Arzneimittel"
von L. Lewin in Nr. 37, 1916, der âMed.-Klinik" gibt die
Salvarsanmaximaldosis auf 0,03, die von Neosalvarsan und
Salvarsannatrium auf 0,04 g an. Auch sonst enthÀlt dieser
Aufsatz wichtige Fingerzeige.
Das Einhalten der Maximaldosis ist aber nicht bloĂ beim
Salvarsan, sondern auch bei anderen differenten Medikamen-
ten erforderlich. Ausnahmen bestÀtigen die Regel. Wenn
z. B., weil autoritativ von Prof. Neider u. a. empfohlen,
statt der Quecksilber-Maximaldosis, die 0,02 g betrÀgt, tag-
aus, tagein nicht aus medizinischen, sondern aus Bequem -
u) Der Vergleich mit der Chloroformnarkose ist unrichtig,
denn 1. wirkt diese absolut sicher schlafbringend; 2. ist sie völlig
unentbehrlich; 3. hat sie bloà 1 : 3000 TodesfÀlle. Salvarsan
aber heilt nicht sicher, es ist entbehrlich und tötet im Ver-
hÀltnis 1 : 500.
12) Zumal die âMedizinische Klinik" ebenso wie die ĂŒbrige
fĂŒhrende Fachpresse seit 8 Jahren keinen Salvarsanaufsatz, so
auch meine ausfĂŒhrliche Abhandlung ĂŒber âMaximaldosen" leider
nicht aufnehmen wollte. (Siehe âSexualrevolution" S. 291). So
ist auch mein Buch ,Die S a 1 v a r s a n g e f a h r" (1914) den
Aerzten nicht bekannt, da sich 1914 alle fĂŒhrenden medizinischen
FachblÀtter weigerten, selbst eine Annonce zu veröffentlichen
und die Zensur wĂ€hrend des Krieges eine Kritik des âaner-
kannten Heilverfahrens" mit einem Jahr GefÀngnis bedrohte.
Das Gericht in MĂŒnchen hat am 9. 3. 21 konstatiert, daĂ das Ver-
halten der Fachpresse vielleicht zum Sehaden der Entwdckelung
der Wissenschaft war
196
Dreuw: Syphilis
40. Jahrg. â Nr. 9.
lichkeitsrĂŒcksichten, damit der Patient nicht so hĂ€ufig zum
Arzt gehen soll, 0,1 g Mercinol oder Salizylquecksilber ge-
geben wird, soll man sich dann wundern, wenn TodesfÀlle
passieren? Wer ein GlÀschen Alkohol auf einmal vertrÀgt,
fÀllt vielleicht bei 5 auf einmal um. Gegen diese zum Gesetz
durch âAutoritĂ€ten" wie Lesser, N e i Ă e r u. a. erhobene
schrankenlose Verwilderung in der Medizin gilt es Protest zu
erheben. Nur ausnahmsweise, nicht als Regel soll die Dosis
von 0,02 g ĂŒberschritten werden. Wer gibt den Aerzten das
Recht, umgekehrt zu handeln?
Nach diesen Vorbemerkungen ist mein prinzipieller
Standpunkt heute zur Salvarsan- und zur Quecksilberfrage
gegeben.
Salvarsan wende ich nicht an und habe ich aus GrĂŒn-
den des Gewissens nicht angewandt, weil die Medizinalper-
sonen, anstatt selbst die Verantwortung zu tragen, sie mir
(d. h. dem Arzt) zuschieben wollen. Die Maximaldosis gab
nicht der Staat, sondern der interessierte Erfinder an. Kein
Arzt, sicherlich aber nicht der vielbeschÀftigte praktische
oder Kassenarzt kann die Verantwortung tragen.
Quecksilber wende ich nur in Dosen an, die unter die
Maximaldosis bleiben. Nur in AusnahmefĂ€llen ĂŒberschreite
ich dieselbe mit einem (!) auf dem Rezept. Ebenfalls Jod.
Da Arsen, wie die Geschichte ergibt, zweifellos syphilitische
Symptome beseitigt, Arsen aber ein schweres Gift ist, so
gebe ich es als stÀrkendes Mittel in Dosen, die unter der
staatlich erlaubten Maximaldosis liegen, namentlich wenn
Quecksilber versagt. Diese Methodik, die ich nunmehr seit
etwa 20 Jahren anwende, hat nie eine SchÀdigung und in fast
80â90 % Heilung (gebracht. Der durch Ehrl ich 's
falsche und journalistisch inszenierte Theorie kĂŒnstlich auf-
gebaute intravenöse Weltarsenizismus (Salvarsanismus) muĂ
auf das MaĂ zurĂŒckgefĂŒhrt werden, das Hippokrates schon
angab mit den Worten: âNil nocere!" Da sich immer mehr
herausstellt, daĂ Salvarsan, Arsen und Quecksilber nicht
spirochÀtentötend, sondern nÀhrbodenverschlechternd und
auf das Allgemeinbefinden roborierend und Leukozytose
fördernd wirken, so haben die menschenmordenden hohen
Dosen keinen Zweck. Dazu kommt noch, daĂ die Sporen
der SpirochÀten, die durch Salvarsan nicht abgetötet werden,
Rezidive machen. Exstirpierte salvarsangeheilte Schanker
enthielten noch lebende SpirochÀten.
Mit diesen paar Worten habe ich mein therapeutisches
Glaubensbekenntnis abgelegt, daĂ auch eine Verbindungs-
brĂŒcke zwischen der sogenannten Naturheilkunde und der
sogenannten Schulmedizin zu schlagen imstande ist. Denn
mit Wasser können wir auch Menschen töten, wenn man zu
viel gibt oder es zu kalt oder zu warm anwendet. Die The-
rapie ist letzten Endes nur eine Frage der Maximaldosierung,
ob beim Wasser, Luft und Licht oder Medikamenten, nicht
eine Frage der einzelnen Richtungen, arzneilos oder mit
Arzneien, sie muĂ die Mitte halten in dieser unvollkommenen
Welt zwischen dem âPrimum ut profiteas" (was viele Salvar-
sanisten in âPrimum ut tibi profiteas" verwandeln) und dem
âPrimum ne noceas". Der therapeutische groĂkapitalistische
Irrwahn eines Nichtklinikers und Laboratoriumsforschers
muĂ der Logik der Tatsachen weichen, sonst âFinis mundi
syphilitici", sonst âfinis autoritatis medicinae."
SelbstverstĂ€ndlich soll man â das gilt fĂŒr die extremen
physikalisch-diĂ€tetischen Therapeuten wie fĂŒr die extremen
âAllopathen" â das Gute daher nehmen, woher es kommt,
wenn nur die Maximaldosierung beobachtet wird, wobei Aus-
nahmen die Regel bestÀtigen.
Die einzelnen Schulen und Dogmen sollen der Kianken
wegen, nicht die Kranken der Schulen und Dogmen wegen
da sein.
Es gibt keine absolut ungefÀhrliche Therapie. Auch die
physikalisch-diÀtetische ist nicht absolut ungefÀhrlich. Aber
die Anzahl der UnfÀlle muà zu dem garantierten Nutzen, der
bei allen Mitteln nur was das Verschwinden der Symptome,
nicht aber, was die Dauerheilung anbetrifft, in die Augen
fÀllt, in einem gewissen VerhÀltnis stehen. Beim Salvarsan
ĂŒberwiegen die UnfĂ€lle im Vergleich zum effektiven Erfolg,
der nach S c h o 1 1 z hier nicht schneller w ie bei der Queck-
silberanwendung eintritt. Wie die Literatur ergibt, sind auch
beim Quecksilber FÀlle von Vergiftungen mit tödlichem Aus-
gang zu verzeichnen, allerdings in verschwindender Anzahl,
aber fast immer dann, wenn die staatliche Quecksilber-
Maximaldosis von 0,02 g 3 â 5 mal und noch mehr ĂŒber-
schritten wurde oder die Indikationen nicht berĂŒcksichtigt
wurden. (Oder wenn die neuen kaum geprĂŒften und mit
groĂer Reklame propagierten Hg-PrĂ€parate im Vertrauen auf
die autoritative Empfehlung angewandt wurden. So passierte
eben wieder ein Novasuroltodesfall.) In solchen FĂ€llen sind
durch (z. B. bei Nierenleiden oder Herzfehlern) applizierte
kalte GĂŒsse oder durch kalte BĂ€der oder durch zu warme
BĂ€der auch viele Leute schon gestorben. Daher immer wie-
der und wieder die Mahnung: Richtige Dosierung!
Richtige Indikationsstellun g!13) âU n t e r d o -
s i e r u n g" nicht âUeberdosie r u n g" muĂ die Parole
sein.
Der schlimmste Vorwurf, der dem Quecksilber gemacht
wurde, war der, daĂ es hier und da NierenentzĂŒndungen
mache. In der Tat, wenn man in unverantwortlicher Weise
die Dosierung ĂŒberschreitet! Ich habe bei meiner kleinen
Dosierung und bei der Auswahl einer entsprechenden Tech-
nik in 20 jĂ€hriger Praxis dies kaum erlebt, habe ĂŒberhaupt
nie SchÀdigungen ernster Natur bei vorsichtiger Unterdosie-
rung gesehen.
Ich bemerke ferner, daĂ die von mir seit 20 Jahren
angewandte Methodik, von geringen Ausnahmen abge-
sehen, nie eine SchÀdigung, nie eine LÀhmung, nie eine Er-
blindung, nie eine Ertaubung oder sonst einen nennenswerten
Unfall hervorgerufen hat, daĂ sie, von ganz wenigen FĂ€llen
abgesehen, fast schmerzlos sich gestaltet, was allein daraus
hervorgeht, d Ă zahlreiche Damen wegen der Schmerzlosig-
keit ambulant von mir behandelt wurden. In fast allen
FĂ€llen sah ich ein promptes und ebenso schnelles Schwinden
der syphilitischen Symptome, wie man es beim Salvarsan be-
obachten kann.
SelbstverstĂ€ndlich fĂŒhren verschiedene Wege nach Rom.
Aber diese mĂŒssen ungefĂ€hrlich sein.
Ich erinnere mich eines Falles aus meiner konsultativen
Praxis. Ein Fabrikant war viele Monate nach verschiedenen
Salvarsanbehandlungen talsÀchlich zum Skelett abgemagert.
Das mÀnnliche Glied und der Hodensack waren in ihrem
ganzen Umfange bis in die Tiefe des Unterhautzellgewebes
völlig gangrĂ€nös und von der Haut entblöĂt. Eine offene
geschwĂŒrige und mit eitrigem Belag bedeckte FlĂ€che bot sich
dem Auge dar. Der Patient hatte sich an einen bekannten
Arzt fĂŒr physikalisch-diĂ€tetische Therapie (Wasserheilver-
fahren) gewandt, der mich als Konsiliarius hinzuzog. Jeden
Tag glaubte man, der Patient wĂŒrde vor Erschöpfung ster-
ben. Unter reizloser, lokaler Behandlung und gleichzeitiger,
ganz vorsichtiger, in Unterdosierungen gegebener Jod- und
kleinster Quecksilberzufuhr ĂŒberhĂ€utete sich der Hautdefekt,
der Patient genas vollkommen und wurde sogar wieder
kohabitationsfĂ€hig, ein Erfolg, den auch der Kollege fĂŒr phy-
sikalisch-diÀtetische Therapie voll und ganz anerkannte.
13) Anstatt, daĂ der Reichsgesundheitsrat Salvarsan wie
Optochin beim MilitĂ€r einfach verbietet, gibt er âRichtlinien"
an. Wenn man bei allen den in den âRichtlinien" des Ge-
sundheitsrats angegebenen FĂ€llen, in denen Salvarsan kontrain-
diziert ist, es wirklich nicht gibt, dann bleibt beinahe kaum ein
Mensch ĂŒbrig, der keine Kontraindikation hat. Und schlieĂlich
wird wegen der technischen Forderungen praktisch der prak-
tische Arzt ausgeschaltet. Und gerade dieser ist fĂŒr die Syphi-
lisbekÀmpfung so nötig. Und trotz der technischen Ausbildung:
12 TodesfÀlle bei dem bekanntesten Techniker, von denen aller-
dings 4 FĂ€lle ihm zugewiesen wurden, ein Zeichen, wie viele
Menschen auĂerhalb der Sprechstunde sterben, da der Salvar-
sanikterus noch nach Monaten eintritt. M. E. ist auch die im
Frankfurter Salvarsanprozeà erwÀhnte Lucie Pöllmann an SaH
varsanikterus gestorben, der damals von Prof. B. Fischer (Frank-
furt) eidlich geleugnet wurde. Summum jus, summa injuria! Und
v. Zumbusch gab als SachverstÀndiger am 9. 3. 21 an, der m. E.
durch Salvarsan hervorgerufene Ikterus sei durch die Svphilis
bedingt. (S. Nr. 34, 1921 der Berk klin. Wochenschr.) "Heute
steht jedenfalls das Gegenteil [Arndt, Ingolstadt usw.l fest.
40. Jahrg. â Nr. 9.
Dreuw: Syphilis
197
Wenn in diesem Falle mit Hilfe kleiner Quecksilberdosen
dein auĂerordentlich leidenden Patienten nicht bloĂ das Le-
ben, sondern auch die Lebensfreude wiedergegeben wurde,
wenn er ein gesunder Mensch geworden ist, so mĂŒssen auch
die Gegner der Quecksilberbehandlung m. E. anerkennen,
daà es ein groller Felder gewesen wÀre, bei dieser schweren
lokalen Syphilis nicht die Mittel anzuwenden, die diesen Er-
folg gezeitigt haben.
Noch ein Wort ĂŒIxm- die sogenannte Wassermannsche
Plutuntersuchung, auf die seit 10 Jahren auch in bezug auf
die Heilung soviel Gewicht gelegt wird, daĂ z. B. ein bekann-
ter Berliner Spezialarzt hÀufig alle 11 Tage das Blut einem
Untersuchungsinstitut ĂŒberweist. Mir ist es völlig unklar,
was man hiermit beweisen will, da doch Wassermann selbst
mir gegenĂŒber im Ministerium zugeben muĂte, daĂ man mit
Hilfe seiner Reaktion nicht einen Anhaltspunkt hat, um fest-
zustellen, ob eine Syphilis geheilt sei. Jedenfalls gilt mehr
als die unspezifische, fĂŒr die Attestierung der Heilung völlig
versagende Wassermannsche Reaktion14) das, was ein Mann
Ion der gröĂten Erfahrung verschiedene Menschenalter hin-
durch selbst und auf Grund der Kenntnisse der Geschichte
der Syphilisheilung (vier Jahrhunderte!) ausdrĂŒcklich
konstatieren konnte, nÀmlich der bereits erwÀhnte Dr. En-
gel-Reimers (Hamburg), der folgendes schrieb:
âDie Heilbarkeit der Syphilis (mittels des Quecksilbers)
ist eine mathematisch sichere Tatsache und man kann sagen,
daĂ die Heilung in etwa 80, vielleicht selbst in 90 Prozent
aller FĂ€lle in einem Jahre nach der Infektion erfolgt. Sie
heilt oft genug spontan oder bei rein symptomatischer Be-
handlung. Ein milder Verlauf im Anfange gibt aber abso-
lut keine prognostische GewĂ€hr fĂŒr die Zukunft, und darum
ist, weil diese Zukunft, wie wir jetzt wissen, eine Unsumme
von Gefahren aller Art bringen kann, in allen FĂ€llen, auch
den mildesten, eine spezifische Behandlung geradezu
Pflicht."
DaĂ aber Quecksilber15) ebenso schnell die Symptome be-
seitigt wie Salvarsan, beweist Prof. S c h o 1 1 z, einer der be-
kanntesten SalvarsananhÀnger, der am 26. Jan. 1920 im Ver-
ein fĂŒr wissenschaftliche Heilkunde in Königsberg wörtlich
folgendes sagte:
âDer Indikationen zur Anwendung der Salvarsanthcra-
pie werden vielfach viel zu weitgehend gestellt. Zur rein
symptomatischen Behandlung der Syphilis werden wir das
Salvarsan kaum nötig haben, da auch Quecksilber die Er-
scheinungen aller Stadien, vielleicht mit Ausnahmen der be-
ginnenden Aortitis (Wie lange noch?) fast ebenso prompt
beseitigt. ... Die Erfahrungen mit Silbersalvarsan sind im
ganzen nicht besonders gĂŒnstig. Eine erheblich stĂ€rkere bak-
terizide Wirkung des Silbersalvarsans gegenĂŒber dem Alt-
salvarsan konnte beim Menschen nicht festgestellt werden,
und die WaR wurde nicht annĂ€hernd so stark beeinfluĂt,
wie durch eine krĂ€ftige SalvarsanquecksilberkĂŒr. Neuro-
rezidive (LÀhmungen) und Enzephalitis (Hirnödem durch
Salvarsan) und schwere Dermatitiden kamen vor, so daĂ wir
bis jetzt (!!!) im Silbersalvarsan keinen erheblichen Fort-
schritt gegenĂŒber Altsalvarsan sehen können." (Beil. Klin.
Wochenschrift 1920, Nr. 28.)
n) Die Wassermannsche Reaktion besieht bekanntlich darin,
8aĂ bei einer Mischung von ,r> Reagentien (1. Syphilil. Leberexlrakl,
- inaktiviertem Syphilitikerserum, 3. Komplement, d. h. frisches
Serum, 4. inaktiviertem hÀmolytischem Ambozeptor und 5. roten
Hammelblutkörperchen), die letzteren dann u n au f gel ö s t
bleiben, wenn das Serum Nr. 2 syphilitisch ist. sich aber lösen,
d. h. lackfarben werden, wenn es nicht syphilitisch oder Malaria-
Frambösie - Scharlach - Typhus - Lyssa - Pneumonie - Tuberkulose-
Karzinom-Serum ist. Die Talsache der Lösung oder Nicht-
lösnng ist durch Zufall und unter unrichtigen Voraussetzungen
von Wassermann gefunden worden, was sein Verdienst nichl
schmÀlert, sie entdeckt zu haben, wenn nur die Beurteilung im
Rahmen des ZulÀssigen geblieben wÀre.
15) In der Salvarsandebattc der Berliner medizinischen Gesell-
schaft am 'iÀ. Januar 1922 erklÀrte der Nachfolger Ehrlichs,
Kolle, er arbeile momentan an einem verbesserten Quecksilber -
PrĂ€parat. 12 Jahre nach der âTherapia magnaslerilisans"! Ein
Zeichen der Zeil! (Siehe âSexualrevolulion", S. 3.r>(>). O (in w
mutatio rerum! In 2â3 Jahren lauf! das Salvarsanpatent ab.
Wie aber beweist Prof. Scho 1 1 z seine Dauerbeilung des
Salvarsans in ca. 100 %, da es kein Kriterium fĂŒr diesen
Beweis gibt, wie mir Wassermann selbst zugeben muĂte in
der Salvarsan-Konferenz des Ministeriums? Wie aber soll
die gröĂere Schnelligkeit exakt festgestellt werden? Ange-
nommen, 3 Patienten stecken sich bei demselben Weihe an.
Sie werden alle gleichmĂ€Ăig mit derselben Metbode beban-
delt. Bei dem einen schwindet der PrimÀraffekt in 8 Tagen,
heim anderen in 14 Tagen, beim dritten in 3 Wochen. ' Dies
hÀngt eben von individuellen, nicht bloà von therapeutischen
VerhĂ€ltnissen ab. Die Entscheidung, âschnell" oder
â1 a n g s a m", ist daher r e i n s u b j e k t i v.1*) Ich sehe bei
reiner Quecksilberbehandlung das Schwinden der Symptome
ebenso schnell vor sich gehen â Ausnahmen bestĂ€tigen die
Regel â wie beim Salvarsan angegeben. Hier war ange-
sichts der Geschichte des Salvarsanismus wohl der Wunsch
der Vater des Gedankens. Und mit dieser unbewiesenen,
weil unbeweisbaren Massensuggestion wurde das Salvarsan
in der Tagespresse populÀr, da die ersten Autoren
(W e c h s e 1 m a n n, v. Z e i Ă 1 u. a.) verbreiteten, die Symp-
tome schwÀnden wie Butter in der Sonne und in 100 Prozent
schlĂŒge der positive Wassermann um.
Fasse ich zusammen, so hat das Salvai sanexperiment
zur âHeilung" der Syphilis den Patienten, die an frischer
Syphilis erkrankt waren, keinen Nutzen gebracht. Die Re-
gierungen aller LĂ€nder mĂŒssen, ob sie wollen oder nicht, ein
Verbot des die Nerven des Volkes ruinierenden (Nonne,
Gennerich, Kyrie) Produktes bewirken, da es noch
nebenbei die Menschen siech, gehirn- und leberkrank, blind
lahm, blöd, schwarz (Melanose) und tot macht. An Stelle
der von Ehrlich ausgefĂŒhrten Uebermaximaldosierung
muà die hÀufiger anzuwendende und gefahrlose Unter-
maximaldosierung treten, wobei es der Arzt in der Hand hat,
je nach der Lage des Falles auf eigene Verantwortung höhere
Dosen anzuwenden. Aber die Regel muĂ sein: Unter der
Maximaldosierung bleiben! Bei der Syphilis, einer chroni-
schen Erkrankung, muĂ mindestens 2 â 3 Jahre lang behan-
delt werden. Dies muĂ gesetzlich festgesetzt werden, da
zahllose BlÀtter, Aerzte und Krankenbehandler den
Patienten mitgeteilt haben, nach einer einzigen Kur sich mit
99 Prozent Sicherheit als geheilt anzusehen. Die Syphilis ist
als Volksseuche nicht Sache der Aerzte allein, sondern Sache
des Volkes und des Gemeinwohls. Die seit Jahrhunderten
erprobten Methoden dĂŒrfen bei so wichtigen Volksseuchen
nicht durch sexualkapitalistische neue im Handumdrehen auf
Grund autoritativer (NeiĂer, Wechselmann, Ehr-
lich, Blaschko, Salomon, Herxheimer, Baer,
M arkus usw. usw.) Empfehlungen und einer groĂen Re-
klame verdrÀngt werden. Die neue Methodik (Salvarsan,
Neosalvarsan, Silbersalvarsan, Neosilbersalvarsan, Sulfoxy-
lat, Salvarsannatrium, Salvarsan Nr. 1882, diese verschiede-
nen PrÀparate allein oder kombiniert angewandt, vor oder
nach der seit Jahren erprobten Therapie in hohen oder
kleinen Dosen intravenös, subkutan, intramuskulÀr, in Ver-
bindung mit etwa 20 verschiedenen QuecksilberprÀparaten,
sogar in der âMischspritze" (L i ns e r), mit und ohne WaR-
Beurteilung usw. usw.) hat namentlich bei immer neuen
SalvarsÀnprÀparaten in die bisher klare Methodik der Sy-
philisbehandlung (da kein Arzt mehr weiĂ, wie er behan-
deln soll, und jede AutoritÀt ihre allein seligmachende Kom-
hination und Technik hat, bei der etwa 500 verschiedene
Kombinationsmethoden in Frage kommen) eine v e r w i 1 -
,B) Noch subjektiver ist die Auffassung âgut" oder âschlecht".
Da kein Mensch weiĂ, was âgute" oder âschlechte" kombinierte
Salvarsan-Bchandlung ist, so ist es auch unrichtig, darauf hin-
zuweisen, wie die angegriffenen Salvarsanisten dies tun; wenn
man âgut" mit Salvarsan (d. h. reichlich) behandele, dann er-
gĂ€ben sich bessere Resultate. Ich habe die Auffassung, daĂ
jeder Salvarsanist die âbeste" Methode vor dem anderen Salvar-
sanisten hat. Wenn aber z. B. Gen n er ich und Meirowsky
behaupten, wenn Gen n er ich âgut" behandelt hĂ€tte, dann hĂ€tte
er bessere Resultate erzielt: ja, wer hinderte ihn denn daran,
âgut" zu behandeln bei etwa !S00 verschiedenen Kombinations-
möglichkeiten? âWer vieles bringt, wird jedem etwas bringen."
Aber auch: âMan sieht vor lauter BĂ€umen den Wald nicht".
198
Tscherning: Hypnose
40. Jahrg. â Nr. 9.
d c r n de Vo r w i r r u ri g gebracht, von der der praktische
Arzt mit seinen allgemein geschÀtzten ethischen
Erfahrungen sich mit Schaudern fernhÀlt, da er als
ethisch-Ă€rztlich fĂŒhlender, nicht ĂŒber Leichen gehender
>Icnsch sein Gewissen rein halten will.
Als Semmel w e i Ă, der gegen die wissenschaftlich
sanktionierte Tötung von Menschen und die gemeingefÀhr-
lichen Bestrebungen in der Geburtshilfe seine Stimme im
.fahre 1850 erhol) und schlieĂlich die Sterblichkeit durch
Puerperalfieber von 12,24 Prozent auf 1,27 Prozent herab-
drĂŒckte, den Kampf gegen Hofrat Scanzoni fĂŒhrte, der
durch die Auffassungen von SemmelweiĂ schwer kom-
promittiert wÀnde, Àhnlich wie die SalvarsananhÀnger durch
den Salvarsankampf, da schwieg man ihn tot und beleidigte
ihn. Hatte er doch den Mut gehabt, seinem gröĂten Gegner,
dem Prof. der GynĂ€kologie Scanzoni die ewig denkwĂŒr-
digen Worte zu schreiben: âWas Sie, Herr Hofrat, als prak-
tischer Arzt an der Menschheit gefrevelt, das schweigt in der
Stille des Grabes. Das Morden muà aufhören, und damit das
Morden aufhöre, werde ich Wache halten. FĂŒr mich gibt es
kein anderes Mittel, dem Morden Einhalt zu tun, als die
schonungslose Entlarvung meiner Gegner, und niemand, der
das Herz auf dem rechten Fleck hat, wird mich tadeln, wenn
ich dieses Mittel ergreife." (Vergl. SchĂŒrer v. Waldheim,
Ignatz Philipp SemmelweiĂ, S. 172, 173.)
Auch der Kampf der Salvarsangegner, der ein Welt-
anschauungskampf ist; richtet sich gegen die âwissenschaft-
lich" sanktionierte Tötung von Menschen. âNiemand, der das
Herz auf dem rechten Fleck hat, wird uns Salvarsangegner
tadeln." Die Wahrheit ist auf dem Marsche, niemand wird
sie auf die Dauer aufhalten können.
Salus, non mors aegroti suprema lex medici esto!
Aus der inneren Abteilung des Augusta-Hospitals. Berlin.
(Chefarzt Professor Dr. Schlayer.)
Heilung eines schweren lebensbedrohenden
Inanitionszustandes durch Hypnose.*)
Von Dr. Tscherning, Assistenzarzt.
Je mehr sich die Hypnose in weiteren Kreisen der
Aerztewelt, entgegen der bisher von dieser Seite aus beob-
achteten ZurĂŒckhaltung durchzusetzen vermag, desto mehr
tritt mit den wachsenden Erfolgen auch die alte Forderung
in den Hintergund, nur psychogene Krankheitsbilder hypno-
therapeutisch in Angriff zu nehmen. Sehen wrir doch tag-
tĂ€glich, in wie weitgehendem MaĂe sich gerade auch die
organisch bedingten Beschwerden vieler innerlich Kranker
flurch eine richtig dosierte Hypnosetherapie erfolgreich be-
einflussen lassen.
Der nachstehende Fall aus dem internistisch-psycho-
pathologischen Grenzgebiet möge zur Illustration dienen, daĂ
wir selbst in ZustÀnden akuter Lebensgefahr keine Kontra-
indikation erblicken, ja daĂ sich sogar in unserem Falle die
Existenz des Individuums nur auf diese Weise erhalten lieĂ.
Der 46jÀhrige Offizier K.B. war vor dem Kriege immer ge-
sund, krÀftig und allen Anforderungen des Dienstes gewachsen.
Aus dem Felde brachte er ein Magenleiden zurĂŒck, das in einem
anderen hiesigen Krankenhause wegen der bestehenden Super-
aziditÀt und der Druckempfindlichkeit unter dem Processus xiphoi-
deus als Ulcus ventriculi diagnostiziert und weswegen ihm im
vergangenen Jahre eine Operation nahegelegl wurde, der sich
Patient aber nichl unterzog. Der frĂŒher volle und Lebensfrohe
.Mann nahm seit seiner plötzlichen Entlassung im Mai 1919 stÀndig
ab, fĂŒhlte sich mĂŒde, nervös und abgespannt und verlor mit der
RegelmĂ€Ăigkeit des Schlafes immer mehr den Appetit, vertrug
keine gewĂŒrzten und voluminösen Speisen mehr und zeigte
allerlei hypochondrische Ansichten und Beschwerden. In engem
Zusammenhang mit diesen steht ein ProzeĂ, den er seit der Ent-
lassung mit der MilitĂ€rbehörde ĂŒber seine PensionsgebĂŒhren
fĂŒhrt, und der heute noch schwebt.
;; Aus einem am :'>1 Januar 1922 gehaltenen Demonstrations-
Vortrag.
Im Verlaufe dieser Streitigkeit muĂte sich Patient zur Begut-
achtung seiner nervösen Klagen einer psychiatrischen Beobach-
tung unterziehen und zwar den modernen Bestimmungen ( ent-
sprechend als Patient dritter Klasse, merkwĂŒrdigerweise auf
einer geschlossenen Abteilung. Unter dieser 1 1 tÀgigen Beob-
achtung litt er unsĂ€glich, er fĂŒhrte mehrfach sehr energisch
Klage gegen die ihm zugemutete Freiheitsberaubung, wie er ei
nannte, und verlor unter ..dem Zusammenleben mit Geistes-
kranken und Verbrechern" allen Appetit. Dazu gesellte sich im
Anschluà an eine Lumbalpunktion ein von Tag zu Tag stÀrker
werdendes Erbrechen nach den Mahlzeiten, so daĂ Patient, um
wenigstens einen einigermaĂen ertrĂ€glichen Zustand zu haben,
sich nur noch flĂŒssig ernĂ€hrte. 10 Tage nach seiner Entlassung
aus der Beobachtung Patient war inzwischen nach Berlin
ĂŒbergesiedelt â wurde aber das Erbrechen nach jedem Schluck-
akt derart heftig, daĂ er auf jegliche Nahrungsaufnahme ver-
zichten muĂte. Zwei Tage spĂ€ter wurde er auf unserer Privat!
abteihing aufgenommen.
Bei der Aufnahme bot er das Bild einer schwersten Macies.
Er roch dermaĂen nach Aceton, daĂ sich dieser typische Geruch
selbst auf dem Korridor verbreitete. Eine Unterhaltung mit dem
schwer kachetischen Manne war wegen der völlig ausgetrock-
neten, mit Rhagaden durchzogenen und mit braunschwarzen
Borken belegten Mundschleimhaut Ă€uĂerst erschwert. Der ganze
Körper war derart wasserarm, daà eine aufgehobene Falte der
dĂŒnnen Bauchhaut noch nach Minuten zu sehen war. Der Atem
ging rasch und oberflÀchlich, das Herz schnell mit anÀmischem
I'auken, der Radialispuls war eben fĂŒhlbar Auf beiden Lungen
bestand eine trockene Bronchitis mit quÀlendem Husten, der
jedesmal neue SpeikrÀmpfe auslöste.
Trotz reichlichster Darreichung von Atropin und Belladonna
und dauernder RektalernÀhrung verschlimmerte sich der Zustand
rapide. Trotz mehrfacher eingehender Untersuchungen war ein-,
der Schwere des Bildes entsprechender innerlicher Befund nichl
zu erheben. Als am dritten Tage des Aufenthaltes im Kranken]
hause noch kein Erfolg interner Medikation zu konstatieren war
und Patient zusehends zerfiel, beauftragte mich Herr Professor
Schlayer, den Patienten mit Hypnose anzugehen, nachdem eine
kurze Röntgendurchleuchtung weder am Pylorus noch an derj
Kardia stÀrkere spastische Erscheinungen hatte erkennen lassen, j
dagegen einen kleinen lebhaft hyperperistaltischen Urlagen, der
nach etwa 5 Minuten seinen ganzen Inhalt ruminierte. solange
aber gut ins Duodenum entleerte.
Wider alles Erwarten sprach dieser trotz der den ganzen
Tag gezeigten subsomnolenten Indifferenz sehr gut an. Nach
einer einstĂŒndigen Sitzung konnte er teelöffelweise Eiskaffee zu
sich nehmen, ohne daà sich Erbrechen eingestellt hÀtte, das am
nÀchsten Tage nur noch nach stÀrkeren Hustenattacken auftrat.
Nach der 2. Hypnose nahm er kĂŒhle FlĂŒssigkeiten, nach der
3 Breie, nach der 7. endlich volle erste Form zu sich. Unter den
weiteren Sitzungen versuchte ich dem Patienten, wie ĂŒblich, das
völlig geschwundene Lebensvertrauen wiederherzustellen, was
auch in der Weise gelungen ist. daĂ Patient heute auf dem Gut
seiner Eltern sich wohlbefindet, und demnÀchst wieder seinen
Zivilberuf mit frischen KrĂ€ften antreten wird. Er hat tĂŒchtig
zugenommen und ist auch frei von seinen SuperaziditÀtsU-
schwerden.
Fassen wir das Gesamtbild ins Auge, so sehen wir, wie
ein von Hause aus wohl etwas weicher auch vielleicht etwas
zu ĂŒbermĂ€Ăiger Selbstbeobachtung neigender, geistig und
körperlich aber vollkommen auf der Höhe der an ihn ge-
stellten Anforderungen stehender Soldat unter den Einwir-
kungen des Krieges an innerer Spannkraft verlor, eine im
Felde erworbene Magen indisposition mehr und mehr ins
Zentrum seines Gesichtsfeldes stellte, und um diese herum
allmÀhlich eine mit SuperaziditÀt einhergehende Magenneu -
rose bildete. Unter den Schwierigkeiten des Pensionskampfes,
vor allem aber unter der kumulativ wirkenden Bcobach-
lungszeit in der geschlossenen Anstalt mit dem letzten
Trauma der Lumbalpunktion aber verdichtete sich die ur-
sprĂŒnglich harmlose Magenneurose zu einem Zustand
schwerster Organinsuffizienz, durch die der ganze Körper
derart in Mitleidenschaft gezogen wurde, daĂ das Leben des
Patienten nur noch an einem Faden hing.
Hier setzte nun. nach Versagen der inneren Medikationen
die Hvpnotherapie ein und fĂŒhrte zu vollem Erfolge, vor
allem auch hinsichtlich der organischen Beschwerden.
Wir haben auf Grund dieser Erfahrungen unsere In-
dikationsstellung fĂŒr Hypnosen wesentlich erweitert und
10. Jahrg. â Nr. 9.
Stintzing: EiweiĂkörper
gehen auch in den FĂ€llen, WO ĂŒberhaupt keine psychogene
Komponente vorhanden ist, wie bei Schlaflosigkeit infolge
schmerzhafter Erkrankungen mit dieser Hilfstherapie vor,
natĂŒrlich neben den jeweiligen internen Applikationen.
Seihst zur Erleichterung der oft so qualvollen Todesstunden
haben wir dieselbe mit dem Erfolge angewandt, daĂ aus dem
wilden Toben des Patienten ein friedliches Einschlummern
wurde, Wichtig ist bei allen diesen innerlich Kranken aber,
daĂ man ihnen nicht als der befehlende Suggestor erscheint,
sondern unter enger Anlehnung an die Psyche des Patienten
sich geradezu einschleicht in den feinen Mechanismus einer
sich gegen jede âBeeinflussung" energisch strĂ€ubenden, wohl
körperlich kranken, geistig aber nicht weiter affizierten Per-
sönlichkeit.
Ueber parenterale Behandlung mit
unspezifischen EiweiĂkörpern.*)
Von R. Stintzing.
Sieht man ab von der seit Jahrhunderten geĂŒbten Bluttrans-
fusion, so hat man schon seit Beginn der bakteriologisch-sero-
logischen Forschung mit den zur aktiven und passiven Immuni-
sierung dienenden Stoffen (Vakzinen und Sera) Proteinkörper
parenteral in Anwendung gezogen. Hierbei ging man aber in
der Regel von der Vorstellung aus, daĂ die EiweiĂkörper nur als
TrÀger oder Begleiter der spezifisch wirkenden Antigene bzw.
Antitoxine dienten. Erst in neuester Zeit (R. Schmidt, Bier,
\\ e i c h a r d t, S c h i 1 1 e n h e 1 m, Döllkens, R o 1 1 y, L i n d i g
u. a.) hat man erkannt, daĂ den EiweiĂkörpern als solchen be-
sondere, zum Teile heilende Wirkungen am kranken Menschen
eigen sind. Diese Erkenntnis begrĂŒndete die âProteinkörper -
Ihcrapie".
Inwieweit von den zahlreichen, eiweiĂhaltigen Miltein spe-
zifische oder unspezifische Wirkungen ausgeĂŒbt werden, lĂ€Ăt sich
nach unseren heutigen Kenntnissen nicht immer mit Sicherheil
entscheiden. Vielfach sind beide Arten von Wirkungen einander
gleich, oder Àhnlich, oder sie gehen nebeneinander her. Wir
mĂŒssen aber, wenigstens fĂŒr einen Teil, an der mĂŒhsam errunge-
nen Erkenntnis einer sicher vorhandenen SpezifitÀt einzelner
Heilmittel, wie des Tetanus- und des Diphtherieserums, in ge
wissem Sinne auch des Tuberkulins nach unseren heutigen Kennt-
nissen festhalten. Je strenger man aber den Begriff der spezifi-
schen Mittel faĂt, desto gröĂer ist die Zahl der unspezifischen
Mittel.
Es wĂŒrde zu weit fĂŒhren, wollten wir in der folgenden kurzen
Uebcrsicht alle eiweiĂhaltigen Heilmittel berĂŒcksichtigen, wie
Baklerienprodukte, defibriniertes Blut, Vakzine usw. Derartige
Mittel können doch, wenn ihre spezifische Wirkung auch nicht
verbrieft ist, nach ihrer Herkunft aus spezifischem Ausgangs-
malerial und nach der wenigstens angestrebten spezifischen Wir-
kung nicht mit Sicherheit zu den unspezifischen gerechnet wer
den. Das gilt beispielsweise von dem Vakzineurin, einem Bak-
terienautolysat (Prodigiosus), das bei Neuritis oft Àhnliche un-
mittelbare und Nachwirkungen haben soll (Döllken), wie die
gleich zu besprechenden Wirkungen reiner Proteinkörper.
Das gilt auch von dem menschlichen und tierischen Normal-
serum, in dem wohl die EiweiĂkörper das wesentlich Wirksame
sein mögen, aber spezifische (arteigene oder individuelle) Eigen-
schaften nicht ausgeschlossen sind. Normalserum (Pferdeserum
u. a.) hat man daher auch als spezifisches Mittel z.B. gegen Diph-
therie (B i n g e 1) anzuwenden versucht. Wir wĂŒrden diese theo-
retisch interessanten Versuche, wenn sie in die Praxis eingefĂŒhrt
werden sollten, fĂŒr einen bedenklichen RĂŒckschritt halten. Die
arztliche Praxis soll sich an die tausendfach erprobten spezifisch
wirkenden Vakzinen und Sera halten.
Im Gegensatz zu den erwÀhnten Mitteln mit fraglichen spe-
zifischen Eigenschaften ist die parenterale Proteinkörperbehand-
lung bestrebt, ausschlieĂlich EiweiĂkörper als solche anzu
wenden. Ihr Vorzug besteht darin, daĂ die verwendeten Mittel
nach ihrer Herkunft und chemischen Zusammensetzung bekannt,
und mit Ausnahme der Milch, konstant und genau dosierbar sind.
Nur von diesen und einigen MischprÀparaten, bei denen das Ei-
weiĂ eine wesentliche Rolle spielt, soll hier die Rede sein. Wir
sehen hier auch ab von den vorwiegend experimentell ange-
VerfaĂl im Auftrag der Arzneimiltelkommission der Deut-
schen (.eselschaft fĂŒr innere Medizin, unterstĂŒtzt vom Deutsehen
Aerztevereinsbund.
wandten Abbaustoffen der EiweiĂkörper (Albumosen. Nuklein
sauren usw.).
Als nichtspezifische EiweiĂkörper sind heule in Gebrauch:
t, Milch (R. Schmidt) als reine sterilisierte Kuhmilch,
oder in Ampullen als Ophthalmosan 'Sachs. Serumwerl«
intramuskulÀr injiziert. Die Milch bildel das Ausgangsmaterial
fĂŒr die folgenden Produkte:
2. Kasein (nach Lind ig) unter der Bezeichnung âCa
s eo san" (Heyden, Radebeul) als sterile 5 proz. Kaseinlösung in
Ampullen zu je 1 oder 5 ccm, subkutan, intramuskulÀr oder Ultra
venös anwendbar (1 ccm â 0,05 Kasein).
Um die Gefahr der Feltembolie zu vermeiden, wird die Milch
entfettet und kommt in Handel unter der Bezeichnung:
3. Aolan (Beiersdorf & Co., Hamburg). Es soll eine keim
und toxinfreie MilcheiweiĂlösung sein, die intramuskulĂ€r und
intravenös angewendet werden kann. (Ampullen zu 10 ccm).
i. X i f a 1 m i 1 c h (Serumwerke Dresden). Sie soll aus steriler
Milch von tuberkulosefreien Tieren, der ein aus Saprophyten her-
gestelltes (Bakterien-) Eiweià zugesetzt ist, bestehen. Sie gehört
nicht eigentlich in den Rahmen unserer Erörterung und soll nur
der VollstÀndigkeit halber als Milchprodukt erwÀhnt werden. Sie
kommt in den Handel in Ampullen zu 2 ccm.
Von den angefĂŒhrten PrĂ€paraten sind nach der Literatur und
eigener Erfahrung besonders die beiden ersten erprobt. Auf sie
beziehen sich daher vorzugsweise unsere AusfĂŒhrungen.
Vorausgeschickt sei, daĂ die Wirkungen parenterat ein-
gefĂŒhrter EiweiĂkörper in ihren Einzelheiten diesen nicht aus-
schlieĂlich zukommen. Ihre Eigenart beruht vielfach nur in der
Gruppierung der Einzelerscheinungen sowie in der IntensitÀt und
Promptheit ihres Eintritts schon bei kleinen Gaben.
Die Wirkungen zerfallen in 1. vorĂŒbergehende allgemeine,
2. vorĂŒbergehende örtliche, 3. bleibende. Im allgemeinen haben
sie groĂe Aehnlichkeit mit den Reaktionen des Körpers auf Alt-
luberkulinimpfungen.
1 . Die allgemeinen Symptome entsprechen demgemĂ€Ă
denjenigen eines akuten Infektes und bestehen (bei fieberfreien
Patienten) in einer Temperatursteigerung verschiedenen Grades
gewöhnlich nach einigen Stunden, Pulsbeschleunigung und den
bekannten Begleiterscheinungen des Fiebers, zu denen bisweilen
Frösteln (selten SchĂŒttelfrost), SchwindelgefĂŒhl, Mattigkeit und
.SchlÀfrigkeit gehört. Diese Allgemeinreaktion klingt in der Regel
wie die gleich zu erwĂ€hnende örtliche Reaktion (ânegative Phase"
nach R. Schmidt) in % bis höchstens 2 Tagen ab und hinter-
lĂ€Ăt in einem â nicht vorauszubestimmenden â Teile der FĂ€lle
die unter 3 anzufĂŒhrenden gĂŒnstigen Nachwirkungen (âpositive
Phase").
2. In einem Teil der FĂ€lle tritt, in der Regel gleichzeitig mit
den Allgeminerscheinungen, auch eine örtliche Reaktion
(II e r d r e a k t i o n) entzĂŒndlicher Natur in den erkrankten Or-
ganen auf, insbesondere in akut oder chronisch entzĂŒndeten Ge-
lenken in Gestalt von Schmerzen, selten verbunden mit Rötung
und Schwellung. Diese Herdreaktion ist erwĂŒnscht als Zeichen,
daĂ zwischen dem Proteinkörper und dem entzĂŒndeten Organe eine
AffinitÀt besteht, die in geeigneten FÀllen die Heilung bzw.
Besserung einleitet. Voraussetzung fĂŒr den Heilungsvorgang ist
baldiges Abklingen der akuten Erscheinungen, insbesondere der
Schmerzen.
Bei Wiederholung der Injektion können sich dieselben allge-
meinen und örtlichen Erscheinungen in geringerer oder gröĂerer
StĂ€rke â bei gleichbleibender oder gesteigerter Dosis â erneut
einstellen, um dann nach 3 bis 4 oder mehrfacher Wiederholung
abzuklingen. Die erste Reaktion ist keineswegs immer die
stÀrkste. Erhöhung der Dosis hat oft keine steigernde Wirkung.
3. GĂŒnstige Nachwirkungen stellen sich, wo sie ĂŒber-
haupt eintreten, in der Regel schon nach der ersten Injektion ein
und können sich nach den folgenden Einspritzungen noch vervoll-
kommnen. Sie bestehen in Linderung oder Beseitigung der
Schmerzen, Besserung der Beweglichkeit und allgemeinen Lei-
stungsfÀhigkeit, des Appetits, der ErnÀhrung und des Schlafes.
Selten stellt sich diese euphorische Nachwirkung ohne vorauf-
gehende ânegative Phase" ein.
In ungeeigneten FĂ€llen bleibt als Zeichen eines torpiden oder
abgeschlossenen Krankheitsprozesses, vielleicht auch einer indi-
viduellen (konstitutionellen) ImmunitÀt, auch bei steigender und
wiederholter Dosierung, jegliche Reaktion und damit auch die
erwĂŒnschte Nachwirkung aus. Auch mit Verschlimmerungen des
Krankheitszustandes (HerzschwÀche) bei Àlteren Leuten muà ge-
rechnet werden. In einzelnen FĂ€llen verzeichnet die Literatur
auch anaphylaktische Erscheinungen (Gildemeister und
Seifert).
Gaul: Tumoren
40. Jahrg. â Nr. 9.
Vorsichtige Dosierung ist daher unter allen Um-
stĂ€nden geboten und wird in der groĂen Mehrzahl SchĂ€digungen
vermeiden lassen. Sie muĂ sich auf Grund genauer klinischer Be-
obachtung vor und nach den Injektionen der Eigenart des Falles
anpassen. Es kommt darauf an, besonders im Beginn der Kur,
eine Dosis zu finden, die groĂ genug ist, um eine eben erkenn-
bare Reizwirkung zu erzielen, und klein genug, um SchÀdigungen
zu vermeiden. Ein bindendes Schema lĂ€Ăt sich nicht geben. Die
Bemessung der Einzclgabe, ihre Steigerung oder Herabminderung
und die Dauer des Intervalles mĂŒssen sich Ă€hnlich wie bei Tuber-
kulinkuren nach der StÀrke und der Dauer der Reaktionen richten.
Vorhandenes Fieber bildet in der Regel eine Gegenanzeige. HĂ€lt
nach einer Injektion das Fieber lĂ€nger als 1 â 2 Tage an, so ist die
Behandlung abzubrechen. Als maĂgebend fĂŒr das Behandlungs-
intervall wird von einigen Autoren (R o 1 1 y, W e i c k s e 1) das
Verhalten der Leukozyten angesehen. Die als Reaktion nicht
unerwĂŒnschte Vermehrung der neutrophilen Leukozyten soll vor
einer Erneuerung der Injektion erst ausgeglichen sein. Auch
Eosinophilie soll eine Anzeige sein, die Behandlung zu unter-
brechen (Kleeblatt). So wertvoll wie diese Beobachtungen
auch sind, in der Àrztlichen Praxis kann man sich auch ohne sie
behelfen.
Man beginnt die Behandlung bei Verwendung steriler Milch
(Ophthalmosan) nach Rr. Schmidt mit Vi ccm und steigt auf
1 â 5, höchstens 10 ccm (intramuskulĂ€r). Aehnliches gilt von
Aolan, das auch intravenös gegeben werden kann. Vom Ca-
seosa n gibt man subkutan, intramuskulĂ€r oder intravenös â
wir bevorzugen letztere Methode â K â /â ÂŁ â 1 ccm, steigend bis
5 ccm. Die Einspritzungen werden jeweils nach Abklingen der
Reaktionen, gewöhnlich 2 mal wöchentlich, selten noch hÀufiger,
manchmal auch in gröĂeren ZeitabstĂ€nden (1 Woche und mehr)
wiederholt.
Die geschilderten Wirkungen sind, soweit unsere bisherigen
Kenntnisse reichen, in ihrem Wesen gleich fĂŒr verschiedene Arten
von EiweiĂkörpern, nur quantitativ verschieden. So scheint Milch
stÀrker zu wirken als Caseosan in entsprechender Menge.
Es lassen sich aber Àhnliche Wirkungen auch mit Mitteln,
die gar kein oder wenig EiweiĂ enthalten, erzielen, wie mit
Sanarthrit, das nach Heilner eiweiĂfrei sein soll, Kollargol,
OrganprÀparaten usw. sowie mit Strahlen- und anderen physi-
kalischen Behandlungen. Ja, vielfach sind diese den Proteinen in
ihrer Heilwirkung sogar ĂŒberlegen. Es ist daher heute noch nicht
möglich, die Gebiete fĂŒr das eine oder andere Mittel voneinander
scharf abzugrenzen.
Kurz erwĂ€hnt seien hier noch einige werlvolle EiweiĂ-Misch-
prÀparate: das Kollargol und verwandte PrÀparate (Elektro-
kollargol und Dispargen) und das Yatrenkasein.
Das Kollargol (Heyden) besteht aus 70 Proz. Silber
und 30 Proz. EiweiĂ als Schutzkolloid. Es wird seit vielen Jahren
bei manchen GelenkentzĂŒndungen mit guten Erfolgen angewandt.
Man bezog diese und andere Erfolge bisher lediglich auf den Ge-
halt des Mittels an kolloidalem Silber. Neuerdings hat aber A.
Böttner gezeigt â und deshalb durften' wir hier das Mittel
nicht unerwĂ€hnt lassen â , daĂ bei Kollargolinjektionen die Wir-
kung des EiweiĂbestandteiles ĂŒberwiegt, wenn auch dem Silber
als solchem seine Bedeutung als Gewebsreiz nicht aberkannt wer-
den kann.
Yatren, ein organisches JodprÀparat mit 30 Proz. Jod, das
sich in der Wundbehandlung bewÀhrt hat, wird neuerdings auf
der Bier sehen Klinik in Verbindung mit Kasein als
âSchwellenreizmittel" angewandt (Z i m m e r). Diese Kombination
hat auch nach unseren Erfahrungen die gleichen, vielleicht noch
gĂŒnstigere Wirkungen als die obenerwĂ€hnten reinen Protein-
körper. Das Yatrenkasein kommt in schwacher Lösung zu
IVi Proz. Yatren mit 2/4 Proz. Kasein und in starker Lösung mit
5 Proz. Kasein in Ampullen zu 1, 5, 10 und 20 ccm subkutan,
intramuskulÀr und intravenös zur Anwendung. Interessant ist
die Beobachtung von Prinz, daĂ man durch orale Gaben von
Yatren typische Herd- und Allgemeinreaktionen auslösen kann,
die denjenigen nach parenteraler Zufuhr von Proteinkörpern
prinzipiell gleich sein sollen. Diese Beobachtung deckt sich mit
der schon bekannten Tatsache, daĂ Jod, per os eingefĂŒhrt, bei
Tuberkulose eine Herdreaktion (HĂ€moptoe) bewirken kann.
In bezug auf die Deutung der Proteinwirkungen bewegen
wir uns noch auf unsicherem Boden. Von den derzeitigen Theorien
seien nur kurz erwÀhnt: die von Weichardt verfochtene Hypo-
these der âProtoplasmaaktivierung" und die Bier sehe Reiz-
theorie. Weichardt erblickt die Ursache der Leistungssteige-
rung" in einer allgemeinen Anregung der TĂ€tigkeit des Zell-
protoplasmas. Solange jedoch noch nicht feststeht, ob die Ab-
bauprodukte der Proleinkörper als solche, oder ob Abbauprodukte,
die durch sie in den Geweben erzeugt werden, das Wirksame sind,
erscheint es verfrĂŒht, ihre Angriffspunkte im Organismus be-
stimmen zu wollen. Einleuchtender ist die Reiztheorie, mit
der Bier auf seine bekannten Anschauungen von der âHeilent-
zĂŒndung'' und dem âHeilfieber" zurĂŒckgreift, die durch Reize ver-
schiedener (chemischer und physikalischer) Art erzeugt werden.
Zu den chemischen Reizen gehören u. a. auch die Proteinkörper.
Die Krankheiten, gegen welche die Proteinkörpertherapie
versucht 'wurde, sind sehr zahlreich und wesensverschieden. Zu
nennen sind: akute und chronische Infektionskrankheiten, wie
Typhus, Cholera, akuter und chronischer Gelenkrheumatismus,
Ruhr, Diphtherie, Grippepneumonie, Erysipel, Gonorrhöe, Tuber-
kulose der Lungen, der Gelenke und LymphdrĂŒsen, ferner sekun-
dÀre und perniziöse AnÀmie, Asthma, Ekzeme, Trichophytie.
Ischias und andere Neuralgien, entzĂŒndliche Augen- und Ohren-
erkrankungen, Krebs usw. Die Buntheit dieser Liste ist wenig
geeignet, zur KlÀrung und Empfehlung des Verfahrens zu dienen.
Nur einige Gruppen von Erkrankungen verdienen aus den
ĂŒbrigen herausgehoben zu werden, weil bei ihnen schon reich-
lichere Erfahrungen gesammelt und Heilerfolge erzielt wurden:
in erster Linie die chronischen Arthritiden verschie-
dener Form vom einfachen subakuten und chronischen Gelenk-
rheumatismus bis zur Arthritis deformans. Ihre Behandlung mit
unspezifischen EiweiĂkörpern hat eine Anzahl FĂŒrsprecher ge-
funden, denen wir uns fĂŒr einen kleinen Teil der FĂ€lle anschlieĂen
können. Bei der ungĂŒnstigen Prognose vieler chronischer Gelenk-
entzĂŒndungen ist es durchaus berechtigt, neben anderen bewĂ€hrten
Arzneimitteln (Sanarthrit, Kollargol usw.) und physikalischen
Heilmitteln, insbesondere wenn diese versagen, die Behandlung
mit EiweiĂkörpern zu versuchen.
Gute Erfolge werden mit der Proteinbehandlung" auch erzielt
bei Komplikationen der Gonorrhöe (Blennorrhoe;
Epididymitis, Arthritis) sowie bei Ulcus molle und Bubonen.
Schwer verstÀndlich erscheint die von Döllken behauptete
gĂŒnstige Wirkung der Milch (Xifalmilch) bei Epilepsie (3 mal
wöchentlich 2 â 5 cem intramuskulĂ€r monatelang). Das gleich-
zeitig verabreichte Luminal (tĂ€glich 0,15 â 0,2) ist allein wohl
ebenso wirksam.
Auffallend ist nach vielen Berichten die AffinitÀt der Milch
zu entzĂŒndeten Geweben des Auges. GĂŒnstige, z. T. glĂ€nzende
Wirkungen werden berichtet von Milchinjektoinen bei Blen-
norrhoe, Keratitis parenehymatosa sowie tuberkulösen Prozessen.
Von zweifelhaftem Werte ist die Behandlung der Tuberkulose
mit Milchinjektionen. Keinesfalls können EiweiĂkörper das
Tuberkulin ersetzen.
Zusammenfassung.
Die bisherigen Erfahrungen berechtigen noch keineswegs zu
einem abschlieĂenden Urteil. Wir wissen einstweilen nur, daĂ
parenteral gegebene Proteinkörper auf gewisse entzĂŒndliche Er-
krankungen einen die EntzĂŒndung neu anfachenden Reiz und
hÀufig einen allgemeinen Reiz auf den Gesamtorganismus aus-
ĂŒben, und daĂ diese Reizwirkung bisweilen heilsam sein kann.
Ob aber, in welchen FĂ€llen und durch welche EiweiĂkörper diese
Heilwirkung zu erreichen ist, das genauer festzustellen, muĂ die
Aufgabe weiterer Versuche sein. Diese sind nur unter der Vor-
aussetzung 1. einer vorherigen und nachfolgenden genauen Beob-
achtung (Temperaturmessung usw.), 2. der Anwendung kleiner
Dosen im Beginn, die je nach Lage des Falles stufenweise ge-
steigert oder herabgemindert werden, 3. rechtzeitiger Unter-
brechung der Behandlung bei lÀnger anhaltender Reaktion (siehe
oben) zulÀssig. Die unspezifische Proteinkörpertherapie bildet
neben anderen physikalischen und chemischen Heilmitteln (Sanar-
thrit, Kollargol usw.) eine willkommene und jedenfalls noch aus-
baufÀhige Bereicherung unseres Heilschatzes.
Zur Frage der experimentellen Erzeugung der
Tumoren.
Von Dr. E. G a u 1, Berlin.
Fibiger hat in der âDeutschen medizinischen Wochen-
schrift" (1921, Nr. 48 u. 49") unter anderem ĂŒber die experi-
mentelle Erzeugung von Tumoren berichtet. Ich möchte aus
diesem AnlaĂ an meine Untersuchungen aus dem Jahre 1908
erinnern (vgl. BerL klin. Wochenschr. 1908 Nr. 49 und Cen-
tralbl. f. Bakteriologie 1909, Bd. 49). Bei diesen Untersuchun-
gen wurde zum ersten Male der Cysticercus fasciolaris fĂŒr die
10. Jahrg. â Nr. 9.
Standesvereine â Rcforutc
'.MM
experimentelle Tumorforschung verwertet. Ich konnte Fesl
stellen, daĂ die tumorerregenden Eigenschaften der Hel-
minthen auf Giftwirknngen beruhen. Nach subkutaner Im-
plantation des Cysticercus fasciolaris entstand bei der Maus
ein Tumor, der von einigen Autoren als Sarkom, von anderen
als Granulom bezeichnet winde.
In ErgÀnzung meiner Experimente infizierten die ame-
rikanischen Forscher B U 1 1 O c k und C U r t is s (zitiert nach
Fibiger) Ratten ]x>r <>s mit Eiern des Cysticercus fascio-
laris. Im Gefolge der Infektion beobachteten die genannten
Autoren bei 52 Hatten metastasierende Sarkome, die in -11
FĂ€llen durch Transplantation ĂŒbertragbar waren. Die trans-
plantierten Sarkome erreichten oft eine so kolossale GröĂe,
daĂ ihr Gewicht dasjenige des ganzen Tieres ĂŒbertraf.
Durch die Experimente von Bullock und Curtiss
haben meine Untersuchungen ĂŒber die geschwulsterregenden
Eigenschaften des Cysticercus fasciolaris erfreuliche Be-
stÀtigung erfahren.
Aus Àrztlichen Standesvereinen.
Arzneimittelgesellschaft der Deutschen Gesellschaft fĂŒr innere
Medizin, unterstĂŒtzt vom deutschen Aerztevereinsbund.
Bericht ĂŒ her die Sitz u n g v o m 3. J a n u a r 1922
in WĂŒrzburg
(Anwesend: G o 1 1 1 i e b, H e f f t e r, Holste, P e n z o 1 d L
v. Romberg, Spatz, S t i n t z i n g.)
Der Vorsitzende (Penzoldt) gab eine Uebersicht ĂŒber die
frĂŒhere TĂ€tigkeit der A.-K. Zur BekĂ€mpfung der ĂŒberhand-
nehmenden SchÀden des Arzneimittelwesens wurde die A.-K. 1911
vom KongreĂ fĂŒr innere Medizin gegrĂŒndet. Als Ideal schwebte
ihr der Council on Pharmacy and Chimistry of the american
Medical Association vor. FĂŒr deutsche VerhĂ€ltnisse fehlten ihr
jedoch Vorbilder und vor allem gröĂere Geldmittel. Mit dem
Mangel eines Vorbildes sind wohl auch manche Fehler, die un-
leugbar im Anfang gemacht wurden, zu entschuldigen. Mit dem
Fehlen genĂŒgender Mittel hĂ€ngt es zusammen, daĂ sich die A.-K.
zunĂ€chst auf die BekĂ€mpfung der reklamehaften und irrefĂŒhren-
den Anpreisungen u. À. beschrÀnkte. Diese mit viel Arbeit in
zahlreichen schriftlichen und mĂŒndlichen Beratungen durchge-
fĂŒhrten Bestrebungen, die in Gestalt von Arzneimittfellisten in die
Ăffentlichkeit traten, stieĂen in den beteiligten Kreisen vielfach
auf GleichgĂŒltigkeit, noch mehr aber auf ausgesprochene Feind
fehlte aber auch nicht an Zustimmung Insbesondere seitens der
Àrztlichen VerbÀnde. Es gelang der A.-K. hervorragende kon-
sultierende Mitglieder zu gewinnen. Vor allem wurde eine Ver-
stÀndigung mit den besonders interessierten Vereinigungen dem
Verband der chemischen GroĂindustrie, den pharmazeutischen
Seligkeit, welch letztere sieh zu heftigen Angriffen in der Presse
und sogar zu gerichtlichen Klageandrohungen steigerten. Ks
Fabriken, den Verlegern der medizinischen Fachpresse) teils er-
reicht, teils angebahnt. Der Erfolg war eine wesent-
liche Verbesserung des A n z e i g e w e s e n s.
Nur die Regierungen verhielten sich gegen den Gedanken
einer PrĂŒfungsstelle fĂŒr Arzneimittel vollstĂ€ndig ablehnend.
WĂ€hrend des Krieges haben verschiedene Generalkommandos
erfreulicherweise VerfĂŒgungen nach den GrundsĂ€tzen der A.-K.
zum -Schutze der Kranken getroffen. Die TĂ€tigkeit der A.-K.
ruhte wÀhrend des Krieges. Herbst 1919 nahm infolge der er-
neut und erhöht hervortretenden SchÀden des Arzneimittelwesens
die A.-K. ihre Arbeil wieder auf. Damals wurde beschlossen,
im Auftrage der A.-K. verfaĂte aufklĂ€rende Veröffent-
lichungen ĂŒber neuere Arzneimittel der Fachpresse zur Ver-
fĂŒgung zu stellen. Um eine A u s k u n f t s s l e 1 1 e und womög-
lich eine P r ĂŒ f u n g s s t e 1 1 e fĂŒr Arzneimittel einzurichten,
wandte sich die A.-K. an die deutschen Aerzte um BeitrÀge. Die
Sammlung ergab leider nur eine Summe, mit der die Einrichtung
und der Betrieb der Auskunftsstelle nicht lÀnger als ein Jahr
möglich ist.
Deshalb wurde am 3. Januar 1922 entsprechend dem Antrage
des GeschĂ€ftsfĂŒhrers (H o 1 s t e - Jena) der BeschluĂ gefaĂt: Die
A.-K., deren Benennung in dem oben stehenden Sinne ergÀnzt
wird, soll sich an die deutsche Aerzteschaft mit der Bitte wenden.
(>0 000 M. im Jahre ihr zur VerfĂŒgung zu stellen. Nur so sei
es möglich, die A u s k u n f t S s t eil e im Betrieb zu erhalten.
Wenn jeder Arzt jÀhrlich den geringen Beitrag von 2 M. geben
wĂŒrde, so wĂ€re die Auskunftsstelle gesichert. Bei dieser "kann
sich jeder Arzt Belehrung ĂŒber die ihm unbekannten Arzneimittel
u. À. kostenlos holen. Diese Auskunftsstelle, wie die Arbeiten
der A.-K. ĂŒberhaupt, sind von groĂem Werte fĂŒr den Ă€rztlichen
Stand, den auf der wissenschaftlichen Höhe auch in der Arznei-
mittelbehandlung zu erhalten eine hohe Aufgabe ist, sowie auch
fĂŒr das Wohl der Kranken, die vor schĂ€dlichen und wertlosen
Mitteln zu schĂŒtzen jedem Arzte am Herzen liegen muĂ. Eine
gröĂere Zahl von aufklĂ€renden Veröffentlichungen in den med.
Zweitschriften ist fĂŒr die nĂ€chste Zeit in Aussicht genommen wor-
den. Die GrĂŒndung einer chemischen, pharmakologischen und
therapeutischen PrĂŒfungsstelle soll, wenn auch dafĂŒr die Ali ttel
zu bekommen sein sollten, im Auge behalten werden.
REFERATENTEIL
ii i (i f h.
Aus den neuesten Zeitschriften.
Klinische Wochenschrift, Berlin.
21. Januar 1922, 1, Nr. 4.
*K'"l53S "ber ',i0 Bl'zioh""!{en der Haut zum Gesaurtorganismus
Die pathologische Physiologie der chronischen Obstipation. R e i Ii. ti-6.
Neuere Untersuchungen ĂŒber das Wesen und die Bedeutung der Nutraraine
ibderhalde n. 160.
GrundsÀtzliche FrÀsen in der Chirurgie der Nebennieren. P«iper. 161.
Wirkungen des Hochgebirges auf das Blut und den FlĂŒssigkettsaustausch
zwischen Blut und Geweben. L a q u e r. 163.
âŠZur Frage der Wirkungsunterschiede von Tuberkulinen verschiedener
kunft. sowie der Tuberkulinschaden nach diagnostischen Tuben
Injektionen. X e u s t a d t und Stadel m a n n. 166.
I eher die Dosis letalis des Arseniks. .1 o a c h i in o g 1 u. LĂ9.
âŠDie Eigenharnreaktion nach Wildbolz im SĂ€uglingsalter. Aide r. 170.
âŠBehandlung der ErythrĂ€mie mittels Röntgenstrahlen, s c h ii n i n g. 17:'.
Zur Frage der Wirkungsunterschiede von Tuberkulinen ver-
schiedener Herkuntt sowie der Tuberkulinschaden nach diag-
nostischen Tuberkulininjektionen. In der subkutanen Diagnostik
ist das Höchster Alttuberkulin, ebenso wie nach anderen
Autoren auch bei der Cutanimpfung, anderen Tuberkulinen wegen
seiner relativ gröĂten ZuverlĂ€ssigkeil. d. h. Giftigkeit, ĂŒberlegen.
Es isl erforderlich, bei Publikationen die PrÀparate nÀher zu be-
Her-
,n]in-
zeiebnen. Was die TuberkulinschÀden anbelangt, so sind in der
Literatur eine Reihe von FĂ€llen vorhanden, wo nach diagnosti-
schen Tuberkulininjektionen schwere SchÀdigungen, ja tödlicher
Ausgang beobachtet worden sind. Auch in der neueren Literatur
wird bei Anwendung der probatorischen K o c h ' sehen Impfung
zu gröĂter Vorsicht gemahnt, z. T. wird die Impfung ĂŒberhaupt
abgelehnt.
Bericht ĂŒber 6 FĂ€lle, bei denen durch probatorische
Subkutanimpfling erhebliche SchÀden gesetzt wurden. Abge-
sehen von dieser GefÀhrlichkeit erwiesen sich die Injektionen
bei wirklich vorhandenen tuberkulösen Herden als launenhaft,
unberechenbar und unzuverlÀssig. Sie werden deshalb absolut
abgelehnt.
Die Eigenharnreaktion nach Wildbolz im SĂ€uglingsalter.
Verschiedene Autoren haben bei Kindern, wohl zumeist gröĂeren,
die W i 1 d b o 1 z ' sehe Reaktion nachgeprĂŒft und die Ergebnisse
von Wildbolz bestÀtigen können. Angeregt durch den stark
positiven Ausfall der Reaktion bei einem 10 Monate alten Kind,
das wegen lÀngeren Fiebers luberkuloseverdÀchlig war und sich
spÀter als grippekrank erwies, untersuchte A. eine Reihe von
SĂ€uglingen, besonders auch gesunden, auf ihr Verhalten gegen-
ĂŒber der Eigenharnreaktion. 80 Prozent nicht tuberkulöser
Kinder zeigten positive Reaktion, was auf die gröĂere Empfind-
lichkeil der kindliehen Haut gegenĂŒber der der Erwachsenen
Aus den neuesten Zeitschriften
50. Jahrg. â Nr. 9.
zurĂŒckgefĂŒhrt wird. Die Salzwirkung des konzentrierlen Urins
scheint die Reaktion auszulösen. Die Eigenharnreaktion nach
W i 1 d b o 1 &' scher Methodik ist fĂŒr das SĂ€uglingsalter als im
brauchbar abzulehnen.
Behandlung der ErythrÀmie mittels Röntgenstrahlen. Mit-
teilung von drei Krankengeschichten, die ĂŒber Heilung der
ErythrÀmie durch Röntgenstrahlen berichten. Genaue Angabe
der Bestrahlungstechnik.
O. S. Tarnow (Charlottenburg-Westend).
MĂŒnchener Medizinische Wochenschrift.
27. Januar 1922. Nr. 1
< holĂ€mischc LipĂ€mie. B ĂŒ i j t t. 103.
Gehalt der Hypophysenhinterlappen-Extrakie an uteruserregenden â Suh-
stanzen. Trendtlenburs. 106.
Proteinkörpertherapic. W c i e h a r d t. 107.
KinfluĂ gewisser Lichtai-ten auf den gesteigerten Blutdruck. K i m in e r 1 e.
108.
Konstitution und Vererbung erworbener Eigenschaften. M a t h e s. 109.
Subjektiv« und objektive Beeinflussung der Laktation. Seil 0 edel. III'.
âProvokation latenter Gonorrhoe bei der Frau. X e v e r m a . n n. 119.
.Mittel und Wege, die Wirksamkeit des Salvarsans auf das erkrankte Ver-
vensystem zu verstÀrken. Kalb er 1 o c h. 114.
A uslöschphÀnomen bei der Differentialdiagnose des Scharlachs. II i Sel-
horst. 116.
Darstellung der HĂ€mochromogenkristalle. StraĂ mann. 116.
Chrön. ankylosierende Wirbelversteifuhg. Brennsphn. 117.
Kixationssehiene bei Verletzungen der Fingerstreeksebne. Staub. Mi).
Glyzerinreaktiqn nach Gabbe. Engelmann 120.
SpirochÀtendarstellung im Gefriersehnitt. Steiner. I2i.
Anthropologie und ihre Anwendung auf die Àrztliche Praxis. K c e i /. s c Ii -
m e r. 121.
Tiefendosimetrie. Lehmann. 121.
Komplementkonservferung. Ha m morse h m i d t. 121.
/.ervixerkrankungcn. P u s t. 122.
Lehrer und SchĂŒler. Lehren und Leinen. Schott. 122.
Provokation latenter Gonorrhoe bei der Frau. Untersuchun-
gen ĂŒber die Brauchbarkeit verschiedener PrĂ€parate (Aolan,
Caseosan, Pferdeserum, Arthigon, Gonargin) mittels intrakutaner
Injektion. Aus der Hautreaktion, die dabei auftritt, dĂŒrfen keine
SchlĂŒsse, gezogen werden. Am besten erschien das Aolan, bei
dem in 25 %, und Arthigon, bei dem in 18 % die Provokation ge-
lang. F. Loewenhardt (Charlottenburg-Westend).
Zeilschrift fĂŒr Hygiene und Infektionskrankheiten, Berlin.
17. Januar 1922, 95. Heft 1.
âEinfluĂ des Trypaflavins auf die Diphtherieinfektion und Diphtheriever-
giftung. Reinhardt, A. 1.
Experimentelle Wundinfektion und Wundinfektion nach Versuchen an Meer-
schweinchen und MĂ€usen mit HĂŒhnercholerabazĂŒlen, Pneumokokken un 1
Streptokokken. Reinhardt. A. 27.
Weitere BeitrÀge zur experimentellen Wundinfektion. Schi e m a n n, O. 69.
Versuche zur Differenzierung der sogenannten sÀurefesten Bakterien mittels
Knmplenientbildung. S c h 1 o Ă h e r g e r , H. und Pfannenstiel,
W. 77.
Vergleichende Untersuchungen ĂŒber die Extrahierbarkeit verschiedene!
sÀurefester Bakterien mit Aether- Acetongemischen. P f a n n e n s t i e 1 .
W. 87.
Untersuchungen ĂŒber den Agglutinationsvorgang unter Verwertung des
Agglutinatioiisoptimum.s. Der EinfluĂ der KochsalzverdĂŒnnung auf die
Antikörper der Sera. Heuer. G. 100.
Sind die Crithidien der Schaflaus fĂŒr MĂ€use pathogen. B u c h n c r. 115.
â Leber die PrĂŒfung und Begutachtung von Desinfektionsmitteln. Ritter.
L. 119.
âEin weiterer Beitrag zur MensehenpathogenitĂ€t des Bacillus pyocyaneus.
P r a enkel, E. 125.
Ueber den EinfluĂ des Trypaflavins auf die Diphtherie-
infektion und Diphtherievergiftung. Trypaflavin war imstande
bei Meerschweinchen in VerdĂŒnnungen 1 : 100 und 1 : 1000 die auf
Giftresorption zurĂŒckgefĂŒhrte tötliche Wirkung lebender
Diphtheriebazillen y, â % Stunden nach der Infektion aufzu-
heben. In der VerdĂŒnnung 1 : 100 verhinderte es auch die töt-
liche Wirkung vorher durch Toluol abgetöteter Diphtherie-
bazillen und ĂŒble einen neutralisierenden EinfluĂ auf das in
Wunden eingeriebene Diphtherie(bouillon)gift aus. Wurde das
Mittel 'A â "A Stunden nach entsprechender Infektion mit einer
WundflĂ€che in BerĂŒhrung gebracht, so vermochte es in Ver-
dĂŒnnung t : 100 und 1 : 1000 die lebenden Diphtheriebazillen in der
Wunde abzutöten. Verfasser rechnet also mit einer bakteriziden
u a. Gift neutralisierenden Wirkung des Trypaflavins.
Ueber die PrĂŒfung und Begutachtung von Desinfektions-
mitteln. Die. Gesichtspunkte, nach denen die Desinfektionskraft
( ines Mittels zu begutachten ist, sind: 1 Hohe Desinfektions-
krafl FĂŒr Spallpilze in feuchtem und trockenem Zustande gc-
gebenenfalls Sporen), 2. Ungiftigkeit, 3. Geruchlosigkeit, 4. Wohl-
feUheit, 5. UnschĂ€dlichkeit fĂŒr die zu desinfizierenden Gegen-
stÀnde, Unter Beachtung aller dieser Gesichtspunkte stellte
Verfasser fest, daĂ sich fĂŒr ein als wohlfeil angepriesenes Des
infektionsmittel kein gĂŒnstigeres Ergebnis, als fĂŒr Kresolseife
ergab.
Ein weiterer Beitrag zur MensehenpathogenitÀt des Bazillus
pyoeyaneus. âAlimentĂ€re Intoxikation, Bronchopneumonie''
2 Monate altes MĂ€dchen, aufgenommen 29. 6. 21. Exitus 7. 8. 21.
Anatomische Diagnose: Necrosis haemorrhagica et ulcera ventri-
culi p. bac. pyoeyan. Phlebitis rami unius ven. portar. subsequ
abscess. hepatis. Soor. KlappenhÀmatome d. mitral, und tricus-
pidal. Annahme der Aufnahme der Bazillen per os. Magenwand-
schÀdigung. SekundÀre Invasion in die Blutbahn, Infektion eines
PfortaderÀstchens, von hier aus Infektion der ganzen Leber. Der
Schwerpunkt bei der Beurteilung des Falles wird auf die durch
den Bazillus pyoeyaneus herbeigefĂŒhrte nekrotisierende Magen -
wanderkrankung gelegt. Klinisch diagnostisch glaubt Verfasser
ev. die Erkrankung durch bakteriologische Untersuchung des Er-
brochenen und des Stuhles feststellen zu können. Prognostisch
isl eine solche Erkrankung als sehr ungĂŒnstig anzusehen.
WeiĂbach (Halle a. S.
Wiener klinische Wochenschrift, Wien.
(i. Januar 1922, Nr. 1.
â Leber die Behandlung der Tetania parathyreopriva. Eiseisberg. 1.
Ist die VerjĂŒngung nach der Prostatektomie als âSteinach-Effekt" aafzu
fassen? Blum. 2.
Untersuchungen ĂŒber die Schalleitung in der Nase und ĂŒber den EinfluĂ der
Nasenweite namentlich auf die Singstimme. R c t h i. 4.
»M'eber das Xovatropin. Hoffmann. R. 6.
Leber VerĂ€nderungen des Zuckergehalts in der ZerebrospinalflĂŒssigkeit bei
inneren und Xerven-Erkrankungen. Kahler, H. 8.
âUeber die Behandlung der Krampfadern mit Sublimatinjektionen nach
tĂ€nserr und ĂŒber die Behandlung der BeingeschwĂŒre. F i s c h e r . C. II.
Leber Schwankungen des Komplementgehalts bei Meerschweinchen. L o e w.
W. 12.
â Leber einen atypisch verlaufenden Fall von Typhus abdominalis. Zweie.
H. 13.
âą{» Jodinjektionen (Mirion) bei Keratitis parenchymatös« und Lues hereditari«.
Rosenstein. 14.
âTuberkulosefĂŒrsorge und extrafamiliĂ€re Expositionsprophylaxe. B u r k a r d.
14.
Ueber die Behandlung der Tetania parathyreopriva. Xui
wenn die medikamentöse Therapie (Parathyreoidintabletten. Cal-
cium lacticum, Afenil, jChloralhydratklysma) und mehlfreie Kosl
versagen, kommt die Transplantation von Epithelkörperchen in
Betracht. Die Verpflanzung vom Lebenden ist in Anbetracht der
zuweilen eintretenden SpÀtfolgen der Tetanie nicht unbedenklich,
am empfehlenswertesten ist die Verpflanzung vom frisch Ver-
storbenen. Von 7 Transplantationen hatten 3 Besserung zur
Folge, einmal dauerte der Erfolg ein Jahr an. dreimal blieb er
trotz Einheilung aus.
Ueber das Novatropin. Novatropin hat die gleich starke
Wirkung wie Ătropinsulfat und dabei eine 30â 50 fach geringere
ToxizitÀt. Es erlaubt deshalb eine protrahierte Anwendung, wo
die Atropinkur wegen zentraler Beizerscheinungen aufgegeben
werden muĂ. bei Hyperidrosis der Phthisiker, Asthma bron-
chiale, chron. KrampfzustÀnden des Magendarmtrakts, in der
Herztherapie als Zugabe bei der Behandlung der Arrhythmia
perpetua mit Digitalis. Bei dringenden Indikationen (Schmerz-
anfÀllen) kann Novatropin intravenös gegeben werden. Einzel
dosis 2Ăâ 5 mg. Tagesdosen bis 12^ mg.
Ueber die Behandlung der Krampfadern mit Sublimatinjek-
tionen nach Linscr und ĂŒber Behandlung der BeingeschwĂŒre.
Empfehlung der von Lins er eingefĂŒhrten intravenösen Subli-
matinjektionen (1â2 cem einer 1 prozentigen Lösung zwecks
Thrombosierung der Krampfadern. Zur Behandlung des ulcus
cruris wird Applikation einer 10 prozentigen Terpentinölemulsion
zur Anregung der Granulationsbildung empfohlen.
Ueber einen atypisch verlaufenden Fall von Typhus abdomi-
nalis. Bakteriologisch sichergestellter Typhus, bei welchem die
Obduktion am Beginn der dritten Woche einen negativen Darm-
befĂŒnd ergab.
Jodinjektionen (Mirion) bei Keratitis parenehymatosa und
Lues hereditaria. GĂŒnstige Beeinflussung der HornhauttrĂŒbun-
gen durch intramuskulÀre 2- 5 cm" und subkonjunktivalfi
0,5 cm3 Mirionjnjektionen.
Ii). Jahre. - Nr. 9.
Referate
TuberkulosefĂŒrsorge und extrafamiliĂ€re Bxpositionsproph)
laxe. Es isi Sache der externen FĂŒrsorge, «Ii«.' nicht in der Fa
nulle lebenden Offentuberkulösen (Bettgeber, Dienstleute, Pflege
personen, Lehrpersonen ausfindig zu machen und in Evidenz zu
fĂŒhren, um gegebenen Kalles vorbeugend einzugreifen.
R eu D Wien
12; Januar 1922, Nr. 2.
â t* AnĂ€sthesie bei Zahuextraktiionon. K n e u c k e r. 36.
[Jober die fĂŒr die RiintKenempfinilliiMiUo.il pflanzlicher « *b.i»" k i maUeebemlen
Bedingungen. P c t r jr. 27.
Heber Ozaena. II o f c r . Ci. 27.
Die Enrnginatio ileocoecalis im Röntgenbild. Cup a, :io.
1'eber den Mastdannkrebs. Mandl. 31.
Eh) Kall ^"ii primÀrem Sarkom des Omentum majus. S m i i a I. 33.
âąM'cbcr die Beziehungen zwischen Typhus und SchilddrĂŒse. !âą' I r c k s c dt r,
84.
Ein seltener mikroskopischer Befund im ausgeheberten Mageninhalt. R o
b i t s c b e k. 35.
Die Prophylaxe des endemischen Kropfes. K I i n g e r. -'>.r>.
AnÀsthesie bei Zahnextraktionen. Empfehlung der 1 prozen-
iigen Novokain-Adrenalinlösung âAlgolysin" (Wiener chemische
Fabrik âSanabo"), zur sofortigen Erkennung bei Zersetzung ein-
tretender VerfÀrbung in durchsichtigen Phiolen. Körperwarm
zu injizieren.
Ueber die Beziehungen zwischen Typhus und SchilddrĂŒse.
Bei Vorhandensein einer parenchymatösen Struma nimmt der
Abdominaltyphus meist einen gĂŒnstigen Verlauf und Ausgang.
Im Typhus kommt eine langdauernde SauerstoffverarmĂŒng der
SchilddrĂŒse zustande. Sauerstoffmangel fĂŒhrt in einer ĂŒber-
tĂ€tigen SchilddrĂŒse zu EiweiĂansatz. Die Sauerstoffverarmung
der SchilddrĂŒse im Typhus hat eine eiweiĂsparende Wirkung,
welche beim Hyperthyrcotischen, der vor der Infektion auf einen
erhöhten EiweiĂzerfall eingestellt war, besonders groĂ ausfallen
muĂ. Der EiweiĂzerfall bei den Typhen mit Hyperthyreose
scheint tatsÀchlich geringer zu sein als bei jenen mit normaler
SchilddrĂŒse. Verabreichung von SchilddrĂŒsenprĂ€paraten halle
keinen sicheren EinfluĂ auf den Krankheitsverlauf.
Die Prophylaxe des endemischen Kropfes. Es wird empfoh-
len, in Kropfgegenden durch allgemeine EinfĂŒhrung der Verab-
reichung jodhaltiger Tabletten (Jodostarin) in den Schulen die
heranwachsende Generation kropffrei zu machen, worauf dann in
15 â 20 Jahren mit der EinfĂŒhrung von jodhaltigem Speisesalz
(2 mg Na J pro kg Na Gl) begonnen werden könnte, um die ganze
Bewohnerschaft dauernd und automatisch kropffrei zu erhalten
R eu Ă Wien
10. Januar 1922, Nr. Ii.
ĂŒeiber innere Antisepsis. He U und R e i 1 1 e r. 10.
Kin Kall von direkter Herzmassage. A.m reich, 00.
âZur Diagnostik der Darmtuherkulose. I< 0 1 l. 51.
l'eber die Natur des hakteriuphagen Virus. Wa, tan ab e. 58.
»Heber eine neue Injektionsroethode des Tuberkulins bei ausgebreiteter Hant-
tuberkulo.se. StraĂ bĂŒrg. 54.
Einige Beobachtungen ĂŒber die Leukozytenzahl bei der Encephalitis epide-
mica. H u Ă. 55.
Beobachtungen bei einer Epidemie von Tertianafieber in russischer Kriegs-
gefangenschaft. B e 1 a i. 07.
DarmlÀnge und Sitzhöhe. Bemerkungen zur Publikation von Dr. Karl
Jellenigg in dieser Wochenschrift 1921, Nr. 50. Schick. B. 58.
Zur Behandlung dcT Bilharziakrankheil mit EmeUn. Bemerkungen zu de.
Arbeit von Dr. Tsykalas in dieser Wochenschrift 1921 Nr 18 M 11 v c r
^ M. 59.
Erwiderungen an) obige Bemerkungen des Prof. Martin Mayer. T s y
k a 1 a s. HO.
Zur Theorie der Dampfdesinfektion. L 0 d e. 60.
Zur Diagnostik der Darmtuberkulosc. In allen FĂ€llen von
tuberkulösen t'lzerationen lĂ€Ăt sich im Stuhl okkultes Blut mittels
der Benzidinreaktion nachweisen. Die G'uajakolreaktion fÀllt
wesentlich schwÀcher oder negativ aus. Stark positive Guajak-
reaktion spricht fĂŒr Ulcus oder Karzinom, gegen Darmtuber-
kulose. Dem Bazillenbefund in den Faeces kommt keinerlei dia-
gnostische Bedeutung zu.
Ueber eine neue Injektionsmethode des Tuberkulins bei aus-
gebreiteter Hauttuberkulose, '/iooooo bis ",000000 mg Alltuberkulin
in 10 cm3 Hingerlösung verdĂŒnnt, werden in Abstanden von je
'1.7) cm an 50â 60 Stellen etwa 0,2 cm3 InjektionsflĂŒssigkeit) in
der Umgebung des Krankheitsherdes intrakutan injiziert. Diese
Injektionsserien werden je nach der Reaktion, die sie ergeben
haben, in r 7 tÀgigen Intervallen mit allmÀhlich steigenden I n
berkulinmengen wiederholt und bis zur Heilung des Krankheils
llerdes fortgesetzt Gute Resultate bei Lupus vulgaris und aknei-
l'ormem Tuberkulid, auch bei tuberkulösen Hornhauterkran-
kungen. 11 euĂ Wien
26. Januar 1922, Nr 1
Die praktische Bedeutung der Lehre vom Haimos i die Remiiwance
Humoralparhologle als therapeutische Konsequenz dei Konstttutlonslehrc
(gesetlgt am Beispiel der Frauenheilkunde). Aschner. B
â 1 eber therapeutische Versuche mit dem Bcnköscben .lodpr¶l bei Para
l\sis progressiva. .1 a c obi , W. 7".
â Beitrag zur Klinik der asthenischen Pneumonie der Uttugling«. N 0 b « 1. n,
BeitrĂŒge zur Methodik der Suehs-Oeorglschen Reaktion, Krank. .V Hl,
l 'eber den Pylorusrhythmus. B a r s a n y, w.
Zur klinischen Verwendbarkeit und Handhabung de« 1 c nelerx von \m
bard-llailion. X y i r i. 8!).
Zur Technik der perineuralen Injektionen bei Ischlil". 0 i Ii n h a " in. M;
her Streik der KassenÀrzte. Fr«) . L. 85.
Ueber Wolkenkratzer. H in I e r b e r g e r. 8fi.
l'eber therapeutische Versuche mit dem Benkö'schcn Jod-
prÀparat bei Paralysis progressiva. Von 1<> hallen, welche mit
Mirioninjeklionen behandelt wurden, zeigten zwei gute, einer
leichte Remissionen, vier blieben psychisch unbeeinfluĂt, zwei
zeigten fortschreitenden psychischen Verfall, ein Patient starb
wÀhrend der Behandlung. Ein Fall von Lues cerebri. mit Snl
varsan erfolgreich vorbehandelt, zeigte eine ausgesprochene
Besserung, ein Fall von Lues congenita blieb unbeeinfluĂt Die
Injektionen wurden reaktionslos und ohne Beschwerden ver-
tragen und hatten meist eine gĂŒnstige Wirkung auf den Allge-
meinzustand zur Folge.
Beitrag zur Klinik der asthenischen Pneumonie der SĂ€uij-
linge. FrĂŒhgeborene, neugeborene und asthenische SĂ€uglinge
/eigen oft einen atypischen Verlauf und Befund der Pneumonie:
negativen Röntgenbefund bei positivem klinischem Befund und
umgekehrt, hĂ€ufig ausschlieĂlich indirekte Merkmale der Pneu-
monie, wie Gewichtsabnahme, graue VerfÀrbung. Erbrechen
meningeale Erscheinungen. Dyspnoe. Zyanose. Bei der Obduk-
tion von Neugeborenen mit ..Debilitas vitae" findet man hÀufig
Pneumonien. Notwendigkeit einer Isolierung der Neugeborenen
von ansteekungsverdĂ€chtigen Erwachsenen: stall groĂer gemein
samer Wochenzimmer Einzelzimmer fĂŒr Mutter und Kind.
R e u Ă Wien
Deutsches Archiv fĂŒr klinische Medizin, Leipzig.
20. 'Dezember 1921, 138. Heft 1-2.
â k riiUtcbe Studie ĂŒber die Infektionswege bei Pyelitis acuta auf Grund klini-
scher Beob&cMlungein. Levy, l.
Zur Frage der diagnostischen Verwertbarkeit der (irnber-W idaischen Reak-
tion. Hcrf t. 1H. âș
l'eber die MuskelaktinnsstrĂŒmc bei Myasthenia gravis. SchĂ€ffCr iinsd
Brie g.e r. 28. t
Beobachtungen ĂŒber Ulcus ventrieuli. Clan B. u.
Beobachtungen Uber paroxysmale KÀltehamoglobimirie und Kalteikteru«.
K az n e 1 s o n. U>.
Experimentelle Stmlien zur Volumbolometrie. 11 e d i g e r. "iS.
Ein Volumbolograph. II e d i g e r. 71.
Oer Stiekstoffhaushalt im Greisen<er. II e y c r. 7Ă.
1 eber den Keststickstoffgehajlt des Hinte* bei arteriosklerotischen Hyper
tonien. ein Beitrag zur Kenntnis der Xierenfunktion bei der benignen
N'ierertsklerof e. Klei n. 82.
l'eber das Verhalten der Typhusbazillen gegenĂŒber den bakterizidem KrĂ€ften
des Blutes. R 0 g C n d ö r f e r. 120.
Kritische Studie ĂŒber die Infektionswege bei Pyelitis acuta
auf Grund klinischer Beobachtungen. 1 Von den verschiedenen
Wegen, auf denen das Bakterium coli in das Nierenbecken ge-
langen und dort eine' Pyelitis hervorrufen kann, kommt der hÀma-
logene deszendierende Modus, wie experimentell am Menschen
nachgewiesen wurde, nicht in Betracht.
2. Wenn auch die von F r a n k e gefundenen Lymphbahnen
/.wischen Colon ascendens und rechter Niere bestehen mögen,
so sprechen doch gegen eine Infektion auf diesem Wege die
seltene Erkrankung des Nierenbeckens beim Manne im Vergleich
/.ur Frau sowie sÀmtliche FÀlle linksseitiger Pyelitis. Zudem
ist die Benutzung dieses Infektionsweges nur eine Hypothese
und niemals erwiesen, er muĂ abgelehnt werden.
:>. Vus Ă€hnlichen GrĂŒnden kommt eine Infektion des Nieren-
beckens auf dem Wege der im Ureter verlaufenden Lymphbahnen
nicht in Betracht: das Einschlagen dieses Weges durch tlie Coli
bakterien ist eine unbewiesene Behauptuni; und der Nachweis von
Bakterien in ihnen noch niemals erbracht worden.
I. Die aszendierende. urogene Infektion des Nierenbeckens
in der Bahn des Sekretstroms, im Lumen von Harnröhre. Harn-
blase. Freier, darf auch fĂŒr die primĂ€re" Pyelitis als der bei
weitem vorherrschende, wenn nicht alleinige fnfektionsmodus
gelten'. Diese Auffassung ist an sich schon die nÀchstliegende
und den natĂŒrlichen VerhĂ€ltnissen entsprechende
Diese ganze Auffassung bezieht sich zunÀchst nach dem Be
weisniateria] nur auf Bakterium coli. Wie sich andere Bakterien
/ B Staphylokokken verhallen, soll noch untersucht weiden.
o S Tarnow Charlottenburg-Westend
201
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 9.
Archiv fĂŒr Psychiatrie und Nervenkrankheiten, Berlin.
24. Oktober 1921, 64, Heft 1/2.
âŠâŠÂ«Asoziales Verhalten jugendlicher geistig abnormer 'ndivid.ien in und noch
dem Kriege. Kaltau, M. l.
âąf'Ueber die inneren und Ă€uĂeren Ursachen des Jugendirresoins unter beson-
derer BerĂŒcksichtigung der KriegsschĂ€digungen. Sonnenberg,
A. 13.
Die Beziehung des dichterischen Schaffens zu hysterischen DĂ€mmerzu-
stÀnden, erlÀutert an der Art Goethescher ProduktivitÀt. J a c ob i , W. 48.
âStörungen der Funktionen von Hypophyse und Zwischenhirn bei Eues ce-
rebri. BĂŒscher, J. 81.
Zur Symptomatologie und DiffeirentialdiÀgnose der Kleinhh nliriickenwinkel-
rnmoren. Pctte, H. 98.
Paul Morphv. seine einseitige Begabung und Krankheit. Becker. H.
W. 133.
Struktur und Seele. Eine histologische Betrachtung. L o e 1 e , W. 140.
Kasuistischer Beitrag zur pathologischen Anatomie der symmetrischen Lin-
senkernenveichungeu hei CO-Vergiftung. R u g e , H. 150.
Ein Fall von Stirnhirnverletzung. M ii 1 1 e t . B. 206.
Zur Stellung der Dystrophia myotonica. R ii 1 f , J. 225.
Asoziales Verhalten jugendlicher geistig abnormer Indivi-
duen in und nach dem Kriege. Verfasser beschreibt eine Reihe
von jugendlichen Individuen mit degenerativer Anlage, die wÀh-
rend und nach dem Kriege in die Verbrecherlaufbahn hinein-
gedrÀngt wurden. Fast alle Kranken entstammten den besseren
StĂ€nden, nie hatten sie BerĂŒhrung mit dem Verbrechertum ge-
habt. Aber das Degenerative in ihrer Anlage ist die treibende
Kraft und unterbindet eine geordnete LebensfĂŒhrung. Insbeson-
dere ist die WillenstĂ€tigkeit geschwĂ€cht, haltlos ĂŒberlĂ€Ăt sich
der Jugendliche seinen Trieben und kommt auf diese Weise zu
Handlungen, die dem Wohl der Allgemeinheit zuwider sind.
Ueber die inneren und Ă€uĂeren Ursachen des Jugendirreseins
unter besonderer BerĂŒcksichtigung der KriegsschĂ€digungen. In
Ă€uĂeren Momenten â Traumen, seelischen ErschĂŒtterungen, er-
schöpfenden EinflĂŒssen, Infektionskrankheiten â kann eine U r-
sache fĂŒr das Jugendirresein nicht gefunden werden; ihnen
kann höchstens als auslösenden Faktoren einige Be-
deutung beigemessen werden, d. h. ohne die zahlreichen exogenen
SchÀdigungen wÀre die Psychose vielleicht nicht so schnell und
in nicht so ausgeprÀgter Form manifest geworden. Als alleinige
Ursache der Schizophrenie bleibt die EndogenitÀt bestehen:
hier stehen an erster Stelle die hereditÀre Belastung und die eng
mit ihr zusammenhÀngenden Störungen der inneren Sekretion.
Man muĂ eine schizophrene Anlage auch in denjenigen FĂ€llen
von Jugendirresein annehmen, in denen keine anamnestischen
Anhaltspunkte fĂŒr eine solche vorliegen.
Störungen der Funktionen von Hypophyse und Zwischenhirn
bei Lues cerebri. Eine luetisch infizierte Patientin erkrankte 20
Jahre nach der Ansteckung mit Temperatursteigerung, Polyurie
und myxödemartiger Hautschwellung am ganzen Körper. Hierzu
traten Fettablagerung, Amenorrhoe und Verschiebung der se-
kundÀren Geschlechtscharaktere nach dem mÀnnlichen Typ.
Dieses Syndrom entspricht der von Fröhlich beschriebenen
Dystrophia adiposo-genitalis. Eigenartig war in psychischer
Hinsicht eine ausgesprochene manische Erregung der Kranken.
Pathologisch-anatomisch wird mit Wahrscheinlichkeit ein lueti-
scher ProzeĂ an der Basis des Gehirns mit vornehmlicher Lo-
kalisation im Bezirk der Hypophyse und des Zwischenhirns an-
genommen, der sich vermutlich in Form einer umschriebenen
Meningoenzephalitis abgespielt hat. A. M ĂŒ n z e r.
Jahrbuch fĂŒr Kinderheilkunde, Berlin.
Dezember 1921, 46, Heft 6.
âŠM)ic Mageninsuffizienz im SĂ€uglingsalter als selbstĂ€ndiges Krankheitsbild.
B 1 ĂŒ h d o r n . K. und Eoebcnstein. F. 303.
âąM\onstitutionspathologische Betrachtungen zur exsudativen Diathese.
Slransky, E. und Weber. O. 317.
âZur Frage der Pathogenese der Polioeneephalitis epidemica. Q u e s t , R. 324.
âąJ*Ueber die Aetiologie des sogenannten Megacolon congenitum (tlirschspr.ing-
BChe Krankheit). .1 o s s e I i n de .long. K. de und P 1 a n t e n g a ,
B. P. B. 332.
Die Mageninsuffizienz im SÀuglingsalter als selbstÀndiges
Krankheitsbild. Als Kennzeichen der Mageninsuffizienz werden
hervorgehoben: Nichtgedeihen, Mattwerden, Gewichtsstillstand
oder -abnÀhme, Verschlechterung von Turgar und Hautfarbe,
schwere Appetitlosigkeit, in vielen, aber nicht allen FĂ€llen un-
regelmĂ€Ăiges und meist nicht sehr reichliches Erbrechen, zu-
weilen auch verlangsamte HerztÀtigkeit und stÀrkerer Verfall.
Die Mageninsuffizienz wird durch eine MagenspĂŒlung 3â4 Stun-
den nach der Nahrungsaufnahme festgestellt. HauptsÀchlich wer-
den Kinder von Y<âVA Jahren befallen. Es handelt sich meist
um zurĂŒckgebliebene Kinder, die durch ErnĂ€hrungsstörungen
oder Infekts in einen schlechten Zustand geraten sind. Die Stau-
ung des Mageninhalts tritt auf: 1. primĂ€r, d. h. nicht vom DĂŒnn-
darm aus aufsteigend, 2. im Anschluà an anakute ErnÀhrungs-
störungen, besonders Ruhr, 3. bei Infektionen aller Art. Zur Be-
handlung ist der Magen zunĂ€chst leer zu spĂŒlen, dann werden
langsam steigende Nahrungsmengen gegeben.
Konstitutionspathologische Betrachtungen zur exsudativen
Diathese. Nachuntersuchungen von Kindern, die in der SĂ€ug-
lingszeit exsudative Erscheinungen gehabt hĂ€tten, ergaben, daĂ
in den meisten FĂ€llen alle pathologischen Erscheinungen schwan-
den. Doch blieb ein gewisser Teil ĂŒbrig, bei denen auch spĂ€ter
Krankheitszeichen auftraten. 11 Kinder, die eine Erythrodermie
durchgemacht hatten, wiesen spÀter keine auffallenden Haut-
erscheinungen auf.
Zur Frage der Pathogenese der Polioeneephalitis epidemic a.
Drei Kinder, die an Polioeneephalitis epidemica litten, werden mit
ihrer eigenen LumbaiflĂŒssigkeit intrakutan geimpft. Auf diese
Weise war ein Antigenkörpcr im Liquor nachzuweisen. Er ver-
schwand bei Besserung des Zustandes. Bei den sich lange hin-
ziehenden FĂ€llen blieb die Reaktion negativ.
Ueber die Aetiologie des sogenannten Megacolon congenitum
(Hirschsprung'sche Krankheit). Bei einem 4 Wochen alten Kinde,
das an Hirschsprung'scher Krankheit gelitten hatte, wurde bei
der Sektion der Darm vor der Herausnahme mit Formalin ge-
hÀrtet. An dem Uebergang von der Flexur in das Rektum war
die ganze Darmwand derart gefaltet, daà eine sporenÀhnlich in
das Lumen vorspringende Klappe gebildet wurde. Sie hatte den
Durchtritt des Darminhalts gestört. Es bestand also kein an-
geborener groĂer, dicker Darm, kein Megacolon congenitum, son-
dern ein angeborenes Durchgangshindernis. A. P e i p e r.
Archiv fĂŒr Verdauungskrankheiten, Berlin.
Oktober 1921, 28, Heft 5-6.
Zur Magcnnomenkla'iir. Groedel. Franz. 245.
Uelier hochsitzende Duodenalsklerose. Nick. H. 2GĂ€.
BeitrĂ€ge zur Radiologie des Ulcus Duodeni. B Ă€ r s o n y . Th. 27Ă.
Vergleichende Untersuchungen auf tryptisches Ferment in den Faecvs und
Duodenalsaft mit d. Casein-Methode. S c h o p p e . W. 2S9.
Ulcus peplicum jejuni und Pylorusausschaltung. K e 1 1 i n g. 316.
Pylorospasmus und Pylorusstenose i. Röntgenbild. Bauermeistcr. 32.'.
âPleuritis und Magenschmerzen. Rennen. K. 328.
»»»Zur Indikationsstellung bei akuten Magen- und Duodenalblutungen. Finste-
rer, H. 337. .
Pleuritis und Magenschmerzen. Die innere Therapie des
blutenden Ulcus hat gute Erfolge, bei nicht blutendem Ulcus da-
gegen sind nur 10 Prozent Dauererfolge. Also ist die richtige
Diagnosestellung des nicht blutenden Ulcus zu bezweifeln. Mit
diesem recht anfechtbaren Gedankengang beginnt Verfasser seine
Arbeit; er vergiĂt die Kleinigkeit, daĂ ja der gute Erfolg
bei der Behandlung der Ulcusblutung auch meist kein Dauer-
erfolg ist, sondern die Ulcusbeschwerden rezidivieren. Verfasser
untersucht, welche Krankheiten ein Ulcus ventriculi vortÀuschen
können und weist auf die SchÀdigungen hin, die die Magennerven
auf ihrem Wege durch die Brusthöhle, besonders durch Pleuri-
tiden, erleiden können. Fr beschreibt eine Anzahl seiner FÀlle,
die unter der Diagnose: Ulcusverdacht, nervöses Magenleiden
usw. gingen, ohne objektiven Befund, bei denen nach 0,1 mg Alt-
tuberkulin eine Druekempfindlichkeit in der Pylorusgegend und
Magenschmerzen auftraten. In den meisten dieser FĂ€lle war
irgendeine Lungenaffektion nachweisbar, besonders oft rönt-
genologisch eine Pleuritis diaphragmatica. Als pathognomonisch
fĂŒr diese Erkrankung nennt Verfasser eine Druckempfindlichkeit
im Schnittpunkt zwischen verlÀngerter 10. Rippe und Parasternal-
linie, ferner eine Druckempfindlichkeit des N. phrenicus zwischen
den Schenkeln des Sternocleidomastoid, im Röntgenbild eine
âBuckelung" des Zwerchfells, TrĂŒbung der unteren Lungenteilc.
geringe oder ungleichmĂ€Ăige Zwerchfellbewegung. Diese tuber-
kulöse Pleuritis kann â so meint Verfasser â Magenschmerzen
hervorrufen. Die Ursache sieht er in einem Uebergreifen des
EntzĂŒndungsprozesses auf den N. phrenicus. Man soll also â
so schlieĂt R enne r â , ehe man sich zur Diagnose Ulcus
ventriculi entschlieĂt, immer erst an Tuberkulose denken, vor
allem diagnostische Tuberkulineinspritzungen machen. Oft wird
man bei spezifischer Therapie sehr gute Erfolge erzielen. Leider
bleibt uns Verfasser hier, nÀmlich in der Hauptsache den Beweis
schuldig. Und ehe der nicht geliefert ist, mögen, so interessant
seine Hinweise auch sind, an der Richtigkeit einige Zweifel ge*
stattet sein.
40. Jahrg. â Nr. 9.
Aus den neuesten Zeitschriften
305
Zur [ndikationsstellung bei akuten Magen- und Puodenal-
blutungen. Wohl die Mehrzahl aller Chirurgen und ziemlich alle
Internisten stehen heule auf dem Standpunkt, daĂ die akuten
Magen- oder Duodenalblutungen konservativ, d. h. mit Ruhe, DiÀt
und Medikamenten ZU behandeln sind. So interessiert es, von
Finster er- Wien eine ganz abweichende Meinung zu hören.
Er hÀlt bei der akuten Blutung aus einem chronischen (kailösen)
I leus eine sofortige Operation, und /.war die Resektion fĂŒr an-
gebracht. Wie minier in solchen Streitfragen, muĂ das schwere
BeschĂŒtz anfahren, die Statistik, mit der ja bekanntlich alles zu
beweisen ist. Finsterer berechnet bei der akuten Magen-
blutung 47 Prozent MiĂerfolge bei interner Behandlung, dagegen
nur 25 Prozent MiĂerfolge bei chirurgischer Behandlung. Die
Bichtigkeit der letzten Zahl mag stimmen, die erste widerspricht
jedem sonst angegebenem Resultat. (Die Zahlen schwanken
sonst zwischen 2 und 6 Prozent MortalitĂ€t.) Richtig ist natĂŒr-
lich, daĂ die Chirurgen meist erst zu ausgebluteten Patienten zu-
gezogen werden, wenn die innere Therapie versagt hat. Fin-
sterer stellt daher als Wichtigstes die sofortige Operation am
ersten Blutungstage hin. Die GefÀhrlichkeit der Resektion wird,
wie er angibt, geringer, wenn er statt Allgemeinnarkose die Lei-
lungsanĂ€sthesie mit K Prozent Novokain ausfĂŒhrt. Operation
bei Blutungen aus akutem Ulcus lehnt auch er ab.
Glaser (Charlottenburg).
Zeitschrift fĂŒr Sexualwissenschaft, Bonn.
Januar 1922, 8, Heft 10.
âŠ^Konstitution und Erlebnis in der Sexnalpsychologie und -pathologie des
Kindesalters. Moses, J. 305.
Konstitution und Erlebnis in der Sexualpsychologie und
-pathologie des Kindesalters. Eine der Grundfragen, um deren
Beantwortung sich die moderne Sexualforschung bemĂŒhen muĂ,
ist die, ob es möglich ist, die wissenschaftliche Grundlage fĂŒr
den Begriff einer Sexualkonstitution zu finden, die von
den Leistungen der endokrinen Organe in AbhÀngigkeit zu
bringen wĂ€re. Ist man â insbesondere bei allen verfrĂŒhten
sexuellen AeuĂerungen, Handlungen und Abarlungen â genötigt,
eine besondere Sexualkonstitution vorauszusetzen oder an der
bisherigen Annahme der neuro-psychopathischen Anlage festzu-
halten? An einer Reihe von FĂ€llen wird gezeigt, daĂ zweifellos
die neuropathische Konstitution bei der Entstehung infantiler
Triebanpmalien eine bedeutsame Rolle spielt. Andere Beobach-
tungen wiederum drÀngen zu der Auffassung, daà eine Hyper-
erotisierung vorliegt, die durch eine neuropathische Veranlagung
nicht genĂŒgend erklĂ€rt wird, sondern auf eine spezielle konsti-
tutionelle Anlage der Hormongewebe zurĂŒckgefĂŒhrt werden muĂ.
FĂŒr die sexualpsychologische Entwicklung eines Menschen kann
es von ausschlaggebender Bedeutung werden, in welcher
Form, unter welchen Ă€uĂeren Begleiterscheinungen
und bei welcher seelischen Konstellation die ersten
sexuellen Regungen ins BewuĂtsein gelangen. Auch bei
der HomosexualitĂ€t, fĂŒr die die angeborene Konstitution von
ĂŒberragender Bedeutung ist, kann in der Zeit des undifferenzierten
Geschlechtstriebs die Sexualpsyche durch ein bestimmtes Erlebnis
nach der einen oder anderen Seite gelenkt werden.
A. M ĂŒ n z e r.
Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und
Chirurgie, Jena.
1921, 34, Heft 3.
Wasser- und Konzentrationsvefsuehe an Nierenkranken. Lehmann und
E 1 f e 1 d t. 291.
Dura- und SchÀdelplastik. Hanta eh. 328.
Leiherechinokokkus. A m r e i c h. 334.
â Bedeutung der MagenstraĂe. Katsch und v. Friedrich, 343.
Mechanik des Liquor cerebro spinalis. V r 0 p p i n g. 3G2.
^Nierendekapsulation bei SublimatvergiJtung. Rollwage. 374.
Muskelspasrnen beim kontrakten PlattfuĂ. S c h ii f f e r und W e i 1. 303.
Tetanie. Melchior. 400.
Die funktionelle Bedeutung der MagenstraĂe. Waldeyer
benannte als âMagenstraĂe" die lĂ€ngsgerichteten Schleimhaut-
falten entlang der kleinen Kurvatur. Diesen Faltenweg entlang
soll der Hauptiransport der Speisen (besonders der flĂŒssigen)
stattfinden. Die vorwiegend vertikale Richtung dieses Weges
(beim stehenden Menschen) soll die Erscheinung erklÀren helfen,
daĂ bei vollem Magen getrunkenes Wasser sehr schnell darm-
wÀrls ablÀuft, ohne sich wesentlich mit dem Mageninhalt ver-
mischt zu haben. Diesen Anschauungen treten die Verfasser â
neben theoretischen Bedenken â auf Grund folgender Versuche
entgegen: 1. Sie lieĂen magengesunde Menschen zunĂ€chst eine
volle Mittagsmahlzeil einnehmen und gaben ihnen danach eine
KontrastflĂŒssigkeit (Bismon) zu trinken, Vor dem Röntgen-
schirm konnten sie dann beobachten, daĂ bei keiner Versuchs
person sich der Schattenstrom an der kleinen Kurvatur, der
MagenstraĂe, hielt, sondern sich stets mehrere Wege - oll
fÀcher- und strahlenförmig durch den Mageninhalt bahnte.
2. Nach Hinnahme einer Kontrastmahlzeit wurde den Versuchs-
personen schnell gewöhnliches Wasser zu trinken gegeben. Da-
bei zeigte sich, daà das nachgetrunkene Wasser zunÀchst ober-
halb der B a r y u m - Mahlzeil stehen bleibt; mehr oder weniger
langsam entleert sich dann die FlĂŒssigkeit in den Darm; sie ge
langt schneller dorthin als die festen Speisen, aber durchaus
nicht nur an der kleinen Kurvatur entlang, sondern auf vielen
Wegen. Die Verfasser nehmen an, daĂ die Kontraktionen des
Pylorus die FlĂŒssigkeit nach Art einer Saug- und Druckpumpe
auf den Wegen des kleinsten Widerslandes durch den kompakten
Mageninhalt ansaugen. â Diese Beobachtungen mĂŒssen auch
gegen die Lehre Ăschoffs sprechen, nach der das Magen-
geschwĂŒr eine lokale Erkrankung der kleinen Kurvatur ist, vor-
wiegend verursacht durch die mechanische SchÀdigung des
Speisetransportes.
Nierendekapsulation bei Sublimatvergiftung. Verfasser be-
schreibt zunÀchst zwei selbst beobachtete FÀlle von Nieren-
dekapsulation bei Sublimatvergiftung, bei denen die Operation
keinen Erfolg hatte. Unter BerĂŒcksichtigung der ĂŒbrigen neun
bisher in der Literatur niedergelegten FĂ€lle kommt er zu folgen-
den SchluĂsĂ€tzen: Die Operation ist an sich ein relativ leichtei
Eingriff, der stets gut vertragen wird. Ein wertvoller Erfolg ist
bisher mit der Operation nicht erzielt worden; denn wenn auch
ein Fall von den neun beschriebenen am Leben geblieben ist, so
muĂ demgegenĂŒber betont werden, daĂ auch nicht operierte FĂ€lle
gesund werden und selbst nach 8 Tagen völliger Anurie spontan
die Harnflut wieder einsetzen kann. Trotzdem kann bei der
völligen Aussichtslosigkeit der inneren Therapie die Entkapse-
lung versucht werden, besonders da in fast aUen bekannten
FÀllen eine LebensverlÀngerung um einige Tage eingetreten ist.
K. Wohlgemuth (Berlin).
Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
28. Januar 1922, 49, Nr. 4.
Gastropexie. K reut e r. 106.
^âąResektion oder Gastroenterostomie hei Ulcus ventriculiV D u b s. 108.
Fibrom der Bauehdecken. C a h n. 110.
Nachweis von Seukungsabseessen. Eisner. III.
StirnlappenspÀtabseess. M ii c k. 112.
NebennierenexstĂŒrpation bei Epilepsie. Fischer. 113.
Eigenartige MitteifuĂerkrankung. .) a c ulise n. 116.
âTetanus. S c h u 1 1 z e , E. 118.
Stumpf Versorgung bei Kropfoperation. Flor c k e n. 120.
Resektion oder Gastroenterostomie bei pylorusfernem Ulcus
ventriculi? Wegen eines ĂŒber zweifrankstĂŒckgroĂen, derben
kallösen Geschwmrs mit starken, schwartigen perigastritischen
AdhÀsionen wurde bei einem Patienten die vordere Gastroenter-
ostomie ausgefĂŒhrt. Infolge erneuter Beschwerden Belaparo-
tomie nach etwa einem halben Jahre. Von dem groĂen Ulcus
war trotz genauesten Absuchens und Abtastens (auch vom Ma-
geninnern aus) nichts mehr zu finden. Es gibt demnach also
FĂ€lle von groĂen kallösen GeschwĂŒren, die allein nach Gastro-
enterostomie anatomisch vollkommen ausheilen.
Ueber Tetanus. Ein junger Mann, der 1918 im Felde einen
DurchschuĂ durch den linken Unterschenkel erhalten hatte, wurde
1921 wegen einer noch bestehenden Fistel operiert; 2 Sequester
wurden entfernt, die Höhle mit KarbolsÀure ausgegossen und die
Wunde geschlossen. Nach 8 Tagen trat schwerer Tetanus auf,
nach 10 Tagen Exitus. Verfasser hatte bewuĂt die Tetanus-
impfung unterlassen in der Ueberlegung, daĂ 1. ein DurchschuĂ
vorlag, daĂ 2. der Mann nach der Verwundung keinen Tetanus
gehabt hatte, daĂ 3. kein GeschoĂstĂŒck zu entfernen war, und
daĂ schlieĂlich der Mann in der Zwischenzeit 4 mal an der Fistel
ohne Störung des Wundverlaufs operiert war. Dringende Mah-
nung, nie die prophylaktische Tetanusschutzimpfung zu unter-
lassen! K. Wohlgemuth (Berlin).
Archiv fĂŒr klinische Chirurgie.
1921, Bd. 118.
â Ueber die kausale Behandlung des MagengeschwĂŒrs. S c h m i e d e n, O. 1.
Die Stauungsgallenblase mit besonderer BerĂŒcksichtigung der Aetiologic de:
Gallenstauungeu. Schmieden, O. und R o h d e , Carl. 14.
206
Aus den neuesten Teilschritten
40. Jahre. â Nr. 9.
Di« gallige Pi'i i t-owi 1 1 s ihn«- Perforation. I! i i i c r , Carl. Si.
V.in Kall von sog. idiopathischer CholedochiuBcyste. gchĂŒrbol r. 91.
Beitrag zur Chirurgie des l'leus eallosum ventridili Hol s <âą I» e r â
Richard, 96".
Die Lokalisierung des Ulcus ventriculi und Ulcus duodeni mit Hilfe der
Blutatmylasebestirnraung. Block, Werner. 114.
Die Vuheftung des gastroptotischem Magens an die Hippen K 1 h p p und
RieĂ. 125.
â leber entzĂŒndliche GeschwĂŒlste am Darm. Körte. \v. 13g.
Kin Beitrag zur chirurgischen Behandlung des Ascites, spez. de* tuberkulösen
mit Peritoncalfcnsterung zwecks subkutaner Daiuerdraimagc. E rltes,
Kritz. lfil.
1 eher angeborene einseitige NierenatrophieC Rumjel, <>. 173.
Der UreterverschlitĂ durch Mesentorialdriiscntuberkulosc. Valentin,
Erwin. 189.
Die Verlagerung des Harnleiters, seine VerlĂ€ngerung und seine VerkĂŒrzung,
und deren diagnostische Bedeutung. Joseph. Eugen. 194.
âąi'SehĂ€ lelknocIun und Gehirn. T i 1 m a n 11. 201.
Urethra- und Blasendefekt nach komplizierter SchuĂverletzung plastisch
durch Kcktumteile ersetzt. Hacker. V. 209.
Die Sicherung der Blasenfistelnaht durch Interposition der Plica vcsie.i-
uterina und EinnĂ€hung der C'ervix in den vorderen Levatorspalt. Ii ĂŒ b -
s a m e n , W. 220.
Zur Entstehung und Behandlung des angeborenen muskulÀren Schreihalses.
Krankel. .1. 228.
âą>stumpfplastik bei KinderstĂŒmpfen. D e u ts c U I Ă€ 11 d e 1 . Carl. 253.
Die chirurgische Behandlung der Progenie. K ru e g e r , B. 281.
âleber den augenblicklichen Stand der zahnĂ€rztlichen Prothetik und Ver-
bandlehre. Schröder. H. 27.r>.
Muskelplastik in Verbindung mit LĂ€hmungsprothesen zur Behandlung von
ausgedehnten schlaffen LĂ€hmungen. H a g w a r d . E. 298.
L'eber seltenere Mechanismen der GefĂ€Ăverletzung KĂŒttn r. Hermann. 308.
Ueber den Wert der Ersatzniethoden der GefĂ€Ăuuterbinduug. M 0 m b urg,
Kritz. 330.
Ueber die Bedeutung der Pfortadersklerose. Hart. Carl. 337.
Die FĂŒUungezustĂ€nde der Blutkapillaren und die auf sie einwirkenden Ur-
sachen. H i 11 t z e . Arthur. 361.
â Beitrag zur Indikation und Wirkungsweise von SclĂŒlddrusenoperationen.
G r autrt, H. 381.
âZur Behandlung der Tetania parathyreoprivii. Eiseisberg, A. 387.
Das Wesen des Krankheitsbildes der ..Mnrmorknochen I Albers-Schöneb Tg)' .
Schulze, Fritz. 111.
Die Behandlung von Knochenfisteln und Knochenhöhlen nach SchuB-
briienen. B 1 e e'h e r. 439.
âUeber Knochenerkrankungen im JĂŒnglingsalter. Vogel, K. 440.
Fehldiagnosen hei Knochen- und Gelenktuberkulose. Kiseh. Eugen. 4t* 1 .
Ueber die kausale Behandlung des MagengeschwĂŒres. Verl'
behandelt die Wichtigkeit des Zusammengehens der einzelnen
medizinischen Disziplinen, vor allem der Chirurgie, innere Me-
dizin und Pathologie bei der Therapie des Magenulcus. Seiner
Ansicht nach ist das vergleichende Studium der verschiedenen
Behandlungsarten von der Àtiologischen Forschung untrennbar.
Dies aber fĂŒhrt auf die kausale Therapie des Leidens. ZunĂ€chst
erblickt Sch. in der A s c h o f 1" sehen Theorie, das Magenulcus
sei ein lokales Leiden, die wichtigste Grundlage des MaĂstabes
der postoperativ herzustellenden Magenmechanik, deren Ziel Er-
haltung der motorischen FĂ€higkeit und sonstigen physiologischen
Funktionen bei Vermeidung von Rezidiven oder Jejunal-
geschwĂŒren ist. Unter diesen Gesichtspunkten ergibt die PrĂŒfung
der einzelnen Operationsmethoden folgendes: Die einfache
Gastroenterostomie hat nur bei der narbigen Pylorusstenose un-
eingeschrÀnkte Berechtigung, ebenso wie die Pylorusaus-
schaltung. Auch den meisten Magenresektionsmethoden haftet
der Fehler einer Schaffung unphysiologischer VerhÀltnisse
Sturzentleerung, Gefahr des Jejunalulcus) an, weshalb z. B.
v. St aber er zur Methode Billroth zurĂŒckgekehrt ist. Das-
selbe gilt in erhöhtem MaĂe von der v. Finsterer' sehen
Biesenresektion. Als Beispiel kausaler Therapie fĂŒhrt Verfasser
die von ihm ersonnene treppenförmige Resektionsmethode an, be-
sonders von Nutzen bei dem typischen Ulcus auf der Milte der
kleinen Kurvatur. Des weiteren muĂ auch Vor- und Nachbe-
handlung der Erkrankung von kausalen Gesichtspunkten geleitel
sein. (Schaffung eines âfreien Intervalls" zur Erleichterung der
Operation, planvolle Indikation, bezw. nach erfolgter Operation
Erziehung zum Langsamessen. DiÀtschema, Verbot des Zigaret-
ten rauehens).
l'eber entzĂŒndliche GeschwĂŒlste am Darm. Seit der Zunahme
der operativen Behandlung der Darmtumoren mehren sich die
fÀlle, bei denen die entfernte Geschwulst, bis dahin als maligne
angesehen, sich als entzĂŒndlicher Art herausstellte. Verfasser
beschreibt sechs solcher FĂ€lle, bei deren fĂŒnf die ursprĂŒngliche
Diagnose: Karzinom lautete, wÀhrend im sechsten Falle retro-
cökaler Abszeà angenommen wurde. Erst die mikroskopische
l'nlersuchung konnte die wahre Natur der exstirpierten Ge-
schwĂŒlste aufdecken: in allen Ii FĂ€llen fand sich dabei ein
chronischer EntzĂŒndungsprozeĂ als Ursache der Neubildung, die
somit mit einem echten malignen Tumor nichts zu tun hat. In
vier FĂ€llen ging hierbei die tumorbildende EntzĂŒndung vom
Appendix, in zweien von der Schleimhaut des Tvphlons aus Die
Wichtigkeit der Kenntnis dieser Art von Tumoren, besonders
hinsichtlich auch der Prognose, liegt auf der Hand, obwohl
einschrĂ€nkend gesagt werden muĂ. daĂ nach Ansicht des Verf.
die sichere Diagnose vor der Operation kaum gestellt werden
dĂŒrfte, zumal bei der relativen HĂ€ufigkeit des Karzinoms in
erster Linie stels an ein solches zu denken ist.
SehÀdelknoehen und Gehirn. Verfasser beleuchtet an einer
Leihe typischer Beispiele die interessanten WechselverhÀltnisse
bei Erkrankungen oder Verletzungen des SchÀdels einerseits,
bezw. des Gehirns andererseits. Hinsichtlich der Verletzungen
sind folgende beide Extreme zu nennen, die ihre AusprÀgung der
Art des Trauma's verdanken und zwischen denen sich alle
ĂŒbrigen pathologischen Variationen bewegen: einmal die SchĂ€del-
fraktur ohne die geringste klinisch oder pathologisch wahrnehm-
bare VerÀnderung del Gehirnes: andererseits die HirnlÀsion ohne
SchĂ€deldefekt (z. B. CommoĂŒo cerebri). Es werden dann die
f Àlle besprochen, bei denen teils eine Hirnaffektion sich aus
einer SchÀdelverletzung oder Erkrankung entwickelt und umge-
kehrt (Tumoren, EntzĂŒndungen. SchĂ€deltraumen usw. bezw
HirnhĂ€utentzĂŒndungen, Hirntumoren usw.). Oft stellen sich, ohne
daĂ Infektion von auĂen vorliegt, Knochenprozesse ein, die als
1 eaktiv regeneratorische aufzufassen sind. Hier bringt die
Operation oft genug die Heilung. Andrerseils vermag sie bei
sekundÀrer Hirnerkrankung nach .SchÀdelverletzung oder ander
weitiger pathologischer VerĂ€nderung desselben gĂŒnstigenfalls
nur Besserung erzielen. Es werden schlieĂlich noch die inter-
essanten Wechselbeziehungen zwischen den VorgÀngen im
SchÀdelknochen (z. B. Tumoren) und dem SchÀdelinhalt bei Ver-
Ă€nderungen des letzleren (Druckerscheinungen! > an einer Reihe
klinischer FĂ€lle beleuchtet.
Stumpfplastik bei KinderstĂŒnipi'en. Das MiĂverhĂ€ltnis
zwischen gesteigertem Knochenwachstum im Kindesalter und der
Atrophie der Stumpfmuskulatur bedingt im Laufe der Zeit
Formen der AmpulationsstrĂŒmpfe bei Kindern, die den mo-
dernen Forderungen hinsichtlich der TragfÀhigkeil nicht voll
kommen entsprechen. Verf. glaubt der Lösung des Problems
durch eine Operationstechnik nÀher gekommen zu sein, bei der
ein genĂŒgend groĂes StĂŒck der oberen Fibuladiaphyse zur
autoplastischen Deckung des Tibiastumpfes verwendet wird. Der
Vorteil des Verfahrens liegt in der Vermeidung der Entnahme
des Transplantates aus der Tibia selbst, wobei jedesmal eine er-
hebliche VerkĂŒrzung der letzteren notwendig wird.
Ueber den augenblicklichen Stand der zahnÀrztlichen
Prothetik. Aus der die heutige hohe Vervollkommnung der zahn-
Ă€rztlichen Technik deutlich schildernden Abhandlung sei das all
gemein Wissenswerte kurz wiedergegeben. Die Frakturbehand'
hing der Kiefer hat durch den Ausbau der Verbandtechnik â es
sind im wesentlichen SchienenverbÀnde, die volle Bewegungs-
freiheit der Kiefergelenke ermöglichen â eine erhebliche Ver-
besserung erfahren. Namentlich FĂ€lle mit starker Dislokation
der Fragmente lassen sich durch die sog. kĂŒnstlichen Gelenke
der Schienen, die in der Gegend der natĂŒrlichen Gelenke auĂer-
halb des Kiefers angebracht werden, leicht und schnell zur
funktionell gĂŒnstigen Ausheilung bringen. Einen wesentlichen
Fortschritt stellt ferner der plastische Ersatz fehlender oder
degenerierter Kieferteile, besonders der Gelenke dar. eine Tal-
sache, die in erster Linie chirurgischen Bestrebungen zu ver-
danken ist: Ersatz des Condylus durch das Metalarsale. Implan-
tation einer Phalange in einen defekten Unterkieferast usw. Auch
die auĂerordentlich schwierige therapeutische Beeinflussung der
lÀstigen habituellen Kieferluxation ist zahnÀrztlich in befriedi-
gender Weise durchgefĂŒhrt worden, indem durch ein an den
letzten ZĂ€hnen des Oberkiefers befestigtes Hindernis ein zu
weites Oeffnen des Mundes und damit die Auslösung der
Luxation unmöglich gemacht wird. Des weiteren wird der
plastische VerschluĂ groĂer Gaumendefekte z. B. bei Lues,
ferner bei kongenitaler Spaltbildung usw. mittels der von
Ganzer modifizierten L a n genb eck ' sehen Methode be-
schrieben. Es wird schlieĂlich noch auf die zahnĂ€rztliche Ersatz-
kunsl hingewiesen, die vor allem als abschlieĂender Teil spicher
Operationen in Betracht kommt, welche chirurgisch nicht mehr
ausgleichbare Defekte schafft. Kieferresektionen. Exartiku
lationen bei bösartigen Tumoren usw. . Hier spielt nach An-
sicht des Verf. die sog. Immediatprothese Marlins aus hetero-
plastischem Material eine groĂe Rolle, deren VorzĂŒge in Zukunft
vielleicht noch mehr gewĂŒrdigt werden dĂŒrften
Beitrag zur Indikation und Wirkungsweise von SchilddrĂŒsen-
Operationen. Die Indikation zum Eingriff, abgesehen vom gewöhn-
lichen Kropf, gibt meistens ein vorhandener oder einsetzender
10. Jahrg. â Nr. 9.
A u s <i c ii ii euesten Z e i ts c h rill e n
Basedow. Man sollte also selbsj bei mĂ€Ăigei Schilddrdsenvei
gröĂerung doch operieren, wenn ausgeprĂ€gte Symptome gestörter
DrĂŒsenfunktion (MigrĂ€ne, DurchfĂ€lle, Arythmien) nachweisbar
sind Hinsichtlich der Wirkungsweise der Operation zeigl Vir
tasser an Beispielen, dall nicht nur eine gĂŒnstige Beeinflussung
der SchilddrĂŒse allem, sondern auch anderer endokriner DrĂŒsen
anzunehmen ist. Ueberhaupt spielen Konstitutions-, Vererbungs-
inid nicht zuletzt innersekretorische Fragen bei der Beur-
teilung der Indikation und der Operationsergebnisse eine gröĂere
Holle, als man gemeinhin anzunehmen geneigt ist, so dall gerade
die Behandlung der SchilddrĂŒsenleiden und hieraus etwa ge
wonnene Einblicke in die genannten Tatsachen neue Gesichts-
punkte wissenschaftlicher Erkenntnis zu bieten imstande sein
dĂŒrfte.
Zur Behandlung der Tetania parathyreopriva. Eine im An-
schluĂ an eine letzthin operierte Struma aufgetretene schwere
Tetanie gibt dem Verfasser AnlaĂ, auf diesbezĂŒgliche Fragen an
Hand eines groĂen klinischen Materials einzugehen. Demnach ist
Irotz sorgfÀltigstem operativem Vorgehen und weitgehendster Be-
rĂŒcksichtigung die Gefahr der postoperativen Tetanie durchaus
nicht stets zu vermeiden. Von praktischer Wichtigkeit ist vor
allem das Problem, diese bedenkliche Folge der Operation nach
Möglichkeit auszuschlieĂen. Grundbedingung und erste Forderung
dĂŒrfte die Prophylaxe bei der Operation sein,' die jedoch in
exakter Weise durchzufĂŒhren nur auf Grund groĂer Erfahrung
wegen der wechselnden anatomischen VerhÀltnisse möglich ist.
Bei ausgebrochener Tetanie kommen therapeutisch zunÀchst Medi-
kamente in Betracht: Parathyreoidintabletten, Calc. lact., Afenil
intravenös, Chloralhydrat, mehlfreie DiÀt. Ein sicherer Erfolg
der internen Therapie ist nicht stets zu erwarten. In solchen
FĂ€llen besteht als ultima ratio die Transplantation von Schild-
drĂŒsengewebe oder Epithelkörperchen, jedoch nach dem Vor-
schlage des Verf. möglichst von intra partum gestorbenen Neu-
geborenen oder infolge schwerer Verletzungen kĂŒrzlich Ver-
schiedener, um die Möglichkeit der SchĂ€digung des SchilddrĂŒsen-
gewebes auszuschlieĂen, wie es bei Entnahme des Transplantates
vom Lebenden der Fall sein könnte. . Jedoch auch bei Gewebs-
ĂŒberpflanzung sind sichere Dauererfolge bisher noch nicht beob-
achtet worden, obwohl ein momentaner Erfolg recht hÀufig bald
nach dem Eingriff einsetzte. Verf. schlieĂt mit dem Hinweise auf
'die noch gröĂtenteils unerforschte Aetiologie der postoperativen
Tetanie und stellt die Forderung eingehender anatomischer
l'ntersuchungen ĂŒber die Lage der Epithelkörperchen.
Ueber Knochenerkrankungen im JĂŒnglingsalter. Die Aetio-
logie der typischen juvenilen Erkrankungen (Coxa vara und
talga, Osteochondritis juvenilis, Genu valgum, Köhlersche Krank-
heit. Madelungsche DeformitÀt) ist auch heute noch, trotz einer
auĂerordentlich groĂen Literatur, in Dunkel gehĂŒllt. Nach An-
sicht des Verfassers lassen sich die genannten Leiden als lokale
VerÀnderungen an den Epiphysenlinien, an denen sich in erster
Linie das Wachstum abspielt, auffassen, die durch verschiedene
ursĂ€chliche Momente: Trauma, EntzĂŒndung, Zirkulationsstörung
Bedingt sein können. Auch Bachitis (SpÀtformen) kann Àtiologisch
in Betracht kommen, dĂŒrfte jedoch nicht so hĂ€ufig sein, wie
vielfach angenommen wird. Die Frage innersekretorischer ur-
sÀchlicher Faktoren wird vom Verfasser nicht erörtert.
L. Frosch (Berlin).
Zeitschrift fĂŒr soziale Hygiene, FĂŒrsorge und Kranken-
hauswesen, Berlin.
3, Heft 6.
VenvaHuugsorg'anisation des Gesundheitswesens in den StÀdten, Aeiroteni
und Landkreisen des Industriegebietes. Wcndcnbu.rg. |fi'
/.in BekÀmpfung der Geschlechtskrankheiten. A s o Ii e r. 108.
âŠGesundheitliche Wirkungen der EinschrĂ€nkung der Herstellung und des
Verkaufs von Vlkohol im Deutschen Reiche wÀhrend des Krieges.
V o gel. 174.
Gesundheitliche Wirkungen der EinschrÀnkung der Herstel-
lung und des Verkaufs von Alkohol im Deutschen Reiche wÀhrend
des Krieges, Vogel meint, daĂ hauptsĂ€chlich der erdrĂŒckende
pfangel an Nahrungsmitteln die Behörde zur EinfĂŒhrung ein-
schrĂ€nkender MaĂnahmen des Alkoholismus wĂ€hrend des Krieges
gezwungen habe. Ein klarer Plan zur Entalkoholisierung des
Volkes habe gefehlt. Vor dem Kriege wurden 43 % der Gesamt
ernte an inlÀndischer (ierstc zu Bier verbraul, etwa 10% des
Gesamtverbrauchs an Kartoffeln und 371 000 Tonnen Getreide zu
Schnaps verarbeitet; unberechnel der verarbeiteten Obstmengen
Zur Biererzeugung wurden 1915 nur noch tiO %, 1917 10 % des
Friedensverbrauches freigegeben. Der Alkoholgehall dieses
DĂŒnnbieres snnk schlieĂlich auf unter 1%. Dennoch kam immer
mich tÀglich :;(>'⹠g Gerstenverbrauch ml den Kopi dei Bevölke-
rung, wÀhrend z. B, in Hamburg nur 75 a Wöchentlich («raupen
ausgegeben winden
Der Branntwein fiel last ganz weg
Hierdurch konnte eine erfreuliche Minderung der gesundheil
liehen SchÀdigungen durch den Alkohol festgestellt werden.
Die TrinkerheilstÀtten waren last vollstÀndig verwaist. Die
TrinkfĂŒrsorgestellen bĂŒĂten 92,6 % MĂ€nner, 81,(5 % Frauen ein
Hie Aufnahmezahl fĂŒr MĂ€nner ging in den Kliniken und Kranken
hĂ€usern auf den 7. Teil, fĂŒr Frauen auf den 5. Teil zurĂŒck
Delirium tremens schwand fast vollstÀndig, nachdem es wÀhrend
der Mobilmachung noch angestiegen war, ebenso die Trinker
halluzinose. Die Epilepsie der MĂ€nner hat ebenfalls abgenommen
1917 wurden bei der Invalidenversicherung nur I AntrÀge wegen
Trunksucht gestellt.
Nach dem Kriege ist eine neuerliche besorgniserregende. Zu-
nahme der Alkoholerkrankungen in allen TrinkerfĂŒrsorgestellen
und psychiatrischen Anstalten zu beobachten.
P a u I Michaelis | Bitterfeld .
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
26. Januar 1922. 52, Nr. 4.
Geschlechtsgebundene Vererbung von Augenleiden. Vogt. A. 77.
Biologisehe Bedeutung der Vitamine fĂŒr die Kinderheilkunde. Glanz-
manu, E. 84.
LeukÀmischer Nierentuimor. .Steiner, P. 89.
*5»Zur Frage der kĂŒnstliehen Befruchtung. L u d w i g , F. 92.
Zur Frage der kĂŒnstlichen Befruchtung. Verfasser erhebt
LinwĂ€nde gegen das von Nassauer eingefĂŒhrte Fructulet.
Nach persönlichen Erfahrungen ist er zu der Ueberzeugung ge
kommen, daĂ das Instrument das zarte Endometrium reizt und
entzĂŒndliche VerĂ€nderungen im Myometrium und dei Umgebung
lies Uterus hervorzurufen imstande ist. weshalb er vor seiner
Anwendung warnt. Held (Berlin
2. Februar 1922, 52, Nr. 5.
»S» I > i e Heliotherapie der niiclittuberkulosen Affektionen. A m s t a d , K. 105.
Studien ĂŒber die Bedeutung der ĂŒtingallensĂ€uren fĂŒr Klinik und Pathologie.
MĂŒller, H. 110.
Sachs-Georgische Ausflockuugsmethode und Luesdiagnostik. Wolf. J. HS.
â Beitrag zur BekĂ€mpfung der OiphtlieriebazillentrĂ€gerei. A m m a n n R.
121.
Die Heliotherapie der nichttuberkulösen Affektionen. Aus
dem Vielen, was als Folge experimenteller Untersuchungen oder
als Hypothese ĂŒber die BegrĂŒndung der Lichtwirkung gesagt
worden ist, hebt Verfasser als praktisch wichtig drei Haupt-
gesichtspunkte heraus. 1. Die Haut hat eine wichtige physiolo-
gische Aufgabe zu erfĂŒllen; nur die gesunde, d. h. der Licht-
wirkung zugÀngliche Haut kann dieser Aufgabe gerecht wer-
den. 2. Die Sonnenbestrahlung hat einen ausgezeichneten Ein-
fluà auf das Allgemeinbefinden, die VerÀnderung des Blutbildes
ist der objektive Beweis dafĂŒr. 3. Der gĂŒnstige EinfluĂ der
Lichtbehandlung beschrÀnkt sich keinesfalls auf tuberkulöse In-
dividuen; die Sonnenbehandlung verbĂŒrgt vor allem eine All-
gemein Wirkung.
Jeder Besonnung hat eine sorgfÀltige Gewöhnung an den
lÀnger dauernden Aufenthalt im Freien vorauszugehen. Im Ge-
birge ist das selbstverstÀndlich, aber auch in der Ebene uner-
lĂ€Ălich. Nichts kann dem Bufe der Sonnenbehandlung mehr
schaden als indikationslose Behandlung. DaĂ die verschiedenen
AnÀmien primÀrer und sekundÀrer Natur ein geeignetes Objekt
der Heliotherapie darstellen, ist zur GenĂŒge bekannt. Hier sind
auch diejenigen Erwachsenen und Kinder anzureihen, bei denen
es sich um eine allgemein schwÀchliche Konstitution handelt.
Die gelÀhmten, blutleeren kalten Glieder der Poliomyelitiker sind
auch nach Ansicht der OrthopÀden ein dankbares Feld der Be-
strahlung. In FĂ€llen von Lymphogranulom erzielte die Bollier-
sehe Klinik eine ausgesprochene, wenn auch nur vorĂŒbergehende
Besserung. Das Allgemeinbefinden hob sich; das Leiden schien
wie angehalten. Ueber die eigentlichen LeukÀmien besitzt Verf.
keine persönlichen Erfahrungen, sondern zitiert Naegeli, dei'
besonders im sonnenreichen Sommer 1911 ĂŒberraschende Erfolge
gesehen hat. Ein ungemein dankbares Objekt der Sonnenbe-
strahlung ist die Bachitis; in erster Linie ist die Sonne dazu
berufen, die Bachitis zu verhĂŒten. Die rachitische oder spĂ€t
rachitische Coxa vara soll, sobald sie entdeckt wird, einer inten-
siven sonnenbehandlung zugefĂŒhrt werden, um den GrundprozeĂ
zu beeinflussen und dadurch weitere Dcformicrung zu vermeiden
Von weiteren Affekti<jnen, die aus einer Sonnenbehandlung
Nutzen ziehen, ist der chronische Gelenk- und Muskelrheumalis
mus zu nennen. Die Sonne kann zwar das Leiden nicht heilen.
208
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 9.
aber die Besonnung wird subjektiv Ă€uĂerst angenehm empfunden,
und dann ist die physiologische, pigmentierte Haut eine Schutz-
vorrichtung gegen ErkĂ€ltungen und daher auch fĂŒr den chroni-
schen Rheumatiker erstrebenswert. Auf degenerative Prozesse
in der Niere ist die durch Besonnung hervorgerufene arterielle
HyperĂ€mie von gĂŒnstigem EinfluĂ. Vorausgesetzt, daĂ eine ge-
naue klinische Ueberwachung des Patienten möglich ist, ist die
Sonnenbehandlung der Nephrosen gefahrlos und im Interesse der
Patienten. Auch in der Luestherapie ist das Licht berufen, eine
Rolle zu spielen. Auch hier handelt es sich immer wieder um
die gleichen Bestrebungen: Die Behandlung des Gesamtorganis-
mus ĂŒber örtlicher und spezifischer Behandlung nicht zu ver-
nachlÀssigen und dem Hautorgan seine wichtige Aufgabe zu er-
möglichen.
Die Sonnenbehandlung der Wunden hat sich als ein mÀchtiger
Faktor erwiesen. Neben der epidermisierenden Kraft des Lichts
und der Zellproliferation, die die Granulationsbildung befördert,
kommt auch die bakterizide Wirkung in Frage. Die aktive
HyperÀmie trÀgt mÀchtig zur Reinigung der Wunde bei: Die
starke seröse Exsudation, die unter Sonnenbehandlung auftritt,
spĂŒlt die Wunde ab. Vor allem ist die Drainage unter dieser
Form der offenen Wundbehandlung eine ideale; man vermeidet
die sonst so hÀufige Retention der Wundsekrete unter dem Ver-
band und die dadurch bedingte Maceration. Zum SchluĂ er-
wĂ€hnt Verfasser noch die gĂŒnstige Beeinflussung der operierten
Osteomyelitis. Bleibt nach radikaler AusrÀumung die Wunde
weit ofFen, so ist es ĂŒberraschend zu sehen, wie schnell sich
unter vorsichtiger Sonnenbehandlung die Wunden reinigen und
gesunde Granulationen aufschieĂen. Auch groĂe Defekte werden
auf diese Weise in 10â12 Wochen geschlossen.
Beitrag zur BekÀmpfung der DiphtheriebazillentrÀgerei.
Voraussetzung fĂŒr eine wirksame BekĂ€mpfung der Seuche ist
die rasche und einfache Befreiung der gesunden BazillentrÀger
von ihren gefÀhrlichen GÀsten. Verfasser glaubt diese Voraus-
setzungen durch eine Behandlungsart erfĂŒllt, die er vor allem
an Anstaltsinsassen erfolgreich durchgefĂŒhrt hat. Er verwen-
det: Tct. Ratanhiae 15,0, Tct. Myrrhae 5,0, Ol. Menth, pip. gtt. XII
und nimmt davon zum EinstÀuben, wenn möglich mehrmals tÀg-
lich 10 Tropfen auf 3 cm3 Wasser. Auch bei Kranken lĂ€Ăt er
5 â 10 Tropfen auf ein Glas Wasser nehmen, zum Gurgeln und
Aufziehen. Auf diese Weise kommen die Bazillen in kĂŒrzester
Zeit zum Verschwinden; doch tut man gut daran, die Behand-
lung einige Wochen fortzusetzen, damit diejenigen Keime, die
erst spÀter zur OberflÀche wandern, ebenfalls vernichtet werden.
K. Held (Berlin).
Hospitalstidende.
5. Januar 1922, Nr. 1.
Eparnasol und WismuthprÀparate. Ehlers.
12. Januar 1922, Nr. 2.
lieber WachstumsverhÀltnisse tuberkulöser Kinder. K o Ii b e k . J. Chr.
Kiue neue Technik fĂŒr intramuskulĂ€re Hg.iniektionen. P o n t 0 p p i il a n .
B.
19. Januar 1922, Nr. 3.
Diagnose und Behandlung von Appemdicitis. C o 1 1 i n . Jonas,
lieber Röntgenbehandlung der HirngesehwĂŒlste. Nordentoft. S.
26. Januar 1922, Nr. 4.
Eine begrenzte kleine Pockenepidemie. S t r u c k m a n n.
âfiroeer Proe. post. tali als Hindernis fĂŒr die Bewegungen des FuĂes.
Baastrup, Chr.
GroĂer Proe. post. tali als Hindernis fĂŒr die Bewegungen
des FuĂes. Nach einer Distorsio pedis vor 10 Jahren bekam der
Patient, ein 74 jÀhriger Mann, Schmerzen beim Gehen besonders
hinter Malleolus int. und ĂŒber Dorsum pedis. Die Bewegungen
in den FuĂgelenken waren sehr eingeschrĂ€nkt. Röntgen zeigte
einen groĂen bogenförmigen Proc. post. tali in der Spitze ge-
spalten, wahrscheinlich bei Kallus-Bildung und Periostlrritation
entstanden, welche die Plantarflexion in normaler Weise ver-
hinderte. Der Processus wurde bei Operation entfernt.
Presse Medicale, Paris.
4. Januar 1922, Nr. 1.
T)ie âConseils de Revision" und die Volkshygiene. B e i n a r d . L. 1.
âą{âąZur Diagnose der akuten Darniocclusion: Radiologische Untersuchung des
Ileus, (lu ill au m c, A. C. 2.
Zur Diagnostik des akuten Ileus mittels Röntgenstrahlen. Die
Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen bei akutem Ileus bringt
Klarheit in das klinisch hÀufig unklare Bild des Darniver-
schlusses. Sie gibt nicht nur die Indikation zum operativen Ein*
griff, sondern erleichtert diesen, da sie den Sitz der Okklusion
genau lokalisiert. Man sieht: 1. eine FlĂŒssigkeitsmenge (DĂŒnn-
darm und Caeco-Ascendenssegments) oder feste Massen (Colon
franso. n. desc). 2. Eine sehr groĂe Gasmenge, die das Intesti-
num oberhalb der FlĂŒssigkeilsmenge aufblĂ€st. Die Darreichung
von Kontrastbrei ist dabei nicht erforderlich. Besonders wertvoll
ist die radiologische Diagnostik in zweifelhaften FĂ€llen, wo Ver-
lasser z. B. ein Carcinoma ventr. gefunden hat, das klinisch bis-
her nicht festgestellt worden war. Haber.
7. Januar 1922, Nr. 2.
âą{âąGeneralisierte, kongenitale und hereditĂ€re Knochendystrophie. Leri. A. 13.
â Periodische Okulomotorius-LĂ€hmung infolge Attaekej von Febris recurrens.
AI i r o n e s e o , T. 17.
â Kxtensioiisbehandlung der Klavikul.irlraktur. Buriau, F. 17.
Kongenitale hereditÀre generalisierte Knochendystrophie.
Leri berichtet ĂŒber einen Fall von kongenitaler hereditĂ€rer
Knochendystrophie, die er familiÀre Pleonostose nennt. Es han-
delt sich um einen 34 jÀhrigen Mann, dessen 10 jÀhrige Tochter
und ein Neugeborenes, die alle drei dieselben Entwicklungs-
störungen aufweisen. ZunÀchst fÀllt die anormale Haltung und
BewegungsbeschrÀnkung der oberen und unteren ExtremitÀten
auf, die alle auffallend kurz, dick und in den meisten Gelenken
rechtwinklig gebeugt und ankylosiert sind. Die Arme werden
adduziert und proniert gehalten, eine Supination ist unmöglich.
Radiologisch zeigt «ich vor allem eine weniger dichte und deut-
liche Compacla als normal und mehrfache Verwachsungen in den
kleinen Gelenken. Es handelt sich nach Ansicht des Verf. um
eine prÀmature und exzessive Knochenentwickelung, vor allem
der knorpelig vorgebildeten Knochen, eine Anomalie, die der
Londoner Autor Crookshark auch bei der mongolischen
Rasse und bei den mongoloiden Idioten findet, so daĂ Leri sie
als eine Art atavistischer RĂŒckkehr zu einer alten Rasse auffaĂt,
die heut nur noch in wenigen Völkern vertreten ist.
Periodische Paralyse des Okulomotorius bei Rekurrensfieber.
Bei einem Kranken mit Rekurrensfieber bestand eine LĂ€hmung des
linken Okulomotorius, die beim Abfall der Temperatur ver-
schwand und bei dem dreimal beobachteten Anstieg wiederkam,
um ebenfalls prompt wieder zu verschwinden. In der Lumbal-
llĂŒssigkeit fanden sich Spirillen. Da sich bei zur Autopsie ge-
langten FĂ€llen von Rekurrens kleine HĂ€morrhagien und Spirillen
in den GefĂ€Ăen der Meningen gezeigt haben, ist Verf. geneigt,
diese Ursache auch hier geltend zu machen, um so mehr, da
Verschwinden und Wiederauftauchen der Erscheinung mit dem
Auftreten von Spirillen im Blut konform geht. DaĂ eine lokale
PrÀdisposition besteht, zeigt sich darin, daà die LÀhmung stets
auf derselben Seite eintritt.
Behandlung der Klavikularfraktur durch Dauertraktion. Verf.
beschreibt einen Verband in Achtform, durch den die Schultern
nach hinten â auĂen gezogen werden und das laterale Ende der
Klavikula in der richtigen Stellung festgehalten wird. Die
Achtertouren werden mit einer Schlauchbinde um die Schultern
gefĂŒhrt, dann wird ein HĂŒftgĂŒrtel aus 6 Touren angelegt, der mit
2 Streifen zwischen die Schenkel durchgefĂŒhrt wird, die vorn
schrĂ€g auseinandergehen und seitlich am HĂŒftverband befestigt
werden. Vom Schulter- zum LendengĂŒrtel wird nun hinten in der
Medianlinie ein Kautschukdrain oder eine Spiralfeder befestigt,
die den erforderlichen Zug ausĂŒbt. Genaue Kontrolle etwaiger
Oedeme, Zyanose usw. Der Verband bleibt 3 â 4 Wochen liegen,
wonach eine Massage- und Uebungstherapie erfolgt. Haber.
11. Januar 1922, Nr. 3.
âDie Xatur der choreatischoai Bewegungen. A n d r e - T h o m a s. 25.
Artifizielle Kollateralen. K r a m a r e n k o . E. und Dobrovolskaia.
N. 27.
Ueber die Natur ehoreatischer Bewegungen. Nachdem die
Sydenhamsche Chorea jetzt nicht mehr zum Gebiet der funktio-
nellen, sondern der organischen Pathologie gerechnet wird auf
Grund klinischer Zeichen pyramidaler und cerebellarer Herkunft,
wirft Verf. die Frage auf, ob die choreatischen Bewegungen nicht
als Reflexbewegungen aufzufassen sind. Bei einer 60jÀhrigen
Patientin mit Symptomen, die auf einen Herd im Gebiet des Hypo-
thalamus deuteten, traten spontan choreiforme Bewegungen auch
mit reflexartigem Charakter auf, d.h. alle willkĂŒrlichen Bewegun-
gen der rechtsseitigen ExtremitÀten waren von Bewegungen der
linksseitigen (und umgekehrt) begleitet, die hauptsÀchlich in Ab-
duktion und Innenrotation bestanden; auch bei passiver Beugung
des Kopfes bestanden die linksseitigen Reflexbewegungen. In
40. Jahrg. â
Aus den neuesten Zeitschriften
der Ruhe bei Bettlage hörten diese vollkommen auf, auch wenn
Pat. lebhaft sprach. Die verschiedenen Stellungen, besonders der
oberen ExtremitÀt, erinnerten an die Kontrakturhaltung derselben
beim entbinden Affen oder bei Kranken, deren Lasion der ex-
perimentellen Enthirnung vergleichbar ist. Ein Àhnliches Bild
bot eine Kranke, die eine Encephalitis lethargica durchgemacht
hatte, nur mit dein Unterschied, daĂ die Bewegungen einsetzten,
sobald die Pat. zu sprechen anfing und sich aufregte. Verf.
schlieĂt aus seinen Beobachtungen, daĂ das Gebiet der Reflexe
erweitert werden mĂŒsse, denn so gul eine LĂ€sion des Markes
oder eines Systems wie die Pvranidenbahn pathologische Reflexe
auslösen kann, mĂŒsse man dies auch von anderen Zentren oder
S\ steinen erwarten. H a b e r.
1 I. Januar 1022. Nr. I.
Tubenschwangcrschai't. .1 u j I e , V und H a 1 p e r i n e . I. 33.
$âą ^Diagnostik bei Affektionen der behaarten Kopfhaut. L a Ii u u r a n <1 . R. 'ĂŒ.
«^Osteochondritis der HĂŒfte (coxa plana) ist eine unerkannte kongenitale Sub-
luxation, C al o t , F. und Coli e i) , HL 3ö.
Kann man gegenwĂ€rtig; fĂŒr die Bordet-Wa.-Reaktion Standard aufstellen?
B o r y . L. 38.
UnvollstÀndige Diagnostik bei den Affektionen der Kopfhaut.
Die RatschlĂ€ge des Verf. sind wohl in erster Linie fĂŒr den un-
erfahrenen AnfÀnger bestimmt, dem er rÀt, bei allen Erkran-
kungen der Kopfhaut stets den ganzen Kopf zu untersuchen und
nicht nur die vom Patienten angegebene Stelle. Ferner soll er,
wenn nur der geringste Verdacht einer luetischen Infektion be-
steht, unauffĂ€llig suchen, auch die DrĂŒsen zu tasten, z. B. unter
dem Vorwand, auch die Körperbehaarung prĂŒfen zu wollen. Nur
so durch grĂŒndliches Vorgehen kann er sich vor unliebsamen
Ueber raschungen schĂŒtzen.
Die Osteochondritis der HĂŒfte ist eine verkannte kongenitale
Subluxation. Auf Grund eingehender klinischer und vor allem
radiologischer Studien kommen Verff. zu dem Ergebnis, daĂ die
Erkrankungen des HĂŒftgelenks, die als Koxalgie, Osteochondritis,
coxa plana bezeichnet werden, nichts anderes sind als verschie-
dene Stadien ein und desselben Krankheitsbildes, nÀmlich der
kongenitalen Subluxation, besonders wenn es sich um eine Sub-
luxatio anterior handelt. Der sicherste FĂŒhrer zur Diagnostik
ist dabei eine erhebliche AbduktionsbeschrÀnkung bei sonst
völliger Bewegungsfreiheit des HĂŒftgelenkes. Röntgenologisch
neigt sieb deutlich eine VerÀnderung der Form, besonders an der
Pfanne und der inneren Struktur im Sinne eines gestörten Kalk-
stoffwechsels. H a h e r.
The British medical Journal, London.
21. Januar 1922. Nr. 3186.
I Die Stellung der SchilddrĂŒse im endokrinen System. L a u ii 'I o n B r n 'v n
W. B6.
' Rheumatische Arthritis durch Infektion dci Xasenuelieiihöhle. U ;i i
Williams, P. 88.
Ein Fall von Hernia diaphragmatica. I. a u g I e j . U. .1. an.
HereditÀre Polydaktylie. Youug. K. 81.
Die Carellische Methode der perirenalen Inflation. II e r n a m a n John-
son, P. !)1 .
âąt'Röutgeutiefenthcra.pic bei inaligiien GeschwĂŒlsten. C u r t i s Wells, I» fli'.
Ein scheinbar geheilter Fall von Orvpanosomiusis. Low ('âą <' und New -
h a m , H. B. G. 95.
âŠDie Bedeutung und Behandlung einiger pathologischer Bestandteile im
Harne hei Kindern. D i n g w * 11 T ö r d J a . A. 97.
âBlutdruck hei funktionellen GerĂ€uschen lici Kindern und tu Ilgen Er-
wachsenen. M artin, A. F. 99.
âŠEine klinische Reaktion auf die Anwesenheit \ on Zellen im Harn Be-
nlan*. F. H. C.
Röntgentiefentherapie bei malignen GeschwĂŒlsten. Verfasser,
der diese Therapie in Erlangen studierl hat, betrachtet sie als
eine auĂerordentlich wertvolle .Methode, wenn man die Technik
beherrscht. Sie ist die Behandlung der Wahl bei .Menorrhagie
und Metrorrhagie bei Personen, die Àlter als 30 Jahre, voraus-
gesetzt, daĂ keine eitrigen Adnexerkrankungen vorliegen. Bei
malignen GeschwĂŒlsten sind schöne Erfolge zu verzeichnen, na-
mentlich wenn man die Bestrahlung vor oder nach der Operation
anwendet. Auch bei Tuberkulose von DrĂŒsen, Knochen, Ge-
lenken. Blase und Bauchfell ist die Behandlung, zusammen mit
den anderen Methoden angezeigt
Die Bedeutung und Behandlung einiger pathologischer Be-
standteile im Harn bei Kindern. Auch bei gesunden Knaben kann
man bisweilen einige Zellen und Bakterien im Katheterharn
finden. Bei 90 Prozent der MĂ€dchen, die jĂŒnger als 2 Jahre,
findet man vereinzelte Eiterzellen und Mikroorganismen im Harn.
Es gibt aber auch anscheinend ganz gesunde MĂ€dchen mit Eiter
und vielen Bakterien im Urin, die meistens auch an Stuhlver
Stopfung und Zahnkaries leiden
Nicht selten Findel man im Harn bei Kindern eine positive
Reaktion mit Fehlingscher Lösung; Verfasser warn) davor, eine
alimentÀre LÀvulosurie oder eine Lakiosurie mit Glukosurie zu
verwechseln. Zur Diagnose âDiabetes" sind Blutzuckerbestini
mungen unumgÀnglich.
Blutdruck hei funktionellen GerÀuschen bei Kindern und
jungen Erwachsenen. In allen l allen. WO nach Fieber die Herz-
töne unrein sind, sollte man systematisch den Blutdruck messen
Eine Steigerung des Blutdrucks wahrend oder nach dem akuten
Stadium einer fieberhaften Erkrankung beweist, daĂ eine Insuffi-
zienz des arteriellen Kreislaufs droht. Nur wenn es gelingt, den
Blutdruck zu erniedrigen und wenn man annehmen dar!', daĂ das
Herz keine Symptome der Krankheil mehr zeigt, kann man dem
Kranken wieder Bewegungen gestatten.
Eine klinische Reaktion auf die Anwesenheil von Zellen im
Harn. Wenn man zum neutralisierten Harn V, Volumen 20%
H2 Ăs zusetzt und das Böhrchen im Schatten aufstellt, beweist
eine Gasentwicklung, daà der Harn Zellen enthÀlt. Die Art der
Zellen kann man dann mikroskopisch untersuchen.
K o o p m a n Haag .
The American Journal of the Medical Sciences,
Philadelphia â New York.
Dezember 1921, 162. Nr. 6.
Akute cciebellare Enzephalitis. (' r o / e r . (â r i f f i t h , 3. V. J81.
Klinische Studien ĂŒber funktionell. â Störungen. 1. PrĂŒfung der Schilddriisrn-
funktion als Hilfsmittel in der Differentialdiaguosc. Russell X.
M i 1 1 e t . .1. A. P. und B 0 W e r . B. D. WO.
â {»Klinische Klassifikation des Asthmo B a c k e in S u u . I'. M. 802.
âBehandlung des Vorhofflimmerns mit Chinidin. W.olferth, C. C. »12;
Nicht-spezifische Wa-R. bei Diabetes mellitus. Mason, E. H. 828.
âBleivergiftung. B a r r u n . M. und 11 a. u ein , II. C. 833.
Magonkaizinom. T a \ 1 o r . S. P. und M i I I e r . T. f». 862.
I>ie Beziehungen zwischen Poliomyelitis und Encephalitis epidemica. ( a -
* a 1 a d e r . W. B. 872.
Vleningokokkensepsis. Bl oe d o r u . W. A. 881.
Die Sforphologie des Kexzens in Bezieib'ung /um Habitus: Hirsch, âą'. Ă5.
Klinische Einteilung des. Asthmas auf Grund von 648 FĂ€llen.
Verfasser erörterl die Beziehungen der verschiedenen Asthma-
formen zum Problem der Anaphylaxie, fast alle FĂ€lle zeigten
Ueberempfindlichkeil gegen irgend ein artfremdes EiweiĂ (Heu-
Fieber, NahrungseiweiĂ, TiereiweiĂ usw.). Die Einzelheiten
werden an Hand einer Tabelle ausfĂŒhrlich erörtert. Der The-
rapie sind unter BerĂŒcksichtigung der Ueberempfindlichkeil die
Bichtlinien damit gegeben.
Die Behandlung des Vorhofflimmerns mit Chinidinsulfat.
Krankengeschichten und Elektrokardiagramme von 12 behandei-
len FĂ€llen. In 7 unter Erfolg und Wiederherstellung des nor-
malen Herzrhythmus, Geeignet sind alle FĂ€lle mit relativ gutem
Herzmuskel und leidlicher Kompensation, ferner solche, wo das
Flimmern erst kurze Zeil besteht. Dosierung: ZunĂ€chst 1â2 mal
0. 2 g. dann falls keine Ueberempfindlichkeitszeichen auftreten;
⹠I steigend bis 1,0 pro die. im ganzen nicht lÀnger wie 10 Tage.
Bleivergiftung unter BerĂŒcksichtigung von Vergiftungen
durch bleihaltige Schönheitsmittel. An Hand von 1 FÀllen be-
sprechen Verfasser die Klinik der Bleivergiftung. Warnung vor
einem Puder ..Flake White", der stark bleihaltig ist und zur Er-
krankung der FĂ€lle fĂŒhrte. Im ĂŒbrigen nichts neues.
F. Lo Owenhardt (Charlöttenhurg-Westend .
The Boston Medical and Surgical Journal, Boston.
29. Dezember 1921. 185. Nr. 26.
('hirui'gische Behandlung d-eir akuten und chronischen Pankreatitis L u n d .
F. B. 771.
^ i. ist von der Behandlung Im Sanatorium zu erwarten?- B q w di'tc h ,
V. Y. 776.
â Zwei verschieden'- Auffassungen des Stotterns. Tom pk ins. E. 7.so.
(irundsioffw erhsoi bei myelogener LeukÀmie und seine Beziehungen tv den
Bluthefunden. G u n d r t s o u . A. IT. 785.
Zwei verschiedene Ansichten ĂŒber das Stottern. Die Theorie
von BlĂŒmel besagt, in wenig Worten ausgedrĂŒckt, folgendes:
1. Der Stotterer hat einen geistigen Defekt. 2. Er empfindet
Furcht. 3. Die Furchl verursachl Blutandrang nach dem Kopf,
t. Die Kongestion, die auf den Defekt einwirkt, lost das Stol
lern aus
210
Aus den neuesten Zeitschriften
10. Jahr*
Nr. 9.
Die Sprach-Interferenztheorie besagt. 1. Der Stotterer fĂŒrchte!
die Sprachschwierigkeit. 2. Er macht panische, bewuĂte An-
strengungen zu sprechen. .'!. Die bewuĂten Anstrengungen be-
hindern das normale Sprechen.
Beide Theorien stimmen bezĂŒglich des Moments der Furcht
ĂŒberein, nur schiebt die erste Theorie als Zwischenglied zwischen
Furcht und Stottern geistigen Defekt und Kongestion ein. wo-
gegen die zweite Theorie keinerlei Zwischenglied kennt. Ver-
fasser bezeichnet die B 1 ĂŒ ni e 1 sehe Theorie als einen totalen
Fehlschlag und reiht sie nach Widerlegung der einzelnen Punkte
einer Anzahl anderer, nach seiner Meinung ebenfalls unbrauch-
baren Theorien an. Die Theörie von der Thymus-Hyperplasie,
die Neurosen-, die Psychosen-, die F r e u d sehe Theorie, sie alle
sprechen von einem vorhandenen Mangel. Zu Unrecht, meint
Verfasser, denn des Stotterers Schwierigkeil liegt nicht an einem
Mangel an irgendetwas â an gesunden Hirnzellen, an der FĂ€hig-
keit zu koordinieren, an Intelligenz â , es ist ein UeberfluĂ da,
nÀmlich die irrige Vorstellung, daà sein Sprachvermögen defekt
ist. Diese Idee ist nicht unlogisch, sie resultiert aus der Erfah-
rung. Das Stottern ist keine Krankheit, sondern eine Gewohn-
heit â eine Gewohnheit, die an die Basse geheftet bleibt durch
die UnterdrĂŒckung ihrer wahren Natur und durch das Aus-
streuen trĂŒgerischer Krankheitslheorien.
H e i d Berlin
.).
Januar 1922. 18ti. Nr. 1
âą$*Accessorius-LĂ€h.niung nach U also i>e rat ionen.
H. M. l.
âą^Wiederholte Nierensteine. D e Ii i h x e t l! ;
^Radiumanweudung;. Witt i ns . G. C. 14.
Akzessorische LĂ€hmungen nach Halsoperationen. Bei der
Vornahme von Halsoperationen wird nach Ansicht der Verfasser
nicht genug an die Möglichkeit einer Akzessörius-Verletzung ge-
dacht, die infolge der eintretenden BewegĂŒngsbeschrĂ€nkung
immer eine unerwĂŒnschte Folgeerscheinung darstellt. Wahrend
die anatomische VerÀnderung sich durch eine VerlÀngerung, ein
HĂ€ngenlassen der Schulter der betroffenen Seite Ă€uĂert, gibt sich
der Funktionsverlust dadurch zu erkennen, daĂ der Arm un-
möglich ĂŒber den rechten Winkel hinaus erhoben werden kann,
auch das Heben des Schulterblatts ist erschwert. Man darf sich
nicht darauf verlassen, daĂ der III. und IV. Cexvicalnerv den
Funktionsausfall decken w-erden, denn diese beiden innervieren
durchaus nicht regelmĂ€Ăig . den Trapezius, vor allem aber hat
man vor der vorzunehmenden Operation keine Möglichkeil, sich
dessen zu vergewissern. Jedenfalls muĂ der Akzessorius als ein
Ă€uĂerst leicht verletzliches Organ angesehen werden, dessen
regenerative FĂ€higkeilen post fraumata recht gering sind, um
so mehr, als diese Begeneration auf ein Gebiet lokalisiert ist.
das in solchem Falle Sitz einer betrÀchtlichen Narbengewebs-
bildung ist. Auch im Verlaufe einer Operation ist der Akzesso-
rius auf das schonendste zu behandeln, da seine LeitfÀhigkeit bei
unsanfter Hantierung leicht gestört wird.
Rekurrierende Nierensteine. 139 Falle werden vom Neri
einer Durchsicht unterzogen und gewisse allgemeine SchlĂŒsse
daraus hergeleitet. Z. B. die PrÀdisposition des mÀnnlichen Ge-
schlechts fĂŒr die Erkrankung, ferner die auĂerordentlich geringe
MortalitÀt, die augenscheinlich mit dem lebenskrÀftigen Alter, in
welchem die meisten Patienten zur Operation kamen, zusammen-
hÀngt. Daà Nierensteine diagnostisch oft verkannt werden, be-
weist die Tatsache, daĂ ein nicht geringer Prozentsatz der Ope-
rierten schon einmal unter dem Verdacht einer anderweitigen
Bauchorganerkrankung operiert worden war. was im akut-
lehensbedrohlichen Stadium auch begreiflich erscheint. Je kleiner
der Stein, desto hÀufiger und ernster sind die Symptome, unter
denen er sich Ă€uĂert; die fĂŒhrenden darunter sind: HĂ€maturie,
Dysurie, SchĂŒttelfröste, Fieber, Pyurie, hĂ€ufiges Urinieren. Be-
tention des Urins. Bei der Betrachtung des Böntgenbildes muĂ
man sich gegenwĂ€rtig halten, daĂ Steine, die ĂŒbereinander liegen
und das tun sie hÀufig), nur einen einzigen Schatten werfen, so
daĂ man die Zahl der vorhandenen Steine vorher nie genau ab-
schÀtzen kann. Ueberhaupt ist die Deutung des Böntgenbildes
mindestens so schwer wie die Aufuahmetechnik und gewinnt nur
in der Hand des geĂŒbten Röntgenologen an Wert. Nicht ganz
selten ist die BilateralitÀt der FÀlle. Zur operativen Entfernung
kleiner, wenn auch multipler Steine ist die Pyelolomie aus-
reichend, doch muĂ man damit rechnen, daĂ Steine zurĂŒckbleiben,
ebenso damit, daĂ die Bedingungen fĂŒr das Zustandekommen von
Steinen ja durch die Operation nicht verÀndert werden. Diese
anscheinend nicht zu vermeidende Wiederkehr von Steinen stellt
ein ernstes Problem dar', ernst besonders wegen der zweiten
Operation, die sich als notwendig herausstellen und den Patien-
ten in noch höherem MaĂe als die erste gefĂ€hrden kann.
Was kann der Operateur tun, um ein Uebersehen von Steinen
zu vermeiden'.' Erstens den Fall vor der Operation auf das
SorgfĂ€ltigste prĂŒfen. Die zweite Forderung ist peinlichste Blut-
leere wÀhrend der Operation; Drittens ist ein kleiner Kunst-
griff angebracht: man beklopft die freiliegende Niere und be-
fördert auf diese Weise Steine aus den Calyces in das Nieren-
becken. Bei der Entfernung eines Steines walte gröĂte Vorsicht,
damit er nicht zerbrich I und BruchslĂŒcke hinterlĂ€Ăt, die zu Be-
zidiven Anlaà geben. Zerbricht er doch, so ist es möglich, die
BruchstĂŒcke durch heiĂe KochsalzspĂŒlung zu entfernen. An die
EinfĂŒhrung des Fluoroskops knĂŒpft Verfasser groĂe Hoffnungen,
wiewohl mit der EinschrÀnkung, daà seine erfolgreiche Anwen-
dung ganz allein abhÀngt von der Geschicklichkeit des Beob-
achters.
Erfahrungen beim Gebrauch von Radium. Der gröĂte Teil"
der vom Verfasser selbst beobachteten FĂ€lle umfaĂt Epitheliome
der Gesichts- und Kopfhaut, und diese haben auf Badiumbehand-
lung gut angesprochen. Chirurgische Behandlung hÀtte eine
VerstĂŒmmelung zur Folge gehabt, deren Vermeidung die Patien-
ten dankbar empfanden. <S FĂ€lle von Menorrhagie gelangten zur
Behandlung. 7 davon mit vollem Erfolg nach einer einzigen
Sitzung. Die Applikation des Radiums erfolgte von 2 M? â 8 Std.
Bei intrauteriner Anwendung ist immer zu bedenken, daĂ bei
gleichzeitig bestehender EntzĂŒndung des Beckens â sei sie chro-
nisch oder akut das Radium kontraindiziert ist. Ausge-
sprochene Besserung brachte das Radium bei tuberkulösen DrĂŒ-
sen; nur wenn bereits VerkÀsung eingetreten ist. darf man von
der Behandlung keinen Nutzen erwarten. Ein einziger Fall von
Basedow, der zur Behandlung gelangte, zeigte auf Badiumanwen-
dung weilgehende Besserun.!;: Verfasser teilt das zur Anregung
mit. Ein paar FĂ€lle von rezidivierendem Mamma-Karzinom nach^
Brustamputation sind zur Behandlung gekommen: ein gröĂerer
Teil wurde abgelehnt wegen der Ausdehnung der Rezidive. Der,
Erfolg bestand in wenigstens temporÀrer Verkleinerung der Gel
schwulstmassen. besonders wenn dieselben in der Haut lagen
und der Brustwand nicht zu fest adhÀrierten. Ging die Entwick-
lung der Geschwulstmassen von den IntercostalrÀumen aus. so
blieb der Effekt aus. Die palpablen LymphdrĂŒsen beginnen ge-
wöhnlich :i Wochen nach extensiver Bestrahlung an GröĂe ab-
zunehmen.
Weniger befriedigend sind die Besultate bei Karzinomen der
Mundhöhle. Patienten mit Bezidiven nach Panhystereklomic
reagierten in verschiedene!' Weise auf Badium. In Ueberein-
stimmung mit vielen anderen Radiologen meint Verfasser, daĂ'
nur der im FrĂŒhstadium radikal operierte Cervixkrebs bessere
LebensmöglicHkeiten bietet als die Badiumbehandlung, wogegen
bei letzterer die hohe MortalitÀtsrate eingeschrÀnkt wird. Be-i
freiung von Schmerz, stinkendem AusfluĂ. Hebung des Allge-
meinzuslandes das sind die Vorteile, die bei inoperablem
Uteruskrebs einen ausgedehnten Gebrauch von Badium recht-
fertigen K. Held (BerlinV
12. Januar 1921 IS«. Nr 2
38.
O i i
«^Diagnose djer He-rzerkraukungen: Prophylaxe, w n i t e . P./D. 34.
âșH'rnlilenie der KardiovaskulĂ€ren Untersuchung. I. e v i u e . S. A.
Verwechselung hÀufiger Luugcnerkrankungen mit Tuberkulose.
E. O. 41.
PosWdAphtngriscbe disseminierte Myelitis. Po weis. H. -lö.
Kall von aluminier Menstruation: spÀtere Schwangerschaft. Kick Ii a in ,
C. J. 47.
Probleme der kardiovaskulÀren Forschung. Die Prophylaxe
der syphilitischen Herzerkrankung ist vor allem ein Problem der
venerischen Erkrankung. Man hat im allgemeinen den Ein-
druck, daà körperliche Anstrengung dabei eine Bolle spielt:
sonst wĂŒrden nicht schwerarbeitende Personen leichter von
Aortenaneurysma erkranken als schwÀchliche Individuen mil
sitzender Lebensweise. Wichtig wÀre es. zu erforschen, inwie-
weit die moderne intensive Behandlung der frischen Syphilitis
einen EinfluĂ auf das Vorkommen von Aortenaneurysmen hat.
Eine Frage, die noch der Lösung bedarf, ist die nach dem Zu-
sammenhang zwischen Myocarditis und Hyperthyreoidismusj
Der Punkt, der noch besonders geklĂ€rt werden muĂ. ist. ob mit
einer kontinuierlichen Intoxcikation des Herzens im Verlaufe
einer prolabierten konservativen Behandlung gerechnet werden
muĂ und ob. falls das so ist. chirurgisches Vorgehen so viele
Vorteile gewÀhrleistet, daà die Operationsgefahr dadurch auf-
gewogen wird. Bevor man von der Prophylaxe der Klappeflj
erkrankuim viel erhoffen darf, muĂ man sich bemĂŒhen, die
spezifische Ursache des rheumatischen Fiebers herauszufinden
10. Jahrg.
Kleine Mitteilungen
.'II
Zwei Momente mĂŒssen dabei mit in Betrachl gezogen Werden die
Bevorzugung bestimmter Jahreszeiten und das familiÀre Vor
kommen. Das ZurĂŒckgehen rheumatischer Erkrankungen in den
letzten lo Jahren wird in Zusammenhang gebracht mil der hau
l'iger ausgefĂŒhrten Tonsillektomie und der besseren Zahnpflege
der Kinder. Zur BestÀtigung dieser Ahnahme bedarf es der
genauen NachprĂŒfung an einem groĂen Material. Bei der Be-
handlung der Herzkranken wird nach Ueberzeugung des Ver-
fassers dem Moment der Ruhe zu wenig Beachtung geschenkt.
Die Diagnose der Herzkrankheiten, insbesondere ihre Be-
Ifeutung fĂŒr die prĂ€ventive Heilkunde. Sobald es uns gelingen
wird. Rheuma und Chorea, wiederholte Tonsillitis und Syphilis
einzuschrÀnken, sobald wir Basedowpatienten einer möglichst
frĂŒhen Behandlung unierziehen werden, sobald wird die Zahl
jugendlicher und mittelalterlicher HerzkrĂŒppel um ein Be-
deutendes zurĂŒckgehen. Dann bleiben noch die Probleme der
Arteriosklerose und der Hypertonie, die hoffentlich auch einmal
|n ihrer Ausdehnung eingedÀmmt werden können. In unserm
Kampf gegen Herzkrankheiten mĂŒssen wir genau aufmerken,
welche Herzsymptome auf andere Erkrankungen zurĂŒckgehen.
ZustÀnde, die eine Herzaffektion vortÀuschen können, sind:
NervositÀt, Hyperthyreoidismus, paroxysmale Tachykardie,
funktionelle GerÀusche usw. Zur Beurteilung eines Falles dienen
die hinlÀnglich bekannten Untersuchungsmethoden: Auskultation,
Perkussion, Blutdruck, Wassermann. Urinanalyse, Durch-
leuchtung, Elektrokardiogramm. K. Held (Berlin), ,
Kleine Mitteilungen.
Die Deutsehe Gesellschaft fĂŒr Meeresheilkunde schreibt eine
P r e i s a r b e i t aus mit dem Thema : âDie Ausnutzung de r
deutschen SeekĂŒsten fĂŒr die ErtĂŒchtigung de r
Jugend"'. Der Preis betrÀgt 2000 M. Die Arbeiten sind in
druckfÀhiger Reinschrift bis zum 31. Dezember 1922 an den
1. Vorsitzenden der Gesellschaft, Herrn Prof. Dr. Franz M ĂŒ H e r,
Charloltenburg-Westend, KastanienaH.ee 39, der auch zu nÀherer
Auskunftserteilung bereit ist, einzureichen. Sie sind mit einem
Kennwort zu versehen; beizufĂŒgen ist ein dasselbe Kennwort
tragender, verschlossener, Name und Adresse des Verfassers ent-
haltender Briefumschlag. â Preisrichter sind die Herren: Wirkl.
Geh. Obermedizinalrat Prof. Dr. Dietrich-Berlin, Prof. Dr. BrĂŒ-
ning-Rostock, Prof. Dr. KiĂkalt-Kiel, Prof. Dr. Franz MĂŒller
Charlottenburg-Westend und Geh. San. -Rat Dr. Röchling-Misdroy.
Ueber die Veröffentlichung der preisgekrönten Arbeil verfĂŒgt
der Vorstand der Gesellschaft.
An der sozialhygienischeii Akademie Gharlottenburg wird im
Sommer 1922 vom 24. April bis 29. Juli ein sozialhygienischer
Vollkursus zur Vorbildung von Kreis-, Kommunal-, Schul- und
lĂŒrsorgeĂ€rzten stattfinden. Der Lehrgang entspricht den PrĂŒ-
liuiij.sbestimmungen der KreisÀrzte; ebenso die nebenbei fakul-
tativ abgehaltenen dreimonatigen Sonderkurse in pathologischer
Anatomie, Bakteriologie und Hygiene, sowie gerichtlicher Me-
dizin. Aerzte können auch Einzelvorlesungen als Gasthörer be-
suchen. Anfragen und Meldungen sind möglichst bald an das
Sekretariat im Krankenhaus Charlottenburg-Westend, Spandauer
Berg 15-16, zu richten, das auch mit Hilfe des Wohnungsamtes
AuswÀrtige geeignete Wohnungen vermittelt.
BekÀmpfung der Tuberkulose. In der Zeil vom 19. Februar
bis 8. MĂ€rz d. J. wird in Bielefeld die groĂe. W a n d e r a u s -
Stellung d es deutschen Hygiene-Museums in
Dresden zur BekÀmpfung der Tuberkulose gezeigt.
Lehrgang fĂŒr Aerzte ĂŒber Schulgesuiulheitspflege. In der
Zeil vom 6. bis 11. MĂ€rz 1922 wird ein Lehrgang fĂŒr Aerzte ĂŒber
Schulgesundheitspflege in Chemnitz ( Vorlragsraum des Pa-
thologisch-hygienischen Instituts, Feldstr. 19) abgehalten. Der
Lehrgang ist in erster Linie fĂŒr diejenigen Aerzte Sachsens be-
stimmt, die als SchulÀrzte angestellt sind oder spÀter als solche
praktisch tĂ€tig werden wollen, ferner fĂŒr BezirksĂ€rzte. Der
Lehrplan umfaĂt: 1. Bau- und Einrichtung des Schulhauses: Dr.
Ha uflc; 2a) TĂ€tigkeit des Schularztes in der Volks- und Hilfs-
schule (Unterrichtshygiene): Dr. Schmidt; 2b) Mitwirkung des
Lehrers in .Schulgesundheitspflege: Oberlehrer Schwarz; :>. Be-
kÀmpfung der ansteckenden Krankheilen in der Schule: Dr.
Rothfeld ; I LeibesĂŒbungen: Orthop. Turnen: Dr. Roth
leid; 5. Schulspeisungen (MilchfrĂŒhstĂŒck, QuĂ€kerspeisung :
Drl Rot hfeld; 0. Berufsberatung a) vom Àrztlichen
Standpunkte, b vom psychologischen Standpunkte; Dr. H a n
di ick. 7 Psychopathische Jugendliche: Pro! Dr. w cber
S Schwachsinnigen ! ĂŒrsoifj,c Hilfsschule und Anstalten Di
II ei n icke. 9. Schulzahnpflege: Dr Raupt j 10. Sprachstörun
gen, Schwerbörigenunter rieht Lehrer l hl mann. IIa Jugend
pflege und ErholungsfĂŒrsorge: Wob habe IIb; Aerztliche
Forderungen zur ErholungsfĂŒrsorge; Dr. M a a D ; 12. Schul
schwesler â Schulpflegerin: Dr. Peters; 13- Der Arzl in der
Fach-, Fortbildungs- und Berufsschule: Prof. Dr. Thiele.
I 1 Schularzt an höheren Schulen: San. -Rai Dr. A licke; 1.">. Kin-
dertuberkulose und Licht-Luftbad; Hofrai Prof. Dr. Clemens;'
10. Demonstration ĂŒber die pathologische Anatomie der Kinder-
tuberkulose: Dr. Panofsky.
Herlin. Als Nachfolger des Prof. Stumpf auf dem Lehrstuhle
der Psychologie ist der o. Prof. Dr. Wolfgang Köhler berufen
Bonn. 'Dozent Prof. Dr. August PĂŒtter ist als Abteilungs-
vorsteher an das Kieler physiologische Institut, berufen.
Breslau. Dem Assistenten am botanischen Garten und Mu-
seum Dr. Alexander Lingelsheim wurde ein Lehrauftrag
zur Vertretung der Arzneidrogenkunde erteilt.
Erlangen.. FĂŒr Chirurgie habilitiert Dr. Willy II a a s.
Freiburg. Im Aller von ,~>7 Jahren verschied der a. 0. Prof.
der Chirurgie Dr. Hendrik Reerink.
GieĂen. Prof. Dr. Carl von Eicken, Ordinarius fĂŒr Ohren-.
Nasen- und Halskrankheiten, hat den Ruf als Nachfolger G. K i 1
lian's nach Berlin angenommen. â Habilitiert fĂŒr Geburtshilfe
und GynÀkologie Dr. Adolf Seitz.
Göttingen. Der a. o. Prof. und Direktor der Poliklinik fĂŒr
Ohren-, Nasen- und Halskrankheiten in Marburg Dr. Oskar
Wagen er ist als Nachfolger W. Lange's berufen.
Dem Dozenten fĂŒr Psychiatrie und Neurologie Dr. Felix
S l e r n ist die Dienstbezeichnung âauĂerord. Prof." verliehen.
Greiiswald. Der Ordinarius der inneren Medizin Prof. Dr.
Hermann Straub in Halle ist als Nachfolger von Prof. Morawitz
nach Greifswald versetzt.
Greifswald. Dem Dozenten fĂŒr Geburtshilfe und GynĂ€kologie
Dr. Siegfried Stephan ist die Dienstbezeichnung âauĂerord.
Prof." verliehen.
Hamburg. Die Dozenten Dr. Johannes Brodersen Ana
lomie) und Dr. Wilhelm Kotzenberg sind zu auĂerplan-
mĂ€Ăigen a. o. Professoren ernannt.
Kiel. Dem Dozenten Dr. Franz SchĂŒtz (Hygiene' ist ein
Lehrauftrag zur Vertretung der sozialen Hygiene erteilt. Dem
Dozenten, a. o. Prof. fĂŒr innere Medizin Dr. Heinrich Schade
isl ein Lehrauftrag zur Vertretung der angewandten physikali-
schen Chemie erteilt.
Leipzig. Der Dozent fĂŒr Augenheilkunde Dr. Max Gold-
sc h m i d 1 isl zum a. o. Prof. ernannt,
Marburg. Als Nachfolger L. Bessau's auf dem pÀdiatrischen
Lehrstuhl isl a. o. Prof. Dr. Ernst Fi eudenberg (Heidelberg)
berufen.
Prag. Verstorben der a. o. Prof. fĂŒr Haut- und Geschlechts-
krankheiten Dr. Ferdinand P ecirka.
Rostock. Als ,ord. Prof. fĂŒr Pathologie in Nachfolge von
Prof. Hueck ist Dozent Dr. Fischer (Bonn) berufen.
Wien. Der a. o. Professor fĂŒr Geburtshilfe und GynĂ€kologie
Dr. Konstantin I. Bucura ist zum Vorstande der gynÀkologi-
schen Abteilung der Allgemeinen Poliklinik ernannt. Den a. o.
Professoren in der Wiener medizin. FakultÀt Dr. Ludwig
Piskacek, Professor an der Hebammenlehranstalt und Vor-
stand der dritten geburtshilflichen Klinik und Dr. Leopold Moll,
Leiter- der Beichsanstalt fĂŒr Mutter- und SĂ€uglingsfĂŒrsorge, ist
der Titel eines Regierungsrates verliehen.
Wien. Als Privatdozenten in der medizinischen FakultÀt sind
zugelassen. Dr. Alfred Luger (inn. Med.), Dr. Ernst Freund
(inn. Med.J, Dr. Josef Gerslmann (Psychiat. u. Neurol.), Dr.
Hugo Stern (Laryngo-Rhinol.), Dr. Bernhard Gottlieb
( Zahnheilkunde).
ZĂŒrich. Im Alter von ö.r> Jahren verschied der ord. Prof. u.
Direktor des path.-anatom. Instituts Dr. Otto Busse.
212
B u c Ii I) e s p r e e u n g e n
10. Jahrg. â Nr. 9.
Buchbesprechungen.
\. Zunibusch, L.: Atlas der Syphilis. Leipzig 22. V erlag
vciii I". C. W. Vogel.
Der Atlas ist fĂŒr den Studierenden und den Allgemeinprak-
tiker bestimmt daher bringt er in der Hauptsache die Krankheits-
bilder, die tÀglich in der Praxis vorkommen, unter Vermeidung
ailer RaritÀten. Die Abbildungen sollen in dem Studenten das
was er in der Klinik gesehen hat, vertiefen und dauernd ein-
prÀgen, dem Praktiker Vergleichsobjekte zu den FÀllen seiner
i Taxis darbieten. Mit Recht ist daher groller Wert auf die Dar-
stellung der verschiedensten Formen (11) des PrimÀraffektes ge-
legt, hĂ€ngt doch von dem frĂŒhzeitigen Erkennen desselben das
Schicksal des Patienten im allerhöchsten MaĂe ab. Gern hĂ€tte
ich hier noch eine Abbildung eines Schankers der Portio gesehen,
da dieser hĂ€ufig von dem Praktiker ĂŒbersehen wird. Auch eine
Abbildung der Hutchinsonschen ZĂ€hne wĂŒrde vielleicht den Stu-
denten willkommen sein, da er viel von diesen zu hören und zu
lesen, sie aber nur selten deutlich vorgestellt bekommt. Im ganzen
jedoch sind die Rilder fĂŒr den angedeuteten Zweck mit sehr
groĂem Geschick ausgewĂ€hlt, geben eine deutliche Uebersiclii
ĂŒber den Ablauf der Lues und sind von groĂer Naturtreue, so daĂ
sie wirklich eine Vorstellung des Krankheitsprozesses hervorzu-
bringen imstande sind. Die Ausstattung des Allasses ist sehr gut.
friedensmĂ€Ăig; er verdient daher die weitgehendste Verbreitung
bei Studenten und Allgemeinpraklikern zu finden. R a b.
MĂŒnk, Fritz: G r u n d r i Ă d e r g e s a m I e n Röntge n d i a-
g n o s t i k i n n e r e r K rankhei.te n. 2. Aufl. 297 Seiten 8°.
Georg Thieme, Leipzig, 1922. Geb. 60 M.
M.'s Grundrià ist nach 3 jÀhrigem F'ehlen in 2. Auflage er-
schienen. NaturgemÀà nehmen die Grundlagen und die Einzel-
heiten des Verfahrens bei ihm einen geringeren Raum ein, als
in dem groĂen Gochtschen Handbuche, sind aber so klar ge-
schlichen, daĂ sie dem auf diesem Gebiete nicht Unterrichteten
eine gute EinfĂŒhrung bieten. Die vorzĂŒglichen Aufnahmen der
Kraussehen Klinik, deren Röntgenabteilung Herrn MĂŒnk unter-
stand, sind sehr gut wiedergegeben und trotz der notwendigen
starken Verkleinerung zeigt nur ein kleiner Rruchteil eine Ein-
buĂe an Klarheit. Der Verf. nennt sein Ruch zwar einen Leit-
faden der R.-D. innerer Krankheilen, aber nach der Natur der
Sache, die heute eine scharfe Trennung zwischen Chirurgie und
innerer Medizin nicht mehr ermöglichte, bringt er eine Anzahl
wichtiger Rilder und AusfĂŒhrungen, die auch fĂŒr den Chirurgen
von Bedeutung sind, wie Gelenkzerstörungen bei RĂŒckenmarks-
leiden, GelenkentzĂŒndung mit und ohne anschlieĂende Verrenkung
u. a. m. Auch wird dem darin nicht Erfahrenen auseinander-
gesetzt, wie die Zusammenarbeit zwischen innerem und Röntgen-
Ă€rzte zu erfolgen hat, eine Auseinandersetzung, in der zum Aus-
druck kommt, daĂ Herr MĂŒnk eben innerer Arzt und nicht
Rönlgensonderfachmann ist. Leber die Unerfreulichkeiten der
sogenannten reinen RöntgenfachÀrzte wird einmal in anderem Zu-
sammenhange zu reden sein; vielleicht bringen solche RĂŒcher und
LeitfÀden, w ie das Gochtsche und M u n k sehe, die Erkenntnis
in weitere Kreise, daà nur durch den Röntgenfachmann, der auch
Kliniker ist, die Anwendung des Verfahrens ersprieĂlich ge-
fördert wifd. Zieht man noch die klare Sprache des BĂŒchleins in
ErwÀgung, so scheint es fast zuviel, daà doch noch ein Wunsch
nach Verbesserung laut werden kann, nÀmlich der, der Verfasser
möge in kĂŒnftigen Auflagen die Zahl der auch in der Heilkunde
entbehrlichen Fremdwörter noch einer gröĂeren ReschrĂ€nkung
unterwerfen. O s k,a r R o s e n t h a 1.
Oocht, Hermann: Handbuch der R ö n t g e n 1 e h r e. Zum
Gebrauch fĂŒr Mediziner. 6. und 7. umgearbeitete und ver-
mehrte Auflage. Mit einem Rildnis Röntgens und 311 Text-
abbildungen 601 Seiten, GroĂ 8". Stuttgart. Ferdinand Enke.
1921. Ungebunden RH) M.
Die rasche Aufeinanderfolge der Auflagen zeigt die SchÀtzung,
deren sich das G.'sche Handbuch erfreut. In sehr ausfĂŒhrlicher
Weise bespricht der Verf. die physikalischen Grundlagen,
die Einzelheiten und Handgriffe der GerÀte und des Verfahrens.
Aber der Verf. als Kliniker beschrÀnkt sich nicht darauf. Eine
Reihe vorzĂŒglicher Rilder und die sie begleitenden AusfĂŒhrungen
belehren uns ĂŒber Erfahrungen seines eigenen Arbeitsgebietes;
ĂŒber das hinausgehend werden wir dann in die ZusammenhĂ€nge
der Röntgenverfahren und der ĂŒbrigen Krankheitserscheinungen
eingefĂŒhrt, sowohl auf den Gebieten der Krankheitserkenntnis
wie der -behandlung und der durch Röntgenstrahlen entstehenden
SchĂ€digungen. Die in einer Zusammenstellung beigefĂŒgten Min-
destpreise der Deutschen Röntgengesellschaft von 1920 werden
ja wahrscheinlich selbst den kurzen zwischen den einzelnen Auf-
lagen des G. sehen Buches verstreichenden Zeitraum an Lebens-
dauer nicht erreichen. O s k a r R o seilt h a I
Wossidlo: K y s t o s k op i s c h er A 1 1 a s. | Leipzig, Wilhel
Engelmann, 1921. 2. Aufl. 160 bzw. 195 M.)
DaĂ der W.'sche Atlas bereits nach einigen Monaten i
zweiler Auflage erscheint, spricht bereits fĂŒr seine GĂŒte. Di
neue Auflage isl um einige Abbildungen vermehrt, der Text â ins
besondere der Teil ĂŒber die physikalischen Grundlagen der Kysto-
skopie â neu bearbeitet. Es kann an dieser Stelle nur wieder
dasselbe hervorgehoben werden, was schon bei der Besprechun
der ersten Auflage gerĂŒhmt wurde: Der Text bringt in kurzer
klarer, ĂŒbersichtlicher Weise alles, was zum VerstĂ€ndnis des
Werkes notwendig ist; die Abbildungen sind geradezu als meister-
haft zu bezeichnen. K. Wohlgemuth (Berlin).
Milchner, R.: GrundriĂ der inneren Medizin ein-
schlieĂlich d e r N e rvenkrankheite n. Berlin 1922.
Siegfried Seemann Verlag. 3. und 4. Auflage.
Milchner gibt in knapper Darstellung das Wesentlichste
ĂŒber Aetiologie, Symptome, Verlauf, Prognose und Therapie der
inneren Krankheilen, wie es der Medizinstudierende als Grund-
lage fĂŒr den klinischen Unterriehl braucht. Der Stoff ist ĂŒber-
sichtlich angeordnet und den Erkrankungen des einzelnen Organs
eine allgemeine Diagnostik vorangesetzt. Vielleicht wĂŒrde es
sich empfehlen, an dieser Stelle etwas mehr auf die Differential-
diagnostik einzugehen; auch die funktionelle Nierendiagnostik in
ihren verschiedenen Formen könnte wohl etwas eingehender be-
handelt werden. Neu aufgenommen sind die Nervenkrankheilen,
die in gleicher Form wie der andere Teil des Buches bearbeite!
sind und deren Darstellung dem Studierenden eine willkommene
UnterstĂŒtzung sein wird. Dem Buch geht ein Vorwort Gold
s c h e i d eis voraus. S i 1 b e r m a n n Charlotlenburg .
Mötfckeberg, J. <;.: Ribborts Lehrbuch der allge-
m eine n P a t h o 1 o g i e u n d d e i p a th o 1 o gi s c Ii e n
A n a l o m i e. Mit N<>() Figuren. .8. Aufl. Leipzig. F. C. ,W.
Vogel. 1921.
Das Ribbertsche Lehrbuch ist von Mönckeberg neu her-
ausgegeben. Der Herausgeber schildert selbst im Vorwort die
Schwierigkeiten, die sich ihm entgegenstellten, um dem Werke
das persönliche GeprÀge eines Ribberlschen Werkes zu erhalten,
ohne seiner abweichenden Meinung etwas zu vergeben. Da mir
keine frĂŒhere Auflage zum Vergleiche zur VerfĂŒgung stand, kann
ich nicht angeben, wie weit die vom Herausgeber vorgenommenen
VerÀnderungen der Einteilung nicht mehr Ribbertisch sind:
Aenderungen der Einteilung können ja gerade grundsÀtzlich
wichtig sein. Auf keinen Fall gewinnt man beim Lesen des
Ruches den Eindruck einer Verletzung der AnhÀnglichkeit oder
eines zwiespÀltigen Werkes, selbst bei den Stellen, bei denen die
Abweichung vom R. "sehen Standpunkte deutlich isl. Es ist R.'s
Verdienst gewesen, schon oft behandelte und scheinbar fest-
stehende Regriffe noch einmal neu und eigenartig behandelt zu
haben und in dem ganzen Ruche kommt das Persönliche des
Verf. zum erfrischenden Ausdruck. Es kann ja nicht ausbleiben,
daĂ ein pathologisch geschulter Kliniker einmal Redenken gegen
eine Auffassung empfindet, aber das bildet nur eine Anregung,
kein Redenken gegen das Ruch, das in auĂerordentlich klarer
Weise mit stark persönlichem GeprÀge den Lernenden in das
Gebiet der Krankheitslehre einfĂŒhrt und dem Ausgebildeten einen
wirklichen GenuĂ bietet. Die zahlreichen Abbildungen, die nach
Mitteilung des Herausgebers fast ausnahmslos von R.'s eigener
Hand sind, sind in Zeichnung und Wiedergabe vorzĂŒglich und
halten sich, wo sie nicht ausdrĂŒcklich schematische Aufgaben
haben, von schematischer AusfĂŒhrung möglichst frei
Oskar Roscrthal.
Schmidt. H. E.: Kompendium der Lichtbehandlung.
19-1 Abb. 3. Aufl. Herausgegeben von Otto St r a u Ă. Thieme.
Leipzig 1921. Steif broschiert 21 M.
EnthÀlt physikalische Vorbemerkungen, Handhabung und Anwen-
dung der Verfahren. Die Abb. sind schön, aber z. T., da vor und
nach Behandlung in verschiedenen Stellungen aufgenommen, nicht
beweisend. O. R.
Thedering, F.: D a s Q u a r zl ich t u n d sei n e A n w e n d u n u
i n d er M edizi n. 4. Aufl. Gerhard Stalling, Oldenburg 1921.
131 Seiten Zusammenstellung der Ergebnisse bisheriger Arbeiten
â auch der eigenen des Verf. â und 32 Seiten Verzeichnis der
bell Arbeiten. O. R.
Fortschritte der Medizin
Die WochenschrMi des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von F. C. W. VOGEL, Leipzig, Dresdner Stra&e 3 * Berliner GeschÀftsstelle und alleinige
Inseratenannahme: HANS PUSCH. Berlin SW 46, Wilhelm-Stra&e 20 / Fernsprecher: LĂŒtzow 9057
Nr. 10 Berlin, den 8. MĂ€rz 1922 40. Jahrgang
Dar Verlag behĂ€lt sich das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist vor.
Aus der Kinderklinik der ungarischen Elisabeth-UniversitÀt
' derzeit in Budapest im WeiĂen-Kreuz-Kinderspital (Direktor:
Prof. Dr. P. Heim).
Ueber die Wachstumfunktionen der Hypophyse.
Die Pathogenese der Akromegalie und des
Gigantismus.
Von Dr. Geza Pelenyi
Das Wachstum des menschlichen Körpers ist von vielen
Faktoren, im extrauterinen Leben in erster Linie von der
TÀtigkeit des endokrinen Apparates abhÀngig. Am ausge
sprochensten ist diese Wirkimg von Seiten der GenitaldrĂŒsen
(Ovarium, Testis), der Nebennieren, der Glandula pinealis,
der SchilddrĂŒse und der Hypophyse. Es ist allgemein be-
kannt, daà im PubertÀtsalter unter Einwirkung der Genital-
drĂŒsen (âPubertĂ€tsdrĂŒse") vermehrtes LĂ€ngenwachstum ein-
tritt. Ein Àhnliches, eine bestimmte Zeit dauerndes LÀngen-
wachstum lĂ€Ăt sich bei gewissen Tumoren der Glandula
pinealis und der Nebennieren mit sexueller FrĂŒhreife beob-
achten. Die mangelhafte SchilddrĂŒsentĂ€tigkeit fĂŒhrt zu ver-
mindertem oder ganz fehlendem LĂ€ngenwachstum; mit
SchilddrĂŒsendarreichung ist das zu beheben. Auch von der
Hypophyse ist bekannt, daĂ gewisse Erkrankungen derselben
zum Zwergwuchs fĂŒhren, wobei die Hypophysendarreichung
unwirksam ist; daĂ sich hingegen bei bestimmten Tumoren
der Hypophyse Riesenwuchs oder Akromegalie entwickelt.
Im Folgenden wollen wir den EinfluĂ der Hypophyse auf
die Wachstumsprozesse einer nÀheren Analyse unterziehen
und demonstrieren, daĂ es auf Grund der klinischen Beob-
achtungen möglich ist, die Wirkung der Hypophyse auf das
Knochenwachstum in mehrere Komponenten zu teilen und
mit Hilfe dieser Erkenntnis der Pathogenese des Gigantismus
und der Akromegalie eine neue Beleuchtung zu geben.
Unsere Kenntnisse von der Physiologie der Hypophyse
nehmen von den klinischen Beobachtungen Pierre Ma-
ri e ' s ihren Ausgangspunkt. Er beobachtete zwei FĂ€lle mit
eigentĂŒmlichen KnochenverĂ€nderungen. Man hat auch
frĂŒher schon Aehnliches bemerkt, aber die frĂŒheren Beob-
achter erblickten nicht das Charakteristische, fanden nicht
den zusammenfassenden Gedanken, wonach sich die ver-
schiedenen KnochenverÀnderungen einheitlich beurteilen
lassen. Die KnochenverÀnderungen haben an erwachsenen
Leuten begonnen, die bis dahin normale Körperproportione
zeigten. Hand, FuĂ und die Finger vergröĂerten sich, wur-
den dicker, unförmlich; die Augenbrauenbogen wurden vor-
wölbend, das Jochbein vorspringend, die Nase dicker, der
Kiefer breiter und lÀnger. Pierre Marie hat diese Ver-
Ă€nderungen unter dem Namen Akromegalie zusammen-
gefaĂt und sagte, das Gemeinsame, das Charakteristische der
Erscheinung sei, daĂ es die gipfelnden Teile des Kopfes und
der ExtremitĂ€ten sind, welche die Verdickung, die VergröĂe-
rung aufweisen. SpÀter nach genauer klinischer Analyse
und Sektion vieler FÀlle stellte es sich heraus, daà Àhnliche
hyperplastische Knochenprozesse ĂŒberall nachweisbar sind,
sowohl an den Rippen, wie auch an der WirbelsÀule und
dem SchÀdel. Am ausgesprochensten sind aber doch die
VerÀnderungen an den gipfelnden Teilen, so daà der ur-
sprĂŒnglich gewĂ€hlte Name âAkromegalie" als zutreffend bis
jetzt in allgemeinem Gebrauch geblieben ist. Pierre
Marie hat nicht nur die wichtigsten Symptome in eine
klinische Einheit zusammengefaĂt, sondern zugleich auf die
Aetiologie, auf die Hypophysenerkrankung hingewiesen. In
einer ganzen Reihe von FÀllen konnte man spÀter den siche-
ren Beweis erbringen, daĂ die erste Annahme richtig war,
daà die erwÀhnten Erscheinungen stets mit Erkrankung,
meistens mit Tumorbildung der Hypophyse in Verbindung
auftraten.
Die erste Frage war, auf welche Weise die Hypophysen-
erkrankung dieses Krankheitsbild hervorruft. Wie bei allen
innersekretorischen Erkrankungen kamen auch hier folgende
Möglichkeiten in Betracht: Hyper-, Hypo- und Dysfunktion,
oder die Erkrankimg mehrerer DrĂŒsen, also eine polyglandu-
lÀre Aetiologie. Letztere Möglichkeit konnte man mit
Sicherheit ausschlieĂen. Symptome seitens der anderen
endokrinen Organe sind fast in allen AkromegaliefÀllen
nachweisbar. Dieselbe weisen eine groĂe Mannigfaltigkeit
auf. Struma, Myxödem, Diabetes insipidus, Diabetes melli-
tus, Dystrophia adiposogenitalis, Eunuchoidismus usw. kön-
nen vor der Akromegalie, gleichzeitig oder im weiteren Ver-
laufe auftreten. Alle diese sind aber inkonstant und können
in den verschiedensten Stadien der Akromegalie einsetzen.
Das schlieĂt von vornherein die primĂ€re Ă€tiologische Be-
deutung derjenigen DrĂŒsen aus, deren Erkrankung diese Be-
gleitsymptome hervorruft. Pierre Marie selbst dachte
zuerst an eine Hypofunktion, Tamburini, Benda und
Massalongo an eine Hyperfunktion der Hypophyse. Die
Entscheidung dieser Frage haben die chirurgischen Ergeb-
nisse gebracht. Hochenegg war der erste, welcher bei
Akromegalie die Hypophysengeschwulst exstirpierte, worauf
die akromegalen Symptome sich schnell zurĂŒckbildeten. Das
haben ihm mehrere mit gleichem Erfolg nachgemacht, so
daĂ es heute zweifellos ist, daĂ die Akromegalie immer auf
eine Hyperfunktion der Hypophyse bzw. des Vorderlappens
der Hypophyse zurĂŒckzufĂŒhren ist (weil die Geschwulstbil-
dung immer von dort ihren Ausgangspunkt nimmt). Anders
ausgedrĂŒckt: Bei der Akromegalie ist ein âHyperpituitaris-
mus" vorhanden.
AuĂer den oben erwĂ€hnten Symptomen sind weiter fast
als konstant zu bezeichnen die Erweiterung der pneumati-
schen RĂ€ume (sinus frontalis, maxillaris, sphenoidalis) und
der Sella turcica, eventuell mit Destruktion derselben; sowie
Tumorsymptome (Kopfweh, Sehstörungen, bitemporale He-
mianopsie, Atrophia N. optici). Bei Sektionen hat man den
KnochenverĂ€nderungen groĂe Aufmerksamkeit gewidmet,
Ăberall war eine diffuse Verdickung als
Folge der erhöhten periostalen Knochenbil-
dung nachweisbar. Histologisch konnte man nicht
nur eine erhöhte periostale Knochenneubildung nachweisen,
sondern auch einen gesteigerten zentralen ResorptionsprozeĂ,
durch welchen sich die pneumatischen RĂ€ume vergröĂern.
Der von Pierre Marie hervorgehobene Symptomen-
komplex bildet ein prÀgnantes Krankheitsbild, das seine kli-
nische SelbstÀndigkeit behalten wird. Daran Àndert auch
das nichts, daĂ sich die verschiedensten innersekretorischen
Krankheiten dazu gesellen können, noch daà sich abhÀngig
von der Natur der Geschwulst, in Beginn, Verlauf und Pro-
gnose, groĂe Unterschiede zeigen. Bei benignen Adenomen
kann der Kranke noch 20 â 30 Jahre leben, bei malignen
Sarkomen kann die Krankheit in 2 â 3 Jahren tödlich enden.
214
Petenyi: Wachstumsfunktionen der Hypophyse
40. Jahrg. â Nr. 10.
Es gibt einen Symptomenkomplex, welcher hÀufig mit
der Akromegalie zusammen erscheint und bisher absichtlich
nicht erwÀhnt wurde; Das ist der Riesenwuchs, der bei
Hypophysentumoren in Verbindung mit Offenbleiben der
Epiphysenlinien hÀufig zu sehen ist. Die von Pierre
Marie zuerst beschriebenen Kranken waren von normaler
KörpergröĂe. In den spĂ€teren Publikationen findet man
aber hĂ€ufig die Angabe, daĂ die Kranken hochwĂŒchsig
waren, und manche zeigten echten Riesenwuchs. Auf Grund
unserer jetzigen Kenntnisse ist es schwer, eine genaue De-
finition zu geben, was unter Riesenwuchs (Gigantismus) zu
verstehen ist. In den einzelnen Arbeiten finden wir ver-
schiedene Definitionen und verschiedene Krankheitsbilder
unter diesem Titel, mit dem gemeinsamen Element der auf-
fallenden KörpergröĂe. Letztere ist aber an sich eine sehr
variable GröĂe. Nach B o 1 1 i n g e r rechnet man zu den
Riesen die Leute mit mehr als 205 cm KörpergröĂe. Andere
bezeichnen 200 cm als Grenze; 180 cm wÀre die obere Grenze
des Normalen, und die Leute zwischen 180 â 200 cm bezeich-
nen sie als âhochwĂŒchsig". Einzelne Autoren rechnen auch
Leute mit 190 cm zu den Riesen.
Nach einer anderen Àlteren Einteilung (Lange r) gibt
es ânormale" und âpathologische" Riesen. Unter normalen
Riesen versteht man die sehr hohen gesunden Menschen mit
proportionalem Körperbau. Diese Beobachtungen stammen
aus Àlterer Zeit. Langer beschreibt drei solche Skelette
(zitiert bei F a 1 1 a). Nach den Aufzeichnungen erreichten
diese ein hohes Alter. Die Skelette wiesen normale Körper-
proportionen auf, mit entsprechend groĂem Rumpf. Selbst
Langer stellt aber fest, daĂ bei den meisten Riesen patho-
logische VerÀnderungen vorkommen, teilweise Dysproportion
im Bau, teilweise VerÀnderungen an der Sella turcica. Die
aus neuerer Zeit stammenden Arbeiten bringen alle nur Be-
obachtungen' ĂŒber solche pathologische Riesen.
Wie verschiedene Krankheitsbilder zum Gigantismus ge-
rechnet werden, und inwieweit es an einer einheitlichen Auf-
fassung in der Pathogenese fehlt, daĂ zeigt am deutlichsten
das folgende Zitat: aus der entsprechenden Stelle in F a 1 1 a s
Buch:
Seite 374: âWenn auch proportionierte, nicht akromegale
Riesen anscheinend zu den gröĂten Seltenheiten gehören, so kann
man deren Existenz nach den bestimmten Angaben von L ange r
und Virchow nicht bezweifeln. Es scheint mir daher zweck-
mĂ€Ăig, bei der alten Einteilung von Langer zu bleiben und
zwischen normalen und pathologischen Riesen zu unter-
scheiden. In der Literatur findet sich ferner eine Anzahl FĂ€lle
beschrieben, deren KörpergröĂe zwischen 190 und 200 cm lag:
FĂ€lle, die keine akromegalen ZĂŒge an sich trugen, hingegen alle
Zeichen des typischen Eunuchoidismus aufweisen. Es liegt hier
also eine potenzierte Form des eunochoiden Hoch-
wuchses vor, und fĂŒr diese scheint mir die Bezeichnung
eunochoider Gigantismus nicht unbegrĂŒndet. Sie decken
sich zum Teil mit jenen FĂ€llen, die Launois und Roy als
infantilen Gigantismus bezeichneten. Nachdem ich den Eunochoi-
dismus scharf vom Infantilismus trenne, so muĂ ich die Bezeich-
nung eunuchoid an Stelle von infantil fĂŒr prĂ€ziser halten. Ich
möchte hier gleich darauf hinweisen, daà aber ein Teil der von
Launois und Roy als infantil beschriebenen Riesen nicht
reine Eunuchoide sind, sondern bereits akromegale ZĂŒge an sich
tragen. Was nun endlich die akromegalen Riesen anbe-
langt, so werde ich mich bemĂŒhen, zu zeigen, daĂ hier die ver-
schiedensten Typen vorkommen, solche, bei denen von vornherein
akromegale Erscheinungen deutlich hervortreten, solche, die sich
â um den Ausdruck von Launois und Roy zu gebrauchen â
erst spĂ€ter akromegalisierten, solche, bei denen eunuchoide ZĂŒge
oder sogar ausgeprÀgter Eunuchoidismus von Jugend auf be-
stehen, solche, bei denen es erst spÀter zu einer Art SpÀt-
Eunuchoidismus kommt, und endlich solche, bei denen eunuchoide
ZĂŒge ganz fehlen, bei denen vielmehr die Funktion der Keim-
drĂŒsen und der Genitalien normal, ja sogar vielleicht vorĂŒber-
gehend abnorm gesteigert ist.
Bei der groĂen Mannigfaltigkeit der Erscheinungen des
Riesenwuchses ist eine einheitliche Darstellung der Symptomato-
logie kaum möglich; es scheint mir am zweckmĂ€Ăigsten, Beispiele
aus der Literatur fĂŒr die einzelnen Typen anzufĂŒhren, wobei
ich hier schon betonen möchte, daà zwischen diesen Typen alle
möglichen UebergÀnge vorkommen."
I. Bauer nimmt einen Àhnlichen Standpunkt ein und
fĂŒhrt die zahlreichen klinischen Formen auf zwei Haupt-
typen zurĂŒck, auf den eunuchoiden und auf den hy-
pophysÀren Hochwuchs. Beim letzten ist die Erkran-
kung des Vorderlappens der Hypophyse von primÀrer Be
deutung, bei ersterem der Hypogenitalismus. In
lolgedessen bleiben die Epiphysenlinien offen und wird de
abnorme Hochwuchs möglich. B i e d 1 und I. Baue
nÀhern sich schon dem Standpunkt der französischen KU
niker, demzufolge der Gigantismus immer auf eine gesteigert
Hypophysenfunktion zurĂŒckzufĂŒhren ist, denn sie weise
darauf hin, beim Eunuchoidismus entwickele sich regel-
mĂ€Ăig eine VergröĂerung der Hypophyse und dem entspreche
auch das histologische Bild. Nach dieser Auffassung er-
möglicht der Hypogenitalismus das weitere Wachstum, weil
die Epiphysenlinien offen bleiben, aber das eigentliche pa-
thologische Wachstum wird auch hier durch die sekundÀr
verÀnderte Hypophyse hervorgerufen. Es gibt auch experi-
mentelle Daten und andere Beobachtungen, die fĂŒr die Rich-
tigkeit dieser Anschauung zu sprechen scheinen. T a n d 1 e r
und Groà haben an kastrierten MÀnnern mit Röntgenauf-
nahmen nachgewiesen, daĂ die Sella turcica vergröĂert ist.
R ö Ă 1 e und Jutaka Kon haben bei Sektionen bei frĂŒher
kastrierten Frauen VergröĂerung der Hypophyse und im
histologischen Bilde starke HyperĂ€mie und VergröĂerung
und Vermehrung der eosinophilen Zellen gefunden. WĂ€h-
rend der GraviditĂ€t konnte man auch die VergröĂerung und
strukturelle VerÀnderung der Hypophyse (massenhaft treten
sogen. âSchwangerschaftszellen" auf) nachweisen. Auch kli-
nische Begleitsymptome sind vorhanden. HĂ€ufig und all-
bekannt sind bei Schwangeren die an Akromegalie erinnern-
den VerÀnderungen. Das Gesicht wird breiter, plump, Nase,
Kiefer und Finger verdicken sich. Nach der GraviditÀt bil-
den sich diese Erscheinungen gröĂtenteils zurĂŒck. Die beim
primÀren Eunuchoidismus, bei kastrierten und bei der Gra-
viditĂ€t gewonnenen Erfahrungen weisen ĂŒbereinstimmend
darauf hin, daĂ sich bei fehlender oder verminderter Funk-
tion der GenitaldrĂŒsen der vordere Lappen der Hypophyse
vergröĂert und eine gesteigerte TĂ€tigkeit ausĂŒbt, so daĂ die
Hypophyse auch bei jenen Formen des Gigantismus, die man
als âeunuchoid" bezeichnet, als Ă€tiologischer Faktor anzu-
nehmen ist.
Am nachdrĂŒcklichsten wird der hypophysĂ€re Ursprung
des Gigantismus durch französische Kliniker vertreten. Sie
unterscheiden einen âgigantisme infantil" und einen
âgigantisme acromegaliqu e". Sie entsprechen dem
eunuchoiden und hypophysÀren Hochwuchs. B r i s s a u d,
Meige, Launois und Roy beschÀftigten sich eingehend
mit diesen Fragen und teilten eine ganze Reihe ausgezeich-
neter klinischer Analysen mit. Auf Grund ihrer klinischen
Beobachtungen vertreten sie den Standpunkt, daĂ auch der
gigantisme infantil hypophysÀren Ursprunges sei. Nach
Launois und Roy sind diese zwei Typen in dem Raum,
aber nicht in der Zeit gegeben. Denn die FĂ€lle von gigan-
tisme infantil akromegalisieren sich spÀter, d. h. allmÀhlich
entwickeln sich Symptome der Akromegalie.
Die strittigste Frage war, was fĂŒr ein Zusammenhang
zwischen Akromegalie und Gigantismus besteht. Gehören
die zwei Symptomenkomplexe organisch zusammen (uni-
taristischer Standpunkt), oder handelt es sich um zwei ver-
schiedene Krankheiten. Pierre Marie betonte immer die
letztere Möglichkeit. Die unitaristische Auffassung verdankt
ihren Ursprung einer auĂerordentlich interessanten Hypo-
these. B r i s s a u d und Neige behaupteten, daĂ Akro-
megalie und Gigantismus einen einheitlichen pathologischen
ProzeĂ bilden; das Entstehen der verschiedenen klinischen
Bilder hĂ€nge ausschlieĂlich davon ab, in welchem Alter die
Krankheit beginnt. Beginnt die gesteigerte HypophysentÀtig-
keit im Wachstumsalter, wo die Epiphysenlinien noch nicht
geschlossen sind, also im Alter der unbegrenzten Wachstums!
möglichkeit, so resultiert daraus Riesenwuchs. FÀllt der Be-
ginn in die Zeit, wo die Epiphysenlinien schon geschlossen
sind, ist kern weiteres LÀngenwachstum möglich; in der
40. Jahrg. â Nr. 10.
Petenyi: Wachstumsfunktioiieii der Hypophyse
316
Dick« aber können die Knochen wachsen, das Periost bildet,
so lange die krankhaft verÀnderte HypophysentÀtigkeit an-
dauert, und die Epiphysenfugen sich nicht schlieĂen, be-
stÀndig weitere Knochenverdickung und so kommt die Akro-
tnegalie zustande. Anders ausgedrĂŒckt ist der Gigantismus
die Akromegalie des Wachstumsalters, und die Akromegalie
ist der Gigantismus des erwachsenen Alters. Eine Kombi-
nation von Gigantismus und Akromegalie kommt zustande,
wenn die Hypophysenerkrankung bei offenen Epiphysen-
linien beginnt, da entwickelt sich Riesenwuchs, schlieĂen
sich spÀter die Epiphysenfugen und die gesteigerte Hypo-
physentÀtigkeit dauert fort, so reizt sie nur das Periost zur
weiteren Knochenbildung und zum Riesenwuchs gesellen sich
nun die akromegalen Symptome.
Zuerst entwickelten diese Ansicht Brissaud und
M e i g e; dann sammelten L a u n o i s und Roy zahlreiche
Beobachtungen, imi dieser Hypothese eine gesicherte Basis
zu geben. Sie wiesen nach, daĂ man bei den meisten Riesen
Hypophysen- oder darauf hinweisende Sella- VerÀnderungen
finden kann; diese HypophysenverÀnderungen beginnen beim
Riesenwuchs immer im Wachstumsalter und erst viel spÀter
nach SchluĂ der Epiphysenfugen entwickeln sich die akro-
megalen Erscheinungen. Von verschiedenen Seiten wurden
EinwÀnde erhoben. In erster Linie betonte Pierre Marie
immer die klinischen Unterschiede und daĂ es Riesen ohne
akromegale Symptome gibt. Neulich hat F a 1 1 a die im
Kindesalter beobachteten AkromegaliefÀlle zusammengestellt.
Trotzdem wird die Ansicht Brissaud-Meige von den
meisten Autoren angenommen. (L e r i, B e r i t z, J. Bauer,
Biedl.)
Die klinischen Beobachtungen ermöglichen jedoch eine
weitere Analyse des Einflusses der Hypophyse auf das
Wachstum, auf Grund welcher sich fĂŒr die Pathogenese der
Akromegalie und des Gigantismus neue Gesichtspunkte er-
geben.
Die zwei klinischen Tatsachen, die von entscheidender
Wichtigkeit sind und die den Grund fĂŒr die weiteren SchluĂ-
folgerungen bilden, sind:
1. Man kann Akromegalie im Wachstums-
alter vor der Verknöcherung des Epiphysen
knorpels bei normalem
beobachten.
2. Man kann Gigantismus, pathologisches
LÀngenwachstum hypophysÀren Ursprun-
ges, im Wachstumsalter vor Verknöcherung
ijdes Epiphysenknorpels ohne akromegale
Symptome beobachten.
Zur Illustrierung dienen folgende Beobachtungen:
1. 10 'A jÀhriges Kind, LÀnge 136 cm. Mit Herzbeschwerden
auf die Abteilung aufgenommen. Klinischer Befund: die Kon-
figuration des Gesichts erinnert an akromegalen Typ, Augen-
brauenbogen und Jochbogen hervorstehend; die Nase kurz, aber
breit und plump; das Gesicht breit; Ober- und Unterlippe wulstig;
der Unterkiefer verschmĂ€lert sich regelmĂ€Ăig nach unten, dabei
ist das Kinn aber doch noch etwas breiter als normal. Brustkorb
und WirbelsĂ€ule normal; SellavergröĂerung nicht mit Sicherheit
nachzuweisen; Hand und Finger dem Ansehen nach ganz wohl-
proportioniert und scheinen weder lÀnger noch dicker. Auf der
Röntgenplatte der Hand aber sind der Metakarpus I. und sÀmt-
liche Phalangen viel dicker als bei gleichalterigen Kindern; sÀmt-
liche Epiphysenlinien offen. WĂ€hrend des Spitalsaufenthaltes ent-
wickelte sich eine Meningitis tuberculosa und das Kind starb. Das
Ergebnis der Sektion (Privatdozent Jarikovich): VergröĂe-
rung der Hypophyse (9:10:6 mm), im vorderen Lappen starke
Vaskularisation, HyperÀmie, starke Vermehrung der eosino-
philen Zellen, kolloidartige strumöse Umwandlung des mittleren
Lappens und AnhÀufung von etwa 1% cem Kolloids in Zysten.
Nach diesem Befunde ist es zweifellos, daĂ bei dem Kinde
eine wahre Akromegalie vorhanden war und zwar im
Stadium des allerersten Beginnens der Krankheit. Die Haupt*''
Forderungen der Akromegaliediagnose: die VergröĂerung der
Akra mit einer nachweisbaren Hyperfunktion des vorderen
Lappens der Hypophyse sind vorhanden; was die VergröĂe-
rung der Akra betrifft, war sie im Gesicht zu sehen und an
LĂ€ngenwachstum
der Hand die peroistale Verdickung mit Röntgen nachzu-
weisen. Dabei ist die LĂ€nge des Kindes normal. (AusfĂŒhr-
lich mitgeteilt ist dieser Fall in der Monatsschrift fĂŒr Kinder-
heilkunde, Bd. 21, 1921, S. 14).
2. S. L., 12 Jahre !) Monate alter Knabe. Im 8. Monat geboren
Im Aller von 2'A Jahren hatte das Kind wÀhrend einer Tonsillitis
einmal Eklampsie. Damals in unserer Ambulanz untersucht
keine tetanischen Symptome, normale elektrische Erregbarkeit.
Im !). Jahre Tonsillo-Adenotomie. Etwas spÀter I Jahr lang
dauernde, mĂ€Ăige Struma. Hat viel Jod genommen. Seit einem
halben Jahr Husten. St. pr. am 9. X. 1920: Auffallend groĂes Kind
in etwas reduziertem ErnÀhrungszustand. Gewicht 55 kg. Die
MaĂe sind:
Höhe . 165 cm
Kopfumfang 56 â
Halsumfang 33 â
Brustumpfang 79 â
Bauchumfang 72 â
Spannweite 176 â
Akromion â III. Fingerkuppe .... 72 â
Spina iliaca a. s. â Sohle 101 â
Hand 19,5 â
FuĂ. 26 â /âą
Brachycephaler Schaedel Augenbrauenbogen und Jochbogen
nicht vorspringend. Keine Prognathie, breiter flacher Brustkorb,
WirbelsÀule gerade, ExtremitÀten lang, von normaler Dicke.
Phalangen lang, aber nicht dicker, auch an der Hand und dem
Fuà keine DysproportionalitÀt im Sinne einer Akromegalie.
Haut von normaler Konsistenz. An den Armen und am Bumpf
mĂ€Ăige Hypertrichose. Keine abnorme Pigmentation. Musku-
latur schlecht entwickelt. DrĂŒsen kaum tastbar. Herz und Lunge
o. B. Keflexe normal.
Psychisch ist das Kind nicht als vollkommen normal zu be-
zeichnen. Auffassung gut aber vergeĂlich und auĂerordentlich
zerstreut. Spaziert tagelang ohne zu essen. In der Schule immer
an der Grenze der AusschlieĂung. Sein Interessenkreis ent-
spricht ungefĂ€hr dem eines 7 â 8 jĂ€hrigen Kindes. Auf der Röntgen-
platte der Hand sind sÀmtliche Epiphysenlinien offen, die Pha-
langen sind lang und keinesfalls verdickt. Wenn die Epiphysen-
linien geschlossen wĂ€ren, wĂŒrde man die Hand fĂŒr die eines
Erwachsenen halten. Auf der Böntgenaufnahme des SchÀdels
zeigt die Sella turcica betrÀchtliche VerÀnde-
rung. Der Eingang ist stark erweitert, die Sella
wesentlich vergröĂert und vertieft. Die pneuma-
tischen BĂ€ume nicht vergröĂert. Sinus frontalis sehr klein.
Das Kind wurde frĂŒher öfters in unserer Ambulanz wegen
Tonsillitis, Bronchitis, Pertussis und einmal wegen Eklamsie
gezeigt. Aus der Krankengeschichte der Ambulanz erfahren wir
weitere Daten ĂŒber die Entwiekelung des Kindes.
Das Kind WOg am Normalzahlen
29. IX. 1909 22 Monate alt, 12,3 kg 12,2 kg
29. VIII. 1913 5 Jahre und 8 Monate . 32,6 kg 19,5 kg
11. III. 1916 8 Jahre u. 3 Monate 45,0 kg 25,5 kg
15. X. 1920 12 Jahre u. 10 Monate 54,0 kg 37,â kg
Das gesteigerte Wachstum beginnt also zwischen dem 2. und
Ii. Jahre. Im 6. Jahre hat das Kind schon ein abnorm groĂes
Gewicht. LĂ€ngenmaĂe fehlen leider in den frĂŒheren Aufzeich-
nungen und man könnte daran denken, daà das Kind vielleicht
zu dick war. Es sind aber mehrere Photographien aus diesem
Alter aus dem 5., 6., 8. und 9. Jahre vorhanden und auf diesen
sieht das Kind mĂ€Ăig ernĂ€hrt, auf einigen sogar etwas mager
aus, so daĂ die vermehrte Gewichtszunahme auch in den frĂŒhe-
ren Jahren sicher auf das abnorme LĂ€ngenwachstum fiel.
Es ist zweifellos, daĂ es sich hier um Riesenwuchs han-
delt. Von PubertÀtsentwickelung keine Spur, also kann man
die Funktionsstörung der Glandula pinealis, Nebennieren
und Testis, als Ă€tiologischen Faktor ausschlieĂen. Auch per
exclusionem muĂ man in der Hypophyse die Ursache des ge-
steigerten Wachstums suchen. Letzteres beweist die Sella-
aufnahme, auf der die betrĂ€chtliche VergröĂerung und Er-
weiterung des Einganges zu sehen ist, w'as gleichbedeutend
ist mit VergröĂerung der Hypophyse. Wir haben also
einen hypophysÀren Riesenwuchs vor uns
ohne akromegale Symptome. Man kann die Akro-
megalie ausschlieĂen, denn es fehlt die VergröĂerung der
gipfelnden Teile â nicht einmal mit Röntgen ist Knochen-
verdickung nachweisbar, â und die pneumatischen RĂ€ume
verhalten sich normal.
Petenyi: Wachstumsfunktionen der Hypophyse
40. Jahrg. â Nr. 10.
Die zwei FĂ€lle zeigen klar, daĂ noch vor SchluĂ der
Epiphysenfugen folgende zwei Krankheitsformen vor-
kommen:
1. Akromegalie ohne vermehrtes LĂ€ngewachstum und
2. HypophysÀr bedingter Riesenwuchs ohne akromegale
Symptome.
Das sind keine isoliert dastehenden FĂ€lle. In der Lite-
ratur liegen mehrere Ă€hnliche Beobachtungen vor. (BezĂŒg-
lich der Akromegalie im Kindesalter siehe die Zusammen-
stellung bei der Besprechung des Falles 1 in der Monats-
schrift fĂŒr Kinderheilkunde, 21. Bd.) FĂŒr den zweiten Typ
(im Kindesalter beginnender Gigantismus, lange Zeit ohne
akromegale Symptome) genĂŒgt es auf die schönen yFĂ€lle
L a u n o i s und Roy hinzuweisen.
Aus den oben erwÀhnten zwei Feststellungen lassen sich
weitere SchlĂŒsse ĂŒber die Funktion der Hypophyse ziehen.
Bei der Akromegalie und dem Gigantismus ist die TĂ€tigkeit
der Hypophyse verĂ€ndert, wie man sagt, ist ein âHyper-
pituitarismus" vorhanden. Was verstehen wir unter
Hyperpituitarismus? Nach der allgemeinen Auffassung die
gesteigerte TĂ€tigkeit des vorderen Lappens. Sie ist als die
Ursache der Akromegalie und des Gigantismus zu betrachten.
Eine weitere Frage ist, ob die klinischen Symptome sÀmtlich
unmittelbare Folgeerscheinungen der gesteigerten TĂ€tigkeit
des vorderen Lappens sind oder nicht. Von einzelnen hÀu-
figeren Symptomen â abnorme Pigmentationen, Hyper-
trichosis, â ist es sicher, daĂ sie in anderer Weise bedingt
sind. Bei der Erkrankung einer endokrinen DrĂŒse erfolgen,
infolge der Korrelation zwischen den einzelnen DrĂŒsen, regel-
mĂ€Ăig gewisse Störungen auch in der TĂ€tigkeit der letzteren.
So finden wir bei vielen edokrinen Erkrankungen auf poly-
glandulÀre LÀsion hinweisende Symptome, die zum Teil von
sekundÀrer Bedeutung sind. Die hier erwÀhnten Symptome
sind wahrscheinlich auf Funktionsstörung der Nebennieren,
vielleicht der GenitaldrĂŒsen zurĂŒckzufĂŒhren. Betreff Glyko-
surie und verminderter Dextrosetoleranz ist fraglich, ob sie
gerade Folgen des Hyperpituitarismus sind. Das mĂŒssen
erst weitere Untersuchen entscheiden. Eigentlich ist es nur
von den KochenverÀnderungen sicher, daà sie unmittelbare
Folgeerscheinungen der gesteigerten TĂ€tigkeit des vorderen
Lappens sind. Man versteht also unter Hyperpituitarismus
in erster Linie den wachstumssteigernden EinfluĂ auf die
Knochen, welche sowohl die LĂ€ngen- wie die Dickenzunahme
betrifft. Dieser Hyperpituitarisums wÀre also die Ursache,
welche nach der Ansicht von Brissaud-Meige vor Ver-
knöcherung der Epiphysenknorpel Gigantismus, spÀter Akro-
megalie hervorruft. J. B a u e r versucht in seinem Buche
diese Ansicht gegen jene, die die Richtigkeit derselben wegen
der im Kindesalter vorkommenden Akromegalie bezweifelten,
zu verteidigen resp. zu modifizieren. Er sagt:
âEs kann auch bei noch nicht abgeschlossenem Wachstum zu
dem allerdings seltenen Bild der âFrĂŒhakromegalie" kommen.
Allein diese Tatsache ist'm. E. nichl geeignet, die Bedeutung der
Hypophyse fĂŒr die Genese des Riesenwuchses zu diskreditieren.
Warum sollte die hypophysÀre HyperOssifikation aus irgend einem
Grunde einmal nicht auch bei offenen Epiphysenfugen periostal
erfolgen? FĂŒhrt doch der Hypogenitalismus auch nicht immer
zum Hochwuchs, sondern ebenso oft zu einem ganz differenten
Bilde, zum âFettwuchs". Was daraus hervorgeht, ist, daĂ Hypo-
genitalismus ebenso wenig wie Hyperpituitarismus die Ursache
sondern daĂ sie bloĂ eine allerdings sehr hochwertige Bedingung
des Gigantismus darstellen. Nach anderen Bedingungen muĂ
gesucht werden, die im Verein mit diesen Funktionsanomalien
der KeimdrĂŒsen und Hypophyse den Riesenwuchs zur Folge
haben."
J. Bauer nimmt also an, daà neben der hypophysÀren
Erkrankung auch noch irgend eine andere endokrine Ver-
Ă€nderung vorhanden ist, die es verursacht, daĂ sich in ein-
zelnen FĂ€llen bei offenen Epiphysenlinien Akromegalie ohne
Gigantismus entwickelt. Als ErklÀrung sagt die Annahme
eines neuen unbekannten Faktors, lediglich um eine Hypo-
these zu retten, nicht viel. Abgesehen davon, daĂ sie in die
Pathologie der Akromegalie eine neue Komplikation bringt,
gibt es nach dieser Auffassung zwei Arten von Akromegalie,
erstens wo die Erkrankung nach SchluĂ der Epiphysenfugen
infolge der gesteigerten TĂ€tigkeit des vorderen Lappens zu-
stande kommt, zweitens, wo bei offenen Epiphysenlinien
neben dem Hyperpituitarismus noch ein unbekannter Faktor
mitspielt.
Auf Grund der obigen zwei Feststellungen jedoch kann
man diese Erscheinungen einfach erklÀren.
Sicher ist, daĂ die gesteigerte TĂ€tigkeit des vorderen
Lappens der Hypophyse, des Hyperpituitarismus, zu einer
HyperOssifikation fĂŒhrt, welche sowohl durch die LĂ€ngen -
zunÀhme, wie durch das periostale Knochenwachstum ver-
ursacht sein kann. Aus der Tatsache, daĂ in einzelnen FĂ€l-
len nur das periostale Knochenwachstum, in anderen nur
das LĂ€ngenwachstum pathologisch gesteigert ist, folgt bloĂ,
wenn wir einfach die Tatsachen registrieren, daĂ der Ein-
fluĂ der Hypophyse auf das Knochen Wachs-
tum aus mehreren einzelnen voneinander
unabhÀngigen Funktionen besteht, die isoliert
eine pathologische Steigerung aufweisen können. Man kann
ĂŒberhaupt nicht von âHyperpituitarismus'" sprechen, wenn
man diesen Begriff aufrechterhalten will, sondern nur von
mehreren Hyperpituitarismen. Die eine Funktion der Hypo-
physe wirkt auf das LĂ€ngen-, die andere auf das periostale
Wachstum. Diese sind voneinander unabhÀngig und können
separat erkranken. Ob sich Riesenwuchs oder Akromegalie
entwickelt, hÀngt davon ab, ob die Funktion des enchon-
dralen oder periostalen Knochenwachstums pathologisch ge-
steigert ist. Das ZusammenschweiĂen dieser zwei Funk-
tionen in eine einzige, deren Steigerung man als Hyper-
pituitarismus bezeichnete, ist willkĂŒrlich und entbehrt jeder
Grundlage. Die Folge hiervon ist, daĂ der Zusammenhang
zwischen Akromegalie und Gigantismus bis jetzt nicht ge-
klĂ€rt ist. Die Pathologie liefert manche Beweise, daĂ
enchondrales und periostales Knochenwachstum voneinander
unabhÀngig sind. Oft kann man periostale Verdickung ohne
gesteigerte LĂ€ngenzunahme sehen. Bei der Chondrodytrophie
ist das LÀngenwachstum höchstgradig geschÀdigt, wÀhrend
die periostale Knochenbildung normal oder manchmal schon
im frĂŒhesten SĂ€uglingsalter gesteigert ist. Von der Ent-
wickelung der Knochenkerne, von der Differenzierung sprach
ich bisher nicht, denn gröĂeres Material bei Hypophysen -
erkrankungen fehlt. Die Erhebungen Stettners bei an-
deren Erkrankungen sind aber auch fĂŒr unsere Frage von
Bedeutung. Nach ihm gehen Alter-LĂ€ngenwachstum und
Differenzierung parallel. Bei verschiedenen Erkrankungen
kann diese Korrelation gestört sein, und es kommt zu einem
MiĂverhĂ€ltnis zwischen LĂ€ngenwachstum und Differenzie-
rung. Das zeigt auch, daĂ man bei der Knochenentwicklung
mehrere Partialfunktionen unterscheiden muĂ.
Es kommt hÀufig vor, daà sich zum Gigantismus spÀter
akromegale Symptome gesellen. Diese Erscheinung stimmt
sehr gut zu dem oben Gesagten. Bei fortschreitender Er-
krankung erleidet auch die Funktion des periostalen"
Knochenwachstums eine LĂ€sion im Sinne einer Steigerung.
Wenn das LĂ€ngenwachstum ĂŒberhaupt beteiligt ist, beginnt
die Krankheit in der Regel mit dessen Steigerung. In der
Literatur fand ich keinen Fall, wo sich nach Beginn der
Akromegalie spÀter Riesenwuchs entwickelte. Ob die ver-
schiedenen Funktionen an dieselben anatomischen Elemente
gebunden sind oder nicht, ist eine weitere Frage, die man
erst nach entsprechenden Untersuchungen entscheiden kann.
Bei dem hypophysÀren Zwergwuchs fÀllt sowohl die enchon-
drale, wie die periostale Wachstumsfunktion aus. Man muĂ
beide annehmen, denn die Knochen sind richtig proportioniert
und haben normale Struktur. Wenn nur die Funktion des
LĂ€ngenwachstums ausfallen wĂŒrde, mĂŒĂte eine abnorme
Verdickung der Knochen zustande kommen. Klinische Be-
obachtungen machen es wahrscheinlich, daĂ die Hypophyse
auch noch andersartige EinflĂŒsse auf das Knochensystem
ausĂŒbt. SchĂŒller hat zwei FĂ€lle einer eigenartigen Er-
krankung beobachtet an 16- und 4-jÀhrigen Kindern, bei
denen runde umschriebene Knochenpartien am SchÀdel Er-
weichung zeigten.
tu. Jahn
Nr. Id.
VVinkler: Pleuritis
an
Daneben waren Seilaerweiterung, Protrusio bulbi, adi-
])osogenitale Symptome und Polyurie vorhanden, so daĂ
wahrscheinlich ist, daà auch die KnoehenverÀnderungen
hypophysÀren Ursprunges waren, Finen dritten, ganz ana-
logen Fall beschrieb in Amerika Christian. Experimen-
tell hat man nachgewiesen, daĂ nac h Exstirpation eines
gröĂeren Teiles des Hypophysenvorderlappens eine Hem-
mung im Knochen wachs tum, vermindertes LĂ€ngenwachs-
tum, Verzögerung der Ossifikation und Dentition und Er-
haltensein der EpiphysenfĂŒgen eriolgt. Die Untersuchung
der erhöhten Funktion der Hypophyse ist aber experimentell
nicht durchfĂŒhrbar. Es ist möglieh, daĂ die Hypophyse noch
andere Wirkungen auf Wachstum und Stoffwechsel der
Knochen ausĂŒbt, die bei einigen pathologischen Knochen-
prozessen eine Rolle spielen, vorlĂ€ufig jedoch fehlen hierfĂŒr
annehmbare Beweise. VorlÀufig ist es nur betreffs des en-
ehondralen und periostalen Knochenwachstums feststellbar.
Z u s a m m e n f a s s u n g. 1
Die klinische Beobachtung zeigt, daĂ sich noch vor
Schlnl! der EpiphysenfĂŒgen einerseits Akromegalie ohne
Steigerung des LÀngenwachstums, andererseits hypophysÀr
bedingter Riesenwuchs ohne akromegale Symptome ent-
wickeln kann. Daraus folgt, daĂ die Einwirkung
des H y p o p h y s e n v o r d e r 1 a p p e n s auf das
K n o c h e n w a c h s t u m in mehrere Kompone n-
ten aufzulösen ist, man muà zwischen
d e m EinfluĂ auf das enchondrale und a u f
das periostale K n o c h e n w a c h s t u m unter-
scheiden und man muĂ annehmen, dali
diese Funktionen voneinander unabhÀngig
sind und isoliert erkranken können. Bei
jenen Erkrankungen der Hypophyse, die mit Steigerung der
periostalen Wachstumsfunktion einhergehen, entwickelt sich
die Akromegalie, bei den Erkrankungen mit Steigerung der
enchondralen Wachstumsfimktion erfolgt Gigantismus; wo
beide Funktionen gesteigert sind, sehen wir die Symptome
von Akromegalie und Gigantismus zusammen; aus Vermin-
derung der beiden Funktionen resultiert der hypophysÀre
Zwergwuchs. Die Annahme von Brissaud und M e r g e,
welcher die klinischen Tatsachen widersprechen, ist auch
noch in der von 1. Bauer modifizierten Form nicht an-
nehmbar. Ob sich Akromegalie oder Gigantismus entwickelt,
hÀngt nicht davon ab, in welchem Alter der pathologische
SProzeĂ beginnt, sondern ausschlieĂlich davon, welche Par-
tialftmktion der Hypophyse erkrankt ist.
Lite r a t u r.
1. L c r i : Lewandowsky: Hdb. d. Neurologie âą Bd. IV. 3 Lite-
ratur .
2. Pcritz: Kraus-Brugsch : Spez. Path. u. Ther. Bd. I (Lite-
ratur).
% .1. Ba uer: Die konslitut ionelle Disposition zur inneren Krank-
heiten, 1921, 2. Aufl.
4. Falta: Die Erkrankungen der BluldrĂŒsen, 1913
In frĂŒheren Jahren war Patient sehr neuraslhenisch und seit
IIa Jahren leidet er an Arytlunie; spÀterhin wurde er magen-
krank, so daĂ der Magen tĂ€glich ausgewaschen werden muĂte.
Seines Herzleidens wegen hat er 1914 eine Badekur durchgemacht.
Im Verlaul des letzten Winters war Patient mehrere Woehen
krank. Die Aerzte deuteten die Krankheit als Paratyphus und
Malaria mit anschlieĂender Grippe.
Die augenblicklichen Beschwerden des Patienten waren:
Schwindel, Schmerzen in den Beinen, Kurzatmigkeit.
Der Untersuchungsbefund war folgender:
Herz: Systolisches GerĂ€usch, bes. ĂŒber Aorta, zweiter
Aortenton akzentuiert und klingend. Blutdruck stark erhöht:
nach Recklinghausen ; diastolisch 110 mm Hg, systolisch
240 mm Hg. Die HerzgröĂe, orthodiagraphisch festgestellt, 17,.r>
cm im Transversaldurchmesser bei 25,3 cm basaler Lungenbreite,
also stark vergröĂert, die Form walzenförmig. Die Aorta
ascendenz im Transversaldurchmesser 8,1 zu 10,4 cm Höhe, also
diffus dilatierl. Der Elektrokardiogrammverlauf zeigt eine
perpetuelle IrregularitÀt, resp. Vorhoftachysystolie. Untersuchung
der ĂŒbrigen Organen auĂer der Lunge ergab eine etwas ver-
gröĂerte Leber. Im Urin Spuren von EiweiĂ.
Fig.
Aus dem Sanatorium GfoetfeL Bad Nauheim.
Ein Fall von Pleuritis mediastinalis exsudativa
posterior.
Von Dr. med. Carl W i n k I e r, Hausarzt des Sanatorium.
Fel)er das klinische Bild der Pleuritis mediastinalis ex-
sudativa posterior finden wir in der deutschen Literatur nur
Ă€uĂerst spĂ€rliche Mitteilungen. Zwischen der Mitteilung von
P e y 1 aus dem Jahre 1884 und der Publikation von Franz
Groedel liegt ein Zwischenraum von 3Ă Jahren. Es er-
scheint daher wohl berechtigt, vorerst interessante Àhnliche
FĂ€lle noch gesondert zu schildern.
Im Juli dieses Jahres kam der 64 jÀhrige Herr A. aus Bu-
karest in unsere Behandlung. Er gab an, stets mĂ€Ăig gelebt und
keine syphilitische Infektion gehabt zu haben. Die Wassermann-
Reaktion war negativ.
Lunge: Die Untersuchung der Lunge zeigte zunÀchst nichts
Besonderes. Bechts hinten unten hörte man etwas Rasseln. Bei
genauer Perkussion lieĂ sich jedoch rechts entlang der Wirbel-
sÀule eine etwa drei fingerbreite DÀmpfung nachweisen, deren
klinische Ursache nicht festgestellt werden konnte. Patient hielt
sich etwas schief, so daĂ durch diese Haltung eine leichte Rechts-
Skoliose vorgetÀuscht wurde. Die Röntgenuntersuchung klÀrte
das klinische Bild. Wir fanden im Orthodiagramm parallel zum
rechten HerzgefĂ€Ăschattenrand einen Schatten, der den Mittel-
schatten 2 â 3 cm ĂŒberragend vom Zwerchfell bis zur Lungen-
spitze hin verlaufend, oberhalb der Umlegungsstelle der Aorta
ascendens einen deutlich pulsierenden FlĂŒssigkeitsspiegel auf-
wies. Die seitliche Begrenzung lief, wie schon oben gesagt, bis
zur Spitze wreiter.
Auf Grund dieses Röntgenbefundes nahmen wir an, daĂ
es sich bei dem Patienten neben der schweren Myokarditis
um eine exsudative Pleuritis mediastinalis posterior handelt,
ganz Ă€hnlich dem von Franz Groedel in den âFort-
218 Mittenzwey: Reiztherapie 40. Jahrg. â Nr. 10.
schritten auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen", Band 28,
Heft I, Seite 142, geschilderten Fall.
Wir nahmen weiter an, daà diese Pleuritis eine sekundÀre
Erkrankung des ĂŒberstandenen Paratyphus darstelle, daĂ die
angebliche Grippe, die diesem gefolgt war, das akute Stadium
dieser Pleuritis gewesen, und daĂ es sich um einen relativ
gutartigen ProzeĂ handle, der wahrscheinlich ohne operati-
ven Eingriff zum Abheilen zu bringen sei.
Unsere Erwartung wurde durch den Erfolg bestÀtigt.
Patient machte eine intensive Kur mit Nauheimer BĂ€dern durch,
wobei gleichzeitig die "WirbelsÀulengegend jeden Tag in vier ver-
schiedenen Feldern mit Quecksilbersalbe behandelt wurde. Um
das Experiment nicht zu stören, wurde von der Verabi'olgung
jeglicher Herzmittel Abstand genommen. Nach vierwöchentlicher
Kur fĂŒhlte sich Patient subjektiv vollkommen geheilt, er konnte
ohne Beschwerden gehen und empfand keineriei Kurzatmigkeit
mehr: Objektiv war abgesehen von dem glÀnzenden Aussehen
des Patienten eine leichte Erniedrigung des Blutdrucks und ge-
ringe Beduktion der Herzmasse nachweisbar. Das systolische
GerĂ€usch ĂŒber der Aorta verschwand, der zweite Aortenton war
noch etwas akzentuiert.
Die neuerdings vorgenommene Röntgenuntersuchung
zeigte, daĂ das Exsudat restlos verschwunden war. Es war
nur noch die Ă€uĂere Begrenzung des flĂ€chenförmigen Schat-
tens als eine feine parallel zum Herz- und GefĂ€Ăschatten ver-
laufende Linie zu erkennen. Die photographischen Auf-
nahmen, die nach der von Franz Groedel in der oben
zitierten Arbeit geschilderten lokalisatorischen Methode auf-
genommen wurden, zeigten, daĂ der Schattenbildner rechts
dicht vor und neben der WirbelsÀule gelagert war.
Die oben gegebene Deutung des Falles und ErklÀrung
seiner Entstehung bedarf keiner weiteren Diskussion. Ohne
Hilfe der Röntgenstrahlen wÀre die Diagnose wohl nicht zu
stellen gewesen. Andererseits wÀre dem Patienten durch
frĂŒhzeitige Anwendung der Röntgenuntersuchung das lange
Krankenlager und die noch lÀngere Rekonvaleszenz erspart
geblieben, denn bei richtiger frĂŒhzeitiger Erkenntnis der
Diagnose hÀtte man wohl eine Punktion des Exsudats vor-
genommen.
SchlieĂlich lehrt aber auch der Fall, daĂ wir durch eine
die Resorption beschleunigende Behandlung auch ohne ope-
rative Eingriffe gelegentlich eine mediastinale exsudative
Pleuritis restlos zur Ausheilung bringen können.
Reiztherapie.
Von Dr. med. Mittenz wey.
Radiumbad Oberschlema i. Erzgeb.
Die Behandlung chronischer KrankheitszustÀnde hat in
den letzten Jahren eine wesentliche Bereicherung erfahren;
von der frĂŒher mehr passiven Rolle, die man dem Orga-
nismus im Kampfe gegen Erkrankungen zuwies, ist man in
letzter Zeit mehr zu einer aktiven ĂŒbergegangen; nicht auf
Schonung der Zelle und Ruhigstellung der Organe kommt es
an, sondern auf vermehrte Arbeit und Leistungssteigerung der
einzelnen sowie der GesamtzelltÀtigkeit. Nicht in der Zufuhr
unsinniger sogen. KrÀftigungsmittel liegt das Heil, sondern in
dem Anreiz der Verdauungszellen, der zur intensiveren Auf-
nahme und besseren Verarbeitung der eingefĂŒhrten NĂ€hrstoffe
fĂŒhrt, und in dem Anreiz der nahrungsbedĂŒrftigen Gewebe
selbst. Chronische KrankheitszustÀnde in ein akuteres Sta-
dium ĂŒberzufĂŒhren, ist die Vorbedingung der Besserung; das
erreicht man durch Steigerung der ReaktionsfÀhigkeit der
einzelnen Zelle, die zu vermehrter allgemeiner Leistungs-
fĂ€higkeit fĂŒhrt; aus dieser Steigerung folgt zugleich eine
Hebung der spezifischen AbwehrmaĂnahmen seitens des Kör-
pers und die Möglichkeit, die ZelltÀtigkeit in normalen Zu-
stand zu bringen. DaĂ die Reizbarkeit eine allgemeine
Eigenschaft des Lebendigen, die Ursache von Leben und Tod
ist, war schon im 18. Jahrhundert bekannt (H a 1 1 e r,
Brown) ebenso, daĂ Gesundheit und Krankheit eins sind,
nur dem Grade, nicht dem Wesen nach verschieden; denn die
Krankheit z. B. Fieber und EntzĂŒndung ist sicherlich eine
z w eck m À à i g e Reaktionserscheinung des Organismus auf
irgendeinen Reiz. Auch war bekannt, daà mit der Höhe des
Reizes die Lebenserscheinungen und die LebenstÀtigkeit zu-
nehmen.
Ausgebaut und vertieft hat diese Lehre V i r c h o w; der
vor' allem den Nachweis der Reizbarkeit der einzelnen Zelle
gewissermaĂen als einer selbstĂ€ndig handelnden Person, ohne
den Zusammenhang mit dem Ganzen zu verlieren, erbrachte.
Nach ihm ist der Reiz das oberste biologische Gesetz, der
eine bestimmte spezifische, d. h. die der Zelle zukommende
TÀtigkeit auslöst, die die Funktion derselben gleichzeitig
auch ihren Ă€uĂeren und inneren Bau bedingt. Die moderne
Reiztherapie besteht in der parenteralen Einverleibung art-
eigenen oder artfremden EiweiĂes; d. h. die Zufuhr erfolgt
nicht durch den Magendarmkanal, sondern entweder durch
Einspritzung in das unter der Haut oder im Muskel liegende
Lymphgewebe oder direkt in die Venen -Blutbahn.
Am besten dazu eignen sich Milch- oder SerumprÀparate.
Es sollen hier nicht die strittigen Fragen der spezifischen
oder nicht spezifischen Wirkungsweise berĂŒhrt werden. Auf
Grund der klinischen Erfabrungen sind die gĂŒnstigen Erfolge
der Vaeeinetherapie bei NervenentzĂŒndungen, der Milchein-
spritzung bei entzĂŒndlichen Augenerkrankungen, der Knorpel -
und MilcheiweiĂprĂ€parate bei chronischen GelenkentzĂŒn-
dungen; diese Mittel bestehen aus organischen Körperbe-
standteilen: dem Blut, Milch, EiweiĂ, abgeschwĂ€chten Bak-
terien oder deren Stoff Wechselprodukten; sie haben im
groĂen ganzen Ă€hnliche Wirkungen, indem sie zunĂ€chst ein
Gift fĂŒr den Körper darstellen, auf das er mit AbwehrmaĂ-
regeln antwortet, was man im allgemeinen als Reaktion be-
zeichnet: vom leichten Unbehagen, Kopfschmerz, Unruhe bis
zum heftigsten SchĂŒttelfrost, Fieber, SchweiĂausbruch usw.;
diese Reaktion stellt eine Kraftleistung des Körpers dar, die
letzten Endes auf eine in jeder Beziehung zweckmĂ€Ăige Um-
stimmung der gesamten ZelltĂ€tigkeit fĂŒhrt, dasselbe was dem
mĂŒden Gaul die Peitsche ist. In typischen FĂ€llen tritt dann
schon wenige Stunden nach Ablauf der Reaktion groĂes
Wohlbehagen, auffallende Besserung des Zustandes,
Schmerzfreiheit vor allem bei chronischen EntzĂŒndungszu-
slÀnden der Gelenke, der Nerven und Haut ein. Neben der
Allgemeinreaktion beobachtet man fast immer eine Herd-
reaktion, d. h. es treten schmerzhafte Empfindungen nicht
nur an den z. Z. kranken, sondern auch an alten frĂŒher er-
krankten, lÀngst vergessenen und anscheinend geheilten
Stellen wieder auf; alte Narben schmerzen wieder, und alte
Fisteln fangen wieder an zu flieĂen, um den Fremdkörper
abzustoĂen.
Neben diesen hochdosierten Mitteln mit ihren drastischen
Wirkungen gelingt es auch, schwÀchere Reaktionen durch
geringere, individuell angepaĂte Dosen zu erzeugen; nicht die
Höhe der Reaktion ist maĂgebend fĂŒr den Erfolg, es genĂŒgt
oft der sog. Schwellenreizwert, d. h. diejenige Menge, die
gerade noch imstande ist, eine Reaktion zu erzeugen und
durch fortgesetzte Steigerung zum Optimum der Wirkung
fĂŒhrt. Neben diesen in der Hauptsache durch Sera bewirkten
Reizen gibt es noch eine groĂe Menge anderer, wie sie mehr
unbewuĂt in der gesamten physikalischen Therapie ange-
wendet werden, z. B. alle klimatischen Reize, Licht, Luft und
Sonne, auch Massage, Gymnastik und die Anwendungen des
Wassers in jeder Form; auch hier liegt die Kunst ihrer An-
wendung in der individuell angepaĂten Erhöhung und
Leistungssteigerung der gesamten ZelltÀtigkeit.
Eine groĂe Rolle spielt in der jĂŒngsten Therapie der
Strahlenreiz, wie er in der Röntgen- und Radiumtherapie uns
entgegentritt: der Erfolg bezw. der MiĂerfolg hĂ€ngt hier ganz
und gar von der "Kunst der Anwendung ab. Man kann mit
demselben Mittel je nach Art, Dauer und StÀrke der
Dosierung eine bösartige Geschwulst erzeugen, eine bereits
vorhandene zu rascherem Wachstum anregen oder auch
zum Stillstand bringen, und unter Schonung des gesunden
umgebenden Gewebes abtöten. Alle diese Erscheinungen
haben eine gewisse Aehnlichkeit mit den seit alters bekannten
Beobachtungen, wie sie der Kurgebrauch vor allem in den
tO. Jahrg. â Nr. 10.
Gralka: Putride Bronchitis
Thermal- und WildhÀdcrn hedingt. Es isi die sogen. BÀder
reaktion, die sich nach den ersten BĂ€dern in einer unange-
nehmen BeeintrÀchtigung des Allgemeinbefindens, einei Ver-
schlimmerung sÀmtlicher Beschwerden, vor allem der Gelenk-
und Nervenschmerzen Ă€uĂert, oft auch zu nervösen Er-
regungszustĂ€nden fĂŒhrt, und als ein gutes Zeichen fĂŒr den
oft erst Monate nach Beendigung der Kur eintretenden guten
Erfolg angesehen wird.
Abgesehen von der Wirkung des Wassers an sich
konnte man die im Wasser enthaltenen Gase, Salze,
Moor usw. zur ErklÀrung heranziehen, nur bei den
WildbÀdern stand man vor einem RÀtsel, das erst auf
Grund der RadioaktivitÀtsforschung in den letzten Jahren
seiner Lösung nÀher gekommen ist. Im Gegensatz zu dem
der philosophischen Mystik geneigten Zeitgeist fordern die
exakten chemisch-physikalischen Forschungen auf dem Ge-
biet der RadioaktivitĂ€t dazu auf, die hier gefundenen SchlĂŒsse
zu ĂŒbertragen auf die durch radioaktive Substanzen auf den
Organismus bedingten biologischen Wirkungen; grundlegend
fĂŒr diese Ueberlegungen sind die jĂŒngsten Forschungen ĂŒber
das Atom. Das Atom ist nicht mehr das kleinste nicht weiter
teilbare Teilchen der Elemente, sondern ein sehr kompliziertes
Gebilde, bestehend aus 'einem zentralen, positiv geladenen
Kern, den mit groĂer Geschwindigkeit die sogen. Elektronen
umkreisen; das sind die kleinsten Einheiten der negativen
ElektrizitÀt. Wir stellen sie uns nicht als Masse im gewöhn-
lichen Sinne des Wortes vor, sondern als Zentren, in denen
elektrische KrĂ€fte zusammenflieĂen. Die Anzahl der Elek-
tronen bestimmt das Atomgewicht; z. B. beim Wasserstoff 1,
bei Uran 238. Die beiderseitigen positiven und negativen
LadungsgröĂen sind selbstverstĂ€ndlich gleich, wodurch die
StabilitÀt des Atoms gewahrt ist; daà die beiden elektrischen
Ladungen sich nicht innerhalb des Aotms ausgleichen, daĂ
die Elektronen nicht in den Kern stĂŒrzen, liegt an der Flieh-
kraft der Bewegungsgeschwindigkeit der Elektronen; das
Newton'sche Gesetz fĂŒr Sonne und Planeten im Mokro-
kosmos gut auch fĂŒr Zentralkern und Elektronen im Mikro-
kosmos.
Radioaktive Stoffe sind in Umwandlung begriffene Stoffe,
sie befinden sich in dauerndem, durch nichts beeinfluĂbaren
Zerfall; darin liegt die Quelle ihrer Energie, bei der Umwand-
lung eines radioaktiven Elementes entsteht ein solches, dessen
Atome einen geringeren Energiegehalt haben. Darin erkennen
wir das Bestreben der Natur, die groĂen GegensĂ€tze auszu-
gleichen. Vor Urzeiten sind ganz andere, viel gewaltigere
NaturkrÀfte am Werke gewesen, als die Materie sich bildete
und ganze Weltkörper untergingen oder sich formten. Die
radioaktiven Stoffe mögen aus jener Zeit stammen, als die
Erde in feuerflĂŒssigem Zustande sich befand, und die Materie
ganz allgemein eine höhere Spannung und Dichte besaĂ;
unter den jetzigen physikalischen VerhÀltnissen können
Atome ĂŒber ein bestimmtes Atomgewicht hinaus nicht be-
stehen, sondern sind dem dauernden Zerfall und Untergang
ĂŒberliefert.
Nicht nur das Radium, sondern auch seine Ahnen und
Abkömmlinge. vom Uran bis wahrscheinlich zum Blei bauen
dauernd ab. Die Lebensdauer der einzelnen .Elemente ist
sehr verschieden, von Jahrmilliarden bis zu Sekunden. Die
GröĂe der beim Atomzerfall freiwerdenden Energie steht im
Umgekehrten VerhÀltnisse zu seiner Lebensdauer. Sind die
beiden AtomgröĂen positive Kernladung und negative Elek-
tronen ausgeglichen, so wird das Atom im Dauerzustand ver-
harren; sind sie es nicht, z. B. bezgl. der Anzahl der EJek-
tronen oder ihrer Geschwindigkeit, so wird eine Explosion
des Atoms die Folge sein, die Elektronen werden frei, der
Kern zerfÀllt unter Aussendung einer charakteristischen
Strahlung, und der zurĂŒckbleibende Restkern wird zum Kern
eines neuen leichteren Elementes.
Bei diesem Vorgange werden die an sich neutralen, den
elektrischen Strom nicht leitenden LuftmolekĂŒle getroffen
und geladen, wodurch sie zu Ionen, d. h. Wanderern werden,
und dadurch fÀhig werden, einen in ihren Bereich (Ioni-
sationsfeld) gebrachten elektrisch geladenen Körper (Elcktro-
skop) zu entladen, worauf das Prinzip der Strahlenmessung
beruht. Diese atomistischen VorgÀnge in der Luft lassen sich
vergleichen mit den molekularen VorgÀngen in Salzlösungen,
wobei die SalzmolekĂŒle in ihren SĂ€ure- und Basisteil aus-
einanderfallen und nicht mehr als Atome, sondern :ds Ionen
weiter existieren; oder mit elektrolytischen VorgÀngen, wobei
gleiche ElektrizitÀtsmengen mit gleichen Mengen der ausge-
schiedenen Materie wandern.
Letzten Endes sind auch die biologischen Wirkungen der
RadioaktivitĂ€t auf elektrolylische VorgĂ€nge zurĂŒckzufĂŒhren,
wobei der Körper den flĂŒssigen Leiter, den Elektrolyt, ver-
tritt; sie werden ausgelöst durch den Heiz der beim Atom-
zerfall freiwerdenden Energie; ganz gleich, ob sie in Form
der Bade-, Trink- oder Inhalierkur dem Körper zugefĂŒhrt
wird.
Die Beobachtungen im hiesigen Radiuinbad beweisen
auch die proportionale AbhÀngigkeit des Zellenreizes, d. b.
die BÀderreaktion und die damit zusammenhÀngende Beein-
flussung des Organismus von der Höhe der einverleibten
Emanationsmenge. Zwei von vornherein durchaus gegen-
sÀtzliche Richtungen in der Heilbestrebung, die rein wissen-
schaftliche Serologie einerseits, die uralte praktische Balneo-
logie andererseits laufen auf dasselbe Prinzip hinaus, nÀm-
lich den Körperzelleh"' einen Reiz zuzufĂŒhren, der durch
Leistungssteigerung der einzelnen Zelle eine Umstimmung des
Gesamtorganismus zur Folge hat.
Aus der UniversitÀts-Kinderklinik zu Breslau.
(Direktor: Professor Dr. S t o 1 1 e.)
Ueber die Heilung eines Falles von putrider
Bronchitis mit Neosalvarsan.
Mit 3 Röntgenbildern.
Von Dr. R i c h a r d G r a 1 k a, Assistenten der Klinik.
Schon mehrfach wurde in der Literatur ĂŒber die Heilung
von LungengangrÀn, Bronchiektasen und fötiden Bronchi-
tiden durch Neosalvarsan berichtet. Wenn dieses Mittel auch,
wie u. a. Alsberg1) schreibt, nicht mit absoluter GewiĂ-
heit den Erfolg verbĂŒrgt und mitunter sogar dort versagt, wo
man als Krankheitserreger in der Hauptsache Spirillen
findet, so ist seine Anwendung doch in den FĂ€llen, in denen
die sonst ĂŒblichen Behandlungsmethoden nicht zum Ziele
fĂŒhren, zu empfehlen, wie auch wieder nachstehender von
uns beobachteter Krankheitsfall beweist:
M. D., 8 Jahre alt, stammt aus gesunder Familie, hatte mit
3 Jahren Masern, mit 5 Jahren Keuchhusten. November-Dezember
1920 Lungen- und RippenfellentzĂŒndung. Seitdem dauernd matt,
verdrieĂlich. Nimmt stĂ€ndig an Gewicht ab. Vom 11. II. bis
11. V. 21 in einer LungenheilstÀtte, wo aber nie Tuberkel-
bazillen im Sputum gefunden wurden. Seit Juni 1921 wieder stÀr-
kerer Husten. Gelegentlich einer spezialÀrztlichen Untersuchung
damals âziemlich ausgedehnte Erkrankung der rechten Lunge"
festgestellt. Da hydrotherapeutische MaĂnahmen, Schmierseifen-
kur, Codein, Expektorantien und Lebertran ohne Erfolg waren,
am 18. VII. 21. intraglutÀale Injektion von 0,5 cem Pferdeserum.
2 Tage darauf Fieberanstieg auf 39°. Kind ist seitdem dauernd
fieberhaft, hustet viel und hat reichlichen, ĂŒbelriechenden Aus-
wurf, in dem aber keine Tuberkelbazillen gefunden wurden.
Wegen Verdachts auf Abszedierung der Lunge Ueberweisung in
die Klinik.
Aufnahme am 4. VIII. 21. Gewicht 18,5 kg. Blasses, sehr
abgemagertes Kind, halonierte Augen. WĂ€hrend der Unter-
suchung dauernder Hustenreiz. Atemluft aashaft stinkend.
Trockene welke Haut. Kleine harte DrĂŒschen am Halse und in
den Inguinalgegenden. Schmaler Thorax mit spitzem epigastri-
schen Winkel. HerzdÀmpfung' in normalen Grenzen. Lautes
systolisches GerĂ€usch ĂŒber allen Ostien, in unverminderter
StÀrke bis zur linken Clavicula hinauf hörbar. Akzentuation des
2. Pulmonaltones.
') Alsberg: D. m. Ws, 46, 717. 1920.
220
Gralka: Putride Bronchitis
40. Jahrg. â Nr. lu.
Klopfschall ĂŒber den seitlichen und hinteren Partien der
rechten Lunge gedÀmpft. AtemgerÀusch dort bronchial, wechselt
dauernd in der StÀrke, daneben grobe bronchitische GerÀusche,
Knacken, feuchtes mittelblasiges, zeitweise auch etwas groĂ-
blasiges Rasseln. Keine Kavernensymptome. Linke Lunge frei.
Den Röntgenbefund zeigt nachstehendes Rild.
Röntgenbild 1
Abdomen normal konfiguriert. Keine erhebliche Milz- und
Leberschwellung.
Urin: o. B. Sinnesorgane, Nervensystem o. B. Probepunktion
der rechten Pleurahöhle ergibt kein Exsudat. Man hat das Ge-
fĂŒhl, mit der Nadel in derbem Gewebe zu stecken.
Temperatur steigt in der Folgezeit abends bis 40 ".
Der Auswurf in den nÀchsten Tagen ist ziemlich reichlich
('Aâ% Wasserglas in 24 Stunden), sehr ĂŒbelriechend, besteht
mikroskopisch fast nur aus Bakterien verschie-
denster Art, unter denen sich influenzaverdÀchtige
StÀbchen, massenhaft Spirillen und fusiforme Ba-
zillen, aber auch bei wiederholter Untersuchung
nie Tuberkelbazillen finden. In den angelegten
Kulturen wachsen keine Influenzabazillen.
Verabfolgung von Jodkali, Inhalationen mit
Kiefernadelöl, Ipecacuanhainfus, Oleum santali be-
einflussen weder Menge noch Geruch des Aus-
wurfs. _____
Das Bronchialatmen ĂŒber der rechten Lunge
bleibt konstant, die RasselgerÀusche wechseln an
Zahl, IntensitÀt und Charakter.
Körpergewicht sinkt bis auf 17,8 kg.
Bei unseren differentialdiagnostischen Er-
wÀgungen schalteten wir einen tuberkulösen
LungenprozeĂ aus, weil in diesem Falle der
ĂŒble Geruch des Auswurfs auf eine ausge-
dehnte Zerstörung des Lungengewebes hÀtte
bezogen werden mĂŒssen, die ihrerseits wieder
zu einem positiven Tuberkelbazillenbefund im
Sputum gefĂŒhrt hĂ€tte. Wir nahmen an, daĂ
es sich um ausgedehnte Bronehiektasenbildung
mit Beteiligung des benachbarten Lungenge-
webes handele. PrimÀr mag wohl eine In-,
fluenzainfektion vorgelegen haben, zu der spÀ-
ter eine Mischinfektion mit Spirillen hinzu-
getreten ist.
Nachdem alle Behandlungsmethoden keinen Erfolg ge-
zeitigt hatten, erhielt das Kind am 17. VIII. 21. 0,15 g Neo-
salvarsan intravenös.
In unmittelbarem AnschluĂ an diese Injektion sinkt die
Temperatur. Die abendlichen Fieberanstiege erreichen nur
die Höhe von 38 °. Der Appetit bessert sich, das Körper-
gewicht steigt in der folgenden Woche auf 19 kg (=: 1.2 kg
Gewichtszunahme).
Drei Tage nach der Injektion wird nur noch auf ein-
dringliches Ermahnen etwas eitrig-schleimiges Sputum her-
vorgebracht, in welchem sich nur wenige Bakterien und
unter diesen erst bei lÀngerem Suchen verein -
zeit Spirillen finden. Der Hustenreiz hat we-
sentlich nachgelassen.
8 Tage nach der Verabfolgung des Salvar-
sans hat sich der fötide Geruch der Atemluft
wesentlich gebessert, ist bei normaler Atmung
kaum noch wahrzunehmen, bei kĂŒnstlich pro-
vozierten! Husten macht er sich noch, aber be-
deutend weniger als frĂŒher, geltend. Der per-
kutorische Befund ĂŒber der rechten Lunge hat
sich nicht verÀndert, auskultatorisch sind die
RasselgerÀusche verschwunden, das Bronchial -
atmen besteht noch. Auch der röntgenolo-
gische Lungenbefund ist unverÀndert.
12 Tage nach der Salvarsan-Injeklion
machte sich wieder etwas stÀrkerer Foetor ex
ore geltend, auch hustete das Kind etwa 10 cciti
eitriges Sputum aus, das bei der mikroskopi-
schen Untersuchung wieder mehr Bakterien,
namentlich auch Spirillen in gröĂerer Zahl
enthielt. Das Allgemeinbefinden war dabei
aber gut, das Körpergewicht stieg weiter an.
Da der ĂŒble Geruch der Atemluft in den
nÀchsten Tagen anhielt, wurde am 1. IX. 1921
nochmals 0,15 g Neosalvarsan intravenös ge-
geben und dann das Kind auf DrÀngen der
Eltern in poliklinische Behandlung entlassen.
Die Gewichtszunahme in den letzten 14 Tagen betrug 1,5 kg.
Hautturgor und Hautfarbe hatten sich wesentlich gebessert,
die Stimmung des Kindes war gut.
Am 10. IX. 21 wird das Kind in der Poliklinik vorge-
stellt. Husten und Auswurf haben sich fast völlig verloren,
es besteht kein ĂŒbler Geruch der Atemluft mehr, auch nicht
nach kĂŒnstlich provozierten! Husten. Das AtemgerĂ€usch
Röntgenbild 2
ĂŒber der rechten Lunge ist nicht mehr so scharf als frĂŒher.
RasselgerÀusche sind nicht zu hören.
Um einen RĂŒckfall, wie er nach der ersten Salvarsaninjek-
tion nach anfĂ€nglicher Besserung aufgetreten ist, zu verhĂŒten,
wird trotz des guten Befindens nochmals Neosalvarsan, und
/.war diesmal in Menge von 0,3 g intravenös verabfolgt.
10. Jahrg. â Nr. 10.
Blank: Gallensteine
221
Ein am 15. IX. 21 unter den gleichen technischen Br
dingungen wie das frĂŒhere angefertigte Röntgenbild /«'igt
eine Aufhellung ĂŒber dem gröĂten Teil der vorher verschat-
teten Partien der rechten Lunge (Röntgenbild 2).
Bei den in den nÀchsten 3 Monaten wöchentlich einmal
erfolgenden poliklinischen Vorstellungen zeigt sieb eine
dauernd fortschreitende Besserung. Fieber besteht nicht
mehr. Husten und Auswurf sind seit dem 17. IX. 21 völlig
verschwunden und nicht wieder aufgetreten. Die Atemluft
ist geruchlos. Die DĂ€mpfung ĂŒber der rechten Lunge ist
allmĂ€hlich fast völlig zurĂŒckgegangen, das AtemgerĂ€usch nur
noch ĂŒber einem ungefĂ€hr 5 MarkstĂŒck groĂen paravertebi al
gelegenen Bezirk ĂŒber dem rechten Unterlappen verschĂ€rft
und etwas abgeschwÀcht. An derselben Stelle hört man auch
vom 1. X. 21 ab wieder konstant bald mehr, bald weniger
ausgesprochenes feinblasiges Rasseln
Ein am 12. XII. 21
Röntgenbild zeigt eine weitere Aufhellung des rechten
Lungenfeldes.
Das Körpergewicht des Kindes ist inzwischen auf 22 kg
gestiegen. Die Gesichtsfarbe ist frisch. Das Kind besucht
bereits seit 2 Monaten die Schule wieder und fĂŒhlt sich durch
den klinisch zu erhebenden Lungenbefund in keiner "Weise
beeintrÀchtigt.
zur Kontrolle aufgenommenes
Röntgenbild 3
Fassen wir die an Hand dieses Falles gemachten Er-
fahrungen noch einmal kurz zusammen, so ergibt sich, daĂ
wir durch die Salvarsanbehandlung eine auf der Basis von
Bronchiektasen entstandene putride Bronchitis, die allen
sonstigen Behandlungsmethoden trotzte, zur Ausheilung ge-
bracht haben. Die einmalige intravenöse Verabfolgung von
0,15 g Neosalvarsan reichte nur zu einer vorĂŒbergehenden
Besserung aus, zur völligen Ausheilung waren noch zwei
weitere intravenöse Salvarsanin jektionen erforderlich. Die
nach der Salvarsanbehandlung einsetzende, rasch fort-
schreitende Genesung beruht zum Teil sicher darauf, daĂ
das Salvarsan die Spirillen, die hier nicht als harmlose
Sapprophyten angesehen werden können, sondern als patho-
gene Keime, die einen Teil der AbwehrkrÀfte des Organismus
auf sich lenkten, abtötete, und so indirekt die Resistenz-
fÀhigkeit des Organismus erhöhte, der nun auch die pri-
mÀre, wahrscheinlich auf Influenzabazillen beruhende In-
fektion leichter ĂŒberwinden konnte. Die an zirkumskripte]
Stelle hörbaren feinblasigen RasselgerÀusche sind wohl auf
Bronchiolektasien zu beziehen, jedoch gibt das gute Allge-
meinbefinden des Kindes keinen AnlaĂ zu weiteren thera-
peutischen MaĂnahmen.
Die medikamentöse Behandlung der
Gallensteine.
Von Dr. med. Walter Blank, Berlin.
Die medikamentöse Behandlung der Cholelithiasis bat
neben der physikalischen und diÀtischen Therapie stets eine
etwas stiefmĂŒtterliche Bolle gespielt. Vielleicht mit Recht,
denn das Ziel einer jeden Therapie, so aucli in unserem
Falle, das Ziel einer medikamentösen Therapie der Gallen-
steine, eine Heilung der Krankheit zu erzielen, ist bisher nur
unvollkommen erreicht worden. Macben wir uns einmal
klar, was wir ĂŒberhaupt, d. h. im gĂŒnstigsten Falle mit der
medikamentösen Behandlung erreichen können. Das Medi-
kament allein wĂŒrde allen Anforderungen genĂŒgen, das im-
stande wÀre, die Cholelithiasis in das Stadium dauernder
Latenz zu fĂŒhren. Eine völlige Beseitigung der Steine ist auf
internem Wege nicht erreichbar. Nach welcher Richtung hin
mĂŒĂte nun ein Medikament wirksam sein, um diesen An-
forderungen zu entsprechen. FĂŒr die , Beantwortung dieser
Frage ist es zunÀchst wdchtig, sich die Ursachen, -durch die
die Cholelithiasis (bezw. Cholezystitis) entsteht oder ent-
stehen kann, kurz klar zu machen. Die alte N a u n y n sehe
Ansicht besteht auch heute noch zu Recht, daĂ es zur Bil-
dung von Gallensteinen sowohl der Gallenstau-
ung als auch der bakteriellen Infektion bedarf.
Etwas weiter gehen A s c h o f f und Bak-
meister, die die Infektion nicht fĂŒr unum-
gÀnglich notwendig zur Steinbildung halten,
sondern auch eine Ausscheidung des Choleste-
rins durch autochtone Zersetzung der Galle
und der in ihr enthaltenen protoplasmatischen
Elemente fĂŒr möglich erachten. Zahlreiche
Untersuchungen haben aber gezeigt, daĂ durch
die Anwesenheit von Bakterien in den Gallen -
wegen die AusfÀllung des Cholesterins aus der
Galle befördert und beschleunigt wird. So ge-
lang es u. a. Kramer, der sich eingehend mit
der Rolle der Bakterien fĂŒr die Entstehung der
Cholelithiasis befaĂte, durch Einimpfung von
Typhus- und Kolibazillen in Gallebouillon-
röhrchen das Cholesterin zum Ausfall zu brin-
gen. Hiermit in Uebereinstimmung steht auch,
daĂ in aufgeschnittenen Gallensteinen oft Ba-
zillen (besonders Typhusbazillen) nachgewie-
sen sind. Aus alledem geht hervor, daĂ die
Bildung von Gallensteinen durch die Anwesen-
heit von Bakterien zum mindesten gefördert wird.
Die medikamentöse Behandlung wĂŒrde
also imstande sein, die Cholelithiasis in
das Stadium dauernder Latenz zu fĂŒhren,
wenn sie die Gallenstauung beseitigen und die In-
fektion zum Erlöschen bringen könnte. Die in reichlicher
Anzahl auf den Markt gebrachten Mittel wollen dieses Ziel
auf verschiedene Weise erreichen. Wir können sie in ihrer
Wirkungsweise am besten beurteilen, wenn wir uns klar-
machen, welche Wirkung wir mit dem Mittel jeweils er-
zielen wollen.
1. Cholaloge Wirkung.
2. Purgierende Wirkung.
3. Sterilisierende Wirkung.
4. Steinauflösende Wirkung.
5. Oel.
0. Mischwirkung.
1) Sogenannte Cholagoga, d. h. Mittel, die im Tierexperi-
ment die Gallensekretion erhöhen und durch Beseitigung der
Stauung die Cholelithiasis zur Latenz bringen sollen, gibt es
genug, doch ihre Wirkung muà versagen, denn die verstÀrkte
Sekretion der Leberzellen allein ist ohne groĂen Nutzen, wenn
der Abfluà der Galle in den Darm nicht gleichzeitig gewÀhl
leistet ist. Im Gegenteil, es muĂ bei vermehrter Gallen-
sekretion in den Gallenwegen die Stauung eine gröĂere wer-
282 Blank: Gallensteine 40. Jahrg. â Nr. 10.
den, wenn der Gallenabfluà nicht erfolgt. TatsÀchlich be-
obachtet man im Tierexperiment, wo eine Choledochus- oder
Blasenfistel angelegt ist, eine vermehrte Sekretion. Im nor-
malen Zustande aber verhindert den GallenabfluĂ der
sphincter ductus cholodochi und ein Cholagogum mĂŒĂte also
die Kraft haben, diesen Muskel zur Erschlaffung zu bringen,
um die sezernierte Galle in den Darm gelangen zu lassen.
Der sphincter ductus cholodochi stellt nun, wie wir durch
Henri ckso n wissen, einen krÀftigen Muskelapparat dar,
dessen Kraft von O g g i auf 700 mm Wasser bestimmt ist.
Dieser Muskel ist also bedeutend krÀftiger, als daà er durch
Steigerung der Sekretion zur Erschlaffung gebracht werden
könnte, denn der normale Sekretionsdruck geht nicht ĂŒber
300 mm Wasser hinaus. Wird er gröĂer, so sezernieren die
Leberzellen nicht mehr in die GallengÀnge, sondern die Galle
wird durch die LymphgefĂ€Ăe, die die Leberzellen um-
schlieĂen, aufgesogen und dem ductus thoracicus zugefĂŒhrt.
Aus diesem Grunde sind die Untersuchungen von Heinz,
der nach Gaben von Pfefferminzöl Steigerung der Leber-
zellensekretion, VergröĂerung der Gallenblase und dĂŒnn-
flĂŒssigen Inhalt derselben bei freien Gallenwegen fand, ohne
praktischen Wert fĂŒr die Behandlung der Cholelithiasis, da
er seine Versuche an Tieren mit Gallenblasenfisteln machte
und dem AbfluĂ der mehr sezernierten Galle keine Bedeutung
beilegte. Demnach ist also ein Cholagogum allein nicht im-
stande, eine Latenz der Cholelithiasis herbeizufĂŒhren, da es
nicht gelingt, den AbfluĂ der Galle in den Darm zu be-
fördern, also die Stauung nicht beseitigt wird, die wichtige
Aetiologie der Infektion in der Behandlung ganz auĂeracht
lĂ€Ăt. Jedoch ist der Wert der Cholagoga als Hilfsmittel bei
der diÀtetischen Behandlung als nicht gering zu erachten, denn
wie bekannt, flieĂt die in der Gallenblase angesammelte
Galle nur wÀhrend der Verdauung reichlicher gemischter
Nahrung in den Darm. Auf dieser Grundlage baut sich die
ĂŒberlegene Wirkungsweise der diĂ€tetischen Behandlung der
Gallensteine gegenĂŒber der medikamentösen auf.
2) In der zweiten Gruppe ist das wirksame Prinzip in Form
von AbfĂŒhrmitteln enthalten. Die Regelung der StuhltĂ€tig-
keit gehört zu den Hauptaufgaben bei der Behandlung der
Gallensteine. Wenn der Unterleib von Kotansammlungen
befreit ist, ĂŒberhaupt die Peristaltik eine regere wird, so wird
schon rein mechanisch der GallenabfluĂ erleichtert. Sicher
ist die in der GraviditÀt, besonders in den ersten Monaten
bestehende Obstipation eine Hauptursache, warum besonders
Frauen, die hÀufig geboren hallen, an Cholelithiasis er-
kranken, worauf auch Ruth P 1 ö g e r hingewiesen hat. Sie
nimmt sogar die Möglichkeit einer mit der mangelhaften
Peristaltik Hand in Hand gehenden MotilitÀtsstörung der
Gallenblasenmuskulatur an, was bisher allerdings nicht er-
wiesen ist. Jedenfalls ist aber die Obstipation eine der
Hauptursachen fĂŒr die Entstehung einer Stauung in dem
Gallensystem, und diese Feststellung allein schon recht-
fertigt das Geben von AbfĂŒhrmitteln bei Cholelithiasis.
Auf diese Wirkungsweise beruht das Glas ersehe
Chologen, in welchem Podophyllin und Kalomel enthalten
ist. Auch das Karlsbader Salz besitzt zum gröĂten Teil ab-
fĂŒhrende Wirkung und die Erfolge dieses Mittels beruhen
nicht zum wenigsten auf dieser Tatsache. Wie wir also ge-
sehen haben, ist das Geben von AbfĂŒhrmitteln berechtigt,
jedoch auch diese vermögen nicht allein die Cholelithiasis in
das Stadium dauernder Latenz zu fĂŒhren, denn die AbfĂŒhr-
mittel gewÀhrleisten den Gallenabfluà in den Darm nicht
und haben keinerlei EinfluĂ auf eine Infektion im Gallen-
system.
3) Als zweites Moment fĂŒr das Entstehen von Gallen-
steinen haben wir das Hinzutreten von Bakterien genannt und
bei der Behandlung der Cholelithiasis ist es wichtig zu
wissen, ob wir die Mittel in der Hand haben, eine Sterilisation
der Gallenwege zu erzielen und ob eine Sterilisation eine ein-
mal entstandene Cholelithiasis heilen könnte. Es ist schon
anerkanntermaĂen schwer, eine Sterilisation einer Haupt-
partie, die wir örtlich angreifen können. e\akt durchzu-
fĂŒhren. Wieviel schwerer aber muĂ es sein, die Gallenwege
durch per os gegebene Medikamente zu sterilisieren. Nach
meiner Ansicht ist dieses eine Unmöglichkeit und die anti-
phlogistischen Mittel, die dieses Ziel erreichen wollen, be-
werkstelligen im besten Falle eine Abnahme der Virulenz der
Bakterien, indem sie deren Lebensbedingungen verschlech-
tern. Eine Sterilisation aber erreichen sie nie. Aber selbst
wenn eine solche Sterilisation möglich wĂ€re, so wĂŒrde der
erreichte Erfolg noch nicht eine dauernde Latenz der Chole-
lithiasis herbeifĂŒhren, denn das Hauptmoment fĂŒr die Ent-
stehung der Gallensteine, die Stauung, wird durch eine evtl.
Wirkung dieses Mittels nicht berĂŒhrt. Der SalizylsĂ€ure wird
eine antiphlogistische Wirkung nachgesagt, ebenso dem Jod
und Quecksilber. Als UnterstĂŒtzungsmittel bei andern Medi-
kamenten können Antiphlogistica vielleicht in Betracht
kommen, allein sind sie jedenfalls nicht imstande, eine
Latenz zu bewirken.
4) Ganz versagt haben bisher die Versuche, ein Medikament
zu finden, das imstande wÀre, die Gallensteine zu verkleinern
oder sogar aufzulösen. FĂŒr die Frage der Auflösung der
Steine in den Gallenwegen ist die Alkaleszenz der Galle von
groĂer Bedeutung. Wie wir wissen, bedingt eine gesteigerte
Alkaleszenz eine Erhöhung des Lösungsvermögens fĂŒr
Gallensteine. Leider sind bisher alle Versuche, eine solche
gesteigerte Alkaleszenz zu erzielen, fehlgeschlagen. Ein
Nachweis fĂŒr steinauflösende Wirkung ist auch bei keinem
Mittel erbracht. Selbst das Olivenöl, auf das man in frĂŒherer
Zeit groĂe Hoffnungen in dieser Beziehung gesetzt hat, kann
natĂŒrlich nicht als steinauflösend betrachtet werden. Gleich-
wohl ist aber dem Olivenöl ein gewisser Einfluà auf die
Cholelithiasis nicht abzusprechen, jedoch ist die Wirkungs-
weise bisher unklar geblieben. â 5) Nach unserer heutigen
Auffassung hat die cholagoge Wirkung des Oels in bezug auf
die Anregung der Lymphzellen zur erhöhten Sekretion heute
kaum noch AnhÀnger, jedoch ist die purgierende Wirkung,
wie wir auch aus der Behandlung der Obstipation als solcher
wissen, unbestritten. Nach meiner Ansicht ist das Olivenöl
weiter nichts als ein gutes stuhlregulierendes Mittel, und
seine Erfolge bei der Behandlung der Cholelithiasis sind in
dieser Hinsicht zu l>e\verten. Aus dem bei den AbfĂŒhr-
mitteln Gesagten geht aber hervor, daĂ ein AbfĂŒhrmittel
allein wohl ein wertvolles UnterstĂŒtzungsmittel sonstiger
therapeutischer MaĂnahmen sein kann, nie aber eine
dauernde Latenz der Cholelithiasis bewirken kann. Aus
diesem Grunde ist sowohl das Olivenöl, wie dessen Ersatz-
mittel,, die wegen des schlechter Geschmackes in den Handel
gebracht sind (Lipanin, Eunatrol und Cholelysin) als alleini-
ges Medikament fĂŒr die Behandlung der Gallensteine ab-
zulehnen.
6) Wir haben oben zu erklÀren versucht, daà die Einzel-
wirkungen, die die Medikamente zu erzielen suchen, in allen
Gruppen gesondert betrachtet, nicht imstande sind, die
Cholelithiasis zur Heilung zu bringen und das Entstehen
neuer Steinbildung zu verhindern. Es gibt nun eine reich-
liche Anzahl Medikamente, die eine Mischwirkung erstreben,
d. h. die sowohl cholagoge, purgierende als auch anti-
phlogistische Wirkung erstreben und damit ursÀchlich die
SchÀdigungen im Gallensystem, rein theoretisch betrachtet,
beseitigen mĂŒĂten. Sie re^en die Leberzellen zu vergröĂerter
Sekretion an, sie verhindern durch abfĂŒhrende Wirkung die-
Stauung und wollen die EntzĂŒndung beseitigen. Die Erfolge
solcher Medikamente mĂŒssen ÂŁes?enĂŒber den in den bisherigen
Gruppen behandelten Mitteln gröĂer sein, ja. wenn alle er-
wĂŒnschten Wirkungen uneingeschrĂ€nkt zur Wirkung kom-
men, sogar ideal. NatĂŒrlich darf die diĂ€tetische Therapie,
als deren UnterstĂŒtzungsmittel wir die medikamentöse Be-
handlung immer nur ansehen möchten, nicht auĂeracht ge-
lassen werden. Unter Beobachtung der diĂ€tetischen MaĂ-
nahmen habe ich nun ein solches Medikament mit Misch-
wirkung an einer Anzahl von Patienten ausprobiert. Es ist
das von der Firma Fauth & Co.. Mannheim, in den Handel
gebrachte L i o p h l a 1. das als Cholagogum die CholsÀure an
Natrium gebunden, als Laxans Phenolphtalein, als Antiphlo
10. Jahrg. â Nr. 10.
Blank: Gallensteine
gisticum SalizylsÀure an Lithium gebunden und das Oel in
Form von OelsÀure an Natrium gebunden enthÀlt.
Ich lasse im folgenden einige stark gekĂŒrzte Kranken-
geschichten folgen.
Fall I. Ernst W., 42 Jahre, StraĂenbahnschaffner. FrĂŒher
nie krank gewesen, seil 1t Tagen tÀglich auftretende KrÀmpfe
in der rechten Seile, Vi Stunde anhaltend, Stuhl hart, Appetit
schlecht, seil 10 Tagen gelbes Aussehen.
I. 7. Ikterisch aussehender Mann, Herz und Lunge frei, Ab-
domen zeigt stark vergröĂerte Gallenblase, auf Druck sehr
schmerzhaft, Dorsaler Druckpunkt negativ, Zentralnervensystem
frei. Zweimal tĂ€glich 3 Liophlaldragees, zweistĂŒndlich reich-
liche Nahrungsaufnahme, F'ellzufuhr beschrÀnkt.
II. 7. Seit 8 Tagen anfallsfrei, Stuhl regelmĂ€Ăig. Ikterus
besteht noch.
17. 7. Ikterus verschwunden, keine Schmerzen mehr, Gallen-
blase nicht mehr fĂŒhlbar, Gallenblasengegend nicht druck-
empfindlich. Karlsbader Salz.
12. 9. Keinen Schmerzanfall mehr gehabt.
Fall II. Fritz Th., 30 Jahre, Buchhalter. Seil 1 Jahr in Ab-
stĂ€nden von 1 â 2 Monaten GallensteinanfĂ€lle, stets 3 â 4 Tage an-
haltend, letzter Anfall vor 0 Wochen.
1. 8. Geringer Ikterus, Herz, Lunge frei. Abdomen: Gallen-
blase druckempfindlich und vergröĂert. Dorsaler Druckpunkt
nicht prĂŒfbar wegen Operationsnarbe. Liophtal, DiĂ€t.
12. 8. Gestern ganz geringe Beschwerden. Der Anfall ,ist
angeblich dieses Mal nicht so zum Ausbruch gekommen.
15. 8. Gestern starken Anfall gehabt, Gallenblase druck-
empfindlich. Karlsbader Salz.
21. 8. Vollkommenes Wohlbefinden. Gallenblase frei.
10. 10. Keinen Anfall mehr gehabt. Gallengegend frei.
Fall III. Emil J., 42 Jahre, Beamter. Seit G Jahren jedes
Jahr 3â4 mal Gallensteinkoliken, 14 Tage anhaltend. Seit acht
Tagen erneute AnfĂ€lle, von der rechten Bauchseite zum BĂŒcken
anstrebend.
5. 8. Geringer Ikterus beider Skleren, Herz, Lunge frei,
Leber bis 2 Querfinger breit unter den Bippenbogen vergröĂert.
Gallenblase palpabel, prall-elastisch und stark druckempfindlich.
Dorsaler Druckpunkt rechts stark positiv.
18. 8. Keine Beschwerden.
24. 8. WĂŒhlen im Leib, jedoch keinen Anfall.
29. 8. Befinden gut. Karlsbader Salz.
25. 9. Starker Anfall, jedoch nicht so schneidend wie sonst.
Leber immer noch stark vergröĂert. Gallenblase druck-
empfindlich.
27. 10. Fat. klagt ĂŒber geblĂ€hten Leib, jedoch ist seit vorigem
Monat kein Anfall mehr aufgetreten.
10. 11. Immer noch stark dumpfer Druck in der Lebergegend.
Karlsbader Salz.
1. 12. Der Druck ist dauernd noch vorhanden.
15. 12. Pat. hat keinen Anfall mehr gehabt, jedoch klagt er
noch ĂŒber dauernden Druck in der Lebergegend. Die Leber ist
immer noch palpabel, einen Querfinger breit ĂŒber den Rippen-
bogen vergröĂert. Gallenblase druckempfindlich.
Fall IV. Frau Emilie Th., 35 Jahre, HĂ€ndlerin. Seit drei
Wochen Magenschmerzen, unabhÀngig vom Essen, bitteres Auf
stoĂen. 1914 Magenblutung gehabt.
22. 4. Blasse Frau in schlechtem ErnÀhrungszustand. Herz.
Lunge frei. Abdomen gespannt, Gallenblase vergröĂert, druck-
empfindlich, Leber palpabel, bis 2 Querfinger breit unterhalb des
Bippenbogens. Druckpunkt des Pexus cöliacus. Liophtal.
28. 4. Befinden gut, keine Schmerzen.
1. 5. Plötzliche Magenblutung, Aussetzen der Liophtalkur.
Operation. Gastroenterostomie wegen Ulcus ventriculi.
Fall V. Frau Alwine S., 36 Jahre. .FrĂŒher nie krank, 2 Ge-
burten. Seit 2 Jahren in AbstĂ€nden von 4â6 Wochen krampf-
artige Schmerzen in der rechten Seite. Der Stuhl sieht wÀhrend
des Anfalls hell, der Urin dunkel aus. Die AnfÀlle treten be-
sonders nachts auf.
2. 5. Etwas ikterische Frau. Druckpunkt in der Gallen-
blasengegend, Leberrand palpabel, Magen schlaff aionisch.
Liophtal, DiÀl.
14. 5. Keine Beschwerden mein-.
1. 6. Karlsbader Salz.
18. 7. Keinen Anfall mehr gehabt. Gallenblase nicht mehr
druckempfindlich.
Fall VI. Frau Felicia P., 51 Jahre. Strickerin. Seil
mehreren Jahren GallensteinanfÀlle. In letzter Zeit fast alle
8 Tage.
3. 5. Leber slark vergröĂert, .'! Querfinger breit unterhalb
des Rippenbogens, Band glatt, Gallenblase druckempfindlich.
Dorsaler Druckpunkt slark positiv; UrilJ dunkel, Ikterus beider
Skleren. Liophtal, DiÀt.
12. 5. Keinen Anfall mehr gehabt.
19. 5. Vor 2 Tagen WĂŒhlen im Leib, als ob ein Anlall kenn
men wĂŒrde, jedoch ist der Krampf nicht erfolgt. Leber imnu i
noch palpabel und druckempfindlich.
24. 5. Ein kleiner Unfall gestern abend, aber nicht so stark
wie frĂŒher.
28. 5. Gestern ein starker Anfall mit SchĂŒttelfrost. Pal.
ist wieder ikterisch. Objektiver Befund wie am 3. 5.
30. 5. Befinden gut.
28. 7. Seit Ende Mai ist kein Anfall mehr erfolgt. Karls-
bader Salz.
5. 8. Befinden gut. Leber und (lallenblase nicht mein
fĂŒhlbar.
27. 8. Heute starker Anfall, genau so wie frĂŒher. Leber,
Gallenblase wieder palpabel, druckempfindlich. Erneute
Liophtalkur.
6. 9. Keinen Anfall.
0. 10. Heute geringfĂŒgiger Anfall, der ânach 10 Minuten wieder
vorĂŒberging.
14. 11. Da heute wieder starker Anfall erfolgt ist in dem-
selben MaĂe wie frĂŒher, geht Patienlin ins Krankenhaus zwecks
Operation.
Fall VII. Alfred K., 32 Jahre, Schaffner. Pat. klagt seil
1 Jahr ĂŒber Schmerzen in der rechten Seile, krampfartig alle
8 Wochen auftretend, 1â2 Tage anhaltend.
17. 5. Leber palpabel, Gallenblase druckempfindlich, leichler
Ikterus, dorsaler Druckpunkt rechts positiv. Liophtal, DiÀt.
20. 5. Geringe Besserung der Beschwerden.
27. 5. Befinden gut.
11. 6. UnverÀndert. Karlsbader Salz. Leber nicht mehr
palpabel.
22. 11. Seit einigen Tagen dieselben Beschwerden wie frĂŒher,
erneute Liophtalkur.
15. 12. Keine Beschwerden mehr gehabt.
2. 1. Pat. fĂŒhlt sich vollkommen geheilt.
Fall VIII. Frau Luise B., 46 Jahre. Seit 2 Jahren aUe
4 Wochen 3 Tage lang krampfartige Schmerzen in der Gallen-
gegend, stets gelbes Aussehen dabei, 3 Geburten gehabt.
20. 5. Leber reicht 2 Querfinger breit ĂŒber den Bippenrand
hinaus, Gallenblase palpabel, druckempfindlich. Liophtal, DiÀt.
28. 5. Starke DurchfÀlle, Beschwerden unverÀndert.
13. 6. Keine Beschwerden mehr. ,
30. 0. âą Heute geringer Anfall, Gallenblase nicht druck-
empfindlich, aber immer noch etwas vergröĂerte Leber.
1. 11. Keinen Anfall mehr gehabt.
Fall IX. Frau Ida L., 27 Jahre. Seit einem Jahr in Ab-
slÀnden von 14 Tagen Magenkoliken und Kreuzschmerzen mit
Gelbsucht. Appetit wÀhrend der Zeit schlecht. Der Zustand hÀlt
jedesmal ĂŒber 24 Stunden an. Letzter Anfall 13. 6. Einmal ge-
boren.
14. 6. AuĂer druckempfindlicher vergröĂerter Gallenblase
kein objektiver Befund. Liophtal, DiÀt.
29. 6. Keine Beschwerden mehr. Gallenblase nicht mehr
druckempfindlich.
1. 8. Pat. fĂŒhlt sich wohl.
1. 9. Erneuter Anfall zum ersten Mal gestern nacht. Erneute
Liophtalkur wird abgelehnt.
Fall X. Frau Elise E., 18 Jahre. Seit der Entbindung MĂ€rz
1921 krampfartige Schmerzen in der Oberbauchgegend, Stuhl un-
regelmĂ€Ăig, 2 mal Gelbsucht. Die AnfĂ€lle treten in AbstĂ€nden
von 14 Tagen 5â6 Stunden auf. Letzter Anfall vor 8 Tagen.
25. 6. Geringer Ikterus, Leber nicht palpabel, Gallenblase
etwas vergröĂert und druckempfindlich. Dorsaler Druckpunkt
pogitiv. Liophtal, DiÀt.
17. 7. Keine Beschwerden. Pat. war bis Oktober mehrere
Male zur Untersuchung, hat keine AnfÀlle mehr gehabt.
Fall XL Frau Martha F., 48 Jahre. Pat. hat seit mehreren
Jahren in AbstÀnden bis zu einem halben Jahr KrampfanfÀlle in
der rechten Bauchseite gehabt, ist nie gelb gewesen. Seit sechs
Wochen hat sie dauernd, Tag und Nacht Schmerzen, fast nach
jedem Essen Krampf und galliges Erbrechen.
1. 6. Herz geringe Verbreitung nach rechts, syst. GerÀusch
an der Spitze. Gallenblase stark vergröĂert und sehr stark
druckempfindlich. Leber nicht palpabel, Magen schlaff atonisch.
ProbefrĂŒhstĂŒck gibt normale AziditĂ€tswerte. Liophtal, Morphium.
224
S t a n des f r a ge n und soziale Medizin
40. Jahrg. â Nr. 10.
30. 6. Keine Besserung. Pat. hat fast alle Dragees ausge-
brochen.
15. 7. Die Schmerzen sind nicht ganz so heftig, aber Pat.
bricht noch gelegentlich die Dragees aus.
29. 7. Befinden gut. Pat. fĂŒhlt sich wie âneu geboren".
4. 9. Befinden anhaltend gut. Gallenblase frei.
Fall XII. Frau Alma K., 34 Jahre. Seit 3 Jahren alle vier
Wochen ungefÀhr 3 Tage anhaltende LeibkrÀmpfe, unabhÀngig
vom Essen, stets gelbes Aussehen dabei, Stuhl regelmĂ€Ăig.
Letzter Anfall vor 3 Tagen.
13. 7. Geringer Ikterus beider Skleren, Leber palpabel.
Gallenblase vergröĂert (?), stark druckempfindlich. Liophtal,
DiÀt.
6. 8. Keinen Anfall mehr gehabt, Leber nicht mehr palpabel.
16. 9. Vollkommen beschwerdefrei. Leber nicht mehr pal-
pabel, Gallenblasengegend nicht druckempfindlich.
Trotzdem ich wegen Raummangel die Kranken-
geschichten nur stark gekĂŒrzt und in nicht vollstĂ€ndiger An-
zahl wiedergeben konnte, wird es dennoch genĂŒgen, um sich
ein ungefĂ€hres Bild ĂŒber die Wirksamkeit der Liophtalkur
bilden zu können. Ich habe die Indikation zur Liophtalkur
nicht nur auf sichere Cholelithiasis beschrÀnkt, sondern auch
FĂ€lle mit Liophtal behandelt, wo das Vorhandensein von
Steinen nicht sicher gegeben war und nur ein Cholezystitis
als Ursache der Beschwerde in Betracht kam.
Von den 12 angegebenen FÀllen sind 7 als vorlÀufig in das
Stadium der Latenz gebracht zu betrachten. (Die kurze
Dauer (6 Monate) verbietet natĂŒrlich von einer Heilung im
Sinne der Restitutio ad integrum zu sprechen), das ist aber
auch, wie oben erwÀhnt, mehr als die medikamentöse
Therapie nach heutiger Ansicht zu leisten vermag.
Fall 4 scheidet aus, da eine Magenblutung die Beendi-
gung der Kur verhinderte.
lieber Fall 7 ist noch kein Urteil abzugeben, da der letzte
Anfall und die erneute Liophtalkur noch zu kurze Zeil
(22. 11.) zurĂŒckliegt. Pat. hat von Beginn der Kur (Mai 21)
stets nur ĂŒber KrampfanfĂ€lle geklagt, die in AbstĂ€nden von
2 Monaten auftraten.
Fall 11 wÀre vielleicht durch wiederholte Kur in das
Stadium dauernder Latenz zu bringen gewesen, doch lehnte
die Pat. eine Wiederholungskur ab, obgleich der RĂŒckfall
erst nach 2 Monaten eingetreten war, wÀhrend sie vor der Kur
alle 14 Tage Koliken hatte.
Fall 3 ist vielleicht als subjektiv gebessert zu betrachten,
da die KrampfanfÀlle in der letzten Zeit nicht aufgetreten
sind, jedoch ist objektiv keine Besserung zu konstatieren ge-
wesen.
Fall 6 ist völlig unbeeinfluĂt durch die Liophtalkur und
zwecks Operation einem Krankenhaus ĂŒberwiesen.
Zusammenfassend möchte ich sagen, daà das Liophtal
infolge seiner Mischwirkung besser als die Medikamente, die
nur Einzelwirkungen erreichen wollen, also wohl imstande
ist, ein Cholelithiasis in das Stadium der Latenz zu bringen.
Liophtal ist deshalb als brauchbares UnterstĂŒtzungsmittel
der diÀtetischen Behandlung anzusehen.
Standesfragen und soziale Medizin.
Das Reichs-Schieds-Amt.
Von Dr. P n i o w e r, Berge (Hannover).
In der Hauptversammlung des L. V. vom Dezember 1920
wird von der Aerzteschaft auch ein Reichs-Schieds-
Gericht gefordert â man beachte aber, daĂ
diese Forderung unter den AbÀnderungsvor-
schlÀgen zur R. V. O. steht, also eine gesetzliche
Festlegung der obersten Schiedsinstanz will. Zwar sind
die anderen auch gesetzlich gewĂŒnschten Einigungs- und
Schiedsinstanzen schon oft verlangt und ihre VorlÀufer von
mir an anderer Stelle beschrieben worden â einer zen-
tralen Schiedsstelle gegenĂŒber haben wir
uns aber slets ablehnend verhalten, ge-
schweige denn, daĂ wir sie noch gesetzlich
eingefĂŒhrt wissen wollten.
Zum ersten Male hört man von einer reichszentralen
Spruchstelle in der Sitzung des Zentralausschusses im Fe-
bruar 1916, wo die fĂŒnf groĂen KassenverbĂ€nde ihre Vor-
schlÀge zur Schaffung eines Zentralschiedsamtes
unterbreiten, welches als Revisionsinstanz gegen BeschlĂŒsse
des Schieds amtes dienen soll. In der Sitzung kam man
nicht zur BeschluĂfassung, und da dies ĂŒberhaupt die letzt :
Sitzung des Zentral-Ausschusses war, so hörte man von der
Angelegenheit nichts mehr bis zum Jahre 1917, wo der Ge-
schĂ€fts-AusschuĂ des Aerzte-Vereinsbundes ĂŒber das Zen-
tralschiedsamt sich in ablehnendem Sinne Ă€uĂert, desgleichen
die erste Kriegs-Hauptversammlung des L. V. desselben
Jahres; viel hatte dazu wohl die Forderung der Kassen bei-
getragen, daĂ Hartmann und D i p p e bei reichszentralen
Abmachungen ausgeschaltet werden sollten. â Erst im Jahre
1919 taucht eine reichszentrale Schiedsinstanz bei den Vor-
verhandlungen des L. V. mit den groĂen KassenverbĂ€nden
wieder auf, jetzt Zentraltarifamt benannt, aber bei
den Abmachungen im Dezember des Jahres ist von ihm nicht
mehr die Rede. Von einer derartigen Instanz spricht zum
ersten Male wieder erst der Reichs-Arbeitsminister in dem
be-rĂŒchtig-ten Verördnungsentwurfe âzur Sicherung der
Ă€rztlichen Versorgung bei den Krankenkassen" vom 13. Mai
1920, allwo sie jetzt Reichs-Schieds-Amt benamset
wird, wohl in Anlehnung an ein stets fĂŒr die der Gewerbe-
ordnung unterstehenden Arbeite]- gefordertes Reichs -
Einigung s-Amt. Es ist hier das erste Mal.
daĂ in Deutschland ĂŒberhaupt eine Reichs-
Schiedsstelle fĂŒr Arbeitsstreitigkeiten ge-
setzlich geschaffen weiden soll, denn die zen -
tralen Schlichtungs-AusschĂŒsse nach der âVerordnung" vom
23. 12. 1918, welche von bestimmten Verkehrsanstalten ein
gerichtet werden, sind dies nicht. Ebenso kann nicht aus
§ 22, 2 dieser âVerordnung", nach welchem in wichtigen
FĂ€llen das Reichs-Arbeitsamt die DurchfĂŒhrung der Eini-
gungs- und Schiedsverhandlungen selbst ĂŒbernehmen kann,
eine Analogie auf eine reichszentrale Schiedsstelle abgeleitet
werden. Denn das Reichs-Arbeitsamt ist wie die zentralen
Schlichtungsausschiis.se ja keine Berufungsinstanz, welche
endgĂŒltig entscheiden soll, sondern ĂŒbernimmt nur die Ob-
liegenheiten des neutralen Vorsitzenden. Etwas Anderes ist
es allerdings mit dem âDemobilmachungskommissar",
welcher nach den Verordnungen vom 4. 1. und 24. 1. 1919
auch einen Schiedsspruch trotz Nichtannahme durch die
Parteien fĂŒr âverbindlich" erklĂ€ren konnte â er wird aber
dabei nur als teilnehmende Partei angesehen. Auch der
ZentralausschuĂ des Berliner Abkommens von 1913 ist
natĂŒrlich nicht dafĂŒr einzusetzen, schon weil er nur zur
DurchfĂŒhrung des Abkommens dienen sollte und auf frei-
williger Vereinbarung beruht. Reichszentral sind auch nicht
die Gewerbe-Berggewerbe-Kaufmannsgerichte und die In-
nungs-EinigungsÀmter, welche einmal nur örtlich, dann aber
auch nur fakultativ wirken. Wohl waren die Schieds-
instanzen des Vorentwurfs und Entwurfs zur R.V. O. ge-
setzlich mit bindender Kraft (Kurierzwang!) vorgesehen,
aber auch sie waren nur örtlich und nicht fĂŒr das Reich als
Revisionsinstanz gedacht. â Nun weiter geschichtlich: einige
Tage nach Erscheinen des Gesetzentwurfes spricht dann der
Reichs-Arbeitsminister am 15. Mai von dieser seiner zen-
tralen Stelle verschÀmt als von einem Einigungsamt,
und in der Antwort des L.V. vom 20. Mai heiĂt sie auch
nur Schiedsamt. Aber getreu den gewerkschaftlichen
Anschauungen, die sich die groĂen KassenverbĂ€nde, an der
Spitze der ânamens und im Auftrage" der anderen han-
delnde Hauptverband der Orts-Krankenkassen zu Eigen ge-
macht haben, tritt das Zentral schied samt in den
Protokollen ĂŒber die Einigungsverhandlungen vom 31. Mai
und 1. Juni wieder in den Vordergrund. Von diesen spricht
auch derselbige Hauptverband wieder ânamens und im Auf-
trage" der anderen VerbÀnde am 14. Juni, und zwar von zu
treffenden Vereinbarungen ĂŒber die Frage seiner Errichtung:
10. Jahrg. â Nr. 10.
Referate
225
aber in den Protokollen ĂŒber die Einigungsverhandlungen
vom 21. Juni ist von ibm nicht mehr, nur noch vom Schieds-
amt, die Rede, und erst in der EntschlieĂung der Leipziger
Hauptversammlung vom 19. 12. 1920 erscheint die Reichs-
Schiedsstelle wieder, jetzt Reichs-Schieds - Gericht
benannt. Man wollte wohl auĂer den vielen Reichs-Aemtern,
mit denen wir schon gesegnet sind, nicht noch ein neues
Reichs-Amt errichten, dachte vielleicht auch daran, daĂ bei
einem âGerichte" das Gerechte eher zum Siege kĂ€me und
unsere Gerechtsame besser gewahrt werden wĂŒrden als bei
einem âAmte", bei welchem ja die VerstandestĂ€tigkeit oft
nur als âGottesgabe" hingestellt wird; seit 9. 11. 1921 heiĂt
die Stelle wieder: R e i c h s - S c h i e d s a m t.
Die Wesensart eines Gerichts bringt es aber auch mit
sieh, daĂ man an einen (sog. neutralen) Vorsitzenden und
gewisse andere Unparteiische denkt. Hierbei wiederholt sich
dasselbe, was ich mit berechtigtem MiĂtrauen gegen diese
beim âkommenden Schiedsamt" ausgefĂŒhrt habe, was ich
heute an der Hand der bisherigen VorschlĂ€ge ĂŒber die Zu-
sammensetzung der Reichsschiedsstelle noch erweitern kann.
Den Vorsitzenden will der Kassenvorschlag vom Staatssekre-
tÀr des Innern ernannt wissen, der Reichsarbeitsminister aber
ernennt in der âVerordnung", wie ich sie kurz nennen will,
einen Direktor oder SenatsprĂ€sidenten, und die âMitteilung"
(vom 15. Mai) den PrÀsidenten des Reichsversieherungs-
amtes selbst. Die beiden âUnparteiischen" wollen alle drei
aus Beamten dieses Amtes bestehen lassen. Man lese dazu
die BegrĂŒndung dieser VorschlĂ€ge in der Mitteilung des
Reichs-Arbeitsministers: â , unter Mitarbeit und âLeitung
seitens einer völlig unparteiischen Stelle. Mit RĂŒcksicht dar-
auf, daĂ das Arbeitsministerium gegebenenfalls zur Auf-
stellung der etwa nötig werdenden gesetzlichen SchutzmaĂ
regeln berufen sein wĂŒrde, halte ich es fĂŒr zweckdienlicher,
wenn die erwÀhnte amtliche Mitwirkung einer anderen
Reichsstelle ĂŒbertragen wĂŒrde, welche allseitiges Vertrauen
genieĂt und zugleich die unentbehrliche Sachkenntnis be
sitzt. Als solche Stelle kommt in erster Reihe das Reichs-
versicherungsamt in Frage" eine a n d ere R e i c h s -
stelle, als ob die Aerzte nicht wĂŒĂten, daĂ seit Errichtung
des Reichsarbeitsamtes das Reichsversicherungsamt diesem
unterstellt ist. Das Reichsversicherungsamt ist eben
keine andere und dann auch nicht eine R e Ichs stelle
das wÀre höchstens das Reichs-Wirtschaftsa m I
und dann auch keine u n p a r t e i i s c h e. Denn einmal
gilt alles das, was ich frĂŒher ĂŒber Staatsbeamte gesagt habe,
auch heute, zweitens hat die Stelle wohl Sachkenntnis. Da
sie aber auch HĂŒterin der R.V. O. und somit des K. V. G. ist,
kann man ihr bei Widerstand der widerhaarigen Aerzte
nicht die notwendige Unparteilichkeit gegen diese zu-
sprechen. Aber auch die Sozialpolitiker im engeren Sinne
möchte ich nicht dabei wissen, weil sie ja dem Wesen ihrer
Anschauungen nach nur die Interessen einer gröĂeren All-
gemeinheit, welche ĂŒber uns zur Tagesordnung ĂŒbergeht, im
Auge haben; warum soll es auĂer diesen und den
Beamten keine Persönlichkeiten geben,
welche zwar mit den Erscheinungen des Wirtschaftslebens
vertraut sein können, aber doch nicht mit Sachkenntnis, wie
die Beamten des Reichsversicherungsamtes, beschwert sein
mĂŒssen? ! â
Seit 9. November ist nun bestimmt, daĂ die drei Un-
parteiischen vom PrÀsidenten des Reichsversicherungs-Amts
ernannt werden, der auch den Vorsitz fĂŒhren kann. Bei
aller Hochachtung vor dem Herrn PrÀsidenten kann ich ihn
aber nicht als âunparteiisch" ansehen, dementsprechend auch
unter UmstÀnden nicht die von ihm ernannten Herren. Und
sollten gar persönliche GrĂŒnde bei der Festsetzung seiner
Person mitgewirkt haben, so muĂ ich darauf bemerken: wenn
er aus irgendeinem Grunde nicht mehr PrÀsident ist, dann
ist man ĂŒber die Person seines Nachfolgers von vornherein
im Ungewissen.
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
Medizinische Klinik.
22. Januar 1022. 18, Nr. 4.
Die Genese und Therapie der genitalen Blutungen. B c n t h i n,
(âąGrenzen. Gefahren und MiĂbrauche in der Psychianailyse. Stekel. 102.
Umfrage ĂŒber die nenei Influenzepidemie. (Fortsetzung), 105.
Deher die Behandlung der Syphilis mit Neo-Silbcr-Salvansau und andei
Probleme der Salvarsanhchandhing. F ary und W o I f f. 100.
Feststellungen an u liquorkontrollierter. kliuiseh beobachteter STervenlue
Brock. .). 107.
rZur lokalen Aniislhesieriing. Ct e r s o n . 1
Ueber vorĂŒbergehenden VerschluĂ
löcher. A. Li n b a r t. 110.
Zusammentreffen von Poliomyelitis acuta.
foriereuder Appcndicitis. P. Hoher,
'âąlieber rlerzs'töj-ungen beim Scharlach. 11 i i
Todesfall nach einmaliger Xovasurolinjectioi
Schweinerotlauf beim Menschen. Sinn e c
..Sirius", der neue Durcbleuchtungsschirui.
Scuere Krfahrungem mit der :;. Modification
W i n k 1 e r . W. F. tu.
Die acuten infe.ctiösen Magcn-D.irnierkranku
H I ĂŒ b d o r n. 115.
Kochsalz als Mittel gegen Kopfschmerzen. Brandenburg. K
L. 109.
von Körpcröffnnngcn mittels [Taut,.ki
adultorum und
anterio r
t to.
âąseh. Stavk
i. \l a r I In i
. O. 113.
Kili. I..
der MeinieUe
des
[IC 1
Ii. ii:
eraktion 'l>
SĂ€uglingsaltea
M.i
Grenzen, Gefahren und MiĂbrauche in der Psychanaljse.
Kekel wendet sich scharf gegen die analytischen Ambulatorien
von Laien und Aerzten, wie sie in Amerika und England bereits
angerichtet .sind, sowie gegen die analytischen SpitÀler, die er
Sogar fĂŒr schĂ€dlich hĂ€lt. Nach ihm kann die Psychoanalyse
immer nur eine Individualwissenschafl sein, die fĂŒr einen Massen-
TOtrieb niemals geeignet sein kann. Auch nicht jeder Arzt ist zum
Analytiker tauglich, und auch der taugliche mihi vor allem ĂŒbet
gute neurologische und psychiatrische Kenntnisse verfĂŒgen, um
gegen Fehldiagnosen nach Möglichkeil geschĂŒtzt zu sein. Der
Analytiker muĂ unvoreingenommen sein, jeder Fall muĂ fĂŒr ihn
etwas Neues bedeuten. In der Therapie genĂŒgt es nicht, daĂ der
Neurotiker die Ursachen der Krankheit einsieht und versteht, er
muĂ auch den Willen zur Gesundung haben. .,Er muĂ die Wahr-
heit im GefĂŒhle, nicht allein im Intellecte annehmen. Sie muĂ das
Innere passiert haben, sie muĂ ein Teil seines Ichs werden."
Vorsicht sei auch in der Mitteilung der Auflösungen geboten; der
Kranke muĂ entsprechend vorbereitet sein. Der Analytiker muĂ
sich bewuĂt sein, und er muĂ auch den Mut des EingestĂ€ndnisses
haben, daĂ nicht jeder Fall zu heilen ist; denn nicht allein vom
Arzt, sondern auch vom Patienten ist der Heilerfolg abhÀngig.
Verf. fordert schlieĂlich Schulen fĂŒr Psychoanalyse zur Ausbil-
dung möglichst guter Analytiker und zum Schutz der Patienten
vor unberufenen Analytikern.
Zur lokalen AnÀsthesierung. Die Herabsetzung der Empfind-
lichkeit der Haut durch Bestreichen mit Acid. carbol. liquefact.
benĂŒtzt Gerson zur AnĂ€sthesierung der Haut bei empfindlichen
Patienten vor einer Injektion, bei Entfernung kleiner Hauttumo-
ren, bei Inzision von Furunkeln, bei Anlegung einer Naht. Die
betreffende Stelle wird mit einem dĂŒnn mit Watte umwickelten,
in Acid. carbol. liquefact. getauchten Metall- oder HolzstÀbchen
bestrichen, bis sie weiĂe VerfĂ€rbung zeigt. Die AnĂ€sthesie dauert
2â3 Stunden, das Verschwinden der Hautröte nach der Aetzung
oft 1â2 Monate.
Ueber Herzstörungen beim Scharlach. Hirsch konnte bei
60 ScharlachfÀllen 28 mal Herzstörungen verschiedenster Art be-
obachten. Ein Fall mit schwerem septischem Verlauf kam be-
reits am 8. Tage unter den Erscheinungen der schwersten Infek-
tion mit Herzdilatation, VasomotorenlÀhmung, Tonuserschlaffung
ad exitum. In einer anderen Reihe von FĂ€llen wurde zwischen
dem 5. und 21. Krankheitstage eine auffallende BlÀsse beobachtet,
beschleunigter, irregulÀrer Puls, evtl. Temperaturerhöhung, he-
bender SpitzenstoĂ. Gleichzeitig oder 2â3 Tage spĂ€ter konnte
226
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 10.
eine Verbreiterung des Herzens nach links, in manchen Fallen
auch nach rechts festgestellt werden. Auch ein systolisches Ge-
rÀusch, das sich allmÀhlich mehr und mehr ausbildete, trat in
Erscheinung. Unter entsprechender Behandlung bildeten sich alle
diese Symptome in 2 â 3 Wochen wieder zurĂŒck: nur das systo-
lische GerÀusch blieb bisweilen noch lÀngere Zeit bestehen. In
einer dritten Reihe von FĂ€llen zeigten sich ausgesprochene Herz-
schÀdigungen, teils am Klappenapparat, teils am Herzmuskel oder
Reizleitungssyslem. Temperaturerhöhung, BlÀsse, Pulsbeschleu-
nigung mit IrregularitÀt, Dilatation des Herzens nach rechts und
links, systolisches, bisweilen auch diastolisches GerĂ€usch ĂŒber
allen Ostien, starke Accentuation des zweiten Pulmonaltones,
manchmal auch des zweiten Aortentones, epigastrische und Pul-
sationen im Jugulum, hÀufige Extrasystolen, in einzelnen FÀllen
auch Schwellung der FuĂgelenke und Handgelenke, die jedoch
nach einigen Tagen wieder schwanden. Auf Grund dieser Be-
obachtungen kommt Verf. zu dem SchluĂ, daĂ dem Verhalten des
Zirkulationsapparates beim Scharlach groĂe Bedeutung zukommt,
und daĂ auch der Scharlach akute Endo- bezw. Myokarditis ver-
ursachen kann, wahrscheinlich auf der Basis einer Streptokokken-
infektion. Silbermann (Charlottenburg).
Deutsche Medizinische Wochenschrift, Leipzig.
10. Januar 1922, Nr. 3.
Die Behandlung der bösartige]] GeschwĂŒlste,
sehe. 83.
S a u e r b r u
il f. e I) -
Die Pharynxsprache bei Laryngektomiortcn. Sudcck. 85.
âŠÂ«âŠDie Bedeutung der gruppenweisen HĂ€magglutination fĂŒr die freie Trans-
plantation und ĂŒber die VerĂ€nderung der Agslutinationsgruppen durch
Medikamente. Narkose, Röntgenbestrahlung. K d e n. 85.
Leber nioderhe> Diphtherieprophylaxe. Opitz. 87.
lieber die chemische Zusammensetzung der bei den serologischen Luesrteak-
tionen gebildeten Flocken. Epstein und Paul. 89.
â,, Novalgin", ein neues Antipyretikum und Analgetikum. (Mit ."> Kurven.)
A u Q r. 91.
âŠÂ»âŠUeber Blutreinfusion bei 24 FĂŒllen von (Jraviditas extrauterina rupta.
Töpler. 92.
Zur Frage des âallgemein verbreitet! n" Emphysems. D u k e n. P3,
Cholesteringehalt der KiipfVerschcn Steinzeiten. Ilistnchcmiscbi" Reaktion.
Stöcke r. 93.
Fall von Myelitis gripposa acuta circumscripta ndhaesiva. S c'm r n mv, 91.
âŠÂ«âŠZur Behandlung des chronischen MagengeschwĂŒrs. Kovjanic. 91.
UnzuverlÀssige Fieberthermometer. Scheel. 95. '
Zur Brandwundenbehandlung. T ⥠n g e r. B5.
Eine abgeÀnderte Form des Saccharometers. iMit l Abbildung.) Lassar-
C o h n. 9ö.
Der heutige Stand der klinischen Psychiatrie. K r e t 8 c ĂŒ m e r. 9.">.
Die Bedeutung der gruppenweise!! HĂ€magglutination fĂŒr die
freie Transplantation und ĂŒber die VerĂ€nderung der Aggluti-
nationsgruppen durch Medikamente. Narkose, Röntgenbestrahlung.
Die Agglutination der Erythrozyten durch bestimmte Aggluti-
nine, damit eine Gruppenzusammengehörigkeit bleibt, nicht
immer bei demselben Menschen konstant. Medikamente oder Vor-
gÀnge mit kolloidverÀndernder Wirkung beeinflussen sie bezw.
stimmen sie um. Es ist unsicher, ob die gleichen Medikamente
die Agglutinationsgruppen immer in derselben Richtung ver-
schieben, ob sich aus der Wirkungsart AufschlĂŒsse ĂŒber kolloid-
chemische Fragen, ĂŒber die Wirkungsdauer von Medikamenten
oder Strahlendosen gewinnen lassen. Bei gewöhnlicher Lebens-
fĂŒhrung behalten nach den bisherigen Erfahrungen die Patienten
ihre Agglutinationsgruppen bei. Aenderung einmal wÀhrend der
Menstruation. FĂŒr Bluttransfusion Forderung, daĂ die PrĂŒfung
auf Agglutination unmittelbar vorher bei Spender und EmpfÀnger
vorgenommen wird, da Medikamente und die Narkose eine Aende-
run>g der Bedingungen verursachen können. Auch können Medi-
kamente nach der Transfusion gegeben auf das Erhaltenbleiben
der eingefĂŒhrten Erythrozyten EinfluĂ gewinnen.
Novalgin, ein neues Antipyretikum und Analgetikum. Ein
Pyrazolonderivat, bewirkt es in Dosen 0,1 â 1,0 g bei allen fieber-
haften Erkrankungen eine schonende lylische und prompte Ent-
fieberung. Bei Kindern wie Erwachsenen jeder Konstitution.
Oral: (i -10 mal tĂ€glich 0,1â0,2 oder 3 mal 0,5 g, parenteral 0;25
bis 2 g tÀglich. Am sichersten: intravenös 50 % ige Lösung.
Keine unangenehmen Nebenwirkungen. Spezifikum gegen akute
und chronische Polyarthritis ohne BerĂŒcksichtigung etwa vor-
handener Herzkomplikationen, auch bei Ischias und Muskel
rheumatismus.
Ueber BlutreinfĂŒsion bei 24 FĂ€llen von Graviditas extra-
uterina rupta. Heilung sÀmtlicher Patienten ohne Komplikationen.
Ist der Na Cl-Lösung ĂŒberlegen:
Zur Behandlung des chronischen MagengeschwĂŒrs. Der
Wismulbelag schĂŒtzt das chronische peplische GeschwĂŒr wohl
vor mechanischen Traumen, nicht aber gegen die heilungs-
hemmende MagensÀure. Also alkalische Reaktion durch Magii:
peroxydat., das die MagensĂ€ure neutralisiert und das GeschwĂŒr
desinfiziert. Also: Bismut. subgall. 10,0, Bismut. subsaecyl. 40,0,
25% Magnes. peroxydat. 50,0, 3 mal tÀglich 1,0 g vor der Mahl
zeit, nachher etwas Natron. v. S c h n i z e r.
Zeitschrift fĂŒr ImmunitĂ€tsforschung und experimentelle
Therapie, Jena.
19. Januar 1922, 33, Heft 6.
Stoffe im Blute vakzinierter
443.
âą^Untersuchungen ĂŒber das Vorkommen virulizidr
und revakziniertcr Menschen. F u j i i, S
Die Löslichkeit heteropbiler Rezeptoren, v. Gut'feld', F. 461.
âŠÂ»âŠAntigene Eigenschaften des Tuberkulins. Selig m a n n . S. und K 1 o p
stock. F. lfiT.
Agg'.utininen durch Suspensionen und Kol
die ReaktionsfÀhigkeit aktiver Snra bei den
serologischen Luesnachweis. G e o r g i . F.
503.
Rezeptorenapparat
ZeiĂschen
in der Parthyphusgruppe.,
FlĂŒssigkeitsiiiterfcrometc:
Adsorption von Bakterien und
loide. B 1 e y e r . L. 478.
Bedeutung des Salzgehaltes fiir
Ausflockungismethodeu zum
und L e Ii e n stein. II.
Unti rsuehnngen Uber den
Schiff. F. 511.
Serologische Studien mit Milte
Bach in a n n , W. 551.
Alkalitiit dir NÀhrböden, gemessen nach der Miebaeli.sscben Indikatorcii-
methode, in ihren Beziehungen zum Baktorionwachstum. S t i c k d o r n.
576.
Ueber das Vorkommen virulizider Stoffe im Blute vakzinier-
ter und revakzinierter Menschen. Die Versuche des Verfass< rs
mit dem Serum wiederholt geimpfter Menschen und ungeimpfler
Personen ergaben, daĂ das normale menschliche Serum keine
ablotende Wirkung auf das Vakzinevirus ausĂŒbt. Durch das
Serum geimpfter Personen wurde die Virulenz der Lymphe etwas
abgeschwÀcht. Durch Neuimpfung vorbehandelter Personen
wurde trotz teilweise starker Impfreaktion mit Pustclbildung
nur geringfĂŒgige Steigerung der viruliziden SerumkrĂ€fte erzielt.1
Ueber antigene Eigenschaften des Tuberkulins. Durch viel-
fach wiederholte Vorbehandlung mit Alttuberkulin gelang es,
Meerschweinchen bisweilen gegen' Tuberkulin zu sensibilisieren.
Als Zeichen bestehender Ueberempfindlichkeit wurden festge-
stellt: 1. anaphylaktischer Shock nach intravenöser Reinjektion,
2. Aufflammen alter Intrakutanstellen nach subkutaner Reiniek-.
tion, 3. gelegentliches Auftreten des Arthus'schen PhÀnomens,;
welches sich in dem Auftreten ausgedehnter ödematöser Infiltra-,
Honen an .der Impfstelle Ă€uĂert.
W. Weisbach (Halle a. S.).
Deutsches Archiv fĂŒr Klinische Medizin, Leipzig.
24. Januar 1922, 138, Heft 3â4.
âAbgrenzung und Entstehungsursachen des [nfantilismus. Borchardt. u"'.
âWas leistet das Röntgenverfahren fĂŒr die FunktionsprĂŒfung des Herzens:
G r o e d e l. 144
Reststickstoff im menschlich! n Blut und Gewebe bei Nierencrkrankuiigeo. .
B a r a t und H e t e n y i. 154.
RĂŒckfluĂ von Paukreassaft in den Magen und d'e Bestimmung der Salzt
sĂ€ureresi-.tenz des Trypsins. Denscb und RĂŒrup. ifi:>.
Die Serumkonzentration und die ViskositÀt des Blutes bei der Basedowschen
Krankheit. D e u s c h. 17
EinfluĂ der relativen Luftfeuchtigkeit auf die unmerkliche Hautwasserabgabe,
M o o g. 181.
âUntersuchungen ĂŒber die harnstof fbiblende TĂ€tigkeit der Leber bei Leber-
kranken. H e t e n y i. 193.
âDie Entstehung des Cheyne-Stokesscken Atmens. Herzog. 200.
Blutreaktion und Dypnoe bei Nierenkranken. Straub und Meier.
âTubcrkulosestudien II. Fornet. 229.
Akute, diffuse, interstitielle Myokarditis. H a f n e r. 236.
Leher den Katalasegehalt des Blutes und seine diffcrcntlsl-diagnustischc Be-
deutung. S e g a 1 1 und H À n d e 1. 243.
Ueber Abgrenzung und Entstehungsursachen des Infan-
tilismus. Verfasser teilt den universellen Infantilismus folgender-
maĂen ein:
1. Infantilismus durch abnorme Wachstumsanlage = erblicher
Infantilismus:
2. Infantilismus durch KeimschÀdigung (Alkohol, Blei. Röntgen-
strahlen usw.);
3. Infantilismus auf Grundlage endokriner Störungen:
a) dysthyreogener Infantilismus,
b) hypophysÀrer Infantilismus.
c) pluriglandulÀrer Infantilismus:
4. Dystrophischer Infantilismus:
a) als Folge frĂŒh (u. IT. intrauterin) erworbener Infektion
(Lues, Tuberkulose. Lepra, Malaria, Pellagra. Echino-
kokkus),
40. Jahrg. â Nr. 10.
Aus den neuesten Zeitschriften
227
b) als Folge von ErnÀhrungsschÀden,
c) als Folge frĂŒhzeitiger Intoxikation (Alkohol),
d) bei angeborenen und frĂŒh erworbenen Herzfehlern.
Der universelle Infantilismus ist ein gut abgrenzbarer He-
griff, der mit dem Begriff der allgemeinen, gleichmĂ€Ăigen körper-
lichen und geistigen Entwicklungshemmung gleichgestellt werden
darf. Diese Entwicklungshemmung kann blastogen oder soma-
lisch, ererbt, durch KeimschÀdigung oder im intra- oder extra-
uterinen Leben erworben sein. Als Ursache des erworbenen In-
fantilismus sind einerseits Unterfunktion endokriner DrĂŒsen, an-
dererseits Infektionen, Intoxikationen und ErnÀhrungsschÀden
bekannt. Ein Teil dieser SchÀden wirkt allem Anschein nach
durch Mangel an dem als wichtiger und unentbehrlicher Wachs-
tumsreiz bekannten Lezithin.
Was leistet das Röntgenverfahren fĂŒr die FunktionsprĂŒfung
des Herzens? Bei hochgradiger Muskeldegeneration sieht man
einen schlappen Aktionstypus. Die Pulsationsbreite des Herz-
rönlgenbildes lĂ€Ăt keinen SchluĂ auf TonusvarietĂ€len zu. Die
schlaffe Silhouettenform (verstrichene Randbogen) finden wir bei
Myodegeneratio. Feinere diagnostische Differenzierungen lassen
lieh auf Grund der Formstudien nicht vornehmen. Speziell hat
die schlaffe Herzform nichts Beweisendes fĂŒr Myasthenie, Neur-
asthenie, Hypoplasie usw. Die stÀrksten Grade der (beutei-
förmigen) schlaffen Herzsilhouetten sehen wir bei Dilatatio
cordis, die schÀrfste Randzeichnung bei Hypertrophia cordis. Als
frĂŒhzeitig feststellbares Röntgensymptom der Herzinsuffizienz ist
nur die Beschattung der Hilusgegend im Röntgenbild zu nennen.
| Untersuchungen ĂŒber die harnstoffbildcnde TĂ€tigkeit der
Leber bei Leberkranken. 1. Durch genaue Analysen gelingt es,
in pathologischen ZustÀnden der Leber die Störung ihrer harn-
stoffbildenden TĂ€tigkeit nachzuweisen.
2. Diese Störung besteht darin, daĂ die Synthese eingefĂŒhrter
Aminonsalze zu Urea nicht so rasch wie bei Lebergesunden vor
sich geht. Statt ungefĂ€hr 24 Stunden nimmt sie 48 â 72 Stunden in
Anspruch.
3. Diese Funktionsstörung war bei der atrophischen Cirrhose,
bei luetischer Hepatitis und beim Icterus catarrhalis eine aus-
gesprochene, wogegen der einfache mechanische Stauungsikterus
mit keiner Funktionsabnahme einhergeht.
4. Aus diesem Grunde ist es ratsam, in der DiÀt der Leber-
kranken jedwede EiweiĂbelastung zu vermeiden, doch ist eine
ĂŒbertriebene EiweiĂreduktion im Sinne obiger Untersuchungen im
gleichen MaĂe unnötig.
Ueber die Entstehung des Ch'eyne-Stokesschen Atmens. Die
bisherigen Hypothesen ĂŒber Cheyne-Stokessches Almen befriedi-
gen nicht. Die Beobachtungen des Verfassers an 9 FĂ€llen be-
weisen, daĂ beim Cheyne-Stokesschen Atmen die Selbststeuerung
periodisch schwankt und daĂ diese Schwankung nicht eine Folge
dieses Atmungstypus sein kann, sondern primÀr ist; nach seiner
Annahme wird das Cheyne-Stokessche Atmen durch diese Zu- und
Abnahme der Selbststeuerung verursacht. Es lassen sich hier-
durch alle Eigenschaften des PhÀnomens erklÀren.
Beim Entstehen dieser periodischen Atmung scheint eine in-
dividuelle Eigenschaft eine Rolle zu spielen, welche beim Kranken
ebenso vorhanden ist wie beim Gesunden. Unter gewissen Um-
stÀnden beim Gesunden und bei Krankheiten, die auch auf das
Nervensystem einwirken, tritt diese Eigenschaft â die periodisch
Schwankende Selbststeuerung der Atmung â in stĂ€rkerem Grade
hervor und fĂŒhrt zum Periodischwerden der Atmung.
Tuberkulosestudien II. (Ein Tuberkulose-Diagnostikum.) Die
bisherigen Agglutinationsversuche mit Tuberkelbazillenemul
sinnen sind wieder fallengelassen worden. Ihr Versagen kann
nicht in einer immunbiologischen Ausnahmestellung der Tuber-
kulose begrĂŒndet sein, sondern muĂ an. der bisherigen Unvoll-
stÀndigkeit der Technik liegen. Versuche hatten gezeigt, daà die
FettwachshĂŒlle des Tuberkelbazillus kein Artmerkmal, sondern
nur die Eigenschaft eines bestimmten Zustandes des Tuberkel
Bazillus ist. Es lag der Gedanke nahe, den Tuberkelbazillus unter
Schonung seines spezifischen Plasmas nach Mögliehkeil von
dieser HĂŒlle zu befreien und ihm so die drei durch den Fett-
wachsmantel geraubten Eigenschaften wiederzugeben: Die Emul-
Rierbarkeit, die BeeinfluĂbarkeit durch Immunserum und die
FÀhigkeil, zur Bildung wirksamer Antikörper anzuregen. Das
gelang in nahezu idealer Weise durch dampfförmigen Aelher.
Die Fetlsubstanzen werden gelöst und die zurĂŒckbleibende Emul-
sion bildet die Grundlage fĂŒr eine brĂ€uchbare Agglutinations-
FlĂŒssigkeit. Das so gewonnene âTuberkulösediagnöstikum" wird
von dem Serum Tuberkulöser spezifisch agglĂŒlinierl und zwar in
SerumverdĂŒnnungen bis zu 1 : M) und mehr. Die Handhabung
isl Àhnlich der des Ficker sehen Diagnostikums Bei Typhus.
Es ergab sich bei 93% der Tuberkulösen eine positive und bei
95 % der Nicht-Tuberkulösen eine negative Agglutination. Ver
fasser empfiehlt den Vergleich mit der in Deutschland noch
wenig, in Frankreich an Zehnlauscnden von FĂ€llen erprobten
Komplementbindungsmethode von B e s r e d k a.
ĂŒ. S. Tarnow (Ghnrlollcnburg-YYcsleiid .
Archiv fĂŒr Psychiatrie und Nervenkrankheiten, Berlin.
6. Dezember 1921, «4. Hell 3.
âą{âŠ/.ui' Differentialdiagnose zwischen Dementia pr&ocoj und Hysterie ĂŒezv.
Psychogenie. VV. i e Ii m a n n . A. s.vr.
SterblichkeitsverliÀWnisse und Sektionsbefunde bei Rpil'eptischcn und
Schwachsinnigen. (! a n t e c . E. 285.
Pawinoische Formen des manisch-depressiveii Irreseins. M e y e r . 8. 290,
AffektÀnderungen. K. 1 u g e . A. ."507.
Praktische Intelligenz und moralische ImbezillitÀt. Galant, S, :'.::!>.
Zur Differentialdiagnose zwischen Dementia praecox und
Hysterie bzw. Psyehogenie. Die Differentialdiagnose zwischen
Dementia praecox und Hysterie bereitet oft die gröĂten Schwie-
rigkeiten. Die Symptomatologie beider Erkrankungen Àhnelt sich
in vielen Beziehungen. Hingewiesen sei nur darauf, daĂ eine
Dementia praecox nicht selten mit hysleriformen Symptomen ein-
setzt und daĂ katatonische Erscheinungen auch bei Hysterie be-
obachtet werden. An einem eingehend erörterten Fall wird die
Schwierigkeit der sicheren Diagnosestellung gezeigt: bei dem
Kranken hatte sich zunÀchst ein rein psychogenes Zustandsbild
entwickelt. SpÀter traten eine Beihe von schizophrenen Er-
scheinungen hinzu, die aber bei psychologischer Zergliederung
auch als rein psychogen aufgefaĂt werden konnten. Eine zwei-
felsfreie Entscheidung war nicht möglich. A. M ĂŒ n z e r,
Monatsschrift fĂŒr Psychiatrie und Neurologie, Berlin.
Dezember 1921, 50, Nr. 6.
Ein Fall von Hypophysem^angzyste. W o 1 p e r t , J. 8f8.
âŠ^Vorkommen elementarer KrĂ€mpfe bei Katatonie. B n u s <â Ii . VV. 319,
âDas Zwerchfellzentrum in der Gehircrinde und de* SingiiWus. K n a p i> .
A. 333.
Ueber einen unter denn Bilde der Landrysehen Paralyse verlaufenen Fall
von Encephalitis epidemica. W e i m a n u , W. 357.
Zum Vorkommen elementarer KrÀmpfe bei Katatonie. Es
werden zwei FĂ€lle von Katatonie beschrieben, bei denen im Ver-
lauf der Psychose elementare KrampfanfÀlle auftraten. In dem
einen Falle bestand hereditÀre Belastung mit genuiner Epilepsie,
beide FĂ€lle wiesen in der Kindheil Erscheinungen auf, die eine
erhöhte Kampfbereitschaft andeuteten. Charakterologisch be-
standen bereits vor Einsetzen der KrampfanfÀlle psychische Ver-
Ă€nderungen im Sinne einer Epilepsie. In dem zweiten Falle be-
stand ein merkwĂŒrdiger Wechsel in den motorischen Krank-
heitserscheinungen, indem Stuporzustand und Akinese von Er-
regung und elementaren KrÀmpfen mehrfach abgelöst wurden.
Die KrÀmpfe wurden nur beim Einsetzen und Abklingen des
Stuporzustandes beobachtet; niemals wurde durch sie eine kata-
tone Starre unterbrochen; dagegen leiteten sie mehrfach allge-
meine motorische Erregung mit impulsiven Handlungen, Vcrbi-
geration und lebhafter Halluzinose ein. â Es wird angenommen,
daĂ der der Psychose zugrunde liegende endogene ProzeĂ den
palhogenischen Boden abgibt, auf dem eine konstitutionell vor-
handene Neigung zur KrampffÀhigkeit, zur Krampfbereitschaft
wird. Schon das Alternieren von kataleptischen Erscheinungen
und stuporösen ZustÀnden mit KrÀmpfen und motorischer Er-
regung weist auf eine gewisse Verwandtschaft dieser verschie-
denen Erscheinungen der MotilitÀt hin. Die KrÀmpfe erscheinen
also als ein zur Psychose gehöriges Symptom auf motorischem
Gebiete und sind als symptomatische KrÀmpfe bei Katatonie an-
zusprechen. Es handelt sich hier um eine besondere konstitutionelle
FÀrbung der Katatonie, die sich auf dem Boden der MotilitÀt be-
merkbar macht, nicht aber um eine Kombination zweier Krank-
heitseinheiten : ,, Epilepsie" und âKatatonie". Entsprechend an-
deren endogenen Erkrankungen kann somil von symptomatischen
KrÀmpfen bei Katatonie gesprochen werden.
Das Zwerchfellzentrum in der Gehirnrinde und der Singultus.
Neben einem bulbÀpen Zwerchfellzentrum ist ein kortikales Zen-
trum anzunehmen, das der willkĂŒrlichen Beeinflussung der
Zwerchfellbewegung und der t'eherlragung der Psychorcflexc
auf den Zwcrchfellmechanismus dient. Entsprechend gibt es
neben dem bulhÀren Singultus, der reflektorisch bei Druck auf
Vagus oder Sympathikus oder direkt durch Reizung des Phreni-
kus bzw. seiner Ohlongnlakcrnc entstehen kann, einen durch
Heizung des Zwerchfcllzenlrums in der GroĂhirnrinde bedingten
Singultus. Es werden 8 derartige FĂ€lle teils eigener Beobach-
228
Aus den neuesten Zeitschriften
10. Jahrg. â
Nr. 10.
tung. teils aus der Literatur zusammengestellt. Aus einem Fall
von Bergmark scheint hervorzugehen, daĂ das Zwerchfell-
zentrum in der oberen HĂ€flte des FuĂes der zweiten Stirnwin-
nung, und zwar vor der Naht des Arm- und Beinzentrums in der
Nachbarschaft des Zentrums fĂŒr die Bauchmuskulatur und im
Zusammenhang mit dem inspiratorischen Atemzentrum zu suchen
ist. Auf Grund einer ganzen Anzahl von FĂ€llen ist aber an-
zunehmen, daĂ es weit von dieser Stelle entfernt noch eine
zweite Stelle gibt, von der aus Singultus zustande kommen kann,
und zwar in unmittelbarem Zusammenhang mit den Zentren fĂŒr
die Phonation, das Kauen und Schlucken am FuĂ der vorderen
Zcntralwindung. Es ist aber zu vermuten, daĂ die erste Stelle
das eigentliche Zwerchfellzentrum ist und daĂ der von der
zweiten Stelle aus ausgelöste Singultus darauf zurĂŒckzufĂŒhren
ist. daĂ von hier aus eine Reihe von Assozinlionsfasern aus-
gehen, die die im FuĂ der Zentralwindungen sitzenden Zentren
mit dem weiter oben gelegenen Zwerchfellzentrum verbinden.
W. M isch (BerlinV
BeitrÀge zur Klinik der Tuherkulose, Berlin.
14 Januar 1922, 49, Heft 3.
â(ĂŒlit es e'nr Ausheilung Tuhrtfcul ? Bleibt «lau >ch Tuberkulin?
empfindlichkeit und ImmunitĂ€t zurĂŒck? K r a e m e r . C. -'.'ifl.
âInfluenza hei Tuberkulosen. L u n «1 c . N". 27?,.
âŠUntersuchungen auf Tuherkulose in einem thĂŒringischen Dorfe. Kreiss-
mann. 288.
Die Bedeutung der v>,«omntorische.i Erregbarkeit der Haut fĂŒr den \us-
fall der Pirauetschen Kutanreaktion aj« Ausdruck eines spezifischen
und unspezifischen âReizzustandes" des Körpers. Röcke mann. TV.
301.
Statistische Mitteilungen ĂŒber phthisische Erkrankungen bei versebi« den
genauen Sektionsmethoden. S c hi r p . K. .10*
Das Blutbild der Tuberkulose im Hochgebirge. Ell ol l , W 320.
Zur Klinik unklarer ehroniselier Lunsenprozes^e. Gerbsrti, H. 854.
âZur HĂ€ufigkeit der tuberkulösen Infektion im Schillilter. V o n e s s e n. 357.
Gibt es eine Ausheilung der Tuberkulose? Bleibt danach
Tuberkulin empfindliehkeit und ImmunitĂ€t zurĂŒck? (Die Anergie
als Antwort.) Die vielfach unklaren, sich teilweise widersprechen-
den Anschauungen ĂŒber die Bedeutung der Tuberkulinreaktion
sowie ĂŒber die Möglichkeit einer völligen Ausheilung der Tuber-
kulose lassen sich hei kritischer Betrachtung der Literatur sowie
auf Grund von Erfahrungen des Verf. einheitlich erklÀren. In
den Mittelpunkt der ausfĂŒhrlichen Erörterungen stellt K. die Tat-
sache, daĂ die Tuberkulinreaktion nur da nachweisbar ist, wo
das betreffende Individuum Antikörper produzierende Tuberkel -
hazillen beherbergt; nach völliger Ausheilung der Tuberkulose, sei
diese spontan oder durch physikalische Behandlungsmethoden oder
durch Tuberkulintherapie erfolgt, erlischt die Anergie: auch
gröĂte Tuberkulindosen lösen ebensowenig eine Reaktion aus. wie
sie dies bei einem gesunden, völlig tuberkulosefreien Individuum
tun. Das Vorkommen einer solchen vollkommenen anatomisch-
bakteriologischen Heilung ist durch Sektionsbefunde bestÀtigt.
Mit dem Eintritt der Anergie schwindet auch die ImmunitÀt:
diese ist, ebenso wie die Anergie ein Ausdruck des Vorhanden-
seins von Antikörpern. Die in neuerer Zeit von verschiedenen
Autoren angenommenen Reinfektionen im spÀteren Lebensalter
stehen im Einklang mit der Annahme des Verlustes der Im-
munitĂ€t nach vollkommener Heilung frĂŒherer Infekte.
Influenza bei Tuberkulösen. Typisches und atypisches Fieber.
Bei einer Influenzaepidemie in einem Lungensanatorium wurden
zwei verschiedene Typen des Fieberverlaufs beobachtet: eine
sthenischc und eine asthenische Form der Fieberkurve. Die
Sterblichkeit bei den FĂ€llen mit asthenischem Fiebertypus war
ungleich gröĂer als bei den mit sthenischem Fiebertyp verlaufen-
den FĂ€llen. Die Ă€uĂerliche Aehnlichkeit der beiden Fieber-
kurven mit Wachstumskurven von Choleravibrionen bei optimaler
und bei tieferer Temperatur sind fĂŒr den Verf. die Veranlassung,
die beiden Typen von Fieberverlauf als Spiegelbild verschie-
denen Wachstums der Erreger und dadurch bedingter verschie-
dener Reaktion des Organismus aufzufassen. Zum ausfĂŒhr
licheren Referat sind diese recht willkĂŒrlich erscheinenden hypo-
thetischen Anschauungen sowie die sich daran knĂŒpfenden epi-
demiologischen ErwÀgungen nicht geeignet. Die altbewÀhrte Be-
handlung mit heiĂen GetrĂ€nken und warmen Packungen gewinnt
fĂŒr den Verf. auf Grund seiner Theorien besondere Bedeutung-
.,sie erleichtert dem Organismus die eigene thermische Reaktion".
Untersuchungen auf Tuberkulose in einem thĂŒringisches
Dorfe. Das Fehlen einer einwandfreien Statistik ĂŒber die HĂ€ufig-
keit der Tuberkulose macht es wĂŒnschenswert, an kleineren Be-
völkerungskomplexen auf diesen Punkt gerichtete Untersuchungen
vorzunehmen. In einem thĂŒringischen Dorfe von 1300 Ein-
wohnern wurden solche Untersuchungen angestellt: es handelt
sich um eine wesentlich mit recht ungesunder Heimarbeit be-
schÀftigte Bevölkerung, die in der ganzen Umgegend als stark
tuberkuloseverseucht verschrien war. Auf Grund von Infor
mationen durch Fragebogen wurden die TuberkuloseverdÀchtigen
festgestellt; ein groĂer Teil aller Kinder wurde der Pirquet -
impfung unterzogen: Von den Vorschulpflicliligen reagierten
20 %, von den Schulpflichtigen 80 % positiv. Die mit besonderer
BerĂŒcksichtigung der Tuberkulose vorgenommene schulĂ€rztliche
Untersuchung ergab keine auffallend hohe Zahl von aktiven oder
ausgeheilten Tuberkulosen oder Skrofulösen. Auch die Unter-
suchung der Erwachsenen, soweit sie sich meldeten, konnte die
Meinung von der besonders starken Durchseuchung der Bevölke-
rung mit Tuberkulose nicht stĂŒtzen. Die Besichtigung der Woh-
nungen ergab sehr ungĂŒnstige hygienische VerhĂ€ltnisse, ohne daĂ
allerdings hier ein deutlicher Zusammenhang mit der HĂ€ufigkeit
tuberkulöser Erkrankungen in den betreffenden Familien nach-
weisbar gewesen wÀre.
Zur HÀufigkeit der tuberkulösen Infektion im Schulalter. Es
wurden von 650 SchĂŒlern einer Volksschule in Köln-Lindenthal
550 der Pirquetimpfung unterzogen: es ergaben sich nositive Er-
gebnisse in 57 % aller untersuchten FĂ€lle, bei den Kindern von
6 bis 7 Jahren war die Reaktion in 49%, bei den SchĂŒlern im
Alter von 13 und 14 Jahren in 76 % positiv. Aus Ă€uĂeren GrĂŒn-
den wurde die Impfung bei negativem Ausfall nicht wiederholt.
In Anbetracht der Tatsache, daĂ die Mehrzahl der Kinder aus
hygienisch recht gĂŒnstig gestellten Kreisen stammen, erscheinen
die Zahlen recht hoch. Manifeste Tuberkulose fand sich nur in
zwei FĂ€llen. Wolff 'Hamburg
Monatsschrift fĂŒr Kinderheilkunde, Leipzig.
Januar 1922. 22. Nr. 4.
â Laktation und Menstruation. S. I". n g e 1. 545.
âBronchiekrasie im Kindesalter. Piltz. .Vit.
Makrogenitosomia. G a b s c h u 8 m . f.. r>"4.
Distemum hepaticum beim Kinde. B i Ii I m e y c r . G. 567.
âSepsis Im SĂ€ug-linKsalter. S t r a u s k y . E. und S c Ii i I I o r . E. .'iflo.
â Herzmassage beim Wegbleiben d|.r Kinder. .T a p b a . A. ."i97.
H&utblutungen bei UrÀmie. Kaulen. G. ."i99.
Laktation und Menstruation. Auf Grund zahlreicher Beob-
achtungen in Klinik und Privatpraxis nimmt Verfasser an. daĂ
der Wiedereintritt der Menstruation bei mangelhaft sezernieren-
den BrĂŒsten die Folge des Nachlassens der BrusttĂ€tigkeit ist.
In den Kurven, die den MilchrĂŒckgang darstellen, spiegelt sieh
das Einsetzen des Menses in keiner besonderen Weise wieder.
Die Annahme, daĂ die Milchsekretion infolge der wiederein-
tretenden Menstruation nachlĂ€Ăt, mĂŒĂte demnach fallen gelassen
werden.
Beitrag zur Kenntnis der Bronehiektasie im Kindesalter. Die
kritische Studie zahlreicher einschlÀgiger FÀlle und Beobach-
tungen bestÀtigt aufs Neue die Anschauung, daà zylindrische wie
sackförmige Bronehiektasie eine im Kindesalter durchaus nicht
so seltene Erkrankung ist. Es ist wohl anzunehmen, daĂ eine
Reihe von erst in spÀteren Jahren erkannten FÀllen schon im
Kindesalter sich entwickelt hat. Klinisch kann die Erkrankung
so geringe Symptome darbieten, daà man bei ungewöhnlich lang
dauernder Pneumonie stets an sich entwickelnde Bronehiektasie
denken sollte. Aetiologisch ist die SchÀdigung der Bronchial-
wand das wesentlichste Moment, wÀhrend VerÀnderungen des
Lungengewebes und der Pleuren eine untergeordnete Roll«>
spielen dĂŒrften.
BeitrÀge zur Kenntnis des Sepsis im SÀuglingsÀlter. Bericht
ĂŒber 3 FĂ€lle von Sepsis bei SĂ€uglingen. An sich stellt die Sepsis
einen Sammelbegriff dar, unter dem verschiedene Krankheits-
formen zusammengefaĂt werden. Ein Fall bot das Bild einer
MelÀna mit schweren, allgemeinen HÀmorrhagien und unstill-
baren Blutungen, das Kind war 2 Monate alt, also jenseits der
Neugeborenenperiode, was besonders bemerkenswert ist. Bei
dem zweiten Fall gelang es den Verfassern, die enlerale Invasion
''Proteus) nachzuweisen. Der dritte Fall ist insofern beachtens-
wert, als er zeigt, daà SeptikopyÀmie im SÀuglingsalter eine
myeloische Reaktion im Blutbild verursachen fcÀnh.
Herzmassage beim Wegbleiben der Kinder. Verfasser hat
schon vor 10 Jahren ĂŒber gĂŒnstige Erfolge mit Herzmassage beim
Wegbleiben (Herzstillstand bei Spasmophilie berichtet. Seitdem
hat er weitere gute Resultate mit dieser Methode erzfeil.
Kack eil (Hamburg).
Aus de ii neuesten Zeitschriften
IM
tu. Jahrg. â Nr. 10.
Kurtschritte aui° dein Gebiete der Röntgenstrahlen.
28, Holt 6.
âZum Problem der Reizwirkung der Röntgenstrahlen. Biologische Ergebnisse
aus Versuchen au l'flanzen. 11 a 1 l> e r s t a c d t e r . L. und Simons.
A. 4B8.
âZur Röntgendiagnostik der Gallensteine. Rieder, 11. 512.
Zur Frage der doppelten Konturierung des Herzschaiteus im Röntgenbilde
bei Perikarditis. A m e 1 u n g . W. 519.
Köntgenologischer Befund in zwei FÀllen von metastatischem Karzinom der
WirbelsÀule und klinisch sowohl wie röntgenologisch unbekanntem l'ri-
mÀrherd. Scholz, TU. 625. 1
Perforation 4er Speiseröhre und Röntgendurchleuchtung. Ii c r « c r , 11., .
Der rndiologisc.be Befund bei Knocheukraukheiten. Kienböck. K. 538.
Zur Röntgeudiaguose des seltene» tiefsitzenden Ăsophagusdivertikels.
Freud, J. 559.
Zur Röntgenologie der Prostata. Kraft, F. 562.
Die Bilhnrziosis des Harusystems und ihre röntgenologische Diagnostik.
L o t s y. 569.
Ein Beitrag zur Lungeiueichnung. S a 1 o m o n . F. 574.
Die AbhÀngigkeit des Röntgenstrablenspektrujns von der Spannuugskur\ e
Kckert. 575.
Eine seltene Fraktur der WirbelsÀule. Sorge. 577.
Zur röntgenologischen Symptomatologie und zur Pathologie des Pneumo-
thorax Anhang: Drei FÀlle von ..UeberblÀhung des Mediastinums".
Fleischner. F. 578.
Zum Problem der Reizwirkung iler Röntgenstrahlen. Seit
900 sind eine ganze Reihe biologischer Versuche angestellt wor-
en, um an Pflanzensamen die W irkung der Röntgenstrahlen zu
ergrĂŒnden. HalberstĂ€dter und Simons haben an Saat-
bohnen und Saatweizen experimentiert und kommen zu folgenden
SchlĂŒssen: 1. Praktisch kann auch die kleinste Strahlenmenge
auf lebendes Gewebe schon eine Reizwirkung ausĂŒben. 2. Die
Reizbreite steht in einem umgekehrten VerhÀltnis zur Strahlen-
empfindlichkeit der Zelle. 3. Innerhalb der Reizbreite stellen die
mittleren Dosen das Reizoptimum dar, darĂŒber hinausgehende
oder darunter bleibende Dosen lösen eine flĂŒchtigere und ge-
ringere Reizwirkung aus. 4. Jeder Reizerscheinung geht eine ge-
wisse Latenzzeit voraus. Dieselbe steht in einem umgekehrten
VerhÀltnis zur Strahlenempfindlichkeit und zur Strahlenmenge.
5. Jedem schÀdigenden Strahleneinfluà geht erst ein Reizstadium
voraus, dessen Dauer in einem umgekehrten VerhÀltnis zur
Strahlenempfindlichkeit und zur Strahlenmenge steht.
Es kann also die biologische Wirkung der Röntgenstrahlen
auf die lebende Zelle, je nach der GröĂe der Dosis und der vor-
handenen Strnhlenempfindlichkeit und zur Strahlenempfindlich-
keit, sich Ă€uĂern:
L als Reiz, der zu einer schwachen und rasch wieder abklin-
genden oder zu einer stÀrkeren und nachhaltigen Funktions-
steigerung fĂŒhrt;
2. als anfÀnglicher Reiz, der durch nachfolgende Hemmung
wieder abgeschwÀcht oder kompensiert wird:
. als SchÀdigung, von der sich die Zelle wieder völlig erholt
(eventuell nach anfÀnglichem Reiz);
I als irreparable SchÀdigung der Zellfunktion (eventuell nach
anfÀnglichem Reiz);
. als Zelllod (eventuell nach anfÀnglichem Reiz).
Zur Röntgendiagnostik der Gallensteine. Professor Roeder
ehandelt eingehend dieses bisher wenig gepflegte Gebiet und
kommt zu dem Resultate, daà die röntgenographische Feststellung
der Gallensteine nicht so schwierig sei, wie bisher angenommen
wurde. Michaelis ('Bitter fehl .
Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und
Chirurgie, Jena.
1922. :>4, Heft 1
âŠFolgen der Hyperthymisation. Dem cl. 437.
Werl des âstalagmomctrischen Quotienten" fĂŒr die Differcntlaldiagnose
zwischen benignem und maligneim Tumor. Schemen ski. 451.
âZur Appcndizitisfrage. Rheindorf. 463.
Spei«eröhrencrweiterung und C irdi jspasmus. Meyer, H. 484.
Blutzucker bei chirurgischen Erkrankungen. S e i t z. 514.
âDuodeinaldivcrtikel. H o 1 z w e i s s i g. 627.
Körperfremde Zellgebilde im Kropf. XI e r k. 554.
Beobachtungen ĂŒber die Folgen der Hyperthymisation. Nach
Komoioplastischer Implantation von Thymusgewebe bei Ratten
konnten in der Hauptsache folgende Wirkungen festgestellt wer-
den: Die Hyperthymisation fĂŒhrt zu reichlichem Fettansatz; die
Ratten sind lebhafter und krÀftiger entwickelt. Das LÀngen-
wachstum der Knochen wird angeregt. Die Epiphysenfuge, bzw.
die Knorpelwucherungszone, ist breiter als bei den Kontroll-
lieren. Eine Beeinflussung der ĂŒbrigen innersekretorischen Or-
gane konnte nicht festgestellt weiden
Zur Appendioitisfrage. Rheindorf tritt wieder fĂŒr die
Anschauungen ein, die er bereits ausfĂŒhrlich in seiner Mono-
graphie âDie. W unnfortsat/.entzĂŒndung ' (1920; niedergelegt hat,
ohne wesentlich neue Punkte ZU berĂŒhren. Er behauptet, daĂ
das Krankheitsbild, das wir als chronische Appcndicitis zu be-
zeichnen pflegen und das wir aus den bekannten Symptomen der
dauernden quÀlenden, bohrenden oder krampfartigen Schmerzen
in der Blinddarmgegend mit oder ohne vorausgegangenen ty-
pischen Anfall diagnostizieren, garnichts mit einer EntzĂŒn-
dung des Wurmfortsatzes zu tun habe; diese Beschwerden sollen
durch EingeweidewĂŒrmer â fast ausnahmslos Oxyuren â her-
vorgerufen werden. Die differentialdiagnoslische Abgrenzung
dieser Erkrankung kann unter l instand«, n schwierig sein; es
wird hĂ€ufig fĂŒr die bestehenden Schmerzen eine Bctrollexio uteri,
ein Magenulcus, eine ĂŒvarie usw. verantwortlich gemacht und
der Kranke demgemÀà behandelt, ohne daà die Beschwerden
schwinden; eine sachgemÀà durchgefĂŒhrte W urmkur wĂŒrde dann
den Patienten heilen. Lie akute eitrige Appendizitis ist insofern
in ursÀchlichen Zusammenhang mit den Oxyuren zu bringen, als
sie durch sekundÀre Infektion der von den Oxyuren gesetzten
Schleimhautdefekte entsteht; ein normaler, keine WĂŒrmer ent-
haltender Wurmfortsatz kann demnach nicht an einer akuten
Appendizitis erkrankem. AuĂer der akuten und chronischen
Appendizitis stellt Rh. noch das Krankheitsbild der A. catarrhalis
superficialis auf: diese Form soll durch eine toxische Wirkung
der Oxyuren hervorgerufen werden; den Beweis hierfĂŒr bleibt
Rh. schuldig. Die Appendektomie wegen der bisher als âchro-
nische Appendizitis" bezeichneten Erkrankung ist nach Ansicht
des Verfassers völlig zu verwerfen: die richtige Therapie ist
eine anthelminthische Kur. Die Appendizitis ist mit geringen
Ausnahmen demnach als eine prophylaktisch vermeidbare Krank-
heit anzusehen: die Prophylaxe hat sich gegen die Verbreitung
der Oxyuren zu richten. Die Anschauungen Rheindorf's sind
noch sehr bestritten. Ref.;
Ein Beitrag zur Kenntnis der Duodeualdivertikel. 2C FĂ€lle
von Duodenaldivertikel werden eingehend, zum Teil mit mikro-
skopischem Befund, beschrieben. An allen Teilen des Duodenum
können solche vorkommen. PrÀdilektionsstelle ist die Umgebung
der Papilla Vateri. Die in der NĂ€he des Pylorus sitzenden Aus-
stĂŒlpungen, die hĂ€ufig mit einem I leus vergesellschaftet sind,
mĂŒssen fast stets als Traktionsdivertikel angesehen werden; ihre
Wandung besteht aus allen drei Darmschichten. Die ĂŒbrigen
Divertikel sind erworbene Pulsionsdiverlikel: sie stellen eigent-
lich nur Schleimhauthernien dar, die entlang eines BlutgefĂ€Ăes
oder des Ductus choledochus durch die Muskulatur der Darm-
wand hindurehtreten.
K. YY o h 1 g e m u t h Berlin .
Zeitschrift fĂŒr Geburlshilfe und GynĂ€kologie, Stuttgart.
November 1921. 84, Heft 2.
â Die l'nzuverlĂ€ssigkeit der Serumuntersuchung auf Syphilid bei Sehua/s-
. geren und GebĂ€renden. BtĂŒhmtr, A. und Dreyer. K. 289.
Haben auch VerÀnderungen der kindlichen EihÀute Einfluà auf die Zeit
des BlasensprungsV N a Ii j b k s , H. 304.
lieber die Indikationsstellung zur Retraasfusion in die Bauchhöhle ergosse-
nen Blutes. Zimmer m a n n , Robert. 335.
âŠBeitrag zur Behandlung des fieberhaften Aborts und einiges ĂŒber die kri-
minellen Aborte ĂŒberhaupt. Offermann. Walter. 356.
âZur Uebertragung pathogener Keime zwitschern der Kreissenden und Wöch-
nerin und dem Neugeborenen. C 1 a u Ă . E. 385.
âZur Klinik der TubargraviditĂ€t, insbes. ĂŒber das spĂ€tere Schicksal operier
ter FĂ€lle nebst Bemerkungen ĂŒber die Reinfusion bei Rupturen. Löhn-
b e r g , Ernst. 404.
I i her das Körpergewicht Schwangerer und den Einfluà der bevorstehenden
tieburt auf dasselbe. Lorenzen. H. 426.
Ein Beitrag zum Wesen der Saprophyten des weiblichen tJenitalkanals.
S te j ii Ii e r g , Adolf. 447.
Zur Frage der Vakzinediagnostik und -therapie der aszendierenden Go-
norrhoe des Weibes. Weinzierl. Egon R. 468.
UnzuverlÀssigkeit der Serumuntersuchung auf Syphilis bei
Sehwangeren und GebĂ€renden. Verff. stellten an gröĂerem Mate-
rial Untersuchungen ĂŒber die Frage an, ob es sich empfiehlt,
Schwangere und GebÀrtmde auf Lues zu untersuchen. Von den in
Betracht kommenden Blutentnahmequellen erwies sich Nabel-
schnurvenenblut als nicht verwertbar, da es auch bei sicher fest-
stehender Lues zuweilen negative Reaktion gab, Retroplazentar-
venenblut lieferte sehr unsichere Ergebnisse, am ehesten ist Arm-
venenblut der Mutter verwertbar.
Unter den serologischen Methoden erwies sich Sachs-Georgi
als am brauchbarsten, da hierbei am seltensten unspezifische po-
sitive Reaktion, d. h. positiver Ausfall bei sicher nicht luetischer
Frau gefunden wurde, etwas hÀufiger unspezifische positive Re-
aktion gab die Originalmethode Wassermann, noch mehr deren
230
Aus
den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 10.
Modifikation nach Sinn. Dieser positive unspezifischc Ausfall
bei GebÀrenden wird auf Leber- oder Plazentarslollwcchselpro-
dukte zurĂŒckgefĂŒhrt.
Verff kommen zum SchluĂ: Die Serumuntersuclumgen wah-
rend der Schwangerschaft und besonders wÀhrend des Gebar-
aktes sind nicht zuverlÀssig und rechtfertigen daher, obwohl an
sich iede Möglichkeit, die luetische. Durchseuchung des \ o kes
einzudĂ€mmen, ins Auge gefaĂt werden muĂ, nicht die aus plan-
mĂ€Ăiger DurchfĂŒhrung in den GebĂ€ranstalten erwachsende Be-
unruhigung.
Zur Behandlung des fieberhaften Abortes und einiges ĂŒber
den kriminellen Abort. Verf. bekÀmpft die aktive Therapie beim
fieberhaften Abort und tritt fĂŒr abwartende Behandlung ein, wo-
bei er zwischen völlig exUpektativem Verhalten einerseits und
anfÀnglich abwartender, aber nach Entfieberung zur AusrÀumung
schreitender Behandlung des noch nicht erledigten, d. h. noch
blutenden Abortes unterscheidet. Er belegt seine Auffassung nnt
einem Material von 74 fieberhaften Aborten der GieĂener Klinik
aus den Jahren 1919 und 1920, von denen jedoch 10 wegen Sonder-
stellung nicht verwertbar sind. Bei den restlichen 64, hallen
waren- 24 exspektativ behandelte mit 4 % Komplikationen und
4 % MortalitÀt, 19 wurden zuerst abw artend, dann aktiv behandelt,
mit 0 % Komplikationen und 0 % MortalitÀt, 12 wurden in der
Klinik aktiv mit 33 % Komplikationen und 0 % MortalitÀt . be-
handelt 6 poliklinisch aktiv mit 100 % Komplikationen und .33 A
MortalitÀt. Verf. folgert hieraus, daà die aktive der völlig oder
anfÀnglich abwartenden Therapie unterlegen ist, insbesondere bei
kriminellen Aborten, bei denen noch Uterusperforationen vor-
liegen können Einzelheiten ĂŒber die Bedeutung der hĂ€molytischen
und anhÀmolytischen Streptokokken. ( An de m riesig zu nennen-
den Material der 1. und II. MĂŒnchner Umv.-h rauenklmik wird
die aktive Therapie auch beim fieberhaften Abort mit guten,
Erfolg eingehalten. Ref.)
Aus dem Anhang ĂŒber kriminellen Abort sei hervorgehoben,
daĂ nach den Feststellungen des Verf. auf 7 Ledige 12 Verhei-
ratete aus Arbeiterkreisen kommen. .(Dieses VerhÀltnis bestÀtigte
sich auch in den gerade abgeschlossenen MĂŒnchner Massenpro-
zessen gegen 81 Frauen und MĂ€dchen, wo es sich um weitaus
mehr Verheiratete als Ledige handelte. Ref.)
Zur Uebertragung pathogener Keime zwischen der Kreissen-
den und Wöchnerin und dem Neugeborenen. Verf. machte bei
65 MĂŒttern und Neugeborenen Abimpf ungen von Brustwarzen und
Vagina bezw. kindlichem Mund und Rectum. Die hÀmolytischen
Keime, meist Staphylokokken, fanden sich an der mĂŒtterlichen
Brust fast stets bedeutend frĂŒher als im Mund des Neugeborenen,
so daĂ der KeimĂŒbergang von der Mutter auf das Kind als die
Regel in umgekehrter Richtung als Ausnahme anzusehen ist.
AnhĂ€molytische Keime fanden sich stets an der mĂŒtterlichen
Brust Die Besiedelung der Brustwarzen mit hÀmolytischen
Keimen nahm im Lauf des Wochenbettes zu. DaĂ anhamoly-
lische Keime von der Brust in die MilchdrĂŒsen gelangen und so-
zusagen retrograd hÀmolytisch werden, erscheint nach systema-
tischen Milchuntersuchungen nicht wahrscheinlich.
Verf versuchte, durch anliseptische UmschlÀge und Behand-
lung mit pulverisiertem Zucker die Bakterien zu bekÀmpfen. Er-
gebnis- Es erscheint nicht zweckmĂ€Ăig, durch energische Be
kĂ€mpf ung der Keime gröĂere Keimarmut zu erstreben, da man
diese zwar erreichen kann, aber nur um den Preis einer Zu-
nahme der Rhagaden und damit einer BeeintrÀchtigung der Still
fĂŒhigkeit. Es empfiehlt sich daher die Beibehaltung der ĂŒblichen
prophylaktischen Betupfung der Brustwarzen mit 60 % Alkohol
und Behandlung etwaiger Rhagaden mit Perubalsam, Benzoe-
sÀure-Glyzerinmischung.
Zur Klinik der TubengraviditĂ€t, insbesondere ĂŒber das spĂ€tere
Schicksal der operierten FĂ€lle. Die Ursache der Tubengraviditat
liegt vermutlich in katarrhalischen . VerÀnderungen der lube.
Trotz der naheliegenden Annahme, daà solche VerÀnderungen
meist doppelseitig sind, ergaben die Untersuchungen der Verff.,
daĂ doch sechsmal mehr Patienten, nachdem sie wegen Tuben-
graviditÀt einseitig operiert, wieder normal intrauterin gravi'!
wurden als rezidivierend in der anderen Tube. Damit wird die
derzeit herrschende operative Praxis, bei Tubengraviditat nur
die gravide Tube zu entfernen, bestÀtigt. Die Operation hinter-
laĂt im ĂŒbrigen meist normalen Genitalbefund, nur ein Drittel
der FĂ€lle wies bei den Nachuntersuchungen entweder Infiltra-
tionen auf, die keine Beschwerden machten, oder Relroflexio
Ii x ci t n
Von der Retransfusion des in die freie Bauchhöhle ergos-
senen frischen Blutes sahen die Verff. in 14 FĂ€llen nur Gutes.
(Auch Ref. sah erst vor wenigen Tagen wieder in der Doder-
leinschen Klinik die wunderbar belebende Wirkung der Auto-
liansfusion, zugleich aber auch den groĂen aseptischen, dazu
erforderlichen Apparat und die bei nicht auf gleich souverÀner
Höhe stehenden Operateuren vielleicht peinlich anmutende Span-
nung der ersten Minuten, bis man an dem groĂen blutgefĂŒllten
Trichter das tatsÀchliche Einlaufen des Blutes in die Spermatical-
vene wahrnehmen kann.) Kuhn (MĂŒnchen).
Archiv fĂŒr GjnĂ€kologie, Berlin.
24. Oktober 1921, 115, Heft 1.
»M'rimat der Eizelle, Corpus luteum, Menstruatiohszyklus und (ienc-e der
Myome. S e i t z . L. l.
âDer meĂ€suelle Zyklus bei akut- und chronisch-entzĂŒndlichen Adncxerkran-
kungen. S eh rĂŒder. R. und Neue n d o r f i â V i e k . Frieda. i.">.
Beitrag- zur Frage: Herzfehler und Schwangerschaft. Werner. P. und
Stiglbauer, Rud. 41.
â Weiterer Beitrag zur Kenntnis der Nierenfiinktion hei gesunden und kranken
.Schwangeren und Entbundenen. W e r 11 e t . P. 63.
â Experimentelle Untersuchungen ĂŒber die ToxizitĂ€t von Plazentalipniden. mit
Bezug auf die Aetogenese der Puerperaleklampsie. S c h ii n f c 1 d . II. E. H.
80.
BeitrÀge zur Frage der Osteophytenbildung in der Schwangerschaft. Die y-
f u Ă , Ed. 126.
Die Ulzerationen der Vagina. Zugleich Mitteilung ĂŒber je einen Fall von
sog. ule. rotundum u. nie. varicos. vaginae. .Schröder, B. nun
K u h 1 m a n n . E. A. 145.
Zur Kenntnis des Papillom« portionis uteri, ins bes. des Papiiloma vemico-
sum. M e y e f . Robert. 167.
FebCT ein sehr junges menschliches Ei in situ. Temesrary. Xik. IM.
Zur Bildung des Frnierenleistenbandes und zur Adenomyomlehre. M e > e r.
R. 199.
Primat der Eizelle, Corpus luteum, Menstruationszyklus und
Genese der Myome. Von seinen mit YVintz und Fingerhut vorge-
nommenen bekannten grundlegenden Corpus luleum-Untersuchun-
een ausgehend betont S., entgegen R. Meyer, daĂ nicht das hl.
sondern die Sekretion des Corpus luteum die Menstruationsblutung
bewirke, insbesondere spreche auch dafĂŒr, daĂ selbst nach Emp-
fÀngnis also bei lebendem Ei, Menstruation vorkommt. Die
SelbstÀndigkeit der Theca- und Luteinzellen geht nach S. insbes.
auch daraus hervor, daĂ erst wenn das Ei ausgetreten und, sich
rÀumlich von dem Follikel trennend, seine Wanderung begonnen,
die Theca- und Luteinzellen in hohem MaĂe zu wachsen beginnen,
die temporĂ€re, innersekretorische DrĂŒse des Corpus luteum nun-
mehr bildend. .-..-,./> u i t
Die Wirkung der inneren Sekretion ist auch fĂŒr die Geschwulst-
lehre bedeutsamer, als man z. Z. annimmt. Es ist nach S irrig,
zu glauben, daĂ es im Klimakterium die verminderte Blutzufuhr
zu den Genitalien ist, welche die Myome nicht mehr wachsen laĂt,
HyperĂ€mie kann fĂŒr die GeschwĂŒlste schon deshalb nicht so be-
deutsam sein, weil ja gerade in den blutleeren atrophischen Uten
und BrĂŒsten der Greisinnen die meisten Karzinome entstehen
So wie der französische Physiologe Gley neuerdings von Harmo-
zonen spricht, die als normale Sekrete der endokrinen Druse Bil-
dung und Wachstum eines Organs bewirken, so könne man analog
annehmen, daà pathologisch verÀnderte Hormone auch blastoma-
töses Wachstum bewirken. Es mĂŒsse daher das Gescnwulst-
nroblem allgemein durch vertiefte biologisch-chemische For-
schung neben den Arbeiten der rein morphologisch orientierten
Forscher gefördert werden.
Der menstruelle Zyklus bei akut- und chronisch-entzĂŒndlicher
Adnexerkrankungen. Zum Ausbau und zur Vertiefung der vor
Hitschmann und Adler geschaffenen Lehre, wonach die . glandn
lÀr-endometriti sehen Bilder nur verschiedene Funktionsbilder da
normalen Uterusschleimhaut sind, untersuchen die Verff. m lot
FĂ€llen die vonNoxen getroffene Uterusschleimhaut. Das duret
Operation erhaltene Material ergab: Bei nur wenige Tage altei
EntzĂŒndung war deren Bild (Infiltrate, ^m*âąlY ^'«IZ
normal mit Eiern. Follikeln und Corpora lutea erhalten geblie
benen Zyklusbild aufgepfropft, wÀhrend bei stÀrkerer, langei
dauernder EntzĂŒndung dieses Bild Verwischt war, Corpora Ilde;
nicht mehr auffindbar, Ovarien von Abszessen durchsetzt. Da,
Endometrium neigt aber sehr zur Restitution, so daĂ, wenn di.
Vdnexoperalion wegen Beschwerden gemacht wurde, das Endo
metrium selbst sich hÀufig als ausgeheilt darstellte, woraus sie
ergibt daĂ die Schleimabsonderung nur noch aus der Zern,
erfolgt sein konnte. Therapie ist daher, wenn es sich nicht im
isolierte, ohne Einwirkung der Adnexe ablaufende Endometritg
z B. post abortum, infolge Tumoren, Polypen usvv. handelt. ni
auf Ausheilung des Zervixkatarrhes zu richten, intrauterine Spul
ehandlung aber streng zu meiden. Klinisch wurden die bekann
feT symitome, Schmerlen, peritonitische Erscheinungen, unregd
mĂ€Ăige Blutungen gefunden.
Weiterer Beitrag zur Kenntnis der Nierenfunktion bei ge-
sunden und kranken Schwangeren. Die Untersuchungen des Ver
an der Wiener Univ.-Frauenklinik bestÀtigen die schon mehrtac
40. Jahrg. â Nr. 10.
A u s (1 e n ii 6 u c s 1 c n / <âą i I s <âą Ii ritt e h
, von anderer Seile erhaltenen Ergebnisse, daĂ bei leichlen Albumi
nui'ien geringe, bei schweren eine starke Störung der NaCl-Aus
Scheidung sowuhl hinsichtlich Menge als Konzentralion eintritt,
[ ebenso Störung der Wasserausscheidung, dagegen nur in ganz
geringem Grade der N-Ausseheidung. Der liĂŒckgang der Funk-
tionsstörungen erfolgt na c'n der Geburl entsprechend der Schwere
V der vorangegangenen Störungen, aber im allgemeinen VerhÀltnis
mĂ€Ăig rasch, hei dekompensierlen Vitien fand sich Verzögerung
der N- und NaCl-Ausscheidung sowie BeeintrÀchtigung der Kon-
vent ralionsfÀhigkeit der Niere. Oer einzige Fall von chronischer
â Nephritis interessiert weniger, weil die Frucht abgestorben
[.monatelang relinierl wurde. W. kommt zu dem auch fĂŒr den
â Praktiker, welcher leicht sicli die einzelnen Urinportionen seiner
k Patienten aufheben lassen -und sie quantitativ und wenigstens
t hinsichtlich des spezifischen Gewichtes bestimmen kann, verwert-
E baren Resultat, daĂ, wahrend bei Gesunden auĂerordentliche
â Schwankungen hinsichtlich Menge und Konzentration der cinzel-
â nen Portionen vorhanden sind, bei den Kranken eine gewisse
MSlarrheit auffallt, âdie ElastizitĂ€t der Niere ist verloren ge-
â gangen". (Den Kennern des Volhardschen Werkes sowie der Ar-
beiten von Fetzer, Eckeil, Holzbach, v. Jaschke ist diese Tal-
â sache gelĂ€ufig. Die Arbeit erweist jedoch aufs Neue den Werl
der Funktionsproben. Ref.)
Experimentelle Untersuchungen ĂŒber die ToxizitĂ€t von
Plazentalipoidcn mit bezug auf Eklampsie. Verf. bereitete nach
l genau beschriebenem Verfahren, dessen Einzelheiten im Original
i nachzulesen sind, Aelher- und Alkoholextrakte aus Plazenta, die
er inlrapleural bei MĂ€usen injizierte. Aelherextrakt hatte keine,
Alkoholextrakt gute Wirkung, Glyzerinzusatz wirkte aktivierend.
Von gewissen Dosen ab traten Konvulsionen ein, autoptisch fan-
den sich eklamptische Leber, Nierendegeneration. Die Ursache
fĂŒr die Konvulsionen in der Eklampsie liegt in einem von der
I Plazenta in den giftfĂŒhrenden Lipoiden ausgeschiedenen Stoff,
welcher aber infolge der normalerweise ausgeschiedenen Gegen-
\ gifte nur ausnahmsweise Eklampsie erzeugen kann. Therapeu-
f tisch folgt, daĂ man den Giftspiegel im Blut durch AderlaĂ herab-
setzen soll (die Zweifel'sche AderlaĂtherapie, Ref.), worauf die
I entnommene FlĂŒssigkeitsmenge durch Ringer'sehe Lösung zu er-
»setzen ist. Aus dem selteneren Auftreten der Eklampsie wÀhrend
I des Krieges in Deutschland folgert Sch., daĂ Vermeiden von Feit
I. und Fleisch nĂŒtzlich sei, und die MilchdiĂ€t nicht so notwendig, als
â .von französischer Seite angenommen wird, da ja den deutschen
»Frauen keine MilchdiĂ€t zur VerfĂŒgung gestanden habe. Die so-
â forligc Darmentleerung nach Pinard wird von Sch. fĂŒr zweck
â mĂ€Ăig erachtet, da vom Darm aus vielleicht ein aktivierender
â Stoff ins Blut gelange. Wissenschaftlich tritt Verf. fĂŒr vermehrte
Lipoidenbestimmung im Blut gravider ein, da die Lipoide die
[eigentlichen GifttrĂ€ger seien. Kuhn (MĂŒnchen).
Archiv fĂŒr Hygiene, MĂŒnchen und Berlin.
1921, 90, Heft 6, 7, S.
Desinfektionswirkung wÀsseriger Formaldshydlösungen. (S c g ein Ii a u e r,
V. 239.
âKritische Untersuchungen Uber die Aetiologic der Influenza. Angerer,
C. v. 254.
Einfluà schlechter kohlensÀurereicher Luft sowie von Lichtabschluà auf
wachsende Tiere. C r o p p , F. 279.
Abtotung der Tuberkelbazillen im Sputum mit chemischen Desinfektions-
mitteln. Uhlenhutb, P. und Jötten. \\ . 291.
Beitrag zur Frage, der InvasionsfÀhigkeit der im amerikanischen Speck
enthaltenen Trichinen nebst Versuchen Uber den Einfluà der Tröcken-
pökehing auf die LebensfĂ€higkeit der Muskeltrichinen. S ĂŒ s k i n d , E.
33G.
Kritische Untersuchungen ĂŒber die Aetiologie der Influenza.
Auswertung der Ergebnisse von 183 veröffentlichten Arbeiten.
Aus diesen ergibt sich, daĂ die positiven Influenza-Bazillen
Befunde bei Epidemiebeginn vereinzelt sind und mit der Dauer
'.der Epidemien zunehmen. Von zahlreichen Autoren wurden
Influenza-Bazillen nicht gefunden, obwohl sie in verschiedenen
Krankheitsstadien verschiedene Teile des RespirationstraktĂŒs,
teilweise mit nachgeprĂŒften NĂ€hrböden, unter gĂŒnstigen Bedin-
gungen absuchten. Auch mikroskopisch wurden hier keine Be-
funde von Influenzabazillen erhoben. Verf. schlieĂt daraus, daĂ
in groĂen Gebieten Deutschlands im Anfang der Grippeepidemien
Influenzabazillen nicht vorhanden waren. Zwei Herde scheinen be-
standen /.ii haben, einer in der Gegend StraĂburg, Heidelberg,
Germersheim, Koblenz, Marburg, ein anderer in der Gegend
Breslau, Prag, Tcschen, Troppau. Bei nichl an (n ippe erkrankten
Personen wurden Influenza-Bazillen hÀutig gefunden, mancher
| Orts sogar hÀufiger als bei Grippekranken. Impfung eines Affen
durch Tröpfchen von Influenza-Bazillenkultur und Sputum blieben
erfolglos. Andererseits war versprĂŒhtes Sputum fĂŒr Menschen
hochgradig infektiös, wenn es von Grippekranken stammte, auch
wenn keine Influenza Bazillen nachzuweisen w aren. Verf. schlieĂ!
daraus, daà der Erreger der Grippe ein nach den gewöhnlichen
Methoden nicht darstellbares Gebilde sein muĂ, daĂ somit der
Influenza-Bazillus nicht der Erreger sein kann. Untersuchungen
mit filtriertem Material verliefen teils ergebnislos, teils ergaben
sie mikroskopisch, kulturell und durch Impfvcrsuch positive Re-
sultate. Auf Grund der Aussprache auf dem Mikrobiologentage
(Jena 1S)'20) faĂt Verf. seine Erhebungen dahin zusammen, daĂ
der Influenza-Bazillus ein sieher fĂŒr Tiere, wahrscheinlich auch
fĂŒr Menschen pathogenes StĂ€bchen ist, das hĂ€ufig bei Grippe,
aber auch bei anderen Krankheiten, wie Masern und Keuchhusten,
gefunden werden kann. Sein Zusammenhang mit der seuchen
halten Verbreitung der Grippe ist nicht ersichtlich. Er kommt
daher als P r i m À.r erreger nicht in Betracht.
W. Weisbach .Halle, Saale).
Zeitschrift fĂŒr soziale Hygiene, FĂŒrsorge und Kranken -
hauswesen, Berlin.
Heft 7.
âZur Kritik der AntrĂ€ge betri Ks Aufhebung re&p. Aenderung der Abtreibungs-
paragrapheoi. W y g o d z i ⥠s k i. 193.
Die Stellung des Gevrerbearzt.es. T e 1 e k y. 199.
Wie wird durch die öffentlichen VersicherungstrĂ€ger am ZweckmĂ€Ăigsten
die Tuberkulose bekÀmpft? Pae tsch. 207.
âUeber dici neuen SĂ€tze der Reifehsivochenhilfe. Sa'lömon. 210.
Zur Kritik der AntrÀge betreffs Aufhebung resp. Aenderung
der Abtreibungsparagraphen. Dr. Martha Wygodzinski
bekÀmpft in lebhafter sachlicher W eise jenen gemeingefÀhrlichen
Antrag der sozialistischen Parteien, nach welchem die Abtreibung
straflos sei, wenn sie von der Schwangeren oder einem staatlich
anerkannten Arzte innerhalb der ersten 3 Monate der Schwanger-
schaft vorgenommen wird.
Ueber die neuen SĂ€tze der Reichswochenhilfe. Salomen
macht den beherzigenswerten Vorschlag, das Wochengeld nicht
zu erhöhen, sondern in alter Höhe entsprechend lÀnger zu geben,
da erfahrungsgemÀà das Abstillen mit dem Ablauf der Stillbei-
hilfe zusammenfÀllt. Paul Michaelis (Bitterfeld).
Hygiea, Stockholm.
30. November 1921, 83, Nr. 22.
â Pathogenese und Behandlung der Rachitis. J u n d e 1 1 . J. 7i3.
Pathogenese und Behandlung der Rachitis. Der Verfasser be-
trachtet die Rachitis als Folgeerscheinung einer Ueberbelastung
der allgemeinen ErnÀhrungsfunktionen der Zellen (Energiebildung
und Körperansatz) durch absolute oder relative UeberernÀhrung,
indem er sich vorstellt, daĂ eine zu starke Inanspruchnahme dieser
allgemeinen nutritiven Punktionen den mehr spezifischen Leistun-
gen der Zellen Abbruch tue, in Sonderheit auch in gewissen endo-
krinen DrĂŒsen die Bildung spezifischer Stoffe beeintrĂ€chtige, deren
Mangel dann das Krankheitsbild der Rachitis als Ausfalls-Er-
scheinung hervorrufe. Zu einer solchen Ueberbelastung fĂŒhre
jedes MiĂverhĂ€ltnis zwischen Nahrungsmenge und âFu nktion s-
kraft der nutritiven SphÀre der Zelle n", welche auf
Grund hereditÀr-konstitutioneller Momente primÀr verschieden
stark entwickelt und besonders auch sekundÀr durch schÀdigende
Ă€uĂere Einwirkungen (ungĂŒnstige hygienische VerhĂ€ltnisse,
Domestikation, Infektionen, ErnĂ€hrungsstörungen, unzweckmĂ€Ăig
Zusammengesetze Nahrung) derart geschwĂ€cht sein könne, daĂ
auch noch bei Zufuhr u n t e r physiologischer Nahrungsmengen
eine relative UeberernÀhrung denkbar sei.
Auf Grund dieser Vorstellung hat J. seit mehreren Jahren die
Itachilis âzielbewuĂt mit relativer Inanition" behandeil
und damit beginnende und leichtere FĂ€lle ohne weitere MaĂ-
nahmen, schwerere und schwerste FĂ€lle unter gleichzeitiger Ph.-
Lebertran-Darreichung (4 X tgl. 0,00025:5,0 und 3 X tgl! 0,0005:5,0)
heilen können, wogegen sich diese letztere Medikation allein,
bei fori bestellender relativer UeberernÀhrung, recht unsicher in
ihrer Wirkung erwies.
Beschaffenheit der Hungerkost: Energie-Quotient
(55â 70.
a) u n n a .tĂŒr liche E r n Ă€ Ii r u n g : Herabsetzung des Milch-
anteiles auf 60 â 75 % der B u diu' sehen Zahl (nur bei gleich-
zeitiger Tetanie völlige Ausschaltung der Milch!) Beibe-
haltung des ĂŒblichen Mischungs- VerhĂ€ltnisses, Zubereitung
der VerdĂŒnnungssuppe fĂŒr die ersten 3 Monate aus Dextrin
Maltose-PrĂ€paraten, Zucker, Mehl, fĂŒr die spĂ€teren aus
WeizengrĂŒtze, HafergrĂŒtze, Griesmehl. (Zusatz der abge-
kĂŒhlten Supe zur ungekochten Milch!) Ausgleich der FlĂŒssig-
Aus den neuesten Zeitschriften
4U. Jahrg. â .Nr.
keitsunterschreitung durch Beigabe von Tee und Fleisch-
brĂŒhe (vom ersten Monat an!), von echtem Fruchtsaft (vom
3. Monat an) und Schokolade.
Vom 6. Monat an BeifĂŒtterung von HafergrĂŒtze, Kartoffel-
mus, GemĂŒse, Frischobst (Aepfel, Birnen, Banane), Eigelb,
Ganzei, Fisch, Fleisch,
b) NatĂŒrliche ErnĂ€hrung: Verminderung der ĂŒblichen
Tagestrinkmenge um etwa 40 %. Ersatz der ungefÀhren
HĂ€lfte des so entstehenden Ausfalles an Kalorienzufuhr durch
BeifĂŒtlerung im Sinne von a).
Kontraindikation : ErnÀhrungsstörung.
Die Kost wurde mithin schon sehr frĂŒh abwechslungsreich ge-
staltet, so daĂ man versucht sein konnte, auf diesen Umstand
etwaigen Erfolg der Hungerkost gegen Rachitis zurĂŒckzufĂŒhren.
Doch spricht gegen diese Möglichkeit die an 68 FÀllen erfolgte
Feststellung, ĂŒab durch bloĂe abwechslungsreiche Kost ohne
gleichzeitige BeschrÀnkung der Nahrungs menge (bezw. An-
zahl der Mahlzeiten) die Rachitis weder verhindert noch mit
gleichem Erfolge zur RĂŒckbildung gebracht werden kann, wĂ€h-
rend sich umgekehrt auch mit einseitig zusammengesetzter
Kost ein gĂŒnstiges Ergebnis erzielen lieĂ, wenn sie in herabge-
setzter Menge gereicht wurde.
Besonders aus der nachteiligen Wirkung der (relativen) Ueber-
iĂŒtterung mit an sich zweckmĂ€Ăig zusammengesetzter Nahrung
folgert der Verfasser, daĂ die Rachitis keine A vi ta rui-
nöse sein könne. Im gleichen Sinne verwertet er die Beob
achtung, daĂ eine von ihm angewandte, der Czerny-Klein-
s c h m i d t ' sehen Buttermehlnahrung entsprechend zusammen
gesetzte Fettmilchmischung, bei der der Sahne- und Magermilch-
anteil u n e r h i t z t der abgekĂŒhlten VerdĂŒnnungssuppe zugesetzt
wurde, noch öfter und dabei noch schwerere Rachitis hervorrief
als die in ĂŒblicher Weise erhitzte Buttermehlnahrung.
Auch fĂŒr den Lebertran bezweifelt J. einen Zusammen-
hang seiner antirachitischen Wirkung mit einem vermeintlichen
Gehalt an Vitaminen unter Hinweis auf die Raubfischnatur der ihn
liefernden Gadus-Arten, von denen feststehe, daĂ sie sich nur in
ihrer allerfrĂŒhesten Lebensperiode vom Vitamine spendenden
Plankton nÀhren.
In eigenen Versucnen erwiesen sich ihm schlieĂlich zweier-
lei Milcharten, die in Anbetracht der entgegengesetzten Behand-
lung und FĂŒtterung der betr. Tiere (GewĂ€hrung ausgiebigen
Weideganges und fast ausschlieĂliche GrĂŒnfĂŒtterung bei dem
einen, StallfĂŒtterung mit ErdnuĂ- und Leinensamenkuchen, Weizen-
kleie, gemischtem Hafer, Quelscherbsen und altem Heu bei dem
anderen) einen ganz verschiedenen A. -Vitamin-Ge-
halt aufweisen muĂten, hinsichtlich VerhĂŒtung oder Heilung von
Rachitis bei Ausschaltung anderer Heilfaktoren (Ph. -Lebertran,
relative Inanition) in gleichem MaĂe völlig unwirksa m.
Schnabel (GieĂen
El siglo medico, Madrid.
69, 3554.
Diagnose zweier FĂ€lle \on hernia diaphragiuatiea. C a s t e I 1 u i , J. C. 58.
âInjektion von Ziegenmilch bei chronischen Darmstörungen in der ersten
Kindheit. R o d r i g u e z . .7. D. 60.
Behandlung der Lungentuberkulose mit natĂŒrlichen Mitteln. V i 1 1 e g a s ,
E. 62.
Die Niere und die Giykosurien. Caballero y Fernande/.. .1. i>4.
Verbesserung des Gesundheitszustandes in Spanien. An tu na n o , I.. M. 17
Injektion von Ziegenmilch bei chronischen Darmstörungen in
der ersten Kindheit. Ein Kind von 45 Monaten leidet seit den
ersten Monaten an chronischem Darmkatarrh; die ersten drei
Monate wurde es genÀhrt, dann erhielt es Ziegenmilch. Seitdem
schlechte Entwicklung; alle angewandten Mittel schlugen fehl:
nach 4 Injektionen (subkutan) von Ziegenmilch in Zwischen-
rĂ€umen von 3 Tagen â 0,5 cem, 1 cem, 2 cem, 4 ccin â die ohne
jede fieberhafte Reaktion vertragen wurden, besserte sich das
Kind zusehends, die DurchfÀlle hörten auf, das Gewicht stieg
dauernd. Verfasser nimmt an, daĂ eine Anaphylaxie gegen
Ziegenmilch bestand, durch die Injektionen wurde nun eine
.,Antianaphylaxe" gegen die Ziegenmilch hervorgerufen und so
die ursprĂŒnglichen Störungen behoben. Lurje.
Paris Medical, Paris.
14. Januar 1922, 12, Nr. 2.
âą{âąSemiotLschei Wert der Exophthalmie. Terrieu. F. 33.
KarziuombekÀmpfung. D i e x\ i a f 6. 41.
âFall von energisch behandelter Syphilis. O r p h a n i d e s. 44.
Diagnostische Bedeutung der Exophthalmie: Pseudoexoph-
thalmie kann vorkommen bei Myopie rapider Zunahme der-
selben wÀhrend der Rekonvaleszenz von einem Typhus, der als
Ursache hierfĂŒr angenommen wird), dann bei Hydrophthalmie
(bupnthalmosj; abnorme VergröĂerung des Augapieis bei kincl
lichem Glaukom (keine Hypertension, keine Schmerzen, wie hu in
Erwachsenen), bei VergröĂerung der Lidspalte bei Facialis-
paralyse oder bei Brandwunden der Lider. Ferner kann sie
vorgetÀuscht werden durch lokale Eigenschaften der Orbita
(Tonus u. a.), z. B. bei FettsĂŒchtigen. Endlich gibt es eine physio-
logische Exophthalmie beim Klalfen der Augenlider infolge man-
gelnder Kontraktion des Orbikularis oder des Levator, beim
V orwÀrlsneigen des Kopfes (Stauung des venösen Abflusses), in-
folge von Kompression der Jugularvenen am Halse, endlich bei
starker Inspiration und Anhalten der Exspiration. Richtung der
Lxophlalmie: Direkt nach vorne bei einem Tumor der Seh-
nerven oder in dem durch die recti begrenzten Trichter nach
der Seite bei einem Tumor der OrbitalwÀnd oder der benach-
barten Höhlen.
Begleitsymplome: Die Propulsion kann irreduktibel oder
reduktinel und dann ott schmerzhaft sein. Diplopie ist bei ge-
ringeren Graden oft störender. Bei hohen Graues progressive
Akkommodation bei der allmÀhlichen Entstehung oder Ver-
schwimmen der Bilder, weil sie sehr exzentrisch liegen.
Die Untersuchung ergibt Myopie bei seitlichen Tumoren,
seltener Hypermetropie bei Tumoren dicht hinter dem Globus
(VerlĂ€ngerung, VerkĂŒrzung der Achse). Keratitis.
Die kausale Diagnose ergibt im allgemeinen einmal eine
LĂ€hmung der Augenmuskel, ist dann allgemeinen Ursprungs und
meist bilateral, oder pathologische ZustÀnde in der Orbita und
dann einseitig.
1. Die Exophthalmie allgemeinen Ursprungs, fast immer
bilateral. â
a) Die nervöse paralytische Exophthalmie infolge Tonusvci -
lusL bei allen Ă€uĂeren Augenmuskeln mit Ausnahme des groĂen
obliquus und des rectus externus mit Ptosis beinahe völlige l n-
beweglichkeit und Abweichung nach auĂen.
b) Durch Erregung des Zervikalsympalhikus infolge Kom-
pression des Nerven durch Thyrioideaneubildung oder Zervikal!
drĂŒsen, mit Pupillendilatation und Erweiterung der Lidspalte.
c) Bei Basedow, hÀufigste und interessanteste Form, nur
sehr selten bilateral, immer direkt, mit wechselnder StÀrke, so-
wohl individuell wie im Verlaufe des Leidens reduktibel, zu-
nehmend bei Kompression der Venen und starker Beugung des
Kopfes. Erweiterung der Lidspalle .Stellwagj, Graete beule
sind auch ohne Exophthalmie pathognomonisch) und Verminde-
rung des Lidschlags.
AuĂer diesen klassischen Symptomen: Pulsationen der Re-
tinalarterien, ausnahmsweise Atrophie und Neuritis optica, Seh-
störungen infolge MiĂbrauchs von ThvrioideaprĂ€paraten, TrĂ€nen
durch nervösen EinfluĂ), auch Trockenheit des Auges, LĂ€hmung
der Ă€uĂeren Augenmuskel. Das Moebius'sche Zeichen ist nicht
charakteristisch fĂŒr Basedow. In schweren Formen Keratitis,
GeschwĂŒre (auch Perforation . Endlich leichtes Oedem di r
Augenlider.
2. Die Exophthalmie durch KontinuitÀtsstörungen.
a) Verminderung der OrbitakapazitÀt. Folge von Knochen-
deformation der OrĂ¶ĂŒa, kongenital oder durch Affektionen der
Nachbarhöhlen. Bei Oxy- und Ilydrocephalie bilateral mit
Oplicus-Neuritis und Atrophie. Auch bei rachitischen SchÀdel-
bildungen.
b Vermehrung des Orbitalinhaltes.
A. Inflammatorische Exophthalmie.
1. Tenonitis. Meist rheumatisch oder gichlisch. Mit Lid-
ödem, Röte und Chemosis der Konjunktiva, brĂŒsk ohne wesent-
lichen Grund auftretend, starke Bewegungsbehinderung des
Bulbus, lebhafte Schmerzen, Spannung und Druck dabei. Paroxvs-
matischer Schmerz namentlich nachts, normale SehschÀrfe. Die
eiterige Form ist seltener, immer infektiös (Grippe. Influenza,
Röteln, Erysipel oder Wunde).
2. Durch EntzĂŒndung der WĂ€nde und des Orbitaperiosts.
Chronische Formen bei Tuberkulose, Syphilis. Aktinomykose,
Sporotrichose. Ebenso hÀufig die akuten bei Röteln, Scharlach.
Angina, Typhus. HĂ€ufigste Ursache: Sinusempyem. Man unter-
scheidet die Periostitis des vorspringenden Orbitalrandes und der
Orbitalwandung. Man findet bei letzterer alle Symptome der
Exophthalmie und die der EntzĂŒndung. Wichtig Schmerz bei
Druck auf den Ă€uĂeren Orbitalrand. SeitwĂ€rts verlagerter Bulbus.
Neuritis, Atrophie der Sehnerven, Keatitis. Wenn am Gewölbe
der Orbita, Meningitis, GehirnabszeĂ. Oft ist die Periostitis Folge
eines benachbarten Sinusempyems.
40. Jahrg. â Nr. 10.
Aus den neuesten Zeitschriften
Die syphilitsche Perioslitis ist nicht so selten. Lieblingssilz:
der Ă€uĂere obere Orbitalrand. Die nĂ€chtlichen Schmerzen können
der Schwellung lange vorausgehen und u. U. eine Trigeminusneu-
calgie vortÀuschen. Leicht Verwechselung mi1 Sinusempyem. Die
Schwellung kann als Tumor imponieren.
Die tuberkulöse Periostitis, meist bei Kindern und am vor-
bringenden Orbitalrand. Oft Trauma als Gelegenheitsursache.
Leicht Fistelbildung, spĂ€ter Ektropion. Im allgemeinen gĂŒnstige
Prognose. Oft von einer Tuberkulose des TrÀnensacks aus-
gehend oder der TrĂ€nendrĂŒsen, seltener der Choreoidea oder des
pptikus. Oder direkte Infektion des Orbitalgewebes von einem
entfernten Herd aus.
3. Bei Sinusaffektionen. Ferner nach Thrombose des Sinus
cavernosus. Sehr ernst. Man unterscheidet hier die Thrombo-
phlebitis anterior als Komplikation peripherer Infektionen des
Gesichts oder behaarten SchÀdels, ,der Backen, Bachen-Zahn-
höhlen, der Nase, des Augapfels. Die Thrombophlebitis posterior:
nach Mastoidititen, Phlegmonen der Zervicofacialgegend. Klini-
scher Aspekt: der der Orbitalphlegmone mit geringeren lokalen,
intensiveren Allgemeinsymptomen und ernsten zerebralen Er-
scheinungen.
B. Nicht inflammatorische Exophthalmie.
BrĂŒsk nach einer Ansteckung oder allmĂ€hlich schleichend.
Im ersten Falle Folge eines Emphysems der Orbita, im letzteren
eines Tumors.
Emphysem der Orbita: nach einer Fraktur der Orbita, be-
nötigt fĂŒr gewöhnlich keiner Behandlung.
Schleichende Entwickelung ohne entzĂŒndliche PhĂ€nomene: die
Protrusion ist das erste Symptom, reduktibel oder irreduktibel, je
nach der Art des Tumors, Begrenzung der Beweglichkeit rein
mechanisch oder durch Beteiligung der Muskeln an dem Tumor,
endlich Druckerscheinungen von Seiten des Optikus mit Pupillen-
starre, Netzhautblutungen und Sehstörungen zum Unterschied von
Tumoren des Optikus, wo letztere zuerst auftreten. U. U. Myopie
oder Hypermetropie. Lidödem, Dilatation der Orbitalvenen, Kera-
titis. Diagnose im Anfang oft recht schwer: leicht mit Syphilis
zu verwechseln, die aber von Anfang an Schmerzen macht.
Die zystischen Tumoren: Encephalocele mit Vorliebe an der
Innenseite der Orbita, KongenitÀt. Manchmal Schmerzen,
KrÀmpfe, selbst Koma. Nicht immer Expansionsbewegungen
unter dem EinfluĂ der Atmung und von Anstrengungen. Die
serösen kongenitalen Zysten: nicht reduktibel wie das Angiom,
meist mit Mikrophthalmie verbunden. Dermoidzyslen: orbitale
am inneren und Ă€uĂeren Winkel vorn und die paraorbitalen am
Ă€uĂeren Augenbrauenbogen. Charakteristika: normale, nicht ad-
hĂ€sible Haut darĂŒber, Knocheneindruck, betrĂ€chtliche Dicke der
Zystenwand.
Die pulsative Exophthalmie, meist nach einer Ruptur der
orta als Folge eines arteriovenösen Aneurysmas im Sinus
avernosus. Nicht zu verwechseln mit der intermittierenden
xophthalmie infolge VarikositÀten der Orbitalvenen. Tritt nur
ei Neigung des Kopfes nach vorne oder bei Anstrengungen auf.
eim aufrechten Stehen Enophthalmie. Bulbusdeviation nach
uĂen und unten. Pulsationen isochron mit dem Puls. Dauern-
es blasendes GerĂ€usch ĂŒber dem Auge fĂŒhlbar, vom Kranken
ehr störend dauernd vernommen. Oft MuskellÀhmungen, die
nge Zeit das einzige Symptom sein können. Progressiv, meist
2 â 3 Jahren fatal. Traumatische Form: nach einigen Tagen
der Wochen. Spontane Form: rapide Protrusion in einigen
Stunden.
Therapie: Kompression der betreffenden Karotis, wenn dies
von Erfolg, Ligatur, u. U. beiderseits.
Wiederaufflackern eines Schankers in situ. Seine Bedeutung,
in 25 jÀhriger wies 25 Tage nach einem Coitus ein typisches
chankergeschwĂŒr auf, das auf eine energische Behandlung nach
0 Tagen vollstÀndig verschwand. Kurz darauf trat an der-
elben Stelle ein neuer Schanker wÀhrend der Behandlung noch
auf, der nach einigen Tagen der Behandlung wieder schwand,
ach 3 Wochen Ruhe W â , 1 Monat spĂ€ter sekundĂ€re Syphilide
n den HandflÀchen W + + +. Das Wiederauftreten des Schan-
ers trotz energischer Behandlung berechtigt zur Annahme, daĂ
s sich um As-resistente TreponÀmen handelt, v. Schnizer.
La Presse Medicale, Paris.
18. Januar 1922, Nr. 5.
âŒChronischer rheumatischer Lumbago: Lniminektomie. S i c â » rd. .1. A. und
Forestler, J. 45.
Bilaterale subalcromialc Luxation durch Muskelwlrtoung. C oa t» n i i n i ,
H. 48.
âŠRadiotherapie. L e Ii o u , U. 4».
Laminectomi« bei ohronischer liumhalrachialftic. Der echte
chronische Lumbago, der gekennzeichnet ist durch Steifheit der
LumbaiwirbelsÀule, Schmerz, Muskelkontraktur und Pehlen von
röntgenologisch nachweisbaren WirbelvcrÀnderungen. ist nach
den Beobachtungen der Verff. als StrangentzĂŒndungen aufzufassen
und zwar desjenigen Teiles der NervenstrÀnge, der zwischen
Dura Mater und Plexus liegt. Nach Versagen jeder inneren
Therapie haben die Verff. wiederholt die Laminektomie mit ĂŒber-
raschendem Erfolge, angewandt. Dabei zeigte sich eine Segmen-
tierung des epiduralen Fettes und eine daraus entstehende Ab-
plattung der Dura. Wahrscheinlich besteht eine transversale
BrĂŒcke zwischen den gelben Ligamenten. Nachdem die zylin-
drische Form der Durascheide wiederhergestellt ist, wird die
Wunde ohne Drainage geschlossen. Auch hartnÀckige, nicht zu
beeinflussende FĂ€lle von Ischias erscheinen fĂŒr diese Behand-
lung geeignet.
Die Radiumtiefentherapie. Die Arbeit Lebons bringt im
wesentlichen eine Uebersicht ĂŒber den heutigen Stand der
Röntgentiefenbestrahlung. Er stĂŒtzt sich dabei auf die Ergeb-
nisse der deutschen Medizin, die er auf diesem Gebiet als bahn-
brechend ansieht und die fast durchgÀngig mit den französischen
ĂŒbereinstimmen. Als Apparate empfiehlt er am meisten 3 deutsche
Fabrikate: 1. Intensiv-Reform, 2. Symmetrie, 3. Radio-Silex, bei
denen aber zwei Nachteile sind, nÀmlich ein mangelhafter Schutz
fĂŒr Arzt, WĂ€rter und Kranken und eine ungenĂŒgende Fixierung
der Ampulle. Diese Fehler vermeidet ein Modell des Hauses
Gaiffe, bei dem unter anderen Verbesserungen die Röhre in eine
mit Oel gefĂŒllte BleihĂŒlse eingeschlossen ist. Das Anwendungs-
bereich ist in Frankreich augenscheinlich dasselbe wie in
Deutschland, auch in bezug auf Dosierung, LĂ€nge und Anzahl der
Sitzungen usw. stimmt man in beiden LĂ€ndern ĂŒberein.
Haber.
The British medical Journal, London.
28. Januar 1922, Nr. 3187.
âTuberkulose des lymphatischen Systems. Ph-Mip;, R. 129.
Lokale Fölsen dentaler Infektion. Spencer. W. G. 131.
Leichtes Fieber und Influenza. S i m e y . A. .7. 133.
.Spastische Striktur der GebÀrmutter. C r a w f o r d , I). M. M. 135.
Rektale Verabreichung von Antimontartrai bei BĂŒbarziosis. Wi.lj.on; H. K.
137.
âEinige Funktionen der Xebcnniere. II e w e r . F.. E. 138
Die Virulenz diphthorieÀhnlichei liakterien. Eagleton, A. .1. und
Baxter. F.. M. 139.
Tuberkulose des lymphatischen Systems. Der Lymphapparat
spielt eine Ă€uĂerst wichtige Bolle bei der Tuberkulose. Wenn
man einen Kranken untersucht, soll man immer genau auf die
LymphdrĂŒsen achten. Bei jungen Kindern sollte man prinzipiell
von Zeit zu Zeit das lymphatische System einer genauen In-
spektion unterziehen. Die Tuberkulose der LymphdrĂŒsen bei
Kindern geht sehr oft im spĂ€teren Leben spontan zurĂŒck. Die
Radikaloperation sollte nur dann ausgefĂŒhrt werden, wenn eine
DeformitÀt besteht oder wenn sehr deutliche Erweichung besteht.
Im allgemeinen ist die neuere Behandlung der Operation ĂŒber-
legen. Man muĂ dabei bedenken, daĂ die âBadikaloperation';
wohl nie radikal ist. Tuberkulinbehandlung wird empfohlen.
Einige Funktionen der Nebenniere. Verfasserin fĂŒtterte Ratten
mit Nebennierenrinde. Sie sah, daĂ die Tiere fetter wurden, dafi
die Haare zwar glÀnzend blieben, aber sehr leicht ausfielen, was
vielleicht auf einen geĂ€nderten Kalziumstoffwechsel zurĂŒckzu-
fĂŒhren ist, daĂ die Thymus schnell involvierte. Bei den weib-
lichen GeschlechtsdrĂŒsen entstand eine Vermehrung der entersti-
liellen Zellen, bei den mÀnnlichen entstand meist eine verschnellte
geschlechtliche Entwicklung, gefolgt von einer Entartung der
SamenkanÀlchen. Im enterstitiellen Gewebe zeigte sich ein
eosinophiles Exsudat. Die Blutdestruktion nimmt nach VerfĂŒtte-
rung der Rinde zu, wie aus den typischen Pigmentationen der
LymphdrĂŒsen hervorgeht. Die SchilddrĂŒse wird stimuliert.
K o o p m a n (Haag).
The Tohoku Journal of .experimental Medicine, Tokio.
10. September 1921, 2, Nr. 2 und 3.
âNeue Methode zur Dosierung des Pepsins. T a k a t a . M. U'T.
Studien ĂŒber die Beziehung der Haupt- und Mitagglutinatiun. VII. Agglu-
tin-atorlsche Beziehung zwischen einigen Unterarten der Paratyphusgrupipe.
A o k i , K. 181.
Agglutinatorische Einteilung von Ilysenteiiebazillen. A oki. K. 142.
Beobachtungen Uber sogenannte MiiiHatioaserscueiniung bei dem schleimigen
Stamme von Paratyphus-B. -Bazillen. K o n n o , T. 159.
Aetber-llyperglykiimie und Olykosurie heim Kaninchen. Fuji'i, .). 169.
234
Augenheilkunde
40. Jahrg. â Nr. 10.
4»Ueber Magensaft. II. Wirkung und Eigenschaften der Magen-Lipase.
Takata M. 209.
Untersuchungen ĂŒber CeDacea. M o r i m o t o . Y., Takata. M. und
Sudiuki, M. 258.
Ueber den Farbstoff des Seeohr«. K o d z u k a . T. 287.
VerÀnderungen in der Dissoziationskurve des Blutes bei experimentellem
Fieber und fieberhafte Erkrankungen. Yamakita. M. 290.
Neue praktische Methode zur Dosierung des Pepsins. Um die
colometrische Methode zur Dosierung des Pepsins von den ihr
anhaftenden Fehlern zu befreien, hat Verf. in Fuchsin S. ein
wirksames FÀrbemittel gefunden, da es weniger schÀdigend ein-
wirkt als das bisher meist verwandte Karmin und Kongorot. Es
zeigt sich dabei, daà die QuantitÀt des gelösten Fibrins propor-
tional ist der Quadratwurzel der Konzentration der Pepsinlösung.
Ferner ist die gelöste Menge abhÀngig von der Dauer der Ein-
wirkung.
Eigenschaften und Wirkung der Lipase des Magens. Die sehr
eingehenden Experimente am Hund ergeben folgende Resultate:
1. Die Lipase wird, wie das Pepsin, von" den MagendrĂŒsen selbst
abgesondert als einer der wesentlichsten Bestandteile des Magen-
saftes. 2. Die Konzentration der Lipase des Magensaftes ist am
stĂ€rksten bei nĂŒchternem Magen, in zweiter Linie sofort nach der
Mahlzeit. Mit zunehmender Sekretion nimmt die lipolytische
Wirkung ab und verschwindet, um bei abnehmender Sekretion
einige Stunden nach der Mahlzeit wieder aufzutreten und stÀrker
zu werden. 3. Durch SpĂŒlung des Magens kann die Lipase jeder-
zeit wÀhrend der ganzen Dauer der Sekretion nach der Mahlzeit
bestimmt werden. 4. Die Lipase tritt noch wirksamer in Aktion,
wenn eine Fettmahlzeit den SĂ€uregehalt des Magensaftes herab-
setzt. 5. Die Wechselwirkung der Lipasen im Safte des Magens
und des Pankreas sind wahrscheinlich Àhnlich derjenigen der
Amylasen im Speichel und im Pankreassaft. Haber.
Aus den verschiedenen Sondergebieten.
Augenheilkunde.
Ingolf Schiötz: Ueber Retinitis gravidarum et amau-
rosis eclamps. Beilageheft d. Klin. Monatsbl. f. Augen-
heilkunde 1921. Stuttgart, Enke.
Eine wertvolle Monographie auf Grund zahlreicher eigener
Untersuchungen und unter Benutzung der frĂŒheren Veröffent-
lichungen ĂŒber das gleiche Thema. Sch. hat von 8400 Schwan-
geren 640 genauest, d. h. besonders auf die Makulagegend, oph-
thalmoskopisch untersucht. Es fanden sich hierbei 40 FĂ€lle von
Retinitis gravid., dann 4 mit Netzhautablösung und 20 FÀlle von
Amaurose. Eine normale Schwangerschaft bringt keine Augen-
verÀnderungen mit sich (was von anderer Seite behauptet war).
Es kommt auf etwa 240 Wöchnerinnen 1 Fall von Retinitis. Sie
tritt am hÀufigsten bei Frauen mit Eklampsie oder Symptomen
drohender Eklampsie auf; etwa bei jeder 6. Eklamptica. Sie
stellt sich gewöhnlich in den letzten 3 Monaten der Schwanger-
schaft ein, und zwar mindestens bei ErstgebÀrenden. Sie ent-
wickelt sich, bald langsam, bald schnell, bis zur Entbindung, wo-
nach wenige Tage oder Wochen die RĂŒckbildung einsetzt, die
sich allmÀhlich im Laufe von Wochen oder einigen Monaten voll-
zieht. Selbst die ausgeprÀgtesten VerÀnderungen verschwinden
fast spurlos. Meistens werden Netzhautblutungen nachgewiesen,
die aber weder bezĂŒglich des Sehens, noch des Lebens eine
schlechte Prognose zeigen. IschÀmische VerÀnderungen am
HintergrĂŒnde sind selten. Die, SehschĂ€rfe ist oft stark gesunken,
steigt aber post partum bis fast zur normalen. Der Blutdruck ist
fast stets, oft stark erhöht. RĂŒckfĂ€lle bei spĂ€teren Schwanger-
schaften sind sehr selten. Sobald die Diagnose âSchwanger-
schaftsretinitis" gestellt ist, muĂ die kĂŒnstliche Unterbrechung
eingeleitet werden, gleichgĂŒltig, ob es sich um eine chron. Ne-
phritis oder eine reine Schwangerschaftsniere handelt. Dieser
Eingriff ist nur in besonderen AusnahmefÀllen hinauszuschieben
(alte Ipara, einige Wochen vor der Entbindung und bei geringen
HintergrundsverÀnderungen). Meistens muà schon vor Beginn
der Schwangerschaft eine chron. Nephritis vorhanden gewesen
sein, daher ist die Prognose quoad vitam als zweifelhaft zu be-
zeichnen. Von den 132 Eklamptischen und 26 Frauen mit drohen-
der Eklampsie, die in der Klinik beobachtet wurden, waren 27
FÀlle von Retinitis, davon 4 zugleich mit Netzhautablösung. ein
Fall von Retin. haemorrhag. und 3 FÀlle von Netzhautablösung
ohne Retinitis, 2 von PapĂŒlitis, 2 Oedema retin.; 3 Frauen hatten
Farbensehen. Dazu kommen 14 mit eklampt. Amaurose (diese
bietet keinen Befund, wie die uraemische Amaurose; die Pro-
gnose ist hierbei gut; das frĂŒhere Sehvermögen kehrt nach Stun-
den oder Tagen wieder). Im ganzen hatten also 52 Frauen gleich
33 Prozent der Eklamptischen Augensymptome! Alle diese Er-
scheinungen gingen aber spÀter vorbei. Die Frauen waren nocli
jahrelang völlig gesund (kein EiweiĂ, normaler Blutdruck, auch
normale spÀtere Schwangerschaften!).
Enslin (BerĂŒn-Steglitz
Jendralski : Radiotherapeutische Erfahrungen bei
Tumoren und Tuberkulose des Auges und
seiner Umgebung. (UniversitÀts-Augenklinik Breslau.)
III. Teil: Tuberkulose. Klin. Monatsbl. f. Augenheilkd.
November/Dezember 1921.
Im AnschluĂ an die frĂŒher beschriebene Behandlung der
Augentuberkulose mit Quarzbestrahlung gibt J. eine Uebersicht
ĂŒber das Ergebnis mit Röntgenbehandlung an der Hand von acht
FĂ€llen Besser als ein Fall von Bindehauttuberkulose, der erst
durch gleichzeitige Anwendung von Quarzlicht allmÀhlicher
Besserung zugefĂŒhrt wurde, reagierten die Iritiden auf Röntgen-
behandlung. Der Erfolg hat auch trotz der in frĂŒherem KrĂ€nk-
heitsv.erlaufe stark hervorgetretenen Neigung zu RĂŒckfĂ€llen Be-
stand gehabt. Die Wirkung der Behandlung beruht nicht auf
einem direkten EinfluĂ auf den Kochschen Bazillus, wie schon
die Untersuchungen von Fleming annehmen lieĂen, sondern in
einer VerÀnderung des NÀhrbodens. Die Strahlung greift das
tuberkulöse Granulationsgewebe, besonders die saftreichen, mit
lebhaftem Stoffwechsel begabten Riesenzellen an, die zerfallen
und aufgesogen werden. Die Bazillen gehen dann zugrunde.
Enslin (Berlin-Steglitz).
Block: Ueber posttraumatische Tuberkulose der
Augen. Klin. Monatsbl. fĂŒr Augenheilkunde. Nov.-Dez. 21.
Traumen des Auges â Verletzungen verschiedener Art durch
Fremdkörper, Injektion reizender Stoffe, operative Reize, Kontu-
sionen, die das Auge direkt treffen â können als Hilfsursache ins
Auge hineingelangenden Tuberkelbazillen eine örtliche Disposi-
tion zur Ansiedlung schaffen.
Bei AusschluĂ ektogener Infektion durch in die Wunde ge-
langte Tuberkelbazillen ist endogene Infektion durch metastatisch
auf dem Blutwege verbreitete Bazillen anzunehmen. Der primÀre
Herd kann symptomlos und klinisch abgeheilt sein und besteht
hĂ€ufig nur in einer Affektion der BronchialdrĂŒsen. In alten, ver-
kalkten DrĂŒsenherden finden sich oft noch infektionstĂŒchtige Tu-
berkelbazillen. Sie können durch den Blutstrom verbreitet wer-
den. Eine gewisse erworbene ImmunitÀt vernichtet sie meistens,
aber an disponierten Stellen können sie doch zur Ansiedlung ge-
langen. RĂ€umliche und zeitliche Beziehungen zwischen Gewalfs-
einwirkung und Lokalisation mĂŒssen nachweisbar sein, einmal
eine gewisse StĂ€rke des Trauma, dann Innehaltung der 10 â 16
Tage betragenden Inkubationszeit. V. beschreibt einen Fall einer
derartigen posttraumatischen Tuberkulose, bei dem sich im un-
mittelbaren AnschluĂ an eine Verletzung durch einen glĂŒhenden
Eisensplitter eine starke Hypopyon-Keratitis und dann eine intra-
okulare Tuberkulose einstellte, die zwar wegen Glaukomgefahr
eine Iridektomie und wegen KapseltrĂŒbung die Entfernung der
Linse bedingte, im ĂŒbrigen aber klinisch gut ausheilte mit einer
SehschÀrfe von 5/15.
Enslin (Berlin-Steglitz
Ammann: Das Sehen der Glaukomatösen und der
Amblyopen. Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. Nov.-Dez. 21
Die Klagen der Glaukoma simplex-Kranken ĂŒber ihre Seh-
störungen stehen nicht immer im Einklang mit dem Ergebnis
unserer SehprĂŒfungen. Der Kranke erklĂ€rt, daĂ er schlechter
sehen könne. Wenn wir ihn aber lesen lassen, hat er dieselbe
SehschÀrfe wie seit langem. Das Ergebnis Àndert sich sofort,
wenn wir dem PrĂŒfling eine graue Brille aufsetzen, die so dunkel
sein muĂ, daĂ mindestens m e h r e r e Zeilen der Sehprobentafel,
die ohne Brille noch lesbar waren, von einem Gesunden nicht
mehr entziffert werden können. So findet durch die Verminde-
rung des Helligkeitskontrastes zwar eine allgemeine Herabsetzung
der SehschÀrfe statt, aber bei einem Glaukomkranken mit Seh-
nervenschĂ€digung sind die Differenzen oft ganz ĂŒberraschend.
Dem VerhĂ€ltnis von 1 : 'A â % beim Gesunden stehen VerhĂ€ltnisse
wie l:1/« â 1/5oâ Vioo (!) gegenĂŒber. Diese auffallende Erschei-
nung, die auf einer Störung der Netzhautzapfen beruht und nicht
mit dem StÀbchensehen der Gesunden bei DÀmmerung zu ver-
wechseln ist, kann oft als FrĂŒhdiagnose, als Differentialdiagnose
und als Hinweis auf HeilmaĂnahmen verwertet werden.
40. Jahrg. â Nr. 10.
Stoffwechsel
â Buchbesprechungen
m
DemgegenĂŒber weisl A. darauf hin, daà «las Sehen der
Schwachsichtigen in der DĂ€mmerung kaum von dem bei guter
Beleuchtung abweicht. Oft liest der PrĂŒfling mit der Dunkelbrille
dieselbe Zeichenzeile wie ohne Brille.
Enslin (Berlin-Steglitz).
Brianger: Ein Fall von doppelseitiger SpÀtinfek-
tion nach E 1 1 i o t - T r e p a n a t i o n. Klin. Monatsbl. fĂŒr
Augenheilkd. Nov.-Dez. 21.
Der Streit um den Wert der Trepanation beim Glaukom ist
noch nicht abgeschlossen. Auf die Gefahr der SpÀtinfektion wird
immer wieder hingewiesen. Der von E. beobachtete Fall ist in
dieser Beziehung besonders tragisch. Hier trat die Infektion
nÀmlich auf beiden Augen auf, auf dem ersten 1% Jahr nach der
Operation, der schon eine Iridektomie vorangegangen War. Sie
fĂŒhrte zur Schrumpfung. SpĂ€ter muĂte der Augapfel wegen star-
uter Schmerzen entfernt werden. 7 Jahre nach dem Eingriff auf
[dem zweiten Auge trat, wie rechts, ganz plötzlich eine Infektion
auch hier ein. Es fand sich ein ödematöses Kissen ĂŒber der
Trepanstelle, in der eine Glaskörperperle lag. Iris mit der Linse
verwachsen; Spannung schwankend zwischen 8 und 12 mm
Schiötz. Hornhaut diffus getrĂŒbt bis in die Tiefe; Pupille durch
Exsudat verlagert. SpĂ€ter starke Spannungsvermehrung. â Es
wurde eine Milcheinspritzung (Aolan) gemacht, die unverkennbar
gĂŒnstig wirkte; ferner eine Glaskörperabsaugung nach Nedden,
nach der eine geringe, und eine zweite nach 5 Wochen, nach der
eine weitere Besserung des Sehvermögens festzustellen war.
SchlieĂlich muĂte aber eine Iridektomie vorgenommen werden.
Es blieb dann S = FingerzĂ€hlen 2 m; LinsentrĂŒbungen.
Zieht man in ErwĂ€gung, daĂ auĂer der SpĂ€tinfektion auch
noch andere, sehr unangenehme Folgen der Elliot-Trepanation zu
verzeichnen sind, wie Starbildung, dauernde, fast völlige Auf-
hebung der vorderen Kammer, expulsive Blutung, Netzhautab-
lösung, so ist jeder anderen, erfahrungsgemÀà gefahrloseren
Operationsmethode zunÀchst der Vorzug zu geben. (Ref. weist
hierbei besonders auf die Cyklodialyse nach Heine hin.)
Enslin (Berlin-Steglitz).
Vogt und KnĂBel: Die Purtscher'sche FernschĂ€di-
gung der Netzhaut durch SchÀdeltrauma. Klin.
Monatsbl. f. Augenheilkd., Nov.-Dez. 21.
Unter dem Namen Angiopathia retin. traumat. hat Purt-
scher ein charakteristisches Hintergrundsbild beschrieben, das
för unsere Anschauungen von den Wechselwirkungen zwischen
Auge und Gehirn von gröĂtem Interesse ist. Nach schweren
SchÀdeltraumen, vielleicht besonders oft nach solchen, die von
einer Kompression der WirbelsÀule in der LÀngsrichtung be-
gleitet sind, findet man am Augengrunde weiĂe, glĂ€nzende Flecke,
die am Rande als aus PĂŒnktchen und kleinen Strichen zusam-
mengesetzt sich erweisen, meist papillengroĂ oder kleiner sind,
[gelegentlich konfluieren können und die Netzhautmitte, nicht die
^Peripherie einnehmen. Gleichzeitig sind manchmal streifige,
seltener groĂe, prĂ€retinale Blutungen vorhanden. Die SehschĂ€rfe
ist meistens herabgesetzt. Mehrfach sind zentrale Skotome be-
schrieben. SĂ€mtliche Herde verschwinden innerhalb mehrerer
Wochen. Vereinzelt bleiben dauernde Sehstörungen zurĂŒck. Nie-
mals zeigt der Augapfel die Erscheinungen der Quetschung. Bis-
weilen lĂ€Ăt sich SchĂ€delbruch nachweisen; in anderen FĂ€llen
fehlt er sicher.
V. und K. berichten von drei neuen FĂ€llen einer solchen Angio-
pathia retin. traumat, die jedesmal sofort nach einem Sturz auf
den Kopf auftraten. Eine Basisfraktur war nicht anzunehmen
(Röntgenbild), keine BewuĂtseinsstörungen. Augen Ă€uĂerlich
ohne VerĂ€nderungen, ebenso brechende Teile klar. Die weiĂen
Netzhautherd-Blutungen heilten nach einigen Monaten. Es zeigte
sich leichte Papillenabblassung. Lang anhaltende Sichelskotome.
Die NetzhautyerÀnderungen sind, wie auch Purtsc her schon
angenommen hat, als GegenstĂŒck zur Stauungspapille aufzu-
fassen. Sie s^nd der Ausdruck einer plötzlichen heftigen
Drucksteigerung im SchÀdelinnern. Die Stauungspapille ist die
Folge eines chronisch vermehrten Druckes.
Enslin (Berlin-Steglitz).
Stoffwechsel.
Robert W. Kecton: Ammoniakausscheidung nach ex-
perimenteller Einverleibung von SĂ€uren per
os und intravenös. Journal of Biol. Chem. Bd. 49, Nr. 2,
S 411, 1921.
Um das Wesen der SĂ€ureneutralisation, die ihren Ausdruck
in einer vermehrten Ammoniakausscheidung im Urin findet, zu
studieren, wurde 0,10 HCl Hunden intravenös und per os bei
gebracht. Es ergab sich hierbei, daĂ die parenterale Saurecin-
verleibung vermehrte Ausscheidung von Ammoniak und von Ge
Samtstickstoff bedingt; das normale VerhÀltnis beider Komponcn
ten zueinander ist nicht wesentlich verÀndert. SÀure per os einver-
leibt, ruft absolute Vermehrung des Ammoniakslicksloffs hervor,
wÀhrend der ausgeschiedene Gesamtstickstoff konstant bleibt.
Aus diesen Versuchsergebnissen folgert der Verfasser, daĂ die
SĂ€ureneutralisation in der Hauptsache in der Leber stattfindet
und daĂ in der Leber Ammoniak hierzu zur VerfĂŒgung steht.
Treten unter pathologischen VerhĂ€ltnissen gröĂere Mengen en-
dogen gebildeler SĂ€uren im Verein mit Ammoniak im Urin auf,
so deutet das nach K.'s Auffassung darauf hin, daĂ die SĂ€uren
zum gröĂten Teil in der Leber gebildet werden. Er folgert
weiter, daà beim Diabetes mellitus die Azetonkörper vornehm-
lich in der Leber entstehen; bei der Cholera asiatica und der
Cholera der Kinder ist der Entstehungsort der Pfortader-Kreis-
lauf. Die Acidosis bei Nephritis wÀre hingegen als nicht-hepa
logen zu betrachten. L. Farmer Loeb (Berlin).
R. B. Gibson und Frances T. Martin: Beobachtungen ĂŒber
die Bildung von Kreatine bei einem Falle von
Dystrophia muscularis progressiva pseudo-
hypertrophica. Journal of Biological Chemistry Bd. 49,
Nr. 2, S. 319, 1921.
Bei VerfĂŒtterung von Kreatin bei einem 12 jĂ€hrigen Knaben,
der an progressiver Muskeldystrophie litt, wurde dasselbe in der
Hauptsache als Kreatin, z. T. als Kreatinin wieder ausgeschie-
den. Vermehrte Kreatinausscheidung wurde durch gröĂere Ei-
weiĂgaben (75 g pro die) hervorgerufen.
L. Farmer Loeb (Berlinj.
Koichi Nijadera (Tokio): EinfluĂ des Kalkes auf den
Stickstoff- und HarnsÀurewechsel. Ztschr. f.
physik. und diĂ€tet. Therap. XXV, 1921, S. 193â200.
3 Versuche an Hunden mit weinsaurem Ca. Resultat: der Ge-
samtstickstoffwechsel bleibt unbeeinfluĂt, dagegen sank der Harn-
sÀuregehalt erheblich. Buttersack.
Buchbesprechungen.
Dimmer (Wien) : Der Augenspiegel und die ophthal-
moskopische Diagnostik. 3. Auflage. Verlag Deu-
ticke, Leipzig und W7ien 1921.
Das 1886 in erster und 1893 in zweiter Auflage erschienene
Buch liegt jetzt in dritter Auflage vor, ist aber seinem Alter von
35 Jahren entsprechend tĂŒchtig gewachsen und krĂ€ftig weiter-
entwickelt. Der Inhalt ist bedeutend erweitert und zwar in der
Hauptsache dadurch, daĂ D. sich ein anderes Ziel als frĂŒher ge-
setzt hat. WĂ€hrend das Buch frĂŒher nur fĂŒr die BedĂŒrfnisse des
AnfÀngers berechnet war und in möglichst gedrÀngter Form das
enthalten sollte, was der Praktiker wissen muĂ, um den Augen
spiegel mit Erfolg zur Erkennung der Brechungsfehler und der
intraokularen Erkrankungen anwenden zu können, sollte die neue
Auflage das Thema in ausfĂŒhrlicher Weise behandeln, so daĂ das
Buch auch dem Fachmann nĂŒtzlich sein könnte. Diese Absicht ist
dem Verf. durchaus gelungen. In klarer ĂŒbersichtlicher und vor
allem erschöpfender Wreise unter regelmĂ€Ăiger AnfĂŒhrung der
wichtigsten Literaturhinweise sowie jedesmal kurzer geschicht-
licher Entwicklung des einzelnen Themas ist der Stand der
ophthalmoskopischen Diagnostik bis auf die neueste Zeit behan-
delt. Das Buch ist eine besondere Ehrengabe fĂŒr Altmeister
F u c h s, dem es zu seinem 70. Geburlstag gewidmet ist, und eine
wĂŒrdige Ehrung fĂŒr Helmholtz, dessen 100. Geburtstags auch
durch eine bildliche Wiedergabe gedacht ist. â In mustergĂŒltiger
Klarheit werden zunÀchst der Augenspiegel und seine Anwen-
dung, der normale Augengrund und dann die Refraklionsbestim-
nuingen behandelt. Hier fÀllt besonders die lichtvolle Darstellung
der Schattenprobe auf, an der Salzmann mitgearbeitet hat. Mit
den elementaren Gesetzen von der Reflexion und Refraktion des
Lichtes, den Wirkungen einfacher Spiegel beginnend, werden wir
systematisch in das brechende System des Auges und danach in
Theorie und Praxis des Augenspiegels von Helmholtz' ersten
planparallelen Glasplatten bis zu den neuesten Apparaten von
T h o m e r und Gullstrand eingefĂŒhrt. Auch die letzten For-
schungsergebnisse ĂŒber die Mikroskopie des lebenden Augen-
grundes nach K o e p p e sind behandelt. Bei der Beschreibung
des normalen Hintergrundes werden alle noch als physiologisch
zu bezeichnenden Abweichungen angefĂŒhrt. Es schlieĂt sich ein
besonderes Kapitel ĂŒber den ophthalmoskopischen Befund beim
Neugeborenen, beim Greise und nach dem Tode an. Auch eine
236
Buchbesprechungen
40. Jahrg. â Nr. 10.
Ueber steht ĂŒber den HintergrundbelĂŒnd bei Tieren fehlt nicht. â
Im II. Teil wird die ganze Diagnostik der bei der Augenspiegel-
untersuchung sichtbaren Anomalien besprochen. Auch hier wird
keine Kleinigkeit vergessen und alle neuesten Forschungsergeb-
nisse und Theorien bis zum Jahre 1920 sind berĂŒcksichtigt. Eine
wesentliche VervollstÀndigung findet das Buch durch die zahl-
reichen Bilder. Besonders wertvoll sind 150 Mikrophotogramme
und Augenspiegelbilder auf Einzeltafeln, die mit dem von S. an-
gegebenen und im Buche genau beschriebenen Apparat zur Photo-
graphie des Hintergrundes hergestellt worden sind. Sie sind in
der GröĂe wiedergegeben, wie sie bei der Aufnahme selbst auf
der Platte erscheinen.
Der von D. in dem Vorwort ausgesprochene Dank an den
Verlag fĂŒr die vorzĂŒgliche Ausstattung ist durchaus berechtigt.
âAuch in der Zeit, wo die heute zu ĂŒberwindenden Schwierig-
keiten nicht vorlagen, hÀtte nichts Besseres geschaffen werden
können' . Diese Worte D.'s, die sich auf die Ausstattung beziehen,
können wir getrost auf den ganzen reichen, wissenschaftlichen
Inhalt ausdehnen. Enslin (Berlin-Steglitz).
Joseph, Max: Lehrbuch der Hautkrankheiten fĂŒr
Aerzteund Studierende. Leipzig 1922. Georg Thieme.
Die 9. Auflage des bekannten Joseph sehen Lehrbuches ist
aus SparsamkeitsgrĂŒnden in gekĂŒrzter Form erschienen. DaĂ
diese KĂŒrzung nicht auf Kosten der plastischen Darstellung der
Krankheitsbilder geschehen ist, und daĂ die Therapie nicht zu
kurz dabei gekommen ist, ist bei dem Verfasser selbstverstÀnd-
lich. Ebenso sind auch die neuesten Forschungsergebnisse im weit-
gehendstem MaĂe berĂŒcksichtigt; daĂ hierbei J. die Sapalcole nicht
erwÀhnt und bei der Bestrahlungstherapie nur die Kromayer-
Quarzlampe, nicht auch die weit mehr verwandte âHöhensonne',
kann höchstens als Schönheitsfehler angesehen werden, der den
Wert des Buches nicht mindert. Dieser Wert besteht besonders
darin, daĂ es bei aller Wissenschaftlichkeil besonders den BedĂŒrf-
nissen des Praktikers entgegenkommt. Das Lehrbuch wird sich
daher auch in seiner jĂŒngsten Fassung der alten Beliebtheit
weiter erfreuen. B a b.
Dr. Waldemar v. Wasielewski: Telepathie und Hell-
sehen. Versuche und Betrachtungen nebst ungewöhnliche
âą seelische FĂ€higkeiten. Marhold, Halle 1922. 224 S. Preis 25 M.
Verfasser berichtet ĂŒber Versuche, die er mit einer Dame
mehrere Jahre hindurch angestellt hat, und zwar handelt es sich
um telepathische kryptoskopische Versuche und um Fernvei -
suche. Bei diesen Versuchen sind die objektiven Fehlerquellen
â wenigstens in der weitaus gröĂten Zahl â ausgeschlossen.
Zur ErklÀrung der PhÀnomene stellt Verfasser folgende
SĂ€tze auf: Wir charakterisieren nach allem bisherigen Telepathie
und Hellsehen als psychische Leistungen, denen keine bekannte,
vielleicht ĂŒberhaupt keine physische Vermittlung oder materielle
Gegenseite entspricht. Die menschliche Seele besitzt die FĂ€hig-
keit, GegenstĂ€nde und Ereignisse der AuĂenwelt, sowie ZustĂ€nde
anderer Seelen unmittelbar ohne Zuhilfenahme des körperlichen
Apparates zu empfinden. Bei dem direkten Empfinden dieser Art
spielen Raum und Zeit wahrscheinlich ĂŒberhaupt keine wesent-
liche, jedenfalls aber nicht dieselbe bedingende und bestimmende
Rolle wie bei den entsprechenden normalen, auf Gebrauch der
Sinnesorgane beruhenden psychischen Leistungen. Hellsehen und
Telepathie vollziehen sich in einer Region, die fĂŒr gewöhnlich
dem BewuĂtsein unzugĂ€nglich ist und bleibt. Die meisten Men-
schen erfahren somit nie oder nur in AusnahmefÀllen etwas von
dem, was auch sie in dieser Beziehung erleben. Bei einigen da-
gegen kommt es entweder unwillkĂŒrlich oder auch willkĂŒrlich
zu einer Erhebung der hellseherischen bzw. telepathischen Ein-
wirkungen ĂŒber die Schwelle des BewuĂtseins. Das sind dann
diejenigen Menschen, an denen diese seelischen FĂ€higkeiten der
Beobachtung, der Kontrolle, dem wissenschaftlichen Versuche
zugĂ€nglich werden. Das Hellsehen ist an sich ein unterbewuĂter
Vorgang und muĂ, um uns ĂŒberhaupt bekannt zu werden, erst
ĂŒber die Schwelle des BewuĂtseins gehoben werden. Dieser Akt
geht nun Hand in Hand mit einer Umwandlung. Das absolut,
auĂerhalb der Fermen der phĂ€nomenalen Welt (Raum und Zeit)
Erfahrene ist eben damit in der Seele vorerst auch nicht als
rÀumlich-zeitliches Bild vorhanden; es verwandelt sich, wohl
durch Dazutreten und Eingreifen der GehirntÀtigkeit, erst sekun-
dÀr in ein solches und tritt durch eben diesen Vorgang und ge-
mÀà dessen IntensitĂ€t ins BewuĂtsein ein.
Das Buch berĂŒhrt sympathisch durch die ObjektivitĂ€t, mit der
den Erscheinungen gegenĂŒber getreten wird. Sehr bedauerlich
ist es, daà die Versuchsperson plötzlich ihre FÀhigkeiten verloren
hat und dies scheint mir ein Punkt zu sein, der durch die Aus-
lĂŒhrungen des Verfassers nicht ĂŒberzeugend geklĂ€rt wird -. sn
daĂ eine weitere NachprĂŒfung ausgeschlossen erscheint. Jeden,
der sich fĂŒr diese Probleme interessiert, wird dies Buch zum
Nachdenken anregen. L u r j e.
Friedrich Moerchen: Geheimwissenschaften, Aerzt-
liches ĂŒber Okkultismus und Spiritismus. ?A S
Lichtweg-Verlag, Essen. 1922.
Verfasser faĂt die augenblickliche Neigung breiter Bevölke-
rungsschichten zum Okkultismus als eine Reaktion gegen den
Materialismus auf; im allgemeinen bringt Verfasser nichts
ii gendwie Neues. L u r j e.
l'osner, Carl: Rudolf Virchow. Aus Meister der Heil-
kunde. Rikolo-Verlag, Wien, Berlin, Leipzig, MĂŒnchen.
Herausgegeben von Max Neuburger. Bd. 1. 1921.
91 Seiten, 8°.
In einer neuen Sammlung von Lebensbeschreibungen hat P.
die Darstellung des Virchow sehen Lebens und Werkes ĂŒber-
nommen. Nach der Natur der Sache konnte der Verfasser in dem
vorgesteckten engen Rahmen nicht das zu bieten versuchen, was
selbst das Virchowsche Archiv zur Erinnerungsfeier jetzt in
EinzelausfĂŒhrungen von Vertretern der verschiedeenn von Virchow
befruchteten Sondergebiete gebracht hat. Er sagt selbst: âDie
eigentliche Virchowbiographie ist noch zu schreiben". Aber es
ist ihm geglĂŒckt, mit wohltuender WĂ€rme in das persönliche Leben
und fachliche Wirken Virchows hineinzuleuchten und den
Boden fĂŒr empfĂ€ngliche Leser fĂŒr die zu erwartende groĂe
Virchowbiographie vorzubereiten. Oskar Rosenthal.
DornblĂŒth: Arzneimittel der heutigen Medizin. Be-
arbeitet von Prof. Dr. med C. Bachem. 13. Auflage, Leipzig
1922, Verlag Curt Kabitzsch.
Wenn ein Buch 50 Jahre existiert und in dieser Zeit eine Reibe
von Auflagen erlebt hat, so erĂŒbrigt es sich eigentlich, noch ĂŒber
den Wert desselben zu sprechen. Auch die neue Auflage bietet
wieder eine Reihe von Verbesserungen; die Aufnahme der Spe-
zialitĂ€ten unter die Arzneimittel und die genauen Angaben ĂŒber
ihre Zusammensetzung und Anwendungsweise wird jeder Prak-
tiker freudig begrĂŒĂen. Die therapeutischen Notizen lassen in der
FĂŒlle des Gebotenen kaum etwas zu wĂŒnschen ĂŒbrig. Das Buch
kann auch in seiner jetzigen Gestalt jedem Praktiker wÀrmstens
empfohlen werden. Silbermann (Charlottenburg).
E. Merek's Jahresberichte ĂŒber Neuerungen auf
den Gebieten der Pharmakotherapie und Phar-
mazie, 1919-1920. XXXIII. und XXXIV. Jahrgang, Darm-
stadt 1921.
Die verwirrend groĂe Anzahl der neuerdings auf den Markt
geworfenen pharmazeutischen PrÀparate macht dem Arzte oft
eine sichere Orientierung auf diesem Gebiete geradezu unmöglich.
Die seit 1887 erscheinenden Jahresberichte haben es sich nun zur
Aufgabe gestellt, Aerzte und Apotheker unter Zugrundelegung der
in- und auslĂ€ndischen Veröffentlichungen ĂŒber das Wissenswer-
teste aus der Fachliteratur des betreffenden Jahres zu unter-
richten. Die ĂŒblichen Literaturzusendungen durch die inserieren-
den Fabriken und Laboratorien sind nur zu oft einseitig ausge-
wÀhlt und lassen deshalb ein objektives Urteil nicht zu. Nur eine
sachliche â sine ira et studio zusammengestellte Wiedergabe des
Pro und Contra, wie sie in den Jahresberichten angestrebt wird,
ist dazu angetan, dem ĂŒbertriebenen Skeptizismus auf der einen
und der gefÀhrlichen Polypragmasie auf der anderen Seite wirk-
sam entgegenzutreten. Hervorzuheben sind besonders das
Sammelreferat ĂŒber Benzylverbindungen und das Verzeichnis der
Indikationen, welches eine rasche Orientierung im Buche ge-
stattet. L K a n n e r.
Prof. Dr. B. Chajes, Arzt und Dozent an der Technischen Hoch-
schule in Charlottenburg: Kompendium der sozialen
Hygiene.
Das handliche Buch ist vor allem fĂŒr den Gebrauch des prak-
tischen Arztes sowie all derer bestimmt, die sich mit sozialer
Hygiene zu beschÀftigen haben. Es enthÀlt in gedrÀngter aber
lĂŒckenloser Form das Material, daĂ sich durch besonders mit den
in der Kriegs- und Nachkriegszeit gemachten Beobachtungen be-
schÀftigt, welche vielfach ganz neue Probleme ergeben haben.
Auch fĂŒr den Studenten dĂŒrfte das Werkchen von groĂem Nutzen
sein. Haber.
Druckfehlerberichtigung.
Der Autor des Artikels âZur Frage der experimentellen Er-
zeugung der Tumoren" heiĂt nicht E. Gaul sondern E. S a u 1.
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des prakĂŒschen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von E. C. W. VOGEL, Leipzig, Dresdner Strafe 3 ⹠Berliner GeschÀftsstelle und alleinige
Inseratenannahme: HANS PUSCH, Berlin SW 40, Wilhelm-Stra&e 26 / Fernsprecher: LĂŒtzow 9057
Ni. 11 Berlin, den 15. MĂ€rz 1922 40. Jahrgang
Dar Verlag behĂ€lt aioh das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist vor.
Ueber die Einwirkung kohlensaurer StahibÀder
auf das .Elektrokardiogramm.
Von Prof. Dr. W eiĂ b ei n, Berlin und Dr. W i 1 1 k.u g e I,
Blankenburg i. ThĂŒr.
In seinen Beobachtungen und Erfahrungen ĂŒber Bad
Elster gab Bechler (1) schon im Jahre 1867 an, daĂ es ein
weitverbreiteter Irrtum sei, die Anwendung kohlensÀure-
reicher StahlbÀder bei Herzkranken als kontraindiziert zu
betrachten. Zu dieser lTeberzeugung gelangte er auf Grund
seiner Beobachtungen, die er im Verlauf von 5 Jahren an
Kranken mit Mitralklappen-Insuffizienzen in Begleitung von
AnĂ€mie âals Folgen von Rheumatismus oder Masern" ange-
stellt hatte. In sÀmtlichen FÀllen wurden die BÀder, wie er
besonders betonte, nicht nur in verdĂŒnntem, sondern auch
in unverdĂŒnntem Zustand ganz vortrefflich vertragen und
erziehen eine auffallende Besserung des Allgemeinbefindens.
Dabei hob er ausdrĂŒcklich hervor, daĂ er durch den BĂ€der -
gebrauch nicht etwa eine Beseitigung von Bindege websneu -
bildungen, Verschrumpfungen usw. an den Herzklappen er-
wartete, vielmehr von der Ansicht ausging, daĂ eine Elsterer
Badekur Rezidiven von Endokarditiden sowie der weiteren
Disposition zu rheumatischen Erkrankungen vorbeugen
könne. Besonders gĂŒnstige Resultate erreichte er bei ner-
vösen Palpitationen des Herzens, wenn ihnen gewisse
SchwÀchezustÀnde zugrunde lagen und sie als Folgen von
Chlorose und AnÀmie entstanden waren. Diese Erfahrungen
wurden durch die Untersuchungen von Jacob (2) im Jahre
1870 bestÀtigt, der auf Grund sorgfÀltiger Beobachtungen
nachwies, daĂ kohlensaure StahlbĂ€der auf das Herz gĂŒnstig
einwirken, indem sie ĂŒberall da, wo eine Herzaffektion âmit
vermehrter Pulsfrequenz bei gleichzeitig verminderter Ener-
gie der HerztÀtigkeit" vorliegt, im Sinne der Digitalis krÀf-
tigend und pulsregulierend wirken. Wandte man frĂŒher die
Digitalis als das souverÀne Herzmittel bei allen FÀllen von
HerzschwĂ€che an, gleichgĂŒltig welcher Natur sie waren, so
vertritt man heute allgemein den Standpunkt, daĂ es zahl-
reiche Herzaffektionen gibt, in denen das kohlensaure Bad
der Digitalis weit vorzuziehen ist, schon weil deren Neben-
wirkungen, die sich mitunter doch als unerwĂŒnschte Er-
scheinungen zeigen, dem KohlensÀurebad nicht anhaften.
Deshalb bezeichnet man im balneologischen Heilschatz die
kohlensÀurehaltigen BÀder ihrer geradezu spezifischen Wir-
kung wegen auch als âHerzbĂ€der". In den kohlensauren
StahlwÀssern sind es besonders zwei Komponenten, welche
eine therapeutische Wirksamkeit entfalten, die Eisensalze
nd die freie, bzw. freiwerdende KohlensÀure. Bei den Trink-
kuren stellen die Eisensalze den wichtigeren Teil der Stahl-
quellen dar, wĂ€hrend die KohlensĂ€ure nur ein unterstĂŒtzen-
des Moment bedeutet. Die Eisensalze werden im Verdau-
ungskanal zerlegt, das Eisen gelangt dann auf dem Wege der
Resorption in die blutbereitenden Organe, auf die es eine an-
regende Wirkung ausĂŒbt, es wird weiterhin als Material zum
Aufbau des HĂ€moglobins und zur Bildung von eisenreichen
Reservestoffen in der Leber, Milz und anderen Organen ver-
wendet. Die KohlensĂ€ure erfĂŒllt bei den Trinkkuren vor
allem die Funktion, die Resorption der Eisensalze zu fördern.
Anders liegen die VerhÀltnisse bei den Badekuren. Hier
ist die KohlensÀure der entscheidende Faktor. Eine Resorp-
tion des Eisens durch die unversehrte Haul kommt nach
den vorliegenden wissenschaftlichen Untersuchungen nicht in
Betracht. Schon im Jahre 1855 Ă€uĂerte sich Lehmann (3)
folgendermaĂen zu dieser Frage: âWenn BadeĂ€rzte behaup-
ten, physiologische Versuche hÀtten gelehrt, daà Lösungen
von Eisensalzen im Bade vermöge der Aufsaugungskraft in
das Innere des Körpers ĂŒbergehen, so mĂŒsse'n wir uns auf
das bestimmteste dagegen erklÀren, da die heutige Physiolo-
gie kein einziges Beispiel eines exakten Versuches kennt,
durch welchen ein solcher Uebergang nachgewiesen wÀre, da
fremde und unsere eigenen Versuche das direkte Gegenteil
erwiesen haben". Auch Schwartze (4) erscheint es zwei-
felhaft, ob die unverletzte Menschenhaut im Wasserbade
Wasser und Stoffe, die in ihm aufgelöst sind, zu absorbieren
vermag. Bechler (1), der sich den Angaben von Leh-
mann anschlieĂt, hebt besonders hervor, daĂ eine Resorp-
tion von Eisensalzen, die im Badewasser gelöst sind, bis zu
seiner Zeit nicht nachgewiesen wurde. Jacob (2) hielt
den LTebergang des Eisens und der sonst im Wasser gelösten
festen Bestandteile in den Organismus nicht fĂŒr erwiesen
und ĂŒberhaupt fĂŒr unwahrscheinlich. L e r s c h (5) gelangte
zu der Ueberzeugung, daĂ die Aufsaugung von Eisen durch
die Haut nicht nur nicht erwiesen ist, sondern daĂ vielmehr
seine Nichtaufsaugung durch Versuche wahrscheinlich ge-
macht ist. Auch Helmkampf f (6), Flechsig (7) und
viele andere Autoren Ă€uĂern sich in gleichem Sinne. Diese
Anschauung hat auch in neuester Zeit keine Aenderung er-
fahren. So weist K i o n k a (8) im deutschen BĂ€derbuch aus-
drĂŒcklich darauf hin, daĂ bei der Badekur natĂŒrlich von
einer Resorption des Eisens durch die Haut keine Rede sein
kann.
Die Wirkung des Eisens in den kohlensauren Stahl -
bĂ€dern fĂŒhrt Kersch (5) auf Ă€hnliche VorgĂ€nge zurĂŒck,
wie sie sich nach F r ankenhÀuse r (9) bei den kohlen-
sauren SolbÀdern abspielen, bei denen nach Abdunstung des
Wassers die Sole auf der Haut haften bleibt und wie ein
dĂŒnner Mantel den Körper bedeckt. Auf diese Weise bleibe
nach Aufhören des KohlensÀureeinflusses noch die Einwir-
kung der Sole fortbestehen.
An der Hand von vergleichenden Studien ĂŒber die Ein-
wirkung von SolbÀdern und kohlensÀurehaltigen SolbÀdern
auf das Elektrokardiogramm konnte WeiĂbein (10) tat-
sÀchlich den Nachweis erbringen, daà wÀhrend des kohlen-
sauren Solbades gleichzeitig die Reize der KohlensÀure und
Sole auf die Herzfunktion einwirken. Kersch (1) war nun
der Ansicht, daà Àhnlich wie bei den kohlensauren Sol-
bĂ€dern, auch bei den kohlensauren StahlbĂ€dern â abgesehen
von der KohlensĂ€ure â dem Eisen selbst eine besondere
Wirkung zuzuschreiben sei. Infolge ihrer leichten Zersetz-
barkeit legten sich nach seiner Auffassung die Eisenverbin-
dungen als feiner Niederschlag innig in die FĂ€ltchen und
GrĂŒbchen der Haut, so daĂ ein Teil des Eisens beim Ab-
trocknen des Badewassers auf der Haut haften bleibe, von
den SĂ€uren des SchweiĂes gelöst werde und auf diese Weise
in die Haut einzudringen vermöge. Ein Beweis fĂŒr diese
Auffassung ist aber nicht erbracht worden. Im Jahre 1864
wies schon L. Posner (11) darauf hin, da!5 die örtliche
Wirkung der Metallsalze auf die Haut nicht wissenschaftlich
prÀzisiert sei. Flechsig (7) hob in erster Linie die Wir-
kung der KohlensÀure bei den koblensauren StahlbÀdem her-
238
WeiĂbein, Wittkugel: Kohlensaure StahlbĂ€der
40. Jahrg.â Nr. 11.
vor und hielt sowohl eine Resorption von Eisen durch die
Ă€uĂere Haut, als auch einen adstringierenden EinfluĂ des
kohlensauren Eisenoxj'duls auf die sensiblen Hautnerveh fĂŒr
unwahrscheinlich.
Ueber die Einwirkung, die die KohlensÀure im
Bade auf die Haut ausĂŒbt, besteht eine auĂerordentlich groĂe
Literatur. Schon Bechler (1) machte darauf aufmerksam,
daà die KohlensÀure, mag sie' als trockenes Gas oder im Bade
zur Anwendung kommen, eine Reizung der Muskelfasern der
Haut, des GefaĂapparates und der peripheren Nerven-
endigungen hervorruft. Bereits nach einer kurzen Anwesen-
heit in einem kohlensÀurereichen Bade, so schildert Bech-
1 e r seine Beobachtungen, bedeckt sich die gesamte Körper-
oberflÀche dicht mit BlÀschen des kohlensauren Gases, welche
mit der Hand entfernt, sich rasch wieder ersetzen und innner
wieder aufs neue entwickeln, da das Freiwerden des Gases
sich selbst nach einem halbstĂŒndigen Bade kaum erheblich
vermindert. Zugleich wird die Haut, auf der schon nach
kurzem Verweilen im Wasser ein leichtes Brennen bemerk-
bar wird, durchschnittlich bereits nach 5 â 6 Minuten leicht
gerötet und pflegt, wenn nicht ein hoher Grad von AnÀmie
besteht, nach einem Bade von 20 â 30 Minuten ziemlich pur-
purrot zu erscheinen. Durch diese reizende Einwirkung der
KohlensĂ€ure auf die Ă€uĂere Haut wird aber ein ganz wesent-
licher EinfluĂ auf den Organismus geĂŒbt, insofern durch
denselben zunĂ€chst die sensiblen Nerven der Ă€uĂeren Haut
getroffen werden, was sich in lebhaftem Prickeln und Bren-
nen der Haut dokumentiert; von den sensiblen Fasern aus
aber wird dieser Reiz in zentripetaler Richtung den Zentral -
organen ĂŒbermittelt, von diesen wieder an die zerebrospinalen
motorischen Nerven, sowie auch an die Ganglien des Sym-
pathikus und von da auf sÀmtliche Bahnen des sympathi-
schen Nervensystems. Die Rötung der Haut macht nach
einiger Zeit einer sekundÀren BlÀsse Platz.
Im Bade erfolgt also zunÀchst eine Erweiterung der Ka-
pillaren mit lebhaftem ZufluĂ des Blutes aus den groĂen Ge-
fĂ€Ăen in sie hinein. Hierdurch tritt eine Entlastung, eine
Schonung des Herzens ein. Bei der darauf folgenden
Kontraktion der Muskulatur der Hautkapillaren kommt es zu
einem stĂ€rkeren RĂŒckfluĂ des Blutes in die groĂen GefĂ€Ăe,
wodurch eine Belastung des Herzens eintritt. Dieser Vor-
gang ist als herzĂŒbendes Moment von Bedeutung. Hin-
zu kommt nach E. Weber (12) der funktions-
anregende EinfluĂ auf das Herz, der durch Kohlen-
sÀurereizung peripherischer sensibler Nerven vermittelt wird.
Die Reizwirkung der KohlensÀure findet nach Senator
und FrankenhÀuser (13) ihre ErklÀrung darin, daà die
Verschiedenheit der WÀrmekapazitÀt und WÀrmeleitung
des Wassers einerseits und der KohlensÀure andererseits
wechselnde EinflĂŒsse auf die Endigungen der WĂ€rme- und
KĂ€ltenerven in der Haut ausĂŒbt. Goldscheider (14)
dagegen ist der Ansicht, daà die KohlensÀure als solche
einen ihr typischen chemischen Reiz auf die Nervenend-
organe der Haut entfaltet und vasomotorische, vielleicht auch
Herzreizungen auslöst, welche funktionsanregend wirken und
vom Organismus im Sinne der Regulierung verarbeitet
werden.
Die kohlensauren StahlbÀder haben nun nach J a c o b
(2) die Eigenschaft, ebenso wie die Digitalis den
Herzrhythmus zu verlangsamen. Es wird eine
ausgiebige Kontraktion des Herzmuskels hervorgerufen und
die Energie und Arbeitsleistung dieses Organs gehoben. Aus
diesem Grunde wurden schon von Jacob (2) die kohlen-
sauren BĂ€der bei all den Herzkrankheiten empfohlen, bei
denen die HerztÀtigkeit beschleunigt und eine KrÀftigung des
Herzens angebracht ist. Diese Herabsetzung der Pulsge-
schwindigkeit bei beschleunigter Herzaktion ist ĂŒbrigens
schon frĂŒher von Kernig (15) festgestellt worden.
Bei dem Gebrauch von kohlensauren StahlbÀdern wird
nach Jacob (2) der ungewöhnlich frequente Puls der AnÀ-
mischen, Chlorotischen, Emphysematiker und Herzkranken
herabgesetzt und kann durch eine gröĂere Anzahl von BĂ€dern
dauernd zur Norm zurĂŒckgefĂŒhlt werden.
Eine unnatĂŒrliche Beschleunigung der HerztĂ€tigkeit hat
zur Folge, daĂ das Herz sich bei der Systole nicht voll-
stÀndig kontrahiert und daher nicht seinen ganzen Inhalt
in die Ălutbahn hineinpumpt. Hieraus erklĂ€rt sich die ver-
ringerte LeistungsfÀhigkeit des Herzens, die sich in der
Herabsetzung des Blutdrucks bei diesen Kranken kenntlich
macht. Nacn den Feststellungen von Jacob (16), S t i f 1 e r
(17) u. a. wird unter der Einwirkung des kohlensauren
Stahlbades der Blutdruck gesteigert und die Arbeit
des Herzens gĂŒnstig beeinfluĂt.
In Uebereinstimmung mit Àlteren badeÀrztlichen Er-
fahrungen konnte in neuerer Zeit an der Hand von Röntgen-
untersuchungen festgestellt werden, daĂ unter dem EinfluĂ
von kohlensauren BĂ€dern eine mĂ€Ăige Verkleinerung
des dilatierten Herzens stattfindet. Diese Beob-
achtungen sind umso wertvoller, als wir durch die ortho-
diagraphische Kontrolle ein objektives Bild ĂŒber die
GröĂe und Form des Herzens bezw. seiner VerĂ€nde-
rungen gewinnen.
Zur genaueren Beurteilung des Herzzustandes ist aber
unbedingt auch eine zuverlĂ€ssige PrĂŒfung seiner Funktion
erforderlich. In dieser Hinsicht sind wir in den letzten
Jahren mit Hilfe des Elektrokardiographen, der
von Kraus und Nicolai (18) in die Diagnostik der Herz-
krankheiten eingefĂŒhrt wurde, wesentlich vorangekommen.
WĂ€hrend man mit den frĂŒher ĂŒblichen Untersuchungs-
methoden nur den peripherischen Teil des Zirkulations-
apparates zu prĂŒfen instande war, können wir mittels der
Elektrokardiographie, wie Nicolai (19) sich ausdrĂŒckt,
unterscheiden, âob eine VerĂ€nderung auf einen Vorgang in
den GefĂ€Ăen oder im Heizen selbst zurĂŒckzufĂŒhren ist, ob
also z. B. eine vorĂŒbergehende Blutdrucksteigerung auf einer
GefĂ€Ăkontraktion oder auf einer stĂ€rkeren Arbeit des Herzens
selbst beruht." Wir können also mit Hilfe dieser Methode
die HerztÀtigkeit unabhÀngig von allen peripherischen Ein-
flĂŒssen erforschen. Die Aktionsströme des Herzens, die wir
hierbei messen, sind der Ausdruck der mechanischen
TĂ€tigkeit des Herzens. Aus diesem elektrischen Aequivalent,
das wir aufschreiben, können wir die mechanischen VorgÀnge
berechnen.
Die ersten elektrokardiographischen Untersuchungen
ĂŒber die Beeinflussung der HerztĂ€tigkeit durch BĂ€der wurden
von Rhein boldt und G o 1 d b a u m (20) in der II. medi -
zinischen Klinik der Charite ausgefĂŒhrt. Man suchte zu-
nÀchst den Einfluà der Temperatur allein zu ermitteln,
und zwar an der Hand von sogenannten indifferenten, v, armen
und kalten BĂ€dern. Hierbei ergab sich, daĂ heiĂe BĂ€der die
J-Zacke und in unbedeutendem MaĂe auch die F-Zacke
vergröĂeren, daĂ aber die kalten BĂ€der die J-Zacke ver-
kleinern und die F â Zacke stark vergröĂern, d. h. kalte
BĂ€der wirken auf das Herz energischer ein als warme.
Besonders interessant ist das Ergebnis der Untersuchun-
gen, die an sogenannten indifferenten BĂ€dem (34 0 bis 36 0 C)
angestelt werden. Man fand, daĂ ein derartiges Bad eine
deutliche Uebergangsstellung zwischen den heiĂen und kalten
BĂ€dern einnimmt und in bezug auf seine Herzwirkung zu
den warmen BĂ€dern zu rechnen ist.
Nach Feststellung des Einflusses der Temperatur
galt es, der Frage nÀher zu treten, welche Beeinflussung die
KohlensĂ€urebĂ€der auf die HerztĂ€tigkeit ausĂŒben.
Es wurden zunĂ€chst kĂŒnstliche KohlensĂ€ure-
bĂ€der einer PrĂŒfung unterzogen. Hierbei kamen Rhein-
boldt und G o 1 d b a u m (20) zu dem SchluĂ: âIm C02-Bad
besteht eine Tendenz aller Zacken zu steigen. In geringem
und nicht charakteristischem MaĂe ist das fĂŒr die A-Zacke
der Fall, ganz erheblich dagegen fĂŒr die F-Zacke. Bei der
J-Zacke geht der Steigerung mehrfach eine Senkung voraus,
imd wo dies bei J zutrifft, ist es auch bei F der Fall. Der
Fall mit gestörter Kompensation zeigt die Zunahme noch
deutlicher als die normalen FĂ€lle." Nach dem kĂŒnstlichen
COs-Bad besteht fast durchweg zunÀchst Senkung, dann
wieder Hebung der Zacken. Im Ganzen ĂŒberwiegt der
Zackenabfall gegen den Anstieg.
40. Jahrg. â Nr. 11
WeiĂbein, VVittkugel: kohlensaure StahlbĂ€dcr
An der Hand von elektrokardiographischen Versuchen,
die Privatdozent Waledinsky (21) auf Veranlassung des
B i C k el in der experimentell-biologischen Abteilung des
Pathologischen Instituts mit kĂŒnstlichen KohlensĂ€urebĂ€derrj
bei Kaninchen anstellte, wurde gleichfalls erwiesen, in wie
hohem Grade das Herz beeinfluĂt wird.
Gaben diese Untersuchungen bei k ĂŒ n s t 1 i c he n
KohlensÀurebÀdern, schon interessante Ergebnisse, so lag es
nahe, auch den EinfluĂ natĂŒrlicher KohlensĂ€urebĂ€der
auf das Elektrokardiogramm zu erforschen.
Nicolai (19) und WeiĂhein (10) wandten sich
dieser Frage zu und stellten an der Hand von elektrokardio-
graphischen Untersuchungen die Einwirkungen von einfachen
SolbĂ€dern und natĂŒrlichen kohlensauren
SolbÀdern auf die Herzfunktion fest.
Die natĂŒrlichen kohlensauren S t a h 1 b Ă€ d e r
waren bisher noch nicht in ihrer Einwirkung 'auf das Elek-
trokardiogramm untersucht worden. Es war deshalb von
besonderem Interesse, nach dieser Seite hin weitere Beob-
achtungen anzustellen.
Hierzu bot sich im Jahre 1913 in Bad Elster Gelegenheit,
wo wir auf Anregung des sÀchsischen Ministeriums elektro-
kardiographische Untersuchungen ĂŒber die Einwirkung von
kohlensauren StahlbÀdern auf die Herz-
funktion anstellen konnten. . Die beobachteten FĂ€lle
wurden uns in entgegenkommender Weise von Geh. San. -Rat
Dr. Köhler aus seinem Sanatorium zur VerfĂŒgung gestellt,
an dem Dr. Wittkugel damals tÀtig war. Die Versuche
wurden in der Weise angeordnet, daĂ sowohl bei Herz-
gesunden, wie bei geeigneten Herzkranken Elektrokardio-
gramme in Abteilung I (vom rechten und linken Arm), vor
dem Bad, wÀhrend des Bades in AbstÀnden von je 10 Mi-
nuten, gleich nach dem Bad sowie nach einer lÀngeren
Ruhepause (durchschnittlich 1 Stunde) aufgenommen wur-
den. Die Badetemperatur war in allen FĂ€llen 34 9 C. Zur
Kontrolle wurden bei jedem Patienten Elektrokardiogramme
in einfachen SĂŒĂwasserbĂ€dern von gleicher Temperatur und
bei gleicher Versuchsanordnung aufgenommen. Zur An-
wendung kam der elektrokardiographische Apparat der
Firma H u t h. Der Abstand des Registrierapparates von der
Frontlinse des Projektions-Okulars betrug 65 cm, der Faden -
ausschlag 2 cm. Die HĂ€nde der Patienten wurden mit leich-
ten Tuchelektroden umwickelt, die wiederum durch Gummi-
binden geschĂŒtzt waren. Auf diese Weise wurden im gan-
zen 291 Elektrokardiogramme aufgenommen, die sich auf
62 Badeversuche verteilten.
Die Resultate unserer Untersuchungen mit einfachen
SĂŒĂwasserbĂ€dern, wie sie sich bei der Ausmessung von
75 Elektrokardiogrammen ergaben, stimmen mit den frĂŒhe-
ren Beobachtungen, die in dieser Hinsicht angestellt sind,
ĂŒberein. Es hat sich wieder gezeigt, daĂ die sogenannten
indifferenten SĂŒĂwasserbĂ€der nicht ohne EinfluĂ auf die
Herzfunktion sind und ihrer Wirkung nach zu den lau
warmen BĂ€dern gezĂ€hlt werden mĂŒssen. Wie aus der
Tabelle I, in der die Mittelwerte unserer Ausmessungen zu-
sammengefaĂt sind, ersichtlich ist, werden im sogenannten
indifferenten Bade sÀmtliche Zacken leicht erhöht. Das
VerhÀltnis der J-Zacke zur F-Zacke wird insofern beein-
fluĂt, als es wĂ€hrend des Bades um 10â12 % sinkt. Nach
dem Bade geht das VerhÀltnis der J-Zacke zur F-Zacke fast
vollstĂ€ndig wieder zur AnfangsgröĂe zurĂŒck.
I. Tabelle der Zackengröljen.
SiifjwasserbÀder.
Mittelwerte
aus
16 WasserbÀder -
Versuchen.
I
Jp J/F
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
Ruhezeit \
Nach 1 stĂŒndiger (
10,0
13,1
13,5
Ii.:;
1U
2,0
2,9
3,1
2,9
1,3
1,5
1,6
1,0
1,3
4,6
5,2
5,4
5,3
4,9
5,0
4,5
4,4
4,9
4,8
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WeiĂbein, Wittkugel: Kohlensaure StahlbĂ€der
40. Jahrg. â Nr. 11.
Die Einwirkung der Elsterer kohlensauren StahlbÀder
auf die Herzfunktion wurde sowohl bei herzgesunden als
auch bei herzkranken Personen untersucht. Bei den erste-
ren wurden 19 Badeversuche angestellt. Vergleichen wir
die ZackengröĂen der hierbei gewonnenen 89 Elektrokardio-
gramme, so zeigt sich ĂŒbereinstimmend bei allen Aufnahmen
ein erhebliches Ansteigen der J-Zacke und
eine geradezu auf lallend starke VergröĂe-
rung der F -Zacke. Das VerhÀltnis der J-Zacke zur
F-Zacke wird sowohl wÀhrend des Bades wie auch gleich
nach dem Bade und nach einstĂŒndiger Ruhezeit erheblich
herabgesetzt. Aus diesem Befund ergibt sich, daĂ die kohlen-
sauren StahlbÀder auf die Funktion des gesunden Herzens
auĂerordentlich gĂŒnstig einwirken, da-man ja nach Kraus
und Nicolai (18) aus de m VerhÀltnis der J-Zacke zur
F-Zacke einen RĂŒckschluĂ auf die GĂŒte des Herzens zu
ziehen berechtigt ist. Die Vorhofzacke (A-Zacke) und die
Jp-Zacke zeigen gleichfalls im allgemeinen wÀhrend des
Bades eine Tendenz zur VergröĂerung, die allerdings nicht
fĂŒr alle FĂ€lle zutrifft. Es ist dies auch natĂŒrlich, da bei der
A-Zacke schon aus den Berechnungen von Linetzky (22)
hervorgegangen ist, daĂ auch diejenigen Faktoren, welche
sich bestimmt angeben lassen, wie Alter, HerzgröĂe und
Blutdruck, keinen eindeutigen EinfluĂ auf die Vorhofzacke
ausĂŒben. Aus der Zusammenstellung der Mittelwerte ist er-
sichtlich, daà wÀhrend des Bades die J-Zacke um 31 bis
37 %, die F-Zacke um 78,3 %, nach dem Bad, die J-Zacke
um 37 %, die F-Zacke um 78,3 % und nach einstĂŒndiger
Ruhezeit die J-Zacke um 5 % und die F-Zacke um 39,1 %
ansteigen. Das VerhÀltnis der J-Zacke zur F-Zacke ist nach
10 Minuten um 20,9 '%, nach 20 Minuten um 25,6 %, nach
dem Bade um 23,3 % und nach einstĂŒndiger Ruhezeit um
23,3 % gesunken. Wir ersehen hieraus, daĂ die kohlen-
sauren StahlbÀder im Vergleich zu der Einwirkung einfacher
WasserbÀder auf das Elektrokardiogramm eine auffallend
gĂŒnstige Beeinflussung der Herzfunktion hervorrufen. WĂ€h-
rend beim einfachen Wasserbad das VerhÀltnis von J : F im
Bade um 10 bis 12 % sinkt, um nach dem Bade wieder zur
frĂŒheren Höhe zurĂŒckzukehren, zeigte sich unter dem Ein-
fluà der kohlensauren StahlbÀder von Bad Elster wÀhrend
des Bades ein Sinken des VerhÀltnisses der J : F-Zacke um
20,9 bis 25,6 %, wobei bemerkenswert ist, daĂ die gĂŒnstige
Einwirkung auch, nach dem Bade auf ungefÀhr gleicher Höhe
verbleibt.
Vergleichen wir nun die hierbei gewonnenen Resultate
mit den Ergebnisse der Untersuchungen von Rheinboldt
und G o 1 d b a u in (20), die sich auf kĂŒnstliche kohlensaure
BĂ€der erstreckten, so finden wir fĂŒr die natĂŒrlichen
kohlensauren BĂ€der viel konstantere Werte
als fĂŒr die kĂŒnstlichen. Rheinboldt und
Goldbaum fassen das Ergebnis ihrer Untersuchungen
an kohlensauren BĂ€dern dahin zusammen, daĂ zwar eine
Tendenz aller Zacken zum Ansteigen besteht, aber bei der
J-Zacke der Steigerung mehrfach eine Senkung vorausgeht,
und wo dies bei J zutreffe, sei es auch bei F der Fall. Sic
erklĂ€ren sich die Einwirkung der kĂŒnstlichen KohlensĂ€ure-
bÀder von sog. indifferenter Temperatur so, daà zuerst eine
Senkung, dann eine Erhöhung der Zacken eintritt. Im Bade
seien die Kontraste, wie sie hervorheben, im allgemeinen
stĂ€rker, und es ĂŒberwiege die Hebung. Nach dem Bade be-
stĂ€nde eine gröĂere Tendenz zur Senkung. Bei den natĂŒr-
lichen kohlensauren StahlbÀdern von Bad Elster ergab sich
eine viel einheitlichere und gesetzmĂ€Ăigere
Beeinflussung der Zackenhöhe. Wie aus unseren
Durchschnittszahlen ersichtlich ist, steigen sowohl im Bade
selbst wie nach einstĂŒndiger Ruhezeit die J-Zacke und die
F-Zacke durchgehend an. In Uebereinstimmung mit den
praktischen Erfahrungen ergeben auch unsere Untersuchun-
gen, daĂ die natĂŒrlichen kohlensauren StahlbĂ€der hi der
gĂŒnstigen Einwirkung auf die Herzfunktion zuverlĂ€ssiger
sind, als die kĂŒnstlichen kohlensauren BĂ€der, wie sie in den
Versuchen von Rheinboldt und Goldbaum zur An-
wendung kamen.
III. Tabelle der Zackengröjjen.
Name der
Patienten Tag der
Untersuchung
Untersuchung ^zeit
J F A Jp j/F
Nr. 1.
Patientin W.
11. XI.
13. XI.
22. XI.
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
1 Std.nach d. Bad
19,5 1,5 1,0 8.1 13,0
20,7 2,1 1,7 (5,4 9,8
21.3 3,0 2.2 5,8 7,1
21.3 2,3 2,0 6,3 9,3
28/7 2,5 2,2 6,5 11,5
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
1 Sic!, nach d. Bad
19,8 1,8 1,5 7,3 11,0
25.4 2,4 1,7 5,5 10.6
23.5 2.9 2,0 4,5 8^
24.3 2,7 2,2 4,1 9,0
28,1 2ÂŁ 2,1 5,1 10,1
Vor dem Bnd
Nach 10 Min
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
1 Sld. nach d. Bad
10.0 u,y i.u /,o io..>
18,6 2,0 1,5 7,8 9,3
15,6 1,4 1,0 6.7 11,1
19.1 1.7 1,5 6.7 11,2
11.8 1.1 1.0 7,5 8,4
Nr. 2.
Patient W.
16. I,
23. I.
2."). I.
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
9.2 0.5 1,0 4.0 18.5
12.2 1.2 1,0 2,7 9,8
12,0 1,5 1,2 3.0 8,0
17,5 1,0 1,1 3il 17,5
Vor dem Bad
Nach Ii) Min.
Nach 20 Min
Nach dem Bid
11.2 0.5 0,7 4.3 22,4
' 12.3 2,0 1,2 3,0 6.1
13,8 1.7 1,2 3,1 7,9
17,4 1.0 1,2 2,7 17,4
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
10,7 1,0 1,0 3,5 10,7
13,9 2,0 1,2 3,5 6,9
13.6 1,7 1.2 3,5 7,8
13.7 1,5 1,7 2,9 9,1
Nr. 3.
Patient M
21. XI.
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem B ad
1 Sld. nach d. Bad
17.4 1.7 1,5 1.3 9,9
25.1 3.2 2,0 6,4 7,7
23,:; 3.0 1.7 6.5 7.8
23.5 3.0 2,0 6,4 7,8
13.2 1.5 1,3 6,0 8,8
Nr. 4.
Patient M.
3. XI.
14. XI.
10. XI.
27. XI
28. XI.
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min
Nach dem Bad
1 Std. nach d. Bad
9,1 2,0 1,0 3,0 4,5
10,3 3.0 1.0 3,0 3,4
12,5 3.7 1.2 2 2 3,4
11.1 3.0 1,1 2.1 3,7
10.0 2,9 1.5 2,0 3,4
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
1 Sld. nach d. Bad
7.1 1.5 0,5 2,5 4,7
12.6 3.2 1,5 3,0 3.9
-,S,2 3,4 1,4 2.6 4.0
11.0 2,6 1,0 2.7 1.2
12,6 3,5 1,6 3,0 3,6
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min
Nach dem Bad
1 Sld. nach d. Bad
9,7 2,0 0,9 2,8 4,8
11,4 3.9 1,6 3,4 2,9
13,2 4,0 1.1 3.1 3,3
4,6 1,2 0,7 1,9 3.8
9.1 2,5 1,0 3,2 3,8
Vor dem Bad
Nach 10 Min
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
1 Std.nach d. Bad
7.6 1,5 0,6 2,7 5,1
10,6 2,6 0,7 1,7 4,2
11,2 3,7 0,7 3.0 3,0
10.6 3.2 1.0 3,0 3,3
12,2 3,5 1.7 3,0 3,5
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 2C Min
Nach dem Bad
1 Std. nach d. Bad
9,0 2,0 1.0 1.2 1,5
12.1 3,0 1.5 2.5 4,0
âą3.7 4,0 2,0 2.8 3.4
13.0 4.0 1.5 2,0 3,2
10,0 3.0 1,5 3,0 3,3
Nr. 5.
Patient R.
25 . I.
1. lt.
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
1 Std. nach d. Bad
5.5 0,8 0,6 4,8 6,9
7,8 1,5 1,0 5,0 5,2
6.6 1.5 0.8 4 5. 4.1
7.1 1,2 0.9 5,0 5,9
6.8 1.3 0,8 1.7 5.2
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
1 Std. nach d. Bad
6,0 0.8 0,5 4,2 9,5
3,3 1.5 0.8 5.2 5,5
8.3 1,4 1.1 5 1 5,0
7.5 1.7 1,0 5.2 4.4
5.8 1,2 1,0 4,0 4.8
10. Jahrg.
Nr. II.
WeiĂbein, Wittkugel: Kohlensaure StahlbĂ€dei
M I
Name der
Pdtienten. Tag der
Untersuchung.
Untersuchungszeil
Nr. C.
Patient H. 9. I.
11. I.
14. I.
23. I.
Nr. 7.
Patientin M.
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
8,7 1,7
10,5 2,4
U,3 2,7
11,9 2,7
1,0
1,0
0,9
1,5
5,0
5,2
5,8
6,1
Vor dem Bad
Nach K> Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
1 Std. nach d. Bad
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
8,4
10,(1
10,9
12,0
12,5
1,5
2,5
2,7
3,1
2,7
0,9
0,9
1,3
1,3
1,2
7,ĂŒ
11,6
11,2
11,9
1,4
2,8
3,3
2,5
0,5
1,0
0,7
1,0
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
10,9
14,3
14,6
14,6
1,7
3,5
3,2
3,1
0,6
0,7
0,9
1,2
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
1 Std. nach d. Bad
10.
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
1 Std. nach d. Bad
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
1 Std. nach d. Bad
10,5
16,5
17,0
16,1
13,5
1,3
3,4
3,5
3,2
2,3
0,7
1,6
1,0
1,5
1,2
10,4
17,0
17,2
15.8
12*6
1,2
8,2
3,2
2,9
2,0
0,6
1,2
1,6
1,0
0,7
15,1
20,1
19,6
18,0
19,4
2,2
4,2
4,5
4,6
3,2
1,1
1,6
1,5
1,2
1,4
Nr. 8.
tientin F.
XI.
12. XI.
13. XI.
Nr. 9.
'atient A.
6. XI.
12. XI.
19. XI.
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
1 Std. nach d. Bad
9,7 . 2,2
10,1 3,0
11,7 3,4
10,9 3,4
11,0 3,0
1,2
2,0
1,7
1,7
1,7
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
1 Std. nach d. Bad
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
1 Std. nach d. Bad
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
1 Std. nach d. Bad
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
1 Std. nach d. Bad
Vor dem Bad
Nach 10 Min.
Nach 20 Min.
Nach dem Bad
6,7
9,4
9,3
9,1
9,7
1,3
2,0
2,0
2,0
2,2
1,0
1.2
1,7
1,2
1,2
6,8 1,2
8.6 2,0
9,0 1,8
9,8 2,6
8.7 2,3
0,6
1,2
1,2
1,4
1,4
8,2
13,6
14,2
15,3
12,4
1,5
3,0
3,5
4,0
3,0
1,0
1,2
1,7
1,5
1,5
6,7
10,9
12,0
12,0
13,0
1,2
2,5
3,0
3,0
2,5
1.0
1,0
0,9
1,0
1,0
6,8
10,3
11,0
9,7
1,0
2,7
3,0
2,4
0,7
1,4
1,0
1,2
4,5
5,4
6,2
5,2
5,6
3,0
5,3
5,6
5,0
5,7
5,6
5,6
5,2
"7,5
8,2
8,1
8,8
7,8
7,1
8,7
8,9
8,3
7,5
8,1
8,7
8,0
8,0
8,5
2,2
2,5
2,4
2,1
2,0
2,2
2,7
2,0
1.9
2:2
2,8
2,9
2,9
2,6
2,0
3,2
3,5
4,0
3,7
3,2
2,5
3,2
2,5
2,5
3,0
3,5
2,9
2,5
3,5
5,1
4,4
4,2
4,4
5,6
4,2
4,0
3,9
4,6
5,4
4,1
3,4
4,8
6,4
4,1
4,6
4.7
8,1
4,8
4,8
5,1
5,9
8.7
5,3
5,4
5,4
6,2
6,9
4,8
4,3
3 9
6A
4,4
3,4
3,4
3,2
3,7
5,2
4,7
4,6
4,5
4,4
5,7
4,3
5,0
3,8
3,8
5,5
4,5
4,0
3,8
4,0
5,6
4,4
4,0
4,0
5,2
6,8
3,8
3,7
4,0
FĂŒr unsere Untersuchungen an Herzkranken standen uns
alle zur VerfĂŒgung, bei .denen die Herzaffektion bedingt
ar durch Blutarmut, durch mangelhafte Körperbewegung,
gelaufene Infektionskrankheiten und leichte Arterioskle-
ose. In Tabelle III bringen wir eine Uebersicht ĂŒber die
'erte der ZackengröĂen auf Grund unserer elektrokardio-
raphischen Aufnalunen an diesen Patienten.
Wir sehen auch hier wÀhrend des Bades ein Ansteigen
der J-Zackc und eine erhebliche VergröĂerung der F-Zacke
auftreten. Das VerhÀltnis der .I-Zacke zur F-Zacke wird
wĂ€hrend des Bades in ĂŒberaus gĂŒnstigem Sinne beeinfluĂt.
Diese vorteilhafte Einwirkung der Elsterer kohlensauren
StahlbÀder auf die Herzfunktiön zeigt sich auch direkt nach
dem Bade und selbst noch nach einstĂŒndiger Ruhezeit
Es gebt aus diesen Versuchen hervor, daĂ die kohlen-
sauren StahlbÀder von Bad Elster sich durch ihre intensive
und nachhaltige, gĂŒnstige Einwirkung auf das funktions-
untĂŒchtige Herz auszeichnen. Wir ersehen weiterhin aus
unseren elektrokardiographischen Beobachtungen, daĂ eine
ausgiebige Ruhezeit im AnschluĂ an die BĂ€der erforderlich
ist, wenn man einen vollen Erfolg der Badekur erzielen will.
Fassen wir die gesamten Ergebnisse unserer elektro-
kardiographischen Untersuchungen ĂŒber die kohlensauren
StahlbÀder von Bad Elster zusammen, so finden wir durch
sie die Beobachtungen bestÀtigt, nach denen die BadeÀrzte im
Laufe der Zeit die Indikationen von Bad Elster begrĂŒndet
haben. Die objektive PrĂŒfung der Herzfunktion mittels der
Elektrokardiographie legt ein gutes Zeugnis ab fĂŒr die Sorg-
falt der badeÀrztlichen Beobachtungen, die in der Literatur
ĂŒber Bad Elster niedergelegt sind. Gerade bei den SchwĂ€che-
zustÀnden des Herzens, wie sie als Folge von Blutarmut, im
AnschluĂ an Frauenleiden und an Infektionskrankheiten, bei
mangelhafter Körperbewegung und ĂŒbermĂ€Ăigem Fettansatz
usw. auftreten, werden die kohlensauren StahlbÀder von Bad
Elster durchaus geeignet sein, die gestörte Herzfunktion zur
Norm zurĂŒckzufĂŒhren. Es trifft sich besonders glĂŒcklich,
daĂ die ĂŒbrigen Kurmittel von Bad Elster, seine eisen- und
glaubersalzhaltigen Trinkquellen, seine MoorbÀder, seine
mittlere Höhenlage und seine gĂŒnstigen klimatischen Ver-
hÀltnisse sich gerade bei denjenigen Krankheiten als ausge-
zeichnetes Heilmittel bewÀhren, welche die genannten Grup-
pen von HerzschwÀche bedingt haben. Man ist daher in
Elster in der angenehmen Lage, durch die natĂŒrlichen Heil-
mittel des Kurortes nicht nur auf die geschwÀchte
Herzfunktion krÀftigend einzuwirken, son-
dern auch gleichzeitig gegen das Grund-
leiden erfolgreich vorzugehen.
Literatur.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
Bechler : Bad Elster, Beobachtungen und Erfahrungen.
Leipzig, 1867.
Jacob: GrundzĂŒge einer rationellen Balneotherapie. Ber-
lin, 1870.
Lehmann: Schmidt's JahrbĂŒcher. 1855.
Schwartze: Kurort Elster usw. Leipzig, 1854.
Lersch: Ueber die Aufsaugung der Salze im Bade. Bonn.
1869.
Helmkampff : Bad Elster in Sachsen. Berlin, 1883.
Flechsig: Handbuch der Balneotherapie. Berlin, 1892.
Kionka: Eisenquellen. In: Deutsches BĂ€derbuch. Leipzig,
1907.
FrankenhĂ€user: Ein neuer Gesichtspunkt fĂŒr die Be-
urteilung der Nachwirkung von BĂ€dern. Berliner Klinische
Wochenschrift, 1903. Nr. 28.
WeiĂbein : Elektrokardiographische Untersuchungen ĂŒber
die Einwirkung von kohlensauren SolbÀdern auf das Herz.
Zentr.-Blatt f. Herz- u. GefĂ€Ăkrankh. 1913, Nr. 3.
P o s n e r, L.: Briefe aus Elster. Berlin, 1863.
Weber, E.: Die Wirkung natĂŒrlicher und kĂŒnstlicher Kohlen-
sÀurebÀder sowie der Hochfrequenzbehandlung bei Herz-
kranken, kontrolliert durch die âplethysmographische Ar-
beitskurve", Berlin, Verlag Julius Springer, 1919.
Senator und PrankenhÀuser: Zur Kenntnis der Wir-
kung von KohlensÀure- und anderen gashaltigen BÀdern.
Therapie der Gegenwart. 1904, Nr. 1.
Goldsc heider: Ueber die Einwirkung der KohlensÀure
auf die sensiblen Nerven der Haut, Arch. f. Anatomie und
Physiologie, 1887. Zur physiologischen Wirkung der Kohlen-
sÀurebÀder. 33. Baln.-Kongreà 1912 und Die Behandlung der
chron. KreislaufschwÀche, Deutsche med. Wochenschrift, 1922,
Nr. 1 u. 2.
Kernig: Experimentelle BeitrÀge zur Kenntnis der WÀrme-
regulierung beim Menschen. Dorpat. 1864.
Jacob: Zur Steuerung des Herzens durch sĂŒĂwasserkohlen-
saure StahlbÀder und MuskeltÀtigkeit und zur Behandlung des
kranken Herzens. 6. Baln.-KongreĂ 1884.
'H2
Gralka: Chylothorax
40. Jahrg. â Nr. 11.
17. Stiller: Ueber die Wirkung des kohlensauren Stahlbades.
11. Balneologen-KongreĂ 1889, und Ueber physiologische diffe-
rente BĂ€derwirkung, 16. Balneologen-KongreĂ 1895.
18. Kraus und Nicolai: Das Elektrokardiogramm des ge-
sunden und kranken Menschen. Leipzig, 1910.
19. Nicolai: Ueber den EinfluĂ verschiedener BĂ€der auf das
Herz. Medizin. Klinik, 1912, Nr. 21.
20. Rheinboldt und Goldbaum: Die Beeinflussung des
Elektrokardiogramms durch indifferente und differente BĂ€der.
Zeitschrift fĂŒr experimentelle Pathologie und Therapie. 1911.
21 Waledi nsky: Einfluà der KohlensÀurebÀder auf das
Elektrokardiogramm. Zeitschrift f. physikalische und diÀte-
tische Therapie. 1913.
22. Linetzky: Die Beziehungen der Form des Elektrokardio-
gramms zu dem Lebensalter, der HerzgröĂe und dem Blut-
druck. Inaug.-Dissertat., Berlin, 1912.
'TB
Aus der UniversitÀts-Kinderklinik zu Breslau.
(Direktor: Professor Dr. S t o 1 1 e.)
Ueber Chylothorax im Kindesalter im Gefolge
einer Hodgkin'schen Krankheit.
Von Dr. Richard Gralka, Assistenten der Klinik.
. (Mit 2 Röntgenbildern.)
Seit der von H ĂŒ s s y1) im Jahre 1918 veröffentlichten
Zusammenstellung der bis zu diesem Zeitpunkt beschriebenen
FĂ€lle von Chylothorax im Kindesalter und der gleichzeitigen
Veröffentlichung eines selbst beobachteten Falles ist, soweit
wir aus der uns zur VerfĂŒgung stehenden Literatur ersehen
konnten, kein weiterer Krankheitsfall dieser Art beschrieben
worden. Bei der mithin groĂen Seltenheit dieser Erkrankung
im Kindesalter dĂŒrfte daher der Bericht ĂŒber einen von uns
im Sommer 1921 beobachteten Fall von rechtseitigem Chylo-
thorax bei einem 8 jÀhrigen MÀdchen von einigem Interesse
sein, zumal da als ursÀchliches Moment eine Hodgkin'sche
DrĂŒsenerkrankung inbetracht kommt, eine Aetiologie, die
sich in den von H ĂŒ s s y zusammengestellten FĂ€llen nur ein
einziges Mal erwÀhnt findet.
Das 8 jÀhrige MÀdchen stammte aus einer gesunden Familie,
hatte in frĂŒheren Jahren einmal an Keuchhusten und Masern ge-
litten, war aber im ĂŒbrigen bis zum FrĂŒhjahr 1921 gesund und
hatte sich gut entwickelt. MĂ€rz 1921 traten zum ersten Male
Klagen ĂŒber Mattigkeit und SchwindelanfĂ€lle auf, die vom Haus-
arzt auf eine ĂŒberstandene Grippe bezogen wurden. Da die Be-
schwerden trotz Behandlung fortbestanden und Ende Juli 1921
noch Fieber hinzutrat, wurde ein zweiter Arzt konsultiert, der
eine Adenoiditis feststellte und Gaumen- und Rachenmandeln ent-
fernte. Mattigkeit und Fieber nahmen, danach aber eher zu, es
traten NachtschweiĂe auf, und daher wurde im -September 1921
ein drittel* Arzt zu Rate gezogen, der das Kind wegen DrĂŒsen-
fiebers unserer Poliklinik ĂŒberwies. Hier wurde ein ErguĂ in der
rechten Pleurahöhle festgestellt und das Kind wegen der eigen-
tĂŒmlichen Beschaffenheit des Punktats am 15. IX. 1921 in die
Klinik aufgenommen.
Das krÀftige, gut genÀhrte, etwas blasse MÀdchen machte
einen schwerkranken Eindruck. Schon nach wenigen Schritten
trat eine ziemliche Kurzatmigkeit auf. Im Bereich der Brust-
wirbelsÀule bestand eine leichte Skoliose nach links. Am Hals
lÀngs der Musculi sternocleidomastoidei und in beiden Achsel-
höhlen fanden sich scharf abgegrenzte, weder mit der Unterlage
noch mit der darĂŒber liegenden Haut verwachsene, bis kirsch-
groĂe, derbe DrĂŒsen.
Die rechte ThoraxhÀlfte erschien leicht vorgewölbt und stand
hei der Atmung fast still. Mit Ausnahme eines kleinen Bezirks
ĂŒber den vorderen Partien des rechten Oberlappens, wo leicht
lympanitischer Klopfschall festgestellt wurde, bestand im Sitzen
ĂŒber der ganzen rechten Lunge DĂ€mpfung und stark abge-
schwÀchtes AtemgerÀusch, im Liegen war der Klopf schall auch
rechts vorn oben verkĂŒrzt. Auf der linken RĂŒckenhĂ€lfte lieĂ sich
paravertebral ein Grocco-RauchfuĂ'sches Dreieck herausperku-
tieren, dessen obere Spitze in Höhe des 6. Bruslwirbeldorns lag
und das lateral bis an die linke Skapularlinie heranreichte.
Traubescher Raum frei. Links vorn neben dem Manubrium sterni
fand sich eine 1 Querfinger breite Zone mit SchallverkĂŒrzung,
auch war an dieser Stelle das AtemgerÀusch verschÀrft, im
ĂŒbrigen bot die linke Lunge keinen krankhaften Befund
Das Herz war nach links verdrÀngt: linke Herzgrenze einen
Querfinger auĂerhalb der linken Brustwarzenlinie. Obere Herz-
grenze am Oberrand der 3. Rippe, rechte Herzgrenze nicht fest-
zustellen, da rechts Uebergang der HerzdÀmpfung in die DÀmpfung
ĂŒber der rechten Lunge. HerzspitzenstoĂ im 5. Zwischenrippen-
raum etwas auĂerhalb der linken Mammillarlinie, leicht hebend.
Herzaktion beschleunigt. Puls beiderseits an der Radialis gleich,
klein, beschleunigt.
Bauch im Thoraxniveau, Leberrand in der VerlÀngerung der
rechten Brustwarzenlinie 2 Querfinger unterhalb des Rippen
bogens, Milz schneidet mit diesem ab. Keine Tumoren im Ab-
domen.
Ziemlich starke VasolabilitĂ€t, im ĂŒbrigen Sinnesorgane und
Nervensystem gesund. Urin hell, klar, sauer, enthÀlt weder
EiweiĂ noch Zucker, auch im Sediment kein pathologischer Be-
fund. Temperatur 38°, steigt nach Angabe des behandelnden
Arztes abends bis auf 39,6°.
Da es sich demnach um ein in der rechten Pleurahöhle frei
hewegliches Exsudat handelt, das ziemlich starke VerdrÀngungs-
erscheinungen verursacht, wird sofort eine Punktion vorge-
nommen, bei welcher 350 cem eines weiĂlichen, leicht gelb tin-
gierten, fettglĂ€nzenden, ziemlich dĂŒnnflĂŒssigen Exsudats entfernt
werden. In der Poliklinik waren vor wenigen Tagen 250 cem
der gleichen FlĂŒssigkeit abgelassen worden.
Da sich bei der röntgenologischen Untersuchung zeigte, daĂ
immer noch eine betrÀchtliche Exsudatmenge im rechten Pleura
rĂ€um vorhanden war und der FlĂŒssigkeitsspiegel in den nĂ€chsten
Tagen noch höher anstieg, wurde am 21. IX. 21 eine weitere
Punktion vorgenommen, bei der noch 110 cem des gleichen Ex-
sudats entfernt wurden.
Die rechte Pleurahöhle erweist sich nunmehr bei der rönt
genologischen Untersuchung praktisch frei von Exsudat, um so
deutlicher tritt aber jetzt der sehr breite, intensive Mittelschatten
hervor, (siehe Röntgenbild 1).
Eine Wiederansammlung des Exsudats tritt nicht mehr auf.
DaĂ es sich um einen milchartigen PleuraerguĂ handle,
zeigte das gewonnene Punktat schon bei der bloĂen Besich-
tigung. Es kam nun zunÀchst darauf an festzustellen, zu
welcher Art von milchartigen ErgĂŒssen es gehöre, ob es in
die Reihe der chylösen oder der adipösen ErgĂŒsse nach der
von G a n d i n J) gegebenen Definition einzureihen wÀre und
wodurch es zustande gekommen sei.
Zur Entscheidung der ersten Frage untersuchten wir die
beiden Punktate mikroskopisch, bakteriologisch und che-
misch. WĂ€hrend sich im mikroskopischen Bilde der bei der
ersten Punktion gewonnenen FlĂŒssigkeit neben einigen roten
und weiĂen Blutkörperchen nur zahlreiche, kleinste, stark
lichtbrechende, lebhafte Eigenbewegung zeigende Körperchen,
wie es Jennings und Rieh treffend beschreiben, âeiner Rein-
kultur von Bakterien im hÀngenden Tropfen vergleichbar"3),
fanden, sah man in dem vom zweiten Punktat hergestellten
PrÀparat daneben noch in jedem Gesichtsfelde einige mehr
oder minder groĂe FettkĂŒgelchen, die den unter das Deckglas
gebrachten fĂŒr Fette charakteristischen Farbstoff, Sudan
bezw. OsmiumsÀure, an sich rissen und dann rötlich bezw.
schwÀrzlich erschienen, wÀhrend die feinen StÀubchen farb-
los blieben. Bakterien konnten im Originalaustrich nicht
festgestellt werden. Mehrere angelegte Kulturen blieben steril,
und ein mit dem zweiten Punktat geimpftes Meerschweinchen
erkrankte bis heute nicht.
Die Reaktion des geruchlosen Punktats war alkalisch,
sein spezifisches Gewicht betrug 1018. Bei lÀngerem Stehen
setzte sich an der OberflÀche eine deutliche Rahmschicht ab,
Fibringerinnsel zeigten sich dagegen nicht. Bei Zusatz von
alkoholischer Sudanlösung schlug die gelblich-weiĂe Farbe
des Punktats in ein intensives Rot um, HinzufĂŒgen von Os-
miumsĂ€ure bewirkte SchwarzfĂ€rbung. Schon bei mĂ€Ăigem
ErwÀrmen trat starke Coagulation auf, Zusatz von Essig-
sĂ€ure in der KĂ€lte fĂŒhrte zur Bildung einer gallertartigen
Masse, in der zahlreiche feinste, geronnene, weiĂliche Par-
tikelchen suspendiert erschienen. Die mit Fehling'scher
Lösung und Nylanders Reagens angestellten Zuckerproben
fielen negativ aus.
Die Bestimmung des Gesamtstickstoff gehaltes mit der
Kjeldahl'schen Methode ergab in 5 cem einen Mittelwert von
0,0345 g oder in Prozenten ausgedrĂŒckt von 0,69 %. Der Fett-
40. Jahrg. â Nr. 11.
Grnlka: Chylothorax
U'i
Behalt des Punktats wurde mit dem Acidbulyrometer nach
Gerber bestimmt und betrug beim eisten Punktat 1,9%,
beim zweiten 2,4 %.
Auf Grund dieser Untersuchungsergebnisse halten wir
uns ĂŒbereinstimmend mit den von G a n d i n ') angegebenen
Fig 1
Merkmalen fĂŒr den chylösen ErguĂ fĂŒr berechtigt, auch
nnsern Fall dieser Gruppe zuzurechnen.
FĂŒr den Entstehungsmodus des Chylothorax bei unserer
Patientin gab uns das Röntgenbild einen Fingerzeig. Ein
Trauma konnte anamnestisch nicht sicher ermittelt werden.
Der sehr intensive breite Miltelschatten im Brustraum sprach
fĂŒr eine intrathorakale Tumorbildung, die anscheinend zu
einer so starken Kompression des Ductus thora-
eicus gefĂŒhrt hatte, daĂ zumal bei der gleich-
zeitigen Behinderung des venösen Blutstroms
der AbfluĂ des Chylus gehemmt wurde. Ob es
dabei zu einer Stauungsberstung und Ruptur
von Chylizeren gekommen war, wie von ein-
zelnen Autoren angenommen wird, oder ob der
Durchtritt des Chylus per diapedsim erfolgt
war, lĂ€Ăt sich in vivo nicht entscheiden.
Es war wenig wahrscheinlich, daĂ sich die
Behinderung des Abflusses ganz allmÀhlich
ausgebildet hatte; denn erstens wÀre es dann
wÀhrend des lÀngeren Zeitraumes zur Ausbil-
dung von Collateralen gekommen, und es hÀtte
sich somit keine so groĂe Ansammlung von
Chylus finden können, zweitens wÀre aber auch
wohl ein weniger groĂes, lĂ€nger bestehendes
Exsudat schon bei einer der frĂŒheren Unter-
suchungen von anderer Seite diagnostiziert
worden. Wie RĂŒckfragen ergeben haben, fan-
den sich aber Ende Juli 1921, d. i. 1% Monate
vor der Feststellung des Exsudates durch uns,
noch keine krankhaften VerÀnderungen an
den Brustorganen. Wir konnten daher mit
ziemjicher Sicherheit anneinnen, daĂ die Kom-
pression des Ductus therocicus verhĂ€ltnismĂ€Ăig
schnell erhebliche Grade erreicht haben muĂte.
Diese Tatsachen schienen uns ein Beweis fĂŒr die Ma-
lignitÀt der im Röntgenbild sichtbaren intrathorakalen Tu-
moren zu sein. Eine BestÀtigung dieser unserer Annahme,
daĂ es sich bei dem den Ductus thoracicus komprimierenden
Hindernis um ein rasch wachsendes, bösartiges Neoplasma
und zwar um eine Systemerkrankung handle, ergab sich
schon in den ersten Tagen des klinischen Aufenthaltes. Die
bei der Aufnahme kirschgroĂen Drusen in der linken Achsel
höhle wurden in kurzer Zeit gĂ€nseeigroĂ, es traten neue
DrĂŒsenschwellungen in beiden Supraklavikulargruben auf,
und der Mittelschatten im Thoraxraum verbreiterte sich
gleichfalls, wie ein zweites, etwa 14 Tage nach dei ersten
Aufnahme angefertigtes Röntgenbild zeigte.
Die Breite des Mitlelschattens auf den beiden
technisch vollkommen gleich angefertigten Bil-
dern an derselben Stelle gemessen betrug 6,5 cm
und 7,4 cm.
Das schnelle Wachstum der Tumoren lieĂ
von vornherein die Annahme einer tuberku-
lösen DrĂŒsenverĂ€nderung wenig, wahrschein-
lich erscheinen, auch fielen die wiederholten
intrakutanen Tuberkulinreaktionen bis zu
einer VerdĂŒnnung von 1 : 100 bei dem Kinde
negativ aus. Die vorgenommenen Blutunter-
suchungen ergaben weder im roten noch im
weiĂen Blutbild pathologische VerĂ€nderungen,
die Wassermann'sche Reaktion fiel' negativ aus.
Somit blieben trotz des uncharakteristischen
Blutbildes nur noch zwei Möglichkeiten offen,
nÀmlich die Annahme eines Lymphosarkoms
oder eines Lymphogranuloms (Hodgkin).
Zur KlÀrung der Diagnose entschlossen wir
uns, eine Probeexcision aus dem DrĂŒsenpaket
in der linken Achselhöhle vornehmen zu lassen.
Die pathologisch-anatomische Untersuchung
der DrĂŒse ergab einwandfrei, daĂ es sich um
eine Lymphogranulomatose (Hodgkin)
handle 5).
Damit war auch das schnelle Wachs -
das Neuauf treten von DrĂŒsentumoren erklĂ€rt.
Ist es doch bekannt, daĂ die Hodgkinsche Erkrankung
lange Zeit auf eine DrĂŒsengruppe allein, besonders
diejenige im oberen Halsdreieck, beschrÀnkt bleiben
kann, âbis unter dem EinfluĂ einer Ă€uĂeren Ver-
anlassung (Trauma, Infektion) plötzlich ein Uebergang
auf andere Regionen erfolgt und nun eine rapide Ausbreitung
tum und
Fig 2
der Geschwulstbildung statthat"6). Als das das Fortschreiten
auslösende Ă€uĂere Moment mĂŒssen wir bei unserer Patientin
die Ende Juli 1921 ĂŒberstandene Adenoiditis und die im
AnschluĂ daran vorgenommene Tonsillotomie ansehen. Be-
richtet doch Heubner9) von einem ganz analogen Falle,
wo es bei einem pastösen Knaben, der an adenoiden Wuche-
rungen litt, zur Ausbildung einer einseitigen HalsdrĂŒsen
244
Gralka: Chylothorax
40. Jahrg. â Nr. 11.
Schwellung kam. Unmittelbar nach der hauptsÀchlich wegen
einer chronischen eitrigen Rhinitis âvon geschicktester Hand
vorgenommenen Exstirpation der Nasenwucherungen begann
der Tumor sich weiter zu vergröĂern, und in schneller Auf-
einanderfolge entwickelten sich nun die gleichen GeschwĂŒlste
an der anderen Halsseite, in den Achselhöhlen, Inguinal-
gegend und Mediastinum". Sechs Wochen hatten bei unserem
Kinde genĂŒgt, um das schwere Krankheitsbild hervorzurufen,
dessentwegen es zur Aufnahme gelangte.
Vergleichen wir nun unsern Fall mit dem einzigen bis-
her beschriebenen gleicher Aetiologie7) â Sorgente hatte
allerdings bei dem von ihm beobachteten Kinde intra vitam
trotz der negativen Tuberkulinreaktionen an eine tuberkulöse
DrĂŒsenschwellung geglaubt und erst bei der Obduktion die
Lymphogranulomatose festgestellt â , so ergeben sich einige
auffÀllige Uebereinstimmungen.
In beiden FĂ€llen finden sich anamnestische Klagen ĂŒber
NachtschweiĂe, Angaben, die in der Vorgeschichte der
weiteren von H ĂŒ s s y zusammengestellten Erkrankungen
sonst nie erhoben wurden. Beiden gemeinsam ist auch das
Auftreten von höherem Fieber, das allerdings wohl auf die
Grundkrankheit zu beziehen ist. Bei uns sowohl wie bei
Sorgente war der ErguĂ rechts lokalisiert. Nun ist ja
nach Bargebuhr8) der rechte Pleuraraum ĂŒberhaupt
hÀufiger betroffen als der linke, namentlich bei dein trau-
matisch bedingten Chylothorax. Immerhin aber bleibt es
auffÀllig, daà auch in den beiden FÀllen, in denen eine
Lymphogranulomatose als Àtiologisches Moment ermittelt
wurde, die linke Pleurahöhle frei von Erguà blieb, obwohl
sich doch die Mediastinaltumoren, wie aus unserem Röntgen-
bild ersichtlich ist, gleichmĂ€Ăig nach rechts und links von
der Mittellinie ausbreiteten. Die ErklĂ€rung fĂŒr diese Ueber-
einstimmung glauben wir im Verlauf des Ductus thoracicus
und in der Lokalisation des raumbeengenden Moments zu
sehen. Liegt doch der Hauptstamm des LymphgefĂ€Ăsystems
in der unteren HÀlfte der Brusthöhle zwischen Aorta und
der rechts von ihr verlaufenden Vena azygos, also etwas mehr
nach der rechten BrusthÀlfte zu, und wendet sich erst vom
3. Brustwirbel an allmÀhlich nach links9). Die Kompression
des Ductus thoracicus erfolgt andererseits, wenn man die
Lokalisation der DrĂŒsentumoren im Mediastinum bei der
Hodgkinschen Erkrankung sich vorstellt, hauptsÀchlich im
Bereich der oberen ThoraxhÀlfte. Die dadurch in den ab-
wÀrts etwas mehr nach rechts verlagerten Abschnitten des
Ductus thoracicus auftretende Stauung wird daher in den
meisten FĂ€llen zu einem Chylusaustritt in die rechte Pleura-
höhle fĂŒhren.
Uebereinstimmend mit frĂŒheren Beobachtungen sam-
melte sich auch bei unserer Patientin der ErguĂ nach den
ersten beiden Punktionen rasch wieder an, ein Symptom, das
von einzelnen Autoren, direkt als pathognomisch fĂŒr die
chylösen im Gegensatz zu der langsameren Ansammlung der
adipösen Exsudate angesehen wird. Das Nichtwiederauf-
treten des chylösen Ergusses nach der dritten Punktion trotz
des im Röntgenbild deutlich nachweisbaren Fortschrittes im
Wachstum der Mediastinaltumoren möchten wir in Ueber-
einstimmung mit Lotheisen und Shermann 10) auf die
dabei gelungene fast restlose Entfernung des Exsudats und
die Wiederansammlung nach den beiden ersten Eingriffen
auf das ZurĂŒckbleiben gröĂerer FlĂŒssigkeitsinengen im
PleurarÀume beziehen, zumal da uns die von Shermann
vertretene Ansicht, daĂ die durch das groĂe Exsudat bedingte
VerdrĂ€ngung der intrathorakalen GefĂ€Ăe zu einer weiteren
Verschlechterung des ohnehin schon erschwerten Abflusses
fĂŒhrt, recht plausibel erscheint.
Neben der Entfernung des Ergusses lieĂen wir anfangs
Bettruhe innehalten. Dabei sank die Temperatur bis zur
Norm ab. SpĂ€ter lieĂen wir das Kind auch aufstehen, ohne
eine erneute FlĂŒssigkeitsansammlung zu beobachten. Wir
beschrÀnkten uns daher auf die BekÀmpfung des Grund-
leidens mit Hilfe der Röntgentiefentherapie. Das Kind war
dabei im Elternhaus.
Am 13. X. 21 applizierten wir in einer Sitzung bei einer
Fokus -Hautdistanz von 23 cm unter Filtration von 3 mm
Aluminium je eine Hauteinheitsdosis auf die Tumoren in der
linken Achselhöhle und linken oberen SchlĂŒsselbeingrube.
Die Wahl der unverhĂ€ltnismĂ€Ăig hohen Dosis schien uns in
Anbetracht des rapiden Wachstums der Tumoren geboten.
Wir benutzten bei der Applikation der Röntgenstrahlen die
Silexapparatur von Koch und S t e r z e 1 mit der gasfreien
Lilienfeldröhre, an die wir eine primÀre Spannung von 120
Kilo-Volt bei einer StromstÀrke von 4 Milliampere legten.
Eine Woche spÀter, am 20. X. 21 bestrahlten wir ein
8 cm im Quadrat messendes Feld ĂŒber der oberen Stemum-
hÀlfte, das nach oben von der Incisura jugularis begrenzt
wurde. Da auf die erste Bestrahlung hin die DrĂŒsentumoren
in der linken Axilla und linken Supraklavikulargrube trotz
der verhĂ€ltnismĂ€Ăig kurzen Zeit, die inzwischen verflossen
war, bereits erheblich zurĂŒckgegangen waren und uns dieser
rapide Zerfall ebensowenig wie vorher das schnelle Wachs-
tum erwĂŒnscht erschien, applizierten wir diesmal unter ge-
nau den gleichen Bedingungen nur eine halbe Hauteinheits-
dosis.
Weitere Bestrahlungen fanden nicht mehr statt, da das
Kind wenige Tage nach der zweiten Sitzung im Elternhause
unter eigentĂŒmlichen Erscheinungen erkrankte und uns erst
im Januar 1922 von den Eltern wieder vorgestellt wurde. Die
im Gefolge der Röntgenbestrahlung aufgetretene Erkrankung
erscheint uns im Hinblick auf die Wahl der Dosis bei
der Röntgentiefentherapie der Lymphogranulomatose wichtig
genug, um sie kurz zu beschreiben.
Nach Angabe der Eltern soll sich das Kind nach den
Bestrahlungen etwas matt gefĂŒhlt haben. Die sichtbaren
DrĂŒsenschwellungen sollen auch nach der zweiten Be-
strahlung merklich zurĂŒckgegangen sein, und zwar auch die
beim letzten Male nicht bestrahlten. Am 26. Oktober 1921
stieĂ das Kind, das eben noch, auf einem Stuhle sitzend, am
Tische ruhig gespielt hatte, plötzlich einen durchdringenden
Schrei aus, fiel vom Stuhle herunter, war besinnungslos,
hatte Arme und Beine krampfhaft gestreckt und war âauch
am ĂŒbrigen Körper ganz steif". Die BewuĂtlosigkeit und die
StreckkrÀmpfe, die nur hin und wieder von kurzdauernden
klonischen Zuckungen, ĂŒber deren Lokalisation nichts ange-
geben werden kann, abgelöst wurden, hielten 3 Tage lang an.
Nach RĂŒckfrage bei dem behandelnden Arzt bestand dabei
auch Nackensteifigkeit und Kernig'sches PhÀnomen. In den
ersten Tagen stöhnte das Kind dauernd leise und griff sich
dabei wiederholt an den Kopf. Am Abend des 3. Tages be-
gann die Besserung einzusetzen, das Sensorium kehrte zu-
rĂŒck, das Kind klagte aber noch lĂ€ngere Zeit ĂŒber Kopf-
schmerzen und erholte sich nur langsam.
Nach diesem Bericht der Eltern glauben wir nicht fehl-
zugehen, wenn wir annehmen, daĂ es sich, obwohl keine
Lumbalpunktion und Untersuchung des Augenhintergrundes
stattgefunden hat, um eine Gehirnembolie handelte, die durch
den rapiden Zerfall der DrĂŒsentumoren nach der Röntgen-
bestrahlung ausgelöst wurder
Die Beeinflussung des Grundleidens bei unserer Patientin
durch die applizierten Strahlenmengen ist, wie die am 8. I.
1922, also etwa 2% Monate nach der letzten Bestrahlung, vor-
genommene klinische Untersuchung ergab, prompt einge-
treten.
Es finden sich nur noch haselnuĂgroĂe DrĂŒsenknoten
in der rechten Supraklavikulargrube und kleinbohnengroĂe
DrĂŒsen zu beiden Seiten des Halses. Die DrĂŒsentumoren in
der linken Achselhöhle und linken oberen SchlĂŒsselbeingrube
sind völlig verschwunden. Der Befund an den Brustorganen
ist normal, eine parasternale DĂ€mpfung besteht nicht mehr.
Der Mittelschatten, der im Röntgenbild Nr. 1 7,4 cm breit
war, ist in dem Nr. 2 nur noch 5,1 cm breit und erheblich
weniger intensiv (siehe Röntgenbild 2).
Wir sind uns wohl darĂŒber klar, daĂ erst die Zukunft
lehren muĂ, ob es sich bei dem erzielten Erfolg um eine
Dauerheilung oder nur um eine vorĂŒbergehende Besserung
handelt. Immerhin spricht aber der Umstand, daĂ das Kind
im Dezember 1921 eine Grippe durchgemacht hat, ohne daĂ
40. Jahrg. â Nr. 11.
Hollz: Yatren
24 r,
die Hodgkin'sche Erkrankung wieder aufgeflammt ist. dafĂŒr,
daà durch die Behandlung mit Röntgehstrahlen eine erheh
liehe Beeinflussung des fĂŒr die Entstehung der Lympho
Granulomatose verantwortlichen, bisher hoch riichl sicher be
kannten Virus im Sinne einer SchÀdigung desselben statt-
gefunden haben muĂ, und wir werden, falls ein neuer Krank -
beitssebnb auftreten sollte, wiederum Röntgehtiefenbestrah-
lungen vornehirien; allerdings werden wir in einer Sitzung
erheblich geringere Strahlenmengen applizieren, um Zwi-
schenfÀlle, wie oben beschrieben, zu vermeiden.
n A ] f red HĂŒssy : Jb. f. Kind., 87, 3. Folge. 37, 491. 1918.
Gandin : Erg. d. inn. Med. u. Kind., 12, 218. 1913.
m cit. nach II ĂŒssy 1. c.
4) Gandin 1. c.
5) Herr Professor II e n k e war so liebenswĂŒrdig, die Unter-
suchungen selbst auszufĂŒhren, und wir möchten daher nicht ver-
fehlen, ihm auch an dieser Stelle unsern verbindlichsten Dank
auszusprechen.
«) O. Heubner : Lb. d. Kinderheilk., 1911, II. Teil.
") H ĂŒ s s y 1. c.
8) cit. nach HĂŒssy 1. c.
9) Oskar Schultz e: Atl. u. Grundr. der lopogr. u. angew.
Aanat., 1909.
10) cit. nach HĂŒssy 1. c.
Yatren-Casein-Lösung in der Praxis.
Von Dr. G. H o 1 1 z - Senftenbere i. L.
-<
Sowohl internes wie chirurgisches Handeln und Denken
haben durch die EinfĂŒhrung der Proteinkörpertherapie,
resp. Schwellenreiztherapie im Laufe der letzten Zeit
eine grundsÀtzliche Neugestaltung erfahren. Die erstere,
'schon lange geĂŒbte und bekannte, hat kein Geringerer als
Bier erst richtig ausgebaut, wissenschaftlich durch
gearbeitet und der Allgemeinpraxis zugefĂŒhrt. FĂŒr die
letztere muĂ Zimmer das unstrittige Verdienst zuerkannt
werden, sie ausgebaut und in der Praxis zur Geltung gebracht
zu haben. Es ist das Schultz-Arndt'sche Grundgesetz, auf
dem sie fuĂt: Schwache Reize fachen die LeistungsfĂ€higkeil
an, mittelstarke fördern sie, starke hemmen sie, stÀrkste
heben sie auf. Ferner die von Schultz lÀngst erwiesene
Tatsache, daĂ in der AufnahmefĂ€higkeit fĂŒr Heilstoffe bei
der kranken und gesunden Zelle des Körpers ein grundsÀtz-
licher Unterschied ist, gibt der Schwellenreizlehre die Basis.
Heute kann man wohl behaupten, daà die GrundsÀtze der Be-
handlung mit Proteinkörpern und gleichwertigen chemischen
Stoffen, ebenso wie die Theorie des Schwellenreizes Allge-
meingut fĂŒr Kliniker und Praktiker geworden sind.
Trotzdem hat sich die Praxis noch nicht in dem MaĂe
die Behandlung mit den einschlĂ€gigen Mitteln ĂŒberall so zu-
nutze gemacht, wie es zu erwarten wĂ€re. Das dĂŒrfte wohl
zum Teil daran liegen, daĂ eine groĂe Zahl der betr. Medi-
kamente in den Handel geworfen sind, die in ihrer Wirkung
wohl einwandfrei sein dĂŒrften, aber deren Dosierung noch
nicht, genĂŒgend erprobt und sichergestellt ist. Denn immer
ist es die optimale Reizdosis, die erreicht werden muĂ, und
die nicht ĂŒberschritten werden darf, um den Erfolg zu ge-
wÀhrleisten. Es ist leichter, ein Medikament zu verordnen,
dessen Erfolg schon erreicht wird, wenn man etwa die Mitte
zwischen der durch die Pharmakopoe festgelegten Minimal -
und Maximaldosis nimmt, als ein hochwertiges PrÀparat an-
zuwenden, welches schÀdigend wirkt beim Uel>erschreiten
der Reizdosis, keinerlei Nutzen hat beim Unterschreiten der-
selben. AuĂerdem sind die individuellen Unterschiede zu
berĂŒcksichtigen, auch gibt es ja bei Protein und gleich-
wirkenden Körpern noch keine statistisch buchmĂ€Ăigen
Grenzen. Die persönlich gemachten Erfahrungen, genaue
Beobachtung beim Kranken, vielleicht auch gefĂŒhlsmĂ€Ăige
Werte sind ausschlaggebend bei der Anwendung der mo-
dernen Medikamente. Eine ganze Reihe sind im Laufe der
letzten Zeit durch anerkannte chemische Fabriken in den
Handel gebracht. Von allen diesen hat sich uns in der
Praxis die Yatren-Kaseinlösung (West-Laboratorium, Ham-
burg-Billbrook) lxĂŒ weitem am besten bewahrt, und zwar
aus folgenden GrĂŒnden:
1. Sie ermöglicht die Leichteste Dosierung, weil die opti-
male Reizwirkurig eine gewisse Breite zeigt, so daĂ so-
wohl Ueber- wie Unterschreiten der richtigen Dosis ver-
mieden weiden kann. 4
2. Selbst beim Uebersehreiten entstehen nach bisher ge-
machten Beobachtungen keine Gefahren, so dajĂ de)
Grundsatz: suprema lex, nihil oocere gewahrt ist.
3. Es handelt sich um einen absolut unspezifischen Reiz-
körper mit einer ausgedehnten Anwendungsmöglieh-
keit.
Das Yatren ist ein organisches JodprÀparat mit etwa
30 % Jodgehalt. Es ist ein gelbes, geruchloses, im Wasser
lösliches Pulver, das sich am besten bewÀhrt in der Verbin-
dung mit Casein, als sogenanntes Yatren-Kasein. Die Wir-
kung ist eine doppelte:
1. eine Bakterien tötende,
2. eine entsprechend der Proteinkörpertherapie im Sinne
der Weichardt'schen Protoplasmaaktivierung und der
Zimmer'schen Schwellenreiztherapie.
FĂŒr die Dosierung des Mittels ist ein grundsĂ€tzlicher
Unterschied zu machen bei einem akut entzĂŒndlichen Sta-
dium und bei einem chronisch erkrankten Gewebe. Die akut
erkrankte Zelle bedarf einer hohen Reizdosis, wÀhrend es bei
chronisch krankem Gewebe nur eines kleinen Reizes bedarf.
Die Ueberschreitung der Reizdosis fĂŒhrt nach den bisherigen
Erfahrungen, bei Anwendung im akuten Stadium, nicht
immer unbedingt zu einer sichtbaren SchÀdigung, wÀhrend
im chronischen Stadium gröĂere Vorsicht geboten ist, um
nicht â entsprechend dem Arndt-Schultz 'sehen Grundgesetz:
StĂ€rkere Reize hemmen usw. â eine schĂ€digende Wirkung
auszuĂŒben.
In Folgendem sollen nun nicht alle Anwendungsmöglich-
keiten des Yatren, die ja sehr mannigfach sind, erörtert wer-
den, sondern einige Gebiete, wo sich nach genauen Beobach-
tungen das Yatren als absolut zuverlÀssiges Mittel erwies,
und wo sich die Dosierung am genausten feststellen lieĂ.
GrundsÀtzlich ist daran festzuhalten, daà das Xatren zwar
ein unspezifisches Mittel ist, darum aber doch kein Aller-
weltsmittel, sondern daĂ es nur eine Wirkung entfaltet, wenn
irgendwo im Organismus sich ein wirklicher EntzĂŒndungs-
herd befindet. So z. B. kommt die Anwendung nicht in
Frage bei allgemeinen Konstitutionskrankheiten, auch nicht
etwa bei zerstörenden Gelenkerkrankungen, die ohne eigent-
liche EntzĂŒndung verlaufen.
Die Gelenkerkrankungen und die Gicht bilden eine
HauptdomÀne des Yatren. Beim akuten Gelenkrheumatismus
wirkt das Yatren am besten in der Anwendung von Yatren-
Kasein stark, in der Höhe von 2 cem intramuskulÀr, je nach
der allgemeinen Körperbeschaffenheit des Individuums, mit
3 â 1 maliger Wiederholung in AbstĂ€nden von 3 Tagen, evtl.
herabgesetzte Dosis. Eine kurz dauernde Herdreaktion mit
geringen Allgemeinerscheinungen tritt dann meistens auf.
Im subakuten Stadium hat sich 4 â 5 malige Injektion in
3 tÀgigen AbstÀnden von 1 cem Yatren-Kasein stark bewÀhrt.
Im chronischen Stadium von Rheumatismus und Gicht ist
die Wirkung eine ganz besonders in die Augen fallende. â
Anwendung: Alle 3 Tage 1 cem Yatren-Kasein schwach, bis
zum Abklingen sÀmtlicher Erscheinungen. (Bis 10 Injek-
tionen unter UmstÀnden nötig.
1. Fall. Frau F. wegen Gicht bereits 2 Monate mit allen
möglichen Medikamenten (Atophan usw.) erfolglos behandelt.
Hochgradige gichtische Verdickungen beider FuĂgelenke und ver-
schiedener Fingergelenke, kann nicht gehen, auĂerordentlich be-
wegungsschmerzhaft. â Nach 6 Injektionen Abschwellen der
Gelenke, Schmerzfreiheit, Wohlbefinden. Nach jeder Injektion
geringe Allgemeinerscheinungen, dagegen ziemlich starke Herd-
reaktionen in den befallenen Gelenken.
2. Fall. Frau v. K. Seit Jahren gichtleidend, mit chroni-
scher Verdickung der Fingergelenke, Gichtknoten am Kopf, aus-
gesprochenem Gichlherz, mit hochgradigen subjektiven Beschwer-
den. Kur in Landeck ohne Erfolg. â 6 Injektionen wie oben
246
Mentberger: Cyarsal
40. Jahrg. â Nr. 11.
brachten Besserung, die an Heilung grenzt: Nachlassen der Herz-
beschwerden, ruhige krÀftige HerztÀtigkeit, fast freie Beweglich-
keit der Finger und Nachlassen der quÀlenden gichtischen Kopf-
schmerzen.
3. Fall. FrĂ€ulein W. Seit Jahren Gicht im linken FuĂ-
gelenk. 5 Injektionen wie oben brachten Abschwellen des Ge-
lenkes, Schmerzlosigkeit, freien Gang.
t. F a 1 1. (Akuter Gelenkrheumatismus.; Frau B. Typischer
Rheuma articul. mit hohem Fieber (40 Grad), Rötung und Schwel-
lung der Gelenke. Auf Natr. salicyl. 8 g, 6 g, 4 g, 2 g) gingen die
stĂŒrmischen Erscheinungen zurĂŒck, nach 8 Tagen schweres Re-
zidiv. Die Verdickungen der Gelenke wĂ€ren nicht zurĂŒck-
gegangen. Nunmehr Behandlung mit Xatren. Nach 4 Injektionen
in 3 Tagen Abstand zuerst 2 ccm, dann 1 ccm Yatren-Kasein stark
gingen alle Erscheinungen restlos zurĂŒck. Nachbehandlung aus
SicherheitsgrĂŒnden mit Melubrin.
Obige FĂ€lle habe ich nur als Beispiel herausgegriffen!
Ein weiteres Gebiet, auf dem ich in ausgiebiger und zuver-
lÀssiger Weise die Wirkung des Yatrens ausprobiert habe,
bilden die entzĂŒndlichen Erkrankungen der weiblichen Ad-
nexe und der chronischen mÀnnlichen Tripper mit ihren
Komplikationen. Besonders sind es die Tuben -Eierstock -
erkrankungen, die seit jeher ein Krux fĂŒr Patient und Arzt
bildeten. Wie machtlos prallt oft die sorgfÀltigste Behand-
lung des GynÀkologen mit Hitze, Diathermie, Bestrahlung
usw., auch Terpichineinspritzungen an der HartnÀckigkeit
des Leidens ab! !
Hier hat mir oftmals das Yatren so eklantanten Erfolg
gebracht, daĂ man die Wirkung als die eines Spezifikums
bezeichnen möchte.
Die Schmerzen des akuten Stadiums, oft kolikartig,
lieĂen besser und schneller nach, als nach einer hohen Mor-
phiumgabe!
Tumorartige Schwellungen gingen bis auf geringe oder
mĂ€Ăige völlig unempfindliche Verdickungen der Adnexe zu-
rĂŒck. Auch lieĂen die hochgradigen Beschwerden, wie sie
ja jeder GynÀkologe oft bei Freauen wÀhrend der Menses be-
obachten kann, wenn auch nur geringe entzĂŒndliche Ver-
Ànderungen der Eierstöcke bestehen, nach.
HierfĂŒr greife ich wieder einige typische FĂ€lle heraus.
1. Fall. Frl. H. aus M. wegen EntzĂŒndung der beiden Eier-
stöcke einige Wochen anderweitig ohne Erfolg behandelt. Be-
fund: Zervikalkatarrh, wo das Sekret dauernd Go.-frei war, nur
multiple Bakterienflora mit vorwiegend Staphylokokken. Linker
Eierstock hĂŒhnereigroĂ, entzĂŒndlich geschwollen; rechter nicht
wesentlich vergröĂert. 6 Injektionen in AbstĂ€nden von 4 bis
5 Tagen von je 1 ccm Yatren-Kasein schwach. Nach der 2. In-
jektion sistierten die Schmerzen völlig, nach der 5. war die
Schwellung des Eierstocks bis auf einen derben, etwas ĂŒber
taubeneigroĂen Tumor zurĂŒckgegangen. * Die Sekretion aus der
Zervix hatte etwas nachgelassen und konnte mit milden Adstrin-
gentien vorsichtig zum Schwinden gebracht werden.
2. F al 1. Frl. W. aus A. Zervikalgonorrhoe mit EntzĂŒndung
beider Adnexe. Kolikartige Schmerzen derselben, besonders vor
der Regel, nur mĂ€Ăige Verdickungen (subkutanes Stadium). Be-
handlung: Zuerst 2 mal Injektionen mit 3 Tagen Abstand von je
2. ccm Yatren-Kasein stark in die GlutÀen; dann 4 weitere In-
jektionen mit meist 4 tÀgigen ZwischenrÀumen von je 1 ccm.
SĂ€mtliche Schmerzen lieĂen nach der 2. Injektion nach. Regel
ohne Störungen. Der GebÀrmutterhalstripper konnte nach der Kur
zur Ausheilung gebracht werden durch milde lokale Behandlung,
so daĂ Patientin dauernd Go.-frei blieb.
3. Fall. Frau K. aus S. Beiderseits groĂe entzĂŒndliche
Adnextumoren infolge Go. Vor 3 Jahren bereits Krankenhaus-
behandlung ohne Erfolg. Jetzt starke Schmerzen bei elendem
Allgemeinzustand. 9 mal Yatren-Kasein schwach 1 ccm, jeden
4. Tag. Nach der 1. Injektion völlige Schmerzfreiheit, nach fĂŒnf
weiteren glĂ€nzendes Allgemeinbefinden. Die GröĂe der Tumoren
ging betrĂ€chtlich zurĂŒck, sie wurden hart, unempfindlich und gut
verschieblich, so daà die Möglichkeit baldiger operativer Ent-
fernung gegeben wurde.
Zusammenfassend habe ich noch folgendes zu bemerken:
Unter den zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten des
Yatrens ist die Dosierung zuverlÀssig erprobt bei akutem
und chronischem Rheuma, auch Muskelrheumatismus, bei
Gicht, bei akuten und chronischen Adnexerkrankungen des
Weibes, bei der chronisch mÀnnlichen Gonorrhoe.
In allen akuten Stadien betrÀgt die Dosis etwa 2 ccm
Yatren-Kasein stark, je nach der Allgemeinbeschaffenheit
des Patienten, wobei man getrost bei den nÀchsten Injek-
tionen die Dosis herabsetzen soll. In allen chronischen
Stadien sind Injektionen von 1 ccm Yatren-Kasein schwach
wiederholt zu verabfolgen.
Stets ist die Herdreaktion im positiven oder negativen
(Döllken) Sinne ausgesprochen beobachtet. Die Allge-
meinreaktion tritt nur bei akuteren Stadien mĂ€Ăig stark auf.
Hier und da kommen auch geringe lokale Reaktionen bis zur
Dauer eines halben Tages vor.
Allgemeinbehandlung und örtliche Behandlung wurden
unterstĂŒtzend mit milden Mitteln daneben angewandt, sind
jedoch auch entbehrlich.
Cyarsal und Syphilis.
Von Dr. Victor Mentberger, Berlin.
Vor Jahren hatte ich wÀhrend meiner TÀtigkeit an der
StraĂburger Hautklinik unter Wolff Versuche mit intra-
venös verabreichten Hg-PrÀparaten (insbesondere Hg. succi-
nimid) durchgefĂŒhrt. Wolff hatte, gestĂŒtzt auf eigene
40 jÀhrige Erfahrungen und die Kenntnis der damals in der
französischen Literatur bereits angestellten und veröffent-
lichten Versuche (B r o c q u. a.) von einer Veröffentlichung
meiner Arbeit infolge Fehlens von Dauerresultaten Abstand
nehmen lassen.
Interessant war es mir, vor kurzem die Arbeit von N e -
gen dank (Derm. 1921, 51) zu lesen; N. weist darin nach,
daà Cyarsal in sehr hohen Dosen intravenös gegeben
werden kann, ohne nachteilige Erscheinungen hervorzurufen,
allerdings auch ohne jeden Heilerfolg. An sich ist es meiner
Ansicht nach ein FehlschluĂ, wenn N. aus den wenigen von
ihr mit Cyarsal allein intravenös behandelten FĂ€llen ĂŒber
die Wirkung des Cyarsal im allgemeinen urteilen zu können
glaubt. Ihre FÀlle verstÀrken aber die Behauptungen
Weises, der fast gleichzeitig in Jena festgestellt hat (Derm.
Zeitschr. Juli 1921), daà Hg auch in hohen Dosen intravenös-
verabreicht, einen augenfÀlligen und nachhaltigen therapeu-
tischen Erfolg nicht erzielt.
O e 1 z e, der die erste Publikation brachte, hatte den
Hauptwert auf die Kombination mit Neosalvarsan gelegt (von
ihm treffend âMischspritze" genannt). Dem Berliner Che-
miker Boedecker war eine Synthese einer Gruppe von
chemisch einheitlichen Verbindungen gelungen, die das Hg
so fest gebunden enthalten, daĂ weder das Schwefelammo-
nium, noch das Salvarsan das Hg bei kurzer Einwirkung imd
gewöhnlicher Temperatur herauszureiĂen imstande sind.
Diese Hg-Verbindung, Cyarsal, ist ein lösliches organisches
QuecksilberprÀparat mit einem Hg-Gehalt von 46 Prozent.
Bei der Schaffung dieses Cyarsals war der leitende Gedanke,
bei Anwesenheit von Neosalvarsan das im Cyarsal vorhan-
dene Quecksilber in kolloidaler Form in statu nascendi ohn<?
TrĂŒbung in die Blutbahn zu bringen. Veranlassung gab die
von anderen chemischen Reaktionen her bekannte Tatsache,
daà Körper in statu nascendi besonders stark wirken, viele
sogar in diesem Zustande allein wirksam sind. Es entsprach
somit der Absicht Boedecker s, ein PrÀparat zu finden,
welches hauptsÀchlich mit Neosalvarsan zusammen anzu-
wenden sei, â die klinischen Erfahrungen haben bestĂ€tigt,
daĂ diese Darreichungsart (Cyarsal -i- Neosalvarsan intra-
venös in Mischspritze) die Wirkung der neuen Quecksilber-
verbindung am besten zur Geltung kommen lĂ€Ăt.
Die bei der Mischspritze vorkommenden Reduktion s-
prozesse machen sich bei den bisher angewandten Queck -
SilberprÀparaten in besonders auffÀlliger und unangenehmer
Weise durch den Farbenumschlag und die intensive TrĂŒbung
bemerkbar. Die dabei zugrunde liegenden chemischen Vor-
gÀnge, welche in ihren letzten Einzelheiten noch nicht er-
grĂŒndet sind, haben eine groĂe Anzahl Aerzte davon abge-
halten, Mischspritzen zu verwenden, weil sie sich scheuten,
ihnen unbekannte chemische Neubildungen ihren Patienten
40. Jahrg. â Nr. 11.
Drcuw: Quccksilherbchandluiig
einzuspritzen. Diese Scheu ĂŒbertrugen sie ohne weiteres auf
das Cyarsal, obwohl dieses den Vorteil einer klaren, schwach
öpaleszenten Mischung mit Neosalvarsan besitzt, also sinn-
fÀllig keine Anzeichen von Umsetzungen darbietet. Das Neo-
salvarsan wird wahrscheinlich bei dieser Mischung kaum
verÀndert, selbst bei vollstÀndiger Reduktion des Cyarsal zu
metallischem Quecksilber, also im extremsten Falle, wird nur
etwa ein Zwanzigstel der angewandten Neosalvarsanmenge
verbraucht; aus diesen Neosalvarsanteilen entstehen neue
Arsenderivate, die aber ebenfalls wirksam sind (vcrgl. Binz
Zeitschrift fĂŒr angewandte Chemie 1921, Heft 34).
Was die Technik der Cyarsal-Mischspritze anbetrifft, so
ist sie genau die gleiche wie bei einer reinen Neosalvarsan-
injektion: man saugt mit einer Rekordspritze, in der sich be-
reits das Neosalvarsan in etwa 5 cem ILO gelöst befindet, den
Inhalt der Cyarsal-Ampulle nach, schĂŒttelt um und kann so-
fort injizieren.
Als Dosierung halte ich bei MĂ€nnern 12 Injektionen (5 g
Neosalvarsan + 22 cem Cyarsal) und bei Frauen 10 Injek-
tionen (4 g Neosalvarsan + 20 cem Cyarsal) als fĂŒr eine
normale Kur ausreichend; die beiden ersten Injektionen wer-
den in geringerer Dosierung verahfolgt (0,3 g Neosalvarsan
+ 1 cem Cyarsal), wĂ€hrend die ĂŒbrigen Injektionen bei
Frauen sich gleich bleiben, bei MĂ€nnern insofern noch eine
Aenderung erfahren, als bei den beiden letzten Injektionen
0,6 g Neosalvarsan + 2 cem Cyarsol gegeben werden. Die Do-
sis wird naturgemÀà je nach der Konstitution des Patienten,
nach dem therapeutischen Effekt und der VertrÀglichkeit
nach oben oder unten variieren mĂŒssen.
Nach meiner Ansicht könnten alle Syphilitiker, bei denen
keine Kontraindikation gegen Salvarsan allein besteht, auch
it der Mischspritze behandelt werden. Stark anÀmische
atienten erlitten durch diese Behandlungs weise keine SchÀ-
igung, sondern erfreuten sich eines gewissen Wohlbefindens
und einer Gewichtszunahme." Ich behandelte zwei FĂ€lle la-
tenter Lues mit einer offenen Lungentuberkulose; eine vor-
sichtige Mischspritzenbehandlung hatte (bei klinischer und
röntgenologischer NachprĂŒfung) keine Verschlimmerung des
" ungenbefundes zur Folge.
Meine Beobachtungen erstrecken sich auf insgesamt 115
Ă€lle, von denen etwa 10 aus Ă€uĂeren GrĂŒnden (auswĂ€rtige
atienten u. a.) die Kur nicht vollstĂ€ndig durchgefĂŒhrt haben,
nter diesem Material befinden sich 7 seronegative PrimÀr-
ffekte (2 extragenitale) und 5 seropositive, 35 sekundÀr-
etische FĂ€lle mit manifesten Erscheinungen, 6 latente, 4
rtiÀre und 2 Taboparalytiker.
Die therapeutische Einwirkung der Mischspritze auf die
primÀren Effloreszenzen der Syphilis ist eine gute: kleinere,
besonders oberflÀchliche, spezifische Erosionen sieht man
meist recht schnell (nach 2 â 3 Injektionen) abheilen; Spiro-
chÀten waren nach 3 Injektionen nicht mehr festzustellen.
Die regionalen LymphdrĂŒsenschwellungen wurden nur
schwer beeinfluĂt. Die Symptome der frĂŒhsekundĂ€ren Af-
fekte (Schleimhautaffektionen) zeigten dagegen rasche Bes-
serung. Roseola, einfache makulöse und geringfĂŒgigere pa-
pulöse Exantheme heilen nach Wunsch ab, wÀhrend die
Wirkung auf hypertrophische Papeln, einzelstehende
trockene, derbe Hautpapeln, langsamer ist.
Als Besonderheit sei ein Fall erwÀhnt, bei welchem eine
Reinfektion mit aller Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist:
30 jÀhrig. Angestellter Otto B. Ulcus molle am Penisschaft
und linksseitigem Bubo am 24. 7. 1920. Streptobazillen positiv,
SpirochĂ€ten negativ, S. R. negativ â 28. 7. Inzision des Bubo,
Jodoformglyzerininjektion, ChlorzinkÀtzung des Ulcus. Langsame
Heilung. 13. 8. Wa R negativ. Am 21. 8. fĂŒhlte Patient an der
llarnröhrenmĂŒndung ein kleines, hirsekorngroĂes Knötchen. 22.8.
SpirochÀten im Dunkelfeld positiv. 23. 8. S. R. negativ, keine
DrĂŒsenanschwellung, Ulcus molle und Bubo fast abgeheilt. Er
erhielt 5,0 Neosalvarsan + 22 cem Cyarsal. 22. 11. S. R. negativ.
Am 10. November hatte er wieder Verkehr mit derselben Partne-
rin, welche sich mehrmals mit negativem Resultat spezialÀrztlich
hatte untersuchen lassen. 24. Nov. stellt er sich wieder vor und
zeigte am inneren PrÀputialrand eine ganz oberflÀchliche linsen-
groĂe indurierte Erosion mit reichlichem SpirochĂ€tenbefund im
Dunkelfeld; S. R. negativ â die DrĂŒsen in der linken Inguinal-
gegend verhĂ€rtet fĂŒhlbar, rechts keine DrĂŒscnschwellung; keine
weiteren Erscheinungen. Allgemeinbefinden gul.
Der Patient hat sich am selben Herd zum zweiten Male
infiziert. Eine Reinduration kommt nicht in PrÀge, da die
erste Sklerose sieh an der UrethralmĂŒndung befand, die
einem anderen Lymphgebiet angehört, da behauptet wird,
daĂ Reindurationen von im Ruhezustand befindlichen, lieg* âĄ
gebliebenen Kontagien desselben Lymphgebietes erzeugt wer
den können. Eine Erosiv -Papel, eine sekundÀre Erscheinung,
ist auszuschlieĂen, da die WaR wieder negativ ausge-
fallen ist.
Die alte Frage, kann ein Individuum ein oder mehrmals
im Leben sich luetisch infizieren, ist dauernd Gegenstand
Strittiger Erörterungen. Zuletzt hat MĂŒller sehr strenge
Forderungen fĂŒr die Annahme einer echten Reinfektion auf-
gestellt, worunter er die Infektion mit einem zweiten Spiro-
chÀtenstamm versteht. In meinem Falle handelt es sieh
wahrscheinlich um denselben Stamm, mit dem sich Patient
zum zweiten Male infizierte. Arzt hat einen analogen Fall
veröffentlicht, wo sich das gleiche Individuum mit demselben
SpirochÀtenstamm zweimal infiziert hatte; er kommt in
seiner Arbeit zu dem SchlĂŒsse, daĂ es bei den von MĂŒller
aufgestellten Kriterien fĂŒr die ErklĂ€rung eines Falles als
echte Reinfektion nicht gelingt, mit unseren uns zu Gebote
stehenden Mitteln beweiskrÀftig zu unterscheiden. Jedenfalls
scheint in meinem strittigen Falle die Mischspritze besonders
wirksam gewesen zu sein.
Was die Wirkung der Mischspritze Neosalvarsan-Cyar-
sal auf die WaR betrifft, so ist sie eine durchaus gute: von
meinen 115 FÀllen waren anfÀnglich 87 positiv, 28 negativ.
Unter den negativen befanden sich 8 PrimÀraffekte, bei denen
die Abortivbehandlung den gewĂŒnschten Erfolg aufwies und
die negativ blieben (4 davon beobachtete ich etwa 1 Jahr
lang bei negativ bleibender WaR). Die FĂ€lle latenter Lues,
die bei Beginn der Behandlung negativ waren, blieben es
auch nach der Behandlung; von den latenten 41 positiven
konnten 9 nicht zum Umschlagen ins Negative gebracht wer-
den. Die sekundÀren seropositiven FÀlle mit Erscheinungen
wurden sÀmtlich negativ, wobei ich die Blutuntersuchung bei
den mir noch erreichbaren FĂ€llen 14 Tage nach Injektion
der letzten Mischspritze angestellt habe. Die beiden FĂ€lle mit
Tabes, die auch sonst nicht beeinfluĂt wurden, behielten ihre
positive WaR.
Wenn die Wirkung auf die Wa R zum Teil eine lang-
samere war, so ist das an sich nichts AuffÀlliges. Ich hatte
auch Gelegenheit, eine Anzahl Patienten nachzuuntersuchen,
mit dem Ergebnis, daĂ der gröĂte Teil negativ geblieben war.
Im Einklang mit der guten Beeinflussung der Wa R war
auch das Auftreten von Rezidiven im VerhÀltnis zu der
groĂen Zahl der Patienten gering.
Die Mischspritze wirkt auf den Organismus im allge-
meinen gĂŒnstig, insbesondere auf den Stoffwechsel; Wohl-
befinden, Gewichtszunahme und andere Folgen eines roborie-
renden Einflusses konnte ich beobachten.
Was die Nebenwirkungen anbetrifft, so brauche ich auf
die lokalen hier nicht weiter einzugehen, die bei der fehler-
freien intravenösen Applikation der Neosalvarsan-Cyaraal-
Mischung nicht vorkommen: von den allgemeinen Neben-
wirkungen ist Fieber bei der Mischspritze beobachtet wor-
den. Ueber Kopfschmerzen von mehr oder weniger langer
Dauer, Druck im SchÀdel, Uebelkeit und Erbrechen wurde
nach den Injektionen hin und wieder geklagt. Ein Teil
dieser leichten Nebenwirkungen ist besonders bei Frauen
wohl die Folge des gelegentlichen Auftretens eines BlausÀure -
geschmackes oder -geruchs wÀhrend der Injektion oder kurz
nach derselben, der unangenehm empfunden wird. Eine De-
finition von diesem Geschmack kann ich eben so wenig an-
geben, wie die anderen Autoren. Ich stimme aber Gut -
m a n n bei, daà man durch intensives Rauchen wÀhrend der
Injektion diese unangenehme Sensation auf ein Minimum
herabdrĂŒcken kann. Als weiteren Kunstgriff empfehle ich
ZudrĂŒcken der Nase mit der freien Hand und tiefes Atmen
durch den weitgeöffneten Mund oder Trinken eines Glases
kalten Wassers wÀhrend der Injektion.
Dreuw: Quecksilberbehandlung
40. Jahrg. â Nr. 11.
Stomatitis mercurialis konnte ich bei der Mischspritze Neo-
salvarsan-Cyarsal eben so wenig feststellen, wie eine Nieren-
reizung (Albuminurie) oder sonstige Quecksilberintoxika-
tionen. In 5 FĂ€llen kam es jedoch zum Auftreten eines
angioneurotischen Symptomkomplexes mehr oder weniger
schweren Grades. Ăndere Nebenerscheinungen wie Exan-
theme, Dermatitis und Ikterus habe ich nicht beobachtet.
Was nun die Wirkung auf die klinischen Erscheinungen
anbelangt, so möchte ich nach meinen bisherigen Erfahrun-
gen, und zwar ganz besonders auf Grund des von mir ge-
schilderten eigenartigen âReinfektion" -Falles die Anwendung
der Cyarsal-Neosalvarsan -Mischspritze als die bisher brauch-
barste und erfolgreichste unter den Mischspritzen bezeichnen,
da sie besonders eine definitive Heilung der seronegativen als
auch der seropositiven FrĂŒhsyphilis mit gröĂter Wahrschein-
lichkeit erhoffen lĂ€Ăt.
Die Nebenwirkungen sind so gering, daĂ sie niemand von
der NachprĂŒfung des Cyarsals abhalten dĂŒrfen.
Meines Erachtens liegt das Prinzip der Mischspritzen-
behandlung darin, sich von der Massensuggestion des Salvar-
san loszumachen und das Hg wieder in den Vordergrund zu
stellen. Es muà erreicht werden, bei möglichst niedriger Do-
sierung des Neosalvarsans unter den EinfluĂ seiner reduzie-
renden Wirkung eine entsprechende Menge kolloidalen me-
tallischen Quecksilbers in feinster Verteilung entstehen zu
lassen, welches lange Zeit im Körper verbleibt und seine the-
rapeutische Wirkung ausĂŒbt, um dann langsam, ohne ge-
schÀdigt zu haben, wieder ausgeschieden zu werden.
Die Gegner der Quecksilberbehandlung.
Von Dr. med. Dreuw- Berlin.
Das Quecksilber wurde gegen die Syphilis seit vier Jahr-
hunderten in den verschiedensten chemischen Verbindungen
angewandt und hat seitdem, allen StĂŒrmen zum Trotz, seinen
Platz behauptet. Unter anderen lief in den 50 iger und 60 iger
Jahren der österreichische Arzt Dr. J. H e r m a n n*), Primar-
arzt am Wiedener Krankenhaus in Wien, in seinen Aufsehen
erregenden BĂŒchern gegen das Quecksilber Sturm. Ihm
schlössen sich, nachdem vorher schon einige Gegner des
Quecksilbers aufgetreten waren, so u. a. B À r e nsprung,
spÀter die AnhÀnger der physikal.-diaet. Therapie, insbeson-
dere Dr. Ziegelroth, an, die glaubten, ohne Zufuhr auch
geringer Dosen von Quecksilber die Syphilis heilen zu kön-
nen. Sie meinten in Anlehnung an weitverbreitete Volksan-
schauungen, durch Schwitz- und Wasserkuren wĂŒrde das
Gift, das wir heute als einen lebenden, schlangenartig sich
bewegenden Erreger kennen, sozusagen aus dem Körper aus-
geschwitzt oder ausgeschieden. Eine medikamentöse Be-
handlung durch Quecksilber und Jod erĂŒbrige sich; jeden-
falls solle Quecksilber nie angewandt werden, wÀhrend Jod
schon eher zur Anwendung kommen könne.
Da das Quecksilber in Ueberdosierung wie jedes andere
differente Mittel, wie auch Wasser- und Schwitzkuren, in
der Hand von Àrztlichen Handwerkern SchÀden, ja sogar den
Tqd herbeifĂŒhren kann und schon herbeigefĂŒhrt hat, was
sich durch Unterdosierimg (Ausnahmen bestÀtigen die Re-
gel) vermeiden lĂ€Ăt, so entstand namentlich im Lager der
Naturheilkundigen eine energische Gegnerschaft, da auch
hier die sexualkapitalistischen Interessen der Kranken-
behandler mitsprechen, nicht aus wissenschaftlichen GrĂŒn-
den und aus der reinen Liebe zur wissenschaftlichen Wahr-
heit. Schon Paracelsus warnte 1538 vor dieser Ueber-
*) 1. Es gib'/ kein konstitutionelle Syphilis. Ein Trostwort
fĂŒr die gesamte Menschheit ĂŒber meine neue Lehre ĂŒber das
Wesen und die Heilbarkeit der Syphilis.
2. Die Quecksilberkur, ein Verbrechen an der gesamten
Menschheit.
3. Die Geschlechtskrankheiten und ihre Behandlung ohne
Quecksilber.
AuĂerdem seien erwĂ€hnt als hauptsĂ€chlichste antimerkuria-
listische BĂŒcher: âZiegelroth: ..Physikalisch-diĂ€tetische Be-
handlung der Syphilis. Derselbe: âNeue Wege zur Heilung der
Geschlechtskrankheiten", und Dr. med. Wolfgang Bohn : âQueck-
silber, Salvarsan oder Naturheilverfahren?'
dosierung mit den Worten: âNun habt ihr aber mit dem
Quecksilber die Kranken stÀrker geschmiert, denn ein
Schuster das Leder mit Schmiere". Und Boerhave (1668
bis 1738) lieĂ die Patienten 36 Tage so lange und so intensiv
behandeln, bis sie die stÀrksten Quecksilbervergiftungen
zeigten. Schon 1813 bekÀmpfte Fergusson das Queck-
silber auf Grund von Erfahrungen in der englischen Armee,
und in Hamburg sah F r i c k e, ebenso wie Fergusson,
bei 15 000 SyphilisfÀllen gute Resultate ohne Quecksilber-
anwendung. GegenĂŒber den Hermann sehen Arbeiten er-
klÀrte 1868 der bekannte Dermatologe H e b r a , Quecksilber
heile die Syphilis schneller und schade nichts, aber die Ku-
rierfreiheit, d. h. das Recht des Arztes, auch ohne Queck-
silber zu behandeln, dĂŒrfe nicht angetastet werden. Und
K u Ă m a u 1 wies nach, daĂ Merkurialismus und Sy-
philis nichts miteinander zu tun hÀtten. M. E. sollten
die Medizinalverwaltungen streng darauf sehen, daĂ die \
Maximaldosierung bei primÀrer und sekundÀrer Syphilis be-
obachtet und nur dann eine höhere Dosis gegeben werden
darf, wenn der Arzt dies jedesmal veunerkt, und dort, wo
diskrete Anzeigepflicht besteht, es jedesmal eintrÀgt. Denn
statt 0,02 g Quecksilber wird in fast jedem Falle 0,1 g, d. h.
das 5 fache der erlaubten Dosis gegeben. Die Ausnahme wird
also Regel. Ich habe im Verein fĂŒr physikalisch-diĂ€tetische
Therapie in Berlin, dem fast nur Quecksilbergegner ange-
hören, zwei VortrĂ€ge ĂŒber die relative Gefahrlosigkeit bei
Unterdosierung des Quecksilbers und ĂŒber die von mir seit
20 Jahren erzielte Wirkung meiner Methodik gehalten, in
denen ich die Uebertreibungen der Angriffe gegen das Queck-
silber und die SchÀden durch die hohen Salvarsandosen
(keine Maximaldosis!) nachwies.
Der Platz verbietet es, an dieser Stelle ausfĂŒhrlich auf
alles das einzugehen, was Hermann und seine Nachfolger
gegen die Anwendung des Quecksilbers anfĂŒhrten. Jeden-
falls ffber sehen die Quecksilbergegner in Hermann den
immer wieder und wdeder zitierten VorkĂ€mpfer fĂŒr die Idee,
daà Quecksilber unter allen UmstÀnden bei der Behandlung
der Syphilis ausgeschlossen werden sollte.
Wenn aber nachgewiesen werden kann, daĂ dieser Vor-
kÀmpfer der Gegnerschaft gegen das Quecksilber sich in den
hauptsÀchlichsten Thesen, die er aufstellte, irrte, daà er nicht
in der Lage war, trotz seines groĂen Behandlungsmaterials,
eine Quecksilbervergiftung von einer Papel, der Grundform
jeder syphilitischen Erkrankung zu unterscheiden, wenn ihm
nachgewiesen werden kann, daĂ er auch hinsichtlich der von
ihm behaupteten Tatsache: âEs gibt keine konstitutionelle
Syphilis" (âEin Trostwort fĂŒr die gesamte Menschheit") falsch
unterrichtet war, wenn ihm nachgewiesen werden kann, daĂ
die tertiÀre Syphilis, die Gummabildung, tatsÀchlich durch
das Gift der Syphilis und nicht, wie er behauptete, als Folge
einer Quecksilbervergiftung entsteht, dann ist die AutoritÀt
dieses VorkÀmpfers der Antimerkurialisten bedeutend er-
schĂŒttert, und er kann als SachverstĂ€ndiger dann wegen
dieser fundamentalen IrrtĂŒmer nicht mehr angesehen werden.
Denn von einem SachverstĂ€ndigen muĂ man verlangen, daĂ
er in der Lage ist, eine Quecksilbervergiftung von den ty-
pischsten Bild, das es fĂŒr denjenigen, der spezialistisch eine
Syphilis diagnostizieren gelernt hat, gibt, nÀmlich einer pa-
pulösen oder gummösen Form der Syphilis zu unterscheiden.
In seinem Buche âGibt es eine konstitutionelle Syphilis" er-
klĂ€rt er den Tripper fĂŒr eine besondere Form der Syphilis,
was sich ebenfalls als durchaus falsch erwiesen hat, denn
der Tripper ist eine, wde noch zu seinen Lebzeiten festgestellt
wurde, Krankheit fĂŒr sich, die durch den sogenannten Gono-
kokkus hervorgerufen wird und die mit Syphilis auch nicht
das Geringste zu tun hat. WTenn Hermann dann noch als
Folgen der Quecksilbervergiftung die syphilitischen Rachen -
geschwĂŒre, Lippen-, Mund- und GaumengeschwĂŒre, die fin-
den spezialistisch ausgebildeten Arzt in ihren charakteristi-
schen Formen (Plaques muqueuses) auf den ersten Blick hin
im allgemeinen als Syphilisfolgen diagnostiziert werden kön-
nen, weil sie eben so charakteristisch sind, wie beispielsweise
ein Rembrandt fĂŒr einen Kunstkenner, wenn er sogar die
sogenannte Rupia, die ich ebenso wie die Plaques muqueuses
40. Jahrg. â Nr. 11
Drcuw: Quccksilherhehandlung
hei nicht behandelten aufgegriffenen Prostituierten, die nie
mit Quecksilber behandelt waren, gesehen habe, als die Folge
einer Quecksilberwirknng erklÀrt, wenn er die sogenannten
Berpiginösen, d. h. wandernden syphilitischen GeschwĂŒre
ebenfalls als durch Quecksilber hervorgerufen erklÀrt und
sogar den auch ohne Quecksilberdarreichung von mir u. a.
wiederholt beobachteten nÀchtlichen Knochenschmerz, ja so-
gar â wie nicht oft genug erwĂ€hnt werden kann, sogar
das Gumma als durch Quecksilberwirkung hervorgerufen an-
sieht, das sehr hÀufig bei Personen beobachtet wurde, die nie
Quecksilber bekommen haben, dann kann man heute mit ab-
soluter Sicherheit behaupten: Hermann war nicht in der
Lage und hatte zweifellos nicht die nötige Vorbildung, um
die schon damals fĂŒr jeden Arzt gelĂ€ufige Differenzial-
diagnose zu machen. Mit dieser Feststellung fÀllt seine Lehre
zusammen. Er hat nicht voraussetzungslos, wie es sich ge-
hört, sondern mit vorgefaĂter Meinung alles das als Queck-
silberwirkung erklÀrt, was in Wirklichkeit durch die Syphi-
lis bedingt war*). Alle diese fĂŒr Syphilis charakteristischen
Symptome konnte man in den 50 iger und 60 iger Jahren, als
er seine antimerkurial istischen BĂŒcher verfaĂte, eben so gut
diagnostizieren wie heute, wenn man die Grundlagen der
Syphilislehre und -Diagnose! die auch damals schon fest-
lagen, eben beherrschte. Es war dies die' Zeit, als Rebra
in Wien lehrte.
Es soll unter keinen UmstĂ€nden geleugnet werden, daĂ
jemand in der Diagnose sich irren kann. Ich bin jahrelang
Assistent bei bekannten AutoritÀten gewesen und habe manche
Fehldiagnose gesehen. Ich habe auch bei Ueberdosierungen
mit Quecksilber und in einigen FĂ€llen von Idiosynkrasie bei
geringen Dosen Quecksilbervergiftungen gesehen, die aber
namentlich bei Unterdosierungen, bei Aussetzen des Mittels
in allen von mir beobachteten FĂ€llen keine Folgen fĂŒr den
Patienten hatten. SelbstverstÀndlich kann bei einer einzelnen
Diagnose jeder Arzt sich irren. Aber nicht darf es vor-
kommen, daĂ man bei dem groĂen Material, das Hermann
zur VerfĂŒgung stand, systematisch alles das fĂŒr Quecksilber-
wirkung erklÀrte, was in Wirklichkeit, wie heute auf Grund
der Entdeckung des Erregers der Syphilis noch weiterhin er-
wiesen ist, die Folge der Syphilis war. Denn heute wissen
wir, daĂ alle von Hermann als durch Quecksilber hervor-
gerufen erklÀrte Formen, wie die Roseola, die Papel, das
Gumma und sogar" die Paralyse, Spirillosen sind, weil
eben in diesen FolgezustÀnden lebende SpirochÀten nach-
gewiesen wurden. Aber auch vor der Entdeckung der Spiro-
chÀte, die heute als die Ursache der Syphilis allgemein an-
erkannt ist und deren Richtigkeit ich ebenfalls an der Hand
von Tierversuchen konstatieren konnte, war es ein Kunst -
fehler, diese damals in den LehrbĂŒchern der Dermatologie
genau beschriebenen Symptome als eine Quecksilbervergif-
tung zu erklĂ€ren. Die Wahrheitsforschung verlangt, daĂ, da
namentlich nichtapprobierte AnhÀnger Hermanns auch
heute noch in diesen Fehler verfallen, daĂ hier eine reinliche
Scheidung besonders auf Grund der vorgeschrittenen Kennt-
nisse endlich gemacht wird. Quecksilber hat direkt nie eine
spirochÀlenhaltige Papel oder ein Gumma oder eine Paralyse
erzeugt. Mit diesen Feststellungen sind die H e rrm a n n -
sehen so viel zitierten Werke als diejenigen eines Mannes
festgestellt, bei dem der Wunsch der Vater des Gedankens w ar
(siehe Bleuler: Ueber das autistische und irrefĂŒhrende
Denken in der Medizin).
Trotzdem kann nicht geleugnet werden, daĂ angesichts
*) Heute machen umgekehrt dasselbe die autoritativen Sal-
varsanisten, die vielfach mit Vorliebe das fĂŒr Syphiliswirkung
erklÀren, was Salvarsanwirkung ist. Die Encephalitis, der Sal-
varsan-SpÀticlerus, der fast 10 Jahre unerkannt blieb, die Derma-
titis usw. waren in ihren Augen entweder âSyphilisfolge oder
Quecksilberfolge, obschon Arsen bei seinen lÀngst bekannten Be-
ziehungen zu diesen Erkrankungen so nahe lag. Und wenn sie
ftpgar eine Keratitis arsenicalis, wie die (M. m. W. 1915, Nr. 48)
Wechselmann Isiehe meine Arbeit als Widerlegung Wechsel-
manns in Nr. 7/8 des Archivs fĂŒr physikal.-diatet. Therapie 191G,
die von der M. m. W. aber abgelehnt wurdel tat, als Quecksilber-
wirkung erklÀren, dann ist dies noch schlimmer, als der Glas-
und Wasserfehler und das 100%-Abortiv-Dogma.
der in den 50 iger und Iii) iger Jahren und spÀter angewandten
enormen Ucberdosierungcn des Quecksilbers, die zun> gröĂ-
ten SpeichelfluĂ fĂŒhrten, die H"^ r m a ĂŒ n sehen Warnungen,
mochten sie im Prinzip auch völlig Unzutreffend sein, dieser
Ueberdosierung des Quecksilbers, die spÀter wiederum von
NeiĂe r u. a. eingefĂŒhrt wurde, einen Damm entgegensetzte.
Und so war in der Tat Hermann ein Teil von jener Kraft,
die unabsichtlich das Gute schuf.
Wenn man bei der Quecksilberbehandlung kleine und
unter der Ma.ximaldosis bleibende Mengen gibt, wenn man
tĂ€glich eine grĂŒndliche Mundpflege macht und entsprechende
DiĂ€t ĂŒbt, wenn man auf Urin und Stuhlentleerungen sein
Augenmerk richtet, dann kann man, wie mich eine 20 jÀhrige
grĂŒndliche Beobachtung lehrt, mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit feststellen, daĂ Quecksilber in bestimm-
ter Form nicht nur gut vertragen wird, sondern die die Ăf-
fentlichkeit gefÀhrdenden pustulösen und sezernierenden pri-
mÀren und sekundÀren und tertiÀren Symptome schnell zur
Heilung bringt. Ausnahmen bei Personen, die eine Idiosyn-
krasie, die man aber auch bei Wasseranwendung beobachten
kann, haben, bestÀtigen nur die Regel.
Mitte Oktober 1921 kam ein Mann in meine Behandlung,
der durch das Rasiermesser auf einer Reise einen sogenann-
ten Rasierschanker, d. h. eine primÀre Syphilis, bekommen
hatte. Dieser Schanker war schon monatelang physikalisch-
diÀtetisch mit Wasser, Licht und sogar Röntgen behandelt
worden, aber er wurde immer gröĂer und bedeutete fĂŒr die
Familie des verheirateten Mannes geradezu eine Katastrophe.
Die Frau war schon angesteckt, als er zu mir in Behandlung
kam. Der Schanker war etwa dreimarkstĂŒck groĂ. Nach
14tÀgiger Behandlung (Unterdosierung) war der Schanker
fast völlig zugeheilt und wenigstens die gröbsten Gefahren
fĂŒr die Familie beseitigt. Man wird mir zugeben mĂŒssen,
daà es ein Fehler gewesen wÀre, in diesem Falle nicht das
Mittel anzuwenden, das auf der einen Seite diesen Erfolg
zeitigte und auf der anderen Seite völlig ungefĂ€hrlich fĂŒr den
Patienten sich gestaltete. Denn bei den kleinen Dosen kann
man selbst, wenn eine Spur einer Vergiftung sich zeigen
wĂŒrde, immer wieder unterbrechen.
Jedenfalls steht eines absolut fest: Es ist nicht richtig,
daĂ das Quecksilber dieselben oder auch nur, was die Formo-
logie betrifft, Àhnliche Erscheinungen hervorruft wie die Sy-
philis, die wohl an denselben Organen, aber nicht in der-
selben Form auftritt. Die syphilitischen Symptome der pri-
mÀren, sekundÀren, tertiÀren und quaternÀren Periode
(Schanker, Papel, Gumma, Paralyse) sind von der Queck-
silbervergiftung so verschieden, daĂ schon eine ganz gewal-
tige Dosis von Voreingenommenheit und Unkenntnis dazu
gehört, um diese Symptome durcheinander zu werfen.
SelbstverstÀndlich gibt es einzelne Formen, bei denen man
differenzial-diagnostisch im Zweifel sein kann, namentlich
bei den Erscheinungen im Munde, ob Syphilis oder Queck-
silbervergiftung vorliegt, aber in 99 Prozent aller FĂ€lle sind
die beiden Erscheinungsformen derartig voneinander ver-
schieden, daĂ bei meiner groĂen Erfahrung als Polizeiarzt,
als Assistenz- und als Spczialarzt es mir auĂerordentlich sel-
ten vorgekommen ist, das eine vom anderen nicht unter-
scheiden zu können. Ich habe im Laufe einer 20 jÀhrigen Er-
fahrung viele, mit meiner Exstirpationsfehler herausge-
schnittene Papeln und Gummata mikroskopisch-histologisch
untersucht. Auch diese Bilder unterscheiden sich von den-
jenigen einer Quecksilbervergiftung derartig, daĂ es unbe-
greiflich erscheint, wie man Hermann eine derartige Be-
deutung beimessen konnte. Wenn auch Hermann damals
die mikroskopische Technik noch nicht anwenden konnte, so
sprechen heute diese technisch vervollkommneten Unter-
suchungsmethoden völlig gegen seine Auffassung, und man
kann ruhig sagen, seine Lehre âEs gibt keine konstitutionelle
Syphilis", sein âTrostwort fĂŒr die gesamte Menschheit", seine
Auffassung ĂŒber das âWesen der Syphilis" ist völlig zusam-
mengebrochen.
Es wĂŒrde den Rahmen dieser Abhandlung bedeutend
ĂŒbersteigen, wenn ich die schwierigste Frage hier beantwor-
250
Dreuvv: Quecksilberbehandlung
40. Jahrg. â Nr. 11.
ten wĂŒrde, ob Quecksilber entweder in der PrimĂ€r- oder Se-
kundÀrperiode angewandt (in welchen Perioden man Tabes
und Paralyse kaum beobachtet) werden soll, ob es sozusagen
den Boden fĂŒr diese Krankheiten, in denen man noch 15
Jahre nach der Infektion lebende und sich bewegende Spiro -
( bÀten nachweisen konnte, vorbereitet. Ich hoffe, vielleicht
in einer besonderen Abhandlung noch auf diese wichtigste
Frage zurĂŒckzukommen. Denn hierĂŒber sind noch nicht ge-
nĂŒgend Arbeiten von voraussetzungslos arbeitenden Forschern
erschienen, als daà man diese Frage als geklÀrt ansehen
könnte. Auch hier darf die Ueberdosierung des Quecksilbers
nicht auĂer acht gelassen werden. Diese Frage ist nur zu
beantworten durch eine Sammelforschung, die unter zen-
tralisierter Leitung gegebenenfalls seitens der Regierungen
der verschiedenen LĂ€nder angestellt werden mĂŒĂte. In diesem
Sinne möchte ich an dieser Stelle nur das erwÀhnen, was
Fleischmann in seiner Arbeit (âDas Verhalten des Li-
quor bei den verschiedenen Stadien und Formen nicht be-
handelter Syphilis", D. Ztschr. f. Nervenheilkunde, Bd. 70)
sagt:
âVon den meisten Autoren wird, allerdings ohne eigene
persönliche Kenntnis der LÀnder, der nur auf Grund einer
kurzen Reise, ohne eingehender Land- und Leutekenntnis,
immer wieder auf die Verschiedenheit der Lues bei fremden
Völkerschaften hingewiesen; immer wieder wird behauptet,
Tabes und Paralyse seien bei orientalischen Völkern unge-
mein selten. Ich selbst kam wÀhrend meiner 2% jÀhrigen
Anwesenheit in der TĂŒrkei dienstlich und auĂerdienstlich in
viel nÀhere Beziehung mit der Bevölkerung, als es dem Er-
holungsreisenden im Frieden möglich ist, und da konnte ich
mich von der HĂ€ufigkeit der Metalues unter Eingeborenen
vollauf ĂŒberzeugen. Einheimische Aerzte, die vor dem Kriege
in Paris oder in Deutschland ausgebildet wurden und die die
Metalues auf Grund der Unkenntnis der einheimischen alten
Aerzte, die noch voll religiöser Anschauung ĂŒber die Psyche
bĂ€renden. Ein fernerer Grund fĂŒr die Fernhaltung der Aerzte
seien wohl zu chirurgischen, inneren und Hauterkrankungen
zugezogen worden, nie aber zu Geisteskranken und zu Ge-
bĂ€renden. Ein fernerer Grund fĂŒr die Frnhaltung der Aerzte "
von den Kranken war der Umstand, daĂ die meisten Geistes-
kranken aus religiösen Motiven und aus Angst vor den ge-
radezu schauderhaften Irrenanstalten und der ausgenommen
in Konstantinopel und Beirut ĂŒberall sehr im Argen liegen-
den Irrenpflege ĂŒberhaupt nicht in die HĂ€nde auch der ein-
heimischen Aerzte kamen."
Meines Erachtens liegen auf diesem Gebiete noch zu
spÀrliche Untersuchungen (GÀrtner, Zillmann, Rot-
schuh, Fleischmann, Rudin, Jeanseime, Chu-
e n n e c, Morrcira, B a e 1 z u. a.) vor, als daĂ man in der
Lage wĂ€re, sichere SchlĂŒsse nach der einen oder anderen
Richtung hin zu ziehen. Jedenfalls aber steht eins fest, daĂ
im Laufe der Geschichte der Syphilis in den letzten Jahr-
hunderten der Verlauf seit der systematischen Quecksilber-
anwendung ein milderer geworden ist, als vordem, wo sie
pestartig auftrat.
Unzutreffend aber ist die Unterscheidung, als ob eine
gute oder eine schlechte Behandlung der Syphilis hier von
entscheidender Wirkung wÀre. In der Regel verstehen die
AnhĂ€nger einer guten Behandlung darunter eine unter groĂen
Dosen lange durchgefĂŒhrte Behandlung, d. h. sexualkapita-
listisch ausgedrĂŒckt eine lange dauernde Behandlung. Da
aber kein Mensch weiĂ, was eine gute und was eine schlechte
Quecksilberbehandlung ist, da jeder Fall anders reagiert, so
ist diese Unterscheidung, der auch verschiedene Statistiken
zugrunde gelegt sind, irrefĂŒhrend. Namentlich die Salvar-
sanperiode hat gezeigt, daĂ sowohl die chemische Industrie,
als auch die Ă€rztlichen Sexualkapitalisten an einer âguten"
Behandlung leider ein zu groĂes Interesse haben.
Zur Herabsetzung der Schmerzen bei Einspritzungen unter .
die Haut kommt die von mir angegebene KanĂŒle in betracht.
Die bisherigen Bestrebungen, die Schmerzhaftigkeit herab-
zusetzen, waren hauptsÀchlich chemischer Natur. So ent-
stand eine Reihe von PrÀparaten, die letzten Endes nicht das
hielten, was sie versprachen. Ich erinnere nur an das Asurol,
das von N e i Ă e r und der Reklame als schmerzlos ange-
priesen wurde, aber so schmerzhaft war, daĂ es nicht ver-
tragen wurde. Ich habe nun versucht, auf rein physikali-
schem Wege dem Ziele zuzustreben, von dem Gesichtspunkte
ausgehend, daà die Schmerzen zum Teil durch die plötzliche
Verteilung der FlĂŒssigkeit an einer Stelle im Gewebe ent-
stehen. Denn wenn man mit einer gewöhnlichen Pravaz-
nadel injiziert, so wird die FlĂŒssigkeit durch die Spitzenöff-
nung der Nadel an einen einzigen Punkt im Gewebe suspen-
diert. Hierdurch wird das Gewebe gewaltsam auseinander -
gedrÀngt, es findet ein Druck auf die in der NÀhe liegenden
Nerven statt, die Resorption wird beeintrÀchtigt und die In-
filtratbildung begĂŒnstigt. WĂŒrde es gelingen, auf einen wei-
teren Raum das Medikament zu verteilen, so wĂŒrde ein Teil
der erwÀhnten UmstÀnde wegfallen. Diese weitergehende Ver-
teilung wird nun erreicht durch eine sehr scharfe KanĂŒle,
deren Spitze zugelötet ist. Die InjektionsflĂŒssigkeit wird in-
folgedessen gezwungen, durch etwa 5 â 10 feine Oeffnungen,
die seitwĂ€rts ĂŒber der spitzen Verlötungsstelle angebracht
sind, nach allen Richtungen der Windrose ins Gewebe ein-
zudringen und sich hier zu verteilen.
In der Tat werden die Schmerzen sowohl wÀhrend als
nach der Injektion herabgesetzt, wenn auch nicht vollstÀndig
beseitigt. Auch bei allen anderen subkutanen Injektionen
(Morphium, Kampferöl usw.) wird eine feinere Verteilung
und eine gröĂere ResorptionsflĂ€che erzielt.
Die gröĂten Gegner des Quecksilbers aber wurden seine
frĂŒheren energischsten Verteidiger, N e i Ă e r usw., die jeden,
der das Quecksilber vor der Erfindung des Salvarsans als
gefÀhrlich oder als nicht heilend schildert, als Outsider
und Eigenbrötler kennzeichneten und ihm die Wissenschaft-
lichkeit bestritten.
Wer es frĂŒher wagte, gegen das Quecksilber aufzutreten,
galt entweder als Ignorant oder als Kurpfuscher. Und siehe
da! â Kaum war das Salvarsan (y2 Jahr PrĂŒfung bei 500
Menschen) auf der BildflÀche erschienen, da konnten die
frĂŒheren Anbeter des Quecksilbers nicht Steine genug werfen
- auf ihren frĂŒheren Gott. Nachdem sie sich aber von den trĂŒ-
gerischen Eigenschaften des jungen Götzen ĂŒberzeugt hatten,
wollten sie den alten Gott wieder einsetzen und ihm den
Götzen als Nebengott attachieren. Wie lange der alte er-
probte Gott diesen Götzen noch neben sich dulden wird,' hÀngt
davon ab, ob und wie lange der Götze es verstehen wird,
sich statt des schwarzen arsenigen, einen goldenen Anstrich
zu geben, wie lange es noch verborgen bleibt, daĂ das Sal-
varsan ein UnglĂŒck fĂŒr die Aerzte und Patienten ist und
noch weiter wird. Beide, die Gegner aus dem Lager der
Hermann sehen und der NeiĂer - Pinkus sehen
Schule, haben Unrecht. Bei zweckentsprechender Dosierung
in Verbindung mit anderen Methoden ist das Quecksilber in
_ der Tat ungefĂ€hrlich und heilt die Syphilis mit 80â90 Pro-
zent Sicherheit.
Heute, nach 10 Jahren, stehe ich auf demselben Stand-
punkte wie am 10. Dezember 1910 wÀhrend meines Vortrages
in der Dermatologischen Gesellschaft*): âDie SalvarsanĂ€ra
wird das gröĂte Werbemittel fĂŒr die Nichtapprobierten wer-
den." Diejenigen Vertreter der Wissenschaft, die ihren bis-
herigen, auch heute noch einzigen Gott durch einen schlech-
teren, aber mehr geldspendenden im Handumdrehen er-
setzten, dĂŒrfen nicht auf die Dauer erwarten, daĂ ihnen
Vertrauen entgegengebracht wird. Mögen diese Vertreter der
Wissenschaft einen noch so groĂen Namen haben und noch
so sehr die Presse beherrschen: es wird Zeit, daĂ die gesamte
Aerzteschaft Front macht gegen die Verteidiger einer Wis-
senschaft, die nach einer verlassenen Theorie die andere
bringen, damit diese wiederum durch eine neue ersetzt werde,
um schlieĂlich die erstere wieder zu verteidigen, wie dies
Klemperer so schön geschildert hat, um die Aerzte zu
warnen.
*) Dreuw: Ueber Ehrlich -Hata 606. Diskussionsvortra^
in der Dermat. Gesellschaft. Dermatolog. Zeitschrift, 1911.
40. Jahrg. â Nr. 11.
Referate
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
Deutsche Medizinische Wochenschrift, Leipzig.
26. Januar 1922, Nr. 4.
Zur Aetiologie und Behandlung der Netzhautablösung! U h t h o f f. 110.
âDie Vorkupferung des Auges. ( Mit 2 Abbildungen.) J c B. L18.
Die PrĂŒfung dos Hömervenapparates mit der cB-8timmgabeh Uffenorde.
120.
Die Behandlung der bösartigen GeschwĂŒlste. (Fortsetzung aus Nr. 8.)
Sauerbruch uud L e b s c h e. 122.
Zur Therapie des Ulcus ventriculi perforatĂŒm mit Bildung eines subphreni-
schen Gasabszesses (Pneumothorax subphrenicus). (Mit l Abbildung.)
Stahl. 125.
Der Iudex ponderls des menschlichen ErnÀhrungszustandes und die QuÀker-
speisung, ĂŒ e d e r. 126.
â Studien ĂŒber Flockfieiber. (Mit 3 Kurven.) Finkelstuin. Ii«.
Zur PrĂŒfung der Kornea!- und Racheinreflexe. Möller. 129.
gynĂ€kologische RatschlĂ€ge fĂŒr den Praktiker. IV. Die entzĂŒndlichen Er-
krankungen der weiblichen Genitalien. 2. Vulva, Vagina.. Uterus. L. i c p -
mann. ISO.
Die Verkupferung des Auges. J e Ă fĂŒhrt 3 weitere FĂ€lle an,
ie fĂŒr den Praktiker von Bedeutung sind. Reines Kupfer wird
ii hinteren Augenabschnitt schlecht vertragen, veranlaĂt schnell
xsudalbildungen und bald den Verlust des Auges durch
hronische Iridozyklitis. Die Kupferlegierungen, also die Kriegs-
pliller der FĂŒhrungsringe und GranatzĂŒnder, und von Hand-
ranaten, deren Eindringen ins Auge sehr oft in der Hitze des
(iefechts gar nicht bemerkt wurde, hĂŒllten nun zunĂ€chst die Iris,
Linse, -Netz- und Aderhaut reaktionslos ein, erst allmÀhlich kam
es zu aseptischen Eiterungen, GlaskörpertrĂŒbungen und Durch- *
setzung der Netzhaut mit Derivaten des Kupfers: goldgelbe und
elbrötliche Einlagerungen am Augenhintergrund. Von diesen
"erÀnderungen ist nun besonders wichtig die auf der schwarzen
upille bei auffallendem Licht schon mit bloĂem Auge zu er-
ennenden grĂŒnen sonnenblumenartigen Erscheinungen, die merk-
wĂŒrdigerweise im durchfallenden Lichte des Planspiegels ver-
chwanden, die Scheinkatarakte Purtscher's. Schwere Irido-
zyklitis kann noch nach Jahren zum Verluste des Auges fĂŒhren,
lso: möglichst rasche Entfernung von Messingsplittern.
Studium ĂŒber Fleckfieber, gewonnen aus einer noch nicht er-
sehenen, in den Jahren 1919â -20 in der Ukraine und RuĂland
ĂŒtenden Epidemie: Als GefĂ€Ăerkrankung schĂ€digt das Fleck-
eber durch die BlutgefĂ€Ăe alle Organsysteme, in erster Linie
'erz, Nervensystem und Nieren. Wertvoll fĂŒr FrĂŒhdiagnose: die
âąĂŒhe HerzlöneverĂ€nderung und die Temperatursenkungszacke
m dritten Krankheitstage. Erste Zeichen der nachlassenden
toxikation: Am 10. â 12. Krankheitstage Herztöneaufhellung,
erminderung der Pulszahl, Verbesserung der PulsqualitÀt, dann
er Diurese und Harnbeschaffenheit und endlich langsame Ent-
berung. Therapie: FrĂŒhzeitig Digitalis. v. Schnizer.
2. Februar 1922, Nr. 5.
Die Behandlung der bösartigen GeschwĂŒlste. (SchluĂ aus Nr. 1.) S a Hor-
bruch und L e b s c h e. 149.
Die Grenzen der örtlichen BetÀubung in der Chirurgie. Braun. 161.
âUeiber NebennicrenexstirpaMon bei Epilepsie. S u H a n. 153.
Ucbcr die Wirkung intravenöser Kampferölinjektlion. Leo. 15 .
âZur Behandlung der akuten Anaemie sub partu. Rung e. 156.
âSchmicrseifeneiureibungon als Mittel zur Verbesserung dei Syphilisbehand-
lung. (Mit 1 Kurve.) H ĂŒ b n e r. 157.
â Neosilbervalversau (NSS.) und seine einzeitige Verwendung mrt Novasuroi.
Krebs. 158.
Verödung der TrĂ€nendrĂŒse durch Röntgenstrahlen. B r a n d t und F r a o n -
k C 1. 159.
Zur Technik der Quarzliehtbebandluug. Meyer, Fritz M. 1U0.
Zur Behandlung des sehwachen Haarwuchses nach Zuntz und Kapp. A p e i.
161.
Das Erdöl als Heilmittel. Möller. 161.
Der gegenwÀrtige Stand der Pankreaserkr-ankungen. Singe r. 162.
GynĂ€kologisch:; RatschlĂ€ge fĂŒr den Praktiker. V. Die entzĂŒndlichen Er-
krankungen der weiblichen Getnitalien. III. Teil. (Bockennindegeweb,
Adnexe. Beckenbauehfcll.) I. i e p m a n n. 164.
Ueber Ncbennierenexstirpation bei Epilepsie. Das bisher vor-
ende Maleria) ist zu einem endgĂŒltigen Urteil noch zu gering,
e Aussichten zu wesentlicher Verringerung oder Heilung der
ileptischen AnfÀlle dadurch sind gering.
Zur Behandlung der akuten AnÀmie sub partu. Das sub partu
r vaginam in gröĂeren Mengen abgehende Blut wird in Schalen
fgefangen und bei schweren Zeichen akuter AnÀmie, auch pro-
phylaktisch â etwa 600 cem Blut mit 400 cem einer 0,9% (.1 V,
Lösung + 4,0 Natr. citric. mit einem Irrigator der Ausgebluteten
als Klisma einverleibt. In besonders schweren FÀllen spÀterhin
noch etwa 1000 cem dieses Gemisches als Tropfklyslier fĂŒr 2 bis
1 Stunden. Letzleres genĂŒgt in weniger schweren FĂ€llen zur Ei
zielung einer rascheren Rekonvaleszenz auch allein. Das Ver
fahren ist einfach, wirkt besser und sicherer als Transfusion und
ohne Nebenwirkungen.
Schmierseif eneinreibung als Mittel zur Verbesserung der
Syphilisbchandlung: Zur Anregung der ImmunisierungskrÀfte des
Körpers, besonders der Haut, wenn Abortivicrung nicht mehr zu
erreichen ist, wird wĂ€hrend der ĂŒblichen Silbersalvarsan-Behand-
lung (2 Spritzen wöchentlich) tÀglich 10,0 Schmierseife auf Brust
und RĂŒcken 15 Minuten lang eingerieben und am nĂ€chsten Tage
abgewaschen. Leichtes SpannungsgefĂŒhl der Haut nach 1 bis
2 Wochen. Effekt: frĂŒheres Negativwerden der WaR.
Neosilbersalvarsan und seine einzeitige Verwendung mit
Novasuroi. In 200 FĂ€llen mit etwa 3000 Injektionen durchweg
gĂŒnstigere Erfolge als mit anderen PrĂ€paraten und Kombina-
tionen von As mit Hg. v. Schnizer
9. Februar 1922, Nr. 6.
âUeber den angeblichen Zusammenhang zwischen Infektionen der ZĂ€hne und
Allgemeinerkrankungen. SehottmĂŒller. 181.
âUeber Beziehungein der Gewebe zur Diurese und ĂŒber die Bedeutung der Ge-
webe als Depots. Nonnenbruch. 183.
âErfahrungen min VitaltuberkuĂŒn. T a n c r e. 184.
âExperimentelle Untersuchungen ĂŒber die KontagiositĂ€t des Eupjs vulgaris,
Burchardi. 185.
Ueber die Auslösung von Zellvermehrungen durch Wundhcrmorie bei höheren
SĂ€ugetieren und dem Menschen. N a s w i t i s. 18?.
Geschlechtstrieb und innere Sekretion. (Mit 1 Abbildung.) Weil. ik.s.
Die respiratorische Exkursonsbreite des Brustumfangs und ihre Bedeutung.
(Mit 1 Abbildung.) Scheidt. 189.
Studien zur Reiztherapie. Quecksilber als Reizmittel bei Stomatitis ilcerosa.
K ö t h c. 191.
Nochmals zur Frage der RöntgenschÀdgungen. L i e k. 19;.
Die temporÀre Ausschaltung des N. phrenicus. W e g e 1 e. 193.
Der gegenwÀrtige Stand der Pankreaserkrankuagen. ( Schluà aus Nr. Vi
Singer. 193.
GynĂ€kologische RatschlĂ€ge fĂŒr den Praktiker. VI: Die ExtrauteringraviditĂ€t,
die Störungen der Menstruation und SterilitÀt. Litpmaun. . 195.
Ueber den angeblichen Zusammenhang zwischen Infektionen
der ZĂ€hne und Allgemeinerkrankungen. Verfasser weist die
radikalen Anschauungen Fischers als nicht bewiesen zurĂŒck,
vergleicht sie mit den auf derselben Basis zu hĂ€ufig ausgefĂŒhrten
Tonsillektomien, rÀt zu konservativer Behandlung und stimmt
Fischer in der Forderung der strengsten Asepsis zu.
Ueber die Beziehungen der Gewebe zur Diurese und ĂŒber die
Bedeutung der Gewebe als Depots. Eine gestörte Wasser- und
Salzausscheidung durch die Nieren bei intakter Gewebsfunktion
macht zunÀchst keine hydrÀmische Plethora, da die Gewebe einen
UeberschluĂ von Wasser und CINa aus dem Blute rasch enl
fernen. Die Hauptursache der Oedembildung liegt in dem Zu
stand der Gewebe selbst, die Wasser und CINa zurĂŒckhalten, und
in dem Zustand der GefĂ€Ăe. Die Diuretika haben neben ihrer
Nierenwirkung auch eine solche auf das Blut. Die der Purin-
reihe und das Novasuroi greifen in ganz typischer Weise in den
Wasser- und CINa-Gehalt des Körpers ein: sie mobilisieren es
in den Geweben und bringen es zur Ausscheidung. Hand in Hand
damit geht hÀufig eine Konzentration des Blutes mit absoluter
Vermehrung des BluteiweiĂes (Theophyllin, Euphyllin, Nova-
suroi).
Erfahrungen mit VitaltuberkuĂŒn. Material: 900 therapeu-
tische Einzelinjektionen von abgeschwÀchten lebenden humanen
Tuberkelbazillen. Kontraindikationen oder irgendwelche Wider
stÀnde beim tuberkulösen Menschen bestehen nicht, die VertrÀg-
lichkeit des Mittels war im Gegenteil gut, so daĂ das experi-
mentell und theoretisch gut begrĂŒndete PrĂ€parat weitgehende Be-
achtung und Anwendung verdient.
Experimentelle Untersuchungen ĂŒber die KontagiositĂ€t des
Lupus vulgaris. Die Impfung von Krusten und Eiter von ulce-
riertem Hautlupus auf Meerschweinchen ergab keine Tuberkulose
der Tiere, wohl aber oberflÀchlich abgeschabtes Gewebe von
ulceriertem Lupus in 90 %. Die Resultate Sterns ĂŒber die Tier
252
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 11.
InfektiositÀt des Lupus beruhen also auf diesen Gewebsbestand-
teilen und da diese bei der TJ ebeft ragung der Tuberkulose auf
andere Menschen vom Lupus aus nicht in Frage kommen, be-
steht wohl die Erfahrung zu Recht, daĂ der ulcerierte Lupus der
Haut und Magenschleimhaut nur eine sehr geringe Ansteckungs-
fÀhigkeit besitzt. v. Schnize r.
MĂŒnchener medizinische Wochenschrift.
3. Februar 1922, Nr. 5.
Wirkung des Alkohols auf die sppr.Uic.iie Leistung. H e r i B>. 1 in o r. 143.
WillkĂŒrliche BetĂ€tigung der glatten Muskeln. II a m p .irct r. llt:
Ist das Korynebaeterium Abortus infectiosi Bang fĂŒr Menschen pathogen.
Klimme r und H a u p t. 14G.
Ursache de« juckenden Wiuterausschlags. S c h u 1 i zt. 147.
Psychogene Komponente des Pruritus u. d. pruriginösen Dermatosen. S a <⹠k.
148.
Cyarsal-Misehspritze. O e 1 z e. 150.
âLiuserverfahren. v. P e z o 1 d. 151.
'âEinzeitige Behandlung der Syphilis mittels Soluesin u. Neosalvarsaii.
v. S z i 1 y und H a 1 1 e r. 152.
Waehstumshemmung der Kinder in den >aehi;i iog^.iahreu. s c n 1 e r-1 ~n -
g e r. 153.
Wurstvergiftung durch Bazillus Proteus vrlgaris. B a e r t h 1 t' i n. 355.
KropfhĂ€ufigkeit hei Miinchener Fprtbildnngsehvilci.il. FĂŒrs i ist.
Syringomyelie und peripheres Trauma. Fuchs. 1 tl.
Influenza-Myositis. V o r m À n n. 158.
Todesfall im Chloraethylrauseh. Holm a ri n l.'b.
Silikatpessare. Risse. 160.
Von den HÀnden ausgehende Wtiu-l'.qfoktiöucn der Aer-;tJ Ii o a t g m a n n
160.
Schmerzlose Entbindung. V r i e d i n I e.r. i'il.
âRöntgenologischer Beitrag zur Kenntnis der Tuberkulose 1er Lungen.
Thomas. 102.
Zahnpflege. B i u h a c h e r, lĂŒi.
Ein Jahr Linserverfahren. Bericht ĂŒber an 3700 Linser-
spritzen (Neo-Salvarsan + 1,0 1 proz. Sublimat intravenös). Verf.
empfiehlt die Methode warm, meint aber, daĂ unter BerĂŒcksich-
tigung der Wa R als HeilungsmaĂstab, die Dauerwirkung keine
starke ist. Eine VerstÀrkung der Hg-Dosis wÀre, falls dies ohne
SchÀdigung möglich, anzustreben.
Einzeitige Behandlung der Syphilis mittels Soluesin und Neo-
salvarsan. Soluesin (v. Szily) [= Hydrag. bichlorat. corros. 0,3,
Natr. jödat. 14,0, Aqua dest. 20,0] hat nach Ansicht der Verf. in
Kombination mit Neosalvarsan groĂe VorzĂŒge vor dem Linser-
schen Verfahren, da die Mischlösung noch Jod enthÀlt, keine
FĂ€llung weder in der Spitze noch sonst eiweiĂfĂ€llend und daher
auch bei zufÀlliger paravenöser Injektion viel weniger schmerz-
haft ist. Eine gröĂere Giftwirkung wie die entsprechende Menge
Neosalvarsan allein ist nicht vorhanden. FĂŒr ein endgĂŒltiges
Urteil ist die Zahl der behandelten FĂ€lle noch zu gering.
Röntgenologischer Beitrag zur Kenntnis der Tuberkulose in
den Lungen. K a e s 1 1 e beschrieb in Nr. 50, 1921 dieser Wochen-
schrift das ZurĂŒckbleiben des medialen Abschnittes der rechten
ZwerchfellhĂ€lfte bei dör Inspirationsbewegung als ein fĂŒr Tuber-
kulose charakteristisches Zeichen. Verf. lehnt dies ab, da diese
Art der Zwerchfellbewegung mit Tuberkulose nichts zu tun habe,
sondern auf anderen Ursachen beruhe, die in der Zwerchfell-
architektonik und in besonderen physiologischen Faktoren be-
grĂŒndet sind. (Ref. kann sich dieser Ansicht nur anschlieĂen!)
F. Loewenhardt (Charlottenburg-Westend
10. Februar 1922, Nr. 6.
Nomenklatur der Phthise. A s c h o f f. JiÂŁfc
â l'roteinkĂŒrper und Reizkörper. Kolken und II e r z g e r. 185..
Untersuchungen ĂŒber die Norm. K a u p. 189.
NeueVestibularisreaktion. W o d a k im 1 Fische r. li'S.
Vak/.intherapie. H i I g e m a n n und Kraut z. 194.
I. Blaseninhalte. ĂŒber spezifische Reaktionen. .. H.i blaseiifiillun/ r ! ...
mas und Arnold. 19G.
BlutplÀttchen Gesunder und Kranker. '/. c 1 I e r.
â Aktive Abortbeh.mdlung. S a e '. ! . r. JUS.
FamiliÀres Vorkommein bei MigrÀne. E 1 b s t o i n. 199.
SÀugling- und Kleinkindertuberkulose. K ö f f 1 e r. 200.
â Intraperitonale Infusion. Mayer. 201.
Behandlung der Pernionen und der ehron. Erfrierungen mit SehilddrĂŒseh-
prÀparaten. Embie n. 201.
Xaftlantherapie. Sauerbrey. 201.
Novasurol. Bur winke 1. 202.
Sauerbruchoperation und -prothese. B 1 r n c k e. 202.
âZervixgonorrhoe. S a 1 o m o u. 203.
Jodismusprohlem. M u c k. 203.
VerhĂŒtung der Serumkrankheit. Krau s. 204.
Rachitische Muskelerkrankung. MĂŒller. 204.
Experimentelle Untersuchungen ĂŒber die Wirkungsweise von
l'rottinkörpern und Reizkörpern. (1. Giftbildung und Ueber-
empfindliehkeit.) Interessante Untersuchungen, zu kurzem Re-
ferat ungeeignet.
Zur Frage der aktiven Abortbehandlung. Jeder heftig
blutende und jeder auch bei Bettruhe mehrere Tage lang blutende
sowie jeder manifeste protrahiert verlaufende Abort soll aus-
gerÀumt werden, letzterer auch bei Fieber. Die Behandlung des
fieberhaften Aborts und auch die des fieberhaften komplizierten
Aborts (Parametritis, Adnexitis und Sepsis) soll eine, wenn auch
schonende, doch grĂŒndlich aktive sein. Besondere Vorsicht bei
Erweiterung des noch nicht entfalteten Zervixkanals. Unvoll
stÀndige AusrÀumung ist schlechter als gar keine. Nur bei Ver-
dacht auf perforierende Verletzungen und bei Peritonitis mĂŒssen
AusrĂ€umungsmaĂnahmen unterbleiben.
Die intraperitoneale Infusion â eine letzte Rettungsmöglich-
keit fĂŒr schwer ernĂ€hrungsgestörte SĂ€uglinge. Warme Emp-
fehlung der Methode, die seinerzeit von Weinberg angegeben
wurde. Ablehnung der Backes sehen Arbeit (M. m. W. 1921,
34), der durch MiĂerfolge zur Warnung veranlaĂt wurde. (Re-
ferent hat die Methode fĂŒr Erwachsene eingefĂŒhrt und kann sich
der Empfehlung nur anschlieĂen, da er niemals einen MiĂerfolg
sah.)
Zur Behandlung der Zervixgonorrhoe durch Cholevaltam-
ponade des Uterus. Strikte Ablehnung als gefÀhrlich bei zweifel-
haftem Heilerfolge.
F. Loewenhardt (Charlotlenburg-Westend .
Wiener klinische Wochenschrift, Wien.
2. Februar 1922, Nr. 5.
Zur Lehre von der Krebskrankheit. F r a c n k e 1 , A. 97.
âBemerkenswerter Ablauf einer Spondylitis tuberculosa. W i m b c r g c r 102.
Ueber das Verhalten des Leucodenna syphiliticum gegenĂŒber der Bloch-
schem Dopa-Reaktion. Gold und ReiĂ. 103.
Ein Fall chronischer Invagination kompliziert durch citrige Wurmfortsatz-
entzĂŒndung. Frommer. 105.
Zur Diagnose der Durmtuherkulosc. Bemerkungen zu der Arbeit von
Dr. W. Loll in dieser AVochcnsehrift, 1922. Nr. 3. Kirch. A. 106.
UBber einen Fall von Claudicatio intermittens universalis infolge von
Hyperplasie des Herzens. S e r k o. 106.
KardiaverÀnderungen bei Speiserohrenprozessen. Erwiderung auf die Be-
merkungen von O. Stricker in dieser Wochenschrift. 1921, Nr. 47. Bar-
s o n y. 106.
â Die praktische Bedeutung der Lohre vom Habitus usw. (SchluĂ zu Nr. 4.)
A s c h n e r. 107.
Krankenkasse und Volkswirtschaft. T h a u s i n g. 109.
Bemerkenswerter Ablauf einer Spondylitis tuberkulosa.
14 jÀhriger Knabe. Röntgenologisch nachweisbarer verkalkender
SenkungsabszeĂ und schwere Destruktionen an Brust- und Len-
denwirbelsÀule, welche ohne Hinterlassung besonderer Deformi-
tÀten ausgeheilt sind. Die Spondylitis hat das Kind niemals in
seiner Bewegungsfreiheit behindert.
Die praktische Bedeutung der Lehre vom Habitus und die
Renaissance der Humoralpathologie als therapeutische Kons«
ouenz der Konstitutionslehre (gezeigt am Beispiel der Frauen-
heilkunde). Aus dem sehr lesenswerten Aufsatz sei besonders
die praktisch wichtige Forderung nach WiedereinfĂŒhrung des
Aderlasses âauf breitester Basis nicht nur in der Frauenheil-
kunde und Geburtshilfe, sondern in der Gesamtmedizin" hervor-
gehoben. Verfasser hatte mit dem AderlaĂ ganz auffallende Er-
folge bei Schwangerschafts-, klimakterischen und postklimakteri-
schen Beschwerden, bei Dysmenorrhoe und menstruellen Me-
trorrhagien. R e u Ă (Wien).
Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
4. Februar 1922, 49. Nr. 5.
âUnterbindung' der A. hepatiea. Hofmeister, v. 154.
Drainage nach Strumektomie. V i d a k o w i t z. 157.
Blutdruck bei Achsendrehung des Mesenteriums. M all U s e h e r. 162.
Querer bogenförmiger Bauchschnitt. V o g e 1 e r. lfi3.
Bemerkungen zur Arbeit von Makai: Ulcus simplex des Darms. Fischer.
W. 166.
Unterbindung der Arteria hepatiea propria ohne LeberschÀdi-
gung. Bei einer fast totalen Magenresektion wegen Ulcus pene-
Irans wurde die Art. hepatiea propr. jenseits der Abgangsstelle
der A. gastrica dextra durchlrennt und muĂte ligiert werden.
Trotzdem ungestörter Heilimgsverlauf ohne subjektives oder ob-
jektives Zeichen einer LeberschĂ€digung. Der Grund fĂŒr diesen
40. Jahrg. â Nr. 11.
Aus den neuesten Zeitschriften
258
glĂŒcklichen Ausgang isl entweder darin zu suchen, daĂ infolge
Ă€er bestehenden ausgedehnten Verwachsungen schon vor der
Operation ein genĂŒgender Collateralkreislauf sich gebildet hatte,
öder in einer sog. âTriplizitĂ€t" der Leberarterie, einer Anomalie,
die bereits mehrere Male beschrieben ist.
K. W o h 1 g e in n I h i Berlin).
11. Februair 1922, 49, Nr. 6.
I'otstoperativo Tetanie, llaittung. 186,
DĂŒnadarminvaffination. Arnspe r g c >'. 190.
âŠJodkalilösung zur Darstellung von FistelgĂ€ugeu im EJoutjcenbild. Len-
in a n n , H. 193.
Technik «er zweiseitigen Prostatelfltouie. Wagner. 191.
Zehnprozcntige Jodkalilösung zur Darstellung von Fistel-
gĂ€ngen, AbszeĂ- und Empycmhöhlen im Röntgenbild. Die Methode
des Verf. ist folgende: Nach AnÀsthesierung der Haut wird um
die zu fĂŒllende Fistel eine Tabaksbeutenaht gelegt, eine stumpfe
KanĂŒle eingeschoben und die Oeffnung um diese durch Zuziehen
der Tabaksbeutelnaht geschlossen. Nach EinfĂŒllen der Jodkali-
lösung Entfernung der KanĂŒle, FestknĂŒpfen der Naht, Röntgen-
aufnahme. Die Kontraste sind sehr intensiv. Unangenehme
Nebenwirkungen sind nicht beobachtet.
K. Wohlgemuth (Berlin).
Archiv fĂŒr klinische Chirurgie, Berlin.
1921, 118.
âŠFehldiagnose bei Knochen- und Gelenktuberkulose. Kescli, E. 181.
âŠUeber experimentelle freie Periostverpflanzung. Baetzner, W. 501.
Ueber neuropathische Verknöcherungen in zentral gelÀhmton Gliedern.
Israel, A. 507.
âŠUeber entzĂŒndliche Mittelf uĂgesehwiilsto. D e ĂŒ t s e h 1 Ă€ n d e r , C. 530.
âŠUeberlegungen zur operativen Behandlung schwerer Skoliosen. Sauer-
bnich, F. 550.
âŠZur Behandlung frischer und alter Radiu.sbrĂŒcbe. Klapp, R. 563.
Die Behandlung der typischen Radiusfrakturen in der Zeit von 1907 â 1921.
Bange, F. 578.
Zur Behandlung des typischen Radiusbruches. E d e n , P. 592.
Die Braunsche Beinschiene in der Friedensehirurgk; und Ilirc Anwendung
zur Frakturenbehandlung. B r a u n. 594.
âŠZur<Mechanik und Behandlung des typiscjien SchlĂŒsselbeiiibruchcs. H Ă€ r -
t ei l , F. 602.
Zur funktionellen Behandlung der C'laviculabrĂŒche. HĂŒls mann. 620.
Dorsale AhbrĂŒche an d. Basis des Handnagelgliedknochens. V e r t , zur. 630.
Zur Behandlung d. Elleiibogengelenksbruche. H e r z b erg. E. 645.
Synovia und GelenkmÀuse. Ziegner, H. 662.
âŠDie habituelle Luxation der Kniescheibe. 667.
Die Coxa valga luxans. Co Ii n, B. 678.
Multiple posttraumatische Ankylosen fernab vom Herde der Verletzung.
Wille, F. 696.
âŠBeitrag zur traumatischen HĂŒftgelenksluxation bei Kindern. 1) o e 1 1 e, <). 703.
Beitrag zur Entstehung der spontanem Quadricepsruptur (Corpus mobile der
Patella in der Entwicklung). Wo tschack. 726.
Ueber Sehnenscheidenbildunge«. insbesondere bei partiellen ZerreiĂungen
der Achillessehne. SalomoĂŒ, A. 733.
Regeneration bei Kuochenpanaritieiu. Beck, H. 748.
Ueber die Bedeutung des Milieus fĂŒr die Erhaltung der natĂŒrlichen G-ewebs-
hĂŒllen. Zugleich ein Beitrag zur Frage der Drainage der Köperhöhlen.
P r i b r a m , B. O. und Singer, j. 768.
PostoporÀltive verminderte Speickc.lsekretiou und ihre BekÀmpfung. Hot.
witz, A. 788.
Ueber einen neuen Weg zur operativen Behandlung der perniziösen AnÀmie.
W a 1 t e r h ö f e r und Sohra m in. 794.
Die Beteiligung der regionĂ€rem LymphdrĂŒsen bei KĂŒhr. 1) ĂŒ r i g. 812.
Seltene angeborene MiĂbildungen. E s a u , P. 817.
Die Verweil« dauer von Fremdkörpern in der Appendix. E s a u , P. 821.
Der AbsceĂ an der dystopiseben Niere. E s a u , P. 823.
Entfernung eines Fremdkörpers aus denn Bronchus. K e p p 1 e r , W. 825.
Beobachtungen ĂŒber RĂŒckbildung und Heilung gröĂer Tumoren im AnschluĂ
an unvollkommene diagnostische Eingriffe. M ĂŒ Her, W. 830.
Unsere Erfahrungen mit der operativen Nebennierenreduktion nach Fiscuer-
BrĂŒning zur Behandlung von KrĂ€mpfen. Schmieden, V. uhi«
P e i p e r , H. 845.
Die dorsale Luxation der GroĂzehe. Klinischer und experimenteller Beitrag.
Schnitze, Ernst O. P. 865.
âŠDieposttrauniatische WirbelerkranktfĂŒg (KĂŒmmelPache Krankheit). Kum-
me 11 , H. 87«.
BoxunfÀlle mit tödlichem Ausgang. K o h I r a. u s c h . W. 902.
Fehldiagnosen bei Knochen- und Gelenktuberkulose. IrrtĂŒmer
der Diagnosenstellung bei Gelenkerkrankungen sind er
hrungsgemÀà sehr hÀutig. Namenilich wird oft eine Tuber-
ulose angenommen, wo es sich in Wahrheit um gonorrhoische,
©tische oder rheumatische Affekte handelt. Verf. gibt einige
inweise differentialdiagnoslischer Art, von denen die wichtig-
en hier genannt seien. WĂ€hrend die Anamnese bei den Ge-
hlechtskrankheiten gewöhnlich keine sicheren Anhaltspunkte
geben vermag, isl fĂŒr gonorrhoische GelenkentzĂŒndungen eine
arke Schmerzhaftigkeit typisch. Auch das Röntgenbild zeigl
er im Gegensatz zur tuberkulösen Knochenatrophic, die. aber
naueste Stniklurerkennung zulĂ€Ăt, verwachsene Knochen-
bÀlkchen. Bei Luesverdacht isl auf sonstige luetische Stigmata
(Keratitis usw.) zu achten sowie die Wassermannsche Reaktion
anzustellen, ./ede EntzĂŒndung des Sternokla vikulargelenkes isl
LuesverdÀchtig! HÀufig kommen auch Verwechslungen von tuber-
kulöser Spina ventosa und Dactylilis syphilitica vor; auch hier
ist nach sonstigen Symptomen der einen oder andern Erkrankung
zu fahnden. Rheumatische und tuberkulöse Gelenkerkrankungen
zeigen anfangs sehr Àhnlichen Verlauf. Differenlialdiagnostisch
kommen vor allern Flocken im Punktal eines eventuell vorhan-
denen Ergusses (Tbc!) oder der Tierversucn in Betracht.
Schwierig ist auch die Unterscheidung zwischen tuberkulöser und
anderweitiger (Eitererreger) Osteomyelitis. Letztere setzt im
Gegensalz zur Tuberkulose akut ein; das Röntgenbild zeigt hier-
bei keine Atrophie der Corlicalis. SchlieĂlich entscheidet auch
hier der Tierversuch. Vor Verwechselungen von Schafttuber-
kulose mit Ostitis fibrosa schĂŒtzt das Röntgenbild ('Zysten, keine
AbszeĂschatten) sowie das Fehlen anderweitiger tuberkulöser
Affektionen. Zwischen Coxitis und Osteochondritis deformans
iuvenilis besteht der grundlegende Unterschied stets vorhandener
FlexionsfaÀigkeit des Oberschenkels bei letzterer, wÀhrend die
HĂŒftgelenktuberkulose gewöhnlich nach allen Seiten gleichmĂ€Ăige
BewegungsbeschrÀnkung zeigt.
Ueber experimentelle freie Periostverpflanzung. Aus einer
Reihe an jungen und ausgewachsenen Hunden vorgenommener
freier Periosttransplantationen in die Muskulatur geht nach Ansicht
des Verf. die Tatsache hervor, daĂ so verpflanztes Perlost nicht
imstande sei, neue bleibende Knochen zu bilden, da scheinbar eine
Resorption etwa gebildeten neuen Knochengewebes dem haldigen
Abbau durch Riesenzellen verfÀllt.
Ueber entzĂŒndliche MittelfufigeschwĂŒlste. Verf. beschreibt
einige FĂ€lle spontan, ohne vorhergehendes Trauma entstandener
KallusgeschwĂŒlste im Bereiche der MittelfuĂknochen und knĂŒpft
hieran Àtiologische und therapeutische ErwÀgungen. Danach liegt
solchen MittelfuĂgeschwĂŒlsten, bei denen traumatische Entstehung
ausgeschlossen ist, eine bakteriell entzĂŒndliche Ursache zugrunde,
möglicherweise als Folge anderweitiger Infektion (Sepsis, Osteo-
myelitis usw.). Differentialdiagnostisch kommt praktisch vor
allem die Abgrenzung gegen beginnenden PlattfuĂ in Betracht.
Die Therapie der entzĂŒndlichen MittelfuĂgeschwulst besteht haupt-
sÀchlich in der StauungshyperÀmie, die gute Erfolge aufweist.
Ueberlegungen zur operativen Behandlung schwerer Skoliosen.
Der Ausbau der modernen Thoraxchirurgie legte deren Verwen-
dung bei der Behandlung schwerer Skoliosen, die rein ortho-
pĂ€disch nur schwer gĂŒnstig zu beeinflussen sind, nahe. S. er-
lÀutert an einigen FÀllen die heutigen operativen Möglichkeiten
hinsichtlich der Behandlung schwerer, fixierter Skoliosen, die
hauptsĂ€chlich fĂŒr derartige Eingriffe in Betracht kommen, und
gelangt zu dem Resultat, daĂ besonders durch zweckmĂ€Ăige Ein-
griffe an den Rippen (Raffung derselben usw.) Erfolge erreicht
werden können, die der OrthopÀdie versagt sind.
Zur Behandlung Irischer und alter RadiusbrĂŒcke. Das prak-
tisch Wichtigste der lesenswerten Abhandlung lĂ€Ăt sich etwa
folgendermaĂen zusammenfassen. Frische RadiusbrĂŒche, nament-
lich mit Einkeilung, sind möglichst bei narkotisierten Patienten
unter sehr starkem Zuge in der LĂ€ngsrichtung zu reponieren â
Daumen und ĂŒbrige Finger getrennt. â Die seitliche Dislokation
soll allmÀhlich, nicht durch plötzlichen Ruck, auf einem stabilen
Eisengestell beseitigt werden, wobei der Zug in der LĂ€ngsrichtung
fortdauert. KrÀftige Pronationsbewegung der Hand dreht die
Supinationsslellung des unteren Fragmentes zurecht. Als Fixa-
tionsstellung bekĂ€mpft Verf. die hĂ€ufig noch geĂŒbte Volarflexion
und Ulnarabduktion und empfiehlt dafĂŒr die gerade Mittelstellung
im gut anmodellierten Gipsverbande, der Fingerbewegungen voll-
kommen zulĂ€Ăt. Dieser bleibt bis zu 3 Wochen liegen, dann vor-
sichtige Nachbehandlung mit Massage und Bewegungen.
Alte disloziert verheilte BrĂŒche lassen sich durch subkutane
Osteotomie der Bruchstelle mit nachfolgender Fixation, wie oben,
ofl noch gut einstellen.
Mechanik und Behandlung des typischen SchlĂŒsselbeinbruches.
Das Problem zweckmĂ€Ăiger Behandlung der SchlĂŒsselbeinfraktur
ist schon all; trotzdem tauchen immer noch wieder neue thera-
peutische VorschlÀge auf. Verf. kommt auf Grund mechanischer
ErwĂ€gungen, das SchlĂŒsselbein betreffend, zu einer Art des Vor
gehens, dessen wichtigste Punkte etwa folgende sind:
1. Reposition ohne besondere Kraftanwendung durch stÀrkste
Supination der SchulterblĂ€tter (man fĂŒhrt bei gebeugten und
sagittal stehenden Vorderarmen die Oberarme nach hinten).
254
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 11.
2. AufhÀngung der Vorderarme nach vollendeter Reposition in
der so erreichten Stellung in einer besondern Nackenschlinge
und eine zwischen RĂŒcken und gebeugte Ellbogen eingefĂŒgte
Versteifung (gepolsterter Stock, C- oder S-förmige Schiene).
3. Falls Knochennaht erforderlich wird, z. B. bei Interposition
von Fragmenten, vor der Operation Anlegung der S-Schine
zur VerhĂŒtung der nachtrĂ€glichen Dislokation.
Die habituelle Luxation der Kniescheibe. Obwohl in der Lite-
ratur im ganzen nur 296 FĂ€lle habitueller Patellarluxation ange-
geben sind, ist mit einer gröĂeren HĂ€ufigkeit des Leidens doch
y.ĂŒ rechnen. Nach K. kann man 3 Formen des Leidens unter-
scheiden: die kongenitale, traumatische und pathologische Luxa-
liön. Bei der ersten Form, die auch hÀufig vererbt wird, finden
sich meist andere Anomalien sowie auch oft eine schon Ă€uĂerlich
sichtbare KniedeformitÀt. Bei der zweiten Gruppe der Erkran-
kung wird durch grobes Trauma sozusagen der Boden fĂŒr weitere
Luxationen geschaffen, wÀhrend bei der dritten oft ganz gering-
lĂŒgige AnlĂ€sse genĂŒgen, das PhĂ€nomen auszulösen. Jede erhöhte
HĂ€ufigkeit des Auftretens der Verrenkung erfordert unbedingt
unser Eingreifen; wÀhrend von Bandagen nicht viel zu erwarten
ist, lĂ€Ăt sich operativ das Uebel zweckmĂ€Ăig beseitigen. Verf.
empfiehlt die Operation nach Klapp: Fixation der Patella an
einem von der AuĂenseite des Oberschenkels aus der Fascia lata
entnommenen, gestielten Lappen, dessen unteres Ende am Epi-
condylus medialis femoris befestigt wird.
Beitrag zur traumatischen HĂŒftgelenkluxation bei Kindern.
Auf Grund einiger neuer FĂ€lle wird das bei Kindern relativ sel-
tene Leiden einer nÀheren Besprechung unterzogen. Danach tritt
die Erkrankung, im Gegensatz zur kongenitalen HĂŒftluxation, weit
öfter bei Knaben als bei MÀdchen auf; sie kann in Jedem Alter
vorkommen. Am hÀufigsetn ist die Luxation nach hinten. Die
Veranlassung bildet meist ein Sturz von einer gewissen Höhe,
also stets eine immerhin erhebliche Gewalteinwirkung. Die klini-
schen Erscheinungen gleichen im wesentlichen den bei der trauma-
tischen HĂŒftluxation Erwachsener beobachteten. (Fixierung des
Oberschenkels in Adduktion, Flexion und EinwÀrtsrotation, posi-
tiver Trendelenburg, scheinbare VerkĂŒrzung usw.) Die Dia-
gnose bereitet daher keine besondere Schwierigkeit, höchstens in
veralteten FĂ€llen. Die Prognose ist nur bei frĂŒhzeitiger
Einrenkung nicht ungĂŒnstig; spĂ€ter ergeben sich bei der raschen
Veraltung der FĂ€lle oft ernste Schwierigkeiten, denen selbst die
blutige Reposition oder die Resektion nicht immer GenĂŒge schaffen
kann. Hinsichtlich der Reposition hÀlt Verf. auf Grund der Er-
fahrungen Ritters fĂŒr das Beste den einfachen Zug an dem in
der HĂŒfte adduzierten und rechtwinklig flektierten Bein (nach
H e 1 f f e r i c h). Nachbehandlung mit Schienen oder Gipsverband.
Vom Streckverband wird abgeraten. Gelingt die unblutige Re-
position nicht oder tritt Reluxation ein, so ist die blutige Ein-
renkung am Platze. Hierbei hat man auf grĂŒndliche Freilegung
der Gebiete in der Umgebung des Schenkelkopfes und der Pfanne
zu achten. Wird letztere ausgehöhlt, so ist stets ein Fascien-
lappen zu interponieren, um Ankylose zu vermeiden. Die Ver-
sorgung der Wunde richtet sich nach dem Verlauf der Operation
Drainage oder vollkommener VerschluĂ usw.). Die HĂŒftresektion
schlieĂlich ist bei Kindern nicht berechtigt.
Die posttraumatische Wirbelerkrankung. KĂŒmmell legt in
langern AusfĂŒhrungen noch einmal seine Ansicht ĂŒber die nach
ihm benannte postraumatische Wirbelerkrankung nieder, sozu-
sagen als AbschluĂwort nach einer groĂen Zahl von verschieden-
sten AeuĂerungen aller Seiten. Danach ist die in Frage stehende
Erkrankung stets die Folge eines Trauma, das zunÀchst nur eine
allgemeine Schockwirkung und erst spÀter eine lokale VerÀnde-
rung der betroffenen Wirbel mit Gibbusbildung bedingt. Dieses
sekundÀre Auftreten pathologischer lokaler Prozesse bei pri-
mÀrem Fehlen irgendwelcher entsprechenden Erscheinungen
bildet das Charakteristikum des Leidens!
Therapeutisch hat Verf. von der A 1 b e e sehen Operation, die
auch oft bei der Spondylitis tuberculosa ausgefĂŒhrt wird, Gutes
gesehen. âą L. Frosch (Berlin).
Zentralblatt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
11. Februar 1922, 46, Nr. 6.
Ein Fall von primÀrem Tubenkarzinom. A m r e i c h . .J. 209.
*>Zur Behandlung des Wocbenbettfiebers. HieĂ. V. und Hirschen-
hauscr, F. 214.
âąMleransettzung der MortalitĂ€t der Freund-Wertheimschen Karzinomoperation
v. Eubinyi, P. 222.
Trichomonas vaginalis und Glykogengehalt der Seheide in ihren Bezlebuagcr)
zur Kolpitis und zum Fluor. L o o s c r . A 22B
ViruleuzpiĂŒfung der Streptokokken nach Siegwarts Methode. Neuer. B.
229.
Schwere SchÀdigung.- .der Unterleibsorgane intra partum. Behren d. M
234.
Zur Behandlung des Wochenbettfiebers. Es wird ĂŒber die
Resultate berichtet, die mit verschiedenen chemischen Mitteln bei
der Behandlung puerperaler Sepsis erzielt wurden.
1. Kolloidales Silber (Kollargol, Elektrokollargol, Dispargen).
Die Wirkung der Silbersalze beruht nicht auf einer direkten keim
tötenden Wirkung im Blute, sondern ist vor allem dem EiweiĂ-
schutzkolloid zuzuschreiben, also eine Art Proteinkörpertherapie.
Die SilberprÀparate können, in richtiger Dosierung angewandt,
den Körper im Kampfe gegen eingedrungene Keime und deren
Toxine unterstĂŒtzen, das Fieber zum Abklingen bringen und auch
das Allgemeinbefinden gĂŒnstig beeinflussen. Bei schweren FĂ€llen
ist der Erfolg der SilberprÀparate ein sehr fraglicher.
2. Kaseosan (Beginn mit 0,5 cem intravenös, nach 1 â 2 tĂ€gigei
Pause 1 cem, bis zu 3 Injektionen). Die Reaktion des Organismus
nach Kaseosaninjektionen ist weit intensiver als nach Kollargol-
injektionen. LĂ€nger dauernder SchĂŒttelfrost, SchweiĂausbruch.
Kopfschmerz, Abgeschlagenheit, Herpes labialis und SchlÀfrigkeit
wurden hÀufig beobachtet. Bei leichten und mittelschweren FÀl-
len waren die Erfolge mit Kaseosan mindestens ebenso gut wie
mit Kollargol. Bei schweren septischen FĂ€llen dagegen hat das
Kaseosan versagt.
3. P r e g 1 sehe Jodlösuhg (enthÀlt neben freiem Jod noch
Jodverbindungen, aus welchen bei Anwesenheit von schwach
organischen SÀuren, z. B. KohlensÀure im Blut, freies elementares
Jod abgespalten wird). Injektion von je 200 cem in 1â 2tĂ€gigen
Pausen. Nur wenige FĂ€lle wurden so behandelt, gĂŒnstige Er-
folge wurden nicht beobachtet.
4. Kombinierte Behandlung. Bei einigen schweren FĂ€llen
wurde mit mehreren der erwÀhnten Mittel behandelt. Mit Dis-
pargen-Kaseosan, sowie mit Kollargol-Trypaflavin waren gute
Erfolge zu verzeichnen.
Wir verfĂŒgen bis jetzt ĂŒber kein Mittel, das imstande wĂ€re,
die ins Blut eingedrungenen und hier sich vermehrenden Keime
abzutöten. Die Wirkung der uns zur VerfĂŒgung stehenden PrĂ€-
parate ist eine indirekte Anfachung oder KrÀftigung der im Or-
ganismus latent vorhandenen SchutzkrÀfte.
Die Behandlung muĂ so frĂŒh als möglich einsetzen. Wo ein
Mittel versagt, soll ein anderes versucht werden. Auch die pro
phylaklische Anwendung der Mittel in FĂ€llen, wo auf Grund des
Geburtsverlaufs ein fieberhaftes Wochenbett zu gewÀrtigen ist.
wird empfohlen.
Herabsetzung der MortalitÀt der Freund-Wertheim'schen
Karzinomoperation. Die abdominale Radikaloperation in Kom-
bination mit der Strahlentherapie hĂ€lt Verf. auch heute fĂŒr die
beste Methode der Behandlung des Uteruskrebses. Um die immer
noch hohe MortalitĂ€t herabzusetzen, empfiehlt er 1. eine grĂŒnd-
liche Vorbereitung des Krebses vor der Operation wie die Ent-
fernung der zerfetzten Teile mit Schere. Auslöffelung und die Ver
schorfung des Krebskraters mit dem Paquelin, Reinigung
mit Wasserstoffsuperoxyd und Bepinselung mit Jodtinktur
2. Strengste Asepsis. Dabei empfiehlt er da« sogenannte krei
sende Instrumentarium, d. h. ein jedes Instrument wird nur ein
einziges Mal verwendet und kommt dann in den Sterilisator
3. EingieĂen von Wasserstoffsuperoxyd in die Bauchhöhle, wo-
von bei jeder Verunreinigung Gebrauch gemacht werden soll
4. Anwendung der kombinierten vagino-abdominalen oder abdo
mino-vaginalen Operationsmethode, die besonders durch Ver-
kĂŒrzung der Laparotomie wesentliche Vorteile bietet.
Speyer 'Berlin
Virchows Archiv fĂŒr pathologische Anatomie und
Physiologie, Berlin.
13. Oktober 1921, 235.
Biographische Einleitung. L u l> a r s c Ii . O. 1.
R. Virchow vor einem halben Jahrhundert. Orth; .1. 81.
1'0'ber Virchows geplante Berufung nach Giessen. Falk. G. 4:>.
Vivchows Celluhirpathologie einst und jetzt. Ernst. P. 52.
Virchows Lehre von den Degenerationen (passiven VorgÀngen^ und ihra
Weiterentwicklung. A s c h o f f , L. 152.
Virchows EntzĂŒndungslehre und ihre Weiterentwicklung bis zur Gegemv.-rt.
L u barsch. O. 186.
Die Entwicklung der Lehre von der Thrombose und Embolie seit Virchow
Dietrich. A. 212.
Rudolf Virchow und die Entwicklung der Àtiologischen Forschung. Löh.
lein, M. 225.
Die Virehowsche Geschwulstlehre und ihre Weiterentwicklung. 1. n -
â barsch. O. 235.
Entwicklung der Lehre von der Arteriosklerose seit Virohow Joree . L. 2G2."
40. Jahrg. â Nr. 11.
Aus den neuesten Zeitschriften
266
Virohow» imthologisohe-nnatomischo Forschungen ĂŒber dio Erkrankungen des
Knocheusysteins. Schmidt, M. B. 273.
K. Virchow uiul die beutige Klinik. Kraus. Fr. 298.
R. Vircliow und die russische Medizin. S n c Ii n r o f f . (i P 329
Virchow in Italien, l'oa, P. 370.
Virchow« Einfluà Auf die japanische Medizin. Y n m a g i v a . K. 88.V
B. Virchow und die öffentliche Gesundheitspflege. Hesse. E. ABB
R. Vircliow als Anthropologe. L u s c h a n . v. Iis
Der EinfluĂ Virchows auf die medizinische Wissenschaft in Vmcrik.t
. E w i n g J. 444.
Virchow als Politiker. S c Ii I o s s m ;i n n . A.
Nederl. Tijdschrift voor Geneeskundc.
17. Dezember 1921, 2, Nr. 25.
A ende Hingen von Bakterien in ihren erblichen und individuellen Eigen-
schaften. Eoghem, van J. J., Prof. Dr. 2981.
<J»0ie Resultate der heutigen Luesbehandlung. Henne 1. van den <;. C. 298S.
Der EinfluĂ der geschlechtlichen Funktion auf die Entstehung von Carci-
noma uteri und Carcinoma mammae. P e n r i s , P. W. I>. 2995.
âąMst Röntgen-Epllatiou die geignete Behandlung bei TiMehophytia barbae?
Pemb, E. 3002.
Die Resultate der heutigen Luesbehandlung. Die Behandlung
[mit Neosalvarsan und Quecksilber gibt die besten Resultate,
Besser als mit Quecksilber allein. Doch ist auch diese noch un-
genĂŒgend. Die Behandlung soll einige Jahre fortgesetzt werden
mler genauer Kontrollierung des Blutes, und einige Male soll
mch der Liquor cerebrospinalis untersucht werden, obgleich
)athologische Befunde in dem Liquor nicht immer eine para-
luctische Krankheit zur Folge haben. Man kann jetzt noch nicht
behaupten, ob die Zahl der Paralues-Patienten durch die heutige
kombinierte Behandlung zugenommen hat.
Röntgen-Epilation bei Trichophytia barbae. Die Röntgen-
ipilation hat sehr gefÀhrliche Nebenwirkungen und ist also
ibzuraten bei dieser harmlosen Krankheit. Man darf sie nur an-
wenden in den FĂ€llen, die bei einer anderen Behandlung nicht
teilen wollen. Enneking (Amsterdam) .
24. Dezember 1921, 2, Nr. 26.
Athetesis. Valhenburg. van C. S. 3056.
4»Die genaue quantitative Zuckerbestimmung im Harn. Cohen T e r v a e r t .
D. G. 3065.
âąfrAchylia. gastrici». W i 1 1 e in s e , A. 3069.
Kinder von Frauen mit Carcinoma uteri. D e e 1 m a n , H. V. 3073.
Die kolorimetrische quantitative Zuckerbestimmung nach
i e m m e r ergibt ebenso gute Resultate wie die GĂ€rungsprobe.
)ie Methode beruht auf eine Reduktion von DinitrilsalizylsÀure.
wodurch eine rote Farbe entsteht.
Achylia gastrica. Die Krankheit ist am hÀufigsten bei Frauen
twischen 35 und 55 Jahren. Die MuskeltÀtigkeit des Magens ist
leist ganz normal, zuweilen erhöht. Bei der Untersuchung des
lageninhaltes findet man ein völliges Fehlen der SalzsÀure. Die
[ranken klagen ĂŒber Magenschmerzen und haben bisweilen Be-
schwerden von .,SuperaziditÀt". Man findet immer bei ihnen ein
sehr schlechtes GebiĂ. Die Behandlung ist eine spezifische. Wenn
uin eine passende DiÀt vorschreibt von im allgemeinen leicht
verdaulichen Speisen und innerlich SalzsÀure gibt (dreimal tag
ich 25 Tropfen), so sind die Patienten immer in einigen Wochen
pSohwerdefrei ohne Behandlung der ZĂ€hne.
Enneking i Amsterdam).
31. Dezember 1921, 2, Nr. 27.
âą{âŠManuelle Perforation von Tonsillarabszessen. S C h n m m ans Stock
h e v e n . W. 3152.
Bericht der Kommission aus dem NiederlÀndischen Verein von Kuhpocken-
anstalten. J e n g , de I»- A.. Berg. Alexander und K o d e n h u i s . J.
Manuelle Perforation von Tonsillarabszessen. Wenn nach
ler Tonsillitis deutliche AbszeĂbildung vorhanden ist, so ist
tĂŒrlich die Entleerung des Eiters die geeignete Behandlung.
Einschnitt mit dem Messer kann aber gefÀhrlich sein und
le Blutung zur Folge haben. Unschuldig, leichter und besser-
es, stumpf mit dem Finger in die Lakunen der Tonsillen ein-
bringen, bis man die AbszeĂhöhle erreicht hat und so den Ab-
ià des Eiters ermöglicht. Enneking (AmtsterdamV
Hygiea, Stockhohn.
16 Dezember 192L 83. Nr. 23.
Heber unspezifische ImmunitÀt. Much, H. 785.
M'cbcr die Reizleitung im periphere:! Nerven- und im Zentralnervensystem.
Zottermann. Y. 800.
Ueber unspezifische ImmunitÀt. Zuerst entdeckt und daher
nifte in ihrer Bedeutung ĂŒberschĂ€tzt, ist die spezifische ImmunitĂ€t
(des Blutes und der Zellen) nur ein Sonderfall dei wichtigeren
allgemeinen, unspezifischen Mit unspezifischen MaĂnahmen lĂ€Ăl
sich nicht nur unspezifische ImmunitÀt, sondern auch die spe
zifischc steigern, ja auch erst erzeugen, und zwar oft sicherer und
deutlicher als auf spezifischem Wege.
Die gesteigerte allgemeine Widerstandskralt braucht je
doch keineswegs mit einer Zunahme der spezifischen ImmunitÀt
verbunden zu sein, wie denn auch umgekehrt, z. B. Staphylokokken-
Infektionen, zahlreiches Vorhandensein spezifischer ImmunkrÀfte
humeraler und zellulÀrer Art das Auftreten von Bezidiven keines
wegs ausschlieĂt. Auch Typhus-, Streptokokken-, Influenz <
infektionen weiden vorwiegend durch unspezifische Abwehr
krĂ€lte (unter Mithilfe von spezifischen; ĂŒberwunden. Dabei isl
das Auftreten spezifischer Beaktions - Körper vielfach nur
als bloĂe Begleiterscheinung, als Neben- oder Nachwirkung zu be-
werten, die zwar zum Nachweis und nach wiederholten Unter
suchungen, auch als ungefĂ€hrer Gradmesser fĂŒr spezifische und
unspezifische aktive Blut- und ZellimmunitĂ€l dienen kann, fĂŒr sich
selbst aber keine eigentliche AbwehrmaĂnahme darzustellen
braucht. So ist denn auch die Giflmcnge, die ein bakterizides
Serum in vitro abzutöten vermag, auffallend gering gegenĂŒbei
der ungeheuren Anzahl von Bazillen, die der lebende Körper
bei subkutaner oder inlraperilonealer Injektion zu vernichten im
Stande ist.
Im allgemeinen sind gegen chronisch verlaufende In-
fektionen wie Tuberkulose spezifische SchutzkrÀfte wirksam,
gegen akut einsetzende, mit hohem Fieber verlaufende, sowie
gegen Mischinfeklionen zunÀchst im spezifische. Doch soll auch
bei chronischen Krankheiten erst eine nicht- spezifische Behand-
lung der spezifischen vorangehen.
Die meisten spezifisch eingestellten Sera wirken in dieser
u n spezifischen Weise, also nicht unmittelbar auf die Krankheils-
erreger zerstörend, sondern zuvor auf den Körper, seine allge-
meine und damit meist auch seine spezifische Widerstandskraft
hebend. Das Gleiche gilt fĂŒr Blut-Transfusionen, Einspritzung von
Normalserum und Milch, Impfung mit Bakterien-Vakzinen, seien
sie vön pathogenen oder nicht pathogenen Mikroorganismen her-
gestellt. Die gröĂte Wirkung lĂ€Ăt sich hierbei mit Stoffen er-
zielen, in denen die drei Haupt-Antigene (Eiwein-Beaktivkörper-
Gemenge, Lipoide, animalische Fettstoffe) in gĂŒnstiger Mischung
enthalten sind (Innen-Vollvakzine).
Auf die gleiche Steigerung der allgemeinen, unspezifischen
ImmunitĂ€t lĂ€uft â nach Much â letzten Endes auch die gĂŒnstige
Wirkung zahlreicher anderer vermeintlich nicht biologischer Heil
verfahren vielfach hinaus, seien es nun chirurgische MaĂnahmen.
Chemotherapie, DiÀt- und Hungerkuren, Licht- Luft-, BÀder-Be-
handlung, Massage, Elektrisieren, Magnetisieren, Psychotherapie'
(Es gibt also auch keine unmittelbare âSterilisation magna"! 1 Ueber
den Erfolg all dieser verschiedenen Behandlungsarten kann man
sich daher jetzt einheitlich objektiv unterrichten durch (vor Be-
ginn und nach Beendigung der Kur vorzunehmende) M< ssung, be-
sonders der u n spezifischen Zell-ImmunitÀt, was eindeutig nur
durch (intrakutane) Injektion unspezifischer Partial-Anti-
gene geschehen kann. Wollte man nÀmlich V o 1 1 - Erreger als
Antigen benutzen, so wĂŒrde ein positiver Ausfall der Proben
nicht den Anteil der einzelnen Partial-Antikörper an diesem
Ergebnis aufzuklÀren vermögen, ein negativer Ausfall auch
auf Eigenhemmung des verwendeten Gesamt-Antigens beruhen
können.
Ueber die Reizleitung im peripheren Nerven und im Zentral-
nervensystem. Die StÀrke des Beizes muà zwar einen gewissen
Schwellenwert ĂŒberschreiten, damit die von ihm im Nerven her-
vorgerufene örtliche Gleichgewichtsstörung eine bestimmte Höhe
erreicht, wie sie zur Auslösung eines Impulses erforderlich ist.
DarĂŒber hinaus aber ist die Impuls-StĂ€rke unabhĂ€ngig von der
ReizstÀrke, wie die Tragweite eines Gewehres von der auf das
AbdrĂŒcken verwandten Kraft. Die GröĂe des Impulses ist nach
Adrian meĂbar an der LĂ€nge der Strecke, die er in einem
durch Alkohol-DĂ€mpfe geschĂ€digten NervenstĂŒcke noch weiter zu
laufen vermag. WĂ€hrend des Durchganges durch ein solches
,.Dekrement"-StĂŒck immer schwĂ€cher werdend, nimmt der Impuls
im anschlieĂenden u n geschĂ€digt gebliebenen Nerventeil sogleich
wieder die alte StĂ€rke an, sofern er nur ĂŒberhaupt bis dahin
durchdrang. Auch die Einschaltung mehrerer Dekrement-Strecken
in die vom Impulse zu durchlaufende Nervenbahn vermag seine
StÀrke nicht zu verringern.
Bei Reizung eines Nerven an einem bestimmten Querschnitte
folgt dort einer anfÀnglichen kurzen PeriodevölligerReiz
I a u b h e i t eine solche mit stufenweise wiederkehren
der und zuletzt mit gesteigerter Erregbarkeit, welche
bald wieder zur Norm zurĂŒckkehrt. BemiĂt man nun den Zeitraum
zwischen mehreren Beizen so, daĂ die eine Reizung immer in
die von der vorausgegangenen hinterlassene Uebererregbarkeits
I
256
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 11.
Phase hineinfÀllt, so kommt eine Impuls-Steigerung zustande. (Von
dieser Art der âSummation" ist noch eine durch rasche Auf-
einanderfolge mehrerer an sich unterschwelliger Reize bewirkte
âSummation der örtlichen Gleichgewichtsstörung" zu unter-
scheiden, die zu einem normal starken Impuls fĂŒhrt.)
LĂ€Ăt man dagegen Nervenreizungen dichter aufeinander
folgen, so daĂ jeder von ihnen immer in eine Phase herabgesetzter
Erregbarkeit fÀllt, so entstehen schwÀchere Impulse, erkenntlich
daran, daĂ sie ein fĂŒr normale Impulse eben noch wegsames
Dekrement-StĂŒck nicht mehr zu ĂŒberwinden vermögen.
Nachdem nun die GĂŒltigkeit des am peripheren motorischen
Nerven gewonnenen âAlles oder Nichts"-Gesetzes auch fĂŒr die
sensible Nervenfaser wahrscheinlich geworden ist, hat Adrian
es auch auf das z e n t r a 1 e Nervensystem anzuwenden versucht
und zur ErklĂ€rung der auffallenden Talsache herangezogen, daĂ
ein auf nur wenigen Nervenfasern zuströmender Reiz sich ĂŒber
viele weit verzweigte zentrale (und periphere) Nervengebiete an-
scheinend in unverminderter StÀrke auszubreiten vermag. Ferner
hat er unter Hinweis auf das in maneher Hinsicht Dekrement-
artige Verhalten der Synopsen (Neuronen-Verbindungsstellen), die
einzelnen Reizen den Durchgang verwehren können, die Möglich-
keit aufgedeckt, auch im Zentral-Nervensystem Summation und
Hemmung von Impulsen auf einen Wechsel zwischen rascherer
und langsamer Reizfolgc zurĂŒckzufĂŒhren. Schnabel (GieĂend
31. Dezember 1921, 83, Nr. 24.
*J*L:eljer Nieren- und Blasenste.ine bei Kindern. Johansson. S.
âEiniges ĂŒber die Behandlung der akuten HĂ€moptyse bei Lungentuberku-
lose. Ehrenberg, L. 814.
âreber den Weit der Blutkultur beim Typhus. Svartz. X. 852.
Ueber Nieren- und Blasensteine bei Kindern. Im AnschluĂ an
die kasuistische Schilderung einiger FĂ€lle von Nieren-, Harn-
leiter- und Blasensteiuerkrankung bei Kindern wird die Verlan fs-
eigenlĂŒmlichkeit, Verbreitung, Entstehung und Behandlung des
Steinleidens im Kindesalter ausfĂŒhrlicher besprochen.
Die nach He noch beim SÀugling öfter vorkommende
schmerzhafte Ausscheidung sandkörniger HarnsÀure-Konkremente
hat Verf. nicht beobachtet. Bei Nierensteinen scheint Blutharnen
öfter als beim Erwachsenen ohne jeden Schmerz aufzutreten; um-
gekehrt ist bei Blasensteinen Schmerz ohne Blutabgang nicht
selten. Des Weiteren wird bei Kindern plötzliche Unterbrechung
des Harnen durch Verstopfung der inneren Harnröhren-MĂŒndung,
sekundÀr auch prolapsus ani und ein durch eigenhÀndiges Zerren
wÀhrend der SchmerzanfÀlle zustande gekommenes lang ausge-
zogenes PrÀputium hÀufig beobachtet. HarnsÀure- und Uratsteine,
bei ihm lĂ€ngere (? âengere" D. Ref.) Harnröhre den spontanen
Abgang kleinerer Konkremente erschwert.
In LĂ€ndern, die von Steinleiden besonders heimgesucht sind
(Holland, Oberschlesien, England, RuĂland, Griechenland, TĂŒrkei,
besonders Aegypten), sind die Kinder unverhĂ€ltnismĂ€Ăig hĂ€ufig
befallen, was vielleicht z. T. damit zusammenhÀngt, daà diese von
den dortigen die Krankheit befördernden ungĂŒnstigen sozialen
VerhÀltnisse in besonderem Grade betroffen werden. Die auf-
fallende Bevorzugung des mĂ€nnlichen Geschlechtes lĂ€Ăt sich, aller-
dings nur fĂŒr die Blasensteine, u. a. darauf zurĂŒckfĂŒhren, daĂ die
bei ihm lĂ€ngere (? âengere" zu erwarten! D. Ref.) Harnröhre
den spontanen Abgang kleinerer Konkremente erschwert.
DaĂ erbliche Belastung bei der Entstehung des Leidens eine
Rolle mitspielt, dafĂŒr spricht HĂ€ufung von Gicht und Steinleiden in
der Verwandtschaft. Es ist denkbar, daĂ sich bei derart Belasteten
die physiologischen HarnsÀure-Infarkte der Neugeborenen allmÀh-
lich zur Steinkrankheit auswachsen, zumal sich die AnfÀnge des
Leidens bei genauer Anamnese recht weit zurĂŒckverfolgen lassen.
Auch auf etwaigen Zusammenhang mit in frĂŒhester Kindheit ĂŒber-
standener Pyelocystitis sollte mehr gefahndet werden.
Zur Entfernung von Blasensteinen hat fĂŒr alle Lebensalter die
sectio alt vor dem lateralen Perinealschnitt VorzĂŒge. Die Litho-
trypsie kommt bei Kindern nur vom 8. Lebensjahre an in Betracht
und erfordert gerade bei ihnen eine Geschicklichkeit, wie man sie
nur in besonders stark befallenen LĂ€ndern zu erwarten Gelegen-
heit haben wird.
Einiges ĂŒber die Behandlung der akuten Haemoptyse bei Lun-
gentuberkulose. Der Verf. warnt vor der schematischen An-
wendung narkotischer Mittel in gröĂeren Dosen bei Haemoptoe
als einer Scheintherapie, die in Wirklichkeit durch UnterdrĂŒckung
des Hustenreizes das Vollbluten der Lunge begĂŒnstige.
Er empfiehlt zunÀchst Verabreichung von Kochsalz oder 2 >;
Na Br per os; falls daraufhin die Blutung nicht zum Stehen kommt,
hohe Abbindung sÀmtlicher Glieder zur Erzeugung
einer venösen Stauung in ihnen, die nach T a b o r ' s Unter-
suchungen durch Drucksenkuhg im rechten Herzen und wahr-
scheinlich auch im kleinen Kreislaufe eine vorĂŒbergehende Ver-
engerung der LungengefĂ€Ăe hervorrufe. Die mit GummischlĂ€uchen,
StrĂŒmpfen, HandtĂŒchern leicht zu erreichende Stauung soll noch
20â30 Minuten ĂŒber den Stillstand der Blutung hinaus aufrecht er-
halten und danach ganz allmĂ€hlich Glied fĂŒr Glied aufgehoben
werden. Daneben oder danach sind bei stÀrkeren Blutungen noch
7 cem einer 10 Prozent Na Cl-Lösung intravenös zu injizieren.
Ueber den Wert der Blutkultur beim Typhus. Besonders in
der 1., aber auch noch in der 2. Woche des Typhus liefert die Blut-
kultur sicherere Ergebnisse als die Agglutination, vorausgesetzt,
daĂ eine genĂŒgende Menge (10 cem) defibrinierten oder besser vor
der Gerinnung sogleich in Ochsengalle gebrachten Blutes zur
Kultur verwendet und u. a. 2â3 Tage im Brutschranke gehalten
wird.
In einem Falle mit mehrwöchigem Nachfieber wurden noch am
letzten Krankheitslage Ty-Baz. im Blute gezĂŒchtet, in einem
anderen besonders schweren Fall noch in der 7 .Woche, desgl.
bei einem in der 9. Woche aufgetretenen Rezidive.
Beachtenswert ist noch die Mitteilung, daĂ .seil Kriegsende in
Frankreich auffallend wenig TyphusfÀlle in den KrankenhÀusern
zur Beobachtung gekommen sind, unter denen die Frauen ĂŒber-
wogen, was fĂŒr einen langanhaltenden vorbeugenden EinfluĂ der
bei den HeeresĂ€ngehörigen streng durchgefĂŒhrt gewesenen Ty-
Schutzimpfung zu sprechen scheint. Schnabel (GieĂen l
El siglo medico, Madrid.
28. Januar 1922, 69, Nr. 3555.
âąMntoxication des Labyrinths. Calderin. A. M. 85.
Diagnose zweier FĂ€lle von Hernia diaphragniatica. Castelleri. S. ;
C. 89.
Die Niere und die Glukosurien. Caballero y Fe r n a n d c i . T. 93.
Verbesserung des Gesundheitszustandes in Spanien. Antunano, L. M. 95.
Cellular-Therapie1. A r t e a g a , D. A. 97.
Intoxication des Labyrinths. Die FÀlle von plötzlicher Er-
laubung nach Gebrauch von Medikamenten rĂŒhren, nach Ansicht
des Verfassers daher, daĂ diese Stoffe die Lipoide der Zelle
zerstoĂen und so die Zelle lebensunfĂ€hig zu machen. Auf Grund
dieser Theorie grĂŒndet nun Verfasser seine Therapie bei Er-
taubungen nach Einnahme von Medikament: er gibt zuerst
drastische AbfĂŒhrmittel, darauf wiederholte Injektionen von
Lipoiden, schlieĂlich noch Pilocarpin subkutan 2 Tropfen einer
2 prozentigen Lösung. Verfasser berichtet dann ĂŒber zwei FĂ€lle;
bei Fall 1, der nach Gebrauch von Magnesiumeitrat ertaubt war,
war, wie von vornherein anzunehmen, der Erfolg negativ, da die
Ertaubung schon zehn Jahre zurĂŒcklag; bei Fall 2 handelt es
sich um ein zehnjÀhriges MÀdchen, das an Malaria erkrankt war,
und nach Gebrauch von Chinin plötzlich ertaubte; es kam am
dritten Tage zur Behandlung und hier war der Erfolg durchaus
befriedigend: nach fĂŒnfmonatlicher Behandlung hat es sein Ge-
hör vollstÀndig wieder erlangt, und auch die anderen Labyrinth-
Erscheinungen, wie Schwindel usw. waren vollkommen ver-
schwunden. Lurje.
4. Februar 1922, C9, Nr. 3556.
Luxationen im Schultergelenk. Goyanes. S. 113.
â Protozoosis bei Kindern, beobachtet in SĂŒd-Peru. E s c o m e 1 . E. 116.
Behandlung der Lungentuberkulose mit. natĂŒrlichen Mitteln. V i 1 1 c g a s,
R. 120.
Die Xiere und die Glykosurien. Caballero y Fernander. J. 122.
Protozoosis, bei Kindern beobachtet in SĂŒd-Peru. Bei den
Protozoen-Erkrankungen der Kinder, die in Peru sehr hÀufig
sind, aber in Spanien auch nicht allzu selten vorkommen, ist es
von gröĂter Wichtigkeit, möglichst bald den Erreger der Er-
krankung mikroskopisch festzustellen, da sich danach die Thera-
pie richten muĂ. Lurje.
Rivista di Clinica Pediatrica, Florenz.
September 1921, 19, Nr. 9.
âą^Radiotherapie der Thymushypertrophie. S p o 1 v e r i n i . L. M. 513.
Angio-tropho-neurotische Erscheinungen bei Henochscher Pirrpura. F r o n I a 1 I.
G. 525.
Beitrag zur Röntgenbehandlung der Thymushypertrophie. Die
Thymushyperplasie der SÀuglinge ist ziemlich hÀufig (sie betrÀgt
nach amerikanischen Autoren 9 °/0o), sie ist entweder ohne
weiteres erkennbar und bedingt einen bald nach der Geburt auf-
tretenden, monatelang dauernden Stridor oder sie bleibt latent
und tritt erst wenn Infektionskrankheiten eine weitere Schwellung
des Organs bedingen hervor. FĂŒr jede dieser Kategorien bringt
Verf. 2 Beispiele. Bei einem Fall war sogar eine erfolglose In-
KK Jahrg. Nr. 11.
Aus den neuesten Zeitschriften
857
tubation vorgenommen worden; stets lieà sich röntgenologisch
eine VergröĂerung der Thymus erkennen; nach ' 5 Bestrahlungen
in 7 tagigen Pausen (RöhrenhÀrle 8 Waltor-. 1% Holzknechtein-
heiten, Aluminiumfilter von 2 mm), gingen die Erscheinungen und
die Hypertrophie stets zurĂŒck. Intensivere Bestrahlung ist schĂ€d
lieh. Fortsetzung derselben nach erfolgter Heilung ĂŒberflĂŒssig.
T e z n e r (Wien).
Hivista di Clinica Pediatrica, Florenz.
Oktober 1921. 19. Heft 10.
Aortitis dpi donnelt parietalen Aneurysma des A.orrnnhogre'is heim Kind"
PI n o Ii e r I e . M. und T> a I ] n V o Ha. \. :-tt.
ifrSchickisehc Reaktion beim SĂ€uKliiiR-. Fl a in i n i . AI (121.
Die Schicksche Reaktion hei SĂ€uglingen. Verf. hat an .r>.r)0
Kindern von 3 Mon. bis Jahren die Sehicksche Reaktion ange-
bellt und folgende Ergebnisse erhallen: Tm Alter von 3â4 Mon.
17% positive Ergebnisse, von 4â8 Mon. 29%, von 8â12 Mon.
36%, von 1â2 Jahren 46%. von 2â3 Jahren 50%: in den ersten
Lebensmonaten waren auch die positiven Reaktionen schwach:
aucli kĂŒnstlich genĂ€hrte SĂ€uglinge wiesen negative Reaktion
auf. Von 130 stillenden MĂŒttern wiesen 00 positive. 130 negative
Reaktion auf: von den Kindern der ersteren waren nur 4 nositiv,
von denen der letzteren 38. Auch zwischen Ammen und den von
ihnen gestillten Kindern zeigten sich Àhnliche Differenzen; daraus
geht hervor, daĂ das Kind weder vor der Geburt noch nachher
mit der Milch Antikörper zugefĂŒhrt bekommt. Menschen, die
aktive ImmunitÀt besitzen, produzieren auf Injektion von Toxin-
Antitoxingemischen sehr reichlich Antikörper. SÀuglinge tun dies
nicht; sie sind daher wahrscheinlich nicht aktiv immun. Wie die
ImmunitÀt zustande kommt, ist noch unklar Tezmer ("Wien').
November 1921. 19, Nr. 11.
I Sr>:'i,«vnin'omf> einer hypertrophischen kongenitalen Pylorosto'io'jo. M e n si .
E. (Sit,
Chronische Mediastiniiis beim K'iele. Malt ei . V. li.'ifi.
Lyon Medical, Lyon.
2:.. Dezember 1921, 130, Nr. 24.
MaĂŒirner Tumor des Xaso-Pharynx. C o I 1 e t . V. .1. und C a n d a in i n . I!.
1077.
Genitale MiĂbildung (Uterus bilocularis mit unilateraler HĂ€matonietrie.
(' b a in p e 1. 1082.
Archives de Medecine des Enfants. Paris.
Dezember 1921, 24, Nr. 12
â(> FĂŒlle von Pa-rrotscher Krankheit. R a r bi er . II. 7ia.
âŠChronischer Rheumatismus beim Kind: Infektion und Kt'oehendvstroplii'n
X o b e c o u r t . V. und N a d a 1 , L. 781.
<le« i cht einer Mahlzeit. C a in e s e a s s e . J. 747.
I Schwere Diphtherie. Bio e Ii ni a n n . 0. und Stiassnic, .1. Till.
Chronischer Rheumatismus im Kindesalter: Infektion und
Knochendystronhie. Die frĂŒher als hĂ€ufiger angesehene Entwick-
lung eines chronischen Gelenkrheumatismus aus einem akuten
ist, wenn sie ĂŒberhaupt vorkommt, jedenfalls sehr selten.
HĂ€ufiger entwickelt sich die chronische Arthritis nach andern
Infektionen, wie Gonorrhoe, EntzĂŒndungen im Nasenrachenraum,
auf die besonders amerikanische Aerzte groĂes Gewicht legen,
ausnahmsweise nach Scharlach. Umstritten ist. noch die Rolle
der Tuberkulose und der Svphilis fĂŒr die Auslösung einer chroni-
schen Arthritis, und Magendarmerkrankungen hat man wohl
mehr in dem Bestreben nach Auffinden einer ErklÀrung ange-
schuldigt bei FĂ€llen, wo eine andere Ursache nicht zu erkennen
war. Da alle die genannten Infektionskrankheiten immer nur
in einem sehr kleinen Bruchteil der FĂ€lle zu chronischer Ar-
thritis fĂŒhren, gehört zu deren Entwicklung offenbar eine Be-
reitschaft des Kranken. Bei einem nÀher beschriebenen eigenen
Fall von chronischer Arthritis bei einem 14 jÀhrigen MÀdchen
mit Vaginnlgonorrhoe bestand eine Hypoplasie: die KörperlÀnpc
blieb um 5 cm, das Gewicht um 13 kg hinter dem Alterschn-ch
schnitt zurĂŒck, und es fehlte jedes Anzeichen besinnender Ent-
wicklung. Die Behandlung der Gonorrhoe und die Anwendung
von OrganorĂ€naraten (SchilddrĂŒse, Hvnonhyse, Nebennieren
hatten den Erfolg, daĂ die Erkrankung, wenn auch nicht restlos,
ausheilte.
Sechs FÀlle Parrotscher Krankheit. Röntgenbefund. Be-
â andlune der hereditĂ€rsyohilitisehen Atrophie. Von (i FĂ€llen
Parrotscher ScheinlÀhmung waren 3 mal beide Arme. 1 mal ein
Hein und 1 mal beide Heine betroffen. Im Röntgenbild erschienen
die Knochen besonders an den Enden durchscheinend, mit Ab
Lagerungen unter dem Periost. Im einen Fall bestand ein SchrÀg
bruch im unteren Drittel der Diaphvsc des Oberschenkels, in
einem anderen ein Querbrueh oberhalb der Kondylen des Ober
Schenkels mit einem Bruch zwischen den Kondylen Von
10 FĂ€llen kongenitaler Lues winden durch die Behandlung
22 schnell hergestellt, 9 wesentlich gebessert. Es starben 9 FĂ€lle
20,7%). FĂŒr die Behandlung bevorzugt Barbier bei SĂ€ug-
lingen mit ErnÀhrungsstörung das Salvarsan vor dem Queck-
silber. Die Anwendung von Salvarsan nach vorausgegangener
Quecksilberbehandlung kann gutes leisten, wÀhrend er davoi
warnt, die Behandlung mit Salvarsan einzuleiten und eine Be-
handlung mit Quecksilber folgen zu lassen. Er bevorzugt sub-
kutane Injektionen von Sulfarsenol in Gaben von 1 (bis 2â2%)
Zentigramm in 5tÀgigen ZwischenrÀumen; die einzelne Kur be-
steht aus 10 â 12 Einspritzungen und ist nach einer Ruhepause
von einigen Wochen zu wiederholen. Die Rehandlung muĂ sehr
lange forlgesetzt werden. H. Vogt.
rhe British medical Journal, London.
4. Februar 1922, Nr. 3188.
â Abdominali. eschworden bei Kindern. Traser. .1. 17.').
âFette in Beziehung; zur Entstehung des Kropfes. M e. Garrison, R. 178.
Die Diagnose der Aortcninstiffizienz. B r o e k h a n k . E. M. 191.
"Die RulKvBehandlund der akuten KniegelenkentzĂŒndung. O'C o n o r. .1. 182.
Ein Eall von Fistulajejuno-eoliea nach Gastroenterostomie. F r a. n k a. n .
C. 104.
Die Serologie der Hautleishmaniosis. M c. Ki n stry, W. H. 185.
Die Behandlung; der RattonbiĂkrankheit mit Xovarsenobillon. B r i g K s.
X. 185.
Abdominalbesehwerden bei Kindern. Bei Kindern mit akuten
Bauchschmerzen geht die Differentialdiagnose wohl fast immer
zwischen Appendizitis, Pneumokokkenneritonitis. Intussuszeption.
akutem DarmverschluĂ, Volvulus und Hernia incarcerata. Es
ist ein ganz gewöhnlicher Fehler, nicht an Appendizitis zu
denken, weil das Kind zu jung ist. Auch bei SĂ€uglingen ist diese
Krankheit nicht so selten. Verf. glaubt sogar, daĂ, wenn ein
SĂ€ugling wiederholt erbricht, ohne andere Erscheinungen zu
zeigen, die Ursache öfters im Appendix zu suchen sei. Wenn
der Appendix tief im Becken liegt, findet man oft Tenesmen und
DurchfÀlle. Der retrocoekale Sitz des Appendix kann die Dia-
gnose auĂerordentlich erschweren. Man sollte bei Kindern immer
eine Harnuntersuchung machen, um eine Verwechselung mit
Pvelitis auszuschlieĂen. Auch iliocoekale Lvmohadenitis kann
Ă€hnliche Erscheinungen geben; auch sind schon Verwechslungen
mit Pneumonien und Pleuritiden vorgekommen.
Bei Pneumokokkenperitonitis ist die Laparotomie immer an-
gezeigt: oft können Bluttransfusionen die Behandlung aufs beste
unterstĂŒtzen. - â
Die Intussuszeption wird namentlich bei den armen Leuten
am Ende der Woche beobachtet; dann bekommt der Vater sein
Gehalt und die Kinder erhalten ganz ungeeignete Leckerbissen,
die nach Verf. oft die Ursache der Erkrankung sind. Sehr schwer
kann die Differentialdiagnose mit Henochscher Purpura sein.
Fette in Beziehung zur Ursache des Kropfes. Verf. fĂŒtterte
Tauben mit Korn, mit Korn und sehr viel Butter und mit Korn.
Butter und Zwiebeln. Die SchilddrĂŒse der Tauben, die Korn und
Hutler erhalten hatten, war am schwersten; die DrĂŒse der Tiere,
die nur Korn bekamen, am leichtesten. Die Tiere, die Korn mit
Butter bekamen, hatten, wie sich bei der mik roskonischen Unter-
suchung zeigte, eine tvnische BasedowschilddrĂŒse. Zwiebeln
scheinen also die Tiere teilweise gegen den EinfluĂ des Fettes zu
schĂŒtzen. Es stellte sich weiter heraus, daĂ die OelsĂ€nre das
Entstehen des Kronfes befördert, dagegen hat z. B. Lebertran
sar keinen EinfluĂ. Man muĂ dabei bedenken, daĂ Lebertran
Tod enthÀlt. Weiter hat Verf. Versuche mit Froschlarven ange-
stellt. Er sah, daà Fette das Wachstum verzögerten. Kleine
Dosen Jod neutralisierten diesen EinfluĂ bei Butter und bei Oel-
sÀnre aber nicht bei Lebertran, höchstens konnte Verf. einige
Male beobachten, daà die Verzögerung nach Lebertran durch Jod
noch gesteigert wurde. Auch die Entwickelung der SchilddrĂŒse
wurde durch Fette verzögert. Wenn die Tiere ein Mehl-EiweiĂ-
gemisch mit 1 % Jod bekamen, Wirde die Metamornhose be-
schleunigt. Gab man dann noch Butter, so nahm die Beschlwini-
ffuncf noch zu. Nahm man aher Lebertran, so vvnrdc die Wir-
kung des Jods zum gröĂten Teil wieder aufgehoben.
Koopman (Haag").
258
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 1
The British medical Journal, London.
11. Februar 1922. Nr. 3189.
âPer Plexus Choroideus und Psammomen. B 1 a Ad - S u t t o;n . .T. »13.
Die Behandhing lies MagengeschwĂŒrs. Haie Wh i t e . W. 214.
Magensyphilis. Galloway, D. j. 217.
Die Nachbehandlung bei akuten Abdominalerkrankungeu. Mol es w o r tH
W. L. 218.
Ein Fall von primÀrem Lungenkrebs. H a v n e s U. S. und G as k c II ,
J. V. 222.
Erblindung als Folge von Influenza. Den y er. S. E. 223.
LeberabszeĂ durch Amoebcn. Rogers. E. 224.
Der Plexus Choroideus und Psammomen. Wenn man das
histologische Bild des Psammoms mit dem des Plexus vergleicht,
so findet man eine groĂe Uebereinstimmung. Nur findet man bei
ersterem eine Infiltration mit Cholesterine. Verf. glaubt, daĂ das
Psammom aus einer lokalen Hypertrophie des Plexus entsteht,
um welchen die ZerebrospinalflĂŒssigkeit ein plastisches Exsudat
bildet. Koopman fHaag).
The Lancet, London.
4. Februar 1922, 202, Nr. 5136.
Verdorbene. Nahrung und Magen-Darmkrankheiten. Mc. C n r r i * o n . R. 207.
âVersuche ĂŒber GeschwulstimmunitĂ€t. Chambers. H.. Scott. O. M.
und R u s s . S. 207.
âŠVersuche um bei Menschen eine GeschwulstimmunitĂ€t herbeizufĂŒhren, 217.
Röntgendiagnose des MagengeschwĂŒrs. Barclay. A. E. 219.
Serologische Typhusdiagnose. AN' L I s o n . .T. 222.
âDas erste Stadium des senilen Katarakts. S m i t Ii . II. 22.!.
Pest, Cholera und Typhus in der TĂŒrkei. Olemo w , T. G. 224.
Versuche ĂŒber GeschwulstimniunitĂ€t. Verf. zerteilte ein
Rattensarkom in ganz kleine Teilchen, die mit Röntgenstrahlen
bestrahlt wurden. Dann wurden gesunde Ratten mit wechseln-
der Menge der bestrahlten Geschwulst geimpft. Nach einiger
Zeit (1 â 8 Wochen1) entstand eine ImmunitĂ€t gegen Wachstum
von Sarkomen. Die ImmunitÀt tritt nicht auf, wenn die Be-
zahlung zu intensiv gewesen ist. Verff. haben nun Versucht,
die immunisierende Substanz aus dem bestrahlten Gewebe zu
isolieren. Diese Versuche sind leider nicht gelungen.
Versuche um bei Menschen eine GeschwulstimmunitÀt herbei-
zufĂŒhren. Verff. haben bei Krebskranken ein kleines StĂŒck des
Tumors ausgeschnitten und die Zellen bestrahlt und die Kranken
mit dem bestrahlten Material geimpft. Die Krankengeschichten
sind nicht sehr beweisend, da die meisten Patienten zu krank
waren, um noch eine Besserung zu erwarten. In fĂŒnf FĂ€llen von
Brustkrebs, wobei die primÀre Geschwulst entfernt wurde, die
regionĂ€ren DrĂŒsen aber inoperabel waren, trat eine erhebliche
Besserung, vielleicht eine vollstÀndige Heilung ein.
Das erste Stadium des senilen Katarakts. Die erste Erschei-
nung ist ungenĂŒgender Visus in der Ferne. Erst wenn dieser
einen bestimmten Grad erreicht hat, werden TrĂŒbungen in der
Linse beobachtet. Zur Behandlung dieser ersten Stadien emp-
fiehlt Verf. HyperÀmie durch subkonjunktivale Einspritzungen
von Quecksilbercyanid. Koopman (Haag).
The Lancet, London.
11. Februar 1922, 202, Nr. 5137.
Asthma bronchiale. I. a t h a m . A. 261.
Hypnose und Suggestion. Bru w 0 , W. 263.
Behandlung des MagengeschwĂŒrs. M 0 y n i h o w . Ii. 267.
Komnletter Herzblock mit Sektionsprotokoll. W a 1 d o H und Hera-
path. 271.
Ein neuer Weg zur Berechnung der KörperoberflÀche. F e I d m a n . W. M.
und U m a n s k i A. .7. V. 273.
âEine Praezipitationsreaktion fĂŒr Syphilis. W a n g . C. Y. 274.
Perforiertes MagengeschwĂŒr. M i 1 s 0 m . E. G. D. und X 0 r b u r g L R
C. 276.
Pest, Cholera und Typhus in der TĂŒrkei. II. C 1 © m c w , T. G. 291.
Eine PrĂ€zipitationsreaktion fĂŒr Syphilis. Verf. bereitet einen
alkoholischen Menschenherzexlrakt. Zu 10 Gramm des Herzens
werden 30 cm3 96 % Alkohol zugesetzt und einige Male ge-
schĂŒttelt. Nach 3 Tagen wird filtriert und in der KĂ€lte aufbe-
wahrt. Vor dem Gebrauch werden 1 Teil Extrakt mit 9 Teilen
physiologischer Salzlösung gemischt. Die VerdĂŒnnung ist eine
Woche haltbar. Jetzt werden in ein Röhrchen 10 Tropfen Salz-
löung gebracht und in eine zweite 4 Tropfen. Dann kommen in
das erste Röhrchen zwei Tropfen Serum und von diesem Ge-
misch 4 Tropfen in ein zweites Röhrchen. Zu beiden Röhrchen
werden jetzt 8 Tropfen der AntigenverdĂŒnnung zugesetzt und die
Röhrchen werden 16â20 Stunden bei 37 n gelassen. Die Reaktion
ist positiv, wenn ein feiner makroskopisch sichtbarer Nied»
schlag entsteht. Die Resultate stimmen in 96 %' der FĂ€lle r
der WaR ĂŒberein. Koopman (Haag
The Journal of the American Medical Association, Chicag
7. Januar 1922, 78, Nr. 1.
â ErnĂ€hrung und Verdauungskrankheiten. M e C a r r i s o n . R. l.
âRiesenwuchs mit hĂ€morrhagischer Osteomvlitis eines Mittelhandknoche
P a e k a r d , M. und B a r r i e . G. 8.
â Radium zur Behandlung des Oesophaguskrebses. Hanford. C. \\ . 10
Mongolismus bei einem Zwilling. McEean. S. 13.
âTransfus'ons-Reaktionff und Citration d;'s Bluter n der Xadel. 1 1 a r t in a u
F. W.
âUrsprung und Gewinnung des Salzes in Beziehung zur Gesundheit: best
ders zum .Todinnvangel und /.um Kropf. II a y t Ii u r s t . E. It. I-.
Vereinfachung der Woodyatt-Methode z'ir Bestimmung der ErnÀhrung bei >
ahetes. Holmes. W. II. 22.
â Behandlung vor der Operation zur Erleichterung der postoperative'n Ersch
Hungen. Gl a Ă S. J. und Wallace. H. S. 21.
Abdominale MigrÀne. B r a m s . W. A. 26.
Spontangeburt in einem Falle: von dezentralisiertem Uterus. E l ll i n . 1). Q,
âHeliotherapie bei kindlicher Rachitis. H e Ă . A. und G u t m a n ,M. B.
Asynchronismus der Respiration bei liibÀrcr Pneumonie. *C o 1 e m a n. W.
Fehlerhafte ErnÀhrung in Beziehung zu Magen-Darmstöru
gen. Die Magen-Darmstörungen nehmen unter den zivilisiert
Völkern entschieden an HÀufigkeit zu. In England litten '2~>
aller in Kliniken Hilfe suchenden an Magendarmkrankheiten. D
Zunahme des Krebses in GroĂbritannien ist lediglich auf ds
Anwachsen des Magendarmkrebses zurĂŒckzufĂŒhren. Sehr eigâŹ
artig ist es. daĂ unzivilisierte Rassen im wesentlichen v<
Magendarmkrankheilen verschont bleiben. Der Verfasser fĂŒl
diesen Umstand auf die ErnÀhrungsweise der unzivilisiert
Völker zurĂŒck, diese leben meist von Milch. Eiern, FrĂŒchten ui
blĂ€ttreichen Vegetabilien, in welchen die fĂŒr den Körper n<j
wendigen Vitamine vollstÀndig enthalten sind. Diese letzter
werden jedoch durch die Zubereitung der Speisen, wie sie bei d
zivilisierten Völkern ĂŒblich ist, geschĂ€digt oder zerstört, in
hierdurch entstehen im weiteren Verlaufe die mannigfachen E
krankungen des Magen-Darmkanals, wie sie uns die heutij
Klinik vor Augen fĂŒhrt.
Riesenwuchs mit hÀmorrhagischer Osteomvlitis eines Mitte
handknochens. Kasuistische Mitteilung: 16 jÀhriger jungt
Menscb mit Riesenwuchs, Fehlen von Bart- und Achselhöhle!
haaren. Röntgenaufnahme des SchÀdels zeigte keine VerÀnd
rung am TĂŒrkensattel, hingegen konnte röntgenologisch eh
hÀmorrhagische Osteomylitis festgestellt werden. Wennglen
auch ein direkter Beweis fĂŒr eine Erkrankung der Hypophy
nicht zu erbringen war. liegt doch die Wahrscheinlichkeit ein
solchen vor.
Technik der Radiumanwendung bei Behandlung von Speis'
röhrenkrebsen. Die Technik der Radiumanwendung bei Behan
hing von Speiseröhrenkrebsen wird genau erlÀutert. Es wurde
mit dieser Behandlungsmethode recht gute Erfolge erzielt. E'
Teil der Patienten wurde geheilt. Die Dysphagie wurde g
lindert. Bei der Mehrzahl der Kranken wurde das Leben v<
lÀngert. Die Gastrostomie wird vermieden.
Transfusions-Reaktionen und Citration des Blutes in d<
Nadel. Nicht hÀmolytische Transfusions-Reaktionen sind meii
durch GerinnungsvorgÀnge im transfundierten Blute beding
welche ihrerseits auf SchĂ€digungen der BlutplĂ€ttchen zurĂŒck zi
fĂŒhren sind. Um diesen SchĂ€digungen zu begegnen, muĂ mal
jeden Kontakt des Blutes mit fremden Substanzen, jeden Luftzi
tritt und Verlust der KörperwÀrme vermeiden und muà das g<
rinnungshemmende Mittel hinzufĂŒgen, sobald das Blut die Veij
des Spenders verlĂ€Ăt. Verfasser hat einen Apparat konstruier
in welchem die Citration des Blutes in der Transfusionsnadel b<
werkstelligt wird.
Die heutigen Steinsalzquellen in Beziehung zur Gesundhei
Die Vereinigten Staaten beziehen ihr Salz von den Inlandquelle
durch Ausdampfung von Salzwasser, welches meist frei von Jo
ist. Das Hauptvorratsmagazin fĂŒr Jod bildet das Seewasser. Ii
Zusammenhang hiermit muĂ darauf aufmerksam gemacht wet
den, daà Kropf bei Mensch und Tier an der See ungewöhnlic
selten vorkommt.
Voroperative Behandlung zum Zweck der Vermeidung na«
operativer SchĂ€dlichkeiten. Ein groĂer Teil nachoperativer un
glĂŒcklicher ZufĂ€lle ist durch Acidose und traumatischen Schocl
bedingt. Zur Vermeidung dieser SchÀdlichkeiten behandeln di<
Verfasser den Patienten einige Tage vor der Operation mit Dar
m. Jahn
Nr. II.
A ii
n e u
cstiii Zeitschriften
2.V.)
reicbung von Alkalien. Unmittelbar vor dem Eingriff geben sie
eine Losung von Magnesiumsulfal mit Morphium. Als Narkose
mittel wird Aether angewandt. Sic Haben mit dieser Behandlungs-
methode sehr gĂŒnstige Resultate erzielt.
Die Heilung der englischen Krankheit durch Sonnen-
bestrahlung. Durch Sonnenbestrahlung werden nicht nur die
charakteristischen SchÀdigungen bei englischer Krankheit zum
Schwinden gebracht, sondern es wird auch eine Zunahme 'der
anorganischen Phosphate im Blut erzielt. Hiermit ist eine che-
mische Grundlage fĂŒr die Anwendung der Heliotherapie bei eng-
lischer Krankheil geschaffen und der erste Beweis fĂŒr die Beein-
flussung des Stoffwechsels durch die Sonnenbestrahlung ge-
liefert. A. MĂŒnzer.
The Journal of the American Medical Association, Chicago.
14. Januar 1922, 78, Nr. 2.
âFrĂŒdiaguose der Lungertuberkulose. Brown, L, 79.
JtAuftre>ten von DiphyUobothrium Latum. Calvin, J. K. H4.
âŠBehandlung der KinderlĂ€hmung. F e i Ii , H. 0. 85.
âŠNeuritis optica bei Serumkrankheit. Mason, V. R. 88.
g Forensische Anwendung der Ottenbergschen Blutgruppenlehre. B u e h a n a 11,
J. A. 89.
âŠIntravenöse Glukoseinjektioneu bei Schwaugersebafts-ToxĂ€mie. Titus, P.
und U i v e n s . M. H. 92.
âŠAnormaler Geburtsverlauf infolge Zusammeuschnurung eines Schenkels bei
einem in Kopflage geborenen Kinde durch die Cervix. G r e e n h i 1 1 ,
J. P. 98.
âŠKlinische Anwendung des HörverstĂ€rkers. M y r e s , M. J.
Diagnose des Diabetes. John, H. J. 103.
Einige GrundsĂ€tze zur FrĂŒhdiagnose der Lungentuberkulose.
Der Verdacht auf Lungentuberkulose ist immer gerechtfertigt,
«venn Bluthusten, BrustielientzĂŒndung mit ErguĂ, auffĂ€llige Er-
mĂŒdbarkeit, andauernder Husten, Gewichtsverlust und Anaiiistein
vorhanden sind. Die fĂŒnf Kardinalpunkte fĂŒr die Diagnose der
Lungentuberkulose sind: Tuberkelbazillen, mĂ€Ăig grobe Rassel-
gerÀusche und eine röntgenologisch festzustellende VerÀnderung
des Lungengewebes ĂŒber der zweiten Rippe und dem dritten
Brustwiroel, Haemoptoe und Pleuritis mit ErguĂ. Wenigstens
ein oder zwei dieser diagnostischen Merkmale mĂŒssen fĂŒr die
Diagnose der Lungentuberkulose gefordert werden. Fehlen alle
fĂŒnf, so kann das Vorhandensein einer Lungentuberkulose
negiert werden; jedoch wird man sich in ein bis zwei Prozent
d|r FÀlle hierbei irren. Die Röntgendurchleuchtung kann eine
Lungentuberkulose enthĂŒllen, wenn selbst alle anderen Metho-
den versagen. Die Diagnose der klinischen AktivitĂ€t stĂŒtzt sich
in der Hauptsache auf die Symptome und nicht auf die phy-
sikalischen Merkmale.
Die Behandlung der KinderlÀhmung auf der Grundlage phy-
siologischer Indikationen. Wir haben dreierlei Arten motorischer
l'Ă€tigkeit bei den quergestreiften Muskeln zu unterscheiden: 1. die
bewuĂte, durch eigene Anstrengung vermittelte; 2. die unter-
bewuĂte; 3. die reflektorische. Es wird der Vorschlag gemacht,
liese drei Arten der physiologischen MuskellĂ€tigkei* fĂŒr die Be-
landlung der KinderlĂ€hmung heranzuziehen. GröĂere Kinder
nĂŒssen dazu angehalten werden, die gelĂ€hmten GliedmaĂen zu
gebrauchen. Es muà z. B. baldmöglichst der Versuch gemacht
Verden, sie gehen und stehen zu lassen. Bei kleineren Kindern
ind SĂ€uglingen kommen naturgemÀà nur unterbewuĂte und re-
lektorische Bewegungen in Frage. Man erreicht dies dadurch, in-
lem man z. B. die Haut eines gelÀhmten Gliedes mit einer Kamel-
laarbĂŒrste kitzelt oder bestreicht. Man kann auch andere Reize
mwenden. â So wurde z. B. ein Baby, das den linken Arm nicht
'ewegle, an die Mutterbrust gelegt, indem man den rechten Arm
urĂŒckhielt; es lernte darauf bald mit dem linken Arm nach der
Jrust zu greifen. â Verfasser will mit dieser Methode gĂŒnstige
tesultate erzielt haben.
Neuritis optica bei Serumkrankheit. Pneumoniker, mit Anti-
neumokokkenserum behandelt, erkrankt am neunten Tage an
chwerer Serumkrankheil, im Verlauf deren sich eine doppel-
eitige SehnervenentzĂŒndung entwickelt. â Wesentliche Seh-
törungen wurden nicht beobachtet. Die Neuritis heilte nach drei
Ionaten ab.
\ Intravenöse Traubenzuckerinjektionen bei Schwangerschafts-
>xaemie. Mit intravenösen Traubenzuckerinjektionen werden
ei Schwangerschaftstoxaemie, insbesondere bei Eklampsie, gĂŒn-
stige Erfolge erzLlt. Der Nutzen dieser Therapie scheint auf
>em Kohlehydratmangel zu beruhen, den der mĂŒtterliche Organis-
mus in solchen FĂ€llen aufweist. Auch bei Schwangerschafts-
jrbrechen und bei Chorea gravidarum hat diese Behandlungs-
;eise sichtbaren Nutzen gestiftet.
Erschwerte Geburt infolge AbnchnĂŒrung eines Schenkels
durch dir Cervi\ bei einer SchĂ€delluge. .Seltene GeburtsanomaĂe:
Das Kind, bis zum Nabel geboren, konnte nicht weiter entwickelt
werden. Als Ursache der Geburtshemmung ergab sich ein
Krampf der Cervix, wodurch das i echte Bein fest umschnĂŒrt
wurde, lndeĂ nach ganz tiefer Narkose gelang es mit MĂŒhe den
Finger in den Uterus einzufĂŒhren und dann die Geburt zu
vollenden
Die klinische Anwendung des HörverstÀrkers. Die Auf
merksamkeit der medizinischen Wissenschaft wird in der vor-
liegenden Arbeil auf die hervorragende Bedeutung, welche die
Vacuumröhre in der Fernsprechtechnik erlangt hat, hingelenkt.
Sie hat die FĂ€higkeit, die elektrischen Wellen eines Telephon-
bezirks zu verstĂ€rken und wird somit der Beginn eines âMikro-
skops" fĂŒr das Ohr werden. A. M ĂŒ n z e r.
American Journal of Diseases of Children, Chicago.
22, Nr. 6.
âBltituntersuchungeu bei Xeugeboreaen. Morphologie; Chemie; Gerinnuug;
Urobilin und Bilirubin. Lucas. W. P., D e a r i n g , B. F., Ho Oh-
ler, H. R.; Cox, A., Jones, M. R.; Smith, Scott F; 525.
âDie klinische Bedeutung des Kalkgehalts des Serums und die Fehlerquellen
bei seiner Bestimmung. Frame r, B., T i s d a 1 1, F. F. Howlan d,
J. 560.
âŠGeuitaltuberkulose bei Knaben. Delling er Barney, J. 565.
Traumatische Zwerchfelilhernie bei einem achtjÀhrigen Madchen. G o r d o n ,
AI. B. und Golan, D. L. 579.
âŠMsoagglutinine im Blut des Neugeborenen. Jones, B. B. 598.
âąMufektiouswege bei Pyelitis. Helmliolz, H. F. 606.
âUntersuchungen ĂŒber SĂ€uglingsernĂ€hrung. 15. Beziehung des Kalks der Kuh-
milch zur Verdauung und Resorption des Kaseins. Kaseingerinnsel im
Stuhl. B o s w o r t h . A. F. 613.
Blutuntersuchungen an Neugeborenen. Morphologische, chemi-
sche Untersuchungen; Gerinnung, Urobilin und Bilirubin.
Die an mehr als 150 Kindern in den ersten Lebenstagen ausgefĂŒhr-
ten Untersuchungen fĂŒhrten zu folgenden Ergebnissen: Der Haemo-
globingehalt des Blutes sinkt von 117 Prozent am ersten Tage auf
yl Prozent am zwölften Lebenstage; die Zahl der roten Blut-
körperchen von 5 511000 auf 4 533 000. Der von Schiff
bei spÀter Abnabelung beobachtete Anstieg der Blutkörperchen-
zahl am 2.-^1. Lebenstage fiel nicht auf. Am ersten Lebenstag
hatten 52 v. H. der Kinder kernhaltige rote Blutkörperchen (1 Pro-
zent bei DifferentialzÀhlung), am 2. Tag nur 5 v. H. (0,5 Prozent
bei DifferentialzÀhlung). In den ersten Lebenstagen kommen in
den GröĂenverhĂ€ltnissen der roten Zellen stĂ€rkere Schwankungen
vor. Blutschatten und basophile Granulation sind bei Neugeborenen
hĂ€ufiger als sonst. Die Zahl der weiĂen Blutkörperchen
sinkt von 19 200 am 1. Tag auf 13 200 am 12. Tag. Der Anteil der
polymorphkernigen Zellen sinkt von 70 auf 30 v, H. und die Zahl
der kleinen Lymphozyten steigt von 20 auf 48 y, H. Das durch Si-
nuspunktion gewonnene Blut ist etwas reicher an roten Blut-
körperchen, Farbstoff und Leukozyten als das Kapillarblut. Die
Zahl der BlutplÀttchen sinkt von 305 000 am 1. auf 266 000
am 12. Lebenstag.
Der Gehalt an Reststickstoff sinkt von 40,6 mg auf
100 cc Blut beim Neugeborenen bis zum 12. Lebenstag auf 27,6 mg;
der Harnstoffgehalt von 18 auf 13,6 und der HarnsÀure-
stickstoff von 3,27 auf 1,72 mg. Eine geringe Abnahme â von 1,72
auf 1,11 â erfĂ€hrt auch der Gehalt an Kreatinin Stickstoff. Im
Gegensatz dazu steigt der Zucker gehalt von 0,066 auf 0,083 v. H.
und der Gehalt an KohlensÀure von 55,7 auf 58,3 Volumprozent..
Der Kalkgehalt des Gesamtblutes bleibt mit 8,8 mg auf 100 cc
nur .wenig hinter dem Ă€lterer SĂ€uglinge (9,5 mg) zurĂŒck. Der
Kalkge'halt der Blutkörperchen betrug 5, der des Plasmas 12,3 mg.
â Die Bestimmung der Gerinnungszeit lieferte den bemer-
kenswerten Befund, daà eine verlÀngerte Gerinnungszeit eine
regelmĂ€Ăige Begleiterscheinung der ersten vier Lebenstage bildet:
die Gerinnung trat erst nach 15 Minuten^ spĂ€terhin nach 11 â 12 Mi-
nuten ein. Die B 1 u t u n g s z e i t betrug \y2 â 3 Minuten. Die Ver-
lÀngerung der Gerinnungszeit ist weder auf einen Kalkmangel
noch auf einen Mangel an BlutplĂ€ttchen zurĂŒckzufĂŒhren; sie er-
wies sich auch als unabhÀngig vom Bilirubingehalt des Blutes.
Sie findet ihre ErklÀrung in der verminderten Prothrombinmenge.
Die RetraktilitÀt ist regelrecht; eine gesteigerte Fibrinolyse ist
nicht im Spiel. Es gelang nicht, mit einem Verfahren, das bei
Ă€lteren SĂ€uglingen leicht zum Ziele fĂŒhrt, Urobilin im Stuhl von
Kindern der ersten 12 Lebenstage nachzuweisen. Im Oxalatplasma
lieĂ sich auf kolorimetrischem Wege der Gehalt an Gallen-
farbstoff bestimmen. Unter 90 SĂ€uglingen zeigten 72 Gallen-
farbstoff im Blut. Das kolorimetrische Verfahren erwies sich in
den ersten Lebenstagen als empfindlicher im Vergleich zur klini-
schen Feststellung eines Ikterus; etwa vom 3. Lebenstage ab
stimmten aber die Befunde ziemlich gut ĂŒberein. Der Gehalt des
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Xr.
Blutpiasmus an Bilirubin erreicht im Durchschnitt der FĂ€lle am
3. Leuensiag aen iionepuukt mit 21 mg aul lUU cc Plasma unct sinkt
bis zum 14. 'lag aul b mg. halle mit starkem Ikterus erreichen
den nonepunki an biliruningehait erst spater als der ljurchschnitt
und keinen langsamtr zu regelrechten Vverten zurĂŒck. Im iNaĂel-
scunurmut erganeii 2 bestimmungen mit 4,7 mg einen wesentlich
niedrigeren \vert als im diu ues iNeugeĂoreiu-n.
Bedeutung der Kalkkonzentration im Serum und die Fehler-
quellen uer jbesummung. Der Kalkgehalt des Serums erwies sich
hei senr zahireicnen Ăestimmungen als auneroruentiicn gleich-
mÀhig. Dasselbe Verhalten fand sich bei Versuchstieren. So
wurucn ermiiieit Ăeim nunu 11,1; Ăeirn bcnaf iu,Ă; nei uer Hatte
9,5 mg Kalk in 100 cc berum. r>eim gesunden brwachsenen ent-
hĂ€lt uas berum durclischntttiich y â lu,o mg, beim gesunden Kind
etwas mehr, nĂ€mlich 10 â 11 mg. Die einzigen Krankiieiten, bei
denen eine Verminderung des Kalkgehalts im Sei um geiunden
wurde, sind die aktive Tetanie und die Niereninsullizienz, wie sie
bei JNepnritis, aber auch bei schweren akuten FrnÀnrungssiörungen
mit W asserverarmung vorkommt. So wurden bei 31 FĂ€llen von
Tetanie Werte von 3,7 â 7,4 mg, durchschnittlich 5,8 mg ermittelt
und Ăei 12 von 20 FĂ€llen von Nierensuttizienz gleichfalls deutlich
herabgesetzte Werte. Bei 7 FĂ€llen von SkorĂut war der Knlk-
gehait im Gegensatz zu dem beiund von H e Ii und K i 1 Ii a n nicht
vermindert, eDensowenig konnte die von Denis und Tal bot
angegeĂene Herabsetzung bei Pneumonie bestĂ€tigt werden. Die
Blutkörperchen enthalten entgegen anderslautenuen Angaben kein
Kalzium. Durch Kalkgehalt uer zur Veraschung benutzten Sal-
petersaure, ebenso durcn Kalkgehalt des Fillrierpapiers können zu
hohe W erte vorgetÀuscht werden. Andererseits ist zu beachten,
daà oxalsaurer Kalk nicht völlig unlöslich in Wasser ist, und
dali zur AusfĂŒllung des Kalks ais Oxalat eine AziditĂ€t von I M
5,2 â 0,2 die gĂŒnstigste ist, wĂ€hrend bei steigender Alkaleszenz in
zunehmendem Mahe Kalk als Phosphat ausgefÀllt wird. Kalk-
pnospnat aĂer giĂt Ăei Titration mit Kaliumpermanganat zu
niedrige Werte. Da Natriumzitrat die Alkaleszenz erhöht, muà es
vor dem Gebrauch gegen Lakmtts mit ZitronensÀure neutralisiert
werden.
Genitaltuberkulose bei Knaben. Verfasser berichtet ĂŒber
11 FĂ€lle von Genilaltuberkulose bei Knaben, die sich ziemlich
gleichmĂ€Ăig auf das ganze Kindesalter verteilen. Das jĂŒngste
Kind war 9 Monate, das Àlteste 14 Jahre alt. WÀhrend bei Er-
wachsenen die Erkrankung meist (30 â 75 v. H. der FĂ€lle) doppel-
seitig auftritt, waren nur bei 3 Kindern beide Seiten befallen. Der
Hoden wird seltener von der Tuberkulose ergriffen als der Neben-
hoden. Unter G FĂ€llen, bei denen darauf geachtet wurde, waren
Prostata und Samenblasen 5 mal unverÀndert. Nierentuberkulose
bestand nur 1 mal gleichzeitig mit der Tuberkulose des Nehm
hodens. Das Schicksal der Kinder hĂ€ngt ĂŒberwiegend von Art
und Zahl der sonstigen tuberkulösen Herde im Körper ab. In
5 FĂ€llen war die Lunge nachweislich befallen, 2 mal bestand eine
Bauchtuberkulose, 2 mal Knochentuberkulose, 1 mal Tuberkulose
der HalsdrĂŒsen, 2 mal chronische wahrscheinlich tuberkulöse Mit-
telohrentzĂŒndung.
Traumatische Zwerchfellhernie bei einem 8jÀhrigen MÀdchen.
Bei einem MĂ€dchen von 8 Jahren, das ĂŒberfahren worden war, be-
stand eine Zwerchfellhernie der linken Seite, die zunÀchst ver-
kannt wurde: man nahm eine Pseudodextrokardie aus unbekannter
Ursache an. Erst das Röntgenbild klÀrte den Sachverhalt auf. Die
6 Monate nach dem Unfall ausgefĂŒhrte Operation war erfolgreich.
In jedem Fall von anscheinender Dextrokardie sollte die physi-
kalische Untersuchung unter BerĂŒcksichtigung der Möglichkeit
einer Zwerchfellhernie im Liegen und in aufrechter Haltung durch-
gefĂŒhrt werden. Die Röntgenuntersuchung nach Aufnahme einer
Kontraslmahlzeit sichert die Diagnose.
Isoagglutinine im Blut des Neugeborenen. Von 197 Blutproben
von Neugeborenen konnten 79 v. H. in eine der anerkannten vier
Isoagglulinalionsgruppen eingereiht werden. Es hat den Anschein,
daà die Zellen der Neugeborenen vollstÀndig mit Rezeptoren aus-
gerĂŒstet sind. Das Serum von Neugeborenen, deren Zellen in
Gruppe II gehörten, agglutinierte Zellen der Gruppen I und III
in 72,8 v. H. der FĂ€lle. Das Blut mit Zellen aus Gruppe III aggluti-
nierte Zellen aus Gruppe I und II in 81,5 v. H. der FĂ€lle, und
solches aus Gruppe IV die Zellen aus I, II und III in 81,7 v. H.
der FĂ€lle. Eine Untersuchung der Isoagglutinine des Serums von
Gruppe IV ergab, daĂ entweder Isoagglutinin âa" oder âb" oder
beide zugleich vorhanden waren. Isoagglutinine konnten im Blut
eines 7 monatlichen Foetus nachgewiesen werden. Eine schwache
Form von Auto-Agglutination war in 14,2 v. H. der geprĂŒften
Seren von SĂ€uglingen nachweisbar. Etwa 14 v. H. der SĂ€uglings-
sera haemolysierten ausgewaschene Zellen in DeckglasprÀparaten
bei ZimmerwÀrme. Der Nachweis von Isoagglutininen und Iso-
haemolysinen warnt zur Vorsicht bei Transfusionen.
Isohacmolysine in menschlichem Blut mit besonderer BerĂŒ -
sichtigung des Bluts der Meugeborenen. bei Untersuchung \n
121 Blutproben von Neugeborenen und 144 vom Erwachsenen f. -
den sich lsohaemoiysine in 27,3 bezw. 88,5 v. H. der Proben 1 s
Gruppe 11, 111 und TV. Die lsolysine im Serum der Erwachsex n
sind im allgemeinen, aber keineswegs immer, etwas krÀftiger s
die der SĂ€uglinge. Das in den Gruppen 111 und IV vorkommei i
lsohaemolysin âa" ist nach der Geburt viel hĂ€ufiger vertreten s
lsohaemolysin âb ". Beim Erwachsenen ist dies Verhalten weniji
ausgesprochen. Bei Verwendung eines Ueber Schusses von 2 r i
mit physiologischer Kochsalzlosung gewaschenen roten Bl
korperchen zeigt sich eine Hemmung der Haemolyse, die auf 1
Wesenheit eines Antihaemolysins in der Zellaufschwemmung 1
beruhen scheint.
Der Infektionsweg bei Pyelitis. Ganz dieselben klinischen 1
scheinungen begegnen uns bei Rindenabszessen in der Niere,
Infektion des Nierenbeckens, des Ureters und der Blase, einer;,
ob duse einzeln oder zu mehreren ergrilfen sind. Der von L a n t
und S o 1 d i n erhobene Befund des regelmĂ€Ăigen Vorkommens et
Streptococcus lacticus konnte nicht bestÀtigt werden. Bei Unt
suchung von 70 Kindern wurde der Harn in 30 FĂ€llen steril
Funden. Auf flĂŒssigen NĂ€hrböden blieben bei 108 Untersuchung:
die Kulturen 59 mal steril, auf festen NÀhrböden bei 75. Nur 8 n )
uc lang der Nachweis des Streptococcus lacticus. Nur bei 10 v
108 l ntersuchungen fanden sich mehr als 10 Keime im Kub
Zentimeter. Aus den Befunden von Thiemich ist bemerke]
wert, daà trotz schwerer VerÀnderungen in den Nieren, bei der
reichlich Infektionsslolle in das Nierenbecken kommen muĂt
sich in diesem keine VerÀnderungen eingestellt haben. A
( xperimentellen Untersuchungen ĂŒĂer Erzeugung von Pyeli
scheint hervorzugehen, daà bei hÀmalogener Infektion die Rind<
VerĂ€nderungen ĂŒberwiegen und der entzĂŒndliche Vorgang
Nierenbecken sich vorzugsweise an den Papillen abspielt.
Gegensatz dazu zeigt sich bei aufsteigender Infektion die W'ai
Schleimhaut des Nierenbeckens hauptsÀchlich betroffen. I
experimentelle haemalogene Infektion geht nicht selten eint
unter dem Bild einer einfachen entzĂŒndlichen Pyelitis, wenn I
auch meist zu Nierenabszessen fĂŒhrt. An Kaninchen mit unv<
schrien Harnorganen fanden II e 1 m h o 1 z und B eeler. d
die aszendierende Infektion zuweilen ĂŒber die LymphgĂ€nge cj
Urethers und des Nierenbeckens weitergeht, in anderen FĂ€ll
auch sich in der Lichtung des Urethers fortbewegt.
Untersuchungen ĂŒber SĂ€uglingsernĂ€hrung. 15. Beziehung d
Kalkes in der Kuhmilch zur Verdauung und Resorption d
Kaseins, Kaseingerinnsel im Stuhl. Kaseingerinnsel im Stuiil si
nicht der Ausdruck gestörter Verdauung, sondern unzweckmĂ€Ăig
Zusammensetzung der NÀhrung. Die Milch enthÀlt in 100 cc 0,05
saures unlösliches Dikalzjumphosphat und zwar in kolloida:
Form, 0,058 g Kalziumkaseinal. auĂerdem 0,045 lösliche Kalksal
in der Molke. Durch SĂ€uerung der Milch wird ein Teil des unlc
liehen Kalks in lösliche Verbindungen ĂŒbergefĂŒhrt. Dadur
wird die Gerinnselbildung bei der Labung begĂŒnstigt. Umgekel
genĂŒgt der Zusatz von 6,5 cc einer 10 Prozent Sodalösung
100 cc Milch dazu, die Labung erfolglos zu machen. Mit steige
dem Gehalt der Nahrung an Kalk wachst die Ausscheidung s
wohl von Fett wie die von Stickstoff durch den Stuhl. Kasei
gerinnsei enthielten 03 v. II. EiweiĂ, 27 v. H. Fett, 3,8 v. II. Asel
2,2 v. H. Ca O und 1,3 v. H. P_>05. Aus getrockneten, mit Aeth
extrahierten, mit EssigsÀure aus schwacher Sodalösung ump
fĂŒllten Kaseingerinnseln konnte nach dem Verfahren v>
van Slyke und Bosworth reine.-. Parakasein gewonn
werden. H. Vogt.
Berichtigung.
Aul Grund einer RĂŒcksprache mit Herrn Dr. Paul Hirscl
Mamrot h, welcher wÀhrend meiner Assistentenzeit an d
Albu-Hirsch'schen Poliklinik der Sozius und Mitarbeiter des ve
storbenen Herrn Professor Albu war, erklÀre ich hiermit:
Der von mir in Nr. 3 vom 18. Januar 1922 der âFortschrit
der Medizin'" veröffentlichte Aufsatz .,Ueber Behandlung d
Tuberkulose mit KTB-Vakzine" ist ohne Wissen und ohne G
nehmigung des Herrn Dr. Paul Hirsch-Mamroth, der als mein d
maliger Chef fĂŒr die Genehmigung der Veröffentlichung alle
in Betracht kam, erfolgt. Ich bedaure diesen VerstoĂ gegen d:
in solchen Dingen ĂŒbliche Herkommen, umsomehr. als ich in
einen der von mir beschriebenen 59 FĂ€lle dem Material d(
Poliklinik entnommen habe und trotzdem die Arbeit als âAus d«
Poliklinik fĂŒr innere Krankheiten Weiland Prof. Albu. Berlin
stammend bezeichnet habe.
Berlin, den 3. MĂ€rz 1922.
Dr. Zacharial
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des praltĂŒschen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von F. C. W. VOGEL, Leipzig, Dresdner Strafje 3 * Berliner GeschÀftsstelle und alleinige
Inseratenannahme: HANS PUSCH. Berlin SW 40, Wilhelm-Strafje 20 / Fernsprecher: LĂŒtzow 9057
Nr. 12 Berlind den 22. MĂ€rz 1922 40. Jahrgang
Oer Verlag behĂ€lt sieh das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist vor.
Aus der Prof. Vulpiui'schen orthp.-chirurg. Klinik Heidelberg.
Leit. Aerzte: Prof. Vulpius und Dr. Gör res.
Ueber chronische WirbelentzĂŒndungen
und ihre Behandlung.
Von Dr. med. Fritz Hahn, 1. Assistenzarzt der Klinik.
Die WirbelsÀule gehört zu den wenigen Körperteilen,
welche seihst von sonst recht gewissenhaften praktischen
Aerzten bei der Untersuchung hÀufig ganz vernachlÀssigt
werden. DaĂ dadurch manche ernste Erkrankung im Ini-
tialstadium ĂŒbersehen und mancher kaum wieder gut zu
machende Fehler begangen wiM, kann wohl jeder Ortho-
pÀde aus seiner Sprechstunde hinreichend bestÀtigen. Die
Anatomie lehrt uns schon, daĂ wir es hier mit einem kom-
plizierten, in der Tiefe der Muskulatur versteckt lugenden
Knochen-, Knorpel-, Gelenk- und BĂ€ndersystem zu tun
haben, das als StĂŒtz-, Schutz- und Bewegungsapparat eine
gleich hohe Bedeutung hat. Deshalb kann der Symptomen -
Komplex einer die Wirbel [und ihre Gelenke betroffenen
EntzĂŒndung unter UmstĂ€nden recht schwierig und irre-
fĂŒhrend sein. Schanz sagt mit Recht: âMan mache es sich
zur Regel, wo ĂŒber nervöse Beschwerden geklagt wird,
und wo man am Orte der Beschwerden eine ErklÀrung nicht
findet, die WirbelsÀule zu untersuchen." Dadurch wird
mancher Arzt rascher zu einer richtigen Diagnose und
mancher Patient rascher zur Besserung und Heilung kommen.
Neben den skoliotischen Verbingungen der WirbelsÀule
.gehören die chronischen EntzĂŒndungen einzelner Wirbel -
körper und Wirbelgelenke mit zu den hÀufigsten Erkrankun-
gen derselben. Sowohl was die HĂ€ufigkeit als auch den
Ernst der Prognose anlangt, steht an der Spitze dieser Leiden
die Spondylitis tuberculosa, welche besonders in
der Kriegs- und Nachkriegszeit in geradezu erschreckendem
MaĂe zugenommen hat; und zwar verschont sie kein Alter,
wenn es auch anatomisch erklÀrlich und statistisch festge-
stellt ist, daĂ die Kinderjahre von ihr entschieden bevorzugt
werden. Es fiel uns deshalb auf, daĂ in den letzten beiden
Jahren ungleich mehr Erwachsene als Kinder wegen dieser
Erkrankung in der Prof. Vulpius sehen Klinik zur Be-
handlung und Operation kamen.
Wie an anderen Knochen, so befÀllt auch hier die' Tu-
berkulose fast ausschlieĂlich den spongiösen, also den blut-
reicheren Teil, die Wirbel körper, indem die pathogenen
Keime oder infizierten Gewebsbröckel meist auf dem Wege
der Blutbahn dorthin gelangen und die feinsten arteriellen
GefĂ€Ăe der Spongiosa verstopfen, und zwar entweder im vor-
deren oder zentralen oder epiphysÀren Teil der Wirbelkörper.
Gewöhnlich bildet sich dann am Infektionsherd durch den
Reiz des tuberkulösen Virus reiche Vaskularisation und
graues Granulationsgewebe, welches durchsetzt ist von mi-
liaren grauen Knötchen, und die Tendenz hat sich immer
weiter in der Spongiosa vorzuschieben und diese mehr und
mehr zum Zerfall und zum Verschwinden zu bringen. Er-
folgt in diesem Stadium eine RĂŒckbildung durch Resorption
der Tuberkel und Produktion bindegewebiger Massen, welche
spÀter vernarben und verknöchern, dann haben wir es mit
der sogen, trockenen Form zu tun. Nehmen jedoch die
grauen Tuberkelknötchen weichere Konsistenz an und kon-
fluieren schlieĂlich, dann entsteht ein VerkĂ€sungszu-
stand, der nun seinerseits wieder entweder verkalken und
damit zur Ruhe kommen kann, oder aber â und das ist
leider das Gewöhnlichere â fortschreitet, indem auch das
Granulationsgewebe erweicht, so daà allmÀhlich der ganze
Knochen durch tuberkulöse Massen ersetzt wird. Damit
braucht aber der tuberkulöse Prozeà immer noch nicht er-
schöpft zu sein: Er kann auch noch die benachbarten
Zwischenwirbelscheiben erweichen und zum Schwund brin-
gen und so auf die nÀchsten Wirbel in kontinuierlichem
Fortschreiten ĂŒbergreifen. Da nun aber die gesunden Wir-
belbögen und WirbelfortsÀtze die Reduktion des Höhendurch-
messers der vorderen Wirbelpartien nicht mitmachen, ent-
steht die bekannte Keilform, die es dem Arzt oft leicht macht
durch die Prominenz eines oder mehrerer DornfortsÀtze die
Lokalisation der Erkrankung festzustellen.
Wird nun eine gröĂere Zahl von Wirbelkörpern destru-
iert, dann entsteht ein G i b b u s (Pott'scher Buckel), welcher
je nach dem Grade der Einknickung ein stumpf-, recht- oder
spitzwinkliger sein kann. Es ist klar, daĂ hochgradige
GibbositÀten zur Balanzierung eine Verlagerung der Körper-
last nach vorne bedingen. Dadurch mĂŒssen sich der supra-
und' infragibbÀre Abschnitt der W. S. in umgekehrter Aus-
biegung einstellen (supra- und infragibbÀre Lordose). Bei
hochsitzendem Gibbus wird die Stellung des Kopfes, bei tief-
sitzendem diejenige des Beckens und des HĂŒftgelenkes lor-
dotisch beeinfluĂt. Die verĂ€nderte Verlaufsrichtung der
Rippen bedingt ferner charakteristische DeformitÀten des
Thorax, der seinerseits wieder mithilft seinen Inhalt, Lunge,
Herz, Oesophagos, Aorta, in Form und Lage mehr oder we-
niger stark zu verÀndern.
Wie bereits oben erwÀhnt, können auch Gelenke der
WirbelsÀule tuberkulös erkranken, und zwar beobachtet man
dies fast ausschlieĂlich nur an den beiden obersten, dem
Atlanto-Occipital- und Atlanto-Epistrophealgelenk (âMalum
vertebrale suboccipitale"), wobei die Erkrankung meist in
letzterem beginnt und auf das erstere ĂŒbergreift. Es ist klar,
daĂ dabei der Atlas selbst ebenfalls erheblich in Mitleiden-
schaft gezogen wird: er wird mehr oder weniger einge-
schmolzen, allerdings oft nicht gleichmĂ€Ăig in der Horizon-
talen, (wodurch lediglich eine ausgesprochene HalsverkĂŒrzung
resultieren wĂŒrde), sondern an bestimmten Stellen (Zahn des
Epistropheus, vorderer Bogen). Dadurch entsteht eine nach
vorn geneigte schiefe Ebene, welche dem Kopf des Spondyli-
tikus jene Flexionsstellung gibt, die fĂŒr diese Erkrankung oft
so charakteristisch ist.
Gerade diese schweren VerÀnderungen in den oberen
Halswirbeln geben Veranlassung, darauf hinzuweisen, daĂ
durch alle diese Prozesse das im Wirbelkanal geschĂŒtzt lie-
gende RĂŒckenmark stark gefĂ€hrdet werden kann. Denn
eben das Mark der HalswirbelsÀule wird dabei am hÀufig-
sten affiziert; dann folgt der Brustteil und am seltensten sind
LÀsionen der LendenwirbelsÀule. Mechanische Kompression
des R. M. oder hochgradige Verengerung des Wirbelkanals
durch winklige Knickung der WirbelsÀule bedingt, ferner
EntzĂŒndung der HĂ€ute und Exsudatwucherung, Erweichung
des RĂŒckenmarks durch anĂ€mische ZustĂ€nde infolge Raum-
beengung im Kanal, endlich Störungen der regulatorischen
TĂ€tigkeit des LymphgefĂ€Ăsystems im W. K. sind die Haupt-
ursachen fĂŒr die Auslösung von spastischen und spĂ€terhin
2G2
Hahn: WirbelentzĂŒndungen
I
40. Jahrg. â Nr. 12.
schlaffen LĂ€hmungen an diesem ĂŒberaus empfindlichen
Organ.
DaĂ in der weitaus ĂŒberwiegenden Mehrzahl der
FÀlle von tuberkulöser Spondylitis und Spondylarthritis
Abszesse beobachtet werden, ist eine bekannte Tatsache.
Bereits oben wurde angedeutet, daĂ die eitrige Einschmelzung
fast die Regel ist. Die intravertebrale Eiterung wird nÀmlich
hĂ€ufig zum paravertebralen AbszeĂ, der dann nicht selten
seinen primÀren Ort als sogen. Senkungsabszeà ver-
lĂ€Ăt, indem er das Lig. longitudinale ant. perforiert oder sich
seitlich unter demselben hervorpreĂt, um in die nĂ€chste Mus-
kel- oder GefĂ€Ăscheide einzubrechen und dieser zu folgen,
bis er an irgendeiner (natĂŒrlich tiefer als der paravertebrale
Abszeà liegenden) Stelle an die KörperoberflÀche tritt, wobei
man zuweilen ĂŒber die Mannigfaltigkeit der Ausdehnung und
des Weges geradezu erstaunt sein muĂ. So haben wir voriges
Jahr bei einem 18 jĂ€hrigen MĂ€dchen einen solchen AbszeĂ
in der rechten Wade gefunden. Offenbar war hier der
AbszeĂ mit den GlutĂ€algefĂ€Ăen durch das For. ichiad. majus
lÀngs des N. ischiadic. durch die Fossa poplitea zur Bahn des
N. tibial. gewandert, um schlieĂlich den Umfang der rechten
Wade um das Doppelte zu vergröĂern! Am hĂ€ufigsten beob-
achtet man bekanntlich den PsoasabszeĂ (nicht selten dop-
pelseitig) in der Leistenbeuge und im Nacken den retro-
pharyngealen AbszeĂ.
Die Konsistenz und das Aussehen des Eiters eines
solchen Abszesses kann recht verschieden sein: bald rahmig,
schmierig-breiig; bald flĂŒssig, halb serös mit KĂ€sebröckel
und Knochengries. Die Farbe ist manchmal fast weiĂ und
gelblich-weiĂ, zuweilen rötlich bis brĂ€unlich (infolge kleiner
Blutungen in der AbszeĂhöhle).
Nach dieser pathologisch-anatomischen Uebersicht sei es
gestattet, ĂŒber die subjektiven Symptome und die ersten kli-
nischen Erscheinungen dieser ernsten Erkrankung hinzu-
weisen, dehn fĂŒr den praktischen Arzt dĂŒrfte es von beson-
derer Wichtigkeit sein, gerade ĂŒber den Beginn dieses
Leidens genauer orientiert zu sein, da er dadurch unter
UmstĂ€nden Unheil verhĂŒten und verhĂ€ltnismĂ€Ăig gĂŒnstige
Heilerfolge voraussagen kann.
Auffallend, aber oft auch verhÀngnisvoll ist die Tat-
sache, daà sich zuweilen bereits schwere VerÀnderungen in
den Wirbeln abspielen können, ohne daà objektive und
hÀufig auch subjektive Symptome darauf hinweisen. Oft er-
staunt man geradezu ĂŒber das frische Aussehen bei solch
schwer Leidenden. Bei Kindern wird hÀufig anfÀnglich nur
durch schlechten Appetit, unruhigen Schlaf und Unlust zum
Spielen die Aufmerksamkeit auf eine eventl. Erkrankung ge-
lenkt. Zuweilen klagen sie dann auch ĂŒber Leib- oder Brust-
schmerzen (N. intercost.!), ohne aber Symptome einer inneren
Erkrankung zu zeigen. Ich entsinne mich an eine 6 jÀhrige,
kleine Patienten unserer Klinik, welche anderwÀrts ein volles
Jahr auf Magen- und Darmerkrankung behandelt wurde, bis
schlieĂlich nach vergeblichem BemĂŒhen eine Röntgenauf-
nahme den Krankheitsherd an der unteren BrustwirbelsÀule
offenbarte. In der Tat dauert es hÀufig ziemlich lange, bis
das Kind selbst den Schmerz genau lokalisieren kann. In
solchen FĂ€llen dĂŒrfte die von Schwank angegebene Me-
thode der Perkussion der W. S. zuweilen wertvolle Dienste
tun. Es wird dabei ĂŒber den erkrankten Wirbeln eine deut-
liche SchallverkĂŒrzung beobachtet, welche Schwank da-
durch zu erklÀren sucht, daà die infiltrierten Wirbel bei der
Perkussion in solche schwache Schwingungen versetzt
werden, daĂ die darunterliegende Lungen- oder Darm-
luft kaum noch in Mitschwingung gebracht werden kann.
Bayer rÀt zur schonenden Steigerung unbestimmter
W. S.-Schmerzen, die Arme des Patienten langsam bis zur
Horizontalen vorwÀrts und den Kopf dabei leicht nach vorn
neigen zu lassen. Dadurch wird der Schwerpunkt des Kör-
pers nach vorn verlegt und so eine stÀrkere Belastung der
vorderen (am hÀufigsten erkrankten) Partien der W. S.
erzielt.
Die myogen bedingte Steifigkeit der W. S. bei der PrĂŒ-
fung auf ihre Beweglichkeit, die Schmerzhaftigkeit der ent-
sprechenden DornfortsÀtze bei Beklopfen, sowie der Schmerz
durch Stauchung der W. S. durch Druck mit beiden HĂ€nden
auf die Schultern oder auf den Kopf sind bekannte Symp-
tome der bereits vorgeschritteneren Erkrankung.
Charakteristisch fĂŒr den Spondylitiker ist bekanntlich
das steife, aufrechte Sitzen, das StĂŒtzen beim Aufstehen, wo-
bei die Schultern fast immer sehr hoch gezogen werden,
ferner die Art und Weise, wie er sich beim Aufheben von
GegenstÀnden benimmt: mit senkrecht steif gehaltenem
RĂŒcken hockt er sich unter starker Beugung der HĂŒft- und
Kniegelenke hin.
Ist es bereits zu ausgesprochenen objektiven VerÀnderun-
gen gekommen â Gibbus, SenkungsabszeĂ (immer darnach
fahnden!) und Paresen â dann dĂŒrfte die Diagnosenstellung
kaum mehr Schwierigkeiten bereiten; besonders wenn auch
noch ein Röntgenbild angefertigt wurde, was stets zu emp-
fehlen ist. Das Röntgenverfahren hat nĂ€mlich fĂŒr
die Diagnose der Spondylitis eine besondere Bedeutung er-
langt. Eine Atrophie des Knochengewebes, unebene Be-
grenzungsflÀchen der Wirbelkörper, zu schmale Spalten
zwischen den erkrankten Wirbeln, die zusammengedrĂŒckt er-
scheinen, weisen zuweilen schon auf eine tuberkulöse Er-
krankung hin, wenn objektiv sonst noch recht wenig und
Unsicheres festzustellen ist.
Wie bereits oben betont wurde, muĂ es vom Praktiker
unbedingt angestrebt werden,« daĂ er möglichst frĂŒhzeitig die
Diagnose sichert. Deshalb darf ich vielleicht in KĂŒrze auf
eventl. differential-diagnostisch in Betracht
kommende Krankheiten zu sprechen kommen.
Vor allem mĂŒssen wir es uns zum Prinzip machen, bei
Verdacht auf Spondylitis auch die Organe der Brust-
und Bauchhöhle gewissenhaft zu untersuchen, denn
auch von diesen können unter UmstÀnden recht Àhnliche Be-
schwerden ausgelöst werden. Im Kindesalter können Ver-
wechslungen mit der rachitischen Kyphose vorkom-
men, die sich meist durch ihre arkuÀre Form, ihre Schmerz-
losigkeit und freien Beweglichkeit der WirbelsÀule von der
Spondylitis unterscheidet; wenn auch zugegeben werden muĂ,
daĂ zuweilen (besonders wenn Leibschmerzen, Temperatur-
erhöhung und mĂ€Ăige Fixation eines WirbelsĂ€ulenabschnittes
bei florider Rachitis vorhanden sind) die Unterscheidung recht
schwer sein kann. Wenn bei Spina bifida occulta im.
Lendenteil ein, Dornfortsatz prominent ist, so wird das Rönt-
genbild die Verwechslung mit Spondylitis ausschlieĂen.
Lumbagoschmerzen können den Beschwerden einer
beginnenden Spondylitis unter UmstÀnden recht Àhnlich
sein, meist jedoch sind sie entschieden diffuser; ob ihre Ur-
sache Muskelrheumatismus oder deformierende Prozesse an
den Wirbeln sind, dĂŒrfte ebenfalls die Röntgenaufnahme mit-
entscheiden. Die Insufficientia vertebrae-
Schanz will ich hier nur erwÀhnen, da sie weiter unten
ausfĂŒhrlicher behandelt wird. Bei Psoaskontraktur mĂŒssen
wir ferner an die tuberkulöse Goxitis denken, bei der
ebenfalls das Bein in Beugestellung stehen kann. Aber der
Reiz des Psoas bedingt nur reine Flexion, so daĂ das Bein
nur bei Korrektion dieser einen Bewegung schmerzt, also
alle ĂŒbrigen HĂŒftbewegungen dabei fast völlig schmerz-
frei sind. DaĂ bei Erwachsenen auch Tumoren und
Lues in Frage kommen, möge nur kurz erwÀhnt sein. Da-
gegen wollen wir uns .noch etwas eingehender ĂŒber jene
Krankheit Ă€uĂern, welche manchmal differentialdiagnostisch
groĂe Schwierigkeiten bereitet, die KĂŒmmel Ische Krank-
heit oder traumatische Spondylitis, wie sie auch
hÀufig benannt wird. Und zwar liegt die Schwierigkeit der
Unterscheidung im Wesen dieser Erkrankung. Es handelt
sich hier um eine geringere oder schwerere SchÀdigung eines
Wirbelkörpers infolge eines Traumas (Kompressionsfraktur).
WĂ€hrend K ĂŒ m m e 1 1 selbst annimmt, daĂ es dabei nur zu
einem entzĂŒndlich rarefizierenden ProzeĂ kommen soll, sind
nach neueren Anschauungen auch noch reparatorische Vor-
gÀnge dabei im Spiele, unter UmstÀnden auch eine Infektion
(Gocht). Anamnestisch ist oft zu erheben, daĂ die Ver
letzung geringfĂŒgig war, daĂ die Beschwerden eine Zeitlang
40. Jahrg. â Nr. 12.
Ilah n: WirbelentzĂŒndnrtgen
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nachlieĂen oder sogar ganz verschwanden, so daĂ der Be-
treffende wieder arbeiten konnte, bis sich schlieĂlich nach
lÀngerer Zeit. ein mehr rundlicher Gibbus entwickelt und
neuerdings RĂŒckenschmerzen auftreten. GroĂe Schmerz-
haft igkeit auf Stauchung und Druck, myogene Fixation der
W. S., Neuralgien und mehr oder weniger schwere Mark-
erscheinungen haben tuberkulöse und traumatische Spondy-
litis völlig gemeinsam. Nur der Abszeà und die eventl. nach-
weisbare Tuberkulose anderer Organe können unter Um-
Ă€nden im Verein mit dem Röntgenbild genĂŒgende Auf-
lÀrung geben.
Was nun die Behandlung der tuberkulösen Spondy-
itis anlangt, so darf ich vielleicht auf die ausgezeichneten
usfĂŒhrungen Debrunners in Nr. 4 dieser Wochenschrift
erweisen. Wohl aber sei es mir gestattet, ĂŒber den Wert
nd die Erfolge der A 1 b e e sehen Operation bei dieser Er-
rankung noch etwas eingehender zu sprechen, da in dieser
Hinsicht in der V u 1 p i u s sehen Klinik besondere Erfahrun-
en an ĂŒberaus reichem Material gesammelt werden könn-
en, ĂŒber welche V u 1 p i u s und Görr es bereits an anderer
teile berichteten. Bekanntlich handelt es sich bei diesem
perationsverfahren um die autoplastische Verpflanzung
ines krÀftigen Periostknochenspanes der Tibia in die ge-
spaltenen DornfortsÀtze des erkrankten WirbelsÀulenab-
chnittes, wobei mindestens 1 â 2 DornfortsĂ€tze gesunder
irbel an jedem Pole mitĂŒberbrĂŒckt werden mĂŒssen.
Nach den Erfahrungen der V u 1 p i u s sehen Klinik ist
es nicht gleichgĂŒltig, ob zur UeberbrĂŒckung ein Fremdkörper
(z. B. Zelluloidstab) oder ein autoplastischer Knochenspan
(am besten aus der Tibia) genommen wird. Vielmehr weisen
uns unsere Erfolge unbedingt den letzteren Weg, und zwar
verwenden wir eine möglichst krÀftige Knochenspange, die
weder leicht brechen noch rasch resorbiert werden kann. Da-
bei muĂ noch betont werden, daĂ auch die Art der Technik,
die exakte Fixation des Spanes im wohlgeformten Kanal
innerhalb der gespaltenen DornfortsÀtze ebenfalls von wesent-
licher Bedeutung fĂŒr den Erfolg sein dĂŒrfte.
Ist nun der eingeheilte Span wirklich imstande, eine
dauernde, feste StĂŒtze zu bilden und wie lange behĂ€lt die
BrĂŒcke ihre Festigkeit? DarĂŒber liegen verschiedene Ver-
suche und Mitteilungen vor, die sich allerdings z. T. wider-
sprechen. Die StĂŒtzfĂ€higkeit einer Knochenspange, die na-
tĂŒrlich wesentlich von ihrer Dicke abhĂ€ngig ist, setzt H ö Ă 1 y
schon bei Tieren auf ĂŒber 40 kg an und schĂ€tzt sie fĂŒr die
krÀftigeren menschlichen Knochen noch höher. Die Festig-
keit der BrĂŒcke wurde ebenfalls schon des Oefteren nachge-
prĂŒft. WĂ€hrend A 1 b e e selbst im Span keinerlei Zeichen
von Absorption oder Nekrosen gefunden haben will, weist
H ö à 1 y und nach ihm Mayer StrukturverÀnderungen des
Spanes nach, welche schlieĂlich zur Umwandlung in ein
röhrenförmiges Knochengebilde mit Markraum und Spon-
giosa fĂŒhrten. Vulpius und Görres berichteten ĂŒber
einen Span, der IV* Jahre bei einem 5 jÀhrigen MÀdchen so
fest gelegen halte, daĂ weder bei Stauchung, noch bei Be-
wegungsversuchen in irgendeiner Richtung auch nur die ge-
ingste StellungsverÀnderung am PrÀparat zu konstatieren
war. Neuerdings hat allerdings MĂŒller durch interessante
experimentelle Versuche dargetan, daĂ eine kontinuierliche
Verbindung ĂŒber Gelenke hinweg auf die Dauer sehr schwie-
rig zu erreichen sei, da an irgendeiner Stelle die knöcherne
Verbindung allmÀhlich unterbrochen werde. Wer aber ein-
mal in praxi, besonders bei Kindern, beobachtet hat, wie
verblĂŒffend rasch die Schmerzen bald nach der Operation
nachlieĂen und völlig verschwanden, wer gesehen hat, wie
sich blasse und elende Patienten zusehends erholten, Appetit
bekamen und an Gewicht betrÀchtlich zunahmen, der wird
sich von der Brauchbarkeit dieses Operationsverfahrens noch
um so leichter ĂŒberzeugen lassen, als auch die Dauer-
resultate bei sorgfÀltiger Nachbehandlung (wir verlegen
zu diesem Zwecke unsere Patienten in das Sol- und Sonnen-
bad Sanatorium Rappenau bei Heidelberg, das ebenfalls
unter der Àrztlichen Leitung des Herrn Prof. Vulpius
steht) recht gĂŒnstige und erfreuliche sind. Görres hat
voriges Jahr ĂŒber seine ersten 00 FĂ€lle aus der Prof. Vul-
pius sehen Klinik berichtet, von denen ein groĂe]
Teil bereits 5 â 7 Jahre vorher operiert waren, und
kam nach gewissenhafter AbwÀgung zu dem unbe-
dingten Ergebnis, daĂ dieses Operationsverfahren den
frĂŒheren bei weitem ĂŒberlegen ist. Zwar wurde in
letzter Zeit selbst von namhaften Chirurgen dagegen ein
gewendet, daĂ diese Operation fĂŒr den erkrankten Organismus
ein zu groĂer Eingriff sei und daĂ die Ausheilung auf kon-
servativem Wege ebenso rasch erzielt werden könne. Aber
die Vulpiusschen Erfolge an nunmehr fast 150 FĂ€llen,
einer Zahl, die kaum von einer anderen Klinik erreicht sein
dĂŒrfte, widersprechen dem durchaus, und zahlreiche Mittei-
lungen in der neuen Literatur bestÀtigen mit uns, daà die
Albere sehe Operation bei der Behandlung der Spondclitis
âbeinahe als die Methode der Wahl" (MĂŒller) gilt. Das
Eine steht wohl fest: Die natĂŒrliche Schienung des erkrank
ten WirbelsÀulenabschnittes bringt den Prozeà am besten
und sichersten zur Ruhe, entlastet gut und ebnet damit am
ehesten den Weg zur Heilung.
Es ist verstÀndlich, daà eine in ihren Symptomen der
tuberkulösen Spondylitis so Àhnliche Erkrankung wie die
K ĂŒ m m e 1 1 sehe Krankheit, die ja auch mit einer
SchwĂ€chung der StĂŒtzfĂ€higkeit des erkrankten Wirbels ein-
hergeht, ebenfalls das Albee,sche Verfahren rechtfertigt.
Görres berichtete ĂŒber einen von ihm auf diese Weise in
der Vulpius sehen Klinik behandelten Fall mit einem
geradezu glÀnzenden Ergebnis, so daà in unserer Klinik auch
weiterhin diese Operation bei traumatischer Spondylitis zur
Anwendung gelangen wird.
Leider sind solche erfreuliche therapeutische Erfolge
nicht zu verzeichnen bei jenen Wirbelerkrankungen, die zu
chronischer Versteifung der WirbelsÀule und zu deformie-
renden Prozessen in den Wirbelkörpern fĂŒhren: der chro-
nischen ankylosierenden EntzĂŒndung der
WirbelsÀule, welche von Bechterew als eine von oben
nach unten fortschreitende Versteifung, von Pierre-
Marie-StrĂŒmpell als eine solche beschrieben wurde,
welche unten beginnt und nach oben zieht, wobei in diesem
Falle auch HĂŒft- und Schultergelenke mitversteifen können.
Dieses Leiden imponiert vor allem durch seine bogenförmige
KrĂŒmmung der WirbelsĂ€ule nach hinten, besonders im
Brustteil, wodurch der Kopf nach vorne rĂŒckt. Die kypho-
tische WirbelsÀule ist ganz oder teilweise unbeweglich und
unempfindlich. Dagegen finden sich lokale Reizerscheinun-
gen durch Hautzweige von RĂŒcken- und Halsnerven in Form
von ParĂ€sthesien und lokalen HyperĂ€sthesien im RĂŒcken,
besonders nach lÀngerem Sitzen. Der hÀufig beobachtete
respiratorische Stillstand des Thorax wird besonders bei
Ă€lteren Leuten als eine ernste Komplikation empfunden.
Es handelt sich hier um eine chronische Erkrankung
aller Gelenke der W. S., auch der Rippenwirbelgelenke,
wÀhrend der Bandapparat unbeteiligt bleibt. Im Gegensatz
zur Spondylitis deformans soll die Deformierung der Wirbel
bei dieser Erkrankung nicht durch Exostosenbildung, son-
dern durch inneren Umbau erfolgen, wenngleich sich auch
hier Knochenspangen als seitliche UeberbrĂŒckungen nach-
weisen lassen.
Das Leiden beginnt meist in den 20 er Jahren, vorzĂŒg-
lich bei MĂ€nnern, und schreitet langsam, aber dafĂŒr um so
sicherer vorwÀrts. Es kann zu einem besonders traurigen
Zustand fĂŒhren, wenn schlieĂlich auch die HĂŒft- oder sogar
die Kniegelenke mitversteifen.
Ueber die A e t i o 1 o g i e dieser Erkrankung herrscht
noch wenig Klarheit. HereditÀt, chronischer Rheumatismus,
Gicht, Lues, Tabes mögen wohl als Hauptursachen beschul-
digt werden. Andere Ansichten gehen dahin, daĂ jede In-
fektionskrankheit unter UmstÀnden diesen Symptomenkom-
plex auslösen kann. Bei Soldaten kommen neuestens auch
VerschĂŒttungen und lang dauernder Frontdienst in feuchten
SchĂŒtzengrĂ€ben als Ursache in Frage.
Die verschiedenartige Aetiologie hat auch die Thera-
p i e beeinfluĂt, indem neben Allgemeinprozeduren (Moor-,
Karger: Nachahmungskrankheiten
Sol- und SchwefelbÀder, ElektrizitÀt, Massage und Gym
nastik) alle möglichen inneren Mittel empfohlen werden
Natr. salicyl., Phenacetin, Antipyrin, Chinin, Jodkali usw., je-
doch ohne wesentlichen Erfolg. Auch das forzierte Redresse-
ment ist wegen LÀhmungsgefahr der unteren ExtremitÀten und
der Blase nicht zu empfehlen und auch im Erfolge fraglich
Leider lĂ€Ăt sich eben diese Erkrankung bis heute so gut wie
gar nicht beeinflussen, so daĂ wir uns mehr oder weniger
nur darauf beschrĂ€nken mĂŒssen, die subjektiven Symptome
zu beseitigen und das kyphotische Zusammensinken der
w. durch ein orthopĂ€disches StĂŒtzkorsett zu verhindern.
Vielleicht darf ich zum SchlĂŒsse noch auf ein Krank-
heitsbild verweisen, das als solches heute noch lebhaft um-
stritten wird: die In suf f i c ient ia vertebrae-
J cn anz Wie an der unteren ExtremitÀt nicht selten durch
Morung des Belastungsgleichgewichtes ErmĂŒdungsgefĂŒhle,
bchmerzen und schlieĂlich auch ausgesprochene EntzĂŒn-
dungserscheinungen in den Gelenken auftreten können
(Arthritis deformans), so hat S c h a n z auch an der W S
im Falle des Eintrittes eines BelastungsmiĂverhĂ€ltnisses
einen krankhaften Zustand beschrieben, den er statische In-
suffizienz nennt. Der Widerspruch, dem Schanz dabei
naufig begegnet, wird vor allem dadurch hervorgerufen daĂ
er den Begriff âInsuffizienz", die schlieĂlich nur ein Symp-
tom ist, als klinische Diagnose in den Vordergrund stellt,
a Su S- aiS emâŹn Teil eines Symptomenkomplexes (z. B. bei
Armritis deformans, Pes planus) zu betrachten.
Neben der lokalen Druckschmerzhaftigkeit der Dornfort-
satz mie und der spastischen Muskelspannung in der
Ruckenmuskulatur, besonders im Lendenteile, fĂŒhrt Schanz
nervöse Beschwerden in den fernliegendsten Körperbezirken
(von der Ischias bis zur nervösen Dyspepsie) auf diese sta-
tische Insuffizienz zurĂŒck, was er durch die enge Verbin-
dung des RĂŒckgrates mit dem Nervensystem zu erklĂ€ren
sucht. Em anatomischer Befund ist dabei meist nicht zu
erheben. Wohl aber sollen sich nach lÀngerer Zeit typische
BelastungsdeformitÀten entwickeln. Bei Àlteren Patienten
(jenseits des 50. Lebensjahres) soll es oftmals zur Entwicke-
lung von Spondylitis deformans kommen unter Bil-
dung von Kyphosen und Kyphoskoliosen.
Charakteristisch fĂŒr diese letztere Erkrankung sind be-
kanntlich die marginalen Exostosen an den oberen und un-
teren WirbelkörperflÀchen, so daà der Wirbel im Röntgen-
bilde nicht vierkantig, sondern etwa wie eine projizierte
F adenspule aussieht. Diese Exostosen können schlieĂlich zu
einer klammerartigen Vereinigung benachbarter Wirbel
fuhren. Die Beschwerden sind meist viel geringer als bei
der chronischen W. S. -Versteifung und treten luch mehr
attackenweise auf.
Die Therapie der Spondylitis deformans wird stets
nur eine symptomatische sein, dagegen behauptet Schanz
bei der Insufficientia vertebrae mit einem Rumpfgipsverband
(in einem Suspensionsrahmen) deshalb so glÀnzende Resul-
tate zu erzielen, weil er in schwereren FĂ€llen dieser Art stets
ein StutzbedĂŒrfnis der WirbelsĂ€ule beobachtet habe Aus
der V u 1 p i u s sehen Klinik liegen diesbezĂŒglich wenig Er-
fahrungen vor. Auch ist es hier gelungen, bei Patienten mit
Ă€hnlichen Beschwerden durch Extension und RĂŒcken-
massage, eventl. Anfertigung gut sitzender Einlagen (bei Ver-
dacht auf eine FuĂinsuffizienz) ein gutes Resultat zu er-
Sn" w- Kn, ^H,âŹn m? mehr 0der weni§er starker skolio-
tischer WirbelsaulenverkrĂŒmmung wurde beim Auftreten
entzĂŒndlicher Reizerscheinungen ein Rumpfgipsverband in
Streckstellung fĂŒr einige Wochen angelegt, dann aber auch
meist mit recht gutem Erfolg.
Damit sind wir ĂŒber die wichtigsten chronischen Wir-
beileiden unterrichtet. Sowohl was ihre HĂ€ufigkeit und die
Mannigfaltigkeit ihrer Symptome, als auch ihre Behand-
S,rt,âąd -d,auer anl*ngt. bilden sie einen interessanten
Krankheitskomplex, dessen Studium sich lohnt zur Genug-
tuung und Befriedigung manches Arztes, zum Wohle vieler
Patienten.
40. Jahrg. â Nr. 1
(Aus der UniversitÀts-kinderklinik in Berlin,
Ueber Nachahmungskrankheiten bei Schul«
kindern*).
Von P. Ka rger.
bautDsLhrZa!?fhTS 7df ^Usbildung ^gen Schulkind<
haut sich auf der Erfahrungstatsache auf, daĂ Kinder i
NfS?'MAlter Ten starken Trieb zur Nchinfj
Nachbildung aufzuweisen pflegen. Erst spĂ€ter kanTsichâą
Unterricht darauf stĂŒtzen, daĂ eigenes Denken und Teigen
Interessen Wissens- und Könnenszuwachs ĂŒber dZ MaĂde
durch Beispiel und Vorlage Dargebotenen hinaus bewirke
Die Nachahmung des Nachahmenswerten und vom Em'ehe
GewĂŒnschten zeigt das leicht erziehbare Kind, w^bei aTier
dings Abweichungen von diesem Verhalten erst jlnsei s dÂŁ
;ttBrate ^ N°rm «» da* Gebiet dei Patho^ogi
Von Nachahmung als Ursache eines Krankheitssvmo
toms können wir erst dann reden, wenn das im Begriffe de)
selZ tlX-u 4 Kl?d Sc.hlieĂIich âąâą willenlosen Opfe.
seines Vorbildes geworden ist. Alle diese UebergÀnge vor
der schlechten. Angewohnheit ĂŒber die patholog'Sn Be
STmSsW- aUS^r-hâ hys^eriĂtmpto6:
men, zu Manifestationen von Neuropathie und PsychoDathk
sol en Gegenstand der Betrachtung sein. Dabei wird skh i
-renztPn r Sympt01P âŹIner der bezeichneten, schuht abge-
grenzten Gruppen einzuordnen. Diese Schwierigkeit ist aber
R^nTere Zwf ke.nkht Crheblich' weil die tLr%eutische
Beeinflussung der Grenz- und MischfÀlle nicht so sehr von
der Möglichkeit der theoretischen Rubrizierung abhÀngt Zs
sch dekTthtrg n Aufde?rg der Nacha»-4 als Àtfologt
rpM °ri Das Wird der schulÀrztlichen und pÀdagogi-
UnĂ'r "nd+Th,erapie dk We§e weisen könnet
wa< TEL f ^ ^.hauptsÀchlich darauf an, zu zeigen,
was alles durch Imitation verursacht, verstÀrkt, verÀndert
werden kann, ohne das Gebiet im Rahmen eine Vortraget
auch nur annÀhernd erschöpfen zu wollen 8
hpit. ef^agC na,Ch der Genese der Nachahmungskrank-
ĂŒhrtnun^n? 3UCh 3 S vP^chische Epidemien" bezeiZeX,
dern Zr ? T Pâą21^1 1 verschiedene Typen von Kin-
â n °er euie TvP- ^tive, kommt zu seinen krank-
gesehenery3 %T **? ^ Wege der beWuĂten Imitation
f S * w uffa«i«er imponierender Erscheinungen, kommt
auf dem Wege der Gewöhnung und Uebung oder auf dem
d?schenmUB^°n f⹠SC^Chten Angew°hnheit, zum patholo-
mhmnL H gUngSrefltX m?d schlieĂlich zur Willens-
ahmung, die wir gewohnt sind, dem hysterischen Svmp-
tomenkomplex zuzurechnen. y P
Der andere mehr passive Typ rekrutiert sich aus Kin-
"hoh'er EinfĂŒhlungsfĂ€higkeit, mit der UnfĂ€hig-
keit naheliegende Reaktionen auf Reize in normaler Weise
n^heiTen\ DaS Sind die Kinder' manc*e Symptome
werden **' ^ V°n ihnen ebenfalIs befallen zu
Dieser Unterschied zwischen willensmĂ€Ăiger Imitation
eines Symptomes einerseits, und dem nicht zu wehrenden
gleichsinnigen Auftreten eines nur beobachteten Symptoms
von deraf eren Seite, gibt uns eine Einteilungsmöglichkeit
von zentralnervos bedingten Reaktionsformen, die uns unab-
hÀngig macht von so vagen Bezeichnungen wie Neuropathie
NervositÀt, Hysterie und anderen, bei denen heute eine Vei -
standigungsmöglichkeit ohne langatmige theoretisierende
Definitionen nicht mehr besteht.
Wir werden sehen, daĂ wir durch solche Abgrenzungen
das Symptom selbst nicht mehr einem der genannten Krank-
tieitsbilder unterzuordnen gezwungen sind, sondern daĂ uns
1922.
â ) Vortrag im Verein fĂŒr Schulgesundheitspflege am 7. MĂ€rz
40. Jahrg. â Nr. 12.
Karger: NachahmungAkrankheiten
das nicht schwierige Studium der Genese der Erscheinungen
diagnostische und damit therapeutische Richtlinien giht, die
nicht vom System ausgehen, sondern vom Einzelfalle. Dali
es nicht Gruppen von Krankheiten gibt, sondern nur zwei
pathologische Reaktionsformen. Diese verschiedenen Vorbe-
dingungen können zum gleichen Symptom fĂŒhren. ' Das
Symptom kann dann aber nicht in die Begriffe von Neuro-
pathie, Hysterie u. À. eingezwÀngt werden. Der scheinbar
kausalen Betrachtungsweise: âist die Neuropathie die Ur-
sache einer Erscheinung?" setzen wir die konditionale ent-
gegen: âunter welchen Bedingungen ist dies Symptom
entstanden?" Bedingungen können wir Àndern, daher hat die
Frage nach ihnen praktisches Interesse. Neuropathie können
wir nicht Àndern, könnten es wahrscheinlich auch dann
nicht, wenn wir wĂŒĂten, was das ist-
Wir wollen nunmehr an einigen wenigen Beispielen die
|Wege aufzeigen, auf denen wir der Analyse von psychischen
.'Epidemien bei Kindern nÀher kommen können. Da wÀren
als einfaches Beispiel die Sprachstörungen zu er-
örtern. Es ist bekanntlich ein sehr beliebtes Kinderspiel, die
Lehrer oder andere Personen karikierend zu imitieren.
Das kann das normale dafĂŒr begabte Kind machen, so oft
res will, und es auch wieder lassen, sobald das Spiel be-
endet ist. Bei anderen kommt es auch auĂerhalb des Spieles
zu einer mehr oder minder permanenten Imitation, die schon
in das Grenzgebiet der schlechten Angewohnheit gehört. Es
fixieren sich gewisse Ausdrucksformen* und -EigentĂŒmlich-
keiten, sodaĂ bestimmte Worte oder SĂ€tze auch trotz Er-
mahnung in der durch die Imitation erlernten Art ausge-
sprochen werden. .Die ĂŒbrige Sprache kann dabei vollkom-
men in der gewohnten Weise erhalten sein. Das ist das
Stadium des festeingefahrenen pathologischen Bedingungs-
â reflexes; hier sind wir an der Grenze der aktiven Willens -
betÀtigung angelangt. Jetzt zeigt sich eine SchwÀche in der
FĂ€higkeit, die erworbenen falschen Associationen zu hemmen
und zugunsten der richtigen zu unterdrĂŒcken. Resultat: der
Sprachfehler in einer dem Vorbilde gleichen oder Àhnlichen
Form.
âą Jetzt soll ein Kind von dem zweiten, passiven Typ in die
gleiche Situation kommen. Es liegt ihm vollkommen fern,
an Nachahmung zu denken, aber der Anblick z. B. eines
Stotterers macht es ihm unmöglich, in der gleichen Weise
harmlos zu sprechen wie bisher, es bekommt Schwierig-
keiten in der AtemfĂŒhrung und in der Aussprache vielsilbiger
Worte; die auf die Artikulation verwandte Aufmerksamkeit
I stört die Innervation. Resultat: der Sprachfehler in einer
dem Vorbilde gleichen oder Àhnlichen Form.
Es dĂŒrfte nicht allzu schwer sein, durch eingehende
Anamnese die aktiven Imitatoren von den hemmungs-
schwachen zu trennen, auch wenn man nur die gleichen
EndzustÀnde sieht. Wer will da sagen, daà das eine Kind ein
Neuropath, das andere ein Hysteriker sei, und zu welchem
Zwecke? Beide Kinder sind vielleicht beides oder keines von
beiden, je nachdem, wie man die Definition fassen will.
Beim Studium der Kinder mit Sprachstörung findet man
mitunter eigenartige Verschiedenheiten zwischen Vorbild und
Imitator, weil die Kinder ja nicht das Wesentliche des Symp-
toms erfassen können; so sah ich von zwei Geschwistern, die
beide stotterten, das jĂŒngere frei von Störungen in der Ar-
tikulation schwieriger Worte, aber mit Schwierigkeiten in
der AtemfĂŒhrung. Geradfe Sprachstörungen verlocken sehr
zur Imitation. Wenn in einer Familie z. B. die Mutter in-
folge einer akuten Laryngitis aphonisch ist, so stellen sich
unwillkĂŒrlich alle anderen Mitglieder und sogar fremde Be-
sucher auf FlĂŒstersprache ein, die auch dann noch einige
Zeit beibehalten wird, wenn die Kranke das Zimmer verlieĂ.
Ich sagte absichtlich âunwillkĂŒrlich", um damit anzudeuten,
daĂ die Genese dieser Imitation nach dem passiven Typ
erfolgt. Das liegt natĂŒrlich durchaus in den Grenzen des
Normalen und wird erst dann zur Nachahmungs -Krank-
heit, wenn das Symptom in Permanenz erklÀrt wird, auch
nach Aufhören der Bedingungen, die es hervorriefen.
Eine wenig bekannte Nachahmungskrankheit i.st der
pathologische Durst und die damit verbundene
ĂŒbertriebene FlĂŒssigkcitsaufnahine. Ich erinnere mich aus
meiner eigenen Schulzeit einer Epoche, in der der Brunnen
auf dem Schulhofe belagert wurde und sehr bald auch auĂer-
halb der Schulzeit sich hÀufiger Durst einstellte, der so auf-
fallend war, daĂ verschiedene Eltern wegen dieses Symptoms
den Arzt konsultierten. In der Tat wurde damals ein Dia-
betiker herausgefunden, aber eben nur einer.
Wir sahen uns wiederholt veranlaĂt, Kinder in die
Klinik aufzunehmen, um die Differentialdiagnose zwischen
schlechter Angewohnheit und Diabetes insipidus zu stellen.
Diese â sit venia verbo â trinksĂŒchtigen Kinder, kommen
im Allgemeinzustand sehr stark herunter, weil mit den
ĂŒbertriebenen Wassermengen anscheinend auch andere Stolle
ausgeschwemmt werden, die der Organismus auf die Dauer
nicht entbehren kann. Diese Ausschwemmung des ĂŒber-
schĂŒssigen Wassers fĂŒhrt dann notwendig zu Polyurie,
Pollakisurie und endlich zur Enuresis.
Die Harnentleerung ist bezĂŒglich ihrer HĂ€ufigkeit, von
wenigen organischen Leiden abgesehen, ein Erziehungspro-
dukt. Sie kann sehr hÀufig vorgenommen werden, wenn es
so gewollt wird; das wissen wir von unseren Nierenfunk-
tionsprĂŒfungen, bei denen wir ja die Kinder zu hĂ€ufigen
Entleerungen anhalten, um die einzelnen Urinportionen zur
Untersuchung zu bekommen, und die DurchfĂŒhrung dieser
MaĂnahmen stöĂt fast nie auf Schwierigkeiten.
Es wird nun jeder Lehrer bestĂ€tigen können, daĂ, wenn
zwei Kinder zusammen spazieren gehen und das eine ver-
schwindet in der BedĂŒrfnisanstalt, das andere fast nie drau-
Ăen wartet, sondern mitgeht. Auf dem Wrege dieser aktiven
Nachahmung erfolgt spÀter die Gewöhnung an hÀufige Urin-
entleerung, und damit das BedĂŒrfnis danach. Der SchlieĂ-
muskel hÀlt nur noch geringe Harnmengen fest, es kommt
zum BettnÀssen, weil die Nachtzeit lÀnger ist, als das Kind
geĂŒbt ist, den Harn zu halten.
Es ist daher auch eine den Leitern von Heimen, Inter-
naten, WaisenhÀusern usw. gelÀufige Beobachtung, daà dort
das BettnÀssen sozusagen epidemisch auftritt. Diese Tat-
sache wird meist falsch gedeutet, indem man eine ErkÀltung
als gemeinsame Ursache anschuldigt und daraufhin die
rationelle Therapie unterlĂ€Ăt.
Einer besonderen Betrachtung und Beachtung bedarf das
Symptom des Hustens. Husten ist eine Reaktion auf einen
Reiz, die weitgehend unterdrĂŒckt werden kann. Man wird
bemerken, daĂ bei Schulfeiern in der Aula weniger Kinder
husten als in der Klasse, obwohl ihre Zahl dort gröĂer ist.
Was durch Ablenkung erreicht werden kann, lĂ€Ăt sich auch
durch Erziehung erreichen, und wo diese fehlt, da kommt es
zu ganz ungehemmten AusbrĂŒchen, die in gar keinem Ver-
hÀltnis zu der organischen Störung stehen.
Es ist schon wiederholt aufgefallen, daĂ Kinder, die in
einer Gemeinschaft leben, auch einen Àhnlich klingenden
Husten haben. Man darf sich nicht damit zufrieden geben, daĂ
man eine gleichartige Infektion annimmt; abgesehen davon,
daĂ bei gleicher Infektion verschiedene Kinder sehr verschie-
den oft und sehr verschieden laut husten, kann man solche
Hustenepidemien sehen, wenn ein Keuchhustenkind in der
Klasse ist und viele nicht infizierte Kinder keuchhustenÀhn -
liche AnfÀlle bekommen, die aber doch manches Charakte-
ristische vermissen lassen. Noch ĂŒberzeugender sehen wir
das beim Asthma, das doch ganz gewiĂ nicht ansteckend
ist, und doch produzieren Geschwister und Klassengenossen
solcher Kinder den charakteristisch lauten Husten, natĂŒrlich,
ohne die begleitenden auskultatorischen Erscheinungen ĂŒber
den Lungen zu zeigen. Es handelt sich hier wohl in den
meisten FĂ€llen um eine aktive Imitation; eine Sonderstellung
nimmt wohl das gewohnheitsmĂ€Ăige HĂŒsteln oder RĂ€uspern
ein, dessen Nachahmung in manchen FĂ€llen nicht unter-
drĂŒckt werden kann. Diese Angewohnheit mĂŒssen wir wohl
in dem gleichen Sinne zu den Sprachfehlern rechnen, wie
den hÀufigen Gebrauch immer der gleichen sinnlosen Inter-
jektionen (z. B. Ă€h, hm, öh). âą
266
Debrunner, Frosch: SĂŒĂstoff
40. Jahrg. â Nr. 12.
Aehnliches wie fĂŒr den Husten gilt fĂŒr den Brechreiz.
Es gibt Menschen, die leicht, und solche, die schwer er-
brechen; solche mit, und solche ohne groĂe Störungen im All-
gemeinbefinden. Auch beim Normalen tritt aus EkelgefĂŒhl
eine Brechneigung auf, die aber unterdrĂŒckt werden kann.
Viele Kinder können diese Hemmungen aber nicht aufbrin-
gen, wenn sie andere Kinder erbrechen sehen, und so treten
in manchen Klassen kleine Endemien auf, die, abgesehen von
der Störung des Unterrichts, noch die Folge haben, daà das
Erbrechen auf dem Wege eines eingefahrenen Reflexes als ge-
lĂ€ufige Reaktion auf unangenehme EindrĂŒcke auch ohne An-
blick des Vorbildes auftritt, damit manche ErziehungsmaĂ-
nahmen erschwerend. So kann sich aus einer ursprĂŒnglich
passiven Reaktion eine bewuĂte und beabsichtigte Abwehr-
maĂnahme entwickeln, wie wir das einmal bei mehreren
Kindern auf der Klinik erlebt haben.
Mit Recht gefĂŒrchtet ist die AnsteckungsfĂ€higkeit von
Bewegung s- und Innervationsanomalien
aller Art. Ich nenne in erster Linie den T i c. Sei es, daĂ
^ein Kind mjt einem echten Blinzeltic in der Klasse ist, sei es,
daĂ das Vorbild an einer organisch bedingten Lichtscheu
leidet, die bei den anderen Kindern auf aktivem oder passi-
vem Wege das gleiche Symptom auslöst. In die gleiche Kate-
gorie gehören alle ohnmachtsÀhnlichen AnfÀlle, gehört auch
mitunter der Kopfschmerz, der, ebenso wie die als Na-
belkoliken bekannten Formen von Bauchschmerzen, in
gehÀuften FÀllen in Schulklassen beobachtet und beschrieben
wurden. Ob der Veitstanz wirklich zu Epidemien hÀufiger
Veranlassung gibt, ist mir zweifelhaft. Es existiert darĂŒber
nur eine vereinzelte Mitteilung, die sich durch die Literatur-
angaben schleppt, ohne daĂ weitere Beobachtungen in neuerer
Zeit publiziert wurden. Immerhin ist ja aus der Geschichte
bekannt, daĂ die Chorea ursprĂŒnglich fĂŒr den Ausdruck einer
religiösen VerzĂŒckung gehalten, in Massen nachgeahmt und
sogar geĂŒbt wurde.
Sehr hÀufig spielt die Nachahmung die Hauptrolle in der
Entstehung der Onanie. Das ist eine aktive Nachahmung,
die sogar auf dem Wege gegenseitiger Unterweisung und,
Empfehlung zustande kommen kann, und das Endprodukt
ist weder ein Zeichen von Krankheit, noch gar von morali-
schem Defekt.
Wenn wir von Nachahmungskrankheiten sprechen, also
von Symptomen, die, durch Imitation entstanden, organische
Krankheiten vortĂ€uschen, so mĂŒssen wir noch eine Form be-
rĂŒcksichtigen, die als Autoimitation bezeichnet wird.
Wir fassen unter diesem Namen eine Anzahl von Er-
scheinungen zusammen, die dadurch charakterisiert sind,
daĂ ein organisch bedingtes Symptom, nach Abklingen der
Krankheit durch Angewohnheit zum pathologischen Bedin-
gungsreflex ausgebildet, in Permanenz erklÀrt wird. Diese
Erscheinung interessiert hier vor allem deshalb, weil sie
zeigt, daĂ die Heilung mancher Krankheitssymptome neben
dem medizinischen ein pÀdagogisches Problem darstellt.
Ich will das, was hier gemeint ist, an dem Beispiele der
Mundatmung illustrieren. Ein Kind zieht sich einen
akuten Schnupfen oder eine akute Mandelschwellung zu, wo-
durch die Atmung durch die Nase behindert wird. Nach dem
Abklingen der akuten Erscheinungen wird aber die Mund-
atmung aus Gewohnheit beibehalten, wenn nicht durch Er-
ziehung darauf eingewirkt wird. Das sind die gleichen Kin-
der, denen man die Rachenmandel entfernen lĂ€Ăt, wobei oft
auffallend wenig bei der Operation gefunden wird. Aber
selbst wenn reichlich vorhandene adenoide Vegetationen aus-
giebig entfernt werden, so stellt sich durchaus nicht immer
wieder die Nasenatmung ein. Erst eine zielbewuĂte Uebungs-
therapie bringt das Symptom zum Schwinden, und sie sollte
vor der Operation erst versucht werden, weil dadurch
mancher Eingriff ĂŒberflĂŒssig wird, sie sollte nach der
Adenotomie nie vergessen werden, wodurch manche schein-
baren MiĂerfolge aus der Welt geschafft werden wĂŒrden.
MerkwĂŒrdigerweise wird die unschöne Mundatmung ĂŒbrigens
von manchen nasengesunden Kindern nachahmenswert ge-
funden, so daà auch dieses Symptom gehÀuft in einer Familie
oder Klasse gefunden wurde.
Ein Àhnliches Verhalten wurde bei Kindern nach Blasen -
affektionen und DurchfÀllen gesehen. So wie sich Kin-
der an hÀufige Harnentleerung gewöhnen können, so auch
an die hÀufige Entleerung kleiner Stuhlmengen.
Bekannter ist die Permanenz von Hustenattacken, wie
wir sie nach Keuchhusten und Asthma sehen. Es betrifft
dies meist Kinder, die auch auf anderen Gebieten sich als
hemmuligssehwach erweisen, die eben kleine KitzelgefĂŒhle
im Rachen, statt sie zu unterdrĂŒcken oder auf sie mit RĂ€us-
pern zu reagieren, mit zĂŒgellosem Husten von bellendem oder
Keuchendem Charakter beantworten.
Kehren wir nunmehr wieder zum Ausgangspunkte un-
serer Erörterungen zurĂŒck, zu der Einteilung der Kinder in
aktive Imitatoren und primÀr hemmungsschwache, zu denen
wir auch die Autoimitatoren rechnen, so ergeben sich fĂŒr die
Behandlung der Erscheinungen wichtige Gesichtspunkte.
Wo ein pathologischer Bedingungsreflex auf dem Boden
einer schlechten Angewohnheit erwachsen ist, da muĂ es
unser Bestreben sein, einen neuen Bedingungsreflex in der
Richtung zu schaffen, daà das Auftreten des zu bekÀmpfen-
den Symptoms mit einem Unlustaffekt fest verkoppelt wird,
der seinerseits zur willenmĂ€Ăigen UnterdrĂŒckung der Ange-
wohnheit erzieht. Als einfaches Beispiel nenne ich die
Behandlung des neurogenen Hustens oder der hÀufigen Harn-
entleerung durch die Verordnung bitterer Medizin gleich im
AnschluĂ an den Anfall bzw. die Harnentleerung. Das ist
nicht nur Suggestion, das ist eine modifizierte PrĂŒgelstrafe,
die erfahrungsgemÀà in wirksamerer Weise Erziehungs-
defekte ausgleicht, als es offenbar ein Tadel zu tun pflegt.
Ist der pathologische Bedingungsreflex entstanden bei
einem primÀr hemniungsschwachen Kinde mit erhöhter Ein-
fĂŒhlungsfĂ€higkeit, so gilt es, durch Uebung die Hemmungen
in der Weise auszubilden, daĂ man das Kind langsam und
allmÀhlich an die betreffenden Reize gewöhnt. Als Beispiel
nenne ich die Behandlung des Blinzeltics mit Uebungen, die
darauf ausgehen, gerade die Reize darzubieten, die erfah-
rungsgemÀà auch beim Normalen mit Blinzeln beantwortet
werden, wie grelles Licht, BerĂŒhrung der Wimpern usw.
Wir dĂŒrfen nur niemals vergessen, daĂ hemmungsschwache
Imitatoren auch sonst Zeichen von HemmungsschwÀche dar-
bieten, deren Behandlung ĂŒber der Behandlung des auffĂ€l-
ligsten Symptomes nicht vernachlÀssigt werden darf.
Das fĂŒhrt uns dann dazu, alle Kinder, die Nachahmungs-
krankheiten zeigen, genauer anzusehen und damit viele un-
erkannte nervöse Störungen zu einem Zeitpunkte aufzu-
decken, in dem sie noch ein dankbares Objekt der Behand-
lung darstellen; denn ein nervös völlig gesundes Kind wird
im allgemeinen nicht Zeichen von Imitations- oder Auto-
imitationskrankheiten zeigen. Wo sich aber in einer Gemein-
schaft von Kindern die ersten Zeichen solcher nichtinfektiöser
Endemien bemerkbar machen, da muĂ rechtzeitig die Pro-
phylaxe einsetzen.
Diese Prophylaxe soll aber durchaus nicht immer und
nicht allein in der Entfernung der mutmaĂlichen oder nach-
gewiesenen Vorbilder bestehen, sondern in Àrztlich beratener
pÀdagogischer Beeinflussung. So sind die Nachahmungs-
krankheiten ein Gebiet, das wie kaum ein anderes die ver-
stÀndnisvolle Zusammenarbeit zwischen Schularzt und
Schullehrer fordert, sind wie kaum ein anderes Gegenstand
praktischer Schulgesundheitspflege.
Versuche mit SĂŒĂstoff.
Von Dr. med. H. Debrunner und Dr. med. L. Frosch, Berlin.
Das MiĂtrauen, das nicht nur in Laienkreisen dem
zuckerersetzenden SĂŒĂstoff âSaccharin" entgegengebracht
wird, ohne durch beweiskrĂ€ftige Argumente unterstĂŒtzt zu
werden, veranlaĂte uns, Versuche mit âSĂŒĂstoff" anzustellen,
um auf Grund experimenteller Erfahrungen zu einem fest-
stehenden Urteil zu kommen.
10. Jahrg. â Nr. 12.
Debrunner, Frosch: SĂŒĂstoff
267
Kurz nach seiner Erfindung wurde das Saccharin von
vielen Chemikern, Bakteriologen, Klinikern und Physiologen
am Tiere und am Menschen geprĂŒft. Es erschienen Arbei-
ten von Salkowski, v. Leyden, Eichhorst,
DrÀsche, Jaworski, Mosso, Jessen u. v. a. im In-
und Auslande, die ĂŒbereinstimmend die UnschĂ€dlichkeit des
PrÀparates nachwiesen. Allerdings wurden vereinzelte geg-
nerische Stimmen laut, die aber gegenĂŒber dem Gewicht der
Tatsachen bald verstummten. Trotzdem blieb (merkwĂŒr-
digerweise eine gewisse Abneigung gegen Saccharin be-
stehen, die fĂŒr die Masse des Volkes psychologisch wohl ver-
stÀndlieh ist. Die Abneigung der gebildeten Kreise ist viel-
leicht dadurch erklÀrlich, daà die genannten Untersuchungen
zu wenig bekannt geworden sind. Die frĂŒher abgegebenen
Werturteile auf ihre jetzige GĂŒltigkeit zu prĂŒfen, das MiĂ-
trauen gegebenenfalls zu zerstreuen, ist der Zweck dieser Ar-
beit, der ĂŒin so nĂŒtzlicher erscheint, je mehr man bedenkt,
daà die immer noch bestehenden ErnÀhrungsschwierigkeiten,
die auf die Produktion, Verwertung und Bewertung des
Zuckers umwÀlzenden Einfluà gewannen, uns heute aus
wirtschaftlichen GrĂŒnden zwingen, zum Ersatz zu greifen.
Aus solchen ErwÀgungen heraus und um das augen-
blicklich im Handel befindliche PrÀparat zu erproben, be-
schlossen wir, die Frage durch einfache Experimente zu klÀ-
ren. Spezielle Untersuchungen auf Organwirkungen sind von
berufener Seite in Angriff genommen worden. Unsere Ergeb-
nisse dĂŒrften vorderhand dem praktischen Arzte von Wich-
tigkeit sein.
Unsere Versuche lassen sich in drei Gruppen einteilen:
A. Bakteriologische Untersuchungen *),
'B. Tierversuche,
C. Me.nschenversuche.
Die Deutsche SĂŒĂstoff-Gesellschaft m. b. H., Berlin, die
an den Ergebnissen unserer Arbeit regen Anteil nahm, stellte
.uns das PrÀparat in verschiedenen kÀuflichen Packungen
rein oder als Natronsalz (Tablettensaccharin) zur VerfĂŒgung.
Von vornherein sei als selbstverstĂ€ndlich festgestellt, daĂ
das Saccharin mit dem Zucker als Nahrungsmittel niemals
in Konkurrenz treten kann: Saccharin ist ein GewĂŒrz ohne
irgendwelchen NĂ€hrwert. Seine Verwendung ist nur da be-
rechtigt, wo es sich um Geschmacksverbesserung von Spei-
sen oder GetrÀnken handelt. Beweisen die Versuche neuer-
dings die UnschÀdlichkeit des Saccharins, so ist in dieser
Hinsicht seine EbenbĂŒrtigkeit dem Zucker gegenĂŒber auĂer
Zweifel gestellt; der NĂ€hrwert der zur Geschmackskorrektur
verwendeten Zuckermengen ist in den genossenen Quanti-
tÀten so gering, daà er praktisch bei der Aufstellung einer
Kalorientafel kaum ins Gewicht fÀllt.
A. Bakteriologische PrĂŒfung.
Die PrĂŒfung der Desinfektion s Wirkung des
Saccharins ergab, daà es in LösungsverhÀltnissen wie sie zum
GenĂŒsse von GetrĂ€nken, eingemachten FrĂŒchten, Marmeladen
u. s. f. Verwendung finden, nicht ganz mit Zucker verglichen
werden kann. Erst die ĂŒbersĂŒĂten 2,5% igen Lösungen lieĂen
einen gewissen, wenn auch nicht sehr augenfĂ€lligen EinfluĂ
auf verschiedene pathogene Bakterien und auf Saprophyten
und GĂ€rungserreger erkennen. Nach achtstĂŒndiger Einwir-
kung einer 2,5% igen Saccharin-Bouillonlösung zeigten so-
wohl Streptokokken als auch Diphtherie-, Paratyphus- und
Pyocyaneusbazillen ein schwÀcheres Wachstum auf ihren
AgarnĂ€hrböden. Zu einer eigentlichen Hemmung â also zu
einer vollkommenen Desinfektion â kam es allerdings nicht
und Staphylokokkus aureus reagierte ĂŒberhaupt nicht auf
den Saccharinzusatz. Eine sterile 2,5%ige Bouillonlösung
blieb dagegen wochenlang unverÀndert, auch wenn das Sac-
charin in unsterilem Zustand zugesetzt wurde, so daĂ mau
annehmen darf, daà das Auftreten gewöhnlicher Saprophy-
*) Sie wurden durchgefĂŒhrt in den RĂ€umen des hygien. In-
stituts der tierÀrztl. Hochschule. Wir gestatten uns, Herrn Geh.
Rat Frosch an dieser Stelle fĂŒr Ueberlassung des Insrumen-
tariums und der Kulturen unsern herzlichen Dank auszusprechen.
ten, das so hÀufig die Giirungs- und FÀulniserscheinungen
in lagernden Speisen hervorruft, vollkommen gehemmt wird
durch die verhĂ€ltnismĂ€Ăig starke Lösung.
Wir betonen, daà es sich um Lösungen von kristallisier-
tem, reinem SĂŒĂstoff handelte.
Wir ersehen aus diesen Tatsachen, daĂ sich das Sac-
charin zur Konservierung ungekochter oder nicht sterili-
sierter EĂwaren nur eignet, wenn wir es in ĂŒbersĂŒĂten Lö-
sungen verwenden. Die untere Grenze der konservierenden
Dosis liegt weit höher als die der angenehm sĂŒĂenden. Ge-
stattet die Verwendungsart ĂŒieser Nahrungsmittel eine solche
hochgradige UcbcrsĂŒĂung nicht, so mĂŒssen wir in diesen FĂ€l -
len zum Zucker zurĂŒckkehren. Dagegen lassen sich sĂŒĂe
Mischungen haltbar mit Saccharin herstellen, wenn wir die-
selben als ZusatzflĂŒssigkeiten zur Geschmacksverbesserung
frisch zubereiteter Gerichte verwenden wollen. Der Lösungs-
gehalt muĂ mindestens 0,5 bis 1 Prozent erreichen. (WĂ€sse-
rige Lösung, Sirupzusatz usw.)
DemgegenĂŒber ist der SĂŒĂstoff sehr wohl verwendbar
als Beigabe zu sterilisierten FrĂŒchten,- KonfitĂŒren,
Konserven, Marmeladen, wenn sie sofort nach dem Erhitzen
luftdicht verschlossen werden. (Weckapparate, Soxhletappa-
rat). Der hermetische, unter AtmosphÀrendruck stehende
VerschluĂ muĂ das Eindringen von FĂ€ulniserregern in die
keimfrei gemachte Speise verhindern können; ihm verdankt
sie ihre Haltbarkeit mit oder ohne Saccharin, das nicht im-
stande ist, in den verwendeten Mengen vorhandene Keime ab-
zutöten.
Die leichte Desinfektionswirkung des SĂŒĂstoffs ist auf
seine SĂ€ureeigenschaften zurĂŒckzufĂŒhren. Sie nimmt in ihrer
IntensitÀt zu mit dem Lösungsgehalt und nimmt, wie wir an
verschiedenen fĂ€ulnisfĂ€higen Lösungen (BĂŒchsenobsi, Urin)
gesehen haben, schon bei ZusÀtzen von 0,05% kristallinischen
SĂŒĂstoffs nachweisbare Formen an. (Um Tage verlĂ€ngerte
Haltbarkeit gegenĂŒber Kontroll-Lösungen). Erst bei 0,5 und
mehr prozentigen Lösungen werden sowohl FÀulnis als auch
GĂ€rung vollstĂ€ndig hintangehalten. WĂ€hrend â wie wir
sahen â die Einwirkung auf pathogene Bakterien erst bei
noch höherer Konzentration einsetzt. Zu ganz Àhnlichen Er-
gebnissen fĂŒhrten auch Versuche, die Salkowski in Ber-
lin und van Heurck in Amsterdam ausstellten. Virch.
Arch. Bd. 105, S. 46; ebenso P a s c h k i s , Wien. Mediz.
Wochenschr. 1890, H. 9 u. 10).
Da die gebrĂ€uchlichen und wirklich angenehm gesĂŒĂten
Trinklösungen aber nur ungefÀhr 0,01 bis 0,02% Saccharin
enthalten, darf man sich von einer Desinfektionswirkung im
tÀglichen Gebrauch nicht allzuviel versprechen.
Wir haben Versuche angestellt, uns dieser Desinfektions-
wirkung in der Wundbehandlung zu bedienen. Da
das PrÀparat von den KörpersÀften nicht zerlegt wird und
sich verhĂ€ltnismĂ€Ăig indifferent gegen sie verhĂ€lt, haben
wir es mit einem milden, unverÀnderlichen Antiseptikum zu
tun. Wir behandelten einige torpide Ulcera und Decubital-
geschwĂŒre mit SaccharinumschlĂ€gen. Wir wĂ€hlten bis 10-
prozentige Lösungen des kristallisierten SĂŒĂstoffs und hatten
recht erfreuliche Erfolge. Das Aussehen der schmierig beleg-
ten Stellen, die sich z. T. unter vorhergehender Salbentherapie
nicht verÀndert hatten, wechselte schon am zweiten Tage.
Der Belag verschwand, die Granulationen wurden frisch und
rot und der Epithelpannus entwickelte sich von allen Seiten
dem Zentrum entgegen. Die Erfolge erinnerten an die der
Kochsalzbehandlung nicht heilender Ulcerationen und sind
wohl ebenso wie bei diesen in erster Linie auf physikalische
und weiter auf chemische EinflĂŒsse zurĂŒckzufĂŒhren.
B. Tierversuche.
Die fĂŒr uns besonders wichtigen Fragen nach der Beein-
flussung des Gesamtorganismus durch Saccharin-Zufuhr
wurden zunĂ€chst im Tierversuch geprĂŒft. Wir beschrĂ€nkten
uns auf die Beobachtung des Allgemeinzustandes, auf die
Beobachtung der wichtigsten und einer PrĂŒfung am leich-
testen zugÀnglichen körperlichen Funktionen, ohne uns auf
zeitraubende und nur mit exakter Apparatur durchfĂŒhrbare
268
DuzÀr: Malaria
40. Jahrg. â Nr. 12.
Spezialuntersuchungen einzulassen. Sie wurden inzwischen
von anderer Seite eingeleitet. Die Ergehnisse werden am Ge-
samturteil nichts Wesentliches mehr Àndern.
a) Acht ausgewachsene Kaninchen wurden wÀhrend
dreier Monate mit Saccharin gefĂŒttert, das wir in geringen,
bei der Verwendung im menschlichen Haushalt gebrÀuch-
lichen Dosen unter das halbbreiige Futter mengten. Berech-
nen wir die Mengen auf die kleinen VerhÀltnisse des Kanin-
chenkörpers um, so sind sie erheblich gröĂer als die, welche
zur WĂŒrzung menschlicher Speisen je Verwendung finden.
Trotz schwerer operativ - experimenteller Eingriffe wÀh-
rend der Zeit der Saccharin-FĂŒtterung lieĂ sich ein ungĂŒn-
stiger EinfluĂ der letzteren an den Versuchstieren in keinem
Falle feststellen. SĂ€mtliche vegetativen Funktionen spielten
sich bei den Tieren ungehindert und einwandfrei ab, weder
bemerkten wir Gewichtsabnahme noch UnregelmĂ€Ăigkeiten
in der TĂ€tigkeit der inneren Organe, namentlich seitens derer
der Verdauung. Die nach 8 bis 12 Wochen stets vorgenom-
menen Sektionen ergaben keine nachweisbaren VerÀnderun-
gen des Intestinaltraktus, so daà hier von einer schÀdlichen
oder ĂŒberhaupt wahrnehmbaren ungĂŒnstigen Wirkung des
SĂŒĂstoffes keine Rede sein kann. Dies ist um so bemerkens-
werter, als, wie erwÀhnt, die in Frage stehenden Versuchs-
tiere wegen der ĂŒberstandenen blutigen Eingriffe jedem
schĂ€dlichen EinfluĂ, wie ihn doch die Einverleibung eines
verdauungsschĂ€digenden Stoffes bedeuten wĂŒrde, besonders
leichte Angriffspunkte hĂ€tten bieten mĂŒssen.
b) Ganz dieselben VerhÀltnisse ergab die Saccharin-
FĂŒtterung von 4 ebenfalls zu operativ-experimentellen
Zwecken von uns gehaltenen Hunden. (0,1 bis 0,5 g Saccha-
rin pro Tag.) Hier kam komplizierend noch das Alter der
Tiere â es handelte sich um 4 Wochen alte Individuen â so-
wie deren auĂerordentlich groĂe Empfindlichkeit gegenĂŒber
Ă€uĂeren EinflĂŒssen hinzu. Trotzdem konnte auch in diesem
Falle irgendeine auch noch so geringe schÀdigende Wirkung
des Saccharins niemals festgestellt werden. Im VerhÀltnis zu
Gewicht und KörperoberflÀche ist die gewÀhlte Dose als sehr
hoch zu bezeichnen. Bei der Umrechnung auf menschliche
Durchschnittsgewichte ergeben sich Zahlen, die praktisch
wertlos, im Hinblick auf die Festsetzung einer Maximaldose
aber von einigem Interesse sind. (7 bis 12 g Kristall-SĂŒĂstoff.)
c) Um wenigstens AnnÀherungswerte in dieser Richtung
zu erzielen, verabfolgten wir einem 1700 g schweren Kanin-
chen mit Hilfe eines Gummikatheders, den wir als Magen -
sonde einfĂŒhrten, eine Lösung von 1 Gramm Saccharin in
lauem Wasser. Da sich gar keine Erscheinungen einstell-
ten, fĂŒhrten wir am folgenden Tage 2 Gramm in gelöstem
Zustande ein. Mit Ausnahme einer geringen Störung des
Allgemeinbefindens, die wohl gröĂtenteils auf den Eingriff
zurĂŒckzufĂŒhren ist, konnten wir absolut keine ungĂŒnstige
Einwirkung der erheblichen Menge eingefĂŒhrten Saccharins
bemerken; wie vorher beschrieben, trat keine Aenderung der
Organ-Funktionen ein. Stuhl und Urin ergaben normale
Zusammensetzung bei ungestörtem Abgang. Die Sektion am
4. Tage zeigte nichts krankhaftes. Der Intestinaltraktus sowie
die Nieren, an denen wir VerÀnderungen am ehesten vermu-
teten, wiesen normale VerhĂ€ltnisse auf. Auch an den ĂŒbri-
gen Organen fiel uns Absonderliches nicht auf.
Berechnung: Auf 1 Kilo Körpergewicht wurde 0,59 g
Kristall-Saccharin verabreicht. Der 70 kg schwere Durch-
schnittsmensch vertrĂ€gt also â wenn man eine biologische
Gleichsetzung der Menschen- und Kaninchengewichtseinheit
annehmen darf â zum mindesten 41,3 g.
Jessen hat im Arch. f. Hyg. 1890 S. 64 Àhnliche Ver-
suche veröffentlicht. Er kommt noch zu höheren Zahlen (bis
210 g Saccharin auf den Menschen umgerechnet).
d) Um die ResorptionsfĂ€higkeit zu prĂŒfen, injizierten wir
einem Kaninchen 10 ccm einer 10%igen Lösung unter die
RĂŒckenhaut. Das Infiltrat verschwand rasch, ohne irgend-
einen EinfluĂ weder im Allgemeinbefinden noch an Ort und
Stelle zu hinterlassen. Auch hier konnten wir bei der nach
zwei Tagen erfolgten Sektion nichts Anormales nachweisen.
C. Versuche am Menschen.
Zum SchlĂŒsse prĂŒften wir den Kristall-SĂŒĂstoff noch an
30 Kindern zwischen 1 und 10 Jahren. Der Zucker wurde 12
bis 16 Wochen lang durch SĂŒĂstoff ersetzt. Um die Tages -
dosis im Rahmen des Angenehmen in die Höhe zu schrau-
ben, wurden alle Speisen, bei denen es irgendwie angÀngig
war, z. B. auch Kartoffelbrei und Salate, mit Saccharin ge-
wĂŒrzt. Die Kinder kamen wegen orthopĂ€discher Leiden in
unsere Behandlung, waren aber sonst mit Ausnahme einiger
darunter befindlicher Rachitiker innerlich gesund. Die Ei
gebnisse stimmten mit unseren Erwartungen ĂŒberein. Nicht
nur aĂen die Kinder die gesĂŒĂten Speisen mit Appetit; sie
gediehen auch dabei. Darmstörungen waren nicht zu beob-
achten. Selbst bei SĂ€uglingen blieb der Stuhlgang normal,
weder fanden sich EiweiĂ noch Zucker im Urin. Wir glau-
ben sogar, daĂ unsere Kost gerade den Rachitikern, denen
wir die Kohlehydratzufuhr in Form von Zucker öder StÀrke
gern einschrĂ€nken, von Vorteil gewesen ist. Jedenfalls lĂ€Ăt
sich die oftmals ein wenig fade Krankenhauskost durch Zu-
satz von Saccharin sehr bekömmlich und schmackhaft ge-
stalten.
Einer der Verfasser hat wÀhrend der ganzen Versuchs-
periode den Zucker von seinem Kostzettel, so gut es ging, ver-
bannt und durch Saccharin ersetzt. Wiederholt hat er auch
gröĂere Mengen (bis zu 1 g) eingenommen. Irgendeinen Ein
fluĂ auf sein Befinden konnte er nicht feststellen.
Unsere Versuche sollten die Frage nach der UnschÀd-
lichkeit des SĂŒĂstoffs in groben ZĂŒgen beantworten. Sie be-
wegen sich im Rahmen der tÀglichen Praxis und sind be-
stimmt, dem praktischen Arzte, dem Anstaltsleiter usw. einen
erneuten Beweis von der UnschÀdlichkeit des Mittels zu lie-
fern. Wir glauben, daĂ ihnen dies gelungen ist.
Als Experiment, dessen GĂŒltigkeit wohl nicht bezweifelt
wird, darf die zwangsweise, jahrelange Verwendung des
SĂŒĂstoffs im Kriege gelten. Auch damals sind keine Ver-
giftungserscheinungen oder sonstige nachhaltigen Einwir-
kungen bekannt geworden.
Der âSĂŒĂstoff" (Saccharin) stellt in allen im Handel
kĂ€ĂŒflichen Formen ein GewĂŒrz dar, dessen Gebrauch den
Organismus in keiner Weise schÀdigt oder stört. Die Dosen,
bei denen sich krankhafte Erscheinungen im Körper ein-
stellen, liegen so hoch, daĂ praktisch das Mittel als vollkom-
men unschĂ€dlich bezeichnet werden kann. Es lĂ€Ăt sich in
dieser Hinsicht mit dem Kochsalz vergleichen, dessen Giftig-
keit auch erst bei ungeheuren Mengen in Erscheinung tritt.
Die wasserentziehende Wirkung hat bei beiden Mitteln
diarrhoische Erscheinungen im Gefolge, die nach Absetzen
sofort zu verschwinden pflegen. (Dosen von 25 â 30 Gramm
reinen Saccharins.)
Aus der Kinderklinik der königl. ung. Elisabeth-UniversitÀt,
derzeit in Budapest im WeiĂen-Kreuz-Kinderspital.
(Direktor: Dr. Paul Heim. ö. o. Professor
Ueber die Malaria im SĂ€uglingsalter.
Von Assistent Dr. Josef DuzÀr.
Die Malaria gehört zu jenen Infektionskrankheiten, die
den Menschen in jedem Lebensalter befallen können. WÀh-
rend aber die Malaria der Erwachsenen in den meisten
FĂ€llen ein gut definiertes, einheitliches Krankheitsbild zeigt,
gibt die Malaria des SĂ€uglingsalters oft Grund zur falschen
Diagnose, deren Ursache teils in ihrem vollkommen atypi-
schen Verlauf, teils in ihrem seltenen Vorkommen zu
suchen ist.
Die Malaria des SÀuglingsalters kann nÀmlich jede Art
der Erkrankung, von der mildesten bis zur schwersten auf-
weisen. Man fand einen 35 Tage alten SĂ€ugling mit Plas-
modien im Blute ohne irgendwelche Symptomen der Erkran-
kung. Die Resistenz, welche in vielen FÀllen auch im spÀ-
testen Kindesalter noch vorhanden ist, gleicht derjenigen,
10. Jahrg. â Nr. 12.
DuzÀr: Miliaria
209
welche die Eingeborenen der TropenlÀnder gegen diese
Krankheit zeigen. Moncorvo fand bei den SĂ€uglingen
öfter abortiv ablaufende FÀlle, die sieh in kurz andauernder
Schlaflosigkeit oder SchlÀfrigkeit, dyspnoischem Anfall, Neu-
ralgie, Kopfschwindel, eventuell in Hautexanthemen
Ă€uĂerten.
Schon frĂŒher haben Böhm und Nothnagel, neuer-
lieh Cardamatis die Symptome der SĂ€uglingsmalaria
enger zusammengefaĂt. Aus ihren Beobachtungen wurde uns
bekannt, daĂ die Malaria in gröĂerer Zahl der FĂ€lle auch
im SĂ€uglingsalter eine schwere, fieberhafte Erkrankung be-
deutet, die um so atypischer ist, je jĂŒnger der SĂ€ugling. Die
Krankheit beginnt neben den allgemeinen Symptomen öfter
mit kontinuierlichem oder remittierendem Fieber, aus wel-
chem sich nach einigen Tagen ein dem der Erwachsenen
mehr weniger Àhnlicher Fieberanfall entwickeln kann.
Letzterer pflegt in dem Zeitraum von Mittag bis Mitternacht
aufzutreten. Nicht selten geht dem Fieberanfall eine aus-
drĂŒckliche Prodromalphase voraus, die teils durch Unruhe
und BlÀsse, teils durch Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit, öfters
GĂ€hnen, eventuell Nausea oder Erbrechen charakterisiert
wird. Die erste und dritte Phase des Anfalles kann auch aus-
bleiben. Wenn auch SchĂŒttelfrost erscheint, wird er nur
durch Frösteln, Abblassen und Cyanose konstatierbar. Man
findet ein KĂŒhlwerden des Gesichtes, der Nase und der
ExtremitÀten. Di'e dritte Phase, das Schwitzen ist nach
einem abgelaufenen Anfalle nicht vorhanden. Höchstens
folgt der Hitze das Feuchtwerden des Kopfes und der Arme.
Die Acme selbst wird von zwei Symptomen dominiert, und
zwar vom Erbrechen und Konvulsionen. Manchmal zittern
die Glieder, zeigen spastische Kontraktionen, oder sind an
den Augenmuskeln kleine Zuckungen zu sehen. Der SchĂŒt-
telfrost kann von einigen Augenblicken bis zur Dauer von
einer Stunde anhalten. Die Konvulsionen zeigen sich mehr
wĂ€hrend des Fiebers als wĂ€hrend des SchĂŒttelfrostes. Das
Fieber selbst kann drei bis sechs Stunden andauern. Nach
dem Anfalle wird der SĂ€ugling heiter und saugt; sich wie-
derholende AnfĂ€lle ermĂŒden ihn, er wird anaemisch und
die Anschwellung der frĂŒher nur »schmerzenden Milz ist
bald zu konstatieren. Der Milztumor ist das prinzipielle
Zeichen der SĂ€uglingsmalaria. Die einzelnen Typen der
Malaria sind nur haematologisch zu erkennen, da das Fieber
meistens den kontinuierenden, respektive remittierenden
Typus erhÀlt.
Unsere Diagnose wird aber noch von vielen sekundÀren
Erscheinungen erschwert. AuĂer den ausstrahlenden Milz-
schmerzen zeigen sich auch andere abdominale Erscheinun-
gen: Obstipation oder profuser Durchfall. Steele beob-
achtete im Jahre 1904 bei einem an Malaria erkranktem
Kinde von 19 Monaten neben Somnolenz und Dyspnoe
Druckempfindlichkeit des Bauches und Fieber von 41 °.
Freudenthal fand wÀhrend einer Epidemie in der Um-
gebung von Hannover bei 53 Kindern verschiedenen Alters
neben remittierendem Fieber als Komplikation eine Pneu-
monie. Andere ,beobachteten Nephritis, Bronchitis. Böhm
entdeckte an den ExtremitÀten erythema-nodosumartige
AusschlÀge. Cheadel sah bei SÀuglingsmalariaanfÀllen
auch skarlatiniforme Exantheme am Halse, Brust und
Bauche. Die erwÀhnten Komplikationen können manchmal
das Krankheitsbild der Meningitis, in anderen FĂ€llen das der
Peritonitis oder der Grippe nachahmen.
In. allen diesen FĂ€llen ist es wichtig auf die Milz, die
Anaemie und auf die Jahreszeit, in welcher wir den Kranken
beobachteten, aufmerksam zu sein. Die chronische Malaria
wird auch im SÀuglingsalter öfters diagnostiziert als die
akute. Die Erkrankung wird in allen jenen FĂ€llen chronisch,
in denen der Arzt wegen der atypischen Symptome die Ma-
laria nicht erkannte oder die richtig diagnostisiertc Krank-
heit ncht radikal genug behandelte. Bei SÀuglingen nÀmlich
fĂŒhrt die gewohnte Malariatherapie nicht immer zu einem
befriedigendem Erfolge. Am Beginn der chronischen Malaria
wird der SĂ€ugling blaĂ, erschöpft und nimmt ab. Das Ge-
sicht hat spÀter schon nicht einen erd-, sondern einen
wachsfÀrbigen Ton. Gleichzeitig schwillt die Milz immer
mehr an, die Anaemie nimmt zu, die Zahl der roten Blut-
körperchen sinkt sogar bis unter eine Million. Die Milz
kann gigantische Dimensionen annehmen, den gröĂten Teil
des Abdomens besetzend, bis zur Symphyse heruntersinken.
Mit der Zeit wird das Parenchym der Milz hart und ange-
schwollen. Die Megalosplenie kann bei den hydraemisch-
kachektischen MalariafÀllen der SÀuglinge auch ausbleiben.
Die schwere Anaemie geht gewöhnlich in Kachexie ĂŒber, die
letztere aber kann sich auch ohne wiederkehrende Fieber-
an lalle entwickeln.
Auch das Auftreten der SĂ€uglingsmalaria betreffend
finden wir sehr interessante VerhÀltnisse.- WÀhrend Kinder
im Alter von 2â7 Jahren gegen die Malaria sehr empfindlich
sind, kommt dieselbe im SĂ€uglingsalter, besonders in den
ersten drei Monaten sehr selten vor. Die VerhÀltnisse be-
treffend das Auftreten der Malaria in Ungarn sind besonders
interessant. In unserem Lande wurde die Malaria schon
lange beobachtet, besonders in der Umgebung" gröĂerer
FlĂŒsse, SĂŒmpfe und Teiche. In Budapest und Umgebung er-
schien die Malaria jÀhrlich in ziemlich vielen FÀllen. Laut
den JahrbĂŒchern der mit dem Stefanie-Kinderspital ver-
bundenen Kinderklinik wechselte die Zahl der Malaria-
erkrankungen in den Jahren 1865â1871 jĂ€hrlich zwischen
2â10. Vom Jahre 1872â1881 wurden jĂ€hrlich 15â28, vom
Jahre 1882 2â3, von 1890 aber nur 1 Fall beobachtet. Im
Jahre 1899 zeigten sich 5 FĂ€lle, im Jahre 1901 1 Fall. Von
dieser Zeit wurde bis 1920 ĂŒberhaupt kein SĂ€uglingsmalaria-
fall beobachtet. Als Kuriosum erwÀhnen wir, daà die Sta-
tistik der Ă€lteren Kinder im groĂen ganzen dieselben
Schwankungen aufweist.
Im Stephanie-Spital wurde neuerdings im Laufe des
Jahres 1920 ein Fall bei einem drei Monate alten SĂ€ugling
konstatiert, mit einer schweren sekundÀren AnÀmie und
einem den Rippenbogen um zwei Finger ĂŒberreichenden
Milztumor. Auf Chinin folgte vollkommene Heilung. Es ist
merkwĂŒrdig, daĂ in demselben Spitale seit dem Jahre
1859 nur ein Todesfall infolge Malariaerkrankung erfolgte,
und zwar im Jahre 1882. Im Jahre 1921 ist es gelungen, bei
einem acht Monate alten SĂ€uglinge auf der in dem WeiĂen-
Kreuz-Spitale untergebrachten Kinderklinik der k. ung. Eli-
sabeth-UniversitÀt noch in vivo Malaria zu konstatieren und
die Diagnose durch die Sektion des Casus nach dem Ab
leben des Kranken zu bestÀtigen. In folgendem werden wir
die MerkwĂŒrdigkeiten dieses Falles aufzĂ€hlen.
Der 8 monatige SĂ€ugling B. J. erhielt 5 Monate Mutterbrust,
nachher allaitement-mixte. Angeblich leidet er seit 5 Wochen an
Darmkatarrh, seit 5 Tagen an Husten und Schnupfen. Die hervor-
ragenden Punkte des Status praesens sind: Die auffallende BlÀsse
der Haut, das wachsartige Aussehen derselben, nadelstich- bis
hellergroĂe Haemorrhagien auf der Stirn, an dem rechten Ober-
schenkel, am rechten Oberarm und am rechten Knie. Die Haut
und Muskulatur ist ad maximum atrophisch. Die HerzdÀmpfung
ĂŒherschreitet ein wenig die Mamillarlinie. Die Leber- und Milz-
dĂ€mpfung ĂŒberreicht den Rippenbogen um 2 â 4 Finger. Die obere
Grenze der Milz beginnt bei der 7. Rippe. Der SĂ€ugling ist im
allgemeinen auffallend wach, unruhig, erschrocken. Sein Ge-
wicht betrÀgt G500 g. Seine Temperatur ist 37 °. Im weiteren be-
kommen wir eine bis 38,5 0 remittierend steigende Fieberkurve,
welche am 12. Tage nach der Aufnahme eine bis 41,5° reichende
Exacerbation zeigte; gleichzeitig trat Erbrechen auf. Am Höchst-
punkt des Anfalles zeigte sich groĂe Unruhe, die aber nicht in
Konvulsionen ĂŒberging, obwohl krampfartige Zuckungen zu be-
obachten waren. Das Schwitzen war nach dem Anfall minimal.
Die Gewichtskurve sinkt zuerst steil herab, dann spÀter aus-
gedehnter. Die Milz wÀchst so rasch, daà sie bei dem am
14. Tage eingetretenen Exitus schon eine unter dem Rippenbogen
?>% Finger tastbare glatte Resistenz gibt. Gleichzeitig mit der
Milz wachsen die bisher nur linsengroĂen Regionallymphknoten
bis haselnuĂgroĂ heran. Ebenso rasch wĂ€chst auch die Leber,
die an dem letzten Tage bei dem Nabel tastbar ist. Sluhlentlee-
rung im Anfange tĂ€glich 4 â 5 mal. Der Stuhl ist breiig, schleimig,
dunkel, grĂŒnlich. In den letzten 2 Tagen enthĂ€lt der viel hĂ€u-
figer entleerte Stuhl schleimige, blutige, membranöse Zotten. Bei
der Blutun'^ersuchung findet man neben 10 800 weiĂen Blutkörper-
chen nur 1340000 rote. Es sind 54% ncutrophil-polyunkleÀre,
2 % eosinophile, 4,5 % groĂe Lympozyten, 33 % kleine
Lymphzyten, 4,5 % Uebergangsformert, 1 % Neutrophil
myelocyten, viele kernhaltige rote Blutkörperchen, und gekörnte,
basophile Erylhrocyten. Die roten Blutkörperchen zeigen Poikilo-
270
GrĂŒnthal: Albertan
40. Jahrg. â Nr. 12.
cytose, Polychromatophilie und Anisocytose. Es sind auch Nor-
moblasten zahlreich zu finden. Man sieht in mehreren Blut-
körperchen, deren Körper angeschwollener sind, und die auch
S ĂŒ f f n e r sehe Punktierung aufweisen, Malariaplasmodien, und
zwar teils Chromatin-Körnchen enthaltende, lebhaft gefÀrbte
Ringe, teils 24 â 25 Glieder zĂ€hlende, rings um einen zentralen
Pigmenthaufen liegende, ebenfalls gutgefÀrbte Rosettengestalten.
Abkömmlinge von Entwicklungsformen sieht man nicht.
Das oben schon erwÀhnte, durchaus seltsame Vorkom-
men der SĂ€uglings-Malaria versuchte man schon lange zu
motivieren. DaĂ die SĂ€uglingsmalaria eben in den drei
ersten Monaten des SĂ€uglingsalters und besonders in den
âą ersten 4 Wochen sehr selten auftritt, ist in erster Reihe aus
den Beobachtungen von Cardamatis bekannt. Er und
nach ihm Z i e m a n n fanden es plausibel, daĂ in den Ma-
lariagegenden das seltene Auftreten der Erkrankung in den
ersten drei Monaten darauf beruht, daĂ die Mutter eine
durch Ueberstehen der Krankheit erworbene ImmunitÀt dem
Foetus im intrauterinen Leben ĂŒbertrĂ€gt, die im SĂ€uglinge
durch die, Muttermilch vielleicht auch weiterhin aufrecht
erhalten wird.
Nach der Meinung von B i g n a m i und S e r e n i ist
auch das nicht ausgeschlossen, daĂ die Blutdichte des Neu-
geborenen, der groĂe Haemoglobingehalt seines Blutes, das
reichliche Vorhandensein der kernhaltigen Blutkörperchen,
eventuell der groĂe Fibringehalt eine Rolle spielt. Aber mit
RĂŒcksicht darauf, daĂ die Zahl der Erkrankungen auch noch
in den spÀteren Monaten des ersten Lebensjahres verhÀltnis-
mĂ€Ăig gering ist, wenn auch gröĂer als in den drei ersten
Monaten, wo doch die erworbene ImmunitÀt sich bisher
nicht ausdehnen kann, lag der Gedanke nahe, daĂ die ge-
ringe Malaria-MorbiditÀt des SÀuglingsalters einfach in den
Lebensbeziehungen des SĂ€uglings zu suchen ist. Die Infek-
tionsmöglichkeit durch die Anopheles wird wegen der bei-
nahe vollkommenen Bedeckung des Körpers und sorgsamer
Aufmerksamkeit der Mutter oder der Amme wesentlich her-
abgesetzt.
Die strenge EinhĂŒllung des SĂ€uglings gab der Meinung
einen Anhalt, daĂ die in dem SĂ€uglingsalter beobachtete M
laria vielleicht auf placentarem Wege in das SĂ€uglingsblut
gelangt. Gerne wiesen einige Autoren auf Variola und Sy-
philis und auf andere Infektionskrankheiten hin, die die
Placenta wirklich passieren können. Man erwĂ€hnte nie, daĂ
als die Ursache der placentaren Uebertragbarkeit in vielen
Erkrankungen die histologische SchÀdigung der Placenta an-
zusehen ist. Es ist ja wahr, daĂ man sich bestrebte, an der
Placenta Verletzungen zu entdecken. Auf diesem Gebiete
teilten zuerst im Jahre 1884 P a s c u a 1 i und P o m p i a n i ,
dann spÀter L o u r u x und Petsalis Erfolge mit. Lou-
r u x fĂŒhrte die Aborte und FrĂŒhgeburten auf placentare
Blutextravasate, hÀmorrhagische und fibrinöse Infarkte zu-
rĂŒck. Er fand aber im Blute der Placenta weder Plasmodien,
noch Pigment. In den inneren Organen der abortierten Foe-
ten konnte er keine VerÀnderung ausweisen; er stellte als
Todesursache die Toxinwirkung hin. Die Untersuchungen
von Presopulos und Cardamatis haben aber ganz
neue Ergebnisse dargebracht. Sie fanden an der Placenta
niemals SchÀdigungen. Sie halten die oben erwÀhnten Un-
tersuchungen, wenn diese ĂŒberhaupt akzeptierbar sind, fĂŒr
Seltsamkeiten. Es wurde aber von ihnen festgestellt, daĂ an
der maternalen Seite der Placenta eine Menge der Plasmo-
dien aufzufinden ist, aber an der foetalen Seite Plasmodien
nicht oder nur in den seltensten FĂ€llen ausweisbar sind.
Z i e m a n n erhielt mit seinen Untersuchungen, welche er
an dem Foetus vom Trypanosoma vivax-infizierten Mutter-
tieren machte, dieselben Resultate. Und so, obzwar in der
Weltliteratur ein einziger Fall von Beim angefĂŒhrt ist, wo
in dem Blute eines ganz jungen Neugeborenen und gleich-
zeitig im. Blute der Mutter Malaria zu konstatieren war,
mĂŒssen wir das^ placentare Durchdringen der Plasmodien
in das Foetusblut auf physiologischem, wie auch auf patho-
logischem Wege fĂŒr unmöglich halten.
Zum Schluà möchten wir erwÀhnen, das wir unseren
vorher gebrachten Fall auch histologisch aufgearbeitet haben.
Aus dem makroskopischen Befund ist hervorzuheben, daĂ die
Leber 14 X 10 X 5 cm groĂ und ein Gewicht von 285,5 hatte,
mit einer sehr massiven, verwischte Konfiguration zeigenden
Konsistenz. Die Milz hat ein Gewicht von 73 g. Konsistenz
massiv, Substanz schokoladenbraun. An den unteren Teilen des
DĂŒnndarmes sind an den P e y e r sehen Plaques nadelstichgroĂe
Blutungen zu sehen. Die Schleimhaut des Dickdarmes wird nach
unten immer dicker, injicierter, gegen den Enddarm mit kleie-
artigem Niederschlage bedeckt. Daselbst findet man feine Exul-
cerationen an der OberflÀche der Follikel. In den Lungen zeigt
die Schleimhaut der gesamten Bronchien katarrhalische Erschei-
nungen. Von den Erfolgen der histologischen Untersuchungen
möchte ich folgendes erwÀhnen: es gelang, einige ringförmige
sich teilende Gestalten der Plasmodien aufzufinden, teils in den in
der Pulna der Milz und in den Makrophagen sitzenden roten Blut-
körperchen, teils in den roten Blutkörperchen der Leberkapilla-
ren, aber am meisten in . den roten Blutkörperchen des
roten Markes. Man konnte eine Pigmentablagerung ex-
tremen Grades nachweisen. Pigment war in sĂ€mtĂŒchen
Organen aufzufinden. Die Endothel- und die Kupferzeilen
der Leber waren von Pigmentkörnchen fast elektiv gefÀrbt.
Ebensolche Pigmentpunktierung zeigten die Pulpa und Makro-
phagzellen, dann die Endothel- und Perifollikularzellen der Milz.
Aber am stÀrksten sind die Zellen des Reticulo-endothelial-
systems des Markes pigmentiert. In Anbetracht der groĂen
AnÀmie und des Alters des SÀuglings war es auffallend in den
histologischen Schnitten, daĂ, obwohl in der Milz, in der Leber
und hauptsÀchlich im roten Marke keine kernhaltigen roten Blut-
körperchen vorhanden waren, das Auftreten und Vermehren
ausgeprÀgter hÀmopoetischer Herde trotzdem nicht zu beob-
achten war. Anscheinend ist in dem, durch die schwere
AnÀmie entstandenen kachektischen Stadium der Mangel der Blut-
regeneration gegenĂŒber dem gesteigerten Zerfall der roten Blut-
körperchen in den Vordergrund getreten. DaĂ auĂer dem durch
die Malaria verursachten Zerfall der roten Blutkörperchen ein
haemolytisches Zerfallen nicht vorhanden war, ist erwiesen da-
durch, daà in den PrÀparaten weder mit Berlinerblau-Reaktion,
noch mit dem Ammonium - sulfuricum - Verfahren eisenhaltiges
Pigment nachzuweisen war. Um das Resultat der Untersuchung
zu vervollstÀndigen, erwÀhnen wir, daà in dem Dickdarm auf
der OberflÀche der aufgedunsenen Follikel eine Exulceration und
in deren Umgebung in der Submucosa eine rundzellige Infiltra-
tion zu sehen war.
Aus der Hals-, Nasen- und Ohrenabteilung im Allerheiligen-
hospital in Breslau (PrimÀrarzt Dr. Goerke).
Albertan in der rhinologischen und
otologischen Therapie.
Von Ernst GrĂŒnthal.
Seit etwa einem Jahre habe ich mit Albertan, einem
JodoformersatzprÀparat der Firma Albert und Lohmann.
Fahr im Rhld., therapeutische Versuche angestellt. Albertan,
ein Aluminiumpolyphenylat, ist ein feines, schwer lösliches
Pulver von hellbrauner Farbe und geruchlos. Ich habe es
als Streupulver nach Eingriffen in der Nase, besonders
Conchotomieen, Septumresektionen, Entfernung von Nasen-
polypen und AusrÀumungen des Siebbeinlabyrinths ver-
wendet. Bei diesen Eingriffen hat sich die Geruchlosigkeit
des PrÀparats im Gegensatz zum Jodoform als besonders
angenehm erwiesen. Auch habe ich die Beobachtung ge-
macht, daà das Albertan eine recht betrÀchtliche blutstillende
Wirkung besitzt, was bei diesen Operationen, bei und nach
denen erfahrungsgemÀà sehr hÀufig starke Blutungen er-
folgen, von groĂem Vorteil ist. In einem Fall von multiplen,
dem Siebbein entstammenden Nasenpolypen, dessen Opera-
tion vorher wegen heftiger Blutungen abgebrochen werden
muĂte, ist es mir gelungen, in einer Sitzung die Polypen mit
der kalten Schlinge zu entfernen und im AnschluĂ daran die
AusrÀumung des Siebbeinlabyrinths vorzunehmen, dadurch,
daà ich wÀhrend der Operation die heftigen auftretenden
Blutungen durch Einblasen von Albertanpulver jedesmal mit
Leichtigkeit zum Stillstand brachte. Die Reinigung der
Schleimhautwunden erfolgte in allen FĂ€llen sehr rasch und
ohne störende Reizwirkung. â
Bei der Nachbehandlung der Ohroperationen hat das
Albertan mir ebenfalls sehr gute Dienste geleistet. Ich habe
es anstelle des Jodoforms zur Anfangsnachbehandlung nach
Radikaloperationen benutzt und in den meisten FĂ€llen sehr
40. Jahrg. â Nr. 12.
Stan des fragen und soziale Medizin
271
schnelle Reinigung der Operationshöhle beobachtet. Wegen
der starken granulationsfördernden Wirkung des Albertans
ist bei der spÀteren Nachbehandlung der Radikaloperation
allerdings Vorsicht am Platze. Bei der Nachbehandlung von
AufmciĂelungen des Warzenfortsatzes habe ich in letzter
Zeit ausschlieĂlich das Albertan verwendet und muĂ be-
sonders die hervorragende austrocknende Wirkung und die
saubere Granulationsbildung hervorheben, Es lag nahe, die
starke austrocknende und antiseptische Wirkung des PrÀ-
parats auch bei chronischen Miltelohreiterungen zu ver-
werten. FĂ€lle mit zentraler Perforation und gut aussehender
Paukenhöhlenschleimhaut reagierten im allgemeinen schnell
mit Nachlassen der Eiterung und Aufhören des Geruchs. In
solchen FĂ€llen, bei denen die Paukenschleimhaut zur Graun
lationsbildung neigte, habe ich lockere Streifentamponaden
mit in eine 2 prozentige alkoholische Albertanemulsion ge-
tauchten Gazestreifen eingelegt und mit dieser Behandlungs-
art in mehreren sehr hartnÀckigen FÀllen gute Erfolge er-
zielt. SchÀdliche Nebenwirkungen, Reizerscheinungen oder
Ekzeme habe ich weder bei der Wundbehandlung noch bei
der konservativen Behandlung der Mittelohrerkrankungen
mit Albertan auftreten sehen. â
In der allerletzten Zeit habe ich das Albertanpulver auch
als EinstÀubung bei katarrhalischen, follikulÀren und laku-
nÀren Anginen verwendet und bin mit den hierbei erzielten
Resultaten bisher sehr zufrieden. Allerdings ist die Zahl der
bisher auf diese Weise behandelten FĂ€lle noch zu gering, um
ein abschlieĂendes Urteil abgeben zu können.
Zusammenfassend möchte ich nochmals die stark anti-
septische und austrocknende Wirkung des Albertans be-
tonen und auf die Geruchlosigkeit und Reizlosigkeit des PrÀ-
parats im Gegensatz zum Jodoform hinweisen. AuĂerdem
hat es den Vorzug der Billigkeit im Vergleich zum Jodoform
und seinen bisherigen ErsatzprÀparaten.
Standesfragen und soziale Medizin.
Arzt und Gewerkschaftspolitik,
Von Dr. P n i o w e r, Berge (Hannover).
Wie in der Arbeiterschaft auch der Individualismus eine
gewisse Rolle spielt, der die Verschiedenheit der Ge werke
bisweilen kraĂ hervortreten lĂ€Ăt, eins kann man jedenfalls
bei ihrer âgeschlossenen" Gewerkschaft behaupten, daĂ sie
innerhalb dieser selbst bei âgleicher Leistung gleiche Be-
zahlung" anstrebt. , Bei uns tritt aber selbst innerhalb
unserer Gewerkschaft in bezug auf die Kassenhonorare eine
groĂe Differenzspannung auf, die auch die tarifliche Weihe
erhalten hat. Es ist also von Wichtigkeit, wie es die Ar-
beitergewerkschaften auch schon tun, bei den Verhandlungen
Aerzte hinzuzuziehen, die mit den Erscheinungen des Wirt-
schaftslebens vertraut sind, damit vermieden wird, daĂ die
Spannung andere als örtliche BeweggrĂŒnde hat.
Wenn unsere Korporationen gut âorganisiert" sind, wird
die Produktion als solche durch den Arzt nicht verschlech-
tert, im Gegenteil wird dadurch ein gegenseitiges sozial-
politisches Verstehen und Hand-in-Hand-Gehen leichter ge-
wÀhrleistet werden körwnen; deshalb stehen auch die meisten
Volkswirte auf Seite der Gewerkschaft, weil sie gerade von
ihnen die ErfĂŒllung ' der âMeliorations"bestrebungen er-
hoffen, wenngleich nicht zu verkennen ist, daà die öffentliche
Meinung nicht mehr wie anfangs am Wohl und Wehe der
Gewerkschaft interessiert ist Stets fĂŒrchtet man auch bei
uns den Streik und im § 370 RVO. ist diese BefĂŒrchtung
âkodifiziert": âdaĂ die Aerzte den Vertrag nicht einhalten".
â Wie die freie Gewerkschaft sich nicht vor den Wagen
der Partei spannen lassen will, so sind auch unsere Korpo-
rationen parteilos.
Bisweilen hört man Stimmen, die, uns Àhnlich den Unter-
nehmer-Kartellen (Syndikaten) mit dem Zwecke der Mono-
polisierung kennzeichnen. Wenn wir aber den Wert unserer
Arbeitskraft durch Kontingentierung hochbringen wollen,
werden wir wohl zwar privatwirtschaftliche Vorteile er-
langen, aber volkswirtschaftliche Werte zerstören. Daà wir
ganz im Gegenteil dies nicht wollen, ist bekannt und schon
oft von uns gefordert worden, da wir in der freien Arztwahl
das strikte Gegenteil der Kontingentierung erstreben. â Wir
sind aber nicht nur âInteressentenverbĂ€nlde", weil wir eine
VergröĂerung des Anteils der Lohnarbeiter am Ertrags d< a
privatwirtschaftlichen Produktion fordern, wir wollen auch
unter einem âethischen" Gesichtswinkel angesehen werden,
denn wir sind einem gewissen Selbstzwang unterworfen, dem
die Selbstdisziplin innewohnt, wie z. B. in den Àrztlicher-
seits erwÀhlten Kontrollkommissionen sich darstellt, wir
suchen damit auch die gegenteiligen Interessen zu vertreten,
den sogen, âsozialen Frieden" durch UeberbrĂŒckung der
GegensÀtze zu vertiefen. Somit ist auch das Ideal einer Or-
ganisation fixiert, die nicht Selbstzweck sein soll, sondern
sich nach den Zielen der allgemeinen sittlichen Bedingungen
der âMelioration" richtet. Und es ist im Interesse der Volks-
wirtschaft, wenn die Aerzte selbst ihre Interessen in die
Hand nehmen, daĂ nicht durch Sich -Verlassen auf den
Staat, der fĂŒr alle und alles zu sorgen habe, ein gewaltiger
Niedergang des SelbstbewuĂtseins und durch den Mangel der
Differenzierung, der Reibungslosigkeit, ein Tiefstand der
Kultur erreicht wird. Im Gegenteil: durch freie Ver-
einbarung der VertragschlieĂenden mit
möglichster Ausschaltung des Staates soll
eine SolidaritĂ€t, eine Arbeits âgemeinschaft"
beider Vertragskomparenten Platz greifen.
Dies ist besser als der âRuf nach Staatshilfe", denn es ver-
knĂŒpft âsozial", d. h. gesellschaftsfördernd zwei entgegen-
stehende Interessenvertretungen. â Wenn wir den Begriff der
âLohnpyramide" als gegeben erachten wollen, so können wir
wohl sagen, daà wir in der öffentlichen Bewertung und ihrer
gesetzlichen Fixierung (GebĂŒhren-Ordnung) so ziemlich auf
der âSpitze" plaziert sind â man halte nun dagegen, was fĂŒr
eine Entlohnung uns durch die Zwangsversicherung ange-
boten wird, um die Differenz zu erfassen und uns plötzlich
bis an die âBasis" âherabgerutscht" zu erblicken.
Die Ueberspannung des Versicherungsgedankens zwingt
diktatorisch einen Beruf, die AusĂŒbung bei einer vom Staate
geschaffenen Einrichtung zu anderem Lohn als zu dem staat-
lich festgelegten (GebĂŒhren-Ordnung) vorzunehmen und ihn
zu den âGrenzkulis" zu rechnen, die unter dem höchsten
âsozialen Drucke" stehen. WĂ€hrend also bei den Arbeitern die
Entlohnung in einer sogenannten ânatĂŒrlichen Distanz" er-
folgt, die âelastisch" ist, sehen wir bei uns den Schritt vom
Privat- zum Kassenarzt als einen Sprung in die Tiefe vor
sich gehen. â
Wir Aerzte haben durch die âPsychophysik der Arbeit"
festgestellt, daĂ fĂŒr jede Arbeit ein gewisses Optimum ge-
geben ist; wir alle wissen aus eigener Erfahrung, daĂ ge-
sammelte Ă€rztliche TĂ€tigkeit schneller zum Ziele fĂŒhrt, wenn
auch die Arbeitszeit, nicht uferlos gesenkt werden kann, um
dadurch auch wieder UnlustgefĂŒhle auszulösen. Wir alle
wissen, wie es am besten ist, wenn man im âTritt" bleibt,
nicht, daĂ durch geringe Arbeit diese ĂŒberhaupt nicht mehr
recht ,schmeckt". DaĂ also bessere Arbeitsbedingungen die
âArbeitsintensitĂ€t" fördern, braucht vor einem Parterre von
Aerzten nicht genauer erklÀrt zu werden, wie auch unter allen
UmstĂ€nden die âMelioration" der Produktion zugute kommt.
â Ob die Unternehmer durch zu kleinen Gewinn sich nicht
subjektiv abhalten lassen, also âunternehmermĂŒde" werden,
kommt hei den Kassen in der heutigen Auffassung âgroĂer
Umsatz, kleiner Nutzen" nicht in Betracht, weil der Staat
durch die öffentlich-rechtliche Stellung ihnen gewĂ€hrt, daĂ
sie durch erhöhte BeitrÀge ihren Hausha.lt besser fundieren
können; daĂ aber objektiv durch zu groĂe BetriebsfĂŒhrung
noch ein gröĂerer ökonomischer Nutzen herausspringt, wird
verneint, und man kann diese Begrenzung auch bei unserer
Kassenpraxis annehmen.
272
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 12
Wenn nun durch Erschöpfung des Antriebes zu funktio-
neller Anpassung mancherorts ein gewisser Stillstand in" der
AufwÀrtsbewegung der Gewerkschaftsforderungen eintritt, so
darf dies aber nicht hindern, daĂ namentlich bei den reichs-
zentralen AbschlĂŒssen, wo mit zentralisierter Front gekĂ€mpft
wird, eine Höchstgrenze der Honorare fixiert wird, weil an-
derenorts die AufwĂ€rtsbewegung noch nicht zum AbschluĂ
gekommen zu sein braucht. DaĂ dabei aber auch âmate-
rielle Wohlfahrt" mit den âZielen der Menschheit" nicht
kollidiert, dafĂŒr sorgt schon die RĂ€son, die sich die Kassen
nach dem Ausspruch eines Ministers annektiert haben: es
steht zu befĂŒrchten, daĂ die (gesetzlich fixierte Höhe, d. h.
eigentlich Mindestgrenze der) Bezahlung der Einzelleistung
zur Norm werden könne. â
Der Arzt, seitdem die Gleichberechtigung durch
die Tarifpolitik verankert ist, will nicht mehr als âObjekt
der Produktion" gelten, sondern auch subjektiv bei ihr mit-
wirken, weshalb aber auch logischerweise eine genĂŒgende
und erfolgreiche Arbeitskraft zur VerfĂŒgung gestellt wird-
wir haben Vereinbarungen, wo die Organisation zu einer
ausreichenden Anzahl von Aerzten sich verpflichtet hat, dem
andern Falle entsprechen die bekannten KontrollmaĂnahmen
der Aerzte. Und ebenso wie beim Arbeiter ist durch Besser-
stellung des Arztes seine möglichst hohe Konsumtivkraft zu
erstreben â denn er tauscht ja seine Produktion gegen Kon-
sumtivguter ein, ebenfalls wie bei den Arbeitern ruht die
Produktionskostensteigerung auf den breiten Schultern der
gesamten âindustriellen Gemeinschaft", wird also bei den
Kassen den einzelnen nicht belÀstigen, aber andere Berufs-
zweige sekundÀr zu Àhnlichen Anforderungen anspornen und
somit eine âsozialpolitische Mission" erfĂŒllen.
Die vorliegende Arbeit soll als VorlĂ€ufer einer âGewerk-
schaftswissenschaft" figurieren, soll zwar objektiv gelten,
will natĂŒrlich aber speziell den Standpunkt des Arztes ver-
treten. Sie enthÀlt nur Gedanken" zur Anregung, auf diesem
Gebiete Mitarbeiter zu gewinnen.
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
Klinische Wochenschrift, Berlin.
28. Januar 1922, 1, Nr. 5.
âDie natĂŒrlichen Abwehrmittel des Körpers gegen die syphilitische Infektion
und ihre Beeinflussung besonders durch Quecksilber. Berge!.' 204.
âSalvarsan-Hirntod. Hennebe't g. 207.
âWirkungswert von Bulbus Scillae. M a r k w a 1 d e r. 212.
âKlinische Narkoserersuche mit Solaesthin. H e 1 1 w i g. 215.
Sero- und Chemotherapie der otogen&n und rhinogeuen Meningitis
b I e i s c h m a n n. 217.
âDie renale Schwangerschafts-Glykosurie als FrĂŒhsymptom der GravHitĂ€t.
Roubitschek. 220.
Zur Frage der Abortbehancllung. Sie fart. 221.
Die natĂŒrlichen Abwehrmittel des Körpers gegen die syphi-
litische Infektion und ihre Beeinflussung besonders durch Queck-
silber. Nach den Forschungen Bergel's sind die syphilitischen
Erscheinungen, die anatomisch sich als entzĂŒndliche lymphocy-
tÀre Infiltrationen prÀsentieren, eine nach chemotaktischen Ge-
setzen sich vollziehende Folge der SpirochÀ.teninfektion. Die
Lymphozyten und ihre Bildungsorgane, die LymphdrĂŒsen, sind die
Antistoff bildner gegenĂŒber den SpirochĂ€ten. WĂ€hrend nun das
Salyarsan direkt die SpirochÀten abtötet, wirkt das Quecksilber
auf die lymphoyde Umwallungszone, welche der Körper als Ab-
wehraktion gegen die SpirochÀten aufgerichtet hat. Es wirkt
also nicht auf die Krankheitserreger, sondern auf die Krankheits-
produkte. â
Ueber den Salvarsan-Hirntod. Es werden drei FĂ€lle von Sal-
varsan-Hirntod beschrieben. Bei zweien fand sich das bereits
bekannte Bild der sogen, hÀmorrhagischen Salvarsanenzephalitis,
beim dritten ergab die Sektion den ungewöhnlichen Befund einer
groĂen kompakten Blutung in der BrĂŒcke. Irgend ein Faktor,
auf dessen Rechnung der ungĂŒnstige Ausgang der Salvarsan-
behandlung hÀtte gesetzt werden können,, lieà sich in den mit<-
geteilten Beobachtungen nicht ausfindig machen. Die bisher ver-
öffentlichten Sektionsbefunde sprechen keineswegs fĂŒr die An-
nahme, daà luetische VerÀnderungen eine Rolle spielen.
Wirkungswert von Bulbus Scillae. Die Meerzwiebel, Bulbus
Scillae, frĂŒher als Diureticum bekannt, hat in unserer Zeit jede
gröĂere praktische Bedeutung eingebĂŒĂt. Just vor einigen Jahren
hat F. Mendel wieder auf ihre nicht zu unterschÀtzende Wirksam-
keit als Herzmittel aufmerksam gemacht. Verf. hat am Frosch
den pharmakologischen Wirkungswert der Droge, worĂŒber bisher
nichts bekannt war, ermittelt. Mendel hat als wirksame Dosis
fĂŒr den Menschen 0,3 gr pro dosi und 0,9 gr pro die ausprobiert,
und zwar vom Pulver der Droge.
Klinische Narkoseversuche mit Solaesthin. Klinische Ver-
suche mit einem neuen Narkotikum â Solaestliin â erwiesen
dieses als geeignet und völlig gefahrlos fĂŒr folgende Indikationen
1. Kurzdauernde Eingriffe,
2. Einleitung zur Vollnarkose,
3. Halbnarkose in Kombination mit örtlicher BetÀubung.
Die renale Sehwangerschaftsglykosurie als FrĂŒhsymptom der
GraviditÀt. Durch Verabreichung von 10 gr Traubenzucker und
nachfolgender Injektion von 14 cem Adrenalinlösung 1:1000 ist es
dem Verf. gelungen, bei Frauen in FrĂŒhstadien der Schwanger-
schaft Zuckerausscheidung zu erzeugen. Die Untersuchung des
Blutzuckers ergab nach AusfĂŒhrung der Probe keine erhöhten
Werte. Demnach kann die Glykosurie nicht auf einer Hyper-
glykÀmie beruhen, sondern muà realen Ursprungs sein. (Ab-
norme DurchlĂ€ssigkeit des Nierenfilters). Die Probe ist fĂŒr den
Praktiker sehr leicht auszufĂŒhren und bietet zur FrĂŒherkennung
der Schwangerschaft â selbst ohne Blutzuckeruntersuchung -
eine wertvolle Handhabe.
A . MĂŒnz e r
4. Februar 1922, 1. Nr. 6.
âUeber den Bauchschmerz und seine differentialdiagnostische Bewertung bei
akuten abdominellen Erkrankungein. K a r e vr s k i. 253.
Der Kalziumspiegel im Blute und seine Beeinflussung durch verschiedene
Gifte. B i 1 1 i g h e i m e r. 256.
âDie chronische Duodenalstenose. Meye r. 259.
Uetier die morphologischen Bestandteile des Duodenalinhaltes und ihre diffe-
reutialdiagnostische Bedeutung. Langanke. 260.
âEine bisher unbekannte Form der tzoosperrrĂŒe. P o s n e r. 261.
âUeber einseitige Salvarsan-Embarin- und Salvarsan-Cvarsal-Behaudluue
Khpsteip. 262. *
âZur Behandlung der DiphtheriebazillentiĂ€ger mit Diphthos.i i Schei-
ch e r. 264.
âPsychische Anomalien im Kleinkindesalter. G ö t t. 265.
Paroxysmale Tachykardie. De B o e r. 269.
Die PrÀdisposition der Vorhöfe zum Flimmern., De B o e r. 269.
Ueber Heilprinzipien der akuten ErnÀhrungsstörungen im SÀuglingsalter und
die Möglichkeit einer Koliserumtherapie. Langer und Menser t. 270.
ĂŒeiber den Infektionsweg bei Ascaris. F ĂŒ 1 1 e b o r n. 270.
Oberschenkel-Osteomyelitis nach Zahnbehandlung. Schultzc. 271.
â Ueber die Röntgenbehandlung der Basedowschen Krankheit. Hsude k unl
K r i s e r. 271.
Ueber den Bauchschmerz und seine differentialdiagnosrische
Bewertung bei akuten abdominellen Erkrankungen. Die von den
inneren Organen ausgehenden Reize werden durch Uebertragung
auf die Bahnen der in den zugehörigen oder eng benachbarten
Teilen verlaufenden Fasern sowohl des sympathischen als auch
des cerebrospinalen Nervensystems dem BewuĂtsein zugefĂŒhrt.
Wenn die von den Organen ausgehenden Reize nicht den Grad
erreicht haben, welcher zur Sensibilisierung des Sympathikus be-
nötigt wird, können die Erkrankungen schmerzlos verlaufen. -
Jede direkte Irritation des parietalen Bauchfells aber, d. h. der
spinalen Nervenfasern, muĂ alsbald Schmerz erzeugen. Wir ken
nen 4 Arten sensibler abdomineller Erscheinungen:" die Kolik, den
BlÀhungsschmerz, den spontanen, fixen und den zu diagnostischen
Zwecken vom Arzt erzeugten Druck. Als wichtig ist hervorzu-
heben, daĂ die Angaben ĂŒber den Silz der Kolik sehr oft nicht den
tatsÀchlichen UrsprungsstÀtten entsprechen. Der fixe Bauch-
schmerz ist im allgemeinen der Ausdruck des Ueberspringens der
Organerkrankung auf das . pariclale Peritoneum. Eine vor-
sichtige und kritische Analyse des Bauchschmerzes vermittelt
wichtige AufschlĂŒsse ĂŒber die Natur akuter abdomineller Erkran-
kungen.
40. Jahrg. â Nr. 12.
Aus den neuesten Zeitschriften
27:{
Die chronische Duodenalstenose, Kasuistischer Beitrag: Bei
zwei Patienten fanden sieh klinisch Erscheinungen von Pylorus
steoose. Die Röntgenuntersuchung ergab DauerfĂŒllung des
Zwölffingerdarms, peristaltische Kontraktionen, Antiperistal-
lik ohne jeden Effekt fĂŒr die nĂ€chsten 20 Minuten, alsdann lang-
same DĂŒnndarmfĂŒllung. Nach ĂŒ Stunden deutlicher Rest im
Klagen. Es handelt sich in diesen FĂ€llen um die liefsitzende chro-
nische Duodenalstenose, deren Ursache noch wenig geklÀrt ist.
Vielleicht handelt es sich wie beim arlcriomesenterialen Duo-
dcnalverschluĂ um rein mechanische Hindernisse.
Eine bisher unbekannte Form der Azoospermie. Bisher waren
zwei Formen von Azoospermie bekannt. Die erste Form beruht
auf einer InaktivitÀt der Hoden, wodurch die Produktion der
SamenfÀden gehemmt wird; sie kommt als angeborener oder er-
; worbener Zustand vor. Die zweite Form ist die sogenannte Obli-
^terations-Azoospermie, bei der infolge von AbfluĂhindcrnissen die
'Spermatozoen sich nicht dem Ejaculat beimischen können; als
leigentliche Ursache kommt hier vorwiegend die gonorrhoische
iNebenhodenentzĂŒndung in Frage. â Auf Grund eigener Beobach-
Itungen stellt Verf. noch eine dritte Gruppe auf, die er als ange-
borene Obliterations-Azoospermie bezeichnet. Diese Form gleicht
jvöllig der zweiten, nur fehlt bei allen hierhergehörigen FÀllen
fjeder Hinweis auf eine voraufgegangene Erkrankung.
Ueber einzeitige Salvarsan-Embarin- und Salvarsan-Cyarsal-
[Behandlung. Durch die einzeitige Salvarsan-Embarin- und Sal-
Ivarsan-Cyarsal-Behandlung werden die syphilitischen Symptome
â rasch beseitigt, die Wassermannsche Reaktion gĂŒnstig beeinfluĂt
[und ernstere ZwischenfÀlle nicht verursacht. Ein Hauptvorteil
Eier einzeitigen Behandlung liegt in ihrer absoluten Schmerzlosig-
Ikeit, die besonders gegenĂŒber den schmerzhaften intramuskulĂ€ren
: Hg.-Injektionen ins Gewicht fÀllt.
Zur Behandlung der DiphthcriebazillentrÀger mit Diphthosan.
[Mit Diphthosan, einem Flavicid-PrĂ€parat, wurden gĂŒnstige Er-
bfolge bei der Behandlung von DiphtheriebazillentrÀgern erzielt.
Psychische Anomalien im Kleinkindesaltcr. Zwei Hauptgrup-
Ipen von psychischen Anomalien sind im Kleinkindalter zu unter-
scheiden: 1. die Defekte auf dem Gebiete der Intelligenz, die
rSchwachslnnsformen; 2. die Störungen auf dem Gebiete der Ge-
mĂŒts- und Willensbildung, die als Psychopathie bezeichnet wer-
ben. Unter den Schwachsinnsformen sind besonders hervorzu-
heben die infantile Myxidiotie, die mongoloide Idiotie, die infan-
tile amaurotische Idiotie, der Schwachsinn nach Gehirnerkran-
kungen, bei angeborener Syphilis, bei Rachitis und nach Tetanie.
Manches, was auf den ersten Blick wie eine schwere psychische
AbnormitÀt aussieht, ist beim SÀugling und kleinen Kinde nichts
fals eine durch ungĂŒnstige Ă€uĂere EinflĂŒsse minleilet^ geistige
Entwicklung.
Ueber die Röntgenbehandlung der Basedowschen Krankheit.
Die Röntgenbestrahlung bei Basedowscher Krankheil ist von her-
vorragender Wirksamkeit. MiĂerfolge kommen natĂŒrlich vor
|Die Verfasser zitieren die Worte, die Nagelschmid ausge-
sprochen hat: âEs sollte kein einziger Fall von Basedow ope-
riert werden, bei dem nicht vorher energische Versuche mit der
Röntgenbehandlung gemacht wurden." A. M ĂŒ n z e r.
Medicinische Klinik.
29. Januar 1922, 18, Nr. 5.
âTherapeutische Eingriffe bei Pleuracrkrankungen. 0 o b e t. 133.
Zur Korrelation der BlutilrĂŒsen. Wagner und P a r n a s. 137.
Umfrage ĂŒber die neue Influenzaepidemie. 140.
Ueiber die Behandlung des septischen Aborts. II a 1 b a n. 140.
Die Feststellung des Kopfstandes bei der geburtshilflichen Untersuchung.
K r i t z 1 c r. 141.
Zur Frage der SexualitÀt bei sporadischem Kretinismus. Wollenberg.
144.
Vier Jahre weiterer Erfahrungen mit Testogan und Thelygan. Bloch. 145.
âDie Behandlung der chronischen Obstipation mit Paraffin. Zweig. 147.
Praktische Versuche zur Liquordiagnostik mittels Kongorubin. v. G u t -
f e 1 d und Weigert. 148.
Die akuten infektiösen Magen-Darmerkrankungen des SÀuglingsalters.
(SchluĂ.) BlĂŒhdorn. 149.
Bin Verfahren zur Auffindung von Hirntumoren nach der Trepanation durch
Messung des elektrischen Leitungswiderstandes. Brand enb urg. 150.
Therapeutische Eingriffe bei Plcuraerkrankungen. Cobet
gibt gewisse Richtlinien fĂŒr die Behandlung der PleuraergĂŒsse,
ohne hierbei schematisieren zu wollen. Die Behandlung der Pleu-
ritis sicca mit kĂŒnstlichem Pneumothorax ist noch zu wenig er-
probt, um ein abschlieĂendes Urteil fĂ€llen zu können; jedenfalls
ist sie nicht zu empfehlen, wenn Neigung zur Exsudatbildung be-
steht Auch bei der croupösen Pneumonie mit begleitender Pleuritis
sind die Erfahrungen mit der Pneumothoraxbehandlung noch zu
gering. Bei der exsudativen serösen bezw. sero-fibrinösen Pleu
ritis ist einmal der Zeitpunkt der Punktion und zweitens der Er-
satz der FlĂŒssigkeit durch Gas zu erwĂ€gen. Sieht man von den
FĂ€llen ab, wo aus Indicatio Vitalis die Punktion vorgenommen
werden muĂ, so wird man auf die Punktion nur in den FĂ€llen von
kleinen Exsudaten mit Neigung zur Resorption verzichten; in allen
anderen FĂ€llen wird man sie ausfĂŒhren und zwar tunlichst frĂŒh
zeilig, jedoch nur dann, wenn acut entzĂŒndliche Erscheinungen
nicht mehr vorhanden sind. Ersatz der PunklionsflĂŒssigkeit durch
Gas kommt aber nur in den Àlteren FÀllen mit vollkommener Ent-
leerung des Exsudats in Frage; wo aus Indicatio Vitalis die Punk
tion vorgenommen wurde, wird man darauf verzichten. Die Luft-
einblasung selbst kann entweder mit dem Pncumolhoraxapparat
oder in Form der offnen Pleurapunktion geschehen. HĂ€morrhagi-
sche PleuraergĂŒsse â durch Tumor oder Tuberkulose bedingt
sind nur aus dringender Indicalion zu punktieren und nuf kleine
Mengen zu entfernen. Bei progredienter Lungentuberkulose wir-
ken' die Pleuraexsudate gĂŒnstig auf den, LungenprozeĂ durch die
Comprcssion der Lungen; bei ihrer Ablassung ist daher der Er-
satz durch Gas erforderlich, um nicht durch die Ausdehnung der
Lungen eine Mobilisation der Tuberkulose zu begĂŒnstigen. Beim
Seropneumothorax ist ein Ablassen von Gas oder Exsudat nur so
weit vorzunehmen, als durch das auftretende Exsudat eine Druck-
slcigerung erfolgt ist. Beim Empyem kommt entweder die
BĂŒlau'sche Heberdrainage oder die Rippenresection in Frage; beide
Verfahren haben ihre Vor- und Nachteile; Verf. tritt jedoch mehr
fĂŒr die Resection ein, da sie fĂŒr die Erhallung des Lebens siche-
rer erscheint. Contraindiciert ist die Rippenresection beim para-
pneumonischen Empyem, das sich von selbst resorbiert, und bei
allen Empyemen der Pleura, die durch frische virulente Infektion
der Pleura hervorgerufen sind â Grippeempyem â ferner beim
infizierten HĂ€mothorax nach LungenschuĂ. Auch beim rein tu-
berkulösen Pleuraempyem ist die Punktion mit dosiertem Gas-
ersatz nach Ablauf des acuten Stadiums der Resection vorzuziehen,
da durch diese die Kompression der Lunge nicht gewÀhrleistet ist.
Bei mischinfiziertem tuberkulösem Empyem ist die Thoracotomie
nur dann zu machen, wenn die Schwere des Falles es erfordert,
sonst ist die Punktionsbehandlung mit Gasersatz zu versuchen
Die Behandlung der chronischen Obstipation mit Paraffin.
Zweig macht infolge der Unmöglichkeit einer diÀtetischen Be-
handlung der chronischen Obstipation infolge Mangels der meisten
hierzu erforderlichen Nahrungsmittel auf die Paraffintherapie
aufmerksam und insbesondere auf ein neueres PrÀparat, Christo-
lax, das aus 50% Paraffinum liquidum purissimum und 50% Extr.
Marli siccum besteht und sich in einer Dosis von dreimal tÀglich
einem EIHöffel in Wasser, Tee oder Kaffee gut bewÀhrt hat.
Silber mann (CharloltenburgV
Wiener Archiv fyr innere Medizin, Berlin.
15. November 1921, 3, Heft 1/2.
Experimentelle und anatomische Untersuchungen zur Frage der KĂ€lte
nephritis. Gaisböck, F. 1.
Ueher die seitlich oberflĂ€chliche Ausbreitung der StoĂwirkung bei der Per
kussion und ĂŒber eine Methode der Perkussion mit SeitenschalldĂ€mpfiing.
Lehn' dorff, A. 45.
âą{»Die kutane Diagnostik innerer Krankheiten. K a h a n e. M. 67.
Ueher die Ve.rwertbarkeit des MĂŒnzenklanges fĂŒr die klinische Diagnostik.
Kollort, V. III.
Zur Pathogenese der essentiellen Hypertonie. Kahler. II. 125.
âUeber die Novasuroldiurese. S a x 1, P.. und Heilig, R. 141.
BeitrĂ€ge zur Frage des Ikterus mit besonderer BerĂŒcksichtigung der Duo
denalsaft- und Serumuntcrsucluing. S t r i s o w e r. R. 153.
Ueber ein- eigenartiges Krankheitsbild: Kachexie und poly glandulÀre In-
suffizienz der DrĂŒsen mit Ă€uĂerer und innerer Sekretion. Edelmann.
A.. und S ax 1, P. 227.
â Ueber parakardiale DĂ€mpfungsgebiete. Felsenreich. G. 235.
Zur Theorie des arteriellen Minimaldruckes und dessen Bestimn mg.
P c 1 1 e r, S. 249.
Ueber das Asthma cardiale und seine Beziehungen zum Lungenödem. Hess.
L. 263.
BeitrĂ€ge zur Kenntnis ĂŒber die Ausscheidung des Harneisens. Kisch.
F. 283.
Beobachtungen ĂŒber die SchweiĂsekratiou beim Menschen. P e 1 1 e r . S..
und Strisower, R. 297.
â Zur Differentialdiagnose urĂ€mischer ZustĂ€nde. Beth. H. 309.
â Klinische Beobachtungen ĂŒber Nierenfunktion und Blutdrucksenkung.
M ĂŒ I 1 c r - D e h a m, A. 323.
âChinin als Herz- und GefaĂmittet. Singer, R.. und W i n t e r b e r g.
H. 329.
Bemerkungen zu Höglers Arbeit ..Ueber Akropaehie1'. P a s c h k i s. K. Sfl6.
Die kutane Diagnostik innerer Krankheiten. Das Wesen der
kutanen Diagnostik besteht in der Verwendung von HautphÀno-
menen zur Erkennung von Erkrankungen innerer Organe. Es
werden diagnostisch jene HautphÀnomene verwertet, die sich aus
den physiologischen und pathologischen Beziehungen zwischen
274
Aas den neuesten Zeilschriften
40. Jahrg. â Nr. 12.
Haut- und Viszeralnerven innerhalb des RĂŒckenmarks ableiten
lassen. Zu diesen HautphÀnomenen gehören die hyperalgetischen
Hautzonen von Head, die regionÀre HyperÀsthesie der Haut, die
verschiedenen provozierten und stabilen Erytheme, Oedeme, regio-
nÀrer Herpes zoster, sowie die kombinierten Reaktionen der sen-
sorischen und vasomotorischen Hautnerven auf den galvanischen
Strom. Die genannten PhÀnomene lassen sich nach verschiedenen
Gesichtspunkten als subjektive und objektive, latente und mani-
feste, labile und stabile, spontane und provozierte, regionÀre und
distante, universelle oder an bestimmte Stellen gebundene, kon-
stante und okkasionelle PhÀnomene unterscheiden. Eine allge-
mein diagnostische Verwertbarkeit kommt nur den Headschen
Zonen und der galvano-palpatorischen Reaktion zu, da nur diese
beiden an allen Stellen zur Gellung kommen und in ihrem Auf-
treten an keine besonderen Bedingungen geknĂŒpft sind, sondern
nur an die initativ-entzĂŒndliche Natur der vorliegenden Erkran-
kung. Alle anderen PhÀnomene treten an diagnostischer Verwert-
barkeit zurĂŒck, weil sie entweder an sich seltene Vorkommnisse
darstellen, wie der Herpes zoster, an eine bestimmte Stelle und eine
bestimmte Organerkrankung geknĂŒpft sind, wie das stabile
Erythem bei Aortenerkrankungen, oder ĂŒberhaupt keinen regio-
nĂ€ren, d. h. fĂŒr die Lokalisationsdiagnose verwertbaren Charakter
besitzen, wie das Hautödem bei Abdominalerkrankungen. Die Me-
thodik wird nicht genau angesehen und ist in den frĂŒheren Ar-
beiten (Zeitschr. f. phvsik. u. diÀt. Ther. 1912, Bd. XVI; W. Kl. W.
1916, Nr. 49; W. m. W. 1919, Nr. 38â40; Med. Kl. 1920, 47) be-
schrieben. Die speziellen Einzelheiten und Ergebnisse mĂŒssen im
Original nachgelesen werden. Der Vorzug der Methode gegenĂŒber
den Headschen Zonen liegt in dem ausgeprÀgt regionÀren Charak-
ter der Beaktion, der einen unmittelbaren SchluĂ auf den Sitz
des Krankheitsherdes gestattet, wobei auch auf die Art der Er-
krankung insoweit geschlossen werden kann, als positive Reak-
tion bisher nur bei entzĂŒndlichen Erkrankungen beobachtet
wurde.
Ueber die Novasurol-Diurese. Guter Erfolg bei kardialem
Hydrops, bei Nephrose und Leberzirrhose. Kontraindikation;
Fieber, Kachexie, Marasmus, Glomeruloneohritis. GĂŒnstig wirkt
vorherige Digitalisierung. Bei mehreren FĂ€llen chronische Ver-
abreichung: alle 2 Tage 4, im ganzen 4 â 10 Injektionen, nach
einigen Wochen Wiederholung. Das Kochsalz stieg unter Nova-
surol im Urin und in den Transsudaten an und fiel im Blut ab.
Dabei Hyperchlorurie lÀnger als HyperchlorÀmie. Regulation der
Kochsalzausscheidung in den Geweben. Ob man Hypo- oder Hy-
perchlorÀmie bei einem Diuretikum findet, hÀngt von der Aus-
scheidungsgeschwindigkeit der Niere fĂŒr Kochsalz und Wasser
ab, das aus den Geweben angeboten wird. Bei Novasurol ist diese
Geschwindigkeit sehr groĂ. Mit dem Wasserstrom geht ein Ei-
weiĂstrom aus den Geweben. Die Wasserdiurese ist abhĂ€ngig von
der in den Geweben disnoniblen Wassermenge, nicht vom Wasser-
gehalt des Blutes. Atronin und groĂe Kochsalzgaben hemmen
zeitweise die Novasuroldiurese, wobei Atropin in der Niere,
Kochsalz im Gewebe angreift.
Ueber parakardiale DĂ€mpfungsgebiete. Bei genauer Per-
kussion grenzt die relative HerzdÀmpfung nicht direkt an vollen
und hellen Lungenschall an. sondern dieselben sind nach 2 Zonen
mehr weniger gedÀmnften Schalles oft mit leicht hypersonorem
Beiklang und vermindertem BesistenzgefĂŒhl vorgelagert, wodurch
die perkutorische Bestimmung der wahren HerzsröTie besonders
unter pathologischen VerhÀltnissen ganz wesentlich erschwert
sein kann. Die der Herzsilhouette unmittelbar sich anschlieĂende
Zone stÀrkerer Schallverminderung, ungefÀhr innerhalb der Pa-
rasternallinie beiderseits, bezeichnet Verf. als HilusdÀmofung.
Eine ausgesprochene VerstÀrkung dieser DÀmnfun» findet sich
bei Stauung im kleinen Kreislauf und bei DrĂŒsenschwellungen.
Die BegleitdÀmnfung entspricht normalerweise dem Gebiete ganz
leichten verkĂŒrzten Schalls zwischen HilusdĂ€mpfung und vollem
Lungerschall und reicht ungefÀhr bis zur ParaSternallinie oder
einer Vertikalen innerhalb der Mamillarlinie. Schwirren und
starke SchallverkĂŒrzung findet sich hier oft bei Stauung im Pul-
monalkreislauf kardialer Genese. ,
Zur Differentialdia c;nose urÀmischer ZustÀnde. Verf. beob-
achtete bei chron. Nephritis und maligner Nephrosklerose
Diagnose zum Teil durch Obduktion bestÀtigt) auffallende Unter-
schiede im Bilirubinsniegel des Serums und in der Urobilinogen-
ausscheidung durch den Harn. Bei malignen Nephrosklerosen ist
der Bilimbingehalt des Serums und die Urobilinosenausscheidung
im Wasser als das normal zu Erwartende, bei der chronischen
Nephritis dagegen vielleicht als pathologisch zu bezeichne^.
Klinische Beobachtungen ĂŒber Nierenfunktion und Blutdruck-
. Senkung. Bei klinischen FĂ€llen mit pathologisch niederem Blut-
druck zeigt die NierenfunktionsprĂŒfung â in Uebereinstimmung
mit experimentellen Erfahrungen â erhebliche Störungen der
Wasserausscheidung wie der KonzentrationsfÀhigkeit.
Chinin al9 Herz- und GefĂ€Ămittel. Eingehende mit zahlreiche
E. k. G. belegte Arbeit ĂŒber die Chininwirkung.
F. Loewenhardt (Charlottenburg-Westend. )
Archiv fĂŒr klinische Chirurgie.
1921, 117, Heft 4.
(Festschrift fĂŒr Erwin Payr.)
Ueber BauchschuĂ und Schock. Kleinschmidt. O. 569.
Ueber Induratio penis plastica nebst einem Beitrag zu ihrer operativen Be-
handlung. Sonntag. 612.
âErfahrungen und Erfolge nach blutiger Mobilisierung versteifter statisch be-
lasteter Gelenke. H o h 1 b a u m . .1. 647.
Der operative VerschluĂ des kĂŒnstlichen Afters ohne Spornquetschung.
G o h r e 1 s. 705.
âUnsere Erfahrungen und experimentellen Untersuchungen bei Wunddipb-
therie. Franke nthal. L. 716.
Die bewegliche X-Bippe als Stigma enteroptotieum. Kastner. H. 737.1
âPathologische Luxation im ersten Metatarsophalangealgelenk. KortieJ
b 0 r n. 752. âą
âOperative Behandlung * hartnĂ€ckiger SpitzfuĂstellungen der FuĂsrĂŒ.npfe.
Kortzeb orn. 758.
Ein Fall von Luxationsfraktur des Os metacarpale 1 mit Fraktur de» Mult.in-
gulum reanis. Halter, G. 761.
Beitrag zur Kenntnis des partiellen Magen volvulus bei einem Zwerchfell-
defekt kompliziert durch ein blutendes MagengesĂ€bwĂŒr. Boysen.
J. 768.
Zur Insuffizienz der Valvula Bauhini. II r o m a d a . G. 784.
Ueber einen Fall von Blutzyste des Mesocolon transversum unter gleichzei-
tiger BerĂŒcksichtigung der Diffcrentiabliagnose und Therapie der Meseu-
terialzysten. Naumann. II. 819.
Ein eingehendes Verfahren zur VerhĂŒtung der Trennungsneurome. Hedri.
A. 842.
Erfahrungen und Erfolge nach blutiger Mobilisierung ver-
steifter, statisch belasteter Gelenke. Eingehender Bericht ĂŒber
Nachuntersuchungsergebnisse mobilisierter Kniegelenke (125),
HĂŒft- (20) und Sprunggelenke (4), teils Friedens:., teils Kriegs-
material. Vom Àtiologischen Standpunkt aus ergaben hinsicht-
lich der Kniegelenke die gonorrhoisch versteiften die besten
Resultate bei der Arthroplastik, die ungĂŒnstigsten dagegen An-
kylosen nach Sepsis (metastatische Einerungen!). Nicht beson-
ders gĂŒnstig sind auch die Aussichten bei rheumatisch versteiften
Kniegelenken. Bei Tuberkulose liegt die Gefahr des MiĂlingens
der Operation hauptsÀchlich im Wiederaufflackern des tuber-
kulösen Prozesses; sonst ganz gute Prognose. Nicht ungĂŒnstig
erweisen sich auch die Resultate bei SchuĂverletzungen, obwohl
gerade K^riegstraumen hÀufig noch spÀt eintretendes Wiederauf-
flackern latenter Infektion zeigen. BezĂŒglich der LeistungsfĂ€hig-
keit gelungener Nearthrosen wurde fast stets Gutes festge-
stellt, ganz besonders bei lĂ€nger zurĂŒckliegenden FĂ€llen, bei
denen sich auch eine Neigung zu EntzĂŒndung oder Schwellung
fand. Ver. weist ferner noch auf das Fehlen ausgeprÀgter Ar-
thritis deformans bei kĂŒnstlichen Nearthrosen hin. Hinsichtlich
der Prognose und Indikationsstellung steht im Vordergrunde die
Frage nach einer latenten Infektion; daher ist in jedem Falle
mindestens ein Jahr, bei Kriegsverletzungen zwei Jahre nach der
PrimÀrinfektion mit der Mobilisierung zu warten. Die oben er-
wĂ€hnten Ă€tiologischen Momente sind fĂŒr die Prognose zu ver-
werten. Die Erfahrungen bei der Mobilisierung des HĂŒftgelenkes
entsprechen durchschnittlich den beim Kniegelenke gemachten.
Die besten Besultate ergaben schlieĂlich FuĂgelenksmobili-
sierungen.
Exnerimentelle Untersuchungen bei Wunddiphtherie. Pas
wesentlichste der umfassenden Versuche an Tieren und Ven-
schen ist etwa folgendes: der Streptococcus haemolyt. lonsnis sei
erysinelatos bedingt die Ansiedlung des Diphtheriebazillus in
der Wunde in allen., schweren FĂ€llen und vermag auch erheblich
zur Virulenzsteigerung des letzteren beizutragen. Es snielt daher
die Mischinfektion bei der Wunddiphtherie eine gröĂere Rolle,
als man bisher annahm.
Pathologische Luxation im I. Metatarsophalangealgelenk.
WĂ€hrend Sublimationen in diesem Bezirk als Begleitserscheinunff
des Hallux valgus typisch sind, ist der beschriebene Fall kom-
pletter Luxation der groĂen Zehe bisher noch nicht veröffent-
licht worden. Die Ursache des Leidens bildete ein starker Hallux
valgus, bei dem wohl infolge Zuges der verkĂŒrzten Muskulatur
(Est. hall, long.) ein Abrutschen der GroĂzehenphalanx vom Mg
tatarsale I stattfand, ohne daà eine neue GelenkflÀche sich recht-
zeitig ausbildete.
40. Jahrg. â Nr. 12.
Aus den neuesten Zeitschriften
27.">
Operative Behandlung hartnĂ€ckiger SpitzfuĂstellungen »I *âą r
FuflstĂŒnipfe. Die Notwendigkeit der Erzielung guter Auftrilts-
tlĂ€chen hei AmputationsfuĂstĂŒmpfen erforderte bei einem Falle
residierender SpitzfuĂ Stellung ein operatives Vorgehen. Hierbei
zeigte sich, daĂ in solchen FĂ€llen die Tenotomie der Achilles-
sehne allein nicht genĂŒgt, sondern dar) vor allein auf vorhandene
Kapselschrumpfungen RĂŒcksicht zu nehmen isl.
L. Frosch (Berlin).
Zentralblatt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
4. Februar 1922, 46, Nr. 5.
<J»Intra partum spontan entstandenes BaucbdeckenhÀmatom. Lieh teil-
st e i n . F. 162.
Die Entstehline: der Trophoblast- und Sy iicytiallakurten des menschlichen
Eies. Hinselmann, II. lfi;">.
Ein Karzinomsarkom des Uterus. Klee, F. 166.
âŠZur Behandlung: der Plaeenta praevia. Hein lein. F. 170.
«frDcr fiinfprozentige Alkohol zur Blutsti Haine;. Roh. II. 176.
Ecbinokokkencyste im Douglas als Geburtsbindernis. Louros. X. L78.
Intra partum spontan entstandenes BauchdcckenhÀmatoni.
Bei einer 32 jÀhrigen ErstgebÀrenden entstand kurz nach der
ganz spontanen Geburt eines groĂen Kindes eine Geschwulst ober-
halb der Symphyse, die sich bei genauerer Untersuchung als
BauchdeckenhĂ€matom herausstellte. Die Frau kitte auĂerordent-
lich stark mitgepreĂt, so daĂ sie sogar BlutergĂŒsse in beiden
Konjunktiven bekam. Da die Patientin gleichz-MMg wegen eines
Nasen-Rachenkatarrhs Fieber hatte, wurde von einer operativen
Behandlung des BauchdeckenhÀmatoms abgesehen. Da Pressionen
(Kristeller, Crede usw.) nicht stattgefunden haben» und kein
Husten bestand, so ist die Entstehung des HĂ€matoms allein uif
den EinfluĂ der Bauchpresse zurĂŒckzufĂŒhren.
Zur Behandlung der Plaeenta praevia. An Hand des Mate
rials der Bochumer Frauenklinik tritt H. fĂŒr die Metreuryse als
Methode der Wahl fĂŒr die Behandlung der Plaeenta praevia ein.
Insbesondere hÀlt er die Lehre von Krönig und Sellheim,
daà beim vorliegenden Mutterkuchen die gefÀhrlichsten Blutungen
erst nach AusstoĂung der Plaeenta durch Atonia uteri auftreten
und daĂ deshalb die Entbindung durch Sectio caesarea vorzu-
ziehen sei, fĂŒr unhaltbar und irrig. Sodann tritt er den GrĂŒnden,
die von einer Beihe von Autoren gegen die Metreuryse ins Feld
gefĂŒhrt werden, entgegen. Diese sind: 1. Technische Schwierig-
keiten: Nur im Privathaus kann die Metreuryse schwierig sein;
Plaeenta praevia-FÀlle gehören aber in die Klinik. 2. Infektions-
gefahr: Auf Grund der Ergebnisse an der Bochumer Klinik ist
dieselbe als gering einzuschĂ€tzen. Auch die ausgefĂŒhrte Tampo-
nade zum Transport in die Klinik ist nicht so gefÀhrlich und die
Furcht mancher Praktiker davor sicher nicht gerechtfertigt. 3. Die
Unsicherheit der Blutstillung: Bei fast allen MetreurysenfÀllen
kam die Blutung promnt zum Stehen. 4. Die ungenĂŒgende Erwei-
terung des Muttermundes: Bei der in Bochum geĂŒbten Technik â
weicher Ballon mit etwa .500 cem 1 nroz. Lysollösung gefĂŒllt, Be-
lastung mit höchstens 500 g und Abwarfen des spontanen Aus-
stoĂens des Ballons â ist die Erweiterung des Muttermundes min-
destens handtellergroĂ. FĂ€lle mit rigider Cervix sind auszu-
schlieĂen. FĂŒr diese und fĂŒr ErstgebĂ€rende mit rigiden Weich-
teilen kommt die Sectio caesarea in Frage.
Der fiinfprozentige Alkohol zur Blutstillung. Reh empfiehl!
zur sofortigen Stillung von Blutungen aus der GebÀrmutter, seien
es atonische Nachblutungen, Blutungen post abortum oder
endometritische Blutungen, eine AusspĂŒlung des Uterus mit etwa
150 cem 50 prozentiger Alkohollösung vorzunehmen, Hie mittels
RĂŒcklaufkatheters innerhalb 1â2 Minuten nicht unter Druck den
Uterus passieren. Auch hei Blutungen aus der Blase ist die
Methode zu verwenden. Die blutstillende Wirkung des Alkohols
erklÀrt Verfasser einerseits durch eine Aetzwirkuna auf die Ge-
fĂ€ĂstĂŒmofe, andererseits durch den heftige Kontraktinnen an-
regenden Reiz. S peyer fBerlinV
Zentralblatt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
18. Februar 1922, 46, Nr. 7.
*">'!âą hyi tische Geburtsd mersohlaf. 8 e h uĂŒ t x e - B h o lvh o f , F. 247.
TDie Beeinflussung der sogenannten Ausfallserscheinungen durch Hypnose.
W o 1 f f , P. 25fi.
Zur Klinik und Pathologie der Adenomvos's,. Fr an kl; O. 241.
, Prinziniellf. Bemerkungen zur Technik der GroUtV|dfernbr<tr ibluu-.
Uler. W. 25!).
âŒUeber den diagnostischen therapeutischen Wert des Pnewnoabdomen bei
postnperativen Verwachsungen nach Laparotomien. F e 1 d m a n n , W.
262.
Siihperitoneales Dermoid als Qe'hHrtsTiiin'lerniW, K â ! n s <âą Ii u 1 t âą W. 266.
âą{»PrimĂ€re und RnfttresuWiatp d«r chirurgisch behandelten chronischen Adnex-
tumori'n auf Grund 0 jÀhrigen Material«. Probstner. A. 267.
Der hypnotische (»eburtsdĂŒmmerfichlnf. Da bei dem phar-
makodvnamischcn (Morphin Scopolamin usw.) DĂ€mmerschlaf
zweifellos SchÀdigungen auftreten können, suchte man an der
Heidelberger Univ. -Frauenklinik nach einem Mittel, das einerseits
den Gcburisschmcrz aufhebt oder wenigstens herabsetzt und
andererseits weder fĂŒr die Mutter noch fĂŒr das Kind Gefahren in
sich birgt. Man griff deshalb auf die schon in frĂŒheren Jahren
in der Geburlshilfe angewandte*Hypnose zurĂŒck. Im ganzen wird
ĂŒber 95 FĂ€lle berichtet, hei denen die Enthindung im hypno-
tischen DÀmmerschlaf vor sich ging. Voller Erfolg, also völlige
Schmerzfreiheit, wurde in 88,6 % der FĂ€lle erzielt. Nach besserer
Einarbeitung in die Methode, und nachdem reichlich Erfahrungen
gesammelt waren, kam unter den letzten 29 FĂ€llen ĂŒberhaupt
kein Versager mehr vor. Die bei den Geburten entstandenen
Dammrisse, und Episiotomiewunden konnten in der Hypnose ge-
nÀht werden, ebenso wurde gelegentlich die Kristellcr'sche
Expression, der Olshausen'sche und der Crede'schc Handgriff
schmerzlos ausgefĂŒhrt. Gefahren und SchĂ€digungen fĂŒr Mutter
und Kind bestehen bei der Hypnosegeburt sicher nicht. . Wehen-
beeintrÀchtigung und Geburtsverschleppung und die dadurch not-
wendigen Eingriffe können der Methode nicht zur Last gelegt
werden. Im Gegenteil könnte eher infolge der auf 'Befehl sehr
exakt arbeitenden Bauchpresse eine Geburtsbeschleunigung resul-
tieren. Vorbedingung fĂŒr ein gutes Gelingen des DĂ€mmerschlafs
wÀhrend der Geburt ist die hypnotische Vorbereitung in der
Schwangerschaft. Im allgemeinen wurden vier, bei schwer suage-
stiblen Personen auch mehr Vorhvnnosen ausgefĂŒhrt. Eine
Steigerung der SuggestibilitÀt, besonders durch die gegenseitige
Beeinflussung, wurde dadurch erreicht, daĂ stets mehrere Frauen
gleichzeitig hypnotisiert wurden. Aus diesen GrĂŒnden wird der
hypnotische GeburtsdĂ€mmerschlaft nur fĂŒr klinischen Betrieb
von Interesse sein, vom allgemeinen Praktiker aber nicht ver-
wertet werden können. Denn erstens hat dieser nicht die er-
forderliche Zeit dazu, und zweitens wird die Hypnose im Privat-
hause hĂ€ufig auf Schwierigkeiten stoĂen und schon deshalb oft
undurchfĂŒhrbar sein. FĂŒr geburtshilfliche Anstalten jedoch
scheint das Verfahren, besonders wegen seiner Gefahrlosigkeit
und guten Ergebnisse, empfehlenswert.
Die Beeinflussung der sogenannten Ausfallserscheinungen
durch Hypnose. Bei einer 34 jÀhrigen Patientin, die wegen an-
dauernder Blutungen und Schmerzen durch Böntgenstrahlen
kastriert worden war, konnten die Ausfallserscheinungen weder
durch Organotherapie, noch durch diĂ€tetisch-hygienische MaĂ-
nahmen, auch nicht durch den von Engelmann angegebenen
Aderlaà mit Erfolg bekÀmpft werden. Dagegen wurde durch eine
im hypnotischen Schlaf gegebene Suggestion ein guter theraneu-
tischer Erfolg erzielt: die Hvpnose hat also hierbei einen Ein-
fluĂ auf den komplizierten Mechanismus der Vasomotoren aus-
geĂŒbt. Verf. sieht hierdurch die Ansicht bestĂ€tigt, daĂ die Aus-
fallserscheinungen in der Hauptsache auf psychoneurotischer
Grundlage beruhen und dem innersekretorischen Ausfall nur eine
untergeordnete Bedeutung zukommt. â
Ueber den diagnostischen und therapeutischen Wert des
Pneiimoabdomen bei nostoperariven Verwachsungen nach Lanaro-
tomien. Im Gegensatz zu dem ablehnenden Urteil von Benthin
ĂŒber das Pneumoperitoneum lobt Feldmann das Verfahren, be-
sonders um Verwachsungen von Netz und Darm schlingen
mit der vorderen oder seitlichen Bauchwand, wie sie hauntsÀch'-
lich postoperativ nach Lanarotomien vorkommen, sichtbar zu
machen. Auch zu theraoeutischem Zwecke wurde die Einblasung
von Sauerstoff in die Bauchhöhle benutzt, und zwar um bei Re-
laoarotoöiien wegen postonerativer Verwachsungen nach deren
Durchtrennung und sorgfÀltigen Peritonisierung durch Abhebung
der vorderen Rauchwand erneute AdhÀsionsbildunsen zu ver-
hĂŒten. In 2 FĂ€llen wurde im AnschluĂ an die Operation durch
eine KanĂŒle 2 Liter Sauerstoff in die Rauchhöhle eingeblasen mit
dem Erfolge, daĂ die Patienten 1% resp. %' Jahr nach der Opera-
tion vollkommen beschwerdefrei waren.
PrimÀre und SoÀtrcsultate der chirurariseh behandelten
chronischen Adnextumoren auf Grund 5 jÀhrigen Materials.
Operiert wurde nur in FÀllen von seit Jahren bestehenden, hÀu-
fig rezidivierenden, jeder konservativen Therapie trotzenden Re-
schwerden, mehrere Monate nach Abklingen der letzten EntzĂŒn-
dung. Nur wo die soziale Lage lÀngere konservative Rehandlung
nicht ermöglichte, wurde schon frĂŒher zur Operation geschritten.
Im allgemeinen wurde radikal operiert, nur bei einseitigen Ent-
zĂŒndungen konservativ. Mit der radikalen Onerationsmethode
gelang es, in ÂŁ8,1% endgĂŒltige Heilung, bezw. 95,5 % vollstĂ€ndige
ArbeitsfÀhigkeit zu erzielen; die MortalitÀt betrug nicht ganz
2?6
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 12.
."> Prozent. Bei der konservativen Operation war zwar die Mor-
talitĂ€t â 0, die Dauerresultate aber bedeutend schlechter als bei
der radikalen Operation. Ausfallserscheinungen wurden sehr
hÀufig beobachtet, besonders bei Frauen mit nervöser Disposition.
In keinem Falle jedoch waren sie so hochgradig, daĂ sie den
guten Erfolg der Operation in Frage gestellt hÀtten.
# Speyer) Berlin).
Dermatologische Wochenschrift, Leipzig.
28. Januar 1922, Nr. 4.
Zwoi FĂ€lle von Keratodermia symmetrica. Wagner. Richard.
Experimentelle Untersuchungen ĂŒber die Lebensdauer der Spirochaeta pallida
unter Einwirkung verschiedener Bohandluugsweisen. Rubin. Eugen
und v. S s c n I k i r batyi , Siegmund.
4. Februar 1922, Nr. 5.
I'rotoplasmaaktivierung bzw. Sehwellenreiztherapie zur Behandlung von
Haut- und Haarleiden. KrĂŒger. M und Pfeiler. W.
â Experimentelle Untersuchungen ĂŒber i| . n all Ida
unter Einwirkung verschiedener Behandluugsweiseti. (SchluĂ). R n b i n.
Eugen und v. Szentkiralyi. Siegmund.
Klinische Erfahrungen mit dem JodprĂ€parat âMirion". Urban. Franz.
Experimentelle Untersuchungen ĂŒber die Lebensdauer der
der Spirochaeta pallida usw. Bei der Behandlung eines Luetikers
mit 10 % Hgsalicyl geht die Lebensdauer der SpirochÀten in den
syphilitischen LĂ€sionen parallel der Behandlung beziehungsweise
parallel der Heilung dieser LĂ€sionen; nur in sehr wenigen FĂ€llen
konnte die Fautlsche Behauptung bestÀtigt werden, daà durch
die Hg-Behandlung eine VerlÀngerung der Lebensdauer der Spiro-
chĂ€te eintritt. Werden zunĂ€chst 2 Hg-Injektionen im ĂŒblichen Ab-
stĂ€nde und dann Neosalvarsan gegeben, so können 10 â 12 Stunden
nach diesem, nicht aber mehr nach 24 Stunden SpirochÀten im
Reizserum gefunden werden. Ebenso sind bei reiner Neosalvarsan-
hehandlung genau wie beim Linserschen Neosalvarsan-Sublimat-
gemisch gleichfalls erst nach 24 Stunden die SpirochÀten voll-
kommen verschwunden; â danach wird durch Hg keinesfalls die
Widerstandskraft der SpirochÀten vermehrt.
Bat) ; Berlin
11 Februar1 1922, Nr. 6.
âŠlieber Lupus erythematodes acutus. G ö r 1.. L. und Voigt. Leonhard.
BeitrÀge zur Kenntnis der in der dermato-venereologischeu Praxis gebrÀuch-
lichen Balsamika. D e u Ă e n , Ernst.
Ueber Lupus erythematodes acutus. Der Lupus erythem. ist
keine tuberkulöse sondern eine sepsisartige Erkrankung; 1. sind
vielfach bei dieser Streptokokken im strömenden Blute gefunden
worden, und 2. spricht auch die Heilung dafĂŒr, die vielfach durch
Entfernung lokaler Eiterherde â wie kariöser ZĂ€hne â und
durch Injektionen von Vaccinen erreicht wird, ohne daĂ irgend
eine Behandlung des Krankheitsherdes selber statt hat.
Bab (Berlin).
Revue Medieale de la Suisse Romande, Lausanne-Genf.
Januar 1922, 42, Nr. 1.
Die HĂ€ufigkeit des Kropfes in einem Bezirk des Berner Jura. M e s s e r I i .
Fr. M. 1.
âŠDie Entwicklung de.s Kropfes bei Kindern. Messerl i. Fr. M." 12.
âVerwendung des Coagulens in der Medizin und Chirurgie. Perret. Ch. A.
15.
Pathogenese der Arsenobenzol-Erythrodermiei. G o 1 a y . J. :I4.
VbszcĂ und Phlegmone des Larynx. Frey. G. 40.
Fraktur des V. Matatarsus. G u i 1 1 e r m i n . R. 45.
Die Kropfentwicklung bei Kindern. Vom Standpunkt der
prophylaktischen Behandlung des endemischen Kropfes ist es
wichtig, festzustellen, in welchem Alter bei Kindern die Hyper-
Irophie der SchilddrĂŒse einsetzt. Verf. hat deshalb Untersuchun-
gen an Schulkindern angestellt, die in kropfreichen StÀdten lebten!.
Dabei zeigte sich, daĂ diese Kinder ihren Kropf schon vor Ein-
tritt in die Schule erwerben, daĂ also eine erfolgreiche prophylak-
tische Behandlung schon vor dem schulpflichtigen Alter einzu-
setzen hat.
Ueber den Gebrauch des Coagulens in Medizin und Chirurgie.
Bin sicher und rasch wirkendes HÀmostatikum ohne störende
Nebenerscheinungen fehlte bisher den Chirurgen. Nach theoreti-
schen ErwÀgungen muà ein haltbarer, sterilisierbarer BlutplÀtt-
chenextrakt den Bedingungen eines gerinnungfördernden Mittels
genĂŒgen. Nach einer von Morawitz vorgeschlagenen Methode ge-
lag es Fonio, die BlutplÀttchen zu isolieren und aus ihrem Extrakt
eine isotonische Lösung, das Coagulcn, herzustellen. BÀsch wurde
dasselbe der Gegenstand zahlreicher Versuche und Veröffent-
lichungen. Fonio war der erste, der im Jahre 1913 die Werl-
hoffsche Krankheit damit behandelte. Durch wiederholte subeu-
tanJe und intravenöse Injektion verhinderte er die Bildung neuer
Ekchymosen und das Auftreten von Zahnfleischblutungen bei einem
25 jÀhrigen Pat. Seitdem ist die Wirksamkeit des Coagulens bei
der BekÀmpfung der Blutverluste der haemorrhagischen Dialhesen
von zahlreichen Autoren bestÀtigt worden. Ebenso beachtens-
wert ist die haemorrhatische Wirkung des Coagulens bei den
Avitaminosen (Skorbut, Barlow) und bei der Haemophilie. Hier
besteht zwar kein Mangel an BlutplÀttchen, die Verzögerung der
Gerinnung beruht vielmehr auf einer Insuffizienz der Thromboki-
nase. Diesen Uebelstand beseitigt das Coagulen, das eine normale
Thrombokinase enthÀlt. Schon in seiner ersten Veröffentlichung
sah Fonio voraus, daĂ das C. wertvoll fĂŒr die BekĂ€mpfung der
Haemoptysen sein mĂŒsse. In der GynĂ€kologie hat es bedauerlicher-
weise noch nicht genĂŒgend Eingarlg gefunden, obwohl verschie-
dene Autoren es bei Metrorrhagien und post partum-Blutungen
erfolgreich verwandt haben. Ermutigt durch diese Erfahrungen
ging Verf. an die prophylaktische Anwendung des C, in Form
von subkutanen Injektionen (20 cem pro dösi), 1 Std. vor blutreichen
Operationen appliziert. Auch hier erfĂŒllte das C. die daran ge-
knĂŒpfter^ Erwartungen. Es ist nicht im mindesten toxisch und
kann nach Bedarf auch mit Hilfe von Tampons direkt auf Wunden
appliziert werden. Intravenöse Injektionen soll man auf wirklich
dringende FÀlle beschrÀnken und dann nur langsam injizieren.
Bei AuĂerachllassen dieser VorsichtsmaĂregel kann man sonst
ZwischenfÀlle erleben, die zwar noch niemals tötlich waren, aber
doch unerwĂŒnscht sind. Contraindiziert ist die intravenöse An-
wendungsweise allemal bei Arteriosklerose, gewissen Stadien der
Syphilis, bei Aneurysmen, entzĂŒndeten Varizen, Endocarditis, de-
kompensierten Vitien. Andrerseits gelten InanitionszustÀnde, PyÀ-
mie und septische Infektionen nicht als absolute Contraindikatio-
nen. Die subcutane Injektion der 5%igen Lösung kommt in
Ampullen von 1,5 und 20 cem in den Handel. In FĂ€llen von
haemorrhagischer Dialhese rÀt Fonio mit einer intravenösen In-
jektion von 20 cem zu beginnen und ihr bald eine zweite folgen
zu lassen, wenn die erste gut vertragen wurde. Dann innerlich
5 gr in 24 Std. auf 200 gr Wasser, eMöffelweise alle 2 Std. Diese
Medikation soll man 2â3 Tage ĂŒber das Sistieren der Blutung
hinaus fortsetzen. Zur Kontrolle dient eine ZĂ€hlung der Blut-
plÀttchen, deren normaler Wert 234 000 pro emm betrÀgt. Werte-
unter 130 000 und ĂŒber 350 000 weisen auf pathologische VerhĂ€lt-
nisse.
Die Dienste, die das C. dem Praktiker erweist, lassen weit-
gehende Verbreitung erwĂŒnscht erscheinen
K. Held ^Berlin
Ugeskrift for Laeger.
4. Januar 1922, Nr. 1
Heina« dext. â Neuralgie plcx. braehialis sin. C h r i s t i a 11 s p ft«. \ im»
11. Januar 1922, Nr. 2
Vererbungsverhalteii bei Dementia praecox. H a n s r» n . RĂr<Mi
18. Januar 1922, Nr. 3.
âŠSartoi lusmobilisation als myoplastische Methode bei llertiioti nua ventralis.
Ramlau-Hansen.
Sartoriusmobilisation als, myoplastische Methotle bei Hernio-
tomia ventralis. Die Methode besteht darin, die Insertion des
Muse, sartorius hinĂŒber nach dem Abdomen zu legen, danach die
Insertion fest zur Scheide des Muse, rect. zu suturieren und den
proximalen fleischigen Teil des Sartorius ĂŒber die Bruchpforte
auszuarbeiten. Povl Hertz Kopenhagen
Hygiea, Stockholm.
16. Januar 1922, 84. Nr. 1
âEinblasung von Gas in KĂŒrperhöhlen und Organe zu diagnostische ll Zwecken
Josefson.A. l
Einblasung von Gas in Körperhöhlen und Organe zu diagno-
stischen Zwecken. Auf Grund seiner an 16 FĂ€llen gewonnenen
Erfahrung und im Hinblick auf die von deutschen, französischen
und englisch-amerikanischen Autoren veröffentlichten Ergebnisse
gelangt der Verfasser fĂŒr die Anlegung eines Pneumoperitoneums
zu rein diagnostischen Zwecken zu folgenden GrundsÀtzen:
Den auch bei kunstgerechter AusfĂŒhrung des Eingriffes (La-
gerung des Patienten nach Entleerung von Blase und Darm aul
die rechte Seite mit erhöhtem Becken und gestĂŒtzten Schultern.
Einslich in d. lin. alb. mitten zwischen Nabel und Symphyse
oder seitlich der Bectus-Scheide, Ausspritzung von physiol. NaCl-
Lösung wÀhrend des Einsliches, Einblasung einer möglichst ge-
ringen Gasmenge usw.' nicht sicher vermeidbaren nachteiligen
10. Jahrg. â Nr. 12.
Aus den n e u c s l <âą n X e i t s c Ii ritt e n
277
Nebcnfolgen wie Magen- oder Darmverletzungen, Gasembolie,
Emphysem, Kollaps, erheblichen Schmerzen Àhnlich denen bei
Peritonitis steht bis jetzt mir eine geringe diagnosliselie Ausbeute
gegenĂŒber. Es darf dabei- auf dieses Verfallren nur dann zurĂŒck-
gegriffen werden, wenn
1. alle ĂŒbrigen harmloseren Metboden erschöpft sind, ohne ein
eindeutiges Ergebnis gezeitigt zu haben;
2. wenn die von der Anlegung eines Pncumabdomen zu erwar-
tende weitere Klarstellung des Saehverhalles zur Ermög-
lichung einer wirksameren Therapie wesentlich erscheint;
3. wenn der Zustand des Kranken den Eingriff erlaubt;
4. eine P r o b e - Laparotomie keinen besseren AufschluĂ zu
geben verspricht und eine therapeutische Laparo-
tomie als voraussichtliche therapeutische Konsequenz des
Gas-Röntgenbefundes von vornherein nicht in Betracht zu
kommen scheint, was der Begutachtung seitens eines Chirur-
gen bedarf;
der Kranke oder dessen Angehörige auch nach Belehrung
ĂŒber die nicht völlige Harmlosigkeit des Eingriffes auf seiner
AusfĂŒhrung bestehen.
Nachdem der Verfasser mit dieser betrÀchtlichen EinschrÀn-
kung des Anwendungsgebietes der pneumoperitonealen Röntgen-
Diagnostik jedem voreiligen Enthusiasmus entschieden entgegen-
getreten ist, muĂ es um so ĂŒberzeugender wirken, wenn er des
weiteren der lumbalen subduralen Gaseinblasung nach Dandy-
Bingel zur Erzielung guter Kontrastbilder des RĂŒckenmarkes,
der Hirnwindungen und besonders der Hirnhöhlen groĂe diagno-
stische Bedeutung zuerkennt. Vor allem ĂŒber den gehauen Silz
operabler Hirntumoren und ĂŒber die Lage von Absperrungen des
spinalen Dura-Sackes lieĂen sich bei seinen FĂ€llen mit diesem
Verfahren sichere AufschlĂŒsse gewinnen. Dabei hat er ĂŒbrigens
die Beobachtung gemacht, daĂ sich bereits vor der Sicherstellung
des Befundes durch das Röntgen-Kontrastbild das Bestehen einer
völligen oder teilweisen Absperrung im Spinalkanal an der auf-
fallend geringen Menge des Liquors, die sich durch Gas ersetzen
Ă€Ăt, und an dem baldigen Wiederausströmen von Gas kurz nach
' Beginn der Einblasung erkennen lĂ€Ăt.
Wenn das Volumen des eingeblasenen Gases die abgelassene
Menge des Liquors nicht ĂŒberschritt, so hat J. auĂer harmlosen und
, rasch vorĂŒbergehenden unangenehmen subjektiven Empfindungen
besonders beim Uebergang zur senkrechten Körperhaltung (eigen-
artige GefĂŒhls- und GehörseindrĂŒcke, Kopfschmerz) und auĂer
hÀufigem Erbrechen keinerlei Nebenwirkungen oder Folgen ern-
sterer Art beobachtet. Insbesondere machten sich auch bei Hirn-
tumor keinerlei bedrohliche Anzeichen von Hirnverlagerung be
merkbar, so daĂ es der Verfasser im Gegensatz zu Dandy nicht
fĂŒr erforderlich hĂ€lt, bei Verdacht auf Hirntumor der Lumbal-
punktion mit Gaseinblasung erst eine (an sich immer unsichere
und mit Blutungsgefahr verbundene) druckentlastende Ventrikel
mnktion vorauszuschicken. Im AnschluĂ an eine solche Gas
unmittelbar in die Venlrikal zu' leiten, scheint ihm vor
1er lumbalen ZufĂŒhrung keinen Vorzug zu bieten, zumal sich
dabei die Hirnfurchen nicht mit fĂŒllen lassen. Trotz der ver-
hĂ€ltnismĂ€Ăigen Unbedenklichkeit der cerebrospinalen Gaseinbla-
sung möchte der Verf. vorerst auch auf s i e die oben fĂŒr die
Indikation zum kĂŒnstlichen Pneumoperitoneum angegebenen Ein-
schrÀnkungen angewendet und etwaige unangenehme ZufÀlle bei
AusfĂŒhrung dieser diagnostischen Eingriffe sofort rĂŒckhaltlos
eröffentlicht sehen. Schnabel (GieĂen).
Acta Chirurgica Scandinavica.
54. No. 3.
M.'ebcr das zerebellare Lokalisationsproblcm. Exper. Untersuchungen
Troell, A. und H e s s e r , C, Stockhohn.
Fistulae jejuno â colicae pepticae. H e 1 1 s t r ö m . N.. Norrköping.
Bedcarriage combination. O r e 1 S.. Stockholm.
Uebcr das zerebellare Lokalisationsproblem. Experimentelle
Untersuchungen. Verf. berichten auf Grundlage von zahlreichen
Tierversuchen ĂŒber den Effekt von posloperativen partiellen Klein-
hirnlĂ€sionen und die daraus zu ziehenden SchlĂŒsse auf . die Funk-
tionslokalisation. Der Parallelismus, den Bolk in einer groĂen
Zahl von FĂ€llen zwischen der Entwicklung der Kleinhirnlobuli
und der Differenzierung der Muskelprovinzen gefunden hat, und
auf welchem seine Lehre aufgebaut ist, trifft mehrfach nicht zu,
was natĂŒrlich das Fundament der Theorie erschĂŒttert. â Aus den
Tierversuchen der Verf. ergeben sich Anhaltspunkte fĂŒr Funk-
tionslokalisalionen in einer Reihe von Kleinhirnlobulis. Die Be-
funde ergeben, daĂ die Lehre Bolks betreffs der Funktionslokali-
sation im Cerebellum â wenigstens fĂŒr Hund und Katze â un-
richtig sein muĂ. Am besten stimmen die Resultate noch in bezug
auf den Lob. ansiformis mit der Auffassung Bolks, insoferne in
demselben ein Zentrum fĂŒr die gleichseitigen ExtremitĂ€ten ange-
nommen weiden muĂ, wenn er auch wie die Verl betonen
kaum ausschlieĂlich [ĂT diese Funktion allein dient
I* o p p e r (Stockholm
El siglo inedieo, Madrid.
11. Februar 1922, 6», Nr. 3557.
»M'nlincuntis durch Adrenalin geheilt. Del V n I I c
R. 14t.
A I d a b a I (I
Klinische Notiz ĂŒber die Wichtigkeit der Untersuchung der Leukozythen
zahl bei akuten Infektionserkrankungen. F ue f o . D. 142.
âZwillingsgcburt bei einer nephrektomierten Frau. De Santa Maria \
M a r r 6 n , S. 144.
Luxationen im Sehultergclcnk. Goyanes S. i »i
⊠Ein ernster Zwischenfall? G o n z À 1 e s . S. 148.
Die Niere und Glykosurien. Caballero y F*ernandez. 14t.
Verbesserung des Oesundheitsstandes in Spanien. M uBoz AntuĂŒinu,
L. 152.
Polineuritis durch Adrenalin geheilt. NeunzehnjÀhriger junger
Mann erkrankt infolge von Alkoholabusus an Polineuritis. In-
jektionen von Strychnin bleiben wirkungslos. Darauf erhielt
Patient subkutan Injektionen von Adrenalin, tÀglich 0,5 mg
steigend bis 1,0 mg; schon nach acht Tagen trat stetig fortschrei-
tende Besserung ein; nach 2lA monatlicher Behandlung konnte
Patient als geheilt entlassen werden. W i e in diesem Falle das
Adrenalin gewirkt hat, weià Verf. nicht zu erklÀren.
Zwillingsgeburt bei einer nephrektomierten Frau. Patientin
wurde vor acht Jahren die eine tuberkulöse Niere entfernt. Drei
Jahre darauf heiratete sie, wurde im folgenden Jahre schwanger;
bis zum sechsten Monat normaler Verlauf der Schwangerschaft.
Darauf Grippeerkrankung; wÀhrend der Rekonvaleszenz beginnen-
des Oedem beider Beine; kein EiweiĂ im Harn; normal verlaufende
Geburt zweier MĂ€dchen von 3,2 und 2,7 kg; nur wenige Tage
wÀhrend des WTochenbettes 0,5 °/0oJ£iweià im Harn; Kreatinin und
Harnstoff im Blut dauernd normal; das Oedem der Beine ist daher
rein mechanisch zu erklÀren durch Druck auf die Cava inferior.
Ein ernster Zwischenfall? FĂŒnfzehnjĂ€hriges MĂ€dchen, bisher
noch nicht menstruiert, erkrankt an Diphtherie; erhÀlt 20 cem
Serum, am folgenden Tage nochmals 10 cem; das Fieber fÀllt, die
Membranen stoĂen | sich ab; am vierten Tage nach der ersten In-
jektion plötzliche Verschlechterung des Zustandes: starke Untfer-
leibsschmerzen, Blutung aus der Vagina, unaufhörliches Er-
brechen, schwarzer Stuhl, Temperatur 35,6°, Puls nicht fĂŒhlbar;
Exitus am folgenden Tage. â Verfasser kann sich die Todes-
ursache nicht erklÀren. Lurje.
II Policlinico, Rom.
23. Januar 1922, 29, Nr. 4.
Die Malaria in Istrien im Jahre 1920. Gioseffi. M. ua.
Modenektopie und abnorme Insertion des Gubernaculiim testis. A itongio-
v a n n i , G. B. 119.
Collargol bei Variola. Brancia. F. A. 121.
Purkinsonsche Krankheit. Dragotti, G. 122
30. Januar 1922, 29, Nr. 5 (Sezione pratica).
Sachs-Georgi- und Meinike-Reaktion. C a>c i 0 p p 0 . L. 149.
âą{âșBehandlung der kalten Abszesse mit hypertonischer Kochsalzlösung.
O 1 1 , J. 153.
âą^Seltene Scharlachkomplikation. M e d i. 155. ,
Die Behandlung kalter Abszesse mit hypertonischer Koch-
salzlösung. Verf. behandelte FÀlle von kalten Abszessen und
einige eitrige DrĂŒsenentzĂŒndungen mit Einspritzungen sterile
hypertonische Salzlösungen und. mischte fĂŒr die Einspritzungen
25 cem eine Calciumsalzlösung rttit .100 cem einer Magnesiumsalz-
lösung. Die Menge der Injektion bemaĂ er nach der GröĂe des zu
behandelnden Abszesses.
Er sah gute Erfolge mit der Behandlung, die hauptsÀchlich
die im Berufe vorhandenen Schutzmittel anregt und eine gute
Vernarbung fördert.
Eine seltene Scharlachkomplikation. Bei der Scharlach-
erkrankung eines 1Yt jĂ€hrigen Jungen trat eine HodenentzĂŒndung
auf, die eine Incision nötig machte, dann aber glatt verheilte.
Cordes (Berlin .
La Pediatria, Neapel.
1. Januar 1922, 30, Heft 1.
âą{âąI^umbalpunkton in der Behandlung der intrakraniellen HĂ€moi rhagien beim
Neugebornen. De Stefano. S. 12.
Infantile Dysenterie durch Amöben. Spolverini. L. l.
Praktische Methode zur Blutdruckbestimmung. Marchi. E. 17.
Neben andern Behandlungsmethoden (Injektion von Ca Cl2.
Adrenalin, Serum) ist die Lumbalpunktion von groĂem Nutzen
278
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 12.
bei Behandlung der interkraniellen Blutungen, als deren Ursache
unter anderem Umschiingung des Halses uurch die Nabelsennur
angefĂŒhrt wird. Die Funktion wirkt druckentlastend, sie muĂ
möglichst zeitig vorgenommen und evetcuell wiederholt werden.
T e z n e r (Wien).
15. Januar 1922, 30, Nr. 2.
âDiagnostische Bedeutung des neuen Tuberkulins nach Moro. C o z z o 1 i n o,
O. 49.
Anatomie und Pathologie der Thymus in der ersten Kindheit. Canelli,
A. F. 58.
Bilaterale Echinokokkenzyste der Lunge. G e n o e s e , G. 6.").
âFall von Usteopsathyrose. M a 1 1 a r d i , M. 75.
f. Februar 1922, 30, Nr. 3.
âMangel an fettlöslichen Vitaminen und Rachitis. C o z z o 1 i n o . O. 97.
âBehandlung der Syphilis bei Kindern mit Neoarsenobenzol. S p a n o, K. 115.
Fall von ilischiniektion von Typhus und Mittelmeeri'ieber. T r i p p u t i.
V. 129.
Beitrag zur diagnostischen Wertigkeit des neuen Tuberkulins.
Es wurde bei ĂŒ8 Kinuern die Kutanreaktion, bei 38 die perkutane
Einreibung zugleich mit Tuberkulin Mero, mit Alt-Tuberkulin, mit
Tuberkulin aus dem sereth. Institut bern und solchem aus Mailand
angestellt. bei beiden Reaktionen ergab Tuberkulin Mero am
hÀutigsten positive Ergebnisse, die bei der letzteren die anderen
aucĂŒ an IntensitĂ€t ĂŒbertralen; die Ueberlegenheit des Tuberkulins
JVioro ist auf die gröbere Konzentration und auf den Gehalt von
bovinem Tuberkulin zurĂŒckzuluhren.
Ein Fall von Osteopsathyrose. Bericht ĂŒber einen Fall von
Osteopsathyrose init Röntgenbildern. /Verf. hĂ€lt die Krankheit fĂŒr
eine KonsĂŒtutionsanomalie manchmal mit familiĂ€rem Charakter,
deren auslösende Ursachen ögers luetischer, bisweilen unbe-
kannter Natur sind.
Fettfreie Nahrung und Rachitis. Fettmangel, resp. Mangel an
Vitamin A kann nicht die einzige brsache der Rachitis sein. Da-
gegen spricht, daĂ die Wirkung des Lebertrans an Raschheit und
Starke weit zurĂŒcksteht hinter der Wirksamkeit der Vitamine bei
Barlow, daĂ im Gegensatz zum Barlow die -Rachitis spontan ab-
heilt, daà keine bestimmte DiÀt ihr Auftreten verhindern kann,
daà manche Autoren mit bhosphor Àhnliche Erfolge erzielt haben
wie mit Lebertran, daĂ bei Tieren durch Einsperren in KĂ€fige
Rachitis erzeugt wurde und diese in einer gewissen Höhe (2000 bis
3000 ĂŒber dem Meere) verschwindet, daĂ sie durch Sonnentherapie,
durch ultraviolette Strahlen geheilt werden kann, daĂ sie bei
Atrophrikren nicht hÀufiger ist als bei andern Kindern, daà von
2 Kindern, die von derselben Amme genÀhrt werden, das eine
rachitisch wird, das andere nicht usw.; auch der FrĂŒhjahrsgipfel
der Rachitis ist nur lokal bedingt, fehlt in SĂŒditalien. Das Fehlen
des Vitamins A. kann nur als ein begĂŒnstigender Faktor fĂŒr das
Zustandekommen der Rachitis aufgefaĂt werden.
Beitrag zur Neosalvarsantherapie der Syphilis in der Kind-
heit. 39 Kinder von wenigen Monaten bis 10 Jahren, die a\i
hereditÀrer Syphilis litten und 4 Kinder mit Lues acquitita wurden
teils mit Neosalvarsan allein (intravenös), teils kombiniert mit
Hg behandelt; Dosis 1 cg ansteigend bis 3 cg pro kg; 2 â 3 Serien
von.6 â 8 Injektionen. Haut-, Schleimhaut- und Knochenaffektionen
heilten in 100 Prozent; Anaemia splenica zeigte hochgradige
Besserung bis zur völligen Heilung; ein mit Hg erfolglos behan-
deltes Gumma'heilte prompt ab, auch trat Besserung des Allge-
meinbefindens ein und damit schwanden dyspeptische Symptome
und einmal eine hartnÀckige Bronchitis; ja sogar ein frischer
Hydrocephalus soll geheilt, ein chronischer gebessert worden sein;
auch eine Meningitis luetica (diagnostiziert aus der Druckver-
mehrung und wenigen Lymphozyten, deren Zahl nicht angegeben
ist), wurde geheilt, ebenso drei FĂ€lle von Epilepsie, ferner eine
Paraplegia spastica; nur 2 MiĂerfolge bei Morbus Little werden
erwÀhnt. Tezner (Wien).
Rivista di Clinica Pediatrica, Florenz.
Dezember 1921, 19, Nr. 12.
âBeitrag zur Klinik und pathologischen Anatomie der medullĂ€ren Heterotopie
Sironi, L. 705.
Januar 1922, 20, Nr. 1.
âDie Resistenz der BlutgefĂ€Ăe unter normalen und pathologischen Bedingun-
gen. Frontali, G. 1.
âDie Symptomatologie der tuberkulösen Meningitis. Montanari, U. 40.
Klinischer und anatomisch - pathologischer Beitrag zur
Kenntnis der medullÀren Heterotopien. Das 6 Monate alte Kind
zeigte den Lrittleschen Symptomenkomplex, starb an einer Ente-
ritis; 2 Geschwister mit Àhnlichen Symptomen waren ebenfalls
gestorben; keine Lues. Bei der Autopsie fanden sich 3 Poren-
zephalien rechts, 2 links; die Pyramiden verschmÀlert. Das Mark
zeigte in der Gegend des 1. Zervikalsegments und des letzten Dor-
salsegments zwei EinschnĂŒrungen, unter dem Konus ein Gliom.
Die mikroskopische Lntersuchung des Markes in Serienschnitten
ergab: Starke Verminderung, z. T. vollstÀndiges Verschwinden
und Verlagerung der grauen Substanz; im Lumbaimark fehlte ein
Vorderhorn völlig, das andere war unregelmĂ€Ăig; Ă€hnliche Ver-
Ànderungen zeigten die Hinterhörner; die Zellen zeigten keine
schweren degenerativen Alterationen. Der Zentralkanal war im
höhern Dorsalmark obliteriert, im untern von verdicktem Epen-
dym bedeckt, im 3. Dorsalsegment in 3 Teile geteilt. Die Fasern
der weichen Substanz nahmen mitunter den ganzen Querschnitt
ein und zeigten z. T. transversalen Verlauf und Anordnung in
Wirbeln; dies besonders in den Vorder- und SeitenstrÀngen; die
beiden StrĂ€nge bestanden zum groĂen Teil aus marklosen Fasern,
namentlich die PyramidenseitenstrÀnge. Die spinalen Meningen
waren bindegewebig verdickt und reich an GefĂ€Ăen. Das Gehirn
wurde nicht histologisch untersucht. Verf. fĂŒhrt die klinischen
Symptome auf die Porenzephalie und die VerÀnderungen der Pyra-
miden zurĂŒck; ob die Symptome auch durch die VerĂ€nderungen des
Markes mitbestimmt warenr ist nicht zu entscheiden; das Gliom
(das sich vielleicht als eine Wucherung der Glia ex vacuo er-
klĂ€ren lieĂe) blieb symptomlos. Man mĂŒĂ eine fehlerhafte Ent-
wicklung des Markes annehmen, auf deren Grundlage eine chro-
nische EntzĂŒndung der Meningen mit teilweiser Beteiligung des
Markes aufgetreten ist.
Die Resistenz der GefĂ€Ăe unter normalen und pathologischen
Bedingungen. Verf. hat mittels eines Apparates, der zuerst von
Hecht angegeben, dann von R i v a - R o c c i modifiziert wurde,
die GefĂ€Ăresistenz geprĂŒft. Der Apparat besteht in einer Saug-
glocke von \y2 cm Durchmesser, der auf die Haut aufgesetzt wird;
der erzeugte Unterdruck lĂ€Ăt sich an einem mit der Glocke ver-
bundenen Manometer ablesen; als abnormal ist es zu bezeichnen,
wenn HĂ€morrhagien (1 â 2) bei geringem Unterdruck auftreten,
wenn sich bei geringer Steigerung besonders zahlreiche zeigen
(50 â 60), wenn Zyanose oder Oedem der Ansaugung folgt. Die
Resistenz im 1. Lebensjahr betrÀgt bei Gesunden in der Kniekehle
und den oberen Thoraxparflien 20â 25 cm Hg (d. h. die erste HĂ€mor-
rhagie tritt bei 25 cm Unterdruck auf), an der AuĂenseite des
Schenkels ĂŒber 25 cm; im 2. bis 10. Jahre 15â20 cm, resp. ĂŒber
25 cm, bei Erwachsenen 15 â 20 cm in der Kniekehle; die Resistenz
nimmt also im Lauf des Lebens ab. Atrophie und hereditÀre Lues
zeigen in schweren FĂ€llen eine herabgesetzte Resistenz. Bei
TuLerkulose, Rachitis, Typhus, chronischer Nephritis fand sich
keine Aenderung; selten bei Diphtherie; bei Morbillen und Serum-
krankheit findet sich eine herdförmige Herabsetzung ĂŒber den
Effloreszenzen, die nach deren Abblassen schwindet; bei Schar-
lach ist sie auĂerordentlich hochgradig, diffus und dauert wochen-
lang; ebenso bei hÀmorrhagischer Nephritis; bei Varizellen tritt
sie nach Abfallen der Krusten ĂŒber den Pigmentationen auf;
ferner bisweilen bei dekompensierten Vitien, bei Keuchhusten, bei
Purpura rheumatica uiid Henoch (athrombopenisch) ist sie an den
abhÀngigen Partien und den. Stellen der Blutungen stÀrker herab-
gesetzt. Die Tatsache des herdförmigen Auftretens beweist,
daĂ diese Methode tatsĂ€chlich ein Indikator fĂŒr GefĂ€Ăresistenz
und nicht fĂŒr BlutverĂ€nderungen ist; die herabgesetzte Resistenz
allein genĂŒgt jedoch 'nicht zur Erzeugung von Blutungen, denn sie
kann auch bei Individuen mit normaler Haut vorkommen.
Die Symptomatologie bei der tuberkulösen Meningitis. Frew
und Gar r od haben zuerst ĂŒber das Auftreten von Glykosurie
bei Meningitis tbc. berichtet; Verf. fand sie unter fĂŒnf FĂ€llen
zweimal, sie trat 8 Tage vor dem Tode auf und verschwand am
letzten Tage. Verf. will das Auftreten mit Vagusreizung, das
Verschwinden mit VaguslÀhmung in Zusammenhang bringen;
Kreatinin, HarnsÀure, AzetessigsÀure und Azeton sind stets ver-
mehrt, das letztere in der ersten Periode mehr als in der zweiten
und dritten. Tezner (Wien .
Paris Medical, Paris.
21. Januar 1922, 12, Nr. 3.
Erkrankungen des Respirationsapparates im Jahre 1922. LerebouUet
und Petit. 49.
âDie spastische Tracheobronchitis. Besancon und D e J o n g. 56.
âChirurgische Behandlung der purulemten akuten Pleuritis. Schwarte, A.
58.
Syphilis der Lungen und Bronchien. B a 1 z e r. 62.
Spasmodische Tracheobronchitis. AuĂer dem spasmodischen
Schnupfen mit nasaler Hydrorrhoe gibt es noch ein anderes
Aequivalent des Asthma, die spasmodische Tracheobronchitis.
Man unterscheidet eine reine Form: keuchhustenÀhnliche, sehr
â 10. .lahrg. â Nr. 12.
Aus den neuesten Zeitschriften
ermĂŒdende HustenanfĂ€lle nach einem banalen Schnupfen, immer
zur seihen Stunde, meist nachts, mit Kitzel im Halse, ohne jeden
Husten in den Intervallen. Acullerst trockener HĂŒsten, schlieĂ-
lich etwas Schleim mit Eosinophilen und (Kohlen-) Staubkörnern.
Auskultation: völlig negativ. Der Anfall wird begĂŒnstigt durch
Lage auf dem KĂŒcken, manchmal auch Lachen. AuĂer den An-
fÀllen absolut kein klinisches Zeichen. Eine zweite Form ist die
nasmodische: Am Ende des Hustenanfalls tritt eine richtige
superfizielle Bronchitis auf, ohne jede Atembeschwerden, u. U.
mit Schmerzen in Höhe des Sternums, mit leichter Temperatur.
SDiese Bronchitis unterscheidet sich wesentlich von der sonst so-
genannten Asthmabronchitis: feucht, reichlicher Auswurf, Em-
physem, Dyspnoe. Abgesehen von gewissen anaphylaklischen
â rsachen (gewisse Blumen) kommen als Keizursachen gewisse
nasale LĂ€sionen in Betracht. Lediglich die Schmerzen in der
Sternalgegend, Abmagerung, u. U. ein richtiger Asthmaanfall mit
Dyspnoe konnten den Gedanken an eine Tuberkulose oder an
eine tracheobronchiale Adenopathie nahelegen. Beim Erwach-
senen lieĂen manche FĂ€lle auch die Diagnose Keuchhusten zu.
S)as Röntgenbild kann gelegentlich auch alte tuberkulöse* Herde
«eben, die aber dann nicht beirren dĂŒrfen. Behandlung: Bella-
donna, lokal4 atropinhaltige Mittel, eventuell nasale Eingriffe,
Regelung der Verdauung (Aerophagie), u. U. kann auch eine
latente Appendizitis die Ursache des Reizes sein. Oft schafft
nur ein Luftwechsel Heilung.
Die chirurgische Behandlung der akuten eiterigen Pleuri-
tiden. Leitender Gedanke: Erhaltung der ElastizitÀt der Lunge,
denn sie allein hat dafĂŒr zu sorgen, daĂ die Eiterhöhlen wieder
ausgefĂŒllt werden. Dies ist zu erreichen, indem man einmal
Fistelbilduhg verhindert, dann durch systematische AtemĂŒbungen
kchon gleich nach der Operation: tĂ€glich 2 mal 20 â 30 Minuten
lang Extension und Abduktion der Arme und dabei langsame
liefe Inspirationen, ferner tÀglich 2 mal % Stunde lang den
EKranken Wasser aus einer Flasche in eine andere blasen lassen,
endlich sobald die Temperatur gesunken ist, gehen, denn gehen
âșheiĂt atmen. 4 FĂ€lle, bei denen diese Therapie mit Erfolg durch-
gefĂŒhrt wurde. v. Schnizer.
28. Januar 1922, Nr. 4.
[Schmerzhafte Dilatation des Colon rectum und seine Behandlung.
G r e g o i r e. 69.
Gegen die typhoiden ZustĂ€nde der ZivĂŒbevölkeruno: Die obligatorische
Impfung. D o p t e r. 76.
4. Februar 1922, Nr. 5.
Chirurgische und radiotheirapeutische Indikationen bei den malignen
operabeln Tumoren. D u v a 1 , Rubens. 85.
Physikalische Grundlagen und Technik der Tiefenstrahle nbehandlung.
Leroux-Lebard. 90'
Messung der Röntgenstrahlen. S a 1 o m o n. 96.
Der Irrtum der ĂŒbertriebenen Strahlungsbreiten und Wiederholung der
Dosen bei der Radiotherapie des Krebses. R e g a u d. 102.
Das Radium in der Dermatologie. B a r c a t. 106.
Curiotherapie des Lippenkrebses. D u»b ois-Roquebert. 110.
Dosierung der Röntgenstrahlen in der Radiographie und Radiotherapie
de Laroquette. 112.
11. Februar 1922, Nr. 6.
Autochtoner Paludismus mit Plasmodium praecox. Paisse au und
Loubrie u. 117.
Die Modifikationen des Liquor cerebrospinalis im Verlauf der diphthe-
ritischen LĂ€hmungen. H a 1 1 e z. 119.
âŠProphylaxe und Behandlung der Zufalle bei der Lumbalpunktion. M i 1 i a n.
123.
Jod-Benzomcthylformin in der Behandlung der Lungentuberkulose.
C h a m a n t und S u 1 1 i e n. 126.
Die Modifikationen des Liquor cerebrospinalis im Verlaute
der diphtheritischen LĂ€hmungen. Letztere, sei es vom Typ der
Polyneuritis oder Radiculitis oder einer Alteration der bulbo-
spinalen Zentren, selbst die LĂ€hmungen, die klinisch am Gaumen-
segel lokalisiert sind, sind in der Regel von solchen Modifika-
tionen begleitet: Hyperalbuminose und -Glykorachie, und gelegent-
jlich eine zytologische Reaktion in. der Form einer mehr oder we-
niger ausgesprochenen Lymphozytose. Eine eigentliche Meningitis
hegt hier nicht vor. Eine Lymphozytose beobachtet man nur
ausnahmsweise bei Radiculitiden und bei Pseudotabes (eine Me-
ningo-Radikulitis). Ebenso selten dĂŒrfte es sich um eine Me-
ningenreaktion, ausgehend von der Bulbospinalaxe, besonders der
motorischen Kerne, wie bei der spinalen KinderlÀhmung handeln.
Dagegen sind es Meningen-Reaktionen durch Intoxikation durch
die Toxine, die von den an der OberflÀche bleibenden Diphtherie-
bazillen gebildet, in die Tiefe dringen, besonders ins Nerven-
system. Dieses Toxin reizt auch den plexus choroideus, der durch
Modifikationen der normalen Filtration die Hyperglycorachie zu-
stande bringt.
Prophylaxe und Behandlung der ZufÀlle bei der Lumbal-
punktion. Manchmal, (dt erst am folgenden lÀge, findet man nach
der Lumbalpunktion intensive hoplschiucrzi n und Krhrcchcn
zerebralen Ursprungs. Diese Zulalle findet man nicht bei solchen,
die schon eine schwere Gehirnlasion haben (z. B. SchÀdelbruch),
dann bei Tabikcrn, die gerade hiergegen oft sehr tolerant sind.
Auch solche, die eine HyperUnsion des Liquor aufweisen,
scheinen die Punktion gut zu erlragen, nicht aber die mit normaler
oder Hypotension. Die Entziehung der Menge, ihre Art scheint
keine Rolle zu spielen, wohl aber, wie Beobachtungen ergaben.
AusflieĂen des Liquor durch die Punktionsöffriung in das um
gebende Gewebe, wodurch die nervösen Zentren ihrer schĂŒtzen-
den Unterlage beraubt werden. Prophylaxe: Einmal richtige
Technik, d. h. feine Nadel, keine unnĂŒtzen Durchlöcherungen der
Dura, Massage der entsprechenden "Stelle direkt nachher und
Knieellenbogenlage mit niederem Kopfe fĂŒr lOMinulen, dann Bauch-
lage fĂŒr 24 Stunden mit erhöhten FuĂenden, um die Oelinung in
der Dura zum SchluĂ kommen zu lassen. Ein Verband ist zweck-
los. Die Behandlung dieser ZufÀlle, der Kopfschmerzen und des
Erbrechens, die höchstens 5 Tage dauern, besteht in RĂŒckenlage
und Morphium subkutan, am besten 3 mal tÀglich. Dauern diese
ZufĂ€lle, event. mit Schmerzen, lĂ€nger wie 10 â 12 Tage, so liegt
Hysterie vor. Direkt schĂ€dlich ist ĂŒbrigens die Punktion von
Melancholikern mit Angsterscheinungen. v. Schnizer.
La Presse Medicale, Paris.
21. Januar 1922, Nr. 6.
⊠VollstĂ€ndige Durchtrennung des RĂŒckenmarks. Sbermitte, J.
und P a g n i e z , P. 57.
Exstirpation des prostato-rektalen Karzinoms. I m b e r t , L. BO.
âŠJ»Antischockwirkung zuckerkonzentrierten Serums. D u h o t. 61.
Syndrom einer traumatischen kompletten QuerschnittslÀsion
bei erhaltenem Wachstum der unteren ExtremitÀten. Die Beob-
achtung eines 13 jÀhrigen Knaben, der im Alter von 3 Jahren eine
traumatische QuerschnittslÀsion des Dorsalmarks mit Zerstörung
des unteren Segments erlitt und bei dem nicht nur die auto
matische Funktion von Blase und Mastdarm sondern auch das
normale Wachstum der Knochen der unteren ExtremitÀten er-
halten geblieben ist, ist fĂŒr die Verff. ein erneuter Beweis, daĂ
ein trophischer EinfluĂ des Zentralnervensystems fĂŒr das
Knochenwachstum nicht vorliegen kann, ein Beweis, der im Tier-
experiment vielfach seine StĂŒtze gefunden hat. DaĂ aber eine
Beteiligung des sympathischen Systems bei der Regulierung des
Wachstums und der Regeneration der Gewebe vorliegt, erscheint
höchst wahrscheinlich, besonders da auch der vaskulÀre Tonus
der gelÀhmten Glieder normal erhalten ist; doch sind unsere
Kenntnisse darĂŒber noch zu fragmentarisch, um mehr als eine
Hypothese darauf zu grĂŒnden.
VerhĂŒtung des Salvarsanschocks durch konzentrierte
Traubenzuckcrlösung. Von den verschiedenen Mitteln, die an-
gewendet werden, um den Schock bei Darreichung von Neo- oder
Neosilbersalvarsan zu verhĂŒten, hat sich dem Verf. die Auflösung
des Medikaments in 50% Traubenzuckerlösung am besten bewÀhrt.
Die Technik ist sehr einfach: Eine 20 ccm-Spritze wird mit. 2 cem
doppeltdestilliertem Wasser gefĂŒllt, darin das Pulver aufgelöst
und hierauf die Spritze mit der Traubenzuckerlösung vollgefĂŒllt.
Diese verhindert die Ausflockung des Arsenobenzols. im Orga-
nismus, wie es das Experiment bewiesen hat. Haber.
25. Januar 1922, Nr. 7.
«J*Die Rolle der Diffusion bei der Gasresorption und die Erhaltung des unter-
atmosphÀrischen Druckes in der Pleura. Rist. E. und Strohl,
A. .69. .
Ucber Herzfalten ajs mediane' transsternale Zeileitungsualin. Migin-
t a c G. H.
Die Rolle der Diffusion bei der Gasresorption und die Erhal-
tung des unteratmosphÀrisehen Druckes in der Pleura. Der Gas-
austausch in der Pleura vollzieht sich nach den allgemein gĂŒltigen
physikalischen Gesetzen, ohne daà dabei unbekannte NaturkrÀfte
mit im Spiel wÀren. Der Auslausch spielt sich in den Kapillaren
ab, deren anatomische Struktur dieser Funktion angepaĂt ist. Die
Summe der Teildrucke von Sauerstoff, Kohlenstoff und Stickstoff
bleibt immer unterhalb des atmosphÀrischen Druckes; im Moment,
wo das Gasgemisch seinen konstanten Wert erreicht hat, besitzt
jedes einzelne Gas innerhalb des Pneumothorax eine gröĂere
Spannung als auĂerhalb; es diffundiert also nach auĂen, d. h. es
resorbiert sich. Es herrscht also nicht, wie vielfach angenommen
wurde, ein Gleichgewichtszustand zwischen den Gasen des
Pneumothorax und denen der Gewebe, sondern ein permanentes
Regime der Diffusion, in dem die Menge jedes austretenden Gases
stets derselbe Bruchteil der gegenwÀrtigen Menge ist, wodurch
die Zusammensetzung nicht verÀndert wird. Haber.
280
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 12.
28. Januar 1922, Nr. 8.
âAnginaahuliche Erscheinungen bei Eudocard-Aorten. und Mitralerkrankungen.
G a 1 1 a v a r d i n. 77.
Diagnostik der Asthenien endokrinen UrsT)runÂŁS. Sezary. A. 7S.
GroĂe Seltenheit sekundĂ€rer BakteriĂ€mien hei Tvplius. Bloch. M. und
Hebert, P.' 81.
AnginaÀhnliche Erscheinungen bei Endokard - Aorten- und
Mitralerkrankungen. Bei 10 FĂ€llen von Endokarditiden der Aorta
und Mitralis auf rheumatischer Basis traten ausgesprochen an-
ginöse AnfÀlle auf, die in allen Punkten denen der echten Angina
pectoris glichen. Da kein anatomischer Befund vorliegt1, so lĂ€Ăt
sich nicht sagen, welche Theorie den Erscheinungen zugrunde
zu legen wÀre; denn eine Koronaraffektion vertrÀgt sich nicht mit
einer mitralen LĂ€sion; eine_ Ausdehnung der Aortenerkrankung
bis zum Ursprung der Koronarien ist schwerlich anzunehmen,
also wÀre die Hypothese einer rheumatischen Aortitis in Betracht
zu ziehen, besonders da die anginösen Komplikationen bei allen
mit Diklotanon verbundenen dekompensierten Klappenerkrankun-
gen eine groĂe Seltenheit sind. Es muĂ also unzweifelhaft ein
Faktor vorhanden sein, den wir noch nicht kennen und der nach
obigen Beobachtungen nicht deutlicher zu bestimmen ist.
II a b e r.
âąRevue de la Tuberculose, Paris.
1921, 2, Serie 3, Nr. 6.
»{âąKritik der Methoden zur Messung des intrapleuralen Druckes im Verlauf des
kĂŒnstlichen Pneumothorax. Bertier, J. 431.
âPrognose und Verlauf der verschiedenen Formen der Lungentuberkulose.
Burnand, R. 450. ,
Kritische Studie ĂŒber die Messungsmethoden des intrapleu-
ralen Drucks im Verlauf eines kĂŒnstlichen Pneumothorax. Vor-
teile des Oelmanometers. Betont die Wichtigkeit der Druck-
messungen bei Pneumothorax artificialis und empfiehlt an Stelle
des Wassermanometers zur Feststellung des Druckmaximums und
-minimums, das der Aus- und Einatmung entspricht und aus dem
das arithmetische Mittel genommen wird, ein Oelmanometer.
Er wĂ€hlt zu dessen FĂŒllung das Oel mit dem höchsten
spezifischen Gewicht, nÀmlich das Rizinusöl und nÀhert es durch
Zusatz eines Vio Chloroform dem spezifischen Gewicht des
Wassers, fÀrbt es zur leichteren Ablösung mit ein wenig Jod.
Diese so gefĂŒllte Manometerröhre adaptiert', er, indem er die
U-Schenkel sich kreuzen lĂ€Ăt mit einem Wassermanometer, so
daĂ die gefundenen Druckwerte gleichzeitig gewonnen und von
demselben Zahlenindex abgelesen werden können.
Ueber die Prognose und die Entwickelung verschiedener ana-
tomisch-klinischer Formen der Lungentuberkulose^ Auf Grund
seiner AusfĂŒhrungen schlieĂt Verfasser, daĂ nicht das Klinisch-
Anatomische fĂŒr die Prognose der Tuberkulose das MaĂgebende
ist, sondern, daĂ die Prognose von dem Vorhandensein oder
Nichtvorhandensein des Fiebers wie auch von der offenen oder
geschlossenen Form abhÀngt. Seine Erfahrungen basieren auf
der Beobachtung von 2049 FĂ€llen, und er zieht zum Vergleiche
seiner Statistik die englische Statistik heran. Die Zahlen, hier
wie dort, beweisen seine der Prognose zu Grunde gelegten Vor-
aussetzungen. Therapeutisch lehnt er die TuberkulosebehandlĂŒng
ab und entscheidet sich in der Hauptsache fĂŒr den Pneumothorax,
warnt vor allem vor der UeberschÀtzung der Sanatoriumsbehand-
lung. Cordes (Berlin).
Archivos Espaiioles de Pediatria, Madrid.
Dezember 1921, 5, Nr. 12.
Augentuberkulose beim Kinde. Poyales, F. 705.
Hysterie beim Kinde. Cave »et. jÀ. 725.
The British Journal of Childen's Diseases, London.
Oktober-Dezember 1921, 18, Nr. 214â216
âSchĂ€delgerĂ€usche bei Kindern. Still. G. F. 173.
Leukosarkom. Lymphosarkom. Lymphadeoiom und infektiöse Mononukleose.
Parkes Weber, F. 179.
âDas nervöse Kind. Barr. C. W. 182.
âEin Fall von renalem Zwergwuchs mit KnocheuverĂ€nderung. Patersou.
D., 180.
Fall von Morbilli bullosi. Morton. E. 188.
SchÀdelgcrÀusche hei Kindern. Auf Grund systematischer
Untersuchungen bei Kindern aller Altersstufen mit offener, bezw.
geschlossener Fontanelle hÀlt Verf. im Gegensatz zu Àlteren Auto-
ren SchĂ€delgerĂ€usche fĂŒr bedeutungslos. Immerhin ist es fĂŒr den
Arzt von Wichtigkeit, diese GerÀusche, ihr Vorkommen und ihre
Harmlosigkeit zu kennen.
Das nervöse Kind. Kurze Betrachtung der verschiedenen Er
scheinungen, die nervöse Kinder darbieten mit BerĂŒcksichtigung
von Aetiologie und Therapie.
Ein Fall von Nierenhypoplasie mit SkelettverÀndcriuigen.
1 lA jÀhriges MÀdchen, ausgetragen, aus gesunder Familie stammend,
konnte mit 2 Jahren sitzen, aber noch jetzt nicht stehen. Wasser-
mann negativ. Bei der Geburt fielen Verdrehungen und Schwel-
lungen der Hand- und FuĂgelenke auf. Das Kind hat einen auf-
fallend groĂen Kopf, dessen groĂe Fontanelle noch nicht geschlos-
sen ist. Es besteht ein langer Thorax mit seitlichen Einziehungen,
ferner ein das Thoraxniveau ĂŒberragendes Abdomen mit palpabler
Leber. Blutdruck 95 mm Hg. Die Radialis scheint erheblich ver-
dickt zu sein, die temporalen GefĂ€Ăe heben sich desgleichen auf-
fallend ab. Herzaktion beschleunigt und krÀftig, keine Herzver-
gröĂerung, Blutharnsloff 108 mgm %. Im Urin EiweiĂ, einzelne
Rote und WeiĂe. Harnstoff 1%. Es besteht Polyurie. Ferner
fallen Dislokationen der HĂ€nde, FĂŒĂe und Kniescheiben, sehr
lange Fulger und Zehen auf. Röntgenologisch wird dieser Befund,
dazu noch eine schwere Osleoporosis bestÀtigt. Der Zusammen-
hang der Knochenerkrankungen und MiĂbildungen mit der Nieren-
hypoplasie scheint auĂer Zweifel zu sein.
K À c k e 1 1 (Hamburg).
The Journal of the American Medical Association, Chicago.
21. Januar 1922, 78, Nr. 3.
â VerhĂŒtung der Entwicklung von Rachitis durch Sonnenlieht. Powes.
G. F.. Park. E. A.. S h i p 1 e y . P. G.. M c C o 1 1 u m . E. V. und
Simmouds N. 159.
â Purpura fulminans in der Rekonvaleszenz von Scharlach. M c C o n n e I 1 .
âą G. und Welver, H. L. 165.
Thorakopla-stik. S h o r 1 1 e . A. G. und Gcklcr. W. A. 108.
âInjektion von Wismuthpaste in die GallengĂ€nge. Tenney. ('. F. und
Patter s on; S. H. m.
Schwere BrĂŒste als Mitursache schlechter Haltung. L o w m a n . G. I.. 178]
â KrampfzustĂ€nde beim Kinde. Morse. J. L. 175.
Giardiasis. M c G i 1 1 . C. 179.
Pneumothy phus. Herrman. H. C. 180.
Ovarium und Endokrinologie. Frank, R. T. 181.
âDie Bedeutung des Trauma bei syphilitischen LĂ€sioren. Tumpeer. .1.
H. 185.
Druckpunkte bei sogenannten symptomlosen Gallensteinen. Friedman.
G. A. 187.
Die Verhinderung und Entwicklung von englischer Krankheit
bei Ratten durch Sonnenbestrahlung. Achtzehn Ratten wurden auf
eine DiÀt, die sehr kalkreich, aber arm an Phosphor war und
ungenĂŒgende Mengen des Faktors A enthielt, gesetzt. Hiervon
wurden zwölf Raiten einer Sonnenlichtbestrahlung fĂŒr die Dauer
von 242 Stunden ausgesetzt, sechs Tiere wurden unter gewöhn-
licher Zimmerbeleuchtung als Kontrollen gehalten. Nach 60 Tagen
wurden sÀmtliche Ratten getötet. Die Kontrolltiere zeigten sÀmt
lieh die Symptome der englischen Krankheit, wÀhrend die be-
strahlten Tiere ohne Ausnahme, frei von Krankheitserscheinungen
waren. Auch die histologische Untersuchung erwies das Fehlen
jeglicher VerÀnderungen.
"""Purpura fulminans wÀhrend der Rekonvaleszenz nach Schar-
lach. SechsjÀhriges Kind erkrankt in der Rekonvaleszenz nach
Scharlach mit ausgedehnten Haut-, Blasen- und Darmblutungen.
Der Tod tritt innerhalb dreier Tage ein. Mikroskopisch fanden
sich interstitielle Blutungen, die auf infektiöser Thrombose be-
ruhten. !
Injektion der GallengÀnge mit Bismuth-Pasta. Bei einem
Patienten, an welchem eine Cholezystektomie ausgefĂŒhrt worden
war, wurde durch eine zurĂŒckbleibende Gallenfistel eine Bismuth-
Pasta injiziert. Eine Röntgenaufnahme, die kurz hernach ge-
macht wurde, zeigte eine deutliche Injektion der GallengÀnge mit
Bismuth. â Die Beobachtung des Kranken zeigte, daĂ die gröĂte
Menge der Galle 3â4 Stunden nach der Mahlzeit abgesondert
wird. ; â i
Die KrampfzustÀnde in der Kindheit. Kurze Zusammen-
fassung der prÀdisponierenden und auslösenden Ursachen, der
Pathologie, Prognose und Behandlung der kindlichen Krampf-
zustÀnde. *
Die Rolle des Traumas bei syphilitischen Krankheitserschei-
nungen. Durch ein Trauma können bei Individuen mit erwor-
bener Lues, deren Infektion schlummert, die syphilitischen Krank-
heitserscheinungen manifest werden. Das gleiche gilt auch fĂŒr
Kranke mit hereditĂ€rer Syphilis. A. MĂŒnz er.
40. Jahrg. â Nr. 12.
Aus den neuesten Zeitschriften
281
28. Januar 1922, 78, Nr. i.
I âŠDer therapeutische Erfolg der VcnaeaeWlon. Petersen, W. K. und
L e v i u h o n , S. A. 2.r>7.
â âŠOperation und RadiumĂŒierapie bei Uterus»FH)ioide'n. liollboro, G. U59.
â Myasthenia tâ avis. Dane, C. L. 281.
I âŠSpinale Drainage ohne Lumbalpunktion. C o r b u s . B. C, O ' C o n o r ,
V. J.. Lincoln, M. C und Oanlucr S. M. 204.
| âŠNephritis und Nephrolitbiasis. R o s e n o w, E. C. und M e i Ă e r. .1. G. 26<>.
I- Dcrmatomyositis. Steiner. W. R. 271.
I 'Utic Beziehungen zwischen Xeropbthalniie und feUlöslichem Vitamin A.
Walker, S. 273.
Behandlung der tuberkulösen Laryngitis mit AzetylsalizylsÀure in Natrium-
citratlosung. L ei e c h . P, N. 275.
I. Bazillus Welehii in der stadtischen Wasserleitung â als mögliche Ursache von
Darnierkrankuugen. L a r n e r . H. B. 276.
Die therapeutische Wirkung des Aderlasses. Nach AderlaĂ
\\ erden eine Anzahl von VerÀnderungen im Blut beobachtet,
welche in der Hauptsache in einer Leukozytose, in einer Aende-
rung der Gerinnung, in Hyperglykaemie, in Mobilisation von Anti-
körpern und in einer VerÀnderung der Verteilung der Serumcol-
^loide bestehen. Diese Tatsachen zeigen, daĂ wir den AderlaĂ
[als eine Form der Proteintherapie ansehen mĂŒssen. â Die Wir-
kung des Aderlasses bei Pneumonie wird besonders erlÀutert.
Wann ist bei Fibromyomen des Uterus zu operieren, und wann
i*t Radium anzuwenden? Die .Radiumtherapie ist in der Haupt-
sache fĂŒr die Fibromyome bei Frauen von 40 Jahren oder darĂŒber
[anzuwenden, wenn die GeschwĂŒlste nicht ĂŒber den Nabel hinaus
["reichen. Sodann kommen fĂŒr diese Behandlungsweise alle Pa-
tientinnen mit sekundÀrer AnÀmie, Nieren- und Herzkrankheiten,
[Tuberkulose und hohem Blutdruck in Betracht; weiterhin die-
jenigen, die eine chirurgische Behandlung ablehnen und schlieĂ-
lich alle die, bei denen die GeschwĂŒlste symptomlos verlaufen
IDer chirurgischen Behandlung sind alle GeschwĂŒlste zuzufĂŒhren,
Idie ĂŒber den Nabel hinaus reichen und in gleicher Weise die
[breit gestielten subserösen und submukösen Fibromyome.
Wirbelkanaldrainage ohne Lumbalpunktion. Es war beob-
' achtet worden, daà nach einer intravenösen Injektion von hyper-
tonischer Kochsalzlösung der Druck in der RĂŒckenmarksflĂŒssig-
fkeit betrÀchtlich abnahm, was durch eine vermehrte Absortion
[der RĂŒckenmarksflĂŒssigkeit erklĂ€rt wurde. Nach ungefĂ€hr sechs
(Stunden beginnt die Neubildung der CerebrospinalflĂŒssigkeit und
â der Druck erreicht wieder seine alte Höhe. Es lag nun der Ge-
i danke nahe, gerade diese Zeit der Neubildung der FlĂŒssigkeit zu
benĂŒtzen, um Arzneisloffe an das Zentralnervensystem heranzu
BĂŒhren, indem man hoffte, auf diesem Wege vermehrte Mengen
Kes betreffenden Mittels den erkrankten Partien zugÀnglich zu
[machen. Von dieser Vorstellung ausgehend injizierten die Ver-
passer einer Anzahl von Patienten mit Nervensyphilis eine hyper-
tonische Kochsalzlösung, und 6 Stunden spÀter verabreichten sie
.intravenös ein ArsenprÀparat. Das Arsenik wurde spÀter bei
allen Patienten, abgesehen von zweien, in der RĂŒckenmarksflĂŒssig-
keit wiedergefunden.
Nephritis und Steinbildung in den Harnwegen nach Erzeugung
von chronischen Infektionsherden. WĂ€hrend einer Reihe von
Versuchen ĂŒber die Lokalisation von Bakterien bei verschiedenen
Krankheiten tauchte der Gedanke auf, daĂ gewisse chronische
Erkrankungen, die man im allgemeinen nicht als durch Infek-
tion entstanden ansieht, erzeugt werden können, wenn eine mehr
öder minder kontinuierliche Zufuhr von Bakterien durch einen
chronischen Infektionsherd gewÀhrleistet wird. Von diesen Vor-
stellungen ausgehend haben die Verfasser bei Hunden die Zahn-
pulpen entfernt und die Pulpekammer mit frisch isolierten Bak-
terien von verschiedenen Krankheiten infiziert. Die Methode wird
eingehend beschrieben und es wird ĂŒber die Resultate, welche sie
mit zwei Krankheiten, nÀmlich Nephritis und Nephrolithiasis er-
hielten, kurz berichtet.
Der Zusammenhang zwischen Xerophthalmic und Vitamin A.
Das Fehlen des Vitamins A bewirkt bei einem gewissen Pro-
zentsatz von Versuchstieren das Auftreten von Xerophthalmie
A. M ĂŒ n z e r.
The Journal of the American Medical Association, Chicago.
4. Februar 1922, 78, Nr. 5.
âŠKnochen- und GeilenkverĂ€nderungen bei kongenitaler Syphilis. D e m b o .
L. Hâ L i t e b f i e 1 d . H. R.. und Foote, J. A. 319.
Kongenitale Dislokation der HĂŒfte. Thomas. H. B. 323.
Tuberkulose des RĂŒckenmarks. Harbitz. F. 330.
Chronische sklerosierende Ostcomyeiitis. Kurtz. A. -D. :t3l.
Ein Fall von Charcot'scheT Spinalerkrankung. Fun'aton. R V. 383.
âŠApparat zur Sauerstoffzufubr. Bar ach. A. L. 334.
⊠Fraktur der WirbelsÀule uml VerÀnderungen in dei Punktion dei Viere uni
Blase. 0 u m in i n g , R. E. 3S.'>.
⊠RekouvaleNzenitcnseriim bei Masern. Mc. Ncal. M. D. .MO.
GruiulstufTwcchsel In Beziehung; zum Kiirpcii gewicht und Puls. P e tei - 0 »
A.. und W a 1 t e r . W. 841,
⊠Hutyn, ©in neue? synthetisches Lokal-An/istlietikum. Bttltotl, \. E. 348.
Knochen- und GelenkverÀnderungen bei kongenitaler Lut>.
Vcrff. besprechen die einzelnen Knochen- und GelenkverÀnderun
gen bei kongenitaler Lues und teilen Krankengeschichten als Be-
lege fĂŒr die verschiedenen pathologischen Prozesse mit. Die Pal
waren im Alter von 6 Wochen bis 9 Jahre. Es werden die akute
Epiphysitis, die Osteoperiostitis und die Daktylitis besprochen
Die Diagnose der einzelnen Erkrankungen wird am sichersten
röntgenologisch gemacht. Differential-diagnostisch muĂdie akute
Epiphysitis von der Erb'schen Paralyse, Skorbut und der akuten
Poliomyelitis getrennt werden. Röntgenbild, Wassermann'schc
Reaktion, Anamnese, klinischer und physikalischer Befund werden
zusammengenommen in ZweifelsfÀllen Klarheit schaffen. Thera-
peutisch empfehlen Verff. Schmierkuren und Salvarsaninjektionen.
eine Behandlung, mit der sie sehr gute Heilerfolge erzielen
konnten.
Ein einfacher Sauerstoffapparat. Den gebrÀuchlichen Sauer
stoffapparaten haften zweifellos gewisse Nachteile an, die darin
liegen, daĂ die Apparatur- so umfangreich ist, daĂ ihre ausgiebige
Anwendung in der Regel dem Krankenhause vorbehalten bleibt.
Verf. gibt einen Apparat an, der nicht nur leicht transportabel und
somit auch in der Privatpraxis gut zu gebrauchen ist, sondern
auch den Pat. insofern angenehmer ist, als bei ihm die lÀstige
Maske in Fortfall kommt. Der Apparat besteht aus einer kleinen
Sauerstoffbombe, einem mit kohlensauren Kalk angefĂŒllten Be-
hÀlter und einer Gummiröhre, an deren Ende ein Gummimund-
stĂŒck angebracht ist, das zwischen Lippen und Zahnreihen ein-
gelegt wird. Der Sauerstoff passiert in dieser Reihenfolge, die
Ausatmungsluft dagegen in umgekehrter Richtung. An den
Kohlensauren-Kalk-BehÀlter ist angeschlossen eine kleine mit
Bariumhydrat gefĂŒllte Flasche, in die bei Druck auf einen Gummi-
ball, der in diese Flasche mĂŒndet, Luft aus dem BehĂ€lter auf-
gesogen wird. Das Bariumhydrat bleibt klar, wenn der kohlen-
saure Kalk gut funktioniert, wenn dagegen Kohlendioxyl von dem
kohlensauren Kalk nicht absorbiert wird, so wird sich das Ba-
riumhydrat in Bariumcarbonat umwandeln. Verf. hat sowohl im
Krankenhause wie in der Privatpraxis diesen Apparat mit Erfolg
benutzt.
Die Serumprophylaxe bei Masern. Verf. berichtet ĂŒber Er-
gebnisse mit der nach Degkwitz ausgefĂŒhrten Masernschutz-
impfung. 16 Kinder, die einer Maserninfektion ausgesetzt waren,
erhielten am 3. â 7. Inkubationstag 5 cem Rekonvaleszentenserum
intramuskulÀr. 12 Kinder erkrankten nicht an Masern, wÀhrend
1 auffallend milde erkrankten. 1 Kind, das nach der Impfung keine
Masern bekam, erkrankte 2 Monate spÀter, nachdem es einer er-
neuten Infektion ausgesetzt und nicht aufs neue mit Rekonvales-
zentenserum behandelt war. Die durch die Injektionen erreichte
MasernimmunitÀt scheint demnach nicht lÀnger als 60 Tage anzu-
halten. Im allgemeinen kann gesagt werden, daĂ die Serumpro-
phylaxe besonders in KrankenhÀusern angewandt, einen wesent-
lichen Fortschritt bedeutet.
Butyn, ein neues synthetisches LokalanÀsthetikum. Kurzer
Bericht des Pharmazeutisch-Chemischen Ausschusses der x\meri-
kanischen Medizinischen Gesellschaft. Nach der PrĂŒfung durch
diesen AusschuĂ eignet sich Butyn vornehmlich fĂŒr Augen-, Hais-
und Nasenoperationen. Bei ersteren genĂŒgt eine 2% Lösung,
wÀhrend bei den anderen eine 5% zur Anwendung kommt. Probe-
weise wurden Staroperationen, Iridectomien, Magnetextraktionen
von Fremdkörpern, Tenotomien und Lidplastiken, ferner eine An-
zahl intranasaler Operationen, wie z. B. Septumresektionen und
Entfernung von Adenoiden ausgefĂŒhrt. Es ergab sich hierbei, daĂ
trotz geringerer Mengen die AnÀsthesie im Vergleich zur Kokain-
anÀsthesie eine wirkungsvollere ist, daà sie schneller eintritt und
lÀnger anhÀlt. Ferner scheint Butyn weniger giftig zu sein als
Kokain. Die Pupillenreaktion bleibt durch Butyn unbeeinfluĂt
Das neue Mittel wird durch Auskochen nicht verÀndert.
KĂ€ckell (Hamburg
The American Journal of Obstetrics and Gynecology, St. Louis.
Januar 1922, 3, Nr. 1.
âŠEndresultate der Zervixampntation und der Traehelorrhapbie. Eawis,
R. M. 1.
âŠZuckerkrankheit und Schwangerschaft. Bell. J. N. '.'0.
âŠHerzleiden und Schwangerschaft. Dice W. G.
Die .Brust In physiologischer und pathologischer Beziehung mit RĂŒcksicht
auf Blutung ans der Warze. D i c k i n s o ,i . G. K. 31.
282
Ans den neuesten Zeltschriften
40. Jahrg. â Nr. 12
âŠDa« Abschlachten der Unschuldigen. P i n d 1 e j , P. 86.
âą^Gesetzliche Gesichtspunkte bezĂŒglich des Abortes. Oakley. E. F. 3".
âŠAbortbehandlung. Yates. H. W. 42.
ErgÀnzung zu unseren geburtshilflichen Apparaten. Z i e g 1 e r . Ch. E. 46.
Geburtshilflicher Unterricht. M e n d e n h a 1 1 A. M. 53.
Eine Entbindungsmethode in normalen FĂ€llen. T a t e , M. A. 61.
âWahl der Methoden zur Erleichterung der Geburtsarbeit. B i 1 1 . A. H. 65.
Ein Fall von Hemimelie oder sogenannter kongenitaler Amputation.
B a i 1 e y . H. 72. \
Endresultate der Zervixamputation und -der Trachelorraphie.
Verf. ĂŒberprĂŒfte die 6503 gynĂ€kologischen FĂ€lle des Frauenhos-
pitals New York aus den Jahren 1916 â 1919 und fand, daĂ bei
etwa 11% derselben Operationen an der Zervix vorgenommen
worden waren, und zwar Zervixamputation 461 mal, Trachelo-
rrhaphie (Emmetsche Operation) 232 mal. 211 FĂ€lle hiervon sind
1 â 5 Jahre beobachtet worden', hiervon 132 Amputationen, 79 Em-
metoperationen. Unter Verwertung dieses von verschiedenen Ope-
rateuren herrĂŒhrenden Materials kommt Verf. zu folgenden
SchlĂŒssen: Die Zervixamputation und die Trachelorrhaphie sind
gute und gleichwertige Operationen, die ihren Platz in der heu-
tigen GynÀkologie haben. Nachblutungen und ausbleibende prima
reunio sind öfter bei Emmet aufgetreten, aber wohl fehlerhafter
Technik zuzuschreiben. Besserung des Allgemeinbefindens tritt
fast stets ein, hÀufiger noch nach Amputation als nach Emmet.
Bei Leukorrhoe und Dysmenorrhoe ist Zervixamputation wirk-
samer als Trachelorrhaphie, ruft aber umgekehrt hÀufiger diese
Symptome in FĂ€llen hervor, die vorher davon frei waren. Abort
und FrĂŒhgeburt waren bei Amputation, Dystokie bei Emmet etwas
hÀufiger. Bei richtiger Indikation und Technik ist die niedere und
mittlere Zervixamputation bei Frauen im kinderbringenden Alter
ebensogut anwendbar als die Trachelorrhaphie.
Zuckerkrankheit und Schwangerschaft. Die frĂŒhere Literatur
bringt ĂŒber die vormals als sehr schwer angesehene Komplika-
tion wenig. Ver. legt an zwei ausfĂŒhrlich beschriebenen, mit
Stoffwechseltabelle versehenen FĂ€llen dar. daĂ bei moderner Be-
handlung die Vergesellschaftung von GraviditÀt und Diabetes we-
niger zu fĂŒrchten sei. Er schlieĂt: Bei allen Graviden ist sorg-
fÀltige Anamnese, besonders auch hinsichtlich Eltern und Vor-
eltern zu erheben. Sind die Symptome der Zuckerkrankheit vor-
handen, aber kein Zucker im Urin, so ist der Blutzuckergehalt
festzustellen. Der Unterbrechung der GraviditÀt ist ein Versuch
mit moderner DiÀtbehandlung vorauszuschicken.
Herzleiden und Schwangerschaft. Verf. kommt zu folgenden
LeitsÀtzen:
L WÀhrend GraviditÀt sind HerzgerÀusche oder IrregularitÀt
an und fĂŒr sich kein Beweis fĂŒr Herzleiden.
2. Schwangerschaft beeintrÀchtigt die Lebenschancen der
Frauen mit chronischen Klappenfehlern oder Herzmuskel-
erkrankungen.
3. Klappenfehler als solche sind keine Kontraindikation gegen
GraviditÀt, sondern die Art in welcher das Herz arbeitet, ist allein
maĂgebend.
4. Jeder Herzleidende ist als ein KrĂŒppel anzusehen, deren
Behandlung wÀhrend GraviditÀt und Geburt auf möglichste Er-
sparung jeder Anstrengung fĂŒr das Herz gerichtet sein muĂ.
5. Die Sectio caesarea gibt die besten Besultate in unkom-
pensierten sowie in den FÀllen, wo das Herz wÀhrend des Ge-
burtsaktes zu unterliegen droht. Auch Hysterotomie kann indiziert
sein. Bei Sectio soll stets Sterilisierung angeschlossen werden.
Zur Schonung des Herzens sind Morphium und Scopolamin zu
geben und nach Eröffnung des Muttermundes Zange oder Wen-
dung zwecks AbkĂŒrzung der Geburt anzuwenden.
Wenn Atemnot, hervorgerufen durch ungenĂŒgende Blutzufuhr
zu den respiratorischen Zentren, oder Schmerzen, bewirkt durch
mangelhafte ErnÀhrung des Herzmuskels, schon im gewöhnlichen
Leben auftreten, sollte die GraviditĂ€t frĂŒh unterbrochen werden,
da zwar manche Frauen mit organischen Klappen- oder Muskel
defekten eine GraviditÀt gut durchmachen, aber im allgemeinen
der Meinung Websters zuzustimmen ist, wonach die GraviditÀt das
Leben dieser Frauen verkĂŒrzt und gefĂ€hrdet.
Die Absehlachtung der Unschuldigen. Es ist anzunehmen, daĂ
auf 5 â 6 GraviditĂ€ten ein Abort kommt und 50% aller Aborte kri-
minell sind. In New York zÀhlt man 80 000 Aborte jÀhrlich. Nach
Lombroso sei âAbort in den Vereinigten Staaten so alltĂ€glich ge-
worden, daà er statt als Verbrechen, als löbliches Mittel zur
BeschrĂ€nkung der Familie angesehen wird." Verf. empfiehlt, daĂ
bei der Schwierigkeit der technischen BeweisfĂŒhrung durch die
Gerichte diese durch die medizinischen Körperschaften unter-
stĂŒtzt werden sollen, und daĂ zur Einleitung eines Abortes die
Konsultation eines oder mehrerer Aerzte gefordert werde
Gesetzliche Gesichtspunkte bezĂŒglich des Abortes. Unter Ein- I
gehen auf Einzelheiten der Gesetze einiger Staaten der Union und
insbesondere auf den Wert des Zeugnisses der Sterbenden ver- I
langt Verf., der Staatsanwalt ist, gröĂere Mitwirkung der AerzHe I
unter Minderung des Àrztlichen Berufsgeheimnisses.
Abortbehandlung. Bericht ĂŒber 81 AbortfĂ€lle des Kranken-
hauses Detroit von 1921. Krimineller Abort wird auf 25% ge- 1
schĂ€tzt. Völlige AusrĂ€umung ist sehr wichtig, da kleinere zurĂŒck-
gelassene Plazentarreste fast noch mehr als gröĂere zu PyĂ€mie |
Veranlassung geben. Finger und Abortzange sollen mehr als die |
gefĂ€hrliche Curette angewandt werden, die âmehr Menschen ge- 1
tötet als gerettet hat". Stets ist an Chorionepitheliom zu denken, j
Wahl der 3Iethoden zur Erleichterung der Geburtsarbeit I
Verf. gibt geringe und hÀufige Dosen von Morphium und Scopola-j
min, jedoch nur etwa bis 3 oder 4 Stunden vor der zu erwartenden I
Geburt, daher hauptsÀchlich nur bei ErstgebÀrenden, bei Mehr-I
gebĂ€renden statt dessen Aether. Die AbkĂŒrzung des Geburtsaktes I
selbst geschieht durch Zange oder Wendung. Bei 500 Geburten I
machte Verf. 358 Zangen. 71 Wendungen; nur 19 Geburten waren;
spontan. Kuhn (MĂŒnchen).
Archives of Pediatrics, New York.
Januar 1922, 39, Nr. 1.
â (âșEiweiĂmilch in Pulverform als prophylaktische SaugUngsernĂ€hrung. Sauer
L. W. i.
Masern. S t i m s o n . P. M. 11.
âŠResultate der Wa. R. in einem groĂen Kinderheim. Barenberg. L H
und R o s e n b e r g . P. 23.
âŠDaxmflora beim SĂ€ugling. Sherman. H. de Witt und Lohnes. H. R.
S7.
Zwergwuchs und kongenitale Herzerkrankung. Herrmann. C. 45.
Diabetes mellitus bei einem 22 Monate alten Kinde. Colburn. W. O. 48.
Interessanter diagnostischer Fall. M i x s e 1 1 . H. R. 51.
Pulvrisierte EiweiĂmilch als prophylaktisches Nahrungs-
mittel fĂŒr SĂ€uglinge. Verf. verabfolgte, um die nicht ganz einfache
Herstellung frischer EiweiĂmilch zu umgehen, pulvrisierte Ei-
weiĂmilch in einer gröĂeren Anzahl von FĂ€llen Diese hat den
Vorteil, daĂ man sie ganz nach Wunsch konzentrieren bezw. ver-
dĂŒnnen kann und daĂ man so in ausgiebigster Weise individu-
alisieren kann. Verf. verwandte sie bei FrĂŒhgeburten, sowohl als
Allaitement mixte mit Muttermilch, wie auch als ausschlieĂliche
Nahrung, ferner als ausschlieĂliche Nahrung bei Neugeborenen
und bei jungen untergewichtigen SĂ€uglingen. In allen FĂ€llen
wurde die EiweiĂmilch ziemlich reichlich, entsprechend den
neuerlichen Angaben Finkelsteins mit Kohlehydraten ange-
reichert. Auffallend gut nahmen die so ernÀhrten Kinder an Ge-
wicht zu. ErnÀhrungsstörungen sah Verf. sehr selten entstehen
RegelmĂ€Ăig wurde daneben Zitronensaft verabreicht.
Vergleichende Wassermann'sehe Untersuchungen an groĂem
Kindermaterial. Die zur Untersuchung herangezogenen Kinder
waren wenige Tage bis 6 Jahre alt und wurden nicht besonders
ausgewĂ€hlt. Eine groĂe Anzahl war anamnestisch oder auf
Grund von Krankheitserscheinungen luesverdÀchtig. Die Blut-
untersuchungen wurden von 2 verschiedenen Instituten unabhÀn-
gig voneinander ausgefĂŒhrt. In 472 FĂ€llen fiel die Reaktion beide-
mal negativ aus. Zur weiteren Kontrolle nahmen Verff. in 35C
dieser FĂ€lle die LuetinprĂŒfung vor (intrakutane Injektion einer
Emulsion abgetöteter SpirochÀten . mit dem Ergebnis, daà 321
Reaktionen negativ. 3 positiv und 26 zweifelhaft ausfielen. Dei
Wassermann war in den FĂ€llen mit positiver bezw. zweifelhafter
Luetinreaktion stets negativ, er war ferner auch bei den Eltern
der betreffenden Kinder negativ und klinisch war kein Anhalts-
punkt einer Lues aufzufinden. Die Eltern von 22,4 % der unter-
suchten Kinder waren luisch infiziert, 10.8% Kinder waren un-
eheliche, 6.5% geistig minderwertig, 35,8% zeigten allgemeinere
krankhafte Erscheinungen. Auffallend ist der negative Ausfall
der Wassermann'schen Reaktion in allen diesen FĂ€llen, der den
Erfahrungen anderer Autoren nicht entspricht. Im Gegensatz zu
vielen anderen halten Verff. die Luetinreaktion als diagnostisches
Hilfsmittel fĂŒr nicht sicherer als die Wassenmann'sche Reaktion,
sie glauben vielmehr, daĂ ein positiver Ausfall der Luetinreak-
tion durchaus nicht unbedingt fĂŒr Lues spricht.
Ueber die praktische Bedeutung der Darmbakterienflora de?
SĂ€uglings. Die theoretischen Betrachtungen der Verff. gipfeln in
der Annahme, daĂ die durch Bakterienwirkung im Darm ent-
stehenden Endprodukte entweder harmlose SĂ€uren oder EiweiĂ-
abbauprodukte sind, die oft toxisch wirken. Der Unterschied
zwischen der kindlichen Darmflora und der des Erwachsenen liegt
darin, daĂ sich die kindliche auffallend rasch entsprechend der
40. Jahrg. â Nr. 12.
An» den neuesten Zeitschriften
2H3
eingenommenen Nahrung verÀndert. Bei unrichtiger ErnÀhrung
sstarl sich die Darmflora entweder aus ausgesprochen fermcntativ
oder ;ibcr proteolytisch wirkenden Bakterien zusammen. Diese
verschiedenen Typen können kulturell differenziert werden. Die
gegebenenfalls zu einseilige Einstellung der Darmflora dokumen-
tiert sich oftmals auch klinisch in Darmstörungen.
KĂ€ckell (Hamburg)
The Boston Medical and Surgical Journal, Boston.
19. Januar 1922. 186, Nr. 3.
âŠOperative Behandlung der Epilepsie. Little. J. M. «£>.
Pyorrhoe. C o b b . C. M. 78.
*Das Problem der Neubildung. Pratt. F. H. 80.
Bemerkungen zur operativen Behandlung der Epilepsie. Be-
rieht ĂŒber 14 FĂ€lle. Es ist eine entmutigende Tatsache, daĂ die
Aetiologie der Epilepsie in Dunkel gehĂŒllt ist, und daĂ wir so
wenig ĂŒber ihre wahren Ursachen und ihre Pathologie wissen.
Theorien gibt es genug, aber sie sind nicht bewiesen. Verf. hat
eine Beihe von Epileptikern operativ angegangen; um den Wert
eines solchen Vorgehens genau abschÀtzen zu können, fehlt es
In einer genĂŒgend langen postoperativen Beobachtungszeit. Da-
her kann erst ein Zusammenströmen vieler solcher Berichte ĂŒber
den Nutzen der operativen Epilepsie-Behandlnug Klarheit
schaffen. Nach ausfĂŒhrlicher "Wiedergabe der einzelnen Kranker-
geschichten zieht Verf. folgendes BesumS: Bei allen Operierten
trat ausnahmslos eine temporÀre Besserung ein. Diese erstreckte
sich in einzelnen FĂ€llen ĂŒber Zeitabschnitte von 10 â 11 Jahren;
andere sind 5 â 9 Jahre nach der Operation frei von epileptischen
Symptomen. In fast allen FĂ€llen lieĂ sich eine lokale patho-
logische VerÀnderung feststellen. Daà in bestimmten FÀllen die
'Operation Nutzen stiftet, hĂ€lt Verf. fĂŒr erwiesen; die groĂe
Schwierigkeit besteht aber darin, 1. diejenigen FĂ€lle herauszu-
finden, fĂŒr die die Operation als segenstiftend in Betracht kommt,
2. den geeigneten Operationsmodus fĂŒr den jeweiligen Fall zu
wÀhlen. Der einzige Weg zur Aufstellung gewisser Bichtlinien
ist das Studium der FÀlle und ihre Veröffentlichung.
Allgemeine Physiologie in ihrer Beziehung zum Problem der
Neubildungen. KrÀfte wie OberflÀchenspannung, Osmose, Adsorp-
tion, elektrische und chemische Wechselwirkungen mĂŒssen als
omnipotent im LebensprozeTi gelten. Der Versuch, die feinen
mechanischen, chemischen und elektrischen KrÀfte zu beschreiben,
zu messen und zueinander in Beziehung zu setzen, ihrer Wirkung
auf die Zellstruktur, ihrer Beeinflussung durch die anorganische
Umwelt nachzuspĂŒren â das ist das Feld der allgemeinen Phy-
siologie. Aus dieser Quelle mĂŒssen wir schöpfen, wenn wir uns
bemĂŒhen, das Geheimnis der Krebszellen zu lĂŒften. Jeder Erfolg
in der Erforschung vitaler Prozesse hĂ€ngt von der glĂŒcklichen
Wahl des Materials ab. Gewisse zellulÀre KrÀfte sind allen
lebenden Dingen eigen; einige Zellen aber sind bei einem gege-
benen Problem erfolgreichen Versuchen zugÀnglich, wogegen
fendere dabei versagen. Selbst wenn wir in irgend einer glĂŒck-
lichen Zukunft den wahrhaft infektiösen Ursprung des mensch-
lichen Krebses aufdecken, selbst dann ist die Tatsache des Para-
sitismus nur ein Element in der Lösung und das Zustandekommen
einer Wirkung, an der 2 Organismen (Wirt und Parasit) beteiligt
sind, kompliziert die VorgÀnge eher noch, statt sie zu verein-
fachen. * Held (BerlinV
26. Januar 1922, 186, Nr. 4.
Behandlung des Prostata-Karzinoms. C u n n i n g h n m . .T. H. 99.
Kaiserschnitt. B i r n i e . J. M. 105.
Jenunostomie. Walker I. ,T. 108.
Kaiserschnitt. Tod am 10. Tage infolge cerebraler Blutung. Titus. R. 8.
111.
âŠDie Ă€rztliche Verantwortlichkeit bei Diphtherie. R a r 1 a n d .' .T. US.
Die Verantwortlichkeit fĂŒr Diphtherie. Im Jahre 1913 bericli
tete Behring zum ersten Male von der Möglichkeit, Kinder er-
folgreich zu immunisieren. Mit der EinfĂŒhrung der Schickschen
Probe, einer praktischen Methode, EmpfĂ€nglichkeit, natĂŒrliche und
erworbene ImmunitÀt gegen Diphterie zu bestimmen, kam die
Möglichkeit einer planmĂ€Ăigen Immunisation auf eine reelle Grund
lÀge. Die Schick-Probe, die aus einer intracutanen Injektion einer
Vso tötlichen Meerschweinchen-Dosis besteht, stellt fest, ob ein
Individuum genĂŒgend natĂŒrliches Antitoxin als Schutzkrafl be-
sitzt. Bei positivem Ausfall bleibt die. Tnjeklionsstelle reaktionslos:
ist die Antitoxinmenge nicht ausreichend, so stellt sich eine lokale
Beaktion ein, die 24â 3R Stunden nach der Injektion einsetzt und
ihren Höhepunkt nach 4 Tagen erreicht, um dann allmÀhlich zu
verschwinden. IrrtĂŒmer sind selten dabei Tm Laufe der letzten
4-5 Jahre hat die Schick-Probe in New- York steigende Verwendung
gefunden. Kinder mit posilivr Beaktion wurden mit Toxin-Anti
(oxin immunisiert, unter 50 (XX) so behandelten FĂ€llen trat niemals
eine unerwĂŒnschte Wirkung auf. Dagegen zeigte sich ein groĂer
Prozentsatz der Behandelten einige Monate spÀter neuen Injek
tionen gegenĂŒber immun. Verf. regt daher an, die Schickprobe mit
ev. nachfolgender Immunisierung auf ein möglichst groĂes Ma-
terial von Schulkindern auszudehnen, da diese erfahrungsgemÀh
das gröĂte Contingent der Diphtheriekranken stellen.
Auf diese Weise ist die Diphtherie in die Beihe der vermeid-
baren Krankheiten aufgerĂŒckt. Sache der Aerzle ist es, das
Publikum' auf die Vorteile aufmerksam zu machen, die ihm aus den
Fortschritten der Medizin erwachsen. K. Held /"Berlin).
2. Februar 1922, 186, Nr. 5.
âRezidivierende Inguinalhernien. French. R. W. 138.
Fraktur und Dislokation der Orviealwirbel ohne Paralyse. Hartsborn.
W . E. 141.
Recidivierende Inguinalhernien. Die Ursachen fĂŒr Becidive
bei Inguinalhernien kann man kurz folgendermaĂen zusammen-
fassen: Spannung der NÀhte, BeeintrÀchtigung der Innervation.
Infektion, MiĂlingen der AnnĂ€herung des Obliquus internus an
das lig. Peuparti an einer genĂŒgend tiefen Stelle, ungenĂŒgende
Verkleinerung des inneren Leistenrings, Verwechslung einer di-
rekten Hernie mit einer indirekten. Jeder Fall von Hernienrecidiv
bietet sein besonderes Problem dar, das nur dann restlos gelöst
werden kann, wenn der Operateur es versteht, aus der vorhande
nen> Situation den bestmöglichen Nutzen zu ziehen.
K. Held (BerlinV
The American Review of Tuberculosis, Baltimore.
Dezember 1921, 5, Nr. 10.
âDas Tuberkulose-Problem. Krause, A. K. 769.
BekÀmpfung der Tuberkulose in Yorkshire. Mc. Do u salf . J. B. 784.
âAnstaltsbehandlung der Tuberkulose. Miller A. F. 801.
âKĂŒnstlicher Pneumothorax. Miller. A. F. 809.
Methvlenblaubehandlung bei tuberkulösem Pyow eumothorax. Rosen
h'latt, J. und Stivelman. B. P. 819.
âDesikkationsmethode mit Hochfrenuenzstrom zur Entfernung der Tonsillen.
M c. Tain, P. P. 824.
Uterustuberkulose im Verein mit Uterus-Neoplasmen. Scott. .T, R. 829.
âUltraviolette Bestrahlung bei tuberkulöser Laryngitis. Mayer. E. 835.
âDie Bestimmung der klinischen AktivitĂ€t bei der Lungentuberkulose durch
Röntgenogramme. Orns'tein. G. und Sampson. .7. 842.
Tuberkulose und Influenza. Singer. .1. .T. 851.
Das Tuberkuloseproblem. Gedanken ĂŒber seine Lösung. Der
ganze Vortrag wird von dem Gedanken beherrscht, daĂ die Tu-
berkulose nicht als ein isoliertes PhÀnomen des menschlichen
Lebens an und fĂŒr sich betrachtet werden darf. Sie steht in
zahlreichen innigen Beziehungen zu den allgemeinen gesellschaft
liehen und wirtschaftlichen Problemen, die bei der Lösung de"
Tuberkulosefrage in jeder Weise berĂŒcksichtigt werden mĂŒssen.
Der Autor verlangt eine grĂŒndliche spezielle Ausbildung der
Studierenden und der Aerzte, ein leichtes ZugÀnglichmachen aller
Veröffentlichungen und statistischen Feststellungen sowie, eine
systematische, folgerichtige' Mitarbeit der kommunalen Behörden
unter Verwertung der Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung.
Die Tatsache des allmĂ€hlichen ZurĂŒckgehens der MortalitĂ€tsziffer
dĂŒrfte nicht dazu verleiten, die Lösung eines so ernsthaften und
lebenswichtigen Problems der Zeit zu ĂŒberlassen. Eine allgemeine
Besserung der LebensverhÀltnisse, ausreichende ErnÀhrung, ge-
nĂŒgend freie Zeit, Luft und Licht bilden wichtige Hilfsmittel in*
Feldzug gegen die Tuberkulose.
Anstaltsbehandlang der Tuberkulose. Ihre Grenzen. Soviel
Segen die Sanatoriumsbehandlung der Tuberkulose auch unzwei
felhaft gebracht haben mag, so bildet sie doch nur ein Glied in
der langen Kette der erforderlichen MaĂnahmen gegen die Tuber
kulos.e. Handelt es sich doch hier um eine Krankheit, die eine
VerÀnderung der Lebenshaltung nicht innerhalb einer beschrÀnk-
ten Fi ist von einigen Monaten, sondern fĂŒr das ganze fernfre
Leben notwendig macht. Ein Wiederaufflackern zu verhindern,
ist die erste Aufgabe der TuberkulosenfĂŒrsorge. Der Versuch
die Patienten wĂ€hrend der Anstaltsbehandlung âabzuhĂ€rten", si<>
ĂŒber ihr Verhalten nach der Entlassung gebĂŒhrend zu instru
ieren, fĂŒhrte zu keinem befriedigenden Besultat, ebensowenig wie
die Zahlung einer Pension fĂŒr die Dauer von sechs Monaten und
lÀnger nach Ablauf der Anstaltsbehandlung, um ihnen den schwe-
ren wirtschaftlichen Kampf mit allen seinen aufreibenden An-
forderungen zu erleichtern. Der einzige gangbare Weg ist die
Schaffung einer âgeschĂŒtzten BeschĂ€ftigung" fĂŒr die Expatienten
auf dem Lande, wobei aber nicht der Einzelne sich selbst ĂŒber
284
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 12.
lassen werden darf. Denn âein leichter Verdienst in freier Luft'
hat leichte Bezahlung und somit Verarmung, UnterernÀhrung und
Familienelend zur Folge. Es ist, sagt Miller, eine patriotische
Tat ersten Ranges, aus privaten und öffentlichen Mitteln die Mög-
lichkeit einer solchen, Ă€rztlich ĂŒberwachten und organisierten
BeschÀftigung der aus der Anstalt entlassenen Tuberkuloserekon-
valeszenten zu schaffen. Das angefĂŒhrte Beispiel der Stadt
Framingham (Massachusetts) zeigt, daĂ ein solcher Plan wohl
durchfĂŒhrbar ist.
SiebenjĂ€hrige Erfahrung mit kĂŒnstlichem Pneumothorax.
1. Die Einleitung des kĂŒnstlichen Pneumothorax sollte bei beider-
seitiger Tuberkulose nicht- vorgenommen werden, wenn beide
Lungen Zeichen einer Progression zeigen.
2. In keinem Falle von vorgeschrittener Lungentuberkulose
sollte bei unbefriedigendem Ergebnis der gewöhnlichen Behand-
lung die Anwendung des kĂŒnstlichen Pneumothorax unterbleiben,
vorausgesetzt, daĂ die andere Lunge gar nicht oder nur leicht
erkrankt ist und ernste Komplikationen nicht vorhanden sind.
3. Als Mittel zur UnterdrĂŒckung der HĂ€moptoe ist der kĂŒnst-
liche Pneumothorax von ganz besonderem Wert, wenn man weiĂ,
von welcher Seite die Blutung kommt.
4. Rein als palliative MaĂnahme ist der kĂŒnstliche Peumo-
Ihorax fĂŒr die Milderung der Symptome von Wert.
5. Versuche haben gezeigt, daĂ ein partieller Lungenkollaps
in einigen FÀllen schÀtzbare Resultate haben kann.
6. Da, wo kĂŒnstlicher Pneumothorax angezeigt ist, sollte er
nicht solange aufgeschoben werden, bis intrapleurale AdhÀsionen
eine therapeutische Kompression der Lungen unmöglich machen
7. In den meisten FĂ€llen von ausgedehnter Erkrankung sollte
zum Zwecke dauerhafter Resultate die Kompression ein Jahr
und*lÀnger fortgesetzt werden.
Die gefahrlose Entfernung der Tonsillen durch die Aus-
trocknungsmethode mit dem Hochfrequenzstrom bei schlechten
Vorbedingungen fĂŒr einen chirurgischen Eingriff, unter beson-
derer BerĂŒcksichtigung der Tuberkulose. WĂ€hrend die instru-
mentelLe Tonsillektomie sonst ein durchaus unschÀdliches Ver-
fahren darstellt, bedeutet sie bei tuberkulösen Patienten zuweilen
eine ziemlich ernste Gefahr. Sie ist bei aktiver tuberkulöser Ul-
zeration der Tonsillen wegen der Möglichkeit einer Ausbreitung
der Infektion direkt kontraindiziert. In allen FĂ€llen von Tuber-
kulose, mag sie ihren Sitz in den Mandeln haben oder anderwÀrts,
können die Tonsillen ohne nachteilige Folgen durch die technisch
einfache Anwendung des Hochfrequenzstromes entfernt werden,
die allerdings mehr Zeit erfordert und am besten in mehreren
Sitzungen auszufĂŒhren ist.
Theoretische Betrachtungen ĂŒber die Anwendung ultravio-
letter Strahlen bei der Kehlkopftuberkulose. Nach eingehender
Besprechung der Lichtquellen, ihrer Eigenschaften und besonders
ihrer Einwirkung auf die Gewebe des menschlichen Körpers
kommt der Verf. zu dem SchlĂŒsse, daĂ die ultravioletten Strahlen,
allerdings erst im Laufe von etwa 6 Monaten, die Tuberkulose
der SchleimhÀute zu heilen vermögen. Ihre Wirkung besteht in
der Zerstörung oberflÀchlich gelegener Organismen, in der Er-
zeugung von HyperÀmie mit chemischen VerÀnderungen des Zell-
protoplasmas und besonderem EinfluĂ auf die Fermente. Die
Anwendung ultravioletter Strahlen volti genĂŒgender IntensitĂ€t lĂ€Ăt
auf Grund dieser ErwĂ€gung einen gĂŒnstigen EinfluĂ auf die Kehl-
kopftuberkulose erwarten, und auch die vom Verf. bisher ge-
machten praktischen Erfahrungen ermutigen zu weiteren Ver-
suchen.
Die Bestimmung der klinischen AktivitÀt bei der Lungen-
tuberkulose durch Röntgenogramme. Die AktivitÀt ist im Rönt-
genbilde gekennzeichnet einmal durch gesprenkelte, unscharf be-
grenzte Flecke, die allmÀhlich in das umgebende, dunkel und ver-
schleiert erscheinende Lungengewebe ĂŒbergehen, und zweitens
durch das Vorhandensein von spontanen und örtlich begrenzten
Pneumothoraxbildungen. Der Grad der AktivitÀt hÀngt ab von
der Ausdehnung des der Zirkulation entzogenen (gefĂ€Ălosen) Ge-
hietes. Ihre Abnahme geht Hand in Hand mit dem Grad der
stattgehabten fibrösen Umwandlung und Verkalkung.
L. K a n n e r.
i
The Journal of Urology, Baltimore.
. November 1921, 6, Nr. 5.
Kontraktur des BlasenhaJses bei der Frau. C a u 1 k . .lohn R.
Eine ^klinische Studie ĂŒber die Halle-Hypothese der Nicrenthc. Hamer.
H. G. und Herz. H. O.
Ein Fall von ungewöhnlicher SolitÀrtuberkulose der Niere. Smith.
Emerson C.
âș{âąInjektion von Gummighikoselösiurig ,bei Operationen des Urofre.nitaltraktu«.
Lowstey, C) S. Motrisy. J. H und Ricci. .T. V.
Injektion von Gununiglukoselösung bei Operationen des Urogeni-
taltraktus. Der Operationsschock ist charakterisiert durch ein
Fallen des Blutdruckes, begleitet von weichem, dĂŒnnem Pulse,
oberflÀchlicher Atmung und subnormaler Temperatur. Das
PrimÀre ist das Fallen des Blutdruckes, das erst die anderen
Symptome auslöst. Gelingt es, den Blutdruck auf normaler Höhe
zu erhalten, tritt nie Schock ein. Die Verfasser glauben dies
durch eine Gummiglukoselösung von folgender Formel erreichen
zu können. Gummi acacia (Squibbs grade granule) 12,0, Glukose
(Merk) 40,0, Calcium carbonat 12,0, Natrii chlorat. 48,0, Aq. dest.
ad 200,0. Filtriert und sterilisiert nach bestimmter Vorschrift.
Diese Lösung wird am besten unmittelbar nach Operationsbe-
ginn etwa tropfenweise unter stÀndiger Blutdruckkontrolle in-
jiziert; fĂŒr eine gröĂere urologische Operation kommt man mit
etwa 30 Gramm aus. NatĂŒrlich kann die Einspritzung auch nach
der Operation vorgenommen werden, falls bedrohliche Er-
csheinungen ein Sinken des Blutdruckes befĂŒchten lassen.
....... Bab (Berlin).
The Japan Medical World, Tokio.
15. November 1921, 1, Nr. 7.
âUrsachen rapider Sedimentierung der roten Blutkörperchen wĂ€hrend der
Schwangerschaft. Saltae, T. und Tsutsumi.T. 1.
âąfr-Wirkung von Radix Ginseng auf die experimentelle . HyperglykĂ€mic.
S a i t o , J. 3.
FunktioneUe VerĂ€nderungen in der DrĂŒsenstruktur. Tsukaguehi. R. 7
Struktur des opsonischen Komplements. K o d a m a . M. 9.
Die Ursachen der gröĂeren Sedimentierung9geschwindigkeit
der Erythrozyten wÀhrend der Schwangerschaft. Experimentelle
Untersuchungen zur KlÀrung dieser Frage ergaben folgende Tat-
sachen: das VerhÀltnis von Plasma zu Blutkörperchen ist in der
Schwangerschaft zu Gunsten des Plasmas verschoben. AuĂerdem
tritt in der GraviditÀt leichter Agglutination der Erythrozyten
ein, wodurch nach physikalischen Gesetzen die Senkungsgeschwin
digkeit eine Zunahme erfahren muĂ. Die stĂ€rkere Neigung zu
Agglutination ist durch die Kolloide des Plasmas bedingt; das
Fibrinogen sowie das Serumglobulin ĂŒben in dieser Hinsicht einen
fördernden, das Serumalbumin einen hemmenden Einfluà au».
Die Wirkung von Radix Ginseng auf die experimentell er-
zeugte HyperglykĂ€mie. Verf. konnte frĂŒher zeigen, daĂ die im
Orient von der Volksmedizin bei verschiedenen KrankheitszustÀn-
den hochgeschÀtzte Wurzel von Panax Ginseng die FÀhigkeit be-
sitzt, die diabetische und die experimentell erzeugte Glykosurie
zu unterdrĂŒcken. In vorliegender Arbeit weist Verfasser nach,
daĂ es sich hierbei nicht um eine abdichtende Wirkung auf da.*
Nierenfilter handelt: Im Versuch am Kaninchen gelingt es, durch
Darreichung von Extrakten der Ginsengwurzel die durch Adrena-
lininjektion oder durch VerfĂŒtterung gröĂerer Traubenzucker-
mengen bewirkte HvperglykĂ€mie zu unterdrĂŒcken.
Wölff (Hamburg).
15. Dezember 1921, 1, Nr. 8.
BeitrÀge zur Kenntnis der PeriodizitÀt der Filaria Bancrofti. Suganuma.
S. l.
Experimentelle Studien ĂŒber Metastasen der MĂ€usekarzinome.âą Okonogi. S. ,4.
Die Menge der gebundenen KohlensĂ€ure in der CerebrospiaalflĂŒssigkeit.
Tokuoka, E. und Ogasawara. K. 6.
âNervenendigungen im Herzmuskel. S a t o . K. 10.
Untersuchung ĂŒber' die Nervenendigungen im menschlichen
Herzmuskel. Auf Grund histologischer Untersuchung eines von
einem dreiĂigjĂ€hrigen an Magenkrebs gestorbenen Mannes stam-
menden Herzens kommt Verfasser zu folgenden Ergebnissen: Die
Zahl der Nervenendigungen) ist sehr gering, so daĂ nicht jede
Muskelfaser eine solche enthÀlt. Die feinen als Endfasern be-
zeichneten Neurofibrillen treten in das Innere der Muskelfasern
ein. Die Endfasern erscheinen oft als zwei parallel neben ein-
ander verlaufende ungleich dicke Fibrillen, von denen die feinere
als akzessorische Faser anzusprechen ist, wie sie von Boeke in
der Zunge der Fledermaus nachgewiesen wurde: im Hisschen BĂŒn-
del konnte dieser Befund nicht erhoben werden. Die knoten- und
ringförmigen Endigungen im Sarkoplasma sind ein Kunstprodukt
der SchnittfĂŒbxung. In der Umgebung des Zellkerns der Muskel-
faser findet sich die Endverzweigung der Neurofibrillen in netz-
förmiger VerÀstelung. Am Ende der accessorischen Faser wird
ausnahmsweise eine motorische Endplatte angetroffen. In den
Muskelfasern des Ventrikels und des Hisschen BĂŒndels finden sich
Ganglienzellen, die mit den Endfibrillen in Verbindung treten
Wolff (Hamburg
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von F. C. W. VOGEL, Leipzig, Dresdner Strafe 3 * Berliner GeschÀftsstelle und alleinige
Inseratenannahme: HANS PUSCH, Berlin SW 40, Wilhelm-Stra&e 20 / Fernsprecher: LĂŒtzow 9057
â
Nr. 13 Berlin, den 29. MĂ€rz 1922 40. Jahrgang
Dar Vorlag behĂ€lt sieh das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist ver.
Psychologie und Medizin.
Von UniversitÀtsprofessor Dr. Emil Utitz (Rostocks).
Das Ansehen der Psychologie ist durch den Krieg ge-
stiegen. Nicht theoretische Interessenahme hat diesen Macht-
zuwachs hervorgerufen, sondern Not der Praxis. Psycholo-
gisierung des Schulbetriebes, Berufspsychologie und Wirt-
schaftspsychologie treten immer deutlicher aus dem keim-f
haften Stadium programmatischer ErklÀrungen und Vor-
schlage heraus und verdichten sich zu Einrichtungen, die
heute bereits eine gewichtige Rolle im öffentlichen Leben
spielen. Zweifellos hÀtten sich auch ohne Krieg Entwick-
lung und Entfaltung der Psychologie in dieser Weise voll-
zogen, aber der Krieg beschleunigte das Tempo. Es entstand
der Zwang zur sparsamen Verwendung aller Materialien,
und vor allem des vornehmsten Materials, des Menschen. Die
richtige Person soll an die richtige Stelle; jede Arbeit soll in
zweckmĂ€Ăigster Weise geleistet, keine Kraft nutzlos vergeudet
werden. Industrie und Handel bedĂŒrfen strengster Rationali-
sierung ihrer Betriebe, um unter erschwerten Bedingungen
konkurrenzfĂ€hig zu bleiben. ErfĂŒllung dieser Forderungen
kann nur die Psychologie im Bunde mit anderen Wissens-
zweigen bringen.
Noch nach einer anderen Seite hin errang die Psychologie
erhöhte Geltung: es ist dies die Medizin, besonders die Psychi-
atrie. Auch diese Entwickelung lag gleichsam in der Luft,
wie z. B. die bereits 1911 erfolgte BegĂŒndung der Zeitschrift
fĂŒr Pathopsychologie beweist. Aber Wilhelm Specht
konnte es noch beklagen, daĂ der âallgemein anerkannte
Satz, psychische Krankheiten seien in jedem Falle Hirn-
krankheiten, und der Begriff der funktionellen Krankheit
habe nur Berechtigung als Ausdruck der Unfertigkeit gehirn-
anatomischer Forschung, den Blick auf die physischen Ur-
sachen der Krankheit und ihre physische BeeinfluĂbarkeit
einseitig verengert hat." Freilich ist alles seelische Geschehen
an materielle VorgÀnge im Gehirn gebunden, und verschie-
denen psychischen VorgÀngen werden auch verschiedene
physiologische Ereignisse im Zerebrum entsprechen. Jedoch
â erklĂ€rt Oswald Bumke â âeinen grundsĂ€tzlich ver-
Ă€nderten Hirnmechanismus, wirklich neue materielle Be-
dingungen des seelischen Lebens dĂŒrfen wir bei den funk-
tionellen Psychosen nicht voraussetzen. Sie beruhen sehr
wahrscheinlich auf Anomalien nicht sondern der Struktur
als vielmehr der Funktion des Nervengewebes, auf rein
quantitativen Abweichungen, die Varianten des normalen
psychischen Verhaltens entsprechen." Das ist ein durch-
greifender Unterschied gegenĂŒber den organischen Psychosen;
denn es ist etwas anderes, ob die materiellen ZustandsÀnde-
rungen, die alle seelischen VorgÀnge begleiten oder verur-
sachen, etwas zu- oder abnehmen, oder ob ein neuartiger
| Krankheitsprozeà nervöses Gewebe zerstört oder verÀndert.
âPsychische VorgĂ€nge beeinflussen die Menstruation, diese
die Psyche; in der Angst verÀndert sieh der Adrenalingehalt
des Blutes, und so besitzt möglicherweise auch die (an sich
unbestrittene) Entstehung funktioneller Psychosen aus see-
lisehen AnlÀssen zuweilen ein somatisches, chemisches
Avischenglied. Eine DrĂŒse könnte infolge einer Aufregung
stÀrker oder schwacher sezernieren und so lÀnger dauernde
psychische Störungen einleiten." Das ist der Punkt, an dem
die moderne Lehre von der inneren Sekretion in die Psychi-
atrie eingreift. Zugleich sehen wir hier deutlich, wie eine
neue Einstellung sich anbahnt, die nicht nur vom Physischen
her auf das Psychische blickt, sondern ebenso umgekehrt vom
Seelischen zum Körperlichen. Damit aber eröffnen sich der
Psychologie gewaltige Aufgaben: denn sie muà das VerstÀnd-
nis jener psychischen âVarianten" ermöglichen und diese ab-
heben vom âNormalen"; und sie muĂ weiterhin untersuchen,
ob diese Varianten in gerader Linie aus dem Charakter her-
vorwachsen, oder in welchem VerhÀltnis sie zu ihm stehen,
wie sie fhn vielleicht plötzlich oder allmÀhlich umformen.
Hiermit ist schon das gesamte, sehr schwierige Problem der
Charakterologie aufgerollt. So durfte schon O. KĂŒlpe be-
tonen, den Hauptvertretern der modernen Psychiatrie
brauchte es nicht mehr gesagt zu werden, âdaĂ ihre Wissen-
schaft und Kunst von der Psychologie abhÀngt, und daà auch
die Annahmen ĂŒber Art und Sitz der den psychischen Er-
krankungen entsprechenden Gehirnstörungen auf der psycho-
logischen Umsicht und Einsicht beruhen, mit der das Wesen
jener Erkrankungen erfaĂt und bestimmt worden ist." Jeden-
falls hat diese Grundauffassung durch den Krieg wichtige
StĂŒtzen erhalten; und mancher, der vorher noch zweifelte,
ward bekehrt. Die âPsychophobie" vieler Aerzte scheint
ĂŒberwunden; und der Standpunkt E. Bleulers, der eine
Psychiatrie ohne Psychologie auf eine Stufe stellt mit einer
âKrankheitslehre ohne Physiologie", begegnet wohl keinem
allzu heftigen Widerspruch.
Am ĂŒberzeugendsten redeten und reden aber die Hei-
lungen, die durch psychologische Methodik erzielt wurden.
Auch hier gilt das Wort, daĂ nicht abstrakte Interessen der
Psychologie den Weg geebnet haben, sondern praktische Not;
besonders der Zwang, mit einer rasch wachsenden Menge von
seelisch Erkrankten fertig zu werden. GewiĂ wĂŒrden wir es
bedauern, wenn einer einseitig anatomisch orientierten Zeit
nun eine ebenso einseitig psychologische folgte. Wir stim-
men R a e c k e voll bei, wenn er sagt: âgesicherter Fortschritt
ist vielmehr nur von einer vorurteilsfreien, verstÀndnisvollen
Zusammenarbeit beider Richtungen zu erwarten." Aber die
Anerkennung der Psychologie als einer gleichwertigen Rich-
tung hat in weiten Kreisen erst der Krieg durchgesetzt. So
ist z. B. die viel erörterte Kaufmann - Methode zweifellos
ein psychologisches Verfahren. Und auf Suggestion, Hyp-
nose, sowie die anderen Mittel der Psychotherapie wird man
heute schwerlich Verzicht leisten wollen; vielfache Erfolge
haben sie legitimiert. Mag ferner an den Ausschreitungen
und Verstiegenheiten der Psychoanalyse noch so berechtigte
Kritik geĂŒbt werden; vieles von ihr ist Gemeingut der For-
schung geworden; und gerade die Auseinandersetzung mit ihr
hat der Psychologie und ihrer medizinischen Auswertung
fruchtbares Neuland erobert. In dem bekannten Sammel-
werk ĂŒber die âKriegsbeschĂ€digungen des Nervensystems"
sagt H. Vogt zusammenfassend, âdaĂ die bisherigen Er-
fahrungen des Krieges in viel höheren? MaĂe, als dies erwartet
werden konnte, die Bedeutung und den Wert nsychischer Be-
handlung der Kriegsneurosen in das schĂ€rfste Licht gerĂŒckt
haben", und daĂ âkaum irgend jemand in Zweifel ziehen
wird", âdaĂ psychische Behandlung bei den Neurosen des
Krieges erforderlich ist". Und dies gilt sicherlich auch von
den Friedensneurosen. JĂŒngst hat das Zentralkomitee fĂŒr
286
Utitz: Psychologie und Medizin
40. Jahrg. â Nr. 18.
das Ă€rztliche Fortbildungswesen in PreuĂen â unter redak-
tioneller Leitung von C. Adam â acht VortrĂ€ge ĂŒber âdie
Psychologie und ihre Bedeutung fĂŒr die Ă€rztliche Praxis"
herausgegeben; das Vorwort leiten die bezeichnenden SĂ€tze
ein: âDer Weltkrieg hat die menschliche Seele von neuem
entdeckt. Die groĂen und mannigfaltigen EindrĂŒcke haben
Erscheinungen hervorgerufen, die wir mit unseren physiolo-
gischen und anatomischen Untersuchungsmethoden nicht zu
erkennen und deuten vermochten, sondern die nur einer
psychologischen Analyse und Erforschung zugÀnglich waren.
Die wunderbaren Erfolge der Psychotherapie und die selt-
samen Ergebnisse der Psychoanalyse lenkten die Aufmerk-
samkeit zahlreicher Aerzte auf dieses bis dahin wenig ge-
kannte und bearbeitete Gebiet." Und Bumke erklÀrt
leidenschaftlich in diesem Buche, daà der Àrztliche Stand
âohne psychologisches VerstĂ€ndnis auf die Stufe eines nie-
deren Handwerks herabgedrĂŒckt werden mĂŒĂte."
Aber nicht jede Psychologie zeigt sich den WĂŒnschen
der Psychiater tauglich; und daĂ hier vor allem die experi-
mentelle Psychologie Ă€lterer Richtung â als deren Hauptver-
treter Wilhelm W u n d t betrachtet werden darf â ent-
tÀuscht hat, ist heute ein öffentliches Geheimnis; oder besser
gesagt: kein Geheimnis mehr. Gerade Bumke, den sicher-
lich nicht der Verdacht einer Psychologie feindlichen Haltung
treffen kann, belĂ€chelt âdie kĂ€rglichen Ergebnisse der mĂŒh-
seligen Untersuchungen, die in einem beinahe aberglÀu-
bischen Streben nach Genauigkeit mit endlosen Zahlen und
MaĂen schlieĂlich doch nur den Schein exakter Forschung
nachahmten. Auf sie hat Moebius das Wort von der
Hoffnungslosigkeit aller Psychologie geprÀgt. In Wirklich-
keit ist nur der Versuch hoffnungslos, seelische Zusammen-
hĂ€nge mit einer Methode zu ergrĂŒnden, die allem Seelischen
Ă€ngstlich aus dem Wege geht." Denn jeder Psychologe wird,
mag er von der Philosophie oder von der Naturwissenschaft
zu seinem Arbeitsgebiet gelangt sein, eine Hilfe fĂŒr seine
Forschungen in Anspruch nehmen mĂŒssen, auf die die phy-
siologische Psychologie ursprĂŒnglich gleichfalls âin beinahe
hochmĂŒtiger Ablehnung verzichten zu können geglaubt
hatte: die der Psychologie des tÀglichen Lebens." Und A.
Pick â vielleicht der hervorragendste psychologische Sach-
verstĂ€ndige unter den Psychiatern und Neurologen â be-
stĂ€tigt, es könne fĂŒr jeden, âder den Entwicklungsgang der
Psychopathologie verfolgt, keinem Zweifel unterliegen, daĂ
die groĂen Erwartungen, welche einer weitgehenden An-
knĂŒpfung derselben an die seit den sechziger Jahren in leb-
hafter Entwicklung begriffene physiologische Psychologie
entgegengebracht wurden, bisher nicht in ErfĂŒllung gegangen
sind. Es entsprach dem natĂŒrlichen Entwicklungsgange, der,
als die experimentelle Psychologie, mit der Psychophysik
Fechners anhebend, in der zweiten HĂ€lfte des vorigen
Jahrhunderts zur BlĂŒte gelangte, die Psychiatrie in ihr das
ersehnte Hilfsmittel zu exakter Erfassung ihres Stoffes sehen
lieĂ. Man braucht nicht erst bis auf S c h ĂŒ 1 e s in den 70 er
Jahren erschienene Psychiatrie zurĂŒckzugehen, um zu sehen,
daĂ diese Versuche bis in die neueste Zeit hinein gescheitert
sind." In einer ausfĂŒhrlichen Besprechung von Emil
Kraepelins Psychiatrie versuchte Willy Hellpach
den Nachweis zu erbringen, wie wenig bisher eine dogma-
tisch experimentelle Psychologie fĂŒr die eigentliche Psy-
chiatrie geleistet hat. âDas WTesen einer Ideenflucht, die
UeberwerĂŒgkeit einer Vorstellung, die Struktur eines somato-
psychischen Wahnkomplexes, eine MerkfÀhigkeitsstörung,
der Grad der Ablenkbarkeit, dies und Ă€hnliches lĂ€Ăt sich
experimentell aufklĂ€ren, unmittelbar sofern der Irre ĂŒber-
haupt zum TrÀger psychologischen Experimentes taugt (was
ja immer nur sehr begrenzt der Kall ist), mittelbar durch
Versuche am seelisch Gesunden, am ErmĂŒdeten, am kĂŒnst-
lich ins Abnorme hinein VerÀnderten,, und durch die kritische
Interpretierung fĂŒr den Fall der echten Psychose. Nun jedoch
kam K r a e p e 1 i n und zeigte: all dies ist fĂŒr die Erkenntnis
einheitlicher, zusammengehöriger, Krankheiten darstellender
Formen des Irreseins â also fĂŒr die wesentliche patholo-
gische, auch psychopathologische Aufgabe â unwesentlich.
Die verschiedensten, sicher nicht verwandten Geisteskrank-
heiten können gelegentlich zeitweilig gleiche Querschnitts -
bilder, gleiche Symptomenkomplexe zeigen, und die an-
scheinend verschiedenartigsten ZustÀnde können Bestand-
teile einer und derselben Geisteskrankheit sein. Der LĂ€ngs-
schnitt entscheidet â die Entwicklung, die ja auch insbe-
sondere den Ausgang und damit die Grundlage fĂŒr eine
Prognose umfaĂt." Diese LĂ€ngsschnitte entziehen sich aber
rein experimenteller Behandlung; sie fordern die Methoden,
deren sich z. B. die Kinderpsychologie bedient, wenn sie die
jugendliche Entwicklung und allmÀhliche Reifung verfolgt;
und sie verlangen eine verstehende, möglichst einfĂŒhlende
Psychologie, wie sie in den Geisteswissenschaften Dilthey
programmatisch verfochten hat. Dabei scheidet das Experi-
ment nicht aus; aber es wird nur zu einem Hilfsmittel und
seines Vorzugscharakters entkleidet. Der Psychiater zumal
sieht die âExperimente" schon in der âNatur" vorgemacht und
bemĂŒht sich um ihre Deutung. Seine praktischen Experi-
mente sind die mannigfachen Wege der Therapie. Dazu
kommt noch, daà die Àltere Psychologie Immer zu grob-
schlÀchtig war; sie bekannte sich weder zu den bunten Ver-
flechtungen, wie das Leben sie darbietet, noch zu den ĂŒber-
raschenden Feinheiten und Isolierungen, denen wir unter
besonderen UmstÀnden am Krankenbett begegnen. So war
ein Zusammenarbeiten von Psychologie und Medizin nur
selten stellenweise möglich; die BerĂŒhrungsflĂ€chen waren
gering und die gegenseitige Ausbeute recht dĂŒrftig. Doch
wÀre es ungerecht, wollten wir heute absprechend jene An-
fÀnge gering schÀtzen, deren grundsÀtzliche Bedeutung sehr
schwer wiegt; und Untersuchungen â wie die Kraepelins
â ĂŒber menschliche Arbeit, Alkoholwirkungen usw. er-
scheinen von bleibendem Wert.
Es klingt paradox, aber es entspricht ungefÀhr den Tat-,
sachen: je stÀrker die Psychologie durch Anlehnung an die
Physiologie ihren rein naturwissenschaftlichen Charakter zu
unterstreichen strebte, desto weniger bot sie dem Psychiater.
Je mehr sie sich auf ihre rein psychologische und phÀno-
menologische Problematik besann, desto innigere AnknĂŒp-
fungen stellten sich zwanglos ein. Diese Entwicklung der
Psychologie gilt es in ganz kurzen Strichen zu skizzieren, wo-
bei ich mich eng an die AusfĂŒhrungen in meiner âKultur
der Gegenwart" anlehne. Als Karl Vogt 1855 den be-.
rĂŒhmt und berĂŒchtigt gewordenen Satz drucken lieĂ: âdie
Gedanken stehen in demselben VerhÀltnis zum Gehirn, wie
die Galle zur Leber oder der Urin zu den Nieren", war di&
naturwissenschaftliche Einstellung fĂŒr die Psychologie von'
selbst gegeben, und Friedrich Albert Lange verkĂŒndete
das Programm einer âPsychologie ohne Seele". War vor-
mals Psychologie als Wissenschaft von der Seele betrieben
worden, barg sich bereits in dieser Amiahme eine stillschwei-
gende und ungeprĂŒfte Voraussetzung: gibt es ĂŒberhaupt eine
Seele, und was ist sie? Aber die Psychologie muĂ ihren
Arbeitsbeginn nicht mit dieser schwierigen Frage belasten;
denn nicht die Seele ist das Gegebene, sondern seelische TĂ€-
tigkeit: Empfinden, Vorstellen, Denken, Urteilen, FĂŒhlen,
Wollen. Diese Tatsachen gilt es zu beschreiben und ihre Ab-
laufsweisen zu erkennen. Nur das ist empirische Aufgabe.
Die bisherige Methode der Selbstbeobachtung, in die sÀmt-
liche Gefahren subjektiver WillkĂŒr sich einschlichen, sollte
möglichst ergÀnzt werden, vor allem durch das Experiment.
Zur Kennzeichnung der Lage gebe ich Elsenhans das
Wort: âDie gewaltigen Fortschritte, welche die Naturwissen-
schaft mit Hilfe des experimentellen Verfahrens erzielt hatte,
muĂten den Gedanken nahelegen, ob nicht auch im Gebiete
der Erforschung des Seelenlebens auf diesem Wege an die
Stelle des unsicheren Tastens, der Vercmickung metaphysi-
scher und psychologischer Fragen, des Herauslesens eigener I
WĂŒnsche aus den Ergebnissen der Selbstwahrnehmung der
sichere Gang einer exakten Wissenschaft gesetzt werden
könnte." Von der Naturwissenschaft her kamen die ersten
AnstöĂe. Die Physiologie konnte eine genaue Erforschung
10. Jahrg. - Nr. 13.
Mit/: Psychologie und Medizin
der Sinnesapparate des Menschen nicht vornehmen, ohne die
seelischen Vorginge, die Empfindungen, in denen uns ihre
Leistungen zum BewuĂtsein kommen, mit in den Bereich der
Untersuchung zu ziehen, und die zu beachtenden VorgÀnge
lind ihre gesetzmĂ€Ăigen Beziehungen durch willkĂŒrliche
Aenderung der Bedingungen im Experiment von verschiede-
nen Seiten zu beleuchten. Ernst Heinrich Weber,
Johannes MĂŒller, Hermann H e 1 m h o 1 1 z und
I w a 1 d Hering wiesen die Wege, und noch ein Antrieb
gesellte sich hinzu; er kam von der Anatomie des Zentral-
nervensystems, die AufschlĂŒsse ĂŒber die Lokalisation psy-
chischer Leistungen zu geben versuchte und infolge der Ent-
deckung des sogen. Sprachzentrums durch Broca (1863) die
allgemeine Aufmerksamkeit auf diese ZusammenhÀnge
lenkte. So unternimmt die junge Wissenschaft ihre ersten
Gehversuche: als âmedizinische Psychologie oder Physiolo-
gie der Seele" (Hermann Lötz e), als âPsychophysik"'
(Gustav Theodor Fechner), als âphysiologische, Psy-
( hologie" (Wilhelm Wundt). Treulich leisten Paten-
dienste die bereits gereifteren, naturforschenden Schwester-
wissenschaften. Die Lehre von der âEmpfindung" war das
Gebiet, wo Physik, Physiologie und Psychologie sich
kreuzten, wo Experiment leichtesten Eingang fand und gröĂ-
ten Erfolg versprach. So entstand hier ein Brennpunkt der
neuen Psychologie, ein Lieblingsfeld ihrer BetÀtigung. Nur
schrittweise â mit behutsamer Vorsicht â tastete die For-
schung weiter vom Sinnenschein zur Vorstellung, zum Ge-
dĂ€chtnis, zum Denken, zu GefĂŒhl und Wille, also zu den
zentralen Funktionen seelischen Lebens. Da kamen aber
nicht mehr die entscheidenden Anregungen von der Natur-
wissenschaft her, sondern deutlich von der Philosophie. Die
verleugnete Wesensverwandtschaft machte wieder ihre Rechte
geltend. Ohne die PhÀnomenologie H u s s e r 1 s wÀre z. B.
die Entwicklung der modernen Denkpsychologie gar nicht zu
begreifen.
Damit stieĂ man auch an die Grenzen des rein psycho-
phvsischen Experiments, das Wundt allein zulassen wollte.
Die Selbstbeobachtung war nicht mehr zu entbehren und
durch kein Hilfsmittel zu ersetzen. Erschien sie der Àlteren
Richtung wenig exakt, so war sie eben einer möglichsten
Exaktheit methodisch anzunĂ€hern. KĂŒlpe und seine Schule
bildeten das eigentlich psychologische Experiment aus als
eine planmĂ€Ăig geleitete Selbstbeobachtung. Denn in der Tat
sind die willkĂŒrlich herbeigefĂŒhrten psychischen Erlebnisse
â nach Pf a enders Formulierung â ebenso wie die ohne
Absicht eintretenden direkt nur dem Erlebenden zugÀnglich.
Entweder muĂ daher die Versuchsperson die subjektive Me-
thode handhaben, oder der Experimentator muĂ die subjek-
tive Methode mit der Deutung fremder LebensĂ€uĂerungen
verbinden. Aber daraus folgt keine VerdrÀngung der experi-
mentellen Psychologie. Ein Blick auf die Erforschung des
GedĂ€chtnisses â eingeleitet und mĂ€chtig gefördert durch die
grundlegenden Arbeiten von Ebbinghaus und G. E.
MĂŒller â zeigt am besten, wie gerade dank der experi-
mentellen Behandlung ein ganzes System an gesicherten Er-
gebnissen erobert wurde, anstatt der mageren und unbe-
stimmten Angaben frĂŒherer Zeiten. Kein halbwegs Kundiger
wird heute das vorexperimentelle Stadium der Psychologie
befĂŒrworten wollen; sie bleibt fĂŒr immer mit dieser For-
schungsweise vermÀhlt. Aber nur wenige werden in unseren
Tagen das A und O der ganzen Psychologie im Labo-
ratoriumsexperiment erblicken.
Die naturwissenschaftlich orientierte Psychologie war
anfangs vorwiegend genetisch gerichtet,* studierte sie doch
mit besonderem Eifer die AbhÀngigkeit von Reiz und Emp-
findung. Ja, diese Forschungen gaben das mustergĂŒltige
Vorbild ab, nach dem die anderen sich einstellen sollten.
Wollen wir aber den tatsÀchlichen Inhalt unserer Empfin-
dungen beschreiben und ihre Erscheinungsweisen, mĂŒssen
alle physiologischen und physikalischen Betrachtungen ĂŒber
die Reizursache ausgeschaltet werden. Den klarsten Ausdruck
findet dieser Grundsatz bei H e r i n g, und zugleich verhalf er
ihm durch eigene Forschung zum Siege. Damit wurde er
zum BegrĂŒnder einer rein deskriptiven Psychologie, welche
erst die Beschaffenheit der seelischen PhÀnomene zu ei
grĂŒnden trachtet, um dann nach ihrer Genese zu fahnden.
Franz Brentano und seine ganze Schule schlössen sich
zunÀchst diesem Beispiele an. Heute ist es fast selbstver
stÀndliche Binsenwahrheit, daà man nicht nach Ursachen
des Wollens fragen kann, ohne zu wissen, was ein W illens
akt ist. Die beschreibende Psychologie ist demnach die
Grundlage: die Heerschau ĂŒber das gegebene Material und
seine genaueste Charakteristik. Zugleich ging damit Hand
in Hand das Streben, die letzten Bausteine dieser psychischen
Welt kennen zu lernen, die elementaren Empfindungen und
die nicht weiter zurĂŒckfĂŒhrbaren Klassen seelischer TĂ€tig-
keit. Wuchtig tritt uns dieses Problem in der Psychologie
Franz Brentanos entgegen. Nun zeigte es sich jedoch,
daĂ wie in der Chemie aus bestimmten Konstellationen neue
Gebilde entstehen, die mehr und anderes sind als die Summe
ihrer Bestandteile, so auch auf psychischem Gebiete die kom-
plexeren PhÀnomene nicht Summen der einfacheren dar-
stellen. Schon eine schlichte Melodie ist etwas anderes als
das Erlebnis der einzelnen Töne. Ja, ich kann eine Melodie
transponieren, daĂ kein Ton der gleiche bleibt, und trotzdem
bleibt die gleiche Melodie. Entscheidend scheint die Be-
ziehung der Töne zueinander. Ebenso ist das Quadrat nicht
eine Summe seiner Seiten, sondern ein Produkt ihrer Lage-
ordnung. So entstand das Problem der GestaltqualitÀt
(von Ehrenfels) und das der schöpferischen Resultanten
(W u n d t). Durch Karl BĂŒhler, Max Wertheimer
und manche andere Forscher hat die âLehre von der Gestalt"
besondere Förderung erfahren.
Nun zeigt unser âwirkliches" Leben immer verschlun-
genere Komplexe; wollen wir dieses Leben zu verstehen
trachten, muĂ der Elementarpsychologie eine Komplex -
Psychologie an die Seite treten. Vergeblich wÀre die Hoff-
nung, Wissenschaft werde in organischem Fortschritt von
den Elementen zum Aufbau der Komplexe vordringen. Man
begann umgekehrt mit den Komplexen, um von der Einsicht
in ihre Gesetzlichkeit her zu den Elementen vorzustoĂen, die
sich aber niemals in der Form einer bloĂen Entfaltung des
Komplexes ergeben. Nicht von Empfindungen, Vorstellungen,
Denkakten und GefĂŒhlen durfte allein gesprochen werden,
sondern auch â imd zwar in sehr weitem Umfange â von
Anlagen und Eigenschaften, FĂ€higkeiten und Leistungen.
Seit dem Zusammenbruch der Vermögenspsychologie, welche
die einzelnen Vermögen gleich selbstÀndigen Seelchen in der
Psyche ihr Wesen und Unwesen treiben lieĂ, und die allent-
halben Vermögen annahm, wo weitere Deutung versagte,
wurde schon das Wort âVermögen" Ă€ngstlich gemieden.
Man wich ihm aus; aber die Sachen lieĂen sich nicht auf die
Dauer begraben. So feierten die Vermögen ihre geheime Auf-
erstehung in den Begriffsbildungen: Disposition und Einstel-
lung. GrundsÀtzlich aber galt es, die alte, verstaubte Lehre
von ihren Unvollkommenheiten und WillkĂŒrlichkeiten zu
reinigen, ihren richtigen Kern zu retten und nach den BedĂŒrf-
nissen einer neuen exakten Forschung auszugestalten. Aber
dieses so aufgefaĂte Psychische war nicht mehr ein Strom,
in dem einzelne Tröpfchen sich drÀngen und schieben, son-
dern eher einem Springbrunnen vergleichbar, dessen Wasser
in bestimmter Form rauschend spritzen, und wo nur zu-
weilen unter besonderen UmstÀnden ein ordnungsloses Ge-
quirle platzgreift. Der FluĂ der materiellen Inhalte ward ein-
gebaut in eine feste Struktur, deren Lockerungen zu verfolgen
ein besonders interessantes Problem ward. Die Ps3<chologie,
die vorerst das Ich â nach einem Ausdrucke Humes â in
ein BĂŒndel von Vorstellungen verflĂŒchtigt hatte, war wieder
nĂ€her an das Ich herangerĂŒckt. Es bedurfte schlieĂlich bloĂ
einer âkopernikanisehen Drehung", um sie wieder im Ich zu
verankern. Denn auch Anlagen und Eigenschaften, FĂ€hig-
keiten und Leistungen stehen nicht isoliert da, selbstÀndig
funktionierend, sondern in mannigfachstem Zusammenhan g.
Ihre Korrelationen zu erkunden, wurde neuerdings ein wich-
tiges Problem. Im Verfolg dieser Arbeit stieĂ man immer
und immer wieder in das Zentrum: die Persönlichkeit. Was
Utitz: Psychologie und Medizin
40. Jahrg. â Nr. 13.
ist sie? eine Summierung ihrer Elemente, das KnĂŒpfungs-
gesetz ihrer Verbindung, eine RealitÀt eigener Art usw.? Hier
ist der Punkt, wo eine auf LebensnÀhe zielende Bewegung in
der Psychologie in die Philosophie einmĂŒndet und einmĂŒnden
muĂ. Und an diesem kritischen Punkte treffen die Vertrete-
verschiedenster Richtungen zusammen: der von der experi-
mentellen Psychologie herkommende William Stern
und Georg Simmel, den vornehmlich philosophische
Interessen leiten. Damit sind wir zugleich ĂŒber den Stand
einer bloĂen âErlebnispsychologie" hinaus. Moritz
Geiger vergleicht sie mit einer Naturwissenschaft, , âdie
nicht das reale Geschehen in der objektiven Natur beschreibt,
sondern nur die Aufeinanderfolge der zufÀlligen Wahr-
nehmungsfelder, die sich einem Menschen darbieten: die er-
zÀhlt, was der Mensch sieht, solange er im Garten ist: den
blauen Himmel und den Zug der Wolken . . ." Der Haupt- ,
unterschied zwischen seelischer und materieller Welt wird
dahin erlÀutert, daà die seelische Welt ein Zentrum im Ich
besitzt, von dem alle Strahlen ausgehen, wÀhrend die mate-
rielle Welt aus dem Zusammenwirken lauter einzelner un-
zentrierter Geschehnisse besteht. Dieser Hauptunterschied
wird hĂ€ufig ĂŒbersehen. âKein Wunder, daĂ die seelische
Welt, die die Erlebnispsychologie aufbaut, nur noch geringe
Aehnlichkeit besitzt, mit der seelischen Welt der vorwissen-
schaftlichen Psychologie, mit der Welt, in der ein Ich will
und fĂŒrchtet. . . Das grandiose KrĂ€ftespiel der Ichwelt wird
von der Erlebnispsychologie zerschlagen zu einem seelenlosen
Getriebe von BewuĂtseinsinhalten. Es wĂ€re die Aufgabe
einer Psychologie, die auf der Grundlage des immanenten Rea-
lismus aufbaut, an Stelle eines Systems von EinzelvorgÀngen
die Psychologie des ganzen Menschen mit seinen Funktionen,
Trieben, KrÀften zu setzen." Und es ist das Ich, das als
âA und O aller psychischen Geschehenswelt" erlebt wird.
All die hier obwaltenden Tendenzen können wir auf den
verschiedensten Gebieten unserer gegenwÀrtigen Kultur ver-
folgen: das Streben nach zusammenfassender Einheit, von
der alles Besondere belichtet werden soll; die Anerkennung
des Irrationalen und die Ablehnung psychologisierender
Atomistik; die Hinwendung zum Geistigen, dessen Naturali-
sierung als VerfÀlschung empfunden wird. Es hat also eine
Interessenverschiebung und Interessenumlagerung stattge-
funden, die heute schon vielfach ungerecht macht gegen die
wahrhaft groĂen Leistungen experimenteller Psychologie
Ă€lterer Richtung. Nur reicht diese nicht mehr aus zur Be-
handlung der neu aufgeworfenen Probleme; fremd und teil-
nahmslos, steht sie ihnen gegenĂŒber. âGesinnung" oder âVer-
stellung" existieren nicht fĂŒr sie; nur die VulgĂ€rpsychologie
beschÀftigt sich mit ihnen. Charakterologie und Tempera- .
mentslehre verblieben 'fast auf dem dĂŒrftigen Standpunkt,
auf dem sie die Antike hinterlassen hatte. Auch sie ent-
wickelten sich mehr neben der Wissenschaft, als in ihr und
durch sie. Schon die Erörterung dieser, doch nur grob ana-
lysierten Komplexe schien verdÀchtig, als dilettantische
Spieleroi, als Liebhaberei; denn letzthin wollte man
Lebendiges sauber sezieren, nicht LebensrfÀhe ge-
winnen. Darum bemĂŒhte man sich auch um die
allgemeinsten Bestimmungen und RegelmĂ€Ăigkeiten des
Seelischen; denn das Ziel war âdie" Psychologie.
Aber immer wieder stieĂ .die Forschung auf Typen-
Vorstellunsstypen, GedÀchtnistypen usw. Indem nun das
Studium dieser Typen und ihrer ZusammenhÀnge einsetzte,
ward die Bahn frei fĂŒr die differentielle Psychologie. Sie
fragt nicht nach dem, was allen Menschen oder Lebewesen
gemeinsam ist, sondern nach dem, was bestimmte Gruppen
auszeichnet, also nach den Strukturbesonderheiten: des
KĂŒnstlers, des Verbrechers, des Gelehrten, des Kaufmanns,
dann von Mann und Weib, von Kind und Erwachsenen usw.
So lauten die Aufgaben dieser erst in den letzten zwei Jahr-
zehnten erstarkten Wissenschaft. Und die Ă€uĂerste dieser
Differenzen ist die IndividualitĂ€t. UnnĂŒtz wohl zu bemerken,
daĂ diese ganzen differentiellcn Disziplinen auf Schritt und
Tritt die allgemeine Psychologie voraussetzen. Diese wird
durch jene keineswegs negiert oder in ihrem Bestand be-
droht. Ihre Geltungsmöglichkeit hat durch jene Verwer-
tungen und Anwendungen ungeahntes AusmaĂ â ge-
wonnen. Wenn wir uns heute einer âpraktischen"
Psychologie erfreuen, die schon sehr schöne Resultate
aufzuweisen hat, so ist sie eben ein Kind dieser
neuen Bestrebungen. Und die Anforderungen der PĂ€-
dagogen, Juristen und besonders der Psychiater vermag nur
eine Psychologie zu befriedigen, die sich nicht mit dem reinen
Laboratoriumsexperiment begnĂŒgt. Die ganze FĂŒlle und
Buntheit des Lebens muà in sie einströmen. Die Psychologie
steht vor der groĂen und auch methodisch bedeutsamen Auf-
gabe, sich vor jenem Strome nicht zu sperren, seinen Fluten
aber alle Sicherungen entgegenzustellen, die wissenschaftliche
Exaktheit verheiĂen.
* *
*
GröĂtmögliche Exaktheit verspricht die âneurologische
Forschungsrichtung", die A. P i c k nicht nur programmatisch
verteidigt, sondern deren Fruchtbarkeit gerade er durch
wertvolle Arbeiten bewiesen hat. Obwohl eine echt klinische
Methode, unterscheidet sie sich von den in der Psychopatho-
logie sonst gebrÀuchlichen durch den Umfang ihres Objektes-
sie betrachtet die Symptomenkomplexe, wie sie sich z. B. bei
Gehirntumoren finden, nicht als ganzes, sondern geht vor
allem den Einzelerscheinungen nach, wie sie sich in diesem
Falle aus der allmÀhlichen Ausbreitung des~ Tumors ent-
weder direkt oder aus seinen Nachbarschafts- und Fern-
wirkungen ergeben. Dementsprechend kommt in erster Linie
auch vein groĂer Teil ihrer Erfolge der allgemeinen Psycho-
pathologie zugute. âDurch diese Auswahl ihrer Objekte ist
sie von vornherein auf eine mosaikartige Bearbeitung des
Gebietes hingewiesen und entspricht so jener geographischen
Methode, die den in groĂen Linien gezogenen Entwurf des
Ganzen mit sorgsamem Detail ausfĂŒllt, und wenn auch
dieses Detail nur langsam anwÀchst, so sind doch die so da
und dort gegebenen Landmarken gerade durch ihre Sicher-
heit fĂŒr den Aufbau des Ganzen von nicht zu unterschĂ€tzen-
der Bedeutung." Eine solche Methode wird begreiflicher-
weise seltener durch glĂ€nzende Erfolge imponieren â auch
ihre Nichtbeachtung geht auf diesen Umstand zurĂŒck â
aber die âPrĂ€zision ihrer Fragestellungen wird reichlich die
daran gewandte MĂŒhe der bescheidenen Kleinarbeit lohnen."
Das wird ganz besonders dort der Fall sein, wo durch die
AufklÀrung eines kleinen, scheinbar nebensÀchlichen Details
Licht auf groĂe, bisher dem VerstĂ€ndnis kaum zugĂ€ngliche
Gebiete geworfen wird. Pick erinnert an den Nachweis von
HemmungszustÀnden bei organischen Hirnleiden, an das
Vorkommen von Enthemmungen bei solchen. Wesentlich
handelt es sich bei diesem Verfahren um eine Neurologie
sierung psychischer Erscheinungen und umgekehrt wiederum
eine Psychologisierung neurologischer TatbestÀnde. Beide
arbeiten, wie beim Bau eines Tunnels, zweckmĂ€Ăig einander
zu. Nicht ohne eine gewisse Berechtigung wird im allge-
meinen eine vom Pathologischen hergenommene Beweis-
fĂŒhrung in Fragen der Psychologie nicht sehr hoch einge-
schÀtzt; wird aber das Individualexperiment, das die Natur
am kranken Menschen gemacht hat, nur mit der nötigen Vor-
sicht gebraucht, so gelangen â nach Picks berechtigter
Ueberzeugung â auch fĂŒr das Gebiet der Psychologie Tat-
sachen und Gesichtspunkte zur Darstellung, die sonst ihrer
Einsicht verborgen bleiben, selbst wenn sie sich ihrer sub-
tilsten Methode bedient.
âDaĂ das nicht ohne umfassende BenĂŒtzung des von der
Psychologie selbst Erarbeiteten und Heranziehung desselben
zur Kritik des von der Pathologie Gewonnenen geschehen
darf, versteht sich eigentlich von selbst." âDie Geschichte der
Psychopathologie als einer Wissenschaft fĂŒhrt uns sehr deut-
lich vor Augen, daĂ, wenn wir von der somatischen Klinik
und dem Anteil des Laboratoriums absehen, der ganze Fort-
schritt in der Vertiefung der Gesichtspunkte fĂŒr eine psy-
chische Untersuchung begrĂŒndet ist."
Die Kenntnis der Normalpsychologie wird dabei den
leitenden Faden bieten und insofern diese, auch dei
Erfahrung nach, âmehr sich bei dem- Psychiater als bei dem
10. Jahrg. â Nr. 13.
Utitz: Psychologie und Medizin
Neurologen findet, wird die psychiatrische Vorbildung fĂŒr
"diejenigen Neurologen unerlĂ€Ălich sein, die sich der Weiter-
bildung der hier prÀkonisierten Methode widmen wollen;
aber nicht erst solche Vorbildung allein, sondern vor allem
Interesse an dieser Art von Studien können den Fortschritt
von der beschreibenden zur erklÀrenden Psychopathologie,
der gewiĂ gerade auf dem Wege unserer Forschungsmethode
liegt, in aer Zukunft verbĂŒrgen; zuletzt auch noch eine
Neigung zur Kleinarbeit, die scheinbar der groĂen Gesichts-
punkte ermangelnd, erst im Zusammenhange mit dem schon
Erarbeiteten die Umrisse des Ganzen erscheinen lĂ€Ăt." Im
AnschlĂŒsse daran darf ich wohl auf die bekannten Arbeiten
von Goldstein und Gelb hinweisen, bei denen sich das
gemeinsame Schaffen des Mediziners und Psychologen treff-
lich bewÀhrt hat, oder auf die Psychologie des Amputierten
und seiner Prothese, wie sie David Katz geliefert hat.
Die Bedeutung der Psychologie steht da ĂŒber jedem Zweifel;
aber rĂŒckwirkend auch die Bedeutung solchen Forschens
fĂŒr die Psychologie selbst. Sie empfĂ€ngt ebenso vielmals sie
selbst schenkt.
* * *
Sicherlich wird durch tiefere Einsicht in somatische Be-
dingtheiten und physische ZusammenhÀnge bisweilen der
Psychologie ein Wirkungskreis entrissen; aber zugleich er-
schlieĂen sich andere. So hören wir bei H e 1 1 p a c h â um
nur ein Beispiel anzufĂŒhren â daĂ die Paralysendiagnose
noch vor zwanzig Jahren eine eminent psychologische Lei-
stung war. Um sie halbwegs zu sichern, bedurfte es oft
monatelanger Beobachtimg des erst leise krÀnkelnden Seelen-
lebens. Heute setzt sofort nach dem psychologischen Para-
lyseverdacht die physiopathologische Arbeit ein. Die W a s -
sermannsche Blutreaktion ist ihr erster Akt. FĂ€llt sie
positiv aus, folgt die Lumbalpunktion. Damit aber schrumpft
naturgemĂ€Ă- das psychologische Interesse an der Paralyse be-
trĂ€chtlich ein. âEs hatte schon durch die anatomische Kennt-
nis des Leidens eine wesentliche AbkĂŒhlung erfahren, diese
steigerte sich noch mit der pathogenetischen Erhellung als
einer Metasyphilis: die seelische Zerbröckelurig einer Indi-
vidualitÀt durch eine exogene Hirnvergiftung und Zerstörung
fÀllt so stark aus dem Bereich der seelisch fesselnden Zu-
sammenhÀnge heraus, daà die- Psychologie kein sonderliches
Problem mehr in ihr gestellt findet. Nur die diagnostische
Notwendigkeit hieĂ noch Paralysenpsychologie treiben. Ent-
fÀllt auch sie, so wird hier das Seelische wirklich zum
bloĂen âEpiphĂ€nomen" eines pathologischen Hirnprozesses."
Und auch therapeutische Versuche â wie z. B. kĂŒnstliche
Malariaerzeugung â sind natĂŒrlich nicht psychologische
Wege. Trotzdem bleibt der Psychologie eine wichtige Auf-
gabe. H e 1 1 p a c h erblickt das Verdienst der ZĂŒricher bei
nĂŒchterner WĂ€gung darin, daĂ sie eine Problemstellung ĂŒber
Wasser halten, die fĂŒr die Paralyse erst wieder einmal auf-
tauchen wird: âdie seelische Markierungslinie einer Hirn-
rindenvergiftung. Die physische Zerstörung eines solchen
Kosmos, wie das menschliche Gehirn ihn darstellt, ist nicht
eine rein chaotische Zerbröckelung; sie ist sicher mindestens
streckenweise ein Abbau, von dessen Gang vielleicht manches
Licht auf die RĂ€tsel des einstigen phylogenetischen und viel-
leicht auch des heutigen ontogenetischen Aufbaus jenes
Kosmos fallen mag." Und andererseits erzielen wir viel-
leicht eine EinfĂŒhlbarkeit in ZustĂ€nde, die vormals als ganz
âunverstĂ€ndlich" galten, wie sich denn ĂŒberhaupt eine
scharfe Scheidung von verstÀndlichen und unverstÀndlichen
ZusammenhĂ€ngen nicht mehr aufrecht erhalten lĂ€Ăt. Weiter-
hin: Untersuchungen ĂŒber das Lernen z. B. hat man auch
bei den schwersten Krankheiten gemacht, selbst bei progres-
siver Paralyse. Auch bei ihr besteht oft eine MerkfÀhigkeit,
die wesentlich gesteigert werden kann und die sich noch
nach Wochen zeigt. Gregor ist der Ansicht, daĂ man
solche GedĂ€chtnisĂŒbungen nicht zu sehr beschrĂ€nken soll,
sondern als einen integrierenden Bestandteil bei der Behand-
lung vieler Kranken anzuwenden hat. Er nimmt nicht ein-
mal die progressive Paralyse aus, da hÀufig bei ihr erheb-
liche Remissionen zu finden sind. A 1 b e r t Mol I, der ĂŒber
diese Fragen in seinem Beitrag zu dem bereits erwÀhnten
Sanunclbande von G. Adam berichtet, hĂ€lt natĂŒrlich fĂŒr
das llauplgebiet, wo psychische Uebungen sich fruchtbar er-
weisen, die funktionellen Krankheiten. DaĂ man aber or-
ganische Erkrankungen nicht ausschlieĂen muĂ, zeigen schon
die zahlreichen Erfahrungen mit KopfschuĂverletzten im
Kriege. Es ist sicher, âdaĂŒ die alte schlagwortarlige Auf-
fassung, die Psychotherapie sei fĂŒr die Hysterie angezeigt
und damit basta, eine vollkommene Verkennung des Men-
schen und der Aufgaben des Arztes bedeutet, da es keine
Krankheit gibt, bei der nicht die psychische Beeinflussung
des Kranken eine wesentliche Rolle fĂŒr den Arzt spielen
sollte." Und die moderne Psychotherapie verfĂŒgt ĂŒber ein
ganzes Arsenal von Hilfsmitteln. Sie ist heute schon ein
besonderer Wissenszweig geworden, der selbstverstÀndlich
auf Schritt und Tritt psychologischer Orientierung bedarf.
Mit vollem Recht kann Hans Berger seine Abhandlung
âUeber praktische therapeutische Ergebnisse der gegen-
seitigen Beeinflussung körperlicher und seelischer VorgÀnge
und Psychotherapie" mit den Worten des unsterblichen
Stagiriten beschlieĂen:
(fccfTuöia xai vorĂiq rir[V xdv nqaYfiĂ€tuiV 6%ovGiv dvvafiiv.
âEinbildung und Gedanken haben dieselbe Wirkung wie
wirkliche Dinge! Dieses Wort hat auch heute noch und
nicht bloĂ fĂŒr'die Medizin, die es nur zeitweise vergaĂ, die-
selbe groĂe Bedeutung wie vor fast zweieinhalb Jahrtausen-
den, als es Aristoteles niederschrieb."
Dann aber hilft uns nur eine Psychologie weiter, die in
dem Psychischen in Wahrheit eine Welt von realen Ge-
schehnissen, ZusammenhÀngen, Taten und Leiden des Ichs
erblickt, die sich nicht vor dem âgrandiosen KrĂ€ftespiel" des
Ichreiches verschlieĂt, von dem wir bereits sprachen. Ein
gut Teil des Erfolges der Psychoanalyse geht eben darauf
zurĂŒck, daĂ sich in ihr und durch sie jene Auffassung des
Seelischen anbahnt. GewiĂ; das ungeheuere Interesse, das
ihr weiteste Kreise spenden, dankt sie dem Zauber des Ge-
heimnisvollen, Mystischen und fast Sektenhaften. Und fĂŒr
den Reiz dieses Zaubers ist man heute besonders empfind-
sam. Kein Wunder, daĂ ein suggestiver Strom schon diesem
â wenn ich so sagen darf â Kultus entspringt, und die Sug-
gestion ĂŒberall dort heilt oder Symptome wegrĂ€umt, wo die
Möglichkeit zu solcher Wirkung sich ergibt. Und innerhalb
dieses SchulgebÀudes taucht das Sexuelle in ganz neuartiger
Beleuchtung auf. VerdrÀngt und versteckt blickt es da und
dort hervor, durchtrÀnkt unser ganzes Leben. Seine Wurzeln,
welche die weitere Entwicklung bestimmen, reichen bis in
die frĂŒhesten Tage der Kindheit. Der Erotismus erobert un-
absehbares Neuland; und wie von fremden Gegenden seltsame
Berichte Kunde geben, so mĂŒht sich nun Deutung all den
verzwickten Pfaden der SexualitĂ€t nachzuspĂŒren und ihren
dunklen Sinn zu erhellen. Was sich im wachen BewuĂtsein
abspielt, ist nur verspritzender OberflÀchenschaum; nur
Zeichen iĂŒr aufgewĂŒhlte 1 iefen, die zu loten Aufgabe des
Psychoanalytikers wird. Im UnbewuĂten ringen die KrĂ€fte"
miteinander; aus dem Zwielicht an den Tag sie zu fördern,
schafft erst Klarheit ĂŒber die Persönlichkeit. Sublimierungen
des Sexuellen gipfeln empor bis in die höchsten Leistungen
der Kultur; Abirrungen fĂŒhren in Neurose und Psychose.
Hier ist nicht mehr am AeuĂeren tastende Erlebnispsycho-
logie; die âeigentlichen RealitĂ€ten" sollen ergriffen werden.
Das manifeste Symptom ist bloĂ WTegweiser, die latenten
Inhalte zu entziffern, die dem Ich nahestehen, das Bild der
Gesamtpersönlichkeit formen. Aus Vergessen, Versprechen,
Verlegen, den wirren Gestaltungen der TrĂ€ume â all den
Gegebenheiten, die der wachsamen Zensur des Willens ent-
schlĂŒpfen und sich hindurchstehlen durch die enge, behĂŒtete
Pforte der erlebenswachen SphĂ€re â zieht der Psychoanaly-
tiker seine SchlĂŒsse, bis endlich â unterstĂŒtzt durch lange
Behandlung â der Komplex freigelegt ist, der Wirrungen
und Störungen bedingt. Ist aber der Knoten geschĂŒrzt, dann
stĂŒrzen all die aus seiner Bindung herflieĂenden Folgerun-
wo
Utitz: Psychologie und Medizin
40. Jahyg. â Nr. 13.
gen in sich zusammen. Sie sind weggespĂŒlt und weggefegt;
der reinigende ProzeĂ ist abgeschlossen. Hier sind lebens-
nahe Psychologie und Intuition, die vor nichts moralisie-
rend zurĂŒckschrecken, welche die ganze DĂ€monie unseres
Seins durchdringen; und hier soll eine Technik sein, die
diesem Unternelnnen wissenschaftliche Exaktheit leiht und
vvucliernde Spekulation abwehrt.
Die Anregungskraft und GenialitÀt der Freudschen
Konzeptionen sei unbestritten; sie kann gar nicht ĂŒberschĂ€tzt
weiden. Aber sie schleppen noc^ viel materialistisches Erb-
gut mit sich, und als Gegenballast ein ĂŒppiges Geranke einer
ĂŒberhitzten Phantasie, die hĂ€ufig jeder wissenschaftlichen
Sicherheit spottet, weil eben eine wahre Ausgleichung nicht
erzielt ist, wie ja auch oft angeblich strenge Naturphiloso-
phie in viele Metaphysik umschlÀgt. Materialistisch ist z. B.
die fast ausschlieĂliche sexuelle Note, deren Subliniierung
den vergeblichen Versuch darstellt, alles Geistige begreiflich
zu machen. Da dies nicht ohne weiteres geht, scheut man
nicht vor waghalsigsten Annahmen. Die Auswirkung der
sexuellen Anlage hÀngt doch von der Beschaffenheit und
Konstellation aller ĂŒbrigen ab; so wie diese durch jene
determiniert werden, verhÀlt es sich auch umgekehrt. Die
wissenschaftliche oder kĂŒnstlerische Begabung muĂ da sein,
urn auch erotische Triebe in ihren Dienst zu stellen; aber
sie selbst erklĂ€ren mir nicht wissenschaftliche oder kĂŒnst-
lerische Leistung. Mit dieser VernachlÀssigung der ganzen
FĂŒlle und \\ eite einer Persönlichkeit hĂ€ngt auch die Ueber-
akzentuierung des traumatischen Erlebnisses zusammen, ein
Nachklang Ă€uĂerlicher Milieutheorie. Das Erlebnis wird nur
bedeutsam, wenn es von einem bestimmten Charakter aufge-
nommen und geprĂ€gt wird. Dahin muĂte sich der Schwer-
punkt allmĂ€hlich verschieben. Alfred A d 1 e r â ein abtrĂŒn-
niger Freud- SchĂŒler â hat deswegen seine Theorie der
Organminderwertigkeit geschaffen. Das minderwertige Organ
braucht lÀnger, um zur normalen Funktion zu gelangen, und
es macht dabei eine Anzahl von Störungen durch, deren
Ueberwindung nur auf dem Wege gesteigerter âHirnleistung'
gelingt. Diese Kompensationsbestrebungen können zur Ueber-
kompensation sich steigern. Durch diesen Vorgang bilden
sich psychische Achsen aus, nach welchen das Individuum
gerichtet ist, immer in AbhÀngigkeit von einem oder mehre-
ren minderwertigen Organen. Auch im Traume und in der
Fantasie, in der Berufswahl und in der Neigung wird dieses
Streben nach Lustgewinn fĂŒr jenes Organ bemerkbar. Eine
Ueberkompensation kann sich in kultureller Weise geltend
machen, indem sie neue, wenn auch schwierige und oft ge-
hemmte Wege einschlĂ€gt. So soll es zu den ganz groĂen
AeuĂerungen der Psyche kommen, wĂ€hrend die entgegenge-
setzte Bahn in Neurose und Psychose hineinsteuert.
Die blendende Einfachheit und Geschlossenheit der
Freudschen Theorie â und der anderen von ihr aus-
strahlenden Lehren â wird teuer bezahlt mit einer Ein-
seitigkeit und eigentlich Grobheit der- Grundanschauungen.
Sie zeigt sich in dem methodisch wenig geklÀrten Begriff des
UnbewuTlen, das wie ein deus ex machĂŒia behandelt wird;
in dem den recht fraglichen Assoziationismus; in dem etwas
mystischen Mechanismus des KrĂ€ftespiels; in, der WillkĂŒr-
lichkeit, mit der sexuellen Lust und Lust ĂŒberhaupt durch-
einandergeworfen werden. Aber wozu diese Anreihung ver-
lÀngern? Es gibt kaum einen Punkt in dem weit verzweigten
System Freud scher Behauptungen, der nicht Angriffs-
möglichkeiten bieten wĂŒrde. An jedem Posten nagt die
Kritik; aber weil sie in echte Problematik hineinbeiĂt, kann
sie auch schöpferisch werden. Und diese Diskussionen grei-
fen fast alle psychologischen Grundlagen auf; ohne Psycho-
logie können diese KÀmpfe nicht ausgetragen werden; psy-
chologische Einsichten bilden mit ihren Siegespreis. Nicht
mehr handelt es sich um einzelne Symptome allein; sie
sollen verstanden werden aus dem ganzen Entwicklungsver-
lauf, der nur durch eine bestimmte psycho-physische Struk-
tur möglich wird. Persönlichkeit, Charakterologie, Unbe-
wuĂtes usw. werden jetzt die brennendsten Probleme. Zur
Illustration dieser Richtung achte man auf die Arbeiten von
Birnbaum, Jaspers, Schilder oder Ernst
Kretschmer, der den jetzigen Zustand in der klinischen
Einteilung der Psychopathologie beklagt, weil wir gezwungen
sind, eine psychopathische Störung das eine Mal durch ihre
Verkuppelung mit Körpersymptomen (Hysterie), das andere
Mal durch ihre soziale W irkungsweise (Querulantenwahn)
und ein drittes Mal durch ein hervorstechendes Einzelsymptom
(Sexualpsychopathie) zu kennzeichnen. Er hÀlt diesen allge-
mein empfundenen MiĂstand, wenn er auch nicht mit einem
Schlage beseitigt werden kann, doch nicht fĂŒr unĂŒberwind-
lich, sobald wir uns nur entschlieĂen können, âauf die psy-
chologische Struktur der psychopatlĂŒschen Reaktionsformen
selbst deren klinische Bewertung zu grĂŒnden und sie allein
der systematischen Gruppierung derselben zugrunde zu
legen." So fordert Kretschmer Untersuchungen ĂŒber die
innere Beziehung eines Charakterbildes zu einer bestimmten
Erkrankungsform: âdaĂ nur diese eine so geartete Charakter-
form diese bestimmte psychopathische Krankheitsform her-
vorbringen kann und daĂ sie sie mit innerer Notwendigkeit
hervorbringen muĂ, sobald das Erlebnis da ist, das sie er-
schlieĂt. Der Pessimismus gegenĂŒber der Möglichkeit einer
durchgreifenden wissenschaftlichen Charakterlehre lĂ€Ăt die
Systematik der psychopathischen Seelenstörungen, wenn
von einer solchen ĂŒberhaupt schon gesprochen werden kann,
nicht ĂŒber tastende Versuche hinauskommen.* Aber dieser
Pessimismus ist im Schwinden; und Kretschmer hat
selbst in seinem Buche: âKörperbau und Charakter" einen
sehr wichtigen .Beitrag zu diesen Fragen beigesteuert. Und
Arthur Kronfeld betont in seinem groĂen Werke ĂŒber
âdas Wesen der psychiatrischen Erkenntnis", daĂ die Psy-
chiatrie, um im einzelnen praktisch ĂŒber die Kraepe-
1 i n s c h e Aera vorbereitender Sammlung hinauszukommen,
auf ihre âautologische" Einheit als Gesamtwissenschaft ver-
zichten muĂ. Sie teilt ihre einzelnen Materien gewisser-
maĂen auf und weist sie anderen Disziplinen mit gesicher-
teren Methoden jeweils zur Bearbeitung zu. âSo resultieren
die ihren Fortschritt verbĂŒrgenden Methoden, ganz heterogen
untereinander, aus einer Reihe von âHilfswissenschaften"
verschiedenster Provenienz, wÀhrend die Psychiatrie selber
in einer gewissen SterilitÀt und Tatenlosigkeit auf den Zeit-
punkt zu warten scheint, wo weitere derartige Methoden aus
anderen Gebieten auch auf weitere Einzelmaterien anwendbar
werden." In einer autologischen Psychiatrie aber wird die
exakte psychologische Symptomanalyse allein imstande sein,
zum Kriterium des jeweiligen Krankheitstypus hinzufĂŒhren.
âAuch dieser Gedanke liegt im Keim bereits in manchen
ZĂŒgen Kraepelinschen Forschens. Aber der Weg, den
es einzuschlagen gilt, muĂ mit weit gröĂerer methodischer
Strenge beschritten werden, als sie das Kraepelinsche
Durcheinander von VulgĂ€rpsychologie, Ă€uĂerlichen Begriffs-
bildungen, plastischer Beschreibung und experimenteller
TrivialitÀt gewÀhrleistete. Das Problem, welches sich hier
auftut, ist, nach bestimmter psychologischer Methode alle
psychologischen Einzelerscheinungen auf ihre letzten, typi-
schen und psychologisch nicht weiter reduzierbareh Wurzeln-
zurĂŒckzufĂŒhren." Damit wird also auch hier die BrĂŒcke
geschlagen zu den Grundfragen der Psychologie.
Bereits in meiner âPsychologie der Simulation" schrieb
ich, daĂ keineswegs der Psychologe dem Psychiater ins
Handwerk pfuschen soll. Es handelt sich ĂŒberhaupt nicht
um Personen, sondern um Probleme. Es ist eine Frage
wissenschafts-technischer Organisation, ob eine bestimmte
Aufgabe von einem Psychiater oder von einem Psychologen
am zweckmĂ€Ăigsten erledigt werden soll; ob in dem einen
Fall besser ein psychologisch geschulter Psychiater am
Platze ist, oder vielmehr ein medizinisch ausgebildeter Psy-
chologe. Mögen demnach derartige Personalunionen noch so
wĂŒnschenswert sein, darum bleibt doch Psychologie eben
Psychologie, und Psychiatrie Psychiatrie. Man muĂ im
Einzelfall sich völlig klar darĂŒber werden, welchem Pro-
blemgebiet man folgt. Ist die sachliche Verwandtschaft bis-
BÀlint: Vegetative Störungen 291
40. Jahrg. â Nr. 13
weilen auch sehr innig, ja weisen sogar flieĂende UebergĂ€nge
aui eine völlige Verschmelzung hin, so sind das doch Periphe-
rien verschiedener Kreise; und man blickt von verschiedenen
Zentren auf sie hin. Aber wie gesagt: damit bin ich weit
davon entfernt, gleichsam eine schroffe Arbeitsteilung zu be-
fĂŒrworten, die sich mit undurchdringlichen StachelzĂ€unen
abschnĂŒrt. Der Psychologe kann mancherlei in der Psychia-
trie entdecken und umgekehrt. DafĂŒr zeugen unzĂ€hlige Bei-
spiele. Aber selbst ihre unendliche HĂ€ufung wĂŒrde den
l'nterschied von Psychologie und Psychiatrie noch nicht ver-
wischen. Ja, die gegenseitige Hilfeleistung dieser Wissen-
schaften, ihre wechselseitige Förderung wÀren gewià wesent-
lich gröĂer, falls jener Unterschied stets zum klarsten Be-
wuĂtsein kĂ€me. Nicht eine in der Psychologie herumwil-
dernde Psychiatrie und auch keine in der Psychiatrie gebieten
wollende Psychologie nÀhren ein freundschaftliches Nach-
barverhÀltnis: derlei ungebetene Besuche hinterlassen meist
ein schlechtes Andenken. Sondern: die Medizin soll in der
Psychologie das finden, was sie braucht, und umgekehrt.
Diese RĂŒcksichtnahme auf die Probleme der anderen Wissen-
schaft ist der vorzĂŒglichste Dienst, den eine Wissenschaft
der anderen zu leisten vermag. Damit maĂt sie sich keine
fremden Rechte an, tritt nicht aus ihrer Rolle heraus, son-
dern empfÀngt gastlich den Nachbar im eigenen Heim, reicht
von eigenem Wein und Brot.
* * *
Literaturverzeichnis .
(Ich erwÀhne liier nur eine Reihe von Schriften, die dem nÀher
interessierten leicht den Weg zur weitereji Spezialliteratur
weisen können.)
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12. K atz, David: Zur Psychologie des Amputierten und seiner
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13. Kretschmer, Ernst: Der sensitive Beziehungswahn.
Berlin 1918.
14 Kretschmer, Ernst: Körperbau und Charakter. Berlin
1921.
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20'. Steril, Ernst: Angewandte Psychologie. Berlin und Lcip
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23. U t i t z, Emil: Psychologie der Simulation. Stuttgart 1918.
24. Utitz, Emil: Die Kultur der Gegenwart. Stuttgart 1921.
Aus der UniversitÀts-Kinderklinik zu Berlin.
Beitrag zur Behandlung der vegetativen
Störungen im Kindesalter.
Von A. B À 1 i n t.
Es gibt neuropathische Kinder, deren Krankheitssymp-
tome darauf hinweisen, daà es sich bei ihnen um Störungen
des vegetativen Nervensystems handelt. Diese Kinder sind
von den ĂŒbrigen Neuropathen oft nicht scharf zu trennen.
Hieraus geht hervor, daĂ Mischformen sehr hĂ€ufig sind, daĂ
Uebererregbarkeit im vegetativen Nervensystem oft mit Ueber-
erregbarkeit in anderen Nervengebieten verknĂŒpft ist. Die
Beschwerden dieser Kinder sind: Anfallsweise auftretende
Leibschmerzen, OhnmachtsanfÀlle, in der Stirne lokalisierte,
anfallsweise auftretende Kopfschmerzen, Neigung zum
Schwitzen, zur erhöhten Temperatur, mitunter Appetitlosig-
keit und DurstgefĂŒhl. Sie weisen folgende Symptome auf:
Schwache Muskulatur und grazile Knochen, eine konstitu-
tionelle SchwÀche des Zirkulationssystems im Sinne von
Schiff, auĂerdem FacialisphĂ€nomen, AschnerphĂ€nomen,
schwer auslösbare Bauchdeckenreflexe mit gesteigerten tiefen
Reflexen, Bradycardie, respiratorische Arythmie, selten pul-
sierende Bauchaorta usw.
Die VerhÀltnisse im Organismus sind nicht so einfach,
daĂ wir von reiner Vagotonie oder Sympaticus-Hypotonie
sprechen können, doch dĂŒrfen wir annehmen, daĂ ein groĂer
Teil dieser Erscheinungen mit einer Uebererregbarkeit im
Vagussystem zu erklÀren ist. Besonders wichtig ist diese
Kenntnis wegen der symptomatischen Therapie.
Auf Grund seiner vagushemmenden Wirkung wird das
Atropin in Behandlung der genannten Störungen hÀufig ver-
wendet. Die Meinungen ĂŒber seinen Nutzen sind verschieden.
Besonders die Bauchschmerzen (Nabelkoliken) werden durch
Atropin gut beeinfluĂt. Wir mĂŒssen noch beachten, daĂ das
Atropin auĂer seiner vagushemmenden, auch andere peri-
phere und auch zentrale Wirkungen hat. Man kann mit
Atropin gute Erfolge erzielen, wir dĂŒrfen es aber nur dann
anwenden, wenn unser Bestreben dahingeht, den Vagus zu
hemmen. Neben den guten Erfolgen habe ich aber mit
Atropin oft glatte MiĂerfolge gesehen, in FĂ€llen, wo die Be-
schwerden meiner Meinung nach auf eine Uebererregbarkeit
im Vagussystem zurĂŒckzufĂŒhren waren.
DaĂ zwischen dem Kalkgehalt und der Erregbarkeit des
Nervensystems eine enge Beziehung besteht, ist allgemein be-
kannt. Kalkarmut und Uebererregbarkeit des Zentralnerven-
systems gehen parallel. Aus dieser Tatsache wurden er-
folgreiche SchlĂŒsse auf die Pathogenese und Therapie der
sogen. Tetanie der Kleinkinder gezogen. Nun wird aber der
Kalk bei den verschiedensten Formen der Neuropathie ange-
wandt, so auch bei den Störungen des vegetativen Nerven-
systems. Die Beziehungen zwischen Calcium und vegeta-
tivem Nervensystem sind nicht aufgeklÀrt. Zondeck's
Versuche*) zeigen, daĂ der Sympathicus mit Hilfe des Cal- $
ciivm-Ions wirkt. So können wir uns vorstellen,
daà das Calcium auf Störungen infolge
Uebererregbarkeit im Vagussystem dadurch
wirkt, daà es die Sympathicus Wirkung för-
dert. Ich habe mit Calcium bei den oben genannten Kin-
dern therapeutische Versuche gemacht. Ich verwandte Cal-
cium phosphoricum tribasicum pur. Merck mit Lebertran,
*v D m. W 1921. Nr. 50, S. 1520.
Nourney: Immunbiologie der Syphilis
40. Jahrg. - Nr. 13.
Calcium chloratum siccum und cryst. tĂ€glich 5 â 6 g und
Calcium bromatum. Nur von dem letzteren PrÀparate sah
ich hei unruhigem Schlaf und Pavor nocturnus Erfolge, die
wahrscheinlich auf das Brom zurĂŒckzufĂŒhren waren. Sonst
waren die vegetativen Störungen unbeeinfluĂt geblieben.
Ich hoffte, die Beschwerden der Kinder erfolgreicher be-
kÀmpfen zu können, indem ich zugleich vagus-
hemmende und sympathicusfördernde Mit-
tel anwandte.
Nach dem Gesagten wÀre ein Erfolg mit der
combinierten Kalk-Atropin-Therapie zu er-
warten und tatsÀchlich bin ich mit dieser Behandlungs-
methode zu befriedigenden Resultaten gelangt.
Die Zahl, der mit dieser Therapie behandelten Kinder
behagt 140. Nur 95 sind aber zur poliklinischen Behandlung
so oft wiedergekommen, daĂ ich die therapeutische Wirkung
einwandfrei beurteilen konnte. Die Kinder waren meistens
6 â 12 Jahre alt, es kamen aber auch jĂŒngere vor. Um den
Erfolg objektiv zu beurteilen, habe ich mich bemĂŒht, die
suggestive Wirkung soweit wie möglich auszuschalten. Des -
halb habe ich vor der Kalk-Atropin-Darreichung suggestive
Mittel, wie starken faradischen Strom und Tinctura chinae
comp, angewandt. (In 30 FĂ€llen.) Diese Methoden haben
keinen nennenswerten Erfolg gehabt, nur die Kopfschmerzen
verschwanden in wenigen. FĂ€llen.
Von den Erfolgen mit Atropin und Calcium allein habe
ich schon berichtet.
Am sichersten habe ich die Beschwerden bekÀmpft, wenn
ich Kalk und Atropin zusammen gab. Ich verordnete tÀglich
zirka 3 g Calcium chloratum siccum und 1 â 1,5 mg Atro-
pinum sulfuricum in folgender Form: Rp. Calcium chloratum
siccum 20,0, Atropinum sulfuricum 0,007â0,01, Aqua dest.
200,0. MDS. 3 mal tgl. 1 Kinderlöffel voll zu nehmen. Die
Kinder nahmen dieses Mittel zwei Wochen lang und kamen
dann wieder zur Untersuchung. Abgesehen von 2 Versagern
(bei denen auch die Indikation nicht gut begrĂŒndet war) ver-
loren die meisten ihre Beschwerden und nur bei wenigen
waren nicht alle Beschwerden, besonders die Appetitlosigkeit
beseitigt. Die Leibschmerzen, Kopfschmerzen, Neigung zu
erhöhten Temperaturen, OhnmachtsanfÀlle und Uebelkeit
waren dieser Therapie am auffallendsten zugÀnglich. Bei
drei Enuretikern, die auch sonst vegetative Störungen zeigten,
hatte ich prompten Erfolg, bei anderen aber auch MiĂerfolg.
Beim Aussetzen der Medizin traten oft die Erscheinungen
wieder in Vordergrund, so daĂ die Medikation wieder auf-
genommen werden muĂte.
In den seltenen FĂ€llen, bei denen das Atropin Intoxika-
tionserscheinungen machte (weite Pupillen, Augenflimmern,
Doppelsehen) muĂte ich die Therapie unterbrechen und die
Atropindosis vermindern.
Zur Immunbiologie der Syphilis.
Von Geh. SanitÀtsrat Dr. Nourney, Mettmann.
Soviel Syphilitiker â soviel verschiedene syphilitische
Erkrankungsformen! Ist solcher Ausspruch nur eine
maĂlose Uebertreibung, oder haben solche Worte doch einen
inneren Wert? â Alle unsere Patienten gehören dem einen
Genus: homo sapiens an. Die Ursache der Syphilis ist
nur die eine: die Spirochaeta pallida. Worauf be-
ruht die unendliche Mannigfaltigkeit der luetischen Krank-
heitserscheinungen?
Eine Immunbiologie der Syphilis scheint dies Problem
zu lösen. Sie zeigt uns, daà nur die Erst infektiön ein ein-
heitliches GeprÀge hat, und daà es nur verschiedene Grade
einer von jedem Kranken erworbenen ImmunitÀt sind, welche
die spÀteren Krankheitsmerkmale beherrschen, mögen sie
SpÀterscheinungen einer nicht geheilten Syphilis sein, oder
auf Superinfektion oder Reinfektion beruhen.
Bei sĂ€mtlichen Erst infektionen sahen wir gesetzmĂ€Ăige
Reaktionen, die fĂŒr jede besondere Art einer Infektion cha-
rakteristisch sind. So auch bei einer syphilitischen Erst-
infektiön. Nach ganz bestimmter Inkubinationsdauer ent-
wickelt sich, ziemlich plötzlich aufschieĂend, der PrimĂ€r -
affekt, welcher bald in ein nÀssendes spirochÀtenreiches Sta-
dium ĂŒbergeht, um nach gewisser Zeit suppurativ sich zu ver-
Ă€ndern und endlich eine fĂŒr die Syphilis ganz charakte-
ristische Narbe zu hinterlassen. Hier finden wir noch keine
wesentliche Variation in der Flucht der Erscheinungen, es
sei denn, daĂ sie durch eine Superinfektion hervorgerufen
werden.
Obgleich der PrimÀraffekt hÀufig gar nicht zu finden ist,
gilt er doch allgemein als die Stelle, an welcher das lebende
Virus sich vermehrt, und von der aus es auf dem Lymph-
oder Blutwege den ganzen Organismus ĂŒberflutet. Nun kann
man eine Infektionsstelle grĂŒndlich samt den zugehörigen
DrĂŒsen rezidieren, ja bei dem ersten Erscheinen eines ver-
dÀchtigen Fleckchens den ganzen Penis amputieren etc. und
findet höchstens eine Verzögerung der spÀteren Krankheits-
symptome. Coupiert wird die Syphilis nicht.
FĂŒr diese auffallende Erscheinung haben wir ein wun-
dervolles Analogon in der Infektion mit Kuhpockenvirus.
Vor nunmehr hundert Jahren sagte Eichhorn von
derselben: âBei keinem Exanthem haben wir alles so in un-
serer Hand, als bei den Kuhpocken; â ist bei diesen alles
genau aufgeklÀrt, so wird es leicht sein, nach der Analogie
auf die ĂŒbrigen Exantheme zu schlieĂen."
Viele Forscher haben diesen Gedanken weiter verfolgt.
Bald nach der Impfung wurde die Impfstelle ausgeschnitten,
so daà keine Lokalentwicklung möglich war, die regionÀren
LymphdrĂŒsen wurden entfernt, das Kuhpockenvirus mit
steriler Hohlnadel tief ins Gewebe gespritzt, und, um sicher
die Hautinfektion auszuschlieĂen, zunĂ€chst die Haut durch-
trennt und erst nach der Injektion wieder vereinigt; sogar
wurde das Virus direkt in die Vena jugularis eingespritzt etc.
und doch wurde Impfschutz erreicht resp. Reaktionserschei-
nungen an den fĂŒr die einzelnen Tierarten charakteristischen
Stellen ausgelöst. Beim Pferde wurde nach der Impfung,
vor Auftreten der hors pox Blut entnommen und einem ande-
ren in die Blutbahn eingespritzt, und dadurch der Pferde-
pockenausschlag erzielt. Eins blieb dabei auffallend: WĂ€h-
rend bei normaler Hautimpfung schon nach acht Tagen
Impfschutz erreicht wurde, dauerte es in solchen Versuchen
2 bis 3 Wochen, bis eine Kontrollimpfung sich nicht mehr
entwickelte.
Bei solchen Versuchen kann von einer Neubildung
des Virus in der Impfstelle kaum die Rede sein. Von der
Rinderpest berichtet R a u p o c h , daĂ schon 7 bis 12 Stunden
nach subkutaner Injektion der Impfmaterie die charakteristi-
schen Bakterien im Nasenschleim und im Blut nachweisbar
sind. Nach 24 Stunden konnte er mit dem so neugewonne-
nen Infektionsstoff weitere Versuchstiere mit Erfolg impfen.
Die febrilen und sonstigen Reaktionserscheinungen treten erst
nach 5 bis 7 Tagen ein. Hier kann doch nur das Blut selbst
als der Ort angenommen werden, wo sich das lebendige Virus
vermehrt.
Bei der Syphilis kennen wir einen Impfschutz im Sinne
des Pockenschutzes nicht, aber analogische Betrachtung
zwingt zu der Möglichkeit, daà die Luesinfektion auch in
erster Linie eine Blutinfektion ist, und alle Hauterscheinun-
gen, den PrimÀraffekt einbegriffen, Reaktionserscheinungen
gegen die Allgemeininfektion sind.
In ewiger RegelmĂ€Ăigkeit sehen wir bei Einimpfung der
Kuhpocken, um die Haupterscheinungen hervorzuheben,
1. die Papel, 2. das BlÀschen, 3. die Eiterpustel; und bei der
Syphilis 1. den papulösen PrimÀraffekt, 2. seine nÀssende
OberflÀche mit Versuchen einer BlÀschenbildung, 3. einen
bald oberflÀchlichen, bald sehr in die Tiefe gehenden ulze-
rösen ZerfallprozeĂ. Das Endstadium ist in beiden Infektio-
nen die fĂŒr jeden InfektionsprozeĂ spezifische Narbe.
Hier haben wir rein biologische VorgÀnge vor uns, die
eng mit der ImmunitÀtsentwicklung zusammenhÀngen. Eine
Wirkung von Immunkörpern, Antigenen, Toxinen, Anti-
toxinen sehen wir nicht.
40. Jahrs. â Nr. 13.
Nourney: [mmunbiologie der Syphilis
203
Bei dem Kuhpockenausschlag können wir sicher nach-
weisen, daà rein biologische KrÀfte die Ursache der Erschei-
nungsformen sind. Eichhorn hatte schon beobachtet, daĂ,
wenn man einem E r s t vakzinierten zur Zeit der BlÀschen -
bildung eine oberflÀchliche Hauttasche ohne Blutung mit
einer zu einer Impfung nie gebrauchten Lanzette, entfernt vom
Kinimpfungsort, bildet, dieselbe mit abimpfbarer Lymphe sich
fĂŒllen kann und das kĂŒnstliche BlĂ€schen mit der Urpustel
entsprechend sich weiter entwickelt. Sodann: eine Nach-
impfung, also Superinfektion, im Entwicklungsstadium des
UrblÀschens hat keine eigene Zeitfolge, sondern richtet sich
ganz nach der zuerst gemachten Impfstelle und holt sie bis
zum Endstadium völlig ein. Weiter: v. Pirquets vak-
zinale Allergiereaktion nach Ablauf der erfolgreichen. Imp-
fung wird ebenso mit durch Erhitzen abgetöteter Pocken -
lymphe ausgelöst, wie durch frisches Virus. Dies alles be-
weist, daĂ die Lokalreaktionen vom infizierten Organismus
und nicht von dem infizierenden Virus ausgehen.
In Horn 's Archiv 1826 schreibt Eichhorn: âAuf dem
Wege der Erfahrung wissen wir, daĂ das Kuhpockenkonta-
gium nicht in der Pustel, als Afterorganisation betrachtet, ge-
bildet wird, sondern, daĂ die Bildung im Innern des ganzen
Organismus vor sich geht. DaĂ nur ein Teil des im Innern
gebildeten Kontagiums mit der Lymphe in die Pustel abge-
sondert wird, und daĂ die Pustel weiter keinen EinfluĂ auf
die Bildung des Kontagiums hat, als daĂ sie, oder vielmehr
die zu derselben fĂŒhrenden GefĂ€Ăe, das AbsonderungsgeschĂ€ft
besorgt, und daĂ sie einen schnelleren Uebergang aus dem
arteriellen in das lymphatische GefĂ€Ăsystem vermittelt."
Können wir solche immunbiologische VorgĂ€nge auch fĂŒr
die Syphilis nachweisen? Es ist eine Tatsache, daĂ gerade
im nÀssenden Stadium, analog dem BlÀschenstadium der
Kuhpocken, der PrimÀraffekt von SpirochÀten wimmelt und
zur Infektion am gefÀhrlichsten ist. Eine krÀftige Salvarsan-
injektion lĂ€Ăt nur noch wenige SpirochĂ€ten in der Initial-
sklerose zurĂŒck. Warum? DaĂ die SpirochĂ€ten direkt durch
das Salvarsan vernichtet werden, glaubt aufrichtigen Herzens
niemand mehr. Chemobiologische VorgÀnge nimmt man zu
Hilfe. Bei der Vakzine wissen wir, daà die seröse Absonde-
rung zu den immunbiologischen Erscheinungen gehört; vom
Salvarsan wissen wir, daà unter UmstÀnden im prodromal-
latenten Stadium der FrĂŒhsyphilis jede Lokalreaktion unter-
drĂŒckt werden kann, ohne daĂ dadurch die Infektion aufge-
hoben ist. Könnte das Verschwinden der SpirochÀten nicht
eine Folge der UnterdrĂŒckung einer immunbiologischen Bak-
terienausscheidung sein? Gilt nicht jetzt schon die HĂ€ufig-
keit der Neurolues nicht als eine direkte SchÀdigung durch
die SpirochÀten, sondern als Folge einer Störung immun-
biologischer VorgÀnge?
Die Chemotherapie bekÀmpft die SpirochÀten und beur-
teilt den Erfolg des Kampfes nach dem Schwinden der Sy-
philissymptome. Dem Immuntherapeuten sind die Loka l -
reaktionen mindestens Wahrzeichen einer Selbstimmunisie-
rung. Die Tatsache, daĂ in gesetzmĂ€Ăiger RegelmĂ€Ăigkeit
eine Reaktionsart aus einer anderen hervorgeht, gibt ihnen
auch fĂŒr die Immunbiologie, als Selbsthilfe gegen die ur-
sĂ€chlichen Bakterien, eine noch gröĂere Bedeutung. Sie ,zu
unterdrĂŒcken wĂ€re gleichbedeutend mit einem Verzicht auf
die Immun -Selbstheilung. â Und doch wird der Immun -
SchwÀrmer bei den anaphylaktischen Reaktionsformen, wo
direkte OrganschÀdigung oder Lebensgefahr mit der Ent-
wicklung von Reaktionen an unliebsamem Ort verbunden
ist, die akute Hilfe der spezifischen Chemotherapie annehmen.
Aber dann ist solcher Eingriff nur ein Wechsel, ausgestellt
auf KörperkrÀfte, der möglichst bald wieder eingelöst wer-
den muĂ.
â Schwer hat mich die Frage bedrĂ€ngt, ist es erlaubt, bei
so verschiedenen Infektionen wie Lues und Kuhpocken so
eingreifende AnologieschlĂŒsse zu ziehen. Hier bin ich nun der
Eigenblutbehandlung sehr dankbar. Sie hat mir bei der Be-
handlung der Syphilis ihre Doppelnatur, einmal ein thera-
peutisches und zugleich ein diagnostisches Hilfsmittel zu
sein, glÀnzend bewÀhrt.
Doch zuvor möchte, ich kurz auf den augenblicklichen
Stand der ImmunitÀtsfrage bei der Syphilis eingeben.
Die Entdeckung der Spirochaeta pallida fiel in die Zeit
der höchsten BlĂŒte der Serumbehandlung. Bedeutende MĂ€nner
gaben sich sofort an die Arbeit, auch fĂŒr die Syphilis ein
Heilserum zu schaffen, doch âmit Bedauern" nahmen sie von.
solchen Versuchen Abstand, sie hatten nur MiĂerfolge. Mit
Bedauern, â denn sie fĂŒhlten, daĂ nur durch ein organisches
Serum die Syphilisinfektion zu heilen sei. Damals galten
noch sÀmtliche nachweisbaren Krankheitssymptome als
SchÀdigungen durch die Bakterien und nicht als ImmunitÀts-
reaktionen eines sich selbst schĂŒtzenden Organismus.
So viel ich weiĂ, hat nur Professor Query in Paris
â nicht an der medizinischen FakultĂ€t, â diese hatte auch
eine Syphilisserumtherapie abgelehnt â sondern in eigenem
Laboratorium die schier hoffnungslose Frage weiter verfolgt
und glaubt in seinem Query-Serum ein Heilmittel gefunden
zu haben. Dies wird gewonnen aus dem Blut kynozephaler,
in wildem Zustand eingefangener Affen, oder jetzt auch von
Pferden, welche mit spezifischen Toxinen eingespritzt wer-
den, mit AusschluĂ jedes mikrobischen Keims. Dadurch
kann dies Serum unbedenklich jedem Kranken, auch einem
Nichtsyphiliker eingespritzt werden. Durch Zusatz von
Guayakol ist es unbegrenzt haltbar.
Das Serum wird in Ampullen zu 2 g versandt. Bei Er-
wachsenen werden 25 Ampullen hintereinander, je eine am
Tage, eingespritzt. Bei Kindern weniger, bei SĂ€uglingen aber
noch 10 Ampullen.
Die biologischen Wirkungen desselben auf den Kranken
sind folgende:
1. Auf das Blut: Bei jedem PrimÀr-Syphilitiker ist an-
fangs die Zahl der roten Blutkörperchen stets unter der
Norm. Schon nach den ersten Injektionen wird die Norm
erreicht, und mit ihr schwinden Blutarmut und SchwÀche.
2. Auf die Urinausscheidung: Beim PrimÀr-Syphilitiker
besteht ein bedeutendes Schwanken in der Ausscheidung mi-
neralischer und organischer Substanzen. Das Serum bewirkt
schnelle RĂŒckkehr zur Norm, besonders in der Ausscheidung
der Phosphate. EiweiĂ tritt nie auf.
3. Eine therapeutische Wirkung tritt bald rasch, bald
langsam aur. Bei chronischen nervösen FÀllen, auch bei
hereditÀrer Lues soll eine Einwirkung schon nach der ersten
Injektion so deutlich sein, wie die Wirkung nach einer Mor-
phium- oder Koffeininjektion. Bei frischen luetischen Er-
scheinungen tritt die Heilwirkung spÀtestens nach der zehn-
ten Einspritzung ein.
Nach 25 Injektionen ist die Kur beendet und wird keines-
falls vor einem Jahre erneuert. Jedes Vierteljahr wird das
Blut auf Wassermann -Reaktion untersucht. ZunÀchst ist
diese stark positiv; von Vierteljahr zu Vierteljahr nimmt sie
ab, aber nach einem Jahre soll sie fast immer negativ sein.
Die Krankheitserscheinungen verschwinden in dieser Zeit all-
mĂ€hlich. Ihnen gegenĂŒber verlangt Query: patience und
confience, Geduld und Vertrauen.
Ist die Wassermann -Reaktion einmal negativ, so wechselt
dieselbe nicht wieder. Der Kranke ist endgĂŒltig geheilt. Nun
kann Syphilis neuerdings erworben werden, doch ist eine Re-
infektion weniger virulent und der negative Wassermann
schneller zu erzielen, meist schon nach 10 Injektionen.
Nach der 6. oder 7. Injektion tritt öfter eine Serumreak-
tion in Form einer Urtikuria auf, die schadlos nach 2 â 3 Ta-
gen verschwindet. Sie hat mit Anaphylaxie nichts gemein.
Bei Fortsetzung der Kur tritt sie nicht wieder auf.
Der Ort der Einspritzung ist ganz gleichgĂŒltig. Gewebe,
Blutbahn, RĂŒckenmarkskanal usw. Zwischen Quecksilber,
Arsenik und Serumbehandlung muĂ eine Zeitspanne von 3
bis 4 Wochen eingeschaltet werden, da diese Verfahren sich
gegenseitig ausschlieĂen.
Verschiedene deutsche Aerzte haben diese Methode genau
befolgt und die Angaben Ouery 's bestÀtigt. Eine deutsche
Klinik hat noch nicht in dieser Frage geurteilt. Eigene Ver-
suche habe ich nicht gemacht, da das Serum fĂŒr meine Ver-
294
Nourney: Immunbiologie der Syphilis
40. Jahrg. â Nr. 13.
hĂ€ltnisse zu teuer ist; augenblicklich kostet das fĂŒr eine Kur
notwendige Serum 20 000 M.
Query glaubt bei Herstellung seines Serums spezifische
Toxine zu gewinnen und diese direkt oder indirekt zur Hei-
lung der Syphilis zu verwerten; sogar meint er, daĂ die ver-
schiedenen Krankheitsformen durch Umwandlungen der
SpirochÀten hervorgerufen seien und legt deshalb Wert dar-
auf, daà SpirochÀten aus den verschiedensten Luesformen zur
Toxinbildung gezĂŒchtet werden. 7 â 8 verschiedene Formen
will er beobachtet haben. Somit entfernt er sich noch weit
von dem immunbiologischen Standpunkt, der in den ver-
schiedenen Krankheitserscheinungen nur Reaktionserschei-
nungen eines in verschiedenem Grade immun geÀnderten Or-
ganismus sieht, doch bestÀtigen seine Erfolge eine Immun -
biologie der Syphilis.
Wenden wir uns nun zu meiner Lehrmeisterin fĂŒr die
Immunbiologie der Syphilis, der Eigenblutbehandlung. Die
Entwicklungsgeschichte lehrt, daĂ das Blut aus dem mittle-
ren Keimblatt sich bildet. Die sichtbaren spezifischen Re-
aktionen gegen eine Infektion finden wir in den Gebilden,
welche in dem Ă€uĂeren Keimblatt ihre Uranlage haben.
Weist dies nicht auf die Möglichkeit hin, daà die Lokal-
reaktionen ihre spezifische Entwicklungsform einer ferment-
Ă€hnlichen Einwirkung durch die Bakterien verdanken. Die
Tatsache der immunbiologisch zeitlich gleichartig verlaufen-
den Reaktionen auf den verschiedensten Gebilden des Ă€uĂeren
Keimblattes lĂ€Ăt bei solchen spezifisch bakteriellen Prozessen
an die Bildung von Hormonen denken. Die gewissermaĂen
unendliche Wirkung der Fermente, die wunderbar regulie-
rende TĂ€tigkeit der Hormone glaube , ich durch eine Ein-
spritzung von 1 â 2 g Eigenblut in TĂ€tigkeit gesetzt zu haben,
als ich vor drei Jahren nach dem Kursus des Herrn Professor
H ĂŒ b n e r ĂŒber âdie BekĂ€mpfung der Geschlechtskrank-
heiten" in kurativem Sinne einigen chronischen Syphilitikern
ihr eigenes Blut ins subkutane Zellgewebe injizierte. Bei der
damaligen VorfĂŒhrung einer intravenösen Salvarsanein-
spritzung fiel mir die akute FarbenverÀnderung des dunklen
Venenblutes bei dem Einströmen in die Salvarsanlösung auf.
Es war dieselbe Farbe, welche die Detritusmassen der Arsen-
depots bei intramuskulÀrer Salvarsaninjektion noch nach
mehreren Wochen aufwiesen, wie es Prof. Orth 1910 in Kö-
nigsberg demonstriert hatte. Konnte nicht die akute Wirkung
der Injektionen mit dieser BlutverÀnderung zusammen-
hÀngen? Um diese Frage zu lösen, machte ich die erste Blut-
einspritzung und erhielt ein gleichartiges Heilresultat bei den
chronischen Reaktionsformen, wie bei der Arsendepot-
behandlung.
Mancher Spezialist hat diese Versuche nachgemacht,
aber die Heilresultate zu wenig eindeutig gefunden, um die
Methode als eine Heilmethode anerkennen zu können. Ganz
natĂŒrlich. Der Sexualspezialist war gewohnt, die Symptome
der Syphilis zu behandeln, als Immuntherapeut wollte ich
die Naturheilung der Krankheitsursache fördern. Der Spe-
zialist konnte mit der Chemotherapie sein Ziel hÀufig schnel-
ler erreichen. Der Immuntherapeut braucht Geduld, doch
hat er zur ImmunitÀt das Vertrauen, daà sie bei frischen
Infektionen nach Durchlauf der einzelnen Entwicklungsgrade
einer gesetzmĂ€Ăigen ImmunitĂ€tsskala auch die sichtbaren
spezifischen Gewebsstörungen beseitigt. ⹠In chronischen FÀl-
len sah ich nach nur einer Eigenbluteinspritzung so ver-
blĂŒffende Erfolge, daĂ das Vertrauen zur immunbiologischen
Heilwirkung stetig zunahm.
Ich weiĂ, daĂ nach Einspritzung artfremden EiweiĂes,
sogar vieler Kaseine, Peptone, Fette, Terpine usw. Àhnliche
akute Wirkungen beobachtet werden, doch schien mir der
Erfolg nach Einspritzung von Eigenblut viel vollkommener
und besonders viel schmerzloser, so daĂ ich sogar auf die
Möglichkeit einer spezifischen Eigenblutwirkung auch bei an
sich nicht spezifischen Injektionen, das Query-Serum einge-
schlossen, gekommen bin. LĂ€Ăt sich doch ĂŒberhaupt keine
Einspritzung ohne Blutung ins Gewebe machen.
Zur Zeit der Einspritzung des Salvarsans ins Gewebe
wies Prof. Orth schon 1910 in Königsberg darauf hin, daĂ
in den dadurch gebildeten Arsendepots soviel Arsen gebun-
den wurde, daĂ fĂŒr eine âTherapia sterilisans magna" kaum
mehr etwas ĂŒbrig blieb. Könnten die damaligen, trotzdem
erstaunlichen Heilungen nicht auch zum Teil auf Konto
Eigenblut gesetzt werden?
Query 's Heilserum hat seine schönsten und schnell-
sten Heilerfolge bei chronischer SpÀtsyphilis gehabt, soweit
noch keine irreparablen OrganverÀnderungen vorhanden
waren. Ganz dieselben Erfahrungen habe ich mit dem Eigen-
blut gemacht. Alte desorganisierten Gehirn und RĂŒcken -
marksverÀnderungen werden nicht wieder hergestellt, aber
neuauftretende Störungen werden oft momentan gebessert.
So habe ich Sprachstörungen, Gehstörungen, NervenlÀhmun-
gen, Nervenschmerzen, Kopfschwindel usw. oft momentan
recht gĂŒnstig beeinfluĂt, nicht seltener nach vorĂŒbergehender
Verschlimmerung. Der Einwurf, solche ZustÀnde können
auch von selbst heilen, störte mich nicht. Eine solche FĂŒlle
von Naturheilungen war kein Zufall.
Doch es sollte noch schlunmer kommen. Frauen, die
frĂŒher regelmĂ€Ăig abortierten, haben gesunde Kinder zur
Welt gebracht! NatĂŒrlich habe ich auch noch faultote Kin-
der erlebt, dann handelte es sich um akute FĂ€lle; aber die
schnelle Genesung, das spĂ€tere blĂŒhende Aussehen der Pa-
tientinnen, blieb auffallend. In einer Ehe habe ich nach
vielen Aborten die Schwangerschaftsblutungen mit drohen-
dem Abort schon zweimal mit Eigenblut geheilt und zweimal
ein gesundes Kind erlebt. Das erste reagierte nach Wasser-
mann positiv im Nabelvenenblut, doch blieb das jetzt zwei-
jĂ€hrige Kind völlig gesund. Ein jĂŒngster Fall schien mir
besonders fĂŒr die immunbiologische Wirkung des Eigen -
blutes zu sprechen. Nach einer faultoten FrĂŒhgeburt und
darauffolgendem Abort war die Frau im dritten Jahre ihrer
Ehe wieder schwanger. Der drohende erneute Abort wurde
im dritten Monat aufgehalten durch eine Eigenblutinjektion.
Im 7. Monat traten nochmals starke Störungen auf. Das Kind
lebte. Ich machte im Hause der Patientin â zu mir konnte
sie wegen SchwĂ€che durch Blutverlust nicht kommen â eine
zweite Einspritzung. Placenta praevia lag nicht vor. Ich
hoffte auch auf das Kind einen segensreichen EinfluĂ aus-
zuĂŒben. Nach 14 Tagen erfolgte ohne Kunsthilfe die Geburt
eines eigenartig blÀulich gefÀrbten Kindes. Es war 6 Wochen
zu frĂŒh geboren und hatte doch ein ganz anderes Aussehen,
als wie ein asphyktisches Kind. Ich hatte wenig Hoffnung
fĂŒr sein Leben. Aber in wenigen Tagen erholte sich das Kind
vollstĂ€ndig an der Brust der glĂŒcklichen Mutter, so daĂ auch
die Syphilis fĂŒrchtende, erfahrene Hebamme ganz verdutil
war.
Im ĂŒbrigen erlebte ich bei Wundheilungsstörungen und
zum Teil recht ausgedehnten GeschwĂŒrsbildungen bei alten
Syphilitikern momentan nach einer Einspritzung völlige
Wendung zum Bessern und auffallend schnelle Heilung. Die
schmerzhaften Schrundenschmerzen bei Psoriasis luetica
plantaris, die gleichwertigen Halsschmerzen sah ich geradezu
verblĂŒffend heilen, wie sie in der Zeit der . intramuskulĂ€ren
Arsenanwendung diesem chemotherapeutischen Mittel so
plötzlich einen Weltruf verschafften.
Frische luetische Erkrankungen kommen nur selten in
die Behandlung des medicus rusticus. FĂŒr die Immunbiolo-
gie der Syphilis war mir die Beobachtung wichtig, daĂ eine
beginnende papulöse Bildung des PrimÀraffekts bei einer Re-
infektion sofort zur RĂŒckbildung kommt. Auf ihm entsteht
nach der Einspritzung eine pustulöse Bildung, unter der er
völlig innerhalb 3 â 4 Wochen verschwindet. DaĂ dieses keine
Herpesformen waren, ist mir sicher. Dazu kommt die un-
beeinfluĂte Angabe der Patienten, die Einspritzung habe
mÀchtig gewirkt, sie seien am folgenden Tage in allen
Knochen wie zerschlagen gewesen.
Auch bei einer Erstinfektion hört die Weiterentwicklung
des sonst, ja schnell wachsenden Schankers auf, es folgen in
kĂŒrzerer Zeit die supperativen Erscheinungen, die Heilungs-
dauer wird bei nur lokaler Weiterbehandlung entschieden ab-
gekĂŒrzt. Die erwartete Roreola blieb aus. Nicht selten habe
ich bei nicht auffindbarem PrimÀraffekt eine riesige Ver-
40. Jahrg. â Nr. 13.
Mi nun Uebcr âStyptural"
295
mehrung und VergröĂerung vorhandener Roreolaflecke be-
obachtet oder bei ihrem Fehlen dieselben geradezu provoziert.
Bei etwas Ă€lteren Formen mit vorwiegender DrĂŒsenschwel-
lung sah ich psoriatische Formen des Allgemoinausschlagcs
nach der Einspritzung plötzlich auftreten. Psoriasis ist mir
eine Pyodermie, also eine spÀtere Reaktionsform auf der Im-
munitÀtsskala. Ein Patient konnte hinterher aus einzelnen
psoriatischen Flecken geradezu Eiter herausdrĂŒcken. Die
Weiterbehandlung aller purulenten Hautleiden erfolgt weiter-
hin nur mit Sonnenlicht, kĂŒnstlicher Höhensonne und
schwachen Röntgenstrahlen. Damit beabsichtige ich nicht
die SpirochÀten zu vernichten, sondern die immunbiologi-
schen VorgÀnge weiter anzuregen.
Eine Forcierung der RĂŒckbildung durch hĂ€ufige Gaben
von Eigenblut ist nicht möglich, auch ein Beweis dafĂŒr, daĂ
wir es in der Immunbiologie mit vitalen VorgÀngen zu tun
haben, die Zeit fĂŒr ihre Ausbildung beanspruchen. Vor vier
Wochen wiederhole ich jetzt keine Einspritzung. Ich habe
frĂŒher niemals so viele purulente Hautaffektionen bei Syphi-
lis gesehen, wie jetzt bei der Eigenblutbehandlung. Durch
lebhafte Krustenbildung können solche sogar auffallend den
mit einer hutförmigen Kruste geschĂŒtzten Frambosia tropica
Granulationen Àhneln. Diese biologischen Umformungen
stĂŒtzten noch mehr die Wahrscheinlichkeit, daĂ purulente
Reaktionsformen einem SchluĂstadium in der ImmunitĂ€ts-
enjwickelung angehören. Gerade aus diesem Grunde bilden
sie dann ein besonders dankbares Gebiet fĂŒr rasche End-
heilung durch eine die KörperkrÀfte anregende Lichtbehand-
lung.
Geduld und Vertrauen! Beides ist bei der Immuntherapie
der Lues notwendig, aber beides wÀchst bei einer verstÀnd-
nisvollen Behandlung der armen Syphilitiker!
Bei chronischen Infektionsarten hatte ich meine ersten
glÀnzenden Augenblickserfolge gehabt. Auch bei der Syphi-
lis zeigten die SpÀtformen sofortige Einwirkungen, die mit
dem Worte âHeilung" bewertet werden konnten. Bei der
FrĂŒhsyphilis mĂŒssen erst ImmunkrĂ€fte sich steigern. Wich-
tig ist es, daĂ die Krankheitssymptome Wahrzeichen ihrer
Bildung sind und diese durch Eigenblut schneller zu höherer
Vollkommenheit gesteigert werden können. Da ist mir denn
die fast regelmĂ€Ăige gewaltige VerĂ€nderung im Allgemein-
befinden nach kurzer Allgemeinreaktion wichtig. Wie nach
ĂŒberstandener Krise bei sonstigen Infektionen leben die Kran-
ken neu auf, ohne daĂ eine suggestive Wirkung anzu-
nehmen ist.
Solche Erfolge stÀrken das Vertrauen zur ImmunitÀt. Die
Zeit wird lehren, welche Heilmethode, die chemisch-biolo-
gische oder die immun-biologische, oder ob die Vereinigung
beider die ersehnte Dauerheilung der Syphilis bringen.
Zum SchluĂ noch eine Analogie. Schon 1910 war ich
davon ĂŒberzeugt, daĂ, wenn Virchow noch gelebt hĂ€tte,
E h r 1 i c h s Heil m e t h o d e ebenso schnell gestĂŒrzt worden
wÀre, wie 1891 die Koch'sche Heilmethode mit Tuber-
kulin. Beide Spritzmethoden erreichten ihr Ziel: eine direkte
Vernichtung der ursĂ€chlichen Bakterien â nicht, weil sie der
Natur nicht das gaben, was der Natur ist! Daher der Ba-
zillen Rache! Die immunbiologischen Gesetze auch auf die
Tuberkulose ĂŒbertragen, werden dem jetzt herrschenden Tu-
berkulin-Wirrwarr ein Ende machen und die Hoffnungen
Kochs erfĂŒllen. Möge auch der Traum E h r-1 i c h s durch
die BerĂŒcksichtigung der Immunbiologie der Syphilis in Er-
fĂŒllung gehen.
Aus der Privat-Frauenklinik von San. -Rat Dr. Roll.
lieber âStyptural**
In der gynÀkologischen Praxis.
Von Dr. Walter Braun in Berlin.
Seit einigen Jahren macht sich immer mehr das Be-
streben bemerkbar, den durch den Krieg hervorgerufenen
Mangel an ebenso teueren wie schwer zu beziehenden aus-
lÀndischen Drogen durch möglichst gleichwertige, aus ein-
heimischen Pflanzen hergestellte Medikamente zu ersetzen
Auf den verschiedensten Gebieten der Arzneimittel sucht die
deutsche pharmazeutische Industrie dieses Ziel zu erreichen
und bei einer nicht geringen Anzahl ist ihr Streben, Deutsch-
land vom auslÀndischen Drogenmarkte immer unabhÀngiger
zu machen, bereits von Erfolg begleitet.
Hierher gehört aus der wichtigen Gruppe der Hae-
mostryptica die Verarbeitung der Capsella Bursa Pastoris
(HirtentÀschelkraut), einer Pflanze, die schon in alten Zeiten
als blutstillendes Mittel bekannt war. (Dioscorides, Cains
Plinius Secundus, Brunfels, Matthiolus u. a. m.)
Die Firma E. Tosse & Co. in Hamburg hat das Ver-
dienst, als erste ein PrÀparat der Capsella Bursa Pastoris
herausgebracht zu haben, das in seiner Wirkung als Hae-
mostypticum vollkommen gleichwertig neben die Secale-
und HydrastisprÀparate gestellt werden kann. Es handelt
sich um âStyptural" (âStypturalum liquidum"), das durch
ein besonders patentiertes Perextraktiv-Verfahren gewonnen
wird und die weitgehendste Extraktion der PflÀnzendroge
darstellt, wie die von Dr. Cl. Grimme angestellten Unter-
suchungen ergeben haben (Pharm. Ztg. 54/55, 388/389: Mit-
teilung aus dem Institut fĂŒr angewandte Botanik, Hamburg).
Es ĂŒbertrifft danach an Extraktivstoffen um ein Bedeutendes
die gewöhnlichen Fluidextrakte und gewÀhrleistet durch die
regelmĂ€Ăig 'durch Dr. Cl. Grimme, vom oben genannten
Institut, vorgenommenen Gehaltsbestimmungen eine stets
gleichmĂ€Ăige Zusammensetzung. Das âStytural" kommt in
flĂŒssiger Form in Anwendung (3 mal tĂ€glich 25â30
Tropfen); fĂŒr intramuskulĂ€re Injektionen verwendet man die
Ampullenform (2 ccm).
Im Laufe eines Jahres wurde das PrÀparat sowohl in
der Klinik als auch in der Sprechstunde an ĂŒber 200 Frauen
auf seine Wirksamkeit geprĂŒft und fĂŒhrte in den aller-
meisten FĂ€llen zu ausgezeichneten, manchmal ĂŒberraschen-
den Erfolgen. Das angenehm bitter schmeckende Mittel
wurde von den Patienten gerne genommen; die intramus-
kulÀre Anwendung nie als besonders schmerzhaft empfun-
den. In keinem Falle zeigten sich Störungen von selten des
Magen-Darmkarials, ebensowenig von Seiten der Nieren oder
des Allgemeinbefindens, wie sie nach hÀufigem Gebrauch
der Secale-PrÀparate hin und wieder beobachtet werden.
Im Folgenden fĂŒhre ich einige mit dem PrĂ€parat be-
handelte FĂ€lle auf, die am SchluĂ zusammenfassend be-
sprochen werden sollen.
Fall 1. Frau M. H., 42 Jahre alt 4 Partus, 7 Aborte in
kurzen ZwischenrÀumen. Wurde mit schweren Blutungen in die
Klinik eingeliefert. Letzte Menses vor 3 Monaten. GroĂer,
weicher, etwas refrovertierter Uterus. Adnexe beiderseits mĂ€Ăig
geschwollen. Frucht und Placenta sind bereits ausgestoĂen. Die
Patientin gibt an, bei jeder Fehlgeburt stark geblutet' zu haben,
wiederholt sei sie tamponiert worden. Sie erhÀlt 3 mal in 24
Stunden je 2 ccm Styptural intramuskulÀr. Die Blutungen werden
schon nach der ersten Injektion deutlich schwÀcher: nach einem
Tage sistieren sie vollstÀndig.
Fall 2. F. K., 23 Jahre alte Arbeiterfrau, t Kind, 3 Aborte
Jedesmal starke Blutungen. Kommt mit hoher Terrmeratur (39.9°>
und seit 4 Tagen blutend in die Klinik. Letzte Menses vor
8 Wochen. GroĂer, weicher Uterus, Adnexe deutlich vergröĂert.
Klinikaufnahme. Nach 2 Injektionen Styptural steht die Blutung
vollstÀndig.
Fall 3. 32 jÀhrige Frau P. R., die zweimal, zuletz'' vor
3 Jahren, geboren hat, seither 2 Aborte. Klagt ĂŒber verstĂ€rkte,
unregelmĂ€Ăige und sehr schmerzhafte Menses. Stark anĂ€mise'-"-
Frau. Seit 3 Monaten blutet sie nun dauernd, bald stÀrker, bald
schwĂ€cher. AuĂerdem besteht ein starker AusfluĂ. Kindskonf-
groĂer harter Uterus; Adnexe frei. Die Patientin nimmt 3 mal
tÀglich 30 Tronfen Styptural. Die Blutung verschwindet ziomlieh
rasch. Das nÀchste Unwohlsein dauert bei Anwendung von
Styptural nur 4 â 5 Tage.
Fall 4. H. M., 34 Jahre alt, zuletzt vor 6 Jahren geboren
Das Unwohlsein wird seit 2 Jahren immer stÀrker und danor'
in letzter Zeit 10 bis 14 Tage. Die Patientin verliert groĂe Blut-
klumpen und leidet seit 1 V> Jahren an Herzklopfen und Atemnot
BlaĂgelbe Hautfarbe. Die Patientin nimmt 3 mal tĂ€glich 30
Tropfen Styptural. Eine andere Behandlungsweise wird von ihr
296
Standesfragen und soziale Medizin
10. Jahrg. â Nr. 13.
abgelehnt. Die Blutung nimmt' zusehends ab und ist nach 10
Tagen vollkommen verschwunden.
Fall 5. FrÀulein R. S., 26 jÀhrige Arbeiterin, leidet an doppel-
seitiger EierstockentzĂŒndung mit starken Blutungen und Schmer-
zen. Beide Ovarien sind siiark geschwollen. Durch Bettruhe,
UmschlÀge und 3 mal tÀglich 30 Tropfen Styptural verschwindet
die Blutung in einigen Tagen.
Fall 6. 36 Jahre alte Frau S. D. Hat fĂŒnfmal geboren; gibt
an, vor 4 Wochen eine Fehlgeburt (2. bis 3. Monat) gehabt! zu
haben. In den ersten Tagen habe die Blutung nachgelassen, sei
aber nach etwa 10 Tagen wieder stark aufgetreten. Seitdem
besteht fast dauernd bald stÀrkere, bald schwÀchere Blutung.
Abrasio wird verweigert. Die Patientin nimmt 3 mal tÀglich
30 Tröpfen Styptural, worauf die Blutung allmÀhlich ver-
schwindet.
Fall 7. 40 Jahre aPe Frau P. B., fĂŒnf Partus, 1 Abort. Klagt
ĂŒber verstĂ€rkte und lange dauernde, hin und wieder unregel-
mĂ€Ăige Menses. AusfluĂ besteht seit der letzten Geburt vor
3 Jahren. Seit dieser Zeit sei sie krank und fĂŒhle sich matt und
elend. HĂ€ufig habe sie das GefĂŒhl von Völle im Un'erleib. Die
gynĂ€kologische Untersuchung ergibt: KleinfaustgroĂer, harter
Uterus, frei beweglich, aber stark druckempfindlich. Adnexe
frei, ebenso die Parametrien. Die Patientin bekommt Styptural
(3 mal tÀglich 25 Tropfen), worauf die Blutungen wieder normal
weiden. '
Fall 8. Frl. Cl. D., 17 Jahre alt, leidet seit dem 14. Jahre
an starken Blutungen mit krampfartigen Schmerzen. Seit einigen
Monaten dauern die Blutungen ĂŒber 10 Tage jedesmal und sind
gelegentlich von Erbrechen begleitet. GynÀkologische Unter-
suchung: o. B. Die Patien'in nimmt 3 mal tÀglich 20 Tropfen
Styptural. Die Blutungen bessern sich sofort. Die folgenden
Menses sind unter der gleichen Behandlung â gleichzeitig wird
eine Arsenkur eingeleitet â von normalem Charak'.er.
Fall 9. Frau P. R., 22 Jahre alt. Hat'e schon von Jugend
auf reichlichen weiĂen AusfluĂ. Bei jedem Unwohlsein bestehen
starke Blutungen, begleitet von heftigen KrÀmpfen. Die Patientin
klagt auĂerdem ĂŒber hĂ€ufige Konf- und Kreuzschmerzen. GynĂ€-
kologisch bestehen keine pathologischen VerÀnderungen. Die
Patientin nimmt StyĂtural in der ĂŒblichen Form. B^im folgen-
den Unwohlsein besteht nur noch eine mittelstarke Blutung, die
allmÀhlich normal wird.
Fall 10. Frau G. S., 42 Jahre alt. 3 Geburten, letzte vor
10 Jahren. Bis vor 2 Jahren immer gesund und reffelmĂ€Ăig men-
struiert. Seit dieser Zeit unregelmĂ€Ăige, bald stĂ€rkere, bald
schwÀchere Blutungen, die hin und wieder 2 bis 3 Monate aus-
gesetzt haben. Nach einer lÀngeren Pause blutet die Patientin
jetzt wieder sehr stark. GynĂ€kologisch etwas vergröĂerter
Uterus, Adnexe frei. Nach dem Gebrauch von Stvntural wird die
Blutung bedeutend schwÀcher. Bei jedesmaliger Wiederkehr des
Unwohlseins nimm" die Patientin pronhvlaktisch 3 mal tÀglich
20 Tronfen, worauf die Blutung normal bleibt.
Wie aus den angefĂŒhrten FĂ€llen ersichtlich, wurde
âStyptural" in Ampullen- und Tropfenform hei gynĂ€kologi-
schen Blutungen auf verschiedenster Grundlage verordnet.
Sein Hauptanwendungsgebiet hildet naturgemÀà die Abort -
blutung, wobei es eine ĂŒberraschende Wirkung gezeigt hat.
Aber auch bei Myomblutungen, bei Blutungen entzĂŒndlicher
Adnexerkrankungen. ferner bei haemorrhagischen und chro-
nischen Endometritiden, bei chlorotischen und klimakteri-
schen Menstruationsstörungen ist es von ausgezeichnetem
Erfolge. Störungen bei der Anwendung per os wurden, wie
schon oben erwÀhnt, niemals beobachtet, ebensowenig Reiz-
erscheinimgen oder schmerzhafte Infiltrate an den Injek-
tionsstellen. BerĂŒcksichtigen wir auĂerdem den Preis des
Medikamentes, der in keinem VerhÀltnis zu den teueren
Hydrastis- oder Secale-PrÀnaraten steht, so muà die Frage,
ob ..Stvntural" als vollwertiger Ersatz der genannten aus-
lÀndischen PrÀparate angesehen werden kann, durchaus
bejaht werden.
Standesfragen und soziale Medizin.
Ausstellung von LeichenpÀssen.
Durch ErlaĂ des Ministers des Innern vom 3. Januar 1922
wird bestimmt, daĂ fĂŒr die Ausstellung von LeichenpĂ€ssen zum
Transport im Inlande nicht mehr amtsÀrztliche Atteste erforder-
lich sind, es genĂŒgen einfache Ă€rztliche Zeugnisse, falls der Tod
nicht durch Pocken, Fleckfieber, Cholera oder Pest erfolgt ist.
DemgemÀà flieĂen ,die VergĂŒtungen fĂŒr solche Zeugnisse nicht
mehr in die Staatskasse. Alexander.
Antrag der Vereinigung deutscher Hebammen betr. Leitung
der Geburten.
Die Vereinigung deutscher Hebammen hat an den Minister
fĂŒr Volkswohlfahrt in PreuĂen den Antrag gerichtet, zu be-
stimmen, daĂ Aerzte ohne Hebammen keine Geburt leiten dĂŒrfen.
BegrĂŒndet wird der Antrag damit, daĂ eine geschulte Kraft dazu
gehört, welche alle Vorbereitungen fĂŒr die Geburt einschlieĂ-
lich der Desinfektionsvorschriften zu treffen hat. Dazu sei die
Hebamme vom Staate bes'immt. Die FĂŒrsorge wird vermiĂt bei
einer Geburt, wo nur der Arzt zugegen ist und dann âdie erste
beste Frau" zugezogen wird. Der Minister ĂŒberweist die Ange-
legenheit den Aerztekammern mit dem HinzufĂŒgen, âer wĂŒrde es
auch im Interesse der gebĂ€renden Frauen dankbar begrĂŒĂen,
wenn von dort aus auf die Aerzte eingewirkt wĂŒrde, daĂ sie zu
solchen Entbindungen nur geschulte Hebammen und keine an-
deren Pflegepersonen zuziehen.
Es ist nicht wahrscheinlich, daĂ die Aerztekammern dem
Appell des Ministers Folge leisten werden. DaĂ ein Zwang, die
Geburt durch eine Hebamme ĂŒberwachen zu lassen, weder fĂŒr den
Arzt noch fĂŒr die GebĂ€rende zulĂ€ssig ist, wird, wenn auch nicht
der Vereinigung der Hebammen, so doch dem Minister nicht
zweifelhaft sein. Aber auch die Empfehlung der Zuziehung von
Hebammen kann in ihrer Allgemeinheit nicht gutgeheiĂen wer-
den. Wo statt der Hebamme der Arzt mit der Leitung der Ge-
burt betraut wird, geschieht dies wohl ausnahmslos aus triftigen
GrĂŒnden. Diese GrĂŒnde sind aber auch ausreichend, um von der
Zuziehung von Hebammen als Hilfspersonen â denn nur als
solche könnton die Hebammen gelten, wenn der Arzt die Geburt
leitet â Abstand zu nehmen. Es ist absolut nicht einzusehen,
warum solche Hilfsdienste nicht ebenso gut wie von Hebammen,
von geprĂŒften, in der Wochen- und SĂ€uglingspflege erfahrenen
Kranken- oder Wochenpflegerinnen ausgefĂŒhrt werden sollten.
Die Zuziehung solcher Pflegerinnen bietet den groĂen Vorteil,
daà sie vom Beginn der Geburt den Zustand der GebÀrenden unter
Aufsicht des Arztes beobachten und das neugeborene Kind sofort
in Emofang nehmen, so daĂ die Wochennflege nur als Fortsetzung
der Entbindungspflege zu gelten hat. FĂŒr die Psvche der Mutter
ist das schon deshalb von unschÀtzbarem Werte, weil die
Pflegerin ihr stÀndig nahe bleibt, wÀhrend die Hebamme sich ihr
nur kurze Zeit widmen kann. Es darf auch nicht unterschÀtzt
werden, daà die Gefahr der Uebertragung schÀdlicher Keime auf
die GebÀrende leichter durch die vielseitig beschÀftigte Hebamme
als durch die Pflegerin erfolgen kann. DaĂ der Arzt nicht eine
âerstbeste Frau" zuziehen wird, liegt in seinem Interesse, denn
er trĂ€gt die Verantwortung fĂŒr alle Kunstfehler. Alexander.
Befugnis der Kreismedi/inalrÀte zur Besichtigung der
Versorgungslazarette.
Laut ErlaĂ des Ministers fĂŒr Volkswohlfahrt in PreuĂen ist
zwischen ihm und dem Reichsarbeitsminister eine Vereinbarung
getroffen worden, wonach den KreismedizinalrÀten die Befugnis
eingerÀumt wird, die Versorffuncslaznrette jÀhrlich einmal oder
bei besonderen AnlÀssen zu besuchen, bezw. sich an der Besichti-
gung dieser Lazarette durch die leitenden Aerzte der Hauptver-
sorgungskrankenhÀuser zu beteiligen. Zu diesem Behufe sind
Bichtlinien aufgestellt worden ĂŒber das Benehmen mit dem
leitenden Arzte, ĂŒber die Besuche bei Seuchengefahr oder im Falle
besonders schwerer gesundheitlicher MĂ€ngel, ĂŒber die BeschrĂ€n-
kung der Besichtigung auf Einrichtungen, die lediglich mit der
Verwaltung zusammenhĂ€ngen und ĂŒber die gemeinsame Aus-
sprache im Falle gesundheitlicher MĂ€ngel. Alexander.
Bekanntmachung des Reicbsarbeit«ministers vom 9. 11. 21
betr. die ErgÀnzung des Berliner Einigungsabkommens zwi-
schen Krankenkassen und Aerzten vom 23. 12. 1913.
Es wird ein Reichsschiedsamt errichtet, das seinen Sitz in
Berlin hat. Es besteht aus unparteiischen Mitgliedern und aus
Vertretern der Aerzte *und KassenverbÀnde. An den Sitzungen
nehmen Teil je 3 unparteiische Mitglieder, sowie je 3 Vertreter
der Aerzte und KassenverbÀnde. Die unparteiischen Mitglieder
werden vom PrÀsidenten des Reichsversicherungsamts ernannt,
die Vertreter der Aerzte und KassenverbÀnde werden von diesem
bestellt. Gegen die Entscheidungen der SchiedsÀmler kann binnen
einem Monat nach ihrer Zustellung Berufung bei dem Reichs-
schiedsamt eingelegt werden. Die Berufung ist zulÀssig, wenn
es sich handelt um Aenderung des bei der Kasse bestehenden
10. Jahrg. âNr. 13.
Referate
297
Arztsyslems oder um EinfĂŒhrung eines bestimmten Arztsyslems
bei einer neuen Kasse, Erhöhung oder ErmĂ€Ăigung der Gesamt-
vergĂŒtung um mehr als 30 Prozent gegenĂŒber dem bisber zu
zahlenden vertraglichen Entgelt, Ilonorarfestsetzungen, welchen
eine grundsÀtzliche Bedeutung beizumessen ist. Ob ein grund-
sÀtzlicher Eall vorliegt, wird durch Beschluà der drei unpartei-
ischen Mitglieder des Bciehsschiedsamles entschieden.
Nach anfÀnglicher Weigerung hat der deutsche Aerzlever-
einsbund und der Leipziger Verband die Wahlen der Mitglieder
fĂŒr das Beichsschiedsamt vollzogen. Alexander.
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
Klinische Wochenschrift, Berlin.
11. Februar 1922, 1, Nr. 7.
Myoelektrische Untersuchungen i>ci hypnotischer Katalepsie. R e Ii n.
âSchwangerschafts- und Menstruationsglykosurie. KĂŒstner. 312. âą
âDie entzĂŒndlichen Augenerkrankungen der Neugeborenen in der Nachkriegs-
zeit. S a 1 o m o n. 3t3. '
âŠErfahrungen und Dauerergebnisse in der Pneumothoraxbehandlung der Lun-
gentuberkulose. Fraenkel. 315.
âDie traumatischen LĂ€sionen des Talus. L o t s c h. 318
âDie operative Frakturbehandlung nach Lane. Selb e rj. 320.
âGrundregeln fĂŒr den Fixationsverband. L o e f f 1 c r. 325.
Schwangerschafts- und Menstruationsglykosurie. Verfasser
fand bei nichtschwangeren Frauen nach Injektion von 0,5 mg
Adrenalin und Galten von 10 g Traubenzucker per os Zucker-
ausscheidung im Urin, die 7 â 2 Tage vor der Menstruation ein-
setzte. Nach der Menstruation war der Urin zuckerfrei. â Bei
Schwangeren hört der renale Diabetes etwa zwei bis drei
Wochen vor der rechtzeitieen Geburt auf. Eine Frau, bei der
wegen I ungentuberkulose die Schwangerschaft im dritten Monat
unterbrochen wurde, schied noch am dritten Tage nach dem Ein-
griff Traubenzucker aus. Aus diesen Beobachtungen wird ge-
schlossen, daĂ die Zuckerausscheidung nicht im Zusammenhang
mit dem befruchteten Ei, resp. der Placenta steht, sondern daĂ
durch die verÀnderte Funktion des Ovariums die Glvkosurie be-
dingt ist. Es ist anzunehmen, daĂ hier das Cornus luteum einen
EinfluĂ auf den Kohlebvdratstoffwechsel ausĂŒbt, in dem Sinne,
daĂ die Niere durchlĂ€ssiger fĂŒr Zucker wird.
Die entzĂŒndlichen Augenerkrankungen bei Neugeborenen in
der Nachkriegszeit. Infolge der gewaltigen Zunahme der 'Go-
norrhoe des Weibes in der Nachkriegszeit haben auch die ent-
zĂŒndlichen Augenkrankheiten der Neugeborenen zugenommen, in
erster Linie die Blenorrhoe. 'Dank der Sopholpronhvlaxe â
Sonhol ist eine Verbindung von Silber, Formaldehvd und
NucleinsĂ€ure â verlĂ€uft die letztere verhĂ€ltnismĂ€Ăig gĂŒnstig und
schnell. FĂŒr die ĂŒbrigen entzĂŒndlichen Augenaffektionen snielen
der .pathologische Fluor der Mutter in der Schwangerschaft, die
Sopholreizung, die Rhinitis und Dinhtheriebazillen eine Rolle.
Es ist bei der Verbreitung der Gonorrhoe ein Gebot der Zeit,
daĂ die amtliche Anzeigepflicht und die obligatorische Gonorrhoe-
prophylaxe fĂŒr das ganze Reich eingefĂŒhrt wird.
Erfahrungen und Daucrergebnissc in der Pneumothoraxbe-
handlung der Lungentuberkulose. Unter den FĂ€llen, die mit Pneu-
mothorax behandelt wurden, hatte Verfasser eine Reihe von
MiĂerfolgen, die vor allem durch den vorzeitigen Abbruch der
Behandlung von selten des Kranken verschuldet wurden. Es wird
die Ansieht vertreten, daĂ ein Kranker, der die Einsicht und die
wirtschaftliche Mösliehkeit besitzt, jahrelang seiner Gesundheit
zu leben, auch ohne Zuhilfenahme dieser Therapie geheilt wird.
Soll der Pneumothorax eine fĂŒr die Gesamtheit ins Gewicht
fallende Bedeutung erlangen, so mĂŒssen unbedingt leichlere
FĂ€lle in das Indikationsgebiet einbezogen werden.
Die traumatischen LĂ€sionen des Talus. Es gibt drei tvnische
Formen von Talnsfrakfur, die genau beschrieben werden; die
Luxationen des Talus sind selten und ohne Knochenverletzung
seit der RöntgenĂ€ra noch seltener als frĂŒher. .
Die operative Frakturbehandlung nach Lane. Der Schofle
Lane behandelt Frakturen, indem er die Knochen mit Metall-
spangen verschraubt, die von auĂen den Knochen angepaĂt werden
und die man durch Schrauben in vorher angelegten Bohrlöchern
gefestigt. Dies Verfahren ermöglicht in exaktester Weise die
Wiederherstellung der normalen Knochenfiguration. Der Wund-
schmerz isl auffallend gering. Die Methode kann auch bei kom-
plizierten und infizierten BrĂŒchen â selbstverstĂ€ndlich nur bei
Offenhalten der Wunde â mit Erfolg angewandt werden.
Grundregeln fĂŒr den Fixationsverband. Der Fixation muĂ,
wenn möglich, die genaue Reposition der Bruchenden voraus-
gehen. Alle Gelenke, deren Bewegung die Bruchstelle beein-
flussen können, mĂŒssen in die Ruhigstellung mit einbezogen
werden. Die Ruhigstellung der Bruchstelle selbst gegen seitliche
Verschiebung geschieht durch zirkulÀre Fixation, gegen rotie-
rende Bewegungen und VerkĂŒrzung durch genaues An nassen des
Verbandes an seitliche GliedervorsprĂŒnge und Botationshebel.
Von Wichtigkeit ist die Stellung, in der die Gelenke ruhig gestellt
werden. A. MĂŒnzer.
Klinische Wochenschrift, Berlin.
18. Februar 1922, 1, Nr. 8. âą
Der Blutzucker hei Addisonscher Krankheit und seine Beeinflussung durcli
Adrenalin. R o s e n o w und J a g u t t i s. 858.
Die praktische Bedeutung der alimentÀren HvperglvkÀmic-Kurvc. Rosen-
b e r g. 360.
Der diagnostische Wert der Atropinprnbc des Pylorus. Oetvils. 362.
âUeber einen weiteren Fall von Colitis ulcerativa der mittels Kolonirri-
gation per ns erfolgreich behandelt wurde. Einhorn. 366.
âDer Verlauf zeitweise unbehandelter Syphilis und das Verhalten der aufge-
werteten Was&errnann-Reakt'pn wÀhrend dieser Zeit. Splethoff. 36T.
âZur Bewertung der' Gruber- Widalschen Reaktion im SĂ€ugling.? ilter.
Grosser. 370.
âZur intravenösen Injektion von Campheröl. Urtel. 371.
âNeues ĂŒber Theorie und Pr"^ ' "~:>.
âSterblichkeit und Todesursachen im SĂ€uglingsalter wĂ€hrend der- Kriegs-
jahre. Rott. 381.
Ueber einen weiteren Fall von Colitis ulcerativa, der mittels
Kolonirrigation per os erfolgreich behandelt wurde. Bericht ĂŒber
einen Fall, bei welchem vom Mund aus ein gegliederter Darm-
schlauch unter Röntgenkontrolle bis zum Blinddarm vorgescho-
ben und sodann durch EingreĂung verschiedener Medikamente
eine direkte Berieselung des Dickdarms vorgenommen wurde.
Der bereits lÀngere Zeit vergeblich behandelte Patient wurde
geheilt. Der ganze Schlauch wurde durch den Mund wieder ent-
fernt.
Der Verlauf zeitweise unbehandelter Syphilis und das Ver-
halten der ausgewerteten Wassermann-Reaktion wÀhrend dieser
Zeit. Die Beobachtungen des Verfassers zeigen, daĂ im groĂen
ganzen ein Parailelismus zwischen StÀrke der Wassermannschen
Reaktion und AktivitÀt und Umfang der syphilitischen Infektion
besteht. Wichtig ist hervorzuheben, daĂ die Wassermannsche
Reaktion eine gewisse PeriodizitÀt zeigt: Auf Zeiten ansteigender
Werte folgen Zeiten fallender.
Zur Bewertung der Gruber-Widalschen Reaktion im SĂ€ng-
lingsaltcr. Das Serum gesunder SĂ€uglinge und Kleinkinder ohne
Typhusvorgeschichte agglutiniert zu einem bedeutenden Prozent-
satz Paratynhus B. bis zu betrĂ€chtlichen VerdĂŒnnungen, mit-
unter auch Tynhus bis zur VerdĂŒnnung von 1 : 40. Deshalb ist
eine positive Widalsche Reaktion im SĂ€uglingsalter fĂŒr Para-
typhus gĂ€nzlich unbeweisend, fĂŒr Typhus nur mit gröĂter Vor-
sicht und genauster BerĂŒcksichtigung des klinischen Verlaufs zu
verwerten.
Zur intravenösen Injektion von Campheröl. Verf. hat auf
dem westlichen Kriegsschauplatz bei völlig ausgebluteten
Schwerverletzten Campheröl intravenös gegeben und hiermit gute
Erfolge erzielt. Eine Fettembolie wurde niemals beobachtet.
âą
Neues ĂŒber Theorie und Praxis der Digitalisbehandlung. Er-
örterung ĂŒber die neuen Theorien der Digitaliswirkung. Hin-
sichtlich der klinischen Erfahrungen mit den verschiedenen PrÀ-
paraten wird auf Verodigen, Scilla maritima und Cvmarjn auf-
merksam gemacht. Die von A. Frankel eingefĂŒhrte intra-
venöse Slrophantinbehandlung ist unser schwerstes GeschĂŒtz und
298
Aas den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 13.
besonders vorsichtig zu handhaben. Wenn die Digitalis per os
versagt, kann mit dem Mittel bei rektaler Verabreichung noch
ein voller Erfolg erzielt werden.
Sterblichkeit und Todesursachen im SÀuglingsalter wÀhrend
der Kriegsjahre. WĂ€hrend der Kriegszeit ist die SĂ€uglingssterb-
lichkeit lediglich in den Jahren 1914 und 1918 gestiegen. Hin-
sichtlich der Todesursachen ist am auffÀlligsten, daà die Be-
teiligungsziffer der Krankheiten der Verdauungsorgane betrÀcht-
lich sank; im Jahre 1918 betrug diese Ziffer um mehr als die
HĂ€lfte weniger als im letzten Friedensjahr. Dieser RĂŒckgang
ist zweifellos durch die im Kriege eingetretene Zunahme der
StillhĂ€ufigkeit bedingt. A. MĂŒnz er.
Deutsche Medizinische Wochenschrift, Leipzig.
16. Februar 1922, Nr. 7.
L'eher Degeneration und Regeneration. J. Degeneration. Ernst. 215.
»MYhor Organtherapie bei Diabetes mellitus. L 0 e n i n g und Vahle n. 217.
Heber Flockungs- und TrĂŒbungsreaktionen bei Syphilis. M e i n i c k e. 219.
âUeber die HĂ€ufigkeit der Wassermannschen bzw. der Ausfloekungs-Reaktion
bei Kindertuberkulose. R ĂŒ s c h e r. 221.
Eine modifizierte Salvarsantherapie der Lues der inneren Organe (Herz- und
GefĂ€Ăsystem) und des Nervensystems (Tabes). Pulay. 223.
âDie Goldhehandlung der Tuberkulose. L e v y. 223.
Ueher das Verhalten des Reststiekstoffs im Blute bei kruppöser Pneumonie.
Scharlach. Masern und Diphtherie. Cohn. 226.
Die Verwendung von Akridinfarbstofflymphon zur Sohutzppckenimpfung am
Menseben. liiert. 227.
âDie Behandlung der Reizblase mit Eukupinöl. 8 c !i n e i d e r. 228.
Zur Kasuistik der traumatischen Herzklappeny.crrciĂungen. Brandis. 223.
Ueber IrrtĂŒmer der chemischen Ehrt- und Harnuntersuchung und Ihre Be
deutung Qr den Praktiker. M ii 1 1 'e r , Franz. 229.
Die endokrinen DrĂŒsen in ihrer Beziehung zu Zahn- und Kieferanomalien.
P e t z e 1. 231.
Zur Frage des Mongolenflecks. Zu der Arbeit von .lacobi in Nr. 27. 1921.
Leven. 231.
Organotherapie hei Diabetes mellitus. Die DiÀtbehandlung
gibt keinen Dauererfolg. Vahlen hat nun aus Rinderpankreas
einen die Zuckerzersetzung im Organismus steigernden Stoff
isoliert, Metabolin, der sich aber im Darm zersetzte. Deshalb
Herstellung eines darmfesten PrÀparates, das einen der Hefe
nahestehenden Stoff enthÀlt. Dieses PrÀparat soll nun den durch
Erkrankung des Pankreas mangelnden, sonst in den SĂ€ften zir-
kulierenden Stoff ersetzen, also eine Substitutionstherapie analog
der mit SchilddrĂŒseersatz. Dieses PrĂ€parat vermag in geeigneten
FĂ€llen miK BerĂŒcksichtigung der DiĂ€t die Toleranz fĂŒr Kohle-
hydrate zu steigern, bei lÀnger dauernder Darreichung sind
wahrscheinlich noch gĂŒnstigere Resultate zu erzielen, als in den
angefĂŒhrten 7 FĂ€llen.
Ueher die HĂ€ufigkeit der Wassermannschen bzw. der Aus-
flockungsreaktion hei Kindertuberkulose. Syphilis und Tuber-
kulose kommen bei Kindern gleichzeitig nicht hÀufig vor. Des-
halb ist entgegen den Forderungen C a m o n s keineswegs bei
jedem Fall von Tuberkulose Wa.-R. anzustellen
Die Goldbehandlung der Tuberkulose. Material 49 FĂ€lle.
Verfasser hĂ€lt Krysolgan fĂŒr das erste chemische Specificum
gegen Tuberkulose, das in vielen FĂ€llen Heilung, bei den meisten
Besserung der subjektiven und objektiven Beschwerden so schnell
wie kein anderes Mittel erzielt. ErgÀnzung durch Tuberkulin, wo
es von vornherein versagt oder sich im Laufe der Behandlung
erschöpft. Nach vorher verabreichtem Krysolgan wird Tuber-
kulose in gröĂerer Menge ertragen, heftige, unerwĂŒnschte
Tuberkulinreaktionen können durch Krysolgan jederzeit kupiert
werden/ Anfangsgabe 0,01, Höchstmenge 0,2 bei Wahrung min-
destens 10tÀgiger ZwischenrÀume. Ambulanfe einfache Be-
handlung.
Behandlung der Reizblase mit Eukupinöl. Bei schwer zu
sondierenden Urethralstenosen, besonders aber bei Reizblasen
verschiedener Aetiologie, setzt 1 % Eukupinöl den Reiz erheblich
herab, ja fĂŒhrt zu völliger Heilung, nicht aber bei den auf
nervöser Basis. v. Schnizer.
Miinchener medizinische Wochenschrift.
17. Februar 1922, Nr. -7.
Strahlenbehandlung des Kollumkarzinoms. Döderlein. 221. «
Schwangerschaftsunterbrechung. Schweitzer. 223.
UterusausrÀumung in der Allgemeinpraxis. Friedemann. 226.
Wert der geneologischen Forschung fĂŒr die Einteilung <\. Psychose«.
v. E c 0 n 0 m o. 227.
Unspezifische EiweiĂkörper. Stintzing. 229.
Sauerbruehamputierte. Jen Horn. 230.
Tuberkulinprobe W nlowitn. 283
Behandlung des Ekzems mit Vakzine. Stern. 233.
Vermeidung störender Reflexbewegungen. Muck. 234.
Psychogenes Fehlen der Zeigereaktion. GrieĂmann. 234.
âHilfsmittel zur PrĂŒfung des Rombergscheil Symptoms. G o 1 d b I a d t. 235.
âBehandlung der Biermerschen AnĂ€mie. Adler. 236.
Ein Hilfsmittel zur PrĂŒfung de9 Rombergschen Symptoms.
Verf. empfiehlt das Strecken beider OberextremitÀten nach vorn,
wodurch bestehende Gleichgewichtsstörungen besonders deutlich
werden.
Die Behandlung der Biermerschen AnÀmie. Kurzer Hinweis
auf im Druck befindliche Arbeiten des Verf., die darlegen, daĂ die
Stoeltznersche Anschauung von der hÀmolysierenden Wirkung des
Nahrungsfettes auf die essentielle Biermersche AnÀmie nicht an-
wendbar sind. Es ergab sich vielmehr SchÀdlichkeit des tieri-
schen EiweiĂes.
F. Loewenhardt (Charlottenburg-Westend) .
Zentralblatt fĂŒr innere Medizin, Leipzig.
4. Februar 1922. 43, Nr. 5.
â Sammelreferat n.us dem G#)iete der Rlrino-Laryngologie. Seifert. <».* 81.
11. Februar 1922, 43, Nr. 6.
âNovasurol als Diuretikum. Hassencamp. E. 105. -
Novasurol als Diuretikum. In der V o 1 h a r d ' sehen inneren
Klinik zu Halle ist ein neues QuecksilberprÀparat, dessen Bestim-
mung war an Stelle von Calomel diuretisch zu wirken, versucht
worden. Der Erfolg war glÀnzend. Das zunÀchst intraglutÀal.
nachher aber stets intravenös mit und ohne Kombinierung mit
Strophantin gegebene Mittel, Novasurol genannt, wirkte besonders
gut bei Oedemen, die als Folge dekompensierter Herzfehler auf-
treten und vermochte noch selbst in verzweifelten FĂ€llen die Kom-
pensation wieder herzustellen. Aszites bei Leberzirrhose schwand
dagegen nicht, und hei ödematösen Nephritiden wurde wegen der
bekannten schÀdigenden Wirkung des Quecksilbers auf die Niere
bisher kein Versuch gewagt. Wern. H. Becker
Wiener Archiv fĂŒr innere Medizin, Berlin.
20. Januar 1922. 3. Heft 3.
Res n i rat ious- Stoff Wechsel versuche an routgeiibc handelten Bascdiiw - Kran l,rn
F. 6 t h . N. 367.
âKrankheiten und Jahreszeiten. RusznyĂ€k. st. S79.
âDie Nephropathia gravidarum. F e k e t <âą . A. \.. F u c Ii - und M o I 11 A r .
B. 397.
âZur Differentialdiagn ise der sterno-media.stinalen DĂ€mpfungen. Kare 1 :\ %
Ii., und M a r k ĂŒ . D. 425.
Ueher den Mechanismus der ResfetenzverÀnderung der roten Blutkörperchen.
RusznyÀk. St.. nnd Bar.1t. .J. 429.
âPurpuraerkrankungen; S t e r n b e r g . F. 433.
âUeber den EinfluĂ des Magensaftes auf die Bakterien der Typhus-. Coli-.
Dysenteriegruppe. Hajos. K. 453.
Die-'Vcrtoilung des Blutzuckers im strömenden Blute. C s À k . L. 459.
Diabetisches Oedem und Aeidnse. Fol de s. E. 469.
Experimentelle Untersuchungen ĂŒber den Mechanismus der Regurgitation
beim Menschen. HetÀnyi. O.. und V À n d o r f y . .7. 499.
Der diagnostische Wert des Schillings: heu Blutbildes. H a y 11 a l . E. v.
Experimentelle und klinische Untersuchungen ĂŒber das Antitrypsin.
RusznyÀk. St.. Baviit. .1.. und Dan i e 1 . G. 515.
Krankheiten und Jahreszeiten. Eine groĂe Anzahl Krank
heiten weist jahreszeitliche Perioden auf. Ursache einerseits die
PeriodizitĂ€t der Ă€uĂeren SchĂ€digungen, andererseits jahreszei'
liehe Schwankungen der BeaktionsfÀhigkeit des menschlichen Or
ganismus, letztere bedingt durch Aenderungen des Milieu interiem .
anscheinend in erster Linie durch verÀnderte Funktion des vege-
tativen Nervensystems und des endokrinen DrĂŒsenapparalrs. In
der Wirkung der Jahreszeiten auf die Krankheiten lassen sich
zwei Typen erkennen: 1. Kurven mit einem Maximum und einem
Minimum, z. B. bei Diabetes mellitus und Basedow: 2. Kurven
mit 2 Maxima und 2 Minima. Verf. betont die Wichtigkeit des
Studiums dieser Fragen fĂŒr die Prophylaxe und Prognose, vor
allem mĂŒsse eine experimentelle Grundlage geschaffen werden,
beginnend mit einer quantitativen funktionellen Diagnostik d°r
endokrinen DrĂŒsen und des vegetativen Nervensystems.
Ueber die Nephropathia gravidarum. Verff. unterscheiden
zwei Formen: 1. mit nephrotischem Charakter, mit Kochsalz- und
Wasserretention und Oedemen ohne Blutdrucksteigerung, ohne
Rest-N.vermehrung im Blut, ohne AugenhintergrundsverÀnderun-
gen; 2. mit nephritischem Charakter, d. h. mit R-N-vermehrung.
Blutdrucksteigerung, Retinitis albuminurica. 1. Reagiert gut auf
flĂŒssigkeits- und kochsalzarme DiĂ€t, 2. gewöhnlich nicht. Die
Eklampsie pflegt bei den nephrotischen FĂ€llen aufzutreten, kann
aber auch bei scheinbar gesunden Schwangeren und Wöch-
40. Jahrg. â Nr. 13.
Aus den neuesten Z e I t s c h r i f t e n
299
ncrinnen erscheinen. Die Ursache ist bei beiden Formen der
Nephropathia gravidarum sowie bei der Eklampsie bisher unbe-
kannt.
Zur Differentialdiagnosc der stcrno-mcdiastinalen DĂ€mpfun-
gen. Bei Aenderungen im DĂ€mpfungsbezirk des Sternums ist
daran zu denken, daà die Aorta hÀufig abnorm verlaufen kann.
AufklÀrung fraglicher FÀlle durch Durchleuchtung im schrÀgen
Durchmesser.
Ueber Purpuraerkrankungcn. Kurze Abhandlung ĂŒber die
âą verschiedenen Typen.
Ueber den EinfluĂ des Magensaftes auf die Bakterien der
Typhus-, Coli-, Dysentcriegruppe. Experimentelle Untersuchun-
gen. Die keimtötende Wirkung hÀngt von der freien H Cl ab.
Andere Substanzen spielen keine Rolle. Zur Abtötung im nor-
malen Magensaft sind 15 â 20 Minuten nötig.
F. Loewenhardt (Charlottenburg-W estend) .
Zeitschrift fĂŒr die gesamte Neurologie u. Psychiatrie, Berlin.
16. Februar 1922, 74, Heft 4 und 5.
Zur Kenntnis der Neurinome hei Recklinghausenseher Krankheit. Kirch ,
E. 379.
«frZur Frage der KontagiositÀt der Encephalitis lethargica epidemica. Stief-
[ âą ler, G. 396.
Ein operativer Eingriff hei M>elitis e ernnpressione, . hervorgerufen durch
knöcherne Anlagerungen in der Arachnoidea des RĂŒckenmarks.
P u s s e p , L. 415.
LeukocytenverÀnderungen im Zusammenhang mit dem epileptischen Anfall.
BrĂŒhl. F. 420.
Moriaartige Zustandsbilder und DefektzustÀnde als SpÀtfolge von, Ence-
phalitis epidemica. Kauders, O. 431.
Bemerkungen zu der ProblemsphĂ€re: Corres. Stammganglien â Psyche, Neu-
rose. Schilder. P. 454.
HomicMe Impulse als Ursache ..fahrlÀssiger' Tiitungen. H e r s c h m a n n .
H. 482.
âŠWeiterer Beitrag zur Wirkung der Faradisation der quergestreiften Mus-
kulatur bei Krampfkranken. Fischer. H. und T h a e r , E. 499.
Uutersuchungsresultate von 50 .SchÀdeltrepanationen bei Epilepsie V o I -
1 a n d. 505.
âDie therapeutische Anwendung der âDaueraarkose" mittels Somnifens bei
Schizophrenen. K 1 À s i , J. 557.
Ein Fall von Depersonalisation. H a r t m a n n . H 593.
i 'm ainwirkung bei stuporösen Paralysen. Hiusen. W. 602.
Sehnenreflexe und die Methodik ihrer Lateuzzeitbestimmung. S c b ii f f e r .
H. 605.
Histologische Untersuchungen der innersekretorischen DrĂŒsen bei nsyehi-
schen Erkrankungen. Fauser, A. und H e d d a e n s . K. 616.
Die Hauptgesetze einiger wichtigen körperlichen Erscheinungen beim psy-
628 e" schehen von Norm:Uen und Geisteskranken. Berge r-, H.
Zur Frage der KontagiositÀt der Encephalitis lethargica
epidemica. Klinisch-epidemiologische Beobachtungen (128 FĂ€lle)
einer Enzephalitis-Epidemie in Linz und Umgebung im Jahre
1920-21 sprechen zugunsten der Auffassung der Uebertragung der
Krankheit von Mensch zu Mensch: in 4 Beobachtungen war die
Ansteckung als eine u'nmittelbare anzunehmen, wobei es sich in
2 FÀllen um eine familiÀre Kontaktinfektion handelte, in den
zwei anderen um eine Hausinfektion; eine weitere Beobachtung
zeigt die Erkrankung zweier abortiver FĂ€lle in einem Hause. In
drei FĂ€llen war die Annahme eines indirekten Kontaktes durch
dritte Personen als klinisch gesunde ViruszwischentrÀger sehr
wahrscheinlich. In 2 FĂ€llen konnte die Inkubationszeit auf 8
bzw. 12 Tage berechnet werden.
Die Encephalitis epidemica weist in klinischer, pathohistolo-
«ischer wie epidemiologischer Hinsicht eine nahe Verwandtschaft
mit der Poliomyelitis auf. Die Enzephalitis tritt fast ausschlieĂ-
lich in der kalten Jahreszeit auf, in den Monaten Dezember bis
April, mit dem Höhepunkt der MorbiditÀtskurve im Februar-
Marz. Nach den bisherigen Beobachtungen scheint die Kontagio-
sitÀt an sich gering und geringer zu sein als die der epidemischen
KinderlÀhmung.
Weiterer Beitrag zur Wirkung der Faradisation der quer-
gestreiften Muskulatur bei Krampfkranken. In zwei FĂ€llen von
hpilepsie und in einem Fall von Katatonie mit elementaren
KrÀmpfen wurde die Blutgerinnungszeit betrÀchtlich verzögert
gefundem Unter der Wirkung der Faradisation der Muskulatur
trat, in diesen Fallen sowie in einem Fall von Myoklonie und
einem Fall mit funktionellen KrÀmpfen, eine zum Teil ganz er
hebhehe VerkĂŒrzung der Blutgerinnungszeit bis fast 'auf die
Haltte ein.
m^lIeb(Lr di?. thcraPeutischc Anwendung der âDauernarkose"
mittels Somnifens bei Schizophrenen. Somnifen (Hoffmann-La
«oche Basel) ist eine wÀssrige Lösung von diÀthyldipropenyl-
narb.tursaurem DiÀthylamin; eine Ampule von 2 cem entspricht
an Wirkung ungefÀhr der von 0,35 gr Veronal. Mit diesem PrÀ-
parat gelingt es, einen Dauerschlaf bis zu 6â7 Tagen und mehr
zu erzeugen; zuerst werden, nach vorheriger Sropuluminmorphin-
injektion, 4 cem Somnifen injiziert, die einen Schlaf von 6 â 10
Stunden hervorrufen; nach Ablauf dieser Zeit genĂŒgen 1 â 2 cem
des PrÀparats, um jedesmal den Schlaf um weitere 8 10 Stunden
zu verlÀngern. Der Schlaf gleicht dabei dem bei der Encepha-
litis lethargica, insofern als die Kranken zur Nahrungsaufnahme
und zu Verrichtung ihrer BedĂŒrfnisse weckbar sind, bezw.
selbst erwachen, dann jedoch sofort wieder einschlafen. Diese
Methode des Dauerschlafs hat Verf. zur Behandlung v^p Schizo-
phrenien benutzt, und dadurch eine bedeutende Besserung zu
erzielen vermocht, die er als Wirkung des wÀhrend der Bett-
lĂ€gerigkeit und PflegebedĂŒrftigkeit wiedergewonnenen besseren
Kapportes des Kranken mit dem Arzt auffaĂt. Die Besserung,
die in einem Drittel bis einem Viertel der FĂ€lle eintrat, bestand
in Beruhigung einer Dauererregung, verÀnderter Einstellung zur
Umgebung und zum Leben mit Krankheitseinsicht und Korrektur
der Wahnideen sowie auch sofortigem Aufhören der Halluzina-
tionen; Sache der Psychotherapie ist es, dann diese Besserung
weiter zu fördern. Die Somnifenbehandlung empfiehlt sich bei
agitierten AufregungszustÀnden, besonders bei solchen mit vor-
herrschender Àngstlicher Stimmung, bei negativistischen Ab-
kehrungen und Einkapselungen, bei denen noch keine Verblödung
besteht, bei akuten halluzinatorischen SchĂŒben, bei Stereotypien
des Gedankens und des Wunsches; ungeeignet sind veraltete
chronische FÀlle, Verblödete und wahrscheinlich auch solche mit
organischen Symptomen, kontraindiziert ist die Behandlung bei
Marasmus, HerzschwÀche und Nierenaffektionen.
W. Misch (Berlin).
Monatsschrift fĂŒr Kinderheilkunde, Berlin.
Februar 1922, 22, Heft 5.
âDas alimentĂ€re Fieber, B e s s a u, G.. Rosenbaum, S. und Leica-
tentritt, B. 641.
âDiagnostische Bedeutung des Gordonschen Patellar-Reflexes fĂŒr die Choren
minor. Noeggerath. C. 657.
âUetmr die Bedeutung von Laboratoriumsmethode n fĂŒr die Prognosestellung bei
Kindertuberkulose. Gieszynski. 663.
Das alimentÀre Fieber. Kritische klinisch-experimentelle
Studie. Danach sfellt die Temperaturkurve kein zuverlÀssiges
Symptom bei akuten ErnÀhrungsstörungen dar. Vielmehr findet
man bei der Intoxikation sowohl normale-relative Untertempe-
raturen, wie auch absolute Untertemperaturen. Bei diesen kann
in Folge hinzutretender Infektion hohes Fieber beobachtet wer-
den. Ein Abfall der Temperatur bei fiebernden FĂ€llen kann
Besserung aber auch Verschlimmerung bedeuten. Bei relativer
bzw. absoluter Untertemperatur kann Anstieg der Temperatur
zuweilen mit Besserung des Krankheitszustandes einhergehen.
Ob Hunger oder Nahrung den Verlauf der Temperaturkurve zu
beeinflussen vermögen, kann vorlÀufig nicht entschieden werden.
Verff. glauben bei der Intoxikation eine erhöhte DurchlÀssigkeit
der Magendarmschleimhaut als Folge der Exsikkation annehmen
zu mĂŒssen, wenn diese PermeabilitĂ€t auch nicht in allen FĂ€llen
zu bestehen scheint. In den von den Verff. untersuchten FĂ€llen
erwies sich das Blut als steril. Verff. bestĂ€tigen damit frĂŒher
von anderen Autoren erhobene Befunde. In fast allen FĂ€llen von
Intoxikation gelang es im Magen- und Duodenalinhalt erhebliche
Mengen von Bact. coli nachzuweisen! Da Verff. fĂŒr die schweren
Vergiftungserscheinungen die Magendarmschleimhaut passierende
Coliendotoxine verantwortlich machen zu können glauben, wÀre
der Nachweis von Endotoxinen bzw. Coli-Bakteriolysinen im
Blute zu erbringen, was aber bisher nicht gelungen ist. Verff.
stellten lediglich einen Nichtanstieg des Koli-Agglutinations-
Serumtiters gegenĂŒber den eigenen Darmkolibakterien fest. Der
selbe mangelnde Anstieg wurde bei SĂ€uglingen mit Pyelozystitis
gefunden, weshalb Verff. ein sehr geringes Koliagglutininbil-
dungsvermögen bei SÀuglingen annehmen. Die Leukozytenzahl
ist bei der Intoxikation sehr schwankend und steht in keiner
Beziehung zur Schwere der Erkrankung.
Die diagnostische Bedeutung des Gordonschen Patellar-Re-
flexes fĂŒr die Chorea minor. Verf. untersuchte systematisch die
Kinder zweier Schulklassen auf die Exkursionen des Unter-
schenkels bei Auslösung des Patellarsehnenreflexes, um festzu-
stellen, ob der von Gordon beschriebene verlÀngerte und ver-
Ă€nderte Ablauf des Reflexes fĂŒr Chorea minor pathognomonisch
ist. Auf Grund dieser Untersuchungen kommt Verf. zu dem
SchluĂ, daĂ der Gordonreflex zwar bei Chorea minor hĂ€ufig be-
obachtet wird, daĂ er aber auch bei sicher nicht choreatischen
Kindern auftritt.
300
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 13.
Ueber die Bedeutung von Laboratoriumsmethoden fĂŒr die
Prognosestellung bei Kimlertuberkulose. Bei kritischer Beur-
teilung der verschiedenen Laboratoriumsmethoden zur Beurtei-
lung der Prognose der Kindertuberkulose ergab sich, daĂ die von
WeiĂ angegebene Permanganatreaktion im Harn und die
R u s s o sehe Methylenblauharnreaktion keinen prognostischen
Wert besitzen, wohingegen die Diazoreaktion als wertvoll an-
gesehen werden muĂ. Der Nachweis von Urobilin und Uro-
bilinogen kann nur bedingungsweise verwendet werden. WĂ€h-
rend der Anstieg des Prozentgehaltes der Lymphozyten eine gute
Prognose gestattet, ist das Gegenteil bei Abnahme der Lympho-
cyten der Fall. In solch prognostisch ungĂŒnstigen FĂ€llen ver-
schwinden auch die Eosinophilen. Bei guter Prognose wÀchst
der refraktometrische Index des Bluserums, er fÀllt bei schlechter
Prognose. KĂ€ckell (Hamburg).
Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
18. Februar 1922, 49, Nr. 7.
âTödliche Embolie nach Varizenbehandlung mit Pregl-Lösung. Hohl-
baum. 218.
Nasenkorrektur. Meyer, H. 220.
âTabische Blasenparese. Oppenheime r. 221.
Tödliche Embolie nach Varizenbehandlung mit Pregl-Lösung.
In einem Fall von sehr ausgedehnten Varizen wurden â genau
nach der Vorschrift von M a t h e i s â 80 cem Preglsche Lösung
von einem knapp unterhalb des Kniegelenks gelegenen Einstich
aus in die Vena saphena injiziert. Nach 3 Tagen Thrombose bis
zur Schenkelbeuge, nach 14 Tagen plötzlicher Exitus unter den
Zeichen einer Lungenembolie. Die Sektion bestÀtigte diese An-
nahme. â * Wenn man dieses an sich einfache und zuverlĂ€ssige
Verfahren anwenden will, soll man vorher die Vena saphena
vor ihrer Eintrittsstelle in die V. femoralis unterbinden.
Ein operativ geheilter Fall von tabischer Blasenparese. Verf.
heilte einen Fall von tabischer Blasenparese durch Uebernflanzen
eines Teils des Rectus abdominis auf die Blasenwand. WĂ€hrend
bei dem Patienten vor der Operation nach spontaner Miktion
noch 1600 cem Restharn vorhanden war, fanden sich 10 Wochen
nach derselben nur noch 20 cem klaren Harns in der Blase, wenn
der Kranke selbst das GefĂŒhl der völligen Entleerung hatte.
K. Wohlgemuth (Berlin).
Zentralblatt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
25. Februar 1922, 46, Nr. 8.
âą^Refraktometrische EiweiĂhestimmungen der OedemflĂŒssigkeit hei Schwanger-
schaftsnierenerkrankungen und Eklampsien. Hellmuth, K. 290.
Ueber Vorfall des divertikelartig erweiterten Ureters durch die Harnröhre,
Mayer, A. 29G.
âUeber Ureterknotung. Hornun», R. 304.
Ueber die Wirkung der Pyramidalis-Fascienpla>tik. L i e k . E. 30*.
Refraktometrische EiweiĂbestimmungen der OedemflĂŒssig-
keit bei Schwangerschaftsnierenerkrankungen und Eklampsien.
Verf. kommt zu folgenden SchluĂsĂ€tzen: FĂ€lle von Schwanger-
schaftsniere (Hydrops gravidarum, Albuminurie, Glomerulo-
nephrose) zeigen in der ĂŒberwiegenden Mehrzahl einen sehr ge-
ringen EiweiĂgehalt (etwa 0,1 â 0,4 %) der OedemflĂŒssigkeit. Den
gleichen Befund zeigen kardiale Oedeme. Umgekehrt zeigt die
Mehrzahl der FĂ€lle von Glomerulonephritis einen hohen EiweiĂ-
gehalt (etwa 1 % und mehr) der OedemflĂŒssigkeit. Es ist mög-
lich, diese Befunde fĂŒr die Differentialdiagnose zwischen
Schwangerschaftsniere und chronischer Glomerulonephritis in
graviditate klinisch mit zu verwerten. â
Ueber Uretcrknotung. Bei einer 48 jÀhrigen Frau wurde
wegen ziemlich weit vorgeschrittenen Uteruskarzinoms die abdomi-
nale Radikaloperation nach Wertheim ausgefĂŒhrt. Der rechte
Ureter ging durch karzinomatöses Gewebe hindurch und muĂte
durchschnitten und reseziert werden. Wegen der groĂen Ent-
fernung des zentralen Ureterendes war eine Implantation in die
Blase unmöglich. In solchen FÀllen hÀlt Stockei die Knotung des
Ureters mit Anlegen einer distalen Ligatur fĂŒr die beste Me-
thode der Ureterversorgung. Auch hier wurde ein fester Knoten
in den Ureter geschĂŒrzt und unterhalb des Knotens eine Ligatur
angelegt. Es trat keine Fistelbildung ein; auch war eine Ver-
gröĂerung der ausgeschalteten Niere in der Folge nicht nach-
weisbar. 5 Wochen post operationem kam Patient an Kar-
zinommetastasen in den Lungen ad exitum. Die Sektion
ergab, daĂ die Ausschaltung der rechten Niere durchaus ge-
lungen war. Keine Hydronephrose; die MaĂe der rechten Niere
kleiner als die der linken; der rechte Ureter stark dilatiert und
dĂŒnnwandig: vom Catgutknoten nur noch Reste nachweisbar;
keine Urininfiltration des Gewebes. Die mikroskopische Unter-
suchung des Ureters an der Stelle der Knotenbildung zeigt voll-
stÀndige Obliteration des Lumens durch Wandverklebung und
Wuchern des Bindegewebes. Die Anschauung von Stockei ist
also durch diesen Fall vollkommen bestÀtigt.
Speyer (Berlin).
Monatsschrift fĂŒr Geburtshilfe und GynĂ€kologie, Berlin.
Januar 1922, 56. Heft 5/6.
Zur Histologie der EihÀute, speziell des Amnionepithels beim vorzeitigen '
Blasensprung. H e i n 1 e i n , F. 237.
âUeber die choriaie Invasion. Schiller. W. 241.
Ein seltener Verlauf einer destuierenden Blasenmole. Amrcich. J. 249.
Ein durch Edebohlsche âN'erendekapsulation" geiheiltcr Fall von Eklampsie
post partum. F e y , E. 256.
»»»Plötzliehe TodesfÀlle bei Atrophie des Nebennierenmarkes. Zimmer-
mann, R. 259.
âDas Problem der Heliung der Portio vaginalis bei der Prolapsopertation.
S a e n g c r , H. 270.
Lipoide im menschlichen Ovarium. Weishaupt. E 276.
Die Beziehungen der Schwangerschalt zur kĂŒnstlich erzeugten Glykosuric.
Lembcke, H. und L i n d i g . P. 283.
âDie BrustdrĂŒsenschwellung der Neugeborenen. G r n Ii e c . O. B. 289.
Geschlechtsbcstimmung und GeschlechtsverhÀltnis. Döderlein. G. 292.
Ueber die choriaie Invasion. Die choriaie Invasion, d. h. das
Hineinwuchern fötaler Zellen in Decidua und Uterusmuskulatur
ist ein völlig normaler Vorgang, der bei jeder GraviditÀt ein-
treten kann. Zirka von Ende des zweiten Monats beginnend, er-
reicht die Zahl der chorialen Zellen das Maximum bis zum 4.
bis 5. Lunarmonat, um dann gegen das Schwangerschaftsende all-
mÀhlich abzunehmen und nach einigen Wochen post partum gÀnz-
lich verschwunden zu sein.
Ueber plötzliche TodesfÀlle bei Atrophie des Nebcnnicren-
/narks. Verf. berichtet ĂŒber zwei TodesfĂ€lle, die sich in unmittel-
barem AnschluĂ an Kaiserschnitt ereigneten und die ihre einzige
ErklÀrung in einem bei der Sektion festgestellten Schwund des
Nebennierenmarks erfuhren. Beide FĂ€lle betrafen Frauen mit
verengtem Becken, bei denen bereits frĂŒher einmal die Entbin-
dung durch Leibschnitt ausgefĂŒhrt war. Klinische Zeichen fĂŒr
eine Nebennierenerkrankung fanden sich nicht.
Ueber das Problem der Hebung der Portio vaginalis bei der
Prolapsoperation. Um die Abknickung der Portio nach vorn bei
derlnterpositio uteri zu vermeiden, empfiehlt Verf., die Wert-
heimsche Interpositio mit der von K i e 1 1 a n d angegebenen
AushĂŒlsung der Cervix aus der Scheide zu kombinieren. Die bis-
her nach diesem Verfahren operierten FĂ€lle gaben gute Re-
sultate.
Ueber die BrustdrĂŒsenschwellung der Neugeborenen. Die im
Interstitium der BrustdrĂŒsen Neugeborener sich findenden Zell-
einstreuungen werden als Blutbildungsherde analog den in der
Leber, den Nieren und Nebennieren vorkommenden angesprochen.
Jon a s (Berlin).
Virchow's Archiv fĂŒr pathologische Anatomie und
Physiologie, Berlin.
14. Januar 1922, 236.
Beitrag zur Pathologie des Hamsters. (Pathologisch-anatomische, bakterio-
logische, parasitologische, protozoologische usw. Beobachtungen.) Rein-
hardt, H. 1.
Erkenntnistheoretisebc Anmerkungen zu Huecks Lehre vom Mesenchym.
Zimmermann, H. 29.
âąExperimentelle Untersuchungen ĂŒber Zelleinwanderungcn in tote Hornhaut.-.
N e u tri a n n , H. O. 45.
âBeitrĂ€ge zur Rolle der Epitheikörperehen in der Pathologie. Hartwich,
A. Gl.
Knochen, Muskeln. Nerven und Arterien einer oberen ExtremitÀt mit kon-
genitaler bumero-radio-ulnarer Synostose. Michelssohn, T. G. 117.
BeitrÀge zur Frage der Bauchspaltenbildung. Best. E. und G r u b e r ,
G. B. 146.
Geher verkalkte Epitheliome der Haut und Verkuöehening darin. BĂŒke. 177.
Krebsentwickluug in Bronchiektasen. S i c g m u n d . Ii. 191.
Dystrophia adiposo-genitalis bei Hypophysengangszystc. Miller. R. v. 207.
Postmortale SĂ€urebildung und Totenstnâ =
Leichen und ihre Beziehungen zur LeistungsfÀhigkeit des Uerzens un-
mittelbar vor dem Tod. Oberzimmer, J. und Wacker. L. 223.
Ueber die ElastizitÀt der Arterien und die Angiomalacie. T h o m a . R. 243. '
âąfrUeber die Verfettung der willkĂŒrlichen Muskulatur. K o 1 o d n y. 270.
âąH5as Verhalten der Nieren bei akuter gelber Leberatrophie. Meyer. E. 279.
Zwei seltene Befunde aus der Pathologie des mÀnnlichen Urogenitalsystems.
Brack. 301.
Ueber Infektion mit Clonorehis. Fischer. W. 307.
BeitrÀge zur pathologischen Anatomie und Pathologenese der K.impfgas-
vergiftuag. A d e 1 h e i m , R. 309.
Zur Klinik und Pathogenese der Kollargolintoxikation beim Menschen. Her-
zog, F. und Roscher. A. 361.
Zur Frage der Nephrosen. Bohnenkamp. H. SSO.
40. Jahrg. â Nr. 13.
Aus den neuesten Zeitschriften
801
Zur Methodik der Blutdruckmessung beim Kaninchen. 10 w e y k , C. van und
b C Ii mi il t in im u , M. 420.
Zur Lehre von den Progonoblastomen. Mathias, E. 424.
lieber OosehĂŒlste dev Nebennieronrindo mit morphogenistischen Wirkungen.
Mathias, K. 44ti.
lieber eiu lipomÀhulichea Haematom der Lunge. K e 1 1 o r . A. 1 70.
âŠDie Hftmosiderosla bei den ErnĂ€hrungsstörungen der SĂ€uglinge. I) u b o i s ,
M. 481.
BeitrÀge zur Rolle der Epithelkörperehcn in der Pathologie.
Verfasser hat Untersuchungen ĂŒber die Lpithelkörperchen bei
verschiedenen Zustanden angestellt. Er betont, daĂ nur Reihen-
schnitte durch die ganzen Korperchen entscheidend sind, da die
einzelnen Zellarten in verschiedenen Schniltuöhen weehseln. Er
hĂ€lt die dunklen Zellen ihr die tĂ€tigen, die hellen nicht fĂŒr er-
schöpft, sondern fĂŒr entleert. Seine dunklen' Zellen hĂ€lt er fĂŒr
Obereinstimmend mit den chromophilen von S e i 1 z. UebergÀnge
zwischen den einzelnen Zellarten kommen vor. Beweisende Zu-
sammenhÀnge zwischen Krampfkrankheiten der Kinder (Tetanie
und Spasmophilie) landen sich nicht, auch nicht in einem Falle
von Tetania gastrica. Bei Schwangeren war viel Kolloid vor-
handen ohne regelmĂ€Ăiges Ueberwiegen einer Zellart. Gesetz-
mĂ€Ăiges Ueberwiegen âchromophiler" Zellen bei Eklampsie
fehlen. Bei 2 FÀllen von Mölier-Barlowscher Krankheit, bei
Veitstanz und SchĂŒttellĂ€hmung landen sich keine Epitheikörper-
chenverÀnderungen. Bei Rachitis waren die Körperchen stets
vergröĂert ohne regelmĂ€Ăiges Ueberwiegen einer bestimmten
Zeliart; in einem Falle von Otitis fibrosa iand sich eine als gut-
artig angesehene geschwulstartige VerÀnderung eines Epithel-
körperchens, die in einem zweiten Falle aber als unverÀndert be-
funden wurden.
Ueber die Verfettung der willkĂŒrlichen Muskulatur. Ver-
fasser hat im Lubarsch sehen Institute Untersuchungen ĂŒber
die Verfettung der willkĂŒrlichen Muskulatur ausgefĂŒhrt, aus
deren Ergebnissen er und L. in einem beigefĂŒgten Abschnitte ver-
schieden weite SchluĂfolgerungen ziehen. K. stellte bei dem an-
gestrengtesten Muskel, dem Zwerchfell, die hÀufigste, bei der
wenig mit Arbeit belasteten Dammuskulatur die seltenste Ver-
fettung fest. Sie geht dem Alter proportional und tritt am hÀu-
figsten bei den chronischen und mit schweren Kreislaufstörungen
verbundenen Krankheiten auf. Weitere fĂŒr die Muskelentartung
kennzeichnende VerÀnderungen begleiten sie, so daà H. in der
Verfettung der Muskeln das sinnfÀlligste Merkmal ihrer Ent-
artung findet. Lubarsch hingegen will aus den Befunden K.'s
nur den SchluĂ gezogen wissen, daĂ das Fett nicht physiologi-
scherweise in den Muskeln vorkommt, daĂ die einzelnen Muskel-
gruppen und in diesen wieder die einzelnen Fasern sehr un-
gleichmĂ€Ăig befallen sind, und daĂ die tĂ€tigsten Muskeln am
regelmĂ€Ăigsten und ausgedehntesten Sitz der Verfettung sind.
Das Verhalten der Nieren bei akuter gelber Leberatrophie.
Verfasser hat eine Anzahl FĂ€lle von akuter gelber Leberatrophie
verschieden lange nach dem Tode â von zweiter Stunde an â
untersucht und so Anhaltspunkte fĂŒr die Beantwortung der Frage
gewonnen, was als LeichenverÀnderung, was als LebensverÀnde-
rung anzusehen ist. Als Krankheitszeichen der Nieren bei akuter
Leberatrophie erkennt er nur EiweiĂspuren und gallige Zylinder
an, die er als Folge der Gelbsucht betrachtet. AbstoĂung von
KanÀlchenepithelien. fand er in den unterseuhter Nieren nur in
einem einzigen Falle. Die Ursache der LeberschÀdigung wirkt
nach ihm nicht auf die Nieren ein. Die Verfettung der Nieren
ist verschieden in den HauptstĂŒeken und den anderen KanĂ€len;
in den ersteren fand sich nur Neutralfett, keine freien FettsÀuren,
in den anderen wechselnde Mischungen. Das Fell stammt zum ĂŒber-
wiegenden Teile aus dem Blute: âes handelt sich um Fettspeicherung
inlolge von Mehrangebot, um eine Reaktion der Nierenepithelien
auf abnorme Bedingungen, nicht um eine abnorme Reaktions-
weise". Aehnlichkeiten zwischen den VorgÀngen in der Leber
und in den Nieren lieĂen sich nicht finden oder erschlieĂen. Die
Diabelesniere bietet weitgehende Aehnlichkeit mit der bei akuter
Leberatrophie verÀnderten: viel Fett, keine erkennbare Ent-
artung, keine erkennbare SchĂ€digung im AeuĂeren oder Ver-
nichtung. Die HöchstmaĂe der Nierenverfetlung sind aber bei
akuter Leberatrophie gröĂer, als bei der DiĂ€betesniere. Die
Nierenverfettung ist in beiden FĂ€llen ein Zeichen fĂŒr die LipĂ€mie
und die zugrundeliegende Störung im Kohlehydratstoffwechsel;- es
handelt sich bei ihr um âeine Nephrpdystrophie im Sinne
Aschoffs, und zwar auf Grund einer allgemeinen (nicht
lokalen) Stoffwechselstörung".
Die HÀmosiderosis bei den ErnÀhrungsstörungen der SÀug-
linge. Verlasser hat bei 18 SÀuglingen mit ErnÀhrungsstörungen
(10 mÀnnliche, 8 weibliche), hauptsÀchlich Attrophikern, mit
groĂer RegelmĂ€Ăigkeit Zeichen einer Störung des Eisenstoff-
wechsels gefunden, bestehend in starker FĂ€rbung durch Ncuro-
sidorin, besonders in Leber und Milz. Als HĂ€mosiuerqnie bezeich-
net er mit Hu eck einen gefÀrbten oder ungefÀrbten saurelos-
lichen, gegen Alkali, Fcltlösungs- und Bleichmittel bestÀndigen
Körper, der die Eisenreaktion gibt. In der Leber linden sieh die
Kupfferschen Sternzellen mit eisenhaltigen Körnern und Schollen
beladen, die Leberzellen, besonders am Umlange, leinkörnig ge-
fÀrbt. In der Milz findet sich der Farbstoff, besonders in der
Pulpa; in geringerer Menge findet er sich gelegentlich in den
Reticufumzellen des Knochenmarks, in Bindegewebszellen
der Nieren und Hoden Phagocylose der roten Blutkörperchen
hat DĂŒbois selten beobachtet und, wenn ja, nur in geringem
Umfange. In der Hauptsache findet nach D. eine Aullösung der
Blutkörperchen innerhalb der GefĂ€Ăe statt. Durch die mesen-
chymalen Gebilde, vorzugsweise der Leber und Milz, in gerin-
gerem Grade des Knochenmarkes, der Nieren und Hoden, lindet
Aufnahme und Umwandlung des Blutfarbstoffes in Eisenfarb-
stoff statt. FĂŒr die FĂ€rbung der Milz- und Leberzellen möchte
D. auch eine SchÀdigung der Zeilenverrichtungen verantwortlich
machen. , Der Gallenfarbstoff, der nach ihm in keiner unmittel-
baren Beziehung zur HÀmosiderinfÀrbung setht, wird dabei in
regelrechter W eise gebildet und ausgeschieden.
Rosenthal.
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
9. Februar 1922, 52, Nr. 6.
âUeber die objektive sphymograpbisehe Messung des Arterienlumen
(sphygmograpbische Arteriometrie) als HĂŒt'sniethode und Schlulisteiu der
dynamischen Pulsuntersuchung. Sah Ii. H. 133.
âKatamuestische Erhebungen zur Prognose der verschiedenen -Formen von
Encephalitis epidmica. Bing. R.. S t a c h e 1 i u , R. 142.
â Leber die Verbreitung des Scharlachs in der Stadt ZĂŒrich in den Jahren
1912â1919. Rothpietz, H. 145.
Die Serodiagnostik der Tuberkulose: Bcsredka 1 und IL Grumbach.,
A. 147. . ,
Ueber sphj mographische Arteriometrie als Hilfsmethode und
SchluĂstein, der dynamischen Pulsuntersuchung. Um bei der Be-
urteilung der ZirkuialionsgröĂe und der lierzarbeit, jene Fehler-
quelle, die in dem Arterienkaliber liegt, mit Sicherheit in jedem
Falle, wo es darauf ankommt, vermeiden zu können, dient die
Arteriometrie, die Messung des inneren Durchmessers der dy-
namisch untersuchten Radialarterie. Verf. benutzt dazu einen von
ihm modifizierten Jaquetsehen Sphymographen, dessen Anwen-
dung er an Hand von bildbeigaben erlÀutert. Es handelt sich
darum, den Weg zu messen, welchen die obere Arterienwand be-
schreibt, wenn sie zwischen dem Zustand des Kompressionsver-
schlusses der Arlerie und dem Zustand des vollen Offenstehens
derselben verschoben wird. Ueber die nicht ganz unkomplizierte
Anfertigung und Deutung der erhaltenen Kurven ist am besten im
Original nachzulesen. Desgl. ĂŒber die Frage des Einflusses der
Weichteile auf die Messungsresultate.
Katamnestische Erhebungen zur Prognose der verschiedenen
Formen von Encephalitis epidemica. Aus 73 von der ersten Er-
krankung an beobachteten und katamnesierten FĂ€llen haben die
Verf. .EindrĂŒcke gewonnen, die sie folgendermaĂen zusammen-
fassen:
Reiner Singultus epidemicus heilt restlos ohne Residuen aus.
Die sonstigen rudimentÀren Formen (ohne Lethargie, Chorea
oder Myoklonie) sind nicht so unbedingt harmlos wie der reine
Singultus, scheinen aber doch schlieĂlich resllos auszuheilen. Die
mit oder ohne Myoklonie- und Chorcasymptöme verlaufenden
lethargischen Formen heilen nur in Vn der FĂ€lle restlos aus. In
fast der HĂ€lfte der FĂ€lle gesellt sich frĂŒher oder spĂ€ter Par-
kinsonismus hinzu. In der Minderzahl der FÀlle tritt er als SpÀt-
folge auf, meistens nach 6â9 Monaten anscheinender Heilung,
bisweilen erst nach mehr als einem Jahr. Rein choreatische
Formen geben eine relativ gĂŒnstige Prognose. Parkinsonartige
FolgezustÀnde traten nach reiner Encephalitis choreatica nie auf.
Die myoklonischen Formen sind jedenfalls bösartiger als die
chorealischen. Reine Encephalitis myoclonica kann in Parkin-
sonismus ĂŒbergehen. Ob die myoklonischen Formen an Bösartig-
keit der FolgezustÀnde den lethargischen gleichkommen oder
nachstehen oder sie gar ĂŒbertreffen, kann wegen der geringen
Zahl der FĂ€lle nicht entschieden werden. Die These von der
Heilbarkeit des Parkinsonismus postcncephaliticus ist inzwischen
wieder fallen gelassen. Die unmittelbare MortalitÀt der Ence-
phalitis epidemica betrÀgt nach Abzug des reinen Singultus und
der sonstigen ârudimentĂ€ren" Formen etwa ein FĂŒnftel. SpĂ€t-
todesfÀlle können durch fieberhafte Residuen oder durch Suicid
(infolge phychischer Störung oder infolge LebensĂŒberdruĂ wegen
des trostlosen Zuslandes) vorkommen, jedenfalls aber auch durch
die direkten Folgen des Parkinsonismus.
302
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 13.
Ueber die Verbreitung des Scharlachs in der Stadt ZĂŒrich
1912 â 1919. Die oft aufgestellte Behauptung, daĂ die Krankheit im
Herbst öfter und hÀufiger auftritt als zu anderen Jahreszeiten,
traf fĂŒr die vorliegende Statistik nicht zu. Dagegen stimmen die
verschiedenen Angaben darin ĂŒberein, daĂ das weibliche Ge-
schlecht etwas mehr . Scharlacherkrankungen aufweist als das
'mÀnnliche. Nach dem Alter geordnet, erweist sich das 5. Lebens-
jahr am stÀrksten befallen. Nach dem 14. Jahre fÀllt Scharlach
keine groĂe Bedeutung mehr zu. Obwohl eine Altersgrenze nicht
zu bestehen scheint, muĂ betont werden, daĂ vom 40. Jahr ab
die FĂ€lle nur noch ganz vereinzelt auftreten. Nicht einmal in den
dichtbewohnten Quartieren der Àrmeren Bevölkerungsklassen
konnte von Scharlachnestern die Rede sein, d. h. von HĂ€usern
oder HĂ€usergruppen, in denen Scharlach jahrelang nicht zur Ruhe
kommt und die immer wieder AnlaĂ zu kleineren oder gröĂeren
Epidemien gaben. In bezug auf die Verteilung innerhalb der
Familie gelang es an Hand des vorliegenden Materials nicht, eine
ausgesprochene familiÀre Disposition festzustellen. Die Erhebun-
gen erstrecken sich auf einen Zeitraum, wÀhrend dessen keine
eigentliche schwere Epidemie in ZĂŒrich beobachtet wurde; es
erscheint nicht ausgeschlossen, daĂ, wenn der Scharlach eine
gröĂere Virulenz und KontagiositĂ€t annimmt, die VerhĂ€ltnisse
sich etwas anders gestalten. Held (Berlin).
16. Februar 1922, 52, Nr. 7
âDie neue Sehnittentbindung hei Physometra und Febris sub partu. W .1 1 t -
h a r d . M. 161.
Die HÀufigkeit des Diabetes mellitus in Basel. Hunziker. H. 16».
âProgressive, perniziöse AnĂ€mie. 1871 â 19:il. Aide r. A. 172.
Puerperalinfektionen und Leberinsuffizienz. B o u r c a r t . M. 175.
«J»Nomn.ifen in der Kinderpraxis. H off mana. W. 177.
Die neue Schnittentbindung bei Physometra und Febris sub
partu. Wenn bei Physometra und Febris sub parlju der vor-
angehende Kopf bei Dringlichkeit zur Entbindung mit seinem
gröĂten Umfang den Beckeneingang noch nicht ĂŒberschritten
hatte, so muĂte bisher selbst bei völlig eröffnetem Muttermund
das lebende Kind geopfert werden, denn Wendung und Extrak-
tion des nachfolgenden Kopfes ist wegen der Gefahr einer arti-
fiziellen Uterusruptur nicht mehr empfehlenswert. Im Zeitraum
vom Blasensprung bis zur Besiedlung des Fruchtwassers mil
Bakterien und Ausbildung von Physometra und Febris sub partu
flieĂt soviel Fruchtwasser ab, daĂ der Foet unbeweglich wird.
Wendungen enden daher gelegentlich mit dem Tode des Kindes
und der Mutter zugleich.
LĂ€ngst hat sich das BedĂŒrfnis nach einem operativen Ein-
griff geltend gemacht, der die Geburt jederzeit rasch beenden
lĂ€Ăt, unter Schonung des lebenden Kindes, unabhĂ€ngig von der
Kindeslage, unabhÀngig von der Erweiterung der Weichteile und
der Beckenanomalie und ohne RĂŒcksicht auf die jeweilige Be-
siedlung des Fruchtwassers und der Genitalsekrete mit Bak-
terien. Diesen Anforderungen entspricht die Entbindung durch
LĂ€ngsschnitt in den sub partu gedehnten Teil: Isthmus uteri plus
cervix, der KĂŒrze halber Sectio cervicalis genannt. Die Vorteile,
die dieser Schnitt bietet, liegen vor allem in der Vermeidung
der Placentarstelle und damit der Vermeidung stÀrkerer Blu-
tungen. Nach der Entleerung des Uterus genĂŒgt eine einzige
retromucös angelegte Naht, um jede Nachblutung post partium
aus den WundrĂ€ndern mit Sicherheit zu verhĂŒten. Der Uterus
bleibt selbst fĂŒr sehr groĂe Kinderj Mehrlingsschwangerschaften
und fĂŒr weitere Spontangeburten funktionstĂŒchtig. Die Uterus-
narbe im gedehnten Teil des Uterus bleibt fest. Nur ganz wenig
FÀlle von perfekter Ruptur der Cervixnaht bei spÀteren Geburten
sind bekannt geworden. In BerĂŒcksichtigung der Tatsache, daĂ die
extraperitoneale Sectio cervicalis den Anforderungen der tech-
nischen Einfachheit und Harmlosigkeit nicht in dem MaĂe ent-
spricht wie die intraperitoneale Sectio cervicalis, lehnt Verf.
die extraperitoneale als entbehrlich und unnötig gefÀhrdend ab.
Aus dem ihm zur VerfĂŒgung stehenden Material geht mit aller
Deutlichkeit hervor, daà die Höhe der Temperatursteigerungen
und des Pulses sub partu nicht als prognostische Kriterien fĂŒr
den postoperativen Verlauf einer Sectio cervicalis verwertet
werden können. Ebensowenig bilden SchĂŒttelfröste oder Physo-
metra, bzw. Constrictio spastica aus bakterieller Ursache eine
Contraindikation fĂŒr die DurchfĂŒhrung einer Sectio cervicalis
intraperitonealis. Dank dieser Erkenntnis kann die Perforation
bei geraden Kindslagen und die Embryotomie bei Querlagen und
lebendem Kind auf ein Minimum reduziert werden. Die volle
volkswirtschaftliche Bedeutung fĂŒr die Erhaltung vieler lebens-
fÀhiger Kinder wird die neue Schnittentbindung erst dann er-
langen, wenn die praktischen Aerzte ihre Geburtshilfe dahin
reorganisieren, daĂ sie regelwidrige Geburten rechtzeitig der
Krankenhausbehandlung zufĂŒhren und auf die vaginale Unter
suchung sub partu zugunsten der Ă€uĂeren und rektalen weit-
möglichst verzichten. Ferner wenn sie AufklÀrungen zur Pro-
phylaxe der endogenen Infektion bei ihren Patientinnen verbreiten
Ueber progressive perniciöse AnĂ€mie 1871 â 1921: 50 Jahre
sind verflossen, seit Biermer den ersten, berĂŒhm'o gewordenen
Vortrag ĂŒber progressive, perniciöse AnĂ€mie geiiaiten aal.
Wir haben allen urunu, ihn an diesem Gedenktage als den
eigentlichen Entdecker aieser Krankheit zu feiern. Die Perni-
ciosa ist eine Krankheit, deren HÀuiigkeit schwer abzuschÀtzen
ist. Sie tritt in allen LĂ€nĂŒern und in allen Kreisen der Bevöl-
kerung auf. In der Symptomatologie der Perniciosa spielen seit
ilunters Beobachtungen die VerÀnderungen am Aiagen-Darm-
tractus eine besondere Rolle. Als sicntbares Zeichen lassen sich
entzĂŒndliche Erscheinungen an der Zunge feststellen, die fĂŒr
die FrĂŒhdiagnose der Krankheit eine grobe Bedeutung gewonnen
haben. Weniger hÀufig ist die atrophische Zunge. Nicht selten
bieten Perniciös-AnÀmische das Bild von Karzinomkranken; man
ist geneigt, bei der VerfÀrbung an Lebermetastasen zu denken. Der
Unterschied ergibt sich aus dem Blutbild. Die Magenlunktions-
prĂŒtung lĂŒhrt recht oft zu FehlschlĂŒssen, da man die AnaciditĂ€t
der FÀlle mit perniciöser AnÀmie als durch das Karzinom be-
dingt ansieht. AnaciditÀt, meist mit Achylie und einer radio-
logisch i'eststeUbaren HypermotilitÀt verbunden, ist ein Symptom
fĂŒr perniciöse AnĂ€mie, das als 100 prozentig angesehen werden
muĂ. Der Urobiiinogenprobe wird groĂes Gewicht beigelegt, in
der Remission fÀllt sie jedoch fast restlos negativ aus. Die Aus-
fĂŒhrungen Biermers enthielten nichts ĂŒber die BlutverĂ€nde-
rungen, die heut im Mittelpunkt des Interesses stehen. Erst der
Ausbau der Haematologie hat die Krankheit zu einer Blutkrank-
heit gestempelt. Die Entdeckungen Ehrlichs bedeuten einen
Markstein in der Perniciosaforschung. Er beschrieb die Megalo-
blasten, er maĂ der Mikro- und Poikilocystose eine besondere
Bedeutung zu und kam schlieĂlich zu der genialen Hyphothese,
daĂ es sich um einen RĂŒckschlag der Blutbildung in embryonale
Bahnen handle. Das Wichtigste fĂŒr die Diagnose ist die Megalo-
cytose, die Anisocylose, ist nichts als eine Insuffizienzerschei-
nung, sie fehlt bei Remissions- oder Initialstadien der Krank-
heit. Ueber die Entstehung der perniciösen AnÀmie haben die
Anschauungen sehr gewechselt: einmal ist die Krankheit eine
Knochenmarkserkrankung, einmal eine Infektion, einmal eine
primÀre Magendarmerkrankung, einmal ein hÀmolytischer Vor-
gang, eine Autoinfektion, eine Konstitutionskrankheit. Jedenfalls
muĂ man bei der Perniciosa eine Gifteinwirkung auf den ganzen
Organismus annehmen, wobei jedes Organ unter der deletÀren
Einwirkung des Toxins steht; unter allen aber zeigt sich das
Knochenmark als das am empfindlichsten reagierende.
In therapeutischer Beziehung ist vor allem das Arsen zu
nennen; all die zahlreichen Behandlungsarten, die von einer pri-
mÀren SchÀdigung im Darm ausgehen, erzielen keine sicheren
Besserungen. Auch die Milzexstirpationen fĂŒhren bei weitem
nicht in allen FĂ€llen zu einem Erfolg. âą
Somnifen in der Kinderpraxis. Bei 4 FÀllen von Schlafstörung
nach Grippe-Encephalitis mit hochgradiger motorischer Unruhe
lieĂ sich durch relativ geringe Somnifengaben eine wesentliche
Besserung erzielen. Der Erfolg war befriedigender als bei den
verschiedensten vorher angewandten Schlafmitteln. In der Epi-
lepsiebehandlung wird sich das Luminal wohl kaum vom Som-
nifen verdrÀngen lassen. Pavor nocturnus konnte schon durch
kleine Dosen Somnifen zum Verschwinden gebracht werden.
Einer speziellen PrĂŒfung sollte das Somnifen auch bei der The-
rapie der Spasmophilie unterzogen werden. Das neue Mittel hat
den fĂŒr die Kinderpraxis wertvollen Vorteil einer leicht zu
verÀndernden Dosierung, weil es in Tropfenform verabreicht
werden kann. An dem etwas unangenehmen Geschmack des PrÀ-
parates nahmen nur wenige Kinder AnstoĂ. Held (Berlin\
Schweizer Archiv fĂŒr Neurologie und Psychiatrie.
9, Heft 1.
âą(»Die Regeneration im Nervensystem. Hedinger. ,
Klinische und anatomische Studien ĂŒber Apraxie I. Brun.
Ueber die Pathogenese der Tabes. Richter.
BeitrÀge zur Lehre von den SensibilitÀten I. D o e b e 1 i.
<i*Der Wert der Elektrodiagnostik bei der Tetanie. Farbarge- Vail.
Ueber Adipositas dolorosa. Kauffmann.
Ueber Encephalitis lethargica. R e d a 1 i e.
Die Regeneration im Nervensystem. Umfassendes Sammel-
referat in 3 Teilen: Regeneration der peripheren Nerven, des
40. Jahrg. â Nr. 13.
Aus den ueuestco Zeitschriften
RĂŒckenmarks und des Gehirns. Verfasser hĂ€lt den Streit zwi-
schen den AnhÀngern der polygenislischen (AI archand) und
monogenisĂŒschen (Stroebe) Regeneration peripherer Nerven
zwar noch uicht fĂŒr entschieden, neigt aber mehr der monogen]
stischen Theorie zu. Sowohl die Kriegserfahrungen als auch die
moderne experimentelle Embryologie bildet! im Verein mit der
Kis-Forelschen Neuroblastentheorie eine weitere StĂŒtze der mono
genistischen Nervenregeneration. Die Regenerationsmöglichkeiten
im RĂŒckenmark und Gehirn sind auĂerordentlich beschrĂ€nkte.
Sehr- wichtig erscheint dem Verfasser die Feststellung von
Tello, daĂ die Regenerationskrait des Cerebrums, Cerebeliums
und des Nervus opticus verstĂ€rkt werden kann, wenn StĂŒckchen
von frischen im Degeiieratlionsstadium befindlichen Nerven in
die Wunde transplantiert werden.
Der Wert der Elektrodiagnostik bei der Tetanie. Pathogno-
monisch fĂŒr die manifeste und latente Tetanie ist nach den Unter-
suchungen des Verfassers folgende elektrische NervenĂŒberemp-
findlichkeit (.geprĂŒft am Nervus ulnaris): KSZ und AnSZ von
1 Mill.-Ampere ab, KSTet. von 5â10, AnSTet. von 10 Mill.-Am-
pere ab, KQZ stets, AnOZ fast sttets von 5 Mill.-Ampere ab aus-
lösbar. Die AnOZ tritt bei Tetanie nach Escherich stets' frĂŒher
auf als die AnSZ. Die Elektrodiagnostik aUein erlaubt» die Dia-
gnose der manifesten und latenten Tetanie. Nur in einigen FĂ€l-
len von formes frustes von Tetanie versagt das elektrodiagnosti-
sche Verfahren. Rachitis, Tuberkulose, Osteomalacie, senile
VerĂ€nderungen geben nie die fĂŒr Tetanie charakteristische elek-
trische Ueberempfindliclikeit, obgleich es scheint, als ob das
elektrische Verhalten der Tetanie mit Kalkmangel in ursÀch-
lichem Zusammenhang steht1. Bei der klinischen Untersuchung
findet man oft Zeichen weiterer endokriner Störungen (Basedow,
Dystrophien, Myxödem, Osteomalacie usw.).
W. We igelt (Leipzig/
Acta medica scandinavica.
55, Nr. 6.
Lieber die Struktur der Bakterien. Bergstrand, H.
âąMJeber Lufteinblasungen in den RĂŒckgratkanal zu diagnostischen Zw er kr u
bei RĂŒckenmarkstumoren. J a c o b a e u s , H. C.
âWie entstehen die arthritischen Deviationen? Kahlmeter. G.
Variationen in der Anzahl der Erythrozyten bei gesunden Individuen. Bier
ring, K.
âŠDe Prognose der Bronchopneumonie B i e , V.
Systematische Untersuchung des Blutes bei hÀmorrhagischer Diathese.
Gram, H. C.
Ueber die Frage der Aetiologie und Pathogenese der Ischias. Petrin,
Karl und Otterström, E.
âEin Beitrag zur klinischen DiiferenĂŒaldiagnose der Endarteriris myco-
tica des Truncus art. pulmonalis. SĂ€len. E.
Ueber Lufteinblasungen in den RĂŒckgratkanal zu diagnosti-
schen Zwecken bei RĂŒckenmarkstumoren. Verfasser, der 1909
Lufteinblasungen nach Entleerung von Liquor aus therapeutischen
GrĂŒnden versucht hatte, hat sie zu diagnostischen Zwecken im
AnschlĂŒsse an die Empfehlung der Methode in Verbindung mit
Röntgendurchleuchtung durch Lindstedt, Dandy und A. Jo-
sef söhn wieder aufgenommen, in einigen FÀllen mit negativem,
in 3 FÀllen mit positivem Resultat. Von diesen drei TumorfÀUen
entsprach bei zweien das obere Ende der LuftsÀule dem unteren
Ende des Tumors, was die KontroUe bei der nachfolgenden Ope-
ration bewies. Im dritten Fall endete die LuftsÀule etwas tiefer.
Verfasser wiU es dahingestellt sein lassen, ob die Ursache dafĂŒr
in AdhÀsionen lag oder ob Gas angewendete Luftquantum zu klein
war. Doch glaubt er, daĂ die Methode fĂŒr diagnostische Zwecke
von einer gewissen Bedeutung werden kann.
Wie entstehen die arthritischen Deviationen? Bei der arthri-
tischen Deviation in den Gelenken der Hand ergibt die anatomi-
sche Betrachtung der Gelenke, daĂ deren Form die typische Er-
scheinungsart der Deviation durch Muskelwirkung allein möglich
macht, ohne daà eine VerÀnderung an Fassetten oder Bandappa-
rat nötig wÀre. Die betreffs der Muskelwirkung auf diese Ge-
lenke festgestellten Tatsachen zeigen, daĂ die Muskulatur durch
periphere Kontrakturen die typischen Deviationen hervorbringen
kann. Allem Anschein nach entsteht die periphere Kontraktur in
gewissen Muskelgruppen schon in den ersten Phasen der Arthri-
tis und jedenfalls in einer vorgeschritteneren Phase der Erkran-
kung in Form von sekundÀren Kontrakturen infolge SchwÀchung
und Atrophie der Antagonisten. Verfasser berichtet ĂŒber einen
Fall von Polyarthritis bei einem Hemiplegiker. WĂ€hrend die
eigentlichen arthritischen VerÀnderungen symmetrisch auftraten,
entwickelte sich nach der Hemiplegie eine vollstÀndig typische
Deviation aber nur an der Hand der nicht gelÀhmten Seite, was,
wie Verfasser betont, ein schlagender Beweis sei fĂŒr die Rich-
tigkeit der muskulÀren Theorie betreffs "der Entstehung der
arthritischen Deviationen.
Die Prognose der Bronchopneumonie. Nach Beobachtungen
an lnfluenzapneumonien betreffs Temperatur, Puls und Atem
frequenz ergibt sich, daĂ die letztere die beste Basis fĂŒr die Stel
lung der Prognose gibt, indem sich bei den FĂ€Uen mit einer Re-
spiralionszahl zwischen 30 â 34 eine MortalitĂ€t von ĂŒ Prozent, bei
den FĂ€llen mit einer Atemfrequenz zwischen 40 â 44 aber eine
MortalitÀt von 28 Prozent herausstellte. Erhöhte MortalitÀt, abei
Ă€hnliches proportionales Verhallen zur Respirationszuhl bei dop
pelseitigen Pneumonien.
Ein Beitrag zur klinischen Diiferentialdiagnose der Eudartcri-
tis mycotica des Truncus art. pulmonalis. Eingehende Beschrei-
bung eines influenzaf alles (1918), bei dem in direktem AnschlĂŒsse
an die akute Erkrankung auĂer disseminierten Bronchpneumonien
eine ausgebreitete, progrediente, mykotische (.ZĂŒchtung aus dem
Blute: Streptokokken) Endarteritis in dem Stammteil der A. pul-
mon. hinzukam. MÀchtige, beide HauptÀste beinahe verstopfende
Thromben und durch diese Erscheinungen verursacht' ein klinisch-
röntgenologisch nachweisbares Pulmonalisaneurysma. Detail-
lierte Beschreibung des makroskopischen (Abbildung) und mikro-
skopischen Sektionsbefundes. Verfasser hebt die Schwierigkeiten
der klinischen Diagnosesteilung in derartigen FĂ€llen hervor; be-
sonders die diagnostische Scheidung gegen gewisse kongenitale
Vitien (Offenbleiben des Ductus Botalli, Pulmonalisaneurysma)
bietet groĂe Schwierigkeiten. Nur durch' genaue Beachtung der
anamnestischen Daten und des klinischen Totalbildes dĂŒrfte da-
bei eine Diiferentialdiagnose der FÀlle möglich sein.
Popper (Stockholm) .
Finska LÀkaresÀllskapets Handlingar, Helsingfors.
November-Dezember 1922, 63.
Bietet die Chlorose periodische Schwankungen in ihrer Frequenz. S c b. a u -
mann, O. 537.
â Ueber einige blutgerinnungsbefördernde Mittel. E 1 v i n g . H. 551.
Subkonjunktivale Staroperation mit einem im voraus abgelösten teilweise
doppeltgestielten, vollstÀndig deckenden Bindehautlappen. G r ö n -
h o 1 m , V. 578.
Zur Kenntnis der ErmĂŒdungserscheinungen der Jluskeln. Kucken, D.
588.
Ueber einige blutgerinnungsbefördernde Mittel. Verfasser
hat durch genaue Bestimmungen der GerinnungsfÀhigkeit des
Blutes die Wirkung einiger neueren HĂ€mostyptica untersucht.
Die Gerinnungszeit, womit Verfasser diejenige Zeit bezeichnet,
die bis zum Auftreten des ersten Fibrinfadens verlÀuft, wurde
nach B ĂŒ r k e r ' s Methode bestimmt.
Es wurde in einigen FĂ€llen die Milz mit ein Drittel Haut-
einhedtsdosis röntgenbestrahlt. Nur in einem von 12 genau
untersuchten FĂ€llen wurde eine gerinnungsbeschleunigende Wir-
kung vermiĂt.
Durch Bestrahlung der Leber wurde in 6 VersuchsfÀllen
eine Gerinnungsbeschleunigung hervorgerufen, die jedoch nicht
der durch Milzbestrahlung erzielten gleichkam.
Intravenöse Koaguleninjektionen (5 g in 5 Prozent Lösung)
wurden zweimal ohne Erfolg gegen innere Blutung gemacht.
Die Wirkung hypertonischer Kochsalzlösungen scheint zu-
weilen bei Blutungen erfolgreich zu sein.
Auch mit dem von Nonnenbruch und S z y z k a empfoh-
lenen Euphillin wurden Probeversuche gemacht. Die gerin-
nungsbef ordernde Wirkung (von 0,50 bis 0,75 g) Euphyllin intra-
venös ist sehr lebhaft (bis 88,9 Prozent) und kann einige Stun-
den dauern. Jedoch reagierten die Versuchspersonen mit einer
sehr ausgeprÀgten Tachycardie, so daà Euphyllin wenigstens in
oben genannten Dosen fĂŒr den praktischen Zweck ausgeschlossen
werden muĂ.
Die besten gerinnungsbefördernden Mittel scheinen, nach den
Erfahrungen des Verfassers, Ca CL-Lösungen bei intravenöser
Einverleibung zu sein. Er hat bei Blutungen bis 3 g Ca CL.
(20 cem von einer 15 proz. Lösung) injiziert1 und ist mit dessen
Wirkungen sehr zufrieden. Bei den experimenteUen Versuchen
trat in jedem Falle eine betrÀchtliche Beschleunigung der Ge-
rinnung ein; in einem FaUe hat eine intravenöse Einverleibung
von 10 cem einer 10 proz. Lösung dieselbe um 91 Prozent ge-
steigert.
Es siglo medico, Madrid.
18. Februar 1922, 69, Nr. 3558.
«âșExperimentelle Untersuchungen Uber die Funktion des corpus callosum.
L a f o r a . O. R. und P r a d o 6 . M. 169.
304
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 13.
Epitheliom der KonjunkĂŒva. Lopez. Riben uud C hav&rriĂ€. 174.
Fam.liare Paranoiker. Salas y Vaca. 176.
Chlorierung des Wassers. R a c e , J. 178.
Experimentelle Untersuchungen ĂŒber die Funktion des corpus
callosum. Eine Verletzung des balkens bei Alien und Kalzen
verui sacht apraktische unu LĂ€hmungserscheinungen aui der ent-
gegengesetzten Seite der HemisphÀre, die nÀher zur Verletzung
lieg.'; diese verschwinden nach lt> â 20 Tagen vollstĂ€ndig; wieder-
holt man nach einiger Zeit diese Verletzung an der entgegen-
gesetzten Seile des Laikens, so erhÀlt man enenlalls aui der ge-
kreuzten Seite dieselben Auslaltserscheinungen; diese LĂ€hmungs-
ersclieinungeii hĂ€ngen nicht davon ab â wie koranyi an-
nimmt â daĂ Liquor aus den Ventrikeln ausströmt. Die Aus-
dehnung der Auslaltserscheinungen lÀuft parallel mit der Aus-
dehnung der gesetzten Verletzung. Die Verletzung des Knies des
Balkens ruft apraktische Symptome des Armes hervor, die des
vorderen mittleren Teiles apraktische Symptome an Arm und Bein;
die des hinteren mittleren Teiles solche am bein, die des Splenium
ruft keine Symptome oder fast unmerkliche am Beine hervor, die
Verletzung des ganzen Balkens rult hemiparetische und aprak-
tische Symptome hervor. . L u r j e.
II Policlinico, Rom. (Seziona Pratica.)
6. Februar 1922, 29, Nr. 6.
âExperimentelle Untersuchungen ĂŒber die Wa. R. bei Kindern. De Villa.
S. und K o n c b i , ' A. 185.
LeukĂ€misches HĂ€matom von Schulterblatt und RĂŒcken. A 1 o i . V. 192.
13. Februar 1922, 29, Nr. 7 (Seziona pratica).
âExperimentelle Untersuchungen. Die Wa. R. bei Kindern. Villa. S. de
und K o n c h i . A. 217.
PrimÀre tuberkulöse Ulzei-ation der Vulva und der Blase. Otavagaa ,
M. 222.
Extraktion einer Haarnadel aus der Blase. S i 1 v a n . C. 224.
Experimentelle Versuche ĂŒber die Wassennannreaktion bei
Kindern. L»ie Versuche ergaben, daà das Antigen aer Wa. R.
ersetzt weraen kann aurch ein Cholesterin oaer besser noch
durcn eine Lösung gemischter Lipoide.
Der AmJjoceptor kann indel) nie von einer solchen Lösung
ersetzt werden. Die Milch einer gesunden oder luetischen Frau
wirkt vereinzelt als Antigen, selten oaer nie als Amboceptor.
Das Colostrum dagegen kann genĂŒgend als 'Amboceptor, aber
nie als Antigen wirKen.
Das Serum des Colostrum der gesunden, mehr noch der
kranken Frau kann vollstÀndig den Amboceptor nie das Antigon
ersetzen. Die QuantitÀt des Cholesterins der Sera des Blutes
und der CerebrospinalllĂŒssigkeit hat keinerlei Linwirkung auf
negative oder positive ReaktivitÀt R. W.
Aus diesen Ergebnissen iolgern die Autoren, daĂ das Anti-
gen durch die Lipoidkörper, der Amboceptor der luetischen Sera
durch Aibuminoide proteinischer oder globulinischer Art wirken.
Cordes (Berlin).
La Presse Medicale, Paris.
1. Fcbru .r 1922, Nr 9
â Ueber die Indikationen zur Hysterectomie, Radium- und Röntgentherapie
bei Cervixcarzinom. Proust, R. und Maltet, L. - 89.
âBeitrag zum Studium des Berufssaturnismus. Heim, F., Agasse-La-
f o n t . E. und Feil. A. 92.
Asthma und digestive HĂ€moklasie. Galup, J. 93.
Ueber die Indikationen zur Hysterectomie, Radium- und
Röntgentherapie bei Cervixcarzinom. Verf. beruft sich auĂer auf
seine eigenen Erfahrungen vielfach auf die Statistiken K u m m s,
Taussigs u. a. und kommt zu dem Ergebnis, daĂ die Dauer-
resultate bei blutiger Intervention am besten sind, die Röntgen-
und Radiumtherapie dagegen eine geringere unmittelbare Mor-
talitÀt haben. Die Radiumtherapie empfiehlt sich besonders als
prÀ-operative Sterilisation zur Reinigung des Operationsfeldes;
die Röntgentherapie vor allem zur VervollstÀndigung der opera-
tiven Therapie, wenn nach ungefÀhr einem Monat die tiefe Ver-
narbung eingetreten ist, um etwa stehengebliebene neoplastische
Elemente vollstÀndig zu zerstören. Ferner empfiehlt er die er-
weiterte Radiotherapie bei gleichzeitig utero-vaginaler und intra-
abdominaler Anwendung.
Beitrag zum Studium des Berufssaturnismu9. Verf. unter-
suchte 95 Arbeiter einer Akkumulatorenfabrik auf die Zeichen
der Bleivergiftung und findet Bleiserum bei 65 %, basophile rote
Blutkörperchen, die gewissermaĂen pathognomonisch fĂŒr Satur-
nismus sind, bei 21 %, Blei im Urin bei 70 %, Bleikoliken bei
7 %, Parotitiden bei 2 %, Hypertension bei 29 %.
Die Frauen sind im allgemeinen weniger betroffen als die
MĂ€nner, was wohl auf Ă€uĂere Lrsachen (bessere Hygiene, kĂŒr-
zere und leichtere Arbeit) zurĂŒckzufĂŒhren ist. DaĂ die Ă€lteren
Arbeiter einen gröĂeren Prozentsatz liefern, liegt daran, daĂ
eben diese den Beruf trotz seiner SchÀdigungen lange Zeit aus-
ĂŒben konnten, wĂ€hrend die nicht WiderstandsfĂ€higen schon im
jĂŒngeren Alter ausscheiden muĂten. Ein EinfluĂ hinsichtlich der
Rassen lieĂ sich nicht feststellen. Verf. schlieĂt, daĂ die An-
wesenheit obiger Stigmata eine saturnine Intoxikation beweist,
ihr Fehlen sie unwahrscheinlich erscheinen lĂ€Ăt. Haber.
Archives de Medecine des Enfants, Paris.
Januar 1922, 25, Nr. 1.
âChinintherapie bei Malaria der Kinder. Suzuki, l.
Die Mitarbeit polnischer PÀdiater an französischen Publikationen. C o m b y ,
J. 15.
Der Mongolenfleck in Peru. E y z a g u i r r e , It. 19.
Der Mongolenileck in Santo Paulo. F e r r e i r a , C. 23.
Ein Fall von Hutinelscher eardio-hepatischer Zirrhose. Lasnier. E. und
A r m a n d - U g o u , A. 25. .
Ein seltener F#ll von kongenitaler Rachitis kompliziert mit Osteomalazie.
Biehler. M. de. 41.
Ueber die Behandlung der kindlichen Malaria mit Chinin.
Versuche mit versciiiedener ZufĂŒhrung von Chinin durch den
Mund, auf rektalem Wege und unter die Haut an gesunden Ka-
nincnen ergaben, daĂ das Alkaloid von der Darmschteimhaut aus
doppelt so schnell auigenommen wird als bei Verabreichung von
oben. Die verscliiedenen VerdĂŒnnungen von 0,25â2 auf 100 wirk-
ten vom Darm aus gleich stark. Losungen von 0,25 â 0,5 auf 100
ĂŒben bei rektaler Einverleibung keinerlei Reizwirkung
auf den kindlichen Darm aus. Die bakterizide Wirkung der
verschiedenen Chininsalze entspricht bei PrĂŒfung mit Dysenterie-
bazillen iĂŒrem Chiningehalt. Das salzsaure Chinin verdient we-
gen seiner, gröĂeren Löslichkeit den Vorzug. H. Vogt.
Februar 1922, 25, Nr.' 2.
âPathologische DurchgĂŒngigkeit der Darmwand beim SĂ€ugling und ihre Be-
ziehungen zu den toxischen PhÀnomeneu der Cholera infantum. Böh-
mer. P. und L 6 v y , R. 65.
âMongolismus. B i e h 1 e r , M. d. 81.
Kongenitaler Ikterus infolge Fehlens des Canalis hepaticum. Nobccourt,
P. und J a n e t , H. 90.
âFamilĂ€rer infantiler Diabetes. Lereboullct. P.. Blechmann, G.,
und B 1 e c h m a n n , J. 94.
Herpes Zoster und Varizellen. Dumontct. 97.
Untersuchungen ĂŒber die pathologische DurchlĂ€ssigkeit der
Darmwand des SĂ€uglings und deren Bezieliungen zu den toxischen
Symptomen der BrechdurchfÀlle. Die Bestimmung des Antitoxin-
gehalts im Blutserum vor und nach der Zufuhr von 10 â 20 ccm
des Heilserums gegen Diphtherie aus dem InstĂŒiut Pasteur, ergab
bei 15 Kindern mit alimentÀrer Intoxikation eine Zunahme. Eine
erhöhte DurchlÀssigkeit der Darmwand besteht .also bei der
Mehrzahl der FĂ€lle. Sie wurde aber bei 3 FĂ€llen der gleichen
Erkrankung vermiĂt und findet, sich gelegentlich auch bei Kin-
dern mit leichteren Verdauungsstörungen und bei SÀuglingen mit
konstitutionellem Ekzem. Danach ist der toxische Zustand nich"
als Folge der erhöhten DurchlÀssigkeit der Darmwand anzu
sehen, es handele sich vielmehr um zwei nebeneinander her
gehende Erscheinungen.
Kindlicher Mongolismus. Nach einer kurzen AufzÀhlung der
zum Krankhei! sbild der mongoloiden Idiotie gehörenden ZĂŒge be
richtet die Verfasserin ĂŒber fĂŒnf eigene Beobachtungen, die vi
Knaben und ein MĂ€dchen betreffen, darunter zwei Kinder au
einer Familie.
Ein Fall von kindlichem familiÀrem Diabetes mit schnelle
Verlauf. Bei einem 9 jÀhrigen MÀdchen, dessen Gesundheit i
den letzten 2 â 3 Jahren zu wĂŒnschen ĂŒbrig gelassen hatte, ent
wickelt sich 2 Wochen nach Operation wegen BlinddarmentzĂŒn
dung ein Diabetes, der in 5 Wochen zum Tod im Koma fĂŒhrt.
Ein 7 jÀhriger Bruder des Kindes war nach Masern an Diabetes
erkrankt, der in 9 Monaten tötlich ausging. H. V o g t.
The British medical Journal, London.
18. Februar 1922, Nr. 3190.
Ueber Darmkoliken ohne deutliche Ursache. Tyrrell-Grav, H. 253
Drei FĂ€lle, die den Wert der Pyelographie beweisen. Morsen, C. und
White, H. P. W. 257.
Chirurgische Frakturbehandlung. Adams. J. E. 250.
Die Beziehungen zwischen KrĂŒmmungen der GefĂ€Ăe uud Eingeweide und
dem inneren Druck. Walker. C. 260.
Fokale Infektion und Hautleiden. Leslie Roberts. H. 262.
40. Jahrg. â Nr. 13.
Aus den neuesten Zeitschriften
305
âąfrOallonsaure Saite bei der LMusebekĂ€mpfung. Peters. R. A. 264.
LobcrabzeĂ durch Amnehen. R o g e r s , Ii. 264.
(«allcnsaure Salze bei der LÀusebekÀmpfung. Gallensaure
Salze erniedrigen die OberflÀchenspannung und erhöhen also die
PermeabilitÀt der SchleimhÀute. Verfasser hat nun versucht, ob
das auch fĂŒr die PermeabilitĂ€t der LĂ€useeier zutrifft. Er ver-
wendete eine Mischung von 10 g. Natr. taurochol., Ol. eucalypti
Ă€O cm3 und Wasser bis 1 Liter. In vielen FĂ€llen genĂŒgte eine
Waschung zur Entlausung; in anderen war es nötig, die Behand-
lung noch ein- oder zweimal zu wiederholen.
K o o p m a n (Haag).
The Lancet, London.
18. Februar 1922, 202, Nr. 5138.
I'.ntzuudungsstrikturen des Rektums. Hart m a n n . H. 307.
Kopfschmerzen durch Nasenerkrankungen. VV ats o n Willi a m s, P. 311,
Die Schicksche Probe zur Untersuchung; der Diphtherj«empfindlichkeit,
Dickinson. T. E. 312.
Traumatische und toxische- ulnare Neuritis; Blizzard . K. F. 317.
«^HereditĂ€res perforierendes FuĂgeschwĂŒr. Sieks, E. P. 319.
Epididymitis und suprapubische Prostatektomie. Wi nsb'ĂŒty White,
H. P. 321.
âDer EinfluĂ von Edestin auf die Milchsekretion. II a ttwcll, O. A. 323.
HereditĂ€res perforierendes FuĂgeschwĂŒr. Verfasser be-
schreibt eine ĂŒberaus interessante familiĂ€re Erkrankung. Diese
fĂ€ngt an mit einem HĂŒhnerauge an der groĂen Zehe. Nach
.einigen Monaten fÀllt die verhornte Haut ab, und es bleibt ein
ieiterndes GeschwĂŒr zurĂŒck. Dann werden auch die anderen
'Zehen ergriffen, die Zehen werden kĂŒrzer, die Tarsal- und Me-
talarsalknochen werden ergriffen, und das Ende ist eine starke
DeformitĂ€t des FuĂes. Danach entstehen heftige, kurz ziehende
Schmerzen im Körper, die Knie- und Achillesreflexe verschwin-
den, die anderen Reflexe bleiben normal. Verf. fand die Er-
krankung bei 10- von 34 Mitgliedern der Familie. Die Diagnose
scheint eine' âsenilite physiologique premaluree de certaines
systemes organiques" nach Raymond sein zu mĂŒssen Taubheit
wird nicht so selten gefunden. Am meisten sieht die Erkrankung
der Syringomyelie Àhnlich, ohne mit ihr identisch zu sein.
Der EinfluĂ von Edestin auf die Milchsekretion. Verf. arbei-
tete mit Ratten. Wenn die Mutter eine Nahrung erhÀlt, die zu
wenig Protein enthÀlt, so hat die Verabreichung von Edestin
einen gĂŒnstigen EinfluĂ auf das Gewicht der Jungen. Gibt man
es aber, wenn die DiĂ€t schon genĂŒgende Mengen EiweiĂ enthĂ€lt,
so hat es keinen EinfluĂ. Ein zu hoher EiweiĂgehalt der DiĂ€t
der Mutter tötet die Jungen. Koopman (Haag).
The Journal of the American Medical Association, Chicago.
11. Februar 1922, 78, Nr. 6.
Bedeutung der pneumoperiotenalen Röntgenographie in der Geburtsheilkunje
und GynÀkologie. Peterson. R. 397.
âTuberkulöses Empyem; M c. Kinnie. L. H. 400.
Arsentherapie. S c h a m b ei r g . .1. F.. Raiziss. G. W. und Kol-
m e r , J. A. 402.
RehfuĂ' fraktionierte Methode der Magenanalyse. K o p e 1 o f f . N. tut.
Epidemische Enzephalitis. 407.
HereditÀre Hy peirteusion und Arteriosklerose. W i s e m a n . J. R. 109.
Zebtriiugstltliör) als Metbode zum Studium fi'.trierbarer Virusse. Mac Cal-
1 u m , W. G. und Hutzler - Oppenheim er. E. 410,
FamiliÀre Blasenatonie. Gundrum. F. F. 411.
Chirurgische Behandlung des Karzinoms. S bei ton H c. r s I e y . ,T. U2.
Kine embryonische Skapula. Montgomery. A. H. 416.
Behandlung der Skoliose. Klein, A. 41R.
Behandlung der Metakarpal- und PhaJangealfrakturen. AN' h e e 1 e r .
R. H. 422.
Ueber tuberkulöse Empyeme. WĂ€hrend man frĂŒher, nach
EinfĂŒhrung der Rippenresektion bei der Behandlung von Empye
inen, diese ohne BerĂŒcksichtigung der. Aeliologie operativ anging,
'.hat man in den letzten Jahren die Indikation zur Operation we-
sentlich enger gefaĂt. Verf. ist der Meinung, daĂ man tĂŒber-
kulöse Empyeme tunlichst nicht mit offener Drainage behandelt,
(in einerseits die FĂ€lle fast immer lange Jahre fisteln, anderer-
seits der tuberkulöse Lungenprozeà im Anschluà an die Opera-
tion rapide Fortschritte zu machen pflegt. Bei Mischhil'ektionen
rÀt Verf. zu hÀufigen Punktionen und Anlegung eines Pneumo-
thorax. Im allgemeinen muĂ gesagt werden, daĂ bei Empyemen,
deren Aetiologie hĂ€ufig nicht festgestellt und ĂŒbersehen wird,
ersl dann die Rippenresektion vorgenommen werden sollte, nach
(lern Tuberkulose mit aller Bestimmtheit ausgeschlossen worden
ist, denn nur dann wird man sich vor unangenehmen Ueber-
faschung'en bewahren können. Verf. behandelte 8 von 28 FÀllen
von Misehinfeklionen mit Punktionen, 20 durch offene Drainage.
In diesen 20 FĂ€llen bestand immer eine langandatiernde Bronchial-
h st,el; 9 davon starben, einer wurde geheil!, alle anderen sind
mehr oder Weniger als invalid anzusprechen. Von den nichl
operativ behandelten 8 FĂ€llen starb einer, alle anderen sind wie
der arbeitsfÀhig geworden. K À c k e I I 'Hamburg .
New York Medical Journal, New York.
\. Januar 1922, 115, Nr. 1.
Die Beziehungen zwischen Ausbildung des Arzte* und FortBChritten der Me-
dizin. P r i c h e 1 1 . H. S. l.
âą^PrĂŒfung der Nierenfunktion. Piers t, Ii. M. i.
Pflichten der Medizinischen Wissenschaft gegen die- Tuberkulosekranken.
P 0 t t c n g e r . F. M. 14.
âą{âąFrĂŒhdiagnose der Hirntumoren vor Auftreten der AuKcnsymptome. Wil-
liams. T. A. IN.
Das UnbewuĂte bei der spiritistischen Eingehung und Symbolismus. K night
D u n 1 a p. 20.
Rolle des Milieus und des geschulten Pflegepersonals beim Erfolg von stu-
und anderen^ Augenoperationen. M i I 1 e C . E. R. ji.
SToderne Chemotherapie der Infektionskrankheiten. Sehl o Ă b e r g e r .
H. 26.
»fc-Entcroantigeno in der Behandlung nichtikontagiĂŒser chroniaener Erkrankun-
gen. D u n n , B. S. 29.
ââąBakterielle Vakzine. K i r k e n d a 1 1 . C. F.
Anaphylaktische Reaktion nach Bluttransfusion. W o 1 f e , 6, A.
Erste Hilfe. Hub b ar d . S. D. 36.
Tuberkuliubehandlung mittels nasaler Insufflation. I s r a e 1 , J. P. W.
Praktische Methode zur Steigerung der Wa. R. R u n c e , A. H. 41.
Die Diagnose der Nierenfunktionsstörungen. Besprechung
der praktisch wichtigen und in der Privatpraxis im allgemeinen
leicht ausfĂŒhrbaren NierenfunktionsprĂŒfungsmethoden. 1. Urin-
menge und spezifisches Gewicht. 2. Die Phenolsulphonphthalein-
probe von Rownfree und Geraghtv. Sis gibt nach Ansicht des
Verf. am besten AufschluĂ ĂŒber die FunktionstĂŒchtigkeit der
Nieren im ganzen, sagt aber nichts aus ĂŒber den Sitz der Er-
krankung, ob im wesentlichen der tubulÀre oder der glomerulÀre
Apparat erkrankt ist. Normale Phthaleinausscheidung schlieĂt
eine Nierenerkrankung nicht unbedingt aus. GroĂe Bedeutung
besitzt die Probe in FĂ€llen von chronischer Glomerulonephritis
und Nierensklerose. Dagegen ist sie von geringem Wert bei def
FrĂŒhdiagnose der Nephritis. Bei sogen, gutartiger Sklerose und
primÀrer Hypertonie ist die Phthaleinausscheidung in der Regel
normal. 3. Unvollkommene oder verzögerte Salzausscheidung
als FrĂŒhsymptom einer SchĂ€digung des tubulĂ€ren Apparates.
4. Bestimmung der N.- Ausscheidung im Urin; sie gestattet einen
gewissen SchluĂ auf die FunktionstĂŒchtigkeit des glomerulĂ€ren
Apparates. 5. Den wertvollsten AufschluĂ bietet in diagnosti-
scher und prognostischer Hinsicht der Rest-N. -Gehalt im Blute.
Als frĂŒhestes Symptom einer Niereninsuffizienz tritt hier eine
Vermehrung der HarnsÀurekonzentration im Blut in Erscheinung.
Bei Zunahme der Kreatininkonzentration ist die Prognose ganz
ungĂŒnstig. 6. Von geringerer Bedeutung ist die Bestimmung
der Chloride im Blut.
FrĂŒhdiagnose von Hirntumoren vor dem Autreten von Augen-
symptomen. Der hysterische Charakter der Initialsymptome
eines Hirntumors gibt hÀufig zu Fehldiagnosen Veranlassung.
EinschrÀnkung des Gesichtsfeldes und Verschiebung der Farben-
grenzen von rot und blau dĂŒrfen nicht als funktionelle Störungen
angesehen werden. Die Diagnose eines Hirntumors ist zu
stellen v o r dem Auftreten von Stauungspapille, Erbrechen und
diffusen Kopfschmerzen. Ein FrĂŒhsymptom kann gegeben sein
in lokalisiertem Kopfschmerz. Schwindel weist auf eine LĂ€sion
der hinteren SchÀdelgrube. Erbrechen kann hervorgerufen sein
durch Druck auf die Medulla oblongata. Die gröĂten diagnosti-
schen Schwierigkeiten bieten Tumoren, die in der Hirnmasse
selbst gelegen, in keiner Beziehung zu den sensorischen oder
motorischen Zentren und ihren Bahnen stehen. AuszuschlieĂen
sind Arteriosklerose und Enzephalitis; auch Pellagra kann diff.-
diagn. in Frage kommen.
Enteroantigene bei der Behandlung nicht ansteckender
chronischer Krankheiten. Auf Grund der Anschauung, daĂ die
chronischen nicht contagiösen Erkrankungen unbekannten Ur-
sprungs durch das Eindringen von Albuminen oder Bakterien-
produkten aus dem Darmkanal in die Blutbahn erzeugt werden,
wo sie als Antigene wirken und den Organismus in einen ana-
phylaktischen Zustand versetzen, hat Verf. Untersuchungen an-
gestellt ĂŒber die Behandlung chronischer Krankheiten durch
subkutane und perorale Verabreichung von abgetöteten Darm-
hakterien. Die isolierten Kulturen wurden im VerhÀltnis ihres
Wachstums mit physiologischer Na-Cl-LösĂŒng verdĂŒnnt und je
nach dem Gewicht des Patienten 1/1000 â 2/100 mg injiziert bezw.
5/10 mg per os verabreicht. Geheilt oder mit gĂŒnstigem Erfolg
behandelt wurden u. a. Hypertonie, Neurasthenie, Ueberanstren-
gung, AnÀmie, Verstopfung, Urticaria, Ekzem, Asthma, Emphy-
sem. Nieren-Hoden-LymphdrĂŒsentuberkulose, klimakterische Be-
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 13.
schwerden und Rheumatismus. Bei ausgedehnter Psoriasis und
Epilepsie waren die Erfolge nicht von Dauer. Die Behandlung
mit Enteroantigenen ist unschÀdlich und in ihrer Wirksamkeit
den Antigenen von Pepton, Milch und Serum ĂŒberlegen. Die Heil-
wirkung ist nicht spezifisch sondern erfolgt auf dem Wege ĂŒber
das C. N. S. und die Medulla oblongata durch Anreiz oder Ver-
besserung der DrĂŒsenfunktion.
Bakterienvakzinetherapie. Der Wert der Vakzinetherapie
beruht auf dem Anreiz zur Antikörperbildung ohne SchÀdigung
der Körpergewebe. Warme Empfehlung der Vakzinetherapie in
allen FÀllen von Pneumonie. ErwÀhnung von Heilerfolgen in
FĂ€llen von schwerster Diphtherie durch kombinierte Behandlung
mit Diphtherieserum und Strektokokkenmischvakzine. Warnung
vor der unterschiedslosen operativen Beseitigung der Tonsillen,
da ihnen ein EinfluĂ auf die Bildung von Leukozyten und bakte-
rienfeindlichen Fermenten zugeschrieben werden muĂ. Verf.
wendet sich gegen die in Amerika zur Zeit ĂŒbliche Methode der
rĂŒcksichtslosen Entfernung von ZĂ€hnen bei der Behandlung ver-
schiedenartigster KrankheitszustÀnde. Nur solche ZÀhne sind zu
entfernen, die einwandfrei als Sitz eines Infektionsherdes er-
kannt sind. Stadelmann (Frankfurt a. M.).
Bulletin of the Johns Hopkins Hospital, Baltimore.
Januar 1922, 33, Nr. 371.
âSekundĂ€re AnĂ€mie im Kindesalter. Evans. F. A.. und Hopp. W. M. l.
Schwangerschaft und Geburt bei jungen ErstgebÀrenden. Harris, J. W. 12.
âSchutzwirkung des Serums gegen Saponin und Natriumoleat bei perniziöser
Anaemie und anderen ZustÀnden. Zink. R. H.. Ciarck H. M. und
Evans, F. A. 16.
Die Bildung der collateralen Zirkulation nach Unterbindungen des Ductus
thoracicus. Lee, F. C. 21.
âExperimentelle Rachitis. Wirkung des Hungerns. il c. C o 1 1 u m . E. V.,
S i m mo n d s . N.. ,S h i p 1 e y . P. G. und P a r k . E. A. 31.
\
SekundĂ€re AnĂ€mie bei Kindern: (Untersuchungen ĂŒber die
sog. lineale 'AnÀmie der Kinder oder Anaemia pseudoleucaemica
infantum.) Im AnschluĂ an eine Uebersicht der in der Literatur
niedergelegten untereinander stark differierenden Auffassungen
vom Wesen der Jakschschen AnĂ€mie berichten die Verf. ĂŒber
eigene Untersuchungen an zehn FĂ€llen von AnĂ€mie im frĂŒhen
Kindesalter. Sie bekenlnen sich zu der Anschauung, daĂ der kli-
nische und hÀmatologische Symptomenkomplex der sog. Anaemia
pseudoleucaemica infantum der Ausdruck einer dem Kindesalter
eigenen Reaktionsform auf eine zu sekundĂ€rer AnĂ€mie fĂŒhrende.
SchÀdigung ist. Die einzelnen Symptome (Milztumor, Leberver-
gröĂerung, Auftreten von Erythroblasten oder Myelozyten) wer-
den, jedes fĂŒr sich bei den verschiedensten sekundĂ€ren AnĂ€mien
des frĂŒhen Kindesalters beobachtet; die Tatsache, daĂ es in eini-
gen FĂ€llen* zu einer Verbindung dieser Symptome kommt, be-
rechtigt nicht dazu, ein Krankheitsbild sui generis aufzustellen,
dessen Bezeichnung die Annahme einer WTesensverwandtschaft mit
der LeukĂ€mie nahelegt. .Die Mannigfaltigkeit der fĂŒr die Ent-
stehung der AnÀmie in den verschiedenen FÀllen zu beschuldigen-
den Faktoren ist ein weiterer Grund gegen die Annahme einer
einheitlich aufzufassenden Krankheitsform.
Wirkung des Blutserums gegen Saponin und Natriumoleat bei
perniziöser Anaemie und anderen ZustĂ€nden. In frĂŒheren Unter-
suchungen konnten Verff. nachweisen, daĂ das Serum von Patien-
ten mit perniziöser Anaemie eine im Vergleich zu normalem
Serum verringerte Schutzkraft gegen die haemolysierende Wir-
kung von Natriumoleat haben. Im AnschluĂ hieran prĂŒften sie
das Verhalten des Serums der Saponinhaemolyse gegenĂŒber: es
zeigte sich im allgemeinen ein Parallelismus der antihaemolyti-
schen Wirkung gegenĂŒber beiden Giften: bei haemolytischen
Anaemien, in FĂ€llen, in denen die Leber und die Milz von dem
KrankheitsprozeĂ ergriffen sind, findet sich eine sehr deutliche
Verringerung der antihaemolytischen Schutzwirkung, im Ver-
gleich zu Normalpersonen oder zu Patienten, die an anderen
Krankheiten leiden.
Rachitisstudien. XV. Mitteilung. Der EinfluĂ des Fastens
auf die Heilung der Rachitis. Junge Ratten, die wÀhrend ca. 10
Tauen mit einer kalkreichen aber phosphorarmen Nahrung ge-
fĂŒttert waren, die nur wenig fettlösliches Vitamin-A enthielt, und
infolge dieser Kost deutlich rachitisch geworden waren, wurden
einer drei- bis fĂŒnftĂ€gigen Fastenperiode unterworfen. Die ana-
tomische Untersuchung der Röhrenknochen der im Anschluà an
das Fasten getöteten Tiere ergab als einwandfreies Zeichen der
beginnenden Heilung 'der Rachitis das Auftreten der provisori-
schen Verkalkungszone; diese fehlte vollkommen bei den rachiti
sehen Kontrolltieren, die nicht gefastet hatten. Zur ErklÀrung
dieser Tatsachen möchten Verff. annehmen, daà in der Hunger-
periode infolge des Abbaus von Geweben der Phosphorgehalt des
Blutes ansteigt, so daĂ das MiĂverhĂ€ltnis zwischen Ca und P. wie
es durch die Nahrung bedingt war, beseitigt wird, wodurch es zur
normalen Verkalkung kommt. Eine andere ErklÀrung wÀre in
der Annahme gegeben, daĂ in der Fastenperiode organische
Substanzen, nach Art der im Lebertran vorhandenen wirksame;
Faktoren, in den Kreislauf gelangten, welche das Tier befÀhigten,
aus sich heraus das MiĂverhĂ€ltnis zwischen Ca und P zu korri-
gieren. W o 1 f f (Hamburg).
American Journal of Diseases of Children, Chicago.
Januar 1922, 23, Nr. 1.
âDie Natur des Planta rrefleaes im SĂ€uglingsalter. GrĂŒnde seiner Verschieden-
heit. F e 1 d m a n n , W. M. 1.
Kann Hefe: als Quelle antineuritisohei Vitamine in der SÀuslingsernÀhrung
angewendet werden? Daniels, A. L. 11.
âEiw<?iĂĂŒberempfindlichkeit beim normalen Kinde. l> >âą s Ii k i n VI. und
Rost, W. L. 51.
Ungewöhnliches Exanthem bei SÀuglingen. G r e e n t Ii a 1 I!. H. i;a.
âRespirationsstoffwechsel in einem Falle von Gallenatoregie. Fleming,
G. B. 66.-
â Kakteriologiscne Untersuchungen in lfi.r> FĂ€llen von Pneumonie und postpneu-
monischem Empyem bei SĂ€uglingen und Kindern. Lyon. A. B. 72.
Kongenitale Tuberkulose. P r a t t . G. P. 88.
Die Art des FuĂsohlenreflexes in der ersten Lebenszeit und
die Ursachen fĂŒr sein wechselndes Verhalten. Die PrĂŒfung des
FuĂsohlenreflexes bei 500 Kindern im Alter bis zu 7 Jahren er-
gab Fehlen des Reflexes bei etwa 15 v. H. der FĂ€lle. Plantar-
flexion bei 67 v. H. und Dorsalflexion bei 16,4 v. H. Daraus er-
gibt sich, daĂ die Markscheidenentwicklung in den Pyramiden-
bahnen bei der Geburt schon genĂŒgend weit vorgeschritten ist, um
einen regelrechten FuĂsohlenreflex wie beim Erwachsenen zu er-
möglichen. Das hÀufige Vorkommen der Dorsalflexion beim jun-
gen Kinde ist Verfasser geneigt, auf Kreislaufstörungen zurĂŒck-
zufĂŒhren, die zu Kompression der Pyramidenbahnen fĂŒhren
sollen. FrĂŒhgeburten geben in den ersten 5 â 6 Lebenswochen fast
immer den Babinski'schen Reflex. Kinder mit Untertemperatur
sollen hĂ€ufiger als andere bei FuĂsohlenreizung beiderseits Dor-
salflexion aufweisen. Das gleiche gilt in gewissem Grade fĂŒr
dolichozephale Kinder im Vergleich zu brachyzephalen. Die Art
des FuĂsohlenreflexes ist unabhĂ€ngig davon, ob das Kind laufen
kann. Da die peripheren Nerven im Augenblick der Geburt noch
unvollkommen mit Markscheiden ausgerĂŒstet sind, könnte die
Art des FuĂsohlenreflexes von der Entwicklungsstufe der Flexo-
ren und Extensoren abhÀngen. Der wechselnde Ausfall des Re-
flexes bei wiederholter PrĂŒfung am gleichen Kinde lĂ€Ăt sich auf
ErmĂŒdung der Flexoren bzw. Extensoren durch ihre Bean-
spruchung zurĂŒckfĂŒhren. Die Gegend, von der Reflexe ausgelöst
werden können, ist bei Kindern jĂŒngeren Alters sehr umfang-
reich, so daĂ zuweilen FuĂsohlenreflexe durch Reizung anderer
Hautabschnitte ausgelöst werden körjnen, wo Reizung der FuĂ
sohle erfolglos bleibt.
Das Vorkommen von EiweiĂĂŒberempfindlichkeit beim gesun-
den Kind. Bei Untersuchung einer groĂen Anzahl von Kindern,
die keine Krankheitserscheinungen erkennen lieĂen und von Zu-
stÀnden, wie Bronchialasthma, Heufieber usw., die zur Anaphy-
laxie Beziehungen haben, stets frei geblieben waren, fanden sich
10 v. H., bei denen die HautprĂŒfung eine fragliche oder sichere
Ueberempfindlichkeit gegen EiweiĂkörper der Nahrung erkennen
lieĂ. Die HĂ€ufigkeit der Ueberempfindlichkeit ging zurĂŒck mit
zunehmendem Alter. Die Nahrungsstoffe, die fragliche oder
sichere Reaktionen auslösten, waren stets solche, die in der Kost
der betreffenden Kinder stark vertreten waren. Bei 477 PrĂŒfun-
gen auf Ueberempfindlichkeit gegen Pferdeserum wurde nur bei
einem Kind eine fragliche Reaktion festgestellt. Bei Unter-
suchung von 80 Kindern, die schon einmal oder wiederholt mit
Diphtherieantitoxin vorbehandelt waren, fand sich keines mit
Ueberempfindlichkeit gegen Pferdeserum. Die Gefahr der An-
aphylaxie bei Vermeidung von Diphtherieantitoxin kann also
auĂer Betracht gelassen werden. In allen FĂ€llen, wo eine Haut-
prĂŒfung stĂ€rker ausfĂ€llt als die Kontrolle, ist mit der Möglich
keit der Anaphylaxie zu rechnen und eine vorbeugende Behand-
lung angebracht.
Der respiratorische Stoffwechsel bei einem Fall von Gallen-
gangsverschluĂ. Bei einem Kinde, das von der 6. Lebenswoche
ab zunehmende Gelbsucht aufgewiesen halte und im Alter von
5K> Monaten an Streptokokkensepsis starb, die sich kurz vor dem
Tode entwickelt hatte, fand sich an Stelle der Gallenblase und der
(lallengÀnge nur fribröses Gewebe ohne Andeutung einer Lich-
tĂŒng. Der Fettschalt des Stuhls war sehr hoch und wuchs mit
steigender Fettzufuhr in der Nahrung. Mit dem Apparat von
Benedict-Talbot ausgefĂŒhrte Bestimmungen des Gasaustausches
ergaben bei einem Fettgehalt der Nahrung von 0,8 bzw. 3 Prozent
gleiche Sauerstoffaufnahme' und KohlensÀureproduktion und einen
10. Jahrg. -Nr. 13.
Aus den neuesten Z c i 1 9\ h r i f I e n
respiratorischen Quotienten von 1,01 bzw. 0,97. Bei Steigerung
des Fettgehalts der Nahrung auf 5,3 Prozent und Verminderung
ihres Kohlehydratgehaltcs sank der respiratorische. Quotienl auf
0,81, WÀhrend er bei demselben Fettgehalt und unverÀnderter
K'ohlehydratzufuhr 0,92 betrug. Danach scheint die Zufuhr groĂer
.Mengen Fett mit der Nahrung eine leichte SchÀdigung der Ver
wertung der Kohlehydrale bewirkt zu haben.
Bakteriologische Untersuchung von 165 FĂ€llen von Pneumonie
und postpneumonischem Empyem bei SĂ€uglingen und Kindern. Bei
bakteriologischer Untersuchung von 98 FÀllen von LobÀrpneumo-
nie. 52 FĂ€llen von Bronchopneumonie, 15 FĂ€llen von postpneumo-
nischem Empyem bei Kindern im Alter bis zu 12 Jahren ergab
sich fĂŒr die Erreger der LobĂ€rpneumonien eine weitgehende
Uebereinstimmung mit den VerhÀltnissen der Erwachsenen-
Pneumokokken des Typus I wurden bei 29,9 v. IL der FĂ€lle, des
Typus II bei 3 v. H., des Typus III bei 7,1 v. IL und der Gruppe IV
hei 37,7 v. H. angetroffen. Die wesentlich niedrigere Sterblichkeit
der Kinder gegenĂŒber den verschiedenen Erregertypen deutet auf
höhere natĂŒrliche Widerstandskraft. Bei Bronchopneumonien sind
die gewöhnlichen Mundiormen viel hÀufiger als Erreger ver-
treten. Die Sterblichkeit ist besonders hoch nach Streptokokkus
haemolyticus und Staphylococcus aureus. Auffallend hĂ€ufig â bei
fast 38 v. H. der FĂ€lle â waren Empyeme nach Pneumonien mit
dem Typus I der Pneumokokken. Vogt (Magdeburg .
Archives of Pediatrics, New York.
Dezember 1921, 38, Nr. 12.
âAkute Abdominal- Erkrankungen beim Kinde. Lite h Meld, H. K. uiv.t
Dcmlio, L. H. 747.
Kolik bei Brustkindern dureb Sensibilisierung; der mĂŒtterlichen ErnĂ€hrung.
Shannon, W. R. 756.
âModerne Behandlungsmethoden in der Kinderheilkunde. Kooi , \. s. 762.
âBehandlung der Pylorostenose E r n b er g , H. und II a m i I t o n . B 77k
Wirkung gepreĂten Hefekuchens in der SĂ€uglingserniUirung. Lad 1 , M. 775.
Bilaterale braehale GeburtslÀhmung'. Unterarmtypus. B a B . M. 11. 781.
Akute abdominale Erkrankungen im Kindesalter. Verfasser
berichten ĂŒber 124 FĂ€lle von Appendizitis, die sie fĂŒr die am
hÀufigsten im Kindesalter vorkommende Abdominalerkrankung
halten. Sie besprechen die klinischen Erscheinungen der Er-
krankung und weisen aufs neue auf die nicht immer einfache
Diagnose hin, da Kinder sehr hÀufig Schmerzen in der Abdomi-
nalgegend angeben, ohne daĂ eine Erkrankung im Abdomen vor-
liegt (z. B. bei Pneumonie). Ferner wird kurz ĂŒber 11 FĂ€lle von
Intussuszeption und 12 FÀlle von tuberkulöser Peritonitis be-
richtet.
Ueber moderne Maitnahmen in der Kinderheilkunde. Die
intravenösen Injektionen, die frĂŒher wegen der technischen
Schwierigkeiten beim SĂ€ugling fast nie zur Anwendung kamen,
werden nach EinfĂŒhrung der Sinuspunktion nun im gröĂten Stil
herangezogen. Diese Methode ist fĂŒr Injektionen und Trans-
fusionen sehr brauchbar, Verfasser widerrÀt aber, Salvarsan auf
diesem Wege zu verabfolgen. Ferner wird die Technik der ak-
tiven Diphtherieimmunisierung mit Toxin-Antitoxingemischen und
die Kontrolle durch die Schick'sche Reaktion, wie sie von Z i n g-
her angegeben werden, besprochen. FĂŒr die Behandlung intra-
kranieller Blutungen der Neugeborenen empfiehlt Verfasser
hÀufige Lumbal- bzw. Fontancllenpunktionen. wobei er allerdings
die Schwierigkeiten in der Diagnose wohl etwas zu leicht ein-
schÀtzt. Verfasser hat verschiedene sehr gute Erfolge bei An-
wendung hÀufiger Punktionen gesehen.
Behandlung der Pylorusstenosen. Down es hatte bei 171
operativ behandelten FÀllen eine MortalitÀt von 17,1 Prozent.
StrauĂ bei 107 FĂ€llen sogar nur eine solche von 2,8 Prozent.
Vergleicht man diese geringe MortalitÀt mit den Zahlen deutscher
Autoren (Heubner, Reiche) bei nicht chirurgischer Behand-
lung, so könnte man annehmen, daà die Art der Behandlung nur
fĂŒr leichte FĂ€lle reserviert bleiben mĂŒĂte. Verfasser haben in
den letzten 10 Jahren 57 FĂ€lle (46 Knaben, 11 MĂ€dchen) von
klassischer Pylorusstenose nicht operativ behandelt und hatten
eine MortalitÀt von nur 3,5 Prozent zu verzeichnen. Die Kinder
wurden durch hÀufige Köchsalzinfusionen (bis zu 100 mal) auf
dem Gewicht gehalten, lediglich mit Ammenmilch, höchstens mit
Allaitement mixte von Ammen- und Buttermilch ernÀhrt und. was
Verfasser fĂŒr das wesentlichste halten, durch Isolierung frei von
Infekten gehalten. Die Vorteile der operativen Behandlung
(KĂŒrze der Krankheitsdauer usw.) sollen nicht verkannt werden;
sie ist aber nur dann angeraten, wenn ein besonders auf diese
Operation eingestellter Chirurg zur VerfĂŒgung steht. Ist dies
nicht der Fall, so sind die Erfolge der operativen weit schlech-
tere als die der konservativen Behandlung. Bemerkt sei noch
daĂ Verfasser mit Atropin, Kokain oder ahnlichen Medikamenten
keine nennenswerten Erfolge sahen. KĂŒckell (Hamburg
Fhe Journal of InfectioilS Diseases, Chicago,
Januar 1922, 30, Nr. 1.
Kolonie-Bildung In tiefem Igar. (Pathogeae Ajvaeroben. VI,), II c m u i
Heller, H. l.
Genua Nicolaierillus (B. T et' and). (Pathogen«- Aneetroben, VII.) Hemtl
Helle r . H. 18.
VerĂ€nderung beim Genua Nicolaierillus (ĂŒ. Tetaai). (Pathoaene \m'>-
roben, VII.). II e in p 1 Heller, H. 88.
Wirkung von Röntgenstrahlen und DichlorĂ€thylsulphid auf aktive An.«- âą
phylaxie beim Meerschweinchen. Cor per. II. J.. Black. I. I
und M o (i r c . M. f)0.
Kultivierung des Tuberkel-Bazillus. Goodman E C. und' Moore.
M. 58.
âSpirochaetomĂ€hnliche Organismen in den Geweben bei akuter gelber iâeb,-i-
atropbie. Hayashi, N. und Kibata T. 04.
Johnsche Krankheit und ihre Feststellung B e a o b B A. und
H as finge; E. G. 68.
Untersuchung von Streptokokken aus naehgonorrhoiseber Prostatitis dureb
eine quantitative Agglutinations- und Absorptionsmethode. Her-
r o 1 d . R. O. 80.
â EmpfĂ€nglichkeit fĂŒr den Mascr.ierreger bei Kaninchen. Inokulation mit
nasopharyngealein Sekret. Grund, M. 86.
Spontane chronische Meningo-Enzephalitis bei Kaninchen. Oliver, J. M.
Physiologische Salzlösung. Evans . A. C. 95.
Infektion der Lungen und der Meningen durch eine Aktinomvees-Art. Beil.
H. H. 99.
Anaphylatoxin und Anaphylaxie. (Untersuchungen ĂŒber Chemie des Blut«-^
XXL). German.W. M. 107.
âPathogenese des Bazillus boruliuus. Orr. P. F. 118.
Klassifikation der Streptokokken. E i s k . E. #unrt B a r t \ . ).. 128.
SpirochÀtenartige Organismen in den Geweben bei der akuten
gelben Leberatrophie. In der Leber, in der Darmwand, in den
Nieren und in geringer Menge auch im Pankreas eines an akuter
gelber Leberatrophie Verstorbenen fanden die Autoren mehrere
Typen eines spirochÀtenÀhnlichen Organismus, allem Anscheine
nach verschiedene Lebensstadien einer und derselben Bakterien-
artf1. Ihre Ă€tiologische Beziehung zu der Krankheit wird fĂŒr
wahrscheinlich gehalten.
Die EmpfĂ€nglichkeit der Kaninchen fĂŒr das Masernvirus. Das
aus* dem Nasenrachenraum von Masernkranken mit physiologi-
scher Kochsalzlösung ausgewaschene Sekret wurde, meist unfil-
triert, in einer Menge von 5 â 10 cem in die Trachea von Kanin-
chen injiziert. Etwa drei Viertel der Tiere zeigten nach einer
Inkubation von 2 â 7 Tagen Konjunktivitis, Katarrh der oberen
Luftwege und ein teils makulopapulÀres, teils diffus erythema-
töses Exanthem, wÀhrend ein Exanthem nur in 20% konstatiert
wurde. Kopliksche Flecke waren Ă€uĂerst selten, Temperatur-
verhÀltoisse und Leukozytenzahl nicht konstant. Dem Ausschlag
folgte fast immer eine Desquamation. Einige Tiere zeigten gar
keine EmpfĂ€nglichkeit fĂŒr das Masernvirus. Passageexperimente
von Kaninchen zu Kaninchen mit Nasensekret fĂŒhrten zu keinem
Ergebnis, solche mit Blut oder einer Suspension von Lungen-
gewebe hatten Erfolg.
Die PathogenizitÀt des Bazillus-botulinus. Entgegen der all.
gemeinen Anschauung, daĂ der Bazillus botulinus im lebenden
WarmblĂŒter sich nicht vermehren und keine Infektion veran-
lassen könne, daà vielmehr das Toxin stets schon in der Nahrung
prÀformiert sei, wird nachgewiesen, daà das Temperaturoptimum
fĂŒr sein Wachstum und seine Toxinproduktion bei 37 0 liegt.
Unter gewissen Bedingungen vermag er innerhalb des Meer-
schweinchenkörpers zu proliferieren und Giftstoffe zu erzeugen;
ebenso kann FĂŒtterung mit groĂen Mengen toxinfreier Sporen
oder deren Injektion . experimentellen Botulismus hervorrufen.
Die Gegenwart von Toxinen lĂ€Ăt sich dann unter anderem durch
die PrÀzipitinreaktion nachweisen. Beim Menschen ist ein der-
artiger, auf die Aufnahme von Sporen zurĂŒckzufĂŒhrender Botu-
lismus wahrscheinlich sehr selten, doch muà diese Möglichkeit
im Auge behalten wrerden. L. K a n n e r.
The American Journal of Hygiene, Baltimore.
September-November 1921, 1, Nr. 5â6.
Dauer mensohlicher intestinaler Protoze.nzysten. B o e e k . W. C. 527.
Desinfektion von Haaren und Fellen gegen Anthraxhazillen. 8 my t h ,
H. F. 541.
âUntersuchung Ubelr die BckĂŒmpfungsmöglichkcit der Erkrankungen an \nky-
lostoma duodenalis. Port. W. C. 557.
FĂŒnf Arien von Tsutsugamushi (Redanimillie-Erreger des Japanischen FluĂ-
Fiebers). Ihre Beziehung zur Tsutsugamushiorkr-inkune. Xagoyo.
M.. M i y a g a v a . Tâ M i t a m u r a . T.. T a m i y a . T. und
Tenjin, S. 569.
âBevöikerungsprobleme in Amerika. Pearl Raymond. 592.
Untersuchungen ĂŒber die Ueberwachung der Ankylostomiasis.
Der Aufsatz enthĂ€lt eine allgemeine EinfĂŒhrung in die Gesamt-
probleme der Hakenwurmerkrankung und ihrer BekÀmpfung, der
noch weitere Mitteilungen folgen sollen. Es ist nicht nur er-
forderlich, den einzelnen Patienten durch wirksame Anthelm ili
308
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 13.
thica von dem Leiden zu befreien: im Mittelpunkte des Feldzuges
gegen das Ankylostomum stehl vielmehr die Untersuchung des.
Bodens und das Streben nach der Möglichkeit seiner totalen Des-
infizierung. Hingewiesen wird darauf, daĂ B a e r m a n n vor
vier Jahren eine Methode zur Auffindung und Isolierung von
HakenwĂŒrmern in Erdproben angegeben hat. SchlieĂlich wird die
gesamte Problemstellung in Form einer lÀngeren Disposition ver-
anschaulicht und prÀzisiert.
Die VitalitÀt der Bevölkerung Amerikas. In einer umfassen-
den Arbeit behandelt der Verfasser an der Hand eines groĂen
statistischen Materials das Problem der Rassenmischung in den
Vereinigten Staaten, die Kriterien der biologischen Amerikanisie-
rung, Ehen und Ehescheidungen, Geburten, MortalitÀtsverhÀlt-
nisse und den Vitalindex (x TodesfÀlle auf 100 Geburten). Es
werden die biostaĂŒstischen VerhĂ€ltnisse der StĂ€dter und Landbe-
wohner, der Einheimischen und AuslĂ€nder, der WeiĂen und Neger
einander gegenĂŒbergestellt. Die zahlreichen gewonnenen Resul-
tate in einem kurzen Referat wiederzugeben, ist nicht gut mög-
lich. Bemerkt mag werden, daĂ der VĂŒalindex der eingeborenen
Bevölkerung weit niedriger ist als derjenige der Nichtamerikaner,
in den StÀdten niedriger als auf dem Lande, ferner daà die Neger
von der letzten Grippeepidemie viel weniger betroffen wurden als
die weiĂe Bevölkerung. Die Rassenmischung verhielt sich in den
einzelnen Staaten proportional der Menge der Zugewanderten. Die
AuslÀnder heirateten, wenn nicht Landsleute, dann weitaus hÀufi-
ger Amerikaner als andere AndersstÀmmige. L. K a n n er.
The Canadian Medical Association Journal, Montreal.
Dezember 1921, 11, Nr. 12.
âMaligne HĂ€l«effkE»nkling. s > "> â W, S. 887.
Otologische Untersuchungen in Frankreich 1915 â 1919. Die It-i e . .1. K. M.
89Ă€.
Aufsahen der öffentlichen (ie.siindheitsa mtcr. II a I t i r . W. II .900.
Allgemeine Medizin und Geisteskrankheiten. M a t Ii g r S . A. T. 901.
âDie Desinfektion kleiner Wasserleitungen. Jones, F. B\ 908.
âBehandlung der akuten EntzĂŒndungen der Reckenorgane. Seen r d F..
R. 910.
â RĂŒntgcndiagnu.sc des Magen- und Duiidenaliileus. Hell. I.. K. 911.
Prognose und Diagnose der Tuberkulose. () g d e n . W. K. 91s.
Magenkarzinoni. Masson. .1. C, 924.
Chirurgie der Gallenblase und Galljenwege. .1 11 d d . 1".. S". 929.
âAetiologie der Rachitis. Ti s d al 1 , F F. 931.
Maligne Halserkrankung. Die Disposition zur Erkrankung
an malignen GeschwĂŒlsten der Halsregion ist beim mĂ€nnlichen
Geschlecht im allgemeinen ausgesprochener als beim weiblichen
Beim mÀnnlichen Geschlecht sind besonders Nasonharynx und
Oropharynx befallen, beim weiblichen der Laryngopharynx. d. h.
die Gegend von der Larynxöffnung bis zum unteren Ende des
Bingknorpels. Frauen erkranken in jĂŒngerem Alter als MĂ€nner.
Bei der direkten Untersuchung gibt Verfasser der Schwebe-
laryngoskopie den Vorzug, vor der mittels Tubus. Vor der
Operation ist genau zu prĂŒfen, ob und in welcher Ausdehnung
die regionĂ€ren LymphdrĂŒsen befallen sind. Das Ziel fĂŒr dpera-
tives Vorgehen liegt in der vollstÀndigen Entfernung der Ge-
schwulst und in der Erhaltung der Luft- und Speisewege, eine
Forderung, die nur in frĂŒhzeitig erkannten "FĂ€llen erfĂŒllbar ist.
Daher besonders wichtig rechtzeitige Stellung der Diagnose. Die
vom Verf. geĂŒbten Operationsmethoden mĂŒssen im Original nach-
gelesen werden.
Die Chlordesinfektion geringer Wassermengen. Verf. emp-
fiehlt zur Desinfektion geringerer Wassermengen wie sie fĂŒr
isoliert stehende KrankenhÀuser oder andere Betriebe benötigt
werden, die Chlorkalkdesinfektion, die in. ihrer Wirkung der
durch Sandfilter gleichwertig aber billiger ist. Die Anlage be-
steht aus 2 etwa 27 KubikfuĂ fassenden Tanks. Der Mischtank-
steht auf gleicher Höhe mit dem oberen Rand des mit der Chlor-
lösung gefĂŒllten Tanks und ist mit ihm durch eine etwa fi cm
dicke galvanisierte Eisenröhre verbunden, die ungefÀhr 15 cm
ĂŒber dem Boden des mit der' Chlorlösung gefĂŒllten Tanks ein-
mĂŒndet, so daĂ ein AufwĂŒhlen des Bodensatzes durch den
Lösungsstrom vermieden wird. Der Entfernung des Bodensatzes
dient eine zirka 7,5 cm dicke seitlich angebrachte und mit Ventil
versehene Röhre. Zur Verbilligung der Anlage hat Verf. ein
Tropfvenlil erfunden, durch das sich der Zustrom der Chlor-
lösung gerTau regulieren lĂ€Ăt. Zur Desinfektion von 180 Liter
Wasser werden 2.5 Pfd. Chlorkalk benötigt.
Die Behandlung der akuten EntzĂŒndung des weiblichen
Beekens. Mit RĂŒcksicht auf die Behandlung erfolgt die Ein-
teilung der entzĂŒndlichen Beckenerkrankungen bei der Frau am
/weckmĂ€Ăigsten nach Ă€tiologischen Gesichtspunkten.
1. Infektion nach GraviditĂ€t, FrĂŒh- oder Fehlgeburt.
2. Infektion infolge Verletzung der Bckengewebe nach ope-
rativen Eingriffen oder Abtreibungsversuchen.
3. Infektion im AnschluĂ an Neubildungen.
4. Infektion durch spez. Erreger z. B. Gonokokken.
5. Infektion durch auĂerhalb des Beckens sich abspielende
EntzĂŒndungsprozesse wie Appendizitis oder Diverticulitis.
GrundsĂ€tzlich ist jede akut-entzĂŒndliche Beckenerkrankung
exspektativ nach den GrundsÀtzen der internen Medizin durch
Bettruhe, heiĂe Scheidenduschen, Eisbeutel auf den Unterleib.
Regelung der DiÀt und des Stuhlgangs. Antitoxine und Vakzine
zu bekÀmpfen.
In FĂ€llen der Gruppe I ist der Erfolg von der restlosen Ent-
leerung der Uterushöhle abhÀngig, was am besten durch den un-
behandschuhten Finger unter Vermeidung jeder scharfen Curette
auszufĂŒhren ist. Zur Erzielung einer antiseptischen Wirkung
und zur Anregung von Uteruskontraktionen sind Uterushöhle
und Cervix leicht mit Jodoformgaze zu fĂŒllen, unter gleichzeitiger
Anwendung von Pituitrin, spÀter Ergotin und Chinin. Beim sep-
tischen Abort verhĂ€lt sich Verf. absolut abwartend, auĂer, wenn
heftige Blutungen ein Eingreifen nötig machen.
Eiteransammlungen im Douglas sind durch Aspiration oder'
durch Einschnitt per vaginam zu entleeren. Bei allgemeiner Peri-
tonitis, die sich durch Schmerzen. Spannung, Auftreibung des
Leibes und Erbrechen anzeigt, ist suprasymphysÀre Becken-
drainage zu versuchen. Bei akut-entzĂŒndlicher Erkrankung der
Beckenorgane auf gonorrhoischer Grundlage ist jeder operative
Eingriff streng kontraindiziert, anders, wenn die akut entzĂŒnd-
lichen Erscheinungen abgeklungen sind. Das schwierigste Prob-
lem fĂŒr den behandelnden Arzt bieten die FĂ€lle, bei denen die
Diff.-Diagnose zwischen akuter Appendizitis und akuter Oophero-
Salpingitis nicht geklÀrt ist.
Die Röntgendiagnose des Magen- und Duodenaluleus. Nach
ErlÀuterung der Untersuchungstechnik unter Anwendung von
Baryumsulfat, Durchleuchtung, Plattenserien in gebeugter und
aufrechter Haltung, bespricht Verf. die Röntgendiagnose des
Magen- und Duodenaluleus.
Charakteristisch ist der Sitz des MagengeschwĂŒrs in der
NĂ€he des Pylorus an der hinteren" Wand der kleinen Curvatur.
Ein kleiner knospenartiger Vorsprung des Hauptschattens an
dieser Stelle weist bei regelmĂ€Ăigem Befund auf das Vorhanden-
sein eines GeschwĂŒrs hin. Dem GeschwĂŒr gegenĂŒber findet sich
"ein tiefer Einschnitt der groĂen Curvatur, der auf einen durch
Beiz von dem GeschwĂŒr bedingten Krampf der zirkulĂ€ren Muskel-
fasern zurĂŒckgefĂŒhrt wird. Druckempfindlichkeit der kleinen
Curvatur bei bestehender Incisur ist ziemlich beweisend fĂŒr ein
GeschwĂŒr, auch wenn die Haudek'sche Nische nicht sichtbar ist.
FĂ€lle mit groĂem GeschwĂŒrskrater lassen maligne Entartung
vermuten. Pathol.-anatom. besteht kein Unterschied zwischen
Magen- und DuodenalgeschwĂŒr. 95 Prozent aller Duodenalge-
schwĂŒre sitzen im Anfangsteil des Duodenums und zeigen, wenn
es sich um mehr als eine einfache Schleimhauterosion handelt,
zum mindesten eine Deformierung der normalen Schattenkonturen,
mitunter eine kraterförmige Ausbuchtung.
Die Aetiologie der Rachitis. Kongenitale oder fötale Rachitis
ist extrem selten. Der Beweis, daà Funktionsstörungen der
DrĂŒsen mit innerer Sekretion eine Rachitis zu erzeugen imstande
sind, ist nicht erbracht. Gefangenschaft, Infektion und schlechte
hygienische Bedingungen spielen in der Aetiologie der Rachitis
eine untergeordnete Rolle. Weder Kalkmangel noch Phosphor-
mangel noch Mangel an antirachitischem Faktor können jeder
fĂŒr sich allein im Tierexneriment R. hervorbringen. Die geogra-
phische Verteilung der Rachitis findet ihre ErklÀrung in dem
prophylaktischen EinfluĂ von Sonne und Nahrung. Das seltene
Vorkomme^ der R. in den Tropen beruht nicht nur auf der inten-
siven Sonnenbestrahlung, der die Kinder ausgesetzt sind, sondern
auch auf der Wirkung einer gemĂŒsereichen ErnĂ€hrung mit ihrem
hohen Gehalt an anorganischen Salzen -und dem organischen anti-
rachitischen Faktor, wÀhrend in den arktischen Regionen der
regelmĂ€Ăige GenuĂ von Fisch und Lebertran trotz der geringen
Sonnenstrahlung das Auftreten von R. verhindert. Verf. nimmt
an, daĂ der gĂŒnstige EinfluĂ des Lebertrans auf der Aussendung
gewisser Strahlen beruht, die bei seiner Oxvdation entstehen, und
glaubt den gĂŒnstigsten EinfluĂ der ultravioletten Strahlen der
Hg.-Ouarzlampe hiermit in Beziehung bringen zu können. Aus-
fĂŒhrlichere Besprechung finden die neueren exnerimentellen Ar-
beiten von Mc-Collum. Simmonds. Shiplev und Park ĂŒber den
EinfluĂ von Kalk und Phosnhor und des nntirachitischen Faktors
in der Nahrung auf die Entstehung von Rachitis bei Batten. Die
Ergebnisse dieser Untersuchungen widersprechen z T. den am
Menschen gemachten Erfahrungen und können das Problem nich!
lösen. Aller Wahrscheinlichkeil nach ist die menschliche R. e*ine
Folge fehlerhafter Nahrungszusammenselznng. möglicherweise
in Verbindung mit einem Mangel an Sonnenlicht.
Stadel mann (Frankfurt a. M
Fortschritte der Medizin
Die Woche|nschrifl des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTH U R KELLER, Berlin W 50
Verlag von HANS PUSCH. Berlin SW4Ă, Wilhelm - Stra&e 20 / Fernsprecher: LĂŒtzow 9057
Nr. 14/15 Berlin, den 19. April 1922 40. Jahrgang
Einige Bemerkungen ĂŒber die diĂ€tetische 4
Behandlung des Diabetes.
Von L. Krehl.
Die schöne Arbeit von G 0 r k e*) aus Minkowskis
Klinik regt mich zu einigen Bemerkungen an. Wir hörten ja
im letzten Jahrzehnt von Kuren ĂŒber Kuren bei Diabetes. Mir
scheint es da nĂŒtzlich, sich von Zeit zu Zeit Rechenschaft
abzulegen ĂŒber die GrundsĂ€tze, die die Einzelnen von uns bei
ihrer Art den Diabeteskranken anzufassen leiteten. Mich
haben immer die Anschauungen unseres Meisters N a u n y n
gefĂŒhrt und von Carl von Noorden, sowie von Min-
kowski habe ich viel gelernt; aber schlieĂlich macht sich
doch jeder fĂŒr den Einzelfall sein eigenes Bild. Da ich' das
ElĂŒck hatte, lange Jahre so ausgezeichnete Mitarbeiter wie
K .LĂŒthje und E. GrĂ€f e zu besitzen, so glaube ich auch
vor Dogmatismus und Erstarrung immer bewahrt worden zu
sein.
Das was jeder, der Diabetiker in die Assimilationsgrenze
zu bringen sucht, m. E. am eindrucksvollsten lernt, ist die
Notwendigkeit der BeschrÀnkung aller Nahrungsmittel,
nicht nur des Mehls oder des ÂŁi weiĂes oder des Fettes, son-
dern auch des GemĂŒses â auch des Salats und des fĂŒr die
Glycosurie ungefĂ€hrlichen GemĂŒses. Ich habe mich da â
ich möchte sagen etappenweise â gemausert. Schnell, schon
vor 20 Jahren mit L'ĂŒ t h j e zusammen, fĂŒr das EiweiĂ, all-
mĂ€hlich fĂŒr das Fett und nach dem Kriege fĂŒr das GemĂŒse.
Wir halten den Kranken jetzt, wÀhrend wir ihn in das Kohle-
hydrat- und Energiegleichgewicht bringen, an der tiefsten
Grenze des ihm möglichen und zutrĂ€glichen. Das EiweiĂ
halten wir zunĂ€chst tief, fĂŒr Kranke mit mittlerem Gewicht
etwa bei 100 â 150 g gekochten oder gebratenem Fleisch, 1â2
Eiern, 100 g Milch. Butter und Speck etwa bei 100 g, Ge-
jmĂŒse und Salat bei 500 bis allerhöchstem 1000 g, mit Kohle-
nhydraten (zunÀchst mit Brot, dann mit Kartoffeln) stellen wir
das Toleranzvermögen des Kranken fest. Ich möchte hier
das recht langsame Ansteigen empfehlen und dann raten, die
Kranken unter der Toleranzgrenze zu halten. Auch fĂŒr das
Eiweià möchte ich dann dringend raten, festzustellen, welche
Mengen von Fleisch (etwa bis 400 g) oder von Eiern (bis 5)
der Kranke bei bestimmten Brot- und Fettmengen vertrÀgt.
Damit soll nichts gesagt sein ĂŒber die EiwciĂmengen, die die
Kranken spÀter dauernd erhalten.
Energetisch stehen die Kranken also zweifellos zunÀchst
recht tief; aber ohne das gelingt es eben bei allen ernsteren
FĂ€llen nicht, sie zuckerfrei zu bekommen.
Welches ist nun das energetische BedĂŒrfnis dieser Kran-
ken? Es ist zu finden, weiĂ ich kein anderes Mittel,
als unter BerĂŒcksichtigung des Wasserwechsels das
Körpergewicht fortdauernd zu bestimmen und fortlaufend die
Kranken nach ihrem KrÀftezustand zu fragen. Mit diesem
Verfahren ist m. E. bei verstÀndigen Leuten viel mehr zu
machen, als meist angenommen wird. Diabetiker aber, die
nicht wirklich mittun und den Sinn unserer MaĂnahmen ein-
sehen, kann man nicht behandeln. Jeder Versuch eines
Zwanges erscheint mir töricht. Da ich der festen Ueber-
zeugung bin, daĂ gerade der Diabetes in die Hand des kun-
digen praktischen Arztes gehört, so kommt gerade hier alles
auf das innere VerhÀltnis /wischen Arzt und Kranken an.
*) Archiv f. Verdauungskrankhedten 29s S. t.
Leider vermögen wir den Energiehaushalt des Diabetikers in
Deutschland vorerst nicht genau zu bestimmen. Kalorime-
trische Einrichtungen haben wir nicht. Resph ationsversuche
mĂŒĂten 21 Stunden dauern; denn sie mĂŒssen die Nahrungs-
aufnahme einschlieĂen, und es wĂ€re notwendig, sie ĂŒber
Wochen fortzufĂŒhren. Die indirekte Kalorimetrie versagt
aber, weil Wasserwechsel und Stoffwechsel sich vorerst un-
lösbar ineinander verschlingen. Der Wasserwechsel des Dia-
betikers bedarf noch dringend der Erforschung; nicht nur
Darreichung von Kochsalz und Natrium bicarbonicum fĂŒhren
zu Wasserretention, sondern offenbar tun dies auch bestimmte
Konstellationen in der Zusammensetzung der eigentlichen
Nahrungsmittel. Wenn man sich allein auf die WĂ€gung der
Nahrungsmittel und die Bestimmung des Körpergewichts ver-
lassen und daraus den Stoffwechsel â eben mit indirekter
Kalorimetrie â errechnen wollte, so könnte ich aus unseren
Krankengeschichtenbericht Reihen vorlegen, die ein herab-
gesetztes und solche, die ein gesteigertes EnergiebedĂŒrfnis
des Diabetikers erweisen. WĂ€hrend der Untersuchung lassen
wir die Kranken viel oder ganz liegen. Mit der âHunger-
kur" ist es mir wohl Àhnlich gegangen wie Görke. In-
direkt haben wir sie schon viel und auch lange verwendet
und, wie gesagt, immer , mit Nutzen. Gelernt habe ich durch
E. GrÀfe ihre Verwendung zur schnellen Entzuckerung bei
Kranken ohne und mit Azidose und ohne Gebrauch von
Natrium bicarbonat. Letzteres weglassen zu können, er-
scheint mir als groĂer Fortschritt wegen des Wasserhaus-
halts und des Magens der Kranken. Aber auch die schnelle
Entzuckerung durch Nahrungsentziehung deucht mir als
gewaltiger Gewinn, vor allem wegen der schnellen Vermin-
derung der Azidose. Allerdings glaube ich, daĂ hier der gröĂte
Vorteil der Gra feschen Karameldarreichung liegt. Wir
geben die ersten beiden Tage Kaffee, 60 â 100 g Weinbrand
und 200 g Karamel. Das nehmen die Kranken und vertragen
es gut. Da wir durch E. G r a f e ' s Untersuchungen wissen,
daĂ das Karamel ausgenutzt wird und mit Kohlehydrat-
wirkung ohne Vennehrung des Harnzuckers in den Stoff-
wechsel eintritt, so sehe ich in seiner Verwendimg doch eine
groĂe Sicherheit gegen etwaige Gefahren plötzlicher Weg-
nahme aller Kohlehydrate.
So kann m. E. bei gutem Willen, Geduld und Einsicht
seitens des Kranken, bei Geschick, guten Kenntnissen und der
FĂ€higkeit seitens des Arztes, mit beweglichem Geist zu pro-
bieren, in der Wohnung des Kranken fĂŒr die Gewinnung der
DiÀtordnung ein guter Erfolg erreicht werden. Aber dann
kommt der weit schwierigere Teil, nÀmlich die Art der
dauernden Behandlung. Im allgemeinen sind uns Deutschen
von den genannten Forschern klare Richtlinien gegeben
worden; aber im Einzelnen stehen wir doch noch vor vielen
Problemen, nicht nur wegen des Energiehaushalts und der
Art und Menge der darzureichenden EiweiĂkörper, vor allem
auch ĂŒber den Wechsel der darzureichenden Nahrung. In
erster Linie scheint mir die Frage zu brennen, ob man be-
handeln soll fĂŒr die Zuckerfreiheit des Harns oder sogar fĂŒr
eine normale Gestaltung des Blutzuckers. Soviel ich sehe,
tun wir nur das erstere.
Die meisten Diabetiker, die unsere Klinik auch mit
hoher Assimilationsgrenze verlassen, haben nicht entfernt
einen normalen Blutzucker. Hier liegt ein Problem, dem wir
uns zunĂ€chst zuwenden mĂŒssen; es wird wohl noch einen
erheblichen Einfluà auf die Form der diÀtetischen Behand-
lung gewinnen. Bis jetzt hatte ich allerdings den Eindruck.
310
Oehlecker: Blutverpflanzung
40. Jahrg. â Nr. 14/15.
daĂ sich das Halten dos Energiehaushalts an der unteren
Grenze des Möglichen und mit dem Wohlsein des Kranken zu
vereinbarenden den Blutzucker ganz allmÀhlich vermindert.
Auch wir halten die Diabetiker bei der Dauerbehandlung
deswegen energetisch so tief als es sich mit der Leistungs-
fĂ€higkeit des Kranken vereinen lĂ€Ăt. Fette Diabetiker fĂŒhlen
sich meist wohler, wenn sie magerer werden, sehr viele der.
Kranken kann man annÀhernd bei ihrem Gewicht lassen.
Die ganz Elenden mĂŒssen natĂŒrlich, wenn möglich, im Er-
nÀhrungszustand gehoben werden; von jeder Starre und je-
dem Schema bleibe man fern. Von besonderem Interesse
scheint mir zu sein, wie sich der Blutzucker hei NierenverÀn-
derungen verhÀlt, die im Laufe des Diabetes eintreten. Solche
ZustÀnde kenne ich gut, aber ich sah nur eine bestimmte Form:
Aufhören oder ZurĂŒcktreten der Glykosurie, Entwicklung
von Hypertonie mit Herzhypertrophie, Anhalten der Hyper-
glykÀmie. Eine ganze Reihe Kranker kenne ich, bei denen
unter Entwicklung von Hypertonie und Erhaltung der
HyperglykĂ€mie fĂŒr . den Harn die Assimilationsgrenze
des Zuckers unbeschrĂ€nkt war, nachdem frĂŒher ein
wohlcharakterisierter Diabetes bestanden hatte. Das ist
interessant wegen der Angabe, daĂ Kranke mit Hyper-
tonie ĂŒberhaupt gern hohe Blutzuckerwei le aufweisen.
Ist in den genannten FĂ€llen die Beziehung wohl meist
so, daĂ eine Erkrankung der kleinsten GefĂ€Ăe dem
Diabetes und der NierenverÀnderung zu Grunde liegt
oder daà die Störung des Stoffwechsels die Ausbildung der
GefĂ€ĂverĂ€nderung begĂŒnstigt, so wĂŒrde es von besonderem
Interesse sein, zu erfahren, wie sich der Blutzucker bei den
degenerativen Nierenerkrankungen mit Funktionsstörungen
gestaltet. Bekanntlich spielen im Verlauf des Diabetes de-
generative VerĂ€nderungen der Tubulesepithelien eine groĂe
Rolle. Soviel ich weiĂ, gehen diese aber in der Regel ohne
nachweisbare Funktionsstörungen einher; wenigstens kenne ich
die auch bei Diabetes so oft genannte Nephrose klinisch nicht,
sondern nur die oben genannte hypertonische Nierenerkran-
kung. Gibt es aber eine diabetische âNephrose", so erschei-
nen Mitteilungen ĂŒber sie und den Blutzucker sehr er-
wĂŒnscht. Denn der Ausscheidungsvorgang in den Nieren
der Diabetiker ist, wie Fr. von MĂŒller schon vor Jahr-
zehnten mit vollstem Recht hervorhob, noch nicht entfernt
geklÀrt und spielt wahrscheinlich eine wichtige Rolle.
GewiĂ ist fĂŒr die Behandlung jedes Diabeteskranken eine
gute Einrichtung seines Gesamtbefindens sehr hoch anzu-
schlagen. Das fÀllt aber nicht zusammen mit subjektivem
Wohlbefinden, sondern mit möglichst groĂer LeistungsfĂ€hig-
keil. Auf sie hat der Zuckergehalt des Bluts und der SĂ€fte
erheblichen EinfluĂ. Deswegen kehrt auch die Frage nach
der Gestaltung des Blutzuckers wieder zu dem alten Problem:
soll man den Diabetiker möglichst zuckerfrei halten, ja sie
ist eine Fortsetzung dieser Frage ĂŒber die Nieren hinaus in
den Stoffwechsel hinein. Jeder, der schwere Diabeteskranke
kennt und die auĂerordentliche Schwierigkeit der Frage
schÀtzen kann, wieweit man die Entziehung treiben bzw. bei
welchem Grade der Glykosurie (und damit der HyperglykÀ-
mie) man die Kranken zur Not halten soll, weiĂ, daĂ nur
sorgfÀltige und weitsichtige AbwÀgung aller UmstÀnde dem
Kranken das beste Befinden gewÀhrleistet; der vorsichtige
Arzt findet hier durch Probieren das Richtige. Wir aber in
der Klinik mĂŒssen suchen, die Bedingungen fĂŒr die Höhe
des Blutzuckers so kennen zu lernen, daĂ wir sie zu be-
einflussen vermögen.
Ueber Blutverpflanzung auf Grund von
240 direkten Transfusionen.
Von Dr. F. O e h 1 e c k e r.
Nachdem Harvey beim Studium der Venenklappen
den Venenstrom als eine zum Herzen fĂŒhrende StraĂe er-
kannt und damit den groĂen Kreislauf entdeckt hatte (16lfi).
\Var dir Voraussetzung geschaffen, durch intravenöse Injek
tion dem Körper Medikamente einzuverleiben und Blut zu
transfundieren. Man lieĂ zuerst durch ein Verbindungsrohr
das Blut aus der Halsader eines Schafes direkt in eine Arm-
vene beim Menschen ĂŒberflieĂen. Zu jener Zeil verbanden
sich meist mystische Vorstellungen bei BlutĂŒberleitungen,
wenn man z. 15. mit dem Blut eines sanften LĂ€mmleins einen
erregten Geisteskranken zu heilen versuchte. Auch hat man
~ ganz modern! â mit einem SchaltstĂŒck das Blut aus der
Arleria brachialis direkt von einem zum anderen Menschen
ĂŒbertragen.
Die Transfusion artfremden Blutes rief gewöhnlich
schwere und höchst bedrohliche Erscheinungen hervor, und
diese Methode wurde in spÀterer Zeil völlig verlassen, als
besonders von Landois gezeigt winde, daĂ das Blut-
plasma rote Blulscheiben, sofern sie von einer anderen Art
stammen, auflöst und es, somit zu einer HÀmoglobinÀmie bei
dem EmpfÀnger kommt. Wenn neuerdings Bier (1) wieder
fĂŒr die Verwendung von artfremdem Blut eingetreten
ist, so handelt es sich hier um etwas grundsÀtzlich anderes,
l'nter Bluttransfusion verstehen wir im allgemeinen die
Ueberleitung einer gröĂeren Blutmenge, und wir fĂŒhren eine
solche Transplantation nicht mit der Absicht aus, daĂ ein
Teil des Transplantates sofort -zerstört wird. Bei der Einver-
leibung artfremden Blutes nach Bier handelt es sich nur
um eine kleinste Dosis artfremden Blutes, um wenige Kubik-
zentimeter defibrinierten Schweine- oder Hammelblutes,
dessen rote Blulscheiben im menschlichen Plasma sofort auf-
gelöst werden. Wir haben es hier mit einer Injektion eines
unspezifischen Heilmittels zu tun, nicht mit einer Trans-
fusion im eigentlichen Sinne. Dur c h d i e p a r e n teralc
E inverleibung a r t f r e m d e n Blutes h a t B i e ]
zuerst bewuĂt Proteinkörpertherapie g e - 1
trieben. Durch die Injektion fremden Blutes wird in den
erkrankten Zellkomplexen, die auf einen Reiz stets schnelle]
als gesunde Zellen ansprechen, eine HyperÀmie, eine Heil-
entzĂŒndung hervorgerufen. Ferner kommt es zu Einstim-
mungen an vielen wichtigen Teilen des komplizierten Gel
bÀ udes Gesamtorganismus.
Sehen wir von dieser besonderen Al l von Proteinkörper ,
therapie nach Bier ab. so kommt h e utzuta ge n u r
eine B 1 u t ĂŒ b e r p f 1 a n z u n g v o n M e n seh z u
Mensch in Frage. Die Uebertragung können wir in - '
d i i' e k t und d i re k t vornehmen. Von den mittelbaren
Methoden ist die Àlteste die I n f u s i o n d e f i h r i n.i e r M
ten Blutes. Das durch Venaesectio gewonnene "Blut i
wird durch Schlagen mit Pinzetten, Quirlen oder SchĂŒtteln :
mit Glasperlen defibriniert. Hierbei geht reichlich l/w der!
Blutmenge verloren. Das durch Gaze filtrierte Blut wird
dann mittels Spritze oder Irrigator dem EmpfÀnger zuge- ,
fĂŒhrt. Bei der Infusion defibrinierten Blutes sind oft sehr
heftige Reaktionserscheinungen beobachtet worden, die man
als Fermintintoxikation gedeutet hat. Aus Tierexperimenten
weiĂ man. daĂ diese oft sehr alarmierenden Erscheinungen
besonders dann ausgelöst weiden, wenn das defibrinierte
Blut sehr schnell nach der Entnahme injiziert wird. Man
soll daher vorsichtshalber erst einige Zeit verstreichen
lassen, bis man das defibrinierte Blut infundiert.
D i e f f e n b a c b, der den Gebrauch defibrinierten
Blutes empfahl, hat schon Versuche mit blutgerinnungs-
hemmenden Substanzen, wie Blutegelextrakl usw. gemacht.
â Als verbreitetste und beliebteste indirekte Methode, die
g e r i n n u n g s f e r n h a 1 1 e n d e Mittel v e r w e n d e l,
gilt heute die Z i t r a f - M c t h o d c. Nach Lew i söhn
(New York) benutzt man eine sterile, neutrale 2 % ige
Lösung von Natrium citricum. Zu 100 Teilen Blut werden
ungefÀhr 10 Jede dieser Lösung hinzugesetzt. WÀhrend des
Auffangens des Spenderblutes aus der. Ellbeugenvene wird
es mit der Zitrat-Lösung in dem angegebenen VerhÀltnis
verrĂŒhrt und dann spĂ€ter dem EmpfĂ€nger injiziert. Das
Zitrat-Verfahren ist vielfach modifiziert worden: So mischt
z. R. HaberlĂ€nd das Blut durch SchĂŒtteln in einem
graduierten Kolben. Ha heil and nimmt eine 1 % im
Lösung in 0.8 % iger Kochsalzlösung und vermischt hiermit
in. Jahrg.â Nr. M/15.
Ăehlecker: Blutverpflanzung
das Venenblut zu gleichen I eilen. Durch einen Glaslrichler
und Schlauch mit Inl'usiunskanĂŒle, die natĂŒrlich mit Zilrat
Lösung benetzt sein mĂŒssen, wird das Blut dem EmpfĂ€nger
beigebracht. (Ich habe frĂŒher dazu gern den Haupt-
mann'sehen Salvarsanapparat gebraucht.) Bei der Ver-
vendung der Zitratlösung habe ich trĂŒber einige Maie doch
eine teilweise Gerinnung erlebt', und es wird sich daher wohl
empfehlen, das Blut durch einen Gazeschleie; zu seihen.
WĂ€hrend Natrium citricum das Blut auĂerhalb des
Körpers an der Gerinnung bindert, soll es, intravenös ge
geben, die entgegengesetzte Wirkung haben und die Gerin-
nung fördern, ja, Schlaepfer (2) glaubt aus einigen
FĂ€llen schlieĂen zu mĂŒssen, daĂ zum Tode fĂŒhrende Throm-
bosenbildungen wahrscheinlich durch die Zitratmethode ver-
anlaĂt worden sind. Auch aus den AusfĂŒhrungen von
NĂŒrnberger ist zu schlieĂen, daĂ die Verwendung von
Natrium citricum doch nicht ganz so harmlos ist, wie es
scheinen möchte. Jedenfalls wird man sich bemĂŒhen mĂŒssen,
mit möglichst w^enig Zusatz von Zitratlösung auszukommen.
Einige TodesfÀlle, die in der Literatur der Zitratmethode
zur Last gelegt werden, halten aber einer kĂŒhlen Kritik
nicht stand.
In Amerika, wo man der Bluttransfusion ein groĂes
Interesse zugewandt hat, wie ich es auf einer Studienreise
beobachten konnte, wird auch die indirekte Methode
Von Brown und Percy gern geĂŒbt. Diese Methode
schÀdigt das Blut sehr wenig, sie erfordert allerdings einen
subtilen Apparat und eine gewisse Uebung und Schnellig-
keit bei der AusfĂŒhrung. Innerhalb von etwa 4 Minuten
werden in einem paraffinierten Glaszylinder (unter einem
Spiegel von 30 cem Paraffinum liquidum) 6â700 cem Blut
aus der gestauten Vene aufgesaugt und dann sofort in den
nÀchsten 5 Minuten wieder eingespritzt. Beim Spender wie
beim EmpfÀnger ist bei abgeklemmter Ellbeugenvene je eine
GlaskanĂŒle eingebunden, die zu dem am Boden befindlichen
Glasansatz des irrigatorĂ€hnlichen Glaszylinders paĂt; die
obere Oeffnung des Glaszylinders steht sowohl mit einem
Saug- wie auch mit einem Druck-Gummiballon in Ver-
bindung.
In dem paraffinierten Glaszylinder soll das Blut etwa
12 bis 13 Minuten flĂŒssig bleiben; man wird daher möglichst
versuchen mĂŒssen, die ganze Prozedur vom ersten Moment
des Ansaugens in etwa 10 Minuten zu erledigen. Die Methode
von.Brown und Percy erfordert ein tadelloses Pai af-
finieren und Instandhalten des Apparates. Ich weiĂ von
einigen Kollegen, daĂ sie mit dem Apparat eine Transfusion
nicht ausfĂŒhren konnten, weil das Blut doch frĂŒher im Glas-
zylinder gerann. Ich möchte glauben, daà dieses oft daher
rĂŒhrt, daĂ das verwendete Hartparaffin nicht von »naz
reiner Beschaffenheit ist. Wie zu allen Dingen, so gehört
zu dieser Methode von Brown und Percy natĂŒrlich auch
Uebung und Erfahrung. Diese Methode, fĂŒr die frĂŒher hei
uns schon Henschen eingetreten ist, ist neuerdings be-
sonders von Hotz und Clairmont (Schlaepfer (3)
warm empfohlen worden.
Die direkte Ueberpflanzung des Blutes,
die in physiologischer Hinsicht die beste^ Methode darstellt,
ist zuerst mittels der GefĂ€Ănahl nach C arrel-Stich
durch Enderlen, Hotz, FTörken u. a. bei uns einge-
fĂŒhrt worden. Bei Beherrschung der Technik sind hier
.schöne und dauernde Erfolge erzielt; zuletzt hat Coenen
solche mitgeteilt. Da die Naht zwischen der Speichenschlag-
ader und der Ellbeugenvene technisch nicht einfach ist, sich
an der Nahtstelle oft Thromben bilden, und da bei manchen
Krankheiten eine so innige Verbindung zwischen Spender
und EmpfÀnger nicht unbedenklich ist, so hat man die Ver-
bindung durch SchaltstĂŒcke hergestellt (P a y r ,
|öbel, Eisberg, Pope usw.). â Allen direkten Metho-
den haftet aber der Nachteil an, daĂ der Eingriff heim
Spender nicht unerheblich ist, zumal wenn wegen Kleinheit
der Arteria radialis die Arteria brachialis zur Verbindung
mit dem EmpfÀnger genommen wird.
Man hat auch ge s t a nies Y e n e n bl U t direkt in die
EmpfĂ€ngervene ĂŒberflieĂen lassen. Hierbei werden Ruck
flutungen des Blutes bei Druckschwankungen nicht zu v< t
meiden sein und der Druc k wird in vielen Fallen zu gering
sein, wenn bei dem Kranken kollabierte Hautvenen ersl
entfaltet werden mĂŒssen. Eine besondere Methode von Vene
zu Vene hat Schoene ausgebildet, bei der durch einen
seillichen Venenast Salzwasser eingespĂŒlt wird. Spritzen-
weises Uebertragen von Venenblul ist ein unsicheres Ver-
fahren, besonders wenn die EmpfÀngervenen kollabiert sind:
es kommt nur bei kleinen Dosen in Frage.
Alle direkten Method e n, wie sie auch
h e i à e n m ö g e n, habe n d e n g r o Ben N a c h l e i I,
daĂ m a n, a b g e se h e n v o n l e c h n i s c h e n S c h w i e-
rigk eilen, keinerlei z u v e r 1 À s s i g e K o h t r 0 1 1 e
hat, wieviel Blut eigentlich zum Spender
h i n ĂŒ b e r 1 Ă€ u f t, u n d o b ĂŒberhaupt B *. u t ĂŒ b e r -
geleitet wird. Nach dem Ausprobieren âder' verschie-
densten indirekten und direkten Methoden und nach einer
Reihe von Vorversuchen, die ich ĂŒbergehe, bin ich zu einer
direkten Methode von Vene zu Vene gekommen, die sich
jetzt schon mehrere Jahre bewÀhrt hat, die bei 240 Trans-
fusionen nie versagt hat und die, wie ich glaube, die
Schattenseiten der anderen direkten Methoden beseitigt. Ich
verwende einen stabilen metallenen Dreiwegehahn, der auf
der einen Seite mit zwei GlaskanĂŒlen in Verbindung steht,
und auf der anderen Seite einen Konus trÀgt zum Einsetzen
von Glasspritzen. Es wird kein Paraffin und kein" Natrium
citricum gebraucht, sondern nur physiologische Kochsalz-
lösung.
Spender und EmpfÀnger liegen bequem mit abduziertem
Arme nebeneinander. Der mit Kochsalzlösung gefĂŒllte
Apparat ist bei abgestelltem Hahn in die Ellbeugenvene des
Spenders und EmpfĂ€ngers eingeknĂŒpft. Das gestaute Venen -
blut des EmpfÀngers wird nach Umstellen des Hahnes in die
Glasspritze eingesaugt und nach Wenden des Hahnes dem
EmpfÀnger sofort eingespritzt. So werden jedesmal 50 oder
100 cem Blut hinĂŒbergepumpt. Bei gutgestauter Vene dauert
die UeberfĂŒhrung von 50 cem Blut etwa 15 Sekunden.
Es wird dann der Hahn abgestellt und eine neue Spritze
mit etwas physiologischer Kochsalzlösung aufgesetzt, die so-
wohl nach der Spenderseite wie nach der EmpfÀngerseite den
Apparat und GlaskanĂŒlen wieder völlig klarspĂŒlt; dann be-
ginnt wieder das HinĂŒberpumpen von 50 bezw. 100 com Blut
usw. Wir haben gewöhnlich 800â1000 cem Blut transfun-
diert. Am SchluĂ der eigentlichen BlutĂŒberfĂŒhrung, die bei
krÀftiger Spendervene knapp 10 Minuten dauert, erhÀlt der
Spender sofort durch den Apparat etwa 1 Liter Kochsalz-
lösung. Der ganze Transfusionsakt mit Versorgung des
Spenders mit Kochsalzlösung dauert bei uns gewöhnlich
etwa eine halbe Stunde.
Die Eigenart meiner Methode und das glatte Gelingen
derselben beruht auf einem besonderen anato-
mischen Verhalten der Ellbeugenyenen. Die
Vena media eubiti ist nicht der Hauptsache nach, wie es ge-
wöhnlich heiĂt, eine Anamostose zwischen der Vena cepha-
lica und basilica, sondern sie ist, wie man das an jedem
gestauten Arme beobachten kann, eine starke Vene, die aus
der Tiefe des Unterarmes (peripher vom Lacertus
fibrosus) heraufkommt. WTenn wir bei einer Blutentnahme
oder einer Transfusion die Faust ballen lassen, so beobachten
wir, wie aus der Mittelvene das Blut durch Auspressen der
Unterarm-Muskeln stoĂweise herausgedrĂŒckt wird. Es wird
offenbar aus physiologischen GrĂŒnden bei besonderen Stel-
lungen des Ellbogengelenkes das Blut der liefen Vene des
Unterarmes im Bogen an die OberflĂ€che gefĂŒhrt, weil ihm
der Weg in der Tiefe durch Druck des Lacertus usw. er-
schwert wird. Die Mitlelvene hat aber nicht nur ihren
HauptzufluĂ aus der Tiefe des Unterarmes, sondern sie hat
auch die Eigenart, daĂ sie klappenlos mit .den tiefen Venen
in Verbindung steht, so daĂ man an dieser Stelle spielend
gegen den Venenstrom Kochsalzlösung einspritzen
kann, wie es bei meiner Methode in den Zwischenphasen und
Ăehiecker: Blutverpflanzung
40. Jahrg. â Nr. 14/15.
>
zum SchluĂ der Transfusion zur Versorgung des Spenders
mit Kochsalzlösung nötig ist.
Meine Methode hat den anderen direkten Methoden
gegenĂŒber folgende Vorteile: wĂ€hrend des ganzen
Verlaufes der Transfusion hat man einen klaren Ueberblick,
wieviel Blut der EmpfĂ€nger bekommt. â Die Transfusion
kann jederzeit unterbrochen werden und beliebig fortgefĂŒhrt
werden; dies spielt eine groĂe Rolle fĂŒr die Frage der Haemo-
lyse, auf die spĂ€ter eingegangen wird. â Wir können das
Blut in kollabierte Venen eines schwerkranken Menschen
mit Spritzendruck hineinpressen. Dieser Widerstand in den
kollabierten Hautvenen ist in manchen FĂ€llen im Anfange
so groĂ, daĂ er bei einer Verbindung mit einer Arteria radi-
alis garnicht ĂŒberwunden werden wĂŒrde. Wir wissen ja bei
Anwendung der gewöhnlichen Kochsalzinfusion, in welche
Höhe wir oft den Irrigator bringen mĂŒssen, um ein Ein-
flieĂen der Lösung zu erreichen. â Wir können auch die
Transfusion oft wiederholen, selbst wenn schon mehrere
N euen bei frĂŒheren Transfusionen unterbunden worden sind.
So habe ich in einem besonderen Falle (mit teilweiser Be-
nutzung der Vena saphena) bis zu 40 groĂen Transfusionen
dank des Spritzendruckes machen können. â Man kann
nötigenfalls dem EmpfÀnger sogleich Blut von einem zweiten
Spender geben; so haben wir einige Male einem Patienten
2 Liter Blut in' einer Sitzung transfundiert. â Der operative
Eingriff ist klein und technisch einfach, da es sich nur um
die EinknĂŒpfung zweier GlaskanĂŒlen in Venen handelt. Es
besteht eine völlige Trennung zwischen der Spender- und
EmpfÀngerseite, es kann niemals der Spender von der
kranken Seite her gefÀhrdet werden.
Im Gegensatz zu den
anderen direkten Methoden lĂ€Ăt sich viel besser die Grenze
bestimmen, bis zu welcher in RĂŒcksicht auf den Spender die
Blutentnahme ausgedehnt werden kann. (Die Entnahme ist
auch viel sicherer und ergiebiger als bei der Venae Sectio der
indirekten Methoden.) Dem Spender wird der Blutverlust so-
fort in kĂŒrzester Zeit in liegender Stellung durch Kochsalz-
lösung wieder ersetzt. (Die technischen Einzelheiten, die
Auswahl der Venen usw. ist mit Abbildungen im 165. Ba:>
der deutschen Zeitschrift fĂŒr Chirurgie S. 397 genau be-
schrieben.)
W e 1 c h e Methode der Bluttransfusion ist
nun fĂŒr die Praxis am meisten zu empfehle n?
Die direkte Methode muĂ in physiologischer
Hinsicht als die beste bezeichnet werden, da
das Blut sofort im neuen Kreislauf weiterflieĂt, bevor irgend
welche Gerinnungserscheinungen eintreten können. Das Blut
ist weder mechanisch noch chemisch geschĂ€digt und ĂŒber-
gibt dem neuen Organismus alle feineren Stoffe, auch die der
endokrinen DrĂŒsen, in unversehrter Form. In Kranken-
hĂ€usern, speziell in gröĂeren Betrieben, wird man daher
meist die direkten Methoden vorziehen. Und wo ein harmo-
nisches Zusammenarbeiten zwischen dem inneren Kliniker
und Chirurgen obwaltet, wird der Kliniker die Transfusion
fĂŒr seine FĂ€lle dem Chirurgen ĂŒbergeben. In unserem
Krankenhause Hamburg-Barmbeck werden alle Trans-
fusionen, auch bei inneren Erkrankungen, auf meiner chirur-
gischen Abteilung ausgefĂŒhrt.
Von den indirekten Methoden ist wohl die
Methode ton Brown und P e r c y als die beste zu be-
zeichnen, deren AusfĂŒhrung, wie oben schon auseinander-
gesetzt, Uebung voraussetzt, deren Vorbereitung peinlicher
und komplizierter ist als meine Methode, wÀhrend der chirur-
gische Eingriff der gleiche ist. Selbstredend wird jeder mit
derjenigen Methode am meisten leisten, in der er die meiste
Uebung und Erfahrung hat.
FĂŒr den inneren Kliniker, der den Beistand des Chirurgen
entbehrt oder der sich von dessen HĂŒlfe freimachen will, wie
bei FĂ€llen drauĂen in der Praxis und fĂŒr besondere . Situa-
tionen ist die Z i t r a t -M e t h o d e, wenn sie auch Nach-
teile hat, die Methode der Wahl. Hier kann selbst
bei primitiven VerhÀltnissen unter geschickter Ausnutzung
geringer Hilfsmittel noch eine Transfusion ausgefĂŒhrt wer-
den. Nur in besonderen FĂ€llen, wo kein Natriumzitrat zu
beschaffen ist, wird man erst def ibriniertes Blut verwenden.
Die besten und schönsten Erfolge erzielt man
mit dei BlutĂŒberfĂŒhrung dort, wo es sich um Be-
kĂ€mpfung groĂer Blutverluste handelt, wo ' aber
sonst kein schwereres Grundleiden Torliegt. Einige Beispiele
aus unserer Praxis:
Ein 54 jÀhr. Patient wird nach einer Beihe^sich wiederholen-
der Blutungen aus einem DuodenalgeschwĂŒr stark anĂ€misch (mit
15 % HĂ€moglobin) eingeliefert. In leichter Aethernarkose Ope-
ration, im AnschluĂ daran Transfusion von einem Liter Blut von
seinem Sohne. Glatter Verlauf. Pal. wird nach 4 Wochen mit
einem HĂ€moglobingehalt von ĂŒber 50 % entlassen.
68 jÀhr. Patient, der nach wiederholten Blaseriblutungen nur
20 % HĂ€moglobin hat. Bei der Zystoskopie findet sich ein hasel-
nuĂgroĂes Papillom. In LokalanĂ€sthesie wird nach Sectio alta
der Tumor entfernt. Dann Transfusion von fast einem Liter Blut.
Der Pal., der in einem soporöseh Zustande war, wird wieder
irisch und munter. Er wird nach 3 Wochen völlig geheilt ent-
lassen.
fi4jĂ€hr. Pal., stark ausgeblutet infolge eines groĂen gestielten
Papillom im untersten Teile der Flexura sigmoidea. Bluttrans
t'usion von 1 Liter Blut. Die Blutungen stehen. Pat. erholt sich.
Nach einigen Tagen Laparotomie: Der Tumor wird durch Ima-
gination* vor die Analöffnung gebracht und entfernt. Pat. wird
nach etwa 3 Wochen geheilt entlassen.
Ferner behandelten wir mit vollem Erfolg eine Reihe
schwer ausgebluteter Aborte mit einem HĂ€moglobingehall
von 15 â 20 %. Ebenso schwere anĂ€mische, hochbedrohliche
ZustÀnde nach schweren eingreifenden Operationen. (Blu-
tung aus. Iliaca externa usw.). Hier glauben wir auch be-
obachtet zu haben, daĂ schĂ€digende EinflĂŒsse der Narkose
durch die Bluttransfusion schneller ĂŒberwunden werden.
Bei einer Reihe von FĂ€llen schwerste:
Blutverluste hat sicher nur die Bluttrans-
fusion lebensrettend gewirkt. SelbstverstÀndlich
bedarf es in solchen FĂ€llen einer gewissen Kritik. Wir haben
nicht etwa Bluttransfusionen bei gewöhnlichen einmaligen
Blutungen gemacht, wo die AuffĂŒllung des GefĂ€Ăsystems
durch Kochsalzlösung auch die Gefahr abgewendet hÀtte. So
haben wir z. B. eine Serie von 100 geplatzten Tuben-
Schwangerschaften gehabt, bei der kein Todesfall vorge-
kommen ist, und wo nur gleich zu Beginn der Operation die
intravenöse Kochsalzinfusion eingeleitet wurde. SpÀter haben
wir natĂŒrlich bei diesen FĂ€llen noch die Eigenbluttransfusion
nach ThieĂ gemacht, und zwar in der einfachen Weise,
daĂ ĂŒber dem Irrigator der Kochsalzlösung eine Gazekom-
presse gelegt und hierauf wÀhrend der Operation das Blut
aus der Bauchhöhle hinauf geschöpft wurde. Bei dem Wieder-
einfĂŒhren von Blut bei Milz- und Leberrupturen wird man
vorsichtiger sein mĂŒssen oder es lieber unterlassen, seitdem
Schoene bei Leberruptur (ohne jede Darmverletzung) aus
dem Blut der Bauchhöhle Bakterium koli gezĂŒchtet hat. Bei
groĂen und besonders sich wiederholenden Blutverlusten
wird man in vielen FĂ€llen nur mit einer Bluttransfusion das
Leben retten können, denn in solchen FÀllen muà vor allem
die Zahl der SauerstofftrĂ€ger, die GröĂe der atmenden
FlÀche, vermehrt werden, was mit Kochsalzlösung, Ringer-
scher Lösung und auch nicht mit Normosal erreicht werden
kann.
Die Patienten, bei denen die Transfusionen wegen
schweren Blutverlustes gemacht wurden, zeigten meist einen
HĂ€moglobingehalt von 20 %, 15 % oder gar weniger. Bei
diesen schweren AnĂ€mien reichen natĂŒrlich kleine Dosen
(2 â 300 cem Zitratblut, wie man es manchmal angegeben
findet) nicht aus. In solchen FĂ€llen haben wir immer
möglichst 1 Liter Blut gegeben oder noch mehr. Heller
konnte in einem Falle sehr ĂŒberzeugend zeigen, wie erst die
UeberfĂŒhrung einer groĂen Menge Blut die Gefahr des Ver-
blutungstodes abwendete.
Bei einigen FÀllen von AnÀmie nach Blutverlusten, die
etwa 30 % oder mehr HĂ€moglobin hatten, die aber nicht
recht vorwÀrts kommen wollten und mit ihrem HÀmoglo- 1
bingehalt stehen blieben, haben wir oft durch eine Bluttrans-
fusion schnell eine Wendung zum Bessern erzielt. Ja, bei
Ii). Jahrg. â Nr. 14/15.
Ăehlecker: Blut Verpflanzung
einigen Aborten, wo die Transfusion nicht unbedingt nötig
war, wo aber die Erholung nicht recht einsetzen wollte und
die MĂŒtter drĂ€ngten, möglichst bald wieder zu ihren Kindern
Bach Hause zu kommen, haben wir gewissermaĂen auch
aus sozialen GrĂŒnden die Bluttransfusion gemacht, so dal)
die Patienten bald geheilt und arbeitsfÀhig entlassen werden
konnten.
B c i A n ;> m i e n n a eh eitrig e n u n d septi-
schen Prozessen, d. h. nur, wenn der entzĂŒndliche
ProzeĂ durch lnzisionen bezw. Amputationen beherrscht ist,
kann die Rekonvaleszenz durch BlutĂŒberfĂŒhrung in schönster
W eise gefördert werden. Bei schweren Allgemeininfektionen,
wo gar aus dem Blute Erysipel -Streptokokken oder Sta-
phylokokken in Beinkultur gezĂŒchtet waren, haben wir nie
Erfolge gesehen; ebenso bei Endokarditis lenla. Zu diesen
Bluttransfusionen, die peinlichst eine SchÀdigung des Spen-
ders vermeiden mĂŒssen, sind wir in einigen FĂ€llen vom
inneren Kliniker immer wieder gedrÀngt worden. Abgesehen
von kleinen vorĂŒbergehenden Besserungen ist aber nie etwas
- erreicht worden. Bluttransfusion bei schwerer
Infektion, bei BakteriÀmie ist Vergeudung
feines kostbaren Stoffes.
Ebenso haben wir bei Leuchtgas-, Morphium-
â V e r g i f t u n g usw. keine endgĂŒltigen Erfolge
pehabt. Allerdings hat es sich hier um sehr schwere, ja
â noribunde FĂ€lle gehandelt. Wenn man bei der Leuchtgas -
â Vergiftung in schweren FĂ€llen was erreichen will, so hat
dies nur Zweck, wenn die Bluttransfusion (nach Ablassen
Ivon Blut beim Vergifteten) sehr frĂŒh gemacht wird; denn
wenn erst Blutungen, Nekrosen usw. im Zentralnerven-
system aufgetreten sind, kann natĂŒrlich keine Aenderung
durch eine BlutzufĂŒhrung mehr erreicht werden. Bei Mor-
phiumvergiftung haben wir Besserung eintreten sehen, so
daà z. B. ein völlig reaktionsloser Patient nach der Trans-
fusion auf Anruf die Augen wieder aufschlug; er ging aber
spÀter doch an Pneumonie zugrunde.
Wie man die Blutarmut nach Operationen durch Trans-
fusion aufs GĂŒnstigste beheben kann und hierdurch auch die
Heilung der Operationswunden infolge besserer Durch-
blutung fördern kann, so kann man auch manchem Falle
mit groĂem Vorteil vor der Operation Blut zu-
fĂŒhren und ihn operationsfĂ€hig machen, dem man sonst
keinen Eingriff mehr hÀtte zumuten können. Karzinome,
z. B. Magenkarzinome, bei denen schon frĂŒh eine schwere
AnĂ€mie das Krankheitsbild beherrscht, können oft ĂŒber-
raschend gebessert werden. Bei einem Patienten war die
Besserung so auffÀllig, daà wir an der Diagnose Magenkrebs
zweifelten. Der Pat. ging zufÀllig bei der schweren In-
fluenzaepidemie zugrunde, bevor operiert werden konnte; bei
der Sektion zeigte sich, daĂ doch Karzinom vorlag. Ein-
zelne inoperable Magenkarzinome, die einen HĂ€moglobin -
gehalt von nur 15 â 20 % hatten, wurden wieder so gekrĂ€ftigt,
daà sie in ihrem GeschÀft teilweise wieder tÀtig sein konnten.
SekundÀre AnÀmien bei Tuberkulose weiden gleichfalls durch
eine Bluttransfusion auf das Beste beeinfluĂt.
Einen sehr schönen Erfolg hatten wir bei einem Falle
von HÀmophilie zu verzeichnen. Bei einem 10 jÀhr.
Knaben aus einer Bluterfamilie, der eine unstillbare Blutung
aus einer Zahnfleischwunde hatte, transfundierte ich nach
meiner Methode 400 cem Blut vom Vater. Die Blutung stand;
auch die Wunde in der Ellbeuge, die natĂŒrlich möglichst
klein angelegt war, zeigte weiterhin ganz normales Ver-
lialten. â Bei einem Morbus makulosus Werlhofii,
der ganz akut bei einer 70 jÀhr. Pat. aufgetreten war, hatte
offenbar die Bluttransfusion einen sehr betrÀchtlichen An-
teil an der Besserung gehabt. (Bei einem hÀmolytischen
Ikterus habe ich mich nach den bisherigen Erfahrungen
und Erfolgen lieber zur Milzexstirpation entschlossen.) â
HĂ€mostyptisch hat die Bluttransfusion in
2 FÀllen von dunkler, nicht aufgeklÀrter
Magen-Darmblutung gewirkt. Bei einer vorauf-
gegangenen Operation war der Sitz der Blutung nicht ent-
deckt worden. Bei dem einen Falle zeigte die sekundÀre
AnÀmie sogar schon eine erhebliche Poikilozytose. Auen
Dönhoff hat ĂŒber einen Fall berichtet, wo ein Kollege bei
der Laparotomie die Quelle der Magenblutung nicht fand, wo
dann aber nach der Bluttransfusion die Blutung stand und
sieb nicht wiederholt hat. In solchen FĂ€llen habe ich nur
öiOO oder 600 com Blut vorsichtig ĂŒbergeleitet, um nicht
etwa durch zu hohen Druck gerade eine neue Blutung her-
vorzurufen. Wenn auch sonst die Hegel gelten muĂ, daĂ erst
die Quelle der Blutung verstopft werden muĂ, ehe man eine
Bluttransfusion macht, so scheint doch bei manchem blu-
tenden MagengeschwĂŒr eine Bluttransfusion allein infolge
der gerinnungs- und heilungsfördernden Wirkung von aus-
gezeichneter Wirkung zu sein. Einen Fall von Melaena
neonatorum zu behandeln, haben wir nicht Gelegenheit
gehabt. Hier sind, besonders von einigen Amerikanern,
schöne Erfolge mit Bluttransfusionen erreicht worden.
Dre meisten Bluttransfusionen habe ich bei der pro-
gressiven perniziösen AnÀmie (zum Teil mit
Milzexstirpation) ausgefĂŒhrt. Da ich ĂŒber die B i e m e r sehe
A n Ă€ m i e schon einmal ausfĂŒhrlich berichtet habe (5), will
ich meine Erfahrungen nur kurz zusammenfassen. Es han-
delt sich um ĂŒber 70 Patienten, die einmal, zweimal oder
noch mehrmals groĂe vitale Blutmengen erhielten.
Der HĂ€moglobingehalt war meist 15 â 20 % oder weniger; die
Zahl der roten Blutkörperchen war dementsprechend, bei
einem FĂ€rbeindex, der gröĂer als 1 ist. Bei den meisten
Patienten waren die ĂŒblichen internen Mittel erschöpft, be-
vor sie zur Transfusion kamen.
Wenn auch bei vielen Patienten nur vorĂŒbergehende Er-
folge zu verzeichnen sind und in einigen FĂ€llen die Besse-
rungen sehr schnell verrauschten, so haben wir doch bei
einer Reihe von Kranken sofort, nach der Transfusion ein-
setzende und lange anhaltende Erfolge gehabt, so daĂ die
Berechtigung, bei perniziöser AnÀmie Bluttransfusionen zu
machen, nicht bestritten werden kann. Wir haben mehrere
Pat., die nach Versagen der internen Therapie sofort nach
der Bluttransfusion sich besserten, so daà von zufÀlligen
Remissionen keine Rede sein kann, und die 1, 2 und 3 Jahre
wieder völlig oder doch gröĂtenteils arbeitsfĂ€hig waren; sie
reagierten zum Teil auch spÀter bei einem Rezidive auf eine
zweite Transfusion.
Sehen wir von den ganz schweren oder gar moribunden
FÀllen ab, so kann man bei der perniziösen AnÀmie nie mit
Sicherheit voraussagen, ob eine Bluttransfusion einen lÀnger
anhaltenden Erfolg bringen wird oder nicht. Wir haben da
Ueberraschungen sowohl nach der einen, wie nach der an-
deren Seite erlebt, ja auch besonders nach der guten Seite
hin, so daĂ wir eine Transfusion, wenn es sich nicht um
ganz desolate FĂ€lle handelt, nicht verweigern. Wenn ge-
sagt wird, daà man bei der perniziösen AnÀmie keine Blut-
transfusionen machen solle, weil man doch keine dauernden
Erfolge habe, so kann ich diesen Standpunkt nicht teilen,
denn mit demselben Rechte könnte man sagen, man soll bei
einem inoperablen, stenosierenden Pyloruskarzinom keine
Gastroenterstomie machen usw. Bei mancher Bluttrans-
fusion bei perniziöser AnÀmie erlebt man mehr Freude und
einen lÀnger dauernden Erfolg als bei vielen Palliativopera-
tionen, bei Karzinomen usw. Vor allem gibt man, wenn man
eine groĂe Blutmenge ĂŒberleitet, den meisten Kranken sofort
wieder das GefĂŒhl der Besserung und der Gesundung.
LÀstige anÀmische Beschwerden wie die OhrgerÀusche sind
bei einer groĂen Transfusion sofort verschwunden. Den
meisten Pat. ist das GefĂŒhl der SchwĂ€che genommen, der
Appetit und Schlaf ist wieder gut. Wenn sich Anverwandte
oder Freunde eines Schwerkranken gern zum Blutspenden
hergeben, warum soll man sich da weigern, dem Pat. Er-
leichterung zu verschaffen oder gar ihm Monate oder Jahre
das Leben zu verlÀngern?
Wenn auch kleine intravenöse Dosen einen Reiz auf's
Knochenmark zur Blutneubildung ausĂŒben können, so
möchte Ich doch dringend raten, bei der perniziösen AnÀmie
groĂe Mengen zu transfundieren, damit der Pat. möglichst
schnell wieder hochgebracht wird. Es wird auch die Blut-
ĂŒchlecker: Blutverpllanzung
40. Jahrg. â Nr. 14/15.
neubildung umso wirksanier vor sich gehen, je besser die
Gesamtverfassung des ganzen Körpers ist; und das erreichen
wir gerade durch die ZufĂŒhrung einer groĂen Blutmenge, die
infolge der besseren Durchströmung aller Organe, infolge
reichlicher ErnÀhrung, besseren Schlafes usw. den gesamten
krÀf tezustand hebt. W enn auch bei der pernizi-
ösen AnÀmie durch d4 e Bluttransfusionen
keine groĂen Lorbcern zu erringen sind, so
muĂ derjenige, der einen U e b e r b 1 i c k ĂŒber
v i e 1 e FĂ€lle hat, doch dringend raten Blut-
transfusionen, und zwar Transfusionen
groĂer vitaler Mengen bei der Biem er sehen
A n À mie z u versuchen. Denn eine R e i h e ver-
hĂ€ltnismĂ€Ăig anbaltender Erfolge bei FĂ€l-
len, w o a 1 1 e internen Mittel versagt haben,
entschĂ€digen reichlich fĂŒr. manchen schnell
v e r r a u c henden Erfolg oder manch e n M i Ă-
e r f o 1 g.
Zum SchluĂ wollen wir noch auf die Wahl des
S p e n d e r s und die wichtige Frage der H À m o 1 y s e ein-
gehen. Zum Spender eignen sich am Besten krÀftige Men-
schen vom 20. â 50. Jahre, doch haben wir auch 60 jĂ€hrige
noch als Spender verwandt. Mit Erlangung eines Spenders
haben wir fast nie Schwierigkeiten gehabt. Irgend eine
SchÀdigung eines Spenders ist nicht vorgekommen. Ein
Spender, dem wir nach der Transfusion statt physiologischer
Kochsalzlösung Gummilösung eingespritzt haben, die als
lÀnger wirksam empfohlen ist, bekam einen sehr heftigen
SchĂŒttelfrost und hat mehrere Tage hohes Fieber gehabt. Da
es sich beim Gummi arabicum -um keine sicher definierte
chemische Substanz handelt, sondern um ein Gemenge ver-
schiedenartiger Substanzen, so ist, wie unser Fall zeigt, bei
der Gummilösung Vorsicht geboten. â Krankheiten dĂŒrfen
bei der Bluttransfusion nicht ĂŒbertragen werden; es muĂ
daher neben der ĂŒbrigen grĂŒndlichen Untersuchung ge-,
gebenenfalls auch die W a s s e r m a n n ' sehe Reaktion an-
gestellt werden. In einem Falle haben wir Malaria ĂŒber-
tragen. Die Transfusion wurde bei einem ausgebluteten
Oberkiefersarkom gemacht, wo glĂŒcklicherweise kein Schaden
angerichtet wurde (6). Spender war der Sohn der Patientin,
der in den Tropen bei Chininprophylaxe niemals Erschei-
nungen von Malaria gehabt hatte, und der schon ĂŒber 3 Jahre
aus den Tropen zurĂŒck war, ohne jemals krank gewesen zu
sein. Der Fall lehrt, daĂ man Leute, die in i den letzten
Jahren in Malariagegenden waren, nicht zu Spendern ver-
wenden darf, auch wenn sie keinerlei Erscheinungen gehabt
haben. Von englischer Seite ist auch ein Fall veröffentlicht,
wo bei einem anÀmischen Malariakranken eine Bluttrans-
fusion gemacht und hierbei die Wunde des Spenders
infiziert wurde.
Wenn eine Transfusion ausgefĂŒhrt ist, so tritt in man-
chen FĂ€llen nach einer halben Stunde oder spĂ€ter SchĂŒt-
telfrost auf. Es ist gut, den Patienten auf diese Even-
tualitĂ€t vorzubereiten. Nach dem SchĂŒttelfrost tritt oft
Fieber bis 39 und 40 Grad auf, das aber nach einem Tage
bzw. 2 Tagen verschwunden ist. Diese Erscheinun-
gen haben aber keine besondere Bedeutung,
nehmen nie einen bedrohlichen Charakter
an und sind streng zu trennen von den
Erscheinungen der HĂ€molyse, die sofort
in den ersten Minuten- der Transfusion
sich geltend machen.
Aehnlich wie artfremde rote "Blutkörperchen im Plasma
des Menschen aufgelöst werden, so kommt es auch in einigen
FĂ€llen vor, daĂ menschliche rote Blutscheiben, besonders
des Spenders, im Plasma des EmpfÀngers gelöst werden.
Es kommt zur H À m o g 1 o b i n À m i e. Man muà wissen,
daà das im Plasma gelöste HÀmoglobin zunÀchst von der
Leber aufgefangen wird, und daĂ erst eine bestimmte An-
hĂ€ufung im Blut zur HĂ€moglobinurie fĂŒhrt. Wenn also nur
eine kleine Menge von roten Blutkörperchen im neuen Kreis-
lauf vernichtet wird, so braucht sich dies nicht am Urin-
befund zu zeigen, sondern kann nur durch eine baldige
spektroskopische Untersuchung des Blutserums nachgewiesen
werden. (Bei perniziöser AnÀmie ist manchmal "auch so
etwas HĂ€moglobin im Serum!)
Die Erscheinungen der HĂ€molyse machen
sich, wie gesagt, sofort bemerkbar. Darum gehe ich
bei Beginn einer Transfusion so vor, daĂ nur etwa 10 cem
Blut ĂŒbergeleitet werden, und daĂ dann der Apparat mit
Kochsalzlösung durchgespritzt und gewartet wird. E s
wird nun der Patient in den nÀchsten
2 â 3 Minuten genau beobachtet und vor
allem der Puls kontrolliert. Wenn der Patient
keine auffÀlligen Erscheinungen und vor allem keine er-
heblichen PulsverÀnderungen zeigt, so kann man getrost die
Transfusion fortsetzen. Anders ist das Verhalten,
wenn HĂ€molyse auftritt. Der Patient wird un-
ruhig, macht tiefere AtemzĂŒge. Der anĂ€mische Patient be-
kommt plötzlich eine starke Rötung des Gesichts, die bald
in eine blaĂ-livide Farbe umschlĂ€gt. Der Puls wird schlecht
oder verschwindet ganz an der Peripherie. Etwas spÀter
klagen die Patienten auch ĂŒber Schmerzen in der Magen -
und Milzgegend, bekommen Brechreiz, oft auch Schmerzen
in der Lendengegend. Diese Erscheinungen, fĂŒr den Unkun-
digen oft sehr alarmierend, pflegen bald wieder vorĂŒber-
zugehen; selten hÀlt ein Teil der unangenehmen Erscheinun-
gen etwas lÀnger an. Aber wenn man die erste In-
jektion, die biologische Probeinjektion,
nur klein wÀhlt, so kann kein dauernder
Schaden angerichtet werden, wenn es
nicht gerade ein moribunder Patient ist.
Die HĂ€molyse-Erscheinungen sind graduell verschieden,
und wenn man bei leichteren FĂ€llen wieder etwas Blut trans-
fundiert, so treten wieder dieselben Symptome auf. Bei
leichteren FĂ€llen von HĂ€molyse haben wir, z. B. bei perni-
ziöser AnÀmie, manchmal vorsichtig doch 200 cem Blut
transfundiert, um so einen Reiz auf das Knochenmark aus-
zuĂŒben; in der Annahme, daĂ der Zerfall normaler roter
Blutkörperchen auch wieder Anregung zur Bildung normaler
Formen von Blutscheiben gibt, denn es soll die Erneuerung
des Blutes normalerweise so vor sich gehen, daĂ die
Schlacken absterbender roter Blutscheiben automatisch die
Bildung neuer roter Blutkörperchen hervorrufen.
Tritt in einem Falle HĂ€moglobinurie auf, so ist der Urin
gewöhnlich in 12 Stunden wieder völlig klar, auch sieht die
Farbe des Urins gewöhnlich viel gefÀhrlicher aus, als der
Zerfall von roten Blutkörperchen ist.
Wenn die geschilderten Schockerscheinungen â der hier-
fĂŒr oft gebrauchte Ausdruck âanaphylaktischer Schock" ist
nicht korrekt â bei Beginn der Transfusion auftreten, so
darf diese natĂŒrlich nicht fortgesetzt werden. GlĂŒcklicher-
weise tritt die HĂ€molyse nur selten auf. Ich konnte an der
Hand meiner Statistik zeigen, daĂ HĂ€molyse einer-
seits durch primÀre Blut Verschiedenheit
bedingt sein kann, daĂ aber andererseits
gewisse krankhafte VerÀnderungen wohl
erst die Neigung zur HĂ€molyse hervor-
rufen (7). Demi bei perniziöser AnÀmie, als einer hÀmo-
lytischen AnÀmie, war nach Transfusionen z. B. der Prozent-
satz an HĂ€molyse-FĂ€llen viel gröĂer als bei gutartigen
Grundleiden, was ja fĂŒr die Praxis von groĂer Bedeutung ist.
Wenn behauptet wird, daĂ das Blut von Verwandten
weit geeigneter zur Transfusion sei als anderes, so ist dies
nicht richtig. Blutsverwandtschaft, Geschlecht
und Rasse spielen keine besondere Rolle.
Ich habe einmal HĂ€molyse-Erscheinungen erlebt, wo die
leibliche Schwester, und einmal wo die Tochter Spenderin
war.
Ein Spender, dessen Blut nicht hÀmo-
lysiert hat, kann immer wieder fĂŒr den-
selben Patienten als Spender gebraucht
werden. Es bilden sich keine schÀdlichen Agglutinine,
wie behauptet worden ist. Oft habe ich denselben Spender
wieder verwandt. Folgendes ist interessant: Zwei Patienten
mit inoperablem Magenkrebs hatten eine Transfusion er-
10. Jahrg. â Nr. 14/lf>.
Busch: Orthodiagramm
hallen. Als sie spĂ€ter dringend wieder eine BlutĂŒberfĂŒhrung
verlangten, trat HĂ€inolyse auf. Es gelang dann, die ersten
Spender1 wieder zu bekommen. Jetzt ging die Transfusion
glatt wie beim ersten Male.
Auch AntihÀmolysine bilden sich nicht: Jeder Spen-
4er, der H À m o 1 y s c hervorruft, tut dieses
in spÀterer Zeit immer wieder. Ich habe
(dieses mehrfach ausprobiert. Versuche. HĂ€molyse zu ver
âhindern, indem dem EmpfĂ€nger schĂŒtzende Stolle fĂŒr die
Proten Blutscheiben vor Beginn der eigentlichen Transfusion
r gegeben wurden, schlugen fehl. Kalziumchlorid (AfeniO
war ohne Wirkung. Man sieht auch hier wieder einmal den
Unterschied zwischen Vorgang im Reagenzglas und im
Endothelrohr! '
Nun sollte man meinen, daĂ man mit Hilfe der Sero-
logie alle Klippen der HÀmolyse sicher umschiffen könne.
Dem ist aber nicht so. Die serologischen Vor-
untersuchungen, wie sie auch heiĂen mögen, sind
nicht absolut zuverlÀssig; sie können nur
die Gefahren der HĂ€molyse etwas ein-
engen. Wenn ĂŒber diesen Punkt noch Meinungsverschie-
denheiten bestehen, so rĂŒhrt dieses gröĂtenteils daher, weil
hÀufig bei der gewöhnlich vorliegenden Kleinheit des Ma-
teriales der Zufall eine Rolle spielt. Wer serologische Pro-
ben vorher angestellt hat und nun bei einer Reihe von Trans-
fusionen keine HÀmolyse erlebt, der schwört auf die Vor-
untersuchung. Er vergiĂt aber, daĂ man auch ohne sero-
logische Untersuchung 30 Transfusionen und mehr hinter-
einander machen kann, ohne eine HĂ€molyse auftreten zu
sehen. Kollegen, die nach meiner Methode manche BlutĂŒber-
fĂŒhrung ausgefĂŒhrt hatten, meinten, es gĂ€be bei der direkten
Methode scheinbar keine HÀmoglobinÀmie. Ich habe sie
gewarnt: es geht 40 mal gut, bis es zwei HÀmolysefÀlle hin-
tereinander gibt! â Wer, ohne auf Agglutination und HĂ€mo-
lyse untersucht zu haben, transfundiert und zufÀlliger Weise
bald die alarmierenden Symptome einer 'HÀmoglobinÀmie
durchzukosten hat, der verlangt dringend nach einer Siche-
rung â oder er macht nie eine Transfusion wieder.
Der sichere Werl einer serologischen PrĂŒfung kann nur
bestimmt werden, wenn bei einer groĂen Reihe von FĂ€llen
ohne RĂŒcksicht auf das serologische Untersuchungsergebnis
die Transfusion gemacht wird (natĂŒrlich nur zuerst in der
Form der vorsichtigen biologischen Probeinjektion) und eine
genaue spektroskopische Seruml>estimmung vor und nach
der Transfusion beim EmpfÀnger angestellt wird. (7) In dieser
Weise sind wir bei einer groĂen Zahl von FĂ€llen vorge-
gangen und haben die Ergebnisse der Klinik und Serologie
gegenĂŒbergestellt. Bei eiligen Transfusionen wurde vor Be-
ginn der Transfusion Blut in der sorgfĂ€ltigsten Weise fĂŒr
das serologische Institut entnommen, wo Herr Dr. Graetz
in freundlicher Weise sofort die Untersuchungen anstellte.
Bei Vergleich der Ergebnisse hat sich
nun gezeigt, daĂ in der gröĂeren Zahl eine
Uebereinstimmung bestand, daĂ aber bei
einigen FĂ€llen eine HĂ€molyse und Agglu-
tination vorausgesagt wurde, die spÀter
nicht eintrat; und umgekehrt. (Wenn nach
der serologischen PrĂŒfung die roten Blutscheiben des Emp-
fÀngers durch das Serum des Spendeis aufgelöst werden
sollten, so trat nie HÀmoglobinÀmie auf.)
Ich will durchaus nicht von einer serologischen Vor-
untersuchung abraten (man möge nur die Ellenbogenvenen
nicht zu sehr insultieren!), wenn die Transfusion nicht eilig
und die Auswahl der Spender groĂ ist; man muĂ nur
wissen, daĂ man sich auf das Ergebnis nicht absolut
verlassen darf. Man muĂ jede Transfusion mit kleiner
Dosis beginnen, die biologische Probe ist die sicherste. (Auch
bei der Methode nach Brown und P e r <âą e y wĂŒrde ich
dieses tun und nicht möglichst eilig ein groĂes Quantum
Blut einpumpen.) Es darf auch ferner aus Àngstlichen Be-
denken eine eilige Transfusion nicht unterlassen werden,
wenn es um Leben und Tod geht.
Nach L a n ds tei n e r, M o s s und V i n c <âą n t wird das
Blut nach seinem serologischen Verhalten in Gruppen ge-
teilt. Nach M o s s wird unter Benutzung von Standardsei a
das Blut in einer der vier vorkommenden Gruppen einge-
ordnet. Man prĂŒft unter dem Mikroskop die Agglutination,
die die Vorstufe der HĂ€inolyse ist, allerdings nicht immer.
Diese Methode hat den Vorzug, daĂ sie sich schnell aus
fĂŒhren lĂ€Ăt, wenn die Sera zur Stelle sind. Sic ist aber auch
nicht absolut zuverlÀssig, wie Amerikaner, Crile u. a. ge-
zeigt haben; sie kann nur die Gefahr der HĂ€molyse etwas
verringern. Dasselbe gilt, wenn man direkt einen Tropfen
Geber- und EmpfÀngerblut unter Zusatz von Zitratlösung
mischt und die Agglutination beobachtet. (R a v d i n und
G 1 e n n.) Die beste PrĂŒfung bleibt die vor-
sichtige biologische Probeinjektion, die
sich bei meiner Methode der direkten BlutĂŒberfĂŒhrung von
Vene zu Vene als Einleitungsakl der Transfusion bequem
ausfĂŒhren lĂ€Ăt.
Literatur.
1. MĂŒnchener med. Wochenschr. 1921, S. 163 u. 415.
2. Archiv f. klin. Chirurgie, 117, 1921, S. 512.
3 Archiv f. klin. Chirurgie, 117, 1921, S. 512.
5. MĂŒnchener med. Wochenschrift, 1919, S. 895.
(). Uebertragung latenter Malaria bei direkter Bluttransfusion.
Deutsche med. Wochenschrift, 1920, Nr. 37.
7. Arch. f. klin. Chirurgie, 116. S. 705, 1921.
Das Orthodiagramm in der Sprechstunde des
praktischen Arztes.
Von Dr. med. et phĂŒ. Werner Busch. Hamburg.
Der Besitz eines Röntgeninstrumentariums kleinerer Art
(Sanitas usw.) ist weit ĂŒber die Kreise der FachĂ€rzte hinaus
vorhanden. WĂ€hrend man mit diesen Instrumentarien, mit
denen Röhren betrieben werden können, die nur relativ ge-
ringe Belastungen vertragen, Nahaufnahmen und Durch-
leuchtungen in groĂer Zahl vornimmt, gehört die Anfertigung
eines Orthodiagramms, z. B. des Herzens, bei den praktischen
Aerzten zu den gröĂten Seltenheiten. Eine orthodiagraphische
F'ernmomentaufnÀhme des Herzens wird sich im allgemeinen
damit nicht anfertigen lassen. Nur Fernzeitaufnahmen lassen
sich ausfĂŒhren. Eine Zeitaufnahme verbraucht aber sehr viel
Strom und das Gas der Röntgenröhre, und Gas ist bei der be-
schrÀnkten Lebensdauer einer Röntgenröhre gleich Geld zu
setzen. Auch wird in der jetzigen Zeit der Plattenteuerung
unter den Privatpatienten die Bereitschaft zu einer solchen
Aufnahme immer seltener werden. Dagegen findet der Vor-
schlag, eine orthodiagraphische Aufzeichnung anfertigen zu
lassen, meistens Zustimmung. Ein Orthodiagramm bedeutet
die naturgetreue Aufzeichnung der Begrenzungslinien eines
bestimmten Organes in den genauen GröĂenverhĂ€ltnissen. Be-
kanntlich verlassen die Röntgenstrahlen die Röhre nicht
parallel zueinander, sondern strahlen im spitzen Winkel zu-
einander aus. Demnach mĂŒssen die Röntgenbilder sich im
umgekehrten VerhÀltnis der Entfernung des Röhrenfokus von
dem auszumessenden Organ vergröĂern. Sie folgen demnach
genau den Lichtgesetzen. Dies gilt jedoch nur fĂŒr relativ nahe.
Entfernungen. Bei solchen von mehr als \Yi Meter ist die
VergröĂerung schon so gering, daĂ sie praktisch nicht mehr
ins Gewicht fÀllt. In 2 Meter Entfernung ist keine wesentliche
VergröĂerung mehr vorhanden. Auf dieser schon lange be
kannten Tatsache beruht die orthodiagraphische Fernauf-
nahme des Herzens und anderer Organe. Da bei Fernauf -
nahmen gröĂere StromstĂ€rken und krĂ€ftigere Röhren not-
wendig sind, kommen derartige Aufnahmen fĂŒr den Praktiker
meistens nicht in Frage. Es bleibt also nur die Ferndurch
leuchtung und Aufzeichnung der Konturen ĂŒbrig, und diese
genĂŒgt in den meisten FĂ€llen durchaus. Das Auge gewöhn!
sich rasch, auch feinere Einzelheiten schnell aufzufassen. Die
Methode iöt die denkbar einfachste und erfordert keinerlei be-
sondere Apparate. Sie wird seit lÀngerer Zeit in den Röntgen-
abteilungen gröĂerer KrankenhĂ€user angewandt, ist aber noch
nicht genĂŒgend in die Kreise der Praktiker eingedrungen. Die
Schiff, Eliasberg: Serumbilirubins
40. Jahrg. â Nr. 11
Röhre wird in VA bis 2 Meter Entfernung hinter dem an den
D.iii hk uehtungsschirm gelehnten, siehenden Patienten ein-
gestellt, indem man als Einstellungspunkt den Domfortsalz
d-s sechsten Brustwirbels nimmt. Der fahrbare Schaliiis-h
sieht am besten neben dem Untersucher. Mit Heftpflaster
wird die Medianlinie des Patienten durch eine Marke (am
besten eine der kleinen, jeder Salvarsanpackung inliegenden,
Feilen) sichtbar gemacht. Auch. können je nach Bedarf die
Mamillar- oder Medioclavicularlinie markiert werden. Nach
Verdunkelung je nach der AkkomodationsfÀhigkeit des Un-
tersuchers ein bis fĂŒnf Minuten Gewöhnung an die Dunkel-
heit. Dann Einschalten der Röhre und schnelle Orientierung
ĂŒber die Form und Lage des Herzens, AusdehnungsfĂ€higkeit
des Zwerchfells, Aufhellung der Lungenspitzen, Vorhanden-
sein von Hilusschatten usw. (ca. 10â15 Sekunden). Aus-
schalten der Röhre und Befestigen eines Pauspapiers auf dem
Schirm mit Heftpflasterstreifen. In der freien rechten Hand
des Untersuchers befindet sich der gutzeichnende Fettstift.
Man lĂ€Ăt nun den Patienten tief einatmen, schaltet rasch ein
und umfĂ€hrt die rechte Seite des Herzens, des GefĂ€Ăschattens,
den Zwerchfellrand und die Thoraxseite. Ausatmen lassen
und in tiefster Exstirpationsstellung den Zwerchfellrand,
Thoraxseiterirand und Herz wieder umfahren. Dasselbe fin-
det fĂŒr die linke Seite statt. Jetzt wird die Marke der Mittel-
linie als Strich aufgezeichnet und mit einigen Punkten die
Lage der SchlĂŒsselbeine markiert. Das Ganze dauert bei etwas
Uebung nur höchstens 20 Sekunden. Eine Skizze eines so ge-
wonnenen Orthodiagramms fĂŒge ich bei, zugleich mit der
Darstellung der wichtigsten MaĂe. Zur Orientierung ĂŒber dje
NormalmaĂe fĂŒge ich eine Tabelle nach Groedel hinzu.
AuĂer der in dieser Tabelle angegebenen MaĂen, kommt es
Mittlere Werte nach Groedel.
(Mr. + MI. = Transversaldurchmesser, o. Q. -j- u. Q. = Herzbreite.
L : H â = Lungen â zu Transversaldurchmesser).
GröĂen-
klasse
MĂ€nner, erwachsen
Mâ
unerwachsen 1
Frauen, erwachsen
Fr.,
unerwachsen
cm
Mr
Ml
T
L
Br
Mr
Ml
T
L |
Mr 1 Ml
T | L
Mr
Ml
1 T
1 L
145â154
4,7
8,4
13,1
12,9
.6
3,9
7,4
11,3
11,8
3,8
8,0
ll,8jl3,0
3,1
7,0
10.1
11,2
155-164
4,5
8,7
13,0
13,9
10,2
4,4
7,9
12,3
12,4
3,8
8,0
11,8 13,0
3.8
7,6
11.4
12.3
165-174
4,5
8,7
13,2
14,0
10,3
4.3
7.9
12.1
13,1
4,0
8,1
12,8 13,2
4.1
7.0
11.1
11, S
175-187
4,7
8.5
13,2
14,0
11,0
4,0
8,0
12,0
13,7
In
cm
besonders auch auf die Breite des Cef Ă€Ăsc'hattens
die Entfernung der Zwerchfellkuppen links und rechts be
tiefster Ein- und Ausatmung an. Besonders M a s o gibt ĂŒbel
den Grad der Entfaltungsmöglichkeit der Lungenspitze wert-
volle Anhaltspunkte. Ebenso ist die Breite des Thorax bei
tiefster Ein- und Ausatmung wichtig. Sehr wertvoll ist die
Breite des GefĂ€Ăschattens, da nur mit' dieser Methode begin-
nende luische Erkrankungen der Aorta zu erkennen sind.
Auch den Abstand der Begrenzungsiinien des GefĂ€Ăbandes
von den Medioclavikularlinien halte ich fĂŒr sehr wichtig.
Gerade in letzter Zeit mehren sich die Beobachtungen ĂŒber
syphilitische Erkrankungen der Aorta, und es hat sich ge-
zeigt, daĂ die Aussichten ĂŒber den RĂŒckgang bezw. das
völlige Schwinden der krankhaften VerÀnderungen um so
' gunstigere sind, je frĂŒhzeitiger eine Behandlung eingeleitet
wird. Es wĂŒrde sich dringend empfehlen, frĂŒhzeitig bei
einem Patienten, der einmal an Lues erkrankt war, ein
Orthodiagramm anzufertigen, um eine entsprechende' Be-
handlung einzuleiten. Je ausgedehnter die Vornahme von
orthodiagraphischen Aufzeichnungen unter den praktischen
Aerzten ist, um so mehr wird die Orientierung ĂŒber Fort-
schreiten eines krankhaften Prozesses am Herzen ermöglicht.
Ich pflege jedem Patienten eine Kopie seines Orthodiagramms
mitzugeben, damit jederzeit ohne AbhÀngigkeit von einem
Krankenhaus oder Röntgen Institut eine fĂŒr das weitere
Ergchen des Kranken meist sehr wichtige Nachkontrolle;
stattfinden kann. Vergleiche zwischen Orthodigrammen, die
unabhÀngig von mir mittels Orthodiagraphen, Spaltblende
usw. aufgenommen sind und den bei denselben Patienten
kurz danach nach oben geschilderter Methode hergestellten
Diagrammen haben stets volle Uebereinstimmung ergeben.
Will man nĂ€here Einzelheiten ĂŒber bestimmte Herz-GefÀà -
abschnitte bekommen, so kann ja anschlieĂend an die Durch-
leuchtung eine Nahaufnahme stattfinden, bei der am besten
bei kleiner PlattengröĂe nur die in Frage kommende Partie
eingestellt wird, da die Bilder dann an SchÀrfe gewinnen und
Geld gespart wird.
Aus der UniversitÀts-Kinderklinik in Berlin.
Beitrag zur Frage der direkten und indirekten
Reaktion des Serumbilirubins. Beobachtungen
an einem Falle von kong. VerschluĂ der
groĂen Gallenwege.
Von Priv.-Doz. Dr. E. Schiff und Dr. H. E 1 i a s b e r g.
Die alte und bereits einmal verlassene Lehre vom hÀma-
togenen Ikterus ist in den letzten Jahren wieder aufgetaucht.
Man spricht jetzt von einem dynamischen Ikterus und trennt
diesen von der durch Stauung in den Gallenwegen ver-
ursachten Gelbsucht. Angebahnt wurde diese Einteilung der
Ikterusformen durch die Untersuchungen, die den spezifi-
schen Leberzellen nur eine exkretorische Funktion zuschrie-
ben und die Bildung des Gallenfarbstoffes in die Zellen des
sogenannten reticulo-endothelialen Apparates verlebten
(As c h o f f, Mac Nee, Lepehne), Die BrĂŒcke in°die
Klinik wurde dieser neuen Lehre von H. van den Bergh
gelegt. Dieser Forscher hatte nÀmlich die Beobachtung ge-
macht, daĂ chemisch reines Bilirubin dem Diazoreagens
gegenĂŒber sich anders verhĂ€lt, wie der in der Galle gelöste
Gallenfarbstoff. Letzterer gibt mit der Diazolösung eine so-
fort auftretende .RotfÀrbung (direkte Reaktion), wÀhrend
chemisch reines Bilirubin nur nach vorherigem Alkoholzu-
satz in Reaktion tritt (indirekte Reaktion). Eine prak-
tische Bedeutung erlangten diese Feststellungen, als es sich
zeigte, daà in allen IkterusfÀllen, bei welchen die Gelbsucht
durch Gallenstauung verursacht ist, die direkte Reaktion
prompt auftritt, daĂ hingegen in denjenigen FĂ€llen, bei
welchen eine gesteigerte Erythrozytolyse und hierdurch be-
dingte Mehrbildung von Gallenfarbstoff vorliegt, nur die in-
direkte Reaktion positiv ausfÀllt, oder die direkte stark ver
40. Jahrg. â Nr. 14/15.
Schiff, Eliasberg: Serumbilirubins
51
Eögerl ist. Diese Befunde fĂŒhrten auch dazu, daĂ man aus
dem Ausfall der Diazorcaktion im Blutseruni auf den Ort
der Gallenfarbstoffbildung geschlossen hat.
Ăschoffs Lohre ĂŒber die Bedeutung des reticulo-
cndothelialen Zellapparates fĂŒr die Gallenfarbstoffbildung
und ĂŒber die Entstehung der Gelbsucht ist nicht atlgesmein
Be-
diagnostische
inerkannt (Fr. Kraus, Lubarsch, Schilling),
Ă€rkenswert ist immerhin, daĂ gegen die
auchbarkeit der direkten und indirekten Reaktion - - so-
weit wir die Literatur ĂŒbersehen â sich keine Stimme er-
>ben hat. Die Beobachtung also, daĂ heim Stauungsikterus
is Serumbilirubin die direkte Reaktion zeigt, heim hÀmo-
tischen Ikterus hingegen die indirekte Reaktion positiv
isfÀllt, wurde allgemein bestÀtigt.
Untersuchungen in dieser Richtung, die wir bei einem
ganz auf-
in mancher
ikterischen SĂ€ugling angestellt haben, fĂŒhrten zu 6
lallenden Ergebnissen. Unsere Befunde stehen
Beziehung im Gegensatz zu den bisherigen Erfahrungen.
Aus diesem Grunde haben wir uns dazu entschlossen, unsere
Beobachtungen kurz mitzuteilen.
Das 7 Monate alte Kind E. H. wurde mit einem schweren
Ikterus in die Klinik eingeliefert. Es war das erste Kind ge-
sunder Eltern. Geburtsgewicht: 3575 g. In den ersten 5 Mo-
naten erhielt das Kind Frauenmilch, dann eine Halbmilch-
mischung, wobei das Kind stets gut gedieh. Erst 1 Woche vor
der Aufnahme in die Klinik hat der Appetit nachgelassen und
das Körpergewicht nahm ab. Die Gelbsucht war den Eltern be-
reits vom ersten Lebenstage des Kindes aufgefallen, sie merkten
auch, daĂ die StĂŒhle des Kindes weiĂ aussahen; da es aber gut
gedieh, hatten sie keine Àrztliche Hilfe gesucht. Erst die Ge-
wichtsabnahme der letzten Woche fĂŒhrte die Eltern zum Arzt.
Es wurde die unvermeidliche Wassermannsche Reaktion bei den
Eltern angestellt, und da sie ein negatives Ergebnis hatte, das
Kind zur Beobachtung in die Charite geschickt.
Der ErnÀhrungszustand des Kindes bei der Einlieferuiig war
ziemlich gut. Die Haut zeigte eine zitronengelbe, ewas grĂŒnliche
VerfÀrbung. Oedeme bestanden nicht.. Der Leib war stark auf-
getrieben, der Nabel vorgewölbt. Leber und Milz waren stark
vergröĂert und von harter Konsistenz. Der Stuhl des Kindes
war wÀhrend der ganzen Beobachtungszeit (3 Wochen) trotz Er-
nĂ€hrung mit Malzsuppe weiĂ, nur hier und da zeigte er eine
hellgelbe Farbe. Der negative Ausfall der wiederholt ausge-
fĂŒhrten Sublimatprobe zeigte daraufhin, daĂ im Stuhl kein
Gallenfarbstoff enthalten war.
Bei der weiteren Untersuchung zeigten sich nun folgende
VerhÀltnisse:
Harn. Farbe: tief dunkelbraun. Albuinen: negativ. Re-
duktion negatiV: Bilirubin: stark positiv. Urobilinogen : negativ,
l'robilin: negativ. GallensÀuren (Hay-Kraft) : stark positiv.
Millon: stark positiv. Azeton: negativ.
Blutserum. Farbe: dunkelbraun. ViskositĂ€t: (HeĂ) 1,35.
Di azo. Direkte Reaktion: negativ. Indirekte Reaktion:
scbeiriĂŒng. Indirekt: stark positiv. 1:11000. Chole-
Duodenalsaft: farblos. Diazo. Direkte Reaktion: nega-
tiv. Indirekte Reaktion: negativ. Cholesterin": 0. ViskositÀt: I, I.
Stuhl. Farbe: weih. Sublimatprobe: negativ.
Das Kind blieb noch 3 Wochen in unserer Beobachtung.
WĂ€hrend dieser Zeit entwickelte sich bei dem Kinde ein starker
Aszites. Die AszitesflĂŒssigkeil war klar und intensiv gelb ver-
fĂ€rbt. In den letzten Tagen verlor das Kind das BewuĂtsein und
zeigte eine groĂe Atmung. Von Zeil zu Zeit stellten sich auch
leichte KrÀmpfanfÀlle, Zuckungen im Gesicht und in den Extre-
mitÀten ein. Lei der Lumbalpunktion entleerte sich ein klarer,
aber intensiv bernsteingelb gefÀrbter Liquor. Zwei Tage vor
dem Tode des Kindes wurden die Untersuchungen bei dem Kinde
nochmals ausgefĂŒhrt.
Harn. Farbe: Intensiv braun. Bilirubin: stark positiv
Urobilinogen: negativ. Urobilin: negativ. GallensÀuren: stark
positiv. Miilon: stark positiv. Azeton: negativ. 'ViskositÀt: 0,8
Blutserum. ViskositÀt: I, 3. Diazorcaktion: Direkt:
stark verzögert, tritt erst nach mehreren Stunden in Er-
scheinung. Indirekt: stark positiv. 1:11 000. Chole-
sterin: 0,088 Prozent.
Stuhl: weil!. Sublimntprobe: negativ.
Wegen des schweren Allgcmcinzustandcs wurde nuf die
Uuodenalsonrlicrung diesmal verzichtet.
Tumor. Starker Aszites.
Geringe Pachymeningitis
der mesenterialen Lymph-
Nach dem Tode des Kindes haben wir auch den Gallenblasen
inhall untersucht, Dieser bestand aus einem Farblosen Schleim.
Er enthielt keinen Gallenfarbstoff. ViskositÀt: '±,'±.
Die Gelbsucht, die bei dem Kinde seil der Geburt be
stand, wie auch das vollstÀndige Fehlen von Gallenfarbstoff
im Duodenalsaft und in den FĂ€zes lieĂen einen AbschluĂ
der Galle vom Dann vermuten. Wir Stellten die Diagnose
auf eine k o n g. G a 1 I e n g a n g s a t r <â s i e, die durch die
Sektion auch bestÀtigt wurde.
Bevor wir die Ergebnisse dieser Untersuchungen be-
sprechen, möchten wir kurz den Sektionsbefund und die Re
sultate der histologischen Untersuchung der Leber wieder-
gehen.
S e k t i o n s p r o t o k o I I Pathologisches Institut der Cha-
rite). Angeborene, völlige Atresie des als dĂŒnner Strang sicht-
baren Ductus Gholedochus, hepaticus und cysticus. Hypoplasie
der prall mit wasserklarer FlĂŒssigkeit angefĂŒllten und haselnuĂ-
groĂen Gallenblase. V. Portae, A. hepat. in den extrahepatischen
Teilen normal angelegt und gut durchgÀngig. Schwerste biliÀre
Zirrhose, narbige Einziehungen der LeberoberflÀche. Fast voll-
stÀndiger Schwund des Parenchyms im linken Leberhippen. In
der Tiefe im med. Drittel des rechten Leberlappens ist ein kirsch-
gröĂer, dicht an der Porta hepatis sitzender, scharf umschrie-
bener, grĂŒngelblich transparenter
Starke Milzschwellung. (72 g.
haemorrh. int. Starke Schwellung
(Jriisen.
Histologischer Befund. Starke biliÀre Zirrhose mit
ungemein starker Gallengangswucherung. Stern und Leberzellen-
verfettung. Starker Ikterus viridis. Nur wenig Gallenthromben,
keine nennenswerte HĂ€mosiderose. Im linken Leberlappen ist
die Bindegewebswucherung so stark, daĂ man auf weite Strecken
nur ganz spĂ€rliche Reste von Leberzellbalken sieht. Der groĂe
Herd im rechten Leberlappen entspricht einem Fibrom.
Milz: geringe Stauung. Starke Pulpaschwellung. Reticulum
Haemosiderose.
Die Besonderheiten in unserem Falle lassen sich am
bestell veranschaulichen, wenn wir unsere Beobachtungen
denjenigen an die Seite stellen, die heim mechanischen und
dem hÀmolytischen Ikterus gewonnen und vielfach bestÀtigt
wurden.
Beim mechanischen Ikterus zeigt das Serumbilirubin die
direkte Reaktion. Im Urin ist gelöster Gallenfarbstoff nach-
weisbar; auch kommt es zur Ausscheidung von GallensÀuren
im Urin. Bei vollstÀndigem Verschluà fehlt das Bilirubin
im Duodenalsaft, der Stuhl ist entfÀrbt und enthÀlt keinen
Gallenfarbstoff. In diesem Falle ist auch im Urin kein Uro-
bilin und Urobilinogen nachweisbar. Auch besteht in diesen
l allen eine AnhÀufung von Cholesterin im Blute. Beim
hÀmolytischen Ikterus zeigt das Blutserum die indirekte Re-
aktion oder die direkte ist stark verzögert. Gallenfarbstoff
und GallensÀuren sind im Urin nicht nachweisbar. Hin-
gegen fÀllt die Probe auf Urobilin und Urobilinogen im Harn
positiv aus. Der Duodenalsaft ist dunkel gefĂ€rbt, er enthĂŒll
viel Gallenfarbstoff, auch die StĂŒhle zeigen eine intensiv
dunkle Farbe. Im Blutserum besteht eine Hypocholesterin-
Ă€mie.
Unser Fall ist nun als ein typischer Obstruktionsikterus
zu betrachten. Bis auf den Ausfall der Diazoreaklion im
Blutserum sprechen auch alle anderen Befunde in diesem
Sinne. Allein die Diazorcaktion im Blutserum fiel gegen
die Erwartung aus. Es sei nun gleich darauf hingewiesen,
daĂ wir eben ĂŒber die Ursachen des direkten bzw. indirekten
Ausfalles der Diazorcaktion noch gÀnzlich im unklaren sind.
Nur Hypothesen sind aufgestellt, das exakte Experiment fehlt
aber bisher. So meint H. v a n d e n B e r g h, daĂ die direkte
Reaktion beim mechanischen Ikterus dadurch, hervorgerufen
wird, daĂ der Gallenfarbstoff durch die Leberzcllen bereits
ausgeschieden worden war und in den Gallenwegen sich be-
funden hatte. Durch die BerĂŒhrung des Gallenfarbstoffes mit
der Wand der GallengÀnge oder durch Hinzutreten von an-
deren Stoffen an diesen Orten soll die Struktur des Bilirubins
sich derartig verÀndern, daà sie mit dem Diazoreagens schon
in wÀsseriger Lösung prompt reagiert. Beim hÀmolytischen
Ikterus nimmt er an, daĂ das Bilirubin der Ausscheidung
318
Standesfragen und soziale Medizin.
40. Jahrg. â Nr. 14/15.
durch die Leberzellen entgangen ist. Das Ausbleiben der
ilireklen Reaktion in diesen FÀllen wird dadurch erklÀrt,
daĂ das Bilirubin durch Bildung von komplexen Verbindun-
gen mit EiweiĂstoffen oder Lipoiden gewissermaĂen maskiert
ist. Erst wenn diese Bindung gelöst ist, kann der Gallen-
farbstoff mit der Diazolösung in Reaktion treten. Auch das
fehlen von Gallenfarbstoff im Urin beim hÀmolytischen
Ikterus wird darauf zurĂŒckgefĂŒhrt, daĂ das groĂe Bilirubin-
LiweiĂ oder Bilirubin-Lipoid-MolekĂŒl durch die Nieren
nicht ausgeschieden werden kann. DaĂ diese Auffassung
nicht das Richtige treffen kann, zeigt unser Fall. Obwohl
hier nur die indirekte Reaktion positiv ausfiel, enthielt der
Harn reichlich Gallen farbstof f. Die indirekte Diazoreaktion
lieĂe. sich immerhin mit der H. van den Bergschen Auf-
fassung auf Grund des histologischen Befundes in Einklang
bringen. Die starke GallenfarbstoffanhÀufung in den noch
vorhandenen Leberzellen nÀmlich kontrastierte stark mit di r
Leere der Gallenwege. Nur ganz vereinzelt wurden Gallen -
thromben gefunden, auch zeigten sich keine Erweiterungen
oder Einrisse der Gallenkapillaren. Man könnte somit an-
nehmen, daĂ das Bilirubin deshalb die indirekte Reaktion
gab, weil es mit den Gallenwegen noch nicht in BerĂŒhrung
stand.
Unsere Beobachtungen zeigen also, daĂ
unter Em stÀnden auch beim Stauungs-
Ikterus das Sern in b i I i ru b i n eine i n d i r e k t e
Reaktion geben u n d durch die N i e r e n aus-
geschieden werden kann.
Wir möchten zum Schluà noch kurz bemerken, daà wir
es hier nicht mit einem Einzelfalle zu tun haben. Ausge-
dehnte Untersuchungen ĂŒber den sogen. Icterus catarrhalis
bei gröĂeren Kindern zeigten uns, daĂ auch in einer ganzen
Anzahl von diesen FÀllen, wÀhrend des ganzen Krankheits-
vcrlaufes mit HypercholesterinÀmie, gesteigerter osmotischer
Resistenz der, roten Blutkörperchen, Bilirubinurie und Gal-
lensÀurenausscheidung im Urin das Serumbilirubin die in-
direkte Reaktion zeigen kann. Wir werden ĂŒber diese Unter-
suchungen an anderem Orte ausfĂŒhrlich berichten.
Standesfragen und soziale Medizin.
Das Verfahren in Vcrsorgungssachen.
Dem am .17. Januar 1922 im Reichsgesetzblatl veröffentlichten
Gesetze ĂŒber d;is Verfahren in Versorgungssachen vom 10. Januar
1922 entnehmen wir einige Bestimmungen, die sich auf Àrztliche
Zeugenvernehmung und GutachtertÀtigkeit beziehen.
§ 37. Die Versorgungsbehörden entscheiden ĂŒber die nach
den Versorgungsgesetzen zu gewĂ€hrenden VersorgungsgebĂŒhr-
nisse: Heilbehandlung und Krankengeld werden durch die
Krankenkassen gewÀhrt. Soweit die GewÀhrung der Heilbehand-
lung dem Reiche obliegt oder von ihm ĂŒbernommen w ird oder es
sich um die Einleitung einer neuen Heilbehandlung im Sinne des
§ 18 des Reichsversorgungsgesetzes handelt, entscheiden die Ver'
sorgungsbehörden.
§ 42. Von der Mitwirkung in Versorgungssachen ist ausge-
schlossen 1) wer in der Sache als Zeuge oder SachverstÀndiger
vernommen ist.
§ 81. Das persönliche Erseheinen des Versorgungsberech-
liglen zur mĂŒndlichen Erörterung der gestellten AntrĂ€ge, zur Ă€rzt-
lichen Untersuchung oder zur Vornahme sonstiger Feststellung
sowie seine Beobachtung in einem Krankenhause oder in einer
Heilanstalt können jederzeit angeordnet Werden, Leistet der Be-
rechtigte einer solchen Anordnung ohne wichtigen Grund nicht
Folge, so können daraus ungĂŒnstige SchlĂŒsse fĂŒr den geltend ge-
machten Anspruch gezogen werden, wenn die Anordnung einen
entsprechenden Hinweis enthÀlt.
8*;. Die Verwaltungsbehörde kann zur AufklÀrung des
Sachverhalts (im Falle einer Beschweide gegen Ablehnung Er-
mittelungen anstellen und Beweis erheben. Sie kann insbesonder
Zeugen und SachverstÀndige vernehmen...
§ 81. Leisten Zeugen oder SachverstÀndige der Vorladung
nicht Folge oder verweigern sie ohne Vorliegen der §§ 376, "8?.
bis 385. 387 Z. P.O. bezeichneten GrĂŒnde ihr Zeugnis oder die Er-
stattung des Gutachtens, so kann die fĂŒr die Entscheidung zu-
stĂ€ndige Behörde das fĂŒr den Wohnort des Zeugen oder Sachver-
standigen zustÀndige Amtsgericht um die Vernehmung ersuchen
Erscheint es zur HerbeifĂŒhrung einer wahrheitsgemĂ€Ăen Aussage
notwendig, so kann das Amtsgericht um eidliche Vernehmung er
sucht werden.,.. Die Aussage oder die Eidesleistung darf nieht
deshalb verweigert werden, weil die ZivilprozeĂordnung oder die
Beichsversicherungsordnung eine Schweigepflicht begrĂŒndet.
§ 85. Zeugen und SachverstÀndige erhalten auf Verlangen Ge-
bĂŒhren wie bei Vernehmungen vor den ordentlichen Gerichten in
bĂŒrgerlichen Rechtsstreitigkeiten.
§ 104. (Beweisaufnahme vor der mĂŒndlichen Verhandlung.^
Soll dem Antrag des KlÀgers, einen bestimmten Arzt gutachtlich
zu hören, stattgegeben werden, so kann die Anhörung davon ab-
hÀngig gemacht werden, daà der Antragsteller die Kosten vor-
schieĂt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts
endgĂŒltig trĂ€gt.
§ 105. Den Zeugen und SachverstÀndigen ist bei der Ladung
der Gegenstand ihrer Vernehmung mitzuteilen. Aus besonderen
GrĂŒnden, namentlich zur HerbeifĂŒhrung einer unbeeinfluĂten
Aussage kann hiervon abgesehen werden.
§§ 106, 107. Betreffs der Pflicht zu erscheinen, der Ver-
eidigung und Ablehnung von SachverstÀndigen gelten die Vor-
schriften der ZPO. Auch fĂŒr dieses Verfahren ist die Ver-
weigerung der Aussage mit der BegrĂŒndung der Schweigepflicht
unzulĂ€ssig. Es folgen alsdann Bestimmungen ĂŒber Geldstrafen
im Falle des Ausbleibens oder der Aussageverweigerung.
§ 111. Den Beteiligten ist der Inhalt und auf Verlangen eine
Abschrift der Beweisverhandlungen mitzuteilen. Wieweit Àrzt-
liche Zeugnisse und Gutachten mitzuteilen sind, entscheidet der
Vorsitzende. Das Gericht kann die Mitteilung nachholen.
§ 124. In der Niederschrift sind aufzunehmen 4. die wesent-
lichen AusfĂŒhrungen der SachverstĂ€ndigen. 5. das Ergebnis seines
Augenscheins Alexander.
Die Teuerung im Dezember 1921.
WĂ€hrend in der ersten HĂ€lfte des Jahres 1921 eine kleine Er-
leichterung der Lebenshaltung des deutschen Volkes sich bemerk-
bar machte, trat von Mai an ein Umschwung ein, der noch jetzt
fortdauert. Am Ende des Jahres waren die Lebenshaltungskosten
auf den höchsten bis dahin beobachteten Stand gestiegen, am auf-
fallendsten im Monat Dezember, wo die Beichsindexziffer von
1397 auf 1550 in die Höhe ging. Am meisten stiegen die Ausgaben
fĂŒr Leucht- und Heizmittel, sodann fĂŒr Nahrungsmittel, wĂ€hrend
die Mietspreise sich auf ungefĂ€hr gleicher Höhe hielten. FĂŒr den
Ă€rztlichen Stand sind diese Angaben, die wir der Zeitschrift
..Wirtschaft und Statistik" entnehmen, insofern von groĂer Be-
deutung, als zu diesen Lebenshaltungs-Indexziffern auch noch,
wenigstens in den GroĂstĂ€dten, eine enorme Steigerung der Fahr-
kosten, der Kosten fĂŒr Chemikalien, Verbandstoffe und Instru-
menten, also der Berufsingredienzien hinzugetreten ist. Und fĂŒr
alle diese Tatsachen, die jeder Spatz auf dem Dache pfeift, fehlt
den KrankenkassenverbÀnden das nötige VerstÀndnis.
Alexander.
Die GrĂŒndling der Versorgungskasse der wĂŒrttembergischen
Aerzte.
Entgegen dem BeschlĂŒsse des vorjĂ€hrigen Aerzietages, das
Ă€rztliche Versorgungswesen zu zentralisieren, haben die WĂŒrl-
temberger Aerzte eine eigene Versorgungskasse gegrĂŒndet und
ihre Satzung in der Hauptversammlung des WĂŒrltembergischen
Aerzte-Verbandes genehmigt. Dieses sehr bemerkenswerte
Vorgehen in allen Einzelheiten zu beleuchten, wĂŒrde zu
weit fĂŒhren. Es genĂŒge, auf einige wichtige Bestimmungen
der Satzungen und AeuĂerungen des Beferenten und des
rechtskundigen SachverstÀndigen hinzuweisen. Nach dem Befe-
rate des Herrn Langbein sollen gewÀhrt werden eine Beule
an invalide Aerzte und Arzthinterbliebene, eine UnterstĂŒtzung in
NotfĂ€llen. Vorgesehen ist der Zwangsbeiiritt fĂŒr alle Aerzte.
welche kassenĂ€rztliche TĂ€tigkeit ausĂŒben, der freiwillige Beitritt
der Privatpraxis treibenden Aerzte. die freiwillige Mitversiche
rung der Einnahmen aus der Privatpraxis, das relative System
als Grundlage1 fĂŒr die Bentenverteilung und die rĂŒckwirkende
Ki alt der Einrichtung vom T Oktober 1921 ab. Nach Mitteilung
des Hechtsanwalts Dr. Schott ist in der Satzung das Wort
..Anspruch'" durch âAnwartschaft" ersetzt worden Der Beitritts-
zwang kann durch die Satzung der Versorgungskasse nicht aus-
gesprochen werden, wohl aber durch die Satzungen der Orts
vereine.
Wir haben die Bedenken gegen obige Art der Versorgung
schon frĂŒher in diesen BlĂ€ttern geltend gemacht. Sie lassen sich
*0. Jahrg. â Nr. 14/15.
Referate
kurz dahin zusammenfassen, (Iah eine so wichtige Versorgung
wie die Alters- und flinterbliebenenversicherung nicht ohne Hechts
Anspruch versucht werden darf, daĂ die Festlegung der in Aus
sieht gestellten Heulen im Voraus nötig, daĂ die HechtsgĂŒlligkeil
der Zwangsbeitritts nach den in Berlin gemachten Erfahrungen
zweifelhaft ist. Nichtsdestoweniger wĂŒnschen wir dem Experi-
ment besten Erfolg, denn gelingt es. so wird es, Protz theoreti-
scher Hedenken. Schule machen. Alexander.
Ehezeugnisse.
In der Sitzung des Sachsischen Landesgesundheitsamis vom
12. Dezember 1921 wurde im Auftrage des Reichsministeriums des
Innern ĂŒber die Frage des Austausches von Gesundheitszeugnissen
vor der EheschlieĂung verhandelt. Nach eingehender Beratung
einigte man sich ĂŒber folgende LeitsĂ€tze. 1. Erforderlich ist eine
möglichst weitgehende AufklĂ€rung der Bevölkerung ĂŒber die
Lehren der Rassenhygiene, sowie eine Belehrung der Aerzte durch
Vorlesungen wÀhrend des Studiums und durch Fortbildungskurse
ĂŒber Vererbungslehre und Rassenhygiene. 2. Zu empfehlen ist
ferner die Herausgabe von Richtlinien fĂŒr die Untersuchung und
Beratung von Ehebewerbern an alle Aerzte. Dabei sind vor
allem auch die vererbbaren Krankheiten, krankhaften Anlagen,
sowie MiĂbildungen zu berĂŒcksichtigen. 3, Die EinfĂŒhrung von
obligatorischen Ehezeugnissen und die Anstellung besonderer
Eheberater empfiehlt sich vorlÀufig nicht, dagegen sollen die
StandesÀmter verpflichtet sein, beiden Verlobten gleichzeitig mit
dein Merkblatt lĂŒr EhcschlicĂcndc den Vordruck ZU einem cm
heitlichen Gesundheitszeugnis auszuhÀndigen, durch das ausge
sprochen werden soll, daà zur Zeit der Untersuchung keine ÀtZl
liehen Bedenken gegen eine Verheiratung zu erheben sind. Diese
Vordrucke sollen auch jederzeit auf Verlangen vom Standesamt
abgegeben werden Bestehen Bedenken, so wird ein Zeugnis nicht
ausgestellt. Der Arzt hat sich in diesem Fall auf mĂŒndliche Be-
lehrung zu beschrÀnken.
Es ist zu billigen, daà sieh die LeitsÀtze von jeder Zwangs
Vorschrift fernhallen, denn bei dem heutigen Stande der Wissen-
schaft schwebt eine Vorhersage ĂŒber die gesundheitlichen Folgen
einer Ehe so sehr in der Luft, daĂ jede daraus zu ziehende Rechts-
folge unverantwortlich wÀre. Auch die Abgabe eines Àrztlichen
Zeugnisses auf Grund freiwilligen Verlangens mutt mit der
gröĂten Vorsicht geschehen. Die zur Beurteilung nötigen Vor-
gÀnge sind den Verlobten selbst bekannt oder erinnerlich. Wer
weiĂ, daĂ und ob er in seiner Kindheit an hereditĂ€rer Lues oder
Tuberkulose gelitten hat? Wer ĂŒbersieht den Stammbaum seiner
Familie in allen seinen Zweigen und JahrgÀngen so genau, um
ĂŒber die Degenerationsprozesse seines Stammes dem Arzte
richtige Auskunft geben zu können? Nur der jahrzehntelang in
einer Familie tÀtige Hausarzt könnte hier helfend eingreifen, aber
wie wenige Familien erfreuen sich je'izt noch dieser im Absterben
begriffenen Einrichtung! Der Arzt wird demnach sich in vielen
FĂ€llen auf die Rolle eines Beraters beschrĂ€nken mĂŒssen und zwar
^freibleibend' wie der moderne Ausdruck des Handels lautet,
und im ĂŒbrigen : Es prĂŒfe, wer sich ewig bindet! Alexander.
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
Klinische Wochenschrift, Berlin.
25. Februar 1922, 1, Nr. 0.
Zur Dynamik des Herzens bei Dilatation und zur Behandlung des lâu igen-
ödems. W e i t z. 405.
âTonerdeprĂ€parate. K i o n k a. 408.
âŠSalmiakbebandluug der Kindertetanie. I' r e u d c u Ii e t e und
G y ö r g y. 410.
âZur operativen Behandlung der Struma congenita, des SĂ€uglings. M e I -
c h i o r. 412.
Fehlerhafte Wiedergabc von SchattenintensitĂ€ten auf ftĂ€ntgehbĂŒdeni
(Sehattensummation ). Peltwson. 413.
âDie auks dem Studium ĂŒber die chemische Blutbeschaffenhedt bei Hautkrank-
heiten sich fĂŒr dieselben ergebenden therapeutischen Richtlinien.
P u 1 a y. 414.
âGrundlagen der Gonorrhoebehandlung. K o s e n * h a I. 42:i.
Uebcr TonerdeprĂ€parate. Die TonerdeprĂ€parate ĂŒben eine
adstringierende und schwach desinfizierende Wirkung aus. Das
lioile der heuligen PrÀparate ist die essigsaure Tonerde; sie
virlierl jedoch durch ihre geringe Haltbarkeit an Bedeutung.
Eins in dieser Hinsicht brauchbarere Verbindung ist das neuer-
dings eingefĂŒhrte Algal, milchweinsaures Aluminium. Aus diesem
Algal ist ein anderes PrÀparat hergestellt worden, das Lava-
tal: es enthÀlt neben WeinsÀure. MilchsÀure und Aluminium
noch BorsÀure, Natron und locker gebundenen Sauerstoff. Pas
Mittel ist durchaus zu empfehlen.
Salmiakbehandlung der Kindertetanie. Es geling! durch in
lerne Salmiakdarreichung (3 â 7 g tĂ€'gl.) bei spasmophilen SĂ€ug-
lingen die mechanische und elektrische NervenĂŒberregharkeit zu
dÀmpfen ukid manifest-tetanische ZustÀnde zu beseitigen. Das Ver-
fahren empfiehlt sieh nur bei manifester, nichl bei latenter
Tetanie.
Zur operativen Behandlung der Struma congenita des SĂ€ug-
lings. Der angeborene Kropf des SĂ€uglings gibt nur selten zu
chirurgischen Eingriffen AnlaĂ. Mitteilung eines diesbezĂŒglichen
Falles.
Die aus dem Studium ĂŒber die chemische Blutbeschaffenheit
bei Hautkrankheiten sieh fĂŒr dieselben ergebenden therapeuti-
schen Richtlinien. Bei verschiedenen Hautkrankheiten wurden
systematisch chemische Untersuchungen des Blutes durchgefĂŒhrt
und auf Grund der Ergebnisse entsprechende therapeutische
Richtlinien aufgestellt. So wurden fĂŒr Puritus verschiedene For-
men unterschieden: ein vagitonischer, ein uratisch bedingter, ein
diabetischer, ein nephrogen bedingter, ein neurogener und
schlieĂlich ein dem Zustandsbild der vasiulĂ€ren Hypertomie zu-
gehösiger. FĂŒr das Ekzem konnte in den meisten FĂ€llen eine
FrikÀmie des' Blutes, oftmals HyperglykÀmie nachgewiesen
werden. Bei Urticaria, fĂŒr die bisher ein verminderter Kalk-
gehalt angenommen wurde, fanden sich gerade in den schwer-
sten FÀllen bedeutend erhöhte Kalkwerte. In der Mehrzahl der;
FÀlle wurden UrikÀmie, HyperglykÀmie und CholestlcrinÀmie
festgestellt. Die Therapie fuĂt auf den erhaltenen Ergebnissen.
Grundlagen der Gonorrhocbehandlung. Kommt eine Go-
norrhoe frĂŒhzeitig zur Behandlung, so ist eine Aborlivkur mit
Albargin- oder Protargollösung mĂŒhelos durchfĂŒhrbar. Bei
Kranken, die nichl tÀglich zur Behandlung kommen können, sind
auĂer der Lokalbehandlung inlraglutĂ€ale Injektionen von Ter-
pentinöl indiziert. FĂŒr die Komplikationen der Gonorrhoe kom-
men die spezifischen Gonokokkenvaccine in Betracht. Die Harn-
röhreninfiltrate werden durch allabendliche EinfĂŒhrung von
SchmelzstÀbchen, welche Protargol enthalten, behandelt.
A. M ĂŒ n /. e r.
Deutsche medizinische Wochenschritt, Leipzig.
23. Februar 1022, Nr. 8.
Eine weitere Vereinfachung meiner Triibungs-Flockungsreaktinn (Triibungs-
Elookungsreaktion mit Porinolkontrollc). D 0 I d. 247.
Die Reaktion des tuberkulösen Organismus auf intrakutane Verimjrfung
sÀurefester Sa,prrtphy ton und deren Tuberkuline. Lange. B., und
T/ a n g e . E. 248.
I>ie Wirkung des Karlsbader Wassers und Salzes auf ZĂŒckerkranke, beurteilt
nach einer neuen Auffassung ĂŒber den Diabetes. Amol eil und
Roubitschek. 250.
liebet ein wenig beachtetes optisches Prinzip. S c b 1 a . g i 11 t w e i t. 251.
Die Anwendung der rndikatoreumethode auf den Magen- und Darmsaft.
M i ohael i s. 252.
Bxpanimentelte Untersuchung ĂŒber den EinfluĂ des Kadiothoriuins auf den
Stoffwechsel. M i y a d e r a. 252.
Ein eigenartiges Zirkulationsphanomou bei einer Schwangeren und einer
â Eklamptischon. Ein Beitrag zur Kenntnis der kapillaren Blutungen. H i n-
.s e 1 m a u n. 254.
Ueber den Nachweis der peripherischen Strychninwirkung auf den X.
acustieus und ĂŒber die allgemeine Wirkung dos Sfrychnin* auf die
Sinnesfunktion des DĂŒrens. L i 0 11. 255.
Heber Anaphylatfieerscheinungeri nach Serieninjektionen artfremden Serums.
.Zugleich ein Beitrag zur Frage der Saisunkrankheiten. M a k a i. 257.
Einige Verbesscrnngen an meinem einfachen transportablen Pneumothorax*
apparat. L e s q h k 0. 258.
Keuchte VerbÀnde mit abgekochtem Wasser, t; 1 a 1.5. 259.
âŠEin einfaches Verfahren zur Desinfektion des tuberkulösen Auswurfes.
S i m o ;i und W o 1 f f. 259.
Die Desinfektion des tuberkulösen Auswurfs. M e s s e r s c h m i d t. 2B0.
Der jetzige stand der Pathogenese und Therapie der Rachitis, irisch 1. 861.
Aus den ueucsteu Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 14/15.
Ein einlaches Verfahren zur Desinfektion des tuberkulösen
Auswurfs. Chlorkalk und StaĂfurter Salz etwa 1:4 fĂŒhren völ-
lige AufschlieĂung des Sputums und Homogenisierung zu einem
salbenartigen Brei, sowie Abtötung der Tuberkelbazillen herbei.
Sicher, einfach, billig, ohne GeruchsbelĂ€s^igung ist es fĂŒr den
Haushalt besonders geeignet. v. Schnizer.
Zeitschrift fĂŒr Aerztliche Fortbildung, Jena.
1. Februar 1922, 19, Nr. 3.
âUeber Appendizitis. K ö n i g , F. 65.
Wesen und Bedeutung; der KrĂ€mpfe im frĂŒhen Kindesalter. Bossert,
O. 70.
I lober den Kaiserschnitt. D r ĂŒ n e r . L. 77. ,
Ueber Appendizitis. König unterscheidet eine enterale (bak-
terielle Infektion, Ăxyuren) und eine seltene hĂ€matogene Form
und schlieĂt sich der Einteilung von Sprengel in Appendicitis
simplex und destructiva an. Es ist oft schwer, die einzelnen
Formen der Erkrankung im Anfall sicher zu diagnostizieren.
Verwechselt kann die Appendizitis werden mit Adnexerkrankun-
gen und mit Stieldrehungen von Ovarialcysten, mit tuberkulösem
PeritonealerguĂ, akuten DrĂŒsenprozessen, besonders bei Tuber-
kulose und Typhus, ferner mit Ileus, wenn bereits Darmparalyse
vorliegt, endlich mit Pneumonie. (Auf Nieren, Gallenblase, Ulcus
ventriculi und duodeni wird nicht nÀher eingegangen.) Sobald
die Diagnose Appendizitis feststeht, soll operiert werden. Der
Eingriff soll möglichst sofort vorgenommen werden. âNur die
frĂŒheste Operation gibt ganz gute Resultate, verhindert auch bei
Appendizitis simplex das Auftreten von Verwachsungen; auch
bei â spĂ€ter in unsere Behandlung tretender, wenn auch abszedie-
render Appendizitis ist eine rascheste Operation angezeigt, ein
Abwarten zu verwerfen; nur wenige FĂ€lle von Peritonitis mit
DarmlÀhmung und Kollaps sind nicht zu operieren. Diese Anschau
ungen mĂŒssen nicht nur die Aerzte leiten, sondern sie mĂŒssen von
ihnen auch ihren Klienten eingeimpft werden. Nur so ist die Hei-
lung von der Appendizitisnot möglich." L. K a n n e r.
Zeitschrift fĂŒr physikalische und diĂ€tetische Therapie.
1922, 26, Heft 1.
Zum 25jĂ€hrigen Bestehen der Zeitschrift. Goldscheider 1â2.
âBeitrag zur Frage der Reizkörper- und physikalischen Therapie. K I e b S ,
W. und W e s k p 1 1 . H. 16â2».
âIntermittierende Heliotherapie. R o m i c h . Siegrfr. 16 â 22.
Lugano als Kurort. II i s c h o f f . L.. 22â28.
Der 49. Schlesische BĂ€dertag. S i e b e 1 1. 28â29.
In ihrem 25 jÀhrigen Bestehen hat die Zeitschrift unentwegt
fĂŒr die Beeinflussung des Gesamt-Organismus gekĂ€mpft, in mehr
oder weniger ausgesprochenem Gegensalz zu allen spezifischen
Heilmethoden. Mit Befriedigung stellt Goldscheider fest, daĂ
dieses Hippokratischc Prinzip immer mehr Anerkennung findet,
und deutet eine Reihe von Gebieten an, welche noch in diese Be-
trachtungsweise einbezogen werden mĂŒssen.
Beitrag zur Frage der Reizkörper- und physikalischen The-
rapie. Die physikalische Therapie und jene mit den sog. Protein-
bezw. Reizkörpern scheinen in ihrem Wesen verwandt zu
sein, nur daĂ" die letztere schneller wirkt, wĂ€hrend die physika-
lische Therapie erst nach einer gewissen Summation von Reizen
die Heil-Reaktion auslöst. Dementsprechend kann man sie auch
als die schonendere Methode ansprechen. Einige gute Erfolge
sahen die Verff. von Heilners Sanarthrit; doch bevorzugen sie die
Caseosan-Injektionen, mĂŒssen aber zugeben, daĂ eine Reihe von
Patienten bald von dieser, bald von jener Therapie, bald von
allen (sogar in Kombinationen!) unbeeinfluĂt bleiben. Auf diese
Weise gelangen wir wieder zu der schon unseren VorgÀngern ge
lÀufigen Erkenntnis, daà die Konstitution einen ungeheuren Ein-
fluà auf die Wirkung der Medikamente hat. Und wÀhrend die
physiologische Chemie die lebendige Substanz gern als einen ein-
heitlichen Körper betrachtet, mĂŒssen wir Aerzte immer wieder
erkennen,, wie verschieden doch das Protoplasma von MĂŒller
und Schmidt in allen seinen LebensĂ€uĂerungen ist.
Intermittierende Helistbcrapie. Es ist eine alte Erfahrung,
daà alle Reize sich mit der Zeit erschöpfen. So hat auch Romicn
in der Kinder-VolksheilstÀtle Grimmen stein und j»n der
SonnenheilstĂ€tle HĂŒtteldorf beobachtet, daĂ die anfĂ€nglichen gĂŒn-
stigen Erfolge nach 2â3 Monaten nachlieĂen und einer allge-
meinen Erschlaffung Platz machten, daĂ dagegen wunderbare
Heilungen erzielt wurden, wenn die Kur einige Monate unter-
brochen wurde. Auf diese Weise können die KurplÀtze besser
ausgenutzt werden. â Ref. kann von seiner TĂ€tigkeit in Arco her
diese Beobachtungen bestÀtigen. Butler sack.
Jahrbuch fĂŒr Kinderheilkunde, Berlin.
Januar 1922, 47, Heft 1-2.
Zur Pathologie der infektiösen Intoxikation des SÀuglinesalters. (; ö v -
p S r t , F. 1 .
âUeber Rundzelleninfiltrate im Myokard bei Status thvmolymphaticus. Rie-
der. H. 9.
Zur Pathogenese der akuten alimentÀren ErnÀhrungsstörungen. Nahrung
und .Magensaftsekretion. Hoffmann. P. und R o s e n b a u m . 8.
Ueber Leukolysine. S t r a n s k y . E. und Schiller, K. 55.
âUeber doppelseitige Athetose (nebst Bemerkungen ĂŒber aas extra-pyramidaie
âąSystem im Kindesalter.) T h o m a s , E. 61.
âUeber konzentrierte flĂŒssige Mehlnahrung fĂŒr junge SĂ€uglinge. Rach-
m i 1 e -iv i t s c h . E. 78.
Blutalkaleszenzuntersucbungen bei gesunden und kranken ( insbesondere in-
toxizierten) SĂ€uglingen. K rase mann, E. 85*
Ueber Buttermehlbrei und Buttermehlvollmileh. F 1 e s c h . H. und T o r d a v,
F. 103.
Ueber Rundzelleninfiltrate im Myocard bei Status thymolym-
phaticus. Es werden 9 FĂ€lle von Status lymphaticus oder
thymolymphaticus mit gleichzeitiger Herzhypertrophie patholo-
gisch-anatomisch untersucht. 6 dieser FÀlle starben an plötzlichem
\ ersagen des Herzens, 3 nach SchÀdeltrauma. Die mikroskopische
Untersuchung fördert in 7 FÀllen kleinzellige Infiltrate im Myo-
kard zutage, die vorwiegend aus Lymphozyten, daneben aus Plas-
mazellen, eosinophilen und ntutrozhilen Leukozyten bestanden
Zwei FÀlle zeigten keine Ansammlung von Rundzellen. Hie StÀrke
der Rundzelleninfiltration schwankte von vereinzelten bis zu zahl-
reichen und ausgedehnten Infiltraten. Knötchenförmige, an
Lymphfollikel erinnernde Gebilde kamen nur vereinzelt zur Be-
obachtung. Zwischen der Herzhyperlrnphie und der Ausdehnung
der Rundzelleninfiltrate lieà sich kein bestimmtes VerhÀltnis
feststellen. Die Rundzelleninfiltrate schienen entzĂŒndlichen Ur-
sprungs zu sein, sie bildeten wahrscheinlich nur den Teil eines
allgemeinen Lymphatismus.
Die exzentrische Herzhypertrophie und der plötzliche Herz-
tod finden in einzelnen FĂ€llen in den Rundzelleninfiltraten eine
befriedigende ErklĂ€rung; in der Mehrzahl der FĂ€lle mĂŒssen da-
gegen extrakardiale Faktoren zur ErklÀrung dienen.
Ueber doppelseitige Athetose (nebst Bemerkungen ĂŒber das
extrapyramidale System im Kindesalter). Es werden 5 Kinder
beschrieben, die an doppelseitigen Spontanbewegungen, vor-
wiegend von athetotischem Charakter, leiden. Die StÀrke dieser
Bewegungen ist beeinfluĂbar. Der Ursprung der Spontan
bewegungen wird in das extrapyramidale System verlegt. Das
Neugeborenen- und SÀuglingsalter steht viel stÀrker unter der
Herrschaft dieses Systems als das spÀtere Leben. Das nachtrÀg-
liche Erscheinen von Spontanbewegungen ist ganz vorwiegend
eine EigentĂŒmlichkeit des Kindesalters. Es zeigt, daĂ sich in
dieser Lebenszeit das extrapyramidale System leichter gellend
macht.
Ueber konzentrierte flĂŒssige Mchlnahrung fĂŒr junge SĂ€ug-
linge. Es gelingt, durch lÀnger dauerndes Kochen (bis zu einer
Stunde) eine flĂŒssige 20 % ige Mehlabkochung herzustellen. Es
wurden nun ErnÀhrungsversuche an SÀuglingen angestellt mit
einer 10 % igen Milchmehlnahrung, d. h. 20 % ige Mehlabkochung
zur HĂ€lfte mit Milch verdĂŒnnt, ohne Zucker. Die konzentrierte
Mehlabkochung stiftete, auch wenn sie vorĂŒbergehend bei ganz
jungen Kindern angewandt wurde, keinen Schaden. Er erfolgte
meist eine Zunahme von Körpergewicht und LÀnge. DurchfÀlle,
die auf vermehrte GĂ€rung zurĂŒckzufĂŒhren waren, kamen zum
Stillstand. A P ei per Berlin).
Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
25. Februar 1922, 49. Nr. 8.
Tetanie im AnschluĂ an Gastroenterostomie. K a u m a n n. 250. â
âOperation des' postoperativen Jejunalulcu«. A 1 a p y. 2.").". »
âXebennierenexstirpation und Epilepsie. H e y m a n n. 255.
Henle-Albeesche Operation. E 1 s n e r. 258.
Ein Vorsehlag zur Operation des postoperativen Jejunalulcu-.
Da alle bisher geĂŒbten Operationsmethoden groĂe Nachteile haben,
schlÀgt Verfasser vor, bei dem postoperativem Ulcus pepticum
jejuni das Ulcus zu exzidieren, die Anastomosenschlinge zu
resezieren und End-zu-End zu vereinigen und eine Pyloroplastik
nach Finney; anzuschlieĂen.
Nebennierenexstirpation und Epilepsie. Die von F i s c Ii e r
und BrĂŒning angegebene einseitige Nebennierenexstirpation
zur Beseitigung der KrÀmpfe bei der Epilepsie ist bisher nur
wenig von Erfolg begleitet gewesen. Verf. glaubt aber einen Teil
der MiĂerfolge damit erklĂ€ren zu können, daĂ falsche Indikationen
gestellt worden sind und daĂ bei einem anderen Teil die Terhnik'
10. Jahrg. â Nr. 14/15.
I*. i
Aus den neuesten Zeitschriften
unzulÀnglich war, indem nicht die ganze Nebenniere entfernt
wurde. Da auch einige FĂ€lle von Heilung bekannt geworden
sind, sollte man die Operation noch nicht gÀnzlich verwerfen.
Genaue Beschreibung der Technik des transperitonealen Vor-
gehens K. Wohlgemuth (Berlin
Deutsche Zeitschrift fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
1922. 168. 1. bis 2. Heft.
1'eher Hyperorohidic. Haas, Alfred, i.
l'ehor KnochenverÀnderungen bei Neurofibromatose. Stahnke. E. B.
Ein âBecken von Otto Chrobak" mit Fractuna nectabuli. W aller.
,T. B. 19.
âąfr-Kin Fall von doppelseitiger Spontanluxation bei Coxitis tuberculosa.
L.chrnbechcr, A. :i7. âą
Beitrag zur Klinik der GleitbrĂŒehe. D c h in e 1 . R. 51.
âąH'eher die »Behandlung der pyogenen Blutinfektion durch intravenöse An-
wendung von Urotropin. Huzello. A. 61.
âŠZur Kummerschen Operation der Scbenkelhernden. Reschke. K. 91.
Die AnUinfarben in der Chirurgie. Hoff mann. E. 101.
Ueber den Stand der Frage des galligen Peritonitis. Wagner. F. 110.
Transplantation d. M. abduefor dig. V. bei fehlender OppositionsfĂ€higkĂŒt
des Daumens. Nico la y s e n . J. 133.
âŠVerlĂ€ngerung der Röhrenknochen bei Arthritis deformans Jugendlicher.
Reschke. K. 136.
Gliedermechanik und LĂ€hmungsprothesen. Ree klinghausen,
H. v. 140.
Der gynĂ€kologische Operationskursus, mit besonderer BerĂŒcksichtigung der
Operations- Anatomie, der Operationspathologie. der Operations-Bakterio-
logie und der Fehlerquellen. L i e p m a n n . W. 141.
Ein Fall von doppelseitiger Spontanluxation bei Coxitis tuber-
eulosa. Die spÀrliche Kasuistik doppelseitiger Spontanluxation
erfÀhrt durch die vorliegende Abhandlung eine weitere ErgÀn-
zung. Die Diagnose der ursÀchlich tuberkulösen Natur des Lei-
dens wurde durch den Operationsbefund vollkommen gesichert.
Therapie: radikale Entfernung alles krankhaften Gewebes. Er-
folg: rechts vollkommene Versteifung der HĂŒfte, links ganz ge-
ringe Beweglichkeit.
Ueber die Behandlung der pyogenen Blutini'ektion durch
intravenöse Anwendung von Urotropin. Verf. glaubt auf Grund
von selbst festgestellten Erfolgen an einem allerdings nur kleinen
Krankenmaterial zur versuchsweisen Anwendung des Urotropins
bei pyogener Blutinfektion raten zu dĂŒrfen, zumal Urotropin sich
in der Blutbahn als relativ unschÀdlich erwiesen hat.
Zur Kummerschen Operation der SchenkelherĂŒien. Bericht
ĂŒber die Erfolge der seit 1912 in der Greifswalder chirurgischen
UniversitĂ€tsklinik fast ausschlieĂlich geĂŒbten Kummerschen
Operation (fester VerschluĂ des Schenkelkanals durch eine von
der heruntergezogenen Bandmuskulatur gebildeten Wand). Von
170 operierten FĂ€llen ergaben nur 6 Bezidive. Verfasser emp-
fiehlt daher die Kummer sehe Methode als einfaches und
sicheres Verfahren bei Schenkelhernicn, das sich besonders auch
bei inkarzerierten Hernien schnell und ohne groĂe GewebsschĂ€di-
gung ausfĂŒhren lĂ€Ăt.
VerlÀngerung der Röhrenknochen bei Arthritis deformans
Jugendlicher. Verf. fĂŒgt zu den bisher veröffentlichten zwei
FĂ€llen vermehrten Knochenwachstums bei deformierender Ge-
lenkentzĂŒndung drei weitere hinzu. UrsĂ€chlich kommt der starke
Reiz in Betracht, der bei Arthritis deformans durch die lebhaften
reaktiven Prozesse m den subchondralen Schichten auf die Epi-
physenlinien ausgeĂŒbt! wird. Die relative Seltenheit derartiger Beob-
achtungen ist wohl auf das wenig hÀufige Vorkommen der Ar-
thritis def. bei Jugendlichen zurĂŒckzufĂŒhren. Bei Ă€lteren Leuten
sind Wachstumsbeschleunigungen bei def. A. nicht gesehen wor-
den, ein Beweis, daĂ solche nicht durch interstitielles Knochen-
Wachstum im Schaft, sondern durch gesteigerte TĂ€tigkeit des ge-
reizten Epiphyscnknorpcis zustande kommen.
L. Frosch (Berlin
Zentralblatl fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
4. MĂ€rz 1922. 4(5. Nr. 9.
âŠDie Varikokele des Ligamentum latum und ihre klinische Bedeutung. K n -
g e 1 m a n n , .7. S. 329.
âąS*K;iun die Piognoge der Stirn- und (JcsielrCslagen durch die Kiellandsche Zange
gebessert werden? M c u tu a n n . E. 985.
Dir alimentÀre Olykosurle als diagnostische Probe. Ilof-hauer. J. 348.
«5» Min ige Bemerkungen /n dem neuen preuĂischen Entwurf eines (Josefccs ffber
das Hebammenwesen. E I l e r i> r o e fc . X. 351.
⠫H>ic Invagination des Wurmfortsatzes gelegentlich gynÀkologischer Opera-
tionen. Ii o f m a n n , A. H. 353.
Zur Oenesc des Hydrops gravidarum. Entgegnung auf die Ăiehtigstcll iog
W. Oessners in N'r. 10. 1921. d. Zentral Irl. Beckmann. M. 355.
Die Varikokele des Ligamentum latum und ihre klinische Be-
deutung. Engel man ii weist auf ein den Franzosen und Eng-
landern seil langem bekanntes Krankheilsbild hin, das aber in
deji deutschen LehrbĂŒchern fast nirgends beschrieben ist: Patho
Logische VerÀnderungen des in den breiten MutlerbÀndern bc
findlichen Venenplexus, die denen der Varikokele des Mannes
entsprechen. Er schlĂ€gt fĂŒr die Erkrankung die Bezeichnung
Varikokele des Ligamentum latum vor. Die Erkrankung betrifft
zumeist Frauen Ende der 20er und in den 30er Jahren, und /.war
fast ausschlieĂlich solche, die mehrere Geburten durchgemacht
haben. Die Frauen klagen fast alle ĂŒber Leib- und Kreuz
schmerzen, manche ĂŒber ein âdumpfes OefĂŒhl im Leib" oder ĂŒber
âDrĂ€ngen nach unten' und geben an, daĂ die Beschwerden beim
Gehen und Stehen auftreten, wÀhrend sie beim Liegen ver-
schwinden. Zur Zeit der Periode verschlimmern sich die Be-
schwerden, auch beim Stuhlgang oder sexuellen Erregungen.
Ehe das Krankheitsbild richtig erkannt war, wurden mehrere
Frauen wegen vermuteter chronisch entzĂŒndlicher Adnexerkran-
kung operiert, die Eierstöcke und Eileiter zeigten jedoch keinerlei
EntzĂŒndungserscheinungen; dagegen konnte als einziger patho
logischer Befund in diesen FÀllen eine starke variköse Erweite-
rung des gesamten Venen'netzes der breiten MutterbÀnder fest-
gestellt werden. Die Therapie besteht nur in ganz leichten FĂ€l-
len in MaĂnahmen, die eine Verminderung der venösen Kon-
gestion herbeifĂŒhren, bei Versagen dieser Therapie und bei
schwereren FĂ€llen ist die Operation angebracht. Handelt es sich
um eine einseitige Erkrankung und sind die anderen Adnexe ge-
sund, so gibt die Entfernung der ganzen Adnexe der einen Seite
besonders in Verbindung mit einer Antefixation des Uterus die
besten Resultate. Ist eine doppelseitige Varikokele vorhanden,
so empfiehlt E. bei Àlteren Frauen Exstirpation beider Adnexe
unter Mitnahme des Fundus uteri. Bei jĂŒngeren Frauen kommt
diese Operation nur dann in Frage, wenn die Beschwerden sehr
groà sind und die Wiederherstellung der vollen ArbeitsfÀhigkeit
auf andere Weise nicht zu erreichen ist; nach Möglichkeit ist in
solchen FĂ€llen zu versuchen, ein Ovarium oder ein StĂŒck des-
selben zurĂŒck zu lassen. Eine Unterbindung der Venen analog
der Behandlung der mÀnnlichen Varikokele gibt anscheinend
keine zuverlÀssigen Resultate.
Kann die Prognose der Stirn und Gesichtslagen durch die
Kielland'sche Zange gebessert werden? An der Leipziger Uni-
versitÀts-Frauenklinik hat sich bei Stirnlagen-Geburten folgende
Therapie als die beste erwiesen: Die Blase ist möglichst lange
zu erhalten, evtl. ein Colpeurynter einzulegen und nach Möglich-
keit die Spontangeburt abzuwarten, die die besten Resultate fĂŒr
Mutter und Kind bietet. Nur bei Eintritt strenger Indikationen
ist, solange dies möglich durch Wendung, sonst durch die Kiel-
land-Zange zu entbinden. Bei engem Becken höheren Grades ist
natĂŒrlich die Sectio caesarea am Platze. Auch die Gesichtslagen
sollen im wesentlichen exspektativ behandelt werden unter mög-
lichster Schonung der Fruchtblase. Eingegriffen wird auch hier
nur bei strenger Indikation, die meist nur infolge bestehender
Komplikationen (enges Becken, frĂŒhzeitiger FruchtwasserabfluĂ
usw.) eintritt. Dann soll man sich aber auch nicht mit Umwand
lungsversuchen in eine Hinterhauptslage aufhalten, sondern bei
beweglich stehendem Gesicht die innere Wendung mit anschlie-
Ăender Exstraktion ausfĂŒhren: oder, wenn dies nicht mehr mög-
lich ist, die Entbindung mit der K ielland'schen Zange beendigen.
Nur wenn das Kinn schon fast unter dem Schambogen steht,
kann auch die Naegele'sche Zange angewendet werden. DaĂ bei
Heginn sÀmtlicher entbindender Operationen der Muttermund
vollstĂ€ndig oder nahezu vollstĂ€ndig eröffnet sein muĂ. ist selbst-
verstĂ€ndlich. M. stĂŒtzt die Empfehlung der Kielland-Zange bei
der Stirnlage sowohl, wie bei der Gesichtslage nur auf je einen
Fall. FĂŒr den Praktiker kann er die Kielland-Zange nicht emp-
fehlen wegen der entschieden schwierigen Einlegung des vorde-
ren Löffels, glaubt jedoch, daà die Zange in der Hand eines ge-
ĂŒbten Geburtshelfers besonders bei den Deflexionslagen wesent-
liche Vorteile bietet.
Einige Bemerkungen zu dem neuen preuĂischen Entwurf
eines Gesetzes ĂŒber das Hebammenwesen. Mit dem von der Be-
gierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes ĂŒber das Hebammen
Wesen ist Verfasser im allgemeinen einverstanden, hÀlt jedoch
die Ausbildungszeit von 9 Monaten fĂŒr viel zu kurz, die Mindest
ausbildungszeit mĂŒĂte 1 Jahr sein, besser 1 [A â 2 Jahre. Die Ver-
lĂ€ngerung der Ausbildungszeit wĂŒrde nicht nur einer besseren
Ausbildung der Hebammen zugute kommen, sondern auch der
bestehenden UeberfĂŒllung des Hebammenstandes wirkungsvoll
begegnen.
Die Invagination des Wurmfortsatzes gelegentlich gynÀkolo-
gischer Operationen. Hof mann empfiehlt bei jeder gynÀkolo-
322
Aas den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 14/15.
gischen Laparotomie den Wurmfortsatz, ob erkrankt oder nicht,
durch die Invagination unschÀdlich zu machen. (? Ref.) Die
Methode ist absolut aseptisch, weil das Darmlumen nicht eröffnet
wird. Die genaue Technik der Invaginationsmethode findet sich
im Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Jahrgang 1921 und 1922.
Speyer (Berlin).
Monatsschrift fĂŒr Geburtshilfe und GynĂ€kologie, Berlin.
Februar 1922, 57, Heft 1â2.
Die Bedeutung der Plazenta, insbesondere des Trophoblastes. fĂŒr. die Schwan-
gerschaftsdijcr und den Gebu-tseintritt. d e 6 nun. K. L.
âEndokarditis und Schwangerschaft). B ĂŒ Ii n g e r . 11. 'IG.
Histologische Untersuchung* eines ungefÀhr 11 Monate in utero retinierteii
Eies. Tran e u - K a i n e r . II. 31.
âDie Aeliseudrehung des kreiĂenden Ăterus. V o g i . E. S6.
âWassermannsche Reaktion am Gelbarbett. Ii i ĂŒ n n c c . K. 42.
â Behandlung der Mastitis mit Opsonogen. B o d i n. 52.
Entstellung der HĂ€momole. Greil. A. 55.
BeitrĂ€ge zur Histologie der Stiele 'der nicht ödetnatĂŒsen Vbsehnjfte) der
Blasrnmolenzorten. H i 1 1 e1 b r a u d . H. 67.
Ein Fall von primÀrem Tubenkarzinoni. H i 1 I e b r a n d . L. 72.
Das Zeitproblem in der Röntgentiefeutherapie. Haupt. A. 75.
Endokarditis und Schwangerschalt. Durch die mannig-
fachen EinflĂŒsse, dessen der Organismus wĂ€hrend der Schwan-
gerschaft unterworfen ist, sind die Frauen, die eine Endokarditis
ĂŒberstanden haben, besonders gefĂ€hrdet. Hier droht die rekur-
rierende Endokarditis mit ihren deletÀren Folgen. Mitteilung
eines einschlÀgigen Falles aus der Frankfurter Frauenklinik.
Uebcr die Achsendrehung des kreiĂenden Uterus. Bei einer
32 jÀhrigen V.-para, kurz nach dem Blasensprung eingeliefert,
findet sich der Status nach vorderer und hinterer Kolporraphie
mit Dammplastik. Die Scheide spitzt sich nach oben zu: der
etwa 4 cm weite Muttermund ist kaum erreichbar. Herztöne
wechselnd. Sectio caesarea. Es findet sich eine Rotation der
GebÀrmutter nach links um mindestens 180°. Die rechtsseitigen
Spematicalvenen waren bis auf fast Fingerdicke gestaut. â Der
Autor fĂŒhrt die Entstehung der Verlagerung auf mechanische
EinflĂŒsse zurĂŒck, in dem mitgeteilten Fall auf die Erschlaffung
dr Bauchdecken und die feste Verankerung der Scheide infolge
der voraufgegangenen Plastik. Als unmittelbar auslösendes
Moment kommt vielleicht Trauma oder einseitige Anspannung
der Bauchdecken in Betracht.
Das klinische Bild Àhnelt dem der vorzeitigen Placentar-
lösung.
Die Wassermannsche Reaktion am GebÀrbett. Verf. stellte
bei 650 KreiĂenden die Wassermannsche Reaktion mit Retropla-
centarblut, Armvenen- und Nabelvenenblut an und kommt zu
folgenden SchlĂŒssen: Das Retroplacentarblut zeigt Neigung zu
positiver Reaktion, vielleicht infolge seines Bakteriengehaltes
oder anderer Beimischungen, besonders wenn es Àlter als zwei
Tage ist; daher lĂ€Ăt sich aus ihm allein keine Luesdiagnose
stellen. Die negative Reaktion des Nabelvenenblutes beim Neu-
geborenen ist ohne Beweiskraft. Es kommen Schwankungen der
Reaktion am Ende der Schwangerschaft und zu Beginn des
Wochenbetts vor, deren nÀhere ZusammenhÀnge noch unbekannt
sind.
Behandlung der Mastitis mit Opsonogen. Verfasser be-
richtet ĂŒber gĂŒnstige Erfahrungen mit intravenösen Opsonogen-
injektionen. Jonas (Berlin).
Dermatologische Wochenschrift.
18. Februar 1922, Nr. 7.
Ein Fall von Pityriasis amianfcaeea. Ludorici. Bruno.
âBerichtigung der Darstellung von Sohrens, betreffend meine Untersuchungen
ĂŒher Stomatitis mercuralis ulcerosa. A 1 m k o i s t . .lohn.
VerhĂŒtung und Behandlung der Stomatitis morcurialis. Hammer. Fr.
Die Cyarsal-Neosalvarsan-Blutmischspritze. Fehrmann. Oscar.
Berichtigung der Darstellung von Sohrens betreffend Stoma-
titis mcrcurial. Das Hg S wird primĂ€r im Inneren der GefĂ€Ă-
endothelien niedergeschlagen, die dadurch zu starren Bohren
werden und ErnÀhrungsstörungen verursachen; durch Kombina-
tionswirkung mit Bakterien, die unspezifisch sind, tritt dann die
Gewebsnekrose ein. Gelingt es, durch Desinfektion der Zahn-
Ii ei schtaschen usw. die Bakterien auszuschalten, so kann keine
Stomatitis ulcerosa auftreten. DaĂ dies der von Sohrens an-
gegebenen Methode, die sich mit der viel angewandten Pfannen-
stiel sehen deckt, besser gelingt, als der Desinfektion mit Ha Os.
Höllensteinlösung und anderen, kann A. nicht zugeben.
Bab (Berlin
25. Februar 1922, Nr. 8.
Multiple HautgeschwĂŒre bei funktioneller AnĂ€sthesie. Pick Erwin.
BeitrÀge zur Kenntnis der in der dermato-venereologischen Praxis gebrÀuch-
lichen Balsamika. D e u Ă e n , Ernst.
Tuberkulose-FĂŒrsorge-Blatt.
9, Nr. 1.
âDer Stand der TuberkulosebekĂ€mpfung in Pommern. DelbrĂŒck ('. v
und B r À u n i n g.
Der Stand der TuberkulosebekÀmpfung in Pommern. Auf
Grund ausgesandter Fragebogen gibt BrÀuning ein interessantes
Bild der ausgedehnten lungenfĂŒrsorgerischen Bestrebungen; wer-
den doch 68,1 Prozent der Einwohner erfaĂt. Er zeigt aber auch,
wie wenig bei ernster Kritik bisher fĂŒr die Allgemeinheit NĂŒtz-
liches geleistet werden konnte, solange nicht ganz erheblich
höhere Geldsummen zur VerfĂŒgung gestellt werden können.
Bezgl. Einzelheiten muĂ ich auf die fleiĂige Arbeit selbst ver-
weisen. Michaelis (Bitterfeld\
Nr. 2.
âErfahrungen mit der FamilienfĂŒrsorge. B e r g h a u s.
âDil- subkutane Tuberkulinprobe im Dienste der TuberkulosebekĂ€mpfung.
Schröder.
Erfahrungen mit der FamilienfĂŒrsorge. Die FamilienfĂŒr-
sorge, eine Vereinigung aller FĂŒrsorgezweige â FĂŒrsorge fĂŒr
SĂ€uglinge, Kleinkinder, Schulkinder und Schulentlassene. KrĂŒp-
pel, Tuberkulöse, Trinker, Geschlechtskranke, KriegsbeschÀdigte.
Taubstumme, Wohnungspflege usw. â auf eine FĂŒrsorgerin, wie
sie jetzt in manchen StÀdten eingerichtet ist, wird von Berg-
haus mit gewichtigen GrĂŒnden abgelehnt; denn eine Person
kann die gesamte FĂŒrsorge nicht versehen, immer wird â je
nach Begabung und Neigung der FĂŒrsorgeschwester â der eine
oder der andere Zweig zu kurz kommen. Wenn auch die Son-
derfĂŒrsorge mehr Mittel erfordert, so kostet sie auch mehr. Es
besteht hier ein bedeutend engerer Zusammenhang zwischen Pa-
tient bezw. Familienangehörigen, Schwester, FĂŒrsorgearzt und
behandelndem Arzt; denn je lockerer der Zusammenhang, desto
schlechter die FĂŒrsorge.
Die subkutane Tuberkulinprobe im Dienste der Tuberkulose-
bekĂ€mpfung. Sowohl aus diagnostischen GrĂŒnden, als afuch aus
finanziellen GrĂŒnden, um unnötige und falsch angebrachte Aus-
gaben fĂŒr noch behandlungsbedĂŒrftige oder zu spĂ€t und damit
vergeblich behandelte Patienten zu sparen, empfiehlt Schröder
die subkutane Tuberkulinprobe möglichst ausgiebig anzuwenden.
Michaelis (Bitterf eld") .
Zeitschrift fĂŒr Hygiene und Infektionskrankheiten, Berlin.
10. Februar 1922, 95, Heft 2.
âBeobachtungen bei einer Typbusepidemie unter Kindern. Polier, s. und
RuĂ. V. 135.
Die ImmunitÀtsverhÀltnisse bei Moerscbveineheuruberkulose. Seiter. H.
150.
âBetrachtungen ĂŒber die Ergebnisse der bakteriologischen Diphtberiediagnose.
Bitter. L. 208.
Neue statistische Daten und GesetzmĂ€Ăigkeiten aus der Pathologie des
Tetanus. K a i r i u k s c h t i s . W. 220.
âWirkung abgetötetetr Tnborkelbazillen. Seiter, H. 232.
Anaphylaxie bei isolierten Organen des Frosches. Koch m a n n . M. i-nd
Schmidt. V. 245.
Beobachtungen ĂŒber eine Typhusepidemie unter Kindern. Die
fragliche Epidemie wurde durch einen BazillentrÀger oder Dauer-
ausscheider verursacht, nahm ihren Ausgang von einer Massen-
speisung und erstreckte sich hauptsÀchlich auf schulpflichtige
Kinder. Diese verbreiteten die Krankheit dann durch Kontakt
11 â 15 jĂ€hrige Kinder erschienen fĂŒr die Infektion empfĂ€ng-
licher, als 9â10 jĂ€hrige. Zahlreiche Diagnosen muĂten sich
lediglich auf den positiven Ausfall der Gruber-Widalschen Re-
aktion stĂŒtzen. Abweichend von anderen Beobachtern fanden
die Autoren hÀufig einen sehr hohen Titer bei den Kindern. Des
weiteren wurde ein sehr schnelles Verschwinden der Agglutinine
aus dem Patientenserum bei einer ganzen Reihe von Kindern
festgestellt. Störend wirkten die reichlich im kindlichen Blut
vorhandenen Paratyphusmitagglutinine.
Betrachtungen ĂŒber die Ergebnisse der bakteriologischen
Diphtheriediagnose. Je mehr Proben auf Diphtherie zur Unter-
suchung gelangen, umso höher ist im allgemeinen die prozen-
tuale bakteriologische Diphtheriediagnosestellung im VerhÀltnis
zu den amtlich gemeldeten DiphtheriefÀllen. Dies zeigen die
Zahlen des Kieler ĂŒntersuchungsamtes. Tn dieser Gegend ist
tO. Jahrg Nr. 14/15 Aus den neues teu Z c i t s c u r i f I e n ;?âą>;;
darĂŒber zu klagen, dal) die Aerzte auĂerhalb der Stadl ein auf
lallend geringes Interesse an der bakteriologischen Diagnose-
stellung zeigen. Je mehr amtlich gemeldete DiphtheriefÀlle vor
liegen, umso geringer ist die Ausbeute an positiven Befunden
aus dem eingesandten Untersuchungsmaterial. Verf. konnte deut-
lich die Beeinflussung der Anzahl der positiven Befunde durch
2 Faktoren zeigen: erstens die Anzahl der Einsendungen und
zweitens die Anzahl der auftretenden Erkrankungen.
Ueber die Wirkung abgetöteter Tuberkelbazillen. Eine Im-
munisierung von Meerschweinchen mit abgetöteten Tuberkel-
bazillen konnte Verf. nicht erzielen. Es konnten auch keinerlei
Tuberkulinempfindlichkeitserscheinungen bei Tieren erzeugt wei-
den durch langdauernde. Vorbehandlung mit abgelöteten Tuberkel-
bazillen. Verf. schlieĂt hieraus, daĂ die Wirkung der abgetöteten
Efuberkelbazillen im tuberkulösen Organismus ausschlieĂlich auf
ihrem Tuberkulingehalt beruht. Auch die Much'schen MilchsÀure-
aufschlieĂungen verhalten sieh nicht anders. Sie stellen dem-
nach kein Antigen, sondern auch nur ein Tuberkulin dar.
W. Weisbach ("Halle a. S.).
Schweizerische medizinische Wochenschrift, Basel.
23. Februar 1922, 52, Nr. 8.
^âșWie entsteht <'in tJcnitalprolaps? Meyer-KĂŒegg. H. 189.
«fr-Zur Frage der rektalen Untersuchung in Oer Geburtshilfe. L a Ii
h a r (1 1 , A. 193.
Zusammenfassende Betrachtung des heutigen Standes der Vitaminfrage in
theoretischer und praktischen- Hinsicht. R o t h 1 i n , E. 195.
Beitrag zur Blasenmole im prÀklimakterischen Alter. Frcj . E. 201.
Amyolide Tumoren des Meseniter mit allgemeiner amyloider Degeneration.
E c o f f e y . M. 202.
Wie entsteht ein Genital-Prolaps? Wenn bei Anstrengung der
Bauchpresse die DĂŒnndĂ€rme gegen die Beckenorgane andrĂ€ngen,
so ist es in erster Linie der autonome Haftapparat, der sie in
ihrer Lage im Becken erhÀlt. Der liaftapparat ruht seinerseits
auf dem Beckenboden und hat an ihm eine StĂŒtze. Sobald er
insuffizient ist, dient die Muskulatur des Beckenbodens als
2. Widerstandsstaffel. Gelangt aber jetzt irgend ein Teil der (ie-
nitalorgane in den Bereich der Genitalspalte, so wird er zum
âGeburtsobjekt", der Widerstand des Puborectalis wird ohne
weiteres ĂŒberwunden und der Introitus vaginae passiert. Am
hÀufigsten gelangt die vordere Scheidenwand in den Bereich der
Genitalspalte, weil die DĂŒnndĂ€rme am stĂ€rksten gegen die Blase
andrÀngen, diese am wenigsten Widerstand leistet und die jetzt
entstehende Cystocele die Scheidenwand vor sich herdrÀngt.
Aehnlich wie die vordere Wand durch eine Cystocele, so kann die
hintere Wand durch eine Rectocele oder eine Enterocele des
Douglas eingestĂŒlpt und vorgedrĂ€ngt werden. Am hĂ€ufigsten
geben schlecht verheilte Dammrisse AnlaĂ zu Vorfall der hin-
teren Scheidenwand. Prolapsus uteri setzt eine mangelhafte Be-
festigung im Stratum subperitoneale voraus. Zweifellos spielt
bei der Ausbildung der iascialen Gebilde und damit auch in der
Aetiologie des Prolaps die Konstitution eine hervorragende Bolle.
Die relativ kleine Bolle, die dem Levator ani zur Verhinderung
der Prolapse zugeteilt ist, steht in Uebereinstimmung mit seiner
phylogenetischen Entwicklung. Seine ursprĂŒngliche Bestimmung
war gar nicht, ein BeckenschlieĂer zu sein, er diente vielmehr
als Schwanzbeweger und ist erst durch den Verlust des Schwan-
zes diesem Zweck entfremdet worden. Erst jetzt trÀgt er zu der
durch den aufrechten Gang nötig gewordenen VerstÀrkung des
unteren Beckenabschlusses bei, hat dabei jedoch an StÀrke we-
sentlich eingebĂŒĂt. Ein TeilstĂŒck hat sich zum Lig. Sacrö-tube-
rosum umgewandelt, ein anderes ist zwischen unbeweglichen
Knochen (Beckenwand und Kreuzbein) ausgespannt; das kleinste
TeilstĂŒck, das wir als Puborectalis bezeichnen, tritt erst bei den
anthropoiden Affen mit dem Bektum in Beziehung, indem es das-
selbe von hinten umfaĂt und nach vorn ziehen kann.
Zur Frage der rektalen Untersuchung in der Geburtshilfe.
DaĂ bezĂŒglich der Deutlichkeit des Befundes die vaginale Unter-
suchung der rektalen ĂŒberlegen ist, braucht kaum gesagt zu
werden. Einen wesentlichen Vorteil aber hat die rektale Unter-
suchung vor der vaginalen, nÀmlich, daà sie jede Infektion mit
exogenen Keimen sicher vermeidet. Am besten sind natĂŒrlich
die Frauen daran, die ĂŒberhaupt nur Ă€uĂerlich untersucht wur-
den; daher wird man sich, wenn immer möglich, auf die Ă€uĂere
Untersuchung beschrĂ€nken, sie ergibt fĂŒr die meisten FĂ€lle ger
nĂŒgend AufschluĂ ĂŒber den Geburtsverlauf. In den- FĂ€llen, wo
eine innere Untersuchung ĂŒberhaupt nötig ist, genĂŒgt fast immer
die rektale Untersuchung zur Erzielung exakter Besultate; fĂŒr
die Hebammen ist sie meist ausreichend. Um bakteriologisch
möglichst einwandfrei zu sein, muà die rektale Untersuchung mil
richtiger Technik vorgenommen werden In der Praxis sollte die
vaginale Untersuchung nur fĂŒr besonders schwierige FĂ€lle reser-
viert werden. Held (Berlin).
Hygiea, Stockholm.
31. Januar 1922, 84, Heft 2.
â Hypertonie und Zuckerkrankheit. Eskil Ky I i n. 19.
nypertome und Zuckerkrankheit. Beitrag zur Symptomatologie
des Alters-Diabetes. Der Verf., der unabhÀngig von Fahren-
k a m p festgestellt hat, daĂ bei der sog. benignen Nephro-
sklerose Volhards (im Gegensatz zur akuten diffusen
Glomerulonephritis) zwar eine arterielle Hypertonie, aber keine
kapillare Kompressions-Drucksteigerung besteht, hat bei solchen
FĂ€llen mittels Morgen- und Abendmessung regelmĂ€Ăige tĂ€gliche
Schwankungen des arteriellen systolischen Blutdruckes bis zu
75 mm Hg. beobachtet, C. MĂŒll e r (Kristiania) mittels Abend- und
Nachmessung sogar Unterschiede von 95 mm Hg. gefunden.
Angesichts dieser tÀglichen Schwankung hÀlt K y 1 i n eine
organische GefĂ€ĂverĂ€nderung als Ursache der âeinfachen arte-
riellen Blutdrucksteigerung" fĂŒr ausgeschlossen, er fĂŒhrt sie viel-
mehr auf eine allgemeine Vasokonstriktion zurĂŒck, fĂŒr die
er wiederum unter Hinweis auf die Blutdrucks-LabilitÀt des
Klimakteriums, auf die Kastraten-Hypertonie und besonders auf
die diÀtetische Hypertonie eine Störung der inneren Se-
kretion verantwortlich macht.
Bei der Zuckerkrankheit, die mit gestörter TÀtigkeit der endo-
krinen DrĂŒsen, die den Kohlehydrat-Umsatz regeln, in Zusammen-
hang gebracht worden ist, erhielt der Verf. in 21 FĂ€llen von
juvenilem Diabetes (bei Kranken unter 40 Jahren) lauter
normale Blutdruckwerte, unter 50 FĂ€llen von senilem Dia-
betes (bei Kranken ĂŒber 40 Jahre) dagegen 36 m a 1 Werte
ĂŒber 160 mm Hg (davon 22 ĂŒber 180 mm Hg), wobei diese Hyper-
toniker wiederum die gleichen Tagesschwankungen aufwiesen,
wie sie bei der Nephrosklerose regelmĂ€Ăig gefunden wurden.
DaĂ ĂŒberhaupt sehr enge Beziehungen zwischen âeinfacher
arterieller Hypertonie" (âbenigner Nephrosklerose" Volhards) und
Diabetes mel. bestehen, folgert der Verf. noch aus dem wiederholt
von ihm beobachteten Ausgang der ersteren in letzteren, aus dem
auf beiden Seiten gleichen Blutbilde (Anstieg des Ly-Anteiles auf
40 â 50 % der normal bleibenden Gesamtzahl der WeiĂen), aus dem
EinfluĂ einiger endokriner DrĂŒsen sowohl auf Blutdruck wie auf
Kohlehydrat-Umsatz (Nebennieren, Hypophysis, Sexual-DrĂŒsen?),
aus dem wiederholt von ihm beobachteten Ausgang der Hypertonie
in Diabetes und aus dem von ihm in mehreren FĂ€llen erbrachten
Nachweis herabgesetzter Kohlehydrattoleranz bei
scheinbar reinen Hypertonikern.
Einen erhöhten Blutzuckerspiegel konnte er allerdings unter
15 daraufhin untersuchten Hypertonikern nur 1 m a 1 bei gleich-
zeitiger Hirnblutung nachweisen. Schnabel, GieĂen.
Finska LÀkaresÀllskapets Handlingar, Helsirigfors.
Januar-Februar 1922, 64.
Lieber Hungerblockade und innere Sekretion. T a 1 1 q u i s t , T. W. l.
Pathologische Histologie, Aetiologie und Pathogenese der Arteriosklerose mit
besonderer BerĂŒcksichtigung ihres VerhĂ€ltnisses zur luetischen ArtherĂŒtis.
K e r p p o 1 a , W. 18.
âą{âąâ Gastritis phlegmonosa. Sandelia, T. 37.
âŠHioldsolreaktion der ZerebrospinalflĂŒssigkeit bei Syphilis des zentralen Ner-
vensystems. J a n s s o u , G. 44.
Fall von S&rcoma capitis. B a r d y , H. 68.
Gastritis phlegmonosa. Verfasser teilt' zwei FĂ€lle von Ga-
stritis phlegmonosa mit, die beide einen tödlichen Verlauf nah-
men. In beiden FĂ€llen handelt es sieh um diffuse Phlegmone.
In dem einen wurde eine Operation (Resektion) vorgenommen.
Die mikroskopische Untersuchung des resezierten Magens lieĂ
typische VerĂ€nderungen der Magenwand erkennen; auĂerdem
aber wurde ein Karzinom entdeckt, das mit bloĂem Auge nicht
bemerkt worden war. Erst nachdem das PrÀparat mit Formalin
geschrumpft war, konnte der Tumor erkannt werden. In der
Wandung fand sich eine Reinkultur von Streptokokken vor.
Verfasser erstattet kurzen Bericht ĂŒber die Krankheit.
Die Goldsolreaktion der ZerebrospinalflĂŒssigkeit bei Syphilis
des zentralen Nervensystems. Unter Hervorhebung der groĂen
Bedeutung der Liquoruntersuchung fĂŒr die Diagnose einer Neuro-
nes weist Verfasser auf die MĂ€ngel hin, mit denen die vorher
gebrÀuchlichen Reaktionen behaftet sind, und bezeichnet die
Goldsolreaktion als das beste bisher erzielte Ergebnis der fort-
wÀhrenden Bestrebungen, empfindlichere und mehr spezifische
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 14/15.
Reaktionen auf diesem Gebiete' ausfindig zu machen. Die Gold-
solreaktion, die heutzutage in der Liquordiagnostik einen hervor-
ragenden Platz einnimmt und als der W R in mancher Hinsicht
ĂŒberlegen angesehen wird, beruht auf der fĂ€llenden Einwirkung
der pathologisch verĂ€nderten ZerebrospinalflĂŒssigkeit auf das
Gold einer kolloidalen Goldlösung, die je nach dem Grade der
fÀllenden Kraft eine verschiedene FÀrbung annimmt.
Die klinische Bedeutung der Goldsolreaktion wird vom Ver-
fasser in folgenden Punkten zusammengefaĂt:
1. Die Goldsolreaktion ist, weil empfindlicher als die W R,
von groĂer Bedeutung fĂŒr den Nachweis einer beginnenden lueti-
schen Infektion des zentralen Nervensystems.
2. Die Goldsolreaktion bietet uns, trotz gewisser BeschrÀn-
kungen, reichlichere differentialdiagnostische Möglichkeiten dar
als die W R, und zwar sowohl zwischen den verschiedenen lue-
tischen Manifestationen, als auch zwischen diesen auf der einen
und den nichtluetischen Affektionen des «zentralen Nervensystems
auf der anderen Seite.
3. Die Goldsolreaktion ist ein dermaĂen empfindliches Re-
agens auf luetische VerĂ€nderungen der ZerebrospinalflĂŒssigkeit,
daĂ bei negativem Ausschlag eine Neurolues als ausgeschlossen
anzusehen ist, was bei entsprechendem Verhalten der W R nicht
behauptet werden kann.
El siglo medico, Madrid.
25. Februar 1922, 69, Heft 3559.
Klinische Chirurgie. F o r t a c i n . H. B. 197.
âEinseitige hysterische Blindheit. Maren Amat, M. 199.
Klinische Bemerkungen ĂŒber Meningitis. S u n e r. 202.
Ecthyma gangraenosum. S c i 1 i a. 206.
Aufbesserung des Gesundheitszustandes iu Spanien. M u n o z A n t u n a n o,
L. 206.
Einseitige hysterische Blindheit. MĂ€dchen von 26 Jahren,
von krÀftigem, fast athletischem Körperbau, bisher nie krank,
nicht belastet, erkrankte plötzlich mit halbseitigem Kopfschmerz,
der sechs Tage anhielt, Erbrechen, Stuhlverstopfung, Erblindung
auf dem linken Auge, Blepharospasmus links. Bei der Unter-
suchung zeigt es sich, daĂ links das obere Augenlid ĂŒber das
untere herunterhÀngt, jedoch ist es nicht ganz schlaff, wie bei
einer echten Ptosis, sondern hat einen gewissen Tonus; das Auge
selbst ist etwas nasalwÀrts abgewichen (Strabismus convergens),
geringe Behinderung der Abduktionsbewegung, kein Nystagmus;
die Pupille ist etwas kleiner als rechts, gute Reaktion auf Licht
und Akkomodation; Druck geringer als rechts; vollkommene
Schmerzunempfindlichkeit beim Druck auf den Bulbus; AnÀsthesie
der Cornea, der Conjunctiva und der vom ersten Ast des Trige-
minus versorgten Gesichtshaut. Die Prognose war nicht leicht
zu stellen, da so verschiedenartige Symptome vorlagen. Es wurde
eine anti-spasmodische Waschung verordnet und in der Haupt-
sache psychische Beeinflussung angewandt; vom 2. Tag an wurde
pro die 1 mg Strychnin injiziert. Der Visus besserte sich sehr
schnell, Blepharospasmus und Strabismus verschwanden; perime-
trisch konnte beiderseitig eine Einengung des Gesichtsfeldes fest-
gestellt werden, links stĂ€rker als rechts, das Feld fĂŒr Rot ist
gröĂer als das fĂŒr Blau. Nach 14 Tagen wurde Patientin geheilt
entlassen. Drei Wochen spÀter erschien sie mit denselben Symp-
iomen; dieses Mal wurde sie in vier Tagen geheilt. L u,r j e.
La Pediatria Espaflola, Madrid.
31. Dezember 1921, 10, Nr. 111.
âEncephalocele. A r q u e 1 1 a d a . A. M. 361.
Meningokokkenmeningitis. Ca vengt, S. 379.
Fall von metapneumonischer Pleuritis purulenta. M a r i s e a 1 , T. 382.
Die Encephalocele ist eine echte Neubildung, die nach einer
Theorie von Pajares dadurch entsteht, daĂ die gleichmĂ€Ăige Ent-
wicklung des knöchernen SchÀdels durch Interposilion abirren-
den Gewebes eine Unterbrechung erleidet; die einzig erfolgreiche
Behandlung der Encephalocele ist die chirurgische und zwar â
nach der zuerst von Spitzy in Graz angegebenen Methode eine
zweiseitige: Exstirpation und Autoplasie. Lurje.
II Policlinico, Rom (Sezione Pratica).
20. Februar 1922, 29, Nr. 8.
âBlutzucker bei Arteriosklerose. Botti. A. 249.
Zwei FÀlle tuberkulöser Meningitis in herniplegischcr Form. P u 1 v i 1 e n t i.
S. 251.
âDie Serotherapie bei postdiphtherischer SpĂ€tlĂ€hmung. T a n g Ii e r o n i . D.
256.
Der Blutzuckergehalt bei Arteriosklerose mit erhöhtem Blut-
druck. Die Untersuchungen ergaben eine Erhöhung des Zuckers
im Blut sowie eine Herabsetzung der Zuckertoleranz. Bei vielen
der Kranken war die Leber vergröĂert. Bei einem Teile der
Patienten bestanden SchÀdigungen des nervösen Apparates und
eine Begrenzung der MuskelaktivitÀt durch Hemiplagie. Eine
Beziehung zwischen Blutdruckerhöhung und Zuckergehalt des
Blutes anzunehmen, lehnt Verfasser ab, da die Menge des
Zuckers und der Grad der Blutdruckerhöhung keine Beziehung
aufwiesen.
Die Serumtherapie bei spÀten post-diphtherischen LÀhmun-
gen. Das Resultat der Serumtherapie bei dem vom Verfasser
beschriebenen Fall, ein Kind von 3 Jahren mit diphtherischen Er-
scheinungen am 8. Krankheitstag, ergab sehr guten Erfolg.
Cordes (Berlin
27. Februar 1921, 29, Nr. 9.
âGrundstoffwechsel. F i I i p p i n i . A. 281.
Prae- und postoperative Komplikationen bei Inguinalhernien. X a p o 1 efr
t a u o , F. 289.
Nervöse Erscheinungen bei Helminthiasis. G r i f i , V. 292.
Grundstoffwechsel. Verfasser stellt Untersuchungen am
ruhenden Menschen an zur ErgrĂŒndung des sog. Grundumsatzes,
um auf diesem âStoffwechselbefund in der Ruhe" Grundlagen fĂŒr
Versuche am Arbeitenden zu finden. Der Grundumsatz, der sich
unter gleichen Bedingungen hinsichtlich Puls, Atmung und Tem-
peratur konstant verhÀlt, bietet Anhaltspunkte in Sonderheit zum
Studium endokrinischer VerhÀltnisse, besonders des Hypo- und
liyperthyreoidismus. Cordes (Berlin
Rivista Ospedaliera, Rom.
31. Dezember 1921, 11, Nr. 24.
âSemiologie des Lungenhilus. Sforga. N. 541.
Fall von puerperaler Metritis mit Hysterektomie behandelt. M c I I e 1 1 i .
M. 551.
Landrysche Paralyse bei infektiösein Ikterus infolge Spirochaetose. A r -
m a n d o . S. 555.
Semiologie des Lungenhilus. Die Gegend des Lungenhilus ist
von auĂerordentlicher Bedeutung fĂŒr das Zustandekommen der
akustischen AtemphÀnomene. Die Entstehung des vesikulÀren
A-temgerÀusches ist hauptsÀchlich zu suchen in den Modifikatio-
nen der Schnelligkeit, der Richtung und der Menge der Luft-
ströme bei ihrer Passage durch den Lungenhilus von Röhren mit
engerem in solche mit weiterem Lumen, je nach Exspiration und
Inspiration. Dies ist nicht nur fĂŒr die Beurteilung der norma-
len Atmung, sondern auch der pathologischen VerÀnderungen von
Wichtigkeit. Bei dem frĂŒhzeitigen Ergriffensein des Lungenhilus
durch die Tuberkulose haben die hierdurch bedingten VerÀnde-
rungen der Atmung einen groĂen Wert fĂŒr die FrĂŒhdiagnose der
Lungentuberkulose, die sich aufeine genaue radioskopische, per-
kutorische und auskultatorische Untersuchung des Hilus zu
stĂŒtzen hat. Die Gegend des zweiten und dritten Interkostal-
raumes, zwei Querfinger auĂerhalb des Sternalrandes, bildet bei
pathologischen AtemgerĂ€uschen stets eine âZone des Alarms '.
L. Kanner.
La Pediatria, Neapel.
15. Februar 1922, 30, Nr. 4.
âUntersuchungen ĂŒber Agglutinine bei Typhus im Kindesalter. Ma g g i o r e.
S. 145.
Verhalten des Blutdruckes bei Keuchhusten. A n g e 1 i s âą. F. de. 152.
Beitrag zum Studium des Nahrungsbedarf des SĂ€uglings. P e s t a 1 o z /. ;i.
C. 158.
Diagnostischer Wert der Agglutininbestimmung beim Ty-
phus. Verfasser hat von Kranken stammende, sowie Labora-
toriumskulturen von Typhusbazillen mit agglutinierenden Seris
aus verschiedenen Instituten untersucht. Die Laboratoriums-
stÀmme werden viel schwÀcher agglutiniert und werden auch
durch Ueberimpfen auf verschiedene NÀhrböden nicht stÀrker
agglutinierbar. Die von den Kranken stammenden werden bald
von allen Seris (jedoch in verschiedenem Grade) bald nur von
einem, bald von gar keinem agglutiniert. Man muĂ daher die
Vidalsche Probe stets mit mehreren Kulturen vornehmen; auch
ein negativer Ausfall spricht nicht gegen Typhus, da es StÀmme
gibt, die nur von dem Serum des betreffenden Kranken selbst
agglutiniert werden. Tezner (Wien).
Jahre. â Nr. 14 15.
A u s den neuesten / e 1 1 s c h r i 1 1 e n
325
Paris medical.
KS. Februar 1923, Nr. 7.
Kiu Kapitel ĂŒber die Histogenesc der Gusch WĂŒlste: Die GeschwĂŒlste weih-
liehen Typs beim Murine, mÀnnlichen Typs bei der Krau. Menetrles
P e y r o n und I s c h. - W a I 1. i,tS.
"'«' KPKfcnwartigen Kenntnisse tiber^die histologischen RegressionsvorgÀnge
bei den mit X- und Y-Strahlen behandelten Krebsen. L 11 e a s s a g u e.
Der infektiöse Tumor der Vögel und seine Bedeutung, fĂŒr das experimentell«
Studium des Krebses. P e y r o n. 14«.
Biopsie und Krebs. Rubens-Duv a 1. 1S8.
Paris medical.
25. Februar 1922, Nr. 8.
Die Wiederherstellung der Augenhöhlen. T e r r i e u. ist.
Die Lokaliisation des Schankers. Möse a u. 159.
â Bemerkungen Uber ein neues Hypuotikum: Das Pbenylaethylbydalltoin
, sei m a und S c h w a r t z. 162.
âŠSpontane epileptifome Krisen bei der serofibrinösen Pleuritis L a u b r v
unu d I o c Ii. 166.
Phenylaethylhydantoin. Nach den dortigen Versuchen dem
Verona! und Luminal ĂŒberlegen, ohne die schweren Intoleranz
erscheinungen, die- sonst beobachtet wurden. ZweckmĂ€Ăige Dosis
0,3â0,75.
Spontane epileptiforme Krisen bei der serofibrinösen Pleu-
ritis. Beschreibung eines Falles, wo eine Pleuritis mit einem
epileptischen Anfall sich einleitete. Sammlung von 6 Àhnlichen
Hallen aus der Litera^r. Pathogenese: Vagusreiz durch die
EntzĂŒndung der Pleura. Therapie: Morphium vor der Thoraco-
centose. â c â u
v. Schnizer.
La Presse Medicale, Paris.
4. Februar 1922, Nr. 10.
De,- Unterricht im Hospital und der Lehrstuhl fĂŒr propĂ€deutische medizi-
nisene Klinik. Sergent. E. 101.
8. Februar 1922, Nr. 11.
^sĂ*» den ceryi;?-ulwi»en Karzinoms durch Hysterektomie nach R».
'I wmbehand'lung. M o n o d . R. und M o n o d . O. 113.
Aguirierte ImmunitÀt durch chronische Erkrankungen. Dufour. H. llö.
11. Februar 1922, Nr. 12.
âDie Wirkung des Radiums auf den karzinomatösei
M. 12).
âŠDie respiratorischen Variationen des arteriellen Druckes
E. und S o u 1 a . L. C. 123.
Experimentelle Grundlagen der Arsenotherapie der Syphilis auf intramusku-
lÀrem \\ ege. Pomaret. M. 124.
â reber die Anwendung des Chinidins bei der cardialen Therapeutik.
C h e l n i s s e . L. 126.
Die Wirkung des Radiums auf den karzinoniatösen Uterus,
k erf. hatte Gelegenheil, an zahlreichen FĂ€llen von Radikalope-
rationen nach mehrfacher vorangegangener Bestrahlung die histo-
logischen \ erÀnderungen zu beobachten, die das Radium auf den
l terus ausĂŒbt. Dabei zeigte sich, daĂ die Emanationen eine deut-
liche PrĂ€dilektion fĂŒr die FlĂŒssigkeitssĂ€ulen der BlutgefĂ€Ăe
haben, deren Wand eine fibrinoide Nekrose erleidet, wÀhrend das
karzinomatöse Epithel vielfach erhalten bleibt. Die Lichtung des
GefĂ€Ăes selbst und somit die Blutzirkulation bleibt unbeeintrĂ€ch-
tigt. Ferner zeigt sich eine starke Verzögerung der Phagozytose
flurch Verhinderung der Leukozytenvermehrung, die nach jeder
Gewebszerstörung einzusetzen pflegt.
Die respiratorischen Variationen des arteriellen Druckes. Bei
Untersuchung des Radialpulses mit dem elektromagnetischen
Sphygmographen ergab sich, daĂ die Druckwellen respiratorischen
Ursprungs in der Radialis am Handgelenk fortdauern, wenn man
auf den Arm einen Gegendruck ausĂŒbt, der zwischen dem Maxi-
mum und Minimum steht und im Radialpuls die Wellen kardialen
Ursprungs unterdrĂŒckt. Dieses PhĂ€nomen gilt nicht nur fĂŒr dys-
pnmsehe sondern fĂŒr alle Individuen; es grĂŒndet sich nach der
Beobachtung Pachons darauf, daĂ ein derartiger Druck den
Blulstrom gleichmĂ€Ăig macht und die systolischen SchlĂ€ge bis zur
völligen UnterdrĂŒckung unterhalb des Gegendruckes abschwĂ€cht.
Die Forldauer der respiratorischen Wellen beweist deutlich die
PermeabilitÀt der Arterie. WÀhrend eine hermetische Obliteration
schwer zu erzielen ist, können die kardialen Wellen leicht unter-
drĂŒckt werden, wenn stromaufwĂ€rts ein Gegendruck ausgeĂŒbt
wird, der höher ist als das Minimum.
Leber die Anwendung des Chinidins bei der kardialen Thcra-
geutik. Von den 3 Alkaloiden Chinin, Cinchonin und Chinidin
ist das Chinidin das wirksamste, vor allem bei vollkommener
Aryth mie durch Vorhofsflimmern; in wenigen Stunden wird so-
Uterus. L e t u i 1 e .
Cons tantin,
wohl Rhythmus wie Schlagzahl normal, wenigstens in der Mehrzahl
der FĂ€lle. (01%). Die Anwendung geschah so, daĂ .'( Tage lang
1,25 g bis 1,50 g Chinidinsulfat mehrmals in 21 Stunden gegeben
wurde. Zeigte sich kein Erfolg, wurde die Therapie aufgegeben,
im andern Falle wurde dann 10 I I Tage lang tÀglich 1 g gegeben,
dann abwechselnd 4 Tage lang Digitalis in kleinen Dosen und
5 Tage lang 1 g Chinidin. Nach 2 Buhetagen derselbe Zyklus
mehrere Monate hindurch. Gleichzeitige Anwendung v on Digitalis
und Chinidin ist ein therapeutischer Irrtum, dagegen empfiehlt
sich eine Vorbehandlung mit Digitalis bei schwerer Herzinsuffi-
zienz, um die Energie zu heben. Da Nebenerscheinungen wie
Diarrhoe und Erbrechen zuweilen auftreten, empfiehlt es sieh, den
Kranken wÀhrend der Behandlung genau zu beobachten, doch
haben die beunruhigenden Symptome keine ernstere Bedeutung.
Haber.
Lyon Medical, Lyon.
10. Februar 1922, 131, Nr. :;.
â Milchinjektioneai bei Bubouen. B 0 D n e t V. M. und -I U i i n . ' P, Vi.
Betrachtungen ĂŒber Bubonen, die mit Milch-Injektionen be-
handelt wurden. Die Verff. sehen von jeder theoretischen Er
örterung ab und beschrÀnken sich darauf, die von ihnen ge-
sammelten persönlichen Besultate wiederzugeben. Die gewÀhlte
Technik war denkbar einfach. Die Sterilisation der Milch er-
folgte durch Kochen im Wasserbad, injiziert wurden 5 cem sub-
cutan, nachdem man sich jedesmal ĂŒberzeugt hatte, daĂ die Ka-
nĂŒle nicht in einer Vene steckte. Immer wurden die Injektionen
gut vertragen; lokal bestand geringe Schmerzhaftigkeit und
Bötung, beides von kurzer Dauer. Temperatursteigerungen waren
inkonstant und ebenfalls rasch vorĂŒbergehend. Was das thera-
peutische Ergebnis anlangt, so ist vorauszuschicken, daĂ nur
13ubonen im wirklich entzĂŒndlichen Stadium zur Behandlung
kamen. Bei all diesen war eine rasche BĂŒckbildung der ent-
zĂŒndlichen Erscheinungen zu verzeichnen. Wenn auch die ge-
ĂŒbte Behandlung die Eiterproduktion nicht immer zu verhĂŒten
vermochte oder die Resorption des Eiters provoziert hat, so gab
sie doch dem EiterungsprozeĂ einen ausgesprochen milden Ver-
lauf. Eine gesetzmĂ€Ăige Beziehung zwischen der StĂ€rke der
Allgemeinreaktion und dem therapeutischen Resultat lĂ€Ăt sich
nicht aufstellen. Held (Berlin).
Archives de Medecine des enfants, Paris.
MĂ€rz 1922, 25, Nr. 3.
âSaccharosurie bei Cholera infantum. W o r i u g e r . P. 129.
âTuberkulose, des Herzens beim Kinde. K o r y b u t - D a szkie'wlc /.
B. 150.
Mongolische Idiotie. Vaugiraud, M. de. 158.
Pottsche Krankheit mit umfangreichem MediastinalabszelJ. Barbier.
H. und A rbei t. 163.
Die Saccharosurie bei der alimentÀren Intoxikation. Bei der
schweren akuten ErnÀhrungsstörung des SÀuglings findet man
fast immer gesteigerte DurchlĂ€ssigkeit der Darmwand fĂŒr Rohr-
zucker. Im Beginn der Erkrankung bestehen keine gesetzmĂ€Ăigen
Beziehungen zwischen dem Grade der DurchlÀssigkeit und der
Schwere des Krankheitsbildes. Dagegen ergibt die Beobachtung
des Verlaufs gesetzmĂ€Ăige Beziehungen der Art, daĂ bei zu-
nehmender Schwere der Erkrankung die Zuckerausscheidung an-
steigt, wÀhrend sie bei Erholung der Kinder bald aufhört Im
umgekehrten Sinne wie die Zuckerausscheidung schwankt die
Harnmenge. Die DurchlÀssigkeit des Darms ist also einer
schnellen Heilung zugÀnglich. Sie scheint! nicht die Ursache der
Intoxikation zu sein.
Die Tuberkulose des Herzens beim Kinde. Bericht ĂŒber einen
Fall von Tuberkulose des Herzens bei einem Kinde von 1 Jahr
8 Monaten, das plötzlich starb und bei der Obduktion ein ge-
platztes etwa nuĂgroĂes Aneurysma der Herzspitze aufwies, in
dessen NĂ€he sich noch ein erbsgroĂer tuberkulöser kĂ€siger Herd
mit' beginnender Verkalkung fand. Kleine Tuberkel fanden sich
auch auf dem Endokard des linken Herzens. H. Vogt.
The British med. Journal, London.
25. Februar 1922, Nr. 3191.
âDie Prostatahypertrophie. Walker. K. M. 297.
âStoffwechsel bei Kindern wĂ€hrend einer Freiluftkur, Heliotherapie -der
Balneotherapie. Hill. L.. Argyll Campbell. .1. und D m u -
v a i n . H. 301.
Streptokokkeninvasion durch Mund und Nase. B ding ton. D. C 'i04.
Die Resultate der Sanatoriumbehandlung der Tuberkulose. Burl 0 n V « u -
Hing. F. W. und F a n n i n g , W. J. 306.
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 14/15.
Haemorrhagische Kolitis. Keorg Braut. 3. W. 308.
Der intrapleurale Druck beim artifiziellen Pneumothorax. L a w s o n. J. 309.
Ein Fall von Megakolon. F 1 i n t , E. R. 31U.
(jrastvoenterostomie und Diiit. 0 ' C o n o r , J. 310.
Erblindung nach Influenza. Hill A a i t k e n , J. 311.
DuodenalgeschwĂŒr bei einem SĂ€ugling. Y o u n g . H. G. K. 311.
Ein Fall von Trypanosomiasis geheilt durch Antimon. Bassett Smith,
P. 311.
Die Prostatahypertrophio. Es ist unmöglich, die Hyper-
trophie als eine Folge einer einfachen chronischen EntzĂŒndung
aufzufassen. Ebensowenig glaubt Verf., daĂ der Krankheit eine
Tumorbildung zugrunde liegt'. Er glaubt, daĂ die Hypertrophie
eigentlich eine fibroepitheliale Entartung ist, die bei der Frau
ein Analogon in der seroeys tischen Degeneration der Brust hat.
Die Ursache der Erkrankung ist unbekannt. DaĂ hier endokrine
Faktoren eine Rolle spielen, isi1 wahrscheinlich. Es ist sehr merk-
wĂŒrdig, daĂ die Krankheit bei Mongolen und Negern fast ganz
unbekannt ist.
Stoffwechsel bei Kindern wÀhrend einer Freiluftkur, Helio-
therapie oder Balneotherapie. Der Stoffwechsel von Kindern mit
chirurgischer Tuberkulose wurde genau untersucht. Es stellte
sich heraus, daà wÀhrend einer Freiluftkur der Stoffwechsel bis
40 % IntensitÀt zunimmt. Die Steigerung durch Heliotherapie war
viel weniger intensiv. Auch durch BĂ€der steigt der Stoffwechsel
ganz betrÀchtlich. Koopmann (Haag).
The Lancet, London.
{25. Februar 1922, 202, Nr. 5139.
Da« Farbensehen. Edridge Green. F. W. 357.
Spasmen des Verdauungsapparates. de Bec Turtle, G. 361
Gamma-Strahlen und maligne GeschwĂŒlste. Morton. R. 364.
*J*Tiefenbestrahlung des Krebses; ein persönlicher Eindruck aus Erlangen
Kingsley Ward, H. 366.
Ein Fall von Sklerema neonatorum. B o u r n e . E. 368.
âDie Anwendung der Korrelationsmethode bei der Harnuntersuchung. Po-
well White. O 369.
Ein ungewöhnliches Ereignis wÀhrend einer Appendektomie. Porter.
F. J. W. 371.
Ein Fall von Puerperalsepsis-Heilung. Robinson. J. H. 371.
Tiefenbestrahlung des Krebses. Verf. betrachtet die Behand-
lung nach Krön ig, Friedrich, Seitz, W i n t z u. a.
als einen auĂerordentlichen Fortschritt. Da aber die fihera-
peutische und die gefÀhrliche Dosis nicht weit von einander
liegen, soll die Methode nur von speziell ausgebildeten Fach-
Ă€rzten ausgefĂŒhrt werden.
Die Anwendung der Korrelationsmethode bei der Harnunter-
suchung. Die Harnanalyse kann nur die Frage beantworten,
welche Ionen und welche Radikalen im Harne gelöst sind, nicht
aber, zu welchen Substanzen sie verbunden sind. Verf. hat ver-
sucht festzustellen, ob zwischen der Ausscheidung verschiedener
Substanzen eine Korrelation besteht. Wenn z. B. eine Korrela-
tion zwischen der Ausscheidung von Na und P2 05 besteht, darf
man glauben, daà Natriumphosphat im Harne gelöst ist. Es
hat sich nun herausgestellt, daĂ Na, K und Cl, zusammen mit
dem Wasser und also wahrscheinlich durch die Glomeruli den
Körper verlassen. Die Ausscheidung von Harnstoff, HarnsÀure und
Schwefel geht unabhÀngig vom Wasser vor sich und geschiieht
wahrscheinlich durch die Tubuli. P2 05, Mg und Ca scheinen
sowohl durch die Tubuli als durch die Glomeruli ausgeschieden
zu werden. Es ist deshalb nicht wahrscheinlich, daĂ die Harn-
sÀure als Na-Urat im Harne vorkommt; es ist wahrscheinlich,
daĂ Kalzium- und Kalium-Urate vorkommen. Kalium wird aber
vor allem in Chloriden ausgeschieden. Natrium ist als Chlorid,
Phosphat und Sulfat im Harne gelöst. Kalzium und Magnesium
werden als Chloride, Phosphate und Sulphate, vielleicht auch
als Urate ausgeschieden. Alkalisalze der AetherschwefelsÀure
scheinen nicht vorzukommen. Koopmann (Haag).
The Journal of Pathology and Ăacteriology, Edinburgh.
Januar 1922, 25, Nr. i.
â Baz. Welchii. das Haemotoxin und die Xeuhalisation mittels Antitoxin.
Henry, H. 1.
Der EinfluĂ von verdĂŒnnten SĂ€uren auf das bakterielle Wachstum in opti-
maler Hionen-Konzentration. Hall. Walter .T. und FrÀser. A. D. 19.
Fettige VerÀnderungen in Leber, Herz und Niere. I m r i e . ('. G. 26.
Eine Tuberkulose-Àhnliche Erkrankung bei einem Moeresfische mit sÀure-
festen Bazillen. Sutherland, P. L. 31.
âșJ»Die Wa R mit aktivem Serum. Browning, ('. IT.. D u n I ff p , E. M.
und Kenn a w a y . E. L. 36.
Klassifikation der Laktose vergÀbrenden Organismen in KÀse. Waaser und
MĂ€Jch. R e d m a r . T. 63.
Studien ĂŒber heterophiles Antigen und Antikörper. T a n i g u c h i. T. 71.
*$*BlutplÀttchenantiserurn. seine SpezifizitÀt und .-eine Rolle bei der experimen-
tellen Purpura. Bedson, S. P. 94.
Beitrag zur Kultivierung des Gonokokken. J e n k i n s . ('. E. in.").
Die WaR mit aktivem Serum. Seren, die aktiviert eine neg i
live WaR geb*n, können, wenn aktiv, positiv reagieren. Das er
scheint durch den Alkohol des Antigens verursachi zu werden.
Es gelingt, jedes Serum positiv zu machen dadurch, daĂ eine
genĂŒgende Menge Aethyl- oder Methylalkohol zugefĂŒgt wird. In
einigen FĂ€llen ist die ZufĂŒgung von Alkohol zu einem Serum ge-
nĂŒgend, um eine positive WaR zu bekommen; in anderen FĂ€llen
ist es auch nötig, Lipoide zuzusetzen. Jedenfalls sollte man nie
eine Wa R mit aktivem Serum ausfĂŒhren.
BlutplÀttchenantiserum, seine SpezifizitÀt und seine Rolle bei
der experimentellen Purpura. Verf. hat die verschiedenen Sub-
stanzen des Blutes bei Tieren eingespritzt und so Antisera gegen
die verschiedenen Elemente erhalten. Nur das AntiplÀltchen-
serum gibt bei Einspritzung Purpura. WTenn man, z. B. durch
Einspritzung von Gelatine bei Kaninchen, die Zahl der PlÀttchen
verringert, entsteht keine Purpura. Die Purpura durch Ein-
spritzung von AntiplÀttchenserum kommt durch zwei Faktoren
zustande: 1. Toxische Wirkung auf das GefĂ€Ăendolhel. 2. Ver
ringerung. der BlutplÀttchen. Koopman (Haag).
The Journal of the American Medical Association, Chicago.
18. Februar. 1922, 78, Nr. 7.
âąHJereteren-Obstruktion. San es, K. I. 47,">.
Die Diagnostische Bedeutung der Volumensleistung .on Tag- und Nacht-
Urin. Jones, H. W. 177. ,
^HĂ€matogene Staphvhikokkeninfektion nach Hautherden. Phemister.
D. B. 480.
ErnÀhrungsfragen bei Ekzem im SÀuglingsaltcr. Sc ottO'Kee f e , F.. 1-3.
âąH'orpus Luteum-Extrakt in der Behandlung de- Schw augerschaft-cihrechens.
K i n g , E. L. 484.
Empyem der Highmorschen Höhle nach Zahnextraktion. Lyons, H. K. (86.
Ausbruch einer Ikterusepidi mie. Hiscoek. 1. V. und Rogers. <>. K.
488.
' Die Schickprobe. Z.ingher. A. 490.
âąfrScktionsbefunde in 12 FĂ€llen von Pest. Hart m a n, H. und B o w ie . A. 493.
Augioneurotisches Oetlem. Mcl'lvaine. .1. 497.
Fall von Akromegalie. Benjamin. .1. E. 499.
Multiple HirnnervenlÀhmung nach extrakranieller Erkrankung. P o 1 1 o c k.
L. J. 502.
Ureterenstrikturen. Die hÀufige Fehldiagnose bei l'reter-
slrikturen ist einmal auf die verschiedenen Àtiologischen Fak-
toren, das andere Mal auf die anatomischen VerhÀltnisse zwi-
schen Ureter und den benachbarten Organen zurĂŒckzufĂŒhren. In
der Regel werden Appendizitiden angenommen, und erst, wenn
nach erfolgter Operation die betreffenden Patienten von ihren
Beschwerden nicht befreit sind, ergibt eine genaue Nachunter-
suchung das Vorhandensein von tJreterstrikturen. Verf. fĂŒhrt
fĂŒr diese Auffassung drei typische Krankengeschichten an. Dia-
gnostisch wichtig ist eine genaue Anamnese. Besonders charak-
teristisch ist es, daĂ die Patienten ĂŒber kontinuierliche Schmer-
zen klagen, die meistenteils vom RĂŒcken nach der Blase aus-
strahlen, ferner werden hĂ€ufig Angaben ĂŒber Harndrang, Harn-
verhaltung oder Inkontinenz gemacht. Zuweilen bringt eine ge-
naue physikalische Untersuchung Klarheit, mit Sicherheit wird
man aber die Diagnose erst auf Grund einer genauen Urinunter-
suchung, mit Hilfe der Zystoskopie, des Ureterenkatheterismus,
des Röntgenograms und der Urographie stellen.
SekundÀre hÀmatogene Staphylokokkeninfektionen von der
Haut ausgehend. Es gehört durchaus nicht zu den Seltenheiten,
daà sich im Anschluà an relativ leichte und oberflÀchliche Haut
wunden (Pyodermien* kleinen Abszessen usw.) eine Staphylo-
kokkeneinschwemmung in die Blutbahn vollzieht. Es kann dann
zu Osteomyelitis, zu multiplen Nierenabszessen, perinephritischen
Abszessen oder zu einer Myositis kommen. Verfasser hat aber
auch einige FÀlle beobachtet, in denen der primÀre Herd nicht
ausfindig zu machen war. Es liegt die Vermutung nahe, daĂ in
solchen FĂ€llen die Infektionsquelle vielleicht in den ZĂ€hnen zu
suchen ist. DaĂ von hier Streptokokkeninfektionen ausgehen
können, ist in neuerer Zeit von verschiedenen Autoren bewiesen.
Auf Grund tierexperimenteller Untersuchungen glaubt Verf., daĂ
gewisse StÀmme zu bestimmten Krankheitsprozessen besondere
AffinitÀt haben. So konnte man mit StÀmmen, die beim Men-
schen Veranlassung zu osteomyelitischen Prozessen gegeben
hatten, beim Tier gleiche osteomyelitische Prozesse kĂŒnstlich er-
zengen.
Erfahrungen mit Corpus Luteum-Extrakt bei der Behandlung
von Schinna» srs< haftserbreehen. Im Gegensatz besonders zu
Aus den neuesten Zeitschriften
32?
10. Jahrg. â Nr. 14/15.
Ilirsi hai Verfasser in einer Reihe von FĂ€llen keine Erfolge
von Corpus Luteum-Extrakl sehen Können. Wenn auch einige
ganz leichte FĂ€lle geheilt wurden, so trifft das fĂŒr mittelschwerc
oder schwere FĂ€lle hol/ ziemlich reichliche] Dosierung in dem
'Material des Verfassers nichl zu. Dieselben MiĂerfolge sah Ver-
fasser bei der Anwendung von Ovarialexlrakl, Pferdeserum oder
Epipephrineinsprilzungeii
Sektiontsbcfunde von 12 PestfĂ€llen. Verfasser berichten ĂŒber
die anatomischen Befunde bei II hallen von Bubonenpest und
einem Fall von Lungenpest. Die genauen histologischen Befunde
eignen sich nicht zu einem kurzen Referat. Im allgemeinen kann
gesagt werden, dali die Verfasser wesentlich neue Befunde nicht
mitteilen. K À c kell Hamburg
Archives <>f International Medioine, Chicago.
Iii. Januar 1922, 29. Nr. I.
â Motorisches PhĂ€nomen am normalen Magen sowie bei Gregcuwart eines Ulcus
pepticum Nuoroskopisch beobachtet. Ii e y n ö 1 d s . 1.. und M c. C Iure
C. W. l.
Kapillare Zirkulation. F r e e <l I a n «l e r . 8. U. und I. e n Ii a r t , ('. II. 12.
âProteinbedarf bei Tuberkulose. M t. C a u u . W. S. 33.
âChinidin bei Vorhofflimmern. Eyster, J. A. E. und Pa Ii r . fi. K. r>fl.
Tuberkulose des Herzens. WeiĂ, E. 64.
Intravenöse Injektionen hypertonischer Salzlösungen in FĂŒllen Nun Venro-
syphilis. W y n n . .T. 72.
Stoff wrchscluutcrsuchungen bei progressiver pseudohypertiöphischer Muskei-
dystrophie und anderen Muskclatrophien. (t i l> 9 0 n . R. B.. M a r t i n .
F. T. und Rennselaer B u e 11 . M. ra n. 82.
Stickstoffbedarf bei Diabetes mellitus. M a r s Ii P. 1... N e » h a r u h .
L. H. und Holly, L. E. 97.
Mykotische embolische Aneurysmen peripherer Arterien. R i c Ire y , <'.. de
Wayne und Mac Lach 1 an. W. W. (i. 131.
IHe motorischen Erscheinungen bei normalen MĂ€gen und bei
Ulcus pepticum, beobachtet im Röntgenschirm. Röntgenunter-
suchungen bei normalen Menschen und Patienten mit Schmerzen
bei I leus pepticum ergaben, daà die MotilitÀtsvorgÀnge des Ma-
gens in krankhaften Zustanden etwas von der Norm abwichen.
Ks gibt im Röntgenbild aber keine motorische Erscheinung, die
man als typisch fĂŒr Ulcus bezeichnen könnte. Die abnormen
motorischen Vorgange dĂŒrfen nicht fĂŒr den Schmerz verantwort-
lich gemacht werden. âą
Der Proteinverbrauch bei Tuberkulose. Durch Stoffwechsel-
Untersuchungen an Tuberkulösen fand der Verfasser, daà bei
einer DiĂ€t, die pro die 62 â 93 g EiweiĂ. 150 g Fett und 150 2
Kohlehydrate 2.">(X) Kai.) betrug, Stickstoffgleichgewicht erzielt
werden kann. Mehr als 90 g Prolin taglich zu geben, bringt
keinen sichtbaren Nutzen.
Beobachtungen ĂŒber die Wirkung von Chinidin bei Vorhofs-
If Ummern. Bericht ĂŒber 2 FĂ€lle von Vorhof sflimmern, bei denen
nach den Angaben von Frey Chinidin verabfolgt wurde. Chini-
din hat bei jenen FĂ€llen von Vorhofsflimmern. die nicht durch
vorgeschrittene valvulÀre oder myokarditische Insuffizienz kom-
pliziert sind, ausgezeichnete Wirkung entfaltet, Das Mittel soll
aber mit gröĂler Kritik und unter dauernder klinischer Kontrolle
Elektrokardiogramm angewandt werden. In FĂ€llen schwerer
chronischer Herzerkrankungen sollte Chinidin nur im Stadium
völlig wiederhergestellter Kompensation gegeben werden, da es
leicht zu einer Störung wieder beginnender Kompensation fĂŒhrt.
Li F a r m e r L o e b.
The Journal of Medical Research Boston.
Oktober-Dezember 1921, 42. Nr 5
Experimentelle Erzeugung funktioneller Hypertrophie von Ganglienzellen.
Colli e r . W. D.
â Her EinfluĂ der (ilvkogcnstnpcluug auf die Autolyse des Lebbrgewebcs.
Simonds. 3, Pâ Re irling. F. 11. und Hart. H. H.
Experimentelle Pigmentcirrhose durch Kupfer und ihre Beziehungen ziu
Haemochromiftose. M a 1 1 o r >âą . F. lt.. P a 1 1< e r . P. und N" 5 c . R. V
âHcterotransplantation der Linse und der Hornhaut, P leishc r, M. s.
Die Reinigung und Konzentrierung des Sehweinecholera-ImmunseTOins durch
Kxsikkation. I) 11 \ al. C. W. und Couret, M.
TrĂŒbe Schwellung., ein RaiWorgang. I> a \ 1 d rn a (i n \. und [) 0 1 1 e > .
D. H.
Der KinfluĂ der Glykogenstapelung auf die Autolysc des
Lebergewebes. Die glykogenfreie Leber von Hunden, die mit
Phlorizininjektionen vorbehandell waren, zeigte in vitro eine ver
mehrte Autolyse gegenĂŒber der Leber von normalen Kontroll
lieren und besonders im Vergleich zu Lebergewebe von Hundi n
bei denen durch Verbitterung groĂer Zuckermengen eine starke
ĂŒlykogenanreicherung bewirkt worden war Der Glykogengehall
Wurd6 durch histologische I nlersurhung nach. Best gefÀrbt ei
Schnitte bestimmt,
rleterotrans plan tat ion von Linse und Cornea In frĂŒheren
Untersuchungen konnte Verf. nachweisen, daĂ bei bomoioplasti
scher Transplantation der Linse im (iegensalz zu einer sojchen
der Cornea die gewöhnlich zur Beobachtung kommenden Unlei
schiede der Gewebsreaktionen gegenĂŒber autoplastischer Tram
plantatipn nur wenig in Erscheinung treten Als Ursache dieses
Verhaltens war angenommen worden, daĂ das Linsengewebe in
erster Linie sich durch organspezifische Merkmale an zeichne
und dei an das einzelne Individuum geknĂŒpften Spezilizilal en1
hehre. Zur weiteren KlÀrung dieser Frage unternommene Vcr
suche mit lleterotransplanlalion brachten folgende Ergebnisse:
das Epithel heterotransplantierter Linsen erhall sich deutlich
langer als dasjenige der Cornea unter gleichen Bedingungen
Hierbei scheint die Linsenkapsel eine deutliche schĂŒtzende Rolle
zu spielen: die Gewebsreaktionen in der Umgebung heieroplastiscb
Iransplantier! er Linsen unterscheiden sich nicht merklich von
den Reaktionen anderen helerolransplantierten Organgeweben
gegenĂŒber. Somit erleidet die Annahme der ĂŒberwiegenden Or-
gnnspezifizitÀt der Linse eine gewisse EinschrÀnkung; möglicher
weise spielt auch bei den obenerwÀhnten homoioplastischen Trans-
plantationen die Linsenkapsel eine entscheidende Rolle, der gegen-
ĂŒber die immunbiologische Organ spezifizi tat zurĂŒcktritt.
Wo! ff (Hamburg .
The Journal of Laboratorv and .Clinical Medicin, St. Louis.
Januar 1922. 7. Nr. -1.
Bestimmung des. örundStoffwechsels und die technischen RrhwteriĂkeite'i:
Jones, H. M. 191.
â Der EinfluĂ der VerschlieĂung der Kulturen auf die Sporenbilduhgi I*" I u
r e n C e , L. 199.
Die Entfernung der Mikroorganismen aus Hinter. \[ e n d e I s " Ii 11 .7
W. 208.'
Die Synthese von Arspbcnamin. Meyers. C. X. 215.
Ekle experimentelle Untersuchung ĂŒber die pharmakologische VktivitĂ€f von
Proben von Infus. Digitalis. Pharm. U. S. IX. B 1 i s S. A. Ii. 225.
chronische Nephritis mit sehr starker S-t.i c k « tot'f re ten t i 011 . WeiĂ. E. und
O a r u e r . V. C. 229.
Ein Fall von Sublimatvergiftung. P unk. E. II. und W e i 1; . K. 2.18.
Ein neuer Mikrokolommeter. Myers, V\ 0. 237.
RatschlĂ€ge fĂŒr das Arbeiten mit in Paraffin eingebettetem Material N Ii 1 t-
m a n . R. C. 240.
Der EinfluĂ der VerschlieĂung von Kulturen auf die !Sporen-
bildung. Durch einfaches VerschlieĂen der Röhrchen mit Siegel
lack wird die .Sporenbildung gehemmt und die Mehrzahl der
vegetativen Formen der Aeroben und der Fakultativ-Anaeroben
getQtejt; die VerschlieĂung hat keinen EinfluĂ auf die Obligat-
Anaeroben. Das Verhalten der verschiedenen Bakterienarten ist
dabei nicht ganz einheitlich Koopman Haag
Bulletin of the Johns Hopkins Hospital. Baltimore.
Februar 1922. 33. Nr. 372.
Immunologische Reaktion auf die Kence- Joncs'schen EiwoiĂkörpei
B a y n e - .1 o u c s und Wilson, I). W. 37.
Vaws (Framboesia tropica). MoĂ, W. L. und B i g e 1 o « . (i. H. 43.
â Fall von ChromsĂ€ure- Nephritis. M a j or, R. II. ."ili.
âAnpassung der Bakterien an das Wachstum auf menschlichen Schleimhaut
membranen mit besonderer RĂŒcksicht auf die Rachenflora bei Kindern.
B I o o m f i e I d . A. L, Gl.
Dcrinoidzypte des Ovariums. M a r t /, I o f l !,'. K. II 66.
Untersuchungen an einem Kall von ChromsÀuirenephritis. Im
Anschluà an die lokale Applikation reiner ChromsÀure auf ein
ausgedehntes, zuvor mit dem scharfen Löffel cĂŒrettiertes Wangen -
karzinom entstand eine schwere, innerhalb von 30 Tagen zum
Tode fĂŒhrende Nierenaffektion rein tubulĂ€ren Charakters: die
histologische Untersuchung der Nieren ergab ausgedehnte Zer-
störung des Epithels der Tubuli, die schwersten VerÀnderungen
zeigten die gewundenen tlarnkanĂ€lchen. GeringfĂŒgige sklerotische
VerÀnderungen einzelner Glomeruli sowie eine gewisse intersti-
tielle Bindcgewebsvermehrung könnte auf Rechnung des hohen
Alters des Patienten zu setzen sein. Die wÀhrend der ganzen
k rankheitsdauer vorgenommenen fortlaufenden Untersuchungen
des l'rins und des Blutes fĂŒhrten zu folgenden Ergebnissen: die
Urinausscheidung war nach anfÀnglicher, kurzer Oligurie eher
vermehrt, das spezifische Gewicht war niedrig, die Ausscheidung
des Stickstoffs, der Chloride, der Phosphate, sowie des Kreatinins,
der HarnsÀure, des Harnstoffs war deutlich verringert. Eine
gelegentlich beobachtete Glykosurie zeigte keine AbhÀngigkeil
328
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 14/15.
vom Blutzuckerspiegel. Im Blut waren die Werte fĂŒr Harnstoff,
anorganische Phosphate, AminosÀuren und Kreatinin stark erhöht!,
die HarnsĂ€urewerte ebenfalls ĂŒbernormal. Die KohlensĂ€ure-
spannung des Plasmas war vermindert, als Ausdruck einer
Acidose. UrÀmische Symptome fehlten vollstÀndig, ebenso Oedeme.
Die Anpassung von Bakterien an das Wachstum auf mensch-
lichen SchleimhĂ€uten, mit besonderer BerĂŒcksichtigung der
Rachenflora der SĂ€uglinge. Die bei der Geburt keimfreie Mund
höhle des SÀuglings bevölkert sich nach ganz kurzer Zeit mit
einer ĂŒppigen Bakterienflora; diese ist im Vergleich zur Flora
des Erwachsenen relativ einförmig und setzt sich im wesentlichen
aus drei Gruppen zusammen: 1. Mikroorganismen, die durch den
Saugakt) in die Mundhöhle gelangen und denjenigen entsprechen,
die auf der Haut der Erwachsenen normalerweise nachweisbar
sind (Staphylokokkus albus und aureus, Microkokkus tetragenus);
2. eine kleine Gruppe verschiedener, nur vorĂŒbergehend auf-
tretender Bakterien; 3. nicht-haemolysierende Streptokokken. Die
beim Erwachsenen hÀufig anzutreffenden haemolytischen S'Tepto-
kokken, Pneumokokken und Influenzabazillen fehlen beim Neu-
geborenen. Das regelmĂ€Ăige Vorkommen nicht-haemolysierender
Streptokokken 'spricht dafĂŒr, daĂ diese Mikroorganismen eine
weitgehende Anpassung an die in der Mundhöhle des Menschen
gegebenen Bedingungen besitzen; das eigentliche Wesen dieser
Anpassung ist uns nicht bekannt; jedoch gehi aus diesen Beob-
achtungen hervor, daĂ die grob-chemischen Wachstumsfaktoren,
wie sie im Reagenzglasversuch nachweisbar sind, manche Tat-
sache ĂŒber das Vorkommen bestimmter Bakterien unter gewissen
Bedingungen nicht zu erklÀren vermögen, daà vielmehr mit
feineren biologischen Anpassungsmomenten zu rechnen ist.
W o 1 f f (Hamburg,.
American Journal of Diseases of Children, Chicago.
Februar 1922, 23, Nr. 2.
âŠGibt es mehr als eine Art Ra âąhitis? Shipley. I'. G.. Park, K. \.,
M e C o 1 1 u m . E. V. und 8 i m m o n d s . N. 91.
âGoldkollohlreaktion hei akuter epidemischer Poliumyelitis. R e'g a n , âą J. C
und Holmes Cheney, G. W. 10".
âŠDer klinische Wert der inbaperitonealen Injektion von Salzlösung. G i t '-
t i n g s . .T. f. und D o n n e 1 1 y . J. D. 124.
HĂ€matome an den Herzklappen von KĂ€lbern. Fl orence . L. 132.
Der Einfluà der Tonsillektomie auf die ErnÀhrung. Kaiser. A. I>. 139.
Fall von FuĂgaugrĂ€n nach Diphtherie. X o r d o n M. B. und N e w m a n .
B. 142.
Gibt es mehr als eine Art von Rachitis? Wenn Ratten bei
zerstreufem Tageslicht im Laboratorium eine Kost erhalten ohne
den im Lebertran enthaltenen lebenswichtigen ErgÀnzungsnÀhr-
stoff, so kommt es bei ihnen zur Entwicklung von Rachitis unter
2 Bedingungen: bei Phosphormangel und ausreichender Kalk-
zufuhr oder bei Kalkmangel und ausreichenden â Phosphorgaben.
Unter den gleichen Bedingungen erkranken auch Kinder wohl
sicher an Rachitis, sodaĂ auch bei ihnen mit! zwei Formen von
Rachitis zu rechnen ist. Tetanie ist ein Ausdruck des Kalk-
mangels im Nervengewebe: Rachitis ein Ausdruck der Ver-
schiebung des VerhÀltnisses von Kalk zu Phosphationen im
Skelett. Tetanie kommt vor ohne Rachitis, ebenso Rachitis ohne
Tetanie. Es wird ein als ,.renale Form von Rachitis" gedeuteter
Fall beschrieben bei einem 3 ]4 jÀhrigen Kinde mit AnfÀllen, die
als urÀmische Azidose gedeutet wurden. Bei der Obduktion
fanden sich mangelhaft entwickelte Nieren und eigenartige histo-
logische VerÀnderungen der Knochen. Bei Kindern mit alimen-
tÀrer AnÀmie ist die Rachitis durch die Besonderheit ausge-
zeichnet, da B der SchĂ€del viel stĂ€rker als das ĂŒbrige Skelett
betroffen ist. Anscheinend handelt es sich audi dabei um eine
Sonderform der Rachitis.
Der Wert der fortlaufenden Untersuchung mit der kolloidalen
Goldreaktion bei epidemischer Poliomyelitis. Jeder Fall von
Poliomyelitis im akuten Stadium gab die Reaktion mit Gold-
lösung. Die Durchschnittskurven fĂŒr die ersten 2 Wochen zeigen
einen gut ĂŒbereinstimmenden Verlauf, zunehmende Reduktion bei
steigender VerdĂŒnnung der CerebrosoinalflĂŒssigkeit, mit Beginn
in der rötlichblauen Zone bei 1 : 10, Uebergang auf die lila- oder
purpurne bei 1 : 40 bis 1 : 80, ziemlich schneller Abfall in die
rotblaue bei 1 : 160 und Erlöschen der Reaktion bei 1 : 640.
Vor Ende der vierten Krankheitswoche wird die Kurve selten
normal. In 2 FĂ€llen war die Kurve noch in der 14. und 18. Woche
erhöht; in einem Fall mit mehreren RĂŒckfĂ€llen wurde noch
5 Jahre nach Krankheitsbeginn .eine bezeichnende Poliomyelitis-
kurve erhoben. Wenn die Goldchloridkurve wieder regelrecht
geworden ist. scheint das akntc Stadium der Krankheit ĂŒberstan-
den zu sein. Bei Kranken mit ausgesprochener Polyneuritis kann
die Besserung der LĂ€hmung dem Verschwinden der Goldreaktion
weit vorauseilen. Es kamen zeitliche Schwankungen im Ablauf
der Kurve in den verschiedenen Krankheitswochen vor. In den
meisten FĂ€llen ist eine Abtrennung der Poliomyelitis von ver-
wandten Krankheitsbildern, wie Meningitis, Cerebrospinalsyphilis.
endemischer Enzephalitis mit Hilfe der Goldreaktion möglich.
Der klinische Wert der intraperitonealen Anwendung von
Salzlösungen. Zur Wasseranreicherung eignen sich am meisten
die EinfĂŒhrung mit der Sonde durch die Nase oder die intraperi-
toneale Injektion. Auf letzterem Wege sollten auf einmal nicht
mehr als 300 cem zugefĂŒhrt werden; bei Kindern mit weniger
als 4 Kilo Körpergewicht besser 150 cem in wiederholten Gaben
Wasserzufuhr ist kein Allheilmittel bei ErnÀhrungsstörungen.
H. Vogt.
American Journal of Ophthalmology.
Januar 1922, 5, Nr. 1.
âLochbildung in der Maculagegend an beiden Ulgen durch eine â gleich-
zeitige â Verletzung. Li . T. M. 1.
Behandlung der Tumoren der Hypophyse. Pej er; Julius. 5.
Eine Neueinteilung der Hornhaiiterkrnnkungen. Calhoun. F. P. 8.
âZerstörende Tuberkulose im Auge eines Kindes. S t i 1 1 \v i 1 1 . H. R. 14.
â Asthenopie bei Tuberkulosis. M a g r u d e r . A. C. 16.
Augenerscheinungen bei Enzephalitis epidemica. F o - t e r . M. h. 20,
Mclanosarkom der Chorioidea. I- e v y . Louis. 24.
Seborrhoe der Meihom-DrĂŒsen. C o \v p e r , H. W. 25;
âGewisse Erscheinungen am Augcnhintergrnnd hei Tuberkulösen. Patter-
s o n . J. A. 30.
âKeratitis disziformis nach Blattern. Smith. C. L. 32.
Lochbildung in der Maculagegend an beiden Augen â durch
eine Verletzung. Ein 22 jÀhr, chinesischer Soldat wurde beim
FuĂballspiel vom Ball mit groĂer Gewalt gerade ins Gesicht ge-
troffen. Die Eigenart der Gesichtsbildung bei Chinesen (flache
Nase, wenig vorstehender oberer Augenhöhlenrand, wenig tief
liegende (in diesem Falle sogar etwas vorsiehende Augen) er-
möglichte die gleich zeitige und gleich artige doppelseitige
BeschĂ€digung der Augen in der Netzhautmitte. â Der Fall ist
bisher wohl" einzigartig in der Literatur. Westliche Spiele der
genannten Art waren bisher in China noch wenig geĂŒbt.
Zerstörende Tuberkulose im Auge eines Kindes. 4 jÀhriges
Kind. Amerikaner, in der Familiengeschichte nichts VerdÀchtiges.
Wa. Probe negativ, Pirquet mild positiv. Keine Ursache
auĂer âErkĂ€ltung". Die Krankheit begann als Iridozyklitis,
schritt rapide fort. ' Nach 7 Wochen wurde Herausnahme des
Auges erforderlich. Die mikroskopische Untersuchung ergab
als Ursache einen tuberkulösen Prozeà (ausgehend vom Strahlen-
körper). Das Auftreten derartiger Tuberkulose schon im Alter
von 4 Jahren muĂte als ungewöhnlich erscheinen. Differential-
diagnostisch stand Tumor in Frage.
Asthenopie bei Tuberkulose. Bei 184 genau daraufhin be-
obachteten frĂŒheren Soldaten mit sicherer Lungentuberkulose
wurde sehr hÀufig Asthenopie mit erheblichen Beschwerden, doch
keinen objektiven VerÀnderungen an den Augen mit Ausnahme
kleinster Fehler der Augenbrechung und des Muskelgleichgewich-
tes gefunden. Die Augenstörung ist dann ein Zeichen der all-
gemeinen SchwÀchung des Organismus, die zu beachten und eine
dankbare Aufgabe fĂŒr die Therapie ist. VerĂ€nderungen am
Augenhintergrunde. insbesondere eine Erweiterung der Venen
wurden nicht gesehen.
Gewisse Erscheinungen am Augenhintergrund bei Tuberku-
lösen. Im Gegensatz zum Verfasser des vorerwÀhnten Aufsatzes
wird auf Grund der Beobachtungen an 325 FĂ€llen angenommen,
daà Erweiterung und leichte SchlÀngelung der Venen am Augen-
hintergrunde bei Tuberkulösen und auch bei Tuberkulöse-ge-
fÀhrdeten Personen fruit Tbk. in der Familienanamnese) eine
hÀufig festzustellende und charakteristische Abweichung dar-
stellt. Verf. fordert zur NachprĂŒfung durch seine Fachgenossen
auf.
Keratitis disziformis nach Blattern. Klinischer Bericht ĂŒber
vier FĂ€lle. Dreimal trat die Erkrankung einige Wochen nach
Genesung von Pocken auf. Im vierten Falle war die Er-
krankung ohne bekannte Ursache entstanden. (Verletzung der
Hornhaut durch einen das Auge streifenden Strohhut wurde
snÀter als möglich angegeben.) In zwei von den ersterwÀhnten
FĂ€llen ging das Auge durch eintretende Komplikationen infolge
Sekunda reiaukom verloren. SĂ€mtliche â Kranken standen im Alter
von 16â33 Jahren. Juni u s.
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, öerlin W 50
Verlag von HAN S PUSCH. Berlin SW 46, Wilhelm - Sira&e 20 / Fernsprecher: LĂŒtzow 9057
Nr. 16/17 Berlin, den 3. Mai 1922 40. Jahrgang
Dar Verlag behĂ€lt sieb das ausschlieĂliche Reeht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der Originalbeitrage innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist ver.
Aus dem UniversitĂ€tsinstitut fĂŒr ImmunitĂ€tsforschung Hamburg-
Eppendorf (Prof. Dr. Hans Much).
Zur Frage der Antikörper gegen Fettstoffe.
Von H a n s M u c h.
Von orthodoxer Seite wird zeitweilig immer wieder ver-
sucht, gegen die Anti-Lipoide und Antifette (spezifische Li-
pasen) Sturm zu laufen. Da es nicht anders geht, mit arm-
seligen Meerschweinversuchen. Es ist kaum etwas anderes,
als Scheu vor der Wahrheit, wenn sich die Betreffenden
Ă€ngstlich und geflissentlich vom Menschen fernhalten und
um so fauter ĂŒber Meerschweinchen die Stimme erheben.
TatsÀchlich besteht denn nun auch schon eine Literatur
von gewaltiger Ausdehnung, die das Dasein der Antilipoide
und Antifette nicht nur auĂer Frage stellt, sondern ihre her-
vorragende und zum Teil ĂŒberragende Bedeutung ĂŒber-
zeugend dartut. Teils ĂŒber HĂ€molyse, Komplementbindung,
Bakteriolyse, teils ĂŒber Zellreaktionen. MerkwĂŒrdigerweise
sind all diese Arbeiten wenig bekannt und werden hÀufig
geflissentlich verschwiegen.
Nachdem Bang und F o r Ă m a n n die Existenz eines
Lipoidantikörpers bei der HÀmolyse zuerst nachgewiesen
hatten, waren es Much und seine Mitarbeiter, die in aus-
gedehnten Versuchen und Untersuchungen das Dasein des
bakteriellen Antilipoids bewiesen und seine Wichtigkeit fĂŒr
die biologischen Geschehnisse bei den Krankheiten, vor
allem bei der Tuberkulose festlegten. Fast gleichzeitig fand
Citron die Antilipoide bei Tuberkulose, H. Meyer bei
Bandwurm; B e r g c 1 kam dann spÀter.
Die Entdeckung der Antikörper gegen Bakterienneutral-
fctte muĂ ich als einen bescheidenen Beitrag zur Biologie
allein fĂŒr mich in Anspruch nehmen. Nachdem somit die
bakteriellen Antilipoide und Antifette einwandfrei festgestellt
waren, wurde darauf die Partigenlehre aufgebaut, die eben
deshalb in ihren GrundzĂŒgen unbedingt sicher ist (D e y c k e
und M u c h).*)
Der Tuberkelbazillus erhÀlt seine Widerstandskraft von
der Eigenart seiner fettartigen Bestandteile. Es ist also klar,
daà die KrÀfte, die sich gegen den Fettanteil zu richten ver-
mögen, fĂŒr den Körper die wichtigste biologische Waffe
gegen Erreger und Krankheit bedeuten mĂŒssen. Es ist ge-
radezu unglaublich, wie man an dieser logischen SchluĂ-
folgerung vorbeigedacht und vorbeiexperimentiert hat.
DaĂ es also spezifische Antilipoide gibt, steht auĂer
Frage. Die HĂ€molyse ist eine Lipoid -Antilipoidreaktion. Die
ganze Komplcmentbindurig ist wahrscheinlich eine Lipoid -
reaktion, sicherlich die Wasscrmannsche Reaktion, auch die
Bakteriolyse.
*) Anm. Wenn nur die Triglyceride der hochmolekularen
kompliziert gebauten FellsÀuren Antikörper erzeugen, so isl das
erklÀrlich genug. Diejenigen der niederen FettsÀuren sind dem
-Blut nicht unbekannt, sie wirken lediglich als nutritiver Reiz,
wÀhrend die Fette der Erreger als ungewohnter hochmolekularer
Heiz das Gleichgewicht stark erschĂŒttern.
Eine Uebersirht ĂŒber die groĂe Literatur und die ein-
zelnen Feststellungen gibt Schmidt in Heft 4-5 der Mo-
dernen Biologie (Kabitzseh): Zur Biologie der Lipoide.
FĂŒr die Antikörperbildung ist Lipoid gewiĂ ebenso wichtig
wie EiweiĂ, wenn nicht wichtiger. Es besteht wohl eine nahe
biologische Verbindung zwischen EiweiĂ und Lipoid, so daĂ
Antikörperbildung am besten mit dieser ursprĂŒnglichen Ver-
bindung möglich ist. Es kann aber auch ein reines Anti-
lipoid nachgewiesen werden, sowohl bei der HĂ€molyse, wie
bei der TuberkuloseimmunitĂ€t. NatĂŒrlich sind fĂŒr die Tuber-
kulose Meerschweinchenversuche nicht nur entbehrlich, son-
dern falsch und ein grober Fehler. Denn es hat sich gezeigt,
daĂ diese Tiere gerade deswegen so leicht ansteckbar sind,
weil sie nicht oder kaum fÀhig sind, Lipoide und Fette zu ver-
arbeiten, also Anti-Lipoidfette zu bilden. FĂŒr die Menschen -
tuberkuloseforschung sind sie also als Versuchstier nicht nur
entbehrlich, sondern verwerflich. Ueber die Hekatomben
nutzloser und irrefĂŒhrender Meerschweinchenversuche wird
eine aufgeklĂ€rtere Zeit gewiĂ ebenso lĂ€cheln, wie wir ĂŒber
die römischen Haruspices, die aus den GedÀrmen der Tiere
die menschlichen Geschicke ablesen wollten.
Untersucht man das Serum von Tuberkuloseangesteckten
auf Komplementbindung, so findet man einen betrÀchtlichen
Prozentsatz von Reaktionen gegen die Fettbestandteile des
Tuberkelbazillus. Reaktionen gegen das Eiweià können da-
bei völlig fehlen. Das sind also einwandsfreie spezifische
Antilipoide. Diese Befunde Muchs sind von Klein-
Schmidt, A 1 t s t a e d t, S z a s z und Vielen, die ĂŒber
Partigene gearbeitet haben, grundsÀtzlich bestÀtigt und neuer-
dings von Boquel und Negre auĂer Frage gestellt. Ja,
im Pariser Pasteurinstitul benutzt man jetzt sogar au s -
s chli e Blieb die Fett he s t a n d t ei 1 e des Tuberkel-
bazillus als Antigen bei der Komplementbindungsreaktion
und findet die Reaktion so spezifisch, daĂ man mit ihrer
Hilfe aktive und inaktive Tuberkulose unterscheiden zu
können behauptet! Die deutschen Arbeiten werden dabei
ĂŒbrigens verschwiegen.
Ob man diese KrÀfte spezifische Lipasen oder Lipoid-
Feltantikörper oder Anti-Lipoide, Anti-Fette nennt, ist
ziemlich gleichgĂŒltig. Doch dĂŒrfte die letzte Bezeichnung am
wenigsten vorweg nehmen ĂŒber die Art, wie man sich die
Wirkung vorstellt. Jedenfalls ist eine spezifische Lipase da-
bei beteiligt.
Diese spezifischen Antilipoide und Antifette lassen sich
aber nicht nur im Serum, sondern auch in Zellen nach-
weisen, am besten an denen der Haut. Die Haut des Men -
sehen steht ja in engem Zusammenhang mit der Zell-
immunitÀl des Menschen. Es wurde gezeigt, daà viele Men-
schen auf die Lipoidfette mit der Haut reagieren, ohne daĂ
sie auf das TuberkelbazilleneiweiĂ zu reagieren brauchen,
daĂ diese Reaktionen noch auf auĂerordentliche VerdĂŒnnun-
gen des Fetl-Lipoids erfolgen können, daà die ReaktivitÀt
durch Fett-Lipoid-Behandlung erhöht werden kann. Ferner
zeigte neuerdings T i m m, daĂ bei bestimmter Lichtbehand-
Much: Antikörper gegen Fettstoffe
4ĂŒ. .lahrg. â Nr. 16 17.
hing die Hanl ihre ReaktivitĂ€t fĂŒr das Neulralfelt verliert, sie
fĂŒr das Lipoidgemisch stark einbĂŒĂt, wahrend sie fĂŒr das
EiweiĂ erhalten bleibt. Nicht nur die Fette selbst, sondern
auch die spezifischen An ti fette werden durch das Licht
beeintrĂ€chtigt. Dies und die Arbeiten von ĂŒber 100 Unter-
suchern am Menschen erhoben, widerlegen die klÀglichen, in
ihrer Wiederholung trostlos wirkenden EinwĂ€nde âBeimen-
gungen" von EiweiĂ seien Schuld an den Lipoidreaktionen.
Bakterielle Antilipoide und Antifette (spezifische Li-
posen) gibt es also. Sie sind beim Menschen die HaupttrÀger
des Tuberkulosekampfes aus naheliegenden GrĂŒnden. Nun
ist aber beim Suchen nach ihnen die Forschung leider in
ein unlogisches und damit verkehrtes Fahrwasser geraten,
und zwar fÀngt das schon bei dem sonst so verdienstvollen
Berge 1 an, und das ist auch Schuld an den Angriffen, die
sich Bergel gefallen lassen muĂte. Schon der Umstand,
daĂ sich in den H a u t z e 1 1 e n so weitgehend Antilipoidfette
nachweisen lassen, muĂte darauf aufmerksam machen, daĂ
die Lymphozyten nicht als alleinige, ja nicht einmal als
Hauptspender der abgestimmten Antifette in Frage kommen.
Hier gilt die klare logische Rechnung: Jeder Lymphozyt ent-
hÀlt unabgestimmte Lipasen. Ebenso treten periodisch ver-
mehrt im Blute physiologisch (Nahrungsaufnahme, Schwan-
gerschaft) Lipasen auf. Man hat sich beim Suchen nach den
Lipasen einseitig auf diese Blutlipasen und Lymphozyten ein-
gestellt und ist nun erstaunt, wenn vermehrte Blutlipasen
und vermehrter Lymphozytengehalt nicht Hand in Hand geht
mit klinischer Besserung. Hier macht man Fehler: Erstens
ist man sich nicht bewuĂt, daĂ man immer nur eine Seite
des Kampfes miĂt. Zweitens ist diese Messung, sofern sie
sich auf die unspezifischen Blutlipasen stĂŒtzt, ganz unnĂŒtz.
Denn wenn die unspezifischen Blutlipasen dem Tuberkel-
bazillus zu Leibe gehen könnten, mĂŒĂte die Tuberkulose bei
der periodisch auftretenden Lipasenvermehrung gĂŒnstig be-
einfluĂt werden. Die Untersuchungen werden ausgefĂŒhrt mit
Mono- und TrÀbutyrin. Was hat das milden Tuberkelbazillen-
lipoiden zu tun? So findet man denn auch, daĂ ein Blut mit
starkem Gehalt an unabgestimmten Lipasen nicht fÀhig ist,
die Tuberkelbazillen in ihrer Virulenz zu beeintrÀchtigen.
Drittens! Bestimmt man den Lymphozytengehalt, so kommt
man nicht viel weiter. Denn angenommen, die Lympho-
zyten wÀren nicht nur die Spender der unspezifischen, son-
dern auch der spezifischen Lipasen (Bergel), so sagt ihre
Anzahl, eben weil sie vor allem die unspezifischen spenden,
nichts aus ĂŒber die Menge der spezifischen. Und zweitens
sind sie sicher nicht die alleinigen, ja nicht einmal die
Hauptspender der spezifischen Lipasen!
Auch die unspezifischen Lymphozytenlipasen können
dem stark geschĂŒtzten Tuberkuloseerreger ganz gewiĂ wenig
anhaben. (Auch normale LymphdrĂŒsenauszĂŒge schwĂ€chen
den Erreger kaum ab.) Wenn anders, ist ihm nur durch ab-
gestimmte, auf ihn eingestellte, also spezifische Lipasen bei-
zukommen. Das Suchen nach Blutlipasen oder
Lymphozyten oder O r g a n 1 i p a s e n mit dem
uns pe z i f i s c h en T r i b u t y r i n usw. ist also
ein Fehlgriff und d a h e r u n nĂŒtz. Will m a n
die spezifischen Lipasen suchen (und das
will man!), so muà man sie selbstverstÀnd-
lich mit Hilfe des spezifischen Stoffes
suchen. Man muĂ also nicht ein x b e 1 i e -
]) i g e s L i p o i d , s o n d e r n d i e T u b e r k e 1 b a z i 1 1 e n -
L i p o i d e selbst n e h m e n. Und die hat man ja in Ge-
stalt von Tb. F. und N.
Und ferner, die PrĂŒfung mit den spe-
zifischen Fettbestantl teilen der Tuberkel-
bazillen d a r f nun w i e d e r u m n i c h l ein-
seitig vorgenommen werden. Es genĂŒgt weder
der Nachweis spezifischer Lipasen im Blute â das haben
die Komplementbindungsversuche, die ja diese spezifischen
Lipasen einwandfrei nachweisen, gelehrt (S z a s z , A 1 1 -
s t a e d t u. a.) â , noch genĂŒgt ihre Bestimmung in den
Lymphozyten. Der Erreger siedelt sich gerade gern in
den LymphdrĂŒsen an!
Sondern den HauptstoĂtrupp mĂŒssen wir wo anders
suchen.
SelbstverstÀndlich in den Zellen. Die zugÀnglichsten
und glĂŒcklicherweise zugleich wichtigsten Zellen sind beim
Menschen die der Haut. Also die sogenannte Lipasesuchc war.
in praxi bisher verkehrt. Die Frage war durch die Kom-
plementbindungs- und Quaddelprobenversuche mit Tb. F.
g r und s À t z 1 i c h so gut wie geklÀrt. Als neu könnte nur
noch hinzukommen: das Suchen nach spezifischen Li-
pasen in den Lymphozyten und das Suchen nach s p e - '
zi fischen Blut lipasen mit einem anderen \' e r -
fahren als der Komplementbindung. Etwa: Verfahren von
M i c h a e 1 i s und Rona, aber nicht m i t T r i b ĂŒ t y r i n,
sondern mit Tb. F. und Tb.N.
AuĂerdem ist das Verfahren mit Tributyrin auch ein-
seitig, weil es nur Anlifette, also die Lipase gegen Neutralfen
nachweist. Es ist also nicht verwunderlich, wenn hier die
Ergebnisse versagen. Andererseits haben schon N e. u b e r I
und Reicher dargetan, daĂ man gute Ergebnisse
bekommen kann, wenn man das Michaelis - Ronasche
Verfahren statt gegen das unspezifische Tributyrin, gegen ein
spezifisches Neutralfett, wie Nastih, anwendet. Das
beste ist natĂŒrlich Tb. N. Gegen Tb. F., als das Lipoid der
Tuberkelbazillen, ist das Verfahren bisher noch nicht ange-
wandt. Wir sind jetzt damit beschÀftigt, sowie mit der Aus-
arbeitung eines noch anderen Verfahrens.
Jedenfalls sind das alles nur andere V e r f a h r e n,
die an sich nichts Neues bringen, sondern lediglich das be-
stÀtigen, was wir schon vor 13 Jahren gefunden und fest-
gestellt haben.
Zum SchluĂ mache ich noch einmal darauf aufmerk-
sam, daĂ fast alle biologischen EiweiĂkörper mit Lipoiden^
verbunden sind. Es ist bisher nicht gelungen, eine derartig
Verbindung so zu trennen, daĂ dann sowohl EiweiĂ wie Li
poid einen Antikörper erzeugt.
Die kĂŒnstlichen Eingriffe mögen Schuld haben. Jeden-
falls ist mit der natĂŒrlichen EiweiĂlipoid v e r b i n d u »g
sowohl EiweiĂ- wie Lipoidantikörper zu erzeugen, wobei es
zu entscheiden sein wird, ob nicht das Lipoid erst das Ei-
weià zur biologischen Bewegung befÀhigt!
Diese Behauptung ist inzwischen noch ĂŒberboten
worden. Warden, Gorneil und Holly haben
fĂŒr viele Bakterien Komplexe von fettartige I
Stoffen mit spezifischer antigener Wirkung nach-
gewiesen. Diese Feststellungen dehnen sie sogar
auf die echten Toxine aus und zeigen,
daĂ die F e 1 1 k o m p 1 e x e des D i p h l h e r i e b a z i 1 I u s
die eigentlichen Antigene sind, wÀhrend
das B a k t et r i e n e i w e i Ă nur insoweit an den
Antigenfunktionen beteiligt ist, als es die
feine Verteilung (kolloidale Emulgierung) der
Fette fördert! Ein GlĂŒck fĂŒr die Herren, daĂ sie nicht
in Deutschland leben, sonst wĂŒrden sie gewiĂ als gefĂ€hrliche
Neuerer und Ketzer mit dem schwersten Banne eines Konzils
belegt und durch das Feuer orthodoxer Redeschlachten ver-
brannt werden. Zum mindesten in effigie.
10. .Jahrg. â Nr. 10 17.
Kottmuicr: Indikntioii.sla bellen
Ans dem Röntgeninstitut Dr. .1 e a n und Dr. E 1 s <⹠K o 1 1 m a i er Mainz.
Indikationstabellen zur Röntgenbehandlung.
Von
Dr. J. K o 1 1 m a i e r - Mainz.
K rankheil
Röntgenindikation
Prognose und Verlaul
Dauer der Behandlung '
Zahl der Bestrahlungen
Akne vulgaris
Rezidive FĂ€lle, die auch
durch Höhensonne nicht
beeinfluĂbar.
HĂ€ufig, schnell vorĂŒbergehende, reaktive
Steigerung der entzĂŒndlichen Erscheinungen.
Dauerheilungen'.
2 â 4 Serien (zu einer oder
mehreren Stellen l in Pau
si n von 6 W ochen.
.\k(inomvko»u
Die Röntgentherapie ĂŒber-
trifft jede andere.
In der Mehrzahl der FĂ€lle: restitutio ad inte-
grum. Nach Steigerung der EntzĂŒndungs-
erscheinungen rasche Verkleinerung evtl.
Einschmelzung der Infiltrate1.
'.> (i Serien zu einer odei
mehreren Stellen: in Pau-
sen vob 3 Wochen.
Anjrin« pectoris
Nur symptomatische Be-
handlung, wenn interne
Medikation versagt.
HÀufig Aufhören der AnfÀlle. Linderung bis
völlige UnterdrĂŒckung der Schmerzen, oft
fĂŒr Monate. Evtl. erneute Bestrahlung.
2 Serien (zu 2 Stellen in
Pausen von âą'> Wochen.
\ II ""lolllc
Sowohl flache als auch ka-
vernöse reagieren mit-
unter sehr gut.
L:i n *' s;»mc Ii ĂŒeLf hi hin nÂŁ> bis Heslilulio ;id intc-
grum.
4 (> Bestrahlungen in Piu-
sen von 1 Wochen.
A rthritis deformans
und
Arthritis urica
symptomatisch hezw. adju-
yierend.
F r i s.c h e Falle besonders rasche Linderung
hÀufig schon nach einer Bestrahlung; Àltere
l' iillo mitimtpr bessere Rpwf1^1! ichk pi 1
1 â (> Serien zu einer oder
mehreren Stellen; in Pau-
sen von o Wochen.
Asthma bronchiale
Symptomatisch, im anfalls-
frfMPn ^t'iriiiini Rpitn Y pp
11 l IvH tjluUlUlll. 1 J 1 * tl
sagen anderer MaĂnahmen
mitunter noch hervor-
ragend gilt.
Manchmal schnelle Abnahme bis Versiegen
Hp< \ 1 1 «<w 1 1 i*f 's I inflpriino' rU*t* iJv^nnn*1 nt t
1 1 V o a Y H o V\ III lo. Ij ' 1 1 1 1 ' 1 M 1 1 ^ Ul 1 J-'VoJ-MHJt, \7 1 l
schon nach der ersten Serie.
1 2 Serien zu je 1 Stellen
in Pausen von 28 Tagen.
Basedow
âBasedowoid"
Röntgenbehandlung jeder
anderen Behandlung vor-
zuziehen und unbedingt
vor Operation zu ver-
suchen.*.
Meist nach der ersten Serie, Besserung der
nervösen Erscheinungen, RĂŒckgang der
Pulsfrequenz, Gewichtszunahme. Verkleine-
rung der Struma. Evtl. vorĂŒbergehende
Steigerung des Ilyperthyrcoidismus.
Jede Halsseite 2 (i mal in
Pausen von 6â8 Wochen.
Zwischen den Bestrahlun-
gen jeder Seile liegen acht
Tage.
Bronchitis chron.
s. Asthma bronch.
( arcinoin
:i inoperable FĂ€lle: alle
ohne ausgesprochene Ka-
chexie und Fermeta-
stĂ€sen. Radium nur fĂŒr
FÀlle, die mit dem PrÀ-
parat erreichbar sind.
Durch Röntgenbehandlung bisweilen Opera-
bilitÀt erzielbar.
Linderung der Schmerzen; Sistieren von
Blutung und Jauchung.
Zahl der Serien und Felder
verschieden je nach Lage
des Falles. FĂŒr gewöhn-
lich Serienpausen von je
2. 1, 6, 8 Monaten.
Ii operable FĂ€lle: gleichbe-
rechtigt bei krebsiger
GebÀrmutter (l)ödcrlein),
der Mamma, der Lippe,
vorzuziehen bei Krebs
der Vulva.
Auf Röntgenbehandlung ansprechende FÀlle
zeigen meist schon nach der ersten Serie
Besserung nach subjektivem und objektivem
Befund.
<
c) prophylaktische Nachbe-
strahlung. sofort nach
Heiluni; der Operations-
W 1 1 II f 1 O
\\ II IHK -
Dauerheilungen bedeutend hÀutiger mit Be-
strahlungen nach der Operation als ohne
Nachbeslrahlungen.
."! Serien in Pausen von 2, 1.
(i Monaten, dann evtl. noch
wÀhrend der nÀchsten zwei
I'ihi*p f-iiiyphip .Spfioti in
mehrmonatlichen Pausen.
d) prÀoperative Bestrah-
lung 1â3 Wochen vor der
Operation.
Durch LĂ€hmung der Geschwulstzellen Ver-
hĂŒtung von Impfmetastasen und von Ver-
schleppungen in die Blutbahn.
1 Serie.
Cholecystitis
Symptomatisch. Auszu-
schlieĂen vitale Indikation
zur Operation.
Bisweilen glÀnzende Resultate auch bei ge-
hÀuften AnfÀllen.
2 Bestrahlungen in Pausen
von 8 Tagen.
Clavi
siehe Hyperkeratose
Fungus
s. Tbc. der Knochen
Furunkulose
Versuch zur Vermeidung
chirurgischen Eingriffs,
wenn noch nicht vereitert.
In groĂer Zahl: Restitutio ad integrum, nach
vorĂŒbergehender Zunahme der EntzĂŒndungs-
erscheinungen manchmal AbszeĂbildung.
1 Bestrahlung.
GallenblasenkrÀmpfe
s. Cholecystitis
HĂ€mangiom i
s. Angiom
*) Hicse wird evtl. nicht erschwert, «ondern durch Blutsparimg erleichtert.
Kottmaier: Indikationstabellen
40. Jahrg. â Nr. 16 17.
Krankheil
Röntgenindikation
Prognose und Verlauf
Dauer der Behandlung
Zahl der 'Bestrahlungen
HalsdrĂŒsentuberkulosc
s. Tbc. der Lymph-
drĂŒsen
Herpes tonsurans
s. Trichophytie
Hirntumor
Inoperable FĂ€lle, auch wenn
keine klare oder drin-
gende Operationsindika-
tion (rasch wachsender
Hirndruck) besteht.
Besserung der Drucksymptome, auch gröĂere
. Anzahl Heilungen nach Steigerung (gĂŒnsti-
ges Zeichen) der Hirndruckerscheinungen
(Kopfschmerz, Erbrechen).
2 â .i Stellen im Verlaul von
1 10 Tagen. Wiederholung
nach etwa <> Wochen.
HyperaciditÀt
Wirkung durch Herabset-
zung der DrĂŒsenfunktion.
Oft restitutio ad integrum. Normale SĂ€ure-
werte, Schwinden der subjektiven Erschei-
nungen, hÀufig heftiger Röntgenkater.
1 Stelle in Pausen von drei
\\ ochen 2 â o mal.
Hyperhidrosis
Nur lokalisierte (HĂ€nde,
FĂŒĂe, Axillen), nicht ner-
vös â anfallweise auftre-
tende Formen.
In den meisten FĂ€llen vorzĂŒgliche Resul-
tate. Mitunter bleibt leichte Rauhigkeit der
Haut.
2 â 4 Serien in Pausen von
1 Wochen.
Hyperkera tone
Lokalisierte Formen
(HĂ€nde, FĂŒĂe).
Aussichtsreichste und bequemste Form der
Behandlung. .
2 â 4 Serien in Pausen von
1 â6 Wochen.
Hypophysentumor
Bei InoperabilitÀ.t bezw.
Operationsverweigerung.
Weitgehende Besserung bis Heilung der
Drucksymptome (Sehstörungen). Akrome-
galiscne und dystrophische Erscheinungen
bleiben gewöhnlich bestehen. Nach Be-
strahlung Hirndrucksteigerung gĂŒnstiges
Zeich'en). Evtl. dauernde Epilation.
!) â (5 Serien von je 1 â 5 Stel-
len in Pausen von je 2. 1.
Ii. <S Monaten.
Intertrigo
s. Ekzem
Ischias
s. Neuralgie
Karbunkel
s. Furunkel
Kardiospasmus
s. Pylorospasmus
Keloid
s. Narbenkeloid
Kerion Celsi .
s. Trichophytie
Krauiosis vulvae
s. Pruritus
Leukaemic (ehron.)
Röntgenbehandlung sowohl
bei myeloischer wie lym-
phatischer LeukÀmie beste
Therapie.
Bedeutende VerlÀngerung des Lebens. Bereits
nach der ersten Serie qualitative und quanti-
tative Besserung des Blutbildes. Verkleine-
rung von Milz und DrĂŒsen. Gewichts- und
KrÀftezunahme. Rezidive nach Monaten und
Jahren. SchlieĂlich Exitus.
In achttÀgigen Pausen. Be-
strahlungen je nach Blut-
bild. Kleine Dosen.
Liehen ruber plan
AlelnoĂŒe uei w am.
Ausgezeichnete Wirkung. Nach raschem
Schwinden des Juckreizes: Restitutio ad
integrum.
i â â oesii auiuiij^eu in i ausen
von' 14 Tagen.
Liehen ehren. Vidal
s. Ekzem
Lungentuberkulose
s. Tbc. d. Lunge
Lupus vulgaris
s. Tbc, d. Haut
Lymphogranulomatose
Einzige Möglichkeit, das
Leben des Patienten oft
lange zu erhalten.
Oft langhaltende Remissionen; nach reaktiver
Schwellung schnelles Schwinden der Tu-
moren. Ein kleiner Teil verhÀlt sich re-
fraktÀr.
Serien in Pausen von etwa
6 Wochen.
Lymphome
s. Tbc. der Lymph-
drĂŒsen
Lymphosarkom
Therapie der Wahl.
Meist weitgehende und langanhaltende Besse-
rung. Heilung selten. Oft schon nach der
ersten Bestrahlung bedeutende Verkleine-
rung des Tumors. Bei Mediastinallumoren
rasches Schwinden der Oedeme und der
Dyspnoe. Rezidiv nach Monaten.
Ein bis mehrere Bestrahlun-
gen in Pausen von sechs
Wochen.
âą10. Jahrg. â Nr. 16/17
Kottmaier: [ndikationst:i liillrii
Krankheit
Röntgenindikation
Prognose und Verlauf
Dauer der Behandlung
Zahl der Bestrahlungen
Mala rin
Im akuten Stadium kontra-
indiziert,
Im latenten Stadium zur
Provokation von AnfÀllen:
a zu diagnostischen,
l> zu therapeutischen
Zwecken.
Im chronischen Stadium zur
Behandlung unregelmĂ€Ăi-
ger AnfÀlle.
Evtl mehr oder minder heftiger Anfall (Rönt-
genkater). In Verbindung mit Chininmedi-
kation Sistieren der AnfÀlle und Milzver-
1\ 1 1 1 IlL I U llg.
Zu diagnostischen Zwecken
1 Bestrahlung; zu thera-
peutischen Zwecken Be
1 i 1 1 1 1 1 1 N â i t â 1 1 in 'i Wiiflieiil
r> 1 1 1 I 1 I 1 1 I . ' II JII .1 \^ IM III III
liehen Intervallen, solange
es zu AnfÀllen kommt.
Mediastinaltumor
s. Lymphosarkom
Melanosarkoni
s. Sarkom
tfetropathie
trorrhagie chron.,
Dysmenorrhoe, prae-
klimakt. Blutungen)
Bei Wunsch und Möglichkeit
uci x\.uiize|jiioii ixomgeii-
behandlung ausgeschlos-
sen.
So gut wie in allen FĂ€llen Amenorrhoe nach
ein indiiger oesix etuiuiigosci ic. xiduiig i \un i-
genkater. Ausfallserscheinungen meist sehr
milde oder gÀnzlich fehlend.
Meist 1 Serie (zu 4 Feldern)
o n i n off» ( a/1 Ar i\\Tt±\ \
«II vllltrlil \ uUci /.YitzlJ
Tagen.
Milztumor
(postinfektiöser,
nach Malaria, pseu-
doleukÀmischer),
PseudoleukÀmie,
Morbus Banti.
HĂ€ufig statt operativer Ent-
fernung indiziert.
Meist starke Verkleinerung des Milztumors
und bedeutende Besserung des Allgemein:
befindens durch Verbesserung des Blut-
bildes.
a
2 â 4 Serien in dreiwöchenl
liehen Intervallen.
Morbus Banti
s. Milztumor
Mykosis Empoides
Methode der Wahl.
Bedeutende VerlÀngerung des Lebens. Meist
auf eine Bestrahlung schwinden Tumoren
und prÀmykotische Herde. Die Rezidive
reagieren immer gut. Exitus meist durch
innprp Mpfastnspn Rnilation bphaarter
Stellen.
Ein bis mehrere Serien in
Pausen von 3 Wochen.
Myoma uteri
Operation nur noch bei etwa
2 % aller MyomfÀlle, den
konzeptionsfÀhigen
Frauen mit zirkumskrip-
ten enukleirbaren Knoten,
bei Nekrosen und bei
manchen Inkarzerationen
indiziert.
Bei richtiger Indikation Heilerfolg in allen
FÀllen. HÀufig Röntgenkater. Bisweilen
Blasen- und Darmtenesmen. Ausfallser-
scheinungen sehr mild oder gÀnzlich fehlend.
1 Serie (zu 4 Feldern) an
einem oder zwei Tagen.
Narbenkeloid
Therapie der Wahl.
A eitere Keloide weniger empfindlich, ganz
alte oft refraktĂ€r. Besonders jĂŒngere Keloide
Wandeln sich allmĂ€hlich in flache weiĂe
Narben.
3 â ĂBestrahlungen in Pausen
von 4â8 Wochen.
Neuralgie
Trigeminusneuralgie,
Ischias und Intercostal-
neuralgien sind geeignet.
Vor Alkoholinjektionen,
Nervenexzisionen unbe-
dingt indiziert. Derartige
Eingriffe machen spÀter
doch notwendig werdende
Strahlenbehandlung illu-
sorisch.
So gut wie immer bedeutende Besserung,
hÀufig allmÀhlich restitutio ad integrum,
manchmal schon nach einer Bestrahlung.
Einzelne ralle refraktÀr.
1 â 4 Bestrahlungen in Pausen
von 4 Wochen.
Osteomyelitis
Versuch bei chronischen,
lange fistelnden FĂ€llen.
VerschluĂ der Fistel von innen nach auĂen
nach anfÀnglicher Steigerung der Sekretion
und AusstoĂung von Knochensplittern.
3 â 6 Bestrahlungen in wö-
chentlichen Pausen.
Paronychie
Be^tp RphanHIiinp" fiir aknfp
''V JU l'VlIUIlulullt, IUI (lIYlltv
und chronische Formen.
Restitutio ad integrum. Bei akuten Formen
oft nur 1 Sitzung. VorĂŒbergehende Steige-
rung der EntzĂŒndungserscheinungen. Ab-
stoĂung des Nagels, Nachwachsen normalen
Nagels.
1â4 Bestrahlungen in drei-
wöchentlichen Pausen.
Parotitis chronica
Mikulic/.sche Krank-
heit .
Sowohl Residuen nach epi-
demischer Parotitis als
auch primÀr chronische
EntzĂŒndung vorzĂŒglich
geeignet.
Restitutio ad integrum oft nach der ersten Be-
strahlung mit vorĂŒbergehender Anschwel-
lung und Trockenheit im Munde.
Jederseits 1 â 3 Serien im Ab-
stand von 3 Wochen. Die
beiden DrĂŒsen werden
möglichst in Intervallen
von 8 â 14 Tagen bestrahlt.
Peritonitis tbc.
s. Tbc. d. serösen
HĂ€ute
334
Kottmaier: Indikationstabellen
40. Jahrg. â Nr. 16/17.
Kra nkheit
Röntgenindikation
Prognose und Verlauf
Dauer der Behandlung
Zahl der Bestrahlungen
Perniones
Methode der Wahl.
Restitutio ad integrum oll nach einer Bestrah-
lung.
1 Bestrahlung.
Pityriasis rosea
rtöntgenbehandlung meist
besser wie jede Salben-
behandlung.
VollstÀndige Heilung meist nach einer oder
zwei Serien.
1 â 2 Serien in Pausen von
14 Tagen.
Pleuritis tbc.
s. Tbc. d. serösen
HĂ€ute
PolycythÀmira ruba
Die Röntgenbehandlung ist
die einzige erfolgverspre-
chende Behandhing.
Restitutio ad integrum. Ob Dauerheilung?
AllmÀhliche Normalisierung des Blutbildes.
1 Serie.
Polyserositis tbc.
s. tbc. d. serösen
HĂ€ute
Prostatahypertrophie
Die weichen (adenomatösen)
DrĂŒsen reagieren vor-
nehmlich, die harten sind
refraktÀr. Gegenanzeige:
Hochgradige Blasenkom-
plikationen.
AllmĂ€hliche Verkleinerung der DrĂŒse mit
Verringerung der Blasenbeschwerden.
3â 5 Serien (zu 2â3 Feldern
in Pausen von 2. 1. Ii Mo-
naten.
Pruritus
Symptomatisch. Hautjucken
verschiedener Hautaffek-
tionen. Aber auch der '
idiopathische allgemeine
oder lokalisierte P. ani,
vulvae TCranrn^i^ ixiht
ausgezeichnete Erfolge,
neben Versagern bei man-
chen nervösen Typen.
Eventl. kontraindizierl.
Skrotalgegend (Azosper-
mie).
Manchmal nach vorĂŒbergehender Steigerung
des Juckreizes dauernde Heilung. Nach lÀn-
gerer Zeit evtl. Rezidiv, das schnell und oft
dauernd auf erneute Bestrahlung schwindet.
âą
1 â 2 Serien in Pausen von
.! Wochen.
m
PseudoleukÀmie
s. Milztumor
i ^ui itl hts
1 I1SLI1C 1 clllt (llltlll IUI .3ltl-
dium der Eruption) rea-
gieren am besten. Be-
queme, saubere Therapie.
vt 1 1\ mi t m i ri fl i i ^r*r*r»t ci 1 -
I j \ Ii. i\ » > 1 1 l 1 < l 1 1 1 ' l \ / . ijV.lUl.clJ.
geg.
Restitutio ad integrum nach schwÀcher wer-
denden Rezidiven. Schwinden des Juckreizes,
an behaarten Stellen vorĂŒbergehende Epi-
lation.
1 â 3 Serien (zu 1 oder mehr
Stellen) in Pausen von drei
Wochen.
Pylorospa smus
Kardiospasmus
Aussichtsreich.
Langsame Besserung der MotilitÀt und der
subjektiven Beschwerden, evtl. Normali-
sierung der SĂ€urewerle. HĂ€ufig heftiger
Böntgenkater.
2 â 3 Bestrahlungen in drei-
wöchentlichen Pausen.
Rhinosklerom
Wegen der Aussichtslosig-
keit konservativer Be-
handlung indiziert.
Langsame. Resorption der Infiltrate, oft völlige
Heilung.
3â5 Serien zu je 2 Bestrah-
lungen in Pausen von drei
Wochen.
Sarkom
Indiziert sind alle FĂ€lle.
Konlraindiziert: vorge-
schrittene Kachexie.
Nachbestrahlung und prÀ-
operative Bestrahlung s.
Karzinom.
Weitgehende Besserung und LebensverlÀnge-
rung, auch Dauerheilungen. Melanosarkome
oft refraktÀr. Rasche Verkleinerung der Tu-
moren. Rezidive, die manchmal abnehmend
gut reagieren.
Serien in etwa 6 wöchent-
lichen Pausen.
Scrophuloderma..
<; Thr» der T-Tonl
-
Splenomegalie
s. Milztumor
âą
»Stridor congenitus
s. Thyreohyperplasie
Struma maligna
s. Carcinom
Struma parcnchymat.
Recht . geeignet mit Aus-
nahme von Str. cystica.
Bei FĂ€llen mit hyper-
thyreoiden Symptomen be-
sonders zu empfehlen.
AllmÀhliche Verkleinerung der Struma. Pig-
mentierung der bestrahlten Haut vergeht
meist in etwa 3 Monaten.
2 â 4 Serien (zu je 2 Feldern
in Pausen von je 2, 4, 6 Mo-
naten.
^, |,i | Kottmaier: [ndikationstabellen 335
Krankheil
Röntgenindikation
Prognose und Verlaul
Dauer der Behandlung
âąZahl der Bestrahlungen
Sykosis
Beste Behandlungsmethode.
Nach Epilation (durch Röntgenstrahlen) meist
Spontanheilung. Hei Ăen seltenen Rezidiven
wirkt erneute Bestrahlung sehr gut.
1 Serie.
9
Irringomyelic
Bei der Aussichtslosigkeit
jeder anderen Therapie
direkt indiziert.
Im Anfangsstadium wird das Leiden aufge-
halten (hĂ€ufig RĂŒckbildung aller Erschei-
nungen motorische Insuffizienz, Scnsibili-
1 â i 1 v; - ) i iw 1 1rf\i"ilii*cf*li/» m i\ t* 1 1 n n'f*n l
Ittl^ llllll II l ) 1 III \ 1 1 V iin'l llllj-^^Iiy.
Serien in Pausen von ti, 10
und 13 Wochen.
Aymushyperpiasie
1 (Stridor congenitus)
Therapie der Wahl völlig
ungefÀhrlich).
Restitutio ad integrum, mitunter nach gering-
gradiger Steigerung der Dyspnoe.
1â2 Bestrahlungen in Pausen
von 3 Wochen.
Trichophytie
s Sykosis
ffrigeminusneuralgie
1 s. Neuralgie
Tuberkulose
ll 1*1' 1 ILM 'TU
âą
Indiziert die âheilstĂ€tten-
FĂ€higen" FĂ€lle mit Nei-
gung zur Bindegewebsbil-
dung (Schrumpfung), nicht
die zu raschem Gewebs-
zerfall neigenden.
HĂ€ufig Steigerung der Temperatur und Ver-
mehrung des Auswurfs, dann rasche Ab-
nahme und RĂŒckkehr zur normalen Tempe-
ratur. Zessieren der NachtschweiĂe, Ge-
wichtszunahme. AllmÀhliches Schwinden
pathologischer AtemgerÀusche.
3â4 Serien (in 2â3 Feldern)
in Pausen von etwa vier
Wochen.
der LymphdrĂŒsen
Methode der Wahl fĂŒr alle
Stadien.
In 90 % Heilung. Manchmal vorĂŒbergehend
Anschwellung und leichte Temperatursteige-
riinc*' War ps bereit*; zur Rnlnno' und Vcr-
dĂŒnnung der Haut gekommen: Perforation,
dann schnelle Heilung.
1 â 6 Serien in Pausen von 3,
4, 6, 8 Wochen.
der Knochen und Ge-
lenke
Caries, Fungus,
Spina ventosa)
Ausgedehnte Zerstörung
von Gelenken mit schwe-
ren SekundÀraffektionen
âą sind kontraindiziert.
In 60 % Heilung mit Erhaltung der Gelenk-
funktion. Bisweilen- reaktive Temperatur-
steigerung. Rasche Schmerzlinderung. Am
gĂŒnstigsten sind die kleinen Gelenke, dann
Schulter, Ellbogen, Knie, weniger Wirbel
und HĂŒftgelenke. MultiplizitĂ€l ist erschwe-
rend, ebenso floride Lugentuberkulose.
3 â 10 Serien in Pausen von
4â6 Wochen.
Therapie der Wahl.
Sehr hÀufig restitutio ad integrum nach all-
mÀhlicher Resorption.
3 5 Bestrahlungen in drei-
wöchentlichen Pausen.
der serösen HÀute
Sowohl die fibrinösen als
auch die serösen Formen.
Lungentbc. III. kontra-
indiziert.
Nach reaktiver Steigerung der Temperatur
Besserung des Allgemeinbefindens. Hebung
des Appetits.
2 â 6 Serien in 3 wöchigen
Pausen.
des Larynx
âąleder anderen Behandlung
ĂŒberlegen. Kontraindika-
tion: Lugentbc. III.
âąHeilung in einem groĂen Teil der FĂ€lle. All-
mÀhliche Abnahme der Heiserkeit.
4 â 8 Serien (zu je 2 Feldern)
in 3 wöchentlichen Pausen.
des Darmes
Nur lokalisierte, infiltrierte
Formen (Coecum, Sig-
moid).
Mitunter reaktive Temperatursteigerung; all-
mÀhliches Schwinden der Tumoren.
4 â 6 Serien in 3â4 wöchent-
lichen Pausen.
des Urogenital-
er steras
Blasentbc., doppelseitige
Nierentbc., nach einseiti-
ger evtl. operativ entfern-
ter Nierentbc. mindestens
Nachbestrahlung. Bei
(nicht vereiterter) Tbc.
hodens Bestrahlung der
Operation vorzuziehen.
Nach reaktiver Tempera lursleigerung, schnel-
les Schwinden der Schmerzen (besonders
bei Nebenhodentuberkulose), SchlieĂung der
Fisteln von innen heraus.
3 â 8 Serien in Pausen von
3â6 Wochen.
der Haut
. Erythma induratum,
Folliklis, Leichen-
tuberkel, Scrophulo-
derm, Lupus vulgaris
Methode der Wahl.
âą
In den meisten FĂ€llen Heilung nach vorĂŒber-
gehender Anschwellung, Resorption der In-
filtrate.
2 â 4 Serien in 3 wöchent-
lichen Pausen.
der SchleimhÀute
Noch gĂŒnstiger wie Haut-
tuberkulose.
Beisweilen Steigerung der Erscheinungen.
2 â 4 Serien in 3 wöchent-
lichen Pausen.
Tumor cerebri
s. Hirntumor
Ulcus duudeni
s. Ulcus ventriculi
Tumor mediastini
s. Lymphosarkom
Ulcus rodens
B. Epitheliom
Eisenberger: âAlbusol"
40. Jahrg. â Nr. 16/17.
Krankheit
Röntgenindikalion
Prognose und Verlauf
Zahl der Bestrahlungen
Dauer der Behandlung
Ulcus vcntriculi
GĂŒnstige Aussichten! Aus-
geschlossen: Perforations-
gefahr, pathologisch-ana-
tomisch bedingte Stenosen.
Minderung der AziditÀtswerte, Schwinden der
Spasmen, Besserung der MotilitÀt.
2 â 3 Serien in Pausen von
3 â 6 Wochen. HĂ€ufige
kleine Dosen.
Verrucae
Alle Formen.
Mitunter erst Wochen und Monate nach der
letzten Bestrahlung Schwinden der Warzen.
HĂ€ufiger genĂŒgt eine Sitzung.
1 â 2 Bestrahlungen in vier-
wöchentlichen Pausen.
Biologische Untersuchungen ĂŒber das Protein»
körperprĂ€parat âAlbusol".
Von Dr. F. Eisenberger.
Die Frage nach dem biologischen Verhalten der Protein-
körper, die zu Heilzwecken Verwendung finden, hat in den
letzten Jahren lebhaftes Interesse hervorgerufen, da man sich
bis dahin ĂŒber die Wirkungsweise derselben keinen rechten
Begriff machen konnte. âLeistungssteigerung", âProto-
plasmaaktivierung" (W e i c h a r d t), âReiztherapie" (Bier)
sind die theoretischen Vorstellungen, die wir mit der Wir-
kungsweise unspezifischer Stoffe verbinden.
Wie wir uns aber diesen Reiz im Organismus vorzu-
stellen haben, ist noch eine völlig ungeklÀrte Frage. Ein-
gehendere Untersuchungen wurden nur ĂŒber die Antikörper-
bildung nach parenteraler Proteinkörperzufuhr angestellt.
Weichardt (1) unterzog sich zuerst der MĂŒhe, ver-
gleichende Untersuchungen ĂŒber das Verhalten verschiedener
Proteinkörper (Milch, Aolan, Ophthalmosan und Caseosan)
anzustellen. Da die Proteinkörper Antigene darstellen, so
kommen ihnen alle Eigenschaften derselben in mehr oder
minder hohem MaĂe zu. Sie sind befĂ€higt, Antikörper zu
erzeugen, die â soweit das Antigen Milch oder Milchderivate
darstellt â anaphylaktische, komplementbindende und prĂ€-
zipitierende Antikörper zu erzeugen vermögen. Weichardt's
Untersuchungen beschrĂ€nkten sich auf vergleichende PrĂŒ-
fung genannter PrÀparate hinsichtlich ihres anaphylaktoge-
tien Charakters.
Diesen Untersuchungen folgten im Dezember 1920 S a -
lomons (2) Veröffentlichungen ĂŒber die komplementbin-
denden und prÀzipitierenden Eigenschaften des Caseosans.
Die gleiche Aufgabe stellte sich B e h n e (3), der die
Untersuchungen ĂŒber komplementbindende Substanzen des
Caseosans nach verschiedenen Richtungen erweiterte und zu
sehr interessanten Feststellungen kam.
Fast gleichzeitig veröffentlichten Gildemeister und
S e i f f e r t (4) ihre Ergebnisse ĂŒber vergleichende Unter-
suchungen verschiedener Proteinkörper hinsichtlich ihres
anaphylaktogenen Charakters.
Mittlerweile ist ein neues ProteinkörperprÀparat im Han-
del erschienen, das Albusol, dessen PrĂŒfung im Sinne ge-
nannter Untersucher ich mir zur Aufgabe stellte.
Da in jĂŒngster Zeit die Frage der Anaphylaxie bei der
Proteinkörpertherapie des Oefteren ventiliert wurde, so er-
strecken sich meine Untersuchungen zunĂ€chst auf die PrĂŒ-
fung des A 1 b u s o 1 s in dieser Richtung.
Die Frage der Anaphylaxie hat fĂŒr die Praxis erst Be-
deutung gewonnen, als man anfing, artfremdes EiweiĂ (Heil-
serum, artfremdes Blut, Proteinkörper) dem menschlichen
Organismus einzuverleiben. Es handelt sich dabei stets um
tierisches EiweiĂ, das bei parenteraler Einverleibung den
heterologen menschlichen Organismus unter UmstÀnden zu
sensibilisieren imstande sein kann, so daĂ bei erneuter Zu-
fuhr des entsprechenden Antigens es zu schweren Störungen
kommen könnte.
Die Erscheinung der Anaphylaxie ist zunÀchst nur aus
dein Tierexperiment bekannt geworden, und da war es
wiederum das Meerschweinchen, das durch seine hohe Emp-
findlichkeit fĂŒr wiederholte Einspritzungen von artfremdem
EiweiĂ, das Versuchstier abgab. Die im ganzen noch so
gut wie ungeklÀrte Anaphylaxieliage hat besonders in den
letzten Jahren vor dem Kriege eine so ungemein lebhafte
Diskussion hervorgerufen, wobei ein kaum zu ĂŒbersehendes
Tatsachenmaterial angehĂ€uft wurde, so daĂ sie schlieĂlich,
wie W e i c h a r d t (5) neuerdings wieder zu betonen Ge-
legenheit hatte, geradezu zu einer VerÀngstigung des Prak-
tikers hinsichtlich der Anwendung von Heilsera in der,
menschlichen Therapie fĂŒhrte.
Wenn man sich hinsichtlich der Frage, ob die wieder-
holte Anwendung von Serum fĂŒr den Menschen groĂe Ge*
fahren in sich birgt, ein Urteil bilden will, so kann man sich
auf die Meinung der Autoren stĂŒtzen, die dieser Frage ein«
besondere Aufmerksamkeit gewidmet haben, rfier faĂt vor â
allem Doerr (6) sein Urteil dahin zusammen, âdaĂ der-
artig schwere Insulte des Menschen nach Reinjektion von»
Pferdeserum nicht so hÀufig vorzukommen scheinen, als man
bei der Verallgemeinerung der Serotherapie und der EinfĂŒh-
rung intravenöser Injektionsmethoden annehmen sollte". In
gleichem Sinne Ă€uĂert sich Sachs (7), daĂ nĂ€mlich die
Serumkrankheit zu den groĂen Seltenheiten gehört. Zwi-
schen diesen Urteilen und heute liegen die Erfahrungen des,
Krieges, die vor allem durch die prophylaktischen Tetanus -
einspritzungen eine noch nie dagewesene HĂ€utung auch von;
wiederholten Serumeinspritzungen gebracht haben, ohne daĂ
anaphylaktische Störungen bekannt geworden sind. Immer-
hin ist hin und wiederum ein Fall von âanaphylaktischem"
Shock beschrieben worden. Dieser Shock beim Menschen
scheint sich in seinen Symptomen nicht unwesentlich von
dem experimentellen zu unterscheiden. Es bedarf hierzu
durchaus nicht immer einer Sensibilisierung, sondern er 1
wird oft schon durch die primÀre Injektion ausgelöst, z.
bei der Serumkrankheit der Erstinjizierten, sofern der Shock
sofort und nicht erst nach 12 Tagen in Erscheinung tritt.
Ob es sich dabei um Individuen handelt, die eine unbewuĂte!
Sensibilisierung (durch Einatmen oder auf enteralem Wege)"
durchgemacht haben, möchte ich dahingestellt sein lassen;
es scheint vielmehr Menschen mit einem besonders labilen
Gleichgewicht der Kolloide des Blutplasmas zu geben, denn
auch Stoffe, denen keine antigene Wirkung zukommt
(Kristalloide), vermögen einen Shock hervorzurufen. W i d a 1
und seine Mitarbeiter (8) berichten sogar, daĂ sie bei
Asthmatikern durch intravenöse Injektion von 20 â 30 ccm
physiologischer Kochsalzlösung einen heftigen Shock hervor-
gerufen haben. Hier kann es sich also keineswegs um spezi-"
fische anaphylaktische Wirkung handeln. In diesem Sinne
sind auch die schweren Transfusionsei scheinungen wohl zu
deuten, die Bier (9) nach intravenösen Einspritzungen von
2â20 ccm artfremden Blutes (meist Schweineblutes) beim
Menschen auftreten *sah und die zweifellos durch eine Er-
schĂŒtterung des plasmatischen Gleichgewichts hervorgerufen
werden.
Hinsichtlich der Gefahr bei Proteinkörpertherapie, die
nun schon einige Jahre geĂŒbt wild, ist bisher (auĂer theore-
tischen ErwÀgungen) höchst selten ein Fall von anaphylak-
tischem Insult beim Menschen konstatiert worden. Der Fall,
den B e h h e (3) berichtet, scheint mir mehr in die Kategorie
obiger Shockwirkungen zu passen, denn sowohl die Tempe-
ratur erhöh ung (auf 41 Grad), als auch die Wieder-
holung des Shocks auf erneute Zufuhr des Antigens
gehört nicht in den Symptomenkomplex der experimentellen
Anaphylaxie. Bei letzterer sieht man im anaphylaktischen
Insult vielmehr einen Temperatur a b f a 1 1 bis zu 7 Grad und
nach Ueberstehen des Shocks erweist sich das Individuum anti-
; 40. Jahrg. -Nr- 16/17.
_______ _â âââ â
anaphylaktisch, d. h. es reagiert nicht mehr auf eine erneute
Antigenzufuhr. In jĂŒngster Zeit Ă€uĂerte sich Schitten
heim (10) zur Frage dei Anaphylaxiegefahr auf Grund
einer reichen Erfahrung und stellte fest, daĂ die Protein -
körpertherapie, auch wenn sie zunehmende Reaktion aus
lose, nicht gefÀhrlich werde, sofern man nur von einer intra-
venösen Injektion absehe. In gleichem Sinne hatte sich auch
frĂŒher Widal und seine Mitarbeiter (8) geĂ€uĂert. Der
Mensch ist also gegen Anaphylaxie besser geschĂŒtzt, als man
nach den Erfahrungen des Meerschweinchenexperiments an-
nehmen zu mĂŒssen glaubte.
Wir dĂŒrfen jedenfalls nicht vergessen, daĂ mit der
Proteinkörpertherapie âReiztherapie" getrieben wird und daĂ
es in der Natur eines Antigens liegt, bei parenteraler Einver -
leibung den Körper zu einer mÀchtigen Reaktion anzuregen.
Dabei lassen sich die anaphylaktogenen Eigenschaften viel-
leicht wohl nie ganz ausschalten, und wir wissen ja nicht,
ob nicht gerade letztere Eigenschaft auf die Zellfunktionen
den gröĂten Reiz ausĂŒbt. In neuerer Zeit haben französische
Autoren (W i d a I und Mitarbeiter) auf Proteinkörperthera-
pie aufmerksam gemacht und in der Hervorrufung eines
âkolloidoklastischen Shocks" das Ziel ihrer Therapie ge-
sehen, wobei sie allerdings betonen, daĂ der Arzt nicht in
der Lage sei, die Wirkung und die StÀrke des Shocks zu
meistern. Sie wollen diese Therapie daher nur bei beson-
deren FĂ€llen angewendet wissen, bei denen besonders von
Seiten des Herzens keine Gegenanzeige besteht.
Man wird im allgemeinen dem Tierexperiment fĂŒr
die Frage der Anaphylaxiegefahr beim Menschen nicht all-
hx groĂe Bedeutung beimessen können; es gibt uns lediglich
AufschluĂ, sofern wir eine positive Reaktion bekommen, daĂ
wir keinen indifferenten*. Körper vor uns haben, der kritiklos
angewandt werden kann, "sondern daà man die Möglich-
keit einer Sensibilisierung im Auge Inhalten muĂ. Das ist,
glaube ich, aber alles, was man aus dem Tierversuch
schlieĂen darf. Weitergehende SchlĂŒsse, z. B. auf die Dosis,
die beim Menschen sensibilisierend oder shockauslösend wir-
ken könnte, scheinen mir nicht statthaft, denn es besteht
keinerlei GesetzmĂ€Ăigkeit in den GewichtsverhĂ€ltnissen und
der Dosis. So ist z. B. das Kaninchen 400 mal weniger emp-
findlich als das Meerschweinchen (Citron) (11), ebenso
gering empfindlich ist die weiĂe Maus, die zur Sensibilisie-
rung eine verhĂ€ltnismĂ€Ăig sehr hohe Dosis Antigen benötigt
(v. Sanowski) (6). Einige Tiere sollen ĂŒberhaupt nicht
anaphylaktisch reagieren, wie Affen (Uhlenhuth und
HĂ€ndel, Yamanouchi) und Schweine (S c h e r m) (6).
Wenden wir uns nun den ProteinprÀparaten zu, die in
der Therapie bisher Verwendung fanden. Zuerst bediente
man sich ausschlieĂlich der Milch als eines natĂŒrlichen, ge-
lösten EiweiĂkörpers, der sich zur Injektion besonders eignet.
Die Milch besitzt als Antigen anaphylaktogene, komplement-
bindende und prÀzipitierende Eigenschaften. Deshalb erwies
sie sich fĂŒr die Therapie von hoher Wirksamkeit, hatte aber
wegen der Inkonstanz und der Unkontrollierbarkeit ihrer Zu-
sammensetzung und der daraus entstehenden, schweren Do-
sierbarkeit manche Nachteile, so daĂ das Begehren nach
einem chemisch besser definierten und reineren Körper fĂŒr
die Therapie laut wurde. Dieser Forderung suchten nun
verschiedene PrÀparate des Handels gerecht zu werden, die
teils noch in ziemlicher Anlehnung an die Milch blieben
(Aolan, Ophthalmosan), teils sich mehr von ihr entfernten,
indem sie nur einen EiweiĂkörper der Milch, das Kasein,
zum Ausgangspunkt fĂŒr das PrĂ€parat nahmen (Caseosan,
Albusol).
Das Albusol geht vom Kuhmilchkasein aus, das aus
frisch gemolkener Magermilch durch wiederholte FĂ€llung
und Alkohol-Aethcrbehandlung chemisch rein gewonnen
wird. Das getrocknete Produkt w ird eine halbe Stunde auf
120 Grad erhitzt und bis zur Verarbeitung steril aufbewahrt.
Nach Losung in Alkali bis zum Lackmusneutralpunkt und
Pltrafiltration durch Membranfilter wird das PrÀparat nach
mehrfachen bakteriologischen PrĂŒfungen in sterile Ampullen
angeschmolzen, in denen es nochmals an drei aufeinander-
837
folgenden Tagen je eine halbe Stunde auf 75â80 Grad er-
hitzt wird. Die Lösung ist in dĂŒnner Schicht vollkommen
klar, in dichterer etwas opak und enthalt im Durchschnitl
ö â 0 Prozent Kasein, was jeweils auf der Packung ver-
merkt ist.
Milch sowohl wie Kasein sind starke Anaphylaktogene,
deren Wirksamkeit erst bei höheren Hitzegraden nachlĂ€Ăt
bzw. ganz erlischt, wĂ€hrend der in der Molke zurĂŒckbleibende
EiweiĂkörper (Albumin und Globulin) nach Besredka
keine sensibilisierenden, noch shockauslösenden Eigen
schatten besitzt, sondern sogar ein sensibilisiertes Tiei
schĂŒtzen soll.
Das anaphylaktische Experiment verlangt wie jedes
andere biologische die Einhaltung einer ganz bestimmten
Vei suchsanordnung, wenn es zu brauchbaren Resultaten
fĂŒhren soll. Unterschiedliche Ergebnisse beim Anaphylaxie-
versuch erklÀren sich zumeist aus verschiedenem Vorgehen.
Deshalb scheinen mir genaueste Angaben ĂŒber Art der Sen-
sibilisierung, Mengen, Inkubationszeit, Reinjektionsdosis usw.
unerlĂ€Ălich. Nur, wenn alle diese Angaben zur VerfĂŒgung
stehen, ist eine NachprĂŒfung möglich und nur so lassen sich
vergleichende SchlĂŒsse auf die antigene Wirkung verschie-
dener Proteinkörper ziehen. In den bisherigen Veröffent-
lichungen fehlen ein oder mehrere Daten der Versuchsanord-
nung. FĂŒr Proteinkörper, die aus der Milch stammen, ist
naturgemÀà die Milch selbst das geeignetste TestprÀparat,
mit dem sich die anderen PrÀparate vergleichen lassen. Nach
Besredka (12) ist 1 cem Milch die Dosis, um ein 300 â 400
Gramm schweres Meerschweinchen zu sensibilisieren. Der
anaphylaktische Zustand ist sodann nach 16 â 20 Tagen
sicher vorhanden. Die intravenöse Reinjektion ist entschie-
den der sicherste Weg, den Shock auszulösen. Die empirisch
ermittelte Dosis zur Auslösung des Shocks fĂŒr ein mit Milch
sensibilisiertes Tier ist Vs bis Vio cem, doch wird man der
Sicherheit halber meist eine höhere Dosis wÀhlen.
In diesen Zahlen wĂ€re zugleich der Anhaltspunkt fĂŒr
vergleichende Untersuchungen mit anderen MilcheiweiĂ-
körpern gegeben. Handelt es sich darum, nachzuweisen, ob
ein EiweiĂkörper ĂŒberhaupt anaphylaktogen wirkt, so gibt
es Methoden, mit denen sich eine hochgradige Sensibilisie-
rung erreichen lĂ€Ăt, so daĂ selbst noch schwĂ€chste Antigene
nachgewiesen werden können. Otto nÀmlich stellte fest,
daĂ eine weitere Minimaldosis innerhalb der ersten HĂ€lfte
der Inkubationszeit die Ueberempfindlichkeit erheblich
steigert. Nach dem gleichen Prinzip fanden Aynaud und
Briot (6), daĂ die mehrmalige (5 â 7 malige) intraperi-
toneale Injektion kleiner Mengen in viertÀgigen Intervallen
auch noch schwĂ€chste Anaphylaktogene nachweisen lĂ€Ăt.
Als wirksamste Sensibilisierungsart kommt die intra-
peritoneale Injektion in Betracht. Sensibilisiert man mit
mehrfachen, kleinen Dosen, so stellt sich der anaphylaktische
Zustand meist schon nach 8 Tagen ein.
Von diesen Gesichtspunkten ausgehend stellte ich zu-
nÀchst orientierende Versuche mit 3 Antigenen an: Milch,
einer Kaseinammoniumlösung (ultrafiltriert) und schlieĂlich
einer durch Ultrafiltration gewonnenen Molke. Von diesen
Substanzen injizierte ich drei Meerschweinchen intraperi-
toneal, wie nachfolgende Tabelle zeigt:
Tabelle Nr. 1.
Nr.
Gewichtl
Datum der
Inj. in cem
i- P- ?)
Subst.
Tempe-
ratur
vor nach
Datum
Reinj. cem
i. v. ')
Subst.
Resultat
1
770 g
5. VII.
1,0
* entrahmte
3 mal auf 70"
erh. Milch"
36,5
37,7
25. VII.
1,0
frische Milch
innerhalb 3 Min.
schwerst. Shock.
+.
2
700 g
28. VI.
1,8
4,5"/,, Ca-
seinlösung
(neutral
37,0
38,5
25. VII.
1,0
4,5% Ca-
seinlösung
innerhalb 5 Min
heftigster Shock
nach '/a Stunde
langsame Erhol.
3
650 g
5. VII.
1,0
Milchultra-
filtrat
auf 70" erh.
36,2
36,5
25. VII.
1,5
Milchultra -
filtrat
zeigt keine An-
zeichen
M i. p. â intraperitonal.
i. v. = intravenös.
-> Milchn 1 1 ra f i 11 rat enthÀlt kein Casein mehr, nur mehr .\lbumin und GIo
liiilin im pbys Milchsevum.
EisenBerger: âAlbusol"
338
Eisenberger: âAlbusol"
40. Jahrg. â Nr. 16,17.
Diese Versuchsergebnisse entsprechen den Erwartungen,
nÀmlich, daà Tier 1 und 2 anaphylaktisch, Tier 3 nicht
reagieren wĂŒrde. Es ist zu beachten, daĂ es sich bei diesen
Versuchen um besonders - groĂe, nahezu doppelt so schwere
Tiere, wie bei den spÀteren Versuchen gehandelt hat.
Nach diesen orientierenden Versuchen schritt ich zur
PrĂŒfung des A 1 b u s o 1 s. Hier sensibilisierte ich Tier 1â3
mit je 1 ccm, 4 und 5 in Intervallen dreimal mit je 1 ccm,
6 und 7 mit wiederholten, kleinen Dosen (0,5â0,1). WĂ€h-
rend Tier 1â3 bei teils intravenösen, teils intrakardialer Re
injektion ohne erhebliche Störungen am Leben blieb, trat bei
Tier 4, 6 und 7 typischer, anaphylaktischer Shock auf, an
dem die Tiere verendeten. Nur Tier 5 machte darin eine
Ausnahme. Bei den ĂŒberlebenden Tieren war nach der In-
jektion ein TemperaturrĂŒckgang bis 2V? Grad zu konstatieren,
dagegen blieben KrÀmpfe und Atemnot aus.
Tabelle Nr. 2.
Nr.
Gewicht
Datum
des Injekt
i. p.
Dosis
Albusöl
Tempe-
ratur
vor | nach
Re-
injekt.
Datum
Art
Albusol '</»
Tempe-
ratur
vor | nach
Injekt.
Resultat
1
330 g
17 VIII.
1,0
°/o
3,5
37,1
36,5
7. IX.
0,6
i. v.
4%
38.0
36,2
Spt. Urin- u Kot-
abgang, Putzen
2
^â 90 g
17. VIII.
1,0
4,0
37,0
36,5
7. IX.
0,6
i. card
%6 o/â
36,5
36,0
36,0
sonst kein, anaph,
S., zgt. keine Anz
3
300 g
17. VIII.
0,8
4,0
37,7
36,5
9. IX.
0,5
i. Card.
4,5 "/â
37,2
34,5
dito
17 VIII.
1,0
4,0
37,0
36,2
4
290 g
18. VIII.
1,0
20. VIII
1,0
4,0
4,0
37,0
36,4
37,2
37,0
9. IX
0 5
i. v.
i fi 0/
a,o u/0
36,3
-f an anaphyl.
Schock Sektion:
LungenblÀhung.
17. VIII
1,0
4,0
37,0
36,0
5
270 g
18. VIII.
1,0
20. VII r.
1,0
4,0
4,0
37,3
36,7
37,3
36,2
9. X.
0,5
i. Card.
4,7 %
37,5
35,0
zeigt keine
Anzeichen
17. VIII.
1,0
4,0
37,5
36,5
6
275 g
18. VIII.
0,5
22. vm.
0.2
4,0
4,5
38.3
37,6
38,3
37,3
1". IX.
1,0
i. v.
4,5 %
36,8
-f- an anaphyl.
Schock. Sektion:
LungenblÀhung .
15. IX.
0,5
4,6
38,0
38,5
17. IX.
0,3
4,6
36,4
36,2
7
440 g
20. IX.
0,2
23. IX.
0,2
26 IX.
0 1
29. IX
0,1
4,8
4,6
4,6
4,7
37,0
37,1
36.7
35,7
37,0
34,4
36",3
35,1
13. X.
1,3
i. v. âą
4,9 âą/,
36,0
+ Tod nach 2
Min. im anaphyl.
Schock. Sektion :
LungenblÀhung."
Aus den Versuchen gebt hervor, daĂ Albusol in der
Dosis, die bei Milchinfektionen stets Anaphylaxie erzeugt,
noch nicht fh der Lage ist, in dem MaĂe sensibilisierend zu
wirken, daà die Reinjektion typischen Shock auslöst. Erst
durch hochgradige Sensibilisierung wird Shock erzielt.
Von den Versuchen, Albusol-Anaphylaxie passiv zu
ĂŒbertragen, fiel nur einer unter 4 FĂ€llen positiv aus, trotz-
dem in 3 FĂ€llen (homologes) Serum von hochsensibilisierten
Meerschweinchen, die bei der PrĂŒfung der aktiven Anaphy-
laxie erlagen, verwendet wurde. Bei dem 4. Versuch handelte
es sich um heterologes Serum eines mehrfach mit Albusol
vorbehandelten Kaninchens (K. 474), dessen Serum einen
Komplementbindungstiter von 1:2000 zeigte. Sensibilisiert
wurden die Meerschweinchen mit 0,6 â 1 ccm Serum dieser
anaphylaktischen Tiere, reinjiziert wurde nach 24 â 48 Stun-
den mit Albusol intravenös (1 â VA ccm). Es zeigte nur
ein Fall einen typischen Shock mit Exitus, ein weiterer eine
Andeutung eines Shocks (HaarstrÀuben).
Nach diesen Feststellungen interessierte die Frage, wie
das Albusol sich hinsichtlich der beiden anderen Antikörper!
bildungen verhÀlt. Hier sind vor allem die komplementbin-
denden Antikörper, die uns â je nach dem Titer des Anti-
serums â einen Einblick in den Grad der Immunisieruni
gewÀhren. Auch hier verglich ich die Albusolwirkung mit
der von Milch und Kaseinammoniumlösung. Zu diesem
Zwecke wurden zwei Kaninchen mit Albusol, eins mit Milch
und eins mit Kaseinammoniumlösung vorbehandelt. Jedes
der Tiere erhielt etwa 50â60 ccm Antigen, teils intraperi-
toneal, teils intravenös in jeweiliger Menge von etwa 10 ccm
injiziert. Dabei bekamen die Tiere zuerst 5 Gern intraperi-
toneal, sodann nach 3 â 1 Stunden 5 ccm intravenös. Diese
Injektionen wurden innerhalb 6 â 8 Tagen wiederholt.
Um einen Anhaltspunkt fĂŒr das Ansteigen des Immun-'
serumtiters zu gewinnen, wurden in gewissen ZeitabstÀnden
Probeblutentnahmen vorgenommen und auf ihr Komple--
mentbindungsvermögen hin untersucht, wobei ich mir wohl
bewuĂt war, daĂ diese AderlĂ€sse (6 â 7 ccm) das Bild nicht
unwesentlich beeinflussen wĂŒrden, da AderlĂ€sse an sich den
Antikörpertjter eines immunisierten Tieres zu heben ver-
mögen.
Nachfolgende* Tabelle gibt am besten Einblick in die
Resultate:
Tabelle Nr. 3.
Kaninchen
Gewicht
Antigen
Verbrauch
Serum-
verdĂŒnnung
Tiler
474
3950 g
Albusol
1) 17,0 *ccm
2) 26,7 ..
3i 46,7 .,
4) 56,6 ..
1 : 4,8
1 : 4
1:5
1 : 5
1 : 10
1 : 40
1 : 50
1 : 2000
87
3600 g
dto.
1) 31,5 ccm
2) 52,5 ,.
1 : 10
1 : 25
1 : 50
1 : 40
100
3300 g
Ceseinammo-
niumlösung
1) 19,0 ccm
2) 38,7 â
3) 54,2 ,.
1 : 5
1 : 2,5
1 : 10
1 : 200
1 : 1000
1 : 4000
84
2610 g
Milch
kurz erhitzt
1) 11,0 ccm
2) 35,0 â
3) 57,0 ,,
1 : 2,5
1 : 25 âą
1 : 2,5
1 : 20 >â
1 : 50
I : 20000
Die unter âVerbrauch" aufgefĂŒhrte Antigenmenge zeigt
jeweils die vom Beginn an berechnete Gesamtmenge an. Die
Blutentnahme erfolgte stets 6â7 Tage nach der letzten In-
jektion. FĂŒr den Komplementbindungsversuch wurden alle
Reaktionskörper in 0,5 ccm Volumen angewandt, so daà ein
Gesamtvolumen von 2,5 ccm in allen Versuchen gewahrt
blieb. Nach Austitrierung des hÀmolytischen Systems wurde
zunÀchst stets die antikomplementÀre Wirkung des Antigens
(Albusol, Milch, unerhitzte Kaseinlösung) festgestellt, indem
lallende VerdĂŒnnungen von Antigen mit der Komplement -
gebrauchsdosis zusammengebracht wurde. Nach einem halb-
stĂŒndlichen Aufenthalt im Wasserbade von 37 Grad wurden
die sensibilisierten roten Blutkörperchen zugesetzt, worauf
nach einer weiteren halben Stunde abgelesen wurde. Nach
diesen Feststellungen wurde jeweils das Immunserum auf
seine eigenhemmende Wirkung geprĂŒft, indem in 3 Reihen
lallende Immunserummengen einmal mit konstanten An-
tigenmengen in VerdĂŒnnung 1 : 10. das andere Mal in Ver-
dĂŒnnung 1 : 100 und schlieĂlich in der 3. Reihe nur mit dem-
jeweiligen Komplement allein in Reaktion traten. Zeigte
sich in der dritten Reihe in einigen Röhrchen Hemmungen,
so konnte das Immunserum nur in einer VerdĂŒnnung ange-
wandt werden, die sicher die HĂ€molyse nicht hemmte, wie
z. B. bei Serum 87,2 und 84,2, die eine VerdĂŒnnung von
1 : 25 erforderte. Im ĂŒbrigen kann stets die sicher noch
hemmenden ImmunserumverdĂŒnnungen in Anwendung; ab-
gelesen wurde, wenn die Kontrollen gelöst hatten. Nach
diesen Vorversuchen wurde der Hauptversuch angestellt.
40. Jahrg. â Nr. 16/17.
Heferate
389
Dio Versuche zeigen, daĂ das Alhusol komplemenl
bindende Antikörper im Organismus zu erzeugen vermag und
daĂ damit auch ein hoher Antiserumtiter erzeugl werden
kann, wenngleich es den Ansehein hat soweit man bei
der geringen Anzahl der Versuchstiere schlieĂen darf â , als
c|i Kaseinammonium und Milch auch hier wieder stÀrkere
antigene Eigenschaften entfalten. Wie weit das Ansteigen
des [mmunserumtiters klinisch RĂŒckschlĂŒsse auf Erfolg oder
Millerfolg der Proteinkörpertherapie zulĂ€Ăt, kann nur an
Hand umfangreichster, vergleichender Untersuchungen fest-
gestellt werden, denn alle Hypothesen darĂŒber trĂŒgen rein
spekulativen Charakter. So ist seinerzeit sc hon einmal ein
Streit der Meinungen darĂŒber entstanden, ob die Heilwirkung
aus. Der einzige SchluĂ, den wir aus dem Ansteigen des
komplementbindungstiters geprĂŒft werden kann. Die Mehr-
zahl der Autoren sprach sich nach Citron (13) dagegen
aus. Der einzige SchluĂ, den wir aus dem Ansteigen des
Komplementtiters ziehen dĂŒrfen, ist, glaube ich, lediglich
der, daà der Organismus in der Lage ist, auf Reize stÀrker
zu reagieren, wie das ZurĂŒckgehe n des Titers eine
l ebertreibung des Reizes zum Ausdruck bringen wĂŒrde, ge-
mÀà dem biologischen Gesetz von Arndt-Schulz, daĂ
mittlere Reize die Zellfunktion zu vermehrter TĂ€tigkeit an-
regen, wĂ€hrend groĂe und stĂ€rkste sie lĂ€hmen bzw. ganz
aufheben.
Die Versuche beweisen, daĂ man sowohl mit Albusok
als auch mit Kaseinammoniumlösung und Milch durch ge-
eignete Verteilung der Injektionen eine hochgradige âImmu-
nitĂ€t" â wenn ich die zum Ausdruck kommende Antikörper-
bildung so bezeichnen darf â hervorrufen kann, ohne dabei
trotz intravenöser Infektion anaphylaktischen Shock hervor-
zurufen. Durcli hohe Anfangsdosen scheint man nach ex-
perimentellen Erfahrungen den anaphylaktischen Zustand
umgehen zu können und den Organismus im Sinne der Im-
munitÀt umzustimmen.
SchlieĂlich untersuchte ich das Albusol und die beiden
von mir gewÀhlten Vergleichsantigene hinsichtlich der prÀ-
zipitierenden Antikörper. Ich möchte vorwegnehmen, daà es
mir mit keinem der vier Kaninchensera gelang, PrÀzipitation
zu erzeugen, und zwar in keiner der Blutproben. Ich stellte
den Versuch mittels der âRingprobe" an, wobei ich konstante
Serummengen (0,1) gegenĂŒber konstanten Mengen (1 cem)
fallender AntigenverdĂŒnnungen anwandle. Der negative
Ausfall der Reaktionen will in Anbetracht der geringen Tier-
zahl wenig besagen, da man weiĂ, wie schwer PrĂ€zipitine zu
erzeugen sind (U h 1 e n h u t h). P. Th. MĂŒller (15) halle
bei seinen Untersuchungen ĂŒber Lactosera gezeigt, daĂ die
PrÀzipitation an die Anwesenheit löslicher Kalksalze gebun-
den sei. Da durch wiederholte FĂ€llung das Kasein nur mehr
Spuren von Kalzium enthalt, die sodann durch die verschie-
denen Erhitzungsprozesse jedenfalls in unlösliche Verbin-
dung ĂŒberfĂŒhrt werden, so setzte ich den Antigenen ver-
dĂŒnnte Kalziumchloridlösung zu, worauf FĂ€llung eintreten
mĂŒĂte, sofern PrĂ€zipitine im Serum vorhanden wĂ€ren.
Trotzdem blieben aber die FĂ€llungen aus.
Die Laktosera bzw. Kaseosera waren selbstverstÀndlich
in aktivem Zustand, da ja inaktive Laktosera spezifisch In in
tuende PrĂ€zipitoide enthalten (I*. Th. MĂŒ I l'er).
Fassen wir die Resultate nun zusammen, so ergibt sich,
daĂ Albusol gleich den ĂŒbrigen ProteinkörperprĂ€paraten ein
wirksames Antigen darstellt, d. h. daĂ es sowohl anaphvlak
togene, wie komplementbindende Antikörper zu erzeugen
vermag, wenn auch in geringerem MaĂe wie die Milch. Es
wird sich bei der Therapie auch hier darum handeln, die
wirksame Dosis, die sich an der Reizschwelle hÀlt, indivi
dualisierend zu ermitteln. Vielleicht gelÀnge es, durch die
intrakutane Quaddelprobe die ReaktivitÀt de,s Organismus
gegenĂŒber dem zugefĂŒhrten Antigen festzustellen, wie ich es
mehrfach bei Meerschweinchen gesehen habe, die im Zu-
stande der anaphylaktischen PrÀparierung auf intrakutane
Einspritzungen am nĂ€chsten Tage mit entzĂŒndlicher Rötung
der Injektionsstelle reagierten. Dieses PhÀnomen trat jedoch
nicht regelmĂ€Ăig auf. Die Frage, ob Proteinkörper, die ihre
anaphylaktogenen Eigenschaften ganz verloren bÀhen, noch
im Sinne eines Reizes wirken können, muà vorlÀufig noch
offen gelassen werden und ist Gegenstand derzeitiger Unter-
suchungen. Die nachweisbare Erhöhung des Komplement -
bindungsvermögens auf steigende Zufuhr von Antigen lĂ€Ăt
sich unter UmstĂ€nden gleichfalls im Sinne der PrĂŒfung der
ReaktivitĂ€t des Organismus auf den zugefĂŒhrten Reiz ver-
werten.
Li f era t u r.
1. Ueber unspezifische Leistungssteigerung (ProtoplasinaakĂŒ
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2. Serologische Untersuchungen ĂŒber Caseosan. M. m. W. 1920.
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5. Zur Frage der Ueberempfindlichkeit bei unspezifischer The-
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7. Anaphylaxie und Asaphylatoxin. M. m. W. 1916, Nr. 39,
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8. Considerations Generales sur la Proleinotherapie et le Trai-
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9. Die Transfusion von Blut, insbesondere von fremdartigem
Blut und ihre Verwendbarkeil zu Heilzwecken von neuen Ge-
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10. Ueber Proteinkörpertherapie. M. m. W. 1921, Nr.
11. Die Methoden der Immunodiagnoslik. 1919.
12. Handbuch der IrnmunitÀtsforschung. Kraus-Levaditi: Ueber
Anaphylaxie.
13. ImmunitÀtsforschung (Handbuch). Kraus-Levaditi.
1 1. Praktische Anleitung zur AusfĂŒhrung des biologischen Ei-
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Hl. f. Bakt. 1902, Bd. 32.
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Die klinische Pulguntersiichung bei Patienten um unregelmĂ€Ăigem Puls,
namentlich bei Arhythrrtla perpetua. I. u n d s g ti a r<l. 161.
lieber Periarteriitis nodosa. Ăerla-fth. 467.
vAetialogie und Prognose der serftsan Pleuritis beim Kinde. N e u l a n d: 170.
*Ist bei Placenta praevia die Metreuryse ein Mir die hausĂ€rzĂŒiche Geburrs-
hilfe geeignetes ungefÀhrliches Verfahren. B a n n e s. 472.
l'ebcr die Wirkungsweise und das Mlem der Vakzine. Lange. 475.
âZur Wirkung von primarein Natriumphosphai auf die körperliche Ăeistungs-
fahjgkcĂŒ. II e i x h e i m c r! 180,
Ueber die WirkungsuTsache des HirtentÀschelkrauts. HCtftcr und
Z o ii de k. 483.
Die Beeinflussung der Blutkörperehensehkuugsgeschwi'ndigkeit durch Reiz-
stoffe. Lohr. 483.
âŠÂ»âŠHii'lirlinioM in der Behandlung der Fingereiterungen. U Ă€ r ( e l. 484.
Jugendliche Psychopathen und FĂŒrsorgeerziehung. I? ri e de b erg. ixt.
Aetiologie und Prognose der serösen Pleuritis beim Kinde.
Die seröse idiopathische Pleuritis im Kindesaller beruht durch-
aus nicht immer auf einer Tuberkulose. Sie bildet hiermit also
einen Gegensatz zu der serösen Pleuritis des Erwachsenen, die
meist in enger Beziehung zur Tuberkulose, sieht. In den vom
Verfasser beobachteten Fallen blieb ein gewisser Prozentsatz
auch in spateren Jahren völlig gesund, selbst wenn sich z. Z. der
Erkrankung die Tuberkuloseinfeklion durch den positiven Pirlquet
nachweisen LieĂ". GegenĂŒber einer folgenden Tuberkulose gestottd
MO
Ans den neoesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 16/17
die kindliche Pleuritis eine weit bessere Prognose als beim Er-
wachsenen.
Ist bei Placenta praevia dir Metreurysc ein fĂŒr die haus-
Àrztliche Geburtshilfe geeignetes ungefÀhrliches Verfahren? Wenn
infolge Placenta praevia Blutungen auftreten, so sind solche
Frauen, wenn möglich, einer GebĂ€ranstalt zuzufĂŒhren. Ist das
nicht angĂ€ngig, so muĂ der Praktiker an Ort und Stelle fĂŒr sach-
gemĂ€Ăe Blutstillung Sorge tragen. Dies geschieht, wenn der
Muttermund und Halskanal fĂŒr einen Finger durchgĂ€ngig ist.
mittels intraamnialer Metreuryse. Hierzu ist der weiche, nicht
zugfeste Braunsche Ballon zu verwenden. Die Operation ist auch
fĂŒr den nur ĂŒber Durchschnittserfahrung in der Geburtshilfe
verfĂŒgenden Praktiker ausfĂŒhrbar. Mit in Kauf zu nehmen ist
die meist nicht betrÀchtliche Blutung bei der zunÀchst erforder-
lichen Durchbohrung der Placenta.
Zur Wirkung von primÀrem Natriumphosphat auf die kör-
perliehe LeistungsfÀhigkeit. In interessanten Versuchen, die an
der preuĂischen Polizeischule fĂŒr LeibesĂŒbungen in Spandau an-
gestellt wurden, konnte erwiesen werden, daà tÀgliche Gaben
von PhosphorsÀure (Recresal) einen erheblichen Stoffansatz
bedingten, der sich wahrscheinlich auf Skelett und Muskulatur
erstreckte, und eine meĂbare Steigerung der körperlichen (.ei
stungsfÀhigkeit mit sich brachten.
Richtlinien in der Behandlung der Fingereiterungen. L eber-
sicht ĂŒber Pathogenese, Operation und Verbandtechnik bei Pana-
rifien und Handphlegmonen. A. MĂŒnz er.
Medizinische Klinik.
:>. Februar 1922, 18, Nr. 6
â Herzuntersuchungen bei Schwangeren und GebĂ€renden. Deutsch. F. und
Prieset. R. 165.
Ueber Hautdiphtherie, insbesondere, die ekzematoide Form. B i b e r -
stein. H. 168.
Umfrage ĂŒber die neue Influenzaepideimie. 174.
Ueber Meningitis gonorrhoica. Lindenfeld. I.. 1 76.
("eher vorĂŒbergehenden VerschluĂ von Körperöffnungen mittels Hautknopt-
löeher. L i n h a r t , A. 178.
âZur Kasuistik seltener IleusfĂ€Jle. v. Ortenberg. H. 178.
Nachtrag zu meiner Arbeit: Ueber senile Hysterie (Astasie-Abasie und
Vagotoniei). F r*i e d 1 À n d e r. Fr. 179.
â lieber praktische Erfahrungen mit Lytophan. F e u s t e 1 1 . R. 179.
Beitrag zur Theorie und Praxis der Ausflockungsieaktion von Sachs und
Georgi. Gaethge ns, W. und S a 1 v i o 1 i , G. 179.
Ueber die Bedeutung der Hydro- und Thermotherapie' fĂŒr Physiologie nun
Pathologie des weiblichen Sexualapparates. Tobias. E. 182.
Lebertran und Rachitis. 183.
Herzuntersuchungen bei Schwangeren und GebÀrenden.
Deutsch und P r i e s e 1 haben durch vergleichende orthodia-
phische Aufnahmen des Herzen in der letzten Zeit der Schwanger-
schaft und im Wochenbett versucht, der Frage nÀher zu kommen,
ob und welche VerÀnderungen das gesunde Herz in der
Schwangerschaft erleidet. DaĂ unter dem EinfluĂ der Schwanger-
schaft eine AufwÀrtsdrÀngung des Zwerchfells stattfindet, war
;iuch frĂŒher schon von anderen Autoren festgestellt worden, wenn
auch die Angaben ĂŒber den Grad der VerdrĂ€ngung erheblich dif-
ferieren. Im vorliegenden Falle konnten die Verfasser fest-
stellen, daà die durch die AufwÀrtsdrÀngung des Zwerchfells
verursachte Verlagerung des Herzens nur gering ist, daĂ ferner
das gesunde Herz unter dem Einfluà der GraviditÀt wohl eine
geringe VergröĂerung, und zwar sowohl des linken wie des
rechten, erfÀhrt, daà dieselbe aber in der Periode der Wehen
keine Zunahme erfÀhrt und sich im Wochenbett rasch wieder
zurĂŒckbildet. Ein Unterschied inbezug auf Erst- oder Mehr-
gebÀrende konnte nicht festgestellt werden. Bei 4 FÀllen protra-
hierter WehentĂ€tigkeit â bis zu 48 Stunden â konnte nur hei
2 FĂ€llen eine deutliche HerzvergröĂerung auch noch 8 Tage nach
der Entbindung nachgewiesen werden, mit den subjektiven Er-
scheinungen groĂer SchwĂ€che, Herzbeklemmung und Herzklopfen.
Accidentelle systolische GerĂ€usche ĂŒber der Pulmonalis. teils
auch ĂŒber allen Ostien konnten in 29,2 Prozent aller FĂ€lle nach-
gewiesen werden und zwar in 6 FÀllen wÀhrend der GraviditÀt,
in einem nach derselben, in 7 vor und nach der Entbindung. Die
in einigen dieser FĂ€lle bestehenden subjektiven Beschwerden
Wissen die Verf. das Vorhandensein aecidenteller GerÀusche als
den Ausdruck einer gewissen Neigung zur FunktionsschwÀche
des Herzens deuten.
Zur Kasuistik seltener IleusfÀlle. V. Orlenberg hatte Ge-
legenheit, einen Fall von Ileus zu operieren, der. als Obturations
ileiis gedeutet, sich bei der Operation als Strangulationsileus er-
wies hervorgerufen durch den vollstÀndig erhaltenen, etwa blei-
stiftdicken Ductus omphalo-mesentericus, der eine untere Ileum-
schlmge vollkommen abschnĂŒrte. Da Pat. nach dem FuĂballspiel
plötzlich ĂŒber Leibschmerzen klagte, wird angenommen, daĂ die
Abschnurung durch irgend eine brĂŒske Bewegung beim Spiel
entstanden ist. NachtrÀgliche ergÀnzende anamnestische Auf-
nahme ergab, daĂ der Pat. als SĂ€ugling etwa % Jahr lang eine
Aabelfistel hatte, aus der sich schleimige Massen entleerten, und
die sich nach Aelzung durch einen Arzt geschlossen hatte.
Ueber praktische Erfahrungen mit Lytophan. Feustell
hat in 40 FĂ€llen verschiedenartiger Erkrankungen mit Lytophan
sehr gute Erfolge erzielt. Behandelt wurden: Gicht, chron. und
akuter Muskelrheumatismus, chron. und akuter Gelenkrheumatis-
mus bezw. GelenksentzĂŒndungen, Lumbago, Ischias und ischias-
ahnliche Schmerzen, Interkostalneuralgie und allgemeine Neuri-
tiden. In der ĂŒberwiegenden Zahl der FĂ€lle, besonders in den
akuten, trat prompte Wirkung ein, in den anderen wurde fast
ausnahmslos schmerzlindernde Wirkung erzielt. Die Dosis war
3 mal tÀglich 1 gr, 3-4 Tage lang, evtl. Wiederholung der Dosis
nach einigen Tagen. Silbermann (Charlottenburg).
MĂŒnchener medizin. Wochenschrift.
24. Februar 1922. Nr. 8.
Angebliche Gefahren de* DĂ€mmerschlafes bei der Geburt. Opitz. 261.
DurchlĂ€ssigkeit der HaargefĂ€Ăwand beim Menschen. Oft n Baien und
9t 8 II 6 Ti 263.
Uystonisches Syndrom. E w a I d. 264.
Gynergen. B ö r i n g. 266.
âNeosilbeisalvarsan bei Neurolues. D r e i f ,u s. 268.
âErweiterte Indikatiou der Talmaschen Operation. Rubens o h u *B9
âKrĂ€tzemittel âCatamin". s c h e 1 c h e r. 870.
KontagiositÀt des Condyloma acuminatum. [, i c h te n s te in. 270.
âKrebsĂ€tiologie. Holtmann. 271.
. âEndoluinbale SalvarsanbehandluiiR. Fuchs. 271.
Fachausdrucke der modernen Vererbungslehre. 8 i e m e n s. 872.
Neosilbersalvarsan bei Neurolues. Nss. verbindet die chemo-
therapeutischen VorzĂŒge des Silbersalvarsans mit den praktisch
wichtigen Vorteilen der leichten Löslichkeit und guten VertrÀg-
lichkeit des Neosalvarsans, ohne dessen Oxydierbarkeit und ge-
ringere Wirksamkeit aufzuweisen.
Ueber eine erweiterte Indikation der Talmaschen Operation.
Bericht ĂŒber gĂŒnstigen Effekt des Eingriffs bei Pfortaderstau-
ung, die in diesem Fall durch einen anscheinend benignen
Tumor verursacht wurde.
Erfahrungen mit dem KrĂ€tzcmittel âCatamin". Catamin
(Biedel A.-G., Berlin)-Schwefelzinksalbe mit 10 % Zink und ."> %
Schwefel, 3 Tage lang je 1 mal eingerieben, am 4. Tag Bad be-
wĂ€hrte sich dem Verf. gut. VorzĂŒge: Niemals Hautreizung, im
Gegenteil gute Beeinflussung der oft ekzematösen, gereizten
Haut; rasche Beseitigung des Juckreizes, keine SchÀdigung der
WĂ€sche, angenehmer Geruch und groĂe Billigkeit.
Ein Beitrag zur KrebsÀtiologie auf Grund der Krebsstatistik
in Cuba. Auch in Cuba auffÀllige Zunahme der Krebssterblich-
keit. Die Angaben von Behla, daĂ roh genossenes Garten-
gemĂŒse eventuell Ă€tiologisch in Betracht kĂ€me, lennt Verf. ab,
da in Cuba GartengemĂŒse ĂŒberhaupt nicht roh genossen wird.
Zur Frage der endolumbalen Salvarsanbehandlung. Polemik
gegen Benedek (M. m. W. Nr. 2, 1922). Verf. hebt hervor, daĂ
die intravenöse Behandlungsart den gleichen Effekt erzielt und
sich damit die Nachteile der endolumbalen Therapie nÀmlich
1. UmstĂ€ndlichkeit und Schwierigkeit der Technik fĂŒr den Ar/.t.
2. Unbequemlichkeit und Kostspieligkeil fĂŒr den Patienten und
.3. Gefahr schwerer SchÀdigung durch Ueberdosiei nng vermeiden
lassen. F. Loewenhardt (Charlottenburg-Westend
3. MĂ€rz 1922. Nr. 9.
Postoperative Bauchlellverwachsungen. Martins. 29t(
âPathologische Anatomie des Gehirns in ihren Beziehungen zur Psychiatrie.
Klarfeld. 302.
Oeroplagusplastik. Methodik und Erfolge. Frangenheim. SOS.
âRöntgenbestrahlung bei Asthma bronchiale. K l e w i t /. I0S
âJodprophylaxe bei Grippe. Steiner. 306.
âHaut- und TubcrkuloseinimunitĂ€t. Böhme. HĂH.
âBehandlung des Abortes. S a m u e 1. 308.
â intrakardiale Adreiial ininjektion bei Sarkö«eherzstiJlstand eines SĂ€uglings.
B 1 i e d u n g. 309.
â Intravenöse lujeUtio i von Karaipfe-rwastser hei SĂ€uglingen. Sehet«
che r. 310.
10. Jahrg. â Nr. 16/17.
Ans den neuesten Zeitschriften
341
tSpesiflsch« Therapie und Prophylux? «Ii * Gelbfiebers O I p p. .in
Kriegsneurose. A mbul d. 311.
âąfruhertnn. Rauhem. 312.
NĂ€chtliche YVadciikriimpfe. 0 c h s «â u i n s. .ii j
Adolf KuUmauls lOU. Geburtstag. Kleine r. 313
Die pathologische Anatomie des Gehirns in ihren Bezie«
hungen zur Psychiatrie. Kurzes Febersichtsreferat.
Röntgenbestrahlung bei Asthma bronchiale, («nie Erfolge in
17 von 21 FĂ€llen.
Ueber Judprophylaxe bei Grippe. Gute ErfaHrungen mit
Dijodyl-Riedel, tgl. 1 Tabl., SĂ€uglinge % Tabl.
Haut- und TuberkuloseimmunitÀt. Interessantes Referat
Ăber die Ponndorfsche Impfmethode.
Ueber 4die Behandlung des Abortes. Angabe von improvi-
sierten Beinhalten! mittels 2 BettĂŒchern fĂŒr Behandlung im
Privathaushalt. Jeder Abort soll digital ohne nachherige In-
strumentanwendung ausgetastet werden. Kurettiert dĂŒrfen nicht
fieberhafte Aborte bis zum 2. Monat, wenn die Zervix sich nicht
weiter wie bis Hegar Nr. 12 in einer Sitzung dehnt. Nach zwei
Monaten stets digitale Austastung. Tamponade und SpĂŒlungen
sind nach Verf. nicht notwendig.
Intrakardiale Adrenalininjektion bei Narkoseherzstillstand
eines SÀuglings. Guter Dauererfolg mit 0.2 cem 1°/00 Adrenalin
in einem solchen Falle.
Ueber die intravenöse Injektion von Kampferwasser bei
SÀuglingen. Kampferwasser (Merck ist Ringerlösung mit 0,142 %
Kampfer. Dosierung 10â20 ccm. 54 behandelte FĂ€lle. Keine
Reizerscheinungen. Endeffekte sehr gering, was aber auf die
FĂ€lle selbst zurĂŒckzufĂŒhren ist, die meist in sehr desolatem Zu
stand war. Weitere Versuche sind dringend zu empfehlen.
Spezifische Therapie und Prophylaxe des Gelbfiebers. Referat
ĂŒber amerikanische Arbeiten. Gute Erfolge mit spezifischem
Serum bei frĂŒhzeitiger Anwendung. Prophylaxe nach Nogucki:
Zweimal 2,0 ccm abgetötete Septogrica-ikteroides-Reinkultur mit
anscheinend gutem Erfolg, da von 3230 Geimpften keiner er-
krankte. < . : p
Albertan, ein neues Antiseptikum. Albertan - Aluminium-
prolyphenylat mit 8 % Aluminium (Albert u. Lohmann, Fahr
a. Rhein). Gute Wirkung als Ersatz fĂŒr Jodoform, dabei völlig
geruchlos. Auch als Albertan-Brandbinde gut bewÀhrt. \
F. Loewenhardt (Charlottenburg-Westend
âąZeitschrift fĂŒr klinische Medizin, Berlin.
3. Marz 1922. 93. Heft I 6.
Untersuchungen ĂŒber die Physiologie und Pathologie der Blutraengen.
P 1 e s c h , J. 2fi.
Einige Bemerkungen ĂŒber Flecktyphus nach Beobachtungen wĂ€hrend ele-i
Moskauer Epidemie. 1917â1920. Plettnew D. 885.
âDie hĂ€moklasisehe Krise nach Widal ;il< Verifauungsleukopenie. Verglei-
ehende PrĂŒfung der Leberpartiialfunktion bei Leberkranken und Gesunden.
Hölzer. P. und Schi lling, E. 802.
r Die hÀmoklasisehe Krise Wldafe. I. Das leukozytÀre DifferentialbHd sprich!
fĂŒr Verteilungsleukozytose. XV o r in s . W. und S e Ii t eiber. BT. 828.
I âŠDie Bedeutung der Stalngninno des l.'rins fĂŒr die- Prognose innerer Er-
krankungen. S c Ii e in e n s k y . W. 334.
Das Blutbild bei Skorbut mit BerĂŒcksichtigung der Einksverschiebung.
II a u s m a n n . T. 346.
âąÂ»Von der Bedeutung des konstitutionellen Nfomentes in der Aetiologie der
Appendieitis. 'Backmann. W. 358.
Die praktische Verwertbarkeit der \iuylasc-iDia.stasc-i Bestimmung in Blut
und Urin fĂŒr die Diagnostik der verschiedensten pathologischen Zu-
stÀnde. Block. W. 381.
I Die Voluinmessung «ler roten Blutkörperchen l.ei verschiedenen Krankheiten
C s À k i . I.. 405.
EinfluĂ der Magenfiinkliuii auf den Kohlcuh.vdratstnffwci-hsel H o t h (I
und E r n 8 t . Z. 417.
â Die Prognostik der Ninreiikrankheiten. Eitz n «â r . s. 124.
âZur Krag« der akuten eiweiĂfreien Nephritis. Mayer, I.. nie
Die hÀmoklasisehe Krise nach Widal als Verdauungsleuko-
penie. 200 ccm Milch oder das Aequivalent Kohlehydrate erzeug!
verschieden hohe Verdauungsleukocytose: hei Infektionskrank-
heiten ist die Wida Ische hÀmoklasisehe Probe (Leukocytensenkung
"â "Ii 200 ccm Milch bald positiv, bald negativ, sogar hei der
gleichen Krankheit. /.. 13. Paratyphus und Typhus. Herzkranke
mit Leberstauung zeigen positive Widalsche Probe Bei allen
offensichtlichen l.eberkrankheiten findet sich eine Verdauungs
leukopenic nach Milchaufnahme, ohne daĂ die Höhe fĂŒr die
Schwere oder das augenblickliche Bestehen einer Leberaffektion
maĂgebend ist Pepton bewirkt bei Gesunden wahrscheinlich eine
Leukocytenvcrmehrung. bei Leberkranken findet durch Pepton
allein eine Leukocytensenkung statt (toxische Wirkung, die
Widalsche Probe ist I Stunde nach Peptonaufnahmc bei Leber
kranken negativ (refraktÀre Phase). Bei Suh- und Anaciditaten
tritt oft Verdauungsleukopenle statt Verdauungsleukocytose nach
Milchaufnahme ein. Bei Salvarsankuren und 4 â ."> Tage nach einer
Salvarseninjektion (auch von 0,15) treten Leukocytenverminde
rungen nach Milchaufnahme ein. Bei retikulo-endothelialem
Ikterus bewirkt 200 ccm Milch einen deutlichen Leukocytenan
stieg. Die Senkung des Blutdruckes geht der Leukocytenkurve
nicht immer parallel, besonders ist der Anfangswert meist zu
hoch (durch Furcht psychisch bedingte Blutdrucksteigerung
Die Bauersche Galaktose- und Widalsche Milchprobe können viel-
leicht kombiniert werden, zur PrĂŒfung der Leber auf die Assimi
lationsfĂ€higkeit fĂŒr Kohlenhydrate und EiweiĂ. Die absoluten
Zahlen sind fĂŒr die Verdauungsleukocytose und Leukopenie
wechselnd. Sowohl Leukocytose als auch Leukopenie können
evtl. durch wechselnde Mengen und verschieden weit abgebaule
EiweiĂabbauprodukte bedingt sein.
Die Bedeutung der Stalagmone des Prins fĂŒr die Prognose
innerer Erkrankungen. Die pathologische stalagmometrische S. ().
(stalagmometrischer Quotient) Kurve ist unter UmstÀnden ein
Anzeichen fĂŒr einen noch nicht abgeschlossenen Krankheits-
prozeĂ, sie kann demgemÀà auch bei klinisch anscheinend zur
Heilung fĂŒhrender Erkrankung prognostisch wichtig werden
eventuell kann sie eine wichtige FunktionsprĂŒfung bei Nieren-
störungen sein, bei denen die ĂŒblichen klinischen Funktions
PrĂŒfungen zu negativem Besirltat fĂŒhren. NĂ€here Einzelheiten
siehe Original.
Von der Bedeutung des konstitutionellen Momentes in der
Aetiologie der Appendieitis. Ein konstitutionelles Moment isl
deutlich zu erkennen, mag nun ein Morbus aslhenicus Stiller .
Status thymicolymphaticus (Paltauf), hypoplastische Konstitution
(Bartel), exsudative Diathese oder sonst etwas in dieser Hinsich!
vorliegen. Verf. nimmt an, daà es sich hauptsÀchlich um eine
allgemeine Herabsetzung der Widerstandskraft hei den cellulÀren
Elementen in den Geweben des Appendix gegen Ă€uĂere Ein
flĂŒsse (Bakterien) handelt.
Die Prognostik der .Nierenkrankheiten. Verf. hÀl das
Schicksal einer gröĂeren Zahl von FĂ€llen aus den Jahren 1910
bis 1912 katamnestisch verfolgt und erörtert ausfĂŒhrlich die
Möglichkeit, bei den verschiedenen Formen eine richtige Prog-
nose stellen zu können. Die Einzelheiten mĂŒssen auch hier im
Original gelesen werden.
Zur Frage der akuten eiweiĂfreien Nephritis. Literatur
ĂŒber eine Anzahl solcher FĂ€lle und Beschreibung zweier selbst
beobachteten. Es empfiehlt sich, die Krankengeschichten nach-
zulesen, da man nach Ansicht des Verf. bei beiden FĂ€llen ent-
schieden auch eine andere Deutung aus den mitgeteilten Daten
herauslesen kann.
F. L o e w e n h a r d t (Oharlottenburg-Westend
Zeitschrift fĂŒr physikalische und diĂ€tetische Therapie ein-
schlieĂlich Balneologie und Klimatologie.
- r 1
1922. 26. Heft 2.
«t^heMaalbĂ€deptlherapie der Polyarthritis rheunmtiea. II .â : v :i s , Jul. 33 â 11.'
âŠEine vereinfachte Method â der Traubenzuckerinfusion mit Kalzium-Zusatz.
H e 1 w i g. 41â44.
⊠Bemerkungen ĂŒber die ErnĂ€hrung «ler Japaner. L d e « . 0 s e. *l â 4«.
âKliiimtologisehcs aus den sehlesiseiien Kurorten. Siebe! t. tfi â 49.
ThermalbÀdertherapie der polyarthritis-rheumatiea. Ziem-
lich weitschweifig setzt Havas auseinander, daĂ eine Badekur
nach Gelenkrheumatismus erst begonnen werden soll, wenn der
Krankheitsprozeà tatsÀchlich abgelaufen ist. d. h. wenn keine
Temperaturschwankungen und namentlich keine SchweiĂe mehr
bestehen. (Die HartnÀckigkeit des Bheumatismus und sein oft
scheinbar unmotiviertes Wiederaufflackern war schon unseren
VorgÀngern bekannt Ref. Nach den akuten Formen soll man
deshalb 3 Wochen nach dem letzten SchweiĂausbruch warten
Bei den subakuteh Formen tritt die BefĂŒrchtung ein. die Affektion
möchte chronisch werden und zu irreparablen VerÀnderungen
fĂŒhren. Dann muĂ man eben im :>. Monat der Erkrankung ganz
vorsichtig mit wenig reizenden BĂ€dern beginnen und sich je nach
deren Erfolg weitertaslen. Die Konstitution des Patienten spricht
da das letzte Wort. WĂ€hrend die Bekonvaleszenlen vom akuten
Rheumatismus mit 1ö -20 Badetagen in 3 â 4 Wochen wegkommen
mĂŒssen die subakulen mit 6â8 â 10 Wochen rechnen.
342
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 16 17.
,.Bakteritische EinflĂŒsse" (S. 36) wollen wir aber nicht ein-
fĂŒhren. ĂaxrrjQlrc, gibt es zwar im Griechischen nicht, wĂŒrde
aber nach unserem Sprachgebrauch zu ĂŒbersetzen sein mit: ein
entzĂŒndetes StĂ€bchen. jupfheotTC, ist zum GlĂŒck ausgemerzt;
es bedeutete ein mit Ziegenfellen bekleidetes Weib.
Eine vereinfachte Methode der Traubcnzuckerini'usion mit
Kalzium-Zusatz. Mit Saccharucal-Injektionen i= '25 Proz. Trau-
benzuckerlösung 10 cem + 10 Proz. Chlorkalzium 1 cem) geling!
es, so ziemlich bei allen Formen von HerzschwÀche Besserung
zu erzielen; denn sie sind fast immer durch Tiefstand des Blut-
zuckers bedingt. Eine gleichzeitige Liegekur zur AuffĂŒllung dei
(/lykogendepots sichert die Nachhaltigkeit des Effekts.
Bemerkungen ĂŒber die ErnĂ€hrung der Japaner. Die Vor-
stellung, daĂ die Japaner reine Vegetarier seien, ist in dieser
prĂ€zisen Form nicht ganz richtig: Fische, HĂŒhner. Eier, Biesen
Salamander usw. werden keineswegs verschmÀht. Aber auch,
wo die Kost vegetarisch war, fĂŒhren sich die Bewohner des
Inselreiches durchschnittlich 0,8 g Ca 0 und 1,0 Mg O zu. so dali
von einer Kalkarmut keine Rede sein kann.
Klimatologisches aus den schlesisehen Kurorten. Aus dem
Vortrag von Sieb eil, wonach jeder Ort sein eigenes Klima hat.
sei besonders auf das Pflanzen- und Tierleben hingewiesen, das
mir ein besserer Registrierapparat zu sein scheint als die rein
physikalischen Messungen von Luftdruck, Winden. Feuchtigkeit,
elektrischen Spannungen usw. Vielleicht ergeben Untersuchun-
gen neue und wertvolle AufschlĂŒsse ĂŒber die klimatischen Ver-
hÀltnisse eines Kurortes. Butter.sa c k.
Therapie der Gegenwart, Berlin.
Januar 1921, 63. Heft 1.
âZur Behandlung der Nierenkranken. II i rsc-h, ('. i
âŠM>ie moderne Behandlung des MastdjurmkrSbses. SS c Ii i (I e u . V. und
Fischer . H. 8.
GrundsĂ€tze und Erfahrungen ĂŒber die fc>ĂŒhheilung irischer Syphilid.
H o I ! in a n n , E. 1 1 .
Zur Therapie des statischen Senk-KnickfuĂes. 19.
Neuere Arbeiten ĂŒber unspe/if ische Therapie. G r u n k e. 12.
Zur Behandlung der Nierenkranken. Charakteristisch fĂŒr die
Auffassung des Verfassers ist die Formulierung des Themas.
Er spricht nicht von Nierenkrankheiten, sondern von der Behand-
lung der Nierenkranken. Er tritt der Nierenbehandlung etwa so
gegenĂŒber wie der modernen Diabetestherapie. Jeder Fall muĂ
einzeln angefaĂt, ganz fĂŒr sich behandelt werden, jedes Schema,
jede Rubrizierung ist untunlich. Denn, so sagt er, bis heute ha!
die gesamte Einteilung der Nierenkrankheiten, die zum Fanalis-
mus geworden sei, versagt. Weder können wir anatomisch die
GefĂ€Ă- und EpithelschĂ€digungen auseinanderhalten, noch zeigt
uns die PrĂŒfung der Einzcll'unklion Wege zu echten Gruppen-
aufstellungen. Auch die Feststellung Àtiologischer Momente isl
selten möglich. Wir sind angewiesen, so sagt Verfasser, auf
sorgfÀltige, individualisierende Erfassung des Einzelfalles. Wir
treiben heute meist Schonungsbehandlung des erkrankten Organs
und reden uns ein, im Gegensatz zu Àlteren Aerzten zu stellen,
die frĂŒher die DurchspĂŒlung bevorzugten. Ganz richtig ist das
nicht, denn auch die frĂŒheren Aerzte begannen die Behandlung
der akuten Nephritis mil !- 1 Milch. Die Forderung Traubes.
bei jedem Nierenkranken das Herz zu beachten isl heule Allge-
meingut der Aerzte. Bei der akuten Nephritis isl das Hervor-
stechendste die Störung des Wasserwechsels. Da tritt zuerst
unser Schonungsprinzi|> in TĂ€tigkeit. Leider ist aber eine ab-
solute Nierenschonung urimöglich. Hier muà man sorgfÀltig in-
dividualisieren, eine Durstkur nie zu lange ausdehnen. Verf. be-
kĂ€mpft den WasserstoĂ", der nur Scheinerfolge habe, in Wahr-
heil eine viel zu starke Belastung des Organs sei. Ueber-
haupl soll man^iei allen odemalosen Kranken sieh vor brĂŒsken
Belastungsproben hĂŒten. Neben der Harnuntersuchung isl das
Wichtigste das regelmĂ€Ăige Wiegen der Kranken, womit am
ehesten Wasserretentionen erkennbar sind Eine Hunger- und
Durstkur. wie sie Volhard empfiehlt, ist nach Hirsch nur an-
gebracht, wenn bei schnell ansteigendem Hydrops UrÀmiegefahr
besteht. Ganz anders bei der Schrumplniere. Hier kommt es
nur auf die Erhaltung der Herzkraft an. hier gebe man reichlich
FlĂŒssigkeil, quĂ€le den Kranken auch nicht mit sinnloser Koch-
salzentziehung. Ueherhau.pt verlangen Kochsalz- sowohl wie
Stickstoffentziehungen ganz strikte Indikationen. Bei Schrumpl-
niere warnt Verf. vor Jodkuren, die oft zu Jodvergiftungen
fĂŒhren. â Sehr wichtig isl ferner die Behandlung der drohenden
oder eingetretenen UrÀmie. Bei der akuten 'Nephritis kommen
urÀmische ZustÀnde vor, meist passagerer Natur, die durch
strengste Schonung, evtl. AderlaĂ, Lumbalpunktion. Herzbeofa
achtung gut zu bekÀmpfen sind. Bei chron. Nierenkranken ist
PrĂ€mie immer prognostisch ungĂŒnstiger. Hier vor allem strikte
hiweiĂeinschrĂ€nkung. â Bei allen chron. Nierenkranken emp-
fiehlt Verf. genaue Herzbeobachtung, evtl. fortgesetzte kleine
Digitalisdosen (n. KuĂmaul ). Auch Diuretica hĂ€lt Verf. fĂŒr wirb!
sanier, wenn sie lange in kleinen Dosen gegeben werden. Die
Chirurg. Behandlung (Dekapsulation n. KĂŒmmell) kommt nur in
Frage, wenn bei akuter oder subakuler Nephritis UrÀmiegefahr
besteht, die durch die ĂŒblichen Mittel nicht beseitigt wird. Aber
auch hier kam Verf. gewöhnlich mit HautöVainage zurecht.
Die moderne Behandlung des Mastdarmkrebses. Wahrend die
dynĂ€kologen ĂŒber immer neue Erfolge bei Bestrahlung von Ge- ;
bÀrmutterkrebsen berichten, hat Schmieden bei der Bestrahlung
des Rectum-Carc. wenig erfreuliches gesehen. Abrf auch die]
operative Behandlung lĂ€Ăt leider in punkto Dauerresultat viel
zu wĂŒnschen ĂŒbrig. Schmieden schlĂ€gt daher vor, beide Me-|
Ihoden zu kombinieren und berichtet ĂŒber gute Resultate. Leider*
werden die meisten MÀstdarmkrebse zu spÀt diagnostiziert, 60 bis
/() Prozent kommen inoperabel in die Klinik. In diesen â abso-
lut inoperablen â FĂ€llen soll man mit Böntgenstrahlen behandeln,
um zu retten, was zu retten ist. Wenn aber irgend eine Opera-
tionsaussicht besteht, ist es falsch, mit Bestrahlung Zeit zu ver-
lieren. Schm. macht sofort eine Laparatomie und legt bauch-
wÀrts einen Anus praetersigmoideus an. Bei der Operation]
sieht man, ob etwa Lebermetastasen bestehen, ferner, wie die
Tumorgrenzen und Verwachsungen sonst sind. Man soll den
I iimor möglichst ganz exakt ausmessen. Jetzt beginnt der 2. TeiUj
die Röntgenbestrahlung. Durch sie gelingt es in einer sehr groĂen
Anzahl von FĂ€llen, die sekundĂ€re EntzĂŒndung mit ihren Ver-
wachsungen zu heilen, den Tumor zur Schrumpfung zu bringen
und mitunter frei beweglich zu machen. Das Ziel der Bestrahl
hing, das oft erreicht wird, ist, den Tumor operabel, wenn irgend
möglich radikal resezierbar zu machen. Dann kommt die zweite
Operation. Schm. empfiehlt die abdomino-sacrale Rectumexstir-
pation. Nach der Operation muĂ jeder Pat. noch nachbestrahl]
werden. Glaser (Charlottenburg;'.
Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
4. MĂ€rz 1022, 49, Nr. 9.
âąi»Aellologie des peptischeu .le.junalgeschwĂŒrs. Beer. 282.
Operationsmethodik des Leistenbruchs. II a i t Ii. 285.
âą{»VerschluĂ des Bruehsacks. Frau k.
Invaginatinn des Wurmfortsatzes. Hofmann.'Ă. II. 290.
Beitrag zur Aetiologie des peptischen .lejunalgesch$ĂŒi>. Pin
'Jahr nach der Operation eines DuodenalgeschwĂŒrs PebeinĂ€hung
des Ulcus, PylorusverschluĂ, Gastroenterostomia retrocolica
post.) tritt ein Ulcus peplicum jejuni auf. Resektion des die G.E-J
Oeffnung tragenden Magenteils unter ZurĂŒcklassung des Rylorusl
lerminolaterale Anastomose zwischen ovalem Magenleil und .le-
junum. 1 Wochen danach Exitus. Die Obduktion zeigt ein neues
groĂes peplisches JejunalgeschwĂŒr. das durch Arrosionsblutung
zum Tod gefĂŒhrt hat. Dieser Fall spricht fĂŒr die Behauptung
von Hab er er, daĂ der kĂŒnstlich ausgeschaltete Pylorus die
Gefahr des Ulcus pept. jej. erhöht. AuĂerdem nimmt Verfasser!
eine individuelle Disposition zur GeschwĂŒrsbildung an:
. VerschluĂ des Bruehsacks mit autoplastisehein Knoten. Vefl
fasser empfiehlt folgendes Verfahren:' Der gut isolierte Brugia
sack wird in 2 HĂ€lften gespalten und diese durch einen ein-
lachen Knoten miteinander verschlungen. Dieser Knoten soll als
Pelotte am Anulus inguinalis int. wirken und Hernienrezidive
verhindern. K. Wohlgemut h Berlin .
Deutsche Zeitschrift fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
Dezember 1921, IĂT. lieft 5â6.
['utersuchuiigen ĂŒber I'arabiosc mit besonderer BerĂŒcksichtigung der Tiansl
plantation und Hyperncphrektoinie. Mayeda, Tömusuke. 295.
âŠMlirscb^pruugscbe Krankheit und enge.- Berken. Uaugk, II. 348.
Luxationen nach .SchuĂverletzungcn. S l r a c k e r . Oskar. i'iT.
IVber BeindeformitĂ€ten der FuĂballspieler. Mandl. Feli\ und Pai
1 u g y a y , Josef. 376.
â Die Neben- und Nachwirkungen der örtlichen Betauhung. M i e d h npfl
Oskar. 392.
lieber ein aufsaugbarrs FĂŒllmittel fĂŒr Wnndbbhlen und Fisteln. Mer-
tens. V. E. Ii--'.
'Mediale Leistenhernien hei Krauen. X i o d I i e b. 489.
Röntgenologie, eine Revision ihi-r technischen Btltrie.litiitigen ><nd prak-
. tisehen Methoden. H 0 I ' k ! h
40. Jahrg. â Nr. 16/17.
Aus den neuesten Zeitschriften
Hirschsprungsche Krankheit und enges Becken. Verl schafft
durch Beschreibung eines Falles von Megacolon, ursÀchlich be-
dingl durch ein gerad verengtes Becken mit hereingedrĂŒcktem
Kreuzbein, eine weitere Bereicherung der Kasuistik der Hirsch-
sprungschen Krankheit, Ob das verengte Keeken allein als
einzigste Ursache sekundÀrer DarmverÀnsderungen im Sinne des
Megacolons anzusprechen ist oder ob nicht doch auch andere
köngenitale Gesichtspunkte Àtiologisch zum mindesten prÀdispo-
nierend in Betracht kommen dĂŒrften, sei dahingestellt. Im ĂŒbri-
gen ergab die Operation zunÀchst Colostömie, spÀter radikale
Reaktion des Megacolons und definitiver Anus praeternaturalis)
ein funktionell zufriedenstellendes Resultat,
Die Neben- und Nachwirkungen der örtlichen BetÀubung. Die
Indikationssteijung zur LokalanĂ€sthesie hĂ€ngt zum groĂen Teile
von der Kenntnis^ etwaiger ungĂŒnstiger Folgeerscheinungen der
örtlichen BetÀubung ab. Wahrend das Adrenalin infolge der ver-
wendeten starken VerdĂŒnnungen slets harmlos wirkt, sind heim
Novokain hauptsÀchlich folgende Nebenwirkungen beobachtet
worden: Erbrechen, Schwindel, Uebelkelt, ferner Kollapse, ja
selbst TodesfÀlle. Als^Naehwirkungen treten auf: Wundschmerz.
Nierenreizungen und Hautnekrosen. SchlieĂlich gibt es noch lo-
kale, durch die anatomischen VerhÀltnisse bedingte SchÀdigungen:
Erblindung bei TrigejninusanÀsthesie, NervenlÀhmung bei Plexus-
anÀsthesie, dazu Pneumothorax, Pleuritis usw. Verletzungen der
Pleura und Nieren sind möglich bei ParavertebralanÀsthesie.
Auch die Artheria femoralis. kann bei der LeitungsanÀsthesie des
Keimes gefÀhrdet werden usw.
Die Dosis des Novokains soll 1,25 g nicht ĂŒberschreiten, die
Konzentration bewegt sich zwischen einer J,;~2%igen Lösung.
Alle genannten Gefahren lassen sich durch richtige Technik (pein-
lichste Sterilisation, Verwendung geeigneter KanĂŒlen, vorsichtige
Injektion usw. ) wesentlich beschrÀnken.
L. F ro s I . Berlin. â
Zentralblatt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
11. MĂ€rz 1922. 46. Nr. 10.
ââ Zur Karzinomstatistik. Seit;, L. 369.
âZur OperabilitĂ€t des Uteruskrejbses. Hin.rj.chs, K. 393.
Die Beziehung des Glykogengehalts zur Reaktion des Scheidensekrets beim
Weihe und einigen Haustieren. I' a s c Ii , C, 375.
vi eher Hydrocephiailus externus und die Geburtsleitung bei RehÀ,dellag'cn hvdro
âą c.e.phalischer Kinder. Fink. K, 377.
âSchcidenbildung nach Schubert. Keys e r I i n g k , &. 380.
âWeitere Erfahrungen zur Bildung der DĂŒnudarmschcidc. X e u g e h ;i u e r
F. 381.
. Zur Karzinomstatistik. Seitz gibt folgende Richtlinien fĂŒr
die Karzinomstati.stik :
L Die absolute Ileiluugsziffer ist einzig und allein maĂ-
gebend. Es mĂŒssen sĂ€mtliche Kranken mitgezĂ€hlt werden, auch
die Verschollenen, interkurrent Verstorbenen, sowie diejenigen,
die die Behandlung verweigert haben, dĂŒrfen nicht in Abzug ge-
bracht werden.
2. Die 5 jĂ€hrige absolute Heilungsziffer ergibt die endgĂŒltige
"der (ĂŒe Dauerheilung. Die Statistik ist eine reine MortalitĂ€ts-
statistik ohne BerĂŒcksichtigung der Rezidive.
3. Die 2 jÀhrige absolute Heilungsziffer gibt die vorlÀufige
klinische Heilung. Bei ihr sind wegen der HĂ€ufigkeit ihres Auf-
tretens die Rezidive und die schlecht aussehenden mitzuzÀhlen.
Dieser Begriff der vorlÀufigen 2 jÀhrigen klinischen Heilung gibt
die Möglichkeit, noch vor Ablauf von 5 Jahren einen ungefÀhren
l 'eberblick ĂŒber die Leistungen einer neuen Methode zu gewinnen
und die Entscheidung zu treffen, ob es sich weiterhin der MĂŒhe
verlohnt, mit ihr Kranke weiter zu behandeln.
âą 4. Der Vergleich der operativen FĂ€lle der einen Klinik mit
den operablen, aber der Strahlenbehandlung zugefĂŒhrten FĂ€llen
einer anderen Klinik hat wegen der Verschiedenartigkeit des
Materials relativ geringen Wert.
Zur OperabilitĂ€t des Uteruskrcbsc*. Der im Zentralblatl fĂŒr
CiynÀkofogie Nr. 48, 1921, gegebenen Anregung von Winter
entsprechend hat H. das Material an Flerus-Krebsen der ĂŒniver-
sitĂ€ts-Frauen-Klinik Kiel von den Jahren 1920-21 bezĂŒglich seiner
OperabilitĂ€t nachgeprĂŒft und kommt zu folgenden Ergebnissen
Die durchschnittliche OperabilitÀt betrÀgt 67 Prozent, die In
OperabilitÀt 33 Prozent. Korpus-Karzinome bleiben sehr hinge
operabel. Der Vergleich der InoperÀbilitÀl der Jahre 1911) und
1920 ergibt eine Zunahme von fast 1X Prozent.
Ueber Hydrocephalus externus und die GeburtsleitungT bei
SchÀdellagen hydrocephalischer Kinder. Mitteilung einer Beob-
achtung von im Fötalleben entstandener sehr reichlicher Wasser
ansammlung im SubdĂŒralraum mit Kompression der gesamten
Gehirnmasse. Es handelte sieh um einen abgesehen von der
1 1 vdroccphalusbildung normal entwickelten Knaben mit allen
Zeichen der Keife, einem Gewicht von 3720 g und einer LĂ€nge
von 54 cm, der, nach AusfĂŒhrung einer Ochirnpunktion, bei der
7.">() Ccm klarer gelblicher FlĂŒssigkeit abgelassen waren, spontan
lind noch lebend geboren war. Hei der Sektion ergab sieh, daĂ
die beiden GroĂhimhĂ€lften zu nicht ganz k leinhĂŒhnereigrolien
derben Knollen komprimiert an der Sehadelbasis lagen, eingehĂŒllt
und lest verlötet mit der verdickten und derben l'ia mater. FĂŒr
die Geburtsleitung bei SchÀdellagen hydrozephalischer Kinder
stellt die Winler'sche Schule den Grundsatz auf. das SchÀdel
volumen durch Perforation oder Punktion zu verkleinern und die
Austreibung des Kindes dann den NaturkrĂ€ften zu ĂŒberlassen
Sie ist davon ĂŒberzeugt, daĂ eine Punktion mit dĂŒnner Nadel am
zweckmĂ€Ăigsten im Gebiet der grollen Fontanelle ausgefĂŒhrt, bei
einer nicht sicher genug diagnostizierbaren Hydrozephalus Bil
dung keinen Schaden bringt und daĂ ein Kind mit geringem
Hydrozephalus von diesem Eingriff auch kaum Schaden haben
dĂŒrfte. W ird mit der Punktionsspritze reichlieh FlĂŒssigkeil auf
gezogen und erweist sich dieselbe als pathologisch gefÀrbt, so
wird an die diagnostische Punktion die therapeutische Punktion
mit einer dickeren Nadel angeschlossen.
Scheidenbildung nach Schubert. Keyserlingk empfiehlt
folgende kleine Modifikation der bekannten Schuberf sehen Me
thode zur Scheidenbildung: Die Durchschneidung des Rektunis
also die Operationsphase, die die gröĂte Infektionsgefahr in sieh
birgt, ist möglichst an das Linie der Operation zu verlegen.
Ferner: Die Umschneidung der Analschleimhaut wird durch Her-
vorwölbung der letzteren durch den Finger des Assistenten
technisch bedeutend erleichtert.
Weitere Erfahrungen zur Bildung der DĂŒnndarinscheide. Im
(iegensatz zu den meisten Autoren, die die Scheidenplastik aus
dem Mastdarm nach Schubert wegen ihrer UngefÀhrlichkeil
vorziehen, hĂ€lt Neugebauer die DĂŒnndarmscbeidenplastik
nach Haeberli n in der Hand eines mit der Darmchirurgie gut
vertrauten Chirurgen fĂŒr einen ungefĂ€hrlichen Eingriff. (?Ref.
Verf. gibt zu, daĂ es manchmal zu Nekrosen am Ă€uĂeren Rande
des durchgezogenen DarmslĂŒckes kommen kann, welche jedoch
fĂŒr das Endergebnis nicht von Relang sind. Es besteht eine
starke Neigung zur Schrumpfung bei der aus DĂŒnndarm herge-
stellten kĂŒnstlichen Scheide, welche eine mehrwöchige fleiĂige
Nachbehandlung erfordert und es unratsam erscheinen lĂ€Ăt, den
Eingriff bei Individuen auszufĂŒhren, welche keine Gelegenheil
zum sofortigen geschlechtlichen Verkehr haben. Das anfÀnglich
bestehende Unbehagen beim Beischlaf sowie die störende Sekre-
tion verlieren sich mit der Zeit völlig. Bei Adipositas ist der
Kingriff wesentlich schwerer: das ausgeschaltete DarmstĂŒck muH
in diesen FÀllen lÀnger genommen werden.
S p e y e r Berlin
Klinische MonatsblĂ€tter fĂŒr Augenheilkunde, Stuttgart.
' Januar-Februar 1922, 68.
l»ic RĂŒsazeaerkrankungeu des Auges. X riebe n s t e,i n , <»⹠3.
Bemerkungen ĂŒber eine abnorme Mitbewegung der Pupille. Biel-
8 c h o w s k y . A. 36.
["eher den HĂ€mosiderrnring im Horuhautcpithel bei Keratpkonus und ĂŒbet
den Pigmenrring in der Deseeinetsehrn Membran bei Pseudosklerose und
VYrlsonscher Krankheit. K l e i s c b e c . B. 41,
I ober die Bedeutung kortikaler Erregungen fĂŒr die Form und das Auftreten
iles einseitigen vertikalen und des latJenten Nystagmus. K. n g e I k i n g .
e: r>0
âąMVbi'r metaplastische Umwandlung der Kornea hei Foretlenfe'mbryoueu.
B a u r m a n n , M . 73. »
I eher Embryotoxon corneae posterius nebst einem Befund voii persjs'tisren,-
ileu Kesten der Membrana oapsutlo-pupillaTis lentis. Kay 8 e r . Tl. SD.
Ein anatomischer Befund bei sternförmigen Resten der Pupillarmembran.
A rit , K. 86.
/.um Thema Iridozyklitis und (Jborioidealsarkoin. Ein Kall von FlÀ'ehen-
sarkom der Aderhaut. Ve Ihn gen. C. sn.
Bin Fall von Zylindroma nrbitae mit kar/.innmarĂŒser Entartung, s i j p -
k e n s . T. W. 9Ă€.
Hie Bedeutung der f insenbehand&ung tĂŒr Komplikationen hei l.upus vulgaris
der Augen. L u n d s g a a r d . K. K. K. 103. »
Eine besondere Form des Epikanthus mit kongenitaler Ptosis'. H r i n n .
110.
I rber ein angeborenes familiÀres Entropium beider Unterlider. II e I! Ii e r»,
R. 120.
Plastik mit rundem stiel. F i I a t o « . W. 134.
Ueber die operative Trachomhehandlun;; mittels Exsisiouen, P ick. '-â 13&.
Erfahrungen ĂŒber friidenkleisis, Iridotasis, Sklerektomie null Trepanatnou.
G a 1 e t s k i - () Ii n . II. 139.
lieber Kombinationswirkunc von Physostigmin (Esci-it id Piilokarpitt avn
nieiisrbliehen Auge. M 8 r 11 i . S, t4ft.
âąM'oher Komibiuatiohswirkuhg von Uropiti und Kokain am menschlichen
Auge. N a i t 0 , l. 153. '
rTornhautuchÀdigung durch Anwendung von Perliydrollösimg als hlutstille.i
des Mittel bei Operationen in der Nachbarschaft des Auges. Sattlet
f. H. IfiO.
344
Aas den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 16/17.
Dir Behandlung- der gonorrhoischen Infektion des Auges bei javanischen
und chinesischen Arbeiten), besonders mit Uaseossn. H e i n e m a n n .
H. 163.
Doppelseitige, symmetrische aleukÀmische Lymphadenome der Orbita und
der TrĂ€nendrĂŒsen und ihre Heilung durch Strahlentherapie. M a r -
c o 1 1 y . A. H. 166.
Strahlentherapie der Iriszysten. -I e n d r a I s k i . F. n:>.
Erfahrungen ĂŒber Röntgenbehandlung von Xetzhautg'iiomon. .Im coby, J.
180.
Röntgenbestrahlung bei Iristuberkulose. S <⹠h e e r c r . R. 186.
Einseitige, rasch vorĂŒbergehende Verdunkelungen des Sehvermögens mit
flĂŒchtigem ophthalmoskopischem Befund. Feigenbaum. A. 190.
Ein Fall von sog. fulminierender Erblindung bei einem Kinde. Scheerer,
E. 193.
Eine eigenartige Refraktionsstörung und ihre Bedeutung fĂŒr die klinische
Diagnose eines retrobulbÀren Tumors. C a n'Àian, F. 195.
Ueber Exophthalmus intermittens. Lindenmeyer, ĂŒ. 199.
Retinitis pigmentosa, bei schwerer Blutschande. Rose n stein. A. Viaria.
204.
Ueber Keratitis scrophulosa fphlyctaeiniilosa ) interstitialis. Kruse. Fr. W.
205.
Ueber Episcleritis metasbattiea. Lang. E. 212. . .
Ablösung des vorderen Irisblattes. Schmitt. A. 214.-
Conjunctiva, Rhinitis und Stomatitis aphthosa mit Erythems I-
tiforme. Raff i n . A. 216.
Pseudopterygium mit Faltenbildung der Conjunctiva bulbi. W ollen-
b'e r g . A. 221.
Ueber metaplastische Umwandlung der Kornea bei Forellen-
embryonen. Der normale Bestand der Kornea ist bei Forellen-
embryonen Àhnlich wie bei Amphibienlarven abhÀngig von dem
dahinter liegenden Ăugenbecher. VerschluĂ der Pupille, Kollaps
der Vorderkammer mit bindegewebiger Obliteration und wesent-
lich^ Verkleinerung des Augapfels fĂŒhren, wenn sie zusammen
auftreten, zu einer metaplastischen Umbildung der Hornhaut, die
der Haut des Tieres Àhnlich wird. Man kann dabei 3 Einzel-
fakloren unterscheiden: Vermehrung der Schichtenzahl des Horn-
hautepithels, wesentliches Höherwerden der nomaliter flachen
Hornhautepithelien, Auftreten von Schleimzellen. Neben dem
Ausfall von innersekretorischer TĂ€tigkeit von Linse und Netz-
haut scheinen hierbei auch rein physikalische Momente, wie
Druckspannung oder Àhnliches nicht bedeutungslos zu sein.
Ueber Kombinationswirkung von Atropin nnd Kokain am
menschlichen Auge. Die mydriatische Wirkung des Atropins am
menschlichen Auge wird durch Beimengungen von Kokain
wesentlich verstĂ€rkt. Die resultierende Wirkung ist gröĂer als
die einfache Addition der Teilwirkungen erwarten lieĂe. Ins-
besondere wirken noch weit unter der Schwellendosis befindliche
Mengen von Kokainzusatz krÀftig. Wenn bei gleichbleibender
Atropindosis die Zusatzmenge des Kokains verÀndert wird, so ist
der mydriatische Gesamteffekt um so gröĂer, je stĂ€rker die
Konzentration des Kokains ist. Enslin, Berlin-Steglitz.
Schweizer Archiv fĂŒr Neurologie und Psychiatrie. ZĂŒrich.
9, Heft 2.
Die Regeneration des Nervensystems. P e r r e i.
âŠi*Die Ursachen irrtĂŒmlicher, klinischer Bewertung der Regeneration ver-
letzter NervenstÀmme. Bing.
Klinische und anatomische Studien ĂŒber Apraxie II. B r u n.
âą{âąBeitrag zur Lehre von den SensibilitĂ€ten II. D o e b e 1 i.
Untersuchungen ĂŒber die Wirkungen des Koffeins und des Kaffees auf den
Menschen. I. M a i e r. (Schluà im nÀchsten HefO
âUeber den zeitlichen Verlauf der Atrophie des Skelettmuskels nach Durch-
schneidung des Nerven. A n d o v À.
Ueber Zwergwuchs und Riesenwuchs mit einem Beitrag zum Studium ver-
wandter Entwicklungsstörungen im Organismus. I. O i g o n.
Die Ursachen irrtĂŒmlicher klinischer Bewertung der Regene-
ration verletzter NervenstÀmme. Meist handelt es sich um
,.Pseudorestitution", nicht um echte Regeneration der Nerven.
Es tritt nur eine Anpassung der ihrer eigentlichen Nerven be-
raubten Muskeln an eine schon in Reserve gehaltene Ersatz-
in uervation der Muskeln ein.
BeitrÀge zur Lehre von den SensibilitÀten. 1. Die epidermis-
bedeckte Haut scheint keine OberflĂ€chensensibilitĂ€t fĂŒr den
Feuchtigkeitsgehalt der Luft zu besitzen. Vielleicht sind an den
Wurzelscheiden der hygroskopisch beeinfluĂten Haare Rezep-
toren fĂŒr den Feuchtigkeitsgrad der Luft. Sicher besitzen die
SchleimhĂ€ute der Mund-, Nasen- und Rachenhöhlen eine bewuĂt-
seinsfÀhige FeuchtigkeitssensibilitÀt, die möglicherweise zur
summarischen Orientierung ĂŒber die Feuchtigkeit' des Milieus, in
dem der Mensch sich befindet, genĂŒgt.
2. Jucken, kĂŒnstlich durch Juckpulver erzeugt, kommt
dadurch zustande, daĂ sich die feinen Borstenhaare von
Mucuna pruriens in die Haut einbohren. Chemische Vor
innige sind dabei nicht beteiligt. Die IntensitÀt des
Juckens hÀngt' ab einerseits von der Anzahl der sich ein
bohrenden Borsten, andererseits von der Dicke der Hornhaut,
welche die Borsten zu durchdringen haben. Bei Syrlngomyelie
ist da, wo die Schmerzleitung vermindert oder aufgehoben ist,
kein Jucken auszulösen. Wo das SchmerzgefĂŒhl normal ist, lĂ€Ăt
sich auch Jucken provozieren. Juck- und SchmerzgefĂŒhl gehören
ihrer spinalen Leitung nach zum mindesten eng zusammen. In â
bezug auf den .elementaren adĂ€quaten Reiz bestehen fĂŒr Schmerz
und Jucken nur quantitative Unterschiede, welche genĂŒgen, um
in den höheren Auswirkungsorganen ganz verschiedene Vorstel-
lungen zu erwecken und somit wesentlich ungleiche AffektivitÀ-
ten zu erregen.
3. Bei Springomyelie kann Tiefendruck schmerzhaft und
schmerzlos sein, d. h. die schmerzleifenden Bahnen fĂŒr die Neu-
rone der TiefensensibilitÀt können im Zerstörungsgebiet der Sy-
ringomyelie liegen.
4. Im Ausdehnungsgebiet der Unterbrechung der Ober-
flÀchen- und eines Teiles der TiefensensibilitÀt ist auch der Ge-
lenkschmerz vermindert oder aufgehoben. Gelenkschmerz und
GelenksensibilitÀt sind voneinander unabhÀngig.
5. Die Rezeptoren, deren Reizung die Wahrnehmung von
passiven Gelenkbewegungen vermittelt, liegen bei erhaltenem
Gelenk jedenfalls im wesentlichen in der das Gelenk umgebenden
Haut. Demnach gehört auch eine oberflÀchliche SensibilitÀt zu
den propriozeptiven SensibilitÀten (Sherrington). Offen
bleibt die Frage, ob es sich dabei um die Funktion des Druck-
sinnes der Haut allein handelt, oder auch um die FĂ€higkeit, die
Dehnung der Haut richtig zu empfinden.
6. Durch Erzeugung einer vollstÀndigen Blutleere an einer
ExtremitÀt werden sowohl bei Gesunden als bei Syringomyeli-
kern GefĂŒhle ausgelöst, die mit stĂ€rkster Affektvalenz bedacht
sind. WĂ€hrend das GefĂŒhl des Bluthungers unertrĂ€glich ist, ist
das DurchblutungsgefĂŒhl nach Lösung der Esmarchschen Binde
sehr befriedigend. Diese Empfindungen fehlen auch beim Sy-
ringomyeliker nicht.
7. Strichreiz kann beim Syringomyeliker mit einer
Raumvorstellung verbunden sein oder nicht. Wird der Strichreiz
nicht mit einer Raumvorstellung assoziiert, so handelt es sich
um Hautgebiete, in welchen BerĂŒhrungs- und Ortssinn gestörl
sind.
(In der Arbeit vermiĂt man besonders Hinweise auf Gold-
scheider, Das Schmerzproblem, StrĂŒmpell. Drucksinn. Ref.'
Ueber den zeitlichen Verlauf der Atrophie des Skelettmuskel-
nach Dnrchschneidung des Nerven. Die Atrophie des Muskels,
die nach Durchschneidung des zugehörigen Nerven einsetzt, er-
reicht beim Kaninchen bereits in vier Wochen bis 50 Gewichts-
prozente. In den folgenden 100 Tagen bĂŒĂte der Muskel höch-
stens 25 Prozent ein. Der atrophische Muskel wird in seiner
chemischen Zusammensetzung weitgehend verÀndert. Relative
Vermehrung des H20-Gehalts und des Gehalts an wasserlöslichen
Substanzen tritt schon in den erstien Wochen ein. Hypertrophie
der korrespondierenden Muskeln der normalen hinteren Extre-
mitÀten fand nicht statt1. W. W ei gel dt 'LeipzigV
Hygiea. Stockhojm.
15. Februar 1922, 84, Heft 3.
âEin Fall mit angeborenem Fehlen der Elle nnd Speiche. Johansson.
Sren. 81.
«t»Os vesalianum pedis. Johansson. Sven. 85.
Ein Fall mit angeborenem Fehlen der Elle und Speiche.
(Aus dem Göteborger Kinderkrankenhaus.) Bei einem 1 jÀhrigen
Knaben fehlte auf der rechten Seite Elle, Speiche und die untere
Humerus-Epiphyse; auĂerdem war der derart verkĂŒrzte Humerus
an der Grenze seines unteren Viertels rechtwinkelig umgebogen.
Die Hand war zwar etwas verkleinert, aber normal entwickelt.
[Wieweit die Vorderarm-Muskulatur ausgebildet war. wird nicht
angegeben. D. Ref.] Da sich auf der Höhe der Oberarm-
Abknickung eine ebenfalls angeborene eingezogene Hautnarbe
befand, macht der Verfasser eine exogene DruckschĂ€digung fĂŒr
das Zustandekommen der MiĂbildung verantwortlich.
Um den Gebrauch der gut entwickelten Hand zu erleichtern,
wurde sie durch keilförmige Osteotomie des Humerus mit ihrer
LĂ€ngsachse in die Richtung des Oberarms gebracht.
Os vesalianum pedis. Der Verfasser konnte dem bisher nur
5 mal einwandfrei festgestellten Vorkommen eines echten ĂŒber-
zÀhligen os vesalianum im Winkel zwischen os euboideum und
tuberositas as metatars. V. einen durch Röntgenbild und nach-
folgende Operation sichergestellten beidseitigen 6 Fall an
reihen, bei dem
I
Aas den neuesten Zeitschriften
346
10. Jahrg. â Nr. 16/17.
a) eine Verwechselung mit verlagerter Ă€uĂerer Kpiphvsc
der Basis ossis metatars. v sich durch die normale Eni
wickeltheil der tuberositas dieses Knochens ausschlieĂen
lieĂ,
Ii eine Verwechselung mil einem os peroneum wegen der
GröĂe des fraglichen Knochens, seiner Lage (weiter nach
vorn von der eminentia obligua oss. cub.) und vor allem
wegen des beidseits gleichzeitigen Vorhandenseins
eines o s peroneum an typischer Stelle ^seitlich der
eminent, obl. nicht möglich war. Der vereinzelt beschrie-
benen vermeintlichen p roxi m a 1 e n Epiphyse des t>s meta-
tars. V., die je an sich ebenfalls ein os vesalianum vorzu-
tÀuschen geeignet wÀre, scheint dem Verf. immer eine
Fraktur zugrunde gelegen zu haben.)
Da sich bei der 50 jÀhrigen Frau trotz Tragens eines breiteren
Schuhes zunehmende Schmerzen im linken FuĂe beim Gehen und
schmerzhafte Auftreibung am Ă€uĂeren FuĂende eingestellt halten,
wurde auf dieser Seite der ĂŒberzĂ€hlige Tarsalknochen operativ
entfernt. Er stellte ein teilweise ĂŒberknorpeltes, wĂŒrfelförmiges
Gebilde mit einer KantenlÀnge von 20 mm dar, das aus etwas
atrophischer Knochensubstanz bestand. Schnabel, GieĂen.
El siglo niedico, Madrid.
4. MĂ€rz 1922. Nr. 3560.
â Angeborener familiĂ€rer Kropf. Bravo y F r i a s , S. 226.
Behandlung der weiblichen Gonorrhoe. S i c i 1 i a. 229.
Klinische Notizen ĂŒber Meningitis. S u n e r. 231.
Die Niere und die Glykosurieu. C a b a 1 1 e r o y Fe i n a n d e /. . H. 234.
Das Smmpffieber in Marokko. S adi de B u c o. 2H7.
Angeborener familiÀrer Kropf. Der Vater, 54 jÀhrig, hatte
vor 32 Jahren Lues. Die Mutler, 35 jÀhrig, war nie krank. In der
Familie kein Kropf. Aus der Ehe stammen 10 Kinder, fĂŒnf ge-
sund, fĂŒnf mil angeborenem Kropf. Zur Behandlung kommt das
jĂŒngste Kind, 2 Monate alt; leidet seit der Geburt an Erstickungs-
anfÀllen, nimmt an Gewicht nicht zu; seit kurzer Zeit ist das
Schreien des Kindes heiser geworden, der Kopf wird stark
hintenĂŒber gehalten, weil sonst ErstickungsanfĂ€lle auftreten.
Die SchilddrĂŒse hat zur oberen Grenze die regio suprahyoidea,
zur unleren die regio supraslernalis, zu beiden Seiten reicht sie
bis zum Sternocleidomastoideus; die Konsistenz ist gleichmĂ€Ăig
weich; der gröĂte Umfang des Halses betrĂ€gt 23 Zentimeter.
Allgemeine Hypertrichose, Trockenheit der Haut, die sehr stark
schuppt, sehr weite Fontanellen, Kopfumfang 40 Zentimeter. Es
handelt sich also um einen angeborenen Kropf mil Hypofunktion
der SchilddrĂŒse. Es wurde Jod, Thyreoidin und â im Hinblick
auf die vÀterliche Syphilis (bei beiden Eltern war der Wasser-
mann positiv) Einreibungen mit grauer Salbe verordnet. Nach
wenigen Tagen wurde das Jod fortgelassen, weil der Allgemein-
zustand sich verschlechterte und das Kind an Gewicht verlor.
Im ganzen wurden 3 Serien zu je 10 Einreibungen mit je 1 gr
grauer Salbe angewandt und wÀhrend 20 Tage zweimal pro Tag
je 3 Tropfen Thyreoidin-lbys verabreicht. Nach I ,'/» Monaten war
der Allgemeinzustand sehr gebessert, die Haut weniger trocken,
der Halsumfang jedoch um 2 Zentimeter gröĂer geworden. Nach
einem weiteren Monat â das Kind hatte wieder 20 Tage je 6
Tropfen Thyreoidin erhalten â war die Hautbeschaffenheit nor-
mal das Kind nahm regelmĂ€Ăig zu, der Halsumfang war um
3 Zentimeter geringer geworden. Die Behandlung wurde weiter
fortgesetzt, der Zustand besserte sich weiter, mit 20 Monaten
war der Halsumfang 24 Zentimeter, die Stimme noch etwas
heiser, die Fontanellen noch nicht ganz geschlossen, die Intelli-
genz dem Aller entsprechend. - Ob in diesem Falle die elter-
liche Syphilis Àtiologisch in Betracht kommt, ist zweifelhaft, zu-
mal die HĂ€lfte der Kinder gesund, alle Kinder aber gar keine
Zeichen hereditÀrer Syphilis boten. Lurje.
Archivos Kspanoles de Pediatria.
Januar 1922, 6, Nr 1
Tumoren beim Kinde. N o g a e ras, E.
Typhus beim SĂ€ugling. 1. o.z ano, A. K. Iii.
«l»Astasic-Aha«ie hysterischen Ursprungs. A ri»». <;. I'. 29.
Astasie-Abasie auf hysterischer Grundlage bei einem Kinde
von 27 Monaten. Kind von 27 Monaten, bisher immer gesund;
eines Morgens, ohne irgend einen Unfall erlitten zu haben, kann
das Kind nicht stehen und gehen, sondern fĂ€llt, auf die FĂŒĂe
gestellt, gleich hin; im Bett krĂŒmmt es sich in Form des arc diu
cercle. Die Ă€rztliche Untersuchung gab keine Anhaltspunkte fĂŒr
irgend ein körperliches Leiden; aufgefordert, sich aufzurichten,
klctlerl es an seinen Beinen, wie ein an muskulÀrer Dystrophie
Leidender, empor. Die Reflexe sind gesteigert; keine annslhe
tischen Zonen. Auf Befragen gibl der Vater an. daĂ das Kind
von jeher die Tendenz gehabt habe, andere nachzuahmen; ob es
zufĂ€llig ein gelĂ€hmtes Kind gesehen hĂŒlle, konnte der Vater nichl
angeben. Es wurden GehĂŒbungen verordnet; ferner tĂ€glich ein
Solbad mil vorangehender kaller Dusche und dem Kinde gesagt,
(laĂ es nach dem Bade ebenso gut wie die anderen Kinder wĂŒrde
gehen können. Nach fĂŒnf Tagen fing das Kind an zu laufen und
hat. dall man ihm die Bilder erlieĂe Ks hat sich in diesem
Falle also wohl um eine Astasie-Abasie auf hysterischer Grund
lÀge gehandelt. L ur j e.
La Pediatria, Neapel.
I. MĂ€rz 1922, 30, Nr. 5.
âNachweis \ on tuberkulöse- Antigenen in der Zerenrospinalfliissiirkeit
N a s s o , I. 193.
Vnypisehe Formen der Zerebroepinaimeningitie beim Kinde Squsrti, (i.
198.
Die Untersuchung des Liquor cerebrospinalis auf .tuberkulöse
Antigene. Die Intrakutaninjektion mil dem Liquor von Kindern,
die an Meningitistbc. oder Tbc. miliaris erkrankt sind, gibt so-
wohl bei diesen Kindern selbst, solange sie noch auf Tuberkulin
reagieren, als auch bei anderen tuberkulösen Kindern positive
Besultate. Der Liquor anderer, auch an aktiver Tuberkulose
leidender Kranker macht niemals Beaktionen. Der zu verwen-
dende Liquor wird 1 Stunde zentrifugiert; hierauf werden von
der klaren FlĂŒssigkeit 8 â 10 cm3 im Brutschrank bei 55° auf l/M
eingeengt, was etwa 4â5 Stunden erfordert; wenn der Liquor
mehr als 0,5 °/00 Eiweià enthÀlt, muà er vor *dem Konzentrieren
erhitzt und filtriert werden. Tezner (Wien).
II PpHclinico, Rom. (Sezione medica.)
1. Januar 1922, 29, Nr. 1.
»KMeningokokken-Sepsi«. Pontan», T. und T r e n t i . E. :;.
Zur FĂ€rbung der Bakteriencilien. I' etragnani, (;. 30.
Die Meningokokken-Sepsis. Eingehende Studie ĂŒber die In-
fektion mit Meningokokken, die nicht einen Typ, sondern eine
Gruppe von Erregern darstellen.
Auf Grund seiner Studien schlieĂt Verf., daĂ die Hauptpunkte
fĂŒr die Meningokokken-Sepsis, bei de r die Meningitis fehlen kann
und hÀufig fehlt, die Temperatur, das Exanthem, die Genick- und
Muskelschmerzen sowie Knochen- und Nervenschmerzen sind,
daĂ aber die Sicherung der Diagnose allein durch Blutkulturen
und den anatomischen und bakteriologischen Untersuchungs
befund des Inhalts der Exanthemelemente erbracht wird.
Cordes (Berlin).
1. Februar 1922, 29, Nr. 2.
â Pseudosklerose. Sa.ii, G. B3.
Kall von chronischer Encephalitis epidemica. d' Antonia. S. und
V e g n i , R. 81.
Die Reflexe ' bei LĂ€sionen des extrapyramidalen motorischen Systems.
Call igar is , 6. 97.
â Bilaterale Halsrippen mit vasomotorischen Störungen des oberen Gelenkes
am Radiu.skĂŒpfchen und der gleichseitigen Wange. Dagnini. (i. 109.
Beitrag zum Studium der Pseudosklerose. Verf. berichlel
ĂŒber einen Fall von Pseudosklerose mit Amenorrhoe und alimen-
tÀrer Glykosurie. Es fand sich bei der Autopsie eine ganz leichte
Atrophie des Gehirns ohne Höhlenbildung, eine Lebercirrhose.
eine Reduktion des follikulÀren Teils des Ovars mit einer fibrö-
sen Hyperplasie. Die histologische Untersuchung ergab eine
wesentliche Wucherung der Nervensubstanz speziell im corpus
striatum, aber auch in anderen Teilen der grauen Substanz des
Gehirns. Vermehrt war das StĂŒtzgewebe, es fanden sich groĂe
Kerne, sowie Riesenzellen. In der weiĂen Substanz der medulla
oblongata und spinalis fanden sich sternförmige StĂŒtzgewebe-
zellen und ein vergröĂerter Kern. Die nervösen Zellen zeigten
eine mĂ€Ăige Verringerung und waren diffus verĂ€ndert. Hier
zeigte die Pseudosklerose eine abgegrenztere Form, dennoch lieĂ
sich nicht verkennen, daĂ verschiedene Formen ihres Verlaufs
eine nosologische Einheit mit der Wilson'schen Krankheit bildeten.
Doppelseitige Halsrippen mit vasomotorischen Störungen des
oberen Gelenks rechts am unteren Radiusköpfehen und der
gleichseitigen Wange. Verfasser berichtet ĂŒber einen Fall von
doppelseitiger Halsrippe mit gröĂerer Entwicklung der rechten
bei einem 21 jÀhrigen Manne mit langdauernden Neuralgien
im rechten oberen Armgelenk. Der Patient zeigte eine elek-
trische Untererregbarkeit in den vom 8. Cervical- und 1. Dorsal-
Aas den neuesten Zeltsehrilten
40. Jahrg. â Nr. 1(3 17
nerv innervierten Muskeln dar. sowie Herabsetzung der WĂ€rmer
empfindlichkeit im Gebiel der lokalen Aeste, sowie im rechten
Cervicalnerv. in der Mitte des Gesichts eine Erhöhung der
WĂ€rmeempfindlichkeit.
Hinsichtlich der Entstehung dieser Krankheitserscheinun-
gen nimmt Verfsaser einen sehr tiefen Silz der 8. Wurzel des
Cervical- und 1. Dorsalnerven an, so daĂ durch die anormale
Hippe ein auĂergewöhnlicher Reiz der Nerven auf ihrem Weg
zum Plexus brachialis und dadurch eine Reizung der kommuni-
zierenden Aeste des vom Ganglien cervicalis inferion kommenden
Sympathikus eintrat. Die Schmerzen im Ellbogengelenk dĂŒrften
auch auf mechanische und Muskelwirkungen', verursacht durch die
Halsrippen, zurĂŒckzufĂŒhren sein. C o r d e s - Berlin.
Lyon Medical, Lyon.
25. Februar 1022, 131, Nr. 1.
âKĂŒnstlicher Pneumothorax bei einem Fall von chronischem LangenabszeĂ
mit eitriger Pleuritis. P i e r y und Barbier. L. 139.
Ein Fall von chronischem LungenabszeĂ, durch purulente
Pleuritis kompliziert und mittels kĂŒnstlichem Pneumothorax be-
handelt. Es gibt FĂ€lle, wozu auch der vorliegende, ausfĂŒhrlich be-
schriebene gehört, wo keinerlei Antecedentien auf die Diagnose
..LungenabszeĂ" hinweisen, und wo es sehr schwer ist, ihn von
einer Lungentuberkulose, einer Lungensyphilis oder einer inter-
lobĂ€ren purulenten Pleuritis abzugrenzen. Ein LungenabszeĂ
kann sich chronisch entwickeln, wÀhrend dieser Latenzperiode
kann man jedoch pneumonische SchĂŒbe beobachten, die zu In-
farktbildungen fĂŒhren, oberhalb deren das Lungenparenchym
nekrotisiert. Aus dem ZusammenfluĂ dieser kleinen miliaren
Abszesse resultieren dann die eigentlichen Lungenabszesse.
Die Behandlung von Lungenabszessen mit Hilfe des kĂŒnstlichen
Pneumothorax ist nicht ganz harmlos. Sie können sich durch
Durchbruch in die Pleura mit Pleuritis purulenta komplizieren.
Um gefahrlos vorgehen, zu können, bedarf es folgender Sicher-
heitsmaĂnahmen: man muĂ sich vorher vergewissert haben, daĂ
der Eiter auf natĂŒrlichem Wege, d. h. durch die Bronchien nach
auĂen befördert wird. Ferner, daĂ zwischen dem AbszeĂ und der
Pleura visceralis sich eine ausreichende Schicht von Lungenparen-
chym befindet. Im Anfang injiziere man den Stickstoff unter
schwachem Druck und vermehre ihn erst dann, wenn eine reich-
liche Expektoration beweist, daĂ die Drainage des Abszesses auf
bronchialem Wege möglich ist. Unter diesen Kautelen kann die
Pneumothoraxbehandlung nutzvoll in Kraft treten, ohne daĂ der
Ksanke ein ernsthaftes Risiko eingeht. Held (Berlind
New York Medical Journal, New York.
18. Jinuar 1922, 115, Nr. 2.
Die Heilkunde des 20. Jahrhunderte gemessen am Stande der Oardiologie.
Matkenzie, J. 60. '
âPrognose bei Herzkrankheiten. M o o n , R. 0. 66.
âSyphilis der mittleren und kleinen Arterien. Warth in. A. S. 69.
âAetiologie und Behandlung' des hoben Blutdrucks, der arteriellen Hyperten-
sion und der Arteriosklerose. Barnes. G. E. 73.
Elektrokardiographie. B i s h o p . L. F. 77.
âHerztod bei Diphtherie. Smith, 8. C. 78.
âDas nervöse Element bei organischer HerzgofsiĂerki ankung. X e w Ii o f .
S. 80.
Die Bedeutung der Verschiedenheit in der QualitĂ€t der Herztöne. CroĂ,
F. B. 82. .
VerhĂŒtung arterieller Erkrankungen. Brooks. H. 86.
âBedeutung der Haltung und Lage bei Herzuntersuchung. G o r d o n . W. 89.
Die Prognose bei Herzerkrankungen. Die Prognose bei
Herzerkrankungen ist in der Hauptsache abhÀngig von der
Aetiologie der vorliegenden Störung, ob auf rheumatischer,
arteriosklerotischer oder luetischer Basis entstanden. Rheuma-
tische Affektionen sind im allgemeinen gĂŒnstiger zu beurteilen
als arteriosklerotische, im Kindesalter aber recht ernst wegen
der HĂ€ufigkeit einer Pancarditis. Eine Mitralstenose wird von
Frauen leichter vertragen als von MĂ€nnern und bietet keinen
Grund, Ehe und Geburten zu verbieten. Ernst ist ihre Prognose
in der spÀten Kindheit, da das stenosierte Ostium sich nicht dem
Wachstum des Herzens entsprechend ausdehnt. GetrĂŒbt wird die
Prognose ferner durch das Hinzutreten von Vorhofsflimmer»,
ein Zustand, der jedoch in gleicher Weise wie die rheumatische
Mitralinsuffizienz durch Digitalis und Ruhe gĂŒnstig zu beein-
flussen ist. Kaum ernstere Störungen machen die Aorten-
klappenerkrankungen rheumatischen Ursprungs; dagegen sind
die arteriosklerotischen VerÀnderungen der Aortenklappen wegen
Mitbeteiligung der CoronargefĂ€Ăe und des Herzmuskels sehr ernst
zu beurteilen.
Syphilis der mittleren und kleineren Arterien. VorlÀufiger
Bericht ĂŒber die Ergebnisse eingehender GefĂ€Ăstudien mit be-
sonderer BerĂŒcksichtigung der syphilitischen VerĂ€nderungen,
ausgefĂŒhrt an einem Leichenmalerial von 1250 FĂ€llen - 90% "der
untersuchten FÀlle von tertiÀrer oder latenter Syphilis zeigten
mehr oder weniger ausgedehnte arteriosklerotische VerÀnde-
rungen. Meist handelte es sich um FrĂŒhsklerose mit Bevor-
zugung der NierengefĂ€Ăe. Charakteristisch fĂŒr die Arterio-
sklerose der kleineren Arterien bei Syphilitischen istvdie Intima-
verdickung mit hyaliner Entartung ohne EntzĂŒndungserschei-
nungen.' Sie ist wahrscheinlich sekundÀren (toxischen oder me-
chanischen) Ursprungs. Die syphilitischen VerÀnderungen der
mittleren GefĂ€Ăe gleichen denen der Aorta und sind im wesent-
lichen bedingt durch eine Erkrankung der vasÀ vasorum. Cha-
rakteristisch hierfĂŒr ist die Plasmazelleninfiltration um die Ge-
fĂ€Ăe in der Adventitia und Media mit entsprechender Degene-
ration und Fibrosierung der Intima und Media. Die klinischen
Erscheinungen sind bedingt durch mehr oder weniger ausge-
sprochene Obliterationen der affizierten GefĂ€Ăe und der dadurch
hervorgerufenen Störung der Blutversorgung. Sie sind hÀufiger
an den Beinen und ,FĂŒĂen als an den Armen. Syphilis der
CoronargefĂ€Ăe ist nach Verfassers Erfahrung viel seltener als
allgemein angenommen wird. Syphilitische Obliteration der Pul-
monalarterie kann Veranlassung geben zur Entstehung der
A y er za' sehen Krankheit (chronische Cyanose, PolyzythÀmie
und Splenomegalie). Auch einem Ulcus pepticum. einem Pem-
phigus, lokalisierten GeschwĂŒren, Atrophie und verschiedenen
Formen von Dystrophie kann eine syphilitische Arteriitis zu-
grunde liegen. Von groĂer Bedeutung ist die Syphilis der kleinen
Arterien und Arteriolen bei Paresen, Tabes, Lues cerebro-
spinalis und lokalisierter Degeneration von Hirn und RĂŒcken-
mark..
Aetiologie und Behandlung von hohem Blutdruck, arterieller
Hypertension und Arteriosklerose. Auseinandersetzungen mit
den Anschauungen von 3 ungenannten Autoren ĂŒber das Wesen
und die Ursache der Blutdrucksteigerung. Hypertension und
Blutdrucksteigerung sind nicht identisch. Unter Hypertension
versteht Verf. einen erhöhten Spannungszustand der Arterien-
wandung durch eigene Muskelwirkung. FĂŒr die Höhe des Blut-
drucks ist in erster Linie maĂgebnd die Kraft der Herzkon-
traktionen, die wesentlich beeinfluĂt werden durch heftige Ge-
mĂŒtserschĂŒtterungen und den Reizzustand des thoracolumbalen
Teiles des autonomen Nervensystems.
Diphtherieherztod. Kurz vor Eintreten des Todes aufge-
nommene Elektrodiagramme eines durch Diphtherietoxine schwer
geschÀdigten Herzen zeigen innerhalb der letzten 26 Min. folgende
Formen von Herzstörung: Tachykardie, Ventrikelflattern, Ven-
trikelfibrillation mit vollstÀndigem atrioventrikulÀrem Herzblock.
Ventrikelfibrillation und Herzblock traten auf, nachdem bereits
klinisch durch 4 kompetente Untersucher der Tod festgestellt
war. Kurz vor dem endgĂŒltigen Herztod war nur noch eine Vor-
hofstÀtigkeit nachweisbar.
Das nervöse Element bei organischen cardiovasoulÀren Er-
krankungen. Unter AnfĂŒhrung mehrerer FĂ€lle betont Verf. dqp
deletÀren Einfluà psychischer Erregungen wie Furcht, Schrecken.
Trauer, Aerger auf den Ausgang und Verlauf cardiovasculÀrer
Erkrankungen, insbesondere bei Mitralstenose. Beruhigende und
psychotherapeutische MaĂnahmen sind in diesen FĂ€llen ebenso
wichtig wie die medikamentöse Behandlung.
Die Bedeutung der Körperhaltung bei der physikalischen
Herzuntersuchung. Um eine richtige Vorstellung von der wahren
HerzgröĂe zu bekommen, ist die Perkussion in aufrechter Hal-
tung der im Liegen vorzuziehen, nur wird bei Perkussion in
aufrechter Haltung die obere Herzgrenze gewöhnlich tiefer ge-
funden, und es kann bei schlaffem Bandapparat ein hochgradiges
Tropfenherz vorgetĂ€uscht werden. Von EinfluĂ auf die GröĂe
der HerzdÀmpfung ist die Abnahme des dorsoanterioren Brust-
durchmessers bei elastischem Brustkorb im Liegen. Mitral-
insuffizienz-, Tricuspidalinsuffizienz- und Aortenstenosenge-
rÀusche sind im Liegen gewöhnlich lauter als im Stehen: mit-
unter sind sie nur im Liegen zu hören. Aorleninsuffizienz-
gerĂ€usche werden durch die Körperhaltung kaum beeinfluĂt: da-
gegen werden MitralstenosengerÀusche im Stehen besser als im
Liegen gehört. Das PulmonalstenosengerÀusch ist meist so laut,
daĂ es sich bei jeder Körperhaltung einwandfrei feststellen laĂ)
Accentuation und Verdoppelung des II, Pulmonaltones sind be-
sonders deutlich im Liegen. HerzreibegerÀusche, die im Liegen
deutlich zu hören sind, können beim Aufsitzen verschwinden,
eine Erscheinung, die diff.-diagn. gegenĂŒber endokardialen Ge-
10. Jahri
Nr. 1(1
\ u s (l e ii ii e u e s I e n Zeitschrift e
[Suschen zweckmĂ€Ăig verwerte! werden kann. Beim perikar-
dialen ErguĂ ist dir- DĂ€mpfung bei iuifrechler Hallung gröĂer als
im Liegen, in manchen KĂ€llen von Karzinom insbesondere der
Cbdominalorgane wird zuweilen cm Kleinerwerden der Herz
pjmpfnng im Liegen gefunden.
Stadel m a n n, Frankfurt a . M
.The Lancet, London.
1 Miirz 1922, 202. Nr. 51-10.
â Ifcgni gitation des Duodenalsaftes im Millen wĂ€hrend der MĂ€genverdauuiig.
Hol ton. ('. uiul Gorion, W. (i. 420.
â Ivinderniortnlitiil bei Armen und Reichen. T ö r Ii e s . V. 426.
VerkĂŒrzung der postoperativen Konvalescenz. Clarejnont, II. K. il'T.
DĂ€mmerschlaf. Ge'rson. II. M. 428.
Regurgitation dos Duodenalsaftes in den Magen wÀhrend der
Magenverdauung. WÀhrend der MÀgenverdauuiig fliefll wÀhrend
einer kurzen Zeit Duodenalsaft in den Magen zurĂŒck. Dadurch
wird die Menge SalzsĂ€ure und Chloride deutlich beeinfluĂt, Wenn
dieser Uebertritt nicht auftritt, besteht! Pylorospasmus oder
Stenose. Es ist möglich, daà bei Achytia gaslrica eine ganz,
normale QuantitÀt Chloride durch den Magen sezerniert wird.
KindermortalitÀt bei Armen und Reichen. Die Lebenschancen
lies Neugeborenen sind unabhÀngig von sozialen und sanitÀren
UmstÀnden. Im ersten Lebensjahre sterben etwa zweimal soviel
arme wie reiche Kinder. Die Zahl der armen Kinder, die an"
â DurchfĂ€llen zugrunde gehen, betrĂ€gt das siebenfache der Zahl
der besser situierten Kinder, die an DurchfÀllen sterben. Ebenso
'sterben fĂŒnfmal mehr arme Kinder durch Bronchitis oder Pneu-
monie. Koopmann (Haag).
The British medical Journal, London.
4. MĂ€rz 1922, Nr. 3192.
Die Schwangerschaftstoxicosen. M e H r o y . A. L. 33&.
Tuerkulose in Wales. Cummins. S. L. 338.
Die âPuffersalze" des Hintes. Hill, A. V. 340.
Resultate der Entfernung tun Tonsillen und Adenoiden. Singtön, II
8. 341.
Die Resultate in 21 FĂ€llen von Ilioknlostumn liei Knochen- und Gelenks
tuberkulöse. D r u m m o n d . H. 342.
â Die Funktion des ehromaphillen Gewebes und Stimula/tĂ€on des Splanchni-
eus. S h e e n , A. VV. und S w a 1 e Vi n e e nt. 343.
â Die Beziehungen zwischen Corpus luteum und Menstruation oder Schwan-
gerschaft. M a e k e n /. i e . W. R. 343.
\lucoeele des Sinus frontalis. A e o m b . J. 344.
I.eherabszeĂ durch Anioeben. Rogers. I>. 345.
Die Funktion des ehroinaphilen Gewebes und Reizung des
Splanehnicus. Periphere Reizung der Splanchnicus bei Katzen
gibt eine charakteristische Blutdruckkurve. Der Blutdruck steigl
zuerst, sinkt dann und zeigt zuletzt wieder einen Anstieg. Wenn
man die Zirkulation der Nebennieren ausschaltet, gibt periphere
Reizung einen einfachen Anstieg. Die Ursache der Senkung ist
bis jetzt unbekannt.
Die Beziehungen zwischen Corpus luteum, Menstruation und
Schwangerschaft. Aus einigen genau beobachteten FĂ€llen zieht
| Verfasser folgende SchlĂŒsse: Wenn ein Corpus luteum verum
â oder spurium durch ein Trauma getroffen wird, bekommt man
'«dasselbe klniische Bild als bei einer ruptirierten extrauterinen
Schwangerschaft. Trifft das Trauma ein Corpus luteum verum,
so bekommt man einen Abort. Trifft es ein Corpus luteum
spurium, so entsteht eine Menstruation.
K o o p m a n (Haag).
The American Journal of Obstetrics and Gynecology,
St. Louis.
Februar 1922, Bd. % Nr. 2.
- âDie Anwendung von Radium bei Krebs der weiblichen (lenitalorgane. R a v -
1 e y . Harold, in Verbindung mit Q u i in b e v . Ed i t h. 1 17.
117.
â Die Wirkung der gebrĂ€uchlicheren WehenmHtei in der Eröffnungsperiode.
R UC k e r . M., P i e r c e. 134.
âZebu Jahre schmerzloser Geburten. M o s b e i . (!. Cl. 142.
â l'eber die Wendung nach Potter. 8 p eidel , Edw. 150.
âEklampsiebehandlung eimsil und ietzi Mo ran. .1. F. 155.
â Eine Studiie> ĂŒber den Ursprung der Blutung hei ExtrauteringraviditĂ€t.
P o 1 a. k . .1. 0. und W e 1 ton, Th. «. ir,r,.
Ueber Pituitrin zu Beginn der Nachgebuitsperiod»». 1? r o d h e a il . G, I..
und Langbrok, E. G. 170.
:i Falle von seltener Anomalie des Ovars. .1 a n n e y , .7. G. 173.
Die Anwendung von Radium bei Krebs der weiblichen Ge-
nitalorgane. Verfasser begannen 1915 mit 50 mgr Radium nach
kontinentaler Methode in Bleifilter, gÀben aber vaginale und
rektale Applikation wegen Fistelbildtnig wieder ml' und be
schrÀnkten sich auf intrauterine und intrÀzervikale. 1915 1910
wurde 30 mal nach Percey operiert, d. lt. abdominell eröffnet und
das Karzinomatöse möglichst tnil Thermolsauter beseitigt. Der
Erfolg war nicht gut, weshalb das Kaulerisieren auf die Gervix.
von der Vagina aus, beschrÀnkt wurde. 1916 wurde ein neue)
radiumtragender Apparat konstruiert, wegen seiner Aehnlich
keil mit einer Handgranate die âBombe" geheiĂen, bestehend aus
einem Stiel und einem glockenförmigen Ansatz aus Stahl mit
OuecksilberfĂŒllung. am Kopfe befindet sieh eine Ii nnn-Bleika psel
mit Radium. Der Apparat soll das Dirigieren der Strahlen nach
der gewĂŒnschten Richtung und die Schonung von Blase und Rek-
tum fördern. Daneben trat sogenannte âBlock'"behnndlung mit
2 nnn-Blei- und 1 cm-Holzfilter, womil von auĂen, insbesondere
von der suprapubischen Gegend her. behandelt wird. Weiterhin
wurde ein besonderes Instrument zum Messen der durch die
Bombe ausgesandten Strahlen konstruiert. Einige Tabellen geben
die klinischen Erfolge. Ks sei daraus entnommen: Von 132
PrimÀraffekten und Rezidiven, vor 1918 behandelt, waren 1921
noch 8 ĂŒberlebend, von 7(1 im Jahre 1918 behandelten noch 15.
von 122 im Jahre 1919 behandelten noch 40.
Die Wirkung der gebrÀuchlicheren Wehenmittel in der Er-
öft'nungsperiode. Aehnlich wie Schatz schon 1872 fĂŒhrte Verf.
in den Klerus gravidus einen Sack, der mit einem Quecksilber-
manomeler verbunden isl, wodurch die Wirkung von Medika-
menten auf den Uterus unmittelbar gemessen werden soll. Be-
obachtungen bei 21 Patienten ergaben: Hyoscin hatte einen zu-
verlÀssigen, aber nicht hochgradigen Effekt hinsichtlich Ver-
stÀrkung der GebÀrmulterkontraktionen. Meist wurde Morphium
vorausgeschickt. Verfasser fand, daà die Eröffnungsperiode
durch Scopolamin oder Hyocin meist verkĂŒrzt wird. Chinin-
wirkung wurde nur bei 6 Patientinnen gemessen. Es fand sich
merkliche VerstÀrkung der Uteruskonlraktionen, aber keine Zu-
verlÀssigkeit des Mittels. Strychnin wurde nur einmal gegeben,
1/30 grain â etwa 0,002 g, es schien auf StĂ€rke und HĂ€ufigkeit
der Uteruskonlraktionen gĂŒnstig zu wirken. Fluidextrakt von
Krgotin wies keine merkliche Wirkung auf. Pituitrinextrakt
wirkte in 2 FĂ€llen von KrĂŒhgeburt im 7. Monat krĂ€ftig auf den
Kterus, Kontraktionen von 9 â 35 Minuten Dauer erzeugend. Es
folgt, daĂ GebĂ€rende mit Metreuryse gĂŒnstige Gelegenheit zur
Erprobung der Wirkung von Medikamenten auf den Uterus
bieten.
Zehn Jahre schmerzloser Geburten. Verfasser ist im Prinzip
fĂŒr die GauĂ'sche Methode des Individualisierens und gegen
Siegels schematische Dosen. Er verwendet statt Morphium Pan-
lopon, da es nicht so ungĂŒnstig auf das Atemzentrum wirkt und
besonders fĂŒr das Kind wesentlich weniger gefĂ€hrlich ist. Ei-
land, .daĂ Scopolamin die Eröffnungsperiode abkĂŒrzt, die Aus-
treibungsperiode dagegen etwas verlÀngert. Zange wird bei
Scopolamin-Pantopon etwas hĂ€ufiger notwendig. BezĂŒglich des
Siegel'schen Amnesins bezweifelt Verfasser, ob bei dieser Kom-
bination des Chinins mit Narkophin die stimulierende Wirkung
des ersteren erhalten bleiben könne. Vermehrte Neigung zu
HĂ€morrhagie post partum wurde nach Scopolamin nicht beob-
achtet. Die amnestische Patientin muà wÀhrend des GebÀrens
ĂŒberwacht werden, um ĂŒberstĂŒrzte Geburl zu verhindern. Verf.
halte bei 500 FÀllen 2,8 Prozent kindliche MortalitÀt, wobei kein
Kall auf das Scopolamin zurĂŒckzufĂŒhren ist. Kein Kind war
apnoisch. Er schlieĂt: Das Scopolamin ist sicher und gut wir-
kend, besonders wertvoll bei Primiparae, die kindliche MortalitÀt
wird durch dasselbe nicht^ gesteigert, die Mutler erholt sich vom
Geburtsakt wesentlich rascher, was auch dem Kind zugute
kommt.
Ueber die Wendung nach Potter. Unter Bezugnahme auf
gĂŒnstige Erfahrungen in der eigenen Praxis bespricht Verfasser
die Wendung nach Potter, die in Amerika nach anfÀnglicher Be-
kĂ€mpfung jetzt eine groĂe AnhĂ€ngerschaft gefunden hat. Die
Wendung nach Potter kann stets angewandt werden, besondere
Indikationen gibt es dafĂŒr nicht, sie soll fĂŒr die GebĂ€rende die
Sehmerzen der Austreibung mindern und kĂŒrzen. Patientin wird
auf einen Tisch gelagert, die Beine auf 2 StĂŒhle in modifizierter
YYalcher'scher Lage zur VerlÀngerung der Conjugata vera. Hier-
durch wird zugleich der uterovaginale Kanal einer geraden Linie
mehr angenÀhert, das Perineum weniger gestrafft und dadurch
die Gefahr des Dammrisses verringert. Nach Reinigung der
Vagina mit grĂŒner Seife geht die behandschuhte Hand durch den
verstrichenen Muttermund zwischen Uteruswand und EihÀuten
bis zum Fundus, zerreiĂt oben die EihĂ€ute und sucht die kind-
lichen FĂŒĂe. Die hergebrachte Methode, nur einen FuĂ herunter
Besprechungen.
40. Jahrg. â Nr. 10/17.
zuholen, um besser erweiternd zu wirken, wird abgelehnt.
Ebenso tritt Verfasser Pott er s Auffassung bei. daĂ bei guter
Narkose noch viele Stunden nach FruchtwasserabfluĂ die Wen-
dung möglich ist, und berichtet von einer 24 Stunden nach Frucb.tr
wasserabfluli von ihm selbst ohne Schwierigkeit ausgefĂŒhrten
Wendung. (D öder lein schĂ€rft stets seinen Hörern ein, daĂ
bei lÀnger geborstener Eiblase die Wendung in ihren ersten
Augenblicken dem Operateur als ausdrĂŒcklicher \\ 'endungsv er-
such bewuĂt sein muĂ, von dem er bei unbeweglichem Kind so-
fort wegen der groĂen Gefahr der Uterusruptur absteht. Ref.;
Die Entwicklung des nachfolgenden Kopfes findet Verf. der Veit-
Smellie'schen ĂŒberlegen. Es werden 2 Finger der linken Hand
in den Mund des auf dem linken Arm reitenden Kindes einge-
fĂŒhrt, wĂ€hrend die rechte Hand auf sterilem Tuch einen supra-
pubischen Druck nach unten und rĂŒckwĂ€rts auf den Kopf des
Kindes ausĂŒbt.
Eklampsiebehandlung einst und jetzt. V erfasser hat sich von
der operativen Schnellentbindung abgewandl, um mit der Mehr-
zahl seiner Fachkollegen die konservative, abwartende Methode
zu bevorzugen, welche bei geringeren Gefahren ebenso gute Re-
sultate fĂŒr Mutter und Kind erzielt. Aus einem Ueberblick ĂŒber
die Behandlung von 4 prÀeklamptischen und 29 eklamplischen
FĂ€llen geht hervor: Morphium wird in entsprechenden Intervallen
zur Herabsetzung der Atemfrequenz auf 10â12 in der Minute ge-
geben. AderlaĂ ist wertvoll, besonders bei hohem Blutdruck,
Zyanose, Koma, und ist u. U. lebensrettend. Bei den 29 Eklamp-
siefĂ€llen wurden 2 Kaiserschnitte und 3 Metreurysen ausgefĂŒhrt
Die operative Entbindung mittels abdomineller oder vaginaler
Sectio soll möglichst nur bei besonderer Indikation, engem
Becken, MiĂverhĂ€ltnis von Becken und kindlichem Kopf, rigider
Zervix platzgreifen. Von prinzipieller Bedeutung ist es, im prÀ-
eklamptischen Stadium dem Ausbruch der Eklampsie vorzu-
beugen und zu diesem Zwecke die maĂgebenden Symptome mög-
lichst frĂŒh zu erkennen, Erhöhung des Blutdrucks, oft auch Re-
tinitis können anderen Symptomen (Urin- und Blutbefund, be-
sonders Kreatinin- und Reststickstofferhöhung) vorausgehen.
Daher soll bei Blutdrucksteigerung sofort ein Ophthalmologe zu-
gezogen und dann die entsprechende Behandlung, evtl. FrĂŒh-
geburt eingeleitet werden.
Eine Studie ĂŒber den Ursprung der Blutung bei extrauteriner
Schwangerschaft. Deziduale Reaktion wird an verschiedenen
Punkten der Tube gefunden, auch weit entfernt von dem Sitze
der Eiinsertion. Gleichzeitig mit Trennung oder Tod des Eies
infolge Blutung in die Dezidua erfolgt auch Blutung vom Uterus
selbst, dessen Schleimhaut dezidual umgewandelt ist, sowie von
verschiedenen Punkten dezidualer Reaktion in der Tube. Die
Tubenperistaltik treibt aus dem abdominalen Ostium in das Peri-
toneum. Aus den gleichen Ursachen erfolgt Blutung aus dem
Uterus, welche Trennung oder Tod des Embryo anzeigt. ;
Kuhn (MĂŒnchen).
Buchbesprechungen.
Arthur Weil: Die innere Sekretion. Eine EinfĂŒhrung fĂŒr
Studierende und Aerzte. Verlag Julius Springer. Berlin 1921.
W e i 1 bringt hier auf 136 Seiten eine kurze einfĂŒhrende Dar-
stellung der Lehre von der inneren Sekretion. Dabei geht er
nicht, wie die meisten Autoren es bisher getan haben, von der
einzelnen BlutdrĂŒse aus, sondern von den verschiedenen Lebens-
vorgĂ€ngen selbst und schildert den EinfluĂ, den die verschiede-
nen BlutdrĂŒsen darauf besitzen. Auf diese Weise erhĂ€lt der
Leser in der Tat einen besseren Ueberblick ĂŒber die Bedeutung
der inneren Sekretion auf die verschiedenen LebensvorgÀnge, als
wenn er erst durch das Studium der einzelnen DrĂŒsen sich ĂŒber
ihre Wirkung auf einen speziellen Vorgang orientieren will. Vor-
ausgeschickt ist eine kurze Histologie der BlutdrĂŒsen; es folgt
die Darstellung des Einflusses auf das Blut, die Blutbewegung,
den Stoffwechsel, das Wachstum, die Fortpflanzung, den Ge-
schlechtstrieb, die Psyche. Auch die Chemie und der Nachweis
der Inkrete, sowie die Wechselwirkung der DrĂŒsen zueinander
werden kurz besprochen. Die KĂŒrze der Darstellung bringt es
mit sich, daĂ das eine oder andere Kapitel vielleicht etwas zu
kurz geraten ist; im groĂen und ganzen ist aber infolge der
klaren Darstellung dem Verfasser gelungen, dem Fernerstehen-
den einen Ueberblick ĂŒber das schwierige Gebiet der inneren
Sekretion zu geben. Eine Anzahl vortrefflicher Abbildungen und
Kurven ist dem Buche beigegeben. O r g 1 e r (Charlottenburg).
Lobedank, Gen -Oberarzt a. D.: Kurze praktische Anlei-
tung zur Erkennung aller Formen des K o p f-
schmerzes. 2. Auflage. Leipzig 1921. Verlag von Kurt
Kabitzsch.
Das BĂŒchlein (Ladenpreis 9 M.) ist in zweiter Auflage er-
schienen, hat also Freunde gefunden, die es als nĂŒtzlich erkann-
ten. Es erhebt nach Verf. eigenem Geleitwort keinen Anspruch
auf wissenschaftliche Bedeutung, will nur , ein Hilfsmittel sein,
dem Arzt, insbesondere dem jĂŒngeren Kollegen, die Auffindung
des Grundleidens bei Klagen ĂŒber Kopfschmerz zu erleichtern.
Als Wegweiser nierzu sei es erneut empfohlen.
lieber die Wichtigkeil der Beurteilung des Kopfschmerz-
Symplomes in jedem Falle bedarf es keiner Worte. Die Form, in
welcher Verfasser Belehrung gibt (Uebersichtstafel mit knappen
pr.Ă€zisen Angaben zur Diagnose und ihrer Erkennung) und die
einzelnen Symptome aufzufinden anrÀt (systematische Art derjj
Krankenbefragung und Gang der Untersuchung â ebenfalls nach
einem erprobten Schema ist wohl zu billigen. Der Individuali-
sierung bleibt dennoch Raum Wenn seine Anleitung, wie Verf.1
wohl hofft, dazu anregt, zu den Quellen hinabzusteigen und.
Krankheitsbilder im Ganzen zu studieren, so ist damit ein wei-
lerer Zweck erreicht, der hoch bewertet werden muĂ.
Nur der Arzt, der die wissenschaftlichen Grundlagen und die
praktische Heil k u n s t in gleicher Weise beherrscht, kann er-
folgreich wirken und dem Kurpfuschertum begegnen, das in
unserer Zeit mehr denn je ĂŒberall sich regt. Junius (Bonnn
Krctschmer, Ernst: Medizinische Psychologie. Ein
Leitfaden fĂŒr Studium und Praxis. Georg Thieme, Leipzig IV,
B05. 39 M. liĂJ
Bisher ist die Psychologie im Studiengange der Mediziner
sehr vernachlĂ€ssigt worden; es wird in den groĂen klinischen
Vorlesungen bei Vorstellung der Patienten gewöhnlich nur âder
Fall' vorgefĂŒhrt, daĂ zu diesem âFall" aber auch ein Mensch mit
einer Seele gehört, leider in den seltensten FĂ€llen berĂŒcksichtigt.
Zeigen hier die Professoren oft genug einen erschreckenden
Mangel an psychologischem VerstÀndnis, so ist es nicht Wunder
zu nehmen, daà dieses mangelnde VerstÀndnis bei den jungen
Studenten nicht geringer ist. Auch die Vorlesungen in der Psy-
chiatrie sind meist weit davon entfernt, tieferes VerstĂ€ndnis fĂŒr
die Psyche zu erwecken. Es ist daher auĂerordentlich zu be-
grĂŒĂen, daĂ der ausgezeichnete TĂŒbinger Psychiater uns ein
kurzes Lehrbuch der medizinischen Psychologie geschenkt hat.
das allen Aerzten und Studenten auf das W7Ă€rmste empfohlen
werden kann. Dieses Buch ist nicht in der Studierstube ent-
standen, sondern auf reiche Ă€rztliche Erfahrung gegrĂŒndet. Ver-
fasser hat sich die reichen Erkenntnisse, die wir Freud und
seinen SchĂŒlern verdanken, zu eigen gemacht â wĂ€hrend bisher
die âoffiziellen Vertreter der Psychiatrie" mit ganz geringen
Ausnahmen sich dieser modernen Forschungsart verschlieĂen 4
berĂŒcksichtigt die von Haspers in die Psychiatrie eingefĂŒhrte,
von Kronfeld und Kurt Schneider weiter ausgebaute
phĂ€nomenologische Denkweise â gegen die ebenfalls die Ver-
treter der Ă€lteren Richtung Opposition machen â , bringt einen
ausgezeichneten Abschnitt ĂŒber die Begutachtung, der speziell fĂŒr
die beamteten Aerzte Ă€uĂerst wertvoll -sein dĂŒrfte. â Es wĂ€re
sehr zu begrĂŒĂen, wenn an allen deutschen UniversitĂ€ten Vor-'
lesungen, wie sie diesem Buche zugrunde liegen, abgehalten
werden. Lurje.
S. Sadger: Die Lehre von den G e s c h 1 e c h t s v e r i r r u n-
gen (Psj'chopathia sexualis) auf psychoanaly-
tischer Grundlage. Verlag: Deuticke. 458 S. 105 M.
Wenn sich bisher die Psychoanalytiker auch schon vielfach
mit den Geschlechtsverirrungen beschÀftigt haben, so fehlte es
bislang jedoch an einem zusammenfassenden Werke, das diej
Herversionen vom analytischen Standpunkt aus betrachtet. Dieses
hat nun Sadger mit seinem Buche getan. An und fĂŒr sich*'
werden in diesem Werke keine Anschauungen und Tatsachen g%
bracht, die man nicht schon aus der umfangreichen psycho-
analytischen Literatur kennt. Aber wenn Sadger auch nichts
Neues bringt, so ist dieses Buch doch sehr geeignet, eine Ueber-
sicht von dem zu geben, was fĂŒr Erkenntnisse uns hinsichtlich
der sexuellen Perversionen die psychoanalytische Forschung bis-
lang gegeben hat.
WTenn auch Sadger 's Anschauungen â speziell ĂŒber die
HomosexualitĂ€t, seinem eigentlichsten Forschungsgebiete â nicht
ohne Widerspruch bleiben dĂŒrften (kommt er doch selbst, so
gerne er es allem Anscheine nach möchte, um die konstitutionelle
Anlage nicht herum), so wird doch jeder Leser, der mit der
nötigen Kritik an dieses Werk geht, eine FĂŒlle' von Material darin
40. Jahrg. â Nr. 16/17.
K o n gr e Ă b e r I c h t e
linden, dessen Kenntnis gerade fĂŒr den praktischen Arzt von
Wichtigkeil sein dĂŒrfte, zumal dieser am meisten Gelegenheil
hat, die nervösen Störungen bei Kindern, die mit deren leider
von den meisten Aerzten immer noch zu wenig beachteten
HBSChlechtsleben im Zusammenhang stehen, in seiner Praxis zu
beobachten. L u r j e.
â olaiio i WĂŒrzburg) : Geburtshilflich-gynĂ€kologisc Ii e
P i- o p § d e u t i k. (Kabilzsch, Leipzig 1922).
Das Buch, das in 1. Auflage erschienen ist, bringt in seinem
theoretischen Teil die niebl nur fĂŒr den AnfĂ€nger, sondern aueb
fĂŒr den praktischen Arzt so wiehligen anatomischen und biologi-
schen Vorstellungen, die fĂŒr die Beurteilung der Funktionen des
weiblichen Genitalapparats eine notwendige, wenn aueb oft ver-
nachlÀssigte Vorbedingung bilden. Entsprechend den auf dem
letzten GynÀkologen-Kongreà aufgestellten und allgemein aner-
kannlen Forderungen bezĂŒgl. der Unterrichts-Neugeslaltung wird
in dieser Auflage die Physiologie von Schwangerschaft, Geburt
und Wochenbett weil ausfĂŒhrlicher als bisher zur Darstellung ge-
bracht. Im 2. praktischen Teil werden die Grundlagen der
ĂŒblichen geburtshilflichen und gynĂ€kologischen Untersuchungen
besprochen, unterstĂŒtzt durch eine Beihe ausgezeichneter Bildbei-
gaben. Das Normale bildet den wesentlichen Inhalt dieser Pro-
pÀdeutik, deren Studium den Weg zur klinischen TÀtigkeit in her-
vorragender Weise zu ebnen geeignet ist. Auf die Bedeutung der
Höntgen-Durchleuchtung fĂŒr Diagnose und Therapie der Frauen-
krankheiten wird kurz eingegangen. Zum SchluĂ hĂ€lt Verf. es fĂŒr
geeignet, die Ehrlichsche Seitenkettentheorie in leicht verstÀnd-
licher Form wiederzugeben, da sie die besprochenen normalen
und pathologischen Beaktionen des lebenden Organismus in eine
GesetzmĂ€Ăigkeit zu bringen versucht und sich als ungemein
fruchtbar fĂŒr die weitere Erforschung dieser bis dahin rĂ€tsel-
haften VorgÀnge erwiesen hat. K. Held (Berlin).
.T. Schwalbe: Diagnostische und therapeutische'
IrrtĂŒmer und deren V e r h ĂŒ t u n g.
Fehling: Diagnostische und t h e r a p e u t i s c h e Irr-
tĂŒmer u n d ihr e V e r h ĂŒ t u n g in de r G c b li r t.
101 S. 10..°.0 M.
Zangcmeister: D i a g n o s t i s c h e u n d t h e r a p e u t i s c h e
Irrt ĂŒ m e r u n d i h r e V e r h ii I u n g i m W o c'h e n -
b e t I. 30 S. 17.50 M
Der Verfasser hat mit dem vorliegenden Werke einen be-
sonders zu begrĂŒĂenden wertvollen Beilrag fĂŒr den sich geburts-
hilflich betÀtigenden Arzt geschaffen. Gerade in der Geburtshilfe,
in der sich meist exakte Diagnose und kausale Therapie zeitlich
unmittelbar folgen mĂŒssen, wenn nicht schwerer Schaden ange-
richtet werden soll, und wo auch dem Laien oft nur allzu deut-
lich Ă€rztliche Kunstfehler zum BewuĂtsein gelangen, ist es un-
gemein wichtig, prÀzise auseinanderzusetzen, wie es nicht ge-
macht werden darf. Fehling unterzieht sich dieser Aufgabe
in den 28 Kapiteln des Buches, die in gedrÀngter, inhaltreicher
KĂŒrze das Gesamlgebiet der Geburlshilfe streifen, in vorbild-
licher Weise. DemgegenĂŒber fĂ€llt nur sehr wenig ins Gewicht,
daĂ die rektale Untersuchung, die Kielland'sche Zange und der
Winter'sche Abortlöffel etwas apodiktisch abgetan werden. â
Der Geburtshelfer wird gut tun. das Fehling sehe BĂŒchlein
seiner Bibliothek einzuverleiben.
Das Wochenbett hat Z a n g e meiste r bearbeitet. Auf P>0
Seilen wird das normale und krankhafte Wochenbett durchge-
sprochen und auĂer dem Hinweis auf Fehler mancher wertvolle
therapeutische Batschlag erteilt. Von der SchÀdlichkeit des Aus-
Ă€rĂŒckens der- ischurischen Blase, auf die Verfasser besonders
nachdrĂŒcklich hinweist, konnte sich ĂŒbrigens Referent niemals
ĂŒberzeugen. .1 o h a 5 Berlin
W. Naeke: Die Unfruchtbarkeit der Frau. 'Berlin.
Dr. Waller Rothschild, 1022.)
Das kleine Heflehen slellt ganz kurz (22 Seiten die verschie
denen Ursachen der SterilitÀt zusammen, ohne neue Gesichts
punkte zu geben. Auf die Therapie wird nicht eingegangen.
K. Wob lgem u I h (Berlin).
Seherb, Richard: Die Analy.se der HĂŒf tgelenksbe
wegungen am Lebenden Dargestellt an Bewegungen
in der Frontalebene. Stuttgart 1921. Ferd. Unke. Preis geb.
.10 M.
In der embryonalen Periode und in den ersten Lebensjahren
erscheint die Gelenkform des HĂŒftgelenks nach Helwig in fron-
taler Richtung verkĂŒrzt und stellt die Form eines gedrĂ€ngten
SphĂ€roids dar. Im Aller von 3â 6 Jahren steht das Gelenk der
Kugelform am nÀchsten. Diese Form wird in den spÀteren Jahren
beibehalten oder dehnt sich weiter zur Gestalt eines Rotations-
elipsoids aus. Die Gelenkpfanne entspricht in geometrischem
Sinne genau der Form des Kopfes und ist etwas kleiner als
dieser. Diese an einem groĂen Material gewonnenen An-
schauungen Helwigs hĂ€lt Verf. fĂŒr die besten und hat ver-
sucht, auf Grund derselben die Bewegungsmechanik zu studieren.
Bei vollkommener Kugelform liegt der Drehpunkt des Gelenkes
Henau im Mittelpunkt des Kopfes. Ausnahmen hierbei sind: Wenn
Weichteile die Bewegungen beeinflussen, bei Luxationen und
wenn die Pfanne nicht genau der Form des Kopfes entspricht.
Wanderungen des Drehpunktes werden daher bei Kindern im
Aller von 3 â 6 Jahren auf pathologische VerĂ€nderungen der Kopf-
oder Gelenkpfanne hinweisen oder ĂŒberhaupt auf eine Erkrankung
des Gelenkes. Die Möglichkeit, Drehpunktwanderungen in exakter
Weise zu erkennen, kann daher fĂŒr die frĂŒhzeitige Diagnose
pathologischer VerĂ€nderungen des HĂŒftgelenkes von Wert sein.
Will man nun zu diesem Zwecke Winkelmessungen vornehmen,
so muĂ man die Lage des Scheitelpunktes genau kennen. Verf.
bat daher versucht, unter Benutzung einer groĂen Anzahl von
Röntgenbildern die notwendigen Konstanten zur Bestimmung des
Winkels zu erhalten. Die Messungen bezogen sich auf jede
BeckenhÀlfte getrennt, da ja hÀufig Asymmetrien vorkommen. Die
Aufnahmen wurden immer achsengerecht eingestellt, d. h. der
Schenkelkopf liegt in der Strahlenrichtung, Symphvsenmitte und
beide Spinae in einer Horizontalen. Nach den mit diesen Messun-
gen gewonnenen Erfahrungen hat Verf. einen anscheinend ziem-
lich komplizierten Apparat konstruiert, der an der Hand einer
Beihe von schönen Abbildungen erlÀutert wird, dessen Einzel-
beilen sich aber nicht zum Beferat eignen. Verf. hat mit diesem
Apparat zunÀchst eine Beihe von Personen auf die Exkursions-
möglichkeiten des HĂŒfteelenks hin untersucht und dabei folgendes
festgestellt: Die AdduktionsexzentrizitÀt betrÀgt bei normalen
IlĂŒflgesunden zwischen 15 und 20 Grad. Die terminale Adduktions-
beweguns am belasteten Gelenk wird durch das Ligament, teres
aus der Kugelgelenkbahn abgelenkt und abgeschlossen. Die Ab-
duktionsexzentrizitÀt am gesunden Gelenk wird durch Teilnahme
von Muskeln an der Hemmung allein hervorgerufen, und zwar
wahrscheinlich durch den Obturator extern. Bei Poliomyelitikern
Ă€uĂert sich der Kugelgelenk anteil bis zum Abduktionsende. Ver-
fasser glaubt durch seine Untersuchungen, die er fortzusetzen
gedenkt,, die Grenzen zwischen Phvsiologie und Pathologie der
HĂŒftgelenksbewegungen genau bestimmen zu können, wobei be-
sonders die Bestimmung der Bewegungsgrenzen bei reponierten
HĂŒftlĂŒxationen und Coxa vara von Interesse sein dĂŒrfte.
K À ck eil (Hamburg).
KONGRESSBERICHTE
46. Versammlung der Deutschen Gesellschaft fĂŒr Chirurgie
in Berlin, vom 19. bis 22. April 1922.
Berichterstatter: IL S t et t in e r - Berlin.
âą Erster Sitzungstag.
Eröffnungsrede des Vorsitzenden H i 1 d e b r a n d - Berlin
Am 10. [. 1S72, also vor beinahe genau 50 Jahren, fand die
Eröffnung des ersten Kongresses der Deutschen Gesellschaft fĂŒr
Chirurgie unter Vorsitz von Bernhard v. Langenbecb statt.
Damals stand Àhnlich, wie beule, die Frage der PyÀmie und
SeptikÀmie auf der Tagesordnung. Ferner beschÀftigte man sich
hauptsÀchlich mit der Chirurgie der ExtremitÀten, der Knie-
gelenksresektion und den Unterscbenkelfrakluren. Wegen er
sprach ĂŒber die Wirkung der PhosphorsĂ€ure, S t i 1 1 i n g ĂŒber
Harnröhrenstrikturen, Simon ĂŒber Hydronephrose. Julius
Wolf demonstrierte PrÀparate zur Knochenanatomie und Patho-
logie, und Trendelenburg zeigte seine TamponkanĂŒle.
Seitdem bal die Chirurgie groĂe Fortschritte gemacht und wagl
sich heide an jedes Organ heran. Die plastische und Wieder-
herstellungschirurgie bal sich vervollkommnet. Dieser Auf-
schwung isl einmal den Fortschritten in der Kenntnis der palbo
350
KongreĂberiehte
40. Jahrg. â Nr. 16 17.
logischen Anatomie und zweitens der Ausbildung der diagnosti-
schen .Methoden, der EinfĂŒhrung der Zysloskopie, Bronchoskopie.
Hektoskopie, der EinfĂŒhrung der funktionellen Nierendiagnoslik.
den Fortschritten auf dem Gebiete der Nervendiagnostik und der
Verwendung der Röntgenstrahlen zu danken. Andererseils wird
die mehr lokalistische Auffassung der Krankheilen in letzter Zeit
durch die neuen Lehren von der AbhÀngigkeit der Organe und
ihrer Produkte voneinander, durch die Lehre von der inneren
Sekretion und der Konstitutionspathologie erschĂŒttert. Droht der
Chirurgie von dieser Seite eine mehr ideelle Gefahr in ferner
Zukunft, so droht ihr eine nĂ€here von der zu groĂen Spezialisie-
rung. Ohne die Berechtigung des Chirurgen, sich einem Spezial-
fach zu widmen, zu verneinen, meint Redner, daĂ diese Speziali-
sierung erst nach Ausbildung in der allgemeinen Chirurgie er-
folgen dĂŒrfe.
L e x e r*- Freiburg: Die chirurgische Allgemeininfektion.
Er unterscheidet '1 HaĂŒplgruppen, die allgemeine bakterielle
und die allgemeine toxische Infektion, welche zwar vielfach in-
einandergreifen, deren Trennung aber doch zweckmĂ€Ăig isl.
Beide Formen haben je .'! Untergruppen. Die bakterielle Infek-
tion wird eingeteilt in die pyogene. die putride und die spezifische
Form. Die Verbreitung der Bakterien kann auf lymphogenem
Wege oder durch die Blutkapillaren stattfinden. Zwischen der
ersten und zweiten Untergruppe kommen Mischformen vor,
welche man frĂŒher als SeptikopyĂ€mie bezeichnete. Fieber
braucht nicht gleich der Ausdruck fĂŒr eine allgemeine Infektion
zu sein, sondern kann auch toxischer Natur, Resorptionsfieber
sein. Eine Verschlechterung des klinischen Bildes wird die Dia-
gnose sicherstellen. Beweisend ist der Nachweis von Bakterien
im Blute, wĂ€hrend ihr Fehlen fĂŒr die toxische Form spricht. Sind
Bakterien im Blute vorhanden und vermehren sie sieh, so isl es
ziemlich gleichgĂŒltig, ob diese Vermehrung im Blute stattfindet
oder ob stets neue Bakterien von einem Herde in das Blut ĂŒber-
treten. Lex er hall die aktive Vermehrung im Blute fĂŒr be-
wiesen. Bemerkenswert ist, daĂ schwerste akute Formen bak-
terieller Allgemeininfeklion ohne Melastasenbildung einhergehen.
Metastatische Formen sind oft weniger gefÀhrlich'. Es besieht
eine Beziehung der Metastasen zum Resorptionslieber, zur Re-
sorption von Bakterien. Die allgemeine toxische Infektion kann
man in eine solche durch tierische Gifte, eine zweite durch Bak-
lerientoxine und eine dritte durch Gewebsgifte teilen. Ein Bei-
spiel fĂŒr die erste Gruppe bildet der SchlangenbiĂ, fĂŒr die zweite
der Telanus, fĂŒr die drille die Verbrennung. Es wird eine Tren-
nung der Bakterien- und Gewebsgifle verlangt. Es finden auch
hier UebergÀnge statt. Nicht alle Krankheilserscheinungen sind
auf die Baklerienloxine zurĂŒckzufĂŒhren. Wir kennen noch nichl
fĂŒr alle Bakterien die Toxine. Feststehen sie fĂŒr Tetanus und
Diphth erie. So fehlt fĂŒr den Milzbrand der Nachweis der Toxine,
ebenso fĂŒr die Eitererreger. Wir wissen noch nichl. worauf die
Wirkung der Streptokokken beruht. Ihre Virulenz isl eine vev
schiedene. Sie wird durch FĂ€ulnisherde gesteigert, aber man
weiĂ nichl. welche Wirkung dabei den im faulenden Gewebe ent-
standenen Giftstoffen zukommt. Mit der dritten Gruppe eröffnet
sich ein groĂes Gebiet, das auch auf die Therapie befruchtend
wirken kann. Es treten eine Anzahl Fragen auf. die noch ihrer
Lösung harren, ob die Gewebstoxine allein eine wichtige Bolle
spielen, inwieweit sie die AbwehrmaĂnahmen des Organismus
stören u. a. Oft wirken sie wie artfremdes EiweiĂ, rufen Er-
mĂŒdungserscheinungen und Ă€hnliches hervor. Injektion von Ge-
webstoxinen bei Tieren ruft lokale EntzĂŒndungserscheinungen
hervor. Oft erinnern die Erscheinungen mehr an die anaphylak-
lischen Symptome. Vielleicht gehört hierher auch die ErklÀrung
der vasotonischen Wirkung, wie sie durch parenterale Einver-
leibung von EiweiĂstoffen zustande kommt. Auch die Schock-
wirkung ist vielleicht oft als durch Vergiftung mit Zerfallproduk-
len zu erklĂ€ren (Toxinaemia traumatica!. Jedenfalls mĂŒssen wir
eine Trennung der Gewebs- und bakteriellen Gifte erstreben.
Keysser-Freiburg hat es versucht, durch Elektrosmose
die ( icwebsgille rein darzustellen. Er benutzte dazu ein drei-
kammeriges GefĂ€Ă, in welches der elektrische Strom geleitet
wurde. Es werden dadurch das elektroneurale Euglobulin von
den elektropositiven Paraglobulinen und den elektronegaliven
Albuminen gesondert. In der Miltelkammer blieben nur das
Euglobulin und Zeitreste, welche noch voneinander getrennt
werden können.
B u z e 1 1 c - Greilswald: Diagnose. Prognose, und Therapie
der pyogenen Blutinfektion.
Zur Diagnose gehört der Nachweis von Mikroorganismen im
Blul und ihre Vermehrung im Blute. Metastasen eines Herdes
berechtigen noch nichl zu der Diagnose, wenn nichl der Nach-
weis der Bakterien im Blute erbrach*! isl. Klinisch zeichnet sie
sich durch hohes Fieber, meisl mit SchĂŒttelfrösten einhergehend.
HautausschlÀgen usw. aus. Meist ist ein primÀrer Herd zu er-
mitteln, von dem die Infektion ausgeht. Mitunter ist ein solcher
nicht nachzuweisen (kryptogenetische Sepsis). In den Organen
mit verlangsamter Blutströmung spielt sich der Kampf /.wischen
den Bakterien und Zellen ab. Die Bakterien gelangen vom Blul
aus zunÀchst in das Mark der Wirbelkörper, dann in das der
langen Röhrenknochen. Die Prognose ist abhÀngig von der Viru
lenz und der Menge der Bakterien. Klinisch fĂŒhren die Infek
lionen bald zum Tode oder sie ziehen sich lĂ€nger hin und fĂŒhren
zu Besserung^ und Heilung. Im allgemeinen isl ihre Prognose
besser, als die der- putriden und toxischen Blutinfektion. Die Be-
handlung isl eine allgemeine 'Alkohol. Sauerstoff), eine chirur-
gische und eine spezifische. Wir verlangen Mittel, welche bak-
lerientölend. entwicklungshemmend oder virulenzvermindernd
sind. Zur PrĂŒfung wurden die Mittel in die eine Ar mvene ein
gespritzt, dann nach einer Viertel- bis halben Stunde Blul aus
der anderen Armvene entnommen und diesem Bakterien zugefĂŒgt.
Am besten erwiesen sich Argochrom und Argoflavin.
E d e n - Freiburg: EntzĂŒndliche VorgĂ€nge und Wundinfektion
im Bilde der physikalischen Chemie.
Der Organismus isl -bestrebt. Störungen durch vermehrten
Blutzustrom auszugleichen. So schaff! auch die HyperÀmie im
entzĂŒndeten Gebiete, in welchem sich die physikochemischen Stö-
rungen z. B. in vermehrter Wasserstol'fionenkonzenlration und
erhöhtem osmotischen Druck Ă€uĂern, einen Ausgleich. Daher
soll man nichl mit HyperÀmie verhindernden Mitteln arbeiten,
auch nichl, wenn sie bakterizid sind. Wichtig fĂŒr die HyperĂ€mie
ist die Erhaltung der Nervenleitung, wie an Röntgenbildern von
Heilung von kĂŒnstlichen Frakturen nach und ohne Durchschnei-
dung des Ischiadikus gezeigt wird. Im letzteren Falle Hyper-
Ă€mie und Kallusbildung bereits nach 1 1 Tagen, im anderen Falle
erhebliche Verzogerring. Man soll auch Mittel anwenden, welche
nicht Leukozyten abstoĂend, sondern airziehend wirken, da wir
zur Heilung der- Wunden der' Leukozyten bedĂŒrfen. Auch hierbei
spielen ElektrolyteneinflĂŒsse und Verschiebungen, sowie osmo-
tische DruckverhĂ€llnisse eine wichtige Polle. Im akut entzĂŒnd-
lichen Gebiet mit starker Hypertonie. Oedemen und behinderter
Blutzufuhr dĂŒrfen wir nichl solche Millel anwenden, welche den
Quellungsdruck der EiweiĂkörper im Cewebe vermehren, den
Umsatz steigern oder den schÀdlichen Stoffwechselprodukten die
Abfuhr verlegen, selbst wenn sie bakterien schÀdigend sind. Hier
kann nur- die Inzision Entspannung und Rettung der Gewebe
herbeifĂŒhren. Bei chronischen EntzĂŒndungen FĂŒhrt dagegen die
Steigerung der- entzĂŒndlichen VorgĂ€nge zum Ausgleich der Stö-
rungen und zur Heilung. Physikochemische VorgÀnge sind auch
bei der Abiölung von Bakterien und der Toxinbildung maligebend.
Nur mit ihrer genauen Kenntnis und der ihres Ablaufes bei dei
Wundheilung, der ein ander er- in der- fr ischen, ein anderer in der
entzĂŒndeten Wunde und ein anderer im Reagensglase ist. wird es
möglich sein, ein klinisch brauchbares Desinfektionsmitte] tu
finden.
C 1 a i i m o n l - ZĂŒrich . Bei der bakteriellen Infektion gelingt
es nicht immer, die Bakterien im Blute nachzuweisen, elwa nur
in 10 Prozent der FĂ€lle, die aber- prognostisch sehr ungĂŒnstig
sind. Man darf die Feststellung der Wirkung der Infektion auf
die anderen Organe nicht vernachlĂ€ssigen. Auftreten von EiweiĂ
im Harn, Zylindrurie sind sehr ungĂŒnstige Zeichen. Greifen wir
dann zur intravenösen Injektion von Mitteln, kommen wir meist
zu spĂ€t. Wir mĂŒssen, um zu einem Ziele zu kommen, diese
Mittel, wie Kollargol oder Farbstoffe frĂŒh und in groĂen Dosen
geben.
Rosen st ein -Berlin: Es gibt kein Millel. mit dem allein
man einer Allgemeininfektion Herr werden kann. Neben den
chirurgischen , MaĂnahmen mĂŒssen Mittel angewandt werden,
welche auf die Leukozytose wirken. Er hat mit Erfolg zu diesem
Zwecke das Argatoxyl benutzt. Auf der Höhe der Leukozytose
wird dann ein desinfizierendes Mittel eingespritzt, frĂŒher Virzin
jetzt Rivanol. Er hat von 40 FĂ€llen 30 zur Heilung gebracht, und
zwar bei Anwendung des Desinfektionsmittels allein von 25 FĂ€l-
len 14, bei kombinierter Behandlung von 14 FĂ€llen 13.
Schott m ĂŒ 1 1 e r - Hamburg, welcher den Begriff der Sepsis
im Gegensatz zu Lexer nicht ausschallen will, bezweifelt auch
im Gegensatz zu diesem und Buzello die Vermehrung der Bak-
terien im Blute. Es findet eine Neueiiiwanderung von einem be-
stehenden Herde aus statt, und alle Therapie ist vergeblich, wenn
es nicht gelingt, diesen Herd zu entfernen. Mit inneren Mitteln
kommen wir' dabei nicht zum Ziele. Sie können höchstens, wie
vielleicht das Vuzin, prophylaktisch wirken.
10. Jahrg. â Nr. 16/17.
K o n g r e II b e r i c Ii l e
v G a ia -GĂŒttingen betonl die gegenseitige Wechselwirkung
von Bakterien und Körperteilen. Wenn /eilen zerfallen, brauchen
die Zerfallsprodukte nicht giftig zu sein. Anders wenn Bakterien
dabei sind. Die normale Autolyse wird gestört; Es tragt sieh,
ob die Isolierung der Zerfallsprodukte auf dem von Keys« er
ungegebenen Wege zum Ziele fĂŒhren wird. Besser gelingt dies
vielleicht durch Herstellung von GewebsaĂŒtolysĂ€ten.
\\ olff -Eisner, Berlin, fĂŒhrt aus. daĂ die Gegenwart von
Bakterien im Blute nicht eine absolut schlechte 'Prognose be-
deute. Trotz Anwesenheit derselben kann sich ein solcher Krank-
heitsfall Monate hinziehen. Als körperfremdes Eiweià wirkt
jeder EiweiĂkörper, wenn er aus dem Zusammenhange mit dem
normalen Gewebe herausgerissen wird (Sperma). Er " macht
leiner auf den von I.exer nur kurz gestreiften Unterschied
zwischen Endoloxinen und Toxinen aufmerksam und erlÀutert die
anaphylaktische Wirkung.
B i e r - Berlin hebt den starken EinfluĂ der Nervenzerschnei-
dung auf das betreffende Organ hervor. Er legt auf die kolloid-
chemischen VorgĂ€nge keinen so groĂen Wert und glaubt nicht,
daĂ wir durch sie der Auffassung der lebendigen Vorgange viel
nÀherkommen werden. Durch Reizmittel können wir die chro-
nische EntzĂŒndung zur Heilung bringen. Das geeignete Test-
objekt ist die gonorrhoische GelenkentzĂŒndung. Durch Ein-
spritzung irgendwelcher Mittel können wir sie bessern. Dasselbe
wird durch die HyperÀmie erreicht, ohne daà man dabei eine
neue SchÀdlichkeit setzt.
L e x e r - Freiburg hebt im SchluĂwort noch einmal hervor,
daĂ die Bakterien im Blute sich sowohl direkt als durch Zu-
strömen aus einem Bakterienherde vermehren können.
C an o n - Berlin : Behandlung chirurgischer Infektionen mit
mitogener Vakzine.
Trotz der unbestrittenen Wirkung der autogenen Vakzine, be-
sonders bei Furunkulose und KolizysĂŒtis, die sich in zahlreichen
FÀllen bewÀhrt hat, ist die Behandlung nicht Allgemeingut der
Aerzte geworden. Dies liegt einmal an den MiĂerfolgen mit den
kĂ€uflichen Vakzinen, die . fĂ€lschlich auch auf die autogene ĂŒber-
tragen werden, zweitens in einer gewissen Schwierigkeit der
Herstellung. Diese kann dadurch hervorgerufen werden, daĂ
keine Bakterien zu erlangen sind, wenn man bei der ersten Er-
öffnung die Anlegung von Kulturen versÀumt hat. Hat man dies
getan, so kann in jedem bakteriologischen Institute die Vakzine
hergestellt werden.
M akai-Pest: Beeinflussung entzĂŒndlicher Prozesse durch
subkutane Einspritzungen eigenen Eiters.
Zuerst bei kalten Abszessen, spÀter auch bei warmen hat M.
aspirierten Eiter, zunÀchst erwÀrmten, spÀter auch nicht vorbe-
handelten subkutan appliziert und auf diese Weise durch 2â8 In-
jektionen Heilungen erzielt. Eine SchÀdlichkeit wurde durch die
Einspritzung, trotzdem der .Eiter Strepto- und Staphylokokken
enthielt, nicht gesetzt.
Go en en- Breslau bestÀtigt die gute Wirkung der autogenen
Vakzine bei Furunkulose.
N o r dm a n n- Berlin hat aus der flaut der Kranken Kul-
luren angelegt und diese ohne SchÀdlichkeit in einzelnen FÀllen
mit Nutzen eingespritzt. Die Versuche sind noch nicht abge-
schlossen. Er glaubt, daĂ es sich dabei um die antagonistische
Wirkung der verschiedenen Bakterienarten handelt.
N e ii f e . 1 d - Berlin: Die experimentellen Grundlagen der che-
mischen Antisepsis.
In den letzten Jahren hat sich ein Uebergang von der stren-
gen Asepsis zur Antisepsis vollzogen. Es sind eine Reihe neuer
Mittel entstanden. Wir befinden uns aber erst in den AnfÀngen.
Die Hauptsache ist die PrĂŒfung der Mittel durch den Tierversuch
Bereits Lettische, B r u n n e r, v. G o n z e b a c h und Ritter
infizierten Tiere mit Gartenerde, die Tetanus und Oedemsporen
enthielt, in eine Ilauttasche und retteten sie durch jodhaltige
Mittel, wie Jodtinktur, Jodalköholj Jodo- oder besser noch durch
Isoform nach :; (iâ 16â18 Stunden. Unmittelbare Ablötung der
Sporen kommt nicht in Betracht, dagegen eine entwicklungs-
hemmende und entgiftende Wirkung. Ebenso auf Entgiftung be-
ruhen Versuche von Feiler mil Trypaflavin bei Diphtherie.
Man muĂ danach streben. Mittel zu linden, die gleichzeitig auf
Anaeroben und Streptokokken wirken. Versuche mit Vuzinein-
spritzungen schlugen fehl; dagegen konnte Vuzinpulver und auch
Trypaflavin hier noch wirken. Morgenroth und seine Mit-
arbeiter konnten nach Infektion mit Ocdemsal't durch Umspritzung
um Eukupin und Vuzin die infizierten Tiere retten. Sie haben
hierdurch die experimentelle Grundlage fĂŒr die bereits vorher
von Klapp geĂŒbte Tiefenaniisep&is gegeben. Von den Chinin
derivaten ging Morge'nrölh zu den Akridinlarbslofl'en Qbei
und schuf aus dem Trypaflavin das BivĂŒnol, dessen Wirkung
bedeutend StÀrker, als die des Yuzins ist. Neu leid seilet
machte im Verein mit Reinhardt Versuche mil HĂŒhner-
cholerabazillen und Pneumokokken. Hei Verwendung von Trvpa
l'lavin in Lösung von I 1000, von Sublimat I : 1000. von 10 pro/
Arg. nitricum gelang es noch nach '21 Stunden beinahe die HĂ€lfte
der Tiere zu retten, wÀhlend die Kontrollliere in 2 '.'< Tagen
starben. Mit dem P.ivanol wurden durch W rcschner beson-
ders gĂŒnstige Resultate bei Slaphvlokokkcninlcklionen erzielt.
Die Wirkung dieser Mittel auf die Bakterien ist nicht etwa als
eine Reizwirkung aufzufassen. Besonders merkwĂŒrdig ist die
starke Wirkung der SpĂŒlungen. Wahrscheinlich wird das Millel
in den Wunden aufgespeichert und kommt so noch spÀter zur
Wirkung. Jedenfalls berechtigen die Versuche zu weiterer An-
wendung besonders des Trypaflavins und des Rivanols. Sie
lehren ferner die Wichligkeil solcher Versuche und lassen die
Forderung der PrĂŒfung der Millel durch Tierversuche als ge-
rechtfertigt erscheinen.
Klapp- Berlin: Tiefenantisepsis.
Die alte Antisepsis wirkte durch Gewebszerstörung. Es be-
stand kein groĂer Unterschied zwischen Antisepsis und Aelzung.
Auf solche Weise wirkle auch die D a k i n sehe Lösung. Die
wÀhrend des Krieges inaugurierte neue Antisepsis mit Vuzin ist
jetzt durch das Rivanol vervollkommnet. Es gelang Abszesse
und Gelenkempyeme zu heilen, auch bakteriologisch. Es gibl
kein Mittel, welches die Gewebe völlig intakt lĂ€Ăt. Die SchĂ€di-
gungen durch das Rivanol sind aber sehr gering. Gute Erfolge
wurden auch mit dem Rivanol bei Umspritzung von gonorrhoi-
schen Gelenken erzielt (paraartikulÀre Einspritzung einer Lösung
von 1 : 1000). Die Indikationen fĂŒr die OberflĂ€chen-, Tiefen- und
llöhlenantisepsis sind nicht abgeschlossen. Kontraindiziert ist
ihre Anwendung bei Zirkulationsstörungen, bei Lappenwunden,
bei Plastiken, Vorsicht bei entzĂŒndlich infiltriertem Gewebe, nicht
anzuwenden ist sie bei Blutleere. Dagegen kann sie verwendel
werden prophylaktisch bei aseptischen Operationen. Einklamme-
rige Mastitiden heilen unter Rivanolbehandlung. Die infiltrieren
den, nekrotisierenden Formen mĂŒssen chirurgisch behandelt wer-
den. Erysipel ist nicht fĂŒr die Behandlung geeignet. Besonders
gut werden Gelenkempyeme beeinfluĂt, wie die Erfahrungen an
8 groĂen Gelenken zeigen. Lieber Pleura und Bauchhöhle hat
Redner wenig Erfahrung. Nackenkarbunkel, Panaritien sind
geeignet.
V öl ck e r - Halle halte ebenfalls mil Rivanol gute Erfolge,
so bei heiĂen Abszessen, obwohl es ihm fraglich erscheint, ob
hier nicht eine lnzision mehr am Platze ist. Gule Erfolge hatle.
auch er bei Gelenkeiterungen Knie- und Handgelenk;. Eine in-
fizierte Beilhiebverletzung des Kniegelenkes wurde vernÀht und
mit Erfolg mil Rivanol behandelt, desgleichen Furunkel, Perio-
slitidcn. Dagegen versagte das Rivanol bei Empyemen.
Sc h ö n e- Stettin hat einzelne erhebliche funktionelle SchÀdi-
gungen gesehen und mahnt dabei- zur Vorsicht. Bei der Beur-
teilung der Resultate spielt auch die sonst gewohnte Wund-
behandlung eine Rolle. Es isl nicht mit Sicherheit festzustellen,
ob Klapp nicht auch ohne Vuzin dieselben guten Resultate ge-
habt hÀtte. Wir sind erst am Anfange der Verwendung des
Mittels, mit dem wir weitere Erfahrungen sammeln mĂŒssen, ehe
wir zu definitiven SchlĂŒssen kommen.
v. K i s h a 1 m y - Halle berichtete ĂŒber gĂŒnstige Erfolge bei
Parametritiden. Ă(j FĂ€lle zeigten nach 3â5 SpĂŒlungen nach 5 bis
12 Tagen unter lytischer Entfieberung Heilung. 12 Gelenkmeta-
stasen sind geheilt. Nach der 5. Einspritzung bestanden noch
subfebrile Temperaturen, welche ersl nach Entfernung der Fibrin-
gerinnsel durch KochsalzspĂŒlungen schwanden. Bei offenen
Wunden und Fisteln, die nicht geschlossen werden konnten, keine
Erfolge, 5 rezidivierende Empyeme der Pleura kamen zur Hei-
lung, welche vorher auf der inneren Abteilung mil Punktionen
behandelt waren. FĂŒr urologische FĂ€lle isl das Rivanol nicht
geeignet. Eine GewebsschÀdigung konnte in den PrÀparaten von
C.elenkempyemen, die an PyÀmie zugrunde gingen, nicht fest-
gestellt werden. Die Vorteile des Verfahrens bestehen in der
schmerzstillenden Wirkung, der AbkĂŒrzung der Zeil und der
guten funktionellen Heilung
R o s e n st ein - Berlin betont, (biĂ es sich um ein Desinfek-
tionsmittel, kein im Sinne der Proleinkörper wirkendes Reizmittel
handell, dessen Wirkungsweise er bei lÀngerer Anwendung
immer mehr schÀtzen lernt. Auch bei fortschreitenden Phleg-
monen. Mastitiden bat er gule Erfolge gehabt. In einem Falle
352
KongreĂberichte
10. Jahrg. â Nr. 10/17
von Erysipel heilte dasselbe nach Umspritzung ab. Gute Erfolge
halte er auch bei einer Holzphlegmone.
\\ e s s e 1 y - WĂŒrzburg hat die Heizwirkung an der Kon*
junktiva des Auges durch Feststellung der anhaltenden EntzĂŒn-
dung und des EiweiĂgehalles des Liquors bestimmt. Er hat
Sublimat 1 : 50(X) und Asterol 1:500 miteinander verglichen und
die L'eberlegenheil des Aslerols gegenĂŒber dem Sublimat fest-
gestellt. Auch zeigte sich eine bedeutend geringere Reizwirkung
nach Anwendung des Rivanols, als nach Vuzin.
Kausch - Berlin hatte von Vuzin keine Erfolge gehabt, wohl
aber von Rivanol.
Hahn -Berlin betont, daĂ die Desinfektionsmittel nicht die
Keime töten, sondern sie schÀdigen. Der Organismus tut dann
das seinige, um mit den Keimen fertig zu werden. In zahlreichen
Versuchen hat er die Resistenz der Keime gegenĂŒber den Anti-
septizis nachgewiesen. SeidenfÀden mit Kulturen wurden mit
Sublimat, KarbolsÀure, Trypaflavin u. a. behandelt, dann von dem
Antiseptikum befreit und auf Tiere verimpft. Sie zeigten sich
trotzdem nach einiger Zeit noch virulent. Wir mĂŒssen die Hoff-
nung auf eine Abtötung der Keime aufgeben.
Bier -Berlin hat seinerzeit ĂŒber gute Erfolge mit dem
Eukupin" und Vuzin berichtet, wĂ€hrend ihm ĂŒber das Rivanol
keine Erfahrungen zu Gebote stehen. Er empfiehlt auch die Be-
handlung des heiĂen Abszesses mit dem Mittel, da es dem Kran-
ken eine Narbe erspart. Betreff der Heilung des Erysipels ist er
skeptisch, da dieselbe nach Umspritzung mit allen möglichen Lö-
sungen aufhört oder weilergeht.
Morgenrolh- Berlin hebt noch einmal hervor, daĂ es sich
um keine Reizwirkung, sondern um eine reine Desinfektions-
wirkung handelt. Bei den Versuchen von Wessely spiele
auĂer dem Reize auch eine Druckwirkung eine Rolle. Er weist '
auch auf die Wirkung des Rivanols gegenĂŒber Staphylokokken
hin. Er empfiehlt das Mittel zur WeiterprĂŒfung.
M ĂŒ 1 1 e r - Rostock hĂ€lt die metastatisch erkrankten Gelenke
nicht fĂŒr ein gutes Testobjekt, da sie sehr verschieden auf die
Krankheit reagieren. Auch er glaubt an die Wirkung der PrÀ-
parate, will aber noch zu keiner definitiven Beurteilung schreiten.
St ein mann -Bern hat vor 8 Jahren die gasförmige Anti-
sepsis, bei welcher ein kontinuierlicher Strom von Sauerstoff in
die Gewebe geleitet wird, empfohlen. Man kann den Sauerstoff
mit Jod oder Formalin ImprÀgnieren, indem man ihn durch eine
entsprechende FlĂŒssigkeit leitet, und so die Wirkung noch ver-
stÀrken.
B a u m a n n - Watlwil betonl die gĂŒnstigen Erfahrungen, die
er mit dem Pyoktanin gemacht, dessen Wirkung er auch dem
Trypaflavin gegenĂŒber fĂŒr besser hĂ€lt. Auch von der Tiefen-
anlisepsis mit Vuzin, selbst im klinischen Betriebe, ist er voll-
kommen wieder abgekommen.
Fischer- Frankfurt a. M. berichtet ĂŒber gĂŒnstige Erfah-
rungen, hatte aber auch einzelne Vergiftungserscheinungen, wie
Nierenreizungen .beobachtet. In einem Falle von HĂŒftgelenks-
punktion kam es zu einer Epiphysenlösung.
N e u f e 1 d - Berlin : SchluĂwort.
Lichtbilderabend.
R o s t- Heidelberg: Die sog. traumatische Sklerose des Fett-
körpers am Knie (Hoff a).
Es werden an einer Reihe von Bildern die verÀnderten Fett-
körper gezeigt. Einklemmungserscheinungen sehr selten. Oft
ein geringfĂŒgiges Trauma die Ursache (Verstauchung, hĂ€ufiges
Knieen). Man findet die Prozesse auĂerordentlich hĂ€ufig im Knie.
Bei Personen bis zum 40. Jahre in 35 Prozent, bei Leuten ĂŒber
10 Jahre sogar in 95 Prozent. In einem Falle lag eine starke
Blutung bei Endokarditis vor. Die Therapie hat in KrÀftigung
der Muskulatur zu bestehen, nach vorheriger Ruhigstellung.
Ei seh- Berlin: Seltene Röntgenbilder aus dem Gebiet der
Knochen- und Gelenkstuberkulose.
Schwierigkeit der Differentialdiagnose zwischen Ostitis
fibrosa und Tuberkulose im Röntgenbild, es sei denn, daĂ AbszeĂ-
schatlen auf Tuberkulose hinweisen. Ebenso kann die Differen-
lialdiagnose zwischen Osteomyelitis und Tuberkulose im Röntgen-
bild Schwierigkeiten bereiten. Die starke Verdickung des Periost
weist auf Tuberkulose hin. Neu Gelenksbildung bei HĂŒftgelenks-
tuberkulose mit Bildung eines neuen Kopfes.
Löf II er -Halle: Demonstration tuberkulöser Senkungs-
abszesse im Röntgenbild.
Entleerung der Abszesse durch Funktion und FĂŒllung mit
einer Bismut-Kochsalzlösung.
K I <> s «⹠- Frankfurt a. M.: Zur Chirurgie der Karotisdriisen.
Diagnostisch kommt die gute laterale Verschieblichkeil, die
schlechte vertikale, ferner der Silz auf der linken Seite und die
StimmhandlÀhmung in Betracht. Die Therapie soll nicht etwd
in Röntgenbestrahlung, sondern in Exstirpation bestehen. Von
70 FĂ€llen zeigten nur 3 örtliche Rezidive. Die GeschwĂŒlste sind
meist gutartig. Sie zeigen keine Abweichung von dem normalen
Bau der KarotisdrĂŒse.
Flesch-Thebesius - Frankfurt a. M.: Operativ bestÀtigte
GeschoĂwanderung im Seitenventrikel.
Starke Kopfschmerzen veranlaĂten die erneute Röntgenauf-
nahme eines Kranken mit SchĂ€delsteckschuĂ. Die verĂ€nderte
Lage des Geschosses gegen frĂŒher lieĂ die Wanderung im Seiten-
ventrikel um 7 cm nach hinten wahrscheinlich machen. Um dies
festzustellen, wurde in einem Leichenhirn in den Ventrikel an
den betreffenden Stellen je eine Kugel gelegt und dann das Ge-
hirn wieder in den SchÀdel gesteckt. Die Aufnahmen ergaben
den gleichen Sitz der Geschosse, wie bei der ersten und zweiten
Aufnahme. Die Operation bestÀtigte den Sitz des Geschosses an
der erwarteten Stelle.
R o s e n s t e i n - Berlin: Der Wert der Pneumoradiographie
fĂŒr die Nierendiagnostik.
In Seilenlage werden 500â600 cem Sauerstoff in die Fell-
kapsel der Niere injiziert. Die Nadel wird senkrecht unterhalb
der 12. Rippe in der Höhe des ersten Lendenwirbels einge-
stochen. Man muĂ sich versichern, daĂ kein Blut und kein Urin
(Hydronephrose) aus der Nadel flieĂt. Dann wird der Sauerstoff
durch eine Vorrichtung, wie sie fĂŒr den kĂŒnstlichen Pneumo-
thorax v. B r u n e r angegeben, eingespritzt. Bei Schmerzen soll
man aufhören. Das klare Bild der Niere und Nachbarorgane wird
an einer Reihe von Bildern vorgefĂŒhrt.
B o e n i n g h a u s - Halle bedient sich eines etwas anderen
Apparates, aber im wesentlichen derselben Technik. Er berichtet
ĂŒber einen Fall von plötzlichem Kollaps, der durch Herzmassage
ĂŒberwunden wurde. Er zeigte mehrere Darstellungen der Neben-
niere und betont die fĂŒr die Diagnose oft wichtige Gleichzeitig-
keit der Pyelographie. Die Kranken klagen nach der Aufnahme
oft ĂŒber einen anginaĂ€hnlichen Schmerz, der wohl dadurch her-
vorgerufen wird, daà Luftblasen lÀngs der Aorta bis in die
Rachengegend steigen.
M o s e n t h a 1 - Berlin betonl die Bedeutung der Methode fĂŒr
die Darstellung des oberen Nierenpols und der Nebenniere
Letztere, welche rechts kuppenförmig auf dem Nierenpole sitzt,
links mehr sichelförmig neben der Niere sitzt, ist gut darzustellen.
Ihre VergröĂerung in einem Falle von sexueller Umstellung wird
im Röntgenbilde gezeigt.
O e h 1 e e k e r - Hamburg zeigt mehrere operativ beseitigte
Versteifungen des Kniegelenks und eine gelungene Gesieht*-
plastik, bei der 33 operative Eingriffe, darunter 5 Auto- und
5 Alloplasliken vorgenommen waren.
E e k s t e i n - Berlin zeigt eine gelungene Paraffinplastik bei
Hypoplasie des Unterkiefers. Er benutzt das von ihm empfohlene
Hartparaffin mit einem Schmelzpunkt von W) Grad. Um das Zu-
rĂŒcksinken des Kinns zu vermeiden, muĂte er in diesem- Falle
noch eine kleine plastische Operation zufĂŒgen, einen Querschnitt,
den er in LÀngsrichtung vernÀhte.
Axhausen - Berlin demonstrierte mehrere FĂ€lle von
Köhlerseher Krankheit, in denen er die erkrankte Stelle rese-
ziert und nun die verÀndert'M Teile demonstrieren konnte,, die
eine weitere StĂŒtze seiner Aroeiten auf diesem Gebiete ergaben.
KÀppis -Kiel. Frakturen und Höhlenbildung in den Hand-
wurzelknoehen.
Diese oft zufÀllig gefundenen Höhlenbildungen sind entweder
traumatischen Ursprungs infolge von Frakturen oder Reste von
Arthrititiden, von denen das Handgelenk oft befallen wird. âą
K o tz e n b c r g - Hamburg: Die Ausnutzung des Amputations-
stumpfes.
Kinemalographische VorfĂŒhrung des S a u e r b r u c h sehen
Armes unter Anwendung des Prinzips der Muskelsperrung und
der Kanalbildung.
S e i f e r t - WĂŒrzburg. Pericolitis membranaeea.
Bau der Membranen, die GefĂ€Ăverteilung spricht gegen
entzĂŒndliche Bildungen. Es handelt sich um embryonales Ge-
webe. Die Membranbildung ist bei dem Deszensus des Zoekums
entstanden. Sie lĂ€Ăt sich ohne Blutung vom Darm ablösen.
(Fortsetzung folgt.)
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des praltnsclien Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von HANS PUSCH. Berlin SW 46, Wilhelm ~ Strafe 25 / Fernsprecher- Lutzow 9057
Berlin, den 10. Mai 1922 40. Jahrgang
Nr. 18/19
Dar Verlag behĂ€lt sieh das ausschlieĂliche Recht der
Aus der Kinderklinik des Krankenhauses Altstadt (Magdeburg).
Dir. Prof. Dr. H. Vogt.
Beobachtungen bei SĂ€uglingsskorbut.
Von Dr. GrÀvinghoff.
Die UmstÀnde, die wÀhrend des Krieges zum Auftreten
von Skorbut gefĂŒhrt haben, dauern offenbar auch jetzt noch
an, da von den verschiedensten Seiten berichtet wird, daĂ
immer wieder neue SkorbutfÀlle beobachtet werden. Die
Bestrebungen, einen Skorbut verhĂŒtenden Stoff zu finden,
der zum regelmĂ€Ăigen Bestandteil der Nahrung jedes kunst-
lich genÀhrten SÀuglings gemacht werden könnte, sind noch
nicht erfolgreich gewesen. Es kommt also weiter darauf an,
genĂŒgende Kenntnis des SĂ€uglingsskorbuts zu erwerben, um
ihn frĂŒhzeitig zu erkennen und der geeigneten Behandlung
zufĂŒhren zu können. DaĂ sich dabei Schwierigkeiten er-
geben, ist immer wieder betont worden und leuchtet beson-
ders ein, wenn man die groĂe Liste der verschiedenartigsten
Krankheitsbilder kennt, unter denen sich schon bereits voll-
entwickelte SkorbutfÀlle des SÀuglings versteckten.
Wir beobachteten in der Zeit vom September 1916 bis
Oktober 1919 9 FĂ€lle, die meist in der Klinik auftraten, vom
April 1920 bis Februar 1922 31 einwandfreie FĂ€lle und zwar
5 auĂerhalb der Klinik, wĂ€hrend 26 des Skorbuts wegen zur
Aufnahme kamen. Von diesen 26 FĂ€llen hatten 21 vorher in
Ă€rztlicher Behandlung gestanden, nur 3 von diesen waren als
SkorbutfÀlle erkannt worden, obwohl es sich meist um
schwere ausgebildete Krankheitsbilder handelte. In 5 FĂ€llen
wurden die SÀuglinge zum Zwecke orthopÀdischer oder chi-
rurgischer Behandlung ĂŒberwiesen, einmal war ein Gipsver-
band angelegt worden, einmal hatte der behandelnde Arzt
das angeschwollene Zahnfleisch des Oberkiefers hinter den
SchneidezÀhnen inzidiert.
In etwa ein Drittel der FĂ€lle fĂŒhrte die Verkennung der
Krankheit zu sehr schweren Erscheinungen, die monatelanger
Behandlung bis zur Heilung bedurften, und 2 FĂ€lle kamen
in, so schwerem Zustand zur Aufnanme, daĂ innerhalb der
ersten 24 Stunden der Tod eintrat. Ein dritter Fall starb
nach 6 Tagen.
Da nun die Behandlung des SĂ€uglingsskorbuts so ein-
fach und selbst bei schweren FĂ€llen so erfolgreich ist, wird
mit Stellung der Diagnose die Hauptarbeit geleistet. Es er-
gibt sich daraus die Notwendigkeit, nachzuforschen, woran
die rechtzeitige Erkennung der Krankheit immer wieder
scheitert. Die hauptsÀchlichsten Schwierigkeiten sind be-
reits von zahlreichen KinderÀrzten bis ins Kleinste ange-
geben und liegen in Hand- und LehrbĂŒchern und in Einzel-
darstellungen anscheinend fĂŒr den Praktiker vergraben.
Schon aus diesem Grunde muĂ immer wieder darauf hin-
gewiesen werden und aus diesem Grunde halten wir auch die
Mitteilung unserer Erfahrungen fĂŒr berechtigt.
Zur Diagnose des Skorbuts bemerkt« Heubner, daĂ
âman die Krankheit nicht ĂŒbersehen wird, wenn man immer
an die Möglichkeit ihres Vorhandenseins denkt", und die
Möglichkeit ist, wie gesagt, in letzter Zeit gegen frĂŒher er-
heblich gröĂer geworden.
Dann ist es aber vor allen Dingen die Verwechslung mit
der Rachitis, die zum Uebersehen besonders der leichten FĂ€lle
fĂŒhrt, wie wir an unseren Beobachtungen immer wieder fest-
stellen konnten. Die Ansicht, daĂ ein rachitisches Kind beim
Aufheben schreit oder empfindlich an den Beinen ist, scheint
so verbreitet zu sein, daà eine andere ErklÀrung der von der
Mutter angegebenen Schmerzen nach AusschluĂ eines
Knochenbruches u. a. garnicht in Betracht gezogen und so
in einem groĂen Teil der FĂ€lle der Skorbut ĂŒbersehen wird.
Es genĂŒgt also, nicht, wenn Heubner darauf hinweist,
daĂ rachitische Kinder gewöhnlich bei BerĂŒhrung des Brust-
korbes schreien, viel seltener an den Beinen empfindlich sind,
es genĂŒgt auch nicht die Betonung der Tatsache, daĂ Rachitis
meist neben Skorbut vorhanden ist, also eher zum Fahnden
auf Skorbut fĂŒhren sollte, statt zur Beruhigung, sondern es
muĂ einmal deutlich gesagt werden, daĂ ein rachitischer
SĂ€ugling, bei dem nicht gerade ein Knochenbruch oder
Knocheneinbruch vorliegt, niemals diesen Grad der Empfind-
lichkeit zeigt,, wie ein an Skorbut erkrankter. Der Rachitiker
ist hĂ€ufig miĂlaunisch, bleibt gern in Ruhe liegen, er fahrt
aber nicht mit einem Wehgeschrei auf, sobald man nur die
FĂŒĂe anrĂŒhrt, ja sobald man nur den Versuch macht, die
Bettdecke zu heben, wie wir es mehrfach bei skorbutkranken
SĂ€uglingen sahen, die miĂtrauisch jeden mit den Augen ver-
folgen, der an ihr Bett tritt, und. mit rĂŒhrender Aengsthchkeit
die Bettdecke festzuhalten versuchen, um das nahende Un-
heil hinauszuschieben. In fast allen unseren FĂ€llen war es
diese Schmerzhaftigkeit der Beine oder eines Beines, die die
Mutter zum Arzt gefĂŒhrt hatte, und zwar zu einem verhĂ€lt-
nismĂ€Ăig frĂŒhen Zeitpunkt der Krankheit, so daĂ uns dieses
Zeichen fĂŒr die frĂŒhzeitige Erkennung bei weitem am wich-
tigsten erscheint. Die bezeichnende Haltung â Anziehen an
den Bauch â und eine sichtbare Anschwellung der Beine
können ebenso wie Zahnfleischblutungen noch fehlen, wenn
man bereits am distalen Ende des Oberschenkels die Umrisse
des Knochens insofern verĂ€ndert fĂŒhlt, als beim Streichen
in der Richtung von der Diaphyse zur Epiphyse der schlanke
Knochen nicht mehr in schönem Schwung zur Epiphysen-
linie auslÀdt, sondern sich langsam aber deutlich bis zur
Epiphysen -Breite verdickt, und damit, zumal beim ver-
gleichenden BefĂŒhlen, den Eindruck einer Vermehrung
seines Umfanges erweckt. Haut und Unterhautfettgewebe
sind dabei anscheinend noch unverÀndert. Am Unter-
schenkel fÀllt meist auf, daà das Fibulaköpfchen stÀrker vor-
springt und das untere Drittel verdickt ist. Man kann beim
BefĂŒhlen die beiden Knochen nicht mehr so deutlich von-
einander trennen, das Zwischengewebe fĂŒhlt sich fester an
als gewöhnlich. Besonders ist dies bei mageren SÀuglingen
deutlich und war in mehreren FĂ€llen der einzige deutliche
Befund am Skelett. Die Ursache fĂŒr das stĂ€rkere Vorsprin-
gen des Fibulaköpfchens liegt, wie in schweren FÀllen im
Röntgenbild deutlich war, in einem Auseinanderweichen der
beiden Knochen oder einem AbgedrÀngtsein der Fibula im
proximalen Teil, wofĂŒr wieder entweder die Verdickung der
Gegend der Epiphysenlinie oder periostale Blutungen als Ur-
sache in Betracht* kommen. Im Röntgenbild waren jedoch
Blutungen unter das Periost nicht sicher erkennbar, wohl
aber konnte als Ursache der Verdickung des Unterschenkels
im unteren Drittel eine im Röntgenbild deutliche Periostab-
hebung mehrfach erkannt werden. HĂ€ufig wies ein aus-
gesprochenes Schattenband der Epiphysenlinie auf skorbu-
tische VerÀnderungen in diesem Teil des Unterschenkels hin.
Auch am Oberschenkelknochen war, dem bereits angefĂŒhrten
FĂŒhlbefund entsprechend, im Röntgenbild eine leichte
354
Grevinghoff : SĂ€uglingsskorbut
40. Jahrg. â Nr. 18/19.
Bild 1: Skorbutkranker SĂ€ugling:
Vorspringen des Fibalaköpfchens
besonders rechts.
Periostabhebung sichtbar, meist jedoch war gleichzeitig mit
dieser bereits eine betrÀchtliche Weichteilschwellung des
Oberschenkels vorhanden. Ob ĂŒberhaupt das Röntgenbild
gerade fĂŒr die frĂŒhzeitige Erkennung viel leisten wird, er-
B i I (I 2: Entsprechendes Röntgenbild zu Bild 1.
scheint fraglich, da wir ausgesprochene Fidle ohne einleuch-
tenden Röntgenbefund mehrfach beobachtet haben. In einem
FÀll fanden wir trotz stÀrkster Schwellung des rechten Ober-
schenkels anfangs im Röntgenbild au diesem keine VerÀnde-
rungen, eist nach mehreren Wochen lieh sich der wohl von
Anfang an vorhandengewesene betrĂ€chtliche BluterguĂ
unter das Periost darstellen, wÀhlend wir an dem linken
Oberschenkel, der nicht deutlich geschwollen war und
den oben beschriebenen FĂŒhlbefund ohne Beteiligung der
darĂŒber liegenden Gewebe aufwies, eine deutliche Periostab-
hebung feststellten.
Diese Röntgenbefunde fĂŒhren wir nur an, um zu be-
weisen, dali den fĂŒr die frĂŒhzeitige Erkennung als wichtig
bezeichneten Tastbefunden in unseren FĂ€llen auch eine ana-
tomische Grundlage zukam. Man sollte daher immerhin-
auch in frĂŒhen FĂ€llen das Röntgenbild als Hilfsmittel zur
Sic herung der Diagnose heranziehen, zuweilen klÀrt es doch
die Lage. ĂuĂer den Schmerzen an den Beinen beobachteten
in einigen FĂ€llen die MĂŒtter auch Schmerzen in den Annen,
an denen sich dann ziemlich deutliche Schwellungen der
Epiphysengegend der Handgelenke fanden, die im Verein mit
einem ausgesprochenen Rosenkranz die Schwierigkeiten der
Abgrenzung gegen die Rachitis wohl verstÀndlich machen
Jfc . ]
Bild :». Skorbutkranker SÀugling.
Röntgenbild: Epiphysenlösung am linken Oberschenkel.
Starker, im Verknöchern begriffener subperiostaler Blut-
erguĂ. GebrauchsfĂ€higkeit des Beines nach 1 Jahr. Kind
lÀuft an einer Hand.
konnten. Weih man jedoch, daĂ es, worauf besonders H e Ii
hingewiesen hat, auĂer einem rac hitischen auch einen gar-
nicht seltenen skorbutischen Rosenkranz gibt, und daĂ dieses
sich dadurch von dem rachitisc hen unterscheiden soll, daĂ
der dem Brustbein nahe Rippenteil deutlich tiefer liegt als
der knöcherne, daà also eine Abknickung der Rippen an der
Knochenknorpelgrenze stattfindet und hei ausgesprochenen
FĂ€llen das Brusthein einsinkt, so wird man auch in solchen
FĂ€llen nicht nur ausschlieĂlich an Rachitis denken. Wir
konnten in 1?> FĂ€llen einen Rosenkranz feststellen, der dieser
Schilderung des ..skorbutischen Rosenkranzes"' entsprach.
Bild I: Lichtbild zu Bild .;.
40. Jahrg. â Nr. 18/19.
GrÀvinghoff: SÀuglingsskorhut
355
Nach Erhebung der Vorgeschichte und Untersuchung
des Skeletts gilt der nÀchste Blick dem Zahnfleisch vor und
hinter den ZĂ€hnen, besonders der Zunge und dem Gaumen,
wo man schon frĂŒhzeitig feinste Blutungen finden kann.
Auch auf der Bindehaut der Lider kommen sie vor, wÀhrend
Hautblutungen, VerfÀrbung des oberen Augenlides, Blutungen
aus dem Gehörgang, hinter dem Trommelfell, aus der Nase,
der Scheide erst spÀter oder in bereits deutlicheren Fidlen
vorhanden waren. SchlieĂlich wird man immer daran den-
ken mĂŒssen, den Urin zu untersuchen, und den Befund von
mehreren (4 â 6) Erythrozyten in jedem Gesichtsfelde des
Sediments als unterstĂŒtzend fĂŒr die Diagnose heranziehen
können. Auf eine stÀrkere HÀmaturie wird man im Anfang
nach unseren Beobachtungen bei diagnostisch schwierigen
FÀllen nicht oft rechnen können, da 5 FÀlle mit starker
HĂ€maturie und vereinzelten Zylindern im Urin zwar angeb-
lich erst 1 â 4 Wochen krank waren, dabei aber schon so
ausgeprÀgte sonstige Zeichen von Skorbut aufwiesen, daà die
HĂ€maturie fĂŒr die Diagnose nicht mehr entscheidend war.
AuĂerdem entsprach der Grad der HĂ€maturie in den ĂŒbrigen
FĂ€llen nicht der Schwere des Falles.
Ferner ist fĂŒr die Frage der FrĂŒhdiagnose ein Zustand
von Wichtigkeit, der sogenannte âlatente Skorbut", den
amerikanische Autoren bei ErnÀhrung mit pasteurisierter
Milch gesehen haben und der mit Reizbarkeil, eigentĂŒmlich
erdiger Hautfarbe, Gewichtsstillstand, Beschleunigung von
Puls und Atmung und geringem Oedem ĂŒber den Tibien
einherging. DaĂ alle diese Zeichen als Vorboten des Skorbut
auftreten können, erscheint nicht zweifelhaft, zumal sie auch
bei ausgebildeten FĂ€llen vorhanden sind. Ueber die ange-
gebene Beschleunigung des Pulses können wir im allgemeinen
sagen, daĂ bei SĂ€uglingen zwischen 6 und 8 Monaten einer
Temperatursteigerung von durchschnittlich 38° eine Puls-
zahl von 120 bis 130 in der Minute entsprach, wÀhrend die
Atmung weniger beschleunigt erschien. In einem Fall, der
sich unter unseren Augen entwickelte, wenige Tage nachdem
der Nahrung Citronensaft beigegeben war, wurde schon Tage
zuvor eine der Temperatur nicht entsprechende Beschleuni-
gung des Pulses bemerkt, z. T. ĂŒber 160 PulsschlĂ€ge in der
Minute bei durch schnittlich 38,5 0 Fieber und 80 AtemzĂŒgen
in der Minute.
Neben der bei ausgebildeten FĂ€llen schon immer be-
tonten, meist der AnĂ€mie zugeschriebenen, eigentĂŒmlichen
Hautfarbe fiel uns besonders die trockene und rauhe Be-
schaffenheil der Haut auf, die bei lÀngerer Krankheitsdauer
besonders ausgeprÀgt war.
Im ĂŒbrigen sind uns einwandfreie FĂ€lle von latentem
Skorbut auch in den Beratungsstunden der SĂ€uglingsfĂŒr-
sorge nicht zu Gesicht gekommen, wÀhrend mehrere FÀlle
von beginnendem Skorbut bei dieser Gelegenheit entdeckt
wurden, die als Hauptkennzeichen Schmerzempfindlichkeit
der Beine mit oder ohne Schwellung aufwiesen. Sie fanden
zum Teil durch weitere, in den nÀchsten Tagen auftretende
skorbutische Zeichen, ausnahmslos aber durch den schnellen
Erfolg der Verabreichung von Zitronensaft ihre BestÀtigung.
Sollten trotzalledem noch Zweifel an der Richtigkeit der
Diagnose bestehen bleiben, so wird man letzten Endes aus
dem Erfolg einer eingeleiteten Behandlung GewiĂheit
schöpfen können.
Sobald Skorbut nicht einwandfrei ausgeschlossen wer-
den kann, soll man die Milchquelle wechseln, GemĂŒse der
Nahrung zufĂŒgen und vor allen Dingen Citronensaft geben.
Die Zugabe von tÀglich 5 Teelöffeln frischen Citronensaftes
zur gemischten Kost hat sich selbst in schweren FĂ€llen jeder
anderen Art der Vitaminzufuhr als ĂŒberlegen erwiesen.
Frischer MohrrĂŒbensaft, Tannennadeltee, Kartoffelbrei u. a.
leisten nach miserer Erfahrung keinegswegs das gleiche wie
Citronensaft, der auch neutralisiert und intravenös gegeben,
in einem sehr schweren, kachektischen Fall das Kind ĂŒber
den anfangs stÀndig drohenden Zusammenbruch hinweg-
brachte und zu weiterer Behandlung Gelegenheit gab.
Die Darreichung von Vitaminen als Heilmittel behaup-
tet also in der Behandlung nach wie vor ihren Platz, ebenso
wie die Auffassung, daĂ ungenĂŒgender Vitamingehall d<T
Nahrung die Krankheil herbeifĂŒhrt. Nach all den Ergeb-
nissen der experimentellen Forschung der letzten Zeit wird
wohl die Bedeutung des Vitaminmangels kaum mehr ange-
zweifelt werden. Dagegen ist die Frage heute noch offen,
welche Bedeutung einer angeborenen und zumal einer er-
worbenen Bereitschaft fĂŒr die Entstehung des Skorbuts zu-
kommt.
Seit F i n k e 1 s t e i n s Gcsehwisterbeobac htung haben
sich noch verschiedene Autoren bei dem Versuch einer Ur-
sachenerklĂ€rung auf eine âindividuelle Disposition" zurĂŒck-
ziehen mĂŒssen, deren nĂ€here Art allerdings unklar ist, wie
Finkelstein schreibt.
Hierbei ist zu betonen, daĂ man die Angaben ĂŒber die
ErnĂ€hrung der Kinder wie âgemischte Kost", âBeikost", an-
scheinend âvitamin- und abwechselungsreiche Kost" der
schĂ€rfsten UeberprĂŒfung unterziehen muĂ, ehe man Vitamin-
mangel als Ursache ausschaltet und eine angeborene oder
erworbene Bereitschaft mit in Rechnung stellt. Eine solche
Kost kann sehr wohl so vitaminarm sein, daĂ sie Skorbut
hervorruft oder einen bereits in Entwicklung begriffenen
Skorbut nicht am Ausbruch hindert. Erst letzthin beobach-
tete Prof. Vogt ein 9 Monate altes, 6 Wochen an der Brust
ernĂ€hrtes Kind, daĂ angeblich seit dem 7. Monat âalles mit
aĂ", bis auf gelegentliche Stuhlverhaltung geregelte Ver-
dauung hatte und doch an Skorbut erkrankte. Es erhielt
auĂer etwra 300 g Milch aus einer Molkerei (siehe spĂ€ter)
noch Brei und GemĂŒse, das aber etwa % Stunde lang gekocht
war. Weiter beobachteten wir bei einem 14 monatlichen
Kinde 6 Monate nach Entlassung aus der Klinik einen RĂŒck-
fall, einem Kinde, dem die Mutter wohl fleiĂig GemĂŒse ge-
geben hatte, jedoch hatte sie das Kochwasser regelmĂ€Ăig
weggegossen. Hieraus ist einmal ein RĂŒckschluĂ auf die
Vitaminarmut der hierorts verbrauchten Milch erlaubt und
ferner die Tatsache bemerkenswert, daĂ eine âgemischte
Kost" nicht unbedingt hinsichtlich ihres Vitamingehalts aus-
reichend sein muĂ. Immerhin bleiben noch FĂ€lle genug
ĂŒbrig, in denen die Angabe des Kinderarztes ĂŒber die ErnĂ€h-
rung hinreicht, diese Fehlerquellen auszuschalten.
Die Erhebungen ĂŒber die Familiengeschichte liefern nach
Finkelstein keine feststehenden Eigenheiten; erfah-
rungsgemÀà bereiten schwÀchende Krankheiten wie Tuber-
kulose, Lues u. a., schwere und lang dauernde Infektionen
und ebensolche ErnÀhrungsstörungen der Krankheit den
Boden. Hart und Les sing meinen, daĂ das Wesen der
allgemein anerkannten Krankheitsbereitschaft mancher Kin-
der auch deshalb schwer zu bestimmen sei, weil noch mit
mancherlei anderen dunklen EinflĂŒssen zu rechnen sei. Nach
ihren Versuchen gibt es bei Tieren eine deutliche Bereitschaft
sowohl der Art wie des Einzelwesens. In neuerer Zeit hat
Stolte wieder darauf hingewiesen, daĂ trotz der wichtigen
Rolle der âExtraktstoffe" auf die Annahme einer âindividu-
ellen Disposition" nicht verzichtet werden kann, er denkt da-
bei einmal an die Möglichkeit eines zu geringen Vorrats
lebenswichtiger Stoffe im Körper oder an eine Störung in
der Resorption und der weiteren Verwertung der nur in un-
zulÀnglichen Mengen angebotenen Stoffe. Auch glaubt er-
den Gedanken erwĂ€gen zu mĂŒssen, ob nicht das eine oder
andere Kind die FĂ€higkeit besitzt, eine Wiederherstellung
der durch das Kochen verÀnderten Stoffe zustande zu bringen.
T o b 1 e r wirft die Frage auf, ob nicht dem lebenden
Körper selbst die FÀhigkeit zukommt, die lebenswichtigen
Stoffe aufzubauen, ob nicht vielleicht die zweckmĂ€Ăige Nah-
rung nur die notwendige Vorbedingung zur Erzeugung der-
selben schaffe. In diese Vorstellungsreihe gehört auch die
von Abels vertretene Ansicht,, daĂ der Vitaminmangel eine
âDysergie" erzeuge, die in Zusammenhang mit dem âVer-
kĂŒmmern und Versagen" des Knochenmarks als Bildungs-
stÀtte der Abwehrstoffe zu bringen sei und zur Folge habe,
daĂ der so âskorbutisch prĂ€parierte Organismus" auf einen
Allgemeininfekt in regelwidriger Weise (z. T. durch Blutun-
gen) antwortet, da er nicht imstande ist, gegen bakterielle
Einwirkungen in entsprechender Weise Abwehrreaktionen
356
GrÀvinghoff: SÀuglingsskorbut
40. Jahrg. â Nr. 18/19.
aufzubringen. Die Dysergie bildet also das Zwischenglied
zwischen Vitaminmangel und Symptomenkomplex des Skor-
buts. Hiergegen lĂ€Ăt sich von vornherein sagen, daĂ nach
den Befunden von Hart und Lessing die VerÀnderungen
des Knochenmarks nicht derart ausgeprÀgt und so ausge-
dehnt sind, daĂ sie fĂŒr die SkorbutanĂ€mie verantwortlich zu
machen sind, vielmehr wohl eine regelrechte Blutbildung er-
möglichen; hieraus kann man wohl schlieĂen, daĂ auch die
Bildung von Abwehrstoffen nicht notwendig Schaden leiden
muĂ. Zudem gibt es auch Skorbut bei Kindern, die durch-
aus keine Herabsetzung des HĂ€moglobingehaltes und der
Zahl der roten Blutkörperchen aufweisen. Ferner sind nach
unseren Erfahrungen die Kinder mit gleichzeitigen Infek-
tionen wie Pyurie oder Bronchopneumonie mit Empyem
zwar nicht in derselben KĂŒrze der Zeit fertig geworden wie
vorher gesunde Kinder, doch aber ohne besonders stÀrkere
RĂŒckwirkung auf ihren Allgemeinzustand.
Mehr Beachtung möchten wir dagegen den von S t o 1 1 e
und T o b 1 e r geĂ€uĂerten Vorstellungen schenken und unsere
Beobachtungen in dieser Hinsicht zur Erörterung stellen.
FĂŒr Magdeburg besteht seit geraumer Zeit der Zustand,
daĂ die Mehrzahl der Kinder der Stadt mit einer pasteuri-
sierten Molkereimilch ernÀhrt wird, die nach nochmaligem
Aufkochen im Haushalt geeignet ist, bei Fehlen entsprechen-
der Beikost Skorbut entstehen zu lassen. Welche Rolle das
Pasteurisieren dabei spielt, geht einmal aus der von Vogt
bereits mitgeteilten Tatsache hervor, daĂ nach EinfĂŒhrung
dieser MaĂregel in der Klinik selbst die ersten FĂ€lle von Skor-
but auftraten, wo vorher bei gleicharbeitendem MilchkĂŒchen-
betrieb Skorbut nie vorgekommen war und auch nach Verwen-
dung einer nicht pasteurisierten, unmittelbar von einem Gut aus
der Umgebung bezogenen Milch bis auf einen Fall ausblieb.
Ferner kann zur Kennzeichnung der hiesigen Molkereimilch
die von Frau Dr. K a y s e r beschriebene Skorbutendemie in
einem hiesigen SĂ€uglingsheim beitragen, die durch noch-
maliges Erhitzen der Molkereimilch im Hause zustande kam.
Welche Rolle daneben das Alter der Milch gespielt hat, kann
nicht sicher entschieden werden. Keinesfalls wird jedoch
zurzeit eine frischere Milch als frĂŒher geliefert, da man sonst
auf das Pasteurisieren hÀtte verzichten können. Jedenfalls
ist die Zahl der SkorbutfÀlle in den letzten Jahren noch be-
trÀchtlich gestiegen und steigt noch.
Die zuvor erwÀhnte Hausendemie in dem SÀuglingsheim
kam im August und September zum Ausbruch, von unseren
FĂ€llen kamen 6 im Juni, je 4 im September und Februar, je
2 oder 1 im Januar, MĂ€rz, April, Mai, Juli, August und Ok-
tober zur Aufnahme. Man kann also sagen, daĂ eine Be-
vorzugung des Winterhalbjahres, die zu erwarten wÀre, wenn
die Art der FĂŒtterung der KĂŒhe stark ins Gewicht fiele, nicht
erkennbar ist, eher das Gegenteil.
Jedenfalls ist festzuhalten, daĂ die Mehrzahl der kĂŒnst-
lich genÀhrten, im SÀuglingsalter stehenden Kinder der Stadt
in der sogenannten âSĂ€uglingsmilch" (Flaschenmilch) eine
ausgesprochen, vitaminarme Kost erhalten; bei Verwendung
gewöhnlicher Milch, wie sie bei den jetzigen Preisen wohl
auch fĂŒr SĂ€uglinge hĂ€ufiger gebraucht wird, liegen die Ver-
hĂ€ltnisse wegen des zur VerhĂŒtung vorzeitiger SĂ€uerung ge-
ĂŒbten Alkalizusatzes noch ungĂŒnstiger.
Damit ist aber fĂŒr eine betrĂ€chtliche Anzahl von SĂ€ug-
lingen eine ErnÀhrungslage geschaffen, die eine Beurteilung
der anderen fĂŒr das Zustandekommen des Skorbuts verant-
wortlichen UmstÀnde etwas erleichtert. Besonders bemerk-
bar mĂŒĂte sich unter diesen UmstĂ€nden die Krankheit bei
solchen SĂ€uglingen machen, die im 3. Vierteljahr noch aus-
schlieĂlich mit Milch oder Milchbreien ohne sonstige Beikost
ernÀhrt wurden. In der Tat spielt denn auch in der Vor-
geschichte die Angabe, âwollte nichts essen", âerbrach oder
verweigerte festere Nahrung" eine gewisse Rolle. Unter der
groĂen Zahl der solchen ungĂŒnstigen ErnĂ€hrungsbedingun-
gen ausgesetzten SĂ€uglingen erkrankt aber doch nur ein
kleiner Bruchteil, selbst wenn man annehmen wollte, daĂ
leichtere FĂ€lle in betrĂ€chtlicher Anzahl ĂŒbersehen wĂŒrden
oder nicht zur Kenntnis kommen. FĂŒr die Kinder, die er-
kranken, sind die oben angegebenen Vermutungen ĂŒber Mit-
wirkung von angeborener bzw. erworbener Krankheitsbereit-
schaft, Aenderungen in den Resorptions- oder sonstigen
StoffwechselvorgÀngen oder besondere VorgÀnge im inter-
mediÀren Stoffwechsel heranzuziehen.
WĂ€hrend nun die Kinder der frĂŒheren Beobachtungs-
reihe, die in der Klinik selbst an Skorbut erkrankten, meist
im letzten Viertel des 1. Lebensjahres standen oder noch Àlter
waren, handelt es sich bei unseren neuerdings beobachteten
FĂ€llen um jĂŒngere Kinder. Einem 5 monatlichen und zwei
6 monatlichen als JĂŒngsten stehen zwei 11 monatliche und
ein 15 monatlicher als Aelteste gegenĂŒber. Auf das Alter von
7â7^ Monaten kamen 9, auf 8â8^ Monate 9, auf 9â 9H
Monate 2 und auf 10â 10 Monate 4 FĂ€lle. Es hat also eine
Verschiebung nach der Mitte des 1. Lebensjahres stattge-
funden, die noch deutlicher wird, wenn man den Zeitpunkt
der ersten Skorbuterscheinungen feststellt. Dabei stellt sich
heraus, daĂ die im letzten Viertel des 1. Lebensjahres stehen-
den Kinder zum gröĂten Teil bereits 4 â 8 Wochen krank,
waren, wÀhrend bei den 7 monatlichen die ersten Krankheits-
erscheinungen erst 2 â 4 Wochen, bei den 6 monatlichen erst
1 â 2 Wochen zurĂŒckliegen. Danach wird die Zahl derer, die
um den 6. Monat herum erkrankten, gröĂer, und auch die
Aelteren nÀhern sich mehr dem 3. Lebensvierteljahr.
Nun gibt Finkelstein an, daĂ es zum mindesten
einer 5 â 6 monatlichen Einwirkung der âErnĂ€hrungsschĂ€di-
gung" bedĂŒrfe, bis sich die ersten Zeichen des Leidens zeigen.
Auch HeĂ gibt 6 Monate an, N e u m a n n mindestens 5
durchschnittlich 8 Monate. Wenn man weiter bedenkt, daĂ
unter den SĂ€uglingen die beiden 6 monatlichen, der 5 monat-
liche und drei 7 monatliche niemals Frauenmilch bekommer.
hatten, wogegen die Aelteren 3 â 12 Wochen lang an der
Brust ernÀhrt worden waren, und zwar ein 9>£ monatlicher
12 Wochen lang, ein 11 monatlicher 8 Wochen lang, so er-
hebt sich zuerst die Frage, ob die bisherige Annahme, daĂ
mindestens 5 â 6 Monate bis zum Auftreten der ersten Krank-
heitszeichen verstreichen mĂŒssen, richtig ist. Stimmt sie.
so mĂŒssen die JĂŒngsten unserer Kinder bereits sehr bald
nach der Geburt und die Àltesten sofort nach dem Absetzen
von der Brust unter Bedingungen gestanden haben, die zum
Skorbut fĂŒhrten.
LÀge nun ein zu geringer Bestand des Körpers an lebens-
wichtigen Stoffen (Stolte) vor, so könnte man erwarten,
daĂ FrĂŒhgeburten in besonders jungem Alter erkranken. Es
stellt sich aber heraus, daĂ 2 FrĂŒhgeburten erst im Alter von
9 bzw. 11 Monaten in Beobachtung kamen, nachdem die
ersten Zeichen der Krankheit ungefÀhr 1 Monat vorher auf-
getreten waren. Beide hatten 1 bzw. 2 Monate lang Brust be-
kommen. Ein stark untergewichtiges Kind, das offenbar
auch eine FrĂŒhgeburt war, erkrankte erst im 7. Monat, nach-
dem es drei Wochen Brust bekommen hatte. Ein Zwillings -
kind, daĂ nie an der Brust gewesen war, erkrankte gegen
Ende des 1. Lebensjahres, wog nach VA Jahr 4800 g und
starb 24 Stunden nach der Aufnahme. Unter den 12 Kindern,
die nicht an der Brust ernÀhrt 'waren, sind 5 Àltere (8^ bis
10 Monate) hingegen standen einer im Alter von 5, 2 von
6% und 4 von 7 Monaten. Unter denen, die einige Wochen
Brust bekommen hatten, sind nur 3 siebenmonatliche, die
ĂŒbrigen Ă€lter, die FrĂŒhgeburten, wie gesagt, die Ă€ltesten.
Wenn man bei diesen nun die Zeit der ErnÀhrung an der
Brust abrechnet, so ist der Zeitraum bis zum ersten Skorbut-
zeichen immer noch nicht kĂŒrzer als der bei den ĂŒbrigen
Kindern. Es hat den Anschein, als ob die BrusternÀhrung
den Zeitpunkt der Erkrankung hinausschöbe. Nur ein Fall
widerspricht dieser Feststellung. Ein 7 monatliches Kind
kam mit betrÀchtlichen, schmerzhaften Schwellungen beider
Beine an den typischen Stellen und leichter HĂ€maturie mit
der Diagnose Skorbut zur Aufnahme. Der Röntgenbefund
und der Erfolg der eingeleiteten Behandlung bestÀtigten die
Diagnose. Das Kind war bis zum 5. Monat ausschlieĂlich an
der Brust, spÀter mit Zwiemilch ernÀhrt, hatte zuletzt tÀglich
% Liter Milch erhalten und von dem Mittagbrot mitgegessen
und war bereits seit 4 Wochen krank. Seit 3 Wochen waren
Ki. Jahrg. Mr. i<s 19.
Grevinghoff: SttuglingsÀkorbul
75:t
Schmerzet) und Schwellungen an den Beinen beobachtet. Zu
diesem bemerkenswerten Befunde eines auffallend kurzen
Zwischenraumes zwischen Absetzen von der Brust und Ans
bruch des Skorbuts (bestenfalls l Monat) kommt noch hinzu,
daĂ der Blutbefund bei diesem Kinde ebenfalls von dem ge-
wöhnlichen abwich, da bei HÀmoglobinwerten von <S2, 78 und
7Ă€ Prozent nach A u t e n riet h und Erythrozytenzahlen von
1.8, 1.7 und 1.5 Millionen von einer AnÀmie nicht die Hede
sein kann. An der Diagnose Skorbut isl jedoch unseres Kr-
uchtens nicht zu zweifeln. In diesem Zusammenhang mĂŒlHe
es nun reizen, die bisher mitgeteilten Beobachtungen von
Skorbut bei Brustkindern zur Feststellung heranzuziehen,
welche Rolle eine angeborene bzw. erworbene Krankheits-
bereitschaft beim Skorbut der SĂ€uglinge spielt. Jedoch sind
nach Finkelstein diese Beobachtungen nicht so ein-
wandfrei, daĂ man von ihnen Gebrauch machen kann. Das
Gewicht der ĂŒbrigen Kinder steht durchweg unter dem fĂŒr
ihr Alter geltenden Durchschnittsgewicht. FĂŒnf davon
waren auch sicher untergewichtig geboren.
Nur ein kleiner Teil hatte vorher akute ErnÀhrungs-
störungen durchgemacht, und es fÀllt auf, daà gerade die
JĂŒngsten verhĂ€ltnismĂ€Ăig das höchste Körpergewicht auf-
wiesen.
Aus diesen Beobachtungen kann man schweilich An-
haltspunkte fĂŒr das Vorliegen eines zu geringen Bestandes
des Körpers an lebenswichtigen Stoffen gewinnen.
Diese ErwÀgungen haben die Annahme zur Voraus-
setzung, daĂ eine Zeit von 5 â 6 Monaten bis zum Auftreten
des ersten Skorbutzeichens verstreichen muĂ. Aus unseren
Erfahrungen heraus können wir Sicheres weder fĂŒr noch
gegen diese Annahme anfĂŒhren.
Welche Rolle spielt etwa sonst die Konstitution der Kin-
der? Die Familienvorgeschichte ergab, daĂ auĂer den oben
erwĂ€hnten zwei FrĂŒhgeburten noch fĂŒnfmal vor oder nach
dem erkrankten Kinde Fehl- oder FrĂŒhgeburten aufgetreten
waren. Erste und einzige Kinder waren 8, zweite und dritte
je 6, zwei Kinder standen an 1., drei an 5., eins an 6. Stelle,
eins war ein Zwilling. Meist waren die Eltern noch jung.
In ö FÀllen war der Vater als lungenkrank bezeichnet.
Rachitis war bei allen Kindern feststellbar, sie hielt sich
aber in bescheidenen Grenzen; sehr oft war eine stÀrkere Er-
regbarkeit der peripheren Nei-ven festzustellen. Einige Kin-
der waren ausgesprochene Neuropathen. Von einer deut-
lichen Beziehung der exsudativen Diathese zum Skorbut, wie
sie von amerikanischen Forschern angegeben wird, konnten
wir uns nicht ĂŒberzeugen.
Wichtigere AufklĂ€rung kann vielleicht die BerĂŒcksich-
tigung der AnÀmie bei Skorbut bringen. Hart und Les-
sing neigen zu der Auffassung, daà die AnÀmie lediglich
durch die Blutungen verursacht wÀre, und lehnen die Ver-
Ă€nderung des Knochenmarks als Ursache auf Grund anato-
mischer Befunde und ErwÀgungen ebenso ab, wie die An-
nahme, daĂ es sich um eine durch toxische EinflĂŒsse zu-
standegekommene selbstÀndige Bluterkrankung handele. Nun
ist bei unseren FĂ€llen zwar mehrfach beobachtet worden, daĂ
bei stÀrkerer HÀmaturie auch die HÀmoglobin und Erythro-
zytenwerte deutlich zurĂŒckgingen, in anderen FĂ€llen aber
war durchaus kein Zusammenhang zwischen StÀrke dei
HÀmaturie oder Hautblutungen und der AnÀmie vorhanden,
so daà die Blutverluste allein nicht die Ursache sein können.
Finkelstein gibt an, daĂ es sich um âeine einfache AnĂ€-
mie handele, deren Grad von der Dauer der Krankheit und
der jeweiligen Gegenwart und StÀrke von Blutverlusten ab-
1 Hingt."
Wir beobachteten ferner in einigen FĂ€llen bei ausheilen-
dem Skorbut eine Zunahme der AnÀmie, wenn eine Infek-
tion (Empyem, Pyurie) hinzutrat, weiter das Sinken von
HĂ€moglobin und Erythrozytenwerlen schon vor Auftreten
der Skorbuterscheinungen, vor allen Dingen von Blutungen,
und stellten fest, daĂ bei 2 rĂŒckfĂ€llig gewordenen Kindern
auch die vorher gebesserte AnÀmie wieder auftrat, in einem
Fall sogar viel ausgeprÀgter als bei der ersten Erkrankung.
Es kam zu HĂ€inoglobinwerten von 25 Prozent nach Auten-
rieth und 1400000 Erythrozyten, wobei die Milz dauernd *n
Umfang zunahm und eine Lymphozytose von 7t Prozent be
stand, aber auch Normoblasten in reichlicher Zahl vor-
handen waren.
WTir haben den Eindruck gewonnen, daĂ es sich in vielen
FĂ€llen von AnĂ€mie bei Skorbut um âalimentĂ€re AnĂ€mien"
handelt, fĂŒr deren Zustandekommen auĂer einer SchĂ€digung
durch die Nahrung eine Veranlagung vorausgesetzt werden
muĂ. Dazu winde der Befund einer relativen Lymphozytose
(Finkelstein), den wir ebenfalls mehrfach erheben konnten,
gut passen. Eine Polyglobulie, wie sie von Braut und
I.ooft angegeben wurde, konnten wir nicht feststellen.
Letzthin hat dabei Brinkmann Blutuntersuchungen bei
Meerschweinchen mit experimentellem Skorbut mitgeteilt, die
ebenfalls eine Polyglobulie ergaben. Als Ursache nimmt er
einen Reizzustand des Knochenmarks wÀhrend der Entwick-
lung des Skorbuts an, kann aber eine Bluteindickung als
Ursache nicht sicher ausschlieĂen. Es ist uns nach unseren
Erfahrungen nicht möglich, nÀher dazu Stellung zu nehmen,
wohl aber möchten wir betonen, daĂ wir entgegen' frĂŒheren
Angaben (Hart und L e s s i n g S. 233) recht hÀufig Normo-
blasten im Blutbild feststellen konnten.
Weitere KlÀrung kann vielleicht die nÀhere Erforschung
des Oedems bei Skorbut bringen. Offenbar handelt es sich
um Oedem der Muskulatur und des Unterhautzellgewebes,
wobei dieses eine geringere Rolle zu spielen scheint als jene.
Die hĂ€ufig beobachtete Schwellung der FuĂrĂŒcken war meist
nicht eindrĂŒckbar, im Gegensatz z. B. zu den bei Pedal -
spasmen der manifesten Tetanie bekannten Schwellungen,
und ist wohl mehr auf die Beteiligung der Muskulatur zu-
rĂŒckzufĂŒhren. Ueber den oft starken Schwellungen der
Oberschenkel ist die Haut so straff und gespannt, daĂ ein
Fingereindruck nicht stehen bleibt. Erst wenn unter der
Behandlung die geschwollenen Teile weicher werden, ohne
daĂ sich im Röntgenbild an der GröĂe des, an der Schwel-
lung ja mitbeteiligten, Ergusses unter das Periost etwas
Ă€ndert, hinterlĂ€Ăt auch der Fingerdruck Spuren, bevor noch
der Umfang des Gliedes geringer wird. In einem unserer zur
Obduktion gekommenen FÀlle wird die ödematöse Durch -
trÀnkung der Oberschenkelmuskulatur in dem Bericht be-
sonders hervorgehoben.
Bild 5: Skorbutkranker SĂ€ugling.
Besonders starkes Oedem der Beine
(Gegensatz zu den Armen!)
Eine weitere EigentĂŒmlichkeit scheint die Verteilung des
Oedems zu sein. Allgemeines Oedem ist weniger hÀufig nach-
weisbar, als man nach den betrÀchtlichen Schwellungen der
Beine annehmen sollte. Wenn auch Wallgreen ein
âOedema invisibile" als Symptom des Skorbuts bezeichnet,
sich dabei auf meist auf dem Höhepunkt der Krankheit beob-
achtete GewichtsstĂŒrze und vermehrte Urinausscheidung
wĂ€hrend der Besserung stĂŒtzt, die Ansicht von HeĂ aber ab-
Faerber: Haemangiom der Harnblase
40. Jahrg. â Nr. 18/19.
lehnt, der das Oedem auf eine FunktionsschwÀche der Nieren
zurĂŒckfĂŒhrt und an eine diuretische Wirkung des Zitronen-
saftes glaubt, so ist damit noch nicht erklÀrt, warum gerade
die Muskulatur und die Haut der Beine am hÀufigsten be-
fallen wird. Nach den Beobachtungen an Erwachsenen
wÀhrend des Krieges sollen Blutungen in den Muskeln be-
sonders dort auftreten, wo diese am stÀrksten beansprucht
werden, und man könnte das gleiche auch vom Oedem an-
nehmen. . Jedoch steht dazu im Widerspruch, daĂ Blutungen
auch an Orten auftreten, die kaum mechanisch stÀrker ge-
schÀdigt werden, z. B. hinter dem Trommelfell und am Dach
der Augenhöhle. Hier liegt daneben offenbar auch ein
Oedem vor, so daĂ die Blutung unter das Periost nicht allein
die oft betrÀchtliche Vortreibung des Augapfels verschuldet.
Handelt es sich also um eine CapillarschÀdigung, wie Wall-
green behauptet und wie sie anatomisch z, B. bei Hunger-
ödem nachgewiesen ist, so muà noch aufgeklÀrt werden,
warum das Oedem derartig verteilt ist. Wir vermuten einen
Zusammenhang mit den Blutungen in der Ep'iphysenlinie
und unter das Periost.
Es bleibt nun noch die Aufgabe zu prĂŒfen, wie der Er-
nÀhrungszustand der Kinder war, ob akute ErnÀhrungs-
störungen vorausgingen und wie sich die Kinder nach Ab-
lauf des Skorbut ernĂ€hren lieĂen. In 6 FĂ€llen wurde der Er-
nĂ€hrungszustand als âjammervoll" bezeichnet, 7 mal als
schlecht, 8 mal als mĂ€Ăig, und 2 mal als gut, wĂ€hrend drei
Kinder als fett-pastös beschrieben sind. FĂŒr eine Einwir-
kung des Skorbuts auf den ErnÀhrungszustand spricht der
Umstand, daà die elendesten Kinder die wÀren, die schon
am lÀngsten Zeichen der Krankheit aufwiesen, wohingegen
die Kinder mit besserem ErnÀhrungszustand meist erst
wenige Wochen oder Tage krank waren. Ein EinfluĂ einer
akuten ErnÀhrungsstörung auf das Zustandekommen des
schlechten Allgemeinzustandes kann mit Sicherheit nur in
wenigen FĂ€llen vermutet werden. 2 mal war Ruhr in der
Vorgeschichte verzeichnet, die mit EiweiĂmilch behandelt
wurde, wÀhrend deren Verabreichung dann Skorbut auftrat.
In 2 weiteren FĂ€llen wurden bei der Aufnahme Dysenterie-
verdĂ€chtige StĂŒhle beobachtet. In einem Fall war 6^ Mo-
nate, in einem zweiten 1 Monat vor Ausbruch des Skorbuts
Brechdurchfall aufgetreten, dessen Dauer in dem letzten Fall
auf 8 Tage angegeben wird. In allen anderen FĂ€llen sollen
die StĂŒhle vor der Aufnahme gut gewesen sein, in 7 FĂ€llen
bestand Stuhlverhaltung oder Neigung zu festen StĂŒhlen, in
weiteren 5 FĂ€llen wurden in der Klinik bei gemischter Kost
seltene, harte z. T. auch helle StĂŒhle beobachtet und in einem
6. Fall helle, harte und faulig riechende StĂŒhle.
Bei der ErnÀhrung der eingelieferten Skorbutkinder
machte es auffallend wenig Schwierigkeiten, akute Störungen
zu vermeiden, ein Umstand, der dazu veranlaĂte, in der Vor-
geschichte nach der Stuhlbeschaffenheit zu forschen, wobei
sich eben herausstellte, daà akute ErnÀhrungsstörungen (in-
fektiöse und nichtinfektiöse) keine wesentliche Rolle spielten,
eher eine Neigung zu chronischer Störung mit Gewichtsstill-
stand und seltenen, trockenen StĂŒhlen bestand.
Auch Hart und L e s s i n g erwĂ€hnen neben dĂŒnnen
auch harte und seltene StĂŒhle, deren Ursache sie in mangel-
hafter Nahrungsaufnahme finden. Diese ErklÀrung ist
offenbar nicht richtig, da wir genĂŒgend hĂ€ufig seltene und
trockene StĂŒhle auch bei reichlicher Nahrungsaufnahme ge-
sehen haben. In diesem Zusammenhang wÀre noch zu er-
wĂ€hnen, daĂ Skorbut bei Verabreichung von EiweiĂmilch
besonders gern auftritt, wie u. a. aus den von Frau Dr.
Kayser beschriebenen SkorbutfÀllen in einem hiesigen SÀug-
lingsheim und aus unseren frĂŒheren Beobachtungen hervor-
geht. Auch Freund berichtet ĂŒber die gröĂere Beteiligung
der mit EiweiĂmilch verschieden lange ernĂ€hrten Kinder an
der Gesamtzahl seiner FĂ€lle.
Interessant in diesem Zusammenhang ist ein Bericht, den
zwei Teilnehmer an der Shackletonschen SĂŒdpolarexpedition,
Macklin und Hansey, ĂŒber die MaĂnahmen geben, die gegen
Skorbut getroffen wurden, in dem eine energische BekÀmp-
fung der Stuhlverstopfung verlangt wird, da diese das Auf-
treten von Skorbut begĂŒnstigt.
Die angefĂŒhrte Beobachtung ĂŒber die StuhlverhĂ€ltnisse
bei unseren Skorbut-Kindern erscheint uns nicht in so losem
Zusammenhang mit dem Skorbut selbst zu stehen, daĂ man
ihr keine Bedeutung beizumessen brauchte. Zum mindesten
wird sich die Forschung auch weiterhin mit den VorgÀngen
im Darmkanal vor und wÀhrend des Skorbuts nÀher be-
schĂ€ftigen mĂŒssen, da die Möglichkeit besteht, daĂ sich âdie
allgemein anerkannte individuelle Disposition" zum Skorbut
in diesem Bereich bemerkbar macht und die Ursache der
angenommenen Resoiptionsstörungen und Stoffwechsel -
VerÀnderungen in diesen VorgÀngen zu suchen ist.
Hart und Lessing geben an, daĂ nach ihren Unter-
suchungen nur die Möglichkeit einer Stoffwechselanomalie
bleibt, von der allerdings nicht angegeben werden kann, wo
und wie sie sich abspielt.
Die bisherigen Stoffwechselversuche bei Skorbut sind
weder ausreichend noch eindeutig genug, um irgendwie Auf-
klĂ€rung zu geben. Die allseitig als Voraussetzung fĂŒr die
Entwicklung des Skorbuts anerkannte Krankheitsbereit-
schaft, der Umstand, daĂ die meisten SĂ€uglinge bei kĂŒnst-
licher ErnÀhrung zu einem Zeitpunkt erkrankten, wo bei
natĂŒrlicher wie bei kĂŒnstlicher ErnĂ€hrung sich eine Erweite-
rung der Kost als notwendig erweist, ferner die Beobachtung,
daà im Anschluà an akute Störungen und infektiöse Darm-
katarrhe besonderes hÀufig nach lÀngerer ErnÀhrung mit
EiweiĂmilch Skorbut auftritt, ferner, daĂ bei dem gröĂten
Teil unserer Kinder eine chronische ErnÀhrungsstörung, die
sich besonders in Gewichtsstillstand bei Neigung zu Stuhl -
Verstopfung bemerkbar machte, vorausgegangen war und in
2 FÀllen ein einwandfreier MilchnÀhrschaden bestand, veran-
laĂt uns, besonders auf die mögliche Bedeutung der noch
ungeklÀrten VorgÀnge im Darmkanal vor Ausbruch des Skor-
buts hinzuweisen.
Literatur- Verzeichnis.
1. Abels, H.: Med. Klin. 1919, Nr. 43, 1084â86.
2. B r a n t : Mon. f. Kinderheilk., 18, 176.
3. Brinkmann: Ztschr. f. Kinderheilk., 30, 3. u. 4. H.
4. Finkelstein: Lehrbuch der SĂ€uglingskrankheiten.
5. Hart und L es sing: Der Skorbut der kleinen Kinder
Stuttgart 1913.
0. HeĂ: ref. Mon. f. Kinderheilk., 21, 106.
7. Kayser: Mon. f. Kinderheilk. 1920.
8: Stolte u. Freund: Monatsschr. f. Kinderheilk.. 21, 121
9. Tobler: Ztschr. f. Kinderheilk., 18, 63.
10. Vogt: Jahrb. f. Kinderheilk., 1920, 91, 278.
11. Wallgreen: Ztschr. f. Kinderheilk.. 31, 35.
Aus der UniversitÀts-Kinderkbnik zu BerUn.
Ein Fall von Haemangiom der Harnblase bei
einem elfjÀhrigen MÀdchen.
Von Dr. Ernst Faerber.
Ein in der hiesigen Klinik beobachteter Fall von
Haemangiom der Harnblase bei einem 11jÀhrigen MÀdchen
verdient eine kurze Mitteilung nicht nur wegen seiner ganz
auĂergewöhnlichen Seltenheit, sondern auch wegen der
Wichtigkeit einer rechtzeitigen Diagnose und Behandlung
dieses nicht immer harmlosen Leidens.
Die Literatur ĂŒber die Blasenangiome ist naturgemĂ€Ă
nicht sehr reichhaltig. C a s p e r teilt in seinem Handbuch
der Cystoskopie mit, er habe unter vielen Hunderten von
Blasentumoren nur zwei Haemangiome beobachtet, und auch
in den LehrbĂŒchern der pathologischen Anatomie wird diese
Geschwulstart der Blase nur als eine RaritÀt erwÀhnt. Bei
Durchsicht der Literatur fand ich drei FĂ€lle von Blasen-
haemangiomen bei Kindern, z. T. recht ausfĂŒhrlich mitge-
teilt.
In diesen Berichten, die von Langhans, Berliner
und Bachrach stammen, sowie in den kurzen Mit-
teilungen der LehrbĂŒcher muĂ es auffallen, daĂ die patho-
[ö. Jahrg. Nr. 18/ Ii).
Facrber: tiaemangioin der Harnblase
fogisch-anatonusch gut trennbaren Begriffe Haeniangionie,
felangiektasieen und VaricositÀten von den Autoren mein
lach miteinander indentifiziert werden. Dies hat z.T.
seinen Grund darin, daĂ der klinische Sprachgebrauch
diese Begriffe tatsÀchlich nicht scharf auseinanderhÀlt, z. T.
aber wohl auch darin, daĂ bei der cystoskopischen Untei -
Buchung die Unterscheidung von rlaemangiomefl und um-
schriebenen Venenerweiterungen sicherlich nicht leicht ist
und daĂ echte Angiome kombiniert mit Venectasieen in der
Blase vorkommen können.
Einen solchen Fall beschreibt Langhaus. Es handelte
sieh um einen 19 jÀhrigen Mann, bei dem seit seinem
0. Lebensjahre eine alljĂ€hrlich, meist im FrĂŒhjahr auf-
tretende Haematurie bestand, die stets völlig beschwerdefrei
und ohne irgendwelche bemerkbaren Folgen verlief. Nach
einem GenuĂ von 10 Glas Bier trat eine sehr starke Haema-
turie auf, die unter den Anzeichen der zunehmenden Blut-
armut in 9 Tagen zum Tode fĂŒhrte. Mikroskopisch fanden
sich im Urin massenhaft rote Blutkörperchen, sonst keinerlei
pathologische Formelemente. Die Cystoskopie war damals
noch nicht im Gebrauch. Die Sektion ergab ein gröĂeres
und mehrere kleinere echte cavernöse Haemangiome in der
hinteren Blasenwand, auĂerdem mehrere Venektasieen.
Bach rÀch stellte 1909 in B e r 1 i n ein 13 jÀhriges
MĂ€dchen vor, bei dem sich cystoskopisch ein âetwa kirsch-
kerngroĂes, in das Blasenlumen tumorartig nominierendes
Gebilde*' fand, das aus einem Convolut von Venen bestand.
Trotz diesem Befunde bezeichnete er diese Bildung nicht als
Blasenhaemorrhoiden sondern als kongenitale Telangiekta-
sie, einmal wegen des jugendlichen Alters der Patientin und
ferner besonders deshalb, weil sich auch auf der Haut des
Kindes einige Naevi fanden.
Diesem Befunde legt auch Berliner fĂŒr die Diagnose
der Blasenangiome eine recht groĂe Bedeutung bei. Er be-
schreibt und bespricht ausfĂŒhrlich einen Fall von Blasen -
haemangiom bei einem Kinde, der in vielen Punkten dem
in der hiesigen Klinik beobachteten Fall entspricht. Es
handelte sich um ein 11 jÀhriges MÀdchen, bei dem sich be-
reits seit dem 4. Lebensjahr in mehr oder weniger groĂen
Pausen reines Blut im Urin zeigte. Beschwerden bestanden
dabei niemals. SchlieĂlich traten heftigere Blutungen auf,
die zu hochgradiger Anaemie fĂŒhrten. Die Cystoskopie er-
gab mehrere âverschieden groĂe, zirkumskripte, blaurote
WĂŒlste und rundliche Erhabenheiten" in der Blasenwand,
dazwischen blutig suffundierte Blasenschleimhaut. Heilung
durch Operation (Sektio alta, Paquelin). Erleichtert wurde
die Diagnose durch ein gleichzeitig vorhandenes Angiom der
einen Schamlippe.
Auch Finkelstern erwÀhnt ganz kurz einen von
ihm beobachteten Fall von varicösen Venenerweiterungen
in der Blase bei einem jungen SĂ€ugling. (Sektionsbefund.)
Das von uns beobachtete Kind ist ein MĂ€dchen von 11 Jahren.
Es stammt aus gesunder Familie und war niemals wesentlich
krank. Als das Kind 5 Jahre alt war, fiel es der Mutter eines
Tages auf, daĂ der Urin des Kindes fast wie reines Blut aus-
sah, ohne daĂ irgend eine erkennbare Ursache dafĂŒr vorhanden
war. Nach 3â4 Tagen wurde der Urin wieder heller und bekam
schlieĂlich wieder ganz normales Aussehen. Irgendwelche Be-
schwerden hatte das Kind damals nicht, und es ist bemerkens-
wert, daĂ in den ganzen fĂŒnf Jahren, wĂ€hrend deren die Haema-
turie schon besteht, niemals auch nur die geringsten Beschwer-
den aufgetreten sind. Nach einigen Monaten wurde der Urin
wieder fĂŒr mehrere Tage ganz blutig, dann verschwand die
blutige Farbe allmÀhlich wieder, und dieses Spiel hat sich dann
alljÀhrlich 2 bis 3 mal ohne besonders erkennbare Ursachen
wiederholt. Das Kind war bei mehreren Spezialisten und in
einem gröĂeren Krankenhaus in Behandlung, bekam Blasen-
spĂŒlungen und innere Mittel, doch alles ohne Erfolg.
Seit 10 Tagen ist das Kind bei uns. Es handelt sich um ein
etwas mageres und blasses MĂ€dchen, das sich aber sonst in
gutem Enlwickelungszusland befindet und keinerlei Beschwerden
Ă€uĂert.
An den inneren Organen lieĂ sich bei der Aufnahme nichts
Krankhaftes feststellen, insbesondere ergab die Palpation der
Nieren- und Blasengegend keinerlei Anhaltspunkte fĂŒr das Vor-
handensein einer Geschwulst. Der (Irin zeigte eine kirschrote
Farbe, enthielt ein paar Blutgerinnsel reagierte alkalisch und
zeigte mikroskopisch zahllose gut erhaltene rote Blutkörperchen
K;s bestand keine I laemoglohiuuric. Die ganz spÀrlich vornan
denen Leukozyten entsprachen der Zahl nach dein VerhÀltnis
von weiĂen zu roten Blutkörperchen. Das spezifische Gewicht
des Urins betrug 10: 50, die Tagesmenge 000 ccm. In den nÀchsten
Tagen nahm der Blutgehalt wieder ab, vor zwei Tagen ver-
stÀrkte er sich wieder. Der mikroskopische Befund blieb un
verÀndert, ebenso das Befinden des Kindes.
Das Blutbild zeigte eine Anaemie vom chlorotiscben
Typus. Eine auĂerdem bestehende relative Polynukleose
und eine geringe Verschiebung des Blutbildes nach links
(im Sinne von Arneth) bezogen wir auf einen als Neben -
befund vorhandenen chronisch appendizitischen ProzeĂ.
Fieber bestand nicht.
Von differentialdiagnostischen Möglichkeiten konnten
Verletzungen der Blase, Fremdkörper und dergl. schon nach
der Anamnese ausgeschlossen werden. Gegen Steinbildungen
in Niere oder Blase sprach der jahrelange völlig beschwerde-
freie Verlauf, die groĂe StĂ€rke der Blutungen sowie das' un-
gewöhnlich seltene Vorkommen von Steinen in unseren
Gegenden. Schon eher konnte man an das Bestehen einer
Haemophilie denken, da es ja (nach Schede) tatsÀchlich
eine âlokale renale Haemophilie" gibt, wobei sich die hae-
mophilen Erscheinungen ausschlieĂlich an der Niere ab-
spielen können. Gegen diese Erkrankung sprach aber die
fehlende familiÀre Belastung, die normale Blutgerinnungs-
zeit und nicht zum wenigsten der Umstand, daĂ es sich um
ein weibliches Individuum handelte.
Auf eine tuberkulöse Erkrankung der Harnorgane
konnte der starke Ausfall der Pirquetschen Reaktion bei
dem Kinde hindeuten. Aber das vollkommene Fehlen
irgendwelcher Schmerzen oder Druckempfindlichkeit an
Nieren, Blase oder Harnleitern, der Mangel von cystopy eli-
tischen Erscheinungen, der vö'lig fieberlose Verlauf, die
fehlende Abmagerung, der fehlende Bazillenbefund im Harn
sprachen gegen die Annahme einer tuberkulösen Er-
krankung.
So schrumpften die diagnostischen Möglichkeiten immer
mehr zusammen, und das Vorhandensein eines Tumors in
den Harnorganen wurde immer wahrscheinlicher. Ein
Nierentumor hÀtte bei derartig langem Bestand der Krank-
heit sicherlich bereits irgendwelche palpatorischen Erschei-
nungen gemacht, und da ferner die Nierentumoren bei Kin-
dern fast stets maligner Natur sind, so hÀtten bereits pyelo-
zystitische Erscheinungen und eine erhebliche Kachexie be-
stehen mĂŒssen.
So kamen wir schlieĂlich zu der Meinung, daĂ es sich
höchstwahrscheinlich um einen Blasentumor handeln wĂŒrde,
und zwar dachten wir ganz besonders an ein gutartiges
Blasenpapillom, da ja maligne Blasentumoren aus den-
selben GrĂŒnden wie maligne Nierentumoren auszuschlieĂen
waren. 4
Aber die von Herrn Professor R i n g 1 e b ausgefĂŒhrte
zystoskopische Untersuchung klÀrte die Sachlage ebenso ein-
fach wie ĂŒberraschend. Er erhob nĂ€mlich folgenden Befund:
Hinter der Luftblase finden sich hyperaemische, prall-
gefĂŒllte Venensterne, in denen blaue ektatische Partien ein-
gelagert sind; sie heben sich bucklig und z. T. perlschnur-
artig aus dem Niveau der Schleimhaut heraus. Diese so
verÀnderten Partien der Blasenschleimhaut ziehen am
bauchstĂ€ndigen Teil bis auf die rechte Blasenwand hinĂŒber
und bleiben etwa â 3 cm von der rechten Harnleiter-
mĂŒndung entfernt.
Diagnose: Haemangioma vesicae.
Die durch Herrn Geheimrat Hildebrand ausgefĂŒhrte Operation
bestÀtigte die Richtigkeit der Diagnose. Es handelte sich um
eine echte Haemangiombildung, die sich sehr markant von der
im ĂŒbrigen intakten Blasenschleimhaut abhob. Das Haemangiom
wurde mit Sectio alta teils durch Exzision, teils durch Kauteri-
sation mit dem Paquelin entfernt.
Wir lernen aus diesem Fall, daĂ man bei lange be-
stehendem periodischem Abgange von reinem Blut im Harn
360
Kuhn: IrrtĂŒmer in der GynĂ€kologie
10. Jahrg. - Nr. 18' 19
ohne sonstige Erscheinungen oder Beschwerden auch an die
Möglichkeit eines Blasenhaemangioms denken muĂ. Das
Vorhandensein von Angiomen in der Haut kann dann eine
solche Diagnose wahrscheinlicher machen, eine endgĂŒltige
und sichere KlÀrung des Krankheitsbildes können wir aber
nur durch den zystoskopisohen Befund erreichen.
Literatur.
1. Langhans: Kasuistische Beitr. zur Lehre von den Ge-
fĂ€ĂgeschwĂŒlsten. Virchow Arch. 75. Bd., S. 291.
2. Bachrach: Demonstration auf dem 2. KongreĂ der deutsch.
Gesellschaft fĂŒr Urologie. Berlin 1909, cit. nach âZeitschr.
fĂŒr Urologie. Bd. XI, 1917, S. 332.
3. Berliner: Die Telangiektasieen der Blase. Deutsch. Zeit-
schrift fĂŒr Chir. Bd. 64, S. 517 u. ff.
4. Asch off : Pathol. Anat. II. Bd., 4. Aufl. 1919, S. 567.
5. BrĂŒning u. Schwalbe : Handh. d. Allgem. Pathol. des
Kindesalters. II. Bd., 1913, S. 775. '
6. Ca s per: Handb. d. Cysloskopie. 4. Aufl., 1921, S. 162.
7. Finkeiste in: Leh*b. d. SĂ€uglingskrankh. 1921. S. 771
8. Schede: Verletzungen und Erkrank, d. Nieren und Harn-
leiter, cit. n. J. v. Mehrings Lehrb. d. Inn. Med. II. Bd. 1915;
S. 76.
Diagnostische und therapeutische IrrtĂŒmer
in der GynÀkologie.
(Ovarien, Tuben, Beckenbindegewebe.)
Nach v. J a s c h k e. *)
Von Dr. Roberl Kuhn, MĂŒnchen.
Nur mit groĂem Gewinn wird jeder die instruktive und
anlegende Schrift v. Jaschke's aus der bekannten Schwalbe-
schen Sammlung beiseite legen. Durch geschickt eingefloch-
tene, selbst erlebte FĂ€lle wird der Abhandlung besondere
Farbe verliehen. Der Zweck nachstehender Zeilen ist es, die
Leser zum Studium der Schrift anzuregen, feinsichtlich deren
hier nur ein kurzer Ueberbliek gegeben weiden kann.
Die Diagnose Endometritis, welche bei Blutungen man-
gels Tastbefund oft gestellt wird, ist meist ein Irrtum, da es
sich ĂŒberwiegend nicht um EntzĂŒndung, sondern um Stö-
rungen der Ovarialfunktion handelt.
Amenorrhoe ist bei VergröĂerung der Ovarien oft durch
deren kleinzystische Degeneration bewirkt, sie kann auf
Störung der Ovarien beruhen, worauf u. L . Kleinheit der
SchilddrĂŒse oder Basedow hinweisen können.
Menorrhagien können durch herabgesetzte Kontraktions-
fÀhigkeit der Uterusmuskulatur, beschleunigte Follikel-
reifung und ĂŒberstĂŒrzte Reifung des Corpus luteum bewirkt
sein. «IrrtĂŒmer passieren durch Verwechslung von Meno- und
Metrorrhagien, oft infolge ungenĂŒgender Anamnese. Beson-
ders hÀufig ist gedankenlose Anwendung der Abrasio, die bei
entzĂŒndlichen Adnextumoren und Myom schwere Folgen
haben kann. Essentielle PubertÀtsblutungen beruhen auf
Gleichgewichtsstörungen der inneren Sekretion infolge Auf-
tretens neuer Hormone. Bei Metrorrhagien ist Abrasio stets
indiziert, damit maligne Neubildungen nicht ĂŒbersehen wer-
den. Im ĂŒbrigen sei auf die Abhandlung Reifferscheids.
Krankheiten des Uterus, in der gleichen Sammlung hinge-
wiesen.
BezĂŒglich des Schmerzsymptoms ist bemerkenswert, daĂ
höchste Schmerzhaftigkeit bei akuter Salpingitis infolge Be-
teiligung des Peritoneums bestehen kann, ebenso bei Stiel -
drehung von Tumoren infolge Anteilnahme des Peritoneums.
Tumoren ohne Mitbeteiligung des Peritoneums machen nur
Druck- und VöllegefĂŒhl. Bei Stieltumoren ist der Hegarsche
Kunstgriff, in Herabziehung der Portio mittels Klauenzange
bestehend, wertvoll.
FĂ€kalmassen im Sigmoid sind zuweilen von einem
*) Diagnostische und therapeutische IrrtĂŒmer und deren Ver-
hĂŒtung. Herausgegeben von Prof. Dr. J. Schwalbe, Abt. GynĂ€-
kologie III. Heft, Krankheiten der Ovarien, Tuben, Ligamente des
Uterus und Beckenbindegewebe, Bauchfell. Von Prof. Dr. Rud.
Th. v. Jaschke, Leipzig, 1921.
Ovarialtumor nicht zu unterscheiden, daher ist wiederholte
Untersuchung bei entleertem Darm erforderlich.
Ist die Differentialdiagnose zwischen Ovarial- und ent-
zĂŒndlichem Adnextumor nicht sicher, so operiere der we-
niger Erfahrene nicht, da operierte entzĂŒndliche Adnex-
tumoren jahrelange Stumpfexsudate machen können; es ist
vielmehr konservative Therapie am Platze, erweist sich diese
dann als wirkungslos, so lĂ€Ăt es darauf schlieĂen, daĂ
Ovarialtumor vorliegt.
Die Verwechslung von GraviditÀt und Tumor ist, ins-
besondere wenn noch Periode auftrat, verzeihlich, wieder-
holte Untersuchung lĂ€Ăt den Irrtum vermeiden.
Ein Ovarialtumor kann fĂŒr ein Myom, insbesondere ein
erweichtes, gehalten werden. W-ird die Patientin bestrahlt
und blutet sie doch weiter, so beweist dies die Fehldiagnose.
Wenn die Sonde einen vergröĂerten Uterus ergibt, lĂ€Ăt dies
auf Myom schlieĂen.
GefĂŒllte Harnblase und inkarzerierter Uterus werden zu-
weilen fĂŒr Uterus gravidus und retrouterinen Ovarialtumor
gehalten. (Diese Fehldiagnose gilt zwar als Schulbeispiel,
kommt aber doch immer wieder vor. Ref. sab, daĂ dieselbe
an der gleichen Patientin von mehreren Aerzten hinterein-
ander gestellt worden war und erst in der" Klinik aufgeklart
wurde.) Daher ist stets zu katheterisieren.
Ovarialtumoren können mit groĂem extrauterinem
Fruchtsack Ănd selbst mit SchnĂŒrleberlappen verwechselt
werden. Im letzteren Falle sagen die Patientinnen aber meist
selbst, daĂ der Tumor von oben nach unten gewachsen sei.
Gegen Verwechslung mit Hydronephrosensack schĂŒtzt wieder
Herabziehen des Uterus mit Zange nach H e g a r, worauf die
Ovarien tastbar werden, sowie Beachten der durch Hydro-
nephrose ineist verursachten Lumbagoschmerzen. Gegen
Verwechslung mit Pankreaszyste schĂŒtzt Röntgendurch-
leuchtung nach Breimahlzeit.
Die Differentialdiagnose zwischen Ovarialtumor und
GraviditÀt kann besonders bei Hydramnion mit unhörbaren
Herztönen oder abgestorbener Frucht schwer oder unmög-
lich werden.
Bei Stieldrehung von Tumoren wird oft Appendizitis
oder Peritonitis angenommen. Bei Fieber, Schock, allge-
meinen peritonitischen Reizerscheinungen soll immer sofort
operiert werden, weil es sich um geplatzte Zysten mit intra-
abdomineller Blutung handeln kann. Bei BlÀsse, KÀlte,
Schock, Erbrechen ist auch an Perforation von Magenulcus
oder Processus vermiformis zu denken. Die Entscheidung
gibt Probeeröffnung des hinteren Scheidengewölbes.
ExtrauteringraviditÀt: Döderlein pflegt in prÀgnan-
ter Art seinen Hörern zu sagen: ,,Die TubengraviditÀt i
nicht zu palpieren, aber stets zu fĂŒrchten", was natĂŒrlic
cum grano salis zu nehmen ist. Man muĂ an sie, denke
selbst wenn die âPeriode" nur einige Tage verspĂ€tet komm
Kann man die Diagnose, nicht stellen, so bestelle man di
Patientin wieder und bei bedrohlichen Symptomen eröff
man den hinteren Douglas, woraus sich zeigt, ob freies Bl
in der Bauchhöhle ist. v. J. betont in Àhnlicher Weise, d
die Anamnese wichtiger ist als der Tastbefund, rĂŒckt jedoc
'die hintere Kolpotomie als letztes und Ă€uĂerstes Diagnostiku
etwas mehr in den Hintergrund. Döderlein pflegt einen
auch in seine âOperative GynĂ€kologie" aufgenommenen
höchst lehrreichen Fall einer auf der Hochzeitsreise kolla-
bierten Frau eines seiner ehemaligen SchĂŒler vorzutragen,
bei der auch er wegen Verdachtes auf ExtrauteringraviditÀt
zur hinteren Kolpotomie greifen muĂte. Verwechslungen
zwischen rupturierter TubengraviditÀt und Ovarialtumoren
mit Stieldrehung kommt vor. v. J. berichtet ĂŒber die Fehl-
diagnose eines Internisten, der eine junge Frau lÀngere Zeit
auf Appendizitis behandelte und die Blutungen als Unregel-
mĂ€Ăigkeiten der Menstruation nicht weiter beachtete, bis et
wegen Verschlimmerung zugezogen wurde. An der bis ĂŒber
die SchambeinÀste ragenden DÀmpfung, dem Colostrum in
den BrĂŒsten und dem Allgemeinaussehen der Patientin er-
kannte er schon ohne Untersuchung, daĂ es sich um eine
geplatzte TubengraviditÀt mit retrouteriner ausgedehnter
40. Jahr». - Nr. 18/19.
Referate
HĂ€matocele handeln muĂte. Auch blutende Ahorle können
fĂŒr rupturierte TubengraviditĂ€t gehalten weiden. Entschei
dun» gibt ebenfalls die Eröffnung des [unteren Scheiden
[ gewölbes, an die sieh bei negativem Ergebnis natĂŒrlich so
fori die AusrĂ€umung anzusehlieĂen hat. Die Verwechslung
per TubengraviditÀt mit Appendizitis ist durch ZÀhlung der
Leukozyten und Beobachtung der Temperaturkurve meist zu
vermeiden.
Beokenbindegevvebe: Im Ligamentum lalum sitzende
Exsudate können so beweglich sein, daà sie mit einem (Ka-
nal- oder Parovarialtumor verwechselt werden. His an die
Beckenwand reichende parametrane Exsudate sind dagegen
in charakteristischer Weise unbeweglich. Alle diese Ex-
sudate des Beckenbindegewebes sind nur rektal richtig zu
beurteilen. .Sind die Adnexe mit einem parametranen Ex-
sudat verlötet, w ie dies oft vorkommt, so soll der nicht, ge-
ĂŒbte Operateur keine Totalexstirpation beginnen, die ihn vor
unĂŒberwindliche Schwierigkeiten stellen kann. Auch Ver-
wechslung mit intraligamentÀren Exsudaten ist möglich.
Hiergegen schĂŒtzt Aufschieben der Operation und Unter-
suchen von Blut, Temperatur und VerÀnderungen des Tu-
mors.
Den entzĂŒndlichen Infiltraten des Beckenbindegewebes
J'slehen schlieĂlich die karzinomatösen gegenĂŒber. Auch hier
rweist Temperaturbeobachtung den rechten Weg. wahrend
'.der Tastbefund, auch der rektale, nicht immer eindeutig sein
»wird. Gelingt durch resorbierende Verfahren die Verkleine-
rung, so handelt es sich um Exsudat.
Y, Zwischen hochliegenden parametranen Exsudaten und
Perityphlitis weist LeukozytenzÀhlung und Temperatur-
fmessung den rechten Weg, nur bei akut entzĂŒndlichem Ex-
sudat finden wir ebenfalls Leukozytenzahlen von 18 000 bis
'25 000 und hohe Temperatur. In diesen FĂ€llen bleibt zur
'Differentialdiagnose nur die Defense museulaire und die
.HyperÀsthesie, in deren Beurteilung der GynÀkologe alle-
rdings dem erfahrenen Magendarmchirurgen, dessen mi-
jnutiöse Beobachtung der AbdomenflÀche dem AnfÀnger recht
»eindrucksvoll sein kann, nicht leicht völlig gleichkommen
wird. Ein akutes Exsudat darf nur mit Bettruhe und Dunst -
UmschlÀgen behandelt werden, erst nach einigen Tagen sollen
resorbierende MaĂnahmen einsetzen, die bei Temperatur-
tanstieg sofort wieder auszusetzen sind. Ein Exsudat opera-
tiv anzugreifen ist ein schwerer therapeutischer Irrtum, der
Stur die Patientin lebensgefÀhrlich werden kann, indes selten
^vorkommt. Eine zweckmĂ€Ăige Therapie ist: Nachts Glyzerin-
/tampon mit Jod, Ichthyol, Jothion, Thigenol, tags heiĂe
Duschen mittels SpĂŒlbirne. Dazu noch u. lT. Thermophor,
HeiĂluft und besonders Diathermie. .Nach 0â8 Wochen kann
das Bett verlassen weiden. Dann noch 2- '.'< Solsitzbader
wöchentlich. Drohende Vereiterung zeigt sich im Ansteigen
der Leukozytenzahl, 10 0(10 22 000 deuten auf kleinere Herde,
ein Anstieg bis 30 000 auf zusammenhÀngende Vereiterung,
schmerzhafter hÀufiger LJrindrang weist darauf hin. daà der
Eiter gegen die Blase zu einen Ausweg sucht, Tenesmen, daĂ
er gegen das Rektum, Rötung der Bauchdecken; daà er gegen
diese sich wendet. Inzision ist dann angezeigt.
Eine auf das Becken beschrÀnkte Peritonitis wird, wenn
sie starke peritonitische Symptome macht (Fieber, Meteoris-
mus, hochgradige Druckempfindlichkeit des Abdomens.
Flatusverhaltung, Erbrechen, Singultus) oft mit allgemeiner
Peritonitis verwechselt werden. Diese Verwechslung ist ver-
hÀngnisvoll, denn werden bei Eröffnung des Abdomens die
schĂŒtzenden AdhĂ€sionen zerstört, so wird die Peritonitis 1h--
kanniterweise generalisiert. Die Unterscheidung ist schwer.
Bei Pelviperitonitis bleiben die Baue brefie xe oberhalb des
Nabels erhalten, die vaginale Exploration ist wesentlich
schmerzhafter, die Patientinnen sind Àngstliche!, wÀhrend
bei diffuser Peritonitis das Verfallen der GesichtszĂŒge, KĂ€lte
der peripheren Teile ĂŒberwiegen, auch Flatus- und Stuhl -
verhaltung sowie Singultus ausgesprochener sind. Bei Pelvi-
peritonitis ist im allgemeinen abzuwarten, es sei denn, daĂ
Perforation einen groĂen Pyosalpinx zu vermuten ist. SpĂ€ter
kommt es dann zum DouglasabszeĂ. SorgfĂ€ltige Temperatur- ,
messung ist erforderlich. Probepunktion kann Klarheil
bringen. Es mag hier sowie auch bezĂŒglich der Feststellung
der TubargraviditĂ€t, genauer bezĂŒglich der Feststellung
offener Blutung in die Bauchhöhle infolge TubargraviditÀt
erwĂ€hnt werden, daĂ gegenĂŒber der Punktion, die auch
Liepmann in seinem gynÀkologischen Operationskurs be-
schreibt und fĂŒr die er eine besonders geformte Nadel ab-
bildet, Döderlein seinen Hörern die breilere Eröffnung
mittels Thermokauter oder Messer empfiehlt und die enge
Lichtung der Nadel, die auch nur Gewebssekret zutage för-
dern kann, als nicht zuverlÀssig genug bezeichnet.
Der GynĂ€kologe begeht schlieĂlich zuweilen nach ' v. J.
den Irrtum, neben Erkrankungen des inneren Genitale nicht
auch besonders an die Àhnliche Beschwerden verursachende
adhÀsive Colitis auf der Grundlage chronischer Obstipation
zu denken. So findet sich z. B. hÀufig eine Retroflexio mit
Enteroptose und adhÀsiver Pericolitis kombiniert. Die Be-
schwerden bestehen nach Aufrichtung fort, um erst zu
schwinden, wenn bei der Operation die AdhÀsionen gelöst
werden, wozu nach Durchtrennung zuweilen eine Ăeber-
nÀhrung der Serosastellen oder sogar Netztransplantation er-
forderlich ist. Robert K u h n (MĂŒnchen).
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
Medicinischc Klinik.
12. Febr. 22, 18. Nr. 7.
lieber Nalvarsan und die Maximaldosen. Helft c r . \. 199!
⊠Die asthenische CiofĂ€Ăreabtlioii als konstitutionelles Stigma bei Kindern.
S C Ii I i i , Fr. 201.
⊠Der makroskopische Hilmokoniennachweis (Fettnaehweia im Blutsenuno.
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Kretinismus und endemische Ossifikationsstörungen. V i n k Ii e i n e r. na.
Tierversuche und klinische Beobachtungen bei Darreichung von Zentral
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UehcrmĂ€Ăigcr Nikotingenuö als Ursache einer allgemeinen Budarteriitis.
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1 eher Pityriasis rosea bei Syphilitikern und .lariseh-Herxheimersche Ke-
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!5tfr Krage: Hysterie und Hydrotherapie. T 0 bi as . E. 215.
Lichterythem und WellenlÀnge, v x m a n n. 216.
HÀufigere Zustandebilder bei Influenza. Wölfl. W. 216.
Die asthenische GefĂ€Ăreaktion als konstitutionelles Stigma
bei Kindern. Schiff unterscheidet zwei Typen von Sehein-
anÀmie bei Kindern. Der eine zeigt trotz seiner BlÀsse hÀufigen
Farbenwechsel schon bei den geringsten AnlÀssen, wÀhrend der
andere stets seine blasse Farbe zeigt. Diese Kinder sind gewöhn-
lich von zarter Konstitution, haben eine schlechte Hautfarbe und
inachen den Eindruck chronisch Kranker, ohne daĂ jedoch ein
pathologischer Organbefund im ĂŒblichen Sinne zu erheben wĂ€re.
Von dem ersten Typ, dem vasolabilen, aber unterscheiden sie sich
auch durch das Fehlen des Dermographismus. Beide jedoch ha-
ben einen auffallend kleinen, leicht unterdrĂŒckbaren Puls, der bei
den immer blassen Kindern ausgesprochen filiform ist. Dieser
Befund, sowie ein röntgenologisch festgestellter langer, schmaler
GefaĂschatlen lieĂeil Verf. eine abnorme Enge des GefĂ€Ăsystems
annehmen und die BlÀsse als arterielle AnÀmie deuten. Mangels
anderer Nachweismethoden wurde eine Art FunktionsprĂŒl'ung
des GefĂ€Ăsystems vorgenommen und es zeigte sich hierbei, daĂ
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 18/19.
die vasolabilen Kinder auf Adrenalin zwar prompt reagieren,
aber in erheblich geringerem Grade als normale, und daĂ die
immer blassen Kinder sich gegen Adrenalin absolut refraktÀr
verhalten. Diese Reaktion bezeichnet Verf. als asthenische GefĂ€Ă-
ieaktion, und betrachtet als ihre Grundlage eine mangelhafte Ge-
ra Ăanlage. Weitere Untersuchungen ĂŒber die Beteiligung des
Nervensystems an dieser Reaktion zeigten, daĂ auch nach Vor-
behandlung mit Atropin sich diese Kinder dem Adrenalin gegen-
ĂŒber unverĂ€ndert verhalten; Vorbehandlung mit Thyreoidin ergab
keine eindeutigen Resultate. Verf. wendel sich dagegen, diese
Kinder als neuropathisch zu betrachten; es handelt sich nach
seiner Ansicht um eine konstitutionelle Anomalie.
Der makroskopische HĂ€mokoniennachweis. (Fettnachweis im
Blutserum.) Den Nachweis des Ueberganges von GallensÀuren in
den Darm und die dadurch bedingte Fettresorption durch Unter-
suchung des Blutes im Ultramikroskop bezw. im Dunkelfeld -
Nachweis von HĂ€mokonien (FettstĂ€ubchen) â wollen Glaser
und Buschmann durch die einfache makroskopische Betrach-
tung des Blutserums ersttzen. Fetthaltiges Blutserum zeigt eine
mehr oder weniger starke milchige TrĂŒbung bezw. Opalescenz.
Vergleichende Untersuchungen haben die ZuverlÀssigkeit des Ver-
fahrens gezeigt. 2 Stunden nach Einnahme von 50 g Fett werden
durch Venepunktion Blut entnommen und das Blutserum nach
Abscheidung vorsichtig abpipettiert. Zur VerstÀrkung der Re-
aktion kann man das Blutserum in einem engen Reagenzröhrchen
mit einer 5% wĂ€sserigen Glyzerinlösung ĂŒberschichten, wobei an
der Grenze beider FlĂŒssigkeiten ein deutlicher weiĂer Ring auf-
tritt, besonders nach 24 stĂŒndigem Verweilen im Brutschrank
bei 37°.
Die Therapie der Epididymitis und Funiculitis gonorrhoica
durch den Praktiker. Reinhard-Eichelbaum hat mit der
intravenösen Arthigonbehandlung bei Epididymitis sehr gute Er-
folge erzielt. Er injiziert am ersten Tage von dem schwÀcheren
Schering'schen Arthigon 0,2 auf 1,0 Aqua dest. verdĂŒnnt. Tritt
kein Fieber auf, so werden am nĂ€chsten, sonst am ĂŒbernĂ€chsten
Tage 0,4, am 4. oder 6. Tage 0,6 injiziert, im Ganzen höchstens
6 â 7 Injektionen, ohne die Dosis von 0,6 zu ĂŒberschreiten. Zur
besseren Resorption und Verhinderung von Rezidiven gibt Verf.
innerlich bis zu 6 Flaschen folgender Lösung: Extr. Beilad. 0,2,
Natr. jodat, Natr. salicyl. aa 10,0, Aqu. dest. ad 200,0; 3â 4 mal
tĂ€gl. 1 EĂlöffel. In hartnĂ€ckigen FĂ€llen rezidivierender Epididy-
mitis und Funiculitis wurde nach der Arthigonkur das Skrotum
mit Ichthyol, pur. eingepinselt und an- zwei aufeinanderfolgenden
Tagen je 2 cem Terpichin intramuskulÀr injiziert. Der Erfolg
war nach dieser Behandlung ĂŒberraschend gut.
Silbermann. Charlottenburg).
19. Februar 1922. 18, Nr. 8.
Salvarsanfragan. Arndt. 231.
âlieber de Manifestation von Pankrcaserkrankuiigeii im Röntgenbilde.
Herrnheiser, G. 233.
Umfrage ĂŒber die neue Influenzaepidemie. 237.
Die Behandlungsmethoden der Knochen- und Gelenktuterkulosc in Àer
VolksheilstÀtte Grimmeiistein. R o m i e h. 239.
âUebej- die Methoden der Messung der Körpertemperatur und ĂŒber ein neues
Verfahren der Schnellmessung. Poe Ich au. 240.
reber die Praxis der Röntgentiefendusieiung. Nagel Schmidt. 242.
Kretinismus und endemische Ossifikationsstörungen (Schluà aus 7).
Finkbeine r. 244.
âZur Behandlung der Oxyuriasis (WurmkuankheiS). Braun. 247.
âUeber das Plockungsv'ermögen des Blutplasmas bei Lungentuberkulose.
Frisch und S t a r 1 i n g e r. 247.
lieber die Bedeutung der Hydro- und Thermotberapie bei einigen funktio-
nellen Nervenkrankheiten (genuine! Epilepsie â Chorea minor. Be-
schĂ€ftigungsneurosen. Tic, Paralysis agitans â Ba-sedow'schej Krank-
heit). Tobias. 249.
Ueber die Manifestation von Pankreaserkrankungen im
Röntgenbilde. Der direkte radiologische Nachweis von Pankreas-
erkrankungen ist bisher eigentlich nur fĂŒr Gasabszesse und
l'ankreassteine gelungen; in allen anderen FĂ€llen von Parikreas-
erkrankung ist man auf den indirekten Nachweis angewiesen,
d. h. auf die Erscheinungen, die die Pankreaserkrankung auf die
umgebenden Organe ausĂŒbt. Den anatomischen VerhĂ€ltnissen
entsprechend kommen hierbei der Magen in seinen verschiedenen
Abschnitten, das Duodenum und das Colon transversum in Be-
tracht. Pankreastumoren bringen je nach ihrer Lage an diesen
Organen VerdrÀngungserscheinungen, Einbuchtungen mit glatten
Konturen an der groĂen oder kleinen Kurvatur des Magens,
Duodenalstenose, morphologische VerÀnderungen am Bulbus
duodeni hervor, wobei differentialdiagnostisch hervorzuheben ist,
daĂ, sofern der Tumor nicht bereits fest mit der Umgebung ver-
wachsen oder in das Nachbarorgan hineingewachsen ist, der
Tumor leicht von dem Nachbarorgan abzudrÀngen und eine deut-
lich ĂŒber den' eingebuchteten Teil gehende Peristaltik sichtbar
ist. (Auf weitere Einzelheiten der Diagnostik kann im Rahmen
des Referats leider nicht eingegangen werden.) Auch Pankrea-
titis und Pankreasnekrose lassen sich in der Hauptsache nur
durch ihre Einwirkung auf die Nachbarorgane â Verdran^ungs
und Kompressionserscheinungen â diagnostizieren, bezw. kann
der klinische Verdacht auf eine entzĂŒndliche Erkrankung durch
den Nachweis eines auf die DrĂŒsen ĂŒbergreifenden GeschwĂŒres
des Magens oder Duodenum gestĂŒtzt werden.
Ueber die Methoden zur Messung der Körpertemperatur und
ĂŒber ein neues Verfahren der Schnellmessung. Poeich au
macht auf eine im Jahre 1907 bereits von EnglÀnder angege-
bene Methode der Temperaturmessung von neuem aufmerksam,
der Temperaturmessung des ausströmenden Urins. Verf. hat zu
diesem Zweck ein kleines Drahtgestell zur Aufnahme des Termo-
meters hergestellt, das in das UringefÀà hineingehÀngt wird. Zu
beachten ist hierbei nur, daĂ das Orificium urethrae dem Queck
silbepbehÀller des Thermometers möglichst genÀhert wird. Die
gemessenen Temperaturen waren in der Ruhe: Morgens 36,4 bis
36,8, stiegen im Laufe des Tages bis 37,2; bei Anstrengungen wur-
den je nach GröĂe derselben Temperaturen bis 38,15 festgestellt.
Die Vorteile der Methode liegen nach Verf. in der â gröĂeren Schnel-
ligkeit der Messung â wenige Sekunden â , in der gröĂeren Zu-
verlÀssigkeit bei richtiger Technik, Vermeidung jeglicher In-
fektionsgefahr, Einfachheit der Anwendung und Billigkeit bei
Massenanwendung, da man mit einem Thermometer auskommen
kann.
Zur Behandlung der Oxyuriasis (Wurmkrankheit). B r a n n
hat mit der Verwendung des Butolans bei Oxyuriasis gute Erfolge
erzielt. Er lĂ€Ăt drei Tage lang dreimal tĂ€gl. V* gr., bei Kindern
entsprechend weniger nehmen, wodurch eine Abtötung oder SchÀ-
digung der WĂŒrmer eintreten soll. Am 4. und 5. Tag wird Ca
lomel genommen. AuĂerdem jeden Abend ein Klysma von ?/âą 1
Kalkwasser, ferner eng anschlieĂende Badehose zur Nacht und
grĂŒndliche Waschung der Analgegend mit warmem Wasser des
Morgens, sowie frische WĂ€sche. Die Kur wird 16 Tage durch-
gefĂŒhrt und nach 14 Tagen wiederholt.
Ueber das Flockungsvermögen des Blutplasmas bei Lungen-
tuberkulose. Frisch und Starlinger haben fĂŒr die Diffe-
rentialdiagnose und Prognose der Lungentuberkulose ein neues
Verfahren angegeben, das auf der gleichen Basis wie die Sen-
kungsprobe der Erylhrocyten«aufgebaul ist. auf dem Fibrinogen-
gehalt des Blutplasmas. Das mittels Spritze oder durch Venen-
punktion gewonnene Blut wird im VerhÀltnis von 2 Teilen 5%
Natriumeitrat zu 8 Teilen Blut gemischt, und dann entweder durch
Zentrifugieren oder Sedimentieren das Plasma gewonnen. 0.2 eern
desselben werden dann mit der gleichen Menge gesÀttigter Koch
Salzlösung versetzt und das Resultat der Flockung nach einmali-
gem grĂŒndlichen UmschĂŒtteln nach 3 Minuten abgelesen. Je nach
dem Grade, unterscheiden sie nun zwischen aultretender TrĂŒbung
und starker Flockung, was einem Fibrinogengehalt von weniger
als 0,2% bis mehr als 0,4% entspricht. Da der Grad der Flockunp,
von dem Grade des Fibrinogengehalts abhÀngig ist. dieser aber
wiederum von dem EiweiĂabbau des Körpers, so konnte schon
theoretisch angenommen werden, daà die Flockung um so stÀrker
ausfallen muĂte, je destruktiver der KrankheitsprozeĂ war. Diese
Annahme ist durch die Untersuchungen an 70 Tuberkulösen ver-
schiedenster Art bestĂ€tigt worden. Es zeigte sich, daĂ" die gut-
artigen Formen der Tuberkulose â trockene Pleuritis. Bronchial
drĂŒsentuberkulose â die geringste Flockung aufwiesen, etwas
stÀrkere die fibrösen, zur Heilung neigenden Formen, wÀhrend
sehr starke Flockung die echt phthisischen Prozesse mit ihrer
schweren Kachexie, sowie auch die kÀsige Phthise und die kÀsige
Pneumonie zeigten. â Die Probe selbst erachten die Verff. fĂŒr
klinische Zwecke als hinreichend genau, um ein Urteil ĂŒber die Ak-
tivitÀt und Progredienz des Prozesses zu gewinnen, ist leichter
zu handhaben als die Senkungsprobe und kann gegebenenfalls mit
dieser kombiniert werden. Silber m a n n 'Charlottenburs'
Deutsche Medizinische Wochenschrift, Leipzig.
2. MĂ€rz 1922, 48, Nr. 9.
âlieber die Bedeutung der Hirnpunktinn und der Lumbalpunktion fĂŒr die
Diagnose und Prognose des Hirnabszessis. RindfleiSC h. 279.
Diabetes insipidus nach Trauma, erfolgreich mit Pituglandol behandelt.
Thörnet. 280.
Ueber das Wesen des Gerinnungsfermentes. Step h a n. 282.
âZur Entstehung der Lungenblutungen. Rick m a n n. 884.
SektionsVjefund d'ner kryptogenetischen oernizinsen AnÀmie im Stadium
vollstÀndiger Remission. Z a d e k. 985.
Zwei KrankheitsfÀlle mit malariaÀhnlicbein Fieber. B r a u D s, -"ST.
Doppelseitiges, nicht traumatisch entstandenes Aneurysma arteriovenostffii
zwischen der Art. carotis interna und dem Sinus cavernosus mit
Exophthalmus pulsans. Rieh m. 287.
40. Jahrg. â Nr. 18/19.
Aas den neuesten Zeitschriften
Zur physikalischen Kmphysembehandlung. Ketsch er. i8J.
âŠl'eher die ERtufigkell nervöser Unfatifolgon und Ihrer praktischen Bedeutung.
Horn. 288.
Kin Kall von eitriger Peritonitis nach Mandelcnt/.nmlunij. S e Ii i I I i n g.
290.
l'eher ilie Aussichten der antleyph 11t tischen Behandlung bei Keratitis paren-
chymatös«. I. a n g e n d o r f f. 200.
Hin Kall von Lipodystrophie progressiva. S c b w e n k e, 202.
Terpentinöl und Terpiohin hei der Behandlung von SchweiĂdrusenubszessen
in der Achselhöhle. KĂŒhl e. 293.
Zur Klinik der Siiugliiigsskabies. Heil 111 a 11 n. 294.
Die Schutzimpfung gegen Lyssa durch das mit \ether behandelte Virus fixe
A 1 ii v i s a t o s. 295.
Ueber die Bedeutung der Hirnpunktion und der Lumbal-
punktion fĂŒr die Diagnosen und Prognosen des Hirnabszesses.
Das langdauernde Latenzstadium der traumatischen Hirn-
abszesse erfordert vor allem ein diagnostisches Hilfsmittel und
dies ist einmal die absolut ungefÀhrliche Hirnpunktion, nament-
lich hinsichtlich der Lokalisation des Abszesses. Bei unkom-
plizierten Abszessen ergibt die Lumbalpunktion: Erhöhung des
Druckes bis zu sehr hohen Graden, mĂ€Ăige Vermöhrung des
Albumin- und Globulingehaltes, erhebliche Pleozytose meist
lymphozytÀrens seltener leukozytÀren Charakters, keine spon-
tane Gerinnung, keine Bakterien. Eine tuberkulöse Affektion
zeigt spontane Gerinnung und Bazillen, eine luische positive
Wa. B. oder Goldchloridreaktion.
Zur Entstehung der Lungenblutungen. Bei MĂ€nnern â am
hĂ€ufigsten zwischen dem 15. und 25. Lebensjahre â sind Blu-
tungen bei Lungentuberkulosen hÀufiger als bei Weibern. Sie
werden vielfach durch kritiklose Sonnenbestrahlungen, seltener
durch kĂŒnstliche Höhensonne hervorgerufen. Sie lassen sich bei
Tuberkulin- und Partigenkuren verhĂŒten, wenn man zu starke
Beaktionen- vermeidet. Bichtig angewandte Böntgentiefen-
therapie verursacht keine Blutungen, eher beschleunigte Narben-
bildung. HĂ€ufig sind fĂŒr das Zustandekommen von Blutungen
die Wechselwirkungen mehrerer Faktoren der Witterung verant-
wortlich. Sogenannte vikariierende oder supplementÀre Blu-
tungen haben keine praktische Bedeutung.
Ueber die HÀufigkeit nervöser TJnfallfolgcn und ihre prak-
tische Bedeutung. Bei Sozialversicherten betrÀgt der Prozent-
satz der Unfallneurosen durchschnittlich nur 1 Prozent aller ent-
schÀdigungspflichtigen BetriebsunfÀlle, die Gesamtzahl der Un-
lallneurotiker in Deutschland wird auf 13 â 14 000 berechnet. Bei
HaftpflichtfÀllen, insbesondere Eisenbahnunfallverletzten, sowie
bei Privatversicherten sind HĂ€ufigkeit und praktische Tragweite
unvergleichlich gröĂer. Die Eisenbahnunfallneurosen,' die die
HÀlfte aller von Eisenbahnpassagieren gemeldeten UnfÀlle aus-
machen, erfordern zu ihrer BekÀmpfung dringend gesetzlicher
Abhilfe durch Aenderung des Reichshaftpflichtgesetzes. Letzteres
gilt auch bei den Sozialversicherten. Empfohlen wird bei dieser
Zwangsabfindung sofern unter 50 Prozent Erwerbsminderung bei
HaftpflichtfÀllen, Begrenzung der Bentenzahlung und obligatori-
sche Abfindung nicht komplizierter FĂ€lle.
v. Schnitzer.
10. MĂ€rz 1922, 48, Nr. 10.
âŠUeber parenterale Behandlung mit unspe/.ifischen EiweiĂkörpern.
S t i n tz i n g. 811.
âŠEine neue Theorie ĂŒber die materielle Grundlage der funktionellen Su-
perioritat der linken HemisphÀre. K ö r t i g. 312.
âŠUeber 'Ii itgiftende Wirkung der Spinatsekretinlösung auf Strophantin.
M i y ader a. 313.
Moderne Strophanthiwthernpie mit besonderer BerĂŒcksichtigung von Stro-
phalen âTosse". Cr r i in m e. 314.
âŠUe'ber die Leukosytenvertei'lung in der Blutliahn. Stahl. 314.
Erfahrungen mit BluttraniSfusioneh nach Oehlecker am chirurgischen Ma-
terial. I. He m p e 1. 316.
i eher die Aetlologie der Köhlerschen Krankheit. Baenech. 318.
VergiftungsfÀlle mit Baryumprilparatem bei Röntgenuntersuchungen?
Krause. 319.
[,'eber Eunuchoidismus beim Kaninchen in Gegenwart von Sperpvatozoen in
den HodenkanÀlchen und unterentwickelten Zwischenzeiten. Lip-
schĂŒtz, B o r m a n n und W a g n e r. 320.
Persönliche Prophylaxe beider Geschlechter als Hilfsmittel aur Sanierung
der Prostitution. 11 a Ii e r nva n n. 322.
Eine schnelle, saubere und zuverlĂ€ssige PrĂŒfung .des Stuhls auf okkultes
Blut. WeiĂ. 323. \
Eine neue Salbengrundlago. StÀche r. S24.
Ueber parenterale Behandlung mit unspezifisehen EiweiĂ-
körpern. Die bisherigen Erfahrungen geben noch kein abschlie-
Ăendes Urteil. Man weiĂ nur, daĂ parenteral' gegebene Protein-
körper auf gewisse entzĂŒndliche Erkrankungen einen die Ent-
zĂŒndung' neu anfachenden Beiz, hĂ€ufig einen allgemeinen Beiz-
auf den Gesamtorganismus ausĂŒben, was bisweilen heilsam sein
kann. Wie, wann und durch welche EiweiĂkörper diese Heil-
wirkung zu erreichen ist, muĂ erst noch festgestellt werden.
Dies ist nur möglich bei vorausgehender und nachfolgender ge-
nauer Beobachtung, bei Anwendung kleiner Dosen im Beginn mit
stufenweiser Steigerung oder Minderung je nach Lage des Falles
bei rechtzeitiger Unterbrechung der Behandlung bei lÀnger an-
haltender Beaktion.
Eine neue Theorie ĂŒber die materielle Grundlage der funk-
tionellen SupcrioritĂ€t der linken HemisphĂ€re. , Das gröĂere Vo
lum des linken Seitenvcntrikels ist sowohl das anatomische
Substrat wie das physiologische fĂŒr die funktionelle SuperioritĂ€t
der linken HemisphÀre.
Ueber die entgiftende Wirkung der Spinatsekretinlösung auf
Strophantin. Slrophantinlösung, damit vermischt, zieht den Ein-
tritt des systolischen Herzstillstandes deutlich hinaus.
Ueber die Leukozytenverteilung in der Blutbahn. Im Haut-
blut ist die Zahl der Leukozyten, gröĂer als in den gröĂeren
GefĂ€Ăen. Ursache hierfĂŒr in den physikalischen VerhĂ€ltnissen
der Strombahn. Bei entzĂŒndlichen ZustĂ€nden enthĂ€lt das zu-
fĂŒhrende GefÀà nicht mehr Leukozyten als das abfĂŒhrende. Auch
dann enthÀlt das herdferne Hautblut mehr Leukozyten als das Blut
der gröĂeren GefĂ€Ăe. v. Schnitzer.
MĂŒnchener medizin. Wochenschrift.
10. MĂ€rz 1922, Nr. 10.
Funktion der Nebennierenrindc. Stephan.. 339.
âŠLeberfunktionsprĂŒfungen. L e p e h n e. 342.
Pankreasfunktion bei Ruhr. v. Friedrich. 344.
Gewinnung von DĂŒnndarminhalt beim Menschen. Ganter. 347.
Tuberkulosebehandlung mit Röntgenstrahlen. Hilpert. .Iis.
âŠTherapie des septischen Aborts. Har.iorn. 350.
âŠNeosilbersalvarsannatrium. Galewsky. 352.
AnreieheTungsverfahren. HuntemĂŒller. 358.
Aluminiumsachen zur Aufnahme des EKG. Wehe r. 356.
Adolf KuĂmauls 100. Geburtstag (SchluĂ). F I e i n e r. 356.
Uefcer LeberfunktionsprĂŒfung. Verf. berichtet ĂŒber die
Chromodiagnostik, die GallensÀuren im Duodenalsaft und Urin,
die Faltasche Gallenprobe und die Urobilinogenurie. Einzel-
heiten mĂŒssen im Original gelesen werden.
Zur Frage der Therapie des septischen Abortes. Verf. tritt
in lĂ€ngeren, statistisch und kasuistisch belegten AusfĂŒhrungen
fĂŒr die konservative Methode ein, da es das schonendere und
ĂŒberlegenere Verfahren sei.
Meine Erfahrungen mit Neosilbersalvarsannatrium. NssN.
ist ein sehr wirksames, bei weitem das Neosalvarsan ĂŒber-
ragendes PrÀparat, das dem Silbersalvarsan in der Wirkung
fast gleich ist und den Vorzug hat, daà es in höheren Dosen
vertrĂ€glicher ist als das Silbersalvarsan. Verf. empfiehlt es fĂŒr
Abortivkuren aufs wÀrmste. Es ist aber auch in Kombination
mit Hg oder als Mischspritze oder in Verbindung mit Jod auĂer-
ordentlich wirksam und gut vertrÀglich.
F. Loewenhardt (Charlottenburg-Westend).
Zentralblatt fĂŒr innere Medizin.
4. MĂ€rz 1922, Nr. 9.
Zur diagnostischen Bewertuns; der HutehinsonzÀhne. Kraupa, E. 153.
11. MĂ€rz 1922, Nr. 10.
âŠlieber Hypertonie und Zuckerkrankheit. Maranon. G. 169.
Ueber Hypertonie und Zuckerkrankheit. Bei einer gewissen
Anzahl von FĂ€llen von Diabetes besteht ein âprĂ€glykosurischer
Zustand", welcher gewöhnlich nicht bemerkt oder doch nicht in
Zusammenhang gebracht wird mit der diabetischen Störung,
welche sich hauptsĂ€chlich in arterieller Hypertension Ă€uĂert.
Becker.
18. MĂ€rz 1922, Nr. 11.
Eine Modifikation der Jod-Gallenfarbstoffprobe im Hain. S i 1 b e r s t e r n.
185,
25. MĂ€rz 1922, Nr. 12.
Sammelreferat aus dem Gebiete der Pharmakologie. B a i h e m . G. 201.
Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und
Chirurgie, Jena.
1922, 34, Heft 5.
Schwankungen des BlutgefrierpunkteÀ. E 1 f e 1 d t. 567.
Operativ geheilte Rindenepilepsie nach SteckschuĂ. Kunz. 591.
Chronische Paronychie. T i 1 1 m a n n. ÂŁ96.
Erwiderung auf die Entgegnung von J. Boas. P e 1 p e r. 598.
364
Aus den neuesten Zeitschriften
10. Jahrg. â Nr. 18 19.
âVerschiebung des weiĂen Blutbildes im Organismus. Ruf f. 601.
EinfluĂ der Hodenreduktion auf die elektrische Erregbarkeit des peripheren
Nervensystems. Melchior und Nothmann. 612
âSpondylitis. Quincke. 624.
âHirschsprungsche Krankheit. Vogt 1. 637.
Verhalten der Gewebe gegenĂŒber physiologischer Kochsalzlösung.
Rostock. 644.
Isoagglutinine und Isolysine bei der Bluttransfusion. .1 c r v e 1 1. ' 650.
Haemagglutination und Bakterienagglutination als Diagnostikuni. Vor-
schĂŒtz, Job. und VorschĂŒtz, Jos. 662.
Wasserversuch als differentialdiagnostisches Mittel bei Ulcus und C&reinom
des Magens. Bonn. 678.
Die Verschiebung des weilten Blutbildes im Organismus.
Durch genaue BlutkörperchenzÀhlung wird gezeigt, daà das Ka'-
pillarblut in den inneren Organen eine gröĂere Zahl von Leuko-
zyten besitzt als das der Körperperipherie. "Wir sind daher nicht
berechtigt, aus der Zahl der bei einer peripherischen Blutent-
nahme gezĂ€hlten Leukozyten sichere RĂŒckschlĂŒsse zu ziehen auf
die Gesamtzahl der Leukozyten im Körper. Das rote Blutbild
zeigt keine Schwankungen.
Ueber Spondylitis. Die diagnostischen Merkmale einer
Wirbelerkrankung â deren Sitz am hĂ€ufigsten der Wirbelkörper
ist â sind folgende: Druckschmerz (Stauchungsschmerz); Be-
wegungsstörung der "WirbelsÀule; FormverÀnderung (Gibbus,
Kyphose); sensible und motorische Störungen (durch Mitbeteili-
gung des RĂŒckenmarks). AuĂer den bekannten traumatischen
und tuberkulösen "WirbelsÀulenerkrankungen gibt es noch andere,
weniger bekannte bakterielle Affektionen der Wirbel: Spondy-
litis infectiosa. Der hÀufigste Erreger ist der Typhusbazillus,
aber auch Pneumokokken, Strepto- und Staphylokokken kommen
in Betracht. Diese im Anschluà an andere infektiöse Erkran-
kungen (Angina, Furunkel, Grippe) auftretenden WirhelentzĂŒn-
dungen unterscheiden sich von der tuberkulösen Erkrankung
durch den plötzlichen Beginn, die gröĂere Schmerzhaftigkeit und
besonders durch ihre weit gĂŒnstigere Prognose: im allgemeinen
tritt in wenigen "Wochen völlige Heilung ein. In ihrer rudimen-
tĂ€ren Form wird die Krankheit nicht selten ĂŒbersehen oder als
Rheumatismus. Lumbago usw. behandelt.
Zur Frage der. Aetiologie der Hirschsprung'sehen Krankheit.
Als Àtiologische Momente der H.'schen Krankheit kommen in
Betracht: Abnorm langes Mesosigma; angeborene Verengerung
des Analringes; Sphincterkrampf ; Abknickung durch Schrump-
fungsprozesse im Mesosigma; mechanisch bedingte Darmver-
engerung (Fremdkörper, Narbe). Ein Zusammenhang mit allge-
meiner konstitutioneller Asthenie ist anzunehmen. â 8 Kranken-
geschichten mit Operationsbefund.
K. Wohlgemuth (Berlin..
Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
11. MĂ€rz 1922, 49, Nr. 10.
Fortlaufende Instrumtintensterlisation bei Karzinomoperationen. H e n s c h e n.
314.
âBemerkungen ĂŒber den Pal] von SpĂ€ttetanus. P o c h h a in m c r. 310.
Neue GefĂ€Ăklemme. Harth. 317.
VerlÀngerung des Samenstrangs. Hofm a n n. 318.
âVerletzung der ChylusgcfĂ€Ăe des Mesenteriums. Rrunnctr. 32U.
Bemerkungen zu der Mitteilung Brunzels ĂŒber einen Fall von
SpÀttetanus im Z. f. Ch. Nr. 46, 1921. Verfasser steht dem von
Ărunzel beschriebenen Fall von SpĂ€ttetanus nach 7, Jahren
(referiert in dieser Zeitschr. 1922 Nr. 1) sehr skeptisch gegen-
ĂŒber. Es fehlt sowohl in positivem Sinne der Beweis dafĂŒr, daĂ
der Granatsplitter oder ein mit ihm eingedrungener Fremd-
körper TrÀger der Tetanussporen war (Tierversuch?), wie in
negativem Sinne dafĂŒr, daĂ nicht vor der Operation eine neue
Verletzung der alten SchuĂnarbe stattgefunden hat oder bei der
Operation eine Infektion mit Tetanus erfolgt sein könnte (Ope-
ration in der Wohnung!).
Ueber traumatische, isolierte subkutane Verletzung der Chy-
lusgefĂ€Ăe des Mesenteriums. Ein Stallknecht erhĂ€lt einen Huf-
schlag gegen den Leib. Bei der Laparatomie â Wahrscheinlich-
heitsdiagnose Darmruptur findet sich im Mesenterium der
obersten Jejunumschlinge von cT?r Wurzel aufsteigend ein scharf,
aber buchtig sich abgrenzender Bezirk weiĂ-milchiger AusfĂŒllung
/.wischen den BlÀttern des Mesenteriums. Kein Mesenterial- oder
DarmriĂ, keine Blutung. Es handelt sich um eine traumatische
Ghyluszyste. Eine ErklĂ€rung, warum nur die ChylusgefĂ€Ăe und
nicht BlutgefĂ€Ăe oder das Mesenterium selbst eingerissen sind,
ist vielleicht in der gröĂeren L'Ă€dierbarkeil der ersteren und in
dem F instand zu suchen, das die ChylusgefĂ€Ăe nach dem kurz
vorher genossenen Mittagessen strotzend gefĂŒllt waren.
18. MĂ€rz 1922, 49, Nr. 11
Weiehteilschuit.t fĂŒr UnterkieferdurchsĂ€gung. Koni g. 862.
âAetiologie der GeburtslĂ€bmung. S c Ii ĂŒber t. 363.
Epilepsie bei postoperativer Tetanie. K o e 1 z 1 e. 865:
âErysipelbehandlung. K <u m a r i s. 368.
Behandlung der Varikocele. Gregory. 369. âą
Die Aetiologie der GeburtslÀhmung. Die Geburtslahmung isl
sehr hÀufig kombiniert mit anderen DeformitÀten: Schulterblatt-
hochstand; Schiefhals, Muskeldefekten u. a. m. Wir mĂŒssen sinn-
gemÀà fĂŒr alle gleichzeitig auftretenden MiĂbildungen nach einer
einheitlichen Aetiologie suchen. Durch periphere PlexusschÀdi-
gung, die fĂŒr die GeburtslĂ€hmung verantwortlich gemacht wird,
können aber die anderen DeformitÀten nicht bedingt sein, eben
so wenig wie durch erhöhten intrauterinen Druck. Wir mĂŒssen
daher ein Vitium primae formationis. einen Bildungsdefeki zen-
tralnervöser Teile annehmen.
Abortive Erysipelbehandlung. Verfasser hat in 5 FĂ€llen von
Erysipel die gesamte ergriffene HautflÀche mit einem feinen
Thermokautermesser vorsichtig kauterisiert. In allen FĂ€llen so-
fortiger Stillstand der Infektion und Heilung.
K. W o hl g e m u t h l Berlin
Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
25. MĂ€rz 1922, 49, Nr. 12.
Technik der Appendektomie. Heile. 394.
Totalamaurose nach Novokaininjektion? P e t e r s e a. ;m.
âDiagnostisches Symptom bei Appendizitis. Gregory. 397.
Operation der Hypospadiasis. Fischer. A. 399.
Xcbennicrenexstirpation bei Epilepsie. Specht. 402.
Ueber ein neues diagnostisches Symptom bei Appendizitis.
Die Perkussion zwischen Nabel und Spina iliaca ant. sup. links
also symmetrisch dem Mc. Burney 'sehen Punkt â soll bei
akuter und chronischer Appendizitis an diesem SchmerzgefĂŒhl
hervorrufen. Das Zustandekommen dieser Schmerzempfindung
erklĂ€rt Verfasser durch ErschĂŒtterung des DĂŒnndarms und
Fortleitung bis zu dem erkrankten Wurmfortsatz.
K. Wohlgemuth Berlin
Deutsche Zeitschrift fĂŒr Chirurgie.
1922, 1(58, Heft 3â Ă.
Weber den Mastdarmkrebs. M ;i ndl. F. 145.
Gehirnchirurgische Beobachtungen auf einer Studienreise in Nordamerika.
Kchlaepfer. K. 289.
âDer arterio-me^enteriale DuodenalverseliluK. Bernhard, W. 319.
BeitrÀge zur chirurgischen Anatomie des Pfortadersystems. W a 1 c k e r .
F. J. 354.
ârntersuchungen ĂŒber das L'letiskarzinom des Magens. P e y s e r . F. 409.
Der artcrio-mesenteriale Darmversehluli. An Hand von zehn
einschlĂ€gigen FĂ€llen legt Verf. seinen Standpunkt gegenĂŒber dem
hinsichtlich klinischer und Àtiologischer Fragen vielumstrittenen
Krankheitsbilde dar. Hiernach empfiehlt sich die Einteilung der
Erkrankung in eine neurotische und eine organische Gruppe; im
ersteren Falle liegt stets eine Atonie oder Paralyse des Darmes
vor, im zweiten wird das Leiden durch ein organisches Hindernis
im Zwölffingerdarm ausgelöst. Ueber die jeweilige Schwere der
Erkrankung und ihren Charakter gibt die Magenausleerung
sicheren AufschluĂ, insofern als bei VerschluĂ diese keine Besse-
rung der Beschwerden herbeifĂŒhrt. Therapeutisch kommt auĂer
der erwÀhnten Ausleerung in allen akuten FÀllen die Lagernngs-
therapie nach Schnitzler und als ultimum refugium die La-
paratomie in Betracht. Die Prognose des arterio-mesenterialen
Darmverschlusses ist ernst, besonders bei lÀnger bestehender
und unbehandelter Erkrankung.
Untersuchungen ĂŒber das Ulcuskarzinom des Magens. Patho-
logischer Beitrag zu der klinischen Behauptung hÀufiger Ent-
stehung eines Karzinoms auf dem Boden eines Ulcus ventriculi.
Es ergaben sich auffĂ€llige WidersprĂŒche zwischen klinischer und
pathologisch-anatomischer Forschung, die neuerdings auch ander-
wÀrts festgestellt wurden. Hiernach ist das Magenkarzinom ex
ulcere durchaus als Seltenheit zu bezeichnen. Die sich hieraus
fĂŒr den Chirurgen ergebenden Konsequenzen sind einleuchtend.
L. Frosch (Berlin,
Archiv fĂŒr klinische Chirurgie.
1922, 119, Heft 1.
BeitrÀge zur Krage der operativen Mobilisierung versteifter Fingergelenke.
Hcis s c , E. t.
Weitere BeitrÀge zur Resektion Her Speiseröhre. Ue-1 > . W. 20.
10. Jahrg. â Nr. 18/19.
A u s d e n neuesten Zeil s c driften
365
âąH>i«i Probeexzision bei inuliKiien Tumoren in der Chhuricic und im
Experiment. N u t Ii e r . K. 64.
/um Wesen des EpiRiiitthius. l'ebei eine seltene IVliUiilduun um harten
Gaumen. X :i t Ii e r , K. 78.
âŠL'ebcr Appendixin vaginatlou. Szenes, A. ««.
Ueber die Ftafura stermi und ihre Entstehung, Sze nes, \. Iis.
Komplette dorsolateraili; Luxation im Metatarso-PlialanjtenlKClenk mit
Subluxation im Tarso-Metatarsalttelenk und multipler Fraktur tlutch
Cebertahrcn. S c h u l âą/. . W. 126.
I eher den iutrnperitonenlen Druck. M e l c Ii i o r. K. und M e I c h i u r. I*.
14».
â {âąKi'krnnkunR'i'ii der mĂ€nnlichen MrustdiĂŒse. S c Ii u e I 1 e r . .1. lUi).
I 'eher eiuiK'e Faktoren, welche auf die Topographie der KĂŒrperorgane ein-
wirken. S C h e \v k n n c ii k (i . V. N. l.'iT.
Krf.ihrungeli und Kritik in Dingen der »ogen.innteii ehirurgisehen-uiebt-
vis/.criilen Tuberkulose. Boen, H. 211.
Zur Operation des ZökaltumorS. 11 o f in n n n , \. H. 214.
Uebor den Wen zur Hypopbysis durch die KeHbeinhöblc. Mint â /.. W. 219.
Probeexzision bei malignen Tumoren. Verfasser tritt ent-
Ichieden fĂŒr folgende Forderungen ein: die Probeexzision ist an
der Grenze zwischen gesundem und krankem Gewebe, und zwar
mit alttoi VorsichtsmaĂregeln hinsichtlich peinlichster Technik
n bw âą vorzunehmen. Durch Anwendung des sofortigen- Gefrier
Schnittverfahrens ist die Möglichkeit gegeben, im Bedarfsfall;'
der Probeexzision die Radikaloperation folgen zu lassen.
Ueber Appendixinvagination. ErgÀnzung der relativ spÀr-
lichen Kasuistik (bisher 54 FĂ€lle) durch Mitteilung eines ein-
schlagigen Falles partieller Invagination der Appendix im
Eoecum bei einem 7 jÀhrigen Knaben. Diagnostisch wichtig ist
besonders die Anamnese (kurzdauernde, anfallsweise heftige
Schmerzen mit freien Intervallen), wÀhrend der klinische Re-
Fund 'Bauchdeckenspannung, lokaler Druckschmerz usw.: auch,
fĂŒr typische Appendizitis sprechen könnte. Operation stets in-
diziert. MortalitÀt (i Prozent.
Erkrankung der mĂ€nnlichen BrustdrĂŒse. Sehr eingehende
pathologisch-anatomisch-klinische Studie mit groĂem Literatur-
verzeichnis. Es werden geschildert: Entwicklungsgeschichte und
Anatomie. Entwicklungsstörungen, Zirkulationsstörungen.
EntzĂŒndungen. GeschwĂŒlste, Verletzungen und schlieĂlich Para-
siten. NĂ€heres ist an Ort und Stelle nachzulesen: von besonde-
rem Interesse dĂŒrften die AusfĂŒhrungen ĂŒber Entwicklungs-
störungen und GeschwĂŒlste sein. L. Frosch (Berlin).
Archiv fĂŒr orthopĂ€dische und Unfall -Chirurgie.
10. Januar 1922, 20. Heft L
Zur Pathogenese der Arthritis deiormans. A x bau s e n. l.
'Weber den EinfluĂ der Rotationsbewegungen aul die GeeamtFunktion des
Ellbogengelenks und ihre Bedeutung fĂŒr die Prakturbehandlung.
SchÀfer. H. >2.
l'eber den Umbau kontrakter und ankylotischer Gelenke. M a g uns. jt.
âŠt*Ein Beitrag zur Krage der Mobilisation des Kniegelenks. K o e r e n. "Ii.
lieber einen Fall vom oberer PlexuslÀhmung nach Schiefhalsopefatiöh.
Engel, H. 61.
Physiologische Gesichtspunkte bei der SehneutransplantaUou. M e c k. Q, 64.
â ^Deformierende Prozesse der Epipllysengegcnd bei Kindern. E r 1 âąâ ! c Ii e r,
Th. 81.
âŠâ Uber eigentĂŒmliche Schattenbildlungen am unteien Femui"ende und an Ober-
schenkel- und Oberarmköpfen. M ĂŒ 1 I e r . Watther. 97.
âŠBrĂŒcke des Brustbeines als stur/.- und Stutzverletzungen beim Turnen.
K a d z a . Franz. nx>.
lieber den EinfluĂ der Rotationsbewegungen au! die Gesamt-
â unktion des Ellcnbogengelenks und ihre Bedeutung fĂŒr die
Frakturhcilung. ' Kein Gfelenk vertragt eine uich nur kurze
Huhigslellung so schlecht wie das Ellenbogepgelenk. Schon nach
m 1 I Tagen bereitet sich die Ankylosierung vor. Umgekehrt
Können selbst geringfĂŒgige Verschiebungen der Frakturenden
in hià zu schwersten Bewegungsstörungen werden. Das kom
plizierlc Ellenbogengelenk mit seiner fĂŒr llandbewegungen be-
sonders wichtigen Doppelfunktion bedarf also einer sehr ex-
akten, aber möglichst "kurzdauernden Fixierung bei Gelenk-
IrĂŒchen.
Nach einer Darstellung der wichtigen anatomischen und
funktionellen VerhÀltnisse, in der er die Einheitlichkeil des
ianzen Gelenkgebildes in anatomischer und physiologischer Hin-
sicht betont, gehl der Verfasser daran, die Frage zu beantworten,
wieweil man durch Auslösung einzelner Bewegungsformen, vor
allem durch Rotationsbewegungen, die GesÀmtfunktion des Ellen
logengelenks beeinflussen kann. Es ergab sich, daĂ die Beein-,
Bussung sehr vielgestaltig ist. Erstens werden die GelenkflÀchen
leibst dauernd gegen einander verschoben, zweitens wird die
Kapsel in ihrem ganzen Umfange durch Drehbewegungen ge-
lehnt und gezerr l; so daĂ man von einer Kapselmassage spreehi n
kann, 'und drittens wird ein weitgehender EinfluĂ auf die Mus
Kein ausgeĂŒbt. SchĂ€fer stellt daher folgende Forderungen
auf: Rotationsbewegungen sind vom ersten Tage der Behandlung
an systematisch, aktiv oder passiv durchzufĂŒhlen Fixierende
VerbÀnde sollen nur bis zur Mitte des Unterarmes redchen, um
Bewegungsmöglichkeit nicht zu hemmen. Mit der Beugestellunp
des fixierten Ellcnbogengelenks ist innerhalb von 0 zu ĂŒ Tagen
zu wechseln; denn wegen des Tausches der Muskelfunktion wird
man in Streckstellung andere Muskeln des Beuge und Streck
apparates durch Rotationsbewegungen betÀtigen als in stÀrkerei
Beugestellung.
Ein Beitrag zur Frage der Mobilisation des Kniegelenks. 1
die Erfahrungsbasis zu verbreitern, auf die sich l'rteile in spe-
ziellen FĂ€llen zu stĂŒtzen haben, bespricht Roeren 12 Falle aus
der Cr am er sehen Klinik. Vor der Operation ist auf eine
möglichst weitgehende KrÀftigung der Quadricepsmuskulatur zu
dringen. (4 â 8 Wochen lang Massage, HeiĂluft und aktive Kon
traktionsĂŒbungen.j 'SchnittfĂŒhrung nach Pays medialer
I Àngsbogenschnilt. Der gesamte Streckapparat vom Muskel
ĂŒber die Kniescheibe zur Patellarsehne ist im Zusammenhang
zu erhallen. Roeren zieht den MeiĂel aus vielen einleuchten-
den GrĂŒnden der SĂ€ge vor. Die neuen GelenkflĂ€chen werden als
Bolle und Pfanne ausgebildet. Die Nachbildung der natĂŒrlichen
Gelenkform wird vom Verfasser als unnötig betrachtet Wichtig
erscheint es ihm dagegen, die seitlichen Randpartien der Tibia-
pfanne hoch hinaufstehen zu lassen, um das âWackeln" des
kĂŒnstlichen Gelenks möglichst zu vermeiden. Als Gelenkfutter
verwendet Roeren frei transplantiertes Fettgewebe vom an-
deren Oberschenkel. Die GelenklĂŒeke soll bei mĂ€Ăiget Extension
etwa Daumenbreite beiragen. Die Lagerung des Beines geschieht
auf einer C r a m e r - Schiene unter Extension. Vom 8. oder
U. Tage an wurde mit BewegungsĂŒbungen begonnen, die sehr
systematisch mit Hilfe einfacher Apparate durchgefĂŒhrt wurden.
Es folgen im Texte Krankengeschichten, die eine Reihe sehr
schöner Erfolge auch im Bilde vorfĂŒhren. In I Fallen blieben
seitliche Wackelbewegungen zurĂŒck, die durch Schi1 neu einge-
schrĂ€nkt werden mĂŒssen. Ein Fall versteifte wieder voll-
kommen.
Deformierende Prozesse der Epiphysengegend bei Kindern.
E r 1 a c h e r beschreibt 9 FĂ€lle, bei denen sich deformierende
Prozesse nicht im Gelenk, sondern im âepipbysĂ€ren Teil der
Diaphyse entwickelten. Besonders hÀufig ist der Schenkelhals
betroffen-; immerhin sind auch geringfĂŒgige, aber deutliche Ver-
Ă€nderungen am Kopf und an der Pfanne zu finden. Klinisch be-
steht zwischen den beiden, sonst gesondert auftretenden Erkran-
kungsformen (Coxa vara statten einerseits. Osteochondritis de-
formans juvenilis andererseits) stets eine gewisse Aehniichkeit
in Symptomen und Verlauf. Was Erlachei zu entdecken
glaubte, war also weder das eine, noch das andere, .sondern
..eine formverÀndernde Störung des wachsenden Röhrenknochens
mit ausgesprochenem Erweichungsherd nahe der" Wachstums-
fuge". Zu diesem neuen Krankheitsbild w ĂŒrde sowohl die Osteo-
chondritis des Kopfes (coxa vara capitalis) gehören, als auch die
f'.oxa vara epiphysaria. sowie die Coxa vara cerviealis; dazu
noch Àhnliche Erkrankungen der Tibia. des Hamerns und der
Melaearpalia. die er genau beschreibt. Die Frage nach der
IdentitÀt der deformierenden Gelenks-Knochenprozesse wird
nach meiner Ansicht auch durch diese Arbeil nicht beantwortet,
Es fehlt all diesen Untersuchungen nicht an spekulativem
Schwung, wohl aber am nötigen Material. Denn weder ms
Röntgenbildern, noch aus klinischen Beobachtungen lassen sich
SchlĂŒsse auf so feine histologische GeWebsumwandlungep ziehen.
Das Mikroskop ist sicher bestimmt, auch hier eine wichtige
Rolle zu spielen, da es die nötigen Grundlagen zu liefern ver-
mag, auf denen erst die verbindende Gedankenarbeil ihren Bau
errichten kann. Da es sich um lokalen Kalkmangel umschriebe-
ner, in starkem Wachstum begriffener Zonen h indell. entstehen
statisch bedingte DeformitÀten, die sich zu Anfang unblutig
korrigieren lassen. Die Heilung erfolgt stets: der bleibend:
Funktionsausfall entspricht den inzwischen eingetretenen anato-
mischen VerÀnderungen.
lieber eigentĂŒmliche Schattenbildungen am unteren Femur-
ende und an Oberachenkel- und Oberarmköpfen. Walther M ĂŒ Her
konnte in einem Falle schwerster Rachitis im Stadium der Aus
heilung neben den typischen Befunden an Femur und Humerus
eigenartige Schattenbildungen im Röntgenbild erkennen. Sie
stellten bĂŒschelförmig angeordnete, verzweigte SchattenbĂ€nder
dar, die von der Fuge ausgehend distal- oder proximalwÀrts in
die Epiphyse sich erstreckten Die Bilder machten im Verlaufe'
einiger Monate normalen VerhÀltnissen Platz, ohne klinisch be-
merkbar geworden zu sein. Wahrscheinlich sind nie als Aus
druck exzessiver Verkalkungsprozesse aufzufassen
366
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 18/19.
BrĂŒche des Brustbeines als Sturz- und StĂŒtzverletzungen
beim Turnen. Die Brustbeinfraktur ist sehr selten, meist direkt
oder als RiĂbruch entstanden. Der RiĂbruch kann entstehen bei
ĂŒbermĂ€Ăiger Lordosierung der WirbelsĂ€ule. Die RiĂstelle sitzt
meist zwischen Manubrium und Corpus. Die Voraussetzungen
sind gegeben bei sogenannten âStĂŒtzĂŒbungen", bei denen der
Turner den stark lordosierten Rumpf aus dem Hang in StĂŒtz zu
ziehen hat. Ais Therapie kommt Bettruhe in RĂŒckenlage unter
Lordosierung der WirbelsÀule zur Korrektur der Dislokation in
Betracht. Debrunner (Berlin).
Zeitschrift fĂŒr urologische Chirurgie, Berlin.
9. Januar 1922, 8. Heft 5.
Radiknlnperution des Blasenkrebses. L a t z k o. 185.
â Amylnitrit-Miselinarkosc. Winklet. 151
Die Amylnitrit-Misehnarkose. Nach der âSauerstofftheorie"
kommt die Narkose dadurch zustande, daĂ der Sauerstoff im Ge-
hirn von dem Narkotikum mit Beschlag gelegt wird; hierdurch
kommt es zu temporÀrer Erstickung. Man muà also die Narkose
erleichtern können, indem man die Menge des Sauerstoffes in den
Gehirnzellen vermindert. Das kann man bewirken dadurch, daĂ
man eine relative. GehirnanÀmie erzeugt, oder daà man den Sauer-
stoffgehalt des Blutes verringert. Letzteres sucht Verfasser
durch Zusatz von Amylnitrit zum Narkotikum zu erreichen. Den
die Herzarbeit verschlechternden EinfluĂ des Amylnitrits â der
Blutdruck sinkt, Puls- und Respirationsfrequenz nehmen zu â
schaltet Verf. durch Verbindung desselben mit Kohlenoxyd aus.
Besser als das Chloroform-Amylnitrit-Gemisch eignet sich die
Aether-Amylnitrit-Mischung, bei der auf 1000 Teile Aether 6 Teile
Amylnitrit kommen. Die Vorteile der Mischnarkose vor der ein-
fachen Aethernarkose sind: Es fehlt das Excitationsstadium fast
ganz; das analgetische Stadium erfolgt sehr frĂŒh; nach Aufhören
der Narkose tritt fast sofort das BewuĂtsein wieder auf; ĂŒble
Nachwirkungen (Erbrechen usw.) sind nicht beobachtet; es kommt
nicht zu Bronchitiden und Pneumonien; Albuminurie nach der
Narkose konnte nie festgestellt werden. â Das Verfahren ist an
etwa 100 Kranken bisher geĂŒbt worden.
6. MĂ€rz 1922, 8, Heft 0
Trennung einer Hufersenniere. v a n Hunt u m. 165.
Spaltung einer Hufeisenniere, de Grouf. 170.
Nephrektomie bei Harnreteution. Haslinger. 178.
Resultate der Zystektomie. Deilfino. 177.
âOctrennte Xierenharnuntoisurhung bei paranepb.ritiscb.er Eiterung.
B o e m i n g h a-u s. 180.
Baoichspaltenbileiiung, G ruber und Emmy Best. 190.
Perinephritis serosa. Neck e r . F. 204.
Ueber den Wert der getrennten Nierenharnuntersuchung bei
paranephritischer Eiterung. Verf. fordert zur KlÀrung aller FÀlle
von paranephritischem AbszeĂ eine genaue Untersuchung des aus
jeder Niere durch Ureterkatheterismus gewonnenen Urins. Die
Untersuchung des Blasenharns ist unzureichend; der positive Ei-
weiĂgehalt besagt nichts fĂŒr eine Mitbeteiligung der Niere: es
kann sich z. B. um eine febrile Albuminurie handeln. Der negative
Befund spricht durchaus nicht immer fĂŒr eine Intaktheit beider
Nieren; auf der erkrankten Seite kann es sich um eine Steinein-
klemmung im Ureter, eine intermittierende Hydronephrose o. À.
handeln. â Bei den metastatischen paranephritischen Abszessen
wird im allgemeinen der Urinbefund normal sein. Bei den pri-
mÀren Nierenrindenabszessen mit sekundÀrem Kapseldurchbruch
dagegen finden wir meist pathologische Harnbeimengungen. â An
einer Reihe von Krankengeschichten werden die unangenehmen
Folgen der Unterlassung der genauen Urinuntersuchung demon-
striert. K. Wohlgemut h (Berlin!.
Zentralblatt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
11. MĂ€rz 1922, 46, Nr. 11
Die Arbeitsteilung im Eierstock. Guggisberg, H. 402.
'{âąVorderer oder hinterer zervikaler Kaiserschnitt. P oIl.no. 0. 40".
âBlutgerinnung bei Röntgentiefentherapie. Henkel. M. und G u e f f r o r .
H. 409.
âBeitrag zur Aetiologie und Therapie der ExtrauteringraviditĂ€t. \. Oef-
fingen. K. 413.
Beitrag zur Kalktherapic mit Caleoim. Langes. E. 420.
â Die Sebwellenreiztberapie bei der Behandlung des fieberhaften VbortuS.
X n Q bÀum, W. 424.
Vorderer oder hinterer zervikaler Kaiserschnitt. P o 1 a n o
empfiehlt den hinteren zervikalen Kaiserschnitt fĂŒr diejenigen
f Àlle, bei denen irgendwelche extrauterine, im kleinen Becken
eingekeilte GeschwĂŒlste, in erster Linie also eingeklemmte Ova-
rialtumoren das Gebui tshindernis bilden. Es ist dies der ein-
fachste Weg, um in einer Sitzung Entbindung und Entfernung der
Geschwulst durchzufĂŒhren, wobei von Fall zu Fall zu entscheiden
ist, in welcher Reihenfolge am besten vorzugehen ist. In der
Regel dĂŒrfte es sich empfehlen, zunĂ€chst den Kaiserschnitt auszu-
fĂŒhren, und daran die Exstirpation des Tumors anzuschlieĂen.
Blutgerinnung bei Röntgentiefentherapie. Untersuchungen
ĂŒber die Einwirkung der Röntgentiefentherapie auf die Blut-
gerinnung und auf die weiĂen Blutkörperchen fĂŒhrten zu folgen-
den Ergebnissen: Irgendwelche verwertbare VerkĂŒrzung oder
VerlĂ€ngerung der Blutgerinnungszeiten gegenĂŒber den als normal
erkannten Werten konnten nicht beobachtet werden. Ebensowenig
konnten VerÀnderungen der Leukozyten, die als RöntgenschÀdi-
gung angesehen werden könnten, also FormverÀnderungen, De-
generatiohserscheinungen oder Zerfall, oder Kernverschiebungen
festgestellt werden. Der Leukozyten-Abfall, bezw. eine Vermeh-
rung derselben nach der Bestrahlung steht in keinem nachweis-
baren Zusammenhang mit der Blutgerinnung.
Beitrag zur Aetiologie und Therapie der ExtrauteringraviditÀt.
Durch Bearbeitung des Materials der Heidelberger UniversitÀts-
Frauenklinik versuchte Verfasser neue Gesichtspunkte in beiden
Fragen zu gewinnen. Auf die Frage nach der Aetiologie der vor-
zeitigen Eiimplantation kann er jedoch keine klare und gut be-
grĂŒndete Antwort geben. FĂŒr die Behandlung gibt er folgende
Richtlinien: Ein starres Schema in dem Sinne: Tubenabort-konser
vative Behandlung, Tubenruplur-Operation ist nicht angebracht,
Im allgemeinen neigt Verf. mehr der operativen Behandlung zu.
AuĂer den FĂ€llen, bei denen eine Verjauchung der HĂ€matokele
eintrat, muĂte eine gröĂere Anzahl (etwa 20 %) von zunĂ€chst kon-
servativ behandelten FĂ€llen wegen profuser Blutung doch ope-
riert werden. Eine wichtige Rolle spielt auch der Umstand, daĂ
ein groĂer Teil der konservativ behandelten Kranken (etwa 46%)
noch lange Zeit ĂŒber wesentliche Beschwerden klagte; es scheint
dies dafĂŒr zu sprechen, daĂ nach Resorption der HĂ€matokole
hĂ€ufig schmerzhafte Verwachsungen und Schwielen zurĂŒckbleiben.
Bei der Operation selbst ist Verf. fĂŒr eine grĂŒndliche Entfernung
des in die Bauchhöhle ergossenen Blutes und empfiehlt bei schwe<-
anÀmischen Patienten die von Thies angeregte Eigenbluttrans-
fusion, mit der ĂŒberraschend gute Erfolge erzielt wurden. Was
die 2. Tube anlangt, sofern dieselbe suspekt ist, so rÀt Verf. sie
hei jungen Patientinnen, die unbedingt die Möglichkeit noch
haben wollen auszutragen, zu belassen, bei Àlteren Frauen mit
gröĂerer Kinderzahl dagegen mitzuentfernen. In manchen FĂ€llen
kann man die Salpingostomie ausfĂŒhren, mit der unter UmstĂ€nden
schöne Resultate zu erzielen sind.
Die Schwellenreiztherapie bei der Behandlung des fieber-
haften Aborts. Ausgedehnte Untersuchungen an der Abel'schen
Privat-Frauenklinik haben gezeigt, daĂ diejenigen FĂ€lle einen
gĂŒnstigen Ausgang hatten, bei denen das Fieber nicht lĂ€nger als
2 â ;! Tage vor oder nach der AusrĂ€umung bestand; dagegen
nahmen FÀlle, die lÀnger als 2% Tage vor und nach der Aus-
rÀumung fieberten einen dubiösen Verlauf. Es ergibt sich hieraus
die Forderung, daĂ eine Allgemeinbehandlung auf jeden Fall schon
bei Beginn des Fiebers einzusetzen hat. Eine Grundlage fĂŒr die
rationelle Behandlung bietet die Bier-Zimmer'sche Schwellenreiz-
therapie. An der Abel'schen Klinik wurden mit Injektionen von
Yatren-Kasein gĂŒnstige Erfolge erzielt. Verf. kommt zu folgen-
den therapeutischen SchluĂsĂ€tzen:
..1. FĂ€llt das Fieber nach Yatren-Kasein-Injektionen, so ist
der Organismus in seiner LeistungsfÀhigkeit maximal aktiviert,
so daĂ er Herr der Infektion wird.
2. Steigt das Fieber nach Yatren-Kasein-Injektionen, so ist
noch nicht die Optimumdosis gegeben.
3. Steigl es auch weiterhin nach mehreren Yatren-Kasein-
Injektionen, so war von vornherein der Organismus so resistenz-
unfÀhig, daà seine Zelleistung nicht mehr aktiviert werden
konnte.
4. Je lÀnger das Fieber erst besteht, um so mehr also der
Organismus in seiner ReaktionsfÀhigkeit geschwÀcht ist, um so
leichter ist es, mit kleineren Dosen (1â2 cem Yatren-Kasein
schwach) Herdreaklionen zu erzielen.
5. Je kĂŒrzer das Fieber erst besteht, je höher also die Zell-
leistung ist, eine um so gröĂere Dosis (5 cem Yatren-Kasein stark)
ist erforderlich, um in diesem akuten Stadium dies Maximum der
Zelleistung zu erreichen."
Verf. empfiehlt demgemÀà folgende Dosierung: Besteht das
Fieber weniger als 2y2 Tage, einmalige Injektion von 5 cera
Yatren-Kasein (stark), dann jeden 2. Tag 2 cem Y.-K. (stark1) bis
zur Entfieberung.
Bei lÀnger als 2y> Tage dauerndem Fieber dagegen jeden
2. Tag 2 cem Y.-K. (stark) bis zum Eintritt des Fieberabfalls, .dann
jeden 2. Tag 1 cem Y.-K. ''stark i oder 2 cem Y.-K. (schwach) bis
zur Entfieberung Speyer (BerlinV
ib. Jahrg. Nr. 18/10.
A u s (I e ii n e ii <âą s I <â ii Zella c h r i f I e n
Zeitschrift fĂŒr Hygiene und Infektionskrankheiten, Berlin.
20. Miuv. 1022, 5)5. Heft 3.
âąM nti'i'MM'liĂŒiincn ĂŒber die filr Variola und Vaccine spezifischen Ziellver.
ttnderungen, (i Ins, II. \. 296.
^Qebifl und Verdauung. 8 o h ii ( /. V. 279.
Boilehuugeu KwlsPlvcii Virulenz und VerniehruiinsBesehwIndlgkell der Et-
reger. Doer, R. und Bcrger, ĂŒ. 319.
Diu Wachstum von TuhcrkelbazllHen in ciclotterlialtlgeii flĂŒssigen NĂ€hr-
böden. B o p c k e r . E. 341.
Zur Hi* ii i' t «* i 1 u drir Wasserversorgungen ans der Nahe Friedhöfen.
Schmidt, 1.. 347.
Die Beziehungen des Bac. melitcnsls (Bruce) /um Bac. abortus iiifeet. bovuin
ifiang). S u :i r i e, .1. 358.
Zur PrĂ€ge der Vi-rĂŒnderlichkcit von Vibrionen. Platz, ('. 36ö.
Untersuchungen ĂŒber die fĂŒr Variola und Vaccine spezifischen
ZellverĂ€nderungen. N eil, deutet die von ihm an ĂŒberreichem
Material erhobenen Befunde in dem Sinne, dal! die Guarnieri-
körperchen weder Bestandteile des Zellkerns noch des Proto-
plasmas sind, sondern als seihstÀndige, zellfremde Gebilde
angesehen werden mĂŒssen, die nicht nur innerhall) der Zeilen,
sondern auch zwischen den Epithelzellen der Kaninchenhornhaut
angetroffen werden, hier allerdings nur hei junger Infektion.
Weiterhin hĂ€lt er es fĂŒr höchst wahrscheinlich, daĂ die Guarnieri-
korperchen eine charakteristische Form in der Entwickelung des
Variola- und Vaccinevirus darstellen. Das Verhalten dieses Virus
im HornhaĂŒtepithel ĂŒberhaupt stellt Verf. sich folgendermaĂen
vor:
1. Eindringen des Virus in die Epithelzelle und Einwanderung
in den Zellkern. Die von v. Provazek gefundenen Inilial-
körperchen stellen vielleicht das .auf der Wanderung durch
das Protoplasma befindliche Virus dar.
2. Entwicklung des Virus im Kern zu einer dicken Masse
gröĂerer Körperchen, die den ganzen Kern ausfĂŒllen.
Heraustreten der Körperchen aus dem Kern, weiteres
Wachstum in der allmÀhlich verschwindenden Epilhelzelle
(âStrahlzelle"), Auswanderung zwischen die Epitheiien
i exlrazellulÀre Form der Variola- Vaccinekörperehen).
I. Eindringen der Körpercheni in das Protoplasma der Epithel-
zellen (typisches Guarnierikörperchen).
."). Reifung innerhalb der Zelle und Zerfall in ElementÀrkörper-
chen (Paschensche Körperchen:, die dann in groĂen Massen
aus den zerstörten Epithelzellen austreten, oder
6. allmÀhliche Resorption in der nicht durch den Parasiten zer-
störten Zelle.
Als besonders wichtig fĂŒhrt der Verf. auf Grund seiner histo-
logischen Untersuchungen folgendes Moment an:
Der positive Ausfall des Paul'schen Versuchs (Kofneaimpfung
mit pockenverdÀchtigem Material bei Kaninchen) sichert die Dia-
gnose. Weniger erfahrene Untersucher sollen aber in jedem Falle
die histologische Untersuchung anschlieĂen, um die Diagnose zu
sichern. Bei zweifelhaftem Ausfall des Paul'schen Versuches isi
aber in jedem Falle die histologische Untersuchung durchzufĂŒhren,
bei welcher auĂer den Guarnierjkörperchen auch die extrazell«
lĂ€ren Gebilde und die âStrahlzellen" zu verwerten sind.
Besonders von den eigenartigen âStrahlzellen", von denen
Zeichnungen und Mikrophotogramme der Arbeil beigegeben sind,
gibt Verf. an, daĂ auf Grund seiner Erfahrungen der Nachweis
einer einzigen derartigen Zelle die Diagnose sichern dĂŒrfte
GebiĂ und Verdauung. Die umfassenden Versuche des Verf.
zeigten, daà durch ein schlechtes GebiE das Kauvermögen, die Zer-
kleinerung der Speisen wesentlich beeintrÀchtigt wird. Die Be-
eintrÀchtigung des Kauvermögens gehl parallel mit dem Grade der
UnvollstÀndigkeil des Gebisses. Der Werl jedes einzelnen zum
Kauen benutzten Zahnes set/.l sieh aus 2 Komponenten zusammen
erstens der GröĂe seiner KnuflĂ€chc und zweitens seiner Stellung
in der Zahnreihe, d. h. der Kraft, mit der er gegen seinen Anta-
gonisten gefĂŒhrt wird. Die GröĂe der KauflĂ€che ist fĂŒr den Kau-
.werl von ausschlaggebender Bedeutung, der Kaudruck kann unter
sonst normalen Bedingungen nur eine kleine Korrektur dieses
Wertes bedingen. Die Ergebnisse der Ausnutzungsversuche stehen
in auffallendem Gegensatz zu den Resultaten der Zerkleinerungs-
versuche. Die BeeintrĂ€chtigung der Ausnutzung lĂ€Ăt sich bei
mangelhaftem GebiĂ zwar auch nachweisen, doch ist sie sehr ge-
ring, so gering, daà sie an sich nicht imstande ist, den hÀufig
minderwertigen ErnÀhrungszustand von Personen mit schlechtem
GebiĂ zu erklĂ€ren. Der Darm scheint sieh verhĂ€ltnismĂ€Ăig schnell
an die Ausnutzung auch schlecht zerkleinerter Nahrung gewöhnen
zu können. Bedeutung kommt auch der HilfstÀtigkeit von Zunge.
Gaumen und Wangen bei der Zerkleinerung der Speisen zu. Die
hierzu erforderliche lĂ€ngere Zeildauer, die erforderliehe gröĂere
Aufmerksamkeit des Essenden bedingen ein schnelleres SĂ€ltigungs
gcl'ĂŒhl und hĂ€ufig FnluslgefĂŒhle. wodurch die Nahrungsaufnahme
unverhĂ€ltnismĂ€Ăig klein gehalten wird. Verf. kotnml zu dem
SchluĂ, daĂ die Bedeutung eines mangelhaften Gebisses in erstci
Linie den vorerwĂ€hnten psychischen EinflĂŒssen zuzuschreiben ist
W W ei Sb a C h Halle a S
Archiv fĂŒr experimentelle Pathologie und Pharmakologie,
Leipzig.
28. Februar 1922, »2. lieft l :;
âąM dirr den Killfhlll der SchilddrĂŒse auf den Stoffwechsel Hill lnv-imdcn-r Be-
rĂŒcksichtigung des WĂ€rmehaushults. S c Ii o n k. l
Uebef MclaninsÀuren und denn Wirkung im Tierfeörper. Adler und
W I c c n o W s k i. 22.
(jeher die Wirkungsweise des âąp-ImidaaolylĂ€thylamin« (Histamin*.
Schenk. 84.
Tetralinharn. Ii i> c k e in ;i n n. 52.
L'cber VerÀnderungen] des Stoffwechsels nach chronischer Morphiiuufuhr.
II i 1 d c Ii r a n 3 t . v. 88.
Ueber den Wirkungsmechjariismus betĂ€ubender G-asei, dea SUckoxy&ĂŒls und
des, Azetylens. W i e 1 a n d. 96.
Blutouckerstudiien. R o s e n Ii e r g. 153.
^Studien ĂŒber die GefĂ€Swirkung des Adrenalins beim Menschen. I'' o i in e t,
165.
l'nieirsuchuiiĂ'en ĂŒber dir Beziehungen von (jnllcnabfluU in den Hann und
Pankreassckretion. V a 1 k e n h a u s c ii , v. 178.
âZur Aerologie der ChclecithJas s. ('âą i e i I.
Ueber den EinfluĂ der SchilddrĂŒse auf den Stoffwechsel mit
besonderer BerĂŒcksichtigung des WĂ€rmehaushalts. S. berichtel
auf Grund eigener Versuche an hungernden Kaninchen ĂŒber den
EinfluĂ des SchilddrĂŒsenhormons auf den Stoffwechsel und auf
die WĂ€rmeregulation. Die VerbrennungsgröĂe des Körpers
zeigt beim hungernden Tiere eine fortlaufende Abnahme, bei
einem hungernden schikldrĂŒsenlosen Tiere ist 'der Stoffwechsel
nicht nur quantitativ sehr stark vermindert, meist auch qualita-
tiv gÀnzlich verÀndert. Wahrscheinlich infolge lÀngeren Vor-
ballens der EiweiĂreserven wirkt die Thyrektomie lebensver-
lĂ€ngernd. Der sparsame EiweiĂumsatz vermindert auch die
prĂ€mortale EiweiĂzersetzung. Umgekehrt ruft die Einverleibung
von SchilddrĂŒsensekret â wahrscheinlich ein liefabgebautes Ei-
weiĂ von der Art der proteinogenen Amine oder ein Derival
derselben .eine Steigerung der VerbrennungsvorgÀnge im
drĂŒsenlosen Tiere hervor, wobei der .lodgehall fraglos eine ge-
wisse Rolle spielt.
Zu den Versuchen wurde das eiweiĂ- und fast jodfreie
Thyreoglandol der chemischen Werke in Grenznach verwendet.
Bei einem hungernden Normalliere tritt meist keine Stoff-
wechselsleigerung ein. vereinzelt nur eine Erhöhung der N-Aus-
scheidung, beim schilddrĂŒsenlosen Tiere stiegen fĂŒr die Dauer
von elwa 3 Stunden die KohlensÀure- und Stick stoff ausscheidung
sowie der respiratorische Quotient.
Die SchilddrĂŒse hat aber auch nachweislichen EinfluĂ auf
den WĂ€rmehaushall. Die vom WĂ€rmezenlrum ausgehende Er-
regung der aus den obersten Dorsal wurzeln kommenden Hals-
sympathikusfasern haben durch die Ganglia stellata einen star-
ken trophischen und sekretorischen EinfluĂ auf die SchilddrĂŒse
und geben wohl sicher auch wÀrmeregula lorische Impulse an
diese ab. Vollkommene Entfernung der SchilddrĂŒse verursacht
bei Hund und Katze eine sehr schwere SchÀdigung der WÀrme-
regulation.
Wenn S. die Versuchstiere durch AelherbegieĂung des
Bauches plötzlich abkĂŒhlte, so trat eine mehrere Stunden anhal-
tende, starke Vermehrung der COvAusscheidung und (^-Auf-
nahme ein, die er auf gesteigerte Hormonenbildung â nament-
lich der SchilddrĂŒse zurĂŒckfĂŒhrt. Das Serum eines abge-
kĂŒhlten Tieres Wieb bei einem anderen normalen Tiere wir-
kungslos, verursachte aber erhebliche Stoflwechselsleigerung bei
einem thyrektomierten EmpfĂ€nger; Serum eines abgekĂŒhlten
schilddrĂŒsenlosen Tieres wirkte auf ein zweites schilddrĂŒsen-
loses Tier nicht stoffwechselsteigernd. Damit ist der EinfluĂ
des SchilddrĂŒsenhormons auf die WĂ€rmeregulation bewiesen.
Studien ĂŒber die GefĂ€Ăwirkung des Adrenalins beim
Menschen. F. geht von den Feststellungen Csepai's aus, die be-
wiesen haben, daĂ durch subkutane Anwendung von Adrenalin
nur die scheinbare Adrenalinempfindlichkeit bestimmt werden
kann, wÀhrend die wahre Adrenalinempfindlichkeil nur durch
Vermeidung der Resorption mittelst â intravenöser Anwendung zu
erhallen ist.
Die Ergebnisse der Tierversuche von S I v a u b - Ri 1 /. m a n n
und Kr et schmer, daĂ 91 Prozent des subkutan gegebenen
Adrenalins zerstört bezw. oxydiert werden und nur (i Prozenl
desselben zur Wirkung gelangen, scheinen fĂŒr den menschlichen
Organismus nicht zu gellen.
F. hat an demselben Menschen .Serienversuche mil intra-
venösen Adrenalingaben von 0,01 0,07 mg und subkutanen Adre
nalingaben von 0,66 mg gemacht. Der Blutdruck wurde vor der
368
Aus den neuesten Zeitschriften
40
Jahrg. â Nr. 18 19.
Injektion und 2, 5. 10, 20, 30 Minuten nachher gemessen. Die
subkutan angewandte Menge "hat nun etwa die- siebenfache Wir-
kung ausgeĂŒbt, so daĂ nicht 6 Prozent, sondern mindestens 42
Prozent zur Wirkung gelangt sein muĂten. DaĂ das Adrenalin
bei intravenöser Einverleibung im Blute nicht zerstört wird, be-
weis! F., indem er nach intravenöser Adrenalin-Injektion einmal
die venöse Stauung löst, ein zweites Mal in arterielle (totale^
AbsclmĂŒrung umwandelt.
Ferner wurden ohne Ligatur und bei vollstÀndiger Ligatur
des Armes subkutane Adrenalin-Injektionen gegeben. WĂ€hrend
der Ligatur keine Wirkung. Nach 20 Minuten Lösung der Liga-
lur. sofort Herzklopfen und . rascher Blutdruckanstieg. Das
Adrenalin war also wÀhrend der 20 Minuten dauernden Ab-
schnĂŒrung im subkutanen Gewebe nicht zerstört, sondern lang-
sam resorbiert worden. Beim Lösen der AbschnĂŒrung kommen
verhĂ€ltnismĂ€Ăig betrĂ€chtliche Adrenalinmengen auf einmal zur
stĂŒrmischen Wirkung.
Diese Reaktion, namentlich die BlĂŒtdrucksteigerung, konnte
wesentlich erhöht werden, wenn das Unterhautzellgewebe durch
WÀrme hyperÀmisiert war, sie wurde dagegen durch örtliche
KÀlteeinwirkung abgeschwÀcht. In den durch WÀrme erwei-
terten Kapillaren scheint also das Adrenalin rascher aufgesaugt
zu werden.
Zur Aetiologie der Cholelithiasis. Unter 386 gallenstein-
operierten Patienten der Heidelberger chirurgischen Klinik waren
340 Frauen. 90 Prozent von ihnen fĂŒhrten ihr Leiden auf die
Schwangerschaft zurĂŒck. Blutanalysen (H e r m a n n, N e u -
in a im) haben ergeben, daĂ sich der Cholesterinester Spiegel der
1 lochgraviden : Virgo : Neugeborener wie 0,9708 g : 0,7555 g :
0,1113 g pro 1 kg Blut = 20,1 % : 15,8 % : 5,2 % der Gesaml-
Lipoidmenge verhÀlt.
Diese individuell verschiedene relative und absolute Er-
höhung des Choleslerinster-Spiegels des Schwangerenblulcs ist
einerseits von terminalen Bedingungen (Cholesterinf ettsÀure-
csler-Produktion in den plazentaren ZottenepithelauswĂŒchsen und
Bersten der in der OberflÀchenlage der Morula auftretenden
Trophoplasma-Vakuolen mit hochviskösem Protein-Glykopi oteid-
tnhalte), andererseits von exogenen Bedingungen (ErnÀhrung)
abhÀngig. Durch HÀmolyse an der klebrigen OberflÀche des
l'lazentazotlenepithels und im weiten Berieselungssysteme der
Leber wird im strömenden Blute das nicht veresterte Cholesterin
frei.
Die puerperale Cholelithiasis âwird abgesehen von den
regulĂ€ren UcberschuĂeffeklen â vor allem durch das postportale
Einströmen des toxischen kolloidreichen und wÀhrend der
Schwangerschaft unter enormem Blutdrucke in die Interstitiell
gepreĂten eiweiĂreichen Plasmas gefördert".
Die Eindickung der Galle â und die lithoblastische (entzĂŒnd-
liche) VerÀnderung der Gallenblasenschleimhaut (N a u n y n)
sind die Bedingungen zur Entstehung der Gallensteine.
Zur Prophylaxe der Leberaffektion der Graviden, die der
Autor wohl als Schwangerschaftstoxikose auffaĂt, empfiehlt er:
1. Salzarme, vorwiegend laktovegetabilische Kost; bei Gly-
kÀmie Kohlehydratkur.
2. Diaphoretika, Diuretika und Anregung der Kolostrum
Produktion durch Auspumpen des toxischen Kolostrums.
3. Konsolidierung der Membrankolloide durch Ca-Zufuhr
(Ca Clg 6 g, Syr. 20 g, Aqu. 100 g als Tagesdosis).
t. EinschrÀnkung der Hydratationseffekte der Kolloide durch
EinfĂŒhrung konkurrierender Ionen (MgSO-,-In jektionen.
25 Prozent 10 ccm).
5. Blutserum-Injektionen (Mensch oder Pferd).
6. AderlaĂ bis K der Blutmenge mit nachfolgender Infusion
Locke'scher Lösung.
7. Bei drohender Ausflockung eine Jodkali-Infusion nach
Persson.
Die Einzelheiten sind in der Originalabhandlung nachzulesen.
L ö w (Döberitz .
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
2. Marz 1922. 52. Nr. 9.
âąSrGynĂ€kolug e und Ulgemeinerkraukiing. W a I t Ii a i d . M. :mt.
Zusammenfassende Betrachtung des heutigen Standes der Vrtatqin-frage in
theoretischer und praktischer Hinsicht. R o t b 1 i n . E. lM 9
<$>Das Verhalten des Serumproteins nach Seruminjektionen; B e r g e r, W. 22f..
Zum Mechanismus des Scfieidenab'risses und der" t'terusrnptur. S c Ii n v -
d e r . R. 228.
GynÀkologie und Allgemeinerkrankung. Verf. untersucht die
Krage, weshalb, von Aerzten und insbesondere von Laien immer
und immer wieder die Ursache fĂŒr die zahlreichen Störungen
im weiblichen Körper in die Genitalorgane verlegt wird Nie-
mand denkt daran, die Ursache fĂŒr gleichartige Störungen im
Allgemeinbefinden vor der PubertÀtszeit oder bei der Frau nach
der Klimax in ihren Genitalorganen zu suchen, nur bei der ge-
schlechtsreifen Frau wird davon gesprochen. Wir wissen, daĂ
viel davon abhÀngt, wie eine Frau auf die Sekrete ihrer Gorpora
lutea reagiert. Die Verschiedenartigkeit dieser Reaktion ist
allein durch die Konstitution bedingt. Aehnlich wie bei den
subjektiv verschiedenen Störungen vor und wÀhrend der Men-
struation liegen die VerhÀltnisse bei der Schwangerschaft. Gerade
das Nervensystem lehrt, wie auĂerordentlich verschieden sieh
die einzelnen Individuen gegenĂŒber den bei der Schwangerschaft
in den mĂŒtterlichen Kreislauf eindringenden Stoffen aus dem be-
fruchteten Ei verhalten, je nachdem es dem Organismus der
schwangeren Frau gelingt, diese Stoffe zu entgiften. Auch hier
sind wir zur ErklÀrung auf Konstitutions-Anomalien angewiesen.
DaĂ GröĂenunterschiede der Ovarien, LageverĂ€nderungen der
GebĂ€rmutter in ihrer klinischen Bedeutung ĂŒberwertet und dem-
entsprechend behandelt wurden, hat man heut lÀngst eingesehen.
Unsere Erkenntnis ist noch weiter fortgeschritten. Das reifend'
Ei der geschlechtsreifen Frau ist einem feinsten Seismometer ver-
gleichbar, das auf die entferntesten Beben im körperlichen und
seelischen Leben der Frau reagiert. Diese Reaktion Ă€uĂert sich
nachtrÀglich in Abweichungen des Menstruationsvorganges. Es
gibt Reize, die die Eireifung beschleunigen â das fĂŒhrt zu Poly-
menorrhoe. Erschöpfen gleichartige Reize dauernd den Körper,
so reift das Ei nicht mehr, es kommt zur Amenorrhoe. Da
gleichartige Störungen auch durch Krankheiten der Genital-
organe hervorgerufen werden, so ist es Aufgabe des Arztes, zu-
nÀchst nach solchen zu forschen. Findet er keine materiellen
VerÀnderungen am Genitalorgan, so hat er die Ursache der Er-
krankung extragenital zu suchen. DafĂŒr einige Beispiele: Blei-
vergiftung fĂŒhrt im Anfangsstadium zu vorzeitiger Menstruation,
spÀter zum Ausfall derselben. Gleiche Beobachtungen macht man
bei Frauen, die dem chronischen Aethergenuà oder dem CocÀinis-
mus fröhnen. Beginnende Störungen im kleinen Kreislauf mit
ihren Folgen fĂŒr die CO.,-Spannung im strömenden Blute fĂŒhren,
im Beginn der Störung zum vorzeitigen Eintritt der Menstru-
ation. Im Siechtum bleibt die Regel aus. Gleiches sehen wir im
Anfang- und Endstadium der Tuberkulose und im Anfang und
Endstadium der Erkrankung der endokrinen DrĂŒsen. Wird die
Basedowsche Krankheit, nachdem Amenorrhoe eingetreten war.
geheilt, so kehrt die normale Menstruation wieder.
Quantitative und qualitative ErnÀhrungsstörungen rufen
gleiche Störungen in den Funktionen der Genitalorgane hervor.
Auch aus psychogener Ursache entstehen funktionelle Störungen
im weiblichen Genitale.
Aus dem Mitgeteilten geht hervor, daĂ heut die alte Auffas-
sung von der ursÀchlichen AbhÀngigkeit der so zahllosen nicht
greifbaren Störungen des weiblichen Organismus von Erkran-
kungen der Genitalorgane abgelehnt werden muĂ, und daĂ viel-
mehr umgekehrt die Funktionen der gesunden weiblichen Genital-
organe in weilgehendem MaĂe von Erkrankungen und Funk-
tionsvarietĂ€ten aller ĂŒbrigen Körperorgane beeinfluĂt werden.
Das Verhalten des Serumproteins nach Seruminjektionen.
Aus der FĂŒlle der bisherigen Arbeiten ĂŒber das Verhalten des
Serumproteins unter pathologischen Bedingungen geht hervor,
daĂ der Proteinbestand des. Serums in quantitativer und quali-
laliver Beziehung variieren kann. Das unmittelbare Eraebnis
der physikalischen Serumuntersuchungen bildete die Wahr-
nehmung, daĂ nach EiweiĂinjektionen die Refraktion im Serum
des behandelten Tieres ansteigt und daĂ gleichzeitig eine ĂŒber
die Refraktionserhöhung hinausgehende Erhöhung der ViscositÀt
einsetzt. An diese 1. Periode schlieĂt sich eine 2. an mit relativer
Verminderung der ViscositÀt. Nach den Injektionen steigt der
GesamteiweiĂgehal! im Blut der behandelten Tiere: insbesondere
handelt es sich um eine Globulinvermehrung. wogegen die Albu-
niinvermehrung erst viel spÀter einsetzt. Zur ErklÀrung dieser
VorgÀnge zieht Verf. die verschiedenen bisher aufgestellten
Hypothesen heran.
Die praktische Bedeutung der fortlaufenden qualitativen und
quantitativen Bestimmung der Serumproteine nach EiweiĂinjek-
lionen ist mil der ausgedehnten Anwendung der Proteinkörper-
Ihcrapie evident geworden. Held (Berlin).
Xederlandsch Tijdschrift voor Geneeskunde.
7. Januar 1922, 1. Nr. 1.
âąJ*l>ie diĂ€tetische Behandlung des MagengeschwĂŒrs. S c h r i j v e n . J. 10.
PrimÀres Karzinom der Vagina, Ense I Ii f u ? , 3. H. .'7.
Das Entstehen des aufgerichteten" Ganges in der Vorgeschichte des Menschen.
M i j s b e r g . W. A. 34.
âąSOiitritoide Krisen durch NposnWarMn. G 0 e d h » r t . t'. 42.
M>. Jahrg. Nr. 18/ M»
Aus den neuesten Zeitschriften
Dir diĂ€tetische Behandlung des MagengeschwĂŒrs. Seh j^ibi
scmc eigene methodische Kur an, die nicht genau dieselbe Ist,
wie die frĂŒher durch Leube oder durch Leu hart/, einge
fĂŒhrte. Doch gibt er auch in den ersten Tagen groĂe QuantitĂ€ten
Milch (3â 3K- Liter), die fast immer gut ertragen werden. Ist
eine Blutung eingetreten, so erhalten die Kranken 1 2 Tage gar
nichts per os, nur per rectum. Wenn die Blutung vorĂŒber isl
und die Schmerzen vollkommen nachgelassen haben (d. i. un-
gefÀhr nach einer Woche), gibt er auch Milchsuppen. In der
dritten Woche werden leicht verdauliebe Speisen gereicht. Der
Kranke muH die erste Zeit seiner Kur im Bett liegen und erhall
bei Sch/nerzen warme BreiumschlÀge auf die Magengegend oder
nach einei Blutung eine flache, nicht zu schwere Eisblase
Nitritoide Krisen durch Salvarsan. Bei zwei Patienten, die
dieses Mittel einige Male gut vertragen hatten, trat wÀhrend und
sofort nach der Injektion von Neo-Salvai san B 39 505 Kongestion,
Rötung der Bindehaute, Aufschwellung der Lippen und der
Augenlider, Erbrechen auf. Der Zustand besserte sich schnell
nach einer Viertelstunde. Das PrÀparat wurde genau unter-
sucht, war nicht verfÀlscht und in seinen chemischen Reaktionen
ganz normal. Enneking (Amsterdam).
14. Januar 1922, 1, Nr. 2.
\utochtem- Degenerationsspyehosen. V and er Tarren'. J. 17».
â Die Zukunft der internen Therapie. W i He m e e, A. 18C.
l'eher direkte Laryngoskopie bei Kindern. U U i t i n g e r E e. 1 <â o. 193.
Die MandihularanÀsthesie in der Praxis, d e V r i e B . .1 J. 1H7.
Die Zukunft der internen Therapie. Diese gehl in der Rich-
tung der subkutanen und intravenösen Injektionen. So bekommt
man gute Erfolge bei den gonorrhoischen Arthritiden und in
FÀllen von Puerperalsepsis mit der intramuskulÀren Anwendung
einer Lösung von ol. Therebinthinae 0,200 in ol. Olivarum 1,8
(im ganzen 6 Injektionen, jeden Tag eine) nach KlingmĂŒller.
Bei akutem Gelenkrheumatismus, der nach Salizylgebrauch nicht
ganz heilt, soll man einen Versuch machen mit Milchinjektionen
von 10 cm*. Enneking (Amsterdam).
Hospitalstidende.
1. Februar 1922, Nr. :>.
Heber das Verkommen von Erytrogonie bei pernjeiöser AnÀmie.. Klier-
m a n n . V. âą
Ueber die Anwendbarkeit der KapillÀrsteigungsmethode im Typhim, und
Parnty phiisdiagnnstik. K a g gor, S. V.
X. Februar 1922, Nr. <».
[Teber die Anwendbarkeit der KapillÀrsteiguugHmcithode im Typhus- und
l'nratyphusdiagnostik. (SchluĂ.) Bagger, s. v.
I 'eher eine Methode zur KeinzĂŒchtung der Bakterien von einer Zelle liehst
dem Verfahren zur direkten Verfolgung des Bakterienwaelistum« auf
festen Substraten. O e r s k n \ . âą
15. Februar 1922, Nr: 7.
Uebej den EinfluU der Bewegungen an Temperatur, besonders bei Tuhe.r-
kulöeen. (Schluà folgt. ) W Ii r tz e u und Holt e n.
18. MĂ€rz 1922, Nr. 8.
Ueber die Vacciuebebandlung hei Infektion der Harnwege. \\ u I ff. Ove.
P o v 1 Herl z (Kopetih igen i.
Ugeskrift for Laeger.
2. Februar 1922, Nr. 5.
â Die Behandlung der Scarlatina-Otitis an ..BlegdaiiishospitaleC. Salo-
m o n sen. Knud.
Cihhns bei Spondylitis tuherculosa. Hertz, ltoll.
Ueber die Konstruktion kĂŒnstlicher Glieder. X y r o |i . Binar.
Die Behandlung der Searlatina-Otitie an âBlegdamshospitalet".
Der Verf. hat seit Mai 1918 als Otolog des Epidemie-Kranken
hauses â bei 50 ScarlĂ€tinapatienten mit Otitis den Proc. mastoi-
deus ausgemeiĂelt mit sehr zufriedenstellendem Erfolg; er rĂ€t zu
schnellem Eingreifen wegen der groĂen Neigung zur Destruktion
b i der Scarlatina-Otitis. Po vi Merl/ (Kopenhagen)
9. Februar 1922, Nr. Ă.
âUntersuchungen Uber das kutane Blut (das sogenannte Kapiillarblut).
LĂŒ n (I s g u a r d , Chr. und Möller, Eggert.
Die Sehutzver;in.st.'iltungen an rndiologisehen Kliniken. W i s s i n g . Ove.
I ntersuchungen ĂŒber das kutane Blut. Die Verff, zeigen, dall
das kutane Blut sowohl in der liuhe als unter der Arbeil und so
wohl unter physiologischen als anter pathologischen Verhall
Dissen mit dem Arlerienblul rĂŒcksichtlich des Sauerstoffgehall
identisch behandelt werden kann.
16. Februar 1922. Nr. 7.
IVhe.r Standardisierung der llaeiiioglohinonii-lri lind ihre Bedeutung Mir du-
Indcix-Bereehnung. (1 1 a in . II. <'.
»»âŠStudien ĂŒber die alimentĂ€re Glykosurie. Holst. J, iv
Das BrusthĂŒteheu bei der Behandlung exeorlenter Papillen. II u u e b.
Studien ĂŒber die alimentĂ€re Glykosurie. Bei :>1 von 159 Per
sonen (davon 14 gesunden und 115 Patienten mit verschiedenen
Leiden) wurde Glykosurie (im allgemeinen schwache Reaktion,
in 2 FĂ€llen doch ĂŒber 1 %) nach zuckerreichen Mahlzeiten (sĂŒĂen
Suppen, FrĂŒchtgrĂŒtzen, Reisbrei mit Zucker) gefunden. Die
meisten FĂ€lle von Glykosurie wurden nach Leiden an Pleura,
rheumatischen Krankheiten, Ischias und Lumbago- konstatiert. Der
Verf. meint, daĂ eine mangelhafte Funktion des Kohlehydrat-Stoff-
wechsels an der Glykosurie schuld ist, denn der Blutzucker zeigt
eine gröĂere Steigung nach der Zuckerzufuhr bei den Glykosurie-
â FĂ€llen als beim Durchschnitt der normalen.
Po vi Hertz 'Kopenhagen,.
Acta Paediatrica, Uppsala.
15. Marz 1921. 1. Nr. I.
Aetiologie der akuten DarmstĂŒrungu der Kinder, ihre Kiut-eilung und Be-
handlung. Bloch. ('. K. I.
FĂ€lle von hysterischen Spasmen im Oesophagus. M o n i a d. S. 29.
Ein Triehohezoard im Magen eines .'!:,'>.iÀbrigen M eichen, der dureh f^astro-
toinie entfernt wurde. M o n r a d . S. 39.
âZur Kenntnis der Runiination im SĂ€uglingsalter. W e r n s t e d t , W. 4.'..
Der Blutzuckergehalt bei SĂ€uglingen. Einar Nysten. 79.
Untersuchungen in Bezug auf die Diagnose des Keuchhustens. \1 e v c i .
A. H. 99.
âZur Kenntnis des sog. intestinalen Infantiji.smus. L i ch tc liste j n, A. io.j.
Zur Kenntnis der Runiination im SĂ€uglingsalter. In seiner
Abhandlung beschreibt W ernst cd t (i FĂ€lle von Rumination im
.SĂ€uglingsalter. Aus seinen an diesen FĂ€llen gemachten Beobach-
tungen zieht. Wernstedl den SchluĂ, daĂ die verschiedenen
RuminationsfÀlle sich verschieden verhalten in den beiden- Phasen,
aus denen sich der Ruminationsakt zusammensetzt, nÀmlich im
Auftreten der Regurgitation und in dem âKauen". In einem Teil
der FĂ€lle treten die Regurgitationen nach allem Anschein ohne
irgend ein Zutun des Kindes auf. Vielleicht existiert in gewissen
FÀllen sogar keine Empfindung von etwas Ungewöhnlichem, ehe
die Regurgitation schon im Aufsteigen ist. In anderen FĂ€llen
macht das Kind dagegen offenbar selbst Versuche, die Regurgi-
tation hervorzurufen. Die hierbei von Zunge, Mund, Schlund und
Bauchpresse ausgefĂŒhrten Bewegungen scheinen in verschiedenen
FÀllen auch verschieden zu sein. Auch diö 2. Phase des Rumi-
nationsaktes verlÀuft in den einzelnen F'Àllen verschieden. Teils
gibt es FĂ€lle, wo der regurgitierle Mageninhalt unter den fĂŒr das
Kauen der Nahrung typischen Lippen-, Kiefer- und Zungen-
bewegungen im Munde herumgefĂŒhrt wird. Teils liegen andere
Ruminationstypen vor; in diesen treten die kauenden Kieler
bewegungen hinler den Zungen- und Schluckbewegungen zurĂŒck.
In bezug auf die Aetiologie der Rumination legt Wernstedl
die gröĂte Bedeutung auf das Bestehen von Erbrechen und Speien
das anamnestisch in seinen FĂ€llen nie gefehlt hat; weniger Werl
legi er auf eine neuropathische Konstitution oder Belastung, die
nicht immer beobachtet wird. Die von Gurt und Ylppö ver-
tretene Ansicht, es handle sich bei der Rumination um einen patho
logischen âBedingungsreflex", teill Wernstedl nicht: dagegen
hÀlt er mehr von der Ansicht von Lande und G ö l t, daà es sich
hier hauptsÀchlich darum handelt, ein mit dem Ruminieren ver-
knĂŒpftes LustgefĂŒhl zufrieden zu stellen. Wernstedl selbst
laĂt die Rumination auf als eine Erscheinung, die wesensverwandi
ist mit denjenigen Symptomenkomplexen (Fingerlutschen, Kopf
schĂŒtteln, den gewohnheitsmĂ€Ăigen eigentĂŒmlichen Körperstel-
lungen), die wegen der damit verbundenen angenehmen Sensa-
tionen als Stereotypien fixiert werden Therapeutisch hat man
von Medikamenten keinen Erfolg gesehen; gröĂeren Wert haben
diĂ€tetische Mittel (UeberfĂŒhren von flĂŒssiger oder dĂŒnnbreiiger
Kost auf dickbreiige) und den gröĂten die psychischen Einwir-
kungen (dauernde Ueberwachung des Kindes, Ablenkung).
Zur Kenntnis des sogenannten intestinalen Infantilismus
(Heubners âschwere Verdauungsinsuffizienz"). L i ch t ens t ei n
beschreibt 9 FĂ€lle vom intestinalen Infantilismus. In bezug auf
die Aetiologie dieses Krankheitsbildes steht Lieble n s t ei n auf
Seiten Heubners. der eine konstitutionell bedingte schwere
370
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 18/19
Verdauungsinsuffizienz als Ursache des intestinalen Infantilismus
annimmt. Lichtenstein betont noch besonders, daĂ die Ver-
dauungsschwÀche nur eine Teilerscheinung einer allgemeinen
Minderwertigkeit, vor allem des Nervensystems, sei. Er hat
schwere NervositÀt in der Ascendenz seiner Patienten und bei
ihnen selbst nachweisen können. Als Zeichen abnormer Konsti-
tution fand Liechtenstein bei 8 von seinen 9 FĂ€llen Spasmophilie. Im
Gegensatz zu Heubner, der den intestinalen Infantilismus aus-
nahmslos in den sozial gĂŒnstig gestellten Schichten gesehen hat,
hat Lichten siein ihn auch in Àrmeren Familien gefunden'
Die Behandlung des intestinalen Infantilismus muĂ in erster Linie
auf die neuropathische Komponente des Krankheitsbildes gerichtet
sein (Milieuwechsel, konsequente Erziehung); dann erst kommt
die diÀtetische Behandlung an die Reihe. Von guter Wirkung ist
möglichste Milchentziehung, man hat gefunden, daà Kinder dann
sehr gut gemischte Kost vertragen können. Manchmal, wenn die
gemischte Kost nicht anschlĂ€gt, ist EiweiĂmilch von Nutzen. In
gewissen FĂ€llen, besonders nach einem gefahrdrohenden, kata-
strophalen Gewichtssturz, kann . Frauenmilch auch bei diesen
filteren Kindern viel Gutes tun. StandvoĂ (Berlin-Halensee
20. Juni 1921, 1, Nr. 2.
âą{"BeitrĂ€ge zur Kenntnis der spasmophilen Diathese. Wernstedt, VV. 138.
Der Eisenumsate bei FrĂŒhgeborenen. L i e h t e n s t e i n A. 194.
^Gemischte DiÀt im l. Lebensjahr. Juadell; J. 240.
BeitrÀge zur Kenntnis der spasmophilen Diathese. I. Mittei-
lung. Wernstedt kommt auf Grund einer Reihe von Ver-
suchen an Kindern, die er teils mit Molkeneiwei'Ă, teils mit eiweiĂ-
l'reier Molke ernĂ€hrt hat, zu dem SchluĂ, daĂ praktisch genommen
die Ursache der spasm'ogenen Wirkung der Kuhmilch so gut wie
ausschlieĂlich in der eiweiĂfreien Molkenkomponente zu suchen
ist. Er untersucht dann die von Klug angegebene Hypothese,
die spasmogene Wirkung der Kuhmilch könne der Ausdruck einer
Kuhmilchanaphylaxie sein. Zu diesem Zweck stellte er Versuche
an, einerseits mit einer Molkensalzlösung, andererseits mit Rin-
derserum, das auch die in der Molke befindlichen Extraklions-
stoffe enthĂ€lt, deren Verhalten zur Spasmophilie noch geprĂŒft
werden muĂte. Die Untersuchungen ergaben, daĂ allein die Mol-
kensalze in der Korrelation, in der sie in der Kuhmilch vorkom-
men, spasmogene Wirkung besitzen, daĂ also die spasmogene
Wirkung der Kuhmilch in der Hauptsache eine Salzwirkung und
kein Ausdruck einer Kuhmilchanaphylaxie ist. Welches Salz der
Molkensalzmischung spasmogen wirkt, hat Wernstedt dann zu
untersuchen versucht. Er hat Versuche mit modifizierten Molken-
salgemischen gemacht; 1. Ca + Na, 2. Ca + K, 3. K + Na.
Er hat die stÀrkste Steigerung der spasmophilen Symptome mit
der Salzmischung, in der die beiden Alkalisalze K und Na unbe-
rĂŒhrt gelassen wurden, gesehen; die schwĂ€chste Wirkung hatte
das Salzgemisch Ca und Na, die mittlere das Salzgemisch Ca und
K. Hieraus zieht er den SchluĂ, daĂ K in der Menge und in der
Korrelation mit den anderen Salzen, in der es sich in der Molke
befindet, die stĂ€rkste spasmogene Wirkung ausĂŒbt, und daĂ Ca
antispasmogen wirkt; Na in Verbindung mit TK steigert die spas-
mogene Wirkung des K, in Verbindung mit Ca steigert es dessen
antispasmogene Wirkung. Hiernach scheinen die Kat.- Jonen die
ausschlaggebende Rolle zu spielen. Irgend ein unzweideutiges
Zeichen, da"à die An-Jonen, die Phosphor- oder ZitronensÀure-
Jonen spasmogene Eigenschaften besitzen, ist nicht hervorge-
treten. Andererseits gestatten die Versuche nicht, den Gedanken
auszuschlieĂen, daĂ diese oder andere An-Jonen in dieser Hinsich"
eine wenn auch untergeordnete Rolle spielen können.
Gemischte DiÀt im 1. Lebensjahr. 1. Mitteilung. Seit 1914
macht J u n d e 1 1 Versuche, Kinder in der 2. HĂ€lfte des 1. Lebens-
jahres gemischt zu ernÀhren. Er gibt Schleim- und Fruchlsuppen,
FruchtsĂ€fte, Kakao, Tee mit Milch, Quetschkartoffeln, RĂŒhreier,
gekochtes Fleisch, gekochten Fisch, Zwieback. Sie können so-
viel davon essen, wie sie mögen. Zubereitet sollen die Speisen
werden genau wie im Haushalt fĂŒr Erwachsene; nur soll die
gröĂte Sorgfalt auf die Zubereitung gelegt werden. Er hat bis
jetzt durchwegs nur gute Erfolge gesehen. Die Kinder nehmen
gut zu, entwickeln sich. auch geistig viel besser als sonst die Kin-
der, die am Ende des 1. Lebensjahres besonders in Heimen am
meisten geistig zurĂŒckbleiben. Die MortalitĂ€t der gemischt
ernĂ€hrten Kinder ist nicht gröĂer als die bei mit Milchmischun-
gen ernÀhrten Kinder, eher noch etwas kleiner.
StandvoĂ (Berlin-Halensee).
La Presse Medicale, Paris.
1. MĂ€rz 1922, Nr. 17.
⊠I L C jL''
vGibt es im menschlichen Gehirn eingeborene odPT prÀformierte Sprach-
zentren? Pierre-Marie. 177.
Hypertrophische Pylorusstenose beim SĂ€ugling. W e i I 1 - H a I I e B und
W ei i B m a u n - N e fc t e r . K: 181.
Existieren im menschlichen Gehirn angeborene oder prÀfor-
mierte Sprachzentren? Verfasser weist zunÀchst die Annahme
eines besonderen angeborenen Zentrums fĂŒr die Schriftsprache
zurĂŒck mit der BegrĂŒndung, daĂ dann nicht erst Jahrtausende
in der Geschichte hĂ€tten verflieĂen mĂŒssen, ehe es zur Entwick-
lung einer regelrechten Schriftsprache kam. Er bestreitet aber
auch ebenso das Bestehen eines angeborenen Sprachzentrums,
vor allem des Broca'schen und Wernicke'schen; erstens weil er
in zahlreichen obduzierten FĂ€llen LĂ€sionen der 3. linken Stirn-
und SchlÀfenwdndung gesehen, ohne daà eine Aphasie bestanden
hatte, und ebenso umgekehrt FĂ€lle von Aphasie ohne patholo-
gische VerÀnderungen in diesen Stellen. Auch der klassische
Fall Broca's zeigte keine diesbezĂŒgliche umschriebene LĂ€sion,
sondern eine ausgedehnte Erweichung durch eine Obliteration der
Sylvischen Arterie, die weit ĂŒber die Broca'sche und Wernicke-
sche Zone hinausreichte. Ferner sucht er das Nichtvorhanden-
sein eines Sprachzentrums damit zu begrĂŒnden, daĂ das kleine
Kind bereits alle Funktionen, die auf ein angeborenes Zentrum
zurĂŒckzufĂŒhren sind, ausĂŒben kann, ehe es zu sprechen vermag;
ebenso daà eine rechtsseitige zerebrale KinderlÀhmung niemals
eine Aphasie im Gefolge hat. Er folgert daraus, daĂ die LĂ€sionen
des Hirnes erfolgt sind, ehe noch die linke parieto-temporale
Region sich der Funktion der Sprache anpassen konnte und da-
her eine benachbarte Region dieses Amt ĂŒbernehmen muĂte, und
kommt so allgemein zu dem SchluĂ, daĂ kein angeborenes oder
prÀformiertes Sprachzentrum existiert, sondern nur eine Adap-
tion bestimmter Zentren fĂŒr die Funktion der Sprache statt-
findet. Daà dieses gerade in der linken HemisphÀre der Fall ist,
erklĂ€rt er dadurch, daĂ sich vielleicht diese im ganzen frĂŒher
als die rechte entwickelt und also eine Art Kristallisations-
zenlrum fĂŒr die intellektuellen Prozesse bildet. Vielleicht er-
legen diese eine Vibration nervöser Elemente, die Reaktionen in
groĂen Zellgruppen auslösen, doch gibt Verfasser zu, sich damit
in ein noch dunkles Gebiet zu verlieren. Haber.
Revue d'orthopedie, Paris.
Januar 1922, 29, Heft 1.
*J*Ueber die Epicondylitis der Sportsleute. Tavernier, L.
â L'eber das Vorhandensein einer eigentlichen Metaphyse. Tiliier. K. 81.
*5*Ein Fall von Wirbelluxation und seine operative Behandlung. C o s t a n t i n i
und D u b o u c h e r. 27.
âHysterische Pseudo-spoudyliris; einige diagnostische Bemerkungen in Bezug
auf die. echte Spondylitis. F e u t e 1 a i s . P. 37.
Doppelhand mit sieben, dem Uluasstrahl entsprechendein Fingern; ver-
schiedene begleitende, eigenartige angeborene MiĂbildungen. Vincent,
E. 47.
Alte Colitis typhösen Ursprungs; periartikulĂ€re VerknĂŒcherungen. D n -
p o n t , J. 61.
Kine neue. Redressionsscbiene zur Behandlung des angeborenen KlumpfuĂes
beim Neugeborenen. Michel. L. 65.
Ueber die Epicondylitis der Sportsleute. Die Epicondylitis
ist eine verhĂ€ltnismĂ€Ăig hĂ€ufige Krankheit, die von den Aerzten
immer noch zu wenig gekannt und gewĂŒrdigt wird. Sie wird
charakterisiert durch das Auftreten eines starken Schmerzes in
der Gegend des Epicondylus lateralis humeri; dieser Schmerz ist
sehr hartnÀckig und geht ohne irgendwelche objektiven Symp-
tome einher. Vor allem sind es gewisse Sportarten und Berufe,
die zur Erkrankung fĂŒhren (z. B. Tennisspiel und Fechten; so-
dann die Berufe der WĂ€scherinnen, Klavierspieler, Geigen-
kĂŒnstler u. s. f.). Der Verfasser litt selbst an einer Epicondy-
litis, die sich beim Tennistraining einstellte und in einer genauen
Krankengeschichte wiedergegeben wird. Das Leiden entsteht ge-
legentlich einer Ueberanstrengung der Vorderarmmuskeln.; es
befÀllt nur Erwachsene und meistens die Champions im Sport,
wÀhrend es die AnfÀnger verschont. Es setzt oft schleichend und
langsam sich verschlimmernd ein, oft befÀllt es den Arm bei
einer einzigen heftigen Bewegung mit voller Wucht. Das einzige
Symptom bleibt der Schmerz, der sich nur bei gewissen Be-
wegungen (AuswÀrtsrotation bei gleichzeitiger Streckung der
Hand) oder auf Druck an ganz umschriebener Stelle ĂŒber dem
Epicondylus zeigt. Die Krankheit zieht sich monatelang hin. Bei
jahrelangem Bestehen hat man periostitische Knochenwucherun-
gen röntgenologisch nachweisen können. Sonst versagt meist
auch das Röntgenbild. Die Auffassung von Preis er, daà es
sich um kongenitale Inkongruenz des Radiohumeralgelenks
handle, entkrÀftet der Verfasser durch Studien am eigenen Arm.
Auch sein Röntgenbild zeigte die Inkongruenz, die sich aber als
ProjektionstĂ€uschung nachweisen lieĂ. Es handelt sich beim
ganzen KrankheitsprozeĂ wahrscheinlich um traumatische Zer-
reiĂungen oder Abrisse der StrecksehnenursprĂŒnge, die sich aber
10. Jahrg. â Nr. 18/19.
Aus den neuesten Zeitschriften
»71
ganz im KÀhmen mikroskopischer VerhÀltnisse halten. Dann
mag wohl eine chronische, schleichend verlaufende Periostitis
lazutreten, die Infolge der stÀndigen BelÀstigung der Herdslelle
durch Zug der Sehnen unterhalten wird ohne akut zu werden
Eine restlose AufklÀrung der Pathogenese vermögen wir bis jetzt
nicht zu gehen. Die Diagnose isl leicht, schwieriger die Be
handlang. Ruhe allein vermag den ProzeĂ zur Abheilung zu
bringen.
Ueber das Vorhandensein einer eigentlichen Metaphyse.
ei Iii er hat an jugendlichen Röhrenknochen röntgenologisch
die Metaphyse abzugrenzen versucht. Er konnte eine der Epi-
Hhysenfuge parallele Linie nachweisen in der Gegend, in die
tman gewohnhedtsgemÀà die Grenze zwischen Dia- und Metaphyse
verlegt. Diese Linie konnte er an sezierten Knochen als Scheibe
dichterer Knochenbildung nachweisen. Was man bisher als
Metaphyse bezeichnete, entsprach einem mehr oder weniger
kĂŒnstlichen Begriff, der aus praktischen GrĂŒnden eine Berech-
tigung hatte. Fillier weist nach, daĂ diese Metaphyse nicht
.nur in unserem Kopfe ein Scheindasein fĂŒhrt, sondern daĂ sie
anatomische Wirklichkeit besitzt. Das hat fĂŒr die ErklĂ€rung
mancher Krankheitslokalisationen groĂe Bedeutung. Der Verf.
greift drei Knochenerkrankungen heraus, um seine Gedanken zu
'erlÀutern: Die Tuberkulose mit vorwiegend epiphysÀrem Sitze,
Idie Syphilis als Vertreterin der Diaphysenkrankheiten und die
Osteomyelitis, welche er zumeist in die Metaphyse verlegt,
villi er vermochte an Röntgenbildern nachzuweisen, daà die
Ausbreitung solcher Infektionen, wenn sie schrittweise erfolgt,
sich an die anatomischen Grenzen hÀlt. Es gibt z. B. unter den
seltenen âsogenannten'" ddaphysĂ€ren Tuberkulosen sehr hĂ€ufig
Formen, die als rein metaphysÀr oder als epiphyso-metaphysÀr
bezeichnet werden mĂŒssen. Die Diaphysensyphilis macht an der
anatomischen Grenzlinie zwischen Dia- und Metaphyse halt. Vom
pathologischen Gesichtspunkte aus mĂŒssen wir an der Drei-
. teilung der Röhrenknochen festhalten. Die Osteomyelitis beginnt
"meist in der Metaphyse, breitet sich allerdings, rasch aus, so daĂ
man ihren Ursprungsort spÀter nicht mehr nachweisen kann.
Ein Fall von Wirbelluxation und seine operative Behandlung.
Die Luxation betrifft den 2. Lendenwirbel, der nach rechts und
vorn vom dritten abgewichen isl, wobei die QuerfortsÀtze 2 und
?> abgerissen wurden. Diese Lokalisa lion der Wirbelluxation ist
sehr selten. Die hĂ€ufigsten Verrenkungen im Gebiet des RĂŒck
grats befallen die HalswirbelsÀule oder die Uebergangsstelle
zwischen Brust und Lendenwirbelsaule. Trotz krÀftiger Exten-
sion in Narkose lieĂ sich die Luxation nicht beheben. Eine kom-
plette QuerschnittslÀhmung stellte sich ein. Die Operation be-
stand in einer Freilegung der DornfortsÀtze, die mit krÀftigen
Zangen gefaĂt wurden: WĂ€hrend einer LĂ€ngsextension der
ganzen WirbelsÀule wurde der 2. Lendenwirbel nach hinten ge-
zogen, der dritte vorgestoĂen, worauf sich die GelenkflĂ€chen
wieder adaptierten. Trotz des gelungenen Eingriffs blieb die
LĂ€hmung bisher bestehen; groĂe DekubitalgeschwĂŒre bildeten
sich ĂŒber dem Kreuzbein.
Hysterische Pseudo-Spondylitis. An Hand eines gut beschrie-
benen Falles von Hysterie, die sich hauptsÀchlich unter der
Maske einer Spondylitis verkappte,, weist F e u t e 1 a i s auf die
Wichtigkeit der exakten Diagnosestellung hin. Er betont (und
zwar mit gröĂtem Recht!), daĂ die Beweglichkeit der Wirbel-
sÀule im erkrankten Abschnitt stets gestört ist bei echter Wirbel-
karies, selbst wenn andere Symptome, sogar röntgenologischer
Art fehlen. Ein rechtsseitiger InguinaiabszeĂ legte bei einem
andern Fall den Verdacht auf Spondylitis sehr nahe. Die be
wegliche WirbelsÀule bestÀrkte den Verfasser darin, eine Unter-
leibserkrankung anzunehmen. Die Wirbel blieben gesund. Voll-
kommen schmerzfreie, im Röntgenbild nicht erkennbare Spon-
dyliliden wurden auf Grund der RĂŒckgratsversteifung als solche
behandelt und entpuppten sich spater in der Tat als echte Wirbel-
erkrankungen. Debrunner (Berlin).
L'Encephale, Paris.
Januar 1922, Nr. 1.
âŠZehnter Beitrag zur Theorie von der Neurobiotoxia. A Mens K ;i n ⥠e r s
C. U. 1. ii.
Die Entwicklung der SehsibilitÀts- und MotilitÀtsstörungen in einem Kall
von Pedunculus-Syndrom, A n <i r 6 , T h o ta u s. 20.
Die Beziehungen dei seelischen VerdrÀngung und der GstotivitÀt in der
Genese gewisser Psychoneuroson, Du dt 6, E. und Treos&t,
Ch. L. 31.
âŠDie Behandlung von (8 Paralytikern mittels Irsemobenzol Bogues >! r
Furuc, J. und F u r c t. 38.
Zehnter Beitrag zur Theorie von der Neurobiotaxis. Den
Dendriten wird einerseits eine nutritive Funktion andererseits
die FĂ€higkeit dei Heizleitung zugesprochen Es ist sein Intel
essant in embryonalen PrÀparaten zu beobachten daà die Den
driten gegen die Peripherie des RĂŒckenmarks hin wachsen, von
wo aus die Vaskularisation erfolgt, Hieraus wird aul die Er-
nÀhrungsJunktionen der Dendriten geschlossen. Aul der anderen
Seite konnte der Verfasser zeigen, daĂ die Dendriten immer
stimulopelal wachsen, d. h. in der Richtung des Reizes,
wÀhrend der Axenzylinder immer in entgegengesetzter Richtung
sieh ausbreitet. Wahrscheinlich wird diese Art des Wachstums
durch elektrische VerÀnderungen, welche den Reiz und seine
Fortleitung begleiten, verursacht.
Die Behandlung von 4;> Paralytikern mittels Arsenobenzol.
Die Behandlung der progressiven Paralyse mit Arsenobenzol in
schwachen und hĂ€ufig wiederholten Dosen, die Iiis zur EinfĂŒh-
rung einer hohen Gesamtmenge (!) gr fortgefĂŒhrt wird, ist ge-
fahrlos. Sie bewirkt hÀufig Remissionen und in gewissen FÀllen
so weilgehende NachlÀsse, daà hinsichtlich des psychischen Be-
fundes von einer Heilung gesprochen weiden kann.
A. M i i n /. e r.
Februar 1922. Nr. '2.
âŠUeber die anatomischen Bedingungen des binokularen Sehens in den zen-
tralen Seilbahnen. M i n U owa ki, M. 65.
Die psychische Prophylaxe im Beer. C ha v i â >âą u y. 97.
âŠBemerkung iilicr die Pathogenese des epileptischen Anfalls. A n t h e a u m e .
A. und T r e ps at , L. 103.
Die VerwirrtheitszustÀnde bei Malaria. Papastratigakis. ('. io.">.
Die Beziehungen der seelischen VerdrÀngung und der Kmotivitiit in der
Genese gewisser Psychoneurosen. I) u p t 6 . E, und Trcpsat,
Ch. L. 109.
Ueber die anatomischen Bedingungen des binokularen Sehens
in den zentralen Seilbahnen. Um ĂŒber die anatomischen Be-
dingungen des binokularen Sehens in den zentralen Sehbahnen
urteilen zu können, muà man die Art der Verteilung und der
Endigung der direkten und gekreuzten Sehnervenfasern in den
primĂ€ren Sehzentren zu ergrĂŒnden versuchen, d. h. in den vor-
deren VierhĂŒgeln, in -den SehhĂŒgeln und hauptsĂ€chlich in den
corpora geniculata externa. Verfasser hat dieses Problem zu
lösen versucht indem er die sekundÀren Degenerationen nach
Enukleation oder Verlust eines Auges an Tieren studierte; auch
wurden die Ergebnisse an zwei Menschen verwertet! â Die ana-
tomischen Studien, die von sehr instruktiven Abbildungen be-
gleitet sind, verlangen die LektĂŒre des Originals. Als wesent-
liches Ergebnis isl hervorzuheben, daĂ nur in der . Hirnrinde die
endgĂŒltige Verschmelzung der getrennt einfallenden Lichtreize
in eine einzige binokulare Wahrnehmung stattfinden kann.
Bemerkung ĂŒber die Pathogenese des epileptischen Anfalls.
Ausgehend von der Hypothese, daĂ die Epilepsie eine âErkran-
kung von anaphylaktischem Typus sei, haben die Verfasser ver-
sucht, durch Injektion der verschiedenen KörperflĂŒssigkeiten
eines Epileptikers â Urin, RĂŒckenmarksflĂŒssigkeit, Blutserum â
bei einem Kaninchen einen anaphy taktischen Anfall auszulösen.
Es gelang ihnen bei einer genau fixierten Menge von Serum in
ö von (i FÀllen heftige KrampfanfÀlle, denen ein schneller Tod
folgte, auszulösen. A. MĂŒnzer.
The British medical Journal.
11. MĂ€rz 1922, Nr. 3193.
Die Chirurgie des Blutes. Sinclair. Tb. 375.
Die Behandlung der Schlaflosigkeit; Rudo*lf'. B. I>. 377.
⊠Rachitis. N 0 e I P a tun. D. 379.
Amputationen an Schulter und HĂŒfte. Li ttfle wood, H. 38t.
Bauchtuberkulose. Morley, .J. 383.
Stoffwechsel bei Kindern und Erwachsenen in der Schwei« wÀhrend Ruhe.
Hill. L., C a m p b eil , J. A. und II u d s o n . B. 385.
Keuchhusten mit 17« (Mio Leukozyten. B, o ttrn e. Qr. und Scott, J. M. 387.
Raehitis. Sehr viele Kinder mil Rachitis haben zur gleichen
Zeit Tetanie. Aus Stoffwechselversuchen scheint hervorzugehen,
daĂ nicht ein zu wenig an Kalzium, sondern ein zu wenig an
Phosphor die Ursache der mangelhaften Ossifikation bei Rachi-
tis ist. Verlasser meint, daĂ eine Anomalie des Lezithinstoff-
wrechsels nicht unwahrscheinlich ist. Wahrscheinlich ist ihre
Lokalisation in der Leber zu suchen. Wenn dazu noch ein er-
höhter Umsatz des Cholins in Guanidin kommt, wird auch die
Tetanie, die von vielen als eine Guanidinvergiftung aufgefaĂt
wird, erklÀrt. K 0 0 p m a n (Haag).
10. MĂ€rz 1922, Nr. 3194.
Perniziöse AnÀmie und septische AnÀmie. Munter. W. 121,
SterilitĂ€t und das Interesse fĂŒr den Staat. Gibbons, R. 427.
Aus den neuesten Z e i t s e h r i H e n
10. Jahrs- - Nr. 18/19.]
âŠDir Verdaulichkeit von Bakterien. Du k e s . C. E. 130.
Vbnonne Beweglichkeit einer Rippe. Davies f'olley. lÀ 43:2.
BeschrÀnkung von lofluenaaepidemdcn in Schulen durch Verwendung von
âlokaler" prophylaktischer Vakzine. S i in e v . A. .1. und E vre. j.
\V. H. 433.
StÀbeben zur Untersuchung; der Kehle itus Aluminium, f: r tot, l,. 134.
Die Verdaulichkeit von Bakterien. Aus den Versuchen gehl
hervor, das Bakterien keine proteolytischen Fermente absorbieren.
Das EiweiĂ der Bakterien wird gegen proteolytische Fermente
geschĂŒtzt durch eine HĂŒlle aus Lipoiden. Nur durch Lösung oder
Zerstörung der Lipoide gelang es. die Bakterien der Proteolyse
zu unterwerfen. Wenn Bakterien mit spezifischen Antikörpern
zusammengebracht werden, werden sie doch nicht durch proteo-
lytische Fermente angegriffen. Koopman Haag.
The Journal of Urology, Baltimore.
Dezember 1921, Nr. Ii.
Perineale Prostatektomie. Dotailierter Bericht ĂŒber 100 FĂ€lle. V r t b u r
B. C e c 1 1.
â suprapiHiiMhe oder perineale Prostatektomie? Vergleichende Studie ĂŒber
9p perineal und 38 supr&pubiseb operierte Kalle. II i e m a n n . Kr.
âą^Erfahrungen mit Radiumbebandlurig des Karzinoms der Prostata. Bog-
Ii o e . H. ĂŒ.
SuprapĂŒbische oder perineale Prostatektomie? Auf Grund
\ on Erfahrungen bei 90 perineal und l>8 suprapubisch operierten
Prostatektomien â die von verschiedenen Gesichtspunkten aus
statistisch verglichen werden - -, kommt H. zu dem SchluĂ, daĂ
trotz der schwierigeren anatomischen VerhÀltnisse die perineale
Operaliönsmethode der suprapubischen in BĂŒcksicht auf die all-
gemeinen körperlichen VerhĂ€ltnisse ĂŒberlegen, in funktioneller
Hinsicht mindestens gleichwertig ist, falls die ganze DrĂŒse radi-
kal entfernt und die Vorbehandlung gul durchgefĂŒhrt wird.
Eifa h runden mit Radiumbehandlung des Karzinoms der
Prostata. Die Erfolge der Therapie beim Ca. der Prostata sind
bei jeder Behandlungsmethode Ă€uĂerst gering: am meisten kann
man noch von uei EinfĂŒhrung von âRadiumnadeln" direkt in die
Prostatasubstahz erwarten, die perineal oder nach suprapu-
Imcner Fretleguhg geschieht, und die durch gleichzeitige Ba-
diumbestrahlung von der Urethra und vom Rektum ner unter -
stĂŒtzt wird. B i b Berlin >.
The Lancet, London.
11. Marz 1022, Nr. 5141.
â ihr chirurgische Behandlung der Basedowschen Krankheit. K n in a n i s .
\\ . F. C. 471.
âŠM>ie Aetiologie der Sicht <le\velt\ 11. L. J. 475. v
Die Besinn' mutig der physisc.he>n Kral't durch Bestimmung der Aussebirige
wÀhrend der Atmung der verschiedenen 'feile der Brust. M u m f n i.
.* A. 47R.
Die chirurgische Behandlung der Basedow sehen Krankheit.
Durch die Operation wird fast immer ein fortschreitender Ga
wichtsverlust sofort zum Stillstand gebracht. Man darl sagen. I
daĂ in sehr schweren FĂ€llen der Erfolg der Operation ermutigeil
der ist als in ganz leichten. In den ganz gĂŒnstigen FĂ€llen wird
der Stoffwechsel nach der Operation wieder normal, aber nicht
ganz, selten bleibt er auch nach der Operation bis ĂŒber 25 Prozent
ĂŒber der Norm. In vereinzelten FĂ€llen entsteht nach der Ope-
ration ein verlangsamter Stoffwechsel'
Die Aetiologie der Gicht. Nach Verfasser ist die dicht immer
eine hereditÀre Erkrankung, die in einer gewissen Leberenipl'i nd-
lichkeil der Zellen gegen bestimmte EiweiĂstoffe besteht Der
Gichtanfall ist also eine Art nnaphvlaktischer Schock. Es ist bei
fast allen akuten GichtanfÀllen möglich. Erscheinungen seitens
der glatten Muskulatur vor allem der Bronchioli nachzuweisen.
Aber auch bei der sogenannten irregulÀren Dicht kann man Àhn-
liche Erscheinungen finden. Koopman Haag
18. MĂ€rz 1922. 202. Nr.' 5142.
Die OrthopÀdie der rheumatischen Arthritis. T o d d . A. H. .">15.
Moderne PsyehosenbehandlĂŒng. H o w s , K. G 'r22.
Encephalitis lethargica. Hall. A. J. 526.
Der hysterische Ursprung des sog. perniziösen Erbrechens wÀhrend der
Seh« ansei schalt. Hurst. A. K. 528.
Schwere GebÀrmutterblutungen nach vaginalen Operationen. Phillips!
J. 530.
Ein Kall \on Eemurfraktui durch die Horner eines Stieres. I, c d i a i J ,
H. A. 530.
Extroversion der Harnblase behandelt mit Vesico-eolnstomie. Mac e wen,
J. A. C. 531.
Sarkom des .Unterkiefers bei einem Neugeborenen.. M u m in e r y. S. P. 531.
Koopman (Haag;. 1
The Journal of Metabolie Research, Morristown.
Januar 1922. 1. Nr. 1.
Hydropische Degeneration der Langerhansochcn Inseln nach partieller
Pankreatektomie. Allen. F. M. 5.
FĂ€rbung der Granulae der Langerhansschen Inseln des diabetischen und'
nicht-diabetischen Pankreas. Martin. \\ K. 43.
Nervöse EinflĂŒsse in der Aetiologie des experimentellen Diabete«. Allen.
F. M. 53.
Die Kulte der HyperglykÀmie in der Verursachung bydropiseber Degenera-
tion der Inseln. Allen, F. M. 75.
Der EinfluĂ der ZirkiilationsstĂŒruiigen auf den experimentellen Diabetes. '.
Allen. F. M. f>9.
Experimente ĂŒber den Kohlenhydratstoffwechsel und Diabetes, i. Dextrose-
Stickstoff-VerhÀltnis Ihm Hunden mit teilweiser Exstirpation des Pankreas. <
Allen. F. M. und W isli.irt. M. B. 97.
Experimente ĂŒber den KohlehvclratMoffwech.se1. und Diabetes. 5. Der Ein-]
f 1 ii IS der Glukoso»ufubr auf die Dinrese und Hlutzusammensetzung bei.
nicht-diabetischen und diabetischen Personen. Sberrili. J. W. uiuf,
John, H. J. 109. *
KONORESSBERICHTE
Iii. Versammlung der Deutschen Gesellschaft fĂŒr Chirurgie
in Berlin vom 19.â 22. April 15)22.
Berichterstatter: II. N I e l I i n e r - Berlin.
Zweiter Sitzungstag.
S ta h 1- Berlin: Die Bedeutung der histologischen Blutunter-
suchung bei chirurgischen Erkrankungen.
Die morphologische Zusammensetzung des Blutes gesunder
Erwachsener ist eine konstante, indem fortdauernd Zellen unter-
gehen und neue gebildet werden. Die Bildung der Erythrozyten
findet in Milz und Knochenmark statt. Nach Entfernung der
Milz linden sich noch jahrelang .lollykörperchen im Blut. Die
Leukozyten werden in verschiedenen Organen gebildet. Die
DrĂŒsen mit innerer Sekretion haben einen EinfluĂ auf ihre Zahl.
Die Ansichten Kochers ĂŒber das Blutbild bei Basedow haben
sich nicht bestÀtigt. Wie vorsichtig man in der Deutung der
Lymphozytose sein muĂ, beweist ihr Auftreten bei Neurasthenie,
bei Vagotonie u. a. Bei Infektion mit Bakterien und anderen
Parasiten sind vor allem die neulrophilen Zellen vermehrt. Aber
man darl nicht allein die neutrophilen Zellen berĂŒcksichtigen,
w ie es S o n n e n b u r g in der ersten Zeit getan; es ist die ganze
Verschiebung des Blutbildes nach links, wie es Arneth ge-
lehrt, oder wie es in einfacherer Weise von Schilling ange-
geben. An einer groben Zahl von Beispielen' wird die Veranda
rung des Blutbildes bei den verschiedenen Krankheitsformen bfl
sprochen und gezeigt, wie sie differentialdiagnostisch von groĂer;'
Bedeutung sein kann und das Handeln des Chirurgen beein-
flussen wird. Die VerÀnderungen der Gesamtzahl, der die ge-
ringste Bedeutung zukommt, die VerÀnderung des Frozen!
gehaltes der einzelnen Formen und die VerÀnderungen,
der einzelnen Zellen mĂŒssen dauernd beobachtet und die
Zahlen am besten in einer Kurve festgelegt werden. sie ge-
statten einen Schluà auf die Prognose. Die VerÀnderung de«
Blutbildes gehl der Verschlechterung meist voraus. WĂ€hrend
das klinische Bild noch eine gute Prognose zu geben scheint,
zeigt bereits das Blutbild die zu erwartende Verschlechterung
an. Bei einzelnen Krankheiten hat das Blutbild zur Unterschei-
dung versagt, so bei Adenom und Karzinom der Prostata. Dif
fĂŒr Tuberkulose charakteristische Lymphozytose schwindet bef
Entstehung eines kalten Abszesses, der zur Vermehrung der
neutrophilen Blutkörperchen fĂŒhrt, Ă€hnlich bei Mischinfektionen.
Bei malignen Tumoren findet zunÀchst keine charakteristische
VerÀnderung des Blutbildes statt; erst der jauchige Zerfall im
Tumor fĂŒhrt zur Vermehrung der neutrophilen. Auch die Diffej
rentialdiagnose zwischen Magenkrebs, bei dem meist eine Verl
mehrung der Neutrophilen, und Ulcus ventriculi, bei dem eine
Lymphozytose zu konstatieren ist, kann auf Grund des Blutbilde»
nur schwer gestellt werden. In anderen FĂ€llen gab die Blut-
untersuchung die Indikation fĂŒr ein operatives Eingreifen.
40. Jahrg. â Nr. 18/19.
K o n g r c Ă b e r i c h t e
H i 1 d c b r a n d - Berlin bestÀtigt die Bedeutung der tnetho-
tischen Blutuntersuchung, wie sie von dem Vortragenden ah der
chirurgischen Klinik geĂŒbt wurde
Federmann -Charlottenburg: Die Bedeutung der Leuko-
zytose fĂŒr Diagnostik und Prognose peritonealer Erkrankungen.
Wenn auch das Blutbild auf jede Infektion reagiert, so ist bei
peritonealen Prozessen die Reaktion wegen der groĂen Ober-
flĂ€che des Peritoneums und der groĂen Resorptionskraft des-
selben eine bedeutendere. Die Leukozytenkurve bei Peritonitiden
zeigt einen typischen Verlauf: Starkes Ansteigen je nach der
Schwere der Infektion und allmÀhliches Abfallen. Das Auftreten
ist nicht etwa ein Zeichen von Eiterung, sondern der Ausdruck
der Infektion. Leukozytose ohne Verschiebung des Blutbildes
nach links deutet auf eine leichte Infektion, bei der ein opera-
tives Eingreifen nicht dringend ist, Leukozytose mit Verschie-
bung nach links (40 Prozent) ist ein Zeichen schwerer Infektion
und mahnt zur sofortigen Operation. Von groĂem Wert ist die
postoperative Beobachtung des Blutbildes. Ein erstmaliges Ab-
fallen mit folgendem Anstieg deutet auf ein Fortschreiten der
Peritonitis. Geringe Leukozytose bei weiterer Verschiebung nach
links gibt eine sehr schlechte Prognose.
W en d e 1 - Magdeburg betont die Wichtigkeit der Blutunter-
suchung Entmilzter noch nach langen Jahren (10 â 15), um fest-
zustellen, wie lange noch kernrestehaltige rote Blutkörperchen
gefunden werden.
F 1 ö r c k e n - Frankfurt a. M. weist darauf hin, daà sich bei
Strumen (nicht bei Basedow) Hypoglobulie finde, bei malignen
Formen meist mit Erhöhung des Blutdrucks, der bei Eintreten
der Kachexie schwinde.
S c h i 1 1 i n g - Berlin weist auf die Bedeutung des. Blutbildes
u. a. zur Differentialdiagnose zwischen Stein und Cholangitis
bzw. LeberabszeĂ hin. Er betont, daĂ die einfache Feststellung
der Leukozytose nicht genĂŒge, sondern daĂ es auf die VerĂ€nde-
rung im Blutbild ankomme, wie das von ihm in Vereinfachung
des Arneth sehen Blutbildes angegeben ist, eine Methode, deren
Erlernung keine Schwierigkeiten mache. Die Jollykörperchen
lassen sich oft. wenn sie sonst nicht mehr nachweisbar sind,
noch im dicken Tropfen auffinden.
KĂ€ppis- Kiel hat einzelne FĂ€lle gesehen, in denen der ope-
rative Befund nicht dem Blutbilde entsprach. Er warnt davor,
wenn andere klinische Erscheinungen vorliegen, die Entscheidung
fĂŒr die operative Indikation vom Blutbilde abhĂ€ngig zu machen.
H e i 1 e - Wiesbaden : Zur KlÀrung der Pcritonitisprognose
durch das mikroskopische Bild.
Durch Stenosierung der Appendix beim Hunde hat er eine
Appendizitis hervorgerufen, dann Glasröhrchen in die Bauch-
höhle gelegt und von Zeit zu Zeit geöffnet und Sekret abgenom-
men. ZunÀchst trat eine ausgesprochene quantitative und quali-
tative Lymphozytose auf, die sich auch im 3. Stadium, dem der
Reparation, wiederfindet. Auch bei chronischem Ileus ohne In-
karzeration, wie bei Peritonealtuberkulose findet sich Lympho-
zytose. Bei den akut fortschreitenden Prozessen der experimen-
tellen Appendizitis trat dann eine Vermehrung der neutrophilen
Zellen auf, die ihren Höhepunkt im heiĂen AbszeĂ erreicht, wĂ€h-
rend man beim kalten AbszeĂ eine vermehrte Lymphozytose
j findet.
Lohr- Kiel: Ueber physikalisch-chemische VerÀnderungen
des Blutserums bei chirurgischen Erkrankungen.
Redner befaĂt sich erneut mit der Bedeutung der Blutkörper-
chensenkungsprobe. Bei den malignen Tumoren gibt sie ein
Spiegelbild der GröĂe des Zellzerfalls und der Resorption der
Zerfallsprodukte. Ebenso tritt nach jeder sterilen Operation nach
21 Stynden eine Blutkörperchensenkungsbeschleunigung auf,
welche in den nÀchsten Tagen noch zunimmt, um dann allmÀhlich
zur Norm zurĂŒckzufĂŒhren. Ebenso tritt sie bei parenteraler Ein-
verleibung von fremden EiweiĂstoffen auf. Sie leistet in
mancher Beziehung mehr, als die LeukozytenzÀhlung. So dient
sie z. B. zur Differentialdiagnose von tuberkulöser Erkrankung
des HĂŒftgelenkes und der Perthes-Calve' sehen Erkrankung.
Dasselbe gilt von der Abgrenzung Àhnlicher Krankheitsgruppen
Auch gewĂ€hrt sie AufschluĂ ĂŒber die Ausdehnung der EntzĂŒn-
dung bei Baucherkrankungen, wie bei der Appendizitis.
S c h r a m m - Berlin: Behandlung der perniziösen AnÀmie
durch Entmarkung eines Röhrenknochens.
In 12 FĂ€llen, in denen die anderen Behandlungsmethoden
versagten, wurde das Knochenmark aus einem Röhrenknochen
entfernt, -um dadurch einen Reiz auf das gesamte Knochenmark
auszulösen, der geeignet sei, eine Umstimmung im gĂŒnstigen
Sinne zu bewirken. Zuerst wurde die Tibia, spÀter der Ober
Schenkel gewĂ€hlt, an dessen AuĂenseite von einer kleinen Stelle
die Operation ausgefĂŒhrt wurde. f> Kranke leben. Ivs geht ihnen,
die vorher gar nicht mehr gehen konnten, besser. Bei ei nein
wurde die Operation zweimal ausgefĂŒhrt. Man soll bei der Ope-
ration sowohl Allgemeinnarkose wie LumbalanÀsthesie ver-
meiden. Die Eingriffe wurden in VenenanĂ€slhesic ausgefĂŒhrt
Es hatte den Anschein, als ob nach der Operation die Arsenik
behandlung besser wirkte.
M eh 1 h o r n - Hannover hat vor Jahren bei starker Eburni-
sation der Röhrenknochen diese aufgemeiĂelt und die Reste des
Knochenmarks entfernt. Die betreffende Kranke blieb jahrelang
von den starken Schmerzen befreit. Er hat damals bereits dar-
auf hingewiesen, daĂ vom Knochenmark aus eine Einwirkung
auf schwere AnÀmien möglich wÀre, und auch eine Beeinflussung
eines Milztumors gesehen.
Bier -Berlin hĂ€lt die Operation fĂŒr nicht gefĂ€hrlicher als
die Milzexstirpation. Es kommt nicht auf die Masse des Knochen-
marks an, die entfernt wird, sondern nur darauf, daĂ eine Um-
stimmung erzielt wird.
M ĂŒ h s a m - Berlin hat bei 16 Milzexstirpationen, von denen
eine jetzt ĂŒber 7 Jahre lebt, wohl Besserungen, aber keine Hei-
lungen gesehen. Das Blutbild ist nie normal geworden.
König- WĂŒrzburg hĂ€lt die empfohlene Operationsmethode
fĂŒr zu ungenĂŒgend begrĂŒndet, um sie zu empfehlen.
Bier - Berlin bemerkt, daĂ die Kranken, welche von den
ersten Berliner Klinikern vergeblich behandelt, durch die Ope-
ration entschieden gebessert seien.
L o t s c h - Berlin: Der Einfluà der Röntgenbestrahlung der
Milzgegend bei operativ Entmilzten.
Es ergab sich, daĂ viermal eine Beschleunigung, sechsmal
eine Verlangsamung der Blutgerinnung eintrat. ' Von den sechs
zeigten drei eine wesentliche, drei eine unbedeutende Verlang-
samung. Genau dieselben Resultate wurden vom Vortragenden
bei Bestrahlung von Kranken mit erhaltener Milz erzielt. Die
Röntgenbestrahlung der Milz ist also nicht ein Mittel, die Blut-
gerinnung zu beeinflussen, um bei Operationen Blutsparung zu
erzielen.
Gundermann- GieĂen : Thrombozyten bei malignen Tu-
moren.
Beim Karzinom findet man im Gegensatz zum Ulcus eine
stark ausgesprochene Verminderung der Thrombozyten. Nach
der Operation eines Karzinoms kann die Thrombozytenzahl wie-
der zur Norm ansteigen. Tut sie das nicht, besteht der Verdacht
einer Metastase. Die Verminderung der Thrombozyten kann
durch eine geringere Bildung oder vermehrtes Zugrundegehen
von solchen bewirkt werden. Da die Milz die BildungsstÀtte der-
selben ist, mĂŒĂte diese vergröĂert sein. Dies ist aber nicht der
Fall, und vieles spricht dafĂŒr, daĂ der Tumor selbst der Ort ist,
an dem die Thrombozyten zugrunde gehen, und daĂ es sich dabei
<^im eine Schutzvorrichtung des Organismus handelt.
K ö n i g - Königsberg: Ueber das Verhalten des Blutdrucks
wÀhrend operativer Eingriffe.
Vor der Operation pflegt infolge der Erregung eine Blut-
drucksteigerung zu erfolgen. WĂ€hrend der Narkose ist das Ver-
halten des Blutdrucks nicht von der Art des Narkotikums ab-
hÀngig (also auch keine Steigerung bei Aethergebrauch). Bei
tiefer Narkose tritt ein rasches Sinken auf und mahnt zur Vor-
sicht. Bei der LumbalanÀsthesie tritt ebenfalls eine Blutdruck-
senkung ein, um nach 10 Minuten wieder zu steigen, aber unter
dem normalen Blutdruck zu bleiben. Bei LokalanÀsthesie tritt
zunÀchst infolge der Aufregung ebenfalls Blutdrucksteigerung
auf. DaĂ dieselbe nicht auf das Adrenalin zurĂŒckzufĂŒhren ist,
beweist die Bluldrucksenkung bei Anwendung lokaler AnÀsthesie
und Allgemeinnarkose. Der operative Eingriff selbst beeinfluĂt
im allgemeinen sehr wenig den Blutdruck. Nur starke Blutung
oder groĂe Eingriffe, wie Eventration, fĂŒhren zu einem starken
Sinken. Bei Sinken des Blutdrucks ist das beste Mittel intra
venöse Adrenalininjektion.
W i e m a n n - WĂŒrzburg hebt ebenfalls die Bedeutung der
Kontrolle des Blutdrucks wÀhrend der Narkose hervor, welche
eine Kreislaufstörung frĂŒher als der Puls anzeigt.
BrĂŒning- Berlin weist auf die Wirkung des Sympathikus
auf den Druck hin. Nach Sympathektomie durch Beseitigung der
Adventitia des betreffenden GefĂ€Ăes tritt eine so starke Kon-
traktur der GefĂ€Ăwand ein, daĂ der Puls nicht zu fĂŒhlen, der
Blutdruck auf Null sinkt. Dieser Zustand konnte in einem Falle
5 Stunden lang festgestellt werden. Redner weist auf die gĂŒn-
374
KongreĂberichte
40. Jahrg. â Nr. 18/19.
stige Beeinflussung von vasomotorischen Neurosen durch die
Sympathektomie hin.
A x h a u s e n - Berlin berichtet ĂŒber eine Einrichtung in
Amerika, wo die an die Wand projizierte Blutdruckkurve in je-
dem Augenblick von Operateur und Narkositeur kontrolliert
werden konnte
Auch A n s c h ĂŒ t z - Kiel betont die Wichtigkeit der Blut-
c'ruckkontrolle besonders auch fĂŒr HirnoperaĂŒonen. Der EinfluĂ
operativer Eingriffe auf den Blutdruck ist vielfach falsch einge-
schĂ€tzt. Eröffnung des HĂŒftgelenks, Durchschneidung des N.
ischiadicus hat keine Blutdrucksenkung zur Folge.
K ö n i g - WĂŒrzburg lĂ€Ăt ebenfalls den Blutdruck kontrol-
lieren. Oft haben verhĂ€ltnismĂ€Ăig kleine Ereignisse groĂe Wir-
kungen zur Folge. Er sah nach Unterbindung der Art. thyreoidea
media starke Blutdrucksenkung.
S c h Ăc k - Berlin: Neue Fiebertheorien und ihre Bedeutung
fĂŒr die Chirurgie.
Zur Feststellung des FĂ€cher Zentrums hat Redner von einer
1 iepanalionsöffnung pharmakologische PrÀparate in das Gehirn
eingespritzt und festgestellt, daĂ das WĂ€rimezentrum in der Ge-
gend des dritten Ventrikels liegt. Unterbrechungen des Zentrums
machen den WarmblĂŒter dem KaltblĂŒter Ă€hnlich. So soll man
auch daran denken, daĂ der narkotisierte Kranke inmitten der
ihn umgebenden WarmblĂŒter ein KaltblĂŒter ist. Er hat vor
allem jede FĂ€higkeit, sich vor ErkĂ€ltung zu schĂŒtzen, verloren.
S a u e r b r u c h - MĂŒnchen : Demonstrationen aus dem Ge-
biete der operativen Chirurgie mit Projektionen von Bildern und
Vorstellung Kranker.
Es werden eine Reihe von Kranken aus den verschiedensten
Gebieten der Chirurgie vorgestellt, so eine glÀnzend geheilte,
jetzt 12 Jahre zurĂŒckliegende einseitige LungentuberkĂŒlose, mit
extrapleuraler Thorakoplastik behandelt. Ein zweiter Fall zeigt
an der Narbenbildung die Forlschritte der Technik. Zwei Kranke
mit kĂŒnstlich bewegter Hand zeigen die gute Funktion derselben.
Oer eine ist als Arzt tÀlig und kann allen an ihn gestellten For-
derungen genĂŒgen, der zweite arbeitet mit einer Arbeitshand in
vorzĂŒglicher Weise, Eine Rundfrage hat ergeben, daĂ 75 Prozent
der Operierten ihre Prothese benutzen und daĂ 90 Prozent von
diesen in ihrem alten Berufe tÀtig sind. Bei einem Kranken mit
Sarkom 4er HĂŒfte ist Sauerbruch so vorgegangen, daĂ er
das HĂŒftgelenk reseziert und den unterhalb des Knies abigesetzten
Oberschenkel nach FuĂaanputation durch den umgekehrten Unter-
schenkel ersetzt hat. Die Einheilung ist gut erfolgt und der
Kranke geht mit einer Unterschenkelprothese.
K ĂŒttn e r- Breslau: Was erreichen wir mit der chirurgi-
schen Behandlung des Sarkoms?
Von röntgenologischer Seite ist behauptet, daà die Bestrah-
lung der Operation ĂŒberlegen sei und daher das Verfahren der
Wahl sein mĂŒsse. Die Durcharbeitung des KĂŒttn e rsehen Ma-
terials, das 740 FĂ€lle umfaĂt, hat dies nicht bestĂ€tigt. Von den
740 FĂ€llen verweigerten 34 die Operation, 188 waren inoperabel,
132 hatten Metastasen (43 auf dem Blut-, 79 auf dem Lymphwege .
34 starben an den Folgen der Operation. 15 FĂ€lle hatten ein
lokales .Rezidiv, das wieder operiert wurde. Von diesen blieb
einer 5% Jahre am Leben. Der lĂ€ngst zurĂŒckliegende Fall lebt
heute 17 Jahre nach der Operation. Es starben nach der Ope-
ration im ersten Jahre 45,5 Prozent, und zwar von Knochen-
sarkomen 39,9 Prozent, von Weichteilsarkomen 49,5 Prozent: im
/.weilen oder dritten Jahre 14,8 Prozent, Knochensarkome 15,2
Prozent, Weichteilsarkome 14,6 Prozent; im vierten oder fĂŒnften
Jahre 5,3 Prozent, Knochensarkome 3,3 Prozent, Weichteil -
sarkome 6,5 Prozent. Es sind 30 Prozent Dauerheilungen zu ver-
zeichnen (94 von 326), denen nur 32 â 36 Prozent dreijĂ€hrige Hei-
lungen von röntgenologischer Seite gegenĂŒberstehen. Man soll
die Sarkome in drei Gruppen teilen, solche, die unbedingt be-
strahlt, solche, die unbedingt operiert werden sollen und solche,
die nur bedingt operiert werden sollen. Zur ersten Gruppe ge-
hören die inoperablen Sarkome, die Lymphosarkome, ferner die
âą ler SchilddrĂŒse. Zur zweiten Gruppe gehören alle auĂer den
oben genannten, welche ohne Gefahr fĂŒr den Kranken mit groĂer
Wahrscheinlichkeit radikal entfernt weiden können, und zwar
sollen ebenso, wie beim Karzinom, bei jeder Sarkomoperation
auch die regionĂ€ren LymphdrĂŒsen entfernt werden. Zur dritten
Gruppe gehören die Sarkome, welche radikal nicht entfernt wer-
den können, sei es wegen des Sitzes der Geschwulst, sei es wegen
der GröĂe der VerstĂŒmmelung.
A n s c h ĂŒ t z - Kiel fand unter 239 FĂ€llen von Sarkom noch
39 lÀnger als 3 Jahre am Leben. Von 174 peripheren (periostalen)
Knochensarkomen trat in 9 Prozent Heilung ein. von 65 zentralen
(myelogenen) in 24 Prozent. Eine besonders gute Prognose geben
die schaligen Riesenzellensarkome, aber ein Teil derselben sind
keine Sarkome, sondern FĂ€lle von Ostitis fibrosa. Unter den
geheilten SarkomfÀllcn befindet sich auch ein seit 4 Jahren ge-
heiltes SchilddrĂŒsensarkom.
DemgegenĂŒber betont H i 1 d e b r a n d - Berlin die ungĂŒnstige
Prognose des SchilddrĂŒsensarkoms.
K o t z e n b e r g - Hamburg: Neue Gesichtspunkte zur Karzi-
nomtherapie.
Die Operationsresultate mit nachfolgender prophylaktischer
Bestrahlung ergaben in der Hamburger Klinik eine Zunahme der
Rezidive. Es wurden daher mit einem nach Prof. Deutsch-
m a n n hergestellten Serum Versuche angestellt. Die Beobach-
tung von 26 FĂ€llen zeigt, daĂ diesem Serum, das sowohl Ă€uĂer-
lich,' wie in Einspritzungen verwendet wurde, eine Wirkung zu-
kommt. Diese spezifische Wirkung des Serums, welche sich ein-
mal in einem ZurĂŒckgehen der GeschwĂŒlste kundgibt, zeigl sich
auch in einer Reaktion, welche in Schmerzen und Fieber besteht.
Die Schmerzen sind so charakteristisch, daĂ allein durch sie mit-
unter bisher verborgene Rezidive entdeckt wurden. Redner
fordert zu einer NachprĂŒfung des in Hamburg hergestellten Se-
rums auf.
M a n n i n g e r - Pest: Die Igniexzision der Karzinome.
Die Paquelinbehandlung der Karzinome hat sich sehr be-
wĂ€hrt. Er wendet sie nicht nur fĂŒr die Entfernung des PrimĂ€r-
tumors, sondern auch zur Entfernung der DrĂŒsen an. Der Gang
der Operation ist genau derselbe, wie bei anderen Operationen.
Die GefĂ€Ăe werden zwischen 2 Klemmen gefaĂt und dann mit
dem Paquelin durchtrennt. Der Wundverlauf ist ein ungestör
terer als bei den gewöhnlichen Operationen. Nachblutungen
wurden von ihm nur in 2 FĂ€llen beobachtet. Von 513 so ope
rierten FĂ€llen erhielt er von 230 Antworten. Von 98 in den
Jahren 1900 â 1916 Operierten leben noch 41 (52 Proz.), von de
in den Jahren 1916â1919 Operierten 136 leben noch 88 (62 Proz.
Georg S c h mi dt - MĂŒnchen berichtet, daĂ in der MĂŒnchener
chirurgischen Klinik seit kurzer Zeit ein Àhnliches Verfahren
wieder aufgenommen ist, dessen Einzelheiten einer spÀteren Ver-
öffentlichung vorbehalten bleiben, dessen gĂŒnstiger Eindruck
aber schon jetzt festgestellt werden kann. Die Wunden reinigen
sich sehr schnell und reagieren mit gesunden Granulationen, die
Kranken erholen sich bald. Die Verkohlung mit dem GlĂŒheisen
wurde nur dann angewendet, wenn die blutige Operation mit dem
Messer wegen des Sitzes oder der Ausdehnung der bösartigen
Geschwulst oder wegen des hohen Alters der Kranken nicht an-
gezeigt erschien. So wurde von einer 81jÀhrigen Kranken mit
ausgedehntem Gesichtskrebs der Eingriff sehr gut vertragen.
v. E i s e 1 s b e r g - Wien hat das Verfahren mit Vorliebe bei
l'nterlippenkrebs benutzt. Trotzdem der Defekt weit im Ge-
sunden gesetzt war, heilte derselbe ĂŒberraschend schnell zu.
Kadza-Wien: Zur Frage der Jodspeicherung in malignen
Tumoren.
Bei Mausen kann man durch Darreichung von hohen Jod-
dosen eine Dauerspeicherung der Tumoren mit Jod erreichen.
Beim Menschen ist das nicht möglich, weil man ihm nicht so
hohe Dosen geben kann. Aber die weiteren Untersuchungen er-
gaben, daĂ die PrimĂ€rspeicherung gröĂer war als die Dauer
speicherung. Allerdings hÀlt diese PrimÀrspeicherung nur kurz
Zeit an. Das Jod befindet sich nicht in der Tumorzelle und nich
im Blut, sondern in dem Gewebssaft. Abgesehen von dem W'ert
fĂŒr die Röntgenbestrahlung kann man diese Eigenschaft des Jods
auch als TrĂ€ger fĂŒr andere. Medikamente benutzen, um diese in
den Körper zu den gewĂŒnschten Zellen zu fĂŒhren.
Payr- Leipzig Praktische Erfahrungen mit der Pepsin
Pregllösung.
Erst die von ihm gefundene kolloidale Löslichkeit ein
eigens hergestellten hochwertigen Pepsins in der isotonische
biologisch-antiseptischen Pregllösung ergab die Möglichkeit de
Anwendung. Die Lösung, welche unter WÀrme- und Lichtschut
in gut verschlossener Flasche höchstens 8 Tage aufbewahrt wer
den darf, kommt in 1 und 2 proz. Lösung zur Anwendung. Milch
SĂ€urezusatz erhöht die Wirkung. ErwĂŒnscht ist Novokain
Adrenalin-Zusatz. Die Technik bei den verschiedenen Anwen
dungsweisen wird beschrieben. Allgemeinreaktion fehlt so gu
wie immer, lokale ist sehr gering. Die funklionsverbessernd
Wirkung tritt manchmal schon einige Minuten nach der Ein
spritzung ein. Die besten Erfolge wurden bei Trippergelenke
erzielt nach monatelanger vergeblicher Behandlung (unter ach
FĂ€llen sechs gute Erfolge). Ferner wurden erfolgreich behandelt
10. Jahrg. - Nr. 18/19.
K o ii g r e Ă I) c i i c h t e
375
Gelenkfrakturen, verklebte derbe Narben, verlötete Sehnen, Mus
kein, versteifte Finger nach Ilohlhaiulphlegmone, Keloide, Rönt-
genverbrennungen, Elephantiasis, Verlötungen und Narbenium
hĂŒllungen verletzter Nerven, Neuralgien. Ferner wurden beob-
achtet Verkleinerung von Fibromen, h septische VerflĂŒssigung
von Lymphosarkom, ZurĂŒckbildung einer ProslatayergröĂerung,
.niilc Erfolge bei Nachbehandlung der Gelenkplastik. Unter 75
gespritzten FĂ€llen (durchschnittlich 3 Einspritzungen) 22 sehr
gute, Iii gute Erfolge, 1!) gut abgeschlossen, 10' mal die Behand-
lung abgebrochen, 12 mal Erfolg ungenĂŒgend. Zum SchlĂŒsse wei -
den die Anzeigen. Gegenanzeigen, Gefahren und Fehler be-
sprochen.
B a et z n e r - Berlin erinnert an seine Untersuchungen mil
Trypsin. Es entfaltet seine Wirkung in alkalischem Gewebe^
wÀhrend Pepsin SÀure braucht. Es wurde von ihm erfolgreich
bei Tuberkulosen angewendet, aber auch bei Tumoren, Keloiden
und SehnenscheidenentzĂŒndungen
v. E i s e I s b e r g - Wien macht auf den gĂŒnstigen Verlauf der
Magenperforation aufmerksam, die er auf die Wirkung des salz-
sauren Pepsins zurĂŒckfĂŒhrt. Auch die experimentelle Peritonitis
beim Hunde wurde durch Pepsinlösung 1 : 3000 gĂŒnstig beeinfluĂt.
Infolgedessen hat er diese Lösung auch in einigen FÀllen von
Peritonitis nach Appendizitis mit anscheinend gĂŒnstiger Beein-
flussung verwendet.
P a y r bevorzugte Pepsin vor dem Trypsin wegen der bei
diesem beobachteten Kapillarblutungen. Der Hauptvorteil des
jetzigen Verfahrens liegt darin, dal! es gelungen ist. die kol-
loidale Pepsip-Pregllösung darzustellen.
N Ă tz e 1 - SaarbrĂŒcken: Zur Handhabung der Aseptik.
BezĂŒglich der HĂ€ndedesinfektion stehen wir im Wesentlichen
auf dem gleichen Standpunkte, wie ihn K ĂŒ tt ne r auf dem
ChirurgenkongreĂ 1911 zum Ausdruck gebracht. Die reine Al-
koholdesinfektion leistet mindestens das Gleiche wie die Àltere
F ĂŒ r b r i n g e r sehe Methode. Wunde Punkte sind der Unter -
nagelraum und die stark behaarten Stellen. Nachdem die Gummi-
handschuhe wieder besser geworden, ist man auch zu ihrer Ver-
wendung wieder zurĂŒckgekehrt. Wegen ihres hohen Preises
werden sie oft nur zur Behandlung infizierter Wunden und Ope-
rationen benutzt. Redner hat die Empfindung, ' daĂ der Gummi
noch mehr klebrig ist wie frĂŒher, und zieht daher ĂŒber die
Gummihandschuhe Zwirnhandschuhe. Die Desinfektion des Ope-
rationsfeldes mit Jodtinktur hat sich bewÀhrt. Wo man ihre
Anwendung vermeiden will, hat sich der gefÀrbte, von Kirsch-
ner angegebene Tanninalkohol bewÀhrt. Y on den Nahtmate-
rialien wird immer mehr das resorbierbare Kaigut bevorzugt.
P eis -Leus den war durch eine Furunkulose gezwungen,
lange Zeit das Waschen mit Seile zu vermeiden. Er hat sich nur
mit essigsaurer Tonerde desinfiziert und dann mit Gummi- und
Zwirnhandschuhen operiert, ohne eine Aenderung in der Wund-
liciĂŒmg bemerk! zu haben. Zur Desinfektion des Operations-
feldes benutzt er den von König empfohlenen Thymolalkohol,
der auch fĂŒr die Schleimhauldesinfeklion sehr geeignet ist. Er
betont erneut die Wichtigkeit des von dem alleren König so
genannten âfingerlosen Operierens".
K a u s c h - Berlin bevorzugt ebenfalls die Alkoholdesinfek-
tion der HĂ€nde und hebt die Wichligkeil kurzer NĂ€gel hervor.
Wegen der teueren Preise isl er von den Gummi- zu Zwirnhand-
schuhen ĂŒbergegangen und damit zufrieden, infolge eines Falles
von Tetanus nach Katgutbenutzung bevorzugt er Seide als Naht-
material.
K 4 r c h n e r - Königsberg empfiehll die gefÀrbte Tannin
alkohollösung. Er warnt davor, das Operationsgebiet noch ein-
mal kurz vor der Operation mit den Fingern abzutasten und
empfiehlt, die Lage des Hautschnittes vor der Desinfektion durch
einen farbigen Strich anzuzeichnen, so daĂ bis zu diesem die
aseptische Abdeckung des Operationsfeldes" erfolgen kann.
E i c h hof f- Breslau; Ist das (l'Herelle'sche PhÀnomen von
Bedeutung fĂŒr die Chirurgie?
Er hat in der K ĂŒ t t n e r sehen Klinik und im hygienischen
Institut zu Breslau eine grobe Reihe von Versuchen angestellt,
um Festzustellen, ob das PhĂ€nomen auch bei akul entzĂŒndlichen
chirurgischen Erkrankungen heobachtel und event. therapeutisch
verwertet werden kann. Die Versuche haben ergeben, daĂ man
aus dem Stuhl odei dem Eiter der Kranken im akuten Stadium
der Erkrankung und in der Rekonvaleszenz ein Fillrat gewinnen
kann, welches auf die eigenen ErregerstÀmme (Streptokokken
und Staphylokokken) in vitro eine mehr oder weniger zer-
störende Wirkung ausĂŒbt, die sich durch weitere Passagen slei
gern lallt Auch heterogene, fĂŒr Sluga und Ruhr wirksame Fi]
"trĂ€te besitzen mitunter eine stark zerstörende Wirkung fĂŒr
Slrepto- und Staphylokokken. Die Filtrate sind unschÀdlich
Redner bat bis zu '.'> cem beim Menschen subkutan eingespritzt,
ohne eine schildliche Wirkung gesehen zu haben. Diese UnschÀd-
lichkeil berechtigt zu therapeutischen Versuchen, mil denen be
reils begonnen wurde.
V'O r S C h à tZ - Elberfeld: Das W esen der llÀin- und Bak-
lerienagglutination und ihre klinische Bedeutung.
Bei der Agglutination handelt es sich um elektrisch-chemisch
physikalische VorgÀnge. Sie isl abhÀngig von der Vermehrung
des Globulins, nicht der Lipoide, das bei den verschiedenen
Krankheiten verschiedene Werte zeigt. Zur Diagnostik lĂ€Ăt sieb
die Agglutination bei allen subakuten und chronischen Prozessen
und den malignen Tumoren verwenden event unter Zuhilfe-
nahme der Phosphorbestimmung im Blute). Sie entscheidet die
Differentialdiagnose zwischen Magenkarzinom und -Ulcus, ma-
lignen Tumoren und entzĂŒndlichen Prozessen am Darm, malignen
Tumoren des Mediastinums gegenĂŒber Struma und Aneurysma.
Ihr Vorkommen zeigt, daĂ die Gruber-Widal-Beaktion nicht nur
an spezifisches Typhus- oder Ruhrblut gebunden ist. Globulin«
Vermehrung tritt auch bei der Proteinkörpertherapie, und in noch
höherem Grade bei Eigenbluteinspritzungen auf, deren Heilwerl
bei akuten Prozessen, besonders der Lunge und des Rippenfells,
aber auch bei Sepsis und anderen akuten Prozessen empfohlen
wird.
v. Gt a z a - Göttingen : (icw ebsautolyse und regenerativer Reiz.
Erst die Zerfallsprodukte der Gewebe geben den Anreiz zur
Regeneration, wie am Fettgewehe, Nerven, Muskeln und anderem
gezeigt wird. Auch bei der Pflanze fand H a b e r 1 a n d dieses
bestÀtigt. Wenn er Wunden an Knollen setzte und die Zerfalls-
produkte sorgfÀllig entfernte, blieb die Wundheilung aus, wÀh-
rend bei HinzufĂŒgung von Zerfallsprodukten Regeneration ein-
trat. Redner hat an Kaninchen Versuche angestellt, indem er
auf der einen Seite Autolysate intravenös einspritzte, auf der
anderen Seite nicht und nun eine MuskelschĂ€digung hinzufĂŒgte.
Aul' der Seite, in der die Einspritzung erfolgt war, trat exquisite
Regeneration ein.
B i e r - Berlin bezw eifelt die Notwendigkeit der Anwesenheit
der Zerfallsprodukte zur Anregung der Regeneration. Er er-
innert an die Regeneration der Sehnen. In einem Falle von
Zwergwuchs hat er Teile aus den Knochen mit Umgebung sorg-
fÀltig reseziert, dann die betreffenden Glieder extendierl, darauf
die WundflĂ€chen fĂŒr einige Tage aneinandergebracht und wieder
extendierl. Es fehlte jede Spur von Periost Das Röntgenbild
zeigl die Regeneration der entfernten Knochenteile.
L e x e r - Freiburg meint, daĂ es sich um einen Wettstreit
/.wischen spezifischem Knochen- und unspezifischem Binde-
gewebe handelt, das ĂŒberall hereinwuchere.
S a u e r b r u c h MĂŒnchen sah in einem Falle Von Aktinomy-
kose, in dem er Rippen, SchlĂŒsselhein und Muskulatur radikal
entfernt hatte, eine vollige Regeneration.
Bier- Berlin bezweifelt, daĂ es sich um echte Regeneration
und nicht vielmehr um Narbengewebe gehandelt.
K i r s c h n e r - Königsberg bestĂ€tigt dies fĂŒr die Entfernung
des Sternokleido wegen Caput obstipum. AeuĂerlich könnte man
an die Wiederherstellung des Muskels glauben: es handelt sich
aber um Narbengewebe
v. (i a z a betont noch einmal den innigen Zusammenhang
/wischen De- und Regeneration,
Bier-Berlin erinnert an die schlechten Erfolge der Sehnen-
nÀhte.
v. E i s e 1 s b e r g - Wien betont demgegenĂŒber die guten Re-
sultate, die er bei primÀrer Heilung mit Sehnennahten erzielt.
R i tt e r - ZĂŒrich: Die Bedeutung der LeberfunktionsprĂŒfung
fĂŒr die chirurgische Diagnose.
Redner betont die Wichtigkeil der Untersuchungsmethoden,
welche manchen posloperativen Todesfall aufgeklÀrt haben, und
vor allem auch die schÀdliche Wirkung der Narkose auf die
I eberfunktion festgestellt haben. Als beste Methode empfiehlt er
die W i d a 1 sehe Probe, in zweiter Linie die Ninhydrinreaklion
AniiigosÀurenbeslimmung nach A b d e r h aide n).
C 1 a i r in o n t - ZĂŒrich : Biologisehe Methoden zur Diagnose
der Aktinomykose.
WĂ€hrend die Diagnose der Ă€uĂerlich liegenden Herde keine
Schwierigkeiten bereitet, können dieselben zur Diagnose von
inneren Herden sehr grob sein. Kr erzÀhlt von einem Falle, dei
376
Kleine Mitteilungen
40. Jahrg. â Nr. 18/19.
lange Zeit unerkannt als Lungentuberkulose in Sanatorien ge-
wesen, bis die richtige Diagnose gestellt wurde. Die Versuche
wurden mit dem milden Stamm der Aktinomykosis odorifera,
aeroben und anaeroben, vor allem dem Stamm Wolff-Israel an-
gestellt. Nach Ueberwindung mancher Schwierigkeiten gelang
es zu einem Resultate zu kommen. Bei weiteren gĂŒnstigen Nach-
untersuchungen hofft er die Darstellung des mĂŒhsam gewonne-
nen PrÀparates einem chemisch-bakteriologischen Institute zu
allgemeinem Gebrauch ĂŒbertragen zu können.
Magnus - Jena: Darstellung der Lymphwurzeln an serösen
HĂ€uten und ihre Bedeutung fĂŒr die Pathologie.
Die LymphgefĂ€Ăe werden durch Wasserstoffsuperoxyd mit
Sauerstoff gefĂŒllt und zeigen sich, wie aus den projizierten PrĂ€-
paraten hervorgeht, in klassischer Schönheit und Deutlichkeit
dem Auge dar.
Pust-Jena: Demonstration eines wÀrmehaltenden, regulier-
baren Infusionsapparates.
Der sinnreich konstruierte Apparat soll dem groĂen Nachteil
der AbkĂŒhlung der Lösung abhelfen und ist gleichzeitig mit einem
Tropfhahn versehen, der durch Umstellung das Einströmen ver-
schieden temperierter Lösungen ermöglicht.
(Fortsetzung folgt.»
Kleine Mitteilungen.
Einrichtung psychiatrischer Abteilungen. Bei den Gerichts-
gefĂ€ngnissen in NĂŒrnberg wurde eine psychiatrische Abteilung
neu eingerichtet und am 1. April 1922 in Betrieb genommen. Die
psychiatrische Abteilung bei dem StrafvollstreckungsgefÀngnissen
MĂŒnchen (Stadelheim) wurde im Laufe des April 1922 eröffnet.
Mit der Einrichtung dieser beiden Abteilungen ist eine von
der GefÀngniswissenschaft schon lÀngst erhobene, von den Psy-
chiatern lebhaft unterstĂŒtzte Forderung erfĂŒllt worden. Die Ent-
wicklung, die die moderne Psychiatrie genommen hat, ist auf die
Slrafrechtspflege nicht ohne wesentlichen EinfluĂ geblieben; mit
dem Fortschreiten der Wissenschaft wurde immer mehr die Not-
wendigkeit erkannt, bei der Beurteilung einer strafbaren Hand-
lung auch den Geisteszustand, in dem der TĂ€ter sich bei ihrer Be-
gehung befand, mehr als bisher in den Vordergrund zu rĂŒcken,
und die bevorstehende Reform der Strafgesetzgebung wird vor-
aussichtlich den Begriff der verminderten ZurechnungsfÀhigkeit
in das Strafrecht einfĂŒhren. Dazu kommt, daĂ unter Berufung
auf die ErschĂŒtterungen der Kriegszeit die Beschuldigten jetzt
hĂ€ufiger wie frĂŒher den Einv,Tand geistiger Erkrankung bringen
und es dadurch notwendig machen, ĂŒber die Frage ihrer straf-
rechtlichen Verantwortlichkeit durch lÀngere fachÀrztliche Beob-
achtung zu entscheiden und damit fĂŒr das Strafverfahren eine
zuverlÀssige Grundlage zu schaffen. Diesem Zwecke sollen die
psychiatrischen Abteilungen hauptsÀchlich dienen. Hk.
Gesetz ĂŒber die DurchfĂŒhrung der Einheitsschule in ThĂŒrin-
gen (Einheitsgesetz). Vom 24. Februar 1922. In Aus-
fĂŒhrung des Artikels 146 Abs. 1 der Reichsverfassung hat der
Landtag von ThĂŒringen folgendes Gesetz beschlossen:
§ 1. Das gesamte öffentliche Schulwesen ThĂŒringens, mit
AusschluĂ der Fortbildungs- und Fachschulen, baut sich als Ein-
heitsschule in folgenden vier Stufen auf: 1. Grundschule (1. â 4.
Schuljahr), 2. Unterschule (5.-7. Schuljahr), 3. Mittelschule (8. bis
10. Schuljahr), 4. Oberschule (11. â 13. Schuljahr). § 2. Die
Grundschule ist der fĂŒr alle Kinder gemeinsame und ein-
heitliche Unterbau aller weiterfĂŒhrenden Schulformen. § 3. Die
Unterschule gliedert sich in zwei Zweige: a) die deutsche
Unlerschule, b) die Real-Unterschule. § 4. Die Mittelschule
gliedert sich in drei Zweige: a) die deutsche Mittelschule, b) die
Real-Mittelschule, c) die Latein-Mittelschule. Die SchluĂklasse
der Volksschule (8. Schuljahr) bleibt neben diesen drei Zweigen
bestehen und gilt als Mittelschulklasse. § 5. Die Oberschule
gliedert sich in vier Zweige: a) die deutsche Oberschule, b": die
Real-Oberschule, oN die Realgymnasial-Oberschule, d) die Gym-
nasial-Oberschule. § 6. Jede Schulstufe (Grundschule, Unter-
schule, Mittelschule, Oberschule) bildet innerhalb des Gesamt-
aufbaues der Einheitsschule ein in sich geschlossenes Ganzes
und fĂŒhrt zu einem gewissen AbschluĂ der Schulbildung. Die
verschiedenen Zweige derselben Schulstufe gelten grundsÀtzlich
als einander gleichwertig. § 7. FĂŒr jede der vier Stufen des
Einheitsschulaufbaues wird ein besonderer Lehrplan aufgestellt,
der die gemeinsamen und die unterschiedlichen UnterrichtsfÀcher
aller Zweige derselben Schulstufe umfaĂt. FĂŒr die gemeinsamen
UnterrichtsfÀcher verschiedener Zweige derselben Schulstufe ist
die Stoffverteilung auf die einzelnen Schuljahre möglichst ein-
heitlich zu gestalten. Dementsprechend ist fĂŒr diese FĂ€cher auch
tunlichst die gleiche Wochenstundenzahl innerhalb desselben
Schuljahres fĂŒr die verschiedenen Zweige derselben Schulstufe
anzusetzen. § 8. Die Grundschule, die deutsche Unterschule und
die SchluĂklasse der Volksschule (8. Schuljahr) gelten im Sinne
des Art. 145 der Reichsverfassung als Volksschule. § 9. Die
zur AusfĂŒhrung dieses Gesetzes erforderlichen Bestimmungen
und Verordnungen werden vom ThĂŒringischen Ministerium fĂŒr
Volksbildung erlassen. § 10. Vorstehendes Gesetz tritt mit dem
1. April 1922 in Kraft. Mit dem gleichen Zeitpunkt gelten alle
entgegenstehenden Gesetze und Verordnungen des Landes ThĂŒ-
ringen und der Einzelgebiete als aufgehoben. Hk.
Bonn. Der Honorarprof. u. Abteilungsvorsteher am anatom.
Institut Dr. Friedr. Heiderich ist zum ord. Prof. ernannt. â
Zum Nachfolger von Prof. Verworn auf dem Lehrstuhl der Phy-
siologie ist der ord. Prof. Geh. Med.-Rat Dr. Franz H o f m a n n
in Marburg in Aussicht genommen. â Als Nachfolger von Prof.
Ungar hat Privatdoz. Dr. Victor MĂŒller -HeĂ in Königsberg
einen Ruf auf den Lehrstuhl der gerichtlichen Medizin erhalten.
â Die Dienstbezeichnung âauĂerord. Prof." erhielten die Privat-
dozenten Dr. Heinrich Eis (Chir.) und Dr. Walter Poppei-
re u t e r (Psychiat).
Breslau. Dr. Heinrich yon E g g e 1 i n g, Extraord. u. Pro-
sektor am anatom. Institut in Jena hat das Ordinariat fĂŒr Ana-
tomie ĂŒbernommen. â Der auĂerord. Prof. u. Abteilungsvorsteher
am anatom. Institut Dr. Bernhard DĂŒrken ist zum ordentl.
Prof. ernannt. â Der Privatdoz. fĂŒr Dermatol. u. Strahlenther
Dr. Erich Kuznitzky erhielt die Dienstbezeichnung âauĂer-
ordentl. Prof.". â Habilitiert Dr. Alfred Renner (Chir.).
Frankfurt. Dienstbezeichnung âauĂerord. Prof." den Privat-
dozenten Dr. Karl Propping (Chir.), Dr. Edgar Gold-
schmid (Pathol.), Dr. Franz J a h n e 1 (Neuro!, u. Psvchiaf
und Dr. Rudolf Jaffe (Pathol.).
Göttingen. Als Nachfolger Prof. W. Langes ist Prof. Dr.
Oskar W a gener, Direktor der Poliklinik fĂŒr Ohren-, Nasen-
u. Halskrankh. in Marburg berufen. â Dienstbezeichnung âauĂer-
ordentl. Prof." dem Privatdoz. Dr. Kurt BlĂŒh dorn (Kinder-
heilkunde).
Graz. Titel âauĂerord. Prof." dem Privatdoz. fĂŒr soz. Med
Dr. Otto B u r k a r d.
Greifswald. Die a. o. Prof. Dr. Walter Schön fei d, Di-
rektor der Poliklinik fĂŒr Haut- u. Geschlechtskrankh. und Dr
Erich Becker, Leiter des zahnÀrztl. Instituts, sind zu ordentl.
Prof. ernannt.
Halle. Der wissenschaftliche Mitarbeiter u. Abteilungsleiter
in den Carl ZeiĂ-Werken in Jena Prof. Dr. phil. Otto Henker
ist zum Dr. med. hon. c. ernannt.
Hamburg. Habilitiert Dr. Robert Bier ich (exper. Biol. u.
innere Med.), Dr. Emil L e B 1 a n c (innere Med.) und Dr. Hans
Schmidt (ImmunitÀtswissenschaft).
Heidelberg. Dienstbezeichnung âauĂerord. Prof." dem Pri-
vatdoz. fĂŒr Psychiatrie Dr. Albrecht W e t z e 1. â Habilitiert Dr.
Karl Klein schmidl (Chir.) und Dr. Eberhard GroĂ (Phy-
siologie).
Kiel. Habilitiert Dr. Otto Griltz (Dermatol. u. Syphil.
Königsberg. Als Nachfolger von Geh. Med.-Rat J. Schreiber
ist Prof. Dr. Oskar Bruns in Göttingen zum ord. Prof. und
Direktor dej mediz. Polikl. ernannt. â Dienstbezeichnung
..auĂerord. Prof." dem Privatdoz. fĂŒr innere Medizin Geora
Rosenow.
Leipzig. Der Direktor der Klinik fĂŒr Ohren-. Nasen- und
Halskrankh. Obermedizinalrat Dr. Adolf Barth ist zum ordentl
Prof. ernannt.
Marburg. Prof. Dr. Alfred R u e t e, Leiter der Abteil, fĂŒr
Haut- u. Geschlechtskrankh. zum ordentl. Prof. ernannt. â Als
Nachfolger von Prof. 0. Wagener auf dem Lehrstuhl der
Ohren-, Nasen- und Halskrankh. ist Prof. Dr. Walter U f f e n -
o r d e in Göttingen in Aussicht genommen.
Wien. Habilitiert Dr. Adalbert Fuchs und Dr. Ernst
Bachsterz Augenheilk.), Dr. Peter Walzel (Chir.). Dr.
Ludwig H o f b a u e r und Dr. Oskar Weltmann (innere Med.^
und Dr. Fritz Schlemmer (Laryngo-Rhinol.).
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag vonTHANS P U S C H. Berlin SW 46. Wilhelm - Strafe 20 / Fernsprecher LĂŒtzow 9057
Nr. 20/21
Berlin, den 24. Mai 1922
40. Jahrgang
Dar Verlag behĂ€lt sieb das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist ver.
Die Grundlagen der Kreislaufstörungen
in der Chirurgie.
Von Dr. Karl Vogeler, Berlin-Steglitz.
Die gleichmĂ€Ăige Zusammenarbeit von Herz und Ge-
fĂ€Ăen und der geordnete Ablauf des Kreislaufs hĂ€ngen ab
von drei Faktoren, nÀmlich der Herzarbeit, der Beschaffen-
heit der GefĂ€Ăe und dem Zustand des Blutes. Diese drei be-
herrschen den Kreislauf vollkommen, so zwar, daĂ jede
Störung in dem Zustand oder der Funktion des einen von
ihnen zu einer vorĂŒbergehenden oder dauernden Störung des
Gesamtkreislaufs fĂŒhren muĂ.
Als Störungen der HerztÀtigkeit sind zu nennen, zu
lÀngsame Arbeit und zu unvollkommene Entleerung eines
oder beider Ventrikel. Alle drei VorgĂ€nge fĂŒhren zur Herz-
insuffizienz. Bei der zu langsamen Herzarbeit und der un-
vollkommenen Entleerung beider Ventrikel ist die Austrei-
bungskraft eine geringe und die Entleerung eine schlechte.
Dadurch wird der Blutstrom verlangsamt, ein Ă€uĂerst ge-
fÀhrlicher Zustand. BlÀsse der Haut und KÀlte der Extremi-
tÀten sind die Folgen, Ohnmacht die weitere. Vor allem
aber leidet das Herz selbst schwer unter dieser schlechten
KreislauftĂ€tigkeit, da es seine eigenen GefĂ€Ăe- mangelhaft
durchblutet, und jede Störung dieses eigenen Kreislaufs ver-
trÀgt es sehr schlecht.
Unvollkommene Entleerung der einen Kammer bedingt
zunĂ€chst eine Stauung im Gebiete rĂŒckwĂ€rts des lĂ€dierten
Ventrikels. Beim rechten staut sich das Blut in den groĂen
Körpervenen, so daà Ascites, Oligurie und Oedeme die Folgen
sind; beim linken in den Lungen und dem rechten Ventrikel,
so daĂ Dilatation desselben, Stauungskatarrh und Lungen-
ödem entstehen. Der arterielle Kreislauf ist in diesen FÀllen
schlecht gefĂŒllt, der venöse ĂŒbermĂ€Ăig stark, d. h. gestaut.
Die Beschaffenheit der GefĂ€Ăe ist der zweite anissehlag-
gehende Faktor fĂŒr den geordneten Gang des Kreislaufs. Die
GefĂ€Ăbahn stellt einen wundervoll arbeitenden Apparat dar,
der auf die leisesten Reize mit Verengerungen und Erweite-
rungen der Strombahn antwortet, teils lokaler, teils allge-
meiner Art. Einer Verengerung der Lichtung an einer Stelle
folgt automatisch eine Erweiterung an einer anderen, so daĂ
der Gesamtquerschnitt immer etwa derselbe bleibt.
Störungen dieses GefĂ€Ăspiels entstehen durch zu starke
Verengerungen und Erweiterungen der Bahn. Der erste Fall
kommt in praxi nicht oft vor, ist aber wichtig dadurch, daĂ
er in den letzten Jahren mit dem ausgedehnteren Gebrauch
des Adrenalins durch eben dieses Mittel öfter herbeigefĂŒhrt
ist. Adrenalin zieht die GefĂ€Ăe derartig zusammen, daĂ das
Herz gegen diese enorme Mehrarbeit nicht anarbeiten und
akut versagen kann.
Von groĂer praktischer Wichtigkeit ist dagegen die zu
starke und anhaltende GefĂ€Ăerweiterung, die durch die Ge-
fĂ€ĂlĂ€hmung zustande kommt. Diese kommt vor als Ver-
giftung mit vielen narkotischen Substanzen, ferner im Ver-
lause zahlreicher Infektionskrankheiten. Auf diesem Wege
kann der Tod herbeigefĂŒhrt werden; das Herz könnte wohl
primÀr noch hÀufig gegen die Infektion ankommen, aber es
fehlt ihm das FĂŒllungsmaterial, denn das ist das GefĂ€hr-
liche an der GefĂ€ĂlĂ€hmung, daĂ es dem Herzen das Arbeits-
material entzieht. Ganz besonders wichtig ist die LĂ€hmung
des mĂ€chtigen GefĂ€Ăgebietes des Splanchnicus. Wird seine
Wandung durch eine LĂ€hmung der Zentren oder durch
lokale LĂ€hmung erschlafft und erhalten die GefĂ€Ăe dadurch
eine ĂŒbermĂ€Ăige WTeite, dann können sie den gröĂten Teil
des Blutes in sich fassen, und zwar so viel, daĂ die ĂŒbrigen
GefĂ€Ăgebiete des Körpers schwer unter dem Blutmangel
leiden und das Herz mit ganz verminderter Menge arbeiten
muĂ. Es pumpt gewissermaĂen leer und das Individuum
kann sich direkt in seine SpanchnicusgefÀfie verbluten.
Von Interesse wÀre es, zu wissen, wann eine reine Herz-
schwĂ€che und wann eine GefĂ€ĂlĂ€hmung fĂŒr sich vorliegt.
Beine HerzschwĂ€che allein fĂŒr sich kommt isoliert kaum zur
Beobachtung, sondern fast stets kombiniert mit GefĂ€Ă-
lÀlmnmg. Eine einschrÀnkende Bemerkung ist hier insofern
zu machen, als der Verblutungstod einen Fall reiner Herz-
schwĂ€che darstellt; aber im ĂŒbrigen kommt sie nur ver-
gesellschaftet mit der GefĂ€ĂlĂ€hmung vor. Denn einmal
schwÀchen die die HerzlÀhmung hervorrufenden Gifte auch
die Bewegungszentren der GefĂ€Ăinnervation â es kommen
hier vor allem in Betracht das Chloroform, das ChlorÀthyl
und die Gifte der Infektionskrankheiten â , dann aber muĂ
natĂŒrlich eine GefĂ€ĂlĂ€hmung in kurzem eine HerzschwĂ€che
nach sich ziehen.
Etwas anderes ist es mit der reinen GefĂ€ĂlĂ€hmung;
diese hat auch chirurgisch groĂes theoretisches und prak-
tisches Interesse, denn sie ist es, die bei der Peritonitis
den Organismus zum Versagen bringt. Eine klinische
Erkennung der reinen GefĂ€ĂlĂ€hmung wĂ€re von groĂer
Wichtigkeit, jedoch ist eine Unterscheidung von der Herz-
schwÀche kaum möglich, da die Symptome beider ZustÀnde
dieselben sind, kleiner, frequenter, schwer fĂŒhlbarer Puls.
Wichtig ist die Erkenntnis, daĂ in dem einen Falle die
Herzkraft fehlt, in dem anderen die Herz f ĂŒ 1 1 u n g bei
zunĂ€chst erhaltener Kraft. Eine Ănterscheidungsmöglich-
keil ist daher leider bisher nicht gegeben. Und so mĂŒssen
wir im ganzen darauf verzichten, am Krankenbett eine
Unterscheidung zu treffen und mĂŒssen beide das Leben ge-
fÀhrdenden Ursachen zu bekÀmpfen suchen. Die Mittel, die
uns zur VerfĂŒgung stehen, sind gegen die akute, lebens-
hedrohende Herzschwache der Kampfer und die intravenöse
Strophantininjektion (oder die eines andern DigitalisprÀpa-
tates), gegen die GefĂ€ĂlĂ€hmung das Koffein, das Adrenalin,
das Strychnin, der Aether und eine dem Blut isotonischc
Losung. Im allgemeinen wird man beide Arten kombinieren.
Wie oben gesagt, hÀngt der geordnete Gang des Kreis-
laufes, auĂer von Herzarbeit und Tonus der GefĂ€Ăwand, ab
von dem Zustand des Blutes. Und zwar kann ein akut be-
drohlicher Zustand eintreten durch eine starke Verringerung
der Blutmenge, die einerseits nach auĂen ergossen wird
(Ă€uĂere Wunde, GefĂ€Ăverletzung, geplatzte Tubenschwan-
gerschaft), andererseits in das gelĂ€hmte groĂe Gebiet des
Splanchnikus sich zurĂŒckziehen kann, so daĂ es dem Herzen
zur Arbeit nicht mehr zur VerfĂŒgung steht und dieses leer-
pumpt.
Der zuletzt erwÀhnte Zustand bei der Splanchnikus-
lÀhmung und seine Behandlung deckt sich also mit der Be-
handlung der LĂ€hmung ĂŒberhaupt. Aber damit ist es noch
nicht getan, bis zur Beseitigung der LĂ€hmung bedarf das
Herz eines FĂŒllungsmaterials und daher ist trotz der an sich
vorhandenen genĂŒgenden Blutmenge auch bei der Splanchni-
kuslĂ€hmung der Ersatz der BlutflĂŒssigkeit eine dringende
Forderung.
378
Junius: Augenheilkunde
40. Jahrg. â Nr. 20/21.
Die Beschaffenheit der ErsatzflĂŒssigkeit ergibt sich aus
der Tatsache, daĂ das lebende Herz sich in seiner Leistungs-
fÀhigkeit abhÀngig zeigt von der Zusammensetzung und der
QualitĂ€t der DurchströmungsflĂŒssigkeit. Zwar schlĂ€gt es
auch in indifferenten FlĂŒssigkeiten, die es nicht mit Sauer-
stoff versorgen, also hÀmoglobinfrei sind, eine Zeitlang weiter,
ja sogar in Lösungen, die mit CO2 gesÀttigt, also giftig sind,
aber seine Kraft nimmt rapide ab. Damit haben wir die Forde-
rung des Herzens nach einer seiner Eigenart entsprechenden
DurchströmungsflĂŒssigkeit vor uns. Entfernen wir nur einen
Teil daraus, so ist die Folge eine schwere Störung in dem
chemischen Gleichgewicht des Herzens und damit in seiner
Funktion.
Das Vorbild, an das wir uns zu halten haben, ist die
FlĂŒssigkeit, die uns die Natur an die Hand gibt, das Serum,
denn das Serum kommt mit allen Organen des Körpers in
BerĂŒhrung, es umspĂŒlt sie, tauscht mit ihnen Stoffe aus
und ist als der TrÀger der notwendigen Bestandteile in der
(ileichgewichtsbalance des Körpers anzusehen. Eine Analyse
des Serums wird uns die Bestandteile enthĂŒllen, die die Er-
satzflĂŒssigkeit enthalten muĂ. Die Aschenanalyse des Serums
ergibt: Na, K, Mg, Ca, CO3, PO3, Chlorid. Jedes
dieser Bestandteile hat seine bestimmte Aufgabe; sie sind
vereinigt in der sogenannten Ringerlösung. In dieser Lösung
sind von besonderer Wichtigkeit erstens Na Cl, das die
Aufgabe hat, den osmotischen Druck des Serums stets auf
der gleichen Höhe zu halten, und damit den Blutzellen die
Möglichkeit zu geben, ihre Form zu wahren; zweitens das
Kalzium und Kalium, diese beiden Antagonisten, die sich im
ganzen Körper stets gegenseitig die Wage halten und ein
mittleres Erregungsgleichgewicht gewissermaĂen ausbalan-
zieren, das Kalzium in stets erregender Hinsicht, das Ka-
lium in lÀhmender. Ceteris paribus gibt das Kalzium stets
den Ausschlag. Drittens die Radikalen PO3 und
CO3, die die fĂŒr die Lösung gĂŒnstigste Alkaleszenz ge-
wĂ€hrleisten, in dem sie ĂŒberschĂŒssig gebildete SĂ€ure sofort
neutralisieren.
Damit sind die Bestandteile genannt, die im Serum die
FĂ€higkeit aufrecht erhalten, seine Aufgaben nach allen
Seiten zu erfĂŒllen. Eine ErsatzflĂŒssigkeit mĂŒĂte daher alle
diese Faktoren enthalten, und in der Tat ist das in der Ringer -
1 ösung der Fall. Diese ist daher die geeignetste zur EinfĂŒhrung
in die Blutbahn und zum Ersatz des Serums. Jedoch war die
Ringerlösung bisher nicht haltbar und ist daher in praxi
fast nie verwendet worden. An ihre Stelle trat die physio-
logische Kochsalzlösung, von der bis heute der ausgedehn-
teste Gebrauch gemacht wird. Nun ist in jĂŒngster Zeit
Straub gegen die Verwendung der Na Cl - Lösung ange-
gangen und hat darauf hingewiesen, daĂ diese keineswegs
als Ersatz der BlutflĂŒssigkeit anzusehen sei, da sie lediglich
den Bestandteil des Serums enthalte, der den Blutzellen die
Form wahre, das Na Cl. Die physiologische Kochsalz-
lösung erfĂŒlle daher keine einzige âphysiologische" Aufgabe,
sondern lediglich eine âanatomische". Als Beweis dafĂŒr
fĂŒhrt er an, daĂ das herausgeschnittene Froschherz in der
physiologischen Kochsalzlösung nicht weiterschlÀgt, der
Muskel nicht juckt und das Adrenalin seine Wirksamkeit
einbĂŒĂt. Straub hat daher ein Serumsalz hergestellt, das
alle die oben angefĂŒhrten Bestandteile enthĂ€lt, so daĂ seine
Lösung wirklich als eine physiologische anzusehen ist
(Normosal). Das Normosal ist daher schon theoretisch als
der beste Ersatz fĂŒr in Verlust geratene BlutflĂŒssigkeit an-
zusehen, und die praktischen Erfahrungen bestÀtigen das.
Jedoch ist an dieser Stelle auf einen gewissen Wider-
spruch hinzuweisen, der zwischen dem Experiment und der
klinischen Erfahrung hinsichtlich des Wertes der Kochsalz-
lösung besteht. Es ist eine an vielen lausenden von FÀllen
erwiesene Erfahrungstatsache, daà die intravenöse Koch-
salzinfusion bei allen möglichen SchwÀchezustÀnden des
Herzens und der GefĂ€Ăe eine ausgezeichnete Wirkung hat.
Diese Wirkung kann jeder, der, den Puls des Kranken in der
Hand, wÀhrend der Infusion neben dem Bette stehen bleibt,
schon nach einigen Minuten beobachten; das ist eine nicht
zu bestreitende Tatsache, und die AeuĂerung S t r a u b s , daĂ
der Patient eben trotz der Kochsalzlösung weiterlebt, ist mit
ihr nicht in Einklang zu bringen. Es klafft hier ein Wider-
spruch, der sich aber meines Erachtens erklĂ€ren lĂ€Ăt. Von
der infundierten Kochsalzlösung hat das Herz in erster
Linie den Nutzen, daĂ es mit vermehrtem FĂŒllungsmaterial
arbeiten kann. Gegen diesen Nutzen scheint der Schaden,
den es durch das Fehlen der beiden Gruppen Kalzium â
Kalium und CO3, PO3 nehmen kann, nicht aufzukommen.
Da es offenbar nicht nur mit der Kochsalzlösung arbeitet,
sondern mit einer, wenn auch nur geringen Lösung der
physiologischen Bestandteile, die noch in den GefĂ€Ăen vor-
handen sind, wÀhrend ganz im Gegensatz dazu das Ex-
periment das Herz nur mit der Na Cl - Lösung arbeiten
lĂ€Ăt, also ganz andere VerhĂ€ltnisse im Experiment herr-
schen, als am Krankenbett, so daĂ der Widerspruch dadurch
erklÀrt werden kann.
Zweifellos stellt das Normosal das geeignetste Mittel zur
FĂŒllung der GefĂ€Ăbahn dar. Es hat auf keinen Fall jene
nachteiligen Wirkungen, die die Kochsalzlösung haben
könnte, und ist unter allen UmstÀnden dieser vorzuziehen.
Es ist vorauszusehen, daĂ es sich in KĂŒrze den Platz er-
obern wird, den bisher die Kochsalzlösung inne hatte, und
besonders die Chirurgie wird in ausgedehntem MaĂe von
der Normasallösung Gebrauch machen.
Soviel ĂŒber die Grundlagen der Kreislaufstörungen:
Herzarbeit, GefĂ€Ăbeschaffenheit und Zustand des Blutes ver-
ursachen sie, eine klare Unterscheidung dieser drei Faktoren
ist, soweit möglich, von gröĂter Wichtigkeit. Die Be-
sprechung der BekÀmpfung der einzelnen Störung soll einem
weiteren Aufsatz vorbehalten bleiben.
Augenheilkunde.
Von Prof. Dr. Junius- Bonn.
Das Ereignis fĂŒr die wissenschaftliche Augenheil-
kunde im 2. Halbjahre 1921 war die wissenschaftliche Ehrung
von Ernst Fuchs in Wien, der im Juni 1921 siebenzig
Jahre alt geworden war. Neidlos und einmĂŒtig wird er in
aller Welt als die ragendste GröĂe unseres Faches anerkannt.
Die Feier war erhebend, schlicht und ernst. Ueber ihr lag
österreichische und deutsche Trauer. An unserer Jugend ist
es, dafĂŒr zu sorgen, daĂ Wiener und deutsche Wissenschaft
trotz aller ihr angelegten Fesseln auf der alten Höhe bleiben.
Ueber den Inhalt der dem Jubilar gewidmeten F e s t -
s c h r i f t 1) und der wissenschaftlichen Sitzungen kann an
dieser Stelle nicht berichtet werden. NaturgemÀà berĂŒhrt
Vieles darin rein wissenschaftliche Fragen des Faches. Nur
einige fĂŒr den Praktiker wichtige Themata werden im Fol-
genden gestreift werden. â
Das Interesse fĂŒr Erblichkeitsfragen ist in der Augen-
heilkunde weiterhin rege und durch verschiedene Mittei-
lungen gefördert:
V. Grönholm 2) (Helsingfors) berichtet ĂŒber erb-
liche Megalokornea in einer Familie Finnlands. Die
Erscheinung ist immer doppelseitig. FamilienportrÀte aus
frĂŒheren Generationen gaben ein gutes Bild der Verbreitung
der Anomalie derartiger âKuppelaugen" in der betr. Familie.
Auch die Ahnfrau, durch welche der Fehler s. Zt. in die
Familie hineinkam, konnte auf diese Weise festgestellt
werden. Der Erbfehler folgt den Gesetzen der âg y n e -
f o r e n" VerÀnderung. Frauen sind die Konduktoren wie
bei der HĂ€mophilie. Es handelt sich wahrscheinlich um
eine Fehlbildung im Keimplasma. Dagegen ist der sogen.
Hydrophthalmus des Kindesauges, die VergröĂerung
des ganzen Auges einschlieĂlich der Hornhaut, eine lokale
Erkrankung, die oft auf einem kongenitalen Defekt des Ca-
nalis Schlemmii beruht. Lehrreiche StammbÀume sind bei-
gefĂŒgt.
Reinhard Friede- Wien 3) berichtete aus der Freiburger
Augenklinik ĂŒber einen neuen Fall von angeborener
40. Jahrg. â Nr. 20/21.
Juni us: Augenheilkunde
Flachheit der Hornhaut. die familiÀr vorkommen
rann und recht selten ist. Diese âCorneaplana" Ă€uĂert
sich klnisch in: abnormer Flachheit der Hornhaut mit un-
scharfer Linibusbegrenzung, weil die Randzone auf einer
sklei aahnlichen Stufe stehen bleibt. Im ĂŒbrigen ist der Aug-
apfel wohlgebildet (oder zuweUen vergröĂert!). Der Haupt-
sache nach liegt eine Hemmungsbildung des Mesoderms
mor â im Gegensatz zum âMikrophthalmus", bei dem eine
gleiche Hemmung den ganzen Bulbus betrifft.
Fleischer 4) teilt seine Erfahrungen ĂŒber die Ver-
erbung der myotonisc.hen Dystrophie mit. Es
ist ihm sehr wahrscheinlich, daĂ das Leiden sich d i r e k t
vererbt, dominant im Mendel scheu Sinne. Die fĂŒr eine
dominante Erbkrankheit zu verlangende Zahl von 50 Prozent
dĂŒrfte erweisbar sein. â Die Krankheit ist zu den heredo-
familiÀren Erkrankungen zu rechnen. Von besonderem
Interesse ist die allmÀhlich fortschreitende Progression in
der Ahnenreihe. Gedanken darĂŒber, wie eine derartige Er-
krankung im allgemeinen auf ganze Geschlechter wirkt, wird
anhand von Beobachtungen bei einer Familie in 6 â 7 Gene-
rationen bezgl. Fruchtbarkeit, Kindersterblichkeit, durch-
schnittliches Lebensalter zu verfolgen gesucht. Verf. kommt
zu dem SchluĂ, daĂ nur das Kranke ausgemerzt wird, das
Gesunde sich erhÀlt und fortpflanzungsfÀhig bleibt.
Einen Beitrag zum Studium der Augenstörungen im Ge-
folge von nicht- eitrigen Sinus-Affektionen geben D u -
v e r g e r und Dutheillet de la Motte:
Augen- und NasenfachĂ€rzte sind ĂŒber den Umfang und
die Art der Augenstörungen bei Erkrankung der Nasen -
Nebenhöhlen zur Zeit nicht einig. Die Rhinologen ver-
neinten hÀufig das Vorliegen einer Sinusaffektion, wenn mit
den gegenwÀrtigen Methoden weder Nachlaà der DiaphanitÀt
der Nebenhöhle noch Eiterabsonderung festzustellen war.
Nach der Erfahrung der Ophthalmologen gibt es aber
unzweifelhaft Sinus-Erkrankungen, die nur oder fast nur
durch Augensymptome oder Neuralgien bei Abwesen-
heit von nasalem und auffÀlligem Nebenhöhlenbefund
charakterisiert sind. Derartige FÀlle sind sogar verhÀltnis-
mĂ€Ăig hĂ€ufig. Sie entzogen sich unserer Kenntnis wohl aus
einer Reihe von verstĂ€ndlichen GrĂŒnden. (Physikalische Zei-
chen gering oder nicht nachweisbar. Funktionelle Zeichen
vielseitig, aber mit Symptomen, die auch aus anderen Ur-
sachen vorkommen. Keine Gelegenheit zu Autopsiebefunden).
â Iii Amerika hat S 1 u d e r den in Betracht kommenden
klinischen Symptomenkomplex an Folgendem zu erfassen
versucht: 1. Syndrom des âVaccum Sinus" = Summe der
Störungen durch eine Verlegung des Canalis naso-frontalis,
doch ohne Eiterung. 2. Neuralgie des Ganglion spheno-
Palatinum. 3. Hyperplastische Sphenoiditis. â Auf Grund
von 6 eigenen klinischen Beobachtungen, welche ausfĂŒhrlich
mitgeteilt werden, kommt Verf. zu folgenden Hauptergeb-
nissen: Die funktionellen Zeichen derartiger Erkran-
kungen sind: Periodischer Stirn -Kopfschmerz, gesteigert
durch die Anstrengung beim Sehakt, letzteres bis zu den
höchsten Graden. Der Schmerz trat nicht morgens auf
(S lud e r), sondern zu ganz verschiedenen, aber fĂŒr das
Individuum regelmĂ€Ăigen Stunden. Dazu hĂ€ufig etwas
Lichtscheu. â Physikalische Zeichen: Sie sind kaum
markant und schwer zu finden. Sie sind auch nicht kenn-
zeichnend, aber ihr Vorhandensein erleichtert die Fest-
stellung der Diagnose. Es kommt in Betracht: Abbiegung
der Nasenscheidewand, mit der KonvexitÀt nach der kranken
Seite, wodurch die untere MĂŒndung des C. naso-frontalis
wie durch eine Klappe abgeschlossen werden kann. (S 1 u -
der gibt auĂerdem eine Verengung des Knochenteils am
Hiatus semilunaris durch Periostverdickung und Knochen -
Substanzwucherung als hÀufige Ursache des Verschlusses
des C. naso-frontalis an, fĂŒr etwa 25 Prozent der FĂ€lle!).
In anderen FĂ€llen sind der Kopf der mittleren Muschel oder
die Bulla ethmoidalis hypertrophisch. Auch Polypen des
mittleren Nasenganges oder andere Verengung des Nasen -
ganges bedingende Ursachen kommen in Betracht.
Diese Symptome haben aber, wie gesagt, nur bedingte
Bedeutung, denn sie finden sich auch bei Personen mit voll-
kommener Gesundheit. Wichtig ist aber das Zeichen von
Ewing (1900), d. b. ein Druckschinerzpunkt im inneren
oberen Winkel der Orbita nach innen und hinten vom An
satz des M. Obliquus (zu differenzieren von Schmerz bei
Sinusitis frontalis akuta, von Neuralgien in der Nachbar-
schaft usw.!). Die Diagnose muĂ sich auf die Bewertung
der genannten Zeichen stĂŒtzen. (Syndrom von S 1 u d e r ,
Schmerzpunkt von Ewing, Fehlen von eitriger S. frontalis,
A r t der Kopfschmerzen, ferner M i t bewertung der erwÀhnten
anatomischen Besonderheiten in der Nase.)
Differentialdiagnostisch ist Asthenopia ak -
komodativa und Glaukom auszuschlieĂen. â Entwick-
lung und Prognose: Sehr lÀstiges und infolge der
Schmerzkrisen tief in das Leben eingreifendes Leiden, das
zur allgemeinen Neurasthenie fĂŒhren kann, auch zur chron.-
eitrigen Sinusitis. Behandlung: Medikamentös und chirur-
gisch von der Nase her, zum Zweck der Freimachung des
C. naso-frontalis.
Ueber Augenerscheinungen bei der Osteo'
myelitis des Oberkiefers bei Kindern der
ersten Lebensmonate sammelte E. Marx 5) Erfahrungen.
Von der seltenen Krankheit sind bisher 35 FĂ€lle in der
Literatur beschrieben, sÀmtlich bei Kindern in den ersten
Lebenstagen, Wochen, Monaten. Verf. stellt die bisherigen
Beobachtungen in einer Tabelle zusammen, ergÀnzt sie durch
drei weitere FĂ€lle eigener Beobachtung. Es handelt sich
um Osteomyelitis des Ober kiefers, nicht um akute
Sinusitis des Antrum Highmori, wie man frĂŒher annahm.
Der Augenarzt sieht die FĂ€lle, welche vielleicht garnicht so
selten sind, wie man bisher glaubte, vielfach zuerst; sollte sie
daher gut kennen, um sie richtig zu diagnostizieren. Die
Therapie ist eine chirurgische. Die Augenerscheinungen
bilden sich dann zurĂŒck. Sie bestehen in Lidbindehautent-
zĂŒndung, öfter Schwellung und Chemosis, Fistelöffnungen
im unteren Lid oder in der TrÀnensackgegend und Exopthal-
mus in ein Drittel der FĂ€lle (der aber auf Mitbeteiligung des
Siebbeines hindeutet). Differentialdiagnostisch kommt
TrÀnensackleiden in Betracht, das aber bei genauerem Zu-
sehen leicht auszuschlieĂen ist. Gelblicher AusfluĂ aus
Nase, hartem Gaumen, oder Mund, weist auf die Grundur-
sache, d. h. die K n o c h e n erkrankung im Oberkiefer, hin.
Inzisionen an den Augenlidern sind zu vermeiden. Symp-
tomatische Behandlung der Augen neben der notwendigen
chirurgischen Therapie. â Die Ursache ist unzweifelhaft eine
bakterielle Infektion, Pneumokokken, Staphylokokken,
Streptokokken sind festgestellt. Als Quelle der Infektion ist
das weibliche Genitale oder die erkrankte Mutterbrust ver-
mutet, umfaĂt damit aber gewiĂ nicht alle FĂ€lle. Die Her-
kunft der Infektion bleibt zuweilen dunkel. Geburtstraumen
in der Mukosa mögen in einem Teil der FÀlle infiziert wer-
den. â Bei starken Kindern ist die Prognose bei rechtzeitiger
Behandlung gut. Nach der bisherigen Statistik starben
25 Prozent der Kranken. Die Augensymptome sind nicht
konstant, auch nicht immer vollzĂ€hlig vorhanden. DreiĂig
der bisherigen 35 Kranken zeigten sie jedenfalls. DaĂ der
Exophthalmus, wenn vorhanden, die Bedeutung einer Kom-
plikation hat, (Erkrankung des O. e t h m o i d a 1 e) ist be-
reits erwÀhnt.
H a r 1 1 e v 7) (Kopenhagen), von Dozent Rönne Àugen -
Ă€rztlich beraten, schildert zwei eigenartige FĂ€lle von Con-
j u n k t i v i t i s und Stomatitis pseudomem-
branacea in Verbindung mit Blasenausbruch am Körper,
die in einem Falle mit allgemeinem Unwohlsein, im anderen
mit Halsschmerzen begonnen hatten. Die FĂ€lle verliefen
gĂŒnstig. Diphtherie- usw. Bazillen wurden n i e gefunden,
nur Staphylokokken. (Im zweiten Falle folgte Lungenent-
zĂŒndung.) Die Blasen am Körper erwiesen sich als steril.
Verf. hĂ€lt das ganze Krankheitsbild fĂŒr eine Form von
Erythem a multiforme mit eigenartiger Beteiligung
der Augen. Die Literatur wird besprochen, und die Aehn-
lichkeiten mit dem âPemphigus conjunctivae"
wird erwogen. Identisch mit dem akuten Pemphigus, der
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Junius: Augenheilkunde
40. Jahrg. â Nr. 20/21.
fast immer tötlich endet, können derartige FÀlle aus ver-
schiedenen GrĂŒnden nach Verf. nicht sein. Vieles in den
interessanten Krankheitsbiklern, die wir noch nicht klar von
einander scheiden können, ist noch ungeklÀrt. Um so will-
kommener wird die wissenschaftlich gut durcharbeitete Mit-
teilung zur Orientierung bei Àhnlich liegenden FÀllen der
Praxis gelegentlich sein.
Einen Fall von Strahlenpilzerkrankung der
Hornhaut (Aktinomy zes) sah H. Davids (MĂŒn-
ster) 8). Die FĂ€lle sind selten, der Aktinomyzes siedelt sich
anscheinend nie in intakter Hornhaut an. Im Berichtsfalle
handelte es sich um eine 30 jÀhrige Frau, mit einem alt-
kranken Auge, die in der Hornhaut plötzlich einen grell-
weiĂen Fleck bemerkte. Bei nĂ€herer Besichtigung erschien
der Heid körnig, matt, trocken, bei Lupenbesichtigung sah
man eine Bildung wie eine winzige zusammengedrĂŒckte
BlĂŒte. Der mikroskopische Befund ergab einen Strahlenpilz.
Der Verlauf war in diesem Falle gĂŒnstig. Die Bildung konnte
mit dem Messer abgehoben werden. Das ist nicht immer so.
Die Literatur wird besprochen.
Eine âpulsierend e" Hornhaut ist bisher nur bei
FĂ€llen von Keratokonus beschrieben. R. Schneider 9)
(Univ. Augenklinik Graz) beschreibt einen Fall anderer Art.
Jemand hatte eine Eisensplitterverletzung durch die Kuppe
der Hornhaut erlitten. Das Splitterchen wurde mit Magnet
entfernt. Der Kranke verlieà gegen Àrztlichen Rat vorzeitig
die Klinik. Nach lÀngerer Zeit kehrt Pat. wieder. Jetzt war
eine Hornhautnarbe nachzuweisen und eine rauchartige ge-
trĂŒbte Stelle, die deutlich rythmische Pulsationen
zeigte. Der Fall lehrt, daĂ auch bei physiologischem
Augendruck Pulsation der Cornea auftreten kann. Die
Einzelheiten haben nur augenÀrztliches Interesse.
Ueber SpÀtschÀdigung der Hornhaut durch
Bienen- bezw. Wespenstachel berichtet Dorff
(Rastatt) 10). Gewöhnlich wird nur die direkte primÀre
Wirkung der Stichverletzung der Hornhaut berichtet. Verf.
sah drei FÀlle, bei denen der Stachel lÀngere Zeit (bis zu
7 Jahren!) reaktionslos zunÀchst im Lid vertragen wurde,
aber spÀt und sekundÀr eine SchÀdigung der Hornhaut
bewirkte. In allen drei FĂ€llen war der Stich in das Ober-
lid erfolgt. Der Stachel hatte zunÀchst den Tarsus (Lid-
knorpel) nicht durchbohrt. Es war bei vorĂŒbergehender
WeichteilentzĂŒndung geblieben, die sich bald beruhigte.
Langsam ist dann der Stachel weiter durchgewandert, (wohl
durch Reibung am Auge befördert), hatte schlieĂlich die
Hornhaut berĂŒhrt. Stets kam heftige HornhautentzĂŒndung
zustande, die vermutlich nicht nur durch den mechanischen
Reiz des Stachels als Fremdkörper, sondern durch Gift-
wirkung darin unterhalten wunde, deren Heftigkeit be-
kannt ist. Die HornhautentzĂŒndungen können natĂŒrlich
unklar bleiben, wenn nicht sorgfÀltig die Lider ausgekehrt
und auf Fremdkörper untersucht werden.
S a n n o w 11) macht eine Mitteilung ĂŒber Behand-
lung der Hornhauterkrankungen mit Wasser-
stoffsuperoxyd aus der Augenheilanstalt Pagen-
s techer in Wiesbaden. Nach diesen Erfahrungen
(350 FĂ€lle) wird Anwendung 10 % H, O, nach Abrasio.der
Cornea empfohlen bei hartnÀckigen kleinen oberflÀchlichen,
zu . hÀufigen Rezidiven neigenden Hornhauterosionen (nach
Verletzungen!), bei Randkeratitis, sowie bei widerstrebenden
ekzematösen HornhautentzĂŒndungen, beim GefĂ€ĂbĂ€ndchen
(falls andere Heilversuche versagten!), auch beim Herpes
corneae. Die Therapie versagt bei Hornhaut -
ge s c h-wĂŒ r e n.
Zur Steigerung der Wirkung von Milchinjektionen bei
Ă€uĂeren Augenerkrankungen, bezw. zur Verminderung der
Versager empfiehlt Paul Schmidt (Hannover) gleich-
zeitige lokale Behandlung des Auges mit D i o n i n. (TĂ€g-
lich 1â2 mal 3 Tropfen einer 5â10 % D.-Lösung ins Auge;
danach trockener warmer Verband). Er verspricht sich von
der hyperÀmisierenden Wirkung des Dionins, verbunden
mit Serumaustritt unter die Bindehaut eine stĂ€rkere ZufĂŒh-
rung von Abwehrstoffen zum Auge, hatte in einigen FĂ€llen
gute Hederfolge und fordert zur NachprĂŒfung auf
Jellinek 12) berichtet ĂŒber folgenden Fall von
elektrischem Trauma:
32 jÀhriger gesunder Monteur, mit belangloser Anamnese
wurde von einem elektrischen Schlag getroffen (StromĂŒber-
gang zwischen HĂ€nden und FĂŒĂen). Der zur Einwirkune
gelangende Drehstrom von 5000 Volt-Spannung war an sich
als tothch zu bezeichnen. Pat. wurde nicht bewuĂtlos
sprang ĂŒber 1 Meter herunter, lief weg, erlitt nur leichten
Schock und vorĂŒbergehende Sinnesverwirrung, erholte sich in
wenigen Stunden bis Tagen vollkommen. Die Verbrennun-
ge% h1(:ilten §latt- Innenorgane und Nerven blieben ohne
auffÀllige VerÀnderungen. Bemerkenswert waren aber zwei
Gruppen von Erscheinungen: Horners Symptom-
komplex am linken Auge, (Enophthalmus, enge Lid-
spalte, kaum stecknadelkopfgroĂe Pupille; paralytische
Miosis?). Die Erscheinung war schon 2 Stunden nach dem
Irauma nachweisbar. Die Pupille erwies sich bei Lichtein-
tall und Konvergenz als s t a r r. Keine Verletzung des Auges
und seiner Umgebung sichtbar. 24 Stunden spÀter war die
linke Pupille kaum noch vollkommen starr, drei Tage spÀter
wohl noch enger als die rechte, aber zweifellos auf Licht
und Konvergenz reagierend. Nach 3 Wochen war auch der
Horner-Symptomkomplex völlig verschwunden. Beide Au^en
sahen ganz gleich aus. Wa.-Reaktion negativ.
Als zweite Gruppe von Krankheitserscheinunsen
wurden etwa drei Wochen nach dem Trauma M o t i 1 i t À t s-
und SensibilitÀtserscheinungen an den Arm-
und kleinen Handmuskeln auffÀllig, sicher nicht aus mecha-
nischer und peripherer Ursache beim Abspringen - Es
handelte Sich nach Verf. Anschauung um indirekte
kiekt ri Zitatwirkungen oder um VerÀnderungen
metabolischer, morphologischer oder Àhnlicher Art. Die in-
direkten ElektrizitÀtswirkungen bestehen in Druckschwan-
kungen des GefĂ€Ăsystems und des Liquor cerebrospinalis, in
KapillarzerreiĂungen und Gewebestörungen, in zirkumskrip-
ten Angiospasmen und Oedemen, in trophischen Störungen
usw. â Ueber die Beschaffenheit der direkten Elektri-
zitatswirkungen sind wir noch ganz im unklaren.
Auf die bezgl. Literatur wird verwiesen. Der Verlauf
war sehr gĂŒnstig. SpĂ€terscheinungen sind nach Verf. nicht
mehr zu befĂŒrchten. In therapeutischer Hinsicht ist ein
abwartendes Verfahren wohl immer im Interesse des
Kranken liegend.
Zur Frage der neurogenen Hornhauterkran-
kungen hegt eine neue Mitteilung vor. Das Spezielle hat
nur augenarztliches Interesse, das Allgemeine aber auch
weiterreichende Bedeutung fĂŒr alle Aerzte. Nach Zusammen-
fassung und Erweiterung der klinischen Erfahrungen ĂŒber
die sogen. Keratitis disziformis, ein an sich sehr
seltenes, nur in KĂŒstengegenden anscheinend etwas hĂ€ufigeres
hrankheitsbild, wies Junius 13) darauf hin, daĂ diese
keinesfalls eine durch ektogene bakterielle Infektion
bedingte HornhautentzĂŒndung sein könne, wie man
k uberwiegend glaubte, sondern eine reine neurogene
Hornhaut erkr an kung sein mĂŒsse. Es kommt nĂ€mlich
garnicht selten, (wenn auch immerhin ausnahmsweise!),
wahrend des Krankheitsprozesses oder nach Jahren an
der ersterkranklen Hornhautstelle zum Hornhaut d u r c h -
b ruch, der in diesen FĂ€llen nur durch eine unter N e r v e n-
einfluà stehende ErnÀhrungsstörung der Cornea be-
dingt sein kann. Diese muĂ mit der ursprĂŒnglichen Krank-
heitsursache noch in Verbindung stehen. Ein Herpes
corneae oder Herpes iridis findet sich kurz vorher
oder gleichzeitig zuweilen auĂerdem, hat dann aber nur
che Bedeutung eines Wegweisers dafĂŒr, daĂ in der Keratitis
disziformis eine Parallel erkrankung vorliegt, die wie jene
Ursache erfolgt
aus allein oder vorwiegend endogener
und in einer NervenschÀdigung, bezw. Erkrankung. derdVezgl
Ganglien ihren AnlaĂ hat. Bemerkenswert und wichtig er-
scheint es, daà vorwiegend Personen bestimmter BeschÀfti-
gungsart an K. disziformis erkranken: Fuhrleute, die im
10. Jahrg. â Nr. 20/21.
lim niv Augenheilkunde
Staub der LandstraĂe diaherfahren, L andiente, die nach
starker Erhitzung bei der Berufsarbeil off schneller AbkĂŒh
hing im kalten i i it I ausgesetzt sind. Bereiter, KĂŒfer, Loko
motivfĂŒhrer, auch ein Gaissonarbeiter, ferner DiehstmĂ€nner,
Polizeibeamte im AuĂendienst, Fabrikarbeiter verschiedener
BetÀtigung, bei denen das Gleiche vorliegen kann, öfter' aber
auch nachweislich mechanisch reizender Schleif- oder
Kohlen stau b von a u II e u auf die Augen e i n w i r k t.
In jedem Falle sind es, wie man bei der kleinen Zahl be-
kannter FĂ€lle gut verfolgen kann, Personen, welche auĂer
hĂ€utiger a 1 lg e m e i n e r ErkĂ€ltung aus BerufsgrĂŒnden 1 o -
kaier AbkĂŒhlung des erhitzten Gesichteis mit oder ohne
Einwirkung mechanisch reizenden Staubes ausgesetzt sind.
Von diesen Berufsgruppen erkrankt aber auch nur eine ge-
ringe Personenzahl. â Die ErklĂ€rung geht dahin, daĂ hei
einer bestimmten Gruppe von Individuen, welche mit einer
Neigung zu Erkrankung der sogen.- AuĂennerven ausgestattet
sind, (Neigung zur âNeuropathi e" im Sinne der Inneren
Kliniker*) unter Zusammenwirken mehrerer ungĂŒnstiger
UmstÀnde, nÀmlich erstens einer SchÀdigung der Ganglien
oder StĂ€nirne von Nerven, die zur Hornhaut âtrophische"*)
Beziehungen haben, in Zusammenhang mit âE r kalt u n g s-
k r a n k he i t e n", meist solchen klinisch leichterer Infek-
lionsart, ' âGifte" aus zerfallenem EiweiĂ und Bakterien -
leibern die genannten, empfindlichen Nerven endogen
schÀdigen. Die Störung bleibt zunÀchst latent, weil sie
durch Sicherungseinrichtungen anl Auge vorerst noch aus-
geglichen werden kann. Wenn aber ein derartiges, bezgl.
seines Gesundheitszustandes labiles Auge eine weitere
SchĂ€digung von auĂen betrifft, â bei BerufstĂ€tigkeiten
und aus AnlĂ€ssen, wie sie oben angegeben sind â so kommt
dann eine manifeste Erkrankung unter dem klinischen
Bilde der sogen. Keratitis disziformis zustande.
Vorbedingung ist nach der klinischen Beobachtung an-
scheinend eine lĂ€ngere, gewissermaĂen âchronische" Ein-
wirkung auf den N. Trigeminus, der die SchÀdigung weiter-
gibt. â Das Hineinfliegen von Fremdkörpern ins Auge, das
öfter als Ursache der K. disziformis angeschuldigt wurde,
nie aber sicher, d. h. nie in lĂŒckenlosem Zusammenhange
erwiesen wurde, ist in der Tat gleichgĂŒltig, bezw. neben-
sÀchlich. Denn Fremdkörper dieser Art werden ja immer
schnell entfernt, kommen schon aus diesem Grunde nicht
dazu, eine lÀngere Einwirkung auf den Trigeminus aus-
zuĂŒben, was Vorbedingung zu sein scheint. Die sogen, trau-
matischen FĂ€lle, von K. disziformis werden damit in anderer
befriedigenderer Weise erklĂ€rt. N i c h t gröĂere einmalig
wirkende ektogenc Traumen, sondern physikalische Momente
anderer Art, (schnelle AbkĂŒhlung oder feiner, 1 Ă€ nge re Zeil
reizend wirkender Staub), sind neben anderen notwendige
Vor- und G r u n d bedingungen aus endogener Ursache
in einer Reihe von FÀllen die auslösenden ektogenen
Momente." â Aus dem Studium der K. disziformis ergeben
sich auch interessante Vergleiche mit dem Zustandekommen
der sogen. Keratitis p o s t v a c c i n o 1 o s a, einem kli-
nisch sehr Àhnlichen, vielleicht im Grunde identischen
Krankheitsbild der Cornea, das nach BerĂŒhrung der Horn-
haut mit Im^f-Vaccine seltener Weise zustande kommt.
Auf das Einzelne, das auch allgemeines Interesse hat, soll
aber an dieser Stelle nicht nÀher eingegangen werden.
G. L. D re y f u s 14) gibt auf Grund reicher Erfahrungen
prognostische Richtlinien fĂŒr die Beurtei-
lung der isolierten syphologenen Pupillen-
s t ö r u nge n. Anomalien der Weite und Form der Pupillen
kommen auch bei Gesunden vor. Ungleich weite und ver-
zogene Pupillen sind daher nur âverdĂ€chtig". Störungen der
Licht-, Konsensuellen-, Konvergenzreaktion sind aber stets
p a t hol ogis c h. Verf. konnte 107 Personen mit Pupillen-
*) Vgl. Georg Slicker, ErkÀltungskrankheiten und KÀlte-
SChÀden (EnzyklopÀdie der Klin. Medizin), Monographie, Verlag
J. Springer, Berlin 1916, S. 144-45 und ff.
*) Vgl. Juni us, Beobachtungen und Gedanken ĂŒber das
Ulcus corneae r»dens. Zeitschrift f. Augenheilkunde. 43 1920
Dort weiter Literatur-HinweSfte
Störung sicher luetischen Ursprunges lange beobachten,
kam ZU dem Urleil: Die A r I der Rupillenstörung gibt uns
keine Möglichkeil zu vermuten, wie das spÀtere Schicksal dei
Kranken sich gestalten wird. Man kann jedenfalls nicht
voraussagen, daĂ ein I'at. mit ausgesprochener refl. P.rStarre
sich nun auf dem Wege zur Tabes befindet. Die leichteste
Anisokorie mit geringer LichttrÀgheit kann VorlÀufer einei
Paralyse sein. Die anscheinend schwerste Störung (refl. oder
absolute Starre) ist unter UmstĂ€nden nur âdie Visitenkarte
einer ĂŒberstandenen Hirnlues". Prognostische SchlĂŒsse lassen
sich nach Verf. lediglich aus der Art der Liquoi beschaffen -
heit ziehen. Dreyfus teilt sein Material in 2 Hauptgruppen:
Liquorpositive und liquornegative, (mit der Untergruppe der
seropositiven und seronegativen FĂ€lle je nach Ausfall
der Wa.-Probe im Blut). Es ergab sich nun: Von der Ge-
samtsumme der liquor positiven FĂ€lle. is' fast ein Drittel
seronegativ â nach Verf. ein Beweis fĂŒr die UnzuverlĂ€s-
sigkeit der Bluluntersuchung bei der Nervensyphilis und
Verdacht darauf. Bei 55 von 71 liquorpositiven Kranken,
d. h. bei 81 Prozent fand sich die Trias: P u p i 1 1 e n s t.ö -
r u n g, L i q u o r v e r À n d e r u n g e n und Klagen, elb-
auf eine organische Erkrankung des Zentralnervensystems
hinweisen. â Auffallend war der Unterschied im Alter bei
den Kranken der liquorpositiven und der L.-negati-
v e n Gruppe. Mehr als die HĂ€lfte der liquorpositiven
FĂ€lle stand im Alter von 30 â iO Jahren. Nach dem 45. Jahre
ist die Zahl der liquorpositiven FĂ€lle verschwindend
gering. Es kann das nur bedeuten, daĂ die L. -positiven
frĂŒh aussterben. â Zeitraum zwischen Ansteckung und Auf-
treten der Pupillenstörung: Bei den Liquorpositiven ist
die Höchstzahl der beobachteten Pupillenstörungen zwischen
dem 6. â 10. Jahre nach der Infektion zu beobachten, nimmt
dann sichtlich ab. Keine nach mehr als 30 Jahren post
Infektionen). Die ErklĂ€rung kann auch hier nur die sein, daĂ
ein gröĂerer Teil der Kranken frĂŒh abstirbt. Bei den liquor-
negativen Kranken, die in der Statistik des Verf. nur
halb so viel Pupillenstörungen aufweisen, trat noch bei ein
Viertel dieser FĂ€lle nach mehr als 30 Jahren post Infek-
tionem Pupillenstörung auf. Bei beiden Gruppen wurden
im ĂŒbrigen ziemlich gleichmĂ€Ăige nĂ€mlich in etwa 33 %
Zeichen fĂŒr Aortitis gefunden. Kaum einer der Patienten
klagte aber zu jener Zeit schon ĂŒber Herzbeschwerden.
Liquoruntersuchung und Röntgenbefund gehören zum RĂŒst-
zeug des sorgfÀltigen Diagnostikers. Bezgl. des ferneren
Schicksals der 107 lÀnger beobachteten Kranken kommt Verf.
zu dem lapidaren SchluĂ: PrimĂ€r liquorpositive
Kranke mit isolierter syphilogener Pupilenstörung leiden
an aktiver, mehr oder weniger rasch progredienter Hirn-
syphilis. Sie können sich im Sinne einer Paralyse fortent-
wickeln. Verf. schrÀnkt diesen Satz aber ein: Bei Kranken
dieser Art mĂŒssen nicht schwere klinische Erscheinun-
gen in BĂ€lde auftreten. Wann diese kommen, o b sie ĂŒber-
haupt je in voller Schwere kommen, entzieht sich noch der
Kenntnis des Verf., da er die Kranken noch nicht hinreichend
lange verfolgen konnte. Man kann aber sagen, daĂ bei den
L. - p o s i t i v e n der pathologisch-histologische ProzeĂ am
Zentralnervensystem noch nicht zum Stillstand gekommen
ist, daĂ ĂŒber diesen Kranken â im Gegensatz zu den
L. -negativen! â ein Schicksal schwebt, und daĂ man
mit einer ungĂŒnstigen Fortentwickelung rechnen muĂ, wenn
es nicht gelingt, durch chron. intermittierende Behandlung
den ProzeĂ zum Stillstand zu bringen. Es gelingt das
leider nicht immer. Das Tempo der Progredienz ist im
ĂŒbrigen in jedem einzelnen Falle verschieden, von Faktoren
abhĂ€ngig, die wir noch nicht ĂŒbersehen. â Bei primĂ€r
liquornegativen Kranken ist dagegen mit gröĂter Wahr-
scheinlichkeit die Hirnlues zum Stehen gekommen. Sie be-
dĂŒrfen keiner Behandlung, wenn sie auch sero negativ
sind. Eine Paralyse ist bei diesen FĂ€llen nicht zu be-
fĂŒrchten.
Ueber einen Fall von posttraumatischer
Tuberkulose des Auges unter dem Bilde der
ebron. Iridozyklitis berichtet YV. Block (Heil-
anstalt Schömberg (15) aus der Univ.- Augenklinik Hai 1 e
(â xdjannger Stelimacher. FrĂŒher gesund. 1916 Knie-Gelenk-
rneuHiatismus, 1917 meum. EntzĂŒndung des linken Auges:
1919 Verletzung des rechten Auges durch glĂŒhenden Eisen-
span Im unmittelbaren AnscnluĂ daran Iridozyklitis.
ISach Iriaeklomie und Entfernung der getrĂŒbten Linse Hei-
lung unter Tuberkulin -Injektionen. Der Fall wird als bisher
g bescKhnel5en;i 0b « ^e echte posttraumatische
tuberkulöse aber wirklich darstellt, wird nach der ge-
gebenen Krankengeschichte verschieden beurteilt werden
Ueber raaiotherapeutische Erfahrungen bei Tuberkulose
Brel^^Tr6* J,endralski W (Univ.-Augenklinik
ililVU T ^ Tlt6rer FĂ€lle- Bei einem RĂŒckblick
1 1 v a 1 ES. I S, V ° r u* U f 1 -g e S Er§ebnis: Die K o n j u n k -
tival tuberkulöse scheint in hartnackigen FÀllen der Rönt-
g nstranieiobehandlung zu widerstehen" Mesothortuni ver-
besserte das Resultat. Besser reagieren auf die RönJS-
benandlung die tuberkulöse Iritiden. Die WirtoTder
E Smb lbrfaHdlUnHg 1 n nkht Ctwa in dnem direkt
riprlr H : n 13^1US K°Ch ZU sehâŹn> andern in an-
deier Beeinflussung (VerÀnderung des NÀhrbodens? (Wet-
L:Ler-} . Das tuberkulöse Granulationsgewebe wird anee-
SĂ-eT^ T ftrei?en' kbhalten Stoffwechs§els
neaurltigen Riesen- und epitheloiden Zellen- sie zerfallen
und werden resorbiert, tie Bazillen gehen zugrundT
Kupferle hat diese Anschauung auch experimenteil
scSich'w.if^ Vft* KUniker nich"
St wJL^ Erfahnmgea mĂŒssen aber noch ge-
Zwei der seltenen FÀlle von StreptotriximTrÀ
Ar^rv^wtLik'T KmnJniS "r d-paL^en
(DanzTg) (17)! S 6U Sem kann' beobachtete Francke
Fall 1: Ein Arzt bemerkte an seinem eigenen Auffe Jit
ĂÂŁr U^l^ RĂt^ im -neren^idwinkel Nur
TuJâ > V W3r betroffen> das rechte Auge ganz blaĂ Der
rinf^'aldruXn ei\^0^ gelblLiöckliches Ge-
S?reptotrT> ; m^roskopische Untersuchung ergab
w«rFnf UQ2.:,35jahr-ige Landfrau. Aehnlicher Fall. Hier aber
^nens wie in hall 1 ist ganz selten.
Guist (18) beachtete die Erfahrung, daĂ es ganz ge
sunde RegenbogenhÀute gibt, bei welchen H orn afr opf n
nur eine unbedeutende LĂ€hmunas wirkifnS
Ă€uĂert und selbst Atropin erst nach Cr L 8
pnRZZeij e'ne vollstÀndige LÀhmung bewirkt. Er suchte
die Besonderheiten der gut und schlecht reagierenden Regen
bogenhaute zu erkennen durch Variation de ?Eimra^felS'
skop'TAand'dfĂ11^ Be1a?tunS - lĂSSöt
genbogenhÀute aufweisen, befördern die Aufsaugung der
Tropfen. Dunkle, oft derbe und kryptenarme Snb0«en
haute erschweren die Aufnahme der wirksamen Lösung"
KrypĂ und L ' * * ^enbogeSScwSS
"â Wen aut und sind mit Homatropin zu lĂ€hmen 2 n,'p
"vptenCI\(braUnen) R^"b°genhPÀu,e haben Te i fwe^
ui teihveis e, wenn das Relief derb ist 3 De
der MĂ€chtigkeit der vorderen Grenzschicht und der Derb
heit des Insstromas abzuhÀngen. - Man kann au, h Ver
also ganz gut ĂŒber die ErweiterungsfĂ€higkeit der his i
voraus etwas aussagen. ° 1
sichUfeJd^61 (19) mfht Teilungen .ĂŒber Ge
sicntsteldstorungen bei Iridozyklitis (Er
fahrungen der 1. Wiener Univ.-Augenklinik). Der Gegen
rĂH" Sehleistung und fehlendem Spfefd
Detund fiel oiter aut. Perimetrie erwies zentrale uarazen
trale, auch periphere Skotome, die spĂ€ter zuweilen rĂŒck
gangig wurden gleichzeitig mit Besserung T Sehscl À fe
8⹠m ,Kurankneitsstofle vom erkrankten Ziliarkörpe,
lĂ€ngs der NetzhautgefĂ€Ăe bis hinter die Lamina wandS
können (in Form von Epithloidzellenknötchen, welche s c
m den perivaskulĂ€ren LymphrĂ€umen ausschlieĂlich um i
ht ^aV>enent henim finden>- Das Parenchym der Neffl
^aum b^eili tfre^-d;e !de/hut ^ KrankheitsprozeĂ
Kaum beteiligt. Hinter der Lamina treten aber «an/ 'ihn i
tĂ!Wfi In"Urate Wie an denCzhai,' :
venen auf D ueberleitung der Krankheitserreger aus der
Uvea durch eine Pe r i p h 1 e b i t i s der NetzhautgefĂ€Ăe auf
den retrobulbÀren Teil des Sehnerven ist damit nach Mei
ler erwiesen. Er beobachtete auch RĂŒckbildunTsvorgtnge
Das dauernde Fortbestehen der Skotome und der sch e°chten I
SehschÀrfe in einzelnen FÀllen deutet vielleicht Lf primÀre
SchÀdigung des Sehnerven hin. - Eine Reihe von Gericht
feldern wurden demonstriert. uesicnts-
tioneV^T^f- u6r nâŹue"* Glaukomopera-
iiach AlhmrP hfeiCr ZU1' Wassischâą Iridektomie
bei der Wien P TV* aei_l war das groĂe Thema, das
Ăei der Waener Tagung zu Ehren von Ernst Fuchs be-
n iTc he ^ L U h t h o f f (Breslau), der das J Ii-
mehr als 1000 F..§' ^ °rUnd der Erfahrungen an
ST,i f alkn VOn PrimÀrem Glaukom e i g e n e r Be-
obachtung (die in 50 Prozent der FÀlle jeweils lÀnger als
daVd£r ^0baCthtet Waren!> Persönlich zu der Ueberzeugung
daĂ die Ersatz Operationen (Trepanation nach Elliot
Zyklodialyse nach Heine, Sklerotomia anterior und nos t
n i ch°; "hel[t0inie)- d6r, klassisc^n Iridektomie duXeg
nicht ĂŒberlegen sind, dagegen in mancher Beziehung ehe?
zu Komplikationen fĂŒhren als die Iridektomie. Die Iridek-
tomie ist nach Uhthof f auch der einfachere Eingriff (ab-
gesehen von der Skerotomia ant. und post., die aber auch
weniger wirksam sind). Die Einzelheiten der Ausfa runS en
eignen sich nicht zum Referat an dieser Stelle.
In der Aussprache waren die Ansichten nicht einheitlich
anaYomuk (WĂrzburg>'. der ^s Referat ĂŒber den
Her â1 t n ^ wissenschaftlichen Teil
darauf 1^°^^ erSt?tete' W^S Sdnersdts zum SchluĂ
f ^ 11 ' daĂ kei/le der neueren Glaukomoperationen als
Tdealmethode zu bezeichnen ist, keine vorerrt berufen ist
aL ösen ?be ^ Chr°n' vollstÀndig
abzulösen. Aber in dem ihnen allen gemeinschaftlichen Ge-
^,keon§an^ d5 AugenflĂŒssigkeit einen neuen stĂ€ndigen
Ahfiân ii r. °^ . &^ erneu neuen standigen
unberecMi âfH /. »' ei« berechtigter Kern. Es erscheint
unberechtigt, den hier beschrittenen Weg als Irrwe* zu be-
zeichnen und ihn darum verlassen zu wollen. Möglich daĂ
ffil TderS KarĂb7 ZU Urtdlen Sdn wird' wenn das
Runkel das insbesondere ĂŒber der chronischen Form des
SiheargSn^0mS ^§t' KSkh etWaS mehr §elichtet haben
sollte. So lange dies aber nicht der Fall ist, darf das ge-
wissermaĂen experimentelle VorwĂ€rtsstreben in der operal -
h I^rr werden. âWer jegliches Risiko
in dei Therapie des chronischen Glaukoms scheut darf
ĂŒberhaupt kein Instrument in die Hand nehmen "
akuten1?1 (L?PZigl 7ks U- a- darauf hin' daĂ fĂŒr das
akute Glaukom die Iridektomie an erster Stelle zu setzen ist
Bei Glaukoma Simplex aber sieht man danach, wie be-
kann öfter Verschlechterung nach der Iridektomie.
chron L,Teivmdet d3her MerfĂr' Sowie mr Glaukoma
Zfh ?'* % rZU§- die modernen »f ist ulier enden"
Methoden (Trepanation usw.).
10. Jahrg. â Nr. 20/21.
.hm ins: Augenheilkunde
Die n i c Ii i -operative Therapie soll keinesfalls grund-
sÀtzlich empfohlen werden. Sie gibt aber wohl doch immer-
hin nach Heitel etw as bessere Resultate als U h t h o f 1'
angibt, der selbst nur ausnahmsweise nicht operierte. (Nur
1 Prozent Erfolge nach 1' hl ho ff.) Bei geschickter, ledig-
lich medikamentöser Behandlung des Glaukoma simplex
mit Eserin-Pilokarpin â und, es gibt ja FĂ€lle, wo aus irgend
welchen GrĂŒnden nicht operiert weiden kann â sieht man
einzelne FÀlle viele Jahre lang sich mit gutem Sehvermögen
erhalten. Ein Versuch mit Darreichung von Thyraden
(Knoll) ist dann auĂerdem zu empfehlen. Die Pilokarpin-
wirkung wird durch 0 r g a n prÀparate, welche den endo-
krinen Stoffwechsel unterstĂŒtzen, gelegentlich gut ver-
stÀrkt. Es gilt aber nur das sog. Glaukoma simplex.
BezĂŒglich der Einzelheiten der Erörterungen ĂŒber das
diffizile Thema, das im ĂŒbrigen aus Zeitmangel nicht voll
durchgesprochen werden konnte, muĂ auf den Sitzungs-
bericht verwiesen werden.
In einer groĂen Arbeit ĂŒber den âNetznautpul s"
berichtet R. H. Elliot (21), der weltbekannt "gewordene
britische Glaukomforscher, welcher die nach ihm benannte
j|T r e p a n a t i o n s methode als Ersatzoperation fĂŒr die bis-
herigen Operationsverfahren anderer Art bei Glaukom be-
stimmter Formen angab, ĂŒber das Ergebnis seiner bezgl.
Studien, die das PhÀnomen wesentlich unter dem Gesichts-
winkel seiner Bedeutung fĂŒr die Glaukomfrage betrachtete.
Hier interessiert nur: Es gibt einen physiologischen
Arterienpuls an der Netzhaut. Wir sehen ihn nur ge-
wöhnlich nicht, weil er unbedeutend ist. Ein mit dem
Augenspiegel deutlich sichtbarer Arterienpuls, der wie
das Leuchtturmlicht aufzuckt und verschwindet, ist immer
pathologisch (Herzkrankheit u. a.). Anders beim
Venen puls. Hier kommen alle Grade bis zum unmerk-
lichen Flackern vor. Auch zwei geĂŒbte Untersucher können
gelegentlich unsicher bezw. verschiedener Meinung sein, ob
ein Venenpuls an der Netzhaut ĂŒberhaupt vorliegt oder nicht.
Er schwankt ĂŒberdies beim gleichen Individuum bezgl. seiner
Deutlichkeit in weiten Grenzen, ist oft nur an einem Zweig
der Zentralvene sichtbar. Anatomische Besonderheiten
haben wahrscheinlich Beziehungen zu seinem Auftreten.
Die Erörterungen ĂŒber die vermutliche Entstehungsart
des Venenpulses, die noch nicht ganz geklÀrt ist, sollen hier
nicht wiedergegeben werden. Die augenÀrztlichen Kliniker
waren bisher ĂŒberzeugt, daĂ ein markanter Venenpuls
eine bezeichnende Begleiterscheinimg des Glaukomprozesses
sei. Nach erfolgreicher Operation verschwand der Puls
hÀufig oder wurde doch geringer. Bailliart hat dieses
Axiom durch experimentelle Versuche und wissenschaftliche
Ueberlegungen erschĂŒttern zu können geglaubt. Elliot ist
nicht seiner Meinung und wird das Beweismaterial dem-
nĂ€chst noqh vorlegen. Im ĂŒbrigen ist ein starker Venenpuls
keine unbedingte Notwendigkeit bei Glaukom. Wir
stehen da noch vor ungelösten Fragen. Auch die Frage
spielt da hinein, ob tatsÀchlich pupillenerweiternde Mittel
(die sogen. Mydriatica) den VeneupĂŒls verstĂ€rken können.
In der Tat bewirken sie es bei einer Reihe von Augen. Bei
anderen Augen bleiben sie aber wirkungslos (wie auch
Fingerdruck auf das Auge, der im allgemeinen pulserstÀr-
kend wirkt). KĂŒnstliche VerstĂ€rkung des Binnendruckes im
Auge erzeugt also zum Teil Venenpuls an der Netzhaut, zum
Teil nicht. Wir stehen vor der Tatsache, daĂ das Auge im
gesunden und kranken Zustande unter der Tropfenwirkung
der Mydriatica einmal gewissen physikalischen und physio-
logischen Gesetzen folgt, ein anderes Mal aber nicht. Ein
rÀtselhafter Faktor ist da im Spiel, dessen uns verwirrende
Wirkung wir sehen, aber zurzeit noch nicht erfassen und
verstehen können. Er mag mit den anatomischen und phy-
sikalischen Bedingungen zu tun haben, welche den AbfluĂ
des Blutes durch die Augengewebe beherrschen, oder mit den
hydrodynamischen Bedingungen, welche in den Reservoirs
liegen, zu denen das Blut zu- oder abströmt. Wir wissen es
nicht. Eine befriedigende Beantwortung dieser Frage wĂŒrde
uns vermutlich der Lösung der Preisfrage nÀher bringen, die
eine der wichtigsten der klinischen Augenheilkunde ist: Der
Erkennung des elementaren Unterschiedes zwischen entzĂŒnd-
lichem und einfachem Glaukom, von der auch die Wahl der
besten Operalionsmelhode abhÀngig ist, wie oben angedeutet
wurde.
K n ĂŒ sex (22) studierte das Verfahren der P h a -
koeri.sis nach Batraquer-Barzelona in dessen
Klinik. (Ueber das Verfahren vergl. Vortrag von B a t r a -
quer in Wiener Ophthalm. Ges., 6.-8. 8. 21, Klin. Mo-
natsbl. 67, S. 310.) Mit einer kleinen Saugglocke wird die
Linse gefaĂt, von der Zonula abgerissen, unversehrt aus dem
Auge gehoben. Die besten Resultate erhÀlt man, wenn nach
BetĂ€ubung des M. orbicularis am Lidwinkel ein groĂer
Bindehautlappen geschnitten wird und eine periphere lri-
dektomie angelegt wird. Die Technik muĂ erlernt werden.
Glaskörpervorfall ist möglich. Der Star kann aber bei gĂŒn-
stigem Verlauf in einer Sitzung gÀnzlich, entfernt werden. '
Schnellste Heilung. Nachstar kommt nicht in Frage. Das
Verfahren wird im ganzen vom Verfasser gerĂŒhmt.
Dieses neue Verfahren der Staroperation hat namentlich
ii\ Amerika Interesse erregt. Auch Mc Reynolds (22 b)
studierte es in Barzelona, hĂ€lt es fĂŒr einen Fortschritt
fĂŒr manche StarfĂ€lle. Green und McDannald geben
AbÀnderungs- und VerbesserungsvorschlÀge (22 b).
Lippmann (23) gibt Bericht ĂŒber die Opera-
tionsresultate an 63 Personen mit Cataract
bei und durch Diabetes (die unter 2670 Starkranken
der Prager Deutschen Univ. Augenklinik sich fanden).
53 Kranke waren ĂŒber 40 Jahre alt, 10 unter 39 Jahren. Im
ĂŒbrigen waren 33 mĂ€nnlichen, 30 weiblichen Geschlechts;
10 gehörten der jĂŒdischen Rasse an, die stark beteiligt ist.
Die klinischen Besonderheiten und Komplikationen, welche
eintraten, werden beschrieben. Ihre Zahl betrug etwa 6 Pro-
zent (wie auch bei Uhthoff). ErwÀhnt wird unter den
Komplikationen: Einmal Staphokokkeninfektion mit
Verlust des Auges, einmal amykotische Iridozyklitis mit
demselben Ausgang (wohl diabetischer Herkunft), zweimal
Iridozyklitis mit Ausgang in PupillarverschluĂ, fĂŒnfmal ge-
ringe iritische Reizung ohne EinfluĂ auf Resultat an Seh-
vermögen. AuĂerdem wurde einmal Neuritis retrobulbaris
unmittelbar nach der Wundheilung einmal 1 Jahr danach
festgestellt, einmal Retinitis diabetica. Sechmal trat Blutung
in die Vorderkammer, zweimal Aderhautlösung ein, einmal
SekundÀrglaukom zwei Jahre nach der Operation. Wegen
der Gefahr des Coma diabeticum sollte die Operation nur bei
azetonfreiem Harn vorgenommen werden. Auf das
bei der FunktionsprĂŒfung kataraktöser Augen nicht nach-
weisbare Vorkommen von Neuritis retrobulbaris und Re-
tinitis (Retinochorioiditis) diabetica ist bei der Diagnose und
Voraussage besonders zu achten.
Ueber Verschwinden markhaltiger Ner-
venfasern in der Netzh au t nach Embolie der
Art. zentralis retinae berichtet Bachmann (24).
Erstmalig sah Wagenmann das Verschwinden
markhaltiger Nervenfasern in der Netzhaut im
Verlauf einer genuinen Selmervenvenatrophie bei Tabes
dorsalis beobachtet. Sachsaiber sah dasselbe bei einer
in Atrophie ausgehenden Stauungspapille durch Hirntumor.
Frost sah ein MarkbĂŒschel an der Papille im Verlauf von
Glaukom verschwinden, Verfasser fĂŒgt diesen spĂ€rlichen all-
gemein interessierenden FĂ€llen eine neue Beobachtung hin-
zu: Schwund markhaltiger Nervenfasern in
der Netzhaut nach Embolie der Arteria cen-
tralis retinae. Es handelte sich um einen 28jÀhrigen
Patienten, der 8 Tage vor der ersten augenÀrztlichen Unter-
suchung durch die genannte Ursache plötzlich erblindet war.
Herzfehler kam als spezielle Ursache der GefĂ€Ăverstopfung
an der Netzhaut in Betracht (geheilte Malaria, geringe
Lungenaffektion kamen hierfĂŒr wohl nicht in Frage). Die
Beobachtung ist deshalb lehrreich, weil die frĂŒheren Autoren
ihre Kranken erst lange Zeit nach Eintreten der Grund-
schÀdigung zu Gesicht bekamen. (W agenmann nach
8 Monaten, Sachsaiber nach 2% Jahren.) Verfasser sah
384
Junius: Augenheilkunde
seinen Patienten schon 8 Tage nach der Embolie, konnte
den weiteren Verlauf mit dem Augenspiegel kontrollieren.
14 Tage nach der GefĂ€Ăverstopfung an der Retina zeigte sich
die ersten VerÀnderungen in der Struktur der markhaltigen
Nervenfasern (Auflockerung in feine weiĂe Fleckchen unter
Verlust des charakteristischen Glanzes). Nach weiteren zwei
Monaten waren schon die mÀchtigsten Lager der Fasern
stark rarefiziert; die GefĂ€Ăe schimmerten hindurch Am
schnellsten verlief der ProzeĂ an der Umbiegungsstelle der
Aervenfasern am Papillenrande. 15 Monate nach der Er-
blindung waren nur noch spÀrliche Reste der Nervenfasern
vorhanden. Der ProzeĂ erschien als beendet. Von einer be-
sonderen Reaktion des Zwischengewebes war nichts zu
sehen; das Pigmentepithel, das sonst gern auf VerÀnderun-
gen in der Nachbarschaft reagiert, blieb unverÀndert. Die
Atrophie des markhaltigen NervenbĂŒschels ist als eine
. a sz en die r ende zu bezeichnen. Die Ansicht wird be-
grĂŒndet (spĂ€ter Eintritt der VerĂ€nderung, torpider Ablauf
u. a.). Eine Zerstörung der Gehirnschicht der Netzhaut bzw
der dazu gehörigen Ganglienzellen wird als spezielle Grund-
lage angenommen.
Die Beobachtung doppelseitiger Sehnerven -
metastasen eines Bronchialkarzinoms als Ur-
sache völliger Erblindung bei einer 70 jÀhrigen Patientin,
mitgeteilt durch Prof. S. Ginzberg-Berlin (25), dĂŒrfte
eme allgemein interessierende RaritÀt sein (mit mikroskopi-
schem Befund). ^
Prof. A. V o g t - Basel und O.KnĂŒsel (26) hatten Ge-
legenheit, neue Beobachtungen ĂŒber die sog. Purtscher-
sche FernschÀdigung der Netzhaut durch SchÀdel-
trauma (Angiopathia retinae traumatica) zu
machen. Das Krankheitsbild ist wichtig fĂŒr unsere Kennt-
nisse der Wechselbeziehungen zwischen Auge und Gehirn
Man findet nach schweren S c h À d e 1 trÀumen, besonders
wohl nach solchen, welche von einer Kompression der Wir-
belsĂ€ule in der LĂ€ngsrichtung begleitet sind, weiĂe glĂ€n-
zende Fleckchen am Augenhintergrunde, die am Rande
Mrichelung und PĂŒnktchen zeigen, konfluieren können, bis
zur GroĂe der Sehnervenscheibe gefunden werden, immer
die Gegend der Netzhaut - M i 1 1 e, nie die Peripherie ein-
nehmen. Daneben zuweilen streifige, sog. prÀretinale Blu-
tungen. Die Herde verschwinden* innerhalb von Wochen
oder Monaten. Nur seltener bleibt eine dauernde Sehstörung
zurĂŒck. Niemals zeigt der Augapfel selbst die Er-
scheinungen einer BeschĂ€digung oder ErschĂŒtterung. SchĂ€-
del b r u c h war zuweilen erweisbar, fehlte aber sicher auch
in einer Reihe von FĂ€llen. Purtscher faĂte die Netz-
hautveranderungen als direkte Folge der durch das Trauma
gegebenen plötzlichen intrakraniellen Drucksteigerun*
auf .und stellte sie der Stauungspapille an die Seite! '
Die VerÀnderungen ersterer Art (Angiopathie) bei akuter
momentaner Druckwirkung, die der Stauungspapille bei
c Ii ronische r Druckwirkung im SchÀdel. Die Blutun°en
bei der Angiopathie sind nach Purt scher Veneneinrisse
die weiĂen Herde sind die Folge von Lymphorhaeien
Drei neue klinische FĂ€lle wenden berichtet, das ganze Krank-
lieilsbild auf Grund dieser Beobachtungen beleuchtet. P u r t-
schers Auffassung wind in der Hauptsache bestÀtigt
einige ErgĂ€nzungen ĂŒber Einzelnes hinzugefĂŒgt. Die sogen
âB e r 1 i.n" sehe TrĂŒbung nach Kontusionen des Aug-
apfels ist als ein selbstÀndiges und andersartiges Krank-
heitshild aufzufassen.
Aus einer Mitteilung ĂŒber NetzhautverĂ€nderun-
gen (Blutungen) bei einem Chloromfalle von
Sidler-Hugenin (ZĂŒrich) (27) interessiert allgemein:
Bei einem 30 jĂ€hrigen, frĂŒher gesunden Manne traten plötz-
lich /ahnf leischblutungen auf, zugleich Netz-
n a 1. 1 hlutunge n, die an S k o r b u t denken lieĂen. Es
ei schien das um so wahrscheinlicher, als negativer Befund
an den ĂŒbrigen Organen zu bestehen schien. Nach drei-
wöchiger Krankheit starb Patient. Das Knochenmark des
Ăberschenkels und der Rippen zeigten typische GrĂŒn-
tarbung. Es handelte sich um ein Chlorom in der Auf-
fassung von NĂ€geli, wofĂŒr auch das verĂ€nderte BlutbilJ
sprach (Chlorom-Abart der LeukÀmie). Der Augenarzt und
der Allgemempraktiker wird bei gegebener Gelegenheit all
das Vorliegen eines derartigen Falles denken mĂŒssen. DiJ
Anschauungen ĂŒber Chlorom werden erörtert.
Ueber Sehstörungen nach Genuà von ver-
unreinigtem Alkohol (Methyl-Alkohol) und nacl
(ubermĂ€ĂiSe M^ge) mĂ€cht Ischreyt (Libau^
(28) einige interessante Mitteilungen. Der Alkohol war ab
âSchnaps; oder als Heilmittel gegen ErkĂ€ltung getrunken
aas Llnnin zur Beseitigung einer vermeintlichen GraviditÀt
eingenommen (wohl 20 Tabletten zu 0,3 oder 0,5 k) Allge-
mein wichtig ist, daĂ bei . der M e t h y 1 a 1 k o h o 1 - Vergif-
tung in der Seh Störung das z e n t r a 1 e Skotom im Vorder-
grunde steht, bei der C h i n i n Vergiftung die periphere
EinschrÀnkung des Gesichtsfeldes. Bei der er st er en Er-
krankung ist der Augenspiegelbefund zunÀchst gewöhnlich
normal, bei der letztgenannten Vergiftung (Chinin)
meist charakteristisch verĂ€ndert (Kontraktion der GefĂ€Ăe
Blasse und TrĂŒbung der Netzhaut). Es gibt auch anders
lautende balle. Als Regel kann aber das Vorgesagte fest-
gehalten werden. Die Literatur wird vom Verfasser be-
sprochen. Gesichtsfelder und genauer klinischer Berich?
werden gegeben.
Einen Fall von doppelseitiger Neuroretini-
tis stellata centralis nach Grippe (sternförmige
Erkrankung der Netzhaut m i 1 1 e) beobachtete A. Danco
(bssen) (28a). Es handelte sich um eine Grippe mit
Meningealerscheinungen und erhöhtem Lumbaidruck.
Die Nieren waren intakt. Differentialdiagnostisch ist die
t rennung einer derartigen VerÀnderung von den ominösen
^etzhauterkrankungen bei Nierenleiden wichtig. Sie ge-
hören zu der Gruppe der sog. âpseudonephriti sehen
iNetzhauterkrankungen" (Th. Leber).
Ueber allgemeine H y p e r t o n i e und ihre Beziehungen
zum Auge liegt eine interessante amerikanische Arbeit vor
zu der aber einiges vorausgesagt werden muĂ. Der Zustand
einer chronischen Hochdruckspannung im
Blutkreislauf, die nicht von EntzĂŒndungs- oder Schrump-
tungsprozessen in den Nieren herrĂŒhrt, ist lange bekannt,
aber nicht allgemein als besonderer Krankheitszustand an-
erkannt. Die LehrbĂŒcher Ă€uĂern sich bisher nur kurz und
gewöhnlich skeptisch hierzu. Die Krankheit ist aber von
aktuellem Interesse fyr die Gegenwart, deren Nervensystem
m stÀrkster Weise durch die Weltereignisse des letzten Jahr-
zehntes angespannt ist. Ein anschauliches Bild der klini-
schen Erscheinungen und der möglichen Grundlagen der
Krankheit gab Fr. Munck (29) an leicht zugÀnglicher
Melle (1919). Auch aus der Breslauer Klinik liegt eine noch
neuere Mitteilung vor (30). Die neueste Zusammenfassung
gab Ros in (1921) (31) ebenfalls an leicht zugÀnglicher
Stelle. Das Studium dieser Mitteilung muĂ empfohlen wer-
den Es handelt sich darum, daĂ von diesen Autoren die
Auffassung vertreten wind, daĂ es einen Zustand der âge-
nuinen'- oder mit einem weniger guten Worte âessen-
tiellen Hypertonie der Arterien gibt, wobei essen-
tiell bedeutet, daà ohne vorlÀufig genau bekannten Grund
vermutlich aus nicht einheitlichem AnlaĂ, ein regelwidriger
lonus der arteriellen GefĂ€Ăe zustande kommt mit der Fol"c
erhöhten Blutdruckes im ganzen GefĂ€Ăsystem. DaĂ toxische
und nervöse EinflĂŒsse als schĂ€digende Momente mitwirken
mĂŒssen, lehrt die klinische Erfahrung (Blei ist als schĂ€di-
gend erkannt, Tabak verdÀchtig, Lues kaum in Betracht
kommend). Personen mit nervöser Disposition gewisser Art
(sog. âVagotonie" und âS y mp a t hi ko t onie"), die
körperlich oder geistig schwere Arbeit und aufregende Ar-
beit verrichten mĂŒssen, sind aber, gefĂ€hrdet. Ueppige Le-
bensweise macht bestimmte Individuen ebenso zur Krank-
heit geneigt, wie Sorgen und LebensmĂŒhsal eine andere
Gruppe. Ueber die nÀheren ZusammenhÀnge ist aber noch
nichts Sicheres' bekannt. Renalen Ursprunges sind der-
artige Falle gewià nicht (wenn bei einzelnen Kranken spÀter
auch etwas EiweiĂ im Urin nachgewiesen wind). Die Mit-
Kulm: IrrtĂŒmer in der GynĂ€kologie
385
I 40. Jahrg. â Nr. 20/21.
J
Wirkung regelwidriger Sekretion endokriner DrĂŒsen ist an-
.,1 genommen, aber noch nicht erwiesen (Munck u. a.).
ii Interessant ist nun, daĂ ein Kliniker vom Range Ernst
, Bombe rgs - MĂŒnchen (32) noch neuerdings erklĂ€rte, je-
denfalls persönlich einen Fall sicher nicht renalen Ur-
sprunges nicht gesehen zu haben. Aug. Hoff mann (33)
(DĂŒsseldorf), der auf dem Gebiete der Herzkrankheiten
! bekannte Kliniker, bezweifelt dagegen n i c h t das Vorkam -
I men einer genuinen, von Nierenkrankheit unabhÀngigen Hy-
I pertonie. Die AugenÀrzte weiden auf Grund ihrer Er-
' fahrungen unzweifelhaft die Frage der g e n u inen, n i c Ii I
Ljenalen Hypertonie zustimmend zu beantworten geneigl
; sein. Es ist bei dem jahrelangen Verlauf der Krankheit im
Grunde wohl eine Frage des Materials, die aber jetzt zur
KlĂ€rung reif scheint â eine im Interesse der Therapie sehr
wichtige Frage â . In der eingangs erwĂ€hnten augenĂ€rzt-
lichen Mitteilung von L. A. Copps (34) aus der Marsh -
H i e 1 d - Klinik in Wiskonsin) werden die Grundfragen
| der Aetiologie noch nicht scharf auseinandergehalten, aber
sechs interessante klinische Berichte gegeben, die fĂŒr sich
I selbst sprechen (35). Bei der Seltenheit derartiger Mitteilun-
I gen in der deutschen Fachliteratur ist die Arbeit verdienst-
voll und wichtig. Die FĂ€lle sind gewiĂ nicht selten in der
Praxis, vielleicht aber nicht immer zutreffend beurteilt und
bewertet. Ihre Kennzeichen sind:
Bei vorgeschrittenen FĂ€llen von arterieller Hypertension
werden Klagen ĂŒber plötzlich auftretende SchwindelanfĂ€lle
bei der Arbeit oder auch in der Ruhe geĂ€uĂert, ferner ĂŒber
Kopfschmerz, Abnahme des Sehens. Bei der Untersuchung
findet man dann: Allgemein erhöhten Blutdruck (nach Riva-
Rocci) und an den Augen selbst ein sehr wechselndes Bild,
das nur Erfahrung und Aufmerksamkeit zu deuten vermag:
Erweiterung, SchlÀngelung, ev. Pulsation einzelner Arterien,
Verbreiterung des arteriellen Lichtstreifens darauf, der sil-
bern glĂ€nzen kann. (FlĂŒherscheinungen an kleinen und
EndgefĂ€Ăen.) Kleinste GefĂ€Ăchen, die normaler Weise un-
sichtbar sind, werden bei diesen Kranken sichtbar (daher
erscheint auch die Sehnervenscheibe dann öfter ârosig" mit
verwischter Randlinie, was aber keine Papillenschwellung
bedeutet!). Bei starker reiner Hypertension, ohne wesent-
liche Sklerose der GefĂ€Ăe (die vorkommt), können die Ar-
terien das Aussehen eines âKupferdrahtes" annehmen.
Die UeberfĂŒllung, VerdĂŒnnung und Erschlaffung" der Ar-
terien bei allgemeiner Hypertonie wird aber angehalten durch
Einsetzen des Prozesses der Bindegewebswucherung in der
GefĂ€Ăwand, die dann das entsprechend geĂ€nderte Bild gibt
â bis zur âSilber draht" -Arterie. Diese Andeutungen
mögen hier genĂŒgen. Sie erschöpfen das Augenspiegelbild
natĂŒrlich in keiner' Weise, das durch sklerotische und throm-
botische VorgÀnge sowie in anderer Weise sich vielfach kom-
plizieren kann. Wichtig ist fĂŒr den Allgemeinpraktiker nur
ein Uebersichtsbild ĂŒber den ganzen KrankheitsprozeĂ,
dessen Bedeutung nicht frĂŒh genug erkannt werden kann.
I Krankheitserscheinungen sind im ĂŒbrigen auch an den
Augen schon festgestellt, wenn noch keine Klagen bestan-
den, bei mehr zufÀlligen Untersuchungen, z. B. bei Unfall-
patienten anderen Belanges; ferner â ein von Copps er-
wĂ€hnter Fall â bei einem 34 jĂ€hrigen Preisringer, der, ein
starker Esser und intensiv im Sport tÀtig, hier auch auf der
Höhe seiner LeistungsfÀhigkeit, auf Blutdruck usw. unter-
sucht wurde. Es fanden sich schon erhebliche Augenvei -
Ănderungen; von denen der Betreffende nichts wuĂte. Oft
handelte es sich bei den vorgeschrittenen FĂ€llen um Kauf-
leute in groĂer Stellung mit' aufreibender TĂ€tigkeit und ĂŒber-
reicher ErnÀhrung, eben so oft aber um hart um das Leben
unter Sorgen ringende Personen. Die Krankheitsgeschichten
sind in jedem Falle lehrreich. Was die Therapie leisten
kann, ergibt sich aus der ganzen Sachlage im einzelnen Fall.
Medikamentös ist Papaverin zur zeitweisen Beein-
flussung des Blutdruckes empfohlen.
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28. Ischreyt, ebenda 67, 1921.
28. a) A. Danco, ebenda 67, 1921.
29. Munck, Frdr., Berliner Klin. Wochenschrift 1919, Nr. 51,
Seite 1205. 1
30. Schenck u. T ö p p i c h, D. Med. Wochenschr. 1920, Nr. 46.
31. Rosin, ebenda 1921, Nr. 39-41.
32. Romberg, E., Med. Klinik 1922, Nr. 2-3.
33. Hoffmann, Aug., Klin. Wochenschr. 1922, Bericht ĂŒber die
Sitzung der Med. Ges., DĂŒsseldorf, vom 16. 1. 22.
34. Copps, L. A., American journal of Ophthalm. 4, 1921, Nr. 11.
35. Deutsch durch J u n i u s, in Zeitschr. f. Aughkd. 47, 4, 1922.
S. 175 ff.
Diagnostische und therapeutische IrrtĂŒmer in
der GynÀkologie.
(Krankheiten des Uterus)
nach Reifferschei d.*)
Von Dr. Robert Kuhn, MĂŒnchen
Die Anomalien der Menstruation können durch Störun-
gen im Ablauf der Ovulation, Funktionsstörung anderer
endokriner DrĂŒsen, EinfluĂ des vegetativen, aber auch des
spinalen Nervensystems (Vagotonia menstrualis), Psychosen,
Herz- und Nierenkrankheiten, akute Stoffwechselkrank-
heiten, Intoxikationen bewirkt sein. Allgemeinuntersuchung
ist daher notwendig, wenn therapeutisch zielbewuĂt vor-
gegangen werden soll. Der alltÀgliche Fehler ist lokalegynÀ-
kologische Polypragmasie ohne BerĂŒcksichtigung dieser Ge-
sichtspunkte.
Bei Menstruatio praecox ist neben Störung der inneren
Sekretion auch stets trotz Jugendlichkeit an die Möglichkeit
von Ovarialtumoren (Kystom, Sarkom) zu denken.
Amenorrhoe kann nicht nur durch Atresie, Uterus rudi-
mentarius, foetalis, infantil is, sondern auch durch ErnÀh-
rungsstörungen, Diabetes, Störungen der inneren Sekretion,
konsumierende Krankheiten (Tuberkulose, Typhus), Chlo-
rose, Alkohol, Morphium, Psychose bewirkt werden. Ver-
zögenmg der Periode kann ebenfalls durch Atresie, Uterus
rudimentarms, foetalis, infantilis veranlaĂt sein. Bei Hyper-
*) Diagnostische und therapeutische IrrtĂŒmer und deren Ver-
hĂŒtung, herausgegeben von Prof. Dr. J. Schwalbe. Abt. GynĂ€ko-
logie, II. Heft, Krankheiten des Uterus von Prof. Dr. K. Reiffer-
scheid. Leipzig 1921.
386
Kuhn: IrrtĂŒmer in der GynĂ€kologie
40. Jahrg. â Nr. 20/21.
plasie tritt hÀufig spÀter noch Menstruation auf, zuweilen
erst nach Schwangerschaft Curettage soll ultimum refugium
sein.
Menorrhagie soll nicht in schematischer Weise mit
HÀmostyptika, Aetzung und Curettage bekÀmpft werden,
sondern es ist zugleich an Myome, Adnextumoren, Lage-
veranderungen des Uterus, ungenĂŒgende Involution nach Ge-
burten und Aborten zu denken, ferner wiederum an inner-
sekretorische Störungen, Chlorose, dann an HyperÀmie im
kleinen Becken infolge Obstipation, Coitus interruptus,
schlieĂlich auch an Herz- und Nierenkrankheiten zu denken!
Wenn die Allgemeinursachen entfallen, tritt die Curettage
immerhin als hÀufig wirksames Mittel .gegen Blutungen in
ihr Recht. Perforation des Uterus bei dieser MaĂnahme wird,
wenn sofortige Bettruhe, Opium und Eisblase angewendet
werden, meist ohne ernstere Folgen bleiben. Beim Sondieren
kann eine Perforation des Uterus dann eintreten, wenn vor-
her nicht genĂŒgend bimanuell untersucht wurde. Auch heiĂe
Spulungen können zwecks Behebung zu starker menstrueller
Blutungen sehr zweckmĂ€Ăig sein, sie können aber, da ihre
Temperatur 40â50 Grad Celsius sein soll, Verbrennung der
Ă€uĂeren Genitalien bewirken, wenn nicht eine gutwirkende
SpĂŒlbirne (nach Hasse, weniger gut nach Pincus) benutzt
wird.
_ Es ist fehlerhaft, wenn einer Bestrahlung wegen klimak-
terischer oder prÀklimakterischer Blutungen keine Abrasio
vorausgeschickt wird, da sie nicht nur vor Uebersehen einer
malignen Neubildung bewahrt, sondern nach R. in vielen
Fallen schon allein zur Heilung fĂŒhrt und die Bestrahlung
erspart. âą
Da die Dosierung der Röntgenstrahlen noch nicht so ge-
nau erfolgen kann, daĂ auch vorĂŒbergehende Amenorrhoe
oder gar Oligorrhoe zu erzielen wÀre, wird die Röntgen-
behandlung bei Menorrhagie jugendlicher Frauen noch nicht
angewendet.
Metrorrhagien: Es ist stets an maligne Neubildung zu
denken, kritiklose Verordnung hÀmostyptischer Mittel daher
ein schwerer Fehler. Probeabrasio bezw. = excisio ist in den
meisten FĂ€llen Pflicht des Arztes.
Dysmenorrhoe: Planlose gvnÀkologische Polypragmasie
ist auch hier ein oft zu beobachterider Fehler. Durch sorg-
faltige Anamnese und Beachtung des Allgemeinzustandes ist
festzustellen, ob nicht Allgemeinerkrankung oder nervöse
Störung vorliegt, und dann an die Untersuchung auf örtliche
Erkrankung und Hemmungsbildung einzugehen. Röntgen-
behandlung dĂŒrfte höchstens als Reizdosenverabreichung° im
Sinne FrÀnkels in Anwendung kommen, wird aber selbst auf
den gröĂten klinischen Röntgenabteilungen zurzeit nur
höchst vereinzelt in diesem Sinne angewandt. Der Hinweis
R.'s, daĂ bei Dysmenorrhoe zuweilen" die Kurve fehlerhafter
gynĂ€kologischer Polypragmasie ĂŒber Dilatation, Massage bis
zur Entfernung der bei diesen Frauen meist sehr druck-
empfindlichen Ovarien gehe, dĂŒrfte wohl allen denjenigen
Aerzten gegenĂŒber, die in den letzten Jahren klinische Vor-
lesungen gehört, ĂŒberflĂŒssig sein. Den Markstein in der
neueren Entwicklung bildete wohl die viel angefeindete
Schrift L. Landaus ĂŒber gynĂ€kologischen Spezialismus
aus dem Jahre 1884.
Eine gute Allgemeinbehandlung bestehe in Regelung der
Darmtatigkeit, körperlichen Uebungen, Radfahren, Schwim-
men, Reiten, in geeigneten FĂ€llen trete psychische Beein-
flussung hinzu.
Sekretionsstörungen des Uterus: Bei Ausfluà ist die ein-
fache Anweisung des Arztes, zu âspĂŒlen", fehlerhaft, da SpĂŒ-
len im Stehen und Sitzen das hintere Scheidengewölbe nicht
erreicht und nahezu vollkommen illusorisch ist. Die SpĂŒ-
lung muĂ im Liegen ausgefĂŒhrt werden. Ballonspritzen
saugen bei Nachlassen des. Druckes FlĂŒssigkeit ein und wer-
den dadurch zu BrutstĂ€tten fĂŒr Bakterien, sind daher zu
verwerfen. Neben der örtlichen Behandlung sollen stets
Solbader, Stuhlregelung, Eisen und Arsen verordnet werden.
Akute Metro-Endometritis tritt besonders nach Geburt
und Abort ein, ferner nach unsauberer Sondierung, Curettage,
als Folge von Intrauterinpessaren, vergessenen Tampons.
Intrauterine SpĂŒlungen können höchstens gestautes Sekret
entfernen, dĂŒrfen aber nur mit doppellĂ€ufigem Katheter ge-
macht werden. Curette ist verpönt. Konservative Behand-
lung hat guten Erfolg. Auswischen der Cervix oder gar des
Uetrus mit antigonorrhoischen Mitteln befördert die Infek-
tion nach oben. Die Unterscheidung des vergröĂerten
weichen, teigigen Utrus von einem graviden ist oft schwer!
daher Beachtung anstelle von Sondierung erforderlich.
Metropathia uteri: Blutungen und AusfluĂ bei Frauen,
bei denen man frĂŒher eine chronische Metroendometritis an-
nahm, werden heute auf Grund der Forschungen von
Hitschmann und Adler, sowie P a n k o w u. a. groĂen-
teils auf ovarielle Störungen zurĂŒckgefĂŒhrt und, insoweit
keine EntzĂŒndung vorliegt, nach Aschoffs Vorschlag
nicht mehr als Metritis, sondern als Metropathia bezeichnet.
Auch hier ist stets an die Möglichkeit von Myomen und
malignen Neubildungen zu denken, daher Austastung bzw.
Probecurettage angebracht. Wo an GraviditÀt zu denken ist,
sind wiederum diese MaĂnahmen zu unterlassen und die Pa-
tientin wiederzubestellen. Ist die Portio hyperÀmisch, ver-
dickt, und werden Stichelungen gemacht, so beobachte man
die Patientin noch kurze Zeit, bevor man sie aus der Sprech-
stunde entlĂ€Ăt, stĂ€rker blutende GefĂ€Ăe sollen vorsichtshalber
umstochen werden. Hypersekretion ist auch hier mit Schei-
denspĂŒlungen im Liegen zu behandeln. Bei Aetzung von
Erosionen ist die ^cheidenschleimhaut zu schonen. Die
Röntgentherapie ist die vollkommenste Behandlung der Me-
tropathie, allerdings nur bei Frauen, die sich dem Klimak-
terium nÀhern.
Lageanomalien: Bei langer Cervix und sehr kleinem
spitzwinklig anteflektiertem Corpus entgeht dieses zuweilen
der Betastung, so daĂ dann Retroversio angenommen und
ĂŒberflĂŒssige Pessarbehandlung eingeleitet wird. Bei Un-
sicherheit der Diagnose empfiehlt sich daher nötigenfalls
Narkosenuntersuchung. Die spitzwinklige Anteflexio und
ihre Abart, die fixierte Form, an der Retropositio, sowie bei
Rektaluntersuchung leichter kenntlich, soll' deshalb nicht
ĂŒbersehen und als Retroflexio gedeutet werden, weil Sondie-
rung bei Nichtbeachtung des spitzen Winkels zu Perforation
fĂŒhren kann und weil Dysmenorrhoe und SterilitĂ€t hĂ€ufig
gerade durch sie bewirkt sind.
Retroflexio darf nicht mit intrauterinem Myom ver-
wechselt werden. Vorsichtige Sondenanwendung kann wert-
voll sein, volle Blase macht Aufrichten des Uterus unmög-
lich. Die Mitteilung der Diagnose Retroflexio bewirkt oft
Hysteroneurose. Eine Pessareinlegung ohne gelungene Auf-
richtung ist ein oft gemachter Fehler. Bimanuelle Zer-
reiĂung von bei Retroflexio vorhandenen AdhĂ€sionen ist zu
meiden, da gefÀhrliche Blutungen -eintreten können. Tritt
bei Pessarbehandlung AusfluĂ auf, so ist SpĂŒlung erforder-
lich, auĂerdem Ă€rztliche Kontrolle der Scheidenwand in 3 bis
4 monatlichen ZwischenrÀumen.
Inversio uteri: Ein verhÀngnisvoller Irrtum ist es, einen
invertierten Uterus fĂŒr einen Polypen zu halten und den
âPolypen" mit der Schere abzutragen. Gegen den Fehler
schĂŒtzt rektale Untersuchung, welche besonders bei Adiposi-
tas notwendig ist, sowie Sondierung. Dringt die Sonde tief
ein, so ist ein Polyp da, dringt sie nur wenig ein, so handelt
es sich um Inversio. Auch Vorgehen mit der Muzeuxschen
Zange, wie es R. genau beschreibt, schĂŒtzt vor dem Fehlgriff.
Prolaps: Hierbei ist es ein auch heute noch vorkommen-
der Fehler, operative Suspension -des Uterus ohne Becken -
bodenplastik vorzunehmen.
Myoma uteri: Bei unregelmĂ€Ăigen Blutungen ist beson-
ders an Myom und Blasenmole zu denken. Bei Myom fehlt
gegenĂŒber GraviditĂ€t das Hegarsche Zeichen. Kompression
der Urethra und Urinretention können durch Myom, aber
auch durch andere Tumoren bewirkt werden, so daĂ auch
hier wieder Katheterisieren nicht unterlassen werden darf.
Werden Ovarialtumoren als Myome irrtĂŒmlich mit Bestrah-
lung behandelt, so werden nicht nur Kosten vergeblich auf-
10. Jahrg. â Nr. 20/21.
Referate
gewendet, sondern die Myomdosis kann als Reizdosis scha-
den, und es kann hei maligner Degeneration kosthare Zeil
fer die Operation verloren gehen. Deshalb soll der Niehl
Spezialist in zweifelhaften FĂ€llen seine Patientinnen nicht
ohne gesichorte Diagnose dem Röntgenarzt ĂŒberweisen, wie
es gerade neuerdings oft geschieht.
Schwere unvermutete Blutungen können dann entstehen,
wenn ein submuköses verjauchles Myom fĂŒr Abort gehalten
und ausgerĂ€umt wird. Bei Myom rĂŒckte die Menopause oft
in die fĂŒnfziger Jahre, so daĂ die Vertröstung von blutenden,
im 4. Dezennium stehenden Patientinnen auf bald ein-
tretende. Besserung fehlerhaft ist. Hier gerade ist Bestrahlung
am Platze. Dieselbe geschieht mit den heutigen grollen Ap-
paraten meist in zwei Sitzungen in AbstÀnden von sechs
Wochen.
Carcinoma uteri: Die Untersuchung darf nicht deshalb
unterlassen werden, weil die Patientin blutet. Um Nach-
blutungen nach Probeexcisio zu vermeiden, ist die Wunde
mit 1 â 2 breit fassenden NĂ€hten zu schlieĂen. Operation so-
wie Bestrahlung von Carcinom sollen geĂŒbter Hand ĂŒber-
lassen werden, da halbe MaĂregeln gerade hier oft verhĂ€ng-
nisvoll sind.
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
MĂŒnchener medizinische Wochenschrift.
17. MĂ€rz 1922, Nr. 11.
Tuberkulose und Konstitution. MĂŒlle r. 379.
<t»Anthropometrie. Martin. 383.
Vereisung des Nervus ischiadicus und des Nervus saphenus. L À w e n. .389.
Konstitution und endokrines System. W u t h. 392.
Unlogische Röntgendiagnostik. Janssen. 394.
âŠTherapie der Peritonsillitis. D ah mann. 396.
Wellensehnitt. Ritschl. 397.
Uebungsapparat fĂŒr den VorderfuĂ. U o h m a n n. 397.
<S»Yatren in der Gouorrhoebehaiidlung. H e r b e c k. 399
Perinealkrampf. Elsa« r. 399.
Verminderung der Nausea bei Vcstibularisreizuug. Fischer und
W o d a k. 400.
Therapie der Oxyuriasis. Schmi d t. 400.
Tuberkulös oder phthisisch. M a r c h a n d. 401.
Anthropometrie. Verfasser gibt eine gedrÀngte Beschreibung
der von ihm geĂŒbten anthropometrischen Technik. Die anthropo-
metrische Beobachtung ist imstande, die klinische Diagnose des
Körperbaues in wesentlichen Punkten zu ergÀnzen; sie gestattet
nicht nur ziffernmĂ€Ăig Merkmalkomplexe aufzustellen, die be-
stimmten Körperbautypen entsprechen, sondern sie ermöglicht
auch, die Konstitution des einzelnen so festzulegen, daĂ ihre
relative Abweichung vom Durchschnitt berechnet und ihre Ver-
Ă€nderung in der Zeit kontrolliert werden kann. In der so fest-
gestellten KonstitutionsgröĂe des Individuums bekommt auch der
praktische Arzt ein wichtiges Mittel an die Hand zur Erleichte-
rung der klinischen Diagnose und von sogar prognostischer Ver-
wertbarkeit. Die Ursachen der spezifischen Körperbildung des
Menschen können natĂŒrlich dadurch nicht aufgedeckt werden.
Die genaue Kenntnis der Messung und ihrer Zahlen bildet aber
das Fundament zum Aufbau der Forschungen ĂŒber die Ver-
erbung und die Umwelteinwirkung, ĂŒber die geno- und phĂ€no-
typische Gestaltung des einzelnen. Interessenten mĂŒssen Einzel-
heiten im Original lesen.
Zur Therapie der Peritonsillitis. ZunÀchst konservative Be-
handlung; zu einem Zeitpunkt, wo schon beginnende Einschmcl-
zumg zu erwarten ist, Punktion des peritonsillitischen Infiltrats
mit weiter KanĂŒle; falls Eiter, chirurgische Behandlung, sonst
weiter konservativ. Chirurgische Methoden: 1. Inzision durch
den vorderen Gaumenbogen, wenn die AbszeĂhöhle weit nach
vorn reicht, wenn es sich um eine erstmalige Peritonsillitis han-
delt und baldige Tonsilleklonie nicht in Frage kommt. 2. Eine
Eröffnung des Abszesses via obere Gaumenbucht, wenn der
AbszeĂ in der NĂ€he des oberen Gaumenpols zu liegen scheint,
wenn schon mehrfache frĂŒhere Inzisionen durch den vorderen
Gaumenbogen zu reichlicherer Narbenbildung an dieser Stelle
gefĂŒhrt haben und Patient eine entsprechend frĂŒhzeitige Ton-
sillektonie ablehnt oder diese aus anderen GrĂŒnden nicht in
Frage kommt. 3. Die AusschÀlung (Luxation) des oberen Ton-
sillenpols aus der Gaumenbucht in allen FĂ€llen, aber auch nur
in den- FĂ€llen, in denen nach Abheilung der ersten entzĂŒndlichen
Erscheinungen die Tonsillektomie angeschlossen wird, wofĂŒr
einerseits die klinische Indikation und andererseits auch das
EinverstÀndnis des Patienten Voraussetzung sind.
Yatreu in der Gonorrhoebehandlung. 62 MĂ€nner und 45
Frauen mit Yatren 5 Prozent intravenös behandelt, 5 cem alle
2 Tage, im ganzen 6 â 8 Spritzen in akuten FĂ€llen; in chronischen
FĂ€llen 10 cem alle 2 Tage, im ganzen 8 â 10 Spritzen, eventuell
drei Tage hintereinander, dann Pausen von 3 â 6 Tagen. Erfolge
im ganzen ermutigend.
F. Loewenhardt (Charlotlenburg-Westend).
Klinische Wochenschrift, Berlin.
11. MĂ€rz 1922, 1, Nr. 11.
âą{âąBilder von ParaJysis agitans und Tetanie im Rahmen der Arteriosclerosis
cerebri. Martini und I s s e r 1 i n. 510.
Ueber intracurane Tniekt'nn abffesruf*er H-ionenkonzentrationen. (Beirag
zur Frage des physiologischen Indifferenzpunktes in der menschlichen
Haut.) Wagner. 511.
âErfahrungen mit Rivanol. insbesondre ĂŒber seine Verwendung bei diffuser
Peritonitis. Katzenstein. 513.
Zur Frage der Herdreaktion am Auge bei unspez:f ischer Proteinkörper-
therapie mit besonderer BerĂŒcksichtigung ihrer Gefahren. Tobias. 515.
âDie Luminalbehamilung motorischer und psychischer Enegung. Krisch.
518.
âist das Quecksilber ein symptomatisches Heilmittel oder beeinfluĂt es den
Verlauf der Syphilis. Heller. 519.
Stud;en ĂŒber qualitative UnterernĂ€hrung Hofmeister. 522.
Der EinfluĂ der LehergefĂ€Ăe auf den Wasserhaushalt und die hĂ€moklasische
Kr;se. Mautner und C o r i. 523.
Lordotische zyklische Albuminurie bei tuberkulösem Gibbus. Neukirch
und Rottmann. 523.
Die Behandlung der Tr'geminusneuralgie. Sonntag. 524.
âDie Behandlung der Malaria. Mayer. 527.
Bilder von Paralysis agitans und Tetanie im Rahmen der
Arteriosklerosis cerebri. Bei einer 73 jÀhrigen Patientin, die die
typischen Symptome der Hirnarteriosklerose aufwies, fanden sich
auĂerdem das klinische Bild der Paralysis asitans und tetanoide
Symptome. (Trousseausches PhÀnomen.) WÀhrend die Sektion
neben den typischen arteriosklerotischen HirnverÀnderungen
einen Erweichungsherd im linken Linsenkern aufdeckte, hiermit
also das Paralysisagitans-Bild erklÀrte, konnte das Auftreten der
tetanoiden Symptome pathologisch anatomisch nicht begrĂŒndet
werden. Vielleicht stehen diese letzteren in aetiologischem Zu-
sammenhang mit dem Symptomenkomplex der Paralysis agitans.
Erfahrungen mit Rivanol, insbesondere ĂŒber seine Verwen-
dung bei diffuser Peritonitis. WĂ€hrend Rivanol bei eiternden
Wunden und bei infektiösen Herden ĂŒberhaupt vielleieht nicht
mehr leistet, als andere Behandlungsmethoden, erscheint seine
Anwendung bei Peritonitis, speziell nach perforiertem Magen-
geschwĂŒr und vor allem bei einer vom durchgebrochenen Wurm-
fortsatz ausgehenden Bauchfelleiterung von hervorragender
Wirkung. Es wird daher in Zukunft erforderlich sein, bei allen
hierher gehörigen FÀllen einen Versuch mit dieser Behandlung
zu machen.
Die Luminalbehandlung motorischer und rsvehischer Fr-
reffime. Luminal leistet gute Dienste bei Epilensie und boi
Àngstlichen, sowie hypochondrisch gefÀrbten Depressionszu-
stÀnden.
Ist das Quecksilber ein symptomatisches Heilmittel n«1er be-
einfluĂt es den Verlauf der Synhilis. Lesser bat die Auffassung,
vertreten, Quecksilber sei nur ein svmptomatisches Heilmittel und
beeinflusse den Verlauf der Lues nicht. Im Gesensatz hierzu ver-
tritt der Verfasser, auf Grund seinpr Untersuchungen den Stand-
punkt, daĂ Quecksilber auf den Verlauf der Krankheit ffĂŒrst'g
einwirke. So lange nicht bewiesen ist, daà ein anderes H»il»
mittel, z. B. das Salvarsan, das gleiche oder mehr leistet â dieser
Beweis kann erst von der pathologischen Anatomie in 20 Jahren
388
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 20/21.
gegeben werden â hat der Arzt nicht das Recht auf die Anwen-
dung des Quecksilbers zu verzichten.
\
Die Behandlung der Malaria. Die Malaria wird mit Chinin,
am besten nach der Nocht'schen Methode (5X0,2 g oder 4X0,25
auf den Tag) behandelt. In FĂ€llen, bei denen eine innere Ver-
abfolgung des Mittels nicht angezeigt erscheint, erfolgt die intra-
muskulÀre Verabfolgung, bei ganz schweren FÀ,llen die intrave-
nöse Injektion, die oft lebensrettend wirkt. Als Ersatz fĂŒr Chinin,
was praktisch nur bei UnvertrÀglichkeit desselben, oder Un-
wirksamkeit in Frage kommt, gelangen in erster Linie Salvarsan
undArsalyt zur Anwendung. Die chronischen Malariafolgen und
larvierte Malariaformen (Neuralgien) werden auch mit Chinin
behandelt. Bei eingetretener Malariakachexie ist vor allem
Arsenik zu geben. A. MĂŒnzer.
Archiv fĂŒr Psychiatrie und Nervenkrankheiten.
«>. Februar 1922, 65, Heft 4.
âHypnutismus und Geistesstörung. Sie m erlin g, K. 1.
Beitrag zur Aetiologie und Symptomatologie der Parkinsonscheu Krankheit
und verwandter Syniptomenkomplexe. Westphal, A. 19.
Aus der Geschichte des Hamburger Irrenwesens Kriminelle Geisteskranke
des 17. und 18. Jahrhunderts. SchÀfer. G. 40.
Marinearztliche Erfahrungen im Kriege. L i e n a 11 . A. 49.
âąl'Uebei- Zwillingsgeburteu als Degenerationszeiehen. v. G r a b e . E. 79'.
Ein Fall von reiner motorischer Agraphie. Boettiger, A. i7
Seeklima und NervositÀt, frinckh, I. 101.
âBeitrag zur Lehre von der Epilepsie. Schott. Iii.
Die Genese oberer Knnvergenzstellungen der Augen. B i e 1 s c b p w k y .
A.. 127.
Da* Vorbeihalluzinieren. ein Beitrag zum VerstÀndnis de* Kraftkheits-
symptloms des Vorbeiredens. Rae c k e. 139.
Leber atypische Psychosen. R 0 s e 11 f e 1 d. ISO.
Leber die Prognose der Wirbelsarkoine. (âą a 1 e k c . N. n*7 .
Psychische Untersuchungen von Schwangeren. Steiner. 1;. 171.
Einige Bemerkungen zur Histologie der Paralyse und Tabes mit besonderer
BerĂŒcksichtigung des SpirochĂ€tenbefundes. Jakob. A. 191.
Tierexperimeutelle Untersuchungen in RekurrensspiroehÀteu. II e n n i n g ,
G. 225.
âLeber die Bedeutung des Nystagmus fĂŒr die Neurologie. S e lc a r n k e. 249.
W urzelschÀdigung durch subdurale Blutung nach Kopfverletzung, Heilung
durch Lumbalpunktion. Zugleich ein Beitrag zur Frage der Astereo-
gnosie bzw. .StereoanÀsthesie. Schar nke und W i e d h o p f. 27a.
Der Begriff der Konstellation und seine Bedeutung fĂŒr das Problem der
Beurteilung von Psychoneurosen nach UnfÀllen. Meyer. M. 2S7.
Kill Fall von t>ehirngcseh\viil*.t unter dem Bilde der Epilepsie. Drejrtus .
W. 305.
»»âŠErotische Wahnbildungen -exueli nnbefriedigrer weiblicher We.-en.
Kehre r. 315.
âEpilepsie im Kriege. Leva, .1. 386.
Hypnotismus und Geistesstörung. Wiedergabe von 5 Kranken-
geschichten, an Hand' derer Verfasser seinen ablehnenden
Standpunkt gegenĂŒber der Hypnose beleuchtet: Die Hypnose stellt
ein psychisches Trauma dar, das auch- bei einer sog. endogenen
Psychose verschlimmernd wirken kann. Besonders verwirft S.
die Hypnose an beginnenden Geisteskranken durch Laienhypnoti-
seure.
Ueber Zwillingsgeburten als Degenerationszeichen. Verfasser
hĂ€lt es fĂŒr erwiesen, daĂ die Zahl der in der Verwandtschaft
Geisleskranker, genauer gesagt geisteskranker Frauen vor-
kommenden Mehrlingsgeburten wesentlich höher ist, als die bei
den Familiengliedern Gesunder. Zu einem Teil scheint das auf
eine gröĂere HĂ€ufigkeit e i n eiiger Zwillinge zu beruhen, worin
Verfasser ein Degenerationszeichen erblickt.
Beitrag zur Lehre von der Epilepsie. Verfasser empfiehlt
groĂe ZurĂŒckhaltung in der Bewertung der einzelnen ursĂ€chlichen
Beziehungen. In rund 15 % konnte aus der Krankengeschichte eine
Ursache nicht entnommen werden. In 40% waren eine, in 32 %
zwei, in 12 % drei und in etwas mehr als 1 %, mehr als drei Ur-
sachen vermerkt. Von den alleinigen Ursachen steht die erbliche
nervöse Belastung an erster Stelle, dann kommt das Hirnleiden,
weiterhin Infektionskrankheiten. Tuberkulose und Kopfver-
letzungen.
Ueber die Bedeutung des Nystagmus fĂŒr die Neuralgie. Es ist
Verfasser darum zu tun, daĂ zwei in ihrer Erscheinungsform und
Bedeutung sehr verschiedene Arten von Nystagmus auftreten, das
Augenzittern oder der Pendelnyslagmus und das Augapfelzucken
oder der Rucknystagmus. Jede von diesen Arten kann auf sehr
verschiedene Weise entstehen und hat vielerlei verschiedene Be-
deutung. Es besteht eine dringende Notwendigkeit, in jedem ein-
zelnen Falle die vorliegende Störung viel weiter zu analysieren,
als es bisher zu geschehen pflegt. Die bloĂe Angabe .,Nystagmus"
ist ganz ungenĂŒgend.
Erotische Wahnhildiinjjccn sexuell unbefriedigter weiblicher
Wesen. Die Wiedergabe der Psvchoanalyse von Ii weiblichen
Kranken, deren Psychose paranoiden Charakters war, und zwar
im Sinne sexueller FĂ€rbung, die Verfasser aus der jeweils von
sexuellen AnstĂŒrmen nicht freigebliebenen, aber schlieĂlich doch
unbefriedigt gebliebenen Vita sexualis der G Patientinnen, z. T.
durch Hypnose freigelegt, zu erklÀren sucht.
Epilepsie im Kriege. Bei einem Teil der Kriegsepilepsie spielt
fĂŒr die Entstehung der AnfĂ€lle der Krieg nur eine untergeordnete
Bolle. Hier hatten erbliche Belastung, frĂŒhere Traumen oder auch
ein gelegentliches Versagen der Nervenfunktionen vorgelegen,
alles anamnestische Angaben, die auf eine bereits bestehende
SchwÀche, und Krankheitsbereitschaft des Nervensystems hin-
deuten. Der Krieg wirkte nur verschlimmernd oder auslösend.
Bei einem anderen Teil vermissen wir diese Anamnese, wir
mĂŒssen da annehmen, daĂ die Anstrengungen und SchĂ€digungen
des Krieges eine allgemeine SchwÀchung des Nervensystems be-
wirkt und damit wesentlich mit zu dem Auftreten dieser AnfÀlle
beigetragen haben. AuffĂ€llig bleibt, daĂ selbst bei SchuĂver-
letzungen des Gehirns immer nur ein geringer Teil an trauma-
tischer Epilepsie erkrankt. Verfasser schlieĂt hieraus auf eine
hei nervösen Personen vorhandene Krampfbereitschaft des Ge-
hirns. Wem, H. Becker.
Deutsche Zeitschrift fĂŒr Chirurgie.
Februar 1922, 169. 1-2. Heft.
Die' Exstirpation des Tema mit Umkipp-Plastik des Unterschenkel!-. Sauer-
b r u c h , F. 1.
âDie Entstehung der habituellen Dorsalskoliose und die Grundlagen ihrer
chirurgischen Behandlung. Frey. Emil R. 13.
Die Entstehung der habituellen Dorsalskoliosc und die Grund-
lagen ihrer chirurgischen Behandlung. Eingehende Besprechung
zunÀchst der Entstehung und des Wesens der Dorsalskoliose, d. h.
derjenigen Form der WirbelsÀulenverbiegung, die anscheinend
ohne merkbare Ă€uĂere Veranlassung in der spĂ€teren Kindheit und
PubertÀt auftritt. Als wesentlich wird angegeben: unter der Vor
aussetzung konstitutioneller Minderwertigkeil der in Betracht
kommenden Gewebe tritt eine Seitenneigung des Rumpfes ein. die
zur vermehrten thorakalen Seitenspannuna, Ausbiegung der hin-
leren Rippenpartien. Konvexrotation der Wirbel und exzentrischen
Belastuni); der letzteren fĂŒhrt. Hierauf Besprechung der unblutigen
und schlieĂlich der blutigen Behandlung der Dorsalskoliosc
(Rippenraffung, beidseitige Rippenresektion';. Verfahren, die unter
der Voraussetzung den eingangs genannten Ueberlegungen weiten'
Ausblicke hinsichtlich der Skoliosentherapie eröffnen.
L. Frosch 'Berlin
Archiv fĂŒr klinische Chirurgie.
1922, 119, Heft 2.
Die ZĂ€huclung der groĂen Kurvatur des Magens im Röntgenbild. Smidt.
H. 825,
I'nsere ErfĂ€hrungen ĂŒber den Wert der Antrumresektion bei der Beliandhini:
des Ulcus pepticum. L o r e n z. H. und Schur. H. 239.
Zur Catgutfrage. F ĂŒ r 1 e, J. 277.
Pin Beitrag zur Frage der retrogaden Incarceratiou. Brei t n e r . B, 302.
Ueber Pneumatorsis cystoides intestini hominis. W i n a c h. R. 309.
Ueber Kranioplastik. S a i t o M a k o t o. 321.
âŠM'eber die Epiphysenerweichung im Wachstumsalter. L i e k . E. 389.
âZur Klinik des Fleekf iebers. Chirurgische Fleckfieberkomplikarionen.
Herzen berg, K. 317.
â Leber doppelseitige Sehenkelhal>fi aktur. H ĂŒ b n e r. A. 390.
Eine einfache Methode zur Lagebestimmung von Fremdkörpern
Berdjajeff, A. 398.
Die akute Osteomyelitis der Patella. K o s e n b a c h. 403.
Bin groĂer paraurethraler entzĂŒndlicher Bindegewebstumor. Schultts.
E. 406.
Ueber die Epiphysenerweichung im JĂŒnglingsalter. Versuch,
auf. hypothetischem Wege eine ausreichende ErklĂ€rung fĂŒr die
Aetiologie gewisser Erkrankungen der PubertÀtszeit Köhler sehe.
Schlatter'sche, Perthes'sche Krankheit. Coxa vara usw. zu geben
Nach Ansicht des Verf. weisen klinische und anatomische Mo-
mente bei den in Frage stehenden Krankheilen, die sich in erster
Linie an den Wachstumszonen abspielen, auf innersekre-
torische Störungen hin. nicht auf ursprĂŒngliches Trauma, wie
vielfach angenommen wird. Verf. gibt im ĂŒbrigen selbst an, daĂ
die von ihm (und anderen aufgestellten Vermutungen noch der
Beweise bedĂŒrfen,
Zur Klinik des Fleckfiebers. Chirurgische Fleckiiebcrkoinpli-
kationen. Das Fleckfieber bietet infolge seines auch bei uns WĂ€h-
rend des Krieges so hÀufig beobachteten Vorkommens genug des
Interesses, um einer eingehenden Besprechung, namentlich seinei
der Àrztlichen Allgemeinheit weniger gelÀufigen chirurgischen
Komplikationen gewĂŒrdigt zu werden. Letztere treten hauptsĂ€ch-
lich im mittleren Lehensalter auf: sie stellen im wesentlichen
pathologische VerĂ€nderungen des GefĂ€Ă- und Nervensystems dar.
40. Jahrg. â Nr. 20/21
Aus den neuesten Zeitschriften
ine zur Blutzirkulalionsstörung mit ihren weiteren Folgen,
namentlich1 der GangrĂ€n (daher der spezielle Name: âFleckfieber
gangrĂŒn") fĂŒhren. Die IntensitĂ€t der chirurgischen Komplika-
tionen stehl in direkter AbhÀngigkeil von den VerÀnderungen am
und im GefĂ€Ăsystem. Die Genesungsprognose wird durch kom-
plizierende Arteriosklerose bedeutend verschlechtert.
lieber doppelseitige Schenkelhalsfraktur. Bereicherung der
lullerst spÀrlichen Kasuistik durch Mitteilung eines Falles von
Bruch beuler SchenkelhÀlse: einem 16 jÀhrigen Manne fiel ein
Baumstamm auf den BĂŒcken; in Verkennung der hierdurch be-
dingten Fraktur beider SchenkelhÀlse wurde lediglieh Behandlung
mit feuchten UmschlÀgen eingeschlagen. Eine spÀter erfolgte
FachÀrztliche Untersuchung ergab eine schwere traumalische Coxa
vara beiderseits als Folge der eingangs erwÀhnten Verletzung
L. Frosch (BerlinV
Zeitschrift fĂŒr orthopĂ€dische Chirurgie.
1922, 42, Heft 4.
I «Mieher die Verwendung der Bauchmuskulatur in der orthopÀdischen Chirurgie.
Kruken borg. 193.
Finico Grundprinzipien der mechanischen Behandlung der Spondylitis.
H o w d t h. 217.
Der Einfluà der Röntgenstrahlen auf die Rachitis. H ul dschi n s k y. 240.
âLuftembolie mit tödlichem Ausgang nach X-Beinoperation. F o r d e m a n n.
244.
Die operative Entfernung extraartikularer tuberkulöser Knochenherde.
Vogel. 246.
Ueber die Verwendung der Bandmuskulatur in der ortho-
pÀdischen Chirurgie. Die unabweisliche Tatsache einer hervor-
ragenden Beteiligung des M. psoas maior an- der Lumbaiskoliose
veranlaĂte den Verfasser zu entsprechendem operativen Vor-
gehen bei der Behandlung der letzteren. Die gĂŒnstigste Angriffs-
slelle zur Tenotomie des Muskels â denn um eine solche handelt
es sich naturgemÀà hauptsĂ€chlich â liegt in der Leistenbeuge,
in der Höhe des Schenkelkanals. Nach erfolgter offener Durch -
I rennung der ganzen Masse des M. psoas maior Anlegung eines
Abduktionsgipsverbandes auf der n i c 1) t operierten Seile, von
der Höhe der seillichen Verbiegung bis zum Knie reichend. Eine
Kombination des beschriebenen Eingriffes mit einer Tenotomie
des M. obliques ahdominis externus empfiehlt sich in FĂ€llen
starker entgegengesetzter Verbiegung der BrustwirbelsĂ€ĂŒle.
Mitteilung von 7 Krankengeschichten, teilweise mit Abbildungen,
aus denen die Erfolge der Methode deutlieh hervorgehen. Am
SchluĂ der Abhandlung gibt K. noch ein operatives Verfahren
an, mittels dessen durch Transplantation des M. obliquus abdom-
ext. ein Ersatz des ungenĂŒgend wirkenden M. glutĂ€us medius bei
Her kongenitalen HĂŒftgelenkluxation erreicht wird.
Luftembolie mit tödlichem Ausgang nach X-Bein-Operation.
Ein Ă€hnlicher Fall ist bereits frĂŒher veröffentlicht worden. Es
handelte sich bei der vorliegenden Operation um eine Keilosleo-
tomie vermutlieh aus dem Femur (genauere Angaben fehlen), im
Verlaufe deren es wahrscheinlich- zu einer Einpressung von Luft
in die freigelegte Markhöhle des einen oder anderen BruchstĂŒcks
kam. Der prinzipielle Unterschied zwischen beiden bisher mit-
geteilten Veröffentlichungen derartiger Luftembolien besteht
hauptsÀchlich in der Talsache, daà einmal unter Blutleere, das
andere Mal ohne dieselbe operiert wurde. Trotzdem ist zur An-
legung der Blutleere dringend zu raten. L. Frosch (Berlin).
Zentralblatt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
25. MĂ€rz 1922, 46, Nr. 12
Ueber die chirurgische -Vera, in der GynÀkologie und d gynÀkologischen
Grenzgebiete. Mayer. A. 419.
Ueber Psychodiagnostik und Psychotherapie in der Frauenheilkunde.
S t; e m inet, W. 458.
Ueber die Notwendigkeit einer allgemeine^ Statistik der Behandhing des
Abortus febrilis. Dietrich. H, A. ii;t.
j âŠE'ne seltene Verletzung des Uterus. Sigwart, W. 47«.
Zur Fluorbehandlung mil Bazillosan. f. o e s e r , \. 17...
Eine seltene Verletzung des Uterus. Wie berechtigt die immer
wiederholten Warnungen vor dem Eingehen mil zangenartigen In
strumenlen in den Uterus sind, lehrt folgender Fall. Bei einer
Probeabrasio wegen Verdachts auf Korpuskarzinom nach vorher-
gegangener Hegar-DilatÀtion halle der Arzt den Eindruck, als ob
die KĂŒrette ĂŒber eine Unebenheil hinweggleite, die er fĂŒr einen
Polypen hielt. Er ging darauf mil einer Polypenzange ein und
drehte den vermeintlichen Polypen ab. Da er aber das GefĂŒhl
balle, den Uterus perforiert zu haben, holte er sieh spezialistischen
Rat. S. konnte sofort erkennen, daĂ es sieb bei dem vermeint-
lichen Polypen um ein etwa 2 cm langes StĂŒck einer Arterie mil
der zugehörigen Vene handelte, und es war kein Zweifel, daà es
sieh um den ganzen Strang der l leringefaĂe handeln muBte. Die
sofort vorgenommene Operation bestÀtigte die Vermutung. Links
vom Uterus war ein mÀchtiges HÀmatom, das die BlÀtter des
Liganf. lat, entfaltet halle. Am exstirpierten Uterus fand sich
links ein breit klaffender liil! oberhalb der nicht eingerissenen
Portio vaginalis. Der Hergang ist wohl so zu erklÀren, daà der
ZervixriĂ beim Dilalieren des Uterus erfolgte und mit dem Hegar-
slifl ein falscher Weg ins linke Parametrium gebahnt wurde Dei
Strang der UteringefĂ€Ăe, der vorlĂ€ufig unverletzt geblieben war,
wurde dann als polypöse Wucherung gedeutet, mil der Zange ge
faĂt und abgedreht. Speyer (Berlin]
Archiv fĂŒr GynĂ€kologie, Berlin.
16. Februar 1922, 115, Heft 3.
âDie Bauerresultate nach operativer und Strahlenbehandlung des Uteajim- und
Scheidenkarzinoms. Griese cke , A. 133. v
âąH)ie transversale! fuudale Keilexzision des Uterus. Ueuttuer. 0. I'il
âKlinische Erfahrungen zur Therapie der Prolapse. P r i b r a m . E, \V. i'iT.
Experimenteller Beitrag zur Frage der VerhĂŒtung postoperativer peritoneale)
AdhĂ€sionen mittels arteigenen flĂŒssigen Fettes. Löhnherg. E. 197.
âExperimentelle Studien ĂŒber die instrumentale Aortenkompression. N ii r n
b e r g e r , L. 562.
Ueber das bösartige Choriocpithelimu. X ;i g y . Th. 585. /
âUmkehr der Adrenalinwirkuug auf den ĂŒberlebenden Uterus durch Innen
Verschiebung-. Turolt, M. 600.
âZur pathologischen Anatomie der Ophthalmoblcnmrluie. Labin. \V. (511.
Fötale MtĂhildungsbeckcu. G r u I) e r . G. 11. 6ir>.
Das Steinkind vön WeiĂlach, l.ithokelyphos von .1", jahriacr Dauer nur
EinschluĂ von Skeletteilen in der Tube. V o g t . F. 624.
Die Dauerresultate nach operativer und Strahlenbehandlung
des Uterus- und Scheidenkarzinoms. Verf. verfĂŒgt ĂŒber nahezu
800 FĂ€lle, der Kieler Klinik aus den Jahren 1910â20, von denen
nach Winters Vorschrift die eine 5 jÀhrige Beobachtungszeil
aufweisenden, also die bis 1916, berĂŒcksichtigt werden können.
Da ein moderner Symmetrieapparat erst vor \y> Jahren in TĂ€tig
keit treten konnte, bandelt es sich im wesentlichen um Wiedergabe
der Ergebnisse der operativen Behandlung, der allerdings von
1 SU 3/14 ab Nachbestrahlung mit Röntgen-Radium bei den inope-
rablen FĂ€llen angeschlossen wurde.
Von 350 Kollumkrebsen sind 93 â 26,6%, von 21 Korpus
karzinomen 10 â 47,62 % dauernd geheilt. Die wie ĂŒberall eine
schlechte Prognose gebenden Scheidenkarzinome beanspruchen
weniger allgemeines Interesse. Die Operationsmethoden sind ein
fache und erweiterte vaginale Totalexstirpation, insbesondere die
abdominelle nach W e r t h e i m mit Aenderungen nach
S toeck el, dessen Technik sehr klar beschrieben ist und fĂŒr den
Operateur im Original nachzulesen sehr wertvoll sein dĂŒrfte.
(Die Statistik, welche also ohne sehr wesentliche Sttahlenmit-
hilfe % der FĂ€lle Dauerheilungen bei Kollumkarzinom und % de
FĂ€lle Dauerheilungen bei Korpuskarzinom ergibt, weist eindring-
lich auf den Wert der frĂŒhzeitigen richtigen Diagnose hin. Die
Probeexzision sollte Gemeingut aller, namentlich der in lÀndlichen
Bezirken tÀtigen Aerzle werden und vielleicht durch kurze Kurse
an KrankenhÀusern, gelehrt werden. Ref.)
Die transversale fundalc Keilexzision des Uterus, als Vorakt
zur Exstirpation doppelseitig erkrankter Adnexe. Verf. beschreibl
seine zuerst 1908 veröffentlichte Methode, deren geringe Beachtung
in Deutschland er beklagt, wĂ€hrend sie in die fĂŒhrenden fran-
zösischen LehrbĂŒcher der operativen GvnĂ€kologie aufgenommen
worden sei. Die durch sehr gute Abbildungen unterstĂŒtzte Be-
schreibung der Operation gipfelt in folgendem: Nach Ligierung
der Uterinae auf beiden Seiten durch FĂ€den, welche dann auch
die Ligamenta lata fassen, wird aus dem Uerusfundus, der durch
zwei seitlieh eingesetzte Klemmen gefaĂt ist, ein transversaler,
bis zur Mucosa reichender Keil, dessen Schnittrichtung an den
frĂŒheren Fundusquerschnitl bei der Sectio caesarea erinnert, her-
ausgenommen, nach Möglichkeit unter Schonung der Insertions-
siellen der Ligg. r. und ovaricac. Je nach Befund werden hierauf
entzĂŒndlich verĂ€nderte Adnexe, möglichst unter Belassung von
gesundem Ovarialgewebe. abgetragen. Das Verfahren bezweckt,
'vergröĂerte Uteri, die als solche nicht bleiben, aber wegen Jugend-
liehkeil der Patientin auch nicht total exstirpiert werden sollen,
zu verkleinern. Die Peritonisierung geschieht durch weilgehendes
HerĂŒberziehen des Blnsenncriloncums bis ĂŒber die RĂŒckwand des
Uterus sowie ĂŒber die Tubcninserlionsstelle, so daĂ hierdurch
auch LĂ€gekorrektur bei Retroflexio bewirkt wird. Zwei gute Ab-
bildungen zeigen auch Faures Hemiseclio des Uterus. An-
schlieĂend kasuistischer Bericht ĂŒber 22 neue FĂ€lle
Klinische Erfahrungen zur Therapie der Prolapse des weib-
lichen Genitales. Die Arbeil bringt namentlich insofern Neues,
als sie im Hinblick auf die Publikationen v. .Taschkes neben dem
rein Operativen auch den Gesichtspunkt der allgemeinen Konslitu
390
Aas den neuesten Z e I t s c h r i f t e n
tionspathologie berĂŒcksichtigt. Asthenische Konstitution, neuro-
pathische Veranlagung, Vagotonie, daraus hervorgehende ange-
borene oder erworbene Organminderwertigkeit sind vom GynÀko-
logen zu berĂŒcksichtigen. Von 490 mindestens \% Jahr zurĂŒck-
liegenden Prolapsoperationen sind die Resultate durch persönliche
Nachuntersuchung oder Auskunft der Patientinnen oder des Haus-
arztes festgestellt. Aus der umfangreichen Tabelle sei als "Wich-
tigstes entnommen: 108 FĂ€lle wurden mit einfacher Plastik und
Levatornaht behandelt, davon 88 mal â 81,5 % Dauererfolg, Plastik
mit Lagekorrektur nach Schauta-Doleris 71 mal, davon
âą19 Dauererfolge = Gl %: Weniger oft wurde Fixur nach Ols-
hause n, Kollifixur nach B u m m ausgefĂŒhrt. Sehr gute Dauer-
erfolge hatten auch Portioampulalion, supravaginale und Toial-
exstirpation sowie Inlerposilion. bei der zu groĂe Uteri durch
Exzision verringert wurden. Tabaksbeutelnaht nach Gersuny-
SÀnger von Rektum bezw. Blase bewÀhrte sich gut. U. U. Ein-
legen eines Gummiringes um den Anus nach Matti in Anlehnung
an Thierschs Silberringmethode. Bei UnterernÀhrung, Splanch-
noptose, Obstipation kann auch ohne anatomischen Prolaps Sen-
kungsgefĂŒhl bestehen. Wichtig ist Prophylaxe sowie Nachbehand-
lung der Operierten durch Leibbinde. Mastkur, MuskelĂŒbung.
Experimentelle Studien ĂŒber die instrumentellc Aortenkom-
pression. ' Der Momburgsche Schlauch kann Blutungen in Darm
und Pankreas, Durchwanderungsperitonitis infolge DarmlÀhmung.
SchĂ€digung von Nieren und Nebennieren herbeifĂŒhren, wenn er
auch einstweilen dem Praktiker noch groĂe Dienste leisten wird.
Diese Nachteile haben, wie Verf. darlegt, die Kompressionsinstru-
menle von GauĂ und Sehrt nicht. Gegen sie spricht nur die
Gefahr, daà das Herz sich den verÀnderten ZirkulationsverhÀlt-
nissen nicht anzupassen vermag. Diese Bedenken zerstreut Verf.
weitgehend. Seine Versuche mif zahlreichen Blutdruckmessungen.
Sphygmogrammen, Röntgenaufnahmen erwiesen, daà das Herz sich
rasch akkomodiert und die Blutdruckschwankungen nicht be-
deutend sind. Die Sehrt'sche Klammer zeigte sich der von GauĂ
etwas nachstehend, die letztere hatte bei 50 Anwendungen nur
einen Versager. Beide Instrumente bewirken indessen naturgemĂ€Ă
nur eine provisorische Blutstillung, namentlich bei RiĂblutun.gen,
wÀhrend bei atonischen Blutungen der Uterus immerhin zuweilen
zu Kontraktionen angeregt wird.
Umkehr der Adrenalinwirkung auf den ĂŒberlebenden Uterus
durch Ionenverschiebung. Nach kurzer Besprechung der Literatur
ĂŒber das Problem der Adrenalinwirkung auf den Uterus, welches
besonders den Arbeiten Kehrers Förderung verdankt, beschreibt
Verf. seine eigenen Experimente am ĂŒberlebenden Meerschwein-
chenuterus sowie an ĂŒberlebenden Teilen von menschlichem
Uterus. Es ergibt sich daraus: Der menschliche Uterus wird,
gravid oder leer, durch Arenalin erregt. Kalizusatz zur NĂ€hr-
lösung steigert die Erregung, Kalziumzusatz bewirkt Stillstand,
aber nur beim nichtgraviden. Hieraus folgt, daĂ der durch die
verschiedenen NÀhrlösungen geÀnderte Ionengehalt des Organs
von EinfluĂ ist. was bei verschiedenen Adrenalinarbeilen bis jetzt
nicht berĂŒcksichtigt ist. Daneben ist aber auch die AnhĂ€ufung von
besonderen Substanzen in der GraviditĂ€t von EinfluĂ.
Zur pathologischen Anatomie der Ophthalmoblenorrhoe. In
bakteriologischer Beziehung sind neben den Gonokokken, sowie
den Dinhtherie-, Kolibazillen, den Pneumo-, Stanbvlokokken auch
die von P r o v a c zek -H alb eir st À d t er entdeckten CMamv-
dozoen zu beachten, eigentĂŒmliche Konglomerate rolgefĂ€rbter
Körnchen, die halbmondförmig auf den Zellkernen liegen, und die
sich in der mÀnnlichen und weiblichen Harnröhre sowie in der
VaffĂŒia finden. In hislo-oatholotnscher Beziehung beschreibt Verf.
an Hand dreier instruktiver Abbildungen das Findringen des Gono-
kokkus zwischen die Enithelzellen bis zum Bindegewebe, ferner
den Vorsang der Exsudation von Leukozvten und fibrim-eichem
Serum, also das Bild des eitrigen Katarrhs, und schlieĂlich die
eigentĂŒmliche Umwandlung von Zvlinder- in Plattenenithel sowie
das hierbei vorkommende, von B u m m beobachtete und ..cancroid-
Ă€hnlich" benannte eigentĂŒmliche Tiefenwacbstum des Enilhels. Im
rrsteren Vorgang ist wohl eine AbwebrmaĂnnhme des Körners zu
erWicken, im letzteren ein Beleg dafĂŒr, wie ein exogener Reiz
nathologisch ungewöhnliche GewebsverÀnderungen hervorrufen
kann Kuhn ('MĂŒnchenV
Zeitschrift fĂŒr Geburtshilfe und GynĂ€kologie, Stuttgart.
1. Marz 1922. 84, Heft P>
*pie Placenta accreta ('iicre*a). Dietrich. H. A. ;>7;i.
âD-r Kaiserschnitt an Act Toten imrl sterbenden hei FTöamiRjs'e. B a 11 e Ii .
R. 596.
âąi>'/.uv KliirU und n-itholmr sehen Phvaiologie der konservativen \dnex-
rinerationen. X ii r n Ii e r g o r. (iOfi.
â Die ETetosondenbehĂ€ndlung der weiblichen 0-önfliTb.oe. Frank'. F.. V. oas.
40. Jahrg. âNr. 20/21.
Ueber toxischei Leberentartuug und akute gelbe Leberatrophie in der
Schwangerschaft. SchultheiĂ. H. 644.
Der SeJawangersehafteangiospasmus. Hinschmann. H. 673.
FrĂŒchte und Samenkörner. Bin RĂŒckblick. Ahlf eld, F. 698.
Menstruation xind Wellenbewegung. L a b h e r t d . A. und Hus«)
P. 715.
Zur Differentialdiagnose zwischen Abortus, Schwangerschaft und Erkran-
kung. Marx. A. M. 742.
Kritische und historische Untersuchungen ĂŒber die weiĂen Nekrosen der
Placenta. C 1 e in e n /. . E. 758.
â Die: Bakteriologie des abfallenden Nabelstranges bei verschiedenen Behand-
lungsmethoden. K ii s Irr. H. 771.
Die Placenta aecreta (inereta). Den SchluĂfolgerungen des
N eri', liegt folgender Fall zugrunde: Eine 40 jÀhrige V para wird
mit schwachen Wehen der Klinik ĂŒberwiesen, weil bei den beiden
letzten Geburten eine sehr schwierige manuelle Placentarlösung
vorgenommen werden muĂte. Seit 7 Jahren (4. Geburt) war keine
Menstruation mehr eingetreten. Kurz nach der Lagerung Kollaps.
Die Vermutung einer vorzeitigen Placenlarlösung erweist sich
beim vaginalen Kaiserschnitt als unrichtig. Die Patientin kommt
unter den Erscheinungen innerer Blutung ad exitum. Sektions-
ergebnis: Verblutung aus einer UterusriĂstelle, aus der Zotten
hervorquellen. Die groĂe Placenta nimmt fast die ganze Uterus-
innenflÀche ein. Die Uterusmuskulatur ist in weiter Ausdehnung
durch Placentargewebe substituiert. Nur wenige Millimeter dicker,
teilweise nur aus PeritonaealĂŒberzug bestehender Best der Uterus-
wand ist ĂŒbrig geblieben. Die histologische Untersuchung zeigt
ein völliges Fehlen der Decidua, Eindringen der Zotten in die
Muskulatur und auffÀllig vieL Chorionepithelien zwischen Muskel-
fasern. â Verf. erblickt die Ursache der Placenta inereta in einer
primÀren partiellen oder totalen Atrophie der Uterusschleimhaut
und sekundÀr mangelhaft ausgebildeter oder fehlender Decidua
infolge SchÀdigungen des Endometriums. Da die vollkommene
manuelle Lösung der Placenta inereta unmöglich ist, muĂ frĂŒh-
zeitig die Uterusexslirpation erwogen werden.
Der Kaiserschnitt an der Toten und Sterbenden bei Eklampsie.
Der Kaiserschnitt an der Sterbenden soll nur ausgefĂŒhrt werden,
wenn â das EinverstĂ€ndnis der Angehörigen, evtl. der Sterben-
den vorausgesetzt â 1. nach dem ĂŒbereinstimmenden Urteil wenig-
stens zweier Aerzte der Tod mit au Sicherheit grenzender Wahr-
scheinlichkeil nahe bevorsteht und 2. die Frucht die 28. Woche er-
reicht hat. Unter diesen Voraussetzungen ist die Operation eine
völlig berechtigte.
Zur Klinik und pathologischen Physiologie der konservativen
Adnexoperationen. Auf Grund eines umfangreichen klinischen
Materials kommt Verf. zu dem Ergebnis, daĂ konservative Adnex-
operationen nur in einem geringen Prozentsatz wirklich dauernde
Erfolge gewÀhren. Kommt es nach vergeblicher, lÀngere Zeit fort
gesetzter konservativer Behandlung zur Operation, dann darf man
sich nur beim Vorliegen einer isolierten einseitigen Adnexerkran
kung mit der Entfernung der AnhĂ€nge dieser Seite begnĂŒgen. Bei
doppelseitigen Pyosalpinaen ist nur von radikalem Vorgehen ein
Erfolg zu erwarten. Will man bei jugendlichen Personen die
Menstruation erhalten, dann ist die Entfernung beider Tuben mit
transversaler Keilexcision des Fundus uteri in ErwÀgung zu
ziehen.
Die Heizsondenbehandlung der weiblichen Gonorrhoe. Die
Heizsonde befördert in hartnÀckigen FÀllen die Heilung. StÀr
kerer AusfluĂ aus der Cervix wird durch die Heizungen recht
gĂŒnstig beeinfluĂt, in manchen FĂ€llen ganz zum Schwinden ge
bracht. Auch als Provokationsmittel ist das Verfahren emnfehlens
wert. Bei bestehender Schwangerschaft ist es kontraindiziert.
Die Bakteriologie des abfallenden Nabelsrrances bei verschie-
denen Behandlungsmethoden. Bakteriolosische Untersuchungen
lieferten eine StĂŒtze fĂŒr die Forderung, den Nabel trocken zu be
handeln und das Neugeborene erst nach völliger Verteilung des
Nabels zu baden. . Jonas (BerlhA
Dermatologisehe Wochenschrift.
4. MĂ€rz 1922. Nr. 9.
Bin Kall von Leukoderma bei Pityriasis l:cbenoides chrenica. A l mk vis t, J
Zur Technik der Anwendung von Radium und Mesothorium in der Derma
tologiei. B r i n k m a n n . W.
$Ein Fall von einseitiger linearer Psoriasis. Stangenberg, .T.
Ein Fall von einseitiger linearer Psoriasis. Es handelt sich
um eine einseitige Psoriasis, die sich fast streng den Nerven
bahnen des Plexus thoracalis und lumbalis anschlieĂt. Da auch
sonst Störungen von Seiten des Nervensvslems vorliegen, glaubt
St., daĂ bei der Aetiologie der Psoriasis neuropathische Ein
flĂŒsse keine geringe Rolle spielen. B a b (Berlin).
40. Jahrg. â Nr. 20/21
Aus den neuesten Zeitschriften
391
H MĂ€rz 1922, Nr. 10.
âąHeber einen neuen elektrischen AnsohluĂappanat âSpannungsteiler Wigoutat'
B o n c d e k , T.
Untersuchungen Uber < l o n Bllirubingohalt de« Blutserums bei 8alvars«in
Quecksilherkur. Schnei d e r , l'.
âąMelier kombinierte Flockungsreaktion (einseitige Saehs-tteorgi-Moi-npek'c
Reaktion). Stern und K v e n inj, O.
CTeber einen neuen elektrischen AnschluĂapparat Mit Hilfe
dos âWigostat" kann man aus jeder Starkstromleitung (Gleich
Itrom wie Wechselstrom) direkt eine niedervoltige Spannung
entnehmen, so daà an ihn sÀmtliche in der dermato-urologischen
l'rnxis gebrÀuchlichen Instrumente direkt angeschlossen werden
können, und so die Anschaffung groĂer AnschluĂapparate oder
einzelner Batterien ĂŒberflĂŒssig wird. Der Apparat wird von der
Firma SchloĂnagcl in NĂŒrnberg, SteinbĂŒhlerslr. 16, hergestellt
Ueber kombinierte Flockungsreaktion. St. und E. mischen
zu gleichen Teilen den Meinicke'schen Pferdeherzextrakt und den
hon Sachs-Georgi angegebenen cholesterinierten Rinderherz-
extrakt; diese Mischung wird mit der 5 fachen Menge Aq. dest.
verdĂŒnnt; 0,5 cm dieser VerdĂŒnnung werden zu 0,2 inaktiven
Patientenserum gebracht, das durch 0,8 cm NaCl auf 1,0 aufge-
fĂŒllt ist. Dieses Gemisch bleibt zunĂ€chst 2 Stunden im Brut-
schrank, dann 18 Stunden in Zimmertemperatur, und die Ab-
lesung kann vorgenommen werden. Die Flockung ist hier, da
sie gröĂer als bei Sachs-Georgi ist, sehr gut ablesbar. Die
Uebereinstimmung mit der WaR ist sehr groĂ, 87 Prozent, die
Reaktion insofern absolut spezifisch, als Flockungen nur bei
Lues vorkommen, wÀhrend negative Flockungsreaktion eben so
wenig wie eine negative WaR RĂŒckschlĂŒsse auf Nicht-Bestehen
oder Abheilung von Lues zulassen. Bab (Berlin).
18. MĂ€rz 1922, Nr. 11.
Cutis gyrata der Stirn. StĂŒh m e r , A.
«^Untersuchungen ĂŒber den BiliruiMngehalt dos Bluts« ruins bei Salvarsan-
Quecksilberkur. SchluĂ. Schnei d e r . V.
Bemerkungen zur Arbeit von H. GĂ€rtner: Erfahrungen ĂŒber Mirion.
Kyrie, J.
Untersuchungen ĂŒber den Bilirubingehalt des Blutserums bei
Salvarsan-Hg-Kur. WĂ€hrend der kombinierten Hg-Salvarsan-
kur kommt es gewöhnlich nicht zu gröĂeren Schwankungen des
Gehaltes an Gallenfarbstoffen im Blutserum. Vermehrt war
dieser dagegen zweimal bei Patientinnen mit Salvarsandennatitis
und fĂŒnfmal bei VerĂ€nderungen des Liquors. Bab (Berlin)
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
9. MĂ€rz 1922, 52, Nr. 10.
«§«Ueber nervöse psychische Störungen liei Herzkranken. âą! ;i C| u G I . A. 2W.
Ueber Purpura haemorrhagica. Hoff m a n n . W. 250.
Ein Fall von Verdoppelung der Arferiae ileacae commune« and des unterstell
Teiles der Aorta abdomiales. K o b e 1 1 . H. 252.
âą^Hirschhornsalz und Erythem.-! Qodosum. Amman. R. 254,
Ueber nervöse und psychische Störungen bei Herzkranken.
Sicher ist, daĂ bei einer groĂen Zahl von Herzkranken nervöse
und psychische Störungen vorkommen, welche mit der organi-
schen Krankheit in einen mehr oder weniger, direkten Zu-
sammenhang gebracht werden können. Die wichtigsten hierher
gehörigen Störungen sind: Kopfschmerzen, gestörter Schlaf, bei
dem die ĂŒblichen narkotischen Mittel hĂ€ufig ohne Wirkung
bleiben, SchwindelgefĂŒhl und Ohnmachtsanwandlungen. Klagen
ĂŒber Schmerzen, speziell in der Herzgegend lokalisiert, sind bei
Herzkranken nicht selten. Allgemein klagen solche Kranke ĂŒber
Abnahme der ArbeitsfÀhigkeit, desgl. eine Abnahme der Merk-
fÀhigkeit. Im Vordergrund der psychischen Altoral innen stehen
CharakterverÀnderungen; ein Hauptzug der Psyche des Herz-
kranken aber ist die Angst. Die körperlichen Empfindungen,
welche den Angsteffekt meist begleiten, sind Herzklopfen, Be-
klemmung, ZusammenschnĂŒren im Epigaslrium, Erschwerung
Ber Insniration, Zittern, SchweiĂausbruch, KĂ€ltegefĂŒhl an den
ExtremitÀten, gastrische Störungen, Harn-Stuhldrang. In ihre;
reinsten Form und höchsten Potenz tritt die echte Angst bei der
Angina pectoris hervor. Auch bei Herzinsuffizienz mit Dekom-
pensationserscheinungen werden die Patienten vielfach von
AngstzustÀnden geplagt. Ihr Auftreten ist aber durchaus nicht
an die Schwere des Zustandes gebunden. Es werden FĂ€lle von
Herzkranken beschrieben, bei welchen die AngstanfĂ€lle schlieĂ-
lich in eine förmliche Psychose ausarteten. Das Bild der Kreis-
laufpsychose stellt sich folgendermaĂen dar: Im Beginn Störun-
gen des GefĂŒhlslebens, dazu mehr oder weniger gestörte Merk-
fĂ€higkeit und rasche geistige ErmĂŒdbarkeit; auĂerdem zerebrale
Symptome. Bei zunehmender Schwere der zirkulatorischen Stö-
rungen kann es zu psychischen VerÀnderungen kommen: deli-
riöse psychomotorische ErregungszuslÀnde verbunden mit star-
kem Affekt und zahlreichen .Halluzinationen stehen im Vorder-
grund. Die gesteigerte gemĂŒtliche Erregbarkeit gibt sich auch in
plötzlich hervorbrechenden impulsiven Handlungen kund. Die
Krankheitseinsicht fehlt. Ihren letzten Grund haben alle Kreis-
laufpsychosen in dem durch die VerhÀltnisse gesetzten schlech-
ten ErnĂ€hrungszustand der GroĂhirnrinde. MerkwĂŒrdigerweise
stehen die nervösen Symptome in keinem VerhÀltnis zur
Schwere der Kreislaufstörung, andererseits geht Hand in Hand
mit der Besserung des organischen Leidens eine Besserung der
nervösen Beschwerden, wÀhrend umgekehrt dieselben mit ver-
mehrter IntensitÀt hervortreten, sobald der Zustand des Herzens
sich verschlechtert. Die relative Seltenheit der Psychosen bei
Herzkranken im Vergleich zur groĂen HĂ€ufigkeit schwerer Zir- '
kulationsstörungen deutet darauf hin, daà die Herzinsuffizienz
nicht genĂŒgt, um die Psychose zu provozieren., Es handelt sich
dann meist um Individuen, die durch andere Ursachen psychisch
geschwÀcht sind. In einem erheblichen Teil der FÀlle bereitet
die Lues den Boden vor, auf dem die Psychose sich entwickelt.
Bei vorgerĂŒcktem Alter der Patienten bietet die Scheidung zwi-
schen arteriosklerotischer Seelenstörung und Kreislaufpsychose
differentialdiagnostische Schwierigkeiten.
Die Komplikation des organischen Leidens durch nervöse
oder psychische Erscheinungen erschwert vielfach die Behand-
lung recht bedeutend. Die Cardiotonica können ihre volle Wir-
kung nur bei völliger körperlicher und seelischer Ruhe des Pa-
tienten entfalten. Die Anwendung von Beruhigungsmitteln
(Brom-Valeriana-OpiumprÀparate) ist daher hÀufig nicht zu um-
gehen; das Hauptgewicht der Behandlung muĂ aber in der psy-
chischen Beeinflussung der Patienten gesucht werden.
Hirschhornsalz und Erythema nodosum. Auf der Suche nach
einem Mittel zur BekÀmpfung der Gelenkschmerzen und der
schmerzenden Erythemknoten geriet Verfasser an das Ammo-
nium carbonicum, das sich in folgender Rezeptierung bewÀhrte:
Rp. Amnion, carbonic. 5,0; Aqu. ad 100,0; M. D. S. Alle 2 Std.
einen Kaffeelöffel in % Glas Wasser. Die Wirkung war immer
ĂŒberraschend: Fieberabfall, Verschwinden des Schmerzes, kein
AufschieĂen von neuen Knoten mehr. Dementsprechend wurde
der Krankheitsverlauf, der sich sonst infolge immer neuer
SchĂŒbe ĂŒber mehrere Wochen erstreckt, stark abgekĂŒrzt.
H. Held (Berlin).
Acta Chirurgica Scandinavica.
54. No. 4.
Was können wir aus mehr als 0C0O Obduktionsbefunden ĂŒber Emboli und
embolische GangrÀn der ExtremitÀten lernen? Bull. P.. Christiann.
âąHJeber Embolektomie als Behandlungsmethode bei embol '-sehen Zirkulation?
Störungen der ExtremitÀten. Key. Einar. Stockholm.
Ein Fall von Arthroplastik im Ellbogengelenk. Silverskiöld. KT.
Ueber Embolektomie als Behandlungsmethode bei embolischen
Zirkulationsstörungen der ExtremitÀten. Die Abhandlung bringt
zunÀchst einen historischen Ueberblick dieses rel. jungen Zweiges
der operativen TĂ€tigkeit und einen Bericht ĂŒber die bisher pĂŒbli-
zierten FĂ€lle (einschlieĂlich der FĂ€lle des Verf.), der bis zum Er-
scheinen des Heftes fortgefĂŒhrt ist. An der Hand derselben wer-
den die Aetiologie dieser FĂ€lle und weiterhin die Pathologie und
operative Therapie, die Diagnose und Prognose der Embolie der
groĂen ExlremitĂ€tsarterien erörtert, ihre Erscheinungsformen und
Folgeerscheinungen. Verf. bringt dann seine SchluĂsĂ€tze in 14
Punkten, in denen er die Indikation der Operation abgrenzt und
ilas Wichtigste des vorher ĂŒber die Technik! Gesagten zusammen-
faĂt. Er empfiehlt dann u. a. möglichste BeschrĂ€nkung auf lokale
AnÀsthesie, Verwendung von 2% Natriumcitratlösung zur Be-
" Feuchtung der Wundkompressen und zur SpĂŒlung der HĂ€nde und
Instrumente wÀhrend der Operation, und event. den Versuch, den
Embolus in frĂŒhzeitigen und geeigneten FĂ€llen durch Massage zu
zerquetschen, dies aber nur, wo die Operation unmöglich ist. Daran
schlieĂen sich die Krankengeschichten und Operationsberichte ĂŒber
20 bis dahin noch nicht publizierte FĂ€lle, 12 von verschiedenen
nordischen Autoren und 8 eigenen FĂ€llen des Verf. Von letzteren
iĂŒhrlen 6 zu einem befriedigendem Erfolg, einer derselben trotz
22/4 stÀndigen Bestehens des Embolus vor der Operation. Verf.
betont aber nachdrĂŒcklich die groĂe Bedeutung der möglichst frĂŒh-
zeitigen Operation fĂŒr die Prognose.
Popper (Stockholm).
Acta Paediatrica.
15. Dezember 1921, 1, Nr. 3.
â BeitrĂ€ge zur Kenntnis der spasmophilcn Diathese. \V c r n s t c d t , W. 257.
Behandlung der exsudativ-ly mphntischen Diathcsc. M o n r a d , S. 271.
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 20/21.
âŠDie (ieliirnrachitis und Entwicklung der Intelligenz. L o o f t , C. 282.
â Mage nuntersuchungen bei jungen Kindern. Hertz. P. 298.
Kin Fall von arogenerati ver Anaeinie. gpak. H. 310.
Billige Beobachtungen, betreffend KĂŒrperlĂ€nge. Körpergewicht und Er-
nÀhrungszustand. Urban HjÀrn«. 320.
BeitrÀge zur Kenntnis der spasmophilen Diathese. II. Mittei-
lung: Wie können wir die verschiedene Wirkung der Kuhmilch
und der Frauenmilch auf spasmophile Kinder erklÀren? Wern-
st edt hat in seiner 1. Mitteilung nachgewiesen, daĂ die Alkalisalze
der Kuhmilchmolke (K u. Na) die elektrische und mechanische Er-
regbarkeit der Muskulatur steigern, daĂ Erdalkalisalz Ca und auch
wohl Mg diese abschwĂ€chen; die Alkalisalze sind in gröĂerei'
Menge in der Kuhmilch enthalten als die Erdalkalien, daher die
spasmogene Wirkung der Kuhmilch. Nun ist aber das Ueber-
wiegen der Alkalien ĂŒber die Erdalkalien noch gröĂer in der
Frauenmilch. Sie mĂŒĂte demnach noch stĂ€rker spasmogen wir-
ken als die Kuhmilch untl doch ist ihre Wirkung dem gerade ent-
gegengesetzt, sie mildert die spasmophilen Erscheinungen. Aus
Versuchen ĂŒber Zuckerzugabe zu Molke und Zuckerentziehung
glaubt Wernstedt schlieĂen zu dĂŒrfen, daĂ es der relativ
niedrige Zuckergehalt der Kuhmilch ist, der es zur Folge hat, daĂ
die spasmogene Wirkung der Salze hier in Erscheinung tritt.
Auf der anderen Seile scheint der relativ hohe' Zuckergehalt der
Frauenmilch gĂŒnstig auf die spasmophilen Erscheinungen zu wir-
ken. Die spasmogene Wirkung der Kuhmilch ist also nicht allein
eine Salzwirkung, sondern eine Salz- und Zuckerwirkung.
Die Gehirnrachitis und Entwicklung der Intelligenz. Nach Be-
obachtung zahlreicher rachitischer Kinder behauptet Looft,
wie die meisten KinderÀrzte, daà die Ausbildung der Intelligenz
hei rachitischen Kindern wÀhrend ihrer Krankheit hintangehalten
wird. Je lÀnger die Krankheit dauert, um so schlechter ist die
Entwicklung des Intellekts. Am ausgesprochensten sieht man dies
bei 1- bis 2 jahrigen Kindern. Die antirachitische Behandlung
wirkt gĂŒnstig auf das Gehirn und seine Funktionen ein. Aber
so lange die Rachitis noch nicht völlig ausgeheilt ist. sieht man
auch ein ZurĂŒckbleiben der Intelligenz dieser Kinder hinter der
von gesunden, gleichaltrigen Kindern. Diese starke Beteiligung
des Gehirns und seiner Funktionen bei der Rachitis fĂŒhrt Looft
zurĂŒck auf die groĂe Empfindlichkeit der Gehirnsubstanz gegen-
ĂŒber jeder SchĂ€dlichkeit und auf die groĂe Bedeutung, die der
Kalk fĂŒr das Gehirn hat. dessen Stoffwechsel bei der Rachitis
wesentlich gestört ist.
Magenuntersuchungen hei jungen Kindern. D4e Achyha
gastrica ist im frĂŒhen Kindesalter nicht ungewöhnlich. Sie be-
ruht aller Wahrscheinlichkeit nach auf einer Erkrankung der
Magenschleimhaut, hervorgerufen durch Einwirkung einer auf
direktem oder haemotogenem Weg zugefĂŒhrten, infektiösen toxi-
schen SchÀdlichkeit. Die Achvlie kann lÀngere Zeit völlig latent
verlaufen, aber kann vermutlich auch die Veranlassung zu dvs-
peptischen Symptomen und die Ursache spÀterer Darmaffektionen
werden. . S t a n d v o Ă (Berlin-Halensee).
Nederl. Tijdschrift voor Geneeskunde.
21. Januar 1922, 1, Nr. 3.
â H'ebcr Folgen der V«fi deferens- Unterbindung, de V r i e s e . T. .1. .1 Ăfi.
Die Stimme nach Ausschneiduug eine- Stimmbandes. BĂŒrger. H. 282.
BeitrÀge zur Entfernung von Frcmdkörni'rn aus der Speiseröhre und aus der
Luftröhre. S t r u y c k e n . H. Jâ L. 289.
Lebertran ein gutes Vehikel fĂŒr Beuzylbf nzoat. S c b u u m .i n - S t o k -
h o v c n . W. 291.
Beschreibung der Vas deierens-Uuterbindung nach Steinach
mit Besprechung der physiologischen DrĂŒsen-TĂ€figkeit nach der
Operation. Ein Fall wird wiedergegeben, wo bei einem Patien-
ten mit Prostatahypertrophie die Operation ausgefĂŒhrt wurde.
Er starb an Urosepsis. Enneking (Amsterdam).
28. Januar 1922, 1, Nr. 1.
âąJ*Kme. neue Behaiidlungsweise der akuten entzĂŒndlichen Prozesse. \. \ a d
B a 1 e n. 362.
Die Klöhevemichtuiig und die Pest in Buropa. II y 1 k e m a . B. 373.
â Kin besonderes Kieber-Kxanthem bei jungen Kindern. X a e s s e u s. W. 393
Eine neue Behaiidlungsweise der akuten EntzĂŒndungs-Pro-
zesse. Diese eigentlich nicht neue, sondern sehr alte Behand-
lung besteht aus einer örtlichen Blutentziehung. Die Schmerzen
lassen bald nach. Rötung und Schwellung gehen zurĂŒck und die
EntzĂŒndung wird beseitigt.
Ein besonderes Fieber-Exanthem bei jungen Kindern. Bis-
weilen sieht man bei Kindern im AJter von 6 Monaten bis
2 Jahren plötzlich ohne weitere Krankheitserscheinungen ein
hohes Fieber auftreten, das nach drei Tagen kritisch wieder ab-
fÀllt. Bei der physikalischen Untersuchung hat man keine Ver-
Ă€nderungen gefunden und bald nach der Entfieberung erscheint
am Rumpfe ein kleinfleckiges Exanthem, das nicht konfluiert,
sich sehr schnell ausbreitet und nach 1â2 Tagen wieder ver-
schwunden ist. Sehr, hat 3 FĂ€lle gesehen.
Enneking (Amsterdam .
The Journal of the American Medical Association, Chicago.
25. Februar 1922, 78, Nr. 8
Die Beziehung des Labyrinth-Tonus zum Muskeltonus. \V i 1 s o n. J. Ii. 557.
âTlerzcrUi anklingen bei Industriearbeitern. P h i p p s . C. 362.
Behandlung von Nabelhernien, bei denen Darmschlingen dicht adhaeriereti.
Gullen. T. S. 564.
Kongenitale Syphilis bei VTaisenhauskindern. La « rence. -1. s. ififi
Anormale Bildung der Gallenblase. G o u g h 1 i n . W. T. .Mi*.
Quantitative Bakteriologie der Tonsillen. Gavlor. IL D. und Dick.
C. F. 370.
Experimenteller Typhus bei Meerschweinchen. O 1 i t « k y . p. K. 57J
Vi chnik zur Wiederherstellung des erschlafften oder eingerissenen Pc-'
rineums. Payne. K. L. 574.
Akt'nomykose der Harnorgane: Vorhandensein von Actioomyces bovis bei
Pyelonephritis. C c c i 1 . H. L. und Hill. J. IL 575.
Herzkrankheiten hei Industriearbeitern. Gelegentlich einer
systematischen Untersuchung von G50 Arbeitern stellte Verfasser
231 Herzkranke fest. Aetiologisch kommen Traumen, metallische
oder bakterielle Gifte und schwere GemĂŒtserregungen in Frage,
es konnte z. B. in 25 FĂ€llen die Einwirkung des Bleis, 10 mal die
anderer Gifte als Ursache der Erkrankung mit ziemlicher Sicher-
heit nachgewiesen werden. In 10 FĂ€llen von Arrhythmien nimmt
Verfasser eine plötzliche schwere GemĂŒtsbewegung als Ursache
der Erkrankung an. Auf Grund dieser Befunde sollten die Ar-
beiter regelmĂ€Ăigen Untersuchungen unterzogen werden, wie es
/. B. bei den Caissonsarbeitern der Fall ist, bei denen die Unter-
suchung sich allerdings selten ĂŒber die Gehörorgane hinaus er-
streckt, eine durchaus nicht ausreichende SicherheitsmaĂnahme.
Die bei solchen Untersuchungen aufgefundenen Kranken bzw.
GeschÀdigten sind einer Uebungstherapie zu unter«iehen, die oft
sehr Gutes zu leisten imstande ist und bei der die Arbeiter nicht
völlig beschÀftigungslos sind, sondern gewisse Arbeitsleistungen
verrichten und so noch nĂŒtzen können.
KĂ€ckell (Hamburg).
Bulletin of the Johns Hopkins Hospital, Baltimore.
MĂ€rz 1922, 33, Nr. 373.
Beziehungen zwischen Nebennieren und experimentell erzeugter Hypotension
(Schock). H i c e Rieh, A. ' 79.
âKlinische und anatomische Studie bei 51 FĂ€llen wiederholter Sectio Gesarea.
G- a m b 1 e . T. O. 93.
âAkute biliĂ€re Pneumonie und hĂ€raatogene puerperale Infektion, .lohnst o n.
R. A. und Morgan. H. J. 106.
âąMliphtheriebazillentrĂ€ger. Resultate der NachprĂŒfung scheinbar negativer
Kulturen. Marshall, B. C. und Guthrie C. G. 110.
U'as.serstoffionen-Konzentrat:on des Gewebe-Wachstums in Vitro. L c w i e. -
M. R. und F e 1 t o n . L. D. HJ.
Beziehungen der Wasserstoff ionen-Konzeutratioii zur spezifischen PrÀzi
pitation. M a s o n . V. R. 116.
Klinische und anatomische Studie ĂŒber 51 FĂ€lle von wieder-
holtem Kaiserschnitt mit besonderer BerĂŒcksichtigung der Narben-
heilung und der durch dieselbe verursachten Entstehung von
Uterusruptur. Die Untersuchungen erstrecken sich auf 63 Schwan-
gerschaften bei 51 Frauen; bei 15 dieser Schwangerschaften war
frĂŒher einmal eine Sectio caesarea vorgenommen worden, bei
8 Schwangerschaften war frĂŒher schon zweimal der Kaiserschnitt
gemacht. In 45 FĂ€llen wurde zum zweiten oder dritten Mal durch
Kaiserschnitt entbunden, in 17 FĂ€llen erfolgte der Partus auf
âą natĂŒrlichem Wege, einmal kam es zu Uterusruptur an der Narbe
des alten Kaiserschnitts. Auf Grund seiner Beobachtungen, ins-
besondere der histologischen Untersuchung der beim Porro'schen
Kaiserschnitt gewonnenen Uteri kommt Verf. zu folgenden Ergeb-
nissen: Unter den Faktoren, die eine schwache Kaiserschnittnarbe
bedingen, steht die Infektion an erster Stelle; jedoch gibt ein
lieberfreier Verlauf des "Wochenbetts keine GewĂ€hr fĂŒr eine tadel-
lose Heilung der Uteruswunde. Von groĂer Bedeutung ist eine
vollendete Technik bei der Naht, wobei nach Möglichkeit der Ver-
schluĂ der Uteruswunde erst nach erfolgter Kontraktion der Mus-
kulatur der GebÀrmutter vorzunehmen ist. Die Annahme, daà eine
Frau, die einmal durch Kaiserschnitt entbunden wurde, bei wieder-
holter Schwangerschaft unbedingt wieder der Sectio caesarea
unterzogen werden muĂ, besteht in dieser Verallgemeinerung nicht
zu Recht. Schwangere, die einmal durch Kaiserschnitt entbunden
worden sind, sollten wegen der Gefahr der Uterusruplur mehrere
"Wochen vor dem berechneten Geburtstermin einer geburtshilflichen
Anstalt zugefĂŒhrt werden Bei Gelegenheit eines zum dritten Mal
Jahrg. â Nr. 2021
kongreĂberichte
vorgenommenen Kaiserschnitts sollte die Tubenslerilisation aus-
gefĂŒhrt werden, um die Frau vor der infolge der mehrfachen
Narben drohenden Gefahr der Uterusruptur zu bewahren.
Akute lobÀre Pneumonie und hÀmatogen« puerperale infek-
tion. Eine Wöchnerin erkrankt in unmittelDarem Anschluà an die
Entbindung an einer typischen L nterlappenpneumonie: im Blut
sind Pneumokokken nachweisbar: im \ erlauf dieser Pneumo-
kokkenseptikamie kommt es zu einer als hÀmatogen aufzu-
lassenden Endometritis; in den Lochien sind Pneumokokken in
leichlicher Menge nachzuweisen. Injektion von Antipneumo-
kokkenserum bringt die BakteriÀmie zum Verschwinden, die Er-
scheinungen von seiten der Lungen gehen nur sehr langsam zu-
rĂŒck: die Differentialdiaguose zwischen verzögerter Lösung und
abgekapseltem Empyem bleibt trotz Röntgenuntersuchung in sus-
penso; die Endometritis kommt zur Ausheilung; neunzehn Tage
nach der Entbindung geht die Patientin an einer Streptokokken-
sepsis zugrunde Es wird angenommen, daĂ der durch die PBfell
mokokkeninfektion geschÀdigte Respirationstraktus die Eingangs-
pforte fĂŒr die hĂ€molytischen Streptokokken gebildet hal.
Diphthcrit-baziilt-nirÀger. Ergebni;»e der Nai -hunter-uchungeu
von scheinbar negativen Kulturen. Untersucht man die Serum-
röhrchen nicht nur nach 24 stĂŒndiger BebrĂŒtung. sondern auch
nach 48 Stunden, so erhÀlt man in einer nicht unbetrÀchtlichen
Zahl der auf Grund der ersten Untersuchung als negativ bezeich
neten FĂ€lle positive Resultate. Diese Unterschiede zwischen den
ein- und zweitĂ€gigen Kulturen finden sich beinahe ausschlieĂlich
bei BazillentrÀgern. In den Rachenabstrichen von Individuen, die
an klinischer Diphtherie erkrankt waren, wurden die positiven Re-
sultate fast immer nach 24 stĂŒndiger BebrĂŒtung festgestellt. Die
aus diesen Ergebnissen zu ziehenden Konsequenzen sind im Kampf
gegen die Ausbreitung der Diphtherie in die Praxis umzusetzen
W'olff Hamburg"
KONORESSBERICHTE
46. Versammlung der Deutschen Gesellschaft fĂŒr Chirurgie
in i; er 1 in vom 19.â 22. April 1922.
Berichterstatter: H. S t e 1 1 i n e r - Berlin
Dritter Sitzungstag.
W n 1 1 s t e i n - Essen: Ueber Muskelverpflanzung.
Indikationen fĂŒr die MuskelĂŒberpflanzung geben 1. Kinder-
lÀhmung, zerebrale wie spinale. 2. LÀhmungen nach Apoplexie.
3. traumatische VerÀnderungen. 4. spastische LÀhmungen, 5. pro-
gressive Muskelatrophie, 6. multiple Sklerose. 7. Skoliose, 8. an
geborene FuĂdeformitĂ€ten KlumpfuĂ. PlattfuĂ , 9. ischĂ€mische
Kontrakturen, ' 10. Genu recurvatum. LĂ€hmungen nach Apoplexie
hat Redner bisher nicht operiert. Die WirbelsÀulenfÀlle, welche
vorgestellt werden, sind noch frischen Datums, so daĂ er ein
definitives Urteil ĂŒber sie nicht fĂ€llen will. Das- Hauptmaterial
bilden die KinderlÀhmungen, welche im Industriegebiet zu Hause
sind, und wo 1909,10 groĂe Epidemien herrschten. Man darf die
MuskelĂŒberpflanzungen nicht mechanisch machen, sondern soll
sich fĂŒr jeden einzelnen Fall ĂŒberlegen, wie man vorgehen will,
obwohl es auch vorkommen wird, daà man noch wÀhrend der
Operation den ursprĂŒnglichen Plan Ă€ndern muĂ Im allgemeinen
soll der Plan aber genau vorher ĂŒberlegt sein, zumal wenn, wie
meist, mehrere Operationen erforderlich sind, genau die Reihen-
folge derselben vorher bestimmt sein. Der oft mit der zerebralen
KinderlÀhmung verbundene Idiotismus verdirbt die Operations-
erfolge. Nichtsdestoweniger wird man auch in diesen FĂ€llen o-l
aus sozialen GrĂŒnden zur Operation schreiten. Es werden zu-
nÀchst verschiedene Muskelverpflanzungen am Rumpfe gezeigt
Ersatz des Kukullaris Trapezius durch den Sternokleido und
Levator scapulae und Rhomboideus major unter Fixation de>
Schulterblattes durch den Latissimus dorsi. Totalskoliose der
WirbelsÀule durch beiderseitigen Latissimus dorsi unter Mitver-
wendung des Levator scapulae oder Teres major und cucullaris.
Den Ersatz des Levator durch den Pectoralis major nach
S a m t e r - Königsberg hatte er nicht Gelegenheil auszufĂŒhren.
Als Ersatz fĂŒr den gelĂ€hmten- Deltoides ist von Hildebrand
der Pektoralis empfohlen. Derselbe ist aber bei KinderlÀhmungen
meist auch betroffen. Daher hat er fĂŒr ihn den Kukullaris. oder
wenn auch dieser nicht benutzbar, den Splenius capitis genommen
Jedenfalls soll man. wenn irgend möglich, die Arthrodese ver-
meiden und .falls keine MuskelĂŒberpflanzung möglich, lieber die
Tenodese anwenden. Die freie Muskeltransplaatation Gluck.
Hildebrand) hat sich nicht halten können. 1901 versuchk-
man daher Muskel unter Erhaltung des Nerven zu verpflanzen,
aber auch dies genĂŒgte nicht, wie Versuche von Hildebrand
lehrten. Die GefĂ€Ăe mĂŒssen mit ĂŒberpflanzt werden. Es ist
nun die Frage, ob die den Nerven begleitenden GefĂ€Ăe allein ge-
nĂŒgen. FĂŒr einen Teil der FĂ€lle scheint dies der Fall zu sein.
So nahm er zum Ersatz des Bizeps und Brachialis internus die
sternale und abdominale Partie des Pectoralis major, ohne die
StammgefĂ€Ăe erhalten zu können. Es folgen Vorstellungen von
einer groĂen Anzahl von Kindern, an denen fast alle Arm- omd
Handmuskeln durch Ueberpflanzung anderer Muskeln erfolgreich
ersetzt oder erst teilweise ersetzt sind, wÀhrend noch weitere
Operationen in Aussicht genommen sind. Es kommt bei allen
Muskelverpflanzungen darauf an, daà an der Ansatzslelle mög-
lichst Periost oder Knochen mit entfernt wird und daĂ dem ĂŒber
pflanzten Muskel die richtige Spannung gegeben wird Ein be
sonderes Verfahren erfordern die spastischen LĂ€hmungen. Der
spastische Muskel ist nicht gelÀhmt. Bei ihnen darf niemals eine
subkutane Tenotomie gemacht werden, höchstens eine Sehnenver-
lĂ€ngerung. Zum Ersatz der HĂŒftbeuger hat S a m t e r den
Obliquus externus genommen, er selbst bediente sich des Rectus
abdominis. wÀhrend er den Obliquus auf den Ileopsoas setzte. Am
Knie hat er zum Ersatz des Quadrizeps den Sartorius, Semimem-
branosus und Bizeps herangezogen, wÀhrend Semitendinosus und
Graziiis als Antagonisten erhalten blieben. Stehen keine Muskel
zur VerfĂŒgung, so ist die Tenodese zu machen, welche am Knir
vorne durch Anfrischung der Patella, im mittleren Teile durch
die Ligamenta cruciata und hinten durch die C-Knorpel, welche
durch ein Knochenbohrloch hindurchgefĂŒhrt werden, vollendet
wird. Bei pathologischer Luxation der HĂŒfte hat er in einem
Littlefall den Levator fasciae latae fest angenÀht. Bei
Adduktionskontrakturen tritt die Obturatoriusdurchschneidung
nach Selig in ihr Recht. Zum SchluĂ wendet er sich de:
Operation des angeborenen oder erworhenen Platt- und Klump-
fuĂes zu. PlattfĂŒĂe 2. Grades operiert er auch durch Muskel-
ĂŒberpflanzung und hatte gute Erfolge bei jungen MĂ€dchen, welch«-
ein Jahr nach der Operation ihre PlattfuĂeinlage los wurden und
ohne Beschwerden gehen und tanzen konnten. Ebenso wird mit
100 Proz. guten Resultaten der KlumpfuĂ durch MuskelĂŒber
pflanzung und Faszien- und Sehnendurchschneidung event. unter
Resektion des Taluskopfes zur Heilung gebracht. Wenn die
Operationsresultate bei den oberen ExtremitÀten noch derartigt-
sind, daĂ es mannigfaltiger Eingriffe bedarf, so gibt es fĂŒr ihn
keine FuĂdeformitĂ€t, die er nicht durch einen Eingriff in einer
Sitzung restlos beseitigen kann. Vorstellung von Kindern im
Alter von 6 â 18 Monaten mit operiertem KlumpfuĂ.
S a m t e r - Königsberg betont ebenfalls die Wichtigkeit der
Mitnahme von Periost und Knochen bei der MuskelĂŒberpflanzung
und der Verleihung einer gewissen Spannung des Muskels. Nach
2 wöchiger Ruhigstellung soll mit Bewegungen begonnen wer-
den. In einem HĂŒftfalle nahm er den ObĂŒquus zum Ersatz der
GlutĂ€en und den Reklus fĂŒr den Ieopsoas. Ferner berichtet er
ĂŒber einen Fall, in dem von H o f f a seinerzeit die Arthrodese
gemacht, dieselbe im nÀchsten Jahre von Lorenz gelöst und
von ihm spÀter unter Korrektur der Beinstellung neuerdings ge-
macht werden muĂte.
Hildebrand - Berlin spricht seine Genugtuung ĂŒber die
Entwicklung der Muskelverpflanzungen aus. Er bestÀtigt das Zu-
grundegehen des frei transplantierten Muskels, falls er nicht in
Verbindung mit Arterie und Vene bleibt.
Goeb eil -Kiel erinnert an seinen auf der 84. Versammlung
Deutscher Naturforscher und Aerzte in MĂŒnster demonstrierten
Fall von gut gelungener freier Muskeltransplantation. Nach dem
Vorgange von J o r e s und Schmidt hatte er den Muskel vom
Tage nach der Operation an 2 mal tÀglich faradisiert. Aber
immer wird dieser Erfolg nicht erreicht, wie aus einem FĂ€lle
hervorgeht, in welchem die Faradisierung automatisch alle
ö Minuten erfolgte, ohne den erwĂŒnschten Erfolg zu erzielen. Er
glaubt, daĂ man mit der freien Faszientransplantation dasselbe
erreicht.
Perthes- TĂŒbingen tritt der von W" u 1 1 s t e i n aufgestellten
Reihenfolge fĂŒr die Indikation der verschiedenen in Betracht
kommenden Operationen bei. an erster Stelle: MuskelĂŒber
pflanzung. an zweiter Tenodese, erst an dritter Arthrodese Am
besten trennt man bei der Tenodese die Sehnen an ihrem Ansatz-
394 KongreĂberichte 40. Jahrg. â Nr. 20/21.
punkte ab, sucht sie durch einen Knochenkanal zu fĂŒhren und an
einem anderen Punkte anzuheften. Bei Insuffizienz der GlutÀal-
muskeln mit Spontanluxation hat er ihren sehnigen Anteil teils am
Trochanter major verknĂŒpft, teils am oberen Pfannenrande an-
genÀht und so gute Resultate erzielt.
Payr- Leipzig gibt als Beispiel fĂŒr die fĂŒr den Muskel not-
wendige Erhaltung des aiteriellen Zuflusses die Ueberpflanzung
des M. sartorius im Gegensatz zum Graziiis und Semitendinosus.
Ersterer kann ohne SchĂ€digung der GefĂ€Ăe ĂŒberpflanzt werden.
Man sieht dann spÀter den hypertrophischen Sartorius, wÀhrend
die anderen Muskeln der Atrophie anheimfallen. Mit Erfolg hat
er auch zu GelenkbÀndern Teile von Muskeln verwendet, so mit
hrfolg in 5 FĂ€llen durch Abspaltung von XA â XA der Bizepssehne.
S c h u 1 1 z e - Duisburg: bezweifelt, daĂ man beim KlumpfuĂ
allein mit Durchschneidungen und MuskelĂŒberpflanzungen aus-
kommt. Er hĂ€lt die Umpressung der Knochen fĂŒr erforderlich,
wie sie von ihm seit Jahren mit Erfolg geĂŒbt wird.
Wu II stein - Essen fordert auf, daà beide im nÀchsten
Jahre ĂŒber die Rezidive, vor allem auch die, die der eine vom
anderen gesehen, berichten.
RĂŒbsamen-Dresden: Behalten die bei der Harnröhren-
insul'fizienz nach R. Franz transplantierten LevatorbĂŒndel ihre
funktionelle TĂ€tigkeit?
Von 21 FĂ€llen wurden 9 nach F r a n z - Wien operiert. Die
ĂŒberpflanzten Muskeln funktionierten noch nach 4 Jahren.
S c h u b e r t - Königsberg: Die Entstehung der ischÀmischen
Kontraktur.
Die ischÀmische Kontraktur kommt durch verminderte Blut-
zufuhr zustande, aber es gelingt nicht, im Versuche durch Ab-
sperrung oder Verminderung der Blutzufuhr' eine solche herbei-
zufĂŒhren. Meist kommt es zu GangrĂ€n. Es spielen also dabei
noch andere VorgÀnge mit, vermutlich NervenschÀdigung. Man
hat auch die VerbĂ€nde fĂŒr das Zustandekommen derselben ange-
schuldigt. Aber es gibt auch FÀlle ischÀmischer Kontraktur, die
nie einen Verband getragen haben. Dagegen handelt es sich
meist um eine Mitverletzung der Nerven bei der Verletzung. Durch
sie wird die genĂŒgende Ausbildung des Kollateralkreislaufes
verhindert und so das Auftreten der ischÀmischen Kontraktur
begĂŒnstigt.
Meyer- Charlottenburg: Theorie der Muskelatrophie nach
experimentellen Untersuchungen.
Aus den an Katzen und Kaninchen angestellten Versuchen,
welchen fixierende VerbÀnde angelegt wurden, um dann das Ge-
wicht der Muskel der getöteten Tiere zu bestimmen, ergab sich
ein Zusammenhang zwischen Atrophie und Muskeltonus. Er-
höhter Muskeltonus macht Atrophie, verminderter Hypertrophie.
Aus den Resultaten nach Debnung der Muskeln vor und nach
Durchschneidung der hinteren Wurzeln ergab sich diese Ab-
hÀngigkeit von dem Muskellonus. Hierdurch ist vermutlich auch
die Atrophie der Muskelslrecker zu erklÀren.
Ka t z e n s t e in - Berlin: Untersuchungen ĂŒber die ElastizitĂ€t
von GelenkbÀndern.
Die Versuche haben ergeben, daà dieselbe rechts stÀrker, als
links, daĂ sie bei Kindern absolut und relativ geringer, als bei
Erwachsenen ist. Bei Habitus asthenicus konnte eine SchwÀche
der Dehnbarkeit und ein Nachlassen der ElastizitÀt festgestellt
werden, ebenso bei Rachitis, so daĂ diese direkt auch als eine
Erkrankung der GelenkbÀnder aufzufassen ist. Schlechte
ElastizitĂ€t zeigt das Vas deferens, so daĂ die ungenĂŒgenden Er-
folge der Leistenhodenoperation wohl hierin ihren Grund haben.
SchlieĂlich zeigte Redner eine Anzahl von Bildern von PlattfuĂ,
Genu valgum und varum, in denen Alkoholinjektionen in die
BĂ€nder eine Heilung herbeigefĂŒhrt hatten.
Ko n j e t z n y - Kiel: Die sog. lokalisierte Ostitis fibrosa.
Der BegrifT der Ostitis fibrosa ist ein VerlegenheitsbegrifT, ei
umfaĂt einmal die Knochenzysten, zweitens die Tumoren bilden-
den Formen. Redner hat sich bereits 1909 fĂŒr die traumatische
Entstehung ausgesprochen. Doch ist es nicht bewiesen, daĂ alle
Knochenzysten auf diesem Wege entstehen. Viel schwieriger ist
die Abgrenzung von den Sarkomen. Es handelt sich in der Mehr-
zahl der FĂ€lle nicht um Sarkome, sondern um eine besondere Art
entzĂŒndlicher oder resorptiver Neubildung (L u b a r s c h). Eben-
so groĂe Schwierigkeiten bereitet die klinische Diagnose. Auch
das Röntgenbild gestattet kein definitives Urteil. Das einzige
sichere Mittel ist eine Probeexzision und Untersuchung.
AnschĂ€tz - Kiel berichtet ĂŒber 26 Beobachtungen aus den.
Jahren 1912 bis 1921. Es gibt aber viele leichte Formen, die gar
nicht zur Kenntnis des Amtes kommen. Von den 26 FĂ€llen konnte
bei 8 ein grobes Trauma nachgewiesen werden, bei 11 trat der
Unfall mehr als Aczidens bei einer bereits bestehenden Ostitis
fibrosa auf; bei 7 FĂ€llen wurde jedes Trauma abgeleugnet. Auch
er betont die Schwierigkeit der Abgrenzung gegen das Sarkom.
Nur die groĂe Probeexzision kann AufklĂ€rung bringen. Von den
26 FĂ€llen liegen 20 lĂ€nger als 3 Jahre zurĂŒck, 18 wurden
exkochleiert, 5 reseziert, 3 exstirpiert. Aber nur 1 mal ist bei
genauer Epikrise die Radikaloperation indiziert gewesen.
L ub a r s c h - Berlin betont, daĂ auch dem pathologischen
Anatomen die Abgrenzung der entzĂŒndlichen Tumoren von den
echten GeschwĂŒlsten oft groĂe Schwierigkeiten bereite. Das Sar-
kom zeichnet sich durch mangelhafte Zell- und Gewebsreife aus.
Die FĂ€lle von Ostitis fibrosa haben diese mangelhafte Zellreife
nicht. Wir sehen keine Polymorphie. Aber- die mikroskopische
Diagnose bleibt auch nur ein Hilfsmittel das im Verein mit den
anderen Untersuehungsmclhoden zu verwerten ist.
Filke -Berlin hebt den Anteil der endokrinen DrĂŒsen bei
der Entstehung der Ostitis fibrosa hervor. So wurde auch bei
Organtherapie Besserung beobachtet.
v. Haberer - Innsbruck bestÀtigt ebenfalls die Schwierig-
keiten der Differentialdiagnose und die Unmöglichkeit, aus dem
Röntgenbilde eine sichere Diagnose stellen zu können. Er be-
richtet ĂŒber einen Fall von Ostitis fibrosa, in welchem nach dem
Exitus Metastasen im Darm gefunden wurden. In einem anderen
Falle wurden Lungenmetastasen festgestellt. Da man zur
mikroskopischen Untersuchung doch gleich ein ziemlich groĂes
StĂŒck wegnehmen muĂ, ist es praktischer, gleich den ganzen Tu-
mor zu entfernen. Ergibt dann die Untersuchung ein Riesen-
zellensarkom, so bedarf es bei der guten Prognose derselben zu-
nÀchst auch keines weiteren Eingriffes.
F 1 ö r c k e n - Frankfurt a. M. berichtet ĂŒber ein familiĂ€res
Vorkommen von Ostitis fibrosa.
M a r t i n - Berlin berichtet ĂŒber 2 schwer zu deutende FĂ€lle.
R u m p e 1 - Berlin betont, daà der Lieblingssitz der solitÀren
Zyste das Ende des Humerus- und der Femurdiaphyse sei. Bei
anderen Stellen besteht Verdacht auf Sarkom. Ferner hebt er
den differentialdiagnostischen Wert des Verhaltens des Periost.;
im Röntgenbilde hervor.
M ĂŒ 1 1 e r - Rostock betont die Wichtigkeit des Themas.
FrĂŒher seien viel zu viel FĂ€lle amputiert worden. Die Diffe-
rentialdiagnose mĂŒsse sich aller zu Gebote stehenden Methoden
bedienen. Er kann RĂŒmpel in seiner Bewertung des Ver-
haltens des Periosts nicht ganz zustimmen.
Bier -Berlin erzÀhlt aus seiner Assistentenzeit von Es-
march, wie dieser damals schon den Unterschied zwischen gut-
artiger und bösartiger Knochenerkrankung erkannt habe. Viele
FĂ€lle kamen mit Quecksilber und Jodkali zur Heilung. Die
schaligen Sarkome sollten nicht mit Radikaloperation behandelt
werden.
Sauerbruch - MĂŒnchen erinnert an die seinerzeit vorge-
fĂŒhrten VA Jahre in Symbiose lebenden Ratten. Das eine Tier
Wurde atrophisch und zeigte die Zeichen einer Ostitis ' fibrosa.
R e h n - Freiburg: Gefahrlose LumbalanÀsthesie.
Die Ursache, weshalb die LumbalanÀsthesie nicht Allgemein-
gut der Aerzte geworden, liegt auf pharmakologischem Gebiete,
in zahlreichen, mit W. Straub angestellten Tierversuchen hat
sich der Methylester der MilchsĂ€ure als Optimum fĂŒr die Lum-
balanÀsthesie erwiesen. Derselbe zerfÀllt nach Einverleibung in
MilchsÀure und Methylalkohol. Die AnÀsthesie tritt momentan
ein und ist nach einigen Stunden vorĂŒber. MilchsĂ€ure wird
durch den Harn ausgeschieden. Es tritt keine SchÀdigung der
Medulla ein, das Mittel besitzt keine KernaffinitÀt. Man kann mit
der LumbalanÀsthesie erheblich höher hinaufgehen.
H. KĂŒmmel jun.-Hamburg: Resorbierbare Tamponade.
In Zusammenarbeit mit Katgutfabriken ist es ihm gelungen,
aus tierischen Membranen einen faserigen Stoff herzustellen,
welcher eine gut resorbierbare Tamponade darstellt und sich bei
Bauchoperalionen, im besonderen Gallenblasenoperationen.
Operationen im kleinen Becken, bei Nieren-, Blasen- und Rektum
Operationen bewÀhrt hat.
Denk -Wien. Die Bedeutung der Ventrikulographie fĂŒr die
Hirndiagnostik.
Es wurden 318 FĂ€lle untersucht. Man soll die Methode nicht
wahllos benutzen, sondern erst wenn alle anderen Untersuchungs-
methoden erschöpft, ohne daĂ man zum gewĂŒnschten Resultate
gekommen. Die Methode ist an und fĂŒr sich ungefĂ€hrlich. Man
cirllcert etwas Liquor und ersetzt die entleerte FlĂŒssigkeit durch
Sauerstoff, je nachdem durch Lumbal- oder Ventrikelpunktion,
der er den Vorzug gibt. Es traten 2 TodesfÀlle bei inoperablen
Gehirntumoren ein, die aber nicht dem Verfahren zur Last fallen,
da sie unmittelbar nach der Punktion noch vor Sauerstoffein-
blasen eintraten. GroĂe Erfahrung gehört zum Lesen der Rönt-
genbilder. Die Methode gibt uns Auskunft ĂŒber Sitz des Tumors
10. Jahrg. â Niv 20/21.
K o n g r c 15 lt c r l C h t «'
und eventuell ĂŒber seine OperabilitĂ€t. Audi EĂŒr die kausale
Therapie des Hydrozephalus leistet sie gute Dienste.
W r e d e - Braunschweig verfĂŒgt ĂŒber 21X) Beobachtungen. Er
gehl nicht von der SchÀdelkapsel, sondern vom Lumbaisacke aus.
Auch er hatte 2 TodesfÀlle zu verzeichnen, welche ebenfalls un-
mittelbar nach der Punktion eintraten, in beiden FĂ€llen halle er
sich der Hirnpunktion bedient. Das Verfahren darf nicht bei
Alkoholikern angewendet werden, sonst ist es Lm Allgemeinen
ungefĂ€hrlich. Im Gewöhnlichen werden 100 â 150 cem Sauerstoff
eingeblasen, mitunter auch mehr, meist nach Darreichung von
Skopolainin-Morphium. Allerdings treten leichte Nacherscheinun-
gen, in Form, von Kopfschmerzen, SchwindelanfÀllen, Uebelkeiten
und Erbrechen auf, welche bis 8 Tage anhalten können. Bei
I Kindern traten di rekle Reizerscheinungen der Meningen auf,
âą1 mal wurde Kollaps beobachtet, der aber glatt vorĂŒberging.
Ferner wurden Pulsverlangsamungen und Pulsbeschleunigungen
beobachtet. Auch zerebrales Fieber trat auf (keine Infektion).
Keine dauernden SchÀdigungen. Am besten wurde die Unter-
suchung von Paralytikern und Apopleklikern vertragen. Die
Methode hilft bei der Diagnose, besonders der Lokalisierung der
Tumoren (vordere oder hintere SchÀdelgrube, rechts oder links).
Sie stellt fest, ob es sich um einen kommunizierenden Hydroze-
phalus handelt oder nicht. Auch zur Diagnose von RĂŒckenmarks-
lumoren, besonders Höhendiagnose, ist sie verwendbar.
JĂŒngling- TĂŒbingen tritt im Gegensatz zu Wrede fĂŒr die
Ventrikelpunktion ein und hÀlt sie der lumbalen Methode gegen-
ĂŒber fĂŒr ĂŒberlegen. Wenn man vorsichtig ist und immer nur so-
viel Sauerstoff einblÀst, als Liquor abgelassen, treten keine Ne-
benwirkungen auf. Es ist nicht ganz leicht die Nadel im Ventrikel
zu lassen. Er hat daher eine Stenzmasse benutzt, um dieselbe zu
fixieren.
H i 1 d e b r a n d - Berlin warnt vor einem zu sorglosen Vor-
gehen bei Eingriffen am Gehirn, besonders solchen, die mit
Druckschwankungen verbunden sind.
Denk- Wien betont noch einmal die Ueberlegenheit der
Ventrikelpunktion. Nebenerscheinungen hat er nur bei der lum-
balen Methode beobachtet. Druckschwankungen können völlig
vermieden wrerden, wenn man nur wenig Liquor auf einmal ab-
lĂ€Ăt und diesen sogleich durch die gleiche Menge Sauerstoff
ersetzt.
Budde-Wien: lieber prÀmature Synostose.
B. stellt einige FĂ€lle von vorzeitigem Verschwinden der
Wachstumsfuge im Röntgenbilde vor, Àhnlich den von G u 1 e c k e
1907 beschriebenen FĂ€llen. Es handelt sich bei diesen FĂ€llen
weder um einen traumatischen Ursprung noch um Rachitis, viel-
leicht um eine Form von fötaler Chondrodystrophie.
K À s t n e r - Leipzig: Erfahrungen mit dem Balkenstich an
der Leipziger chirurgischen Klinik.
Es wurde der Balkenstich 120 mal ausgefĂŒhrt. Bei angebo-
renem und erworbenem Hydrozephalus wurde eine lÀnger an-
haltende Besserung als bei bloĂer Hirnpunktion erzielt. Die
Besserung bei den zur Entlastung des Hirndrucks vorgenommenen
Eingriffen hielt in einem Falle 3 Jahre an. UngĂŒnstig wirkt er
bei Geschwulstbildung im 3. Ventrikel und im Kleinhirn. Bei
genuiner Epilepsie wurde einige 'Male Befreiung von den Krampf-
anfĂ€llen fĂŒr 3 Jahre beobachtet. Die Gefahren sind gering. Eine
Infektion trat in keinem Falle auf, die Vorfallgefahr ist sehr
gering, ebenso die Gefahr der Verletzung wichtiger Zentren, eine
Liquorfistel wurde nicht beobachtet, 5 primÀre TodesfÀlle sind
zu verzeichnen. Die KanĂŒle ist auf die Mitte des Jochbogens der
gegenĂŒberliegenden Seite zu richten.
Payr- Leipzig berichtet ĂŒber einen Fall von schwerer
Blutung aus dem Ventrikel, die er dadurch zum Stehen brachte,
daĂ er einen Muskel exstirpierte und den zerquetschten Muskel-
brei als Tamponade verwendete.
E s s e r - Berlin: Neue Prinzipien bei chirurgischer Plastik.
Vorstellung einiger FĂ€lle, in welchen die BrĂŒcke nur in der
Arterie und Vene bestand und es möglich war, den Lappen um
180° zu drehen.
L e x e r - Freiburg bestreitet die Vorteile der Methode und
zeigt eine gelungene Plastik nach GesichtsschuĂverletzung,
S p ec h t - GieĂen: Weitere Untersuchungen ĂŒber den EinfluĂ
endokriner DrĂŒsen auf die KrampffĂ€higkeit und ihre chirurgische
Bedeutung.
Die Tierversuche am Meerschweinchen mit Nebenniere, Hoden
und SchilddrĂŒse ergaben keine Unterlage fĂŒr eine krampfstillende
Wirkung dieser Organe.
KĂŒttner - Breslau sah ebenfalls bei Epilepsie keine Beein-
flussung der KrampfanfÀlle nach Exstirpation der einen Neben-
niere und Entfernung der HĂ€lfte der anderen Seite.
v. Eiseisberg - Wien versuchte ebenfalls die Exstirpation
der Nebenniere, ohne einen EinfluĂ auf die Epilepsie, konstatieren
zu können; dagegen trat ein deutlicher Addison auf, der allerdings
dann wieder verschwand. Der Fall warnt aber vor der Exslir
pation beider Nebennieren.
KĂŒmm eil -Hamburg bal die einseitige Exstirpation ĂŒi
II FĂ€llen von Epilepsie gemacht und nur in einem Falle einen Er
folg gesehen, wÀhrend die anderen 10 völlig erfolglos waren.
v. H a b e r e r - Innsbruck hat die gleichen Erfahrungen ge-
macht, in einem Falle auch Addison erzielt.
Vierter Sitzungstag.
G. v. Bergmann -Frankfurt a. \i Das Schmerzproblem
der Eingeweide.
Es handelt sich um ein sehr kompliziertes Problem. Man muH
sich von der Vorstellung frei machen, daĂ nur die zerebrospinalen
Nerven den Schmerz ĂŒbermitteln können. Ausgedehnte, sehr um-
fangreiche Versuche zur Feststellung von hyper Àsthetischen und
hyperalgetischen Zonen, besonders WĂ€rme gegenĂŒber haben
Hedner ganz bestimmte Zonen, Àhnlich den II e ad sehen Zonen,
feststellen lassen, deren ErklÀrung darin zu suchen ist, daà das
vegetative Nervensystem, sowohl Sympathikus wie Vagus, einen
Reiz auf das RĂŒckenmark ausĂŒbt (zentripetal), der dann von den
zerebrospinalen Nerven nach diesen ganz bestimmten, durch
Tafeln fĂŒr die einzelnen Regionen erlĂ€uterten Partien weiter -
geleitet wird und hier Schmerzen hervorruft. Und ebenso, wie.es
einen viszerosensiblen Reflex gibt, existiert auch ein viszero-
motorischer, der z. B. in der Defense musculaire zum Ausdruck
kommt, die sonst schwer zu erklÀren ist. Durch zahlreiche Bei-
spiele aus der klinischen Beobachtung' werden die AusfĂŒhrungen
bestÀtigt.
Auch B r ĂŒ n i n g - Berlin ist der Ansicht, daĂ die alle
Wilms-Lenander sehe Theorie der SchmerzerklĂ€rung fĂŒr
die Eingeweide nicht aufrechterhalten werden kann. Er hat die
KÀppis sehen Tierversuche durch VerÀnderung der Schnitt-
fĂŒhrung in vielleicht noch strengerer Weise nachgeprĂŒft. Durch
aktiven Reiz wurde HyperÀmie' nur in sensibel versorgten Ge-
bieten hervorgerufen. Die Darmschleimhaut wird auch sicher
sensibel versorgt. Aber die Schmerzempfindung der inneren Or-
gane ist eine andere, als die der Ă€uĂeren Haut.
K a p p i s - Kiel erinnert an seine experimentellen Unter-
suchungen, nach denen die Mesenterien, das kleine Netz, der An-
satz des groĂen Netzes am Magen usw. sensible Nerven enthalten.
Durch die Kontraktionen der Magen- bzw. Darmwand werden die
Kolikschmerzen hervorgerufen. Es besteht kein so groĂer Unter-
schied zwischen seiner Auffassung und der v. Bergmanns.
Die Schmerzen bei Angina pectoris kann man durch Resektion
des Sympathikus am Halse bzw. AnÀsthesierung desselben aus
schalten.
Finster er -'Wien macht darauf aufmerksam^ daĂ bei
Bauchoperationen bei ungenĂŒgender AnĂ€sthesierung ein sich ein-
stellender Pyloruskrampf Ursache heftiger Kolikschmerzen sein
kann.
O e h 1 e c k e r - Hamburg weist auf das Fernsymptom des
Phrenikusschmerzes (Epaulellenschmerz) hin. Der Phrenikus
versorgt auch einzelne Teile unterhalb des Zwerchfells, so dessen
untere Partie und die Nebennierengegend. In seiner Begleitung
laufen sympathische Fasern, die den Schmerz milĂŒbermitteln.
KĂŒmmell - Hamburg legt dem lokalen Druckschmerz, be-
sonders bei der Erkennung der Appendizitis und Cholezystitis
einen groĂen Wert bei.
Körte-Berlin betont demgegenĂŒber, daĂ der Druckschmerz
keinen Hinweis darauf zu geben vermag,, welches Organ in der
Bauchhöhle erkrankt sei, sondern nur, daà ein krankhafter Pro-
zeĂ vorliege.
Block- Berlin weist auf seine Untersuchung ĂŒber Lokali-
sierung des Ulcus venlriculi und Ulcus duodeni mit Hilfe der
Blutamylasebestimmung hin, welche vermutlich âą auch auf einer
Reflexwirkung beruht.
K ĂŒ m m e 1 1 - Hamburg betont, daĂ er die Druckempfindlich-
keit des Leibes natĂŒrlich nur als ein diagnostisches Hilfsmittel,
das sich zu anderen Symptomen gesellt, benutzt.
v. Bergman n betont in seinem SchluĂwort, daĂ doch noch
eine gegensÀtzliche Anschauung zwischen Chirurgen und ihm
vorhanden sei, besonders in der Auffassung des Anteils des vege-
tativen Nervensystems an der SchmerzĂŒbermittelung.
F 1 ö r c k e n - Frankfurt a. M.: Welche praktischen Erfolge
zeitigt die Exstirpation bei Hyperfunktion der Nebenniere selbst
oder von deren zentral ĂŒbergeordneten Zentren? .
Redner w^eist auf die Gefahren der Nebennierenexstirpalion
hin. Er berichtet ferner ĂŒber Versuche mit Röntgenbestrahlung.
Die Exstirpation zeigte, daà durch die Röntgenbestrahlung die
Nebennierenrinde völlig reduziert war, dagegen das Mark abso
396
KongreĂberichte
40. Jahrg. â Nr. 20 21
lut nicht gelitten hatte. Die ehromaffine Substanz war also gar
nicht beeintrÀchtigt.
P f e i f f e r - Frankfurt a. M. weist auf die starke Empfind-
lichkeit der Nebennieren hin. Es kann bei Bestrahlung von Nach-
barorganen Addison entstehen. Man soll sich also die sorgfÀltige
Abdeckung der Nebennieren bei Bestrahlung von karzinomatösen
Lebermetastasen und Magenkarzinom zur Begel machen und den
Sirahlenkegel möglichst so leiten, daà die Nebenniere nicht ge-
troffen wird.
0 e hl eck er -Hamburg: Zur Trepanation des TĂŒrkensattels.
Die Chirurgie des TĂŒrkensattels stellt ein Grenzgebiet zwi-
schen Chirurgie und Rhinologie dar. 0. empfiehlt ein transeth-
moidales Vorgehen. Auf diese W eise gelingt es gut, die Orbila
freizulegen durch Beiseiteschiebung des Augapfels. Das Ver-
fahren hat sich in 6 FÀllen sehr bewÀhrt. Auch die Narbenent-
stellung ist eine sehr geringe. Zur Diagnosenstellung ist das
Röntgenbild von höchster Wichtigkeit. Dasselbe muà in den ver-
schiedensten Richtungen aufgenommen werden, um eine klare
Auffassung von der Gegend der Sella turcica zu gewÀhren.
KrĂŒger ist auf demselben Wege vorgegangen und stellt fest,
daĂ derselbe technisch einfach ist. Es handelte sich bei ihm um
Freilegung des Sinus cavernosus wegen Thrombophlebitis bei
Lippenfurunkel, leider erfolglos.
C o e n e n- Breslau: Die Genese des Basalfibroid.
Der Nasenrachenpolyp gehört zu den von der SchÀdelbasis
ausgehenden Skelettumoren. Er wÀchst solange, als das Skelett
wÀchst. Mit Aufhören des Skelettwachslums, also ungefÀhr im
20. Lebensjahre, verschwindet es -spontan. Vor dem 2u. Lebens-
jahre soll man also keine Radikaloperation vornehmen. Jedoch
kommen UebergÀnge zu Fibro- und Chondrosarkomen vor.
H e 1 1 w i g - Frankfurt a. M.: ViskositÀt und Eiweifigehalt des
Serums bei Thyreosen.
Die Frage, ob Thyreoidismus und Morbus Basedow dasselbe
sind, ist bisher nicht gelöst worden. H. hat zu diesem Zwecke die
ViskositÀt des Blutes untersucht. Die Untersuchungen wurden in
-11 FĂ€llen vor und nach der Kropfoperation ausgefĂŒhrt. Es er-
gab sich, daĂ, wenn man die normale ViskositĂ€t gleich 1 setzt,
dieselbe bei Hypothyreose gleich 1,8, bei Hyperthyreosen gleich
0,8 â 0,95 war. Je tiefer die ViskositĂ€t .vor der Operation war.
desto schneller ging sie nach derselben in die Höhe.
E r k e s - Reihenberg: Zur Kenntnis der Riedeischen
eisenharten Struma.
Es handelt sich um einen EntzĂŒndungsprozeĂ der SchilddrĂŒse
und ihrer Umgebung aus unbekannter Ursache. Redner hat einen
solchen Fall im AnschluĂ an Grippe beobachtet. Die knochen-
harte, derbe Infiltration, welche den Kehlkopf eng umschnĂŒrte,
machte die sofortige Tracheotomie notwendig. Dieselbe war sehr
schwierig, eine Orientierung kaum möglich. In dem Falle lag "
noch eine zweite Stenose etwas mehr nach unten vor. Man muĂte
sich bei der Operation dicht an den Larynx halten. DaĂ es sich
tatsĂ€chlich um einen entzĂŒndlichen ProzeĂ handelt, dafĂŒr spricht
der Zusammenhang mit der ĂŒberstandenen Grippe. Man soll in
diesen FĂ€llen nicht zu frĂŒh operativ eingreifen, da sie sich
spontan zurĂŒckbilden können.
II i 1 d e b r a n d - Berlin betont, daĂ es oft schwierig ist/diese
entzĂŒndlichen Tumoren von den Sarkomen zu unterscheiden.
R e h n - Frankfurt a. M. verfĂŒgt ebenfalls ĂŒber einen solchen
Fall von dem Aussehen der Riedel sehen Struma, in welchem es
sich um Sarkom handelte.
v. H a b e r e r - Innsbruck glaubte umgekehrt in einem Falle
ein SchilddrĂŒsenkarzinom vor sich zu haben, wĂ€hrend es sich
um eine entzĂŒndliche Struma nach Art der Riedeischen
handelte.
Streis sie r f Graz: Zur Technik der Strumektomie.
Die Resultate der einseitigen Strumektomie haben nicht be-
friedigt, es soll daher zweiseitig operiert werden. Die Kasuistik
ist aber nicht zufriedenstellend {Y< Proz. Tetanie, viele Rekurrens-
störungen). Er empfiehlt daher zunÀchst den Mittellappen vor-
zunehmen, den Isthmus zu spalten, wobei die Kapsel zur Frei-
legung der Trachea gespalten werden muĂ, und von der Mitte
:.us die beiden seitlichen Lappen zu resezieren und dann die
Kapsel mit dem Strumarest zu vernÀhen. Man kollidiert auf diese
WCise weder mit den Epithelkörperchen, noch mit dem Nervus
recurrens. Nachblutungen traten nicht ein. WĂ€hrend der
Operation war die Blutung eine mĂ€"Ăige, besonders bei vorheriger
l'mslechung der Thyreoidea superior.
P e 1 s - L e u s d e n - Greifswald hat dieses Vorgehen unter be-
sonderen VerhÀltnissen empfohlen, möchte es aber nicht als das
regulÀre betrachten.
C o e n e n - Breslau fĂŒrchtet gerade, daĂ man bei dem be-
schriebenen Operieren leichter mit dem Rekurrens in Konflikt
gerĂ€t, als bei der ĂŒblichen Methode. Er erwĂ€hnt, daĂ er in den
letzten 2y2 Jahren bei Strumektomie ohne Sch ulen die Drainage
fortgelassen hat.
R o s t - Heidelberg erwÀhnt in beziig auf die Narkose hei
Strumektomie, daĂ nach seinen mit Ellinger gemeinsam an-
gestellten Versuchen sich bei lÀnger dauernder' Aelher- oder
Chloroformnarkose das OxyhÀmoglobin in MethÀmoglobiu um-
wandele, was auch nicht durch SauerstofTzufuhr verhindert werde.
Dies erklÀre viele SchÀdigungen.
K ö n i g - WĂŒrzburg tritt ebenfalls fĂŒr die doppelseitige
Strumektomie ein. Das Fortlassen des Drains hĂ€lt er fĂŒr einen
Sport. Er tritt fĂŒr ein Operieren in Narkose, besonders bei Ba-
sedow ein.
M e i s e 1 - Konstanz unterbindet seit 1911 die Arterien und
operiert dadurch unblutig. Er wendet sich geg?n die Injektions-
therapie der Strumen, welche die spÀtere Operation sehr er-
schweren.
Kir sehn er -Königsberg halt das S t r e i s s 1 e r sehe Ver-
fahren fĂŒr unserem gewohnten chirurgischen Vorgehen wider-
sprechend. Auch könne man dabei retrosternale Kröpfe ĂŒber-
sehen.
L Ă€ w e n - Marburg tritt fĂŒr eine Verbindung der Lokalan-
Ă€sthesie mit der Allgemeinnarkose, bei Kropfoperationen ein.
Kau s c h - Berlin erinnert, daĂ die zweiseitige Strumektomie
schon vor 12 Jahren empfohlen sei. Die Unterbindung der Arteria
thyreoidea inferior ist zu vermeiden. Er empfiehlt die Operation
nach reichlichen Skopolamingaben in Aether- (nicht Chloroform
Narkose vorzunehmen.
P f a n n e r - Innsbruck macht! auf einen Nachteil der von
Streissler empfohlenen Methode aufmerksam, d. i. die Frei-
prÀparierung der Trachea, welche dadurch spÀter verwÀchst. Die]
Kranken behalten dadurch trotz Strumektomie ihre Atembe-
schwerden. Um dies zu vermeiden, muĂ die Trachea bedeckt
bleiben.
v. H a b e r e r - Innsbruck : Operation zweier intratrachealer
Tumoren.
Beide Male handelte es sich um Frauen, bei denen die Operation«
wegen hochgradiger Erstickungsgefahr dringend war. In dem
einen Falle handelte es sich um ein Fibroadenom, das von der1
Schleimhaut ausging, im zweiten Falle um eine intratracheale
Struma, welche bei sorgsamster Untersuchung keinen Zusammen-
hang mit der auĂerhalb liegenden Struma erkennen lieĂ.
König -WĂŒrzburg: Zur Operation des Oesophagusdivertikil.
Es konkurrieren heute das Goldma mische und da*
Koch er sehe Verfahren. Redner schlÀgt einen anderen Weg
vor. Nach Freilegung hat er das Divertikel nach oben unter den .
Omohyoideus gezogen, es an diesem fixiert. Eine weitere Fixation,;
findet am Zungenbein statt. In 2 FĂ€llen erzielte er auf diese]
WTeise einen glĂ€nzenden Erfolg und glaubt sie gegenĂŒber den
Nachteilen der bisher angewandten Operalionsmethoden empfeh-
len zu können.
S c h 1 o f f e r - Prag hat 4 Divertikel operiert, 3 einzeitig,
] zweizeitig. Das einzeitige Verfahren ist vorzuziehen, kann aber
nicht immer angewandt werden. Zur Vermeidung von Rezidiven
kommt es auf genaue Freilegung des Stiels an. Am besten hat
sich ihm die K u 1 e n k a m p f f sehe Methode bewÀhrt. Bei zwei
zeiligem Vorgehen soll man die zweite Operation nach 5â7 Tagen
ausfĂŒhren.
v. Haber er- Innsbruck berichtet ĂŒber einen Fall von Ma-
genblutung. welche durch eine Verbindung eines groĂen retroster-
nalen Kropfes mit einem Oesophagusdivertikel verursacht war.
F i n s t e r e r - Wien weist auf die Gefahr der Unsicherheit
der Naht hin und empfiehlt eine Lappenbildung mit Muskelver-
doppelung.
v. H o f m ei s t e r - Stuttgart hat 9 Divertikel einzeitig
operiert und empfindet kein BedĂŒrfnis nach neuen Methoden. Er
halle einen Todesfall, in 5 FĂ€llen gleichzeitig eine retrosternale
Struma entfernt. Die Hauptsache ist die Sicherheit der Naht. Der
freigelegte Sliel wird zwischen 2 Klemmen durchtrennt und dop-
pelt ĂŒbernĂ€ht.
E r k e s - Reichenberg hat eine Stenose unterhalb des Diver-
tikels beobachtet.
Lengemann - Bremen erinnert an das Verfahren der Ein-
stĂŒlpung des Divertikels nach innen.
P e r t h e s - TĂŒbingen hat die gleichen Erfahrungen wie
v. PI o f meist er gemacht. Die Hauptsache ist die gute Versor-
gung des Stumpfes.
König hebt in seinem SchluĂworte noch einmal hervor, daĂ
die Fistelbildung und Rezidivgefahr durch sein Verfahren ver-
mieden wird.
Kurtzahn -Königsberg: Zur Radiumbestrahlung des
Oesophaguskarzinoms.
Anlegung einer Magenfistel. Schlucken eines Seidenfadens mit
40. Jahrg. â Nr. 20/21.
KongreĂberichte
Schrolkugeln. mil «Irin es in 87 Proz. der FÀlle, in welchen eine
Sondierung nicht gelang, in den Magen zu kommen glĂŒckte, Ein-
fĂŒhrung durch den Seidenfaden einer das Radium hallenden Kap
sei. deren richtiger Sitz durch das Röntgenbild zu kontrollieren
ist. 7 Kranke wurden bis 10 Monate bestrahlt, 1 sind wieder voll
arbeitsfÀhig, einer hat 14 Pfund zugenommen. SÀmtliche können
wiedei' gut schlucken.
KĂ€ppis- Kiel hat ebenfalls gute Resultate mit der Radium-
bcstrahlung bei Oesophaguskarzinom erzielt. In einem Falle, in
welchem die Natur der Erkrankung durch mikroskopische Unter-
suchung eines mit Oesophagoskop entnommenen StĂŒckes festge-
stellt ist, erzielte er eine ĂŒber 2lA Jahre andauernde Heilung.
FrĂŒnd-Bonn: Die operative Behandlung der Osteochon-
dritis iuvenilis.
Die Prognose der Perthes sehen Krankheit ist nicht so gĂŒn-
stig, wie sie von Perthes hingestellt ist. Es bleibt oft eine
Schmerzhaftigkeit und BeschrĂ€nkung der Beweglichkeit zurĂŒck.
In solchen FĂ€llen ist die Herstellung eines guten Kopfes indiziert.
Zu diesem Zwecke bedienten sie sich des von Axhausen be-
schriebenen Verfahrens, Freilegung des HĂŒftgelenkes mit Ab-
meiĂelung des Trochanter major, Exstirpation der Gelenkkapsel,
Neuformung des deformierten Kopfes, dann Annagelung des
Trochanter und zwar bei Vorhandensein des Trendelen-
burg sehen PhÀnomens etwa 2 cm tiefer. Die Operation wurde
bei 3 Kranken mit gutem Erfolge ausgefĂŒhrt (VorfĂŒhrung der-
selben). Sie darf erst nach abgeschlossenem Wachstum unternom-
men werden.
Hildebrand - Berlin betont, daĂ die Operation vor 10
Jahren zuerst von ihm ausgefĂŒhrt und von Axhausen beschrie-
ben ist. Er hat sie etwa 25mal gemacht, einmal auch doppel-
seitig.
Brandes- Kiel betont, daĂ es sich eigentlich nicht um eine Be-
handlung der Osteochondritis, sondern ihrer FolgezustÀnde han-
delt. WĂ€hrend der Erkrankung selbst soll man sehr konservativ
sein. Die Prognose ist im allgemeinen doch als gut zu bezeich-
nen. 10 FĂ€lle wurden 7 Jahre hindurch beobachtet und hielten sich
gut. Richtige Stellung und gute Nachbehandlung seien von
groĂer Wichtigkeit.
Perthes - TĂŒbingen hĂ€lt die Prognose des Leidens doch
fĂŒr gĂŒnstig. Von 18 FĂ€llen sei die HĂ€lfte mit guter Funktion aus-
geheilt. Er fragt nach dem operativen Knorpelbefund bei FrĂŒn d.
Lengemann - Bremen empfiehlt die vorgefĂŒhrte Operation
bei echter Arthritis deformans.
Axhausen - Berlin betont gegenĂŒber der Frage von Per-
thes, daà man von den anfÀnglichen ErnÀhrungsstörungen in
spÀteren Zeiten an dem Knorpel sowohl bei der Perthes sehen
Krankheil wie bei der Arthritis deformans nichts mehr nach-
weisen kann.
FrĂŒnd-Bonn: SchluĂwort.
Lotsen- Berlin : Ueber Cranio-cleido-dysostosis congenita.
Er zeigt eine Kranke, welche ĂŒber dauerndes GefĂŒhl des Ein-
geschlafenseins im rechten Arm klagte, Àhnlich, wie es sich bei
Halsrippen findet. Die Untersuchung ergab ein Fehlen des dista-
len Drittels beider SchlĂŒsselbeine. Sie ist infolge dieses Fehlens
des Gelenkteiles des SchlĂŒsselbeines imstande, die Schultern ganz
nach vorne zu schieben, so daĂ sie sich beinahe berĂŒhren.
Gleichzeitig findet sich, wie das Röntgenbild zeigt, auch eine Ano-
malie der SchÀdelknochen (daher der Name). Ein Bruder der
Kranken zeigt eine Ă€hnliche MiĂbildung der SchlĂŒsselbeine. Als
Nebenbeobachtung lehrt der Fall, daĂ dlie bei SchlĂŒsselbein-
bruch eintretende Verschiebung nicht durch Muskelzug, sondern
durch die Schwere des Schulterblattes herbeigefĂŒhrt wird.
A. B r un n e r- MĂŒnchen: Die Prognose bei der operativen
Behandlung der Lungentuberkulose.
Unter den verschiedenen Verfahren stehen an erster Stelle der
kĂŒnstliche Pneumothorax und die extrapleurale Thorakoplastik
Die Erfahrungen ĂŒber die letztere beziehen sich auf 500 von
Sauerbruch in ZĂŒrich und MĂŒnchen operierte FĂ€lle, von
denen ĂŒber 381 mit einer Heilungsziffer von 35 Proz. von Sauer-
b r u c h bereits berichtet ist. Redner berichtet ĂŒber 116 in den
letzten 3 Jahren bis Oktober 1921 operierte FĂ€lle mit 13 (11 Proz. )
FrĂŒhtodesfĂ€llen in den ersten 4 Wochen, 15 TodesfĂ€llen (13 Proz.)
innerhalb des ersten Jahres, also einer GesamtmortalitÀt von 28
(27 Proz.). Verschlechtert und unverÀndert geblieben sind 12
(10 Proz.), gebessert 31 (27 Pro/..), bazillenfrei wurden 15 (39 Pro-
zent j, von denen 18 bereits wieder ihre BerufstÀtigkeit aufge-
nommen haben. Die Zahlen sind ungefÀhr den von v. Murall
und Saugmann ĂŒber Behandlung mit Pneumothorax angege
Innen gleichzusetzen. Von gröĂter Bedeutung fĂŒr den ganze;
Verlauf der Erkrankung und auch die operative Indikalionssh I
hing ist das pathologisch-anatomische Bild. Auf vorwiegend |,
duktive und zirrhotische Tuberkulosen kommen nur 10 Proz--
TodesfÀlle, auf 49 exsudative Phthisen 43 Proz. Die wei l vollste
Untersuchungsmethode zur Unterscheidung der anatomischen
Formen ist die Röntgenaufnahme. I>ic linksseitige Tuberkulose
gibt eine bessere Prognose als die rechtsseitige. Redner unter
scheidet 3 Gruppen, von denen die erste die rein einseitigen
duktiven Formen mit langjÀhrigem BestÀnde und deutlicher Ihi
lungstendenz durch Schrumpfung umfaĂt, zur zweiten auch noch
vorwiegend produktive Formen mit von subfebrilen Tempera
turen begleiteten exsudativen VorgÀngen oder leichtem \ iter
griffensein der anderen Seite gehören, die dritte, von allen exsu
dativen, rasch progredienten und fieberhaften FĂ€llen mit starker
BeeintrÀchtigung des Allgemeinbefindens gebildet wird. Das Ope
rationsresullat dieser 3 Gruppen ist ein sehr verschiedenes, aber
auch bei der dritten Gruppe wurden noch 16 Proz. gebessert und
10 Proz. bazillenfrei gemacht. Bei dieser dritten Form soll aber
zuerst der kĂŒnstliche Pneumothorax und wenn dieser nicht mög-
lich, die kĂŒnstliche ZwerchfellĂ€hmung (Exalrese des N. phrenicus
nach Felix) gemacht werden. BezĂŒglich der Technik der Thora-
koplastik wird die BeschrÀnkung der einzeiligen Operation auf
die erste Gruppe empfohlen, wÀhrend ein zwei- oder mehrzeiti-
ges Vorgehen fĂŒr die anderen FĂ€lle bevorzugt werden soll. Zur
Narkose wird bei geringen Auswurfmengen Aethernarkose, in
der Regel die örtliche BetÀubung in der Form der interkostalen
LeitungsanÀsthesie empfohlen.
G ö t z e - Frankfurt a. M.: Die radikale Phrenikotomie als
selbstÀndiger therapeutischer Eingriff bei der chirurgischen
Lungentuberkulose.
Die radikale Phrenikotomie ist dem Pneumothorax vorzu-
ziehen, weil sie eine Dauerstellung des Zwerchfells bedingt, wÀh-
rend das Aufgeben des Pneumothorax stets einen Sprung ins
Dunkle darstellt. Auch kann die Phrenikotomie zur UnterstĂŒtzung
des Pneumothorax gemacht werden. Das Verfahren von Felix
bedingt einige Gefahren. So ging in dem einen Falle der Nerv
durch einen gashaltigen AbszeĂ, in einem anderen Falle war er
in verkÀste Herde eingebettet.
F e 1 i x - MĂŒnchen berichtet ĂŒber seine Beobachtungen mittels
der Exairese. Die Erfolge, welche sich auf 32 FĂ€lle erstrecken,
von denen 30 Lungentuberkulose betrafen, sind besser als mit der
einfachen Phrenikotomie, weil durch Extraktion des Nerven
sicher auch die Nebenwurzeln, die aus dem 5. Zervikalsegment
stammen, ausgeschaltet werden. Durch das Röntgenbild wurde
der gute Hochstand des Zwerchfells noch nach langer Zeit fest-
gestellt.
R e h n - Freiburg: Demonstration zur Krage des Pleura-
empyems.
Bei der Schwierigkeit der Ausheilung slarrwandiger Empyeme
muH immer von neuem betont werden, daĂ die. Hauptsache die
Prophylaxe, die Vermeidung des ZurĂŒckschnellens der Lunge und
des Fehlens ihrer Wiederausdehnung ist. Eine andere Ursache
liegt in dem Bestehen einer Bronchialfistel. Sie mit dem Auge
nachzuweisen, ist sehr schwierig. Man kann sie auf chemischem
Wege nachweisen, indem man Azeton einatmen lĂ€Ăt. Stellt man
nun mit dem Exsudat die Li eben sehe Probe an, so entwickelt
sich Jodoform. In einer groĂen Anzahl von FĂ€llen wurde bei
jeder Punktion die Probe angestellt und oft von FĂ€llen positiv
befunden.
Planner - Innsbruck: Ueber das spontan entstehende inter-
stitielle Lungen- und Media stinalemphysem und den Spannungs-
pneumothorax.
Redner bespricht mir die mechanische Behinderung der
Atmung. Man muĂ zwischen einer inspiratorischen und einer
exspiratorischen Ventilstenose unterscheiden. Bei der ersteren
.Beispiel: Polyp oberhalb der Glottis, doppelseitige Stimmband-
lÀhmung) ist die Lunge hyperÀmisch; es besteht eine Stauung in
beiden Herzen, die Hohlvene ist mit Blut ĂŒberfĂŒllt. Bei der
exspiratorischen Ventilstenose (Beispiele. Polyp unterhalb der
Glottis, Fremdkörper in der Trachea, intratracheale Tumoren und
extratracheale, welche einen Druck auf die Trachea ausĂŒben, wie
Struma, Thymus) ist die Lunge anÀmisch, geblÀht: es kommt zu
interstitiellem Lungenemphysem, kann auch zu Haulemphysem
und spontanem Pneumothorax und zwar zu dem manlelförmigen
kommen. Die Atmungsbehinderung wird also durch einen Reflex
ausgelöst der von HyperÀmie bzw. AnÀmie'* der Lungen ausgeni
Die 'vielumstrittene Frage des Thymustodes im SĂ€uglingsalter
kann nach dieser ErklÀrung aus der Beschaffenheit der Lunge,
die also ahmĂ€isch sein muĂ, gelösl werden.
R i t l c r - DĂŒsseldorf macht auf die Entstehung des Pneuinn
thorax durch Gasbrandbazillen aufmerksam
398
KongreĂberichte
40. Jahrg. âNr. 20/21.
Reschke - Greifswald: Epithelisierungsversuche.
GegenĂŒber dem Braun sehen Verfahren ist man in der
Klinik von Pels-Leusden so vorgegangen, daĂ Epidermis
von der Haut abgeschabt wurde und mit Serum zu einem Brei ge-
mischt wurde, der dann unter die zu ĂŒberhĂ€utende Granulations-
flÀche in Furchen gespritzt wurde. Es entwickelten sich lÀngs
dieser Furchen Hautstreifen, von denen aus eine schnelle Ueber-
hÀutung der GranulationsflÀche stattfand. Eine Vorbereitung
derselben ist nicht erforderlich.
Wildegans - Berlin berichtet ĂŒber gute Erfolge mit dem
Braun sehen Verfahren und beschreibt den histologi-
schen Befund bei Anwendung desselben.
K 1 e 1 1 - Hamburg sah in einem Falle die Entwicklung einer
Epithelzyste.
Pels-Leusden - Greifswald kann die Methode sehr emp-
fehlen. Die Resultate in seiner Klinik waren sehr zufrieden-
stellende. Er hat dann mit dem Brei auch ein Ulcus rodens unter-
spritzt und Heilung gesehen. Die BefĂŒrchtung, daĂ sich Epithel-
zellen mit malignem Charakter entwickeln könnten, hĂ€lt er fĂŒr
unberechtigt, da zur Entwicklung eines Karzinoms mangelhaftes
minderwertiges Epithel gehört, was hier nicht vorliegt.
Braun- Berlin schildert die VorzĂŒge seiner Methode und
zeigt an einigen Bildern die guten Erfolge.
K a u s c h - Berlin will das Braun sehe Verfahren nicht als
das Normalverfahren anerkennen, sondern im Gewöhnlichen die
T h i e r s c h sehen Transplantationen, wie sie von "dem Erfinder
angegeben, gebrauchen, mit welchen er stets gute Erfahrungen
gemacht hat.
Bier -Berlin kann das B r a u n sehe Vorgehen warm emp-
fehlen.
M ĂŒ 1 1 e r - Marburg: Untersuchungen ĂŒber die Wirkung
dauernder mechanischer Insulte auf den Knochen.
Durch Resektion eines StĂŒckes des Radiusschaftes oder An-
legen einer Pseudarthrose des Radius entsteht an der gegenĂŒber-
liegenden Stelle der Ulna ebenfalls ein UmwandlungsprozeĂ, den
Redner als durch abnorme Beanspruchung bedingt erklÀrt. Die
Methode, den Radius experimentell auszuschalten (Resektion) und
die Ulna abnorm zu beanspruchen, bot Gelegenheit, die Wirkung
mechanischer Ueberbeanspruchung auf die Wachstumszonen zu
studieren. Es lieĂen sich dadurch die gleichen pathologisch-
anatomischen Bilder erzielen wie bei rachitischen Erkrankungen.
Es handelt sich hier also um keine spezifischen Prozesse, son-
dern lediglich um Reaktionen auf Beanspruchungseinwirkungen.
Das Pathologische ist nur die Herabsetzung der Toleranzgrenze
des Knochengewebes fĂŒr mechanische Insulte. Dasselbe ersibt
sich aus dem Vergleich experimentell gewonnener Röntgenbilder
mit solchen von Genu valgum und Genu varum adolescentium.
Ma r t i n - Berlin will die ErklĂ€rung von MĂŒller fĂŒr das
Auftreten einer Pseudarthrose am gegenĂŒberliegenden Knochen
nicht anerkennen. Er macht auf die WidersprĂŒche aufmerksam,
nach denen vermehrte Beanspruchung einmal zu Knochenappo-
sition, ein anders Mal zu Knochenschwund fĂŒhren soll. Er hĂ€lt
die Annahme eines sympathischen Knochenschwundes aufrecht
und glaubt, daĂ zwischen dem Parallelknochen physiologische
Beziehungen bestehen, deren Natur uns noch unbekannt ist.
K i r s c h n e r - Königsberg: Zur Technik der Knochennaht.
Unsere bisherigen Methoden, KnochennÀhte anzulegen, er-
fĂŒllen nicht den Zweck der Festigkeit, die man an sie stellen
muĂ. Redner hat sich daher ein Instrument anfertigen lassen, das
eine Zange darstellt, mit welcher die DrÀhte derartig gespannt
werden können, daà sie nunmehr absolut fest den Knochen um-
spannen. Es folgt eine Verlötung und Verschraubung. Die
Knochenfragmente liegen dann so fest, daĂ alle Bewegungen aus-
gefĂŒhrt werden können, ohne daĂ sie sich verschieben. Nur
hierdurch wird ein Vorteil der blutigen Methode gegenĂŒber der
unblutigen entstehen, der eine weitere Indikation ihrer Anwen-
dung gestattet. Als einzig zuverlÀssiger Draht hat sich ihm
Klaviersaitendraht bewÀhrt.
Schanz- Dresden: SubtrochantÀre Osteotomie bei nicht-
rcponibler angeborener HĂŒftverrenkung.
Redner fĂŒhrt 2 Kranke vor, bei denen die Operation ausge-
fĂŒhrt, und zeigt den guten Gang derselben, der sich bedeutend
gegen frĂŒher gebessert hat und erlĂ€utert an einem Modell die
Vorteile der Methode.
F rĂ€ n k e 1 - Berlin: HĂŒfteinrenkung im Erwachsenenalter und
der Musculus ileopsas als Repositionshindernis.
Nachdem unter starker Extension und Gegenextension mit
Draht am Beckenkamm der Knochen heruntergeholt ist, wird die
Einrenkung ebenso, wie im jĂŒngeren Alter vorgenommen. Oft
bedarf es dazu der Durchschneidung des Ileopsoas, die von einem
vorderen Schnitte vorgenommen wird. In 3 FĂ€llen gelangte
Redner zu dem gewĂŒnschten Ziele bei 18 jĂ€hrigen MĂ€dchen. Ein
Hauptaugenmerk ist naturgemÀà auf die Nachbehandlung zu
richten.
Ni ed e n - Jena: Zur Wahl der pyelographischen Kontrast-
mittel.
Redner hat die verschiedenen Mittel einmal nach der Seite
der unmittelbaren GewebsschÀdlichkeit, zweitens nach der StÀrke
der Schattengebung untersucht. Am besten hat sich von den
Halogenverbindungen Jodlithium bewÀhrt, ef folgen Bromkalium,
Jodnatrium, am schlechtesten war Pyelon, von den anderen Mit-
teln war Jodkollargol am besten, es folgte Elektrargol, kolloidales
Wismut, an letzter Stelle Kollargol, aber alle diese Verbindungen
waren mehr gewebsschÀdigend als die Halogene. Den stÀrksten
Schatten gewÀhrte 20 proz. Jodlithiumlösung, den schlechtesten
Kollargol. Die Jodlösungen gewÀhrten mehr Schatten als die
Bromlösungen. Pyelon gaben schwachen Schatten. Klinisch
hat er von den Halogenen keinerlei SchÀdigungen gesehen.
G u 1 e c k e - Jena: Zur Frage der Prostatektomie.
Wenn auch die eigentliche FrĂŒhoperation der Prostatektomie
abgelehnt ist, so muĂ man doch nach Wegen suchen, die Chancen
der Operation durch frĂŒheres Operieren, als es oft geschieht, zu
bessern. Ein zweiter Weg liegt in der weiteren Ausdehnung des
zweizeitigen Operierens. Von 55 FĂ€llen wurden 39 einzeitig.
16 zweizeitig operiert. Unter den TodesfÀllen mit einzeitigem
Vorgehen finden sich auch solche, die an den Folgen der Harn-
infektion gestorben sind. Diese wÀren vermutlich besser zwei-
zeitig operiert worden. Die GesamtmortalitÀt betrug 18,2 Proz.
Bei der einzeitigen Operation wurde die Blase 30 mal primÀr
genĂ€ht (Zweietagennaht). FĂŒr 3â5 Tage blieb ein Dauerkatheter.
20 FĂ€lle heilten, in 10 FĂ€llen ging die Naht am 9.â 10. Tage auf.
1 Todesfall ist zu verzeichnen. Von anderen Komplikationen sind
Nachblutungen, Epididymitiden und Dauerkatheter zu erwÀhnen.
L À w e n - Marburg empfiehlt ein kombiniertes Vorgehen.
Er macht einen perinealen LÀngsschnitt und drÀngt die Prostata
mit einem eigens dazu konstruierten Spatel bei der nunmehr er-
folgenden suprapubischen Operation sich entgegen. SpÀter wird
der Spatel durch einen Tampon ersetzt, der am 5. Tage entfernt
wird.
F i s c h e r - Frankfurt a. M. hat in 20 FĂ€llen die Operation
nach Völcker ausgefĂŒhrt und gibt ihr den Vorzug vor dem
suprapubischen Verfahren.
Ebenso rĂŒhmt K 1 e i n s c h m i d t - Leipzig die VorzĂŒge der
Völcker sehen Operation, die er in 11 FÀllen unter Lumbal-
anĂ€sthesie mit gutem Erfolge ausgefĂŒhrt.
K ĂŒ m m eil -Hamburg hĂ€lt den primĂ€ren SchluĂ der Blase
nur in wenigen FĂ€llen fĂŒr erlaubt. Man soll möglichst zweizeitig
operieren, wenn auch die zweizeitige Operation einen Notbehelf
darstellt. Gegen Blutung hat sich die resorbierbare Tamponade
bewÀhrt.
v. H a b e r e r - Innsbruck spricht sich ebenfalls fĂŒr ein zwei-
zeitiges Operieren aus. Er empfiehlt die Resektion der Vasa
deferentia.
C o e n e n - Breslau berichtet, daà die MortalitÀt nach Ein-
fĂŒhrung der Völcker sehen Operationsmethode von 12 auf
5 Proz. gesunken sei.
P el s -L e u s d e n - Greifswald tritt fĂŒr die perineale Pro-
statektomie ein.
V ölek e r - Halle betont die Notwendigkeit des zweizeitigen
Vorgehens bei der suprapubischen Operation und empfiehlt die
Erweiterung der Fistel nach KĂŒmmell mit Laminariastiften.
v. Hof meist er -Stuttgart ist von der suprapubischen zur
perinealen Operation ĂŒbergegangen. Er verfĂŒgt ĂŒber den erforder-
lichen langen Finger. Er ist mit dem Vorgehen sehr zufrieden
Nachtrag zum 2. Verhandlungstage.
Baensch -Leipzig: Ueber die Beziehung der Metastase zum
PrimÀrtumor in der Röntgentherapie.
Eine Beeinflussung der Metastasen durch Bestrahlung de*
PrimÀrtumors findet nicht statt, wie genaue Untersuchungen mit
Abdeckung der Metastasen ergeben haben. Dagegen konnte eine
RĂŒckbildung der DrĂŒsen, deren karzinomatöse Natur vorher
durch Untersuchung eines exzidierten StĂŒckes festgestellt war.
beobachtet werden.
Zu Ehrenmitgliedern wurden gewÀhlt John Berg- Stock-
holm, KĂŒster -Berlin, M a rch a nd - Leipzig und Rehn-
Frankfurt a. M., zum Vorsitzenden fĂŒr das Jahr 1923 Lexer-
Freiburg.
ortschriiie der Medizin
Die Wochenschrift des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von* HAN S PUSCH, Berlin SW4Ă, Wilhelm - Stra&e 20 / Fernsprecher Liitzow 0057
Nr. 22/23
Berlin, den 7. Juni 1922
40. Jahrgang
Oer Verlag behĂ€lt sieh das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OnginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist vor.
Aus der II. chirurgischen Abteilung des Rudolf- Virchow-
Krankenhauses Berlin (Dirigierender Arzt: Prof. Unger).
Nebennierenexstirpation bei Epilepsie.
S a m 111 e 1 r e f e r a t.
Von Dr. Kurl W o h 1 g e m u t h, Oberarzt:
In einer Reihe von Arbeiten hat sich H. Fischer
*eĂen) mit der Pathogenese des Krampfes â speziell des
ileptischen â beschĂ€ftigt. Auf Grund klinischer Betrach-
ng und einer groĂen Zahl von Tierexperimenten ist er zu
lgenden Ergebnissen gekommen: Der Krampf ist nicht, wie
sher meist angenommen, eine FĂ€higkeit lediglich des Ge-
!rns, sondern âdie Reaktion eines im ganzen Organismus
rgebikleten Mechanismus, auf bestimmte Reize mit
rÀmpfen zu reagieren." Der Krampf ist seiner Erschei-
ungsform nach zunÀchst eine Leistung der quergestreiften
uskulatur. Da nun ein enger funktioneller Zusammen-
ng zwischen Muskelarbeit und Nebennierensystem be-
bt, prĂŒfte Fischer die Wirkung der Nebennierenexstir-
tion auf die Krampfbereitschaft und den Krampfverlauf
i Tieren. Dabei zeigte sich, daĂ mit Reduzierung der Ne-
nnierensubstanz die FĂ€higkeil des Organismus, auf he-
mmte Reize mit KrÀmpfen zu reagieren, abnahm. Nach
ppelseitiger Nebennierenexstirpation konnten beim Ka-
ttchen mit dem Krampfgift Amylnitrit keine KrÀmpfe
ehr ausgelöst werden. Auf Grund dieser experimentellen
dien hat Fischer angeregt, die Nebennierenreduktion
im Epileptiker als krampfheilendcs Mittel vorzunehmen.
Die experimentellen Grundlagen der F i s c h e r sehen
lue sind bisher nur von Specht in gröĂerem Umfange
ehgeprĂŒft worden. Er kommt bei völlig gleicher Ver-
ehsÀnordmmg zu einem gÀnzlich anderen Resultat: Nach
erausnahme einer Nebenniere oder zugleich des gröĂten
eiles der anderen bestand bezĂŒglich der Krampfreaktion
f Amylnitrit in der Regel kein wesentlicher Unterschied
genĂŒber dem Verhalten vor der Operation. Bei mit Te-
istoxin geimpften Tieren könnte der Krampf weder auf-
hoben noch abgeschwÀcht werden.
Beim Menschen ist die Operation in einer ganzen Reihe
n FĂ€llen mit recht verschiedenartigem Resultat ausgefĂŒhrt
Orden. Die lxugefĂŒgte Tabelle soll zunĂ€chst einen Ueber-
ick ĂŒber die in der Literatur niedergelegten FĂ€lle geben.
Der erste, der die Operation vorgenommen hat, war
rĂŒning. Er empfiehlt zur Freilegung der Nebennieren
s transperitoneale Vorgehen und beschreibt genau die
echnik; er exstirpiert stets die linke Nebenniere, trotzdem
e normalerweise etwas höher steht als die rechte, um die
öglichkeit einer Leberverletzimg mit ihrer störenden Bill-
ig zu vermeiden. WĂ€hrend Seif feit, v. Brunn und
Schmieden sich diesem Operationsverfahren an-
schlieĂen, raten Bumke und KĂŒitner, die Nebennieren
von einem Lumbaischnitt aus freizulegen: nach dieser Me-
thode operierten S t e i n t h a 1, S a n d ör, Sulta n,*B a r -
lenieuer, Po h r t und K u t s c h a - L i s s b e r g.
Die OperationsmortalitÀt ist gering. Nur Sandor be-
achtet ĂŒber einen Todesfall (Bronchitis, Bronchopneumonie,
Empyem). Von schweren direkten Operatiönsfoljgerj ist auch
nur wenig bekannt. Sandor sah noch einen zweiten Fall
von Empyem, der aber durch Rippenresektion geheilt winde.
S t e i n t h a 1 erlebte eine schwere Blutung, muĂte die Vena
renalis unterbinden und infolge eingetretener Nekrose 'Ii i
Niere diese entfernen.
Autor
Ol
Ii
N t!
V
-o
Operations-
weg
Geheilt
Wesentlich
gebessert
VorĂŒbergeh.
geb. Ender-
folg schlecht
5
â
ta
i
Gestorben
Bemerkungen
BrĂŒning
14
Transperi-
toneal
2
3
e
3 Behandlung noch
nicht abgeschlossen
Schmieden
u. Peiper
7
7
7
Steinthal
Lumbal
1*
6
* Starke operative
Blutung.
Unterhindung d ?r V.
renalis Nephrec-
tomie. â Ei hĂ€lt
Lumin al.
Sandor
4
2*
1
1'
i Empyem)
* Beobacblungszeit
4 Wochen betw.
12 Tage
Sultan
5
1
2
3
Seiffert
Transperit.
1
Nebenniere cystisch
degenerie t
Kutscha-
Lissberg
2
2
3
1
Lumbal
2
Beobachtungszeit
Va Jahr bezw.
7 Wochen
v. Brunn
Transperit
2
Beobacbtungs - eit
2''.; be â w. 2 Mon.
Bardfnheuer
Lumbal
3
NĂ€here Angaben
feh^n
Beobachtungszeit ?
Pohrt
1
ir.
10 1 10
1
7
15
1
3 noch in Behandlung
Die Erfolge der Operation werden, wie aus der Tabelle
ersichtlich ist, recht verschieden bewertet. Von den 46 be-
schriebenen FĂ€llen werden 10 als geheilt, angegeben. Die
FÀlle von Sandor und von v. Brunn können aber als
Dauerheilungen nicht angesehen werden, da die Beobach-
tungszeit viel zu kurz ist (s. Tabelle); kurze vorĂŒbergehende
Besserungen werden ja auch sonst bei der Epilepsie beob-
achtet. Bei den drei FĂ€llen von Bardenheuer fehlen
nĂ€here Angaben ĂŒber die Beohachtimgsdauer. Der geheilte
Fall von Ste i nthal muà hier auch aus einem spÀter noch
zu besprechenden Grunde ausschalten. Es bleiben demnach
als sichere (Dauer-) Heilungen nur die zwei FĂ€lle von
B r ĂŒ n i n g. Als wesentlich gebessert werden weitere 10
FĂ€lle angefĂŒhrt. Hier muĂ zum mindesten ein Fall von
Kutscha-LiĂberg wegen zu kurzer Beobachtungszeit
(7 Wochen) hei der Beurteilung des Wertes der Operation
ausscheiden. Einen geradezu verblĂŒffenden momentanen
Erfolg in ihren 7 FĂ€llen sahen S c h m i e d e n und P e i p e r;
der Erfolg war aber nur sehr vorĂŒbergehend; in allen FĂ€llen
trat der alte Zustand in kurzer Zeit wieder ein. Ganz un-
beeinfluĂt durch die Operation blieben 15 FĂ€lle. FaĂt man
die Resultate zusammen, so muĂ man sagen, daĂ die Ope-
ration den auf sie gesetzten Erwartungen nicht entsprochen
hat.
Auf die Ursachen eventueller MiĂerfolge hat auch
BrĂŒning schon hingewiesen. ZunĂ€chst war man in der
Auswahl der zu operierenden FĂ€lle noch zu unerfahren.
Zweitens ist die Möglichkeit des Vorhandenseins von Bei -
uebennieren vorhanden, so daĂ die Fortnahme einer Neben-
niere nur eine geringe Substanzverminderung des ganzen
Nebennii Teilsystems ausmachen wĂŒrde. Drittens ist eine
3r
*U0
Hauberrisser: KieferorthopÀdie
Nr. 22/23. â 40. Jahrg.
funktioneile Hypertrophie der zurĂŒckbleibenden Nebenniere
nicht ausgeschlossen. Eine solche kompensatorische Hyper-
trophie konnte Specht im Tierversuch nachweisen. Eine
echte Beinebenniere fand er bei einem Tier. Schmieden
und P e i p e r, Steinthal und Sul ta n lehnen nach
ihren Erfahrungen und dem Li teratur stud ium die Operation
kĂŒnftig ab.
Einen Einwand ganz anderer Art gegen die Fischer-
B r ĂŒ hi ng sehe Operation macht Cord.ua. Er tre-
panierte ein 10 jÀhriges MÀdchen, das 30 bis 40 AnfÀlle
am Tage hatte, in der Annahme, einen Facialisherd
zu finden. Die Operation war sehr blutreich, die
Patientin kollabierte, Wiederbelebungsversuche waren nötig;
irgend ein Herd wurde nicht gefunden; das MĂ€dchen erholte
sich aher wieder und war von ihren KrÀmpfen geheilt. Nach
Jahren sollen sich aber die KrÀmpfe wieder eingestellt
haben. Cor du a hĂ€lt es fĂŒr nicht unwahrscheinlich, daĂ
allein der starke Blutverlust bei der Operation die KrÀmpfe
zum Schwinden gebracht hat. Im Hinblick auf diese Mit-
teilung ist doch auch auffallend, daĂ von den 7 FĂ€llen von
S t e in t h À 1 nur der eine mit dem starken operativen Blut-
verlust geheilt wurde, wĂ€hrend die ĂŒbrigen 6 unbeeinfluĂt
blieben. DaĂ nach anderen Operationen eine Epilepsie ver-
schwand, berichtet auch P r i b r a m, der nach einfacher
Appendektomie die KrĂ€mpfe zurĂŒckgehen sah, und B a z y
nach einer Appendektomie und zwei Operationen wegen
Leistenhodens.
Das Blutbild ' nach der Nebennieren! eduktion hat
S c h 1 u n d untersucht. Er fand eine Herabsetzung der re-
lativen Lymphozytose. Das Bild war im wesentlichen zwi-
schen den polymorphkernigen neutrophilen Leukozyten und
den Lymphozyten zugunsten der ersteren verschoben. Diesen
Bef und bestÀtigen S c h m i e d e n und P e i p e r ; S u 1 1 a n
sah diese Verschiebung nur in den ersten Tagen, spÀter war
das Blutbild normal.
Untersuchungen ĂŒber den Blutzuckerspiegel nach Neben -
nierenexstirpation stellte zuerst Bausch an; er fand, daĂ
derselbe bei geringem Anstieg sich doch in normalen Va-
riationsbreiten hielt. Sultan schlieĂt sich dieser Ansicht
an; Schmieden und Pe i per fanden den Blutzucker-
spiegel um die HĂ€lfte gesunken.
Besonderer ErwÀhnung bedarf noch der Fall von S e i f -
f e r t, der bei der Operation wegen Epilepsie eine zystisc h
degenerierte linke Nebenniere fand.
1. Fischer, Zeitschr. f. d. ges. Neur. 1920.
2. ders., Monatsschr. f. Psych. 1920.
3. ders., D. M. W. 1920, Nr. 52.
4. ders.. Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. 1921.
5. Specht, C. f. Chir. 1921, Nr. 37.
(i. ders., Mittelrhein. Chir.- Vereinigung, Juli 1921.
7. BrĂŒni n g, C. f. Chir. 1920, Nr. 43.
8. ders., D. M. W. 1920, Nr. 49.
U. ders., C. f. Chir. 1921, Nr. 19.
10. Bumke und KĂŒttne r, C. f. Chir. 1920, Nr. 17.
11. P ei per, C. f. Chir. 1921, Nr. 12.
12. S t e i n t h a 1, C. f. Chir. 1921, Nr. 25.
1.3. Sandor, C. f. Chir. 1921, Nr. 25.
14. Sei ff er t, Miltelrhein. Chir.-Ver. Juli 1921.
15. v. Brunn, Ver. niederrhein.-westphÀl. Chir., C. f. Chir. 1921,
Nr. 42.
IG. Bardenheuer, Ver. niederrhein.-westphÀl. Chir.
17. Kutscha -LiĂberg, Wien. klin. W. 1921, Nr. 25.
18'. Schmiede n und P e i p e r, Arch. f. klin. Chir. 1921, Bd. 1 18.
19. Pohrt, Deutsche Zeitschr. f. Chir. 1921.
20. Sulta n, D. M. W 1922, Nr. 5.
21. Bazy, Ref. C. I Chir. 1920, Nr. 45.
22. Prihram, Miltelrhein. Chir.-Ver., Juli 1921.
23. C o r d u a, C. f. Chir. 1921, Nr. 5.
24. Bausch, D. M. W. 1920, Nr. 49.
25. Schlund. 1). M. W. 1920, 'Nr. 46.
N a c h 1 r a g b e i d e r K <> r r c k l u r : In der Sitzung des
Buddpester Aerzlevereins vom 1<S. II. 22 (Klin. W. 1922, Nr. 11)
berichtet mich Bor^zeky ĂŒber 9 operierte FĂ€lle. Er sah in
8 FĂ€llen eine gewisse Besserung bezĂŒglich der Zahl und der
Schwirr der Anfalle, aber keine einzige Heilung. liin Palienl
halle nach 2 Monaten bereits die AnfÀlle in gleicher Heftigkeil
wieder.
Wichtige BerĂŒhrungspunkte zwischen Kiefer»
OrthopÀdie und Allgemeinpraxis.
Von Dr. med. Hauberrisser, Göttingen,
Facharzt fĂŒr Mund-, Zahn- und Kieferkrankheilen.
Die bedeutende Rolle, die der ErnĂ€hrung des Kindes fĂŒr
dessen Entwicklung zugewiesen wird, verdient in gleicher
Weise den Organen eingerÀumt zu werden, die hierbei einen
wesentlichen Anteil haben: den ZĂ€hnen und Kiefern, bezw.
deren normaler Funktion und Gestaltung. Da gerade Ent-
wieklungsslörungen und Anomalien des Kieferapparates
einen schwerwiegenden EinfluĂ auf das Gedeihen des Kindes
ausĂŒben, muĂ eine Ueberwachung schon möglichst frĂŒh-
zeitig einsetzen. Durch die in den letzten Jahren immer
weitei- ausgebildete Schulzahnpflege sind zwar die Voraus-
setzungen fĂŒr eine regelmĂ€Ăige mundĂ€rztliche Ueberwachung
gegeben (zurzeit werden nur die Kinder der Volksschulen,
also der unteren Bevölkerungsschichten regelmĂ€Ăig zahnĂ€rzt-
lich untersucht und behandelt), einem groĂen Teil der
Kinder jedoch â und gerade den Kindern des sogen, ge-
bildeten Mittelstandes, der unter der Not der Zeit am schwer-
sten zu tragen, und durchschnittlich mit drĂŒckenden mate-
riellen Sorgen zu kĂ€mpfen hat â kommen die regelmĂ€Ăigen
Untersuchungen und Behandlungen, die die Schulzahnpflege
gewĂ€hrt, nicht zugute. Diese Kinder sind ausschlieĂlich der
elterlichen und hausÀrzllichen Ueberwachung anvertraut.
Von einer âhausĂ€rztlichen" Ueberwachung im guten alten
Sinn des Wortes â ist jedoch heule in den meisten FĂ€llen
keine Rede mehr; der Arzt wird ein Kind meist nur im Falle
einer ernsteren Erkrankung sehen.
Infolge der eben berĂŒhrten VerhĂ€ltnisse erseheint
es nötig, daà der Arzt bei den einzelnen, gelegentlichen
Untersuchungen auch auf die Zahn- und Kieferentwick-
lung sein Augenmerk richtet, daĂ er frĂŒhzeitig erkennen
kann, ob und wie im einzelnen Falle Abhilfe geschaffen wer-
den muĂ, daĂ er rechtzeitig fachĂ€rztliche Behandlung ver-
anlaĂt und nicht zuletzt, daĂ er ein verstĂ€ndnisvolles Zu-
sammenarbeiten zwischen Arzt, Zahnarzt und Eltern zum
Wohle der kleinen Patienten sicherstellt und fördert. Der
Arzt kommt meist frĂŒher als der Zahnarzt (auch die Schul-
zahnpflege setzt erst mit dem (i. Lebensjahre ein) in die Lage,
die Zahn- und Kieferentwicklung frĂŒhzeitig zu beobachten.
Gerade auf das frĂŒhzeitige Erkennen beginnender
oder z u e r w artender Anomalien legt die moderne Ortho-
dontie besonderen Werl und in dieser Beziehung kann der
Arzt auĂerordentlich segensreich wirken. Durch r e c h t -
zeitige- Ueberweisung in spezialÀrztliche Behandlung eines
Zahnarztes kann den Kindern eine schwierige orthodontische
Behandlung erleichtert oder abgekĂŒrzt, vielleicht ganz er-
lassen, den Eltern aber oft erhebliche Ersparnis an einer
langwierigen und kostspieligen orthodontischen Behandlung
ermöglicht weiden.
Um diesen Aufgaben gerecht zu werden und die oft
schwerwiegende Verantwortung ĂŒbernehmen zu können, muĂ
der Arzt, besonders der Paediater mit den Problemen der
modernen Orthodontie vertraut sein, die maĂgebenden Zu-
sammenhÀnge zwischen Kieferbildung und Kieferanomalien
beherrschen und das Wesen der Kieleranomalien und die
allgemeinen orthodontischen BehandlungsgrundsÀtze kennen.
Es kann nicht Aufgabe der vorliegenden Arbeil sein, alle
einschlÀgigen Fragen erschöpfend zu behandeln; hierzu sei
auf die in den letzten beiden Jahren erschienenen LehrbĂŒcher
von Pf Àff, Herbst, Kranz u. a. (siehe Literaturver-
zeichnis) hingewiesen, die auch den Arzt interessieren. Es
dĂŒrfte jedoch zweckmĂ€Ăig sein, im Folgenden auf die beson-
ders den Kinderarzt berĂŒhrenden Fragen der modernen
Orthodontie zusammenfassend einzugehen.
Die Orthodontie (ĂQ&og = gerade) umfaĂt die
Behandlung der Stellungsanomalien der ZĂ€hne und der
Kiefer, also die Regulierung anormal .stehender ZĂ€hne, vor
allem die Umformung des Alveolarfortsatzes. der Kiefer-
knochen und die dadurch erreichbare VerÀnderung der Ge-
Nr. 22/23. â 40. Jahrg.
Hauberrisser: Kleferorthoptidic
401
fgchtszĂŒgc. Nach Kranz sind hei der orthodontischen Be-
handlung die ZĂ€hne seihst nur vermittelnde Paktoren; durch
sie wird die mechanische Beeinflussung der Kieler ermög-
licht, nur durch sie kann der Knachenab-, Um- und Anbau
jjervorgerufen werden, wodurch ein vollkommen normaler
Eahnbogen, eine einwandfreie Artikulation und damit eine
normale Funktion des Kauapparates erreicht werden kann.
Die mode rne orthodontische Behandlung strebt (liest- nor-
male Artikulation [Artikulation isi das VerhÀltnis der Zahn
reihen des Oberkiefers zu denen des Unterkiefers bei den
sich gegeneinander bewegenden Kiefern (Angle)] als End-
ziel an, unter besonderer BerĂŒcksichtigung und etwaiger Be-
seitigung der Àtiologischen Momente, die einer Ano-
malie zugrunde liegen, wÀhrend die Àlteren Behandlungs-
methoden nur die Symptome der vorliegenden Anomalien
e m j) i r i s e h zu beeinflussen suchte.
Zur ĂŒbersichtlichen Einordnung der zahlreichen Arten
von Stellungsanomalien wurden verschiedene Systeme auf-
gestellt, die teils auf der anormalen Artikulation, teils auf
den Stellungsanomalien der einzelnen ZĂ€hne, teils auf den
Anomalien der Zahnbögen und der Kiefer (Okklusions-
fcaoinalien) basieren. FĂŒr die rein Ă€rztliche Beurteilung
dĂŒrfte im allgemeinen die Einteilung nach Ă€tiologischen
Momenten, in zwei groĂen Gruppen, den primĂ€ren und
seku n d À r e n Anomalien (nach Herbst) am zweck-
mĂ€Ăigsten sein.
Die primÀren Stellungsanomalien treten wÀhrend der
Entwicklung des Gebisses bezw. bei einem in der Entwick-
lung befindlichen Alveolarfortsatz wÀhrend der Den-
tition auf; die seku n d À r e n Anomalien sind bedingt
durch Ă€uĂere Einwirkungen auf die Kiefer bei fertig
ausgebildetem GebiĂ.
Eine Uebersicht ĂŒber die verschiedenen Kieferanomalien
gibt folgende Zusammenstellung:
A. PrimÀre Stellungsanomalien.
1 . Stcllungano m a 1 i e n e i n z e 1 n e r Z À h n e:
a) Drehung um die LĂ€ngsachse (Platzmangel);
1) Durchbruch auĂerhalb der Zahnreihe (Platzmangel);
c) Verlagerung in medialer oder distaler Richtung.
2. B i Ii a noraalien:
Prognathie.
Progenie.
KopfbiĂ,
offener Iii Ii.
tiefer BiĂ,
KreuzbiĂ.
B. SekundÀre Stellungsanomalien.
1. Infolge Zahnverlustes (Operationen, Extraktion").
2. Infolge von Erkrankungen . (Druck und Zug von
Tumoren, Narben-Zug).
Die Orthodontie bezeichnet als BiĂ a n o in a 1 i e solche
Stellungsanomalien, die sich auf die ganze Zahnreihe eines
oder beider Kiefer erstrecken.
Die normale Kicferstellung mit normalem BiĂ (die
oberen FrontzĂ€hne ĂŒber die unteren FrontzĂ€hne ĂŒbergreifend,
die palatinalen Höcker der PrÀmolaren und der Molaren in
den LĂ€ngsfurchen der entsprechenden unteren ZĂ€hne
ruhend) wird mit Orthognathie bezeichnet. Bei der
Progn a t h i e ĂŒberragt der Oberkiefer den Unterkiefer, das
Kinn weicht zurĂŒck. Eine Prognathie kann vorgetĂ€uscht
werden beim Vorhandensein einer Opistognathie, bei
der ein unterentwickelter Unterkiefer einem normal
entwickelten Oberkiefer gegenĂŒber siebt. Bei der Pro-
gerie liegen die VerhÀltnisse umgekehrt; die unteren
FrontzĂ€hne beiĂen hier vor die oberen; Unterlippe und
Kinn stehen vor. Beim Kopf biĂ treffen die Schneiden
der FrontzÀhne senkrecht aufeinander; diese Anomalie kann
Sich in ausgeprÀgten FÀllen auch auf die KauzÀhnc er-
strecken, die sich dann nicht in den LĂ€ngsfurrhen, sondern
mit den Kauhöfkern berĂŒhren. Der offene BiĂ ist durch
mangelhaften SchluĂ der ZĂ€hne charakterisiert. Die rĂŒck-
wÀrtigen Abschnitte der Zahnreihen artikulieren normal;
jedöch in den vorderen Teilen ist eine BerĂŒhrung der ZĂ€hne
nicht möglich. Beim tiefen Bià greifen die lTonlzÀhne
weiter ĂŒbereinander als normal, oft bis zur BerĂŒhrung der
FrontzÀhne mit der Gingiva des Gegenkiefers. Als K re u z -
b i Ă wird eine Verschiebung der Kiefer in frontaler Richtung
bezeichnet, bei der eine Kreuzung der beiden Zahnreihen
meist in der Mittellinie vorbanden ist, so dali au! einer Seite
eine prognathe, auf der andern Seite eine progene Stellung
besteht.
Beim Kinde spielen vornehmlich die primÀren Anomalien
eine Bolle; die sekundĂ€ren sind fĂŒr die kindliche Entwick-
lung von Bedeutung, so weit es sich um vorzeitigen Verlust
von MilchzÀhnen, also um eine gestörte II. Dentition bandelt.
Zur richtigen Erkennung und Beurteilung ist zunÀchst die
eingehende BerĂŒcksichtigung der f ĂŒ r die Kieferbil-
d u hg maĂgebenden Faktoren von ausschlaggebender
Bedeutung, ehe auf die Àtiologischen Momente der Anomalien
und auf die Therapien eingegangen werden kann.
Die Darstellung der anatomischen und entwicklungs-
geschiehtlichen VerhÀltnisse muà als bekannt und den
Rahmen dieser Arbeit ĂŒbersteigend unterlassen werden. Nur
auf die wichtigsten Punkte sei hingewiesen.
Der EinfluĂ der in Ausbildung begriffenen ZĂ€hne er-
streckt sich nicht nur auf die Kieferknochen selbst, sondern
darĂŒber hinaus auf das Wachstum des SchĂ€dels ĂŒberhaupt.
Die Versuche Landsbergers bestÀtigen dies in ein-
wandfreier Weise. Um die Wirkung der ZĂ€hne aus-
zuschalten, entfernte Landsberger bei jungen Hun-
den die Zahnkeime einer Kieferseite. Die nach Ablauf eines
Jahres untersuchten SchÀdel zeigten deutliche Degenerations-
merkmale am ganzen SchÀdel der zahnlosen
Seite. Vor allem blieb die Bildung eines Alveolarfortsatzes
vollkommen aus. Dieser ist also als ein Produkt der ZĂ€hne
aufzufassen; ohne ZĂ€hne kann sich kein Alveolarfortsatz
bilden. Die ganze Gestaltung des Alveolarfortsatzes und da-
mit des Kieferbogens ist von der Z a h n entwickl ĂŒ n g
und der Dentition abhÀngig (Kranz).
Mit der Zahnbildung geht das Wachstum der Kiefer-
knochen Hand in Hand. W a 1 k h o f f erklÀrt die Wechsel-
wirkung von Zahnkeim und Kieferknochen so, daĂ die
ersteren in die LÀnge und Breite wachsen, wÀhrend in
gleichem MaĂe die Knoehenumgebung zusammengepreĂt
wird. Druck und Gegendruck bilden die Anregung zum
Wachstum; dazu kommt noch der Kaudruck, der einen
weiteren Reiz ausĂŒbt. Der wirksame Kaudruck ist nach
Untersuchungen Sau er 's, Rosenthal's u.a. auĂer-
ordentlich stark, er schwankt zwischen 25 und 80 kg. Die
Wirkung des Kaudruckes betÀtigt sich nach P 1 a f f und
Zielinsky in doppelter Richtung; einmal als throphischer
Reiz, der den in der Tiefe liegenden Zahnkeim zum Wachsen
veranlaĂt, und zweitens als athrophische Beeinflussung des
ĂŒber den sich bildenden ZĂ€hnen befindlichen Gewebes. Ein
weiterer fĂŒr das Wachstum der Kieferknochen und fĂŒr die
Bildung der Zahnbogen wichtiger Umstand ist die zeitliche
Reihenfolge des Durchbruches der ZĂ€hne, namentlich der
nach den 1. Milchmolaren erscheinenden EckzÀhne. Die
liefer (als die ĂŒbrigen Zahnkeime) im Kiefer gelagerten Eck-
zÀhne pressen schon vor dem Durchbruch einerseits die
SchneidezÀhne nach der Mittellinie, hin zusammen, anderer-
seits ĂŒben sie in distaler Richtung auf die Milchmolaren
einen erheblichen Druck aus. Nach dem Durchbruch der
Eckzahne mĂŒssen sich die ZĂ€hne des Ober- und Unterkiefers
untereinander einrichten, um Platz zu finden. AuĂer den
Druckwirkungen auf die NaohbarzÀhne bestehen auch solche
auf die ZĂ€hne des Gegenkiefers; eine starke Beeinflussung
auf die Gestaltung der Kieferbogen ist dadurch erklÀrlich.
Parallel mit der Kieferzunahme gebt die der Muskulatur,
deren EinfluĂ auf die Kiefer um so gröĂer ist, je stĂ€rker die
Muskeln funktionell in Anspruch genommen werden. (Wich-
tigkeit des grĂŒndlichen Zerkauens der Speisen besonders
wÀhrend der Kiefercnlwicklung.)
402
Hauberrisser: KieferorthopÀdie
Nr. 22/23. â 40. Jahrg.
Die Resorption der MilchzÀhne bzw. der Milchzahn-
alveolen und der Durchbruch der bleibenden ZĂ€hne ist in-
sofern fĂŒr die Kieferbildung von Bedeutung, als in der hier-
fĂŒr in Betracht kommenden Zeit vom 6. â 12. Lebensjahre im
Alveolarfortsatz die gröĂten Umwandlungen vor sich gehen.
Um diese Zeit ist die Verkalkung der bleibenden ZĂ€hne so
weit fortgeschritten, daĂ diese einen expansiven Druck auf
den sie umgebenden Kieferknochen ausĂŒben und so die Kiefer
strecken. Dies ist im Bereich der FrontzÀhne erheblich stÀr-
ker der Fall als in der Molaren- bzw. PrÀmolarengegend, da
die bleibenden Frontzahnkronen erheblich breiter sind als
die entsprechenden MilchzÀhne; nur die Milchmolaren bleiben
geschlossen stehen, ihre EisatzzÀhne, die Bicuspidaten,
bleiben im Umfang hinter den der Milchmolaren zurĂŒck.
Diese VerhĂ€ltnisse sind nach Zielin sky die Ursache, daĂ
normalerweise in der Zeit vom 5. â 7. Lebensjahre be-
sonders die FrontzÀhne auseinanderweichen und
zwischen sich erhebliche LĂŒcken entstehen lassen.
Eine no r m a 1 e Folge der durch das Auseinandertreten
der ZĂ€hne bedingten Erweiterung des oberen Zahnbogens ist
weiterhin die, daĂ sich die Artikulation im MilchgebiĂ derart
verschiebt, daĂ der untere Zahnbogen sich nun in den ver-
gröĂerten oberen hineinschiebt. Dadurch stehen die beiden
Milchmolaren beiderseits nicht mehr wie vorher so, daĂ sie
distal mit einer senkrechten Linie abschneiden, sondern der
zweite untere Milchmolar verschiebt sich nach vorne
(medialwÀrts), wÀhrend der zweite obere Milchmolar den
unteren distalwĂ€rts ĂŒberragt.
Dieser rein physiologische Vorgang ist âą wiederum die
Vorbedingung fĂŒr die normale Stellung der in dieser Zeit
durchbrechenden ersten bleibenden Molaren, fĂŒr deren
Normal-Okklusion bekanntlich das Eingreifen der vorderen
palatinalen Höcker der oberen Molaren in die Querfissur der
unteren Vorbedingung ist.
Mit dem Durchbruch der ersten bleibenden Molaren, der
sog. 6 Jahr-Molaren, ist ein Markstein in der Entwicklung
des ganzen Kiefers erreicht. Die groĂe physiologische Bedeu-
tung dieser ZĂ€hne liegt (nach Partsch) darin, daĂ durch
die symmetrische Anordnung die Ebene festgelegt wird, in
der die Kiefer einander treffen wÀhrend der langen Zeit der
Umwandlung des Milchgebisses in das bleibende GebiĂ. Vom
0. â 12. Lebensjahre stellen die 6 Jahr-Molaren gleichsam die
SĂ€ulen fĂŒr die GebiĂbogen dar, unter deren krĂ€ftigem Schutz
die durchbrechenden bleibenden ZĂ€hne in das GebiĂ ein-
rĂŒcken und ihre endgĂŒltige Stellung in ihm erfahren.
Es ist deshalb fĂŒr das ganze GebiĂ von weitgehender Be-
deutung, daĂ der Durchbruch und die Feststellung der ersten
bleibenden Molaren in den physiologischen Grenzen erfolgt.
Aendert nur einer dieser vier Ruhepunkte seinen Platz, so
muĂ dadurch die Symmetrie des Kieferbogens leiden unter
RĂŒckwirkung nicht nur auf die betreffende Kieferseite selbst,
sondern auf beide Kieferbögen ĂŒberhaupt.
Als fĂŒr die Kieferbildung maĂgebende Faktoren sind
noch die Beziehungen zwischen Mund und Nase mit deren
Nebenhöhlen anzufĂŒhren, durch die die Entwicklung der
Kiefer ebenfalls wesentlich beeinfluĂt wird. Das Lumen der
Nase und die Choanen werden durch die Gestalt der Ober-
kiefer bzw. der Zahnbogen wesentlich beeinfluĂt. GebiĂ -
anomalien, Mundhöhle und Nase stehen daher in inniger
Wechselbeziehung. Auf diese VerhÀltnisse wird in folgendem
noch nÀher einzugehen sein.
Bei Besprechung der Aetiologie der Anomalien
sei fĂŒr den vorliegenden Zweck ganz allgemein unterschieden
zwischen den lokalen Ursachen, die innerhalb der Mund-
höhle bzw. der Zahnbogen liegen und direkte mechanische
Einwirkungen auslösen, und den Anomalien konstitu-
tioneller Art, denen pathologische VerÀnderungen der
Nachbarorgane oder Allgemeinerkrankungen zugrunde liegen;
ferner solchen Normabweichungen die durch Vererbung zu
erklÀren sind.
Zur ersten Gruppe gehören zunĂ€chst alle Ă€uĂeren, ent-
stellenden EinflĂŒsse wie Druck, StoĂ, Schlag, Fall usw. DaĂ
solche Traumen die Kiefer- bzw. Zahnstellung beeintrÀch-
tigen können, ist ohne weiteres klar und sei hier nur der
VollstÀndigkeit halber erwÀhnt.
Als Traumen in gewissem Sinne können auch die SchÀ-
digungen aufgefaĂt werden, die der SĂ€uglings-Kiefer durch
Erschwerung der Saugmöglichkeit erfÀhrt. Das anstrengende
Saugen an schlecht entwickelten BrĂŒsten, der Lutschbeutel,
der BeiĂring, ungeeignete Gummisauger können in dieser Be-
ziehung prĂ€disponierend fĂŒr eine Kiefer-MiĂbildung (Pro-
gnathie) wirken.
Wichtige Àtiologische Momente bieten vor allem alle
Störungen der normalen Dentition, soweit sie
nicht (besonders bei der ersten Dentition) durch Allgemein-
erkrankungen (Rachitis) bedingt sind; hier ist es besonders
die zweite Dentition, die Zeit vom 6. â 14. Lebensjahr, die den
Arzt vor allem interessiert. Oben wurde bereits die Wichtig-
keit des normalen Durchbruches der ersten bleibenden Mo-
laren betont. Eine Àhnliche wichtige Rolle spielen die zweiten
Milchmolaren. Tritt ein vorzeitiger Verlust der zweiten
Milchmolaren ein, wie dies hÀufig wegen Karies zu beob-
achten ist, so rĂŒckt der bleibende Zahn durch die mangelnde
vordere StĂŒtze nach vorne und nimmt den freien Platz mehr
oder weniger fĂŒr sich in Anspruch. Die weitere Folge ist,
daà die spÀter durchbrechenden ZÀhne (PrÀmolaren) eben-
falls nach vorne rĂŒcken mĂŒssen, und daĂ in der symmetri-
schen Entwicklung des Zahnbogens ein MiĂverhĂ€ltnis auftritt,
das weiterhin nicht nur den Gegenkieferbogen derselben Seite,
sondern den ganzen GebiĂbogen beeinfluĂt. Sind nun die
mittleren bleibenden SchneidezÀhne (wie das meist der Fall
sein wird) schon durchgebrochen und haben ihre feste Stel-
lung im Kieferbogen erlangt, wird der vorschiebenden Druck-
wirkung der hinteren ZĂ€hne ein Gegengewicht geboten. Als
Folge hiervon wird der eine oder andere spÀter erscheinende
.Zahn aus der Zahnreihe herausgedrÀngt werden. Der Haupt-
leidtragende ist in diesem Falle der Eckzahn, der bei seinem j
(normal) verspĂ€teten Durchbruch den ihm gebĂŒhrenden Platz
schon vom ersten PrĂ€molar besetzt findet und auĂerhalb der
Zahnreihe durchbrechen muĂ. Ein solcher Druck kann sich
auf die ganze Zahnreihe auch so Ă€uĂern, daĂ die ZĂ€hne dach- .
ziegeiförmig ĂŒbereinander geschoben werden.
In gleicher Weise wird ein vorzeitiger Verlust der eisten
bleibenden Molaren sich schÀdigend auswirken. Beim Aus-
fall eines dieser StĂŒtzpfeiler erleidet einerseits die BiĂebene
auf der betreffenden Seite eine Senkung, die sich in einer
Verlagerung des Gaumengewölbes Ă€uĂern muĂ, andererseits
wenden durch die verÀnderten DruckverhÀltnisse Stellungs-
anomalien der entsprechenden Zahnreihe verursacht.
Ebenso wie ein vorzeitiger Verlust der MilchzÀhne können
persistierende MilchzÀhne eine Stellungsanomal ie
verursachen. Diese Erscheinung ist bedingt durch den Ein-
fluĂ des Wurzel-Resorptionsprozesses auf die Alveole. Gleich-
zeitig mit dem beginnenden Durchbruch des bleibenden
Zahnes beginnt in der ĂŒber der durchbrechenden Zahnkrone
liegenden Knochenschicht ein AbsorptionsprozeĂ. Die
Ă€uĂere Alveolar-Lamelle wird ausgebuchtet und der oheix
Teil der Alveole immer mehr zum Schwinden gebracht, bis
die Krone durchgebrochen ist. Da jedoch die Wurzel des
Ersatzzahnes bedeutend schmÀler als der Kronenumfang ist.
und da die um den Wurzelteil einsetzende Knochenneubil-
dung mit dem Durchbruch nicht gleichen Schritt halten
kann, werden die neu durchbrechenden ZĂ€hne selbst durch
den leisesten Druck leicht aus der vorbestimmten Richtung
gedrÀngt. Infolge dieser VerhÀltnisse sind selbst kleinste
stehengebliebene Milchzahn- Wurzelreste imstande, eine er-
hebliche Stellungsanomalie zu verursachen.
Von Bedeutung sind auch die Angewohnheiten
der Kinder, wie Wangen-, LippenbeiĂen und vor allem
(ias Fingerlutschen. Kinder zeigen hÀufig die Gewohnheit,
daĂ die Unterlippe leicht unter die Schneiden der
oberen FrontzÀhne eingezogen wird. Es ist dies
meist ein âVerlegenheitsmanöver". das durch die hĂ€ufige
Wiederholung der wenn auch schwachen Kraftein-
wirkung ein VordrÀngen der oberen SchneidezÀhne ver-
ursacht. Eine Àhnliche VorwÀrtsbewegung der oberen
Ha uberr isser: KieferorthopÀdie
40:1
lt. 22/23. -40. Jahrg.
SchneidezÀhne kann auch dadurch hervorgerufen werden,
dali Kinder â oft nach jedem gesprochenen Satz d i e
Zunge kurz vorstrecken, um die Lippen zu be-
feuchten. Noch eine andere kindliche Angewohnheit ver-
dient ErwÀhnung, die darin besieht, dali die Wangen
z w i s c h e n die Z a h n r e i he n e i n g e s a u g t werden.
Audi (.lieser wiederholt wirkende Muskeldruck reicht hin, um
die Kieferbögen zu deformieren. Das F i n g e r 1 u t s c he n,
diese weitverbreitete Angewohnheit, verursacht eine Ano-
malie, die sich dahin auswirkt, daĂ der obere Alveolart'orl-
sat/ im Bereich der Schneide- und EckzÀhne nach vorne und
etwas nach der Seite (entsprechend der zum Luisehen ver-
wendeten rechten oder linken Hand) gezogen wird, wÀhrend
gleichzeitig durch den Druck der Dorsalseite des Lutsch-
fingers der unlere mittlere Alveolarfortsatz lingualwÀrts ge-
drĂŒckt wird.
Wenn auch besonders Angle den âAngewohnheiten"
erhöhte Bedeutung beimiĂt und die daraus entstehenden
Anomalien an zahlreichen Modellen nachweist, so ist im all-
gemeinen, auch nach den neueren Autoren, wie P f a f f ,
Jessen, Kranz, O p p 1 e r u. a., diesen Erscheinungen nur
ein bedingter W e r t beizumessen. Besonders das Finger-
lutschen gewinnt als Ă€thiologisches Moment fĂŒr Anomalien erst
dann Bedeutung, wenn es ĂŒber das SĂ€uglingsalter hinaus bis
ins zweite und dritte Lebensjahr und noch spÀter fortgesetzt
wird. Dann wird zweifellos auf die Milchzahnstellung ein
schĂ€digender EinfluĂ ausgeĂŒbt, der sich auch auf die
bleibenden ZĂ€hne ĂŒbertragen muĂ, da ja die MilchzĂ€hne die
Stellung fĂŒr die bleibenden ZĂ€hne vorschreiben.
Interessant in dieser Beziehung dĂŒrften auch die neueren
Arbeiten des Sexualpsychologen Freud sein, der das
Fingerlutschen als âautoerotische Handlung" und als âLust-
gewinn an der erogenen Zone des Mundes" charakterisiert.
Diese Feststellungen Freud's sind nach Knoche bei der
Entwöhnung zu berĂŒcksichtigen, wenn das fortwĂ€hrende
Lutschen die kieferorthopĂ€dischen MaĂnahmen in Frage
stellen wĂŒrde oder wenn die Verhinderung des Lutschens
aus prophylaktischen GrĂŒnden erfolgen soll. Es sei hier nur
der sog. Jessen 'sehe DrahtÀimel erwÀhnt, der in der ertrÀg-
lichsten Armhaltung zwar das Lutschen verhindert aber ein
sexuell-labiles Kind geradezu auf die Masturbation hinweisen
kann.
Eine ziemlich hÀufige Form einer Anomalie' k^tehT~in
einer mehr oder minder ausgeprĂ€gten LĂŒcke zwische n
den beiden mittleren oberen SchneidezÀhnen (Dia-
stema), in seltenen FĂ€llen auch an den mittleren unteren
Ineisiven (Diastema). Diese Erscheinung, die sowohl
kosmetisch ungĂŒnstig wirkt, als auch besonders die
Sprache störend beeinfluĂt, ist bedingt durch eine anor-
male Entwicklung und Befestigung des frenulum labii, das
statt an der vorderen Alveolarwand anzusetzen zwischen die
mittleren SchneidezÀhne hindurchzieht und an der meist
vergröĂerten papilla incisiva inseriert. Das starke fibröse
Band hÀlt nicht nur passiv die ZÀhne auseinander, sondern
bei den Bewegungen der Lippe wird dieser Zustand immer
weiter verschlechtert, der schlieĂlich auf sĂ€mtliche Front-
zĂ€hne, die distalwĂ€rts verdrĂ€ngt werden, ĂŒbergreifen kann.
Bei den auf konstitutionellen Ursachen basierenden Ano-
malien nimmt die behinderte Nasen-Atmung die
Richtigste Stelle ein. Die Mundatmung ist sowohl bei Er-
wachsenen wie bei Kindern auĂerordentlich verbreitet. Nach
den Feststellungen Pf Àff 's sind 45% der Schulkinde]
Mundatmer. FĂŒr die Mundalmimg ist die teilweise oder voll-
stÀndige Verlegung der Nasenpassage infolge pathologischer
VerhÀltnisse in der Nase und im Nasenrachenraum verant-
wortlich zu machen und hier spielen die adenoiden
Wucherungen, Hypertrophie der Tonsillen, Polypen
und DifformitÀten des Xasenseplums eine besondere Rolle.
Der Zwang, durch den Mund zu atmen, erzeugt gegenĂŒber
der hei geschlossenem Munde erfolgenden normalen Nasen-
attnung völlig verÀnderte VerhÀltnisse in der Mundhöhle und
deren Xarhharoi ganen. Besonders die Entwicklung des
Oberkiefers, des Gaumens und damit die Zahnstellung Ii
leiden eine EinbuĂe.
Der Oberkiefer nimmt infolge der Mundatmung eine
enge, langgestreckte, hÀufig V-förmige GeStall mit hohen
schmalen ĂlveolarfortsĂ€tzen und hohen Gaumen an (Pro-
gnathie). Sehr oeder erklÀrt diese Formanomalie haupt-
sÀchlich durch den seitlichen Druck der Wangenmuskulatur,
Infolge des durch die Mundatmung bedingten Herabsinkens
des Unterkiefers wĂŒrden die Wangen seitlich gegen den Ober-
kiefer gedrĂŒckt, so daĂ die Alveolaren tsĂ€lze gegen die Mittel-
linie rĂŒcken, der Gaumen höher wird und der Zwischen-
kiefer sich nach vorne drÀngt. Kantorowicz tritt dieser
Ansicht entgegen und sucht die ErklĂ€rung fĂŒr die Kiefer -
difformitÀt in einer VerÀnderung des Luftdruckes, da
bei behinderter Nasenatmung beim Einatmen ein negativer
Druck in der Mundhöhle besteht, der ein Zusammenpressen
der Kiefer zur Folge hat. Der einen oder anderen Theorie
schlieĂen sich die bekannten Autoren auf orthodontischen
Gebiet wie Angle, Herbst, K ö r b i t z, Schroeder-
Ben seier, Kranz, Oppler u. a. an. Neuere wider-
sprechende Theorien, z. B. die Wustrow 's, der die
Gaumenerhöhung bei der Mundatmung dem verÀnderten
Kaudruck zuschreibt, noch anzufĂŒgen, winde den Rahmen
dieser Arbeit ĂŒberschreiten.
Ein weiterer wichtiger Faktor fĂŒr die durch Mund-
atmung entstehenden Anomalien ist der Ausfall des Ober-
lippen-Druckes, der normalerweise das Breitenwachs-
tum des Oberkiefers unterstĂŒtzt. Die Oberlippen-Muskulatur
wird durch das dauernde Offenhalten des Mundes nicht nur
in ihrer Entwicklung beeintrÀchtigt; sie erleichtert auch das
Ausweichen der SchneidezÀhne nach vorne, bedingt durch
den seitlichen Druck, sei es der Luft oder der gespannten
Wangenmuskulatur.
Auch der bei bestehender Mundatmung fehlende
Zungen druck spielt fĂŒr die Verbildung des Oberkiefers
insofern eine Rolle, als hier das bei normaler Nasenatmung
bestehende Gleichgewicht zwischen Lippen-, Wangen- und
Zungendruck gestört ist und dem Oberkiefer die normaler-
weise durch die Zunge gegebene StĂŒtze fehlt. Dadurch, daĂ
bei Normalatmung die Zunge bei geschlossenem Munde an
den Gaumen angesogen wird, bleibt sie nicht ohne EinfluĂ auf
das Wachstum des Oberkiefers; sie verhindert einerseits das
Engerwerden des Gaumens und unterstĂŒtzt andererseits durch
den dauernden, beim Schlucken noch verstÀrkten Druck das
Breitenwachstum und die Gestaltung des Oberkiefers und des
Gaumens. ErwÀhnt sei hier auch, daà durch das Fehlen des
Ansaugens der Zunge diese wĂ€hrend des Schlafes zurĂŒck-
sinkt und so das Schnarchen der Mundatmer verursacht.
Der Unterkiefer verÀndert bei der Mundatmung seine
Breitenausdehnung meist nicht; teils wegen seiner krÀftigen
Bauart, die dem Luftdruck gröĂeren Widerstand entgegen-
setzt, teils wegen der Zunge, die ganz innerhalb des Unter-
kiefers liegt und daher einer Verengerung vorbeugt. Dem
LÀngerwerden der Frontzahn-Partie wirkt die bei geöffnetem
Munde vermehrte Spannung der Unterlippe entgegen. Da-
gegen wird der Unterkiefer insofern beeintrÀchtigt, daà bei
jedem Atemzug ein rĂŒckwĂ€rtiger Muskelzug auf den Unter-
kiefer ausgeĂŒbt wird, der allmĂ€hlich den Knochen umformt
und die unteren ZĂ€hne in Distalokklusion durchtreten lĂ€Ăt
(P f a f f).
Der Umstand, daĂ der Luftaustausch gröĂtenteils, hei völlig
gestörter Nasenatmung ganz allein durch die Mundatmung
besorgt werden muĂ, kann nicht ohne schĂ€digenden EinfluĂ
auf den Gesamtorganismus bleiben und bringt nicht zu unter-
schÀtzende Gefahren mit sich. Die Nase fÀllt als Filter und
VorwĂ€rmer der Luft aus, die Lungen mĂŒssen die AuĂenluft
ungereinigt und untemperiert aufnehmen; die Schleimhaut
des Mundes und des Rachens wird ausgetrocknet, hÀufige
Katarrhe, Neigung zu Anginen sind die Folge. Die mit der
Mundatmung meist einhergehende oberflÀchliche Atmung
heeintrĂ€chtigt auch wesentlich die Brustorgane (GrĂŒn-
w a 1 d). Mangelhaft entwickelter Thorax (HĂŒhnerbrust) ist
.404 Hauberrisser: KieferorthopÀdie
das Resultat der oberflÀchlichen Arbeit der Lungen. Auch
eine wesentliche BeeintrÀchtigung des Gehörs kann da-
durch entstellen, daà die durch den Mund krÀftig eingezogene
Luft vom Nasenrachenraum und von der Tube â die ja dem
Mittelohr Luit zuzufĂŒhren und den Luftdruck auszugleichen
nat â Luit ansaugt, so den Druck im Mittelohr verringert
und das Trommelfell einsinken lĂ€Ăt; Wirkungen die auf die
Dauer das Gehörvermögen beeintrĂ€chtigen mĂŒssen (P f a f f).
Auch der Zusammenhang zwischen Mundatmung und
Enuresis nocturna' dar! nicht unerwÀhnt bleiben,
die mit der KohlensÀure-UeberlÀdung des Blutes, als Folge
r behinderten Luftzufuhr erklĂ€rt wird. (LĂŒthje,
Herbst).
Die Kaufunktionen werden bei Mundatmern da-
durch wesentlich behindert, daĂ dfe Speisen nicht genĂŒgend
zerkleinert, sondern nur flĂŒchtig zerkaut und ungenĂŒgend ein-
gespeichelt werden, weil ja zwischendurch Luit eingeatmet
werden muĂ. DaĂ das Essen mit offenem Munde einen wenig
Àsthetischen Anblick gewÀhrt, sei nur nebenbei bemerkt.
Hand in Hand mit der behinderten Nahrungsaufnahme und
erschwerten KaufÀhigkeit gehen Verdauungsbeschwerderi,
unruhiger Schlaf, MĂŒdigkeit des Morgens, aus denen wieder
Mangel an SammlungsfÀhigkeit, verminderte Auffassungs-
gabe, schlechte Fortschritte in der Schule resultieren. Durch
alle diese Erscheinungen, wie unvollkommen entwickelte Ge-
sichtsmuskeln, VerkĂŒrzung der Oberlippe, stĂ€ndiger offener
Mund, nach unten gezogene Augenlider, herabhÀngende
Unterlippe usw. zeigen die Kinder mit Mundatmung meist
einen blöd-stumpfsinnigen Gesichtsausdruck, der mit ihrer
tatsĂ€chlichen Intelligenz oft gar nicht ĂŒbereinstimmt, sie je-
doch leicht als minder begabt beurteilen lĂ€Ăt, was wiederum
fĂŒr die geistige Weilerentwicklung keineswegs erforder-
lich ist.
Aus Vorstehendem resultiert die auĂerordentliche Wich-
tigkeit der Beseitigung der Mundatmung. Es muĂ hier nach-
drĂŒcklich die Pflicht des Hausarztes, besonders des PĂ€diaters,
betont werden, Mundatmerkinder nicht nur dem Nasenarzt,
sondern auch dem Zahnarzt zu ĂŒberweisen. Eine ein-
seitig s p e z i a 1 i s t i s c h e Behandlung etwa nur
Entfernung der Tonsillen, oder nur Beseitigung der adenoiden
Wucherungen, wÀhrend der hohe Gaumen, das deformierte
Xasenseptum, die Hypertrophie der Nasenschleimhaut be-
stehen bleiben, wird keine Erfolge fĂŒr die Gesundung und
Weiterentwicklung des Kindes zeitigen. Unter allen Um-
stÀnden hat die kiefer-orthopÀdische Behandlung die
Hauptarbeit zuleisten. Sie wird auch den Erfolg ver-
bĂŒrgen. Die Dehnung des Oberkiefers und dadurch Sen-
kung des Nasenbodens zeigt ĂŒberraschend gĂŒnstige Erfolge.
Denn meist nach 6 wöchiger Behandlung können die
Patienten schon frei durch die Nase atmen; mit dem freien
Luftdurchzug durch die Nase gehen weitere VerÀnderungen
Hand in Hand; der Nasenboden wird breiter, das schief-
stehende Septum stellt sich gerade, die Hypertrophien der
NasenschleimhĂ€ute gehen zurĂŒck, die Sprache wird klarer
und vor allem verringern sich die hÀufigen AnfÀlle von
Katarrhen usw.
Gerade auf diesem Gebiet muĂ vor allem der Kontakt
zwischen Arzt und Zahnarzt ein innigerer werden; die
Grenzen zwischen Allgemein-Medizin und Zahnheilkunde
mĂŒssen noch grĂŒndliche)- beseitigt werden als das bisher in
der Praxis der Fall ist.
Der Rachitis wurde als Ă€tiologisches Moment fĂŒr
Stellungsanomalien bisher nur insofern Beachtung geschenkt,
als durch sie die Verkalkung der ZĂ€hne, besonders der ersten
bleibenden Molaren leidet. Die bekannten Erosionen be*-
dingen eine VerkĂŒrzung der Zahnkronen und dadurch
können die eisten bleibenden Molaren ihre Aufgabe, die BiĂ-
höhe zu bestimmen, nicht voll erfĂŒllen. Die FrontzĂ€hne des
Oberkiefers hĂ€ngen ĂŒber die unteren bis zur BerĂŒhrung des
Zahnfleisches. Es entsteht so der tiefe BiĂ (siehe oben). Von
einigen Autoren (P f a f f) wurde als Zeichen von Rachitis
das Steilerwerden des Gaumenbogens wÀhrend der Dentition
beobachtet, und der spitzförmige Gaumen als âtypisch rachi-
Nr. 22/23. â40. Jahrg.
liscKes Symptom" aufgefaĂt. RegelmĂ€Ăig seien damit Ver-
engerung der XasenseitenwÀnde, Septumverbiegungen und
Adenoidwucherungen verknĂŒpft. Es dĂŒrfte aber in diesen
ballen der immer vorhandenen Mundatmung und nicht der
Rachitis unmittelbar das ursĂ€chliche Moment fĂŒr die Kiefer!
deformitÀt zuzuschreiben sein; dieser nur insofern, als durch
die geringere Widerstandskraft der rachitischen Knochen die
bei der Mundatmung bestehenden DruckverhÀltnisse den
Kieler leichter deformieren können.
Auch die Skrofulöse und die Syphilis h e r i d i t.
sind fĂŒr die Entstehung von Kieferanomalien verantwortlich
zu machen, jedoch nur in dem MaĂe als durch die allge-
meinen SchÀdigungen des ganzen Organismus auch die Kiefer
und ZĂ€hne in Mitleidenschaft gezogen werden. Das gleiche
gilt fĂŒr die Idiotie. Wenn einige Forscher glaubten
(L angdon-Do w n, Bournevill e), bei Schwachsinni-
gen einen groĂen Prozentsatz V-förmiger Kiefer, ferner Ver-
zögerung und UnregelmĂ€Ăigkeit der Dentitionen feststellen
zu können, so stehen diesen Theorien andere Autoren
(KT n g s 1 ey, Stellwage n, P i e r c e, Z i m m e r rn a n n)
gegenĂŒber, die bei Intelligenz und Idiotie keine Cnlerschiede
bezĂŒglich der Zahl der Kiefer- oder Zahnanomalien zugeben.
Auch hier scheint die Idiotie nicht unmittelbare Ursache der
Anomalien zu sein, sondern diese treten nur als notwendige
Folge der bestehenden Entwickelungsstörung der SchÀdel-
basis auf. Nach Herbst sind die bei Idioten beobachteten
Kieferanomalien auf die unrichtige und ungenĂŒgende Be-
nutzung des Mundes zurĂŒckzufĂŒhren. Kauen, Sprechen, so-
wie das Atmen durch die Nase sind bei Idioten mehr oder
weniger unbekannte FĂ€higkeiten, so daĂ Kaudruck, Luft-
druck und Gewehedruck von frĂŒhester Kindheit an in völlig
ungleichem MaĂe in Funktion treten. Virchow hat zu-
erst auf die bei Kretins hÀufig zu beobachtende Prognathie
hingewiesen und diese Erscheinung damit erklÀrt, daà die
Zunge bei Idioten in ihrer Funktion behindert wird, vor
und zwischen den ZĂ€hnen liegt, dadurch chronisch gereizt
und allmĂ€hlich vergröĂert wird. Dem konstanten Druck der
vergröĂerten Zunge geben die ZĂ€hne nach und stellen sich
schlieĂlich schaufeiförmig nach vorn.
Pathologische VerhÀltnisse können rein mechanisch
durch Druck und Zug eine fehlerhafte Gestaltung der Kiefer
bedingen. Von Tumoren sind hier von Bedeutung die
Macroglossie und Lipome der Zunge, die enorme
MiĂbildungen (H e r b s t) besonders des Unterkiefers und De-
formitĂ€ten hervorrufen kann. Die gleiche Wirkung ĂŒben
A n g i o m e der Zunge aus, die entsprechend ihrer Lage eine
Ausbuchtung des Unterkiefers nach auĂen und unten und
damit eine bedeutende Stellungsanomalie (offener BiĂ) ver-
ursachen können. Auch durch die Makrocheilie wird
durch den Zug der Unterlippe der Alveolarfortsatz des Unter-
kiefers nach vorne gezogen, und eine fÀcherförmige SchrÀg-
stellung der unteren FrontzÀhne hervorgerufen. Die nach
Verbrennungen am Halse auftretenden ausgedehnten
Narben können zu starken Kontrakturen fĂŒhren, die in
schweren FĂ€llen nicht ohne EinfluĂ auf die ganze Kinn-
gegend, auf den Alveolarfortsatz und auf die Stellung der
FrontzÀhne bleiben. Seitlich am Halse liegende Verbren-
nungsnarben können das ganze KiefergerĂŒst, Ă€hnlich wie das
caput obstipum beeinflussen, indem nicht nur die Alvcolar-
fortsĂ€tze auf der kranken Seite nach auĂen verlagert werden,
sondern auch das ganze Gaumengewölbe seine Symmetrie
einbĂŒĂt (Eule r).
ErwÀhnt sei noch, daà das Caput obstipum, durch
die Senkung der einen GesichtshÀlfte eine Schwerpunktver-
schiebung des Kopfes nach der kranken Seite und damit
FormverÀnderungen am ganzen GesichtsschÀdel bewirkt.
Nach Euler sind mit dem Caput obstipum auch Ver-
Ànderungen am Gaumengewölbe verbunden. Dieses zeigt auf
der kranken Seite eine Abflachung, auf der gesunden eine
Ausbuchtung nach oben. Die Raphe und die Mittellinie des
Gebisses sind im Oberkiefer nach der gesunden Seite hin
verlagert, Auch die durch einen angeborenen Hochstand
eines Schulterblattes charakterisierte sog. Sprengel sehe
Nr. 22/23. 10. Jahrg. Hauberrisser: KieferorthopÀdie 106
bifformilÀt bewirkt eine AnnÀherung des Kopfes an die
[Schulter und Verursacht damil VerÀnderungeft, die denen
dos Caput obstipum ganz Àhnlich sind.
Was nun die Vererbung als ursÀchliches Moment
Im die Kieferanomalien betrifft, so stehen sich bei deren
Beurteilung zwei Anschauungen noch gegenĂŒber. Die eine
(Theorie macht allein die Anlage fĂŒr eine DifformitĂ€t ver
intwortlich, wÀhrend die andere den spÀter auftretenden
EinflĂŒssen die entscheidende Rolle zuerkennt. WĂ€hrend
Angl e und H e r h e r die Vei erbung als ursÀchliches Mo-
ment ablehnen und die Entstehung der Kieferaiiomalien allein
durch die spĂ€ter einsetzenden mechanischen EinflĂŒsse er-
klÀren, neigen nach P f a f f die meisten der neueren Forscher
der Ansicht zu, daà die Stellungsanomalien am hÀufigsten
als ererbt anzusehen sind (S imon, K a n t o r o w i c z
u. a.). Ein Teil der Autoren geben die Erblichkeit zu,
machen aber vor allem eine durch Ă€uĂere VerhĂ€ltnisse
(schlechte ErnÀhrungsverhÀltnisse, Erkrankungen) bedingte
Disposition fĂŒr eine KiefermiĂbildung verantwortlich
(Herbst, KĂŒrbitz). Der Frage am nĂ€chsten scheint uns
die Ansicht zu kommen, die im allgemeinen die primÀre
Anlage einer Kieferform (z. B. prognath oder progen) als er-
erbt bezeichnet, auĂerdem jedoch den wĂ€hrend der Entwick-
lung auftretenden Ă€uĂeren pathologischen EinflĂŒssen die
diesen zukommende wichtige Rolle zuweist, wodurch die so
oft zu beobachtenden verschiedenen Erscheinungen in einer
Familie erklÀrt werden können. In diesem Zusammenhang
verdienen Beachtung die neueren Arbeiten von Kantor o-
w i c z: âDie Progenie und ihre Vererbung", Strohmeye r:
âDie Vererbung des Habsburger Familientypus", Knoche:
âErblichkeit des vorspringenden Kinns der Nachkommen
Goethes".
Die sich aus den bisherigen AusfĂŒhrungen ergebenden
Richtlinien fĂŒr die ki e f e r o r t h o p Ă€ d i s c h e Be-
ll a n d 1 u n g bestehen einerseits in einer möglichst f r ĂŒ h -
zeitig e n E r k e n n u n g einer bestehenden oder sich bil-
denden Anomalie, und der Vorbeugung der zu erwarten
den pathologischen Begleiterscheinung, andererseits bei
schon vorhandenen Anomalien in der Anwendung geeig-
neter B e h a n d 1 u n g s m aĂ n ahmen, die nicht nur
normale KieferverhÀltnisse anstreben, sondern auch den
Allgemein -Gesundheitszustand gebĂŒhrend berĂŒcksichtigen.
Die Ueberwachung der kindlichen Kieferentwicklung, die
dem Arzt zufÀllt, hat schon im S À u g 1 i n g s a 1 1 e r ein-
zusetzen. Ms ist besonders wichtig, daĂ bei der Anordnung
und Ueberwachung der SĂ€uglingspflege nicht nur die MĂŒtter
besonders auf die Wechselbeziehungen zwischen Allgemein -
plitwicklung des kindlichen Organismus und der Kieferent-
wicklung hingewiesen werden, sondern daĂ auch der Arzt sich
der Wichtigkeit dieser VerhĂ€ltnisse bewuĂt bleibt und sie
berĂŒcksichtigt. In dieser Beziehung spielen die Erkrankungen
der kindlichen Mundschleimhaut, das Saugen an ungenĂŒgend
gepflegten und anormalen Brustwarzen, Lutschbcutel, vor
allem das Fingerlutschen eine nicht zu unterschÀtzende
Rolle. Alle diese VerhÀltnisse können, wie die Erfahrung
lehrt, schwer schĂ€digende RĂŒckwirkungen auf die Entwick-
lung der Zahnkeime und weiter der Kiefer ausĂŒben und
schon in den ersten Lebensmonaten den Grund zu spÀteren
Anomalien legen.
Eine weitaus gröĂere Bedeutung als dem zahnlosen Sta-
dium ist naturgemÀà der Zeit der ersten und zwei-
ten Dentition einzurĂ€umen. Die hier maĂgebenden
wichtigen Faktoren wurden schon oben besprochen; auf die
groĂe Bedeutung der ersten bleibenden Molaren und auf die
bis zum Erscheinen der ZĂ€hne wichtige Erhaltung der Milch-
molaren sei nochmals hingewiesen. Die Voraussetzung fĂŒr
die hierzu nötigen normalen DentitionsverhÀltnisse ist eine
Ueberwachung und frĂŒhzeitige Behandlung schon der Milch-
zÀhne. Die Kenntnis der Wichtigkeit einer normalen Den-
tition wird in den EinzelfÀllen, in denen fachÀrztliche Be-
handlung nicht gleich zur VerfĂŒgung steht, den Allgemein-
praktiker nicht vorzeitig zur Zange greifen lassen, sondern
unter entsprechender Belehrung eine Ueberweisung in facdi-
Ă€rztliche Behandlung doch versuchen und dadurch den
kleinen Patienten mehr nĂŒtzen als durc h die sofortige Be-
seitigung eines Schmerzes. E i n e vorzeitige Zahnentfernung
kann der Grund fĂŒr eine bedeutende, nur mit mancherlei
Opfern wieder zu beseitigende Anomalie sein.
Die Behandlung selbst liegt natĂŒrlich auĂerhalb der
TĂ€tigkeit des Allgemeinpraktikers und ist in die 1 lande des
Zahnarztes zu legen; diesem muĂ auf Grund seiner spezia-
listischen Erfahrung die Entscheidung ĂŒberlassen werden,
wie im Einzelfalle am zweckmĂ€Ăigsten die Behandlung vor-
genommen werden muĂ. An dieser Siedle sei gestattet, dar
auf hinzuweisen, daĂ der Arzt bei der Ueberweisung eines
Patienten an den Zahnarzt es unterlassen soll, letzlerem eine
Behandlung vorzuschreiben. Ein solches Verfahren trÀgt
wenig dazu bei, heim Patienten das Ansehen des zahnÀrzt-
lichen Kollegen zu heben; andererseits ist es fĂŒr den Arzt
peinlich, wenn der Zahnarzt die Anordnung des Arztes ge-
mÀà seiner fachÀrztlichen Erfahrung nicht billigen kann.
Bei den MaĂnahmen zur Behandlung einer
Stellungs- oder BiĂanomalie darf nicht das Bestreben vor-
herrschen, möglichst schnell einen normalen, schön ge-
schlossenen Zahnbogen zu erreichen, sondern die Behand-
lung hat sich nach dem Ergebnis der Erforschung der U r -
Sachen einer Anomalie zu richten. âBekĂ€mpfung (soweit
dies noch möglich) der Ursache, Beseitigung ihrer Folgezu-
stÀnde und Sicherung der neuen Zahnstellung - - das sind
die Richtlinien, die zu Dauererfolgen fĂŒhren (Eule r)".
Die Behandlungsmethoden bestehen in der Beeinflussung
einer Anomalie mittels mechanischer Hilfsmittel
(Regulierungsapparate), in chirurgischen Ein-
griffen und in gewissen FĂ€llen in der Kombination
beider Behandlungsarten.
Die mechanischen Hilfsmittel spielen bei der
Therapie die Hauptrolle. Die in EinzelfÀllen in Betracht
kommenden chirurgischen Eingriffe stellen im allgemeinen
nur unterstĂŒtzende MaĂnahmen dar. Die frĂŒher herrschende
Empirie lieĂ eine Unmenge mehr oder minder komplizierter
Apparate entstehen. Erst durch A n g 1 e, C a s e, spÀter
durch H e r.b s t und in neuerer Zeit durch K ö r b i t z, Z i e-
linsky ist ein System in die orthodontischen Hilfsmittel
gebracht worden, das die Apparate auf wenige Typen be-
schrÀnkte, die nach Art der FÀlle die verschiedensten Kom-
binationen gestatteten. Die Apparate basieren auf der Wir-
kung von Druck und Zug vermittelt vor allem durch den
elastischen orthodontischen Bogen, weiter auf der Wirkung
der Schraube, der schiefen Ebene, des Gummizuges, federnder
DrÀhte und einfacher Ligaturen. Um den beabsichtigten
Zweck, die Bewegung der ZÀhne bzw. VerÀnderung des
Alveolarfortsatzes zu erreichen, mĂŒssen die Apparate lang-
sam wirken, denn einerseits darf der Druck nur eine all-
mÀhliche Resorption des Knochens hervorrufen, andererseits
ist auf die allmÀhlich vor sich gehende Apposition der dem
Druck entgegengesetzten Partien RĂŒcksicht zu nehmen.
Ueber die ZweckmĂ€Ăigkeitsfrage, ob die Behandlung
mittels federnden Bogens oder durch Schraubenwirkung vor-
zuziehen sei, sind die Ansichten nicht ĂŒbereinstimmend. Be-
sonders Herbst bekennt sich zur Schraube, da sie âvom
Patienten am angenehmsten empfunden wĂŒrde, inter-
mittierend wirke, dem Patienten nach jedesmaligem Anziehen
der Schraube wieder eine Ruhepause gebe und vollkommen
in der Gewalt des Zahnarztes sei". DemgegenĂŒber ver-
werfen die neueren Autoren die Schraubenapparate voll-
stĂ€ndig (Oppler, Landsberger u. a.), wegen der brĂŒs-
ken Wirkung und besonders wegen der groĂen Platzbean-
spruchung innerhalb des Gaumengewölbes, der damit ver-
bundenen Behinderung der Zunge, der Erschwerung der
Sprache und der Nahrungsaufnahme. Wie bei allen thera-
peutischen Methoden ist jedoch auch hier cum grano salis
zu verfahren. FĂŒr die Art der Kraftwirkung eines Regulie-
rungsapparates muĂ der jeweilige Einzelfall maĂgebend sein.
Wenn im allgemeinen auch der orthodontische elastische
Bogen d a s Instrument des modernen KieferorthopÀden dar-
stellt, so gibt es noch genug FĂ€lle (z. B. relativ hoher
Hauberrisser: KieferorthopÀdie
Nr. 22/23. â40. Jahrg.
Gaumen, wo die Zunge wenig belÀstigt wird), in denen die
Schraube zweckmĂ€Ăige Verwendung findet. In vielen FĂ€llen
ist auch eine Kombination beider Arten â Beginn der
Dehnung durch Schraubenapparat, FortfĂŒhrung der Behand-
lung durch Bogenapparat â sehr empfehlenswert. Auf die
verschiedenen Regulierungsapparate im einzelnen einzu-
gehen ist nicht der Zweck der vorliegenden Arbeit.
Die chirurgischen Eingriffe bestehen in
1. Entfernung einzelner ZĂ€hne zur Raumgewinnung,
2. gewaltsame StellungsverÀnderung einzelner ZÀhne
(Redressement force),
3. Beseitigung des Diastema,
4. Behandlung der Progenie durch Resektion des Unter-
kiefers.
Um Anomalien, besonders die durch Raummangel ent-,
standenen, ohne langwierige und kostspielige Apparate-
behandlung zu beseitigen, bediente man sich schon frĂŒh-
zeitig der blutigen Entfernung anormal stehender oder eine
Anomalie scheinbar verursachender ZĂ€hne und ĂŒberlieĂ es
den in den Kiefern herrschenden DruckverhÀltnissen, die so
geschaffene LĂŒcke auszufĂŒllen, d. h. eine Selbstregu-
1 i e r u n g herbeizufĂŒhren. Da erfahrungsgemÀà die ersten
bleibenden Molaren wÀhrend der zweiten Dentition in er-
höhtem MaĂe zur Karies neigen und hĂ€ufig schon ein Jahr
nach erfolgtem Durchbruch tief zerstört sind, wurden vor-
nehmlich diese ZĂ€hne der Zange geopfert, um dadurch Raum
zu schaffen. Mit der fortschreitenden Kenntnis der Aetiologie
der Anomalien und der fĂŒr eine normale Kieferentwicklung
maĂgebenden Faktoren, besonders der Wichtigkeil der ersten
bleibenden Molaren, wurde die Methode der systematischen
Entfernung dieser ZĂ€hne bei Engstellung mehr und mehr,
verlassen. AuĂerdem haben Untersuchungen von Schrö-
der-Benseler gezeigt, daĂ die Entfernung der 6 Jahr-
Molaren eine Verkleinerung der Ghoanen und damit eine Er-
schwerung der normalen Nasenatmung hervorruft.
Die Orthodontie steht heute auf dem Standpunkt, daĂ
der nötige Raum nicht d u r c h Entfernung von
ZĂ€hnen, sondern durch Dehnung zu schaffen ist.
Nur in besondern EinzelfÀllen (nicht mehr erhaltungsfÀhige
erste Molaren) ist die Entfernung der 6 Jahr-Molaren be-
rechtigt; aber auch hier sind entsprechend der Wichtigkeit
dieser ZĂ€hne besondere Punkte zu berĂŒcksichtigen. Es muĂ
der richtige Zeitpunkt zur Entfernung gewÀhlt werden, der
kurz vor dem Durchbruch oder wÀhrend des Durchbruches
des zweiten bleibenden Molaren liegt, und es mĂŒssen ferner
die zweiten Milchmolaren vorhanden sein, damit die BiĂ-
höhe und die Kauebene unbedingt erhalten bleibt. Aus diesen
GrĂŒnden darf auch eine Entfernung der eisten bleibenden
Molaren nicht einseitig vorgenommen weiden. Wenn
schon zur Entfernung geschritten wird, dann mĂŒssen
sÀmtliche vier 6 Jahr-Molaren gleichzeitig entfernt
werden. Absolut zu verwerfen ist die Entfernung von labial
durchgebrochenen EckzÀhnen. In diesen FÀllen ist, wenn die
hier einzig richtige Methode der Kieferdehnung nicht vor-
genommen werden kann, die Entfernung eines weiter rĂŒck*
wÀrtsstehenden Zahnes (beiderseits), namentlich des ersten
Bicuspidaten, vorzunehmen. Jedoch wird dieser Eingriff
allein in den seltenen FĂ€llen die beabsichtigte Wirkung
nur erzielen, wenn die EckzÀhne erst im Durchbrach be-
griffen sind. Bei schon vollstÀndig durchgebrochenen Eck-
zĂ€hnen wird das EinrĂŒcken dieser ZĂ€hne in die geschaffenen
LĂŒcken des Zahnbogens durch mechanische Hilfsmittel
unterstĂŒtzt werden mĂŒssen. Denn diese ZĂ€hne sind âso an
ihrer Stelle fixiert, daĂ sie ohne orthodontische MaĂnahmen
im allgemeinen weder VorwĂ€rts- noch RĂŒckwĂ€rtsbewegun-
gen ausfĂŒhren (Kran z)".
Die chirurgische StellungsverÀnderung einzelner
anomal stehender Schneide- oder EckzÀhne (nur diese
kommen hier in Betracht) kann durch das sogen. Re-
dressement force vorgenommen werden. Die Operation
besteht darin, daĂ der zu bewegende Zahn ohne ihn aus der
Alveole zu ziehen vorsichtig mit einer geeigneten Zange
luxiert und in die gewĂŒnschte Stellung gedrĂŒckt wird. Bei
dieser Operation kann es sich nur um Drehungen um die
LĂ€ngsachse und um kleine Seitenverschiebungen der Krone
(Drehpunkt ist Wurzelspitze) handeln. AuĂerdem ist der
Eingriff nur möglich, wenn fĂŒr die beabsichtigte Stellung des
Zahnes genĂŒgend Platz vorhanden ist. Die erreichte Stellung
muĂ durch Ligaturen oder besser durch einen kleinen Re-
lentionsapparat so lange fixiert werden, bis der luxierte Zahn
wieder fest im Kiefer sieht; nur wenn der Zahn durch den
BiĂ von selbst in seiner neuen Stellung gehalten wird (z. B.
bei Vor- oder RĂŒckwĂ€rtsbewregung) kann von einer Halte -
vorrichtung abgesehen weiden. Da das Redressement force
jedoch dem orthodontischen Prinzip widerspricht, das ein
langsames Vorgehen vorschreibt, um dem Knochen die An-
passung an die Bewegung zu ermöglichen, ist diese Ope-
ration nur noch in AusnahmefĂ€llen indiziert. AuĂerdem ist
noch zu erwÀhnen, daà in den meisten FÀllen der chirurgi-
schen Zahnbewegungen die Pulpa des betreffenden Zahnes
abstirbt. AuĂerdem' ist wiederholt beobachtet worden, daĂ
ein gewaltsam regulierter Zahn nach Verlauf einiger Jahre
durch Resorption verloren ging.
Es sei besonders betont, daà erfahrungsgemÀà gerade
die FĂ€lle, die sich fĂŒr das Redressement force eignen, sich
am leichtesten orthodontisch behandeln lassen.
Die D i a s t e m a - B e h an d 1 u n g, die chirurgische
Beseitigung des zu tief inserierenden LippenbÀndchens stellt
eine kombinierte chirurgisch-orthodontische MaĂnahme dar.
Die Vornahme nur eines Behandlungsteiies wĂŒrde den be-
absichtigten Erfolg nicht gewÀhrleisten. Die Operation ist
sehr einfach und besteht in einer keilförmigen Exision des
frenulum bis zum Periost; die AnnÀherung der mittleren
lncisivi ist durch einen kleinen Apparat (nach Angle,
Kranz) derart zu bewerkstelligen, daĂ die ZĂ€hne in toto
einander genÀhert werden, nicht etwa nur die Kronen, da
sonst die Wurzelspitzen um so mehr divergieren wĂŒrden.
Die chirurgische Behandlung der Pro-
g e n i e und Mikrognathie des Unterkiefers.
Die partielle Resektion bzw. einfache Durchschneidung des
Unterkiefers zu dessen VerkĂŒrzung kommt nur als ultima
ratio in Frage, wenn eine rein orthodontische Behandlung
nicht zum Ziele fĂŒhren wĂŒrde. Die Operationsmethoden
wurden unter BenĂŒtzung der kriegschirurgischen Erfah-
rungen in den letzten Jahren sehr verbessert. Hier sind die
Arbeiten und Methoden von P i c h 1 e r und besonders von
Lindemann und Bruhns hervorzuheben. WĂ€hrend
bei den Àlteren Verfahren (Angle) aus dem Unterkiefer-
Körper beiderseits nach Entfernung von ZÀhnen ent-
sprechend breite StĂŒcke recesiert und damit das Unterkiefer-
mittelstĂŒck vollstĂ€ndig mobilisiert wurde, verlegen die
neueren Autoren die Schnittlinie hinter die ZĂ€hne nach dem
Kieferwinkel (Treppenschnitt nach P i c h 1 e r) und nach
dem aufsteigenden Kiefer a s t (L i n d e m a n n - B r u h n ).
Der Wert letzterer Methoden besteht darin, daĂ der Kiefer-
körper in toto erhalten bleibt und die zur Heilung nötige
Ruhigstellung durch intramaxillÀre Schienung sich sicher
und ohne Schwierigkeit durchfĂŒhren lĂ€Ăt, wĂ€hrend bei der
Mobilisierung des MittelstĂŒckes des Kieferkörpers die
Fixierung schwierig und wegen der unvermeidlichen Durch-
trennung der Art alv. inf. eine Gefahr fĂŒr die ErnĂ€hrung des
Knochens besteht. Es ist besonders hervorzuheben, daĂ fĂŒr
den Erfolg der chirurgischen Progeniebehandlung eine genaue
Schienenfixierung des Unterkiefers an den Oberkiefer eine
der wesentlichsten Vorbedingungen ist, und daĂ ferner der
Eingriff unter strengsten aseptischen Kautelen und unter Ver-
meidung der Eröffnung der Mundhöhle vorgenommen wird.
Die beste Garantie bietet in dieser Beziehung die Schnitt -
fĂŒhrung nach Linde mann oberhalb des foramen
mandibulare, die die Schonung der GefĂ€Ăe und Nerven ge-
stattet.
Die Mikrognathie, die Unterentv\ ieklung des Unter-
kiefers kann nach Bruhn weder durch orthodontische MaĂ-
nahmen, noch durch eine bloĂe Verschiebung des Unter-
kiefers nach chirurgischer Durchtrennung des Unterkiefers
Nr. 22/23. â
40. Jahrg.
Hauberrisser: KieferörthopÀdie
407
beseitigt werden. Sic muà durch eine VerlÀngerung
des horizontalen Kieferastes ausgeglichen weiden. Die Ope
fations-Methoden nach v. Eiseisberg und nach Peer
da dl! bestehen in stufenförmiger beiderseitiger Durchtren
Bung des horizontalen Kieferastes, Vorschieben des Kiefer -
BxittelstĂŒckes und Befestigung durch Knochennaht. In neuer
Zeit wurden von Bruhn und Lindemann Versuche mit
einer Modifikation des Steinmann'schen Nagelextensionsver-
Eahrens gemacht und ausgezeichnete Resultate erzielt. Die
Ăperationsmethode, die zweiseitig durchgefĂŒhrt wird, bestehl
daiin, daĂ in der 1. Phase die beiderseitige Knochendurch-
trennung und Vorziehen und Festhaltung des Kiefermittel-
stĂŒckes mit der âBruhn'schen Extension szange" durchgefĂŒhrt,
in der 2. Phase die entstandenen KnochenlĂŒcken durch freie
Knochentransplantationen geschlossen werden. .
Die AusfĂŒhrungen ĂŒber die Behandlungen der Kiefer-
anomalien dĂŒrfen nicht geschlossen werden, ohne noch einen
wichtigen Punkt hervorzuheben; das ist die RĂŒcksicht auf
die Physiognomie des Patienten und auf die kosmetische
Wirkung der Anomalien bezw. des Behandlungsresultates.
Der orthodontisch arbeitende Zahnarzt muĂ sich bewuĂt sein,
welchen rĂŒckwirkenden EinfluĂ die VerĂ€nderungen des Al-
veolarfortsatzes und der Zahnstellung auf die Gesichtsform
haben und von welchen Faktoren die Charakteristik eines
Gesichtes abhĂ€ngt. Es ist zu berĂŒcksichtigen, daĂ z. B. Lang-
gesichtern eine mĂ€Ăige prognathe Zahnstellung ein inter-
essantes rassiges Aussehen verleiht, daĂ die Dehnung der
Zahnbogen und die damit verbundene Verrbeiterung und
VerkĂŒrzung des Gesichtes bei diesen Gesichtsformen rein kos-
metisch keinen Gewinn bedeutet. Wenn natĂŒrlich auch die
rein kosmetischen RĂŒcksichten hinter den kieferorthopĂ€di-
schen zurĂŒckzustehen haben, dĂŒrfen diese NebeneinflĂŒsse
einer RegulierungsbehĂ€ndlung durchaus nicht auĂer Acht
gelassen werden. Die Photographie ist in weitgehendem
MaĂe zur Kontrolle der Ă€uĂeren GesichtsverĂ€nderungen her-
anzuziehen. Auf diese VerhÀltnisse wird ein gewissenhafter
Arzt vor der Behandlung die Eltern entsprechend aufmerk-
sam machen mĂŒssen.
Die Frage, wann soll eine Kieferregu-
lierung vorgenommen werden, ist lange Zeit
dahin beantwortet worden, daà der vollstÀndige Ablauf
der zweiten Dentition abgewartet werden solle; daĂ also
zwischen 12. und 14. Lebensjahr der gĂŒnstigste Zeitpunkt
fĂŒr eine Kieferregulierung gelegen sei. JĂŒngere, be-
sonders anÀmische und schwÀchliche Kinder seien einer
lÀngeren, mit Unbequemlichkeiten und zuweilen mit Schmer-
zen verbundenen Regulierungsbehandlung nicht gewachsen.
Dagegen sei bei Patienten, die diese Zeitgrenze ĂŒberschritten
hĂ€tten, wegen der HĂ€rte und gröĂeren Widerstandskraft der
Kieferknochen eine Behandlung ĂŒberhaupt nicht mehr durch-
fĂŒhrbar. Diesen Ă€lteren Anschauungen gegenĂŒber steht die
moderne Orthodontie auf Grund der Kenntnis der maĂgeben-
den Faktoren auf dem Standpunkt, daà grundsÀtzlich
dicBehandlungeinerAnomalie in Angriff ge-
rn o m m e n werden soll, so baldeine solche fest-
gestellt ist. Demnach soll eine Behandlung möglichst
schon am Milchgebià einsetzen in der richtigen ErwÀgung,
daĂ die Beeinflussung der Kieferknochen je frĂŒher desto
leichter vor sich geht, und daà die MilchzÀhne den bleiben-
den ZĂ€hnen ihren Platz vorschreiben. Eine beseitigte Ano-
malie des Milchgebisses wird also normale Zahnstellung im
bleibenden GebiĂ zur Folge haben. FĂŒr den Beginn der Re-
gulierungsbehandlung ist nur Voraussetzung, daĂ genĂŒgend
feste ZĂ€hne vorhanden sind, an denen die Regulierungs-
apparate befestigt werden und ihre Wirkung entfalten
können.
Theoretisch bezw. technisch . ist eine Regulierung
möglich, so lange ĂŒberhaupt ZĂ€hne und ein Alveolarfort-
' satz vorhanden sind. Doch aus praktischen, sub-
jektiven GrĂŒnden ist der Regulierungsmöglichkeit eine
gewisse Grenze gesetzt. In dieser Beziehung hat die Erfah-
rung gelehrt, daĂ eine Kieferregulierung bei Kindern nicht
unterm 5. und bei Erwachsenen nicht ĂŒber dem 30. bis
:').r). Lebensjahre, möglichst nicht jenseits des 16. Lebensjahre«
vorgenommen werden soll. Die untere Grenze einzuhalten ist
nötig, weil zur DurchfĂŒhrung der Behandlung ein gewisses
MaĂ von VerstĂ€ndnis fĂŒr die Ă€rztlichen MaĂnahmen verlangt
werden muĂ. AuĂerdem macht sich (wie oben ausgefĂŒhrt
wurde) erst im .5. Lebensjahr normalerweise das Ausein-
anderweichen der Milc hzĂ€hne bemerkbar, was einen SchluĂ
auf die zu erwartende Stellung der ErsatzzÀhne gestattet.
Hier frĂŒher einzugreifen wĂ€re unzweckmĂ€Ăig. Als obere
Grenze wird aus subjektiven GrĂŒnden das 16. Lebensjahr zu
bezeichnen sein. Jenseits dieses Alters bereiten die beginnen-
den Berufspflichten, die gesellschaftlichen RĂŒcksichten und
die bei Ă€lteren Patienten vorhandene gröĂere Empfindlichkeit
einer lÀngeren Regulierungsbehandlung erhebliche Schwie-
rigkeiten. Eine wesentliche RĂŒcksichtnahme fĂŒr die Zeit-
wahl einer Regulierungsbehandlung verdient auch die Zeit der
PubertĂ€t, in der eine auĂergewöhnliche Beanspruchung
wÀhrend der Umstellung des jugendlichen Organismus tun-
lichst zu vermeiden ist. Dieser Punkt findet bei den ver-
schiedenen Autoren keine ErwÀhnung; diese Entwicklungs-
periode erscheint jedoch zu wichtig, um in dieser Beziehung
unberĂŒcksichtigt bleiben zu dĂŒrfen. In spĂ€terem Lebens-
alter werden wohl nur besondere kosmetische GrĂŒnde
oder schwere störende Nasenhindernisse eine Regulierung
noch indizieren.
Die Zeitspanne vom 7. â 11. Jahre gebietet bei einer
etwaigen Regulierung insofern groĂe Vorsicht, als die in
dieser Zeit durchbrechenden bleibenden ZĂ€hne ihre Wurzel -
bildung noch nicht abgeschlossen haben und noch nicht ge-
nĂŒgende Festigkeit im Kiefer erlangt haben, um der Bean-
spruchung eines Regulierungsapparates standhalten zu
können. Andererseits sind in dieser Zeit die noch vorhande-
nen MilchzÀhne durch die Wurzelresorption mehr oder we-
niger schon gelockert, so daĂ auch diese ZĂ€hne nicht mehr
genĂŒgende Verankerungen bilden können. Demnach, er-
scheint in praxi dieZeitvom 5. â 7. bzw. 11. â 14. Lebens-
jahr fĂŒr die DurchfĂŒhrung einer orthodontischen Behand-
lung am gĂŒnstigsten.
Was die Dauer der Behandlung anbelangt, so
muĂ fĂŒr die Behandlungszeit unterschieden werden zwischen
der eigentlichen Regulierungsbehandlung,
wÀhrend der die Bewegung der ZÀhne und die Umformung
des Alv-eolarfortsatzes vor sich geht, und der Retentions-
z e i t, die das erreichte Ziel festzuhalten und den ZĂ€hnen die
Festigung in der neuen Stellung zu ermöglichen hat. Die in
Betracht kommenden Faktoren wie Art der Anomalie, Alter
des Patienten, die Körperkonstitution, die Art der verwen-
deten Apparate sind so mannigfacher Art, daĂ eine Norm fĂŒr
die Dauer einer Regulierungsbehandlung nicht angegeben
werden kann. Die Erfahrung lehrt, daĂ der Durchschnitt
der FĂ€lle mindestens eine 1 â VA jĂ€hrige Behandlung bean-
sprucht. In allen FĂ€llen ist mit unvorhergesehenen Unter-
brechungen, wie Erkrankungen usw., zu rechnen, weshalb
im Interesse der Patienten, der Eltern und nicht zuletzt des
behandelnden Arztes vor einer bestimmten und besonders zu
knapp bemessenen Zeitangabe gewarnt werden muĂ.
Die Notwendigkeit einer genĂŒgend langen Re-
tention muĂ besonders betont werden. Je gröĂer die vor-
genommene StellungsverÀnderung war und je schneller diese
erfolgte, desto lÀnger muà zur Festigung des Erfolges der
Retentionsapparat liegen bleiben. Oppler gibt die Reten-
tionszeit mit 2â4 Jahren an; der Einzelfall muĂ entschei-
den, ob die Apparate nach kĂŒrzerer Zeit abgenommen werden
dĂŒrfen oder ob unter UmstĂ€nden sogar eine Dauer-Retention
(z. B. bei hereditÀren Prognathien, die die Tendenz zeigen,
immer in die frĂŒhere Stellung zurĂŒckzukehren) notwendig
ist. In allen FĂ€llen mĂŒssen die ZĂ€hne wieder ihre voll-
kommene Festigkeit im Kiefer erlangt haben, sie dĂŒrfen beim
Kauen auch nicht mehr empfindlich sein; eher kann an eine
Entfernung der Retention nicht gedacht werden. Es ist
zweckmĂ€Ăig, die Apparate zeitweise zu entfernen und dann
wieder anzubringen, um auf diese Weise etwaige, auch ge-
ringste VerÀnderungen feststellen zu können. Treten solche
408
Debrunner: MeĂapparat
Nr. 22/23.â 40. Jahrg.
auf, mĂŒssen die Apparate noch liegen bleiben; die dauernde
Entfernung wĂŒrde den ganzen Erfolg der Regulierung in
Frage stellen.
FĂŒr die Prognose der Behandlung von Stellungs-
anomalien sind nach O p p 1 e r zwei Gesichtspunkte maĂ-
gebend:
1. Ist das gesteckte Ziel ĂŒberhaupt erreichbar?
2. Ist das erreichte Resultat auch dauernd zu erhalten?
Innerhalb eines gewissen Zeitraumes (siehe oben) ist es
ohne besondere Schwierigkeit möglich, ZÀhne und Alveolar -
fortsatz um ein Bedeutendes zu verschieben; Dehnungen von
15 mm und darĂŒber sind wiederholt vorgenommen worden.
Der zweite Punkt, das Festhalten des erreichten Zieles ist
nur mit einiger Vorsicht zu bejahen, und ein Erfolg zuweilen
nur durch jahrelange oder permanente Reiention zu er-
reichen. Letzteres bezieht sich namentlich auf vererbte
Anomalien, die immer wieder ihre ursprĂŒngliche Form an-
zunehmen bestrebt sind. Im allgemeinen ist, was die Dauer
der nötigen Behandlung und den v o 1 1 k o m m e n e n Er-
folg betrifft, vor zu groĂem Optimismus Ă€u warnen und vor-
sichtige ZurĂŒckhaltung geboten.
Zum SchlĂŒsse seien noch einige Punkte erwĂ€hnt, die als
unterstĂŒtzende MaĂnahmen fĂŒr den Erfolg von
wesentlicher Bedeutung sind. Dazu gehört vor allem eine
peinlich durchzufĂŒhrende Mundhygiene. Die Apparate
mit ihren Drahtbogen, Schrauben und Ligaturen bieten
Speiseresten reichliche Retentionsstellen und begĂŒnstigen
die Entwicklung und Ausbreitung der Karies in hohem MaĂe.
Eine nachdrĂŒckliche Ueberwachung der Mundpflege muĂ
seitens des Arztes und besonders der Eltern durchgefĂŒhrt
werden. Zahnreinigung mit BĂŒrste und SpĂŒlungen mit H20,
noch besser mit Perhydrollösung nach jeder Mahlzeit ist un-
erlĂ€Ălich. Beim BĂŒrsten ist Vorsicht geboten, um eine Be«-
schÀdigung und Lockerung der zarten Apparate und Liga-
turen zu vermeiden.
Aufgabe von Arzt und Eltern ist es auch, auf den All-
gemein-Gesund h e i t s z u stand des Kindes wÀhrend
einer Regulierungsbehandlung zu achten. âą Auf genĂŒgende
und zweckmĂ€Ăige ErnĂ€hrung ist besonders in den ersten
Wochen, in denen die Apparate das Kauen erschweren, Ge-
wicht zu legen. Die Kinder sind auf langsames grĂŒndliches
Kauen hinzuweisen.
Auch die Mitwirkung der Eltern ist insofern fĂŒr
das Gelingen einer Regulierungsbehandlung von groĂer Be-
deutung, als durch geeignete Belehrung und Zuspruch das
Vertrauen und die Geduld der jungen Patienten gestÀrkt
werden muĂ. Vor allem sind die Eltern vor grundlosen, zu
hĂ€ufigen MitleidsĂ€uĂerungen zu warnen, die die Willens-
kraft der Kinder nur schĂ€digend beeinflussen wĂŒrden. Den
Kindern wie den Angehörigen muĂ auĂerdem klar gemacht
werden, daà die an den Apparaten befindlichen SchrÀub-
ehen, Gummiringe, Ligaturen usw. wesentliche Bestandteile
sind, die nicht eigenmÀchtig gelöst oder gar entfernt werden
dĂŒrfen. Alle VerĂ€nderungen, etwaige Lockerung einzelner
Teile sind möglichst sofort dem behandelnden Zahnarzt vor-
zustellen, da âVersĂ€umnisse von Tagen die Resultate von
Wochen und Monaten aufheben können (K ran z)".
Literatur-Verzeichnis.
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Aus dem UniversitĂ€tsinstitut fĂŒr OrthopĂ€die. Berlin. Direktor:
Prof. H. Gocht.)
Apparat zur M'-ssung von Beinstellungen.
Von Dr. H. Debrunner. 1. Assistent.
L'm die Schwierigkeiten zu beseitigen, die sich beim
Messen von Oberschenkelstellungen in bezug auf die Becken -
achsen ergeben, habe ich in Anlehnung an das D r a c h t e r -
sehe Becken-Beinphantom einen einfachen Apparat konstru-
iert, der von der Firma H. Windler A. G., Berlin, angefertigt
und vertrieben wird.
Die beigegebene Abbildung zeigt alles Wesentliche. Die
mit zwei beweglichen Schenkeln (b und e) und Zentimeter-
Nr. 22/23. â 40. Jahrg. HausĂ€rztliche Hrluiiullmi^ nach Bacmeister 40fl
Einteilung versehene Querstange (a a) dient zur Feststellung
der Beckenquerachse. Der eine MeĂschenkel (b) fĂŒr das
rechte Bein ist nahe ihrem einen Ende durch Scharnier-
gelenk mit ihr verbunden. Auf der Unterseite befindet sich
lern Scharnier gegenĂŒber eine auf einem Metallzapfen mon-
tierte, durch Schraube feststellbare, napfartig gestaltete
Spinapelotte (d1), die zwecks sicherer Fixierung des Instru-
mentes auf die Spina iliaca auterior superior gesetzt wird. Der
zweite MeĂschenkel (c) ist durch einen Gleitschlitten mit a
verbunden; er lĂ€Ăt sieh in jeder beliebigen, auf a sofort ab-
lesbaren Entfernung von b feststellen. Auch er trÀgt die
Spinapelotte (d), die eine sichere Fixierung des Instrumentes
am Körper verbĂŒrgt. Beide Schenkel sind ĂŒber graduierten
Halbmessern angebracht, so daĂ jede Winkelstellung abge-
lesen und durch Klemmschrauben festgehalten werden kann.
Die Pelotten lassen sich ausziehen, weil der vorspringende
Leib korpulenter Personen die Messung stören kann. Die
Verbindungslinie von Spina bis Kniescheibenmitte, in die
wir die MeĂschenkel einzustellen haben, entspricht genau
der Verlaufsrichtung des Femur, die normalerweise in leich-
ter Adduktion verlÀuft. Entfernt man c, so hat man einen
einfachen Gradmesser vor sich, mit dem auch Winkelstel-
lungen anderer Gelenke gemessen werden können.
Die hausÀrztliche Behandlung der Lungen=
tuberkulöse.
Nach Prof. Dr. A. Bacmeister
Bacmeister fĂŒhrt zunĂ€chst aus, (lall heim Problein
der Tuberkulose-Behandlung die Àrztlichen Anstrengungen
prinzipiell auf zwei Hauptaufgaben konzentriert werden
mĂŒssen, nĂ€mlich 1. prophylaktisch den Ausbruch der SĂ€ug-
pmgstuberkulose verhĂŒten 'zu wollen, die Krankheil bei Be-
ginn oder im PrimÀr- und SekundÀrstadium zu heilen, und
2. dem Körper eine dauernde ImmunitÀt zu erhalten, die so
groà ist, daà die im Körper latent schlummernden oder von
|uĂen neu eindringenden Bazillen nicht zu einer Erkrankung
und zwar zu der therapeutisch viel ungĂŒnstiger zu beein-
flussenden tertiĂ€ren Phthise fĂŒhren. Hausarzt und Anstalts-
|rzt, dem der Patient ĂŒberwiesen wird, sollen in möglichst
nahem Konnex stehen. Um die gegenseitige VerstÀndigung
|ber den Befund des Patienten zu ermöglichen, schlÀgt
Bacmeister vor, sich an das von Aschoff ausge-
arbeitete Einteilungsprinzip der Lungentuberkulose zu halten.
Dann gibt B a r in e i s t e r Richtlinien an, wie der prak-
tische und der Hausarzt in hÀuslicher Behandlung die Tuber
kulose gĂŒnstig beeinflussen können. Die wichtigste Grund-
lage fĂŒr die Behandlung der Tuberkulose ist fĂŒr den behau
delnden Arzt die Feststellung, ob es sic h um ein:' fortschrei;
lendc, stationÀre oder zur Latenz neigende Form oder gar
um abgelaufene Prozesse handelt. Die fortschreitende
Lungentuberkulose bedarf einer strengen Bewachung und
Behandlung, die zur Latenz neigende oder latente Form ofl
nur der Aufsicht und Schonung. Bacmeister forderj in
jedem Falle strenge Durc hfĂŒhrung der Tempci alui messunu.
die dem Arzt ofl die genaueste Kenntnis ĂŒber den Zustand
des Lungenprozesses verschafft. Ebenso wichtig ist die Ver-
ordnung zur absoluten Buhe bei fiebernden Patienten, wÀh-
rend bei gleichmĂ€Ăigeren Temperalui kurven der Arzt dem
Kranken manche Konzessionen machen kann; gut ist auf
jeden Fall eine tĂ€gliche mehrstĂŒndige Liegekur. Pflicht des
Arztes ist, dem Kranken die möglichst besten hygienischen
VerhÀltnisse zu verschaffen, dem Kranken eine möglichst
gute ErnĂ€hrung angedeihen zu lassen, seine oft groĂe Appetit-
losigkeit infolge einer langen Bettruhe durch einen abwechs-
lungsreichen Speisezettel zu beheben. Ebenso selbstverstÀnd-
lich ist die hygienische Disziplinierung des Kranken und
VerhĂŒtung jeder Infektionsgefahr; die Widerstandskraft muĂ
in jeder Weise gestÀrkt und gefördert werden; AbhÀrtung und
Hautpflege sind dabei besonders erstrebenswert. Die Licht -
und Sonnenbehandlung hat in letzter Zeit fĂŒr die Behand-
lung der Lungentuberkulose gröĂere Bedeutung gewonnen:
eine direkte Sonnenbestrahlung muĂ bei allen Formen der
Lungentuberkulose streng vermieden werden. Röntgentiefen-
bestrahlung und kĂŒnstliche Höhensonne wirken gut, nur darf
nicht wahllos jede Lungentuberkulose bestrahlt werden; akut
destruierende und exsudativ kÀsige Prozesse reagieren
schlecht auf Quarzlichtstrahlen.
Neben dieser Allgemeinbehandlung geht die symptoma-
tische Therapie. Das Fieber soll medikamentös nicht ge-
drĂŒckt werden; nur bei lang anhaltenden Fiebernerioden mit
Störungen im Allgemeinbefinden sollen möglichst kleine
Dosen von Medikamenten gegeben werden. Wenn der Kranke
Auswurf hat, soll der Husten medikamentös nicht unter-
drĂŒckt werden, nur der erfolglose Husten soll behandelt wer-
den. Bei der Lungenblutung rÀt Bacmeister, kein Mor-
phium zu geben, da die LungenlĂŒftung und -reinigung da-
durch erschwert und die Aspiration infektiösen Materials
befördert wird. Bei bestehender KreislaufschwÀche und
UeberfĂŒllung des kleinen Kreislaufs kann Digitalis gegeben
werden. Bei nicht zu stillender Blutung kann als letzte Ret-
tung ein Pneumothorax angelegt werden. NachtschweiĂe
können mit den ĂŒblichen Mitteln bekĂ€mpft werden: Ab-
waschungen mit Franzbranntwein oder Essigwasser, inner-
lich KampfersÀure, Atropin, Agaricin.
Zum SchluĂ seiner Abhandlung geht Bacmeister
noch ein auf die spezifische Therapie, vor allem auf die
Tuberkulinbebandlung. Nach seiner Ansicht liegt der Heil-
wert des Tuberkulins darin, daà es örtliche Reaktionen in
den tuberkulösen Herden auslöst, wobei die schon im Körper
vorhandenen Schutzkörper mobilisiert wrerden. Zu gleicher
Zeit kann das tuberkulöse Granulationsgewebe, das den
Kampf gegen den Tuberkelbazillus zu fĂŒhren hat, im Sinne
einer beschleunigten Narbenbildung gereizt werden. Es ist
aber sehr schwer, die optimale Reizung der Herde in der
Lunge zu erreichen, ohne zu einer Aktivierung der Herde,
d. b. zu einer SchÀdigung des Kranken zu kommen. Im
allgemeinen sab Bacmeister im Lauf der Jahre bei Be-
folgung aller VorsichtsmaĂregeln bei der Behandlung der
Lungentuberkulose mit Tuberkulin immer einen gröĂeren
Prozentsatz der behandelten FÀlle, bei denen SchÀdigungen
in irgendeiner Form erfolgten. Auch von der therapeutischen
Anwendung der Partialantigene von Deyke-Much ist
Bacmeister bei der Lungentuberkulose zurĂŒckgekommen,
da er in den meisten FĂ€llen nur eine die Krankheit ungĂŒnstig
beeinflussende Herdreaktion gesehen hat. Seine Erfahrungen
mit dem Fried mann sehen Tuberkulin gehen dabin, daĂ
er das Mittel fĂŒr wirkungslos hĂ€lt und ihm jede Zukunft ab-
spricht. S t a n d v o Ă (Berlin -Halensee).
410
Referate
Nr. 22/23. â 40. Jahrg.
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
MĂŒnchener medizinische Wochenschrift.
24. MĂ€rz 1922, Nr. 12.
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Alter und Fettpolsterdicke als alleiniger MaĂstab fĂŒr den ErnĂ€hrungszustand.
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Rationelle Ausweisung unserer einheimischen Arzne flnra. v. Schre u c k.
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Roser-Xeiatonsche Linie fĂŒr die Erkennung von nicht traumatischen HĂŒffe
gelenkserkrankungen. K i n d t und W o s k o 1 1. 43".
l'rinaltherapic der Enuresis. P 1 a t.o. 1:5*.
Ueber Endoearditis chronica (lenta). Vortrag ĂŒber die Klinik
der noch immer viel zu wenig bekannten und beachteten Krank-
heit. MuĂ im Original gelesen werden!
Die pathogenetischen Beziehungen zwischen Tetanie und
Rachitis. Bei Rachitis und latenter Spasmophilie besteht eine
azidotische, bei manifester Tetanie eine alkalotische Richtung des
Stoffwechsels. Bei manifester Tetanie liegt eine Phosphatstauung
vor. Der Umschlag vom latenten zum manifesten Zustand wird
durch hormonale EinflĂŒsse herbeigefĂŒhrt, die in der hormonalen
FrĂŒhjahrskrise sich kundgeben und im Stoffwechsel, den sie
alkalotisch umstimmen, eine Phosphatretention veranlassen.
Azidotische ZustÀnde in diesem Sinne gehen mit herabgesetzter,
alkalotische mit erhöhter Gewebsatmung einher. Die Phosphat-
retention bewirkt bei dem herabgesetzten Blutkalkgehalt des
latent spasmophilen Kindes durch Verschlechterung der Ionisie-
rung des Blutgehalts Tetanie. Mit dem azidotisch wirkenden Sal-
miak und anderen MaĂnahmen, die zur Azidose fĂŒhren, wie
SĂ€urezufuhr und Hunger, kann man die Alkalosis aufheben, eine
Phosphatdiurese auslösen und die Tetanie heilen. Verfasser ver-
muten, daĂ bei der Kalziumchloridtherapie eine azidotisch wir-
kende Komponente mitspielt.
Kopliks bei Grippe. Verfasser teilt drei FĂ€lle von Grippe
mit einwandfreien Kopliks mit, denen kein Masernexanthem
folgte. Es handelte sich um kleine, kalkspritzerÀhnliche Flecken
auf der Wangenschleimhaut, die nicht von Kopliks zu unter-
scheiden waren.
F. Loewenhardt (Charlottenburg-Westend).
Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
15. April 1922, 49. Nr. 15.
Eigenartige MittelfuĂerkrankung. Vogel. 505.
ââąGastroenterostomie oder Resektion beim Magengeschw ĂŒr? II o h I h a u m.
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Behandlung von Knicankylosen. Stracke r. 509.
Oummidrainprothese in der Gallenwegeclrrurgie. II ĂŒ b S c b. 515.
âUlcus neptieum nach Pylnrusausschaltung. U a 1 |i e. r n. ."iifl.
Anomalie des Hodens. H i 1 a r o w i c z. 521.
Gastroenterostomie oder Resektion beim MagengeschwĂŒr?
Die Payr'sche Klinik gehört zu den âĂŒberzeugtesten AnhĂ€ngern"
der Magenquerresektion beim kailösen Ulcus des Magenkörpers
und dem in der NÀhe des Pylorus lokalisierten kallösen Ulcus.
Nur bei den vernarbten pylorischen GeschwĂŒren wird der hin-
teren Gastroenterostomie der Vorzug gegeben.
Ueber die Entstehung von Ulcus pepticum jeiuui nach Py-
lorusausschaltung nach v. Eiselsberg-Doyen. Zur ErklÀrung der
Pathogenese des Ulcus pept. jpj. erinnert Verfasser an das Ex-
periment von Popielski: Der Magen eines Hundes wird in zwei
Teile durchtrennt; wird SĂ€ure in den kardialen Teil gegossen,
so verhÀlt sich das Pankreas ruhig; wird in den pvlorischen Teil
SĂ€ure gegossen, so beginnt nach Durchtritt derselben durch den
Pylorus energische Pankreasabsonderung. Die Pylorusausschal-
tung nach v. E i s e 1 s b e r g ist eine genaue Kopie dieses Ver-
suchs mit HinzufĂŒgung einer Gastroenterostomie; Die SĂ€urt
wird von den FundusdrĂŒsen abgesondert und flieĂt durch die
G. E.-Oeffnung in den Darm. Da nun die Neutralisierung durch
den Pankreassaft fehlt, ist die Darmwand der schÀdigenden Wir-,
kung des sauren Magensaftes direkt ausgesetzt, und wenn aus
irgend einem Grunde die DarmwandernÀhrung noch gestört ist."
sind die gĂŒnstigsten Bedingungen fĂŒr die Entstehung eines Ulcus
pept. jej. gegeben. K. Wohlgemuth (Berlin).
Deutsche Zeitschrift fĂŒr Chirurgie.
1922, 169, 3/4.
âąH eber multiple cart'ilaginĂ€re Exostosen und Enehomlrorne. M e t t e n -S
1 e i t e r . M. 149.
Gleichzeitige und gleichartige Geschwulstbildung in der oberen Linke«
BrustdrĂŒse von Zwillingsschwestern. B u r k h a r d . H. 160.
Weitere Beobachtungen an Sauerbriichsehen OperatonsstĂŒmpfen. Icbcrl
MuskelseosibilitlÀt und Muskeldissosiation. von Horn. C. !69.
Weitere Beobachtungen an Sauerbruehschen OperationestĂŒmpfen. f Drittti
Mitteilung.) von II u r n , 0. 179.
I'eber patholog sehe und therapeutische ZwerehfellÀhmung. Lange K.-'
199.
âą^Beitrag zur Osteochondritis ileformans coxue juvenilis (Perthes), IIa gen -'S
buch, M. 289.
Ueber multiple cartilaginÀre Exostosen und Enchondrome.
Verf. bespricht an Hand der Literatur sowie einiger klinischer
FĂ€lle das Wesen der Erkrankung. Hiernach handelt es sich um
ein einheitliches, abgeschlossenes Krankheitsbild, wahrscheinlich
auf fehlerhafte Knochenanlage zurĂŒckzufĂŒhren, vielleicht hinsicht-
lich der Exostosen gewisse ZusammenhÀnge mit den Krankheiten
von S c h 1 a 1 1 e r, Perthes und Köhler bietend. Das Trauma
kann als auslösendes Moment wirken. Eine gewisse Aehnlichkcit
im Typus und Körperbau der an Exostosen und Enchondromen
Erkrankten ist nach Ansicht des Verf. nicht von der Hand zu
weisen.
Beitrag zur Osteochondritis deformans coxae iuvenil»
(Perthes). Beschreibung eines Falles von doppelseitiger Per-
th es 'scher Krankheit der HĂŒfte bei einem' 12 jĂ€hrigen MĂ€dchen.
Die Erkrankung trat zunÀchst an der linken, nach einem Jahre an
der rechten HĂŒfte auf. WĂ€hrend links unter Abduktionsgipsvcr-
bÀnden vollkommene klinische Heilung eintrat, blieb rechts eine
Ankylose des HĂŒftgelenkes zurĂŒck. Der ganze Verlauf sowie der
klinische Befund (Fieber!) der Erkrankung wies im vorliegenden
Falle mit groĂer Wahrscheinlichkeit auf einen entzĂŒndlichen
Prozeà hin. ein Àtiologisch bedeutsames Moment.
L. Frosch Berlin'
Zeitschrift fĂŒr orthopĂ€dische Chirurgie.
1922. 42. Heft 5.
I'eber die Möglichkeit der aktiven Hebung des FuUgcv olbes hei Pes planus.'
P e t r o. 257.
â Die Bedeutung der AuĂenrollung in der Symptomatologie der HĂŒftgelenk-'
erkrankungen. S a x 1. 267.
âHie operative Behandlung der Arthrit s deformans. W u 1 I e n b e r g. 27ö"
âŠÂ«âŠZur Aetiologie der schnappenden HĂŒfte. V o g e 1. 28b.
Beitrag zur Patella hipartita. Kien ckc. 291.
Die âForssmann-Masse " bei der Herstellung von kĂŒnstlichen Gliedern. -
Mosenthal. 297.
Os vcsalianum pedis. .1 o Ii a n s s o n. 301.
Die AuĂenrollung in der Symptomatologie der HĂŒftgelenk-
erkrankungen. Das diagnostisch wichtige Moment verschiedenster
HĂŒftleiden (vor allem Fraktur, Coxa vara, Coxitis, Osteomyelitis
usw.), die AuĂenrotation des Beines, wird einer nĂ€heren Bespre-
chung unterzogen. Hiernach ist die AuĂenrollung des Femur die
Folge von Schwergewichtseinwirkung auf das liegende Bein oder
des Ueberwiegens der AuĂenroller verbunden mit Insuffizienz de
Beckenheber, der M. glutaei medii und mininii.
Die operative Behandlung der Arthritis deformans. Beschrei-
bung mehrerer FĂ€lle von deformierender GelenkentzĂŒndung an der
HĂŒfte, dem Knie und FuĂe, die auf operativem Wege Besserung er-
gaben. Hier interessiert vor allem die Indikation zu blutigem
Vorgehen: 'bei der HĂŒfte im Falle des Versagens konservativer
Behandlung und hochgradigen Beschwerden oder schwer gestörter
Funktion. Am Knie bei plötzlichen Einklemmungserscheinungen.
ebenso am FuĂe.
Zur Aetiologie der schnappenden HĂŒfte. Verf. teilt 2 ein-
schlĂ€gige FĂ€lle mit. die Ă€tiologisch bedeutsam sein dĂŒrften. Hier-
Nr. 22/23. â40. Jahrg.
A u s (l e n neuesten Zeitschrifte n
4M
mich komm! das Schnappen der HĂŒfte zustande durch lĂ€ngere Zeil
gewohnheitsmĂ€Ăig fortgesetzte Adduktion. und Flexion der HĂŒfte.
L. F r o seh ( Berlin .
Zentralblatt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
1. April ($22, U5. Nr 13.
âŠZur Kettunjt der Alcxaniler-Adams-Oponil on. V e Ii I i u g . II. l»2.
Ucbrr Jen W< rt der Alexander-Adainssehen Operation. Sie la rt, (J. 183.
âŠZur Therapie der Placenta praevia,.. M c >âą e r , <'â I8.r>.
âą^Diagnostische Ausschabung des 1'tcrus "mit tötlieheni Ausgang Infolge endo-
gener Infektion. Lei cj' o r , L. 196.
~ l'i'her eine seltene" menschliche Doppelbildung iHaclrpairus parasiticus),
verbunden mit Minieren MiĂbildungen. I' o 1 t h i c r . II. 501.
Zur Kasuistik des primÀren Tubenkarzinorns. S tan ca. ('. 508.
Zur Rettung der Alexander-Adams-Operation. Fehling
wendet sieh gegen die schroffe Verwerfung der A lexander-Adams
Operation in dem Artikel von Doerfler (Zentralblatt f. GynÀk.,
Nr. 3). I >ic Operation ist, am richtigen Platz angewandt, wirklich
imstande, aus arbeitsunfÀhigen Patienten wieder frische arbeits-
fĂ€hige Menschen zu machen-. Indiziert ist das Verfahren nur fĂŒr
die mobile Retroflexio der Virgines und NullipĂ€rae und fĂŒr die
FĂ€lle von einfacher Uterus-Scheidensenkung mit und ohne Retro-
flexion im Verein mit Scheiden-Damrrrplastiken. Nur wer dies?
Indikationen wirklieh einhÀlt, wird gute Erfolge erzielen. Der-
Vorteil der Alexander-Adams-Operation ist der, daĂ der Uterus
in normaler Lage völlig beweglich bleibt, was mit keiner der zahl-
i eichen Fixationsmetheden zu erreichen ist.
Zur Therapie der Placenta praevia. Ergebnis der Bearbeitung
des Plaeenta-praeviamalerials aus dem staatlichen Institut fĂŒr Ge-
burtshilfe zu Hamburg-Finkenau.
Bei leichten FĂ€llen ist wie bisher zu versuchen, mit der
Blasensprengung auszukommen. Placentae praeviae centrales
sind nach Möglichkeit durch den Kaiserschnitt zu entbinden. Die
groĂe Gruppe der zwischen beiden liegenden FĂ€lle von Placenta
praevia lateralis ist unter den augenblicklichen UmstÀnden noch
nach den klassischen Methoden zu entbinden, wobei Metreuryse
und Wendung die Hauptrolle spielen. Der spontane Ablauf der
Geburt ist nach der Metreuryse und Wendung anzustreben. Die
Metreuryse ist fĂŒr die Kinder die schonendste Methode, erfordert
allerdings ein zweimaliges Operieren; bei schwer ausgebluteten
Frauen ist deshalb die Wendung nach Braxton-Hicks vorzuziehen.
In der Nachgeburtsperiode soll aktiver vorgegangen weiden
Blutet es bei gut kontrahiertem Uterus post partum, soll man auf
einen Zervixrià fahnden: auch zur manuellen Placentalösung soll
man sich bei Placenta praevia schneller entschlieĂen, ohne erst,
wie sonst bei Blutungen nach normalen Geburten, die ganze Reihe
der Blut Stillungsmethoden durchzuprobieren.
Diagnostische Ausschabung des Uterus mit tötlichem Ausgang
infolge endogener Infektion. Es werden 2 Falle mitgeteilt, die
nach Abrasio probntoria infolge Allgemein-lnfektion zum Exitus
kamen. Im ersten Fall wurde bei der Obduktion eine eitrige
Tonsillitis und ein TonsillarabszeĂ gefunden, der als Quelle der
Infektion angesehen wurde. Im 2. Fall war bei einer 44 jÀhrigen
Frau wegen Verdacht auf Korpus-Karzinom die Abrasio gemacht
worden: nach kurzer Zeil trat Fieber ein bei besiebender starker
Druckern pfindlichkeit des Uterus und ĂŒbelriechendem AusfluĂ.
Man dachte an akute Metritis, oder an einen UterusabszeĂ, oder
auch an ein nekrotisch gewordenes submuköses Myom und ent-
schloà sich zur abdominalen Uterus-Exstirpation. 2 Tage spÀter
ging die Patientin an diffuser eitriger Peritonitis zugrunde. Man
fand eine chronische Cholezystitis, die jedoch kaum als Ausgangs-
punkt der Infektion angesehen werden kann. Es ergibt sich
jedenfalls aus beiden FĂ€llen die Lehre, vor jeder Ausschabung,
abgesehen von einer sorgfÀltigen Genitaluntersuchung, auch eine
ganz exakte Allgemeinunlcrsuchung vorhergehen zu lassen.
Speyer (Berlin).
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5. April 1922; 95, Hell I
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â l).;e Wirkung verschiedener Antiseptic.s gegen Wundinfektion mil Strepto-
kokken. S e Ii i r m a n n , (). und W r e a 0 Ii n e r. 424.
MiĂstĂ€nde und Gefahren hed dem Verkehr mit bakteriellen Walten- und
Miiu.severtilgungsniitloln. Rae biger, II. und Bahr, I.. 142.
âŠEinfluĂ der Luitbeschaffenheit auf diei geistige LeistungsfĂ€higkeit rtei
Schttler, S c b w a r z , W. t u;.
lieber die Wirkung verschiedener Antiseptika gegen Wund-
infektion mit Streptokokken. Auf Grund der angestellten Ver-
suche empfehlen die Verff. fĂŒr die Praxis hei Wunden, die der
Infektion durch Streptokokken verdÀchtig sind, bis auf weiteres
eine Behandlung mit Trypaflavin in Losungen, sowie besonders
in Pulvern und Salben
Der EinfluĂ der Luftbeschaffenheit auf die geistige Leistungs-
fĂ€higkeit der SchĂŒler. WĂ€rmestauungSSymplOme konnten se]b\!
hei hohen Temperaluren (25,4°) verbunden mil hoher Feuchtigkeit
niemals, weder bei Lehrern noch Ix i SchĂŒlern beobachte) werden
Dagegen schlieĂt Verl. aus seinen Serienuntersuchungen, daĂ die
physikalischen Faktoren di r Pult von ausschlaggebender Bedeu-
tung fĂŒr die geistige Arbeil sind, und daĂ dieser EinfluĂ bereits
klar zutage tritt, wenn von körperlichen Störungen noch keine
Rede ist. Mil ĂŒber 1!)" steigender Temperatur nimmt die Abnahme
der geistigen LeistungsfÀhigkeit zu, ein hoher Luflfeuchtigkells
gehalt beeinfluĂ! dieselbe bei Temperaturen unter 19° kaum, be
wirkt aber bei höheren Temperaturen eine wesentliche Herab-
setzung der Arbeitsleistung und zwar eine erheblieh stÀrkere als
wie sie durch Temperatursleigerung allein bedingt wird. Er-
gĂ€nzende Untersuchungen ĂŒber den EinfluĂ einer Luflbewegung
konnten aus lokalen GrĂŒnden nicht durchgefĂŒhrt werden. Die An-
reicherung der Luft mit KohlensĂ€ure und Riechstoffen beeinfluĂte
die LeistungsfÀhigkeit unwesentlich. Bei derartigen Versuchen
betont Verf. aber die Wichtigkeit der Inrechnungstellung der Ge-
wöhnung an âschlechte Luft W. W e i sba ch (Halle a. S.
Schweizerische medizinische Wochenschrift, Basel.
1(3. MĂ€rz 1922, 52, Nr. 11
Typisch* Krankheiten aus dem Gebiet der Oto-Rhiito-Laryngologre und deren
Behandlung durch den praktischen Arzt. S c Ii ii n e in a n n A. 209.
Ein Fall von Seps's posl abortum nach Trauen e nes Steril 'Urs. Wetter-
w a 1 d , M. 276.
â Zur Prophylaxe und Therapie des Kropfes mit .lud. B a u m a n n . E. 280.
Beitrag zur Kasuistik Uber die angel-nrene allgemeine Wassersucht mit Ver-
gröĂerung von Milz und LĂŒiher. K b e gel. 0. 382.
Zur Prophylaxe und Therapie des Kropfes mit Jod. Je mehr
man sich mit der Physiologie der SchilddrĂŒse und des Kropfes
befaĂt, um so vorsichtiger wird man mit der medikamentösen
Beeinflussung derselben. Und je mehr man in der Praxis den
verheerenden EinfluĂ auch kleiner Jodgaben auf manche Kropf-
patienten zu beobachten Gelegenheit hat. um so mehr erkennt
man, daĂ eben doch fĂŒr viele Aerzte ein verhĂ€ngnisvoller Kom-
plex: Kropf â ergo Jod besteht! Die hĂ€ufig latenten Symptome
des Hyperthvreoidismus werden erst durch die Joddosen ge-
weckt und klinisch manifest, wenn das Unheil geschehen ist. Als
weiteres Moment kommt die viel zu hohe Dosierung in Betracht.
Der schĂ€dliche EinfluĂ regelmĂ€Ăiger Joddosen auf das endokrine
System ist noch keineswegs genĂŒgend erforscht, doch wissen
wir aus neueren experimentellen Untersuchungen, daĂ das Jod
schĂ€digend auf die GeschlechtsdrĂŒsen einwirkt und daĂ es be-
reits in mĂ€Ăigen Dosen, die lĂ€ngere Zeit verabreicht werden,
vor allem bei jĂŒngeren Individuen eine VerkĂŒmmerung der
epithelialen Elemente auf Kosten einer Bindegewebsvermehrung
bewirken kann. Unsere gebrÀuchlichsten Jodmitlel enthalten
viel zu viel Jod. Da noch keineswegs bewiesen ist, daĂ Jod das
alleinige Mittel ist, das den Kropf zum Schwinden bringen kann,
so wĂ€re es angebracht, bevor wir unsere Jugend mit Jod ĂŒber-
schwemmen, noch nach anderen Mitteln zu fahnden, die die
Struma gĂŒnstig beeinflussen, ohne den Organismus zu gefĂ€hrden.
Das Problem der Prophylaxe und der Therapie des endemischen
Kropfes mit JodprÀparaten ist demnach keineswegs so gelöst,
daĂ wir heute schon im Lebereifer einen allgemeinen' Feldzug
gegen das LandesĂŒbel beginnen dĂŒrfen. Erst wenn die Chemie
lind Phvsiologie der gesunden und kranken SchilddrĂŒse und ihre
Wechselbeziehung zu den anderen endokrinen DrĂŒsen hinreichend
aufgedeckt ist. dĂŒrfen wir es wagen, den endemischen Kronf in
groĂem MaĂstabe zu bekĂ€mpfen Held CBerlinV
Revue Medicalc de In Suis.se Romande, Lausanne-Genf.
Februar 1922. 42. Nr 2
âŠBehandlung der LungengangrĂ€n. Koch. M. BS.
âŠSakralisation des 5. Lendenwirbels. T u ri n 1 , n. 7f>.
Lumhaie Schmerisen in Beziehung zu Spondylose »>\d Spondylitis, I e n t z e r.
A. und Kallas n y . Ii. 81.
âŠNeosalrarsan bei Milzbrand. Rons . .1. 98.
Subkutane Kalkkonkretionen. t'ramer. A. Ml.
Die Behandlung der LungengangrÀn mit Knoblauchtinktur.
Nach drei ermutigenden FĂ€llen glaubt sich Verf. keineswegs be-
rechtigt, zu sagen: âdie Knoblauchtinktur ist das Heilmittel der
LungengangrĂ€n"'. Immerhin ist es der MĂŒhe wert, im Kampf
gegen eine Krankheit, gegen die wir so schlecht gerĂŒstet sind,
einmal den Versuch mit dem genannten Mittel zu machen. Es ist
weder gefÀhrlich, noch kostspielig, noch kompliziert. Seine Her
412 Aus den neuesten Zeitschriften Nr. 22/23. â 40. Jahrg.
Stellung erfolgt durch Maceration von getrocknetem Knoblauch in
9,5 % igem Alkohol; Filtration nach 14 Tagen. Der Geruch der
FlĂŒssigkeit ist nicht grade angenehm, aber auch nicht sehr in-
tensiv; und die Atemluft des Kranken riecht weniger stark als die
eines Knoblauchessers. Die Ansicht, daĂ Haemoplise eine Kontra-
indikation bildet, ist durch persönliche Erfahrungen des Verf.
eines Knoblauchessers. Die Ansicht, daĂ Haemoptyse eine Kontra-
indikation dar. Auch bei foelidcr Bronchitis, Bronchiektasien.
chronischer Tuberkulose glaubt Verf. an einen heilsamen EinfluĂ
des Mittels und möchte zu weiteren Versuchen damit anregen.
Die Sakralisation des V. Lendenwirbels. Seil dem Bestehen
der Radiographie ist man mehr und mehr auf die Beziehungen
zwischen der obengenannten MiĂbildung und dem Lumbago, den
lumbo-sakralen Neuralgien und der Ischias aufmerksam geworden.
Im allgemeinen wird die Anomalie zwischen dem 20. bis 30. Jahre
manifest und zwar durch Schmerzhaftigkeit: sie existiert seil
Kinderzeit, ihr Ursprung ist kongenital. Da die Symptome fast
immer Ischias bzw. Lumbago vortÀuschen, so wird man die Dia-
gnose vorwiegend per exclusionem stellen. Die Sakralisation
existier! mit einer relativen GesetzmĂ€Ăigkeit bei Rheumatikern:
Die Prognose der reinen Sakralisation ist gĂŒnstig, die Krisen
heilen und nach und nach lernen es die Patienten, diejenige Hal-
tung bzw. Bewegung zu vermeiden, die den Schmerz auslöst. Bei
Rheumatikern igt die Prognose natĂŒrlich an die IntensitĂ€t der
i heumalischen Beschwerden geknĂŒpft. Steht die Diagnose erst
fest, so wird man sich auf absolute Ruhe und WĂ€rmeapplikation
beschrÀnken. In Frankreich ist auch die Radiotherapie mit Erfolg
angewandt worden. Zur Exstirpation der hypertrophischen Apo-
physe wird man nur in dringenden FĂ€llen schreiten. Bei Patienten
mit Neigung zu wiederkehrendem Lumbago oder Ischias oder bei
solchen, bei denen die verschiedenen Behandlungsarten wirkungs-
los bleiben, wird sich demnach die Radiographie als diagnosti-
sches Hilfsmittel mehr als je empfehlen.
Bemerkungen anlĂ€Ălich eines Falles von Pustula maligna, der
mit Neosalvarsan und Antimilzbrandserum behandelt wurde. Die
Behandlung der Pustula maligna sieht noch nicht definitiv fest.
FrĂŒher ging man sie rein chirurgisch an: diesem Verfahren waren
jedoch Grenzen gesetzt, sobald die Infektion weiter um sich griff
oder sich in BakteriÀmie umwandeile. Man ist daher wieder auf
die konservative Behandlungsart zurĂŒckgekommen, kombiniert sie
jedoch mil Neosalvarsan- oder Seruminjeklionen. Das Neosal-
varsan scheint auf den Milzbrandbazillus eine so genau zu prÀ-
zisierende Wirkung auszuĂŒben, daĂ Versuche dieser Art ent-
schieden fortzusetzen sind. Um so mehr als es leichler zu be-
schaffen ist als das Serum. Held (Berlin).
Schwei/er Archiv fĂŒr Neurologie und Psychiatrie, ZĂŒrich.
1922, 10, Heft 1.
âą^Allgemeine Betrachtungen Uber dir Encephalitis (Morphologie und Patho-
genese). M o n a k o w. C v.
Bin Fall von Hemieephalus. de Vvi.es.
Klinische und anatomische Studien Uber Apraxie Ii r w n
"^Untersuchungen ĂŒber die Wirkungen des Koffeins und des Kaffee« auf den
Mensehen. M a ' e 1 , H. W.
l'elicr die Psychotherapie. M a e d e r.
âl'eiier Zwergwuchs und Riesenwuchs mit einem Beitrag zum Studium ver-
wandter Enrwickhtugsstörungen im Organismue. Ăign'on,
7aw Psychologie der sogenannten tratiniat'schen Xeurose. M e i e r und
MĂŒller, H.
Allgemeine Betrachtungen ĂŒber die Enzephalitis (Morphologie
und Pathogenese). Bei den Enzephalitiden sind folgende 4 Grund-
typen zu unterscheiden: 1. die diffuse, akute und eventuell chronisch
parenchymatöse Form: 2. die Herdenzephalitis: 3. die durch mul-
tiple, zerstreute, meist wohl demarkierte Herde sich auszeichnende
Form; 4. die chronisch progressive Form mit diffuser Verbreitung
des pathologischen Prozesses. Die Enzephalitis ist somit eine
pathogenetisch und klinisch auĂerordentlich formenreiche Störung,
die durch mannigfache morphologische AusgÀnge charakterisiert
ist. Sie wird hervorgerufen durch Insulte, bald mehr phvsikali-
scher, bald mehr toxischer Natur (z. B. Guanidinenzenhalitis\ am
hÀufigsten aber durch Mikroorganismen. Die infektiösen und be-
sonders die epidemisch auftretenden Formen sind von besonderer
Wichtigkeit in bezug auf die Ausbreitungsweise in der Hirnsub-
stanz und ihren Ausgang. Bei der herdförmigen Enzephalitis
können auch spÀter noch nach scheinbarem Stillstand, alte, an zer
sprengten kleinen Thromben haftende, mit fermentativer Krall
ausgestaltete chemische Stoffe zu Rezidiven und socar zu pro-
gressiven Prozessen fĂŒhren. Hierbei scheinen sĂ€mtliche Schulz
und RestitutionskrÀfte des C.'N. S. in vielseitigster Weise in Wirk-
samkeit zu treten: Gesteigerle Zufuhr von nÀhrenden Stoffen, mög-
lichst rasche AbrÀumung von Zerfallsprodukten. Bildung von
Antikörpern, von physikalischen .Schutzmembranen aller Art usw.
Zu diesen unmittelbar in Aktion tretenden Abwehrfaktoren treten,
wo Reparatur oder Ausgleich nicht möglich sind, oft grob fehler-
hafte Kompensationserscheinungen (Abbausymptome) auf, die
durch die Natur des Aufbaues des C. N. S. bedingt sind Was bei
dem ganzen cnzephalilischen ProzeĂ imponiert, das ist die Einheit
des sich wehrenden Organismus trotz der gewaltigen Arbeits-
teilung und morphogenelischen Differenzierung in den Organen,
dann die Sammlung und Gliederung der KrÀfte zum Wiederaufbau
der Funktion. Wo aber der Abbau eine Dauererscheinung bleiben
muĂ (irreparabler Defekl der Hirnsubstanz), dort imponiert das
nach Möglichkeil und unter BerĂŒcksichtigung der Entwicklung der
Funktion sich dokumentierende, planvolle Zusammenwirken (âfor-
mativer" Instinkt des C. N.S.!) der mannigfachen resistierenden
Hirnstrukturen, gemeinsam mit den inneren DrĂŒsen und dem Zir
kulationsapparat, um den entstandenen Schaden nach Möglichkeil
auszugleichen.
Untersuchungen ĂŒber die Wirkungen des Koffeins auf den
Menschen. (An Hand von Experimenten mit gewöhnlichem Kaffei
und Kaffee âHag".; Parallelversuche mit Santoskaffee und Kaffee
..Hag". Infus von 30 g feinem Kaffeepulver auf 300 g Wassel
Alle TĂ€uschungen werden ausgeschlossen. Santos enthielt 1,05.
.der âHag"-Kaffee 0,0?» % -Koffein, das Infus 0,07 und 0,002 %
Koffein.
Der Blutdruck (Tonometer Recklinghausen) stieg -nach
KaffeeaufguĂ 30 : 300 bei 19 Versuchen nach Santos im Mittel um
10,3 cm H.O, nach Hag gar nicht. Die Pulsfrequenz blieb dieselbe
Toxisch wirkender AufguĂ von 60 : 300 erzeugte nach Santos keine
weitere Bluldrucksteigerung, wohl aber eine Pulsbeschleunigung
mit hĂ€ufigen UnregelmĂ€Ăigkeilen. Nach Hag fehlen alle diese Er-
scheinungen.
Weitere Erscheinungen nach Santos 30 : 300 waren hÀufig
Kopfkongestionen, HĂ€ndezittern. HerzdruckgefĂŒhl. Harndrang. Bei
Hag fehlen alle diese Erscheinungen, sogar bei Infus 60:300.
Die Wirkung von Schlafmitteln konnte durch steigende
Dosen von Santos völlig ausgeschaltet werden, nicht aber durch
Hag.
Toxische LĂ€hmungen nach Nikotinabusus wurden durch
Santos weitgehend ausgeglichen.
Im Gegensalz zu allen anderen Versuchspersonen trat bei zwei
Personen nach Santos eine bedeutende Schlafverbesserung ein.
wÀhrend Hag diese Wirkung nicht hatte.
Gemeinsam mit J a k o b Mens c h hat Verfasser ĂŒber die
Beeinflussung df t geistigen ArbeitsfÀhigkeit durch
koffeinhaltigen und koffeinfreien Kaffee angestellt: Experimentelle
PrĂŒfung von II Versuchsreihen mit dem Additionsversuch im
Sinne von Kraepelin bei verschiedenen Arten von HirnschÀdi
gungen: a) ohne weitere Vorbereitung: b^ nach GenuĂ von Santos
Kaffeeinfus 30 : 300; c) nach GenuĂ von Hag-infus 30 : 300. Die
geistige ArbeitsfÀhigkeit wurde sowohl nach Santos als nach Hag
bedeutend gesteigert, teilweise mehr als verdoppelt. Trotzdem
nahm die Zahl der Rechenfehler dabei durchschnittlich ab. Bei
einigen Personen trat die beste LeistungsfÀhigkeit nach Santos,
bei anderen nach Hag auf.
Es ergibt sich, daĂ sowohl Santos als Hag geistig stark an-
regend wirken. Suggestive Wirkung ist ausgeschlossen. Nicht
nur das Koffein ĂŒbt demnach eine anregende Wirkung auf die
Leistungen des Gehirns aus. weil dieses ja im Kaffee Hag so gut
wie völlig fehlt, sondern auch andere Sloffe â wahrscheinlich die
aromatischen Röstprodukte, die sogenannte Kaffeongruppe.
Ueber Zwergwuchs und Riesenwuchs mit einein Beitrag zum
Studium verwandter Entwicklungsstöru.ngen im Organismus.
Funktionsstörungen der höchsten Hirnzentren können unmittelbar
zum Riesenwuchs wie auch zum Zwergwuchs fĂŒhren. Dazu be-
darf es einer mehr oder weniger schweren Enlwicklungsanomalie
oder Erkrankung des Gehirns selbst oder letzteres wird durch
Funktionsstörungen einer oder mehrerer DrĂŒsen beeinfluĂt. Man
soll sich das VerhÀltnis Zwerg- und Riesenwuchs nicht so vor-
stellen, da'Ă. wenn z. B. Hypofunktion eines Organs zum Zwerg-
wuchs fĂŒhrt, eine Uyperfunktion desselben Riesenwuchs erzeugt.
Diese Vorstellung des Einflusses der höheren Hirnzentren auf die
nutritiven und WachstumsvorgĂ€nge wĂŒrde leichter erklĂ€ren,
warum gewisse FĂ€lle von Hypophysisadenomen ohne Akromegalie
einhergehen und umgekehrt Akromegalie ohne Hvpophysis-
lumoren vorkommen können. SchlieĂlich wird die Frage auf-
geworfen, ob die Genitalorgane nicht auch durch das Gehirn un-
mittelbar in ihrer Funktion beeinfluĂt werden. Cessatio mensium
isl ja eines der ersten Symptome von Tumor cerebri.
W W ei gel dt.
A ii s (I o ii neuesten Zeitschrift e n
II
Nr. 22 23.â 40. Jahrg.
Kl siglo niedico, Madrid.
II. Mar/. 1022, 69, Nr. 3561.
â Kneeplmlitis poly mo'vfu. S ji n z , K. V. 253.
Angeborene Sehulterluxation. D o c r o f . 8. 250.
Die Meere und die Qlykosurien. Ca b n 1 1 o r o j l'* o i n a n il o /., s. 2ĂŒ0.
Verbesserung des Gesundheitszustandes in Spanien. V n I n n i n o
L. M. 262.
Encephalitis polymorfa. Mann von 31 Jahren erkankt im MĂ€rz
1920 an Grippe. WĂ€hrend eines Monates hohes Fieber und De-
liriuni, darauf 3 Wochen dauernd geschlafen. 3'A Monate noch
unregelmĂ€Ăiges Fieber; im Juli ParĂ€sthesien der unleren Extremi-
tÀten, die vier Monate anhielten. Ende 1920 mehrere Wochen wie-
der unregelmĂ€Ăiges Fieber, 3 Monate spĂ€ter heftige Schmerzen
im rechten Bein, die drei Monate wÀhrten, so daà er im Bett
bleiben muĂte. Darauf konnte er wieder seine Feldarbeit ver-
sehen. Im Oktober beginnende Steifigkeit erst der Beine, dann
der Arme, spÀter des ganzen Rumpfes; intensiver Speichelfluà und
beginnende Schlafsucht, so daĂ Patient in jeder Stellung einschlafen
kann; die Sprache ist klar, verlangsamt, monoton, tief; nur vor-
ĂŒbergehendes Zittern in den unleren ExtremitĂ€ten. â
Im Anschluà an diesen Fall schlÀgt Verfasser vor, nicht mehr
von einer Encephalitis lethargica etc. zu sprechen, sondern besser
Encephalitis polymorfa zu sagen. L u r j e.
Paris medical.
4. MĂ€rz 1922, 12, Nr. 9.
Die Syphilis 1922. Miliau und Br'ödist. IT.".
Prophylaxe und Heilung der Syphilis. Quergrat. 177
Die Syphilis auf dem Lande. L e r e d d e. 181.
GeJahren der ungenĂŒgenden Dosierung bei Behandlung der Syphilis
Fi na r d. 187.
Die Wismirtsalzc in der antisyphilitischen Therapie. M i 1 1 a u ixu
Die diskrete Blennorrhagie der Frau. San e t. 191.
Ein Fall Ton syphilitischer Reinfektion. Gr a 1 1 i p t. l'<<
La Presse Medicale, Paris.
15. Februar 1922, Nr. 13.
Radiographie der Niere nach der Methode CarolH-Sordelli. D e 1 h e r rh und
D a q u e r r i e r e. 133.
<J»Bismuth-Stoinatitis. A z o u 1 a y . R. 1 34.
Pathologie deir Parot's. F. r 1 i c h , M. 138.
Bismuth-Stomatitis. Die in Frankreich neuerdings vielfach an-
gewandte antiluetische BismuthbehandLung, die im ĂŒbrigen aus-
gezeichnet verlragen wird, bringt als Nebenerscheinung hÀufig
eine Stomatitis mit sich, die das erste Zeichen von Intoleranz be-
deutet. Sie findet sich besonders bei schlechten ZahnverhÀltnissen
und ist gekennzeichnet durch den Zahnfleischsaum, Ulcerationen.
Pseudomembranbildung und Schwellung der regionĂ€ren DrĂŒsen.
In schwereren FĂ€llen Fieber von 37â37,8°, Polyurie. Sowohl im
Harn wie im Blut und in der Cerebrospinalfliissigkeit findet sich
Bismuth in Schwefel gebunden. Differentialdiagnostisch findet sich
sehr selten Speichelfluà und FoetiditÀt, die der Quecksilber Stoma-
titis eigen ist; auch ist der Allgemeinzustand stets gut und die
Prognose gĂŒnstig. Therapeutisch kommt nur sorgfĂ€ltigste Mund-
pflege in Betracht, wobei auch die Behandlung ruhig fortgesetzt
werden kann. Habe r.
Revue d'orthopedie, Paris.
MĂ€rz 1922, 29, Heft 2.
+ Beitrug zum Studium der ererbten Sp&tsyphiUs des Schultergeleuks.
M i g i n i a c und C a d e n a c. 105.
Zwei FÀlle von Epiphyseulösung am unteren Fibiaondo mit Fraktur des
Wadenbeins. Bemerkungen ĂŒber ihren Entatehungsmechanismus und
ihre Behandlung. T II 11 er. 119.
âŠBeitrag zur Behandlung der Skoliose durch Gripskorsette BT a n n u s c k
127.
lieber einen Fall von Osteochondritis deformans juvenilis coxae Yver-
-n a u 1 t. 189.
$Ueber einige neue klinaUiche Anne. R o e d e r e r. 148.
Klumpfuilschieni'. zur UnterstĂŒtzung des modellierenden* Redressements.
d ' I n t i g n a n o. 148.
Verbessertes Gelenk fĂŒr kĂŒnstliche Heine. E"i p e r f. ist,
Beitrag zum Studium der ererbten SpÀtsyphilis des Schulter-
gelenkes. Die hereditÀre Syphilis lokalisiert sich sehr seilen im
Schultergelenk. Als charakteristisch fĂŒr die Erkrankung werden
von den Autoren auf Grund eines eigenen Falles und solcher aus
d< r spĂ€rlichen Literatur folgende Punkte angefĂŒhrt: 1. Eiterungen
entstehen nie. Das erkrankte Gelenk zeigt eher die Erscheinung! n
sarkomatöser Entartung. Auch mit Tuberkulose oder chronischer
Ost< iomyelitis kommen Verwechselungen vor, 2. DrĂŒsenschwel-
lungen sind seilen, landen sieb aber im besprochenen Falle. 3. Das
Röntgenbild zeigt nicht die erwarteten schweren KnochenverÀndi1
rungen. Höchstens crkennl man per iosl i I i sehe Saunte Die Vhwi I
hing ist auf gummöse Infiltration der Weichteile zurĂŒckzufĂŒhren.
Daneben linden sich die knochcnluetischi n Symptome: Leicht'
Verdickungen, unregelmĂ€Ăig aufgerauhte Diaphysenstruktun u,
Aufhellungszonen. I. Die Krankheit beginnt schleichend, wenig
schmerzhaft. Weder Kontrakturen schweren Grades noch hoch
gradige Beschwerden bilden sich aus. Das Gelenk wird niĂhl
selten zum Schlottergelenk. 5. Fs kommt infolgedessen hÀufig zur
pathologischen Luxation, Ă. Durch AusschluĂ aller andern Dia-
gnosemöglichkcilen (bösartiger Tumor, Tuberkulose, Osteomye
lilis. Gonorrhoe) wird der Verdacht auf Lues nahegerĂŒckt. Da-,
Vorhandensein heriditÀrluetischer Stigmata macht ihn sehr wahr-
scheinlich. Die Wasser mana-Reaktiori (im Punktal des Ergusses
besonders stark positiv sichert die Diagnose. Die Behandlung
mit Neosalvarsan hatte im vorliegenden Falle einen Vollen Erfolg
zu verzeichnen.
Beitrag zur Behandlung der Skoliose durch Gipskorsette.
Dan a u s ek beschreibt sein neues Verfahren zur Behandlung de.
Dorsalskoliose, das durch OriginalitÀt und Einfachheit imponierl
Er unterwirft das Abbot'sehe Verfahren einer Kritik und triff I,
wie mir scheint, einige wesentliche Fehler, die dem Verfahr: n
anhaften. Abbol bringt durch Kyphosierung,die WirbelsÀule in
<ine Stellung, in der sie möglichst leicht umzukrĂŒmmen ist;
Hanau sek findet mit Recht dies Vorgehen unlogisch, da durch
die BegĂŒnstigung der Redression ein Teil der aufgewandten Krafl
und des durchlaufenen Weges brach liegen muH. Er selbst rc
dressiert durch Gurtenzug im Stehen, ohne daĂ eine Extension da-
bei angewandt wird. Er redressiert also in natĂŒrlicher Haltung.
Das Korsett umfallt Becken und Rumpf bis unter die Arme und
muĂ sehr exakt sitzen. Es wird nach dem Hartwerden in der
Mitte entzweigesÀgt, so daà ein oberer und ein unlerer Ring Chi*
stehen, die auf der konkaven Seite gelenkig miteinander verbunden
werden. Mit Hilfe langer hölzerner Hebel, die an den beiden Gips-
ringen befestigt werden, vermag er nun tÀglich die Rotation um
ein weniges aufzurollen; die gewonnene Detorsion â wird durch Yer
schraubung im Gelenk festgehalten. Auf diese Weise lĂ€Ăt sich die
Skoliose nach und nach in Wochen und Monaten strecken. Einige
Abbildungen zeigen die glÀnzende Wirkung in einem Falle. Leber
DauerreSuItate verfĂŒgt der Verfasser noch nicht.
Leber einige neue kĂŒnstliche Arme. Roederer beschreib!
drei neue Kunstarmtypen, von denen der eine bemerkenswert Ist,
da er eine Vereinigung von Arbeitsklaue und Schmuckhand dar-
stellt. Die Klaue wird nicht ausgewechselt, sondern lĂ€Ăt sieh in
der Hand versenken, wobei sie gleichzeitig als KraftĂŒbertrĂ€ger
zur BetÀtigung der Kunsthand Verwendung findet.
IL D c b r u n n e r Berlin .
The Journal of laboralory and clinical medicine, St, Louis.
*> Februar 1022. VIL Nr. .">.
âŠM)ie innere Sekretion des Pankreas. Baitin n. V. und Ii e st. c. H. »öl.
Oer EinfluĂ verschiedener Substanzen auf den Wider. t:. ml von Tin u gegen
Azetonitr:!. M i n r a . \I . .'Iii.
Der ICinl'luLI der Zritd.-iuei /» 'sehen l.umhnlininUtiou und ZÀhlung; der {Sellen
nut' die Resultate der ZĂ€hlung, w > n n . J. 273.
â {âąDie Bestimmung von kleineu Dofon Atropin im Serum v o n d e r II e y d e .
Ii. V. 280.
. Der Bakteriophage, à h n d e - . ». 268;
âą{âąDie Glukosetoleranz. I. n n gsl o n . W. 253.
IC ine verbesserte Methode stur FĂŒtterung von Mim. eu. \i i t e Ii e I I. Ii. S. 2f>9j
(irundstofhvechsel. W o o I I e v. P. (â . 301.
Infektion hei Tuberkulose.. >V e o i> . C. u. ;ob.
Spututnuotersuchungen. W null e y . P. ('âą. 308.
Die innere Sekretion des Pankreas. Verfasser haben bei
Hunden die AusfĂŒhrgĂ€nge der BauchspeicheldrĂŒse unterbunden.
Die DrĂŒse degeneriert und die Langerhans'schen Inseln bleiben
am lĂ€ngsten bestehen. Tötet man nach 8â10 Wochen das Tier
und bereitet man einen Extrakt der entarteten Bauchspeichel-
drĂŒse, so bekommt man einen Extrakt der Inseln. Intravenöse
Injektion dieses Extrakies gibt beim pankreas-diabetisehen Hunde
eine starke Senkung des Blut- und Harnzuckers. Durch eine
kleine Menge SĂ€ure wird die Wirksamkeil nicht beeinfluĂt: durch
Zusatz von kleinen Dosen Pankreassekrel wird die Wirksamkeit
sofort aufgehoben. In der KĂ€lte ist das ExtrakI etwa 8 Tage
hallbar. Durch Kochen wird es zerstört.
Die Bestimmung von kleinen Bosen Atropin im Serum. Durch
Alkohol werden die Proleine gefĂŒllt, der Niederschlag mil
Alkohol ausgewaschen, der Alkohol abgedampft und der Rest in
wenig Wasser gelöst; dann filtriert und jetzt die VerdĂŒnnung be-
stimmt, wobei Quecksilber-Jodkali noch einen Niederschlag ver
ursacht. Hieraus lĂ€Ăt sich die Menge Atropin berechnen.
414
Aus den neuesten Zeitschriften
Nr. 22/23. â 40. Jahrg.
Die Glukosetoleranz. Verfasser bestimmte die Blutzucker-
kurve nach Verabreichung von 100 g Glukose. Er beobachtete,
daĂ bei Tuberkulose, Diabetes, Hyperthyroidie und bei Hvper-
funktion der Nebennieren eine von der Norm abweichende Kurve
gefunden wurde. Dieselbe Kurve findet man auch bei Karzi-
nomen. Verfasser glaubt, daĂ die Tumorzellen eine innere Se-
kretion haben, die den Zuckerstoffwechsel beeinfluĂt.
K o o p m a n (Haag).
Archives of Internal Medicine, Chicago.
15. Februar 1922, 29, Nr. 2.
4>Traph&»1- und Bronchialatenöse als Ursachen des Emphysems. II u o v e r
C. F. 143.
Mikrolymphoidozysten-LemkÀmie. E i n <⹠m a ⥠. 8. 16s.
<Mntra.kntane Reaktionen bei lobÀrer Pneumonie. Rigelo, G. H. 221.
Die Begehungen der Dyspnoe zum Max'mum-Minuten- Volumen d^sr Lungen».
ventMatton. Sturmis. C. C. P e a ĂŒ ö d y . F. W., Hall. F. C. und
P r e m o n i - S m i t h . F. 2Sfi.
Stellung und Funktion des Diaphragma* lieeinflul.it durch W rehsei der Kcir-
perStellung. A d a m S . R. D. und P i 1 1 s b u r g . H. C. 245.
\ urikulo-ventrikularev Rhythmus und Digitalis. Rieh a t d 9 o n . II Ii. 2Ă3,
En Fall von d'ssemmierter MiliÀrtuheirkw'ose bei totgeborenem Fötus.
W h i t in a n . R. C. und Orr e e n e , L. W. 201.
Elektrode fĂŒr experimentelle elektrokardiographisehe Untersuchungen.
VV i 1 i a m s o n * C. 8. 274.
Tracheal- und Bronchialstenose als Ursachen von Eniphy-
sema pulmonum. An Hand von klinischen Beobachtungen und
Tierexperimenten glaubt H. beweisen zu können, daà das akute
Lungenemphysem in der Hauptsache durch weitverbreitete ex-
spiralorische Stenose im Bronchialbaum hervorgerufen wird.
Intrakutane Reaktion bei LobÀrpneumonie. Seit einigen
Jahren wird in den Vereinigten Staaten die genuine Pneumonie
mit Antipneumokokkenserum behandelt. Das Ergebnis dieser
Serumtherapie ist noch nicht spruchreif. Die vorliegende Arbeit
knĂŒpft an Untersuchungen von C 1 o u g h aus dem Jahre
1915 an. Der Verfasser konnte, ebenso wie Cl., intrakutane Re-
aktionen bei der genuinen Pneumonie erzielen, allerdings erst im
Stadium der Allergie. In diesem Zeitpunkt ist eine spezifische
Serumtherapie nicht mehr indiziert, da man eine hohe Anti-
körperkonzentration im Organismus annehmen muĂ.
L. Farmen Loeb (Berlin .
The American Journal of Roentgenology, New York.
Januar 1922, 9. Nr. 1.
âRöntgendiagnostik der Nasennebenhöhlen, i; e r r i t v a n Z w a 1 u « e n -
bĂŒrg, ,T. L
Diagnostik der Lungenkrankheitcu im Kindesalter. Pierson. .7. W. n.
Röntgenologischer Nachweis einer niehtvermuteteu verkalkten Ovarialcyste:.
E d e i k c n . L. 15.
âi.endenv iiiielsĂ€ule und Articulat:o sacro-iliaca im Röntgenbild. P a I m e r .
M. B. 17.
âRöntgen- und Radiumbehandluug des SchilddrĂŒsenkarziuoms. P r a Ii I c t .
G. E. 20.
Röntgentherapie der SchilddrĂŒseTierkrankungon. T y 'l e r . A . F. 25.
Bericht ĂŒber 3 röntgenbestrahlte Sarkome. K e i t h . D. V. 31.
Hautreakt on als MaĂstab fĂŒr Radiumdosierung. X e w c n m e t . W. S. 14.
âStrahlenbehandlung bei Hirntumoren. Pancoast. II. K. 42.
âą{»Radiumbehandlung des primĂ€ren Vaginalkarzinom-. Stacy. F. .1. 4M.
Neuer Applikator fĂŒr Raditimemanation. Q « ick, T>. und Johnson,
F. M. 53.
Vergleichende Strahlenmessungen des Radiums in und auĂerhalb von Tu-
moren. Viel. Ch. II. 56.
Wirkung des Bucky-Pottcr-Filters. W i 1 s e y . R. B. 58.
Signallampe fĂŒr das Bucky-Potter-Filter. L i n d s a y . .1. H. '17.
Röntgendiagnostik der Nasennebenhöhlen. Röntgenologisch
nachweisbare Symptome finden sich bei Entwicklungsstörungen
der Höhlen, bestehend in GröĂen- und KonturĂ€nderungen, im
AnschluĂ an in der Jugend durchgemachte Katarrhe, bei der
akuten eitrigen Sinusitis in Gestalt von Beschattungen, die durch
das Schleimhautoedem und Empyem hervorgerufen werden, und
bei der chronischen Sinusitis; bei letzterer weist die Röntgen-
untersuchung oft als primÀre Ursache eine Septumdeviation auf.
die disponierend zu einer polypösen Schwellung auf den Muscheln,
zu einer Verstopfung der Kieferhöhlen fĂŒhren kann. Röntge-
nologisch bestehen dann diffuse Beschattungen der Sinus und
osteoporotische VerÀnderungen an den umgebenden Knochen.
LcndenwirbelsÀule und Artikulario sacro-iliaca im Röntgen-
bild. Als Ursache der Kreuzschmerzen finden sich hÀufig ana-
tomische VerÀnderungen und Entwicklungsstörungen an den Ge-
lenkfortsÀtzen der LendenwirbelsÀule und am Kreuzbein, meist
auf traumatischer oder rheumatischer Basis, die nur durch die
Böntgenuntersuchung aufgedeckt werden können. Röntgenologe
und OrthopĂ€de mĂŒssen gemeinsam die Deutung dieser Befunde
vornehmen.
Röntgen- und Radiumbehandlung des SchilddrĂŒsenkarzinonis..
SchilddrĂŒsenkarzinome sind sobald als möglich nach der Ope
ration prophylaktisch nachzubestrahlen; und zwar mindestens
zweimal, hÀufiger, wenn eine Totalexstirpation des Tumors nicht
möglich war. Steht die Diagnose auch ohne Operation fest, so
hietet die Böntgenbestrahlung gute Heilungsaussichten. Audi
Rezidive können unter der Bestrahlung schwinden, die jedoch
nicht vor Metastasierung in anderen Organen schĂŒtzt. Bei um-
schriebenem Tumor oder bei röntgenrefraktÀrem Verhalten leistet
oft Radiumbestrahlung vorzĂŒgliches.
Strahlenbehandlung der Hirntumoren. Gute Erfolge bei
lokaler Radiumbestrahlung (von der Nase und vom Mund aus
resp. in die operativ freigelegte Höhle) und bei Röntgenbestrah-
lung nach der Kreuzfeuermethode.
Strahlenbehandlung des Vaginalkarzinoms. PrimÀre Karzi-
nome der Vagina sind relativ selten, sie machen Àhnliche Symp-
tome wie das Zervixkarzinom und metastasieren mit Vorliege
in den PliakaldrĂŒsen, seltener in anderen Organen. Resultate
der kombinierten Röntgen- und Radiumbestrahlung ĂŒbertreffen
die der Operation (Beleg durch Nachuntersuchung von 14 Patien-
ten). Um Fistelbildung zu vermeiden, empfiehlt sich einmalige
starke Radiumapplikation und hÀufige Wiederholung der Rönt-
genbestrahlung mit besonderer BerĂŒcksichtigung der regionĂ€ren
DrĂŒsen. K a u t z fHamburgV
The Journal of Urology, Baltimore.
Januar 1922, 7. Nr. 1.
â Kim. Operationsmethode der mit Epispadie verbundenen L'rininfeontinenz.
.1 o u n g . H. II.
âDie Behandlung der bösartigen GeschwĂŒlste der Prostata und d v Blas".
O e r a g h t y . .1 . T .
Verkalkung der Namenhlasen. K r e ts c h m e r. 11. t,
â Modifikation der Phcnolsulfophtalcinmethudc bei der funktionellen Nicrcn-
diagiiostik. P e t c r s o n . A.
Bösartiger Nebennierontumor nebst Bericht ĂŒber einen Fall. F w. 1 1 e r. H. G.
Eine Operationsmethode der mit Epispadie verbundenen
Frininkontinenz. I. empfiehlt zunÀchst den Blasenhals wieder
herzustellen, dann durch NĂ€hte einen Sphinkter externus zu bil
den, und darauf die Epispadie durch seine 1915 angegebene Me-
thode zu beseitigen.
Die Behandlung der bösartigen GeschwĂŒlste der Prostata und
der Blase. Das Ca der Prostata ist in 75 Prozent mit einer
Hypertrophie derselben vergesellschaftet: Symptome treten ge-
wöhnlich erst dann auf, wenn der Krankheitsprozeà erheblich vor
geschritten ist, daher die wenig guten Resultate der Behand-
lungsmethoden bisher. Bei gutartigen Tumoren und bei solchen
malignen, die endovesikal vollkommen zu erreichen sind, ist die
Fulguration die Methode der Wahl. Kann diese nicht statthaben,
ist jedoch der ProzeĂ noch streng lokalisiert und nicht infil-
trierend, so ist Radium angebracht, das eventl. nach suprapubi
scher Ocffnung der Blase in Form von Nadeln direkt in den
Tumor gebracht wird. Tst dieser bereits infiltrierend geworden
aber noch umschrieben, so kommt einzig und allein die Resek-
tion in Frage, eventl. mit nachfolgender Radiumbehandlung.
FĂŒllen aber die Tumoren einen gröĂeren oder kleineren Teil der
Blase aus, so ist es am zweckmĂ€Ăigsten, diese zu eröffnen, die
Tumoren weitgehendst zu kauterisieren und dann eine systema-
tische Radiumbehandlung vorzunehmen, bei der Ouadratzenti-
meter fĂŒr Quadratzentimeter bestrahlt wird.
Modifikation der Phenolsulphophtaleinmethode bei der funk-
tionellen Nierendiagnostik. Am SchluĂ der Ureterenuntersuchung
wird 1 cem Phtalein intravenös injiziert. Das Erscheinen des
selben im Urin wird notiert und der Phtaleinharn jeder Niere
5 Minuten lang gesondert aufgefangen. 5 cem des aufgefangenen
Harns jeder Niere werden in genau graduierten GlÀsern auf
200 cem mit destilliertem Wasser aufgefĂŒllt und einige Tropfen
Kochsalzlösung hinzugefĂŒgt. Dann werden die beiden t'rin-
lösungen mit Hilfe einer Farbenskala verglichen. Der Farben -
ton gibt prozentual die Konzentration der Phtaleinausscheidung
jeder Niere an. Bab (BerlinV
The Urologie and Cutaneous Review, Saint Louis.
Februar 1922, 26, Nr. 2.
âVorlĂ€ufiger Berieht ĂŒner Lumbal- AnĂ€sthesie. S t i r 1 i u g . William C. nid
Lawrence. Charles S. 67.
â Ein einfacher Apparat zur Stillung von Nachblutungen bei Prostatektomien.
Barnf tt, Charles F. 69.
Fall von syphilitischer Totalzerstörung des Penis. Parcun À g i a u . Mi-
tran B. und Goodman u, Herrmann. 70.
Ni\ 22/2;i. â40. Jahrg.
Aus den neuesten Zeitschriften
415
Original- und Vorglcicbsstudien ĂŒber den Wert vun Indigo-Carmin bei dei
funktionellen Nietendiagnose. Harpster, Charles Melvon. 70.
P.kzcma marginatum. K o n d a 1 1 , Julian L. 70.
>|»Eln Fall von vollstĂ€ndigem HarurĂŒhrenverschluli und Urininfiltration in-
folge von Stein in der Urethra. Hall, John E. und T b a r p . AI iltou. 77.
Kiu Fall von S-serodermia infolge von Trauma, A r o u s t a ra, Noah L. 77.
Der physikalische Wort" der Lichtquelle bei der Aktinothorapic. I) a u n -
in e y e r , F. 79.
liiihtilinien fĂŒr die Herstellung der Wassermanu'-Rcajcentien. 11 e a r n ,
3. K. 80.
Die dermatologische Diagnose nach der Metbode von Philippson und Török.
Neuwirth, Eugene. 81.
KĂŒnstliehe Maul- und Klauenseuche beim Meerschweinchen durch Rein-
kulturen hervorgerufen. Nie II e u , Max. von. 85.
VorlĂ€ufiger Berieht ĂŒber LumbalanĂ€sthesie. Die Lumbal-
anÀsthesie wurde im Jahre 1885 von J. L. Corning erfunden,
aber erst durch Biers Empfehlung wurde sie Allgemtingut der
Chirurgen. Durch Verbesserung ihrer Methodik kommt jetzt auf
etwa lytXX) FÀlle ein Todesfall, wÀhrend noch 1914 die Mortali-
tÀt fast l"/oo betrug. Die AnÀsthesierung geschieht durch In-
jektion von Novokain in die LumbaiwirbelsÀule und zwar zwi-
schen den 1. â 2. Lumbaiwirbel, wenn es sich um Operation in
der Nabelgegend handelt, zwischen 2. und 3. resp. 3. und 4. bei
solchen in der Perineaigegend oder an den unteren Extremi-
tĂ€ten. Nachdem 15 bis höchstens 25 cem SpinalflĂŒssigkeit ab-
gelassen sind, wird Novokain injiziert. Die AnÀsthesie tritt nach
3â5 Minuten ein und hĂ€lt etwa 50 Minuten an. WĂ€hrend der
AnÀsthesierung tritt hÀufig ein Sinken des Blutdruckes ein, doch
hat dieses nur dann eine Bedeutung, wenn es von Zirkulations-
oder Bespirationsstörungen begleitet ist. Da aber auch sonst
irgend welche ZufÀlle bei der LumbalanÀsthesie nicht selten sind,
sollte diese nur von geĂŒbten Technikern ausgefĂŒhrt und nicht
jungen Assistenten ĂŒberlassen wrerden. Kontraindikationen sind
vorgeschrittene Myokarditis, intrathorakale oder mediastinale
Tumoren, KrankheitsfÀlle, bei denen die Bewegung des Zwerch-
fells behindert ist, z. B. Acites oder Pleuraexsudat â und cere-
brospinale Erkrankungen; auch fĂŒr Kinder ist sie wenig geeignet.
FĂŒr urologische Operationen dagegen ist sie die Methode der
Wahl.
Ein einfacher Apparat zur Stillung von Nachblutungen bei
suprapubisehen Prostatektomien. Bei der Operation wird mit
Hilfe eines Bougie, das vorne zwei Augen hat, ein dicker, langer
Faden vom Meatus externus der Harnröhre aus durch die Harn-
röhre bis zur suprapubisehen Wunde so gefĂŒhrt, daĂ das obere
Ende des Fadens aus dieser, das untere aus der Harnröhren-
öffnung herausschaut. Diese Enden werden an der Haut be-
festigt. Bei Blutungen wird an das obere Fadenende ein in
einen langen Gummischlauch auslaufender kleiner Giimmiballon
befestigt, dann vom Meatus-Ende aus in die Prostatahöhle ge-
zogen, wo er mit Hilfe des Gummischlauches so stark aufge-
blasen wird, daĂ durch den mechanischen Druck Blutstillung
eintritt.
Ein Fall von Harnröhrenverschluà und Urininfiltration in-
folge von Stein in der Urethra. Der Stein, der den VerschluĂ,
Ilarnröhrenruptur und Urininfiltration hervorgebracht hatte, war
wohl von auĂen â vor lĂ€ngerer Zeit -â eingefĂŒhrt worden.
Trotzdem Patient im Koma eingeliefert war, erholte er sich
nach Entfernung des obturierenden Hindernisses vollkommen.
B a b,
Ameriean Journal of Ophthalmology.
Februar 1922, 5, Nr. 2.
*l»Eine Metbode, Glasktirperverlust zu vermeiden. Frisch. F. 81.
Professor Barraquer von Barcelona und seine Metbodo der Phakoresis (Star-
operation). M c. Reynolds, John U. 83.
Katarakt- Extraktion mit der ., Vacuum"-Metbode. McDannald. Clydo Z.
90.
intrakapsulare Katarakt-Operationen mit der Vacuum-Methode. Green,
A. 8. und Green, L. D. 92.
Resultate der Staroperation von Oberst Henry Smith am Will« Spital in
Philadelphia. Z e n t m a y e r , Wrn. 97.
,,ScknecbaH"-Trill>ungen des Glaskörpers. Neuei FÀlle. H o 1 1 o w a y ,
Thomas B. 100.
Sehbahnen und Nasennebenhöhlen. 8 c h À f f e r , Parsons J. 105.
âąMlypercholesterinanaemie und Retinitis albuminurica. Gaudi ssart P.
(BrĂŒssel). 118.
KVarlolaerkrankung der Hornhaut. Burnham. G. H. 123.
Eine Methode, Glaskörperverlust zu verhĂŒten. Wenn bei
Ăffnung des Augapfels Austritt von Corpus vitreum befĂŒrchtet
rd, wird vor dem Schnitt ein Faden mit Knoten durch die
ornhaut gelegt (mil AnspieĂen, doch ohne Durchbohrung der-
Lben); der Faden wird in der Konjunktiva ausgestochen und
i drohendem Glaskörperaustritt schnell angezogen, um einen
ofortigen VerschluĂ der Operationswunde zu erzielen.
âSchneebair'-TrĂŒbiuigen des Glaskörpers. Neue FĂ€lle, Verf.,
der schon frĂŒher ĂŒber den Gegenstand berichtete, sah persönlich
im ganzen 12, in den letzten Jahren sechs derartige FĂ€lle, <l Ii
feinste runde TrĂŒbungen von annĂ€hernd âSchneeball '-Form. Ver-
Ă€nderungen dieser Art sind demnach wohl nicht so seilen, wie
man bisher glaubte. Sie sind in Form und Aussehen von den
bekannten glitzernden Choiestearinkristallen bei uer sogen
Synchysis scintillans zu unterscheiden. V e r h 0 e f f untersuchte
einen Fall anatomisch, fand u. a. als Bestandteile Kalzium-
Margarin, verbunden mit unlöslichen Cholslcrol und Lecithin-
\ erlnndungen. Die beiden Formen der GlaskörpertrĂŒbung sollten
vorlÀufig auseinandergehallen werden. Es erscheint das möglich.
Im ĂŒbrigen ist wohl kein Zweilei, daĂ die Fremdbildungen nichl
lokal entstehen, d. h. nicht infolge von Angiosklerose der
AugengelĂ€Ăe. Der Lipoid-Charakter der bezgl. hubstanzen (zu-
weilen neutrales Fett, zuweilen freies Cholesterin oder Phospha-
tide) und das meist einseitige Vorkommen, weisen darauf hin,
daĂ das Baumaterial anderswoher kommt. Beziehungen zu einer
CholesterinÀmie sind nach verschiedenen Untersuchungsergeb-
nissen wahrscheinlich. Diese kann eine aktive sein (von den
Nebennieren, also einer endokrinen DrĂŒse bedingt; oder einer
passiven Ch. entstammen. (Insuffizienz der Leber.) Drittens
ist auch an Nahrungshypercholesterinbiidung zu denken. â
SĂ€mtliche beobachteten Kranken wraren ĂŒbrigens ĂŒber 50 Jahre
alt. GefĂ€ĂverĂ€nderungen mögen immerhin eine kleine Bolle
spielen. Jhre Entstehung geht vielleicht auf dieselbe Grund-
ursache zurĂŒck.
HypercholesterinÀniie und Retinitis albuminurica. Franzö-
sische Forscher haben Beziehungen zwischen hohem Gehalt an
Cholesterin im Blut und R. albuminurica angenommen. Verf.
suchte durch neue Blutuntersuchungen nach besonderer kolori-
metrischer Methode, diese Hypothesen nachzuprĂŒfen. Er kam
zu dem Ergebnis, daĂ diese Annahmen nicht erweisbar sind. Es
besteht nach Verf. keine Beziehung zwischen HypercholesterinÀ-
mie und den Exsudaten bei R. albuminurica. Das gleichzeitige
Vorkommen beider VerÀnderungen bei einem Individuum be-
deutet daher keinen ursÀchlichen Zusammenhang. B. -albumin-
urica ist aber immer begleitet von hohem Blutdruck oder
UrÀmie oder beiden Erscheinungen.
Variolaerkrankung der Hornhaut. Nur therapeutischer Be-
richt. Quecksilber, Jod und PilocarpinprÀparate wirkten heilend.
Jitnius.
The Kitasato Archives of Experimental Medicine, Tokio.
10. Oktober 1921, 4, Nr. 3.
Die Tsutsugamushi-Krankheit in Formosa. Kawamura, R. und Y i in a -
g u c h i , M. 169.
*$*Die Natur der durch polierten Reis beim Haushuhn hervorgerufenen LĂ€hmung
K a t o . G., Sinz u m e . S. und M a k i , R. 207.
^Serumbehandlung des Tetanus mit besonderer Beziehung auf den Angriffs-
punkt und Ausbreitungsweg des Tetanustoxins im Tierkörper. K o -
b a y a s h i , R. 217.
Beziehung der im Jahre 1920 in Japan herrschenden CholerustÀmme und
den El Tor Vibrioneu. W a tanab«, Y., Kawatani, M. und
W a t a n a b e . H. 281.
Ueber die Natur der beim Haushuhn durch polierten Reis
hervorgerufenen LĂ€hmung. Beim Haushuhn wird durch GenuĂ
von poliertem (enthĂŒlstem) Reis eine LĂ€hmung hervorgerufen,
die der beim Menschen unter den gleichen Bedingungen ent-
stehenden Beri-Beri-Krankheit Àhnelt. Man spricht daher auch
von einer Beri-Beri-Erkrankung der Vögel. Durch die Unter-
suchungen der Verfasser konnte der Nachweis erbracht werden,
daĂ die LĂ€hmung der Nerven durch Adsorption von Wasser-
stoff-Ionen hervorgerufen wird.
Ueber die Serumbehandlung des Tetanus, mit besonderer Be-
rĂŒcksichtigung des Angriffspunktes und der Ausbreitung des
Tetanusgiftes im tierischen Körper. Beim Tiere sowohl wie beim
Menschen wird das Tetanusgift in die Lymphrinne der peripheren
Nerven absorbiert. Der Teil des absorbierten Giftes, wrelcher in
die endoneuralen LymphrÀume eintritt, greift direkt an den peri-
pheren Nervenfasern an, wĂ€hrend die ĂŒbrigbleibende Menge des
Giftes weiter zentral geleitet wird und an den motorischen Ner-
venzellen des RĂŒckenmarks angreift. Ein hochwertiges Tetanus-
serum ist ohne Zweifel ein rationelles Heilmittel der Erkran-
kung. Das Serum soll sobald als möglich und in möglichst
hohen Mengen in die Subarachnoidal-RĂ€ume eingefĂŒhrt werden,
was sich am besten durch intraspinale Injektion bewerkstelligen
lĂ€Ăt A. MĂŒnze r.
KongreĂ berichte
Nr. 22/213. â40. Jahrg.
KONORESSBERICHTE
XXXIV. KongreĂ der deutschen Gesellschaft fĂŒr innere
Medizin in Wiesbaden vom 24.-27. April 1922.
Referent: Dresel- Berlin.
(S MuĂ).
Schade -Kiel: Die Physikochemie des Bindegewebes und
ihre Bedeutung fĂŒr die Lymph- und Oedembildung.
Der Quellungsdruck der Gewebe schwankt auĂerordentlich.
Die Quellungsschwankungen sind durch H. -IonenÀnderungen her-
vorzurufen. Weit gröĂere Differenzen sind durch mechanische
Belastung zu erzielen. Alle Gewebe scheinen aus zwei Quellungs-
antagonisten zusammengesetzt zu sein. Bei zunehmender Alkales-
zenz quillt, bei SĂ€uerung entquillt das Bindegewebe. Die Bedeu-
tung dieser QuellungsvorgĂ€nge im Bindegewebe liegt darin, daĂ
dadurch eine wunderbare Anpassung zwischen Zelle und Gewebe
gegeben ist. Die Abpressung von Lymphe wird hierdurch be-
stimmt. Ebenso ist die Oedembildung auf diese Prozesse zurĂŒck-
zufĂŒhren. Zahlreiche Belege werden hierfĂŒr beigebracht.
Högl er und Daniel -Wien: Ueber Quellungs- und Ent-
quellungsvorgÀnge im Blute nach Zufuhr verschiedener Salze.
Mitteilung der Ergebnisse eingehender Untersuchung ĂŒber den
EinfluĂ der verschiedenen Salze auf den Quellungszustand des
Blutes.
Noniienbruch - WĂŒrzburg: Ueber EiweiĂeinstrom in die
Blutbahn.
Es kommt oft zu einem betrĂ€chtlichen Einstrom von EiweiĂ
in die Blutbahn (nach Schwitzen, nach kochsalzreicher Trocken-
kosl usw.). Es handelt sich dabei nicht um einen FlĂŒssigkeits-
austausch zwischen Serum und roten Blutkörperchen, wie mit
HĂ€matokritbestimmungen festgestellt wurde. Das Gesamtblut-
eiweiĂ ist keine konstante GröĂe. Welche Zellen oder Organe
das EiweiĂ bilden, muĂ noch weiter untersucht werden. Bei der
Durchströmung der ĂŒberlebenden Leber lieĂ sich kein Eiweifi-
einstrom nachweisen.
H. Lohr- Kiel: Ueber die Aenderung der physikalischen
Struktur der BlutflĂŒssigkeit bei der Reizkörpertherapie und Blut-
körperchensenkungsgeschwindigkeit.
In gemeinsamer Arbeit mit W. L ö h r wurde der Fibrinogen-
gehalt, die ViskositÀt und OberflÀchenspannung in Plasma und
Serum bei all den FĂ€llen untersucht, die mit Beschleunigung der
roten Blutkörperchensenkung einhergehen. Es kamen hierfĂŒr in
Betracht experimentell gesetzte Senkungsbeschleunigung im An-
schluà an Reizkörperinjektionen, sterile Operationen, sowie ein-
zelne Krankheitsgruppen interner und chirurgischer Art. Zu-
nÀchst wurde eine Vermehrung des Fibrinogens schon nach einigen
Stunden festgestellt, mit Sicherheit aber nach Operationen am
5. Tage, parallel laufend mit der Senkungsbeschleunigung. An-
dererseits ferner eine wesentliche Zunahme der inneren Reibung
nach Erniedrigung der OberflÀchenspannung im Plasma, im Serum
nur Vermehrung der ViskositÀt in gleichem Sinne, aber nicht der
OberflÀchenspannung. Die Refraktion zeigte wechselnde Werte.
StrauĂ- Halle: Ueber Diurese.
Die Diurese nach Zufuhr von Diuretizis (Euphyllin und No-
vasurol) wird auf extrarenale VorgĂ€nge zurĂŒckgefĂŒhrt. Es zeigt
sich fast immer eine VerdĂŒnnung des Blutes kurz nach der In-
jektion. Trinken von Wasser fĂŒhrt zu einer starken VerdĂŒnnung
des Blutes.
0 e h in c und 0. .Schultz- Bonn: Die Rolle der Blutkolloide
bei der Regulation der Diurese und des Wasserhaushalts.
Mit Hilfe der Refraktometrie und des H e s s sehen Viskosi-
meters wurden Aenderungen des kolloidalen Zustandes im Serum
und ihre Beziehungen zu der Diurese im Wasserversuch und nach
Diuretizis beobachtet. Die Resultate stehen im Gegensatz zu den
E 11 i n g e r sehen AusfĂŒhrungen. Die Erythrozyten wurden als
wasserspeichernd erkannt.
H. F r c u n d - Frankfurt a. M.: Ueber den EinfluĂ des Quel-
lĂŒngszustandcs der SerumeiweiĂkörper auf ihr Lichtberechnungs-
vermögen.
Vergleichende Untersuchungen ĂŒber die Aenderungen der Vis-
kositÀt und des Refraktometerwertes ergaben beim Koffein eine
völlige ParallelitÀt, bei Schwcrmetallen keine ParallelitÀt der
Kurvenformen.
D ro Ii b a c h - WĂŒrzburg: Untersuchungen ĂŒber die ViskositĂ€t
des Blutes.
Versuche mit der Hesssehen Apparatur. Von 70 â 200 mm
Hg bleibt der ViskositÀtswerl im Blut konstant und steigt dann
erst langsam, nachher steil an. Im defibrinic rten Blut war der
Wert deutlich geringer. Bei pathologischen Prozessen scheint
zwischen ViskositÀt und dem Transpirationsdruck kein bestimm-
tes Verhalten zu bestehen, auch kein Abweichen von der Norm.
B e n n h o 1 d - Hamburg: Ueber die Ausscheidung intravenös
einverleibter Farbstoffe bei Amyloidkrankcn.
Versuche ĂŒber den Verbleib eingespritzten Ko/igorotes und
ĂŒber die Ausscheidungszeit bei verschiedenen Organerkrankun-
gtn. Bei Amyloidose zeigte sich, daĂ der Farbsloffschw und aus
dem Serum sehr gesteigert ist. Dies hat zur Ursache, daĂ an
dm PrÀdilektioriissitzen des Amyloids in Leber, Milz und Glome-
rvilis eine Anreicherung von Kongorot stattfindet.
Frey- Kiel: Ueber Beziehunsen zwischen Organstoffwechsel
und Blutzirkulation.
1 cem â ioo MilchsĂ€ure steigern den Blutdruck, aber nicht bei
intravenöser Injektion. Es seheinen die peripheren Nerven-
endigungen besonders empfindlich gegen die Stoffwechselprodukte
des Muskels zu sein. Dies kommt auch fĂŒr die Herzaktion weil-
gehend in Frage.
H« ĂŒ b n e r- Göttingen: Ueber Messung der Blutgerinnungs-
zeit.
Der vor '1 Jahren demonstrierte Apparat arbeitete noch nicht
einwandfrei. Ks zeigte sieb, daĂ die Glassorte und die Dimen-
sionen des Apparates von EinfluĂ sind. In der jetzigen Form
arbeitet er ganz einwandfrei.
8 t u b e r - Freiburg i. Br.: Experimentelle und kolloid-
chemische 1 ntersuchungen ĂŒber das Wesen der Blutgerinnung,
Es wird gezeigt, daĂ das Fibrinferment durch Quellung das
Blut zur Gerinnung bringt. Damit wÀre im Gegensatz zu der
herrschenden Theorie der GerinnungsprozeĂ ein rein physika-
lisch-chemischer Vorgang. Dasselbe wird auch fĂŒr die Wir-
kungsweise der gerinnungsbeschleunigenden Substanzen und be-
sonders fĂŒr den Blutkalk nachgewiesen.
C. Kay s e r - Berlin: Experimentelle Untersuchungen zur Be-
schleunigung der Blutgerinnung.
Ausgehend von den Beobachtungen von X o n n e n b r u c Ii .
der nachgewiesen hat, daĂ durch Euphyllin bzw. Aethylendiamin
eine Beschleunigung der Blutgerinnung und Vermehrung des Fi-
brinferments erzielt werden kann, wurde versucht, durch gleich-
zeitige Zufuhr eines zweiten Gerinnungsfaklors eine verstÀrkt.'
Wirkung zu erzielen. Es gelang. Aethylendiaminazetat mit Kalk-
salzen in eine chemische Verbindung zu bringen. In experimen-
tellen Untersuchungen an Kaninchen konnte festgestellt werden,
daà die intravenöse Injektion von 1 com der 10 proz. wÀsserigen
Lösung dieses PrÀparates alle bisher bekannten blutgerinnungs-
fördernden Mittel bei weitem ĂŒbertraf. Untersuchungen an Men-
schen zeigten, daà die intravenöse Injektion von 10 cem einer
2 proz. wÀsserigen Lösung unter Innehaltung einer sehr lang-
samen, mindestens o Minuten wÀhrenden Injektionszeit keinerlei
Nebenerscheinungen hervorruft und den beim Tier festgestellten
Effekt in gleicher Weise erreicht. Ein Fall von HĂ€mophilie
wurde ganz besonders gut beeinfluĂt und die Blutung schon nach
wenigen Minuten zum Stehen gebracht,
B e s p r e c h u n g de r v o rangegangenen V ortrÀg e.
L i p s c h ĂŒ t z - Frankfurt a. M.. Hinweis auf die Beeinflus-
sung von FermenlvorgÀngen durch DispersionsverÀnderung der
heterogenen Fermentleilchen, speziell die Wirkung auf die bio-
logische Oxydationsgeschwindigkeit. NaCl und KCl in 0,5 proz,
Lösung bewirkt gegenĂŒber destilliertem Wasser Steigerung um
10 Proz., 0,1 prom. CaCL Hemmung um 00 Proz.: daher ist Ring-
erlösung in dieser Hinsicht ein ungĂŒnstiges Milieu. Auch die
Hormone wirken auf die Oxydationsgeschwindigkeit spezifisch
dynamisch, indem sie den Zustand der kolloidalen Fermente ver-
Ă€ndern.
D en eck e- Greifswald: Im gestauten Arm tritt eine Ein-
dickung, im anĂ€mischen Arm eine VerdĂŒnnung des Blutes ein.
Die Werte hierfĂŒr sind beim Gesunden sehr konstant. Kranke
zeigen groĂe Abweichungen.
Nr. 22/23. â40. Jahrg.
K o n g r e Ii berichte
41?
G r a f e - Rostock: Kleine Dosen von Tuberkulin haben beim
Tuberkulösen schon eine Aenderung der Senkungsgeschwindig-
keil zur Folge, Dies ist differentialdiagnostisch verwertbar.
H e u b n e r - Göttingen warnt vor einer UeberschÀtzung der
QuellungsvorgÀnge usw. Audi von amerikanischer Seile ist
schon darauf Inngewiesen worden, daĂ die KalziumfĂŒllupg allein
die Blutgerinnungsverhinderung nicht erklÀrt.
S c h ĂŒ r e r - MĂŒlheim: Die SenkungsgeschwindiĂkeit Kann
(lichl allein durch das Fibrinogen bedingt sein.
T h a n n h a ĂŒ s-e r - MĂŒnchen: Eine gichtische Schrumpfniere
hatte auf Novasuro] keine Diurese, aber eine VerdĂŒnnung des
Hintes. Ein anderer Nierenkranker halle eine VerÀnderung des
Spezifischen Gewichts des Harns ohne Diurese. Das Novasurol
ist aber bei Nierenkranken unbedingt kontraindiziert, seine An-
wendung ein schwerer Kunstfehler.
Cl. Meyer : Mit Zunahme der AziditÀt des Blutes nimmt die
ViskositÀt ab, wÀhrend das Blutkörperchenvolumen zunimmt.
Das Maximum dieser VerÀnderung fÀllt mit dem von Ionenver-
schiebungen zusammen.
Ellinger (SchluĂwort).
Schade (SchluĂwort).
S ch o 1 1 mĂŒ Ii er -.Hamburg macht Mitteilung ĂŒber den gĂŒn-
stigen Verlaul' der Aortitis luica, wenn diese mit Salvarsan be-
handelt worden ist.
Dritter Verhandlungstag
Referat von B i e d 1 - Prag; lieber die Hypopfaysis.
Jn der Endokrinologie ist noch alles im FluĂ. Mehr als sonst
ist hier eine kritische Sichtung nötig. Die alte Zweiteilung der
Hypophyse kann nicht mehr aufrechterhallen werden. Schon
lange bekannt ist der Zwischenlappen, der beim erwachsenen
Menschen sehr klein geworden ist im Gegensatz zum Föt und
zum Tier. Ein weiteres spezifisches Gewebe liegt um den Hypo-
physenstiel herum, die Pars tuberalis, sowie einige Beihypo-
physen, z. B. am Rachendach. Die Pars ant. und die Beihypo-
physen entstehen aus dem Rachendach; der Rest ist ektodermal.
Auch die Pathologie muĂ sich an die Strukturteile der unter-
schiedlichen Anteile anschlieĂen. Die Sekretion erfolgt in Form
von Lipoiden und Granulis. Letztere als eosinophile und baso-
phile Körnelung. Diese Sekrete werden direkt in die Blutbahn
abgesondert. Der Vorderlappen ist also eine BlutdrĂŒse. Auch
das Kolloid des Vorderlappens geht in die Blutbahn und wird
nur bei Ueberproduktion gespeichert. Dagegen sind der Zwi-
schenlappen und seine Kolloidzysten keine BlutdrĂŒse, sondern
sezernieren entlang den Gewebsspalten im Hypophysenstiel in
das Gehirn.. Chemisch konnte aus dem Vorderlappen ein Lipoid',
das Tethelin, abgesondert werden, wÀhrend Zwischen- und Hin-
lerlappen nach ihrer pharmakodynamischen Wirksamkeil als
histaminarlige Körper angesehen werden mĂŒssen. Der Vorder-
lappenextrakl hat eine wachstumsanregende Wirkung. Es lĂ€Ăt
sich jedoch therapeutisch die Wirkung nur in der 3. Wachslums-
periode, d. h. in der PubertÀt, verfolgen, wo in einem Jahre
20 cm LÀngenwachstum und Entwicklung der sekundÀren Ge-
schlechtsmerkmale zu beobachten sind. Die Zusammenarbeit des
ganzen Inkrelapparales ist bekannt. Wirkliche Hypophysen-
zerstörung fĂŒhrt trotz der EinwĂ€nde Aschncrs zur Kachexie.
Die Nachahmung der Wachstumshemmung durch Tieroperalionen
ist schwer zu beurteilen. Als Infantilismus darf man weder die
Fettsucht noch die Hemmung der Entwicklung sekundÀrer Ge-
schlechtsmerkmale rechnen. Letztere hÀngt aber zunÀchst von
den GeschlechtsdrĂŒsen ab, die bei den entsprechenden Froehlich-
fÀllen auch atrophisch sind. Vielmehr handelt es sich auch am
Genitale nur um eine Dystrophie. Man muĂ eine Nanosomia
pituitaria von den hypophysÀren InfantiListen scheiden, bei denen
letzleren zugleich mit dem Aufhören der Entwicklung eine frĂŒhe
SenilitÀt einsetzt. Im Gegensatz zu den geschilderten Hemmun-
gen rufen Reizprozesse, Tumoren usw. im Vorderlappen Riesen-
wuchs und Akromegalie hervor. Die Stoffwechselstörungen bei
dieser ist auf die Pars intermed. zu beziehen. Das ist besonders
der Fall, wenn der allgemeine Riesenwuchs mit Hypoplasie der
Genitalien einhergeht. Die F r o e h 1 i c h sehe Dystrophia adipo-
sogenilalis kann unzweifelhaft sowohl n u r von der Hirnbasis
als auch nur vom Zwischenlappen der Hypophyse (Verlegung
des Sekrelabliusses) selbst hervorgerufen werden. Zwischen
diesen beiden Extremen liegl die Mehrzahl der klinischen FĂ€lle.
Ein neues Syndrom, das offenbar nur von der Hirnbasis abhÀngt
und nur Ă€uĂerlich dem Froehlich Ă€hnlich sieht, besteht in Atresia
ani, Polydaktylie und Retinitis albumin., geistiger Hemmung,
Fettsucht und eigenartigen Wachstumsstörungen. Auch beim
Diabetes insip. muĂ man sowohl eine Erkrankung entweder der
Hypophyse oder des Zw ischenhirns annehmen, und es ist wohl
nicht möglich, klinisch die einzelnen FÀlle zu differenzieren Die
Erkrankungen der Hypophyse sind klinisch nur selten reine Bil
der, sondern meist solche Uer polyglÀndul&ren Erkrankung.
Stefan L o r a n t - Prag: lebcr Diabetes insipidus.
Bei Stickstoffgleichgewich) und purinfreier ErnÀhrung wurde
die HarnsÀure im Urin in FÀllen von Diabetes insipidus
uniersucht. Es zeigte sieh fast in allen FÀllen eine Störung der
HarnsÀureausscheidung sowie VerÀnderung derselben nach In-
jektion verschiedener innersekretorischer Produkte und vonNaCl.
Der BlutharnsÀurewert lag bei allen FÀllen an der oberen Grenze
des Normalen.
Kestner - Hamburg-Eppendorf: Gfasw cchseluntcrsucnungen
bei Hypophysenerkrankungen.
Der Gaswechsel wurde bei allen Kranken mit endokrinen
Störungen untersucht. Bei Hypophysenerkrankungen zeigte sicii
in den FĂ€llen von Dystrophia aĂŒiposo-genitalis nur eine geringe
Steigerung des Umsatzes und der Nahrungsaufnahme. Auch hy-
pophysÀre Zwerge zeigten deutliche Störung in Form einer Her-
absetzung der spezifisch dynamischen Wirkung. Dasselbe zeigten
einige FÀlle von endogener Fettsucht. Die Störungen konnten
durch Injektionen von liypophysenvorderlappenexlrakten behoben
werden.
K o w i tz - Hamburg-Eppendorf . Die Bedeutung der gasanaly-
tischen Bestimmung des Stoffwechsels fĂŒr die Thyreoidinthcrapie.
Die Merck'schen Thyreoideatabletten wirken konstant auf den
Stoffwechsel. Am geeignetsten fĂŒr die Untersuchung sind FĂ€lle
von Myxödem. 0,2 g Trockensubstanz genĂŒgt, um den Grund-
umsatz fĂŒr einige Tage auf normale Höhe zu bringen. Perorale
Zufuhr reicht hierzu aus. FĂ€lle von endogener Fettsucht reagie-
ren nur sehr langsam. Kranke mit Dystrophia adiposogenitalis
können eine Ueberempfindlichkeit gegen Thyreoidea aufweisen.
Arsen setzt den Stoffwechsel herab.
H. Z o n tl e k und A. L o e w y - Berlin: leber endokrine Fett-
sucht.
Bei hypophysÀrer Fettsucht ist eine Herabsetzung der Werte
fĂŒr den Grundumsatz im Stoffwechselversuch nicht nachweisbar.
In F'Àllen von lokalisierter Fettsucht, die hÀufig im Gefolge
leichter endokriner Störungen (nach Kastration, wÀhrend der
GraviditÀt, bei Morb. Basedowi u. a.) entsteht, liegen die Werte
fĂŒr den Os-Bedarf (Ruhe-NĂŒchternversuch) ineist an der oberen
Grenze der Norm. In einem Falle (Struma und Basedow), wo
die Fettlagen die ganze untere KörperhÀlfte einnahmen, war der
Ă2- Verbrauch sogar enorm gesteigert (380 cem 02 pro Minute im
Mittel â 6,8 â 6,9 cem pro Kilogramm Körpergewicht). Es han-
delt sich somit um Fett, das trotz Steigerung der Verbrennungs-
prozesse nicht eingeschmolzen wird und auch weder durch Hun-
gerkuren noch durch Thyreoidindarreichung einschmelzbar ist.
Bei den ĂŒbrigen Formen endokriner Fettsucht wirkt das Thy-
reoidin wie bekannt stoffwechselsteigernd, dagegen sind Thyreo-
glandol und Thyreoideaoplon, deren EiweiĂkörper abgebaut sind,
unwirksam. In nicht wenigen FĂ€llen von Fettsucht (meisl
Ihyreogener Nalur) besteht eine Wassersucht der Gewebe. Der
V o 1 h a r d sehe Wasserversuch "fÀllt hier mangelhaft aus.
Bijlsma- Utrecht: Die Wertbestimmung einiger Hypophy-
senprÀparate.
Die Wertbeslimmung wurde am isolierten Meerschweinchen-
uterus ausgefĂŒhrt. Diese Methode ist fĂŒr UterusprĂ€parate brauch-
bar, nicht fĂŒr PrĂ€parate zur Behandlung des Diabetes insipidus.
Th. B rĂŒg sch, K. Dresel und F. H. Lew y- Berlin: Ex-
perimentelle BeitrÀge zur Frage des hypophysÀren Diabetes.
Die Innervation der Hypophyse ist noch unsicher, wahr-
scheinlich nur aus dem Ini'undibulum in die Hypophyse. . Des
weiteren haben W e e d, Cushing und Jacob sen eine Inner-
vation ĂŒber den Kopfsympathikus, Plex. carotid. dargestellt und
angegeben, daĂ auf Reizung des Ggl. cervic. supr. nach Durch-
schneidung des abfĂŒhrenden Sympathikus sofort Zucker im Harn
auftritt. Diese Versuche konnten nicht bestÀtigt werden. Bei der
angegebenen Versuchsanordnung wurde nicht nur nie ein Au-
sleihen, sondern meist sogar eine Herabsetzung des Blutzucker-
spiegels infolge SerumverwÀsserung beobachtet. Es liefert also
auch das Experiment keinen Anhaltspunkt fĂŒr die Existenz eines
hypophysÀren Diabetes.
E. Lc schke- Berlin: BeitrÀge zur klinischen Pathologie
der Hypophyse und des Zwischenhirns.
Die Hauptmasse der wirksamen Bestandteile der Hypophyse
befindet sich auch beim Menschen in der Pars intermedia. Diu-
41h
K o n g r e Ii b e r 1 e h t e
\i. 22/23. â 40. Jahrg.
rcsehemmung und Uteruswirkung sind an verschiedene Amine
gebunden, die dem Histamin nahestehen, aber nicht identisch da-
mit sind. Vorderlappenextrakt hat wachstumsbefördernde und
stoffwechselsparende Wirkung, die bei kachektischen Zustanden
therapeutisch verwertet werden kann. Degeneration der Hypo-
physe fĂŒhrt zu Simonds scher Kachexie, aber nicht zu Dys-
trophia adiposogenitalis oder Diabetes insipidus. Bei der Dys-
trophia adiposo-genitalis spielen Regulationsstörungen im Zwi-
schenhirn eine entscheidende Rolle, die freilich auch hormonal
beeinfluĂt werden. Hypophyse und Zwischenhirn gehören anato-
misch und funktionell untrennbar zusammen.
Besprechung der vorausgegangen en Vortr À g e.
A I ex a n d e r - Berlin: AusfĂŒhrungen ĂŒber die Zusammen-
hÀnge endokriner Störungen und Magendarmaffektionen.
F r an k -Breslau: Die diuresehemmende Wirkung des Pitu-
glandols kann durch Ca;, gehemmt und gelegentlich durch andere
EinflĂŒsse ins Gegenteil verkehrt werden. Die Zwischenhirngenese
des Diabetes insipidus ist nicht bewiesen.
E h r m a n n - Berlin: Die Akromegalie hÀngt unzweifelhait
mit VerÀnderungen des Vorderlappens zusammen. E. hat einige
einschlÀgige FÀlle beobachtet. Er glaubt, daà Beziehungen zwi-
schen Vorder- und Hinterlappen bestehen.
P r ib r a m - Berlin hat eine Kranke beobachtet, die nach einem
fieberhaften Wochenbett plötzlich sehr stark alterte und perio-
disch SchlafanfÀlle bekam. In einem derartigen Anfall kam sie
zum Exitus. Die Sektion ergab VerÀnderungen in der Hypo-
physe und der Thyreoidea.
L i c h t w i t z - Altona : Die diuresehemmende Wirkung des
l'ituglandols ist um so stÀrker, je schwÀcher die Hypophyse
funktioniert. Dies kann als FunktionsprĂŒfung der Hypophyse be-
nutzt werden. Die hypophysÀre Kachexie ist in Hamburg nichts
Seltenes. Mit Vorderlappenextrakt lassen sich Besserungen er-
zielen. Er schlÀgt vor, die Krankheit S i m m o n d s sehe Krank-
heit zu nennen.
P 1 a u t - Hamburg: Die Hypophyse ist sehr verschieden ent-
wickelt. Die Pars intermedia reicht zum Teil in den Vorder-
lappen hinein. Zysten werden hÀufig gefunden. Der Vorder-
lappen entsteht wohl aus dem Ektoderm, ebenso wie der Hinter-
lappen.
G i g o n - Basel: Die Entwicklung des Skeletts ist in den ein-
zelnen FĂ€llen von Hypophysenerkrankung verschieden. Die Be-
haarung scheint ein wichtiger Anhaltspunkt fĂŒr endokrine Stö-
rungen zu sein.
Lommel- Jena : AusfĂŒhrungen ĂŒber Wachslumsstörungen.
Die Hypophyse darf als primĂ€res Krankheitsorgan nicht ĂŒber-
schÀtzt werden.
R o s e - MĂŒnster: Die Jungen, die von Tieren gehören wer-
den, die selbst und deren Vorfahren ebenfalls mit Hypophysen-
extrakten behandelt worden waren, siitd gröĂer als die Kontroll-
tiere.
Kestner -Hamburg: Bei hypophysÀrer Kachexie findet sich
eine starke Aenderung des Gesamtumsatzes.
Pet t e - Hamburg: Es wurden plötzliche Zunahmen von 30
bis 50 Pfd. beobachtet. Jedesmal wurden Affektionen des zen-
tralen Höhlengraus gefunden.
B o r u 1 1 a u : Die verschiedensten HypophysenprÀparate wur-
den untersucht. Es besteht kein Parallelismus zwischen den
einzelnen Wirkungen. Einmal kann der Blutdruck, das andere
Mal der Uterus usw. stĂ€rker beeinfluĂt werden. Manchmal findet
sich eine muskarinÀhnliche Anfangswirkung. Cholinester scheinen
dies nicht zu bedingen. Die Fabriken mĂŒssen ihre PrĂŒfungs-
methoden erweitern.
M a 1 1 h e s - Königsberg: In drei FÀllen von Addison wurde
sehlechte VerdĂŒnnungs- und Konzentrationsmöglichkeit gefunden,
die durch Adrenalin gebessert wurde.
Singer-Wien weist darauf hin, daĂ die Alexander-
schen AusfĂŒhrungen Dinge betreffen, die von ihm vor Jahren ein-
gehend beschrieben worden sind.
Thannhauser - MĂŒnchen: Intravenöse Injektion des ame-
rikanischen Thyroxins hatte erst nach Injektion von 3 g einen
EinfluĂ auf die Stickstoffausscheidung. Bei einem StrumektOr
mierten gar kein Erfolg. Der Gaswechsel wurde ebenfalls nicht
verÀndert.
M o n a ko w - ZĂŒrich: Beschreibung eines Falles von hypo-
physÀrer Kachexie mit VerÀnderungen im Hoden.
E p p i n g e r - W ien weist auf die Bedeutung der PrĂŒfung des
Sauerstoffverbrauchs bei den zur Diskussion stehenden Störungen
hin. Auch er hat keinen EinfluĂ des Thyroxins gesehen.
B i e d 1 - Prag: SchluĂwort.
Kestner- Hamburg-Eppendorf : SchluĂwort.
Petren-Lund: Ueber die Faktoren, die fĂŒr die Entwicklung
der Azidose bei Diabetes, mit denjenigen bei Gesunden verglichen,
von Bedeutung sind.
Es gelang bei Diabetikern durch GemĂŒsediĂ€t das Stickstoff
minimum auf 3 g herabzudrĂŒcken. Es werden die Erfolge mit
der P e l r e n sehen DiÀt auseinandergesetzt. Beim Gesunden und
beim Diabetiker kommt die Azidose infolge Kohlenhydratkarenz
zustande. Beim Diabetiker kommt hinzu, daĂ der Stickstoffum-
satz ebenfalls hierfĂŒr von gröĂter Bedeutung ist und jeder Dia-
betiker anscheinend eine Grenze hat, die sehr niedrig sein kann,
ĂŒber die er mit seinem EiweiĂumsatz nicht hinausgehen darf.
Durch EiweiĂ wird der Blutzucker gesteigert, Fett hat keinen
EinfluĂ. Die Blutzuckerkurve ist bei Fettzufuhr der bei Hunger
ungefÀhr gleich. Die ersten 6 Stunden des Hungers haben den
gröĂten EinfluĂ auf den Blutzucker, nachher verlĂ€uft die Kurve
fast horizontal.
Besprechung: F. v. M ĂŒ Her: Die Untersuchungen von
Petren wurden bestÀtigt. Es gelang, sehr niedrige Stickstoff-
werte zu erreichen. Die Ausscheidung der Azetonkörper ging
dabei zurĂŒck und damit auch die Komagefahr. Nur wenn Zucker
zersetzt wird, kann das EiweiĂ auf minimale Werte herabge-
drĂŒckt werden. In einzelnen schweren FĂ€llen gelingt es nicht
D c u s c h - Rostock: Ueber die Beziehungen zwischen Schild-
drĂŒse und Darmbewegung.
Bei der chronischen Obstipation findet sich hÀufig ein Hypo-
tbyreoidismus. Es handelt sich um eine Darmadynamie. Durch
Substitutionstherapie lĂ€Ăt sich in diesen FĂ€llen von thyreogener
Obstipation Gutes erreichen. Die Wirkung der Extrakte auf den
Darm wurde am ĂŒberlebenden Meerschweinchendarm im Rönt-
genbild usw. geprĂŒft.
P. S c h e n k - Marburg: Der EinfluĂ der SchilddrĂŒse auf den
Kreatin-Kreatiningrundumsatz.
Bei Beobachtung der Kreatin- und Kreatininausscheidung
normaler und thyrektomierter Kaninchen zeigt sich, daĂ die
SchilddrĂŒse auf die Höhe der Ausscheidung einen bestimmenden
EinfluĂ hat. Sie wird nach der Thyrektomie geringer und lĂ€Ăt
sich durch SchilddrĂŒsenverfĂŒtterung bedeutend steigern. Erst
sekundÀr kommen Aenderungen der Muskelmasse, degenerative
Muskelerkrankungen, Muskelarbeit und Toxinwirkungen fĂŒr die
Höhe der Kreatin-Kreatininausscheidung in Betracht.
N e u s c h 1 o fi - Frankfurt a. M.. Zur funktionellen Diagnostik
der SchilddrĂŒse.
Die Untersuchung der ViskositĂ€t, des EiweiĂgehaltes und des
Quellungszustandes des Serums bei Normalen und SchilddrĂŒsen-
erkrankungen ergaben, daà der ViskositÀtsfaktor bei Atyreosen
ganz wesentlich erhöht ist, wÀhrend BasedowfÀlle eine starke
Herabsetzung zeigen. Dies ergibt eine einfache FunktionsprĂŒfuni;
der SchilddrĂŒse.
B r ö s a m 1 e n - TĂŒbingen: Ueber das Verhalten des Blut-
zuckers nach Röntgenbestrahlungen der SchilddrĂŒse.
Röntgenbestrahlungen der SchilddrĂŒse ergaben VerĂ€nderungen
der Blutzuckerkurve in dem Sinne, daĂ Reizbestrahlungen eine
Erhöhung, gröĂere Dosen eine Herabsetzung des Blutzuckers zur
Folge hatten. Dies ist bei Gesunden, noch stÀrker bei Basedow-
kranken der Fall.
David -Halle. Versuche ĂŒber die Beeinflussung endokriner
DrĂŒsen durch Röntgenstrahlen.
Der Adrenalingehalt der Nebenniere bei Röntgenbestrahlun-
gen im Tierversuch wird stark herabgesetzt bzw. erhöht. Die
Nebennieren wurden freigelegt und mit exakt abgemessenen Do-
sen bestrahlt. Es wird betont, daĂ die PrĂŒfung der Röntgenwir-
kung auf innersekretorische DrĂŒsen allgemein in dieser Weise
durchgefĂŒhrt werden mĂŒĂte.
S t u b e r. R u fi in a n n und P r o e b s t i n g - Freiburg. Ueber
Adrenalin.
Es wurde experimentell gezeigt, daĂ Abhauprodukte des
Adrenalins eine sensibilisierende Wirkung auf das GefĂ€Ăsystem
besitzen. Deshalb scheinen die bisherigen biologischen Methoden
qualitativer Adrenalinmessung nicht eindeutig zu sein, weshalb
so eine Bestimmung des SĂ€ugetierblutadrenalingehaltes nicht
möglich scheint. Deshalb wurde eine chemische Methode ausge-
arbeitet, welche das Adrenalin noch in einer VerdĂŒnnung 1 zu
100 Millionen zu messen erlaubt, womit der umstrittenen Frage
des Blutadrenalingehaltes nÀhergetreten werden kann.
i
Nr. 22/23. â 40. Jahrg KongreĂbcrichte 41«.»
Bauer- Wien; Paroxysmale schwerste Adynamie bei In-
suffizienz der Nebennieren.
Es kann eine Adynamie als einziges Symptom einer Neben-
niereninsuffizienz auftreten. Ein Patient dieser Art konnte sieh
anfallsweise fĂŒr etwa '2 Stunden nicht auf den Beinen halten, ja
nicht einmal die Hand reichen. In einem solchen Anfalle kam es
zum Exitus. Es zeigte sich eine schwere Amyloidose der Neben-
nierenrinde, wahrend im Mark nur wenig Amyloid vorhanden
war. Die Adynamie wird daher auf eine FunktionseinschrÀnkung
der Rinde zurĂŒckgefĂŒhrt.
P o h 1 e - Frankfurt a. M.: Lieber Aenderungen in der Wasser-
>toff-Ionenkonzentration im zu- und abfĂŒhrenden Lebervenenblute
nach Adrenalininjektion. (Nach gemeinsamen Untersuchungen
mit Gottschalk.)
Das Blut der Pfordader und der Lebervene wurde vor und
nach Adrenalininjektion auf H-Ionenkonzentration und Blutzucker
untersucht.
Es wurde eine starke Steigerung der H-Ionenkonzentralion
im zu- und abfĂŒhrenden Leberblute festgestellt. Der Blutzucker
steigt etwas frĂŒher an als die H-Ionenkonzentration.
A. G o 1 1 s e h a 1 k - Frankfurt a. M.: Ueber den genetischen
Zusammenhang zwischen Wasserstoff ionenkonzentrationsver-
sehiebung im Pfortaderblute und der HyperglykÀmie nach Adre-
nalininjektion. (Nach gemeinsamen Untersuchungen mit Pohle.)
Durch eine beim Kaninchen erzeugte Aenderung des H-Ionen-
blute-s auf anderem Wege als durch Adrenalin (Abbindiung der
V. porta) lĂ€Ăt sich ebenfalls eine HyperklykĂ€mie erzeugen. Es
lieĂ sich ausschlieĂen, daĂ dies durch die Leberzirkulalions-
störung hervorgerufen ist. Durch vorausgeschickte Alkaligabe
lĂ€Ăt sich die AdrenalinhyperglykĂ€mie stark hemmen. Die CH im
Pfortaderblute stieg nicht an. Die Gewebsatmung der Leberzelle
wird durch Adrenalin gehemmt â ein weiterer Angriffspunkt des"
Adrenalins.
Leo A d 1 e r - Frankfurt a. M.: Leber eine Funktion der Ne-
bennierenrinde.
VerfĂŒtterung eines getrockneten Nebennierenadenoms fĂŒhrt
zu einem kolossalen Wachstum der Kaulquappen. Des weiteren
gelingt es hiermit nur mÀnnliche Nachkommenschaft bei diesen
Tieren zu erzeugen. Letzteres ist aber nur beim Frosch der
Fall. Desgleichen ist ein EinfluĂ auf den Stoffwechsel vorhanden.
W e i n b e r g - Rostock: Adrenalinwirkung auf Blutdruck und
Blutzucker bei verschiedener Konzentration.
Es wurde eine bestimmte Dosis pro Kilogramm Körper-
gewicht in steigenden Dosen verabfolgt. Die kleinsten Dosen
machen Blutdrucksenkung auch nach intramuskulÀrer Injektion.
Höhere Dosen machen Blutdrucksteigerung. Bei intravenöser In-
fusion, die auf eine Stunde ausgedehnt wurde, kann man Àhnliche
Senkungen des Blutzuckers beobachten. Die Kurvenform ist also
nur von der Dosierung abhÀngig.
K n o o p - Freiburg teilt mit, daĂ auch die Amerikaner an-
geben, daĂ die Synthese des Thyroxins nicht geglĂŒckt ist. Daher
sind Versuche mit dem synthetischen PrÀparat nutzlos.
LipechĂŒtz - Frankfurt Ă€. M.: Die Wirkung von Inkreten
auf die Zelloxydationen und den WĂ€rmehaushalt des Organismus.
Nach Versuchen gemeinschaftlich mit Leo Adler.)
Mit Hilfe der Methode zur PrĂŒfung der Zellatmung wurde
festgestellt, daĂ die Hormone einen starken EinfluĂ auf die Re-
duktionsgeschwindigkeit ausĂŒben. Pankreasextrakte hemmen,
wenn sie von winterschlafenden Tieren stammen, wÀhrend Hunde-
pankreas keinen EinfluĂ ausĂŒbt. Thyreoidea steigert, ebenso
Epiphysenextrakt. Thymus und Nebennierenrinde hemmt die
Zellatmung, Adrenalin steigert die Oxydationsgeschwindigkeit.
Die hemmenden PrĂ€parate drĂŒcken die Temperatur herab, die an-
deren steigern sie.
L e i c h e r - Frankfurt a. M.: Heber den Kalziumgehalt des
menschlichen Blutserums und seine Beeinflussung durch Störun-
gen der inneren Sekretion.
Der Kalziumgehalt des menschlichen Blutserums ist ziemlich
konstant. Der Kalkgehalt der roten Blutkörperchen sinkt bis zum
50. Lebensalter ab. Durch SchilddrĂŒsenorĂ€parate ist ein Sinken
des Blutserumkalkcs zu erzielen. In FĂ€llen von Basedow findet
sich ein niedriger, beim Myxödem ein hoher Serumkalkwert. Dies
kann fĂŒr die Untersuchung von Strumakranken Verwendung
linden. Hypophysin hat ebenfalls eine Verminderung des SerĂŒm-
kalkw-ertes zur Folge. Ebenso Adrenalin. BeischilddrĂŒscn ver-
halten sich umgekehrt. Durch KeimdrĂŒsen konnten keine kon-
stanten Resultate erzielt werden.
B ö 1 1 n e r - Königsberg: Anaphylaxiestudlen mit hypotoni-
schen und hypertonischen Lösungen.
Durch Injektion hypoloner und hypcrlonci Losungen konnten
Erscheinungen hervorgerufen werden, die an l'chcrcmpfindlieh
keit erinnerten. Bei Reinjektionen wurde niemals cm akutei
Exitus erzielt, dagegen traten die Erscheinungen manchmal vci
stÀrkt auf. Dasselbe wurde bei intraartieller Injektion beobachtet
Es ist jedoch fraglich, ob man hierbei von Anaphylaxie sprechen
kann.
P u l l - Frankfurt a. M.: EinfluĂ von SauerstoffĂŒberdruck-
atmung auf das Blut. (Nach gemeinsamen Untersuchungen mit
I r i c d r i ch.)
Bei SaucrsloffĂŒberdruckatmung findet man bei Diabetikern
Absinken der Blutzuckerwerte. Dasselbe ist mit dem HĂ€moglobin
der Fall. Auch Eiweià und Kochsalz sinken ab, wÀhrend sich
der Blutdruck bei Gesunden refraktÀr verhielt Bei einigen
Hypertonikern sank der Blutdruck ab. Es handelt sich anschei-
nend um das umgekehrte von dem, was bei Ballonfahrten be-
obachtet worden ist.
KĂŒlbs-Köln: Technisches zur Punktion des Perikards.
Es wird vorgeschlagen, die Punktion von PerikardergĂŒssen
von hinten her in der Skapularlinie vorzunehmen. Die Vorteile
dieser Methode werden auseinandergesetzt.
P I e s ch - Berlin: Ueber einen neuen Blutdruckapparat mil
Regisiriervorrichtung.
Es wird ein Apparat demonstriert, mit dem es gelingt, den Blut-
druckbefund objektiv zu registrieren. Jede Druckkapsel fĂŒhrt 2 Be-
wegungen wahrend einer Blutdruckmessung aus. Einmal den pneu-
matischen Druck, den wir mit dem Druckballon ausĂŒben, und zweitens
die Oszillationen des Pulsdruckes. Diese 2 Druckschwankunger
werden von 2 Punkten der Druckkapsel abgeleitet, und zwar so, daĂ
der pneumaiische Druck eine leicht auswechselbare Papierscheibe
in rotierende Bewegung setzt, wahrend die Pulse durch HebelĂŒber-
tragung vertikal auf die Papierscheibe aufgeschrieben werden. Die
Manschette wird aufgeblasen. Beim Druckabfall registriert der Ap-
parat automatisch die Pulshöhe., die dem entsprechenden Druck ent-
spricht. Die Stelle, bei dem der Puls auftritt, entspricht dem maxi-
malen, die Stelle der höchsten Blutdruckschwankungen dem Mini -
mumdruck, dessen Höhe auf der vorgedruckten Papierscheibe leicht
abzulesen ist.
K a y s er - P et e r s on - Frankfurt a. M.: Fortteufende Blut-
druckmessungen bei Infektionskrankheiten.
WĂ€hrend des Typhus sinkt der Blutdruck, um mit Beginn der
Rekonvaleszenz wieder zu steigen und bei. Rezidiven noch einmal
zu sinken. Es empfiehlt sich, alle FĂ€lle von Infektionskrankheiten
mit dieser Methode zu untersuchen, um evtl. dadurch auch diffe-
rentialdiagnostische, prognostische und therapeutische Anhaltspunkte
zu gewinnen.
Kro et z- Halle a. S.: Von welchen Faktoren ist die Höhe des
klinisch meĂbaren Venendruckes abhĂ€ngig?
Bei der Beurteilung der blutig gemessenen Druckwerte in der
Vena mediana eubiti dĂŒrfen SchlĂŒsse auf die Höhe des venösen
Enddruckes und damit auf die GĂŒte der Arbeit der r. Kammer nur
mit Vorsicht gezogen werden. Neben dem Vovhofdnick ist ins-
besondere der intralhorakale Druck maĂgebend fĂŒr die Höhe des
peripheren, auf den AtmosphÀrendruck bezogenen Venendruckes.
Die venöse CCK-Spannung hat an den ruhenden Kranken keinen
merkbaren Einfluà auf den Venendruck. Erhöhte WiderstÀnde im
Venenstrombett fĂŒhren zu erheblichen Steigerungen des Venen -
druckes selbst bei völlig Herzgesunden.
Schott- Köln: Die hydrostatische Beeinflussung des Kreis-
laufes im Bade.
Durch den Druck des Wassers im Bade wird der Kreislauf be-
einfluĂt. In Tierversuchen wurde gefunden, daĂ insbesondere der
Venendruck weitgehend geÀndert wird. Es muà also bei allen Unter
suchungen auf die Höhe des Badewassers geachtet werden.
E n g e 1 e n - DĂŒsseldorf : Neue Untersuchungen mit Sahlis
Sphygmobolometer.
Der gĂŒnstige EinfluĂ von Digitalis auf den IntensitĂ€tsfaktor, der
EinfluĂ der blutwarmen Dusche auf den ExtensitĂ€tsfaktor lĂ€Ăt sich
mit dem Sphygmobolometer nachweisen. Nach Alkohol bei kaltem
Wetter tritt ebenfalls eine VergröĂerung des ExtensitĂ€tsfaktors ein.
Durch Nikotin wird das periphere Strombett eingeengt.
B ĂŒ r k e r - GieĂen: Das Gesetz der Verteilung des HĂ€moglobins
auf die OberflÀche der Erythrozyten.
Die absoluten HĂ€moglobingehalte \ erhalten sich umgekehrt pro-
portional dem Quadrate ihrer Durchmesser, sie sind immer konstant
4'20
KongreĂberichte
Nr. 22/23. â 40. Jahrg.
Berechnet man die OberflÀche der Erythrozyten und bezieht den
absoluten Gehalt darauf, so findet man auch einen konstanten Wert
fĂŒr alle Tierarten.
Clothilde Meier- Malle: OberflÀchenverÀnderungen der Ery-
throzyten unter dem Einfluk des elektrischen Stromes.
Auf Grund von Untersuchungen der KohlensÀurebindungskurven
von Blutkörperchensuspensionen, durch die elektrischer Strom hin-
durchgeleitet wurde, lÀkt sich die Annahme von Michaelis und
Pauli, dak es sich bei den Proteinen um Ampholyte handelt, nicht
aufrechterhalten. Die vom Michaelis bei Kataphoreseversuchen
beobachtete Stetigkeit des Entladungsvorganges ist nur der Aus-
druck der polarisierenden Wirkung des elektrischen Stromes auf die
Phasengrenze.
L a u d e n h eim e r - Alsbach: Beobachtungen ĂŒber Organ -
theiapie bei nervösen ZustÀnden.
ThyreoideaprĂ€parate hatten gĂŒnstige Erfolge im FĂ€llen von Mi-
grÀne verbunden mit anderen schwer nervösen vagotonen Erschei-
nungen. Auch HypophysenprÀparate haben sich in einzelnen FÀllen
bewÀhrt.
A rn o 1 d i - Berlin: lieber Aenderungen des Blutes nach Auf-
nahme von Salzlösungen.
Berichtet ĂŒber Aenderungen des Blutzuckeis, Kochsalzgehaltes
des Blutes und der alveolaren C02-Spannung nach dem Trinken
2 proz. Alkalisalzlösungen. Wichtig sind die nach gewissen Regeln
verlaufenden individuellen Verschiedenheiten der Aenderungen. Bei
hohem Ausgangswerie sinkt z. B. nach dem Trinken der Salzlösungen
der Blutzucker ab, wÀhrend er bei niederen mitunter ansteigen kann.
Die Stoffwechsellage entscheidet also ĂŒber den Effekt.
Besprechung des Vortrages ScliottmĂŒller:
L c n z m a n n - Duisburg empfiehlt ebenfalls dringend das Sal-
varsan fĂŒr die Behandlung der luetischen Aortitis. Die schwachen
Lösungen von Argenl. nitr., mit denen man Zystitiden behandelt hat.
genĂŒgen nicht. Man kann aber nicht gleich mit 2 proz. Lösungen
anfangen, sondern muk langsam bis zu dieser Konzentration steigern.
Methylenblau, intravenös injiziert, hat ebenfalls ausgezeichnete
Wirkung bei Zystitiden.
S t a d I e r - Plauen legt besonderen Wert auf die diÀtetische
Behandlung der Zystitis. Er lÀkt die Kranken 5 Tage lang dursten
und spĂŒlt dann plötzlich durch.
H a a s - Giejjen: Der Zustand, in dem man die Zystitiskranken
zur Behandlung bekommt ist ausschlaggebend fĂŒr den therapeuti-
schen Erfolg. â Das Urotropin hat im sauren Urin eine desinfi zierende
Wirkung.
V o 1 h a r d - Halle: Die Konzentration der von SchottmĂŒller
angegebenen Lösung ist allerdings erschreckend, ober trotzdem muk
es nachgemacht werden. â Novasurol ist bei Nephritiden nicht an-
gezeigt. Schwielige Perikarditis wird selten diagnostiziert. Fxstir-
pation des Perikards kann hierbei sehr gutes leisten.
Besprechung zu dem Vortrage K ĂŒ 1 b s^
W a n d e 1 - Leipzig hat ebenfalls Punktion des Herzbeutels von
hinten ausfĂŒhren lassen. Kollapse wurden danach nicht gesehen,
der Abflug ist langsam. Wenn geringe Luftmengen in den Herzbeutel
eintreten, so erhÀlt man ausgezeichnet klare Röntgenbilder.
MĂŒller- NĂŒrnberg: Manchmal ist die aus dem Herzbeutel aus-
tretende FlĂŒssigkeit stark blutig gefĂ€rbt und man weik dann nicht,
ob man nicht vielleicht im Herzen ist. LĂ€kt man einen Tropfen auf
f'iltrierpapier fallen, so sieht man sofort den Unterschied.
F. K I e m p e r e r - Berlin hat vor 10 Jahren zufÀllig eine Herz-
beutelpunktion von hinten gemacht. Danach trat ein eigenartiges
GerĂ€usch auf, das auf den Luftdurchtrilt zurĂŒckgefĂŒhrt werden mukte.
Eine Methode der Wahl wird dies Verfahren kaum werden.
D c u s c h - Rostock: Die Punktion des Herzbeutels von links
hinten unten ist seit langem angegeben und wird in Rostock dauernd
â iiKicwendet, wenn die Exsudate sehr grok sind.
H. Singer- Wien hat vor Jahren gezeigt, dak perikardiale Er-
gĂŒsse sich nicht selten in einem Zwickel links hinter dem Herzen
ansammeln und ein linksseitiges Pleuraexsudat vortÀuschen. Dort
können sie leicht durch Punktion entleert werden. Dieses Zeichen
ist vor etwa 50 lahren von dem Wiener Arzt Dr. P r ĂŒ s beschrieben
worden und lÀuft auch in der französischen Literatur unter dem
Namen: signedePrĂŒs.
Besprechung der ĂŒbrigen VortrĂ€ge:
Lubliri.« Breslau: Kurze Darstellung einer neuen Mikromethodo
zur Bestimmung des Azetons und der /?-OxybuttersÀure.
F. Mas- Wien: Mit Hilfe von Blutgasanalysen hat E. in Gemein-
schaft mit Kornfeld bei Menschen und Kaninchen, nicht bei
Hunden, eine Verschiebung des Snure-Basenhaushaltes nach Adre-
nalininjektion gefunden. E. hÀlt aber damit die SÀureÀtiologie der
AdrenalinhYperglYkĂ€mie durchaus noch nicht fĂŒr erwiesen.
A d 1 e r - Leipzig: WĂ€hrend bei FĂ€llen von Osteomalazie vorher
keine Ansprechbarkeit auf Adrenalin vorhanden war, trat die An-
sprechbarkeit nach Röntgenkastration auf. In der GraviditÀt sta/kc
Ansprechbarkeit auf Adrenalin.
Hess -Köln: Intraarterielle Adrenalininjektion hat nur sehr ge-
ringe Wirkung auf den Blutdruck. Das Adrenalin wird also im Ka-
pillargebiet anscheinend abgebaut. Möglich wÀre aber auch, dak.
die Kapillaren infolge der Verengerung das Adrenalin nicht durch-
lassen. Im arteriellen Blut konnte bei vielen Untersuchungen kein
Adrenalin nachgewiesen werden. FĂŒr therapeutische Zwecke braucht
jedes GefÀksystem seine eigene Dosis.
Eisenhardt - Königsberg hat ebenfalls den Einfluk von
SchilddrĂŒsenbestrahlungen auf den Blutzucker untersucht und bei
Basedowkranken lÀnger anhaltendes Absinken des Blutzuckers be-
obachtet. In 2 FĂ€llen von Diabetes stieg der Blutzucker.
H ö s s I i n- Berlin hat versucht, die Wirkung des Adrenalins
durch Bindung an Kolloide zu modifizieren. Dies ist nicht gelungen.
Kaznelson - Prag hat bei Bestrahlung unspezifische Wirkun-
gen auf den Blutzucker gefunden.
Freund- Heidelberg: Zu dem Vortrag von L i p s c Ii ĂŒ t z ist
zu sagen, dak man StoffwechselverÀnderung der peripheren Zellen
nicht mit der Wirkung von AntipYretizis vergleichen kann. Letztere
wirken zentral auf den WĂ€rmeregulationsmechanismus.
Schenk- Marburg hat gesehen, dak intraarterielle und intra-
venöse Adrenalininjektion sehr verschiedene Wirkungen haben. Audi
der Blutzucker wird kaum erhöht.
D ĂŒ n n e r - Berlin erwĂ€hnt die starke Kalkausschcidung im Hain
bei Phosphaturie nach -Adrenalininjektionen.
P l a t z - Magdeburg: Intravenöse Adrenalininjektionen sind in
geeigneter Dosierung absolut ungefÀhrlich.
B i 1 1 o r f - Breslau hat ebenfalls einen Fall von Amyloid der
Nebennierenrinde beobachtet, in dem die Adynamic nicht ausge-
sprochen war. AusfĂŒhrungen ĂŒber das verschiedene Verhalfen, je
nachdem in welchem Lebensalter die Tumoren der Rinde auftreten.
Frey -Kiel: AusfĂŒhrungen ĂŒber Beziehungen zwischen intra-
abdominellem Druck und Kreislauf.
W e i n b e r g - Rostock hat ebenfalls dieselben Erfahrungen ge-
macht wie Hess. Die Adrenalinkonzentrationen im arteriellen Blut
sind fĂŒr den biologischen Nachweis zu klein.
Moritz- Köln: AusfĂŒhrungen ĂŒber die Venendruckmessung.
V o 1 ha r d - Halle: Es gelang auch in der Hallenser Klinik nicht,
im arteriellen Blute bei akuter Nephritis Adrenalin nachzuweisen.
Dagegen scheint das Blut von Nephritikern fĂŒr Adrenalin sensibili-
sierende Stoffe zu enthalten.
Kr o et z - Halle: Schiukwort.
L eicher - Frankfurt a. M.: Schiukwort.
P o r g e s - Wien: Bemerkungen zu dem Vortrag von L e B I a n c
Der Sauerstoffverbrauch im OhrlÀppchen ist sehr gering und es
genĂŒgt, das dortige Blut zu untersuchen. Einen annĂ€hernd richtigen
Wert ergibt schon die Farbe des Blutes und dies bietet eine Mög-
lichkeit zur Indikationsstellung fĂŒr die Sauerstofftherapie.
Vierter Verhandlungstag.
P. H o f f m a n n - WĂŒrzburg: Ueber die Unterschiedsempfind-
lichkeit der rezeptorischen Organe der Sehnenreflexe (Eigenreflexe).
Die Sehnenreflexe haben enge Beziehungen zu den WillkĂŒr-
bewegungen, sie sind mit ihnen gekoppelt. Sie werden mit zu-
nehmender Innervation gebahnt und umgekehrt. Ebenso kann man
von den Reflexen auf die Innervation schlieken, sofern diese nicht
anderweitig deutlich wird. Die sehr geringe Innervation, die der
Muskel auch im schlaffen Zustand erhÀlt, heikt Muskeltonus. Die
Eigenreflexe werden durch eine Spannungszunahme im Muskel aus-
gelöst. Sie dienen nicht nur der Bewegung, sondern auch der
Fixierung. Das Auftreten der Reflexe hÀngt von der Höhe der Reiz-
schwelle in den rezeptorischen Organen ab. Zur Bestimmung der-
selben wurde bei rechtwinklig gehaltenem Ellenbogengelenk der
minimale Winkel bestimmt, um den sich das Gelenk drehen muk, wenn
es bei Schlag auf den Vorderarm (sog. Radiusperiostreflex) zum
Auftreten eines Reflexes kommt. Das ist ein Mak fĂŒr den Spannungs-
zustand im Muskel. Registrierung des Reflexes durch Aktionsströme.
Verschiebung des Vorderarms am Handgelenk um 1 mm genĂŒgte und
entsprach bei. unbelastetem Arm einem Spannungszuwachs von Vw
v. WeizsÀc k er- Heidelberg: Ueber Reflexbewegungen und
ihre Dynamik.
Es werden die Ergebnisse mitgeteilt von Versuchen am Men-
schen, welche die dynamische Analyse von Sehnenreflexen, koordi-
nierten Reflexen und WillkĂŒrbewegungen bei Störung durch Ă€ukere
mechanische KrÀfte zum Gegenstande hatten. Die Störungen weiden
Nr. 22/23. â 40. Jahrtf.
Kongrc H berichte
421
durch Reflexe beantwortet von einer Starke, welche die Störung so
Kompensiert, dak die Geschwindigkeit der Bewegung gerade erhalten
wird. Neben diesen kompensierenden, aul Last mit Kontraktion und
.nif Entlastung mit Erschlaffung antwortenden, wurden umgekehrt auf
Last mit Erschlaffung und auf Entlastung mit Kontraktion antwortende
adaptierende Reflexe untersucht. â Diese linersuchungen fĂŒgen sich
in eine nicht dualistische Auffassung der Muskclfunktion am besten
ein. Untersuchungen des ElastizitÀtsmoduls bei Fallen von Muskel-
rigor ergeben (im gleichen Sinne) keine Abweichung vom normalen
Wert.
E b b e c k e - (Döttingen: Lieber elektrische Reizung sensibler
Nerven.
Die elektrische PrĂŒfung sensibler Nerven wird bisher wenig
geĂŒbt. Es gibt 3 Reizstellcn sensibler Nerven, die Reizung der Ner-
venendigungen, der Nervenfaser und der Epidermis der Haut selbst.
Letztere hat die niedrigste Reizschwelle. Die Untersuchungen be-
schrankten sieh auf die Reizung der Nervenendigungen. Mit Hilfe
eines ballistischen Galvanometers lafjt sich der Stromstok messen.
Rollenabstand und Galvanometerausschlag, bei dem der sensible
Nerv anspricht, wird gemessen. Durch Reiben der Haut werden die
Werte erheblich geÀndert infolge des herabgesetzten Hautwider-
standes. Gleichzeitig wird aber- die Erregbarkeit herabgesetzt, so
dafe der Rollenabstand kleiner, der Galvanometerausschlag gröker
wird.
E. Ka u f f m a n n - Frankfurt a. M.: Ueber die Aenderung der
ElastizitÀt menschlicher Skelettmuskeln unter dem Finflufc der .Be-
lastung.
Mit Hilfe des von Gildemeister angegebenen Verfahrens
wurde die ElastizitÀt der Muskeln unter dem Einfluk der Belastung
gemessen. Bei Beginn der Belastung nimmt der Muskel bei1 den
meisten Personen sofort die entsprechende HĂ€rte an, ebenso bei
Entlastung. Vereinzelte Kranke haben eine Verzögerung der Span-
nung, andere eine Verzögerung der Entspannung. Worauf diese in-
dividuelle Verschiedenheit beruht, liefe sich nicht entscheiden.
B ĂŒ r g e r - Kiel: Der Kreatin-Kreatininstoff Wechsel des Men-
schen und seine Beziehungen zu physiologischen und pathologischen
ZustandsÀnderungen der Muskulatur.
Der endogene Kreatininstoffwechsel hÀngt weniger von dem Ge-
wicht der Körpers, sondern von seiner Konstitution, von seiner Mus-
kelmasse ab. Die Gesamttagcsmenge des Kreatinin ist nach Arbeit
nicht gesteigert, wenn auch im Stundenversuch eine Steigerung
wahrend der Arbeit festzustellen ist. Injiziertes Kreatinin wird durch
Arbeit retiniert. Wahrscheinlich findet wÀhrend der Arbeit eine Um-
wandlung der kolloidalen Form in das Kreatinin statt. Aenderungen
des Kreatininstoffwechsels finden sich in Krankheiten. Sind regres-
sive VerÀnderungen noch vorhanden, so wird viel Kreatin ausge-
schieden. Nach Ablauf dieser VerÀnderungen sinkt die Kreatinaus-
scheidung unter die Norm. Im ĂŒbrigen wird der Kreatininstoffwechsel
mehr von der Energie, als von dem Tonus beherrscht.
B 1 u m e n f e 1 d t - Berlin : Ueber reduzierte Reizzeit und ihre
Bedeutung in Physiologie und Pathologie.
Die im C r e m e r sehen Laboratorium der tierÀrztlichen Hoch-
schule Berlin angestellten Versuche hatten zum Ziele, auf- rein experi-
mentellem Wege einen Wert fĂŒr eine charakteristische Zeitkonsrani-
(Ă€hnlich der in Frankreich geĂŒbten Bestimmung der Chronaxie von
Sapieque) fĂŒr den normalen und gelĂ€hmten menschlichen Muskel
zu finden. Hierzu wurden zwei gesonderte Koeffizienten fĂŒr die
Minimalzuckung gesucht, erstens fĂŒr den konstanten Strom, zweitens
fĂŒr eine Kondensatorentladungi. Die gefundenen Zahlen sind als
Ampere/Culombguotient ausgedrĂŒckt. Der reziproke Wert wurde
âreduzierte Reizzeit" genannt. Die Untersuchungen ergaben, dak die
fĂŒr den normalen menschlichen Muskel gefundenen Werte mit der
des direkt gereizten, unkuraresierten Froschsartorius fast identisch
waren, dak gelĂ€hmte Muskel ohne EAR. sich den fĂŒr den kuraresiel -
ten Muskel gefundenen nÀherten, wÀhrend gelÀhmte Muskel mit EAR
eine sehr erhöhte reduzierte Reizzeit aufwiesen, die weit ĂŒber der
des Kuraremuskels lag.
N o t h m a n n - Breslau : Weitere Untersuchungen ĂŒber die
Guanidintoxikosen.
In Ucbereinstimmung des klinischen Bildes der Dimethylguanidiri-
vergiftung mit der Tetanie wird gezeigt, dak neben der galvanischen
llebcrerregbarkeit, dem Lai yngospasmus und den rindenepileptischen
KrampfanfĂŒllen auch der typische Pfötchenkrampf bei der Katze auf-
tritt. Beim ganz jungen Tiere werden die klonischen RindenkrÀmpf"
mit Brwuktseinsverlust vermikt. Bei mit Guanidinen vorbehandelten
fieren lÀ&t sich durch einen chemischen Blutreiz - Azethylcholin,
Nikotin - ein akuter tetanischer Anfall auslösen. Die histologische
Untersuchung des Zentralnervensystems der mit Guamdin vergiftete n
patze ergibt ein starkes Hervortreten rein-toxischer SchÀdigungen
in der GroĂhirnrinde und dci Rio. Eijl weiteres (nianidindeuvat, da.
DiÀthylguanidin, wird untersucht und seine Unwirksamkeit festgestellt.
Fs wird dadurch die Bedeutung des DimetliYlguairdi.is (in dir ex-
perimentelle Spasmophilie besonders unterstrichen
Be Hz- Köln: Ueber die KonzenfrationsverhĂ€ltiĂŒsse des Liquor
cerebrospinalis.
Die Untersuchung an groĂem klinischem Materiell ergab, dak die
Resultate nuudann zuverlÀssig sind, wenn der Liquor sofort nach dei
Entnahme geprĂŒft wird. Zentrifugieren empfiehlt sich nicht. Bei den
luetischen Prozessen steigt der Interferometerwcrt weit ĂŒber die r\öi -
male Zahl. Er geht etwa dem FiweiĂgehalt parallel. Mehrere FĂ€lle
von Enzephalitis wiesen keinen erhöhten Wert auf, wÀhrend auf-
fĂŒllenderweisc viele Sklerosen ohne Eiwcikvermclu ung mit erhöhtem
Interferometcrwert cinhergingen. Die VerhĂ€ltnisse bei den -ĂŒbrigen
Oeliirnerkrankungen waren nicht eindeutig.
Besprechung der voraufg egangenen Vortrage.
F. F r a n k - Breslau bemerkt zu den AusfĂŒhrungen von B ĂŒ r g e r,
daĂ es beim Kratininstoffwechsel in der Hauptsache auf den inter-
mediÀren Stoffwechsel ankommt und nicht auf die Ausscheidung im
Harn. Diskontinuierliche Aktionsströme besagen noch nicht, dak
Jetanische PhÀnomene vorhanden sind. Auch tonische VorgÀnge
werden wahrscheinlich, wenn auch andere, diskontinuierliche Ströme
zur Folge haben.
K r a u s s - MĂŒnchen: Die B ĂŒ r g e r sehen Befunde sind zum
groĂen Teil frĂŒher schon erhoben worden. AuffĂ€llig in den BĂŒrger-
schen Kurven sind die groken Schwankungen in den Stundenwerten.
Solche Schwankungen sind von ihm nicht beobachtet worden. Der
Tonus scheint doch mit dem Kreatininstoffwechsel in gewissem Zu-
sammenhang zu stehen.
B o r u t tau - Berlin hat einen Apparat konstruiert, der an einer
Skala die Werte direkt abzulesen erlaubt, die von Blumenfeldt
ganz richtig errechnet worden sind. Er weist auf die Bedeutung
dieser Untersuchungen hin.
S c h À ff e r - Breslau betont dre Wichtigkeit der elektrischen
Untersuchungen, wie sie von Blumenfeldt usw. vorgenommen
worden sind. Die Amerikaner haben einen sehr einfachen Apparat
angegeben, die minimale Reizzcit zu messen. Es geiingt mit dieser
Methode festzustellen, ob man mit einer Regeneration in kurzer Zeit
rechnen kann.
Hering -Köln schlÀgt vor, statt Eigenieflex, Muskeleigeni eflex
zu sagen. ,
Hoffmann - WĂŒrzburg (Schiukwort).
BĂŒrger- Kiel (Schiukwort).
M a r t i n i - MĂŒnchen: Demonstration von Schallkurven zu der.
Problemen der Perkussion und Auskultation.
Mit Hilfe einer Trommel wurden Schwingungen unter verschie-
denen Verhaltnissen aufgezeichnet. Die Lungen schwingen nicht als
ganzes, sondern als elastische Abteilungen. Ueber Verdichtungen
der Lunge in etwa 4 cm Tiefe kann die Perkussion keinen Aufschlug
mehr geben. Ueber infiltrierten Lungenabschnitten Àndern sich die
Schwingungszahlen. Stumm ist der Pleuraerguk. Demonstration .zahl-
reicher Kurven von Lungenschwirigungen unter den verschiedensten
VerhÀltnissen.
v. H o e s s 1 i n - Bei lin: Untersuchungen zur Perkussion und
Palpation des Brustkorbes.
Bei fast sÀmtlichen FÀllen von exsudativer Pleuritis ist eine
Differenz der Muskelspannungen der beiden Seiten in der paraverte-
bralen Gegend vorhanden. Es folgen AusfĂŒhrungen ĂŒber das Zu-
standekommen des R a u c h f u Ă sehen Dreiecks.
Besprechung der vorangegangenen VortrÀge.
h r e y - Kiel: Ton und GerÀusch lassen sich auf einer Kurve nicht
trennen. Das bedingt verschiedene Schwierigkeiten bei der Re-
gistrierung, z. B. von HerzgerÀuschen, ©iagnostische Registrierungen
s nd praktisch nicht möglich.
Martini- MĂŒnchen (Schiukwort).
U n v er r i c h t - Berlin: Lösung von VerwachsungsstrÀngen im
Thoraxraum. (Demonstration).
Es werden Röntgenbilder demonstriert, die den Erfolg der Lösun i
von Vt rwachsungsstrangen beim Pneumothorax nach dem Verfahren
von JacobÀus zeigen. Optik und Brenner wurden verbessert. Die
damit erzielten Bilder werden gezeigt.
S t a rc k - Karlsruhe: Die Behandlung der kardiospastischen
Oesophagusdilatation.
Eine Heilung der kardiospastischen Oesophagusdilatation iaht
sich nur durch , Ueberdehnung des Kardiannges erzielen. Die bis-
herigen Instrumente haben sich nicht bewÀhrt. Ein von dem Vor-
tragenden konstruierter Dilatator wird demonstriert und die Erfolge
damit auseinandergesetzt.
B e s p r e c h u n q d e r v o r a n g e g a n g e n e n V o r t r a g e.
422
KongreĂberichte
SchottmĂŒller - Hamburg weist darauf hin, daĂ es durch
Losung der StrÀnge hÀufig gelingt, einen Pneumothorax weiterzu-
fĂŒhren, den man sonst aufgeben, bezw. bei dem man zur Thorako-
nlastik schreiten mĂŒĂte.
G a n t e r - WĂŒrzburg: Lieber die motorische Funktion des
menschlichen DĂŒnndarms.
Es wird ein Gummiballon in den DĂŒnndarm eingefĂŒhrt und mit
einer Schreibvorrichtung verbunden. Auf diese Weise lassen sich
die Kontraktionen des DĂŒnndarms aufzeichnen. Die Kontraktionen
werden durch die verschiedenen Drucke nicht verÀndert. Es bestehi
mich hier das alles oder nichts-Gesetz.
L. v. F r i e d r i c h - Frankfurt a M.: Beitrag zur Pathologie der
Achvlia gastrica.
Zwecks Ermittlung verschiedener Achylieformen und von dem
Gesichtspunkte aus, daà die SalzsÀure ein starker Erreger der patho-
logischen Magensekretion ist, wird folgender Weg der Untersuchung
eingeschlagen: Mittels Dauersonde wird SalzsÀure bei Achylikern in
den Magen gebracht und der Sekretionsablauf studiert. Hierdurch
lĂ€Ăt sich ermitteln, ob der betreffende Magen noch die FĂ€higkeit be-
sitzt, Magensaft bzw. SĂ€ure oder Fermente zu fabrizieren. Auf dies?
Weise lassen sich drei Typen aufstellen: Wiedererscheinen von
SÀure und Fermenten (SubaziditÀten). Wiedererscheinen nur von
Fermenten [postdiphtherische Achyllie) und keinerlei Reaktion
(Anaemia perniciosa).
E. R e i s s und Schorer : Die refraktometrische Pepsinbestim -
mung im Magensaft.
Zunahme der Lichtbrechung bei Verdauung von bestimmten
Fibrinmengen mit abgemessenen Magensaftmengen nach eigener,
sehr einfacher Methodik.
Besprechung der vorangegangenen VortrÀge.
W e i n b e r g - Rostock wendet sich gegen die zuweitgehende
Anwendung der Bezeichnung Achylie und weist auf die von ihm
durchgefĂŒhrte Teilung der Symptomenkomplexe, die konstitutionelle
Achylia gastrica und die Gastritis amacida hin im AnschluĂ an Tu-
berkulose und Karzinom.
E. F. M ĂŒ 1 1 e r - Hamburg: Die Bedeutung des Streptococcus
viridans fĂŒr die Aetiologie der Endocarditis lenta
Vortr. hat im Gegensatz zu Kuczynski den Uebei gang hÀmo-
lytischer Streptokokken .in Viridans nicht feststellen können. Die
Konstanz der ViridansĂ€tiologie fĂŒr die Endocarditis lenta hat sich
weiter bestĂ€tigt. SchlieĂlich hat Vortr. die Kuczynski sehen Ver-
suche ĂŒber die fehlende Bindung durch das eigene Krankenserum
nicht bestÀtigen können Der K.sche Stamm wird nicht als ein cha-.
rakteristischer Viridans angesprochen. Die Umwandlung des HĂ€mo-
lytikus in Viridans wird nicht anerkannt, sondern d'ie SelbstÀndigkeit
der Lenta in Uebereinstimmung mit SchottmĂŒller betont.
Besprechung: Kaemmerer- MĂŒnchen hat sichere
LentafÀlle hervorgerufen durch einen Mikrokokkus der Katarrhalb-
gruppe beobachtet.
L o e w e nh a r d t - Berlin: An der U m b e r sehen Klinik vorge-
nommene Untersuchungen ĂŒber Streptococcus viridans bestĂ€tigten
seine Ă€tiologische Bedeutung in allen typischen (S c h o 1 1 m ĂŒ 1 1 1 e r-
schen) FĂ€llen Dem Streptococcus viridans kommt aber noch eine
viel weitergehende Àtiologische Bedeutung zu. er fand sich z. B. bei
Polyarthritis acuta infectiosa, akuter Sepsis. Herdnephritis u. a. Ob
diese FĂ€lle als FrĂŒhformen einer spĂ€teren Endocarditis lenta anzu-
sehen sind muk die weitere jahrelange Beobachtung lehren.
R. Koch- Frankfurt a. M.: Arsenbehandlung septischer ZustÀnde.
Es empfiehlt sich bei der Behandlung septischer ZustÀnde,
Arsenkuren regelmĂ€Ăig anzuwenden. Man kann z. B. intramuskulĂ€re
Injektionen von kakodylsaurem Natron genau wie bei der Behand-
lung von AnÀmien benutzen, ^fan sieht dabei recht Schwerkranke
genesen.
Besprechung: A I e x a n d e r- Berlin fand bei den
schweren Grippen 1918 das Arsen nĂŒtzlich.
S c h ĂŒ r e r - MĂŒlheim: Ueber Pathogenese und Therapie der
BazillentrÀger.
Es gibt keine völlig gesunden Bazillenausscheider. Es finden
sich immer noch entzĂŒndliche VerĂ€nderungen, sei es bei Diphtherie
im Rachen oder bei Ruhr im Darm. Manchmal fehlen klinische
Symptome völlig, meist besteht Schleimausscheidung oder spastische
Obstipation. Ebenso sei die chronische Cholezystitis bei Typhus
abdominalis nicht die Folge, sondern die Ursache der Daueraus-
jeheidung. Das gleiche gilt fĂŒr die Gonorrhoe. Die Behandlung mit
Desinfizienten auf den entzĂŒndeten SchleimhĂ€uten verspricht keinen
Erfolg, vielmehr muĂ die Heilung der EntzĂŒndung angestrebt werden,
soweit angÀngig chirurgisch (Tonsillenenifernung bei Diphtherie,
Gallenblasenexstirpation bei Typhus abdominalis).
Nr. 22/23. â 40. Jahrg.
Besprechung. David- Halle hat fĂŒr die Behandlung da
Typhus abdominalis-Ausscheider groĂe Ozonmengen in den Darm
mit bestem Erfolg angewandt.
E 1 k e 1 a s fragt, wie die S-ch irr e r sehe Anschauung in lieber -
emstimmung zu bringen ist mit der Erfahrung, daà es BazillentrÀge]
und Ausscheider gibt, die nie krank gewesen sind.
Boenniger wendet sich gegen die chirurgische Behandlung
der Dauerausscheider und empfiehlt die parenterale EiweiĂzufuhr
SchĂŒrer (SchluĂwort).
T h o m a - Freiburg : Experimentelle und klinische Beobachtungen
zur KieselsÀuretherapie bei akuten und chronischen Infektionskrank-
heiten.
Das injizierte kolloidale fein disperse PrÀparat wirkt wohl nui
ĂŒber dem Wege der Plasmaakti.vierung. Eine gĂŒnstige Beein-
flussung der Phthise lĂ€Ăt sich auf diese Weise nicht erreichen. Da-
gegen ist ein guter Erfolg bei akuten Infektionskrankheiten Àhnlich
wie bei Protemkörpertherapie zu erreichen.
T o e n n i s s e n - Erlangen: lieber die Verwendung eines aus
Tuberkelbazillen gewonnenen EiweiĂkörpers zur spezifischen
Diagnostik der Tuberkulose.
Aus den Tuberkelbazillen wird ein freies Protein chemisch rein
dargestellt. Die negative Reaktion ist vorhanden, wenn auch bei
wiederholten Einspritzungen keinerlei Reaktion irgendwelcher Art ein-
tritt. . Die leichteste positive Reaktion besteht nur in Hautreaktion
auch bei wiederholter Einspritzung: nicht behandlungsbedĂŒrftige
FĂ€lle. Bei der 2. Form tritt nach der ersten Einspritzung eine Haut-
reaktion, bei der zweiten Fieber auf: behandlungsbedĂŒrftige gĂŒnstige
FĂ€lle. Die 3. Form reagiert sofort mit Fieber.
Besprechung: Jastrowitz arbeitet mit Abbauprodukten
von Tuberkelbazillen. Es zeigte sich, daĂ der Albumosenfraktion noch
erhebliche Wirkung anhaftete. Abiuretische Fraktionen erwiesen sich
als nicht wirksam.
Mendel- Berlin. Die intravenöse Anwendung der Phenylchino-
linkarbonsĂ€ure, zugleich ein Wort zur Lehre der HeilentzĂŒndung.
Atophan ist kein Gichtmittel, sondern seine Wirkung wird durch
den Leukozytenzerfall bedingt. . Es handelt sich um eine ent-
zĂŒndungshemmende Wirkung jeglicher Aetiologie. Die Stauung kam
nicht als eine Art kĂŒnstlicher EntzĂŒndung angesehen werden, sie ist
vielmehr entzĂŒndungshemmend. In gleichem Sinne wirkt Atophan.
Besprechung: Ulimann - Berlin. Die Befunde Mendel*-
scheinen von groĂer Bedeutung erstens mit RĂŒcksicht auf die Leuko-
zytentheorie Horbaczewskis, ferner im Hinblick auf eigene
Versuche: HarnsÀurevermehrung nach subkutanen Adrenalingaben
nach drei Atophantagen.
Za d e k - K o rb a si ew i c z - Berlin-Buckow : Gesamtblut und
EiweiĂbestimmung bei Morbus Biermer.
(rotes megaloblastisches Mark) und in der Remission (gelbes Fett-
(rotes megaloblastisches Mark- und in der Remission (gelbes Fett-
mark). Die Gesamtblutmenge ist im Koma erhöht, weniger in der
Remission, wÀhrend im Vollstadium keine erhebliche Abweichung
von der Norm besteht. Es handelt sich um eine OligozythÀmie, nicht
eine OligĂ€mie, ferner mĂŒssen fĂŒr alle Angaben die Stadien berĂŒck-
sichtigt werden. Es besteht absolut, bezogen auf das Körpergewicht,
reine Hypalbuminose.
Kaznelson - Prag : Zur BlutplÀttchenentstehung.
Es gibt zwar Bilder, die die Schilling sehe Theorie der
PlĂ€ttchenentstehung aus roten Blutkörperchen zu stĂŒtzen scheinen.
Im ĂŒbrigen aber sprechen klinische Erfahrungen und theoretische Er-
wÀgungen gegen diese Annahme.
Besprechung: Steiner - Wien bestÀtigt die K.schen An-
gaben.
G u h r - Tatra-Polianka: Verlauf der Basedowschen Krank-
heit im Gebirge.
Bei 1200 FÀllen wirkte das Höhenklima vielfach heilend, hÀufig
bessernd. Es besteht eine Krankheitsbereitschaft, die in jedem Alter
zum Ausbruch der Krankheit fĂŒhren kann. Es muĂ Prophylaxe ge-
trieben werden, wozu sich Höhenklima und Freilichtkur empfiehlt.
H e i n z - Erlangen: Einwirkungen auf das Blutbildungsgewebe,
Erythroblasten-, Leukoblasten- und Lymphoblastengewebe.
Alle Schwermetalle reizen das Blutgewebe. Es besteht eine
physikalische, vielleicht auch eine chemische AffinitÀt. Der Reizung
folgt spÀter eine Degeneration des Erythro- und Leukoblastengewebes.
Kollargol macht eine Leukozytose nach vorhergehender kurzei
Leukopenie. Dabei kann man die Entstehung der PlÀttchen aus
Leukozyten beobachten. Stark wirken die Àtherischen Oele. Viel
schwerer zu reizen ist das Lymphoblastengewebe. Es gelingt mit
Abrin und LymphdrĂŒsenextrakt.
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des praktischen Arzles
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von HANS PUSCH, Berlin SW4Ă, Wilhelm -Stra&e 20 / Fernsprecher: Liitzow 9057
Nr. 24/25 Berlin, den 21. Juni 1922 40. Jahrgang
Dar Verlag behĂ€lt sieh das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist wer.
Aus dem Institut fĂŒr Sexualwissenschaft, Berlin.)
Körperbau und psychosexueller Charakter.
Von Dr. Arthur Weil.
Unter dem Titel âKörperbau und Charakter" hat Ernst
K retschme r vor etwa einem Jahre ein Buch geschrieben,
das zum Teil in den Kreisen der Àlteren Aerztegeneration
Ebenso Ablehnung fand, wie es von einem groĂen Teil an-
derer Forscher mit Enthusiasmus begrĂŒĂt wurde (1).
lr et schmer wagt hier nach jahrzehntelangem Still-
slande ein Problem wieder aufzurollen, das seit der âphysio-
gnomica" des Aristoteles immer wieder den Arzt, der
gelernt hat, nicht nur auf Ă€uĂere Krankheitssymptome zu
achten, sondern sich tiefer in das Wesen seiner Patienten
hinein zu vertiefen, beschÀftigte, nÀmlich die Frage inwieweit
seelische Veranlagung und Körperbeschaffenheit, Psyche und
Konstitution einander bedingen. Kretschmer fĂŒhrt den
Beweis, daĂ die beiden groĂen Gruppen von Psychosen, die
Dementia praecox und das manisch-depressive Irresein, so-
wie die parallelen UebergÀnge von den normalen Durch-
schnitten zu beiden (der schizoide und zykloide Charakter)
in ĂŒber zwei Drittel aller FĂ€lle mit einem bestimmten Körper-
bautypus zusammenfallen, und zwar bei der ersten Gruppe
mit dem asthenischen und athletischen, bei der zweiten
Gruppe mit dem pyknischen.
Ich selbst habe mich im AnschluĂ an Arbeiten von
Magnus H i r s c h f e 1 d (2) mit der Frage beschÀftigt, ob
solche Parallelen nicht auch zwischen bestimmten Sexual-
typen, die ja auch auf das Innigste mit der sonstigen psy-
chischen Persönlichkeit verbunden sind, und einem bestimm-
ten Körperbau nachzuweisen wÀren. An dem tÀglich sich
^vermehrenden Material, das mir im Laufe der letzten beiden
Jahre zur VerfĂŒgung stand, konnte ich in der Tat mich selbst
âądavon ĂŒberzeugen, daĂ bei bestimmter psychosexueller Ver-
anlagung auch immer wieder in der ĂŒberwiegenden Mehrzahl
der FÀlle ein bestimmter Körperbau typisch nachzuweisen
;Sein wird. Ich möchte dies zunĂ€chst an drei groĂen Gruppen
beweisen: an den psychosexuellen Infantilen,
den Homosexuellen und der groĂen Gruppe der M e -
tatropen. lieber das Wesen des psycho-sexuellen Infanti-
lisnuis hat sich Kronf el d (3) jĂŒngst in einer eingehenden
Monographie geĂ€uĂert, allerdings mehr ĂŒber die psychische
Seite dieses Problems. Ich hatte Gelegenheit, aus der forensi-
schen GutachtertÀtigkeit des Institutes etwa 10 solcher FÀlle
kennen zu lernen, von denen 7 die unverkennbaren Zeichen
der körperlichen Entwicklungsstörungen, des Stehenbleibens
auf kindlicher Entwicklungsstufe erkennen lieĂen. Es waren
kleine grazil gebaute Menschen, von etwa 159 cm Stand -
»nge im Durchschnitt mit LÀngenproportionen, die zum Teil
BebergÀnge zum Enuchoidismus darstellten, mit schmalem,
flachem Brustkorb, mit grazilen Bippen, kleinem unent-
wickeltem Becken, schwacher Körperbehaarung; der SchÀdel
entsprach in seiner GesamtgröĂe und den einzelnen MaĂen
ebenfalls diesen kindlichen Körperformen. Im Gegensatz
hierzu war das Genitale oll ĂŒberraschend gut entwickelt; in
einem Falle, den ich mikroskopisch untersuchen konnte,
.waren die Testes gut ausgebildet in voller Spermatogenese
hei gut entwickelten Leydigzellen; bei zwei anderen dagegen
bestand Azoospermie, eine Erscheinung, die auch Hirsen -
feld hei diesen FĂ€llen wiederholt beschrieben hat. Die
SchilddrĂŒse war meistens gut tastbar, in einem Falle war
eine Thymus-Hyperplasie perkutorisch nachzuweisen. Dem
somatischen Hilde entsprach meistens auch das psychische
Verhalten: eine mĂ€Ăig entwickelte Intelligenz mit Ueber-
gÀ ngen bis zur ImibeciUitÀt.
Tabelle I.
Körperbautypen bei psychosexuellem Infantilismus.
Stand-
Ober-
Unter-
Schulter-
HĂŒft-
lÀnge
lÀnge
lÀnge
breite
breite
cm
cm
cm
cm
cm
1.
156
69
87
33
27
2.
164
76
88
35
29
3.
154
80
74
37
27
4.
153
78
75
36
31,5
5.
156
77
79
37,5
30
6.
152
78
74
35
30
7.
169
79
90
38
31
8.
165
80
85
36
27
9.
154
77
77
34
30
10.
163
80
83
37
30
Durchschnitt 158,6
77,4
81,2
35,8
29,2
Normaler mÀnnlicher
Durchschnitt
167
85
82
39,3
31,8
Die zweite Gruppe, bei der sehr oft dieser Parallelismus,
die Abweichung von dem normalen DurchschnittsmaĂ, in die
Augen fÀllt, ist die HomosexualitÀt. Wie bei jeder biolo-
gischen Variation wird auch hier selbstverstÀndlich die Ge-
setzmĂ€Ăigkeit nicht in 100 Prozent aller FĂ€lle nachzuweisen
sein, sondern ĂŒber eine groĂe Variationsbreite werden sich
die Abweichungen von dem normalen Durchschnitt ĂŒber
den Typus bis zu einem anderen Extrem verfolgen lassen.
Dies Extrem ist, worauf auch schon Kretschmer in
seinem zitierten Buche hinweist, der Eunuchoidismus. Ihm
war es aufgefallen, daĂ er unter den schizoid Veranlagten
verhĂ€ltnismĂ€Ăig oft abnorme oder nicht eindeutig fixierte
Triebrichtungen antraf, homosexuelle Neigungen, psychischen
Virilismus und Feminismus; infantile GefĂŒhlseinstellungen
waren noch bis ĂŒber die PubertĂ€t hinaus nachweisbar, eine
durchschnittlich geringere Triebsicherheit des Sexualtriebes
war ihnen eigentĂŒmlich, die bisweilen mit TriebschwĂ€che
und teilweiser Lieberreizung einherging. Wie wir oben sahen,
beschreibt Kretschmer als charakteristisch fĂŒr den Kör-
perbau des Schizophrenen und des schizoiden Temperaments
den asthenischen und athletischen Typ, der in einzelnen FĂ€l-
len mit eunuchoiden Proportionen verbunden war. â Bei der
groĂen Mehrzahl der von mir bis jetzt untersuchten FĂ€lle
von HomosexualitÀt (etwa 300) konnte ich nun bei etwa
70 Prozent den lang aufgeschossenen, schlanken, asthenischen
Typ nachweisen, der mit nur wenigen Ausnahmen gleich-
zeitig mit eunuchoiden Proportionen des Skeletts verbunden
war. Die ersten Untersuchungen hierĂŒber habe ich bereits
ausfĂŒhrlicher an anderen Stellen veröffentlicht (6); hier
möchte ich zur ErlĂ€uterung wieder eine kurze Uebersicht ĂŒber
300 FĂ€lle folgen lassen. Dadurch, daĂ ich unregelmĂ€Ăige
Gruppen zusammengestellt habe, wird durch die gut ĂŒber-
einstimmenden Zahlen am besten bewiesen, daĂ hier eine
biologische GesetzmĂ€Ăigkeit vorliegt.
Es entsteht jetzt die Frage, wie diese Dysproportionen
in den Körperm assen zu deuten sind: Haben wir es hier mit
einem partiellen Infantilismus zu tun, einem Ausfall der nach
der PubertĂ€t einsetzenden Hemmung der KeimdrĂŒsen auf das
Knochenwachstum oder einem UebermaĂ in der. TĂ€tigkeit der
wachstumsfördernden DrĂŒsen, also auch wieder einer Art
von partiellem Infantilismus? Wichtig scheint mir in die-
sem Zusammenhange zur KlÀrimg der Frage eine Beobach-
1
424
Tabelle IL
Körperbautypen bei mÀnnlichen Homosexuellen.
Proportionen
StandlÀnge
Ober-
lÀn
Unter-
ge
Schulter- HĂŒft-
breite
cm
cm
cm
cm
cm
Nr. 1â 82
172
83
8Q
ov
38,5
32,3
â 83â130
171,5
84
87,5
39,3
32,9
â 131â220
170
83
87
38,5
32
â 221-300
172
83
89
38,2
32,3
Durchschnitt
171,4
83,3
88,1
38,6
32,4
Normaler mÀnnlicher
Durchschnitt . .
167
85
82
39 3
31,8
Nr. 1 82
83â130
131â220
221- 300
Normal
OberlÀnge : Unter-
lÀnge = 100 :
107
104
105
109
97
Schulter : HĂŒft-
breite = 100:
84 5
83 7
83,2
84,5
81
tung zu sein, die wohl in Laienkreisen lange bekannt, aber
in ihrer Bedeutung noch nicht gewĂŒrdigt worden ist; man
findet nÀmlich bei den Homosexuellen sehr hÀufig eine von
dem sonstigen Durchschnitt abweichende Beschaffenheit der
Haut, eine stÀrkere Durchblutung, die eine höhere Haut-
lemperatur bedingt, eine leichtere Ansprechbarkeit der Kapil-
laren auf psychische Reize und, durch die verÀnderte Blut-
versorgung bedingt, eine weichere, frauenhaft zartere Haut.
Dieser gesteigerten sympathischen Erregbarkeit, die so in
einem einzelnen Symptom Ă€uĂerlich zum Ausdruck kommt,
entspricht auch die Reaktionsweise des gesamten Nerven-
systems. Es sind meistens leicht erregbare, sensible, affekt-
betonte Menschen; die verhĂ€ltnismĂ€Ăig oft an Erschöpfungs-
zustÀnden des Nervensystems leiden; Stimmungsmenschen,
die auf die geringsten Reize mit heftigsten Erregungen rea-
gieren. Ein Àhnliches Zustandsbild finden wir bei der Base-
dowschen Krankheit wieder, der Erkrankung der Schild-
drĂŒse, die wir uns heute durch ein UebermaĂ von Inkret-
Absonderungen erklÀren; auch bei dieser Krankheit finden
wir die gesteigerte Erregbarkeit des gesamten Nervensystems,
die ja auch das psychische Verhalten in der bekannten Weise
beeinfluĂt. Diese Erkenntnisse vor Augen, kann man leicht
zu der Hypothese kommen, daĂ auch die homosexuelle Kon-
stitution, der asthenische Typ mit eunuchoiden Proportionen,
ihre innere Ursache in solchen VerÀnderungen der inneren
Sekretion haben könne, entweder in einem Versagen der
KeimdrĂŒsentĂ€tigkeit (dies wĂŒrden jene FĂ€lle von Anandri-
nismus, von Hodenatrophie usw. sein), die dann gleichzeitig
den typischen Fettansatz aufweisen, oder durch ein Ueber-
wiegen der wachstumsfördernden DrĂŒsen, bei sonst durch-
schnittlicher KeimdrĂŒsentĂ€tigkeit (jene FĂ€lle, bei denen grob
anatomisch und histologisch keine VerÀnderungen der Testes
nachzuweisen sind), bei denen wir aber auf eine Schild-
drĂŒsen- oder HypophysenĂŒberfunktion aus dein oben ge-
schilderten Bilde schlieĂen können. Die psycho-analytische
Schule hat die HomosexualitÀt durch ein Stehenbleiben der
SexualitÀt auf kindlicher Entwicklungsstufe zu erklÀren ver-
sucht, eine starke Fixierung an Vater oder Mutter, Puber-
tĂ€tserlebnisse, die nicht ĂŒberwunden werden konnten, da die
psychosexuelle Reife nicht eintrat. Gibt es nicht zu denken,
wenn man â diesen psychosexuellen Infantilismus vor-
ausgesetzt â auch in der ĂŒbergroĂen Mehrzahl der FĂ€lle
diesen somatischen Infantilismus findet, keinen allgemeinen,
sondern einen partiellen: Hemmung der KeimdrĂŒsentĂ€tigkeit
oder UebermaĂ der wachstumsfördernden DrĂŒsen? Diese
Ueberlegungen wĂŒrden auch nicht gegen jene Theorien
sprechen, die, ausgehend von der bisexuellen Anlage des
Menschen, in der HomosexualitĂ€t den Ausdruck dafĂŒr sehen,
daĂ nicht wie beim Vollmann oder beim Vollweibe die eine
Komponente nicht zur Entwicklung gelangte; die oben be-
40. Jahrg. â Nr. 21 25.
schriebenen Abweichungen der Proportionen, Schulter zur
HĂŒftbreite nach der femininen Seite hin, wĂŒrden fĂŒr diese
GedankengĂ€nge sprechen. â So wĂŒrde also dieser Parallelis-
mus zwischen Eunuchoidismus (partieller körperlicher Infan-
tilismus) und homosexueller Triebrichtung (partieller psycho-
sexueller Infantilismus) wieder auf eine GesetzmĂ€Ăigkeit hin-
deuten, wie wir sie schon an dem ersten Beispiel kennen ge-
lernt hatten.
Die dritte Gruppe, die heute in den Kreis unserer Be-
trachtung gezogen werden soll, sind die Metatropen. Wir
verstehen darunter mit Hirschfeld die Umkehrung der
seelischen Eigenschaften, die sonst Mann und Weib vonein-
ander scheiden: den passiven, der Frau sich unterordnenden
Mann, der von ihr beherrscht oft gepeinigt sein will und die
aktive, dem Manne befehlende Frau, die ihn leitet und zĂŒch-
tigt. Wer Gelegenheit gehabt hat, viele metatrope Eheleute
kennen zu lernen, erstaunt immer wieder, wie gleichsam
instinktiv, ohne daĂ wohl das rein VerstandesmĂ€Ăige dabei
eine wesentliche Rolle spielte, sich die zu einander passenden
Sexualcharaktere paaren: der weichliche, feminine Mann mit
der energischen, virilen Frau. Sehr oft sah ich den grazil
gebauten Mann, der Ende der zwanziger Jahre noch einen
fast unbehaarten Körper besitzt, weiche Formen mit abge-
rundeten Linien zeigt und sein GegenstĂŒck, die oft ĂŒber
1(55 cm groĂe, derbknochige Frau mit der mĂ€nnlichen Stimme,
der massigen Muskulatur, miteinander verbunden. Dem
letzteren Typus gehört auch oft die virile weibliche Homo-
sexuelle an: schlanke, hagere Gestalten mit flachen BrĂŒsten,
schmalen HĂŒften, energischen, scharf herausgearbeiteten Ge-
sichtszĂŒgen, die wir als metatrop bezeichnen mĂŒssen, wenn
wir in ihr nur den Typus âWeib" sehen, deren sexuelles Verl
halten als Urninde aber ihrer mÀnnlichen Eigenart entspricht:
die herrschende, fĂŒhrende Persönlichkeit der geliebten Frau,
gegenĂŒber; im tĂ€glichen Leben die aktive, selbstĂ€ndige Be-
amtin, die energische GeschÀftsfrau; in der Ehe das Ideal
des metatropen Mannes, das Verderben des Heterosexuellen,
dem die kalte, frigide Frau nicht das geliebte Weib sein kann.
â Die Androgynie beim Manne (Auftreten weiblicher Sexus-
zeichen) und Gynandrie bei der Frau, die wir mit Metatro-
pismus verbunden finden, prÀgen sich oft nur isoliert in ein-
zelnen somatischen Abweichungen aus: bei MĂ€nnern ist
hĂ€ufig auffallend eine weiche LinienfĂŒhrung des unbehaarten
Körpers bei wenig herausgearbeiteter Muskulatur, GynÀko-
mastie; bei Frauen starke Körperbehaarung, hagere Formen
mit einem sich dem mÀnnlichen Durchschnitt nÀhernden
VerhĂ€ltnis der Schulter- zur HĂŒftbreite. Hirschfeld hat
schon diese körperlichen Unterschiede zwischen weiblich ge-
arteten MÀnnern und mÀnnlich gearteten Frauen in dem
II. Bande seiner Sexuelpathologie ausfĂŒhrlich tabellarisch
zusammengestellt, so daĂ sich hier ein weiteres Eingehen
darauf erĂŒbrigt. Ich fĂŒge zum SchluĂ noch aus meinen
Aufzeichnungen eine Uebersicht ĂŒber die Körperformen von
10 virilen Frauentypen an, um die Abweichungen von dem
Durchschnitt besser zum Ausdruck zu bringen.
Tabelle III.
Körperbautypen bei virilen Frauen.
Stand-
Ober-
Unter-
Schulter-
HĂŒft-
lange
lÀnge
lÀnge
breite
breite
cm
cm
cm
cm
cm
1.
173
83
90
39
30
2.
153
74
79
33
33
* 3.
161
82
79
34
33
4.
164
77
87
36
33
' ; 5.
157
80
77
36
31
6.
160
81
79
37
33
7.
160
78
82
37
36
8.
163
77
86
37
35
9.
164
78
86
37
32
10.
166
83
83
35
32
Durchschnitt
162,1
79,3
82,8
36,1
32,8
Normaler weiblicher
Durchschnitt
154
79
75
35
34
MĂ€nnlicher Durch-
schnitt
167
85
82
39,3
31,8
Weil: Körperbau
40. Ja Inj;.
Nr. 24 25.
Wohlgemuth: Appendizitis und AbfĂŒhrmittel
425
L i t er a t n r
l Ernsl Kr et schmer, Körperbau und Charakter. Berlin
1921.
2. Magnus Hirsch feld, Sexualpathologie. Bonn 1917â1920.
;'». Arthur Kronfeld: Ueber psychosexuellen Infantilismus.
Sammlung Sexus. Bern 1921.
I S. WeiĂenberg: Das Wachstum des Menschen. Stutl
garl 1911.
."). Hermann Vierordt: Anatomische, physiologische und
physikalische Daten und Tabellen. Jena 1906.
6. Arthur Weil: Archiv fĂŒr Entwicklungsmechanik der Orga-
nismen, Bd. 49, 538. 1921. Zeitschrift fĂŒr Sexualwissen
schaft, Bd. 8, Heft 5. 1921.
Aus der II. chirurgischen Abteilung des Rudolf Yirchow-Kranken-
hauses Berlin (Dirigierender Arzt: Prof. Unger.
Appendizitis und AbfĂŒhrmittel.
Von Dr. Kurt Wohlgemuth, Oberarzt.
Eine Reihe von AppendizitisfÀllen, deren schwerer Vor-
auf und teilweise unglĂŒcklicher Ausgang auf die Darreichung
on AbfĂŒhrmitteln zurĂŒckzufĂŒhren ist, geben Veranlassung,
auf die Gefahren dieser unzweckmĂ€Ăigen Behandlung hinzu-
eisen. Zwar wird in allen LehrbĂŒchern nicht nur der
hirurgie, sondern auch der inneren Medizin und der Phar-
makologie darauf hingewiesen, daĂ bei peritonitischen Reiz-
erscheinungen die Anwendung von AbfĂŒhrmitteln durchaus
kontraindiziert ist; und doch wird in der Praxis zum Scha-
den der Patienten hĂ€ufig gegen diese Vorschrift verstoĂen.
Einen guten Teil Schuld an dieser falschen Behandlung trÀgt
vielleicht eine hĂ€ufig miĂverstandene AeuĂerung Sonnen-
burg's; er schreibt in seiner âPathologie und Therapie der
Perityphlitis" (1913): âSolange bei der Appendicitis acuta das
Peritoneum sich nicht beteiligt, die entzĂŒndliche, in diesem
alle meist katarrhalische Erkrankung sich im Innern der
ppendix abspielt und nachweisbar an eine zu gleicher Zeit
estehende Enteritis oder Kolitis anschlieĂt, solange liegt kein
Grund vor, diese Erkrankung nach anderen GrundsÀtzen zu
behandeln, als denjenigen der anderen Darmabschnitte, d. h.
mit AbfĂŒhrmitteln." Der erste Teil dieses Satzes wird nun
hĂ€ufig ĂŒbersehen oder nicht genug gewĂŒrdigt und die Grund-
bedingungen, unter denen Sonnenburg eine solche Ab-
fĂŒhrbehandlung zulĂ€Ăt, nĂ€mlich das Fehlen peritonealer
Reizerscheinungen und der zeitliche AnschluĂ an eine Entero-
colitis, nicht beachtet; auĂerdem sollte diese Art der Behand-
lung nur fĂŒr die Klinik Geltung haben, wo wir âmit dem
Messer in der Hand" abwarten und in jedem Augenblick ein-
greifen können, wenn es erforderlich wird. â Zu welchen
schweren Folgen die wahllose Verabreichung von Laxantien
bei de/ Appendicitis fĂŒhren kann, sollen folgende innerhalb
von Vi Jahren beobachteten KrankheitsfÀlle zeigen:
Fall 1: E. IL, erkrankt am 17. 5. 21 mit plötzlichen heftigen
Leibschmerzen, Erbrechen, anfÀnglich Durchfall, dann Verstop-
fung; erhielt Ricinusöl. Nach Krankenhausaufnahme am 19. 5.
sofortige Operation. Befund: Appendicitis gangraenosa mit Per-
foration, lokale Peritonitis.
Fall 2: 0. G.t am 8. 5. 21 erkrankt mit Schmerzen in der
Nabelgegend; 18 Stunden Stuhl- und Windverhaltung; erhielt âAb-
fĂŒhrmittel". 10. 5.: Nach Aufnahme sofortige Operation: Appen-
dicitis gangraenosa, dicht vor der Perforation.
Fall 3: W. G., 30 Stunden vor Krankenhausaufnahme plötz-
lich erkrankt mit starken Leibschmerzen, Erbrechen, Stuhl- und
Windverhaltung. Als âMagendarmkĂ€tĂ€rrh" mit Ricinusöl be-
handelt; darauf Verschlimmerung des Zustandes. 30. 7. 21. Nach
Einlieferung sofortige Operation. Befund: Schleimhaut des Wurm-
fortsatzes völlig destruiert, Lumen prall mit Eiler gefĂŒllt.
Fall 1: M. F., 27. 8. 21, Krankheitsbeginn mit Leibschmer-
zen, Erbrechen, Stuhlverhaltung. Erhielt am 29. 8. Ricinusöl.
31. 8. Krankenhausaufnahme; sofortige Operation: Appendicitis
gangraenosa perforata: Peritonitis localis. 10. 9. Wegen Ileus
erscheinungen Anlegung einer Witzeischen Fistel am DĂŒnndarm
29. 9. Da per anum Stuhlgang erfolgt, operativer VerschluĂ der
Darmfistel; dabei wird ein Eilergang eröffnet, der zu einem
rechtsseitigen siibphrenischen AbszeĂ fĂŒhrt 5. 10. Kotfistel,
7, 10. Unter den /eichen der allgemeinen Kachexie Kxitus Oh
duklion nicht gestattet.
Fall 5: II L. 30 stunden vor Krankenhausaufnahme ei
krankt mit Schmerzen im rechten l'nterbaurh und Stuhlverha]
lung; nach Ricinusöl Durchfall und Erbrechen. 6. IX. 21. So
l'ortige Operation nach Aufnahme; Appendix völlig gangraenös,
Perforation an der- Basis; ein Kotstein frei in der Bauchhöhle
Peritonitis localis.
Fall 0; II. M. Am 7. 10. 21 mit plötzlichen heftigen Leib-
schmerzen erkrankt. Seil 11. 10. Erbrechen; erhielt trotz Diagnose
âAppendicitis"' Ricinusöl. 15. 10. Krankenhausaufnahme; sofortige
Operation: Wurmfortsatz völlig gangraenös. etwa in der' Mitte
vollkommen durchtrennt; groĂer jauchiger subhepatischer
AbszeĂ. IG. 10. Exitus. Obduktion: Peritonitis diffusa.
Fall 7: K. P. Erkrankt in der Nacht vom 30./31. 10. 21
mit Leibschmerzen, Stuhl- und Windverhaltung, bald darauf Er-
brechen; erhielt Ricinusöl. 1. 11. Sofortige Operation nach Auf-
nahme; Appendicitis gangraenosa; Gangraen der Loecalwand.
Fall 8: B. 27. 10. 21 mit plötzlichen Leibschmerzen und
Stuhlverhaltung erkrankt; erhielt Infus. Sennae. 29. X. Nach
Aufnahme sofort Operation: Appendicitis gangraenosa perforata
Fall 9: E. W. 24 Stunden vor Krankenhausaufnahme mil
plötzlichen Leibschmerzen rechts unten und Erbrechen erkrankt.
Nach Einnehmen von Kurella'schem Pulver wenig Stuhlgang.
15. 10. 21. Sofortige Operation: Appendicitis gangraenosa.
Fall 10: H. P. Am 1. 11. 21 plötzlich erkrankt mit Leib-
schmerzen und Erbrechen. Wegen Verdacht auf âTyphus" Ri-
cinusöl. Mehrere Male SchĂŒttelfrost. 13. 1. Krankenhausaufnahme.
GroĂer appendicitischer AbszeĂ zu fĂŒhlen. Da 2 Stunden nach
Aufnahme SchĂŒttelfrost auftritt, Operation: Eröffnung des
Abszesses, Appendix nicht entfernt. 21. 11. Dauernd hohes remit-
tierendes Fieber, SchĂŒttelfröste (Pyaemie); im Blut anhaemoly-
lische Staphylococcen. 23. 11. Operation: Eröffnung eines
Abszesses in der Bursa omentalis. 15. 12. Eröffnung eines
groĂen subhepatischen Abszesses. 16. 12. Exitus. (Obduktion
verboten.) â
Fall 11: .1. P. Am 27. 11. 21 plötzlich mit heftigen Leib-
schmerzen und Erbrechen erkrankt; erhielt âSchweizer Pillen"
zum AbfĂŒhren. .29. 11. Im Krankenhaus sofort Operation: Appen-
dicitis gangraenosa, Peritonitis localis, Gangraen der Coecal-
wand. 12. 12. Eröffnung eines Douglasabszesses.
Fall 12: K. H. Am 4. 12. 21 mit Leibschmerzen, Erbrechen
und Stuhlverhaltung erkrankt. Erhielt Ricinusöl und â AbfĂŒhrtee".
(i. 12. Nach Aufnahme sofortige Operation: Appendicitis gan-
graenosa mit Perforation.
Fall 13: F. J. Am 11. 12. 21 plötzlich mit heftigen Leib-
schmerzen, Erbrechen und Stuhlverhaltung erkrankt; erhielt Ri-
cinusöl. 13. 12. Sofortige Operation: Appendicitis gangraenosa
mit Perforation; ausgedehnte Netzgangraen; Peritonitis localis.
15. 12. bis 25. 12. Dauernd massenhaftes Erbrechen: Akute Ma-
genlĂ€hmung; durch MagenspĂŒlen etwa alle 3 Stunden behoben.
Fall 14; L. F. 27. 12. 21 heftige Stiche im rechten Unterleib
l'e.belkeit, Erbrechen. Erhielt Ricinusöl. 31. 12. Operation sofort
nach Aufnahme: Appendicitis gangraenosa perforata: Peritonitis
localis; Kotstein in der freien Bauchhöhle.
Fall 15: H. S. 27. 12. 21 erkrankt mit Leibschmerzen. Lehel
keit, Erbrechen, Stuhlverhaltung. 31. 12. Krankenhausaufnahme:
FaustgroĂer appendizitischer AbszeĂ. 5. 1. 22 Eröffnung des
Abszesses.
Fall 10: R. M. Am 3. 1. 22 mit Leibschmerzen und Er-
brechen erkrankt. Erhielt mehrmals Kurella'sches Pulver.
7. 1. Krankenhausaufnahme in desolatem Zustand; sofortige
Operation: Appendizitis gangraenosa perforata; Peritonitis diffusa
purulenta; ausgedehnte Netzgangraen. 11. 1. Exitus.
Fall 17; F. S. Am 20. 1. 22 mit Leibschmerzen, Erbrechen
und Stuhlverhaltung erkrankt. Ist 10 Tage (!) mit Einlaufen und
Ricinusöl behandelt. 30. 1. 22 Aufnahme in allerschwerstem Zu-
stand. Sofortige Operation: Peritonitis diffusa purulenta. 20. 2.
Plötzlicher Anfall von starkem Hustenreiz, Atemnot, Cyanose
^Lungenembolie?) und Exitus nach 10 Minuten. (Obduktion ver-
boten.)
Fall 18; W. W. 9. 2. 22 mit plötzliehen Schmerzen im rechten
Unterleib und Stuhlverhaltung erkrankt. Nahm Ricinusöl. 12. 2
Operation sofort nach Aufnahme: Appendizitischer AbszeĂ
23. 2. Blutig-seröses Pleuraexsudat; Atemnot; Cyanose: Lungen
infarkt (?) 27. 2. Exitus (Obduktion verboten).
Fall 19: R. S. Am 10. 2. 22 plötzlich mit Leibschmerzen und
Erbrechen erkrankt, Stuhlgang angehalten; erhielt Ricinusöl
42(>
Nourney: Immunbiologie
40. Jahrg. â Nr. 21 26.
14. 2. sofortige Operation nach Aufnahme: Appendizitis gangrae-
nosa perforata; Gangraen des Coeoums; Kotstein in der freien
Bauchhöhle; Peritonitis localis. 17. 2. Exitus (Obduktion ver-
boten).
WĂ€hrend dieser Beobachtungszeit von 9 Monaten kam nur ein
Fall in unsere Behandlung, der trotz Darreichung von AbfĂŒhr-
mitteln keine Komplikation aufwies:
Fall 20: E. B. 22. 7. 21 erkrankt mit starken Schmerzen
im rechten Unterleib. Erhielt Bicinusöl. 28. 7. Krankenhaus-
aufnahme. 3. 8. Operation: Appendizitis simplex.
Wir sehen, daĂ von diesen 20 FĂ€llen kein einziger den
beiden von Sonnenburg geforderten Vorbedingungen zur
AbfĂŒhrmittelbehandlung genĂŒgt. Die eine Forderung, daĂ
der EntzĂŒndungsprozeĂ auf die Schleimhaut begrenzt ist und
noch nicht auf die Serosa ĂŒbergegriffen hat, ist in dem Fall 20
erfĂŒllt. Die ĂŒbrigen 19 FĂ€lle zeigen schon alle anamnestisch
die Erscheinungen der peritonealen Reizimg, d., h. also das
Uebergreifen des entzĂŒndlichen Prozesses auf die Serosa.
Diese FÀlle hÀtten alle sofort einer chirurgischen Behandlung
zugefĂŒhrt werden mĂŒssen; ihre Prognose wĂ€re dann eine
wesentlich bessere gewesen.
Von diesen 20 FĂ€llen sind 7 gestorben: 35 %, ein er-
schreckend hoher Prozentsatz! In der gleichen Beobachtungs-
zeit wurden auf unserer Abteilung noch 126 FĂ€lle von Appen-
dizitis operiert, die nicht mit AbfĂŒhrmitteln vorbehandelt
waren; von diesen starben nur 4, das sind 3,17 %. AuĂer
dem Fall 20 mĂŒssen wir alle mit AbfĂŒhrmittel behandelten
als schwere und schwerste Formen bezeichnen, die zum Teil
mit Komplikationen einhergehen, die man sonst nur selten
sieht. Von den 19 angefĂŒhrten FĂ€llen handelte es sich 1 mal
um ein Empyem des Wurmfortsatzes, 4 mal um eine gan-
graenöse EntzĂŒndung dicht vor -der Perforation, 14 mal war
die Perforation bereits erfolgt; diese Perforation hatte nur
3 mal zu dem gĂŒnstigsten Ausgang, dem abgekapselten Abs-
zeĂ, gefĂŒhrt; dagegen 8 mal zu einer umschriebenen eitrigen
Peritonitis und 2 mal zur -freien diffusen Peritonitis. Kot-
steine wurden 3 mal in der freien Bauchhöhle gefunden. â
Von schweren, gröĂtenteils seltenen Komplikationen wurden
bei diesen FĂ€llen beobachtet:
Subphrenischer AbszeĂ . " . . .1
Subhepatischer AbszeĂ .... 2
DouglasabszeĂ 1
AbszeĂ in der Bursa omentalis . . 1
Pyaemie 1
Gangraen des Coecums .... 3
Ausgedehnte Netzgangraen ... 2
Akute MagenlÀhmung 1
Lungenembolie (Infarkt) .... 2
DaĂ die angefĂŒhrten FĂ€lle einen so schweren Verlauf
genommen haben, ist kein zufÀlliges Zusammentreffen. Die
Wirkung der AbfĂŒhrmittel besteht ja darin, daĂ sie einen
entzĂŒndlichen Reiz auf die Darmschleimhaut ausĂŒben, â
besonders wenn sie in gröĂeren Dosen verabreicht werden
â und daĂ sie die Peristaltik anregen. Es ist also leicht ver-
stĂ€ndlich, daĂ auf eine schon entzĂŒndete Darmschleimhaut
dieser Reiz umso schwerer wirkt; daĂ bei einer Gangraen
der Wand des Wurmfortsatzes an diesem locus minoris
resistentiae eine Perforation herbeigefĂŒhrt wird; daĂ schlieĂ-
lich durch die vermehrte Peristaltik schĂŒtzende Verklebungen
zerrissen werden und aus einer lokal begrenzten Peritonitis
eine diffuse werden kann. Vor kurzem sprach auch Bau-
man (Boston med. journ. Bd. 185) eine dringende Warnung
vor dem Ricinusöl aus, da es oft zu Perforationen Veran-
lassung gebe (âcastor-oil-appendizitis").
Der falschen Darreichung von AbfĂŒhrmitteln, die bei dem
gröĂten Teil unserer FĂ€lle vom Arzt verordnet wurden, liegt
natĂŒrlich hĂ€ufig zunĂ€chst ein diagnostischer Irrtum zu
grĂŒnde. Klagt ein Patient ĂŒber âVerstopfung", so erhĂ€lt er
ein AbfĂŒhrmittel, ohne daĂ die Ursache dieser Stuhlverhal-
tung festgestellt ist. In keinem Fall aber ist das Uebersehen
der Grunderkrankung von so schweren Folgen, wie bei der
akuten Appendizitis. Geht die Stuhlverhaltung mit plötzlich
einsetzenden, meist ziemlich heftigen Leibschmerzen einher
unter gleichzeitiger Uebelkeit und Erbrechen, d. h. mit an-
deren Worten: haben wir die Erscheinungen der peritonealen
Reizung, dann ist die Darreichung von AbfĂŒhrmitteln als ein
Kunstfehler zu bezeichnen, der unabsehbare Folgen fĂŒr den
Kranken haben kann. Wenn ĂŒberhaupt eine innere Thera-
pie in solchen FĂ€llen Berechtigung haben soll, so kann sie
doch nur in absoluter Ruhigstellung des Darmes bestehen.
Die richtigste Behandlung ist und bleibt aber die FrĂŒhope-
ration.
Zur Immunbiologie der Syphilis. II.
Von Geh. San.-Bat Dr. Nourney.
Im vorigen Jahr durfte ich in Hann. -MĂŒnden ĂŒber meine
Erfahrungen mit Eigenblutbehandlung bei chron. Infektions-
krankheiten mitteilen. Röpkes Bericht darĂŒber in der
âZeitschrift fĂŒr Bahn- und BahnkassenĂ€rzte in Nr. 11, 1921,
pag. 172, ist ihnen wohl bekannt.
Ueber das heutige Thema: âZur Immunbiologie der
Syphilis" habe ich schon einmal vor einer gröĂeren Zahl von
Kollegen gelegentlich eines Syphilis-Kursus im MĂ€rz d. J. in
Elberfeld gesprochen. Nicht als hervorragender Fachmann
auf diesem Spezialgebiete, sondern als Immunbiologe ver-
suchte ich, auch bei dieser Infektionskrankheit den Wert einer
Immunbehandlung zu beweisen. Diesen Vortrag finden Sie
gedruckt in Nr. 13 der âFortschritte der Medizin". Heut«'
will ich denselben nicht wieder aufwÀrmen, sondern nur kurz
den wesentlichen Gedankengang wiederholen und dann
einige neue Gesichtspunkte hinzufĂŒgen.
Ich habe schon mehrmals auf balmÀrztlichen Versamm-
lungen ĂŒber Immunbehandlung der Tuberkulose ge-
sprochen, auch eine Krankheit, wo die ImmunitĂ€tsvorgĂŒngi'
noch sehr verworren sind. Ich holle, daĂ eine Immun-
biologie der Syphilis eine sichere BrĂŒcke bilden wird, um
ĂŒber sie, wen sie einmal gegen die brandenden Wogen der
Meinungsverschiedenheiten fest fundiert ist, zu einer ge-
meinnĂŒtzigen Immuilbiologie der Tuberkulose zu gelangen.
Der Infektionserreger ist bei beiden Infektionen bekannt.
Die Wirkung der Spirochaeta pallida können wir meist auf
einem bis zur Infektion normal funktionierenden Organismus
beobachten. Der Werdegang einer Antoimmunisierung und
deren Bedeutung fĂŒr die endliche Heilung dieser ebenfalls
recht chronischen Erkrankung muĂ dadurch leichter erkenn-
bar sein als bei dem Tuberkelbazillus, wo die Infektion vor-
wiegend einen durch soziale MiĂverhĂ€ltnisse schon recht ge-
schÀdigten Organismus befÀllt.
Durch Analogie-SchlĂŒsse hielt ich es fĂŒr erwiesen, daĂ.
wie bei den Kuhpocken, auch die Syphilisimpfung sofort eine
Allgemeininfektion verursacht. Die verschiedenen sichtbaren
Erscheinungen an der Impfstelle: ihre in baldige Induration
ĂŒbergehende Papelbildung, die folgende seröse Exsudation
und die schlieĂliche suppurative Einschmelzung sind nur
verschiedene Reaktionsgrade einer anwachsenden ImmunitÀt,
wie wir es von dem Papel-BlÀschen-Pustelstadium bei der
Erstimpfung mit Kuhpocken beweisen können. Als Ver-
mehrungsstellen fĂŒr das infizierende Virus kommen sie nicht
in Betracht. Die Unkenntnis dieser naturgesetzlichen Er-
scheinungen ist der Grund dafĂŒr, daĂ die bisherigen immun-
therapeutischen Versuche bei der Lues zu einem negativen
Resultat kommen muĂten, und eine Serumtherapie nicht zu
einem berechtigten Dasein gelangen konnte.
Durch Anwendung des eigenen Blutes des Syphilitikers
nach der im vorigen Jahr Ihnen gezeigten Methode glaubte
ich all diese MiĂverstĂ€ndnisse aufklĂ€ren zu können und auf
einen Weg zu gelangen, mit Erfolg auch der Syphilisinfektion
auf immuntherapeutischen Wegen beizukommen.
Vor wenigen Wochen ist Querys Buch: Die Syphilis
Mikrobiologie-Serotherapie in deutscher Sprache erschienen.
Query, Docteur de la Faculte de Medecine de Paris, hal
mir dies Werk eigenschriftlich dediziert aus Dankbarkeit fĂŒr
die Anregungen, die er durch meine Eigenblutbehandlung er-
40. Jahrg. â Nr. 24/25.
Nourney: Immunbiologie
hallen hatte und als Antwort auf meinen Elberfelder Vortrag
../.ur Immunbiologie der Syphilis".
Ich habe noch viel neues und wissenswertes aus seiner
Abhandlung, welche so recht den Charakter einer Wiedergabe
der Erfahrungen internationaler Immuntherapeulen trÀgt,
gelernt. Besonders ist es die âWassermann"f rage, welche die
Zukunft der Syphilistherapie entscheiden wird. Die Wasser-
mann-RĂ€tsel, welche auch in der deutschen medizinischen
Literatur einen grollen Raum einnehmen, möchte ich heute
vor Ihnen zu lösen versuchen.
Wer Query s Buch liest, stöĂt sofort auf den unge-
heuren Gegensatz, welche!- in der Bewertung des Wassermann
fĂŒr den I m m u n therapeuten und den C h e m o therapeuten
besteht. Das Ziel der Chem o therapie ist, entweder z. B. bei
der FrĂŒhsyphilis so stark einzugreifen, daĂ ĂŒberhaupt die
Entwicklung eines positiven Wassermann vermieden wird,
per ein vorhandener positiver Wassermann negativ wird, in
der Hoffnung, daà dadurch die SpirochÀten einer spezifischen
Sterilisation zum Opfer gefallen sind.
Bei der Immuntherapie, mit z. B. Query-Serum, dagegen
wird ein noch negativer Wassermann eventuell gradezu
provokatorisch positiv und ein vorhandener positiver Wasser-
mann stÀrker positiv. Erst mit Abnahme nachweisbarer-
Krankheitssymptome wird er langsam aber stetig schwÀcher
'und erst mit völligem Verschwinden jeglicher Krankheits-
erscheinungen negativ. Diese Tatsachen berechtigen zu dem
SchluĂ, daĂ der Immuntherapeut die Infektion selbst, dagegen
der Chemotherapeut nur die Symptome behandelt, und daĂ
die WTassermann-Reaktion eine Immunreaktion ist.
Nehmen wir hierzu die Ansicht unserer bedeutendsten
deutschen Syphilisforscher, daà z. B. die SalvarsanschÀdi-
gungen nicht dem Salvarsan an sich zugeschrieben werden,
sondern einer dadurch verursachten Störung immunbiologi-
scher VorgÀnge, so erhalten wir ein so absolut neues Bild der
HeilungsvorgÀnge bei dieser Infektion, daà wir mit unseren
bisherigen chemischen Kampfmitteln nicht auskommen
können. Jedenfalls rĂŒckt der Gedanke nĂ€her, daĂ die endliche
Heilung auch bei der Chemotherapie nicht auf einer Sterili-
sation beruht, sondern nur auf immunbiologischer Grundlage
erfolgen kann.
Dies lĂ€Ăt sich aber auch beweisen. Der einer Chemo-
therapie verdankte negative Wassermann ist und bleibt unbe-
stÀndig. Haben wir es wirklich fertig gebracht, bei einer
FrĂŒhsyphilis das Auftreten des positiven Wassermann zu
verhindern, so sind wir dadurch doch niemals sicher, die In-
fektion koupiert zu haben. Sodann schlÀgt auch ein ent-
standener positiver Wassermann, mag er hoch so grĂŒndlich
durch Chemotherapie negativ geworden sein, fast regelmĂ€Ăig
ins positive wieder um. Im ersten Falf hatten wir durch
rigorose Salvarsananwendung die zur Heilung notwendige
Antoimmunisierung unterbunden, und im zweiten Fall hat
die naturgesetzmĂ€Ăige Immunbiologie der Syphilis die che-
mischen Schranken wieder durchbrochen.
Wie viel einheitlicher verlÀuft die VerÀnderung des
Wassermann bei der Serumbehandlung. Query macht kurz
hintereinander, in dringenden FÀllen sogar mehrmals tÀglich,
seine Serumeinspritzungen zu 2,0 bis zu 25 StĂŒck im ganzen
und betrachtet dann die Kur als geschlossen. Die endliche
Heilung der Infektion ĂŒberlĂ€Ăt er der Natur. Alle Vierteljahr
wird dann der Wassermann untersucht. Der zunÀchst noch
verstĂ€rkt positive Wassermann nimmt regelmĂ€Ăig ab, und
soll in 95 % nach etwa einem Jahr negativ geworden sein.
DaĂ dies wirklich eine Naturheilung ist, beweisen ihm die
FĂ€lle, wo nunmehr eine Syphilis neu erworben wurde. Aber
solche Reinfektionen waren so wenig bösartig, daà sie schon
mit wenigen Serumgaben geheilt wurden, ebenso wie die
FĂ€lle, welche nach einem Jahre noch einen schwach positiven
Wassermann zeigten. Doch die wunderbarsten Heilungen
erzielten Query und seine Nachfolger mit dem Serum bei
chronischen Àlteren Syphilitikern und hereditÀrer Syphilis.
Da ich ganz gleichwertige Erfolge mit meiner Eigenblutbe-
handlung erlebte, so scheint mir das Antoserum ein ganz
guter Ersatz von Querys kostspieligem Affenserum zu sein.
Wie ganz anders steht nun Query der ungelösten Frage
der Heiralskandidaten gegenĂŒber, wann sie nach einer In
fektion heiraten dĂŒrfen. Sein negativer Wassermann bat
eine ganz andere Bedeutung als der chemotherapeutische
negative Wassermann. Er kann eine sichere Antwort geben.
Der Chemotherapeul niemals.
Nun ist jede Beurteilung eines In jektionsverfahrens nach
seiner spezifischen Wirkung bin unsicher, seitdem wir die
tiefgreifenden Wirkungen der Eigenblutinjektion kennen ge-
lernt haben; lĂ€Ăt sich jedoch keine Injektion mit irgendeine)]!
Mittel machen, auch mit Query-Serum nicht, ohne daĂ
Eigenblut zur Wirkung gelangt. Das hat aber auch eine gute
Seite. Je kleiner der Mensch ist, um so schw ieriger wird die
Entnahme des Venenblutes. Als Ersatz der Venenblutent-
nahme versuchte ich die Bildung subkutaner Blutaustritte
bei kleineren Kindern und SĂ€uglingen herzustellen. Am ein-
fachsten erwies sich mir der 3 % Karholleberiran. 0,3 bis 0,5
Gramm spritzte ich zwischen den SchulterblÀttern ins Muskel-
gewebe ein. Die Wirkung auf skrofulöse Hauterkrankungen
war ganz verblĂŒffend und jetzt ebenso auf die pĂ€datrofischen
SĂ€uglinge, die ich fĂŒr hereditĂ€r syphilitisch hielt; sie lebten
geradezu auf.
Query macht, wie erwÀhnt, eine Serie bis zu 25 Serum -
einspritzungen. Ich mache, wie Sie wissen, nur alle vier
Wochen etwa, eine Eigenbluteinspritzung, da mir hÀufigere
Eingriffe in die ImmunitÀtsentwicklung anergisch zu werden
schienen. Interessant war mir daher, aus den mitgeteilten
Krankengeschichten Querys zu ersehen, daĂ meist schon
nach den ersten Injektionen jene wunderbaren Besserungen
begannen, und die ganze Serie von 25 nicht nötig wurde. Die
kĂŒrzeste Krankengeschichte will ich wörtlich mitteilen:
Syphilitische Meningitis. Lieber Kollege! Ich be-
handle ein kleines MĂ€dchen von 3 Monaten auf Meningitis
mit Konvulsionen. Eine Spritze genĂŒgte, alles zu heilen.
Schicken Sie mir bitte neue Flaschen. Dr. C , Cannes.
(Query, pag, 273.)
Leider wird die zunÀchst schmerzlose Lebertran-In-
jektionsstelle an dem folgenden Tage meist recht schmerzhaft.
Die Erfolge nach einer Eigenblutgabe haben mich immer
mehr befriedigt, wenn auch nicht alle Hoffnungen erfĂŒllt sind.
Jedenfalls ergibt sich aus dem Mitgeteilten, daĂ die Wasser-
mannreaktion als Gradmesser fĂŒr eine heilende Wirkung
eines Mittels bei der luetischen Infektion nichts gelten kann.
Die VerstÀrkung des positiven Wesselmann, die so hÀufige
provokatorische Wirkung bei fehlendem, oder steigernde
Wirkung auf vorhandene Raaktionserscheinungen bei jedem
immunbiologischen Heilverfahren beweisen, daĂ wir uns
hier im Rahmen einer Naturheilung bewegen. GewiĂ ist
noch lÀngst nicht alles aufgeklÀrt, auch werden wir dankbar
die Anregung und StÀrkung biologischer KrÀfte durch chemo-
therapeutische Mittel begrĂŒĂen, aber mit solchen der Natur
entgegen zu arbeiten, ihr segensreiches Wirken zu unter-
binden, dazu kann ich mich nicht entschlieĂen.
Wrelches Licht wirft nun diese Immunbiologie der
Syphilis auf eine immunbiologische Behandlung der Tuber-
kulose. Röpke hat in seinem Referat ĂŒber meinen Vortrag
in Hann. -MĂŒnden sich mit der Angabe begnĂŒgt: âAeltere
Tuberkuloseherde in den Lungen, Knochen usw. sind mit
seltenen und kleinsten Gaben (Eigenblut) anaphylaktisierend
zu behandeln." Die Worte âmit kleinsten Gaben" sind wohl
aus seiner ablehnenden Stellung gegen meine kleinsten Tu-
berkulingaben entstanden, die ich schon ĂŒber dreiĂig Jahre
versuchte. Bei Eigenblut gebrauche ich keine âkleinsten
Gaben", wenn ich auch die Untersuchung fĂŒr erwĂŒnscht
halte, ob die nicht seltenen anaphylaktischen Reaktionen bei
tuberkulösen Organerkrankungen besonders im jugendlichen
Alter â ich erwĂ€hne nur die Augenerkrankungen und die
ausgedehnten exsudativen Dermatitiden â durch eine
kleinere Venenblutgabe vermieden werden können. Eine wirk-
liche SchÀdigung habe ich freilich noch nicht beobachtet.
Provokatorische Wirkungen des Eigenblutes bei der
Syphilis werden immer mehr bestÀtigt. Sie gleichen absolut
den sogenannten Herxheimerschen Reaktionen nach Sal-
Funck: Reiztherapie mit EiweiĂabbauprodukten 40. Jahrg. â Nr. 24/25.
428
\ arsaneinspritzung. Sie sind als ImmunitÀtsreaktionen zu
bewerten. Als solche erweisen sie sich besonders dadurch,
daĂ sie je nach dem Grade eines bestehenden Immunzu-
standes ihre ganz charakteristische Form haben, im Sinne
eines Aufstiegs auf der ImmunitÀtsskala, wie ich sie in
Hann. MĂŒnden im vorigen Jahre fĂŒr alle InfektionszustĂ€nde
an der Entwickelung der Kuhpocken zeigte.
Wenn wir nun gesehen haben, daĂ von chemothera-
peutischer Seite ein negativer Wassermann erstrebt wird mit
möglichst schneller Heilung vorhandener lokaler spezifischer
Reaktionserscheinungen oder innerer Organstörungen, daĂ
also ein anergischer Zustand kĂŒnstlich erzeugt wird,
natĂŒrlich auch durch biologische VorgĂ€nge â aber von der
Innnuntherapie eln allergischer evtl. bis zur Anaphylaxie
gesteigerter Reaktionszustand nicht gefĂŒrchtet wird â , so
wird auch in der Tuberkulosefrage der Streit zwischen Aller-
gisten und Anergisten durch RerĂŒcksichtigung der Immun-
biologie der Tuberkulose zur Entscheidung kommen mĂŒssen.
Es ist manchem besonders schmerzlich, von alten lieb-
gewordenen Regriffen scheiden zu mĂŒssen. Den Glauben an
die Existenz der Immunkörper, Antikörper der Antigene
samt den Partialantigenen, an die Toxine und ihre Anti-
toxine und dergl. habe ich verloren.
Wenn Kaspar Li man in seinem Werk ĂŒber gericht-
liche Medizin bei dem Kapitel ĂŒber Gifte die Unmöglichkeit
einer Regriffsbestimmung des âWas ist Gift?", so launig
zeigt, so gilt es jetzt, den korpuskulÀren TrÀger eines physio-
logischen Vorganges von solchen materiellen Regriffen zu
trennen und rein biologische Wirkungen als köstliche Im-
munitÀtsgabe der Natur zu bewundern. Sie sind neue
LebensĂ€uĂerungen, die mehr dem anzugliedern sind, was in
dem Wrort âHormone" zusammengefaĂt wird.
Röpke ist bekanntlich Anergist. Er hÀlt eine durch
Tuberkulin hergestellte Unempfindlichkeit gegen Tuberkulin
fĂŒr einen erstrebenswerten Heilungszustand.
Diesen reaktionslosen Zustand bei der Tuberkulose
möchte ich in Analogie setzen zu dem chemobiologisch er-
zeugten negativen Wassermann. Beide haben recht geringe
BestÀndigkeit. Ueber die pathologisch anatomischen Grund-
lagen will ich mich heute bei der KĂŒrze der Zeit nicht fest-
legen, dazu gehört eine reichere Erfahrung und ein kriti-
scher Geist, wie ihn der Altmeister V i r c h o w besaĂ, der
die erste Tuberkulin-Aera so meisterlich ad absurdum fĂŒhrte.
Entschuldigen Sie, wenn ich diese immunbiologische
Betrachtung der Tuberkulose mit der Immunbiologie der
Syphilis verknĂŒpft habe. Es soll kein Kampf sein gegen die
uns von Röpke gegebenen Richtlinien in der Rehandlung
der Tuberkulose. Mein Ziel ist, in all diesen Streitfragen zu
einem den Naturgesetzen entsprechenden Resultat zu kom-
men, und dazu halte ich die diagnostische Seite der Eigen -
blutwirkung in ganz hervorragender Weise berufen.
Die Mangelhaftigkeit der noch schulgemĂ€Ăen Behand-
lungsmethoden bei beiden Infektionen beweist nichts schla-
gender, als die unzÀhlige Zahl der TuberkulinprÀparate und
die immer neu erfundenen Arsenverbindungen.
Wie beruhigend schwebt ĂŒber all diesem Wirrwarr die
ImmunitÀt, die sich entwickelt nach ewigen Naturgesetzen.
Auf diese ImmunitÀt immer wieder hinzuweisen, war mein
dreiĂigjĂ€hriger Kampf gegen anergisch wirkende Tuber-
kulinkuren. Eine auf denselben Naturgesetzen beruhende
Immunbiologie der Syphilis wird, so hoffe ich, diesen Kampf
zu einem fĂŒr unsere Kranken segensreichen Ende fĂŒhren!
Ăber die Grundlagen oraler unabgestimmter
und spezifischer Reiztherapie mit EiweiĂabbau=
Produkten.
Von Dr. F u nck, Cöln.
Aus Reobaehtungen und Analysen pathologisch-physio-
logischer VorgÀnge können Grundlage, Methodik und
Initiative fĂŒr die Therapie gewonnen werden. Das Axiom, daĂ
nie EiweiĂe im Darm ausnahmslos bis zu niederen Amino-
sÀuren, neutralen Rausteinen abgebaut, resorbiert und jen-
seits zum Aufbau verwandt werden, ist wohl schon lange
stillschweigend zu den Akten gelegt worden, wenngleich sich
in maĂgeblichen LehrbĂŒchern der normalen, wie der patho
logischen Physiologie nur verwaschene Andeutungen ĂŒbel
diese Frage finden, und nur die Resorption von direkten oder
indirekten Produkten bakterieller TĂ€tigkeit, sowie von FĂ€ul-
nisprodukten erörtert wird.
Nachdem schon lange bei SĂ€uglingen und Kindern die
Resorption körper- und artfremder EiweiĂe bei teilweise
auĂerordentlich geringen pathologischen VerĂ€nderungen der
Darmwand und die groĂe pathogene Redeutung dieses Vor-
ganges fĂŒr den Gesamlorganismus von vielen Autoren (1)
erkannt wurde, betonte Funck (2) die Wichtigkeit solcher
VorgÀnge bei der Entstehung von Stoffwechselkrankheiten
und wies die Abbausteine artfremder EiweiĂe (die also auch
die Leberbarriere passiert hatten) mehrfach im Serum von
Magendarmkranken, speziell Diabetikern nach. Ein weiterer
groĂer, allerdings in kleine Etappen erreichter Fortschritt war
die Erkenntnis, daĂ allgemein nicht erhebliche, die physio-
logischen Variationsbreiten nicht ĂŒberschreitende und nicht
als solche erkennbare Abweichungen einzelner Funktionen
des Resorptions- und Stoffwechselapparates eine Passage
nicht-neutraler EiweiĂabbaustofl'e durch die Rarriere der
Darmwand und Leber zur Folge haben können; ich erinnere
nur an die zahlreichen Arbeiten von Widal (3) und seinen
NachprĂŒfern und Mitarbeitern (die Frage der Leberfunktions-
prĂŒfung schaltet bei unserer Betrachtung aus, ebenso die
Frage ĂŒber die GröĂe der passierenden Abbauformen, ob
Albumosen, Peptone usw.) ĂŒber die hĂ€moklasische Krise, die
ja eine Art anaphylaktischer Schock auf enteral-parenteral
zugefĂŒhrtes EiweiĂ darstellt. Auch ein groĂer Teil der unter
alimentÀrer Intoxikation, Urtikaria ex ingestis, Idiosynkrasie
gegen bestimmte Speisen usw. begriffenen Reobaehtungen
zeigen den Uebergang spezifischer fĂŒr den Organismus durch-
aus differenter Stoffe durch eine nicht erkenntlich krankhaft
verÀnderte Darmschleimhaut und Durchbrechung des an-
scheinend nur lockeren Leberkordons.
Der Versuch, diesen Uebergang körperfremder, besser ge-
sagt, nicht absolut neutraler EiweiĂabbaustufen durch die
Darmwand ins Blut systematisch-therapeutisch zu verwerten,
liegt in der Zeit der parenteralen unspezifischen EiweiĂbe-
handlung nahe, zumal auf diesem Wege den Forderungen des
A r n d t ' sehen biologischen Grundgesetzes wesentlich voll-
kommener Rechnung getragen werden kann, als bei Einver-
leibung des Reizkörpers durch Injektion. Einen bedeutenden
Schritt nĂ€her kommen â wohl in Anlehnung an eine
Reihe von Ergebnissen der Widal' sehen Schule und in
Uebereinstimmung mit F u nck, in der Erkenntnis, daĂ die
Barriere auch funktionell gesunder Darmschleimhaut und
Leber durch nicht neutrale EiweiĂabbauprodukte ĂŒberwunden
wird, W a t e 1 e t und seine Mitarbeiter, die u. a. auf Anaphy-
laxie beruhendes Asthma duTch vor den Mahlzeiten gegebene
antianaphylaktiseh wirkende kleine Peptonmengen kupier
ten. Es gibt also Nahrungsstoffe, die als Ding an sich (auch
wenn sie nicht TrÀger von Vitaminen u. a. sind) hier bei
einem speziellen pathologischen Zustand therapeutisch aktiv
sind, und es ist nach Erweis dieser Tatsache als weiterer
Fortschritt die Kombination derartiger Wirkung mit
spezifischer (Organ -)Therapie im Sinne Much's d. h. nicht
als Ersatz fĂŒr ausfallende Organprodukte, sondern als
spezifische Reiztherapie bei Sub- oder Dysfunktion einzelner
Zellgruppen möglich und erstrebenswert,') quasi die Kom-
bination des hu m oralen mit dem zellulÀren
Proble in. Eine systematische enterale Therapie mit organ-
eigenen AminosĂ€urekomplexen aus tierischem EiweiĂ
Die zuerst von Z u n t z unternommenen diesbezĂŒglichen
Versuche mit ZufĂŒhrung von Auf Spaltungsprodukten Haar-
peplonen und AminosÀuren) ergaben nach dem Autor und zahl-
reichen Kontrollreihen eine zweifellos erhöhte Vollausbeute bei
Schafen, erfahren jedoch in ihrer Ausdeutung und Bewertung
durch A b der h aide n und V ertheime r (VII. u. VIII. Mitt.
PflĂŒger 's Archiv 191, IX. u. X. Aiitt. ebenda. 192. Heft Ii"»
eine wesentliche EinschrÀnkung
\0. Jahrg. â Nr. 24/25.
Funck: Reiztherapie mit EiweiĂabbauprodukten
(Eatinen) bei tuberkulöser Erkrankung entsprechender
Organe unternimmt Haff (5) und, abgesehen von den an
Erheblichem Material festgestellten therapeutischen Erfolgen,
Interessieren vor allem die objektiven Reaktionszeichen, wie
u a. betrÀchtliche Steigerung der Sekretion aus Wunden usw.
Die Versuche können in ihrer Art und MentalitÀt zusam-
men mit den von W a t e I e t , W i d a 1 und F u n e k auf
anderen Gebieten erreichten therapeutischen Ergebnissen als
riterlagen einer neuen organotherapeutischen Protein- oder
chtiger gesagt, Reiztherapie gelten. Noch in dieses (leidet
den NĂ€hrmittel organotherapeutischen Charakters, wie z. B.
n aus frischem Gehirn gewonnenes NÀhrprÀparat, das die
ezifischen QualitÀten und den nativen Charakter, der
diesem Organ wesentlichen und spezifischen Stolle unver-
Àndert enthÀlt; nicht hierzu gehören Bestrebungen, wie sie
L o e n i n g und V a h 1 e n (G) unter Organtherapie de?
Diabetes schildern, indem sie das aus dem Pankreas darge
stellte, den Zuckerabbau fördernde Pankreasmetabolin durch
Hefemetabolin ersetzen â eine Ersatz-, aber keine
aktive Organreiztherapie; nicht dazu rechne ich
auch die orale Reiztherapie durch unspezifischen Plasma-
zerfall hervorrufende Medikamente, unter denen Yatren und
Methylenblau wohl nur zufÀllig die bekanntesten sind.
Ein weiterer Faktor der oralen Proteintherapie ist von
anderen Autoren M i ge o d (7), Funck (8) als therapeuti-
sches Agens berĂŒcksichtigt, nĂ€mlich die Herabsetzung des
Blutdruckes durch orale-parenterale Proteinzufuhr. Nach
manchen Beobachtungen, beispielsweise nach den bekannten
Feststellungen langandauernder blutdrucksenkender Wirkung
der Venaesation, selbst bei geringster QuantitÀt der Blut-
entziehung (als Folge der dabei frei werdenden Zellzerfall-
produkte) und nach den hÀufigen Feststellungen der lang-
andauernden depressorischen Wirkung von intercurrenten
Infektionen in FÀllen von erhöhtem Blutdruck; infolge der
dabei freiwerdenden Zellzerfallsprodukte und blutfremden
EiweiĂabbauprodukte, waren die pathologisch-physiologi-
schen Unterlagen gegeben:
Durch Kombination unspezifischer, zugleich blutdruck-
senkender Reize z. B. bei HĂ€molyse entstehender Zer-
fallprodukte, die Bier (9) schon vor Anfang dieses Jahr-
hunderts in seinen Arbeiten ĂŒber HyperĂ€mie als besonders
wirksame Reizstoffe schildert, mit aus Intima und Media ge-
wonnenen Organextrakten wird eine orale Organotherapie,
erstrebt die (bei Arteriosklerose und Hypertonie) zugleich
blutdrucksenkend und organotrop (in diesem Falle auf
Intima und Media gerichtet) wirken soll. Die Autoren dieser
Methodik nehmen im Gegensatz zu Haff und der B i e r -
sehen Schule auf Grund der bei Diabetikern gemachten Beob-
achtungen an, daĂ eine wesentliche, im Alter allerdings meist
vorhandene und die Arterioskleroseerkrankungen begleitende
Insuffizienz der Darmmukosa und der Leberbarriere Vorbe-
dingung fĂŒr die Passage nicht völlig abgebauter EiweiĂ-
körper sei, wÀhrend Haff, Watelet und die meisten
andern Autoren auch die normale Darmmukosa fĂŒr diese Ei-
weiĂabbausteine fĂŒr durchlĂ€ssig halten.
Diese Frage der Vorbedingungen zu klĂ€ren, ist natĂŒrlich
wichtig, sowohl fĂŒr die objektive BegrĂŒndung der oralen
Reiztherapie als fĂŒr die Beurteilung der Aussichten ihrer An-
wendung. Sie wÀhlten dazu die vergleichende Messung der
SuspensionsstabilitÀt der roten Blutkörperchen als physiko-
chemische Untersuchungsmethode. Bekanntlich (10) ist die
Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit in der Schwanger-
schaft und zwar mit VorrĂŒcken der Schwangerschaft gesetz-
mĂ€Ăig steigend beschleunigt, in Ă€hnlicher Weise bei Fieber
und infektiösen Prozessen â also VorgĂ€ngen, bei welchen
blutfremde EiweiĂstoffe in die Bluthahn gelangen. Gleich-
sinnig weist Lohr (11) nach intramuskulÀrer und intra-
venöser Injektion von EiweiĂabbaustoffen nach kurzer Zeit
Beschleunigung der Sedimentierung nach.
Bei den folgenden Versuchen wurden Personen unter
15 Jahren sow ie ĂŒber 60 Jahren, weihliche Personen (Gravidi-
tÀt, Menses), Personen mit infektiösen, fieberhaften und
offenbaren Magendarm- und Leberkrankheiten und ĂŒber-
haupt solche, bei welchen die normale Dichtigkeit der Darm-
schleimhaut oder Leberbarriere als lÀdiert anzunehmen war,
ausgeschlossen.
Es wurde benutzt l. als unspezifischer Reizstoff ein durch
Hydrolyse bis zu AminosÀuren abgebautes Eiweià verschie-
dene^ tierischer Organe, gemischt. 2. als spezifischer Reiz-
stolf verbunden mit einem unspezifischen Faktor: ein von
den organotherapeutischen Werken Neuenkirchen uns
zur VerfĂŒgung gestelltes Produkt, gewonnen aus Abbaupro-
dukten von Serum und roten Blutzellen, verbunden mit Aus-
zĂŒgen aus Intima und Media von SĂ€ugetieren derselben
Tierart.
Die Reizstoffe wurden Nr. 1 in der Menge von 1 bis
3 gr, Nr. 2 in der Menge von bis 0,1 gr in indifferenten
Vehikeln dreimal tÀglich Stunde vor den Mahlzeiten ge-
geben. WĂ€hrend der Versuchszeit, 20 Tage vorher und
20 Tage nachher wurde bis auf geringe Abweichungen gleich-
artige Kost (besonders was N. und Na Gl.-Gehalt betrifft),
eingehalten. Die Versuchsdauer selbst betrug 20 Tage.
Es sei hervorgehoben, daĂ es sich nicht so um therapeu-
tische Feststellungen, als vielmehr um die Schaffung gene-
reller Unterlagen fĂŒr evtl. neue biologisch-therapeutische Ge
sichtspunkte und biologische NachprĂŒfung der von Haff,
Brauer, B i c r , F u n c k (1. c.) und vor allem Watelet
(1. c.) ihren berichteten therapeutischen Erfolgen unterge-
legten physiologischen bezw. physikalisch-pathologischen
Voraussetzungen handelt. Einer weiteren in Arbeit befind-
lichen Untersuchung bleibt es vorbehalten, festzustellen, in
wieweit die nachbeschriebenen VerÀnderungen auf direkte
Wirkung der verabreichten Versuchsmittel, oder vielmehr
auf Wirkung etwaiger Zellzerfallsprodukte 2U setzen ist, in-
wieweit die Bewegung des A rne t h ' sehen Blutbildes mit
der Kurve der VerÀnderimg der Senkungsgeschwindigkeit
gleichlÀufig ist usw.
Ergebnis: Ad 1. Es wurde nach 2â4 Tagen eine
deutliche Beschleunigung der Sedimentierung festgestellt und
zwar in den zwei ausgeprÀgtesten FÀllen im VerhÀltnis von
6 : 1, in sechs FĂ€llen bis 4 : 1 und in den ĂŒbrigen zwei
FĂ€llen 3 :1.
Ad 2. Es wurde nach 2â4 Tagen in sechs FĂ€llen eine
Sedimentierungsbeschleunigung von 8:1, in zwei FĂ€llen von
6 : 1, in zwei FĂ€llen von 5 : 1 erzielt.
Bei 1. hielt die VerÀnderung im Durchschnitt bis zu
10 Tagen an, um dann rasch abzufallen; bei 2. bestand sie in
allen FÀllen am 10. Tag fast unverÀndert.
Eine deutliche vorĂŒbergehende Leukopenie mit darauf
einsetzender Leukozytose wurde bei 1. und 2. beobachtet und
zwar in ihrer IntensitÀt proportional der Sedimentierungsbe-
schleunigung, jedoch verlÀuft die Kurve der Leukozyten -
Schwankung bei 2. wesentlich steiler als bei 1. Differential-
AuszÀhlung wurde nicht vorgenommen.
Wichtig sind die Wirkungen der Versuche auf den Blut-
druck:
Bei Versuch 1. befanden sich 4 Personen ĂŒber 45 Jahre
mit Blutdruck (nĂŒchtern) von 140 bis 165 mm. Nach Ablauf
der Versuchsdauer sowohl als nach Ablauf der 20 Nach-
beobachtungstage war der Blutdruck bei zwei dieser Ver-
suchspersonen um 5 bezw. 10 mm niedriger als bei Ablaut
der 20 Vorbeobachtungstage.
Bei 2. wurden (mit Absicht) 6 Personen ĂŒber 45 Jahre mit
Blutdruck bis 175 mm zu den Versuchen herangezogen. Hier
war eine Blutdruckherabsetzimg von im Durchschnitt
2 5 mm, in zwei FĂ€llen 3 0 und 3 5 mm nach Ab-
lauf der Nachbeobachtungstage festzustellen.
Es wurde also bei wesentlich geringerer Dosierung ge-
genĂŒber dem VersuchsnĂŒttel Nr. 1 eine wesentlich stĂ€rkere
Herabsetzung des zum Teil pathologisch erhöhten Blut-
druckes erzielt und diese depressorische Wirkung wird dieser
Kombination von OrganprÀparat und oraler Reiztherapie
(OrganprĂ€parat âAnimasa") in der Tat als spezifische Wir-
kung durch klinische Mitteilungen anderer Autoren (1. c.) be-
stÀtigt. Auf die Wichtigkeit der daraus sich ergebenden
430 Schild: Modifikation des Spekulums 40. Jahrg. â Nr. 21 25;
SchluĂfolgerungen quoad Organtherapie der GefĂ€Ăerkrankun-
gen soll an dieser Stelle nur hingewiesen werden.
Nach Erledigung der fundamentalen Frage, oh eine orale
spezifische (Organ-) und unspezifische Reiztherapie möglich
ist, bleiben eine Reihe von Fragen des W i e offen, vor allem,
in welcher Weise einzelne EiweiĂabbauprĂ€parate oral-
therapeutisch am zweckmĂ€Ăigsten angewandt werden (ob
kontinuierlich, in Reizstöfien usw.), ob die Verbindung
von unspezifisch-wirkenden Reizstoffen und OrganprÀparaten
auĂer in der oben erwĂ€hnten, auch in anderer Variation Er-
folg verspricht usw.
Z u s a m m e n f assung :
1. Die Möglichkeit einer oralen, unspezifischen Reiz-
therapie durch abgebaute EiweiĂstoĂe, wie sie W i d a 1,
Watelet u. a. beschreiben, ist physiko- chemisch
nachweisbar.
2. Eine Kombination dieser Therapie mit Organ -
therapie, also eine spezifische Reiztherapie ist möglich
und in einem Falle (Animasa) in einer deutlichen spe-
zifischen Wirkung nachgewiesen. Die bei diesem Ver-
such festgestellte besonders starke Senkung des Blut-
druckes ist im Vergleich zu Versuchen mit ausschlieĂ-
lich abgebauten EiweiĂstoffen (unabgestimmte Reiz-
therapie) so deutlich, daĂ sie als eine spezifische
Reaktion des den Blutdruck wesentlich
beinflussenden GefĂ€Ăsystems auf einen
âspezifischen, also organotherapeu ti-
schen Faktor aufgefaĂt werden muĂ.
3. Die orale Reiztherapie ist in FĂ€llen akuter Erkran-
kungen wegen ihrer langsam eintretenden Wirkung
k-o n t r a i n d i z i e r t ; dagegen ist sie bei chronischen
Erkrankungen besonders bei c h ronischen Er-
krankungen subtiler Organe (GefĂ€Ă-
system, Zentralnervensyste m) d i r e k t
und vorzugsweise indiziert.
4. Es ist Sache weiterer Versuche, ob durch Einlegung
von Intervallen, Modifikation der Dosierung mit Reiz-
stöĂen usw. eine noch intensivere Wirkung auf die
erkrankten Zellgruppen erreicht werden kann.
Literatur':
1. Uffenheimer: Jahrbuch f. Kinderheilkunde 63, 64:
Römer und Much 64; Moro: MĂŒnch, med. W.-Schr. 1900,
Nr. 5, Jahrbuch f. Kinderheilkunde 1921, 94: Lust, ebenda
1913, 78, u. a.
2. Fun'ck : BeitrÀge zur Klinik der Infektionskrankheiten und
ImmunitÀtsforschung. (Hier findet sich umfangreiche
Literatur), 1913. II. Band.
Derselbe: Archiv f. Verdauungskr. 1914, Heft 4.
3. W i d a 1 : Presse medicale 1920, Nr. 91, 1921, Nr. 19.
4. W a t e 1 e t : Pr. med. 1921, 77.
5. Haff: Med. Klinik 1921, 25.
6. Loeningu. Vahlcn: D. Med. W.-Schr. 1922, 7.
7. M i p e o d : Medico 1921, 1.
8. Funck: Archiv f. Verdauungskr. 29, 3/4. 1922.
9. Biers, Prinz: Orale Reiztherapie, MĂŒnch, med. W.-Schr.
1921, 38.
10. Fahracus: Biochem. Zeitschr. 89, 355 (1918), u. a. Autoren.
LI Lohr : Klin. W.-Schr., 1922, 10.
Ueber eine Modifikation des Spekulums
nach Trelat.
Von Dr. Ferd. S c h i 1 d - Hörde.
Auf der Suche nach einem âselbsthaltenden" Spekulum
lieĂ ich mir das altbekannte Trelat sehe Modell durch die
1 irma Adolf Sumser in MĂŒnster umĂ€ndern. â Nament-
lich fĂŒr den praktischen Arzt ist bei manchen intrauterinen
Eingriffen, Auskratzungen, SpĂŒlungen, Aetzungen usw. â
speziell wenn sie in Narkose ausgefĂŒhrt werden â das leidige
Verrutschen oder sogar Hinauspressen des Spiegels eine un-
angenehme Erschwerung. Um diesem Uebelstande zu steuern,
scheint mir eine Aenderung des oberen Spiegelblattes emp-
pfehlenswert; zu diesem Zwecke habe ich dem oberen Blatte
vorn am Schnabel eine leichte AufwĂ€rtskrĂŒmmung geben
lassen, obendrein betrĂ€gt seine LĂ€nge nur 8K> cm gegenĂŒber
der des unteren Blattes von 10% cm. Durch diese VerkĂŒr-
zung des oberen Blattes einerseits und seinen nach auĂen
gebogenen Schnabel andererseits erreicht man ein gutes
âautomatisches" Festhalten hinter dem Schambein. Auch
lĂ€Ăt sich auf Grund dieser VerkĂŒrzung die angehakte Portio
l teri liefer nach unten ziehen und besser zu Gesicht bringen.
â Die EinfĂŒhrung des Instrumentes macht bei der geringen
KrĂŒmmung des kĂŒrzeren Blattes nach oben-auĂen keine
Schwierigkeiten. Um die Drehbewegung um die LĂ€ngsachse
zu verhindern, ist als Material fĂŒr die doppelte Schraubvor-
richtung das leichte Aluminium zu empfehlen. Nebenbei
will ich noch bemerken, daĂ sich das Spekulum auch in
(iieser Form auf kleinsten Umfang zusammenlegen und
leicht in der geburtshilflichen Tasche mitfĂŒhren lĂ€Ăt.
Standesfragen und soziale Medizin.
Vertragskommissionen und Krankenkassen.
Die Aerztekammer von Hessen-Nassau hat in ihrer Sitzung
vom 22. Januar eine NtuĂ€nderung der Bestimmungen ĂŒber die
GrundsÀtze der Vertragskommission vorgenommen. Die haupt-
sÀchlichste Aenderung der Bestimmungen bezieht sich auf die Bil-
dung je einer Vertragskommission fĂŒr jeden Regierungsbezirk,
wÀhrend bisher nur eine Kommission bestand. Von besonderer
Wichtigkeit ist § 3, der von den Aufgaben handelt. Aufgabe ist.
die Aerzte des Bezirkes zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen
Interessen und besonders zum einheitlichen Vorgehen behufs Er-
langung der den Aerzten gebĂŒhrenden Stellung gegenĂŒber den
Krankenkassen und anderen derartigen VerbÀnden zusammenzu-
schlieĂen, die bestehenden VertrĂ€ge gemÀà den âGrundsĂ€tzen" zu
gestalten und die abzuschlieĂenden VertrĂ€ge zu prĂŒfen. Die
âGrundsĂ€tze' nun verlangen, auĂer einer angemessenen Ver-
gĂŒtung, bei jeder sich bietenden Gelegenheit die EinfĂŒhrung der
freien Arztwahl. Geregelt wird die Art der Bewerbung und die
Form der VertrĂ€ge. FĂŒr die Honorierung wird in erster Linie
die Bezahlung der Einzelleistung angestrebt. Jeder Arzt hat eine
SchutzbĂŒndniserklĂ€rung abzugeben, die ihn der Aerztekammer
gegenĂŒber bindet.
Wir haben die die VertrÀge mit Krankenkassen betreffenden
Bestimmungen herausgeholt, weil sie von grundsÀtzlicher Be-
deutung sind. Sie stehen nÀmlich scheinbar im Widerspruch mit
dem sog. âBerliner Abkommen", das die VerbĂ€nde der Kranken-
kassen mit dem Leipziger Verband geschlossen haben. In diesem
Abkommen findet sich die Bestimmung, daĂ der AbschluĂ der
kassenÀrztlichen VertrÀge nicht von der Genehmigung anderer
Àrztlicher Organisationen abhÀngig gemacht werden soll. Die
Kassenvertreter folgern hieraus, und sie haben dieser Folgerung
öffentlich Ausdruck gegeben, daà die Vertragskommissionen der
Aerztekammern in die kassenÀrztlichen VertrÀge nichts darein zu
reden haben und daĂ die Aerzte nicht gehalten sind, sie ihnen
zur PrĂŒfung und Genehmigung zu unterbreiten. Nun kann man
darĂŒber im Zweifet sein, ob es ein glĂŒcklicher Augenblick war,
in dem der Leipziger Verband mit dieser Bestimmung sich ein-
verstanden erklÀrte, aber sachlich ist die Auffassung der Kassen
10. Jahrg. â Nr. 24/25.
Standesfragen und soziale Medizin
4!1
unhaltbar und die Bestimmung ohne jede rechtliche Wirkung.
Denn da die VertrÀge nicht nur mit der Àrztlichen Organisation,
sondern auch mit jedem einzelnen Arzt geschlossen werden, so
kann kein Arzt zum AbschluĂ des Vertrages gezwungen werden
und es steht ihm natĂŒrlich durchaus frei, sich bei der gesetz-
lichen Vertretung seines Standes Rat zu erholen. DemgemÀà liegt
auch fĂŒr die Vertragskommissionen kein AnlaĂ vor, zu Gunsten
der durch das Berliner Abkommen vorgesehenen Instanzen ab-
zudanken. Ks dĂŒrfte vielmehr nicht sollen ersprieĂlich sein, in
eine VertragsprĂŒfung von einem höheren Standpunkte, nĂ€mlich
vom Interessenstandpunkt der gesamten AerztcschaĂ, nicht nur
der KassenÀrzte einzutreten, zu der die gesetzliche Standesver-
firetung berufen ist. TatsÀchlich werden ja auch viele VertrÀge,
wenn auch nicht ohne Mitwirkung des Leipziger Verbandes, so
doch nicht mit ihm direkt abgeschlossen, wie es z. B. in einem
groĂen Teile SĂŒddeulschlands und in Berlin der Fall ist. Es wird
natĂŒrlich im Ă€rztlichen Interesse liegen, wenn die Vertragskom-
niissionen mit den Organen des Leipziger Verbandes Hand in
Hand gehen und eine Einigung ĂŒber etwaige differents Punkte
wird unschwer gelingen. In Berlin nimmt ein Vertreter der
Kanimervertragskommission dauernd an den Beratungen ĂŒber
kassenĂ€rztliche VertrĂ€ge teil. Jedenfalls mĂŒssen die Aer-zte-
kanimern bestrebt sein, den ihnen gesetzlich zustehenden EinfluĂ
auf dergl. VertrÀge nicht aus der Hand zu geben.
Alexander.
Die Regelung der Arbeitszeit fĂŒr die Krankenpflegepersonen.
In einer Sitzung des zustÀndigen Ausschusses des vorlÀufigen
Reichswirtschaftsrats hat sich das stÀndige Mitglied, Herr Dr.
-Herzau, ĂŒber die Einbeziehung der Krankenpflege unter die
TĂ€tigkeit der gewerblichen Arbeiter gutachtlich geĂ€uĂert. Er
hob hervor, daĂ ein Vergleich der Krankenpflegearbeit mit der
der gewerblichen Arbeiter nicht gezogen werden kann, weil diese
am Objekt, jene am Subjekt, und noch dazu am Kranken arbeiten.
In der Privatpflege seine eine 8 stĂŒndige Arbeitszeil schon aus
ökonomischen GrĂŒnden undurchfĂŒhrbar, weil die Kosten fĂŒr die
zeitlich reduzierte Pflege von einem groĂen Teile der Hilfesuchen-
den nicht aufzutreiben wÀren. Aber auch in der Krankenhaus-
pflege ist, abgesehen von den Kosten, die Teilung schwierig, weil
die KontinuitĂ€t der Behandlung schon fĂŒr die Berichterstattung
an den Arzt erforderlich ist. In dringenden FĂ€llen, z. B. bei Ent-
binelungen, Operationen, Blutungen wÀre ein plötzlicher Wechsel
des Personals geradezu verhÀngnisvoll.
(Eine Anfrage gleichen Inhalts, welche vor einiger Zeit vom
preuĂischen Wohlfahrtsminister an die Aerztekammer gerichtet
worden war, ist von elem Vorstand der Berliner Kammer in Àhn-
lichem Sinne beantwortet worden. Auch hier ist, wie von dem
Referenten, ausdrĂŒcklich betont worden, daĂ die durch die Um-
stÀnde nicht bedingte Ausnutzung der KrÀfte des Personals un-
bedingt verhĂŒtet werden muĂ.) A 1 e x a n d e r.
Der Brotpreis als Honorarindex.
Die Leisniger Aerzte (Sachsen) haben beschlossen, unter Zu
gruhdelegung des Friedenssatzes von 1914 den Brotpreis als Zu-
schlagsindex zu verwerten. Dieser BeschluĂ ist nicht praktisch.
D.enn der Brotpreis ist ein (inseitiger Faktor, der nicht imm r
Ausdruck der Lebenshaltung ist und nicht gleichmĂ€Ăig mit d< r
Lebenshaltung steigt und fÀllt. Nur ein Index, der ein vielfaches
System der UnterhaltsbedĂŒrfnisse umfaĂt, hat Anspruch als ge-
rechtes MaĂ zu gelten. Der Brotpreis wird auch nicht selten
kĂŒnstlich gehalten, z. B. durch ZuschĂŒsse der Gemeinden oder
Kreise. Am besten verwertbar, wenn auch nicht ganz einwand
frei, ist der Lebenshaltungsindex des Reichsstatistischen Amts,
doch hat er den Fehler, zu einer Zeit veröffentlicht zu werden,
wo die WertverhĂ€ltnisse der Indexzeil bereits Ăberholl sind.
A 1 e x a n d e r.
Krankenkasse.imitglieder und staatliche Polikliniken.
In Nr. 0 der Berliner Aerzlckorri spondenz bespriqhl Ver-
fasse r Dr. Axhausen die MiĂslĂ€nde, die allmĂ€hlich hei Gelegen-
heit der Behandlung von Krankenkassenmilglicelcrn in dm slaal
liehen Polikliniken sich geltend gemacht haben. Diese dienten
ursprĂŒnglich der Ă€rztlichen Versorgung Unbemittelter und der
Förderung des medizinischen Unterrichts. Die Behandlung war
kostenlos. Durch die Krankenversicherung isl nun allmÀhlich eine
anderweitige Versorgung der Kranken in so umfangreichem MaĂe
eingetreten, daĂ die Zahl der Hilfesuchenden erheblich abnahm
Zu dieser Abnahme trugen noch andere Momente wesentlich bei:
die Einrichtung von Rettungsstellen fĂŒr erste Hilfe in Berlin, die
Erhebung einer GebĂŒhr zur Deckung der Unkosten und vornehm
lieh, das Verbot der I eberw < isung und Behandlung von Kassi n
milgiiedern in den staatlichen Polikliniken, durch die Àrztliche
Organisation, die mit dem Krankenkassenverband in einem Ver
I ragsverhĂ€llnisse steht. SchlieĂlich b inden auch (Iii Kranken
kassen den Ersatz der liquidierten Unkosten ab. Durch diese
UmstÀnde lill die Frequenz der staatlichen Polikliniken so be-
trÀchtlich, daà ihr Zweck, die Ausbildung der Medizinstudierenden
\ollkommen illusorisch wurde. Ein Ausgleich dieser wider-
streitenden Interessen muĂte versucht werden und ist auf folgen-
der Grundlage zu Stande gekommen: Von der Verwendung der
staatlichen Polikliniken als offizielle kassenÀrztliche Sprechstelle
ist Abstand genommen. Zu Unterrichtszwecken dĂŒrfen Kassen
kranke untersucht und behandelt werden. Die Weiterbehandlung
soll nach Möglichkeit den KassenÀrzten verbleiben. Zur V.erwen
dĂŒng fĂŒr Unterrichtszwecke gehört das EinverstĂ€ndnis des Hilfe-
suchenden. Die Behandlung muĂ kostenlos sein, die Kosten-
rechnung darf nur zur Deckung der Unkosten dienen. In den
Polikliniken dĂŒrfen im ĂŒbrigen nur Unbemittelte Behandlung
linden. Das Verbot der Àrztlichen Organisation, Kassenkranke
den slaatlichen Polikliniken zu ĂŒberweisen, wird aufgehoben.
So dankenswert dieses Abkommen isl, so erfaĂ! es doch das
liebe! nicht an der Quelle. Die Quelle des Uebels liegt darin, daĂ
das gewaltige Material, das die Krankenversicherung fĂŒr die Aus-
bildung der Mediziner liefern könnte, zum groĂen Teil unbenutzt
bleibt und zwar dadurch, daĂ die Zahl der berufenen Lehrer in
dem engen Rahmen des UniversilÀts- und FakultÀtsstatuts ein-
gespannt ist. Nur wer die facultas docendi von der UniversitÀt
erhallen hat. besitzt das Privileg, Studierende fĂŒr PrĂŒfungs-
zwecke auszubilden. Der Student unterlĂ€Ăt es, die auĂerhalb
dieses Rahmens sich ihm darbietende Ausbilelungsmöglichkeit
auszunutzen, weil das Testat fĂŒr PrĂŒfungszwecke nicht ausreicht.
Unter diesen MiĂslĂ€nden leiden nicht nur die zahlreichen gut vor-
gebildeten Leiter kassenÀrztlicher Sprechstunden, sondern auch
die Leiter nicht staatlicher KrankenhÀuser, die nicht selten
AutoritÀten ersten Ranges sind, ohne die facultas zu besitzen.
Hier mĂŒĂle die neue PrĂŒfungsordnung Wandel schaffen dadurch,
daĂ den Leitern der genannten Institute, wenn sie die Geeignetheil
zu Lehrern besitzen, das Recht zur Ausstellung von Testaten fĂŒr
l'rĂŒlungszweckc in gleicher Weise zugestanden wird, wie den
Milgiiedern der FakultÀt. Daà durch diese Einrichtung auch die
Fortbildung der Aerzle wirksamer gefördert werden wĂŒrde,
als es jetzt möglich ist, liegt auf der Hand.
Alexander.
Die gesetzliche Regelung des VerhÀltnisses der Aerzte zu den
Krankenkassen.
Der Mecklenburgische Aerztevereinsbund hat gleich anderen
Àrztlichen Organisationen die zwangsweise Regelung der Àrzt-
lichen Beziehungen zu den Krankenkassen rundweg abgelehnt
Das gleiche hat auch der GeschÀftsausschuà der Berliner Àrzt-
lichen Standesvereine getan und gleichzeitig beschlossen, in einer
Denkschrift die GrĂŒnde gegen eine gesetzliche Regelung ausfĂŒhr-
lich darzulegen. Die Denkschrift soll dem Reichstage eingereicht
werden. Alexande r.
Der neue preuĂische Hebammengesetzentwurf.
Nachdem der im Jahre 1920 dem preuĂischen Landtage vor-
gelegte Entwurf daselbst wegen zahlreicher WiderstÀnde nicht zur
Verabschiedung gelangt war, hat die Regierung einen neu n Ent-
wurf ausgearbeitet, der am 11. und 12. Januar im Landtage be-
raten und dann dem Bevölkerungsausschuà zu weiterer Beratung
ĂŒberwiesen worden ist. Der Entwurf hat im Gegensatz zum
frĂŒheren auf die allmĂ€hliche Beseitigung der frei praktizierenden
Hebammen verziehtet. Diese BeschrÀnkung seheiterte an dem
einmĂŒtigen WiderstĂ€nde der Abgeordneten, der Aerzte und - der
Hebammen selbst. Der neue Entwurf sieht ein gemischtes System
vor. WĂ€hrend nach dem frĂŒheren Entwurf der hilfesuchenden
Frau die Bezirkshebamme zugewiesen wurde, besteht nach dem
jetzigen EntwĂŒrfe freie Ilebam-menwahl. Allerdings auch nicht
ganz ohne BeschrÀnkung, dum die Nicdcrlassungsgenehmigung
soll mir nach BedĂŒrfnis erteilt werden. Der Zweck dieser Be-
schrĂ€nkung soll die gleichmĂ€Ăige Verteilung ĂŒber Stadt und Land
und der wirtschaftliche Ausgleich sein. Gleichzeitig ist die An-
stellung von Bezirkshebammen vorgesehen fĂŒr diejenigen Ort-
schaften, fĂŒr die die freie Niederlassung nicht zu erwrarten isl.
Allen Hebammen wird ein Mindesteinkommen und Versorgung im
Falle von Krankheit und BerufsunfÀhigkeit zugesichert. Anderer-
seits steht nach § 1 jeder Frau in PreuĂen Hebammenhilfe zu. Man
sieht, auf der einen Seile ein StĂŒckchen Sozialisierung mit An-
spruch auf Mindesteinkommen, dessen Kosten die Allgemeinheil
Referate
40. Jahrg. â Nr. 24 2Sl
(rĂŒgt, auf der anderen Seite ein numerus clausus durch die Nieder-
lassungsgenehmigung nach MaĂgabe des BedĂŒrfnisses. Es soll
zugegeben werden, daĂ die Hebammenhilfe gesichert werden muĂ.
Hierzu dĂŒrfte aber die Anstellung von Bezirkshebammen in den
geeigneten Kreisen und Ersatz der Hebammenkoslen fĂŒr die Un-
bemittelten ausreichen. Alles weitere schmeckt nach Politik und
ist mit den Fehlern einer parteipolitischen Gesundheitspflege be-
haftet. Wer bestimmt zahlenmĂ€Ăig das BedĂŒrfnis der Orte nach
Hebammenhilfe, das fĂŒr Erteilung und ZurĂŒcknahme der Ge-
nehmigung maĂgebend sein soll? Letzten Endes wird der be-
nachbarten Hebamme der Beweis darĂŒber zufallen, daĂ ein
solches BedĂŒrfnis vorliegt â ein Beweis, der wohl kaum jemals
zu erbringen ist. INI i t anderen Worten: die Genehmigung zur Aus-
ĂŒbung der Praxis wird ausschlieĂlich von den zustĂ€ndigen Be-
hörden abhÀngen. Daà die EinschrÀnkung des freien Wettbewerbs
und die Sicherstellung des Einkommens auf Charakter und Sland
der beati possidentes einwirken kann, ist auch nicht zu unter-
schĂ€tzen bei. einer BerufstĂ€tigkeit, die das höchste GefĂŒhl von
Verantwortung erfordert. Wir Aerzte haben ein besonderes
Interesse, das vorgesehene Experiment zu ĂŒberwachen. Denn
â vestigia terrent. Wenn der Mantel fĂ€llt, kann auch der Herzog
fallen, was den Hebammen recht, ist den Aerzten billig. DaĂ
man in Kassenkreisen einer gleichen Lösung fĂŒr die Aerzte zu-
strebt, wird von ihnen gar nicht in Abrede gestellt. Noch schĂŒtzt
uns die Gewerbeordnung des Beiches, aber Gesetze sind schnell
geĂ€ndert, deshalb sei nachdrĂŒcklichst auf diese Gefahr hinge-
wiesen. A 1 e x a n de r.
Entscheidungen zur Reichsversicherungsordnung.
Zum Begriff der E n t b i n d u n g. In einer Entscheidung
vom 24. 11. 21 hat das Reichsversicherungsamt, nach einem Gut-
achten des Beichsgesundheitsamts, entschieden, daĂ eine Ent-
bindung nur dann vorliegt, wenn der neue Organismus, das Kind,
vom mĂŒtterlichen Organismus abgetrennt wird, um ihn ein selb-
stĂ€ndiges Leben fĂŒhren zu lassen. Dies ist der Fall, wenn ein
lebendiges Kind frĂŒhzeitig oder rechtzeitig geboren wird, auch
wenn es sich dann als nicht lebensfÀhig herausstellt oder wenn
ein frĂŒhzeitig oder rechtzeitig geborenes Kind unmittelbar vor
oder wÀhrend der Geburt stirbt.
Entbindung und Krankheitsfall. Durch die Ge-
wÀhrung von Kunsthilfe wird ein Wochenhilfefall nicht ohne
weiteres und im ganzen Umfange ein Krankenhilfefall. Wird
Kunsthilfe erforderlich, so mĂŒssen unter allen UmstĂ€nden die
Leistungen der Wochenhilfe bestehen bleiben, die durch die
Krankenhilfe nicht gewÀhrt werden können. Die Wöchnerin be-
hÀlt daher bei der Familienwochenhilfe den Anspruch auf die
Pflichtleistung und muà nur die Kosten der Àrztlichen Kunsthilfe
aus eigenen Mitteln tragen. (E. d. Obervers.-Amts Breslau,
28. 11. 21.) [Die Entscheidung ist nicht stichhaltig. Vergl. die
dieser entgegenstehende, unten berichtete Entscheidung des Ober?
versicherungsamtes Leipzig.] âą
Fehlgeburt und Entbindung. Das Beichsversiche-
rungsamt hat den Anspruch auf Entbindungskosten und Wochen-
hilfe in einem Falle abgelehnt, in dem eine Frucht von 30 cm tot
zur Welt kam. Aus den GrĂŒnden sei folgendes angefĂŒhrt: Die
Leistungen der Wochenhilfe werden Wöchnerinnen gewÀhrt.
Wöchnerin ist, wer entbunden worden ist. Eine Entbindung liegt
nur dann vor, wenn der neue Organismus, das Kind, vom mĂŒtter-
lichen abgetrennt wird, um ihn ein selbstĂ€ndiges Leben fĂŒhren
zu lassen. Dies ist der Fall, wenn ein lebendiges Kind geboren
w ird, auch wenn es sich spÀter nicht als lebensfÀhig erweist oder
unmittelbar vor oder wĂ€hrend der Geburt stirbt. Die AusstoĂung
einer niemals lebensfÀhigen Frucht von weniger als 32 cm LÀnge
is| eine unzeitige Geburt und keine Entbindung.
Was ist anormale Entbindung' Nach der oben er-
wÀhnten Entscheidung des Oberversicherungsamis Leipzig liegt
'.ine anormale Entbindung, die neben dem Anspruch auf den Ent-
bindungskostenbeitrag noch zu dem Anspruch auf Erstattung der
Àrztlichen Kosten nach § 182 R. V.O. berechtigt, nicht nur dann
vor, wenn nach der Entbindung ein anormaler Zustand bei der
Mutter eingetreten ist, sondern auch schon dann, wenn die anor-
male Lage des Kindes die Àrztliche Hilfe erfordert. Es war zu
prĂŒfen, ob der Verlauf der Geburt des Kindes anormal vor sich
gegangen und daher als Krankheit anzusehen ist. Das war nach
Bekundung der Gutachter der Fall. Zwar sind keine Geburtsver-
letzungen entstanden, aber die KlÀgerin schwebte in dieser Ge-
fahr und schon diese begrĂŒndet einen anormalen, also krankhaften
Zustand. WÀre keine Hilfe geleistet worden, so wÀre das Kind
im Multerleibe erstickt, auch das ist ein anormaler Geburtsver-
lauf. Die etwaige Annahme, daĂ der UnterstĂŒlzungsfall des § 182
erst dann gegeben ist, wenn nach der Entbindung ein anormaler
Zustand bei der Kindesmutter eingetreten wÀre, ist unrichtig,
denn der Verlauf der Geburt beginnt nicht nach, sondern mit der
Entbindung. Alexander.
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
MĂŒnchener medizinische Wochenschrift.
31. MĂ€rz 1922, Nr. 13.
âąKrubei-kulosebehamllutig auf perkutanem Wege. I. M o t o. 457.
âŠ$>TuberkulosebehamlliiiiK auf perkutanem Wege. II. G-ö 1 1 1 i e b. 459
Konjunktivitis grnnulnris lateralis. S a e t k o f f. 460.
Hcmianopische PupiUemreaktion. O 1 o f f. 462. âą
Blaseninhaltsstoffe ĂŒiber spezifischen Reaktionen II. 3. Vaiizellcnschutz-
iimpfung. Thomas u. A r n o 1 d. 464.
Vitamine und Diabetes. Klotz u. H ö p f n e r. 465.
AuslöschphÀnomen und Scharlachdiagnose. B 1 u m. l(>(i.
Keilförmige Osteotomie. Zimmermann. 467.
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Geographische Verbreitung und epidemiologische Bedeutung der Appen-
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Malignes Oedem im AnschluĂ an eine Laparatomie. D ĂŒ 1 1 m a n n. 171.
Neue Wege fĂŒr die Behandlung von Unfallverletzten. K w a ld. 472.
Angl bliche Gefahren des DĂ€mmerschlafes bei der Geburt. P e h a m, v. 473.
Chronisch ankylosierende Wirbelversfcifung. F r a e n k e 1. 474.
Zum Problem der Tubcrkulosebehandlung auf perkutanem
Wege (I. Prinzip und Methode). Die Perkutanprobe ist das ein-
fachste und unschÀdlichste Verfahren, denn mit ihr kann man
vor allem nicht so leicht Herdreaktionen auslösen, die auf eine
bestehende Phthise oft unheilvollen EinfluĂ hat. Verfasser hat
seit lÀngerer Zeil versucht, durch Perkutanbehandlung möglichst
krÀftige Haut ohne Ilcrdreaktioncn zu erzielen und stellt sich
lÀrmt in Gegensatz zu Petruschky, der auf perkutanem Weg
Herdreaktionen zu erhallen sucht. Der Methode liegt die Be-
obachtung zugrunde, daĂ die Tuberkulose bei Kindern mit Intc-
gument- oder Knochenherden im allgemeinen einen gĂŒnstigen
Verlauf nimmt. Durch kĂŒnstliche Setzung spezifischer Neben-
herde in der Haut werden nun VerhÀltnisse geschaffen, die den
Spohtaneruptionen fast vollkommen entsprechen. Felln er
fand in den Zellen von Tuberkulinpapeln (toxischen Haultuber-
kuliden) in vitro entgiftende Reaktionskörper, von denen man
nach Bau und Funktion der Haut annehmen muĂ, daĂ sie resor-
bierbar sind. Es handelte sich also um âpassive Immunisierung"
der Hauptherde von den Hautfilialen aus, die der Organismus,
ohne Herdreaktion des Hauptherdes, selbst besorgt (aktiv-
passive Immunisierung). Mit Hilfe einer neuen, vom Verfasser
angegebenen Tuberkulinsalbe âEktebin1" (Merck) kann man nun
Ă€hnliche VerhĂ€ltnisse schaffen. Behandlungsweise: GrĂŒndliches
Einreiben 1 Minute lang in 1 â 4 wöchentlichen Pausen, im ganzen
(5, eventuell Turnus wiederholen. KrÀftige Lokalreaktionen
lichenoider oder squamöser Natur sind gĂŒnstig; bei schwacher
HautreaktionsfÀhigkeit vorher Aelherabreibung. Nach den bis-
herigen Erfahrungen (2 Jahre) ist es keine Scheintherapie, son-
dern das Verfahren leistet sicher nicht weniger wie jede andere
wirksame Tuberkulintherapie. Anwendungsgebiet: SĂ€uglinge
und Kleinkinder mit positivem Piquet, Àltere nur bei klinischen
Befunden, die fĂŒr Tbc. sprechen. Prophylaktisch kein Effekt.
II. Histologische Untersuchungen. Im Original
nachzulesen.
Zur Behandlung der Malaria. Verfasser gibt auf Grund
seiner Erfahrungen in Sumatra eine kurzdauernde Behandlung
an, begrĂŒndet in einer neuen Hypothese ĂŒber Phasenkonsistenz,
bei welcher zweimal die wirksame Chininkonzentration im Blut
«
Aus den neuesten Z e i t s c h r i f I e n
Ii). Jahrg. â Nr. 2\ LT,.
durch zweistĂŒndliches Einnehmen kleiner Dosen fĂŒr volle 60
Stunden aufrecht erhallen wird. Zur UnterstĂŒtzung Arsen, (Ins
ach Verfasser vielleicht die ChininischÀmie des Kapillar-
stems beseitigt, welche der vollen Auswirkung des Chinins im
ege sieht. Methode: 2% Tage lang tags und nachts zweistĂŒnd-
h 0.2 Chinin hydrochlor. Nach 1 2 Tagen Pause Wieder
lung. AnschlieĂend 15 Tage 3 mal 2 Pillen Arsenchinin
hininhydrochlor, 10,0, Acid. ars. 0,2 auf 90 Pillen), dazu am
i. . Ii), und 11. Tage vor- und nachmittags je 0.2 Chinin. (Varia-
mi des Schemas nach den Anfallen: Wenn Anfall morgens,
NĂ€chte 2 Tage, sonst umgekehrt.)
7. April 1922, Nr. II.
Neu;' Methodik zum Nachweis (los âd'Herelleschen Virus". Pf r e i in b l e r,
Seil, Pistoriu s. 495.
Liquordiagnostik im Dienst der experimentellen Kanineberisyphjlis. I' 1 a u i
und N e u t z e r. 196.
Anatomische VerÀnderungen bei experimenteller Kaninchensyphiilis. 1' 1 a u t
und N e o t sc e r. 498.
Verschiedenheit der Eltor von den Choleravibrionen. K r n u s. 499.
Aptlicrtherapie und Prophylaxe der Peritonitis, s i » w a i t. ÀO'J.
struktive Chirurgie. Esse r. 502.
Yatren. D U h r s s e n. .'i04.
Ileftpflasterdermat'.tis. Siemens. 506.
Diagnostik des Lungenkrebses. N u II Ii a u m. öu".
Verbreitung der Tuberkuloseinfektion auf dem Lande. X e Ii r i n g. ">0?.
VerstÀrkung von GrciwebsfÀrbungen mit Anilinfarben durch Zusatzmittel.
Post. 509.
Malignes Chorioncnitheliom. X À gel« b a c h. 510.
Luxatio olavicularis retrosternal!«, s e Ii l e »t 1. 511.
Kleinliirnblutung. Hofmanu. 511.
Zopfalischneider. Petersen. 512.
Technik der Metreuryse. S c h ĂŒ n i n g. 513.
Appendizitis und Situs iuversus. L a n d g r a f. 518.
Röntgenologischer Beitrag zur Kenntnis der Tbc. der Lungen. K À s 1 1 e. 513.
14. April 1922, Nr. 15.
âą^Diagnostische Bedeutung der Gastroskopic. Schindle r. 535.
Kausale. Psychotherapie bei Organrxeurösen. XV e s t p Ii a I. 537.
Beziehung des Bronchialasthmas zu anderen Erkrankungen. K À m ni e r e r.
542.
Beobachtungen ĂŒber kĂŒnstlich erzeugte. Lichtwirkung auf die Hautkapillaren
und ihre Verwertung als biologischer MaĂstab zur Dnseiiiiiessung in
der Röntgentiefentheranie. W eise h. 546.
Syphilisbehandlung mit Wismut. MĂŒller. 547.
Behandlung der Syphilis mit MetaMsalvarsan-Novasurolgefmischen. V i 1 1
und S m i 1 1. 549.
Lues congenitaiis. S t ĂŒ m p k e. 55t.
Eosinopiiilie bei Tumoren. -S c h e 1 1 o n y. 553.
Pneumothorax und Höhenweehsel. P u t z. 554.
VerschluĂ des RĂŒckenmarkskanals. .1 o s e f s o n. 555.
Kolorimeter fĂŒr klinische Zwecke, d e I s a a n. .">:>.">.
Die diagnostische Bedeutung der Gastroskopie. (1 Farben-
fel.) Die Gastroskopie ist die schwierigste, bei einiger Uebung
und technischem Geschick aber wohl zu erkennende Endoskopie.
Die bei weitem gröĂte Schwierigkeit besteht in der richtigen
Deutung und Beurteilung der Bilder. Bei strenger Beobachtung
der Kontraindikationen ist sie mit starren Instrumenten fĂŒr den
Kranken ungefÀhrlich und wird von ihm meist als sehr wenig
lÀstig empfunden. HÀufig kann man damit mit anderen Methoden
nicht erkennbare Differentialdiagnosen stellen und bisher ĂŒber-
haupt nicht diagnostizierbare Krankheitsbilder erkennen, z. B.
Polyposis ventriculi. Auch zur Ulcuserkennung ist sie hÀufig
unentbehrlich. Die FrĂŒhdiagnose des Karzinoms wird dadurch
gefördert. Einzelheiten siehe Original.
F. Loewenhardt (Charlollenburg-Westend).
Zeitschrift fĂŒr Ă€rztliche Fortbildung, Jena.
15. Februar 1922, 19, Nr. 4.
âąHinderne Diagnostik der Darmkrankheiten mit besonderer BerĂŒcksichtigung
der funktionellen Diagnostik. Kuttner, L. 97.
"^Encephalitis epidemica. R. o o s , E. 105.
âŠDie Placenta praevia und ihre Behandlung in der Praxis. B'auch.B. 109.
Moderne Diagnostik der Darmkrankheiten mit besonderer Be-
rĂŒcksichtigung der funktionellen Diagnostik. Den Mittelpunkt der
AusfĂŒhrungen bildet die Besprechung der von Schmidt und
St ras bĂŒrg er geschallt neu ProbediĂ€t und der diagnostischen
SchlĂŒsse, die aus den, Nachweis von Nahrungsresten und Darm-
Wandprodukten im Stuhl gezogen werden können. Es finden sieh
zahlreichere und gröĂere Bindegewebs- und Sehnenreste bei
Störungen der Magenverdauung (Achylia, hochgradige Hypochylia
gastrica, schneller Magenenlleerung); MuskelstĂŒckchen und
mikroskopisch nachweisbare quergestreifte Muskelfasern bei
Störungen der DĂŒnndarmverdauung, sei es rein sekretorischer
Xaiur, sei es durch ungenĂŒgende Einwirkung der Vcrdauungs
salie infolge gesteigerter DĂŒnndarmperistaltik; unverdaute 6e
webskerne, verbunden mit starkem Abgang von M uskel resten, bei
Ausfall der Ă€uĂeren Pankreassekretion (bei niebl allzu hoch-
gradigen Störungen können die Kerne jedoch verdaut sein
SlÀrkereste bei schlechter Zelluloseverdauung und pathologischem
Verhalten der Darmflora; gröĂerer Fettgehall bei Störungen de
(ialleabscheidung, der Pankreassekretion, bei Erkrankung der
mesenterialen LymphdrĂŒsen, bei Tuberkulose des Darms und des
Peritoneums, bei erhöhter Peristaltik und in einzelnen FÀllen von
Basedowscher Krankheil (Darmerkrankungen beeintrÀchtigen die
Fettverdauung nur wenig): Schleim bei entzĂŒndlichen Prozessen
d< r Darmschleimhaut; mit Sehleim gemischter Eiter bei ulzerativen
VorgĂ€ngen, schweren EntzĂŒndungen und Neoplasmen. â betrĂ€cht-
liche Eitermengen lassen an den Durchbruch paraintestinaler
Eiterherde denken â ; makroskopisch erkennbares Blu1 bei allen
ulzerösen Prozessen, toxischen EntzĂŒndungen, Neoplasmen, HĂ€-
morrltoidalzustÀnden usw.
Hingewiesen wird weiterhin auf den Nachweis okkulter Blu-
tungen und von HĂ€matoporphyrin (wichtig fĂŒr die Unterscheidung
/.wischen okkultem und HĂ€morrhoidalblut) in den Faezes, auf die
Wichtigkeit der Untersuchung des Magen- und Duodenalinhalls
(mit der Duodenalsonde) fĂŒr die Darmdiagnostik, auf die Be-
deutung der Bckto-Romanoskopie und der Röntgenuntersuchung.
Im allgemeinen haben die letzten Jahre durch den Ausbau der
Untersu0hungsmethoden einen groĂen Fortschritt in der Er-
kennung der Darmkrankheiten gebracht. Immerhin behalten die
alten diagnostischen Mittel, namentlich Inspektion und Palpation,
auf die bei der Ausbildung groĂer Wert gelegt werden mĂŒĂte, ihre
volle Bedeutung bei.
Ueber Encephalitis epidemica. Verf. bespricht im einzelnen
die Symptome der Krankheit, ihre Diagnose, Therapie, Prognose
und ihre anatomischen Bilder und hebt die groĂe Verschieden-
artigkeit der Erscheinungen hervor. Der Name Encephalitis
lethafgica muĂ aufgegeben werden, da die Schlafsucht, wie man
jetzt weiĂ, nicht ein unerlĂ€Ăliches Krankheitszeichen darstellt. Die
Encephalitis ist als eine Gehirnlokalisation der Grippe zu be-
trachten. Die Schilderung einiger interessanter FĂ€lle gibt eine
ii struktive Illustration zu den AusfĂŒhrungen.
Die Placenta praevia und ihre Behandlung in der Praxis. Bei
der Placenta praevia besteht sowohl am Ausgang der Schwanger-
schaft wie in der Geburt die Gefahr der Verblutung. In neuerer
Zeit geht das Bestreben vielfach dahin, die frĂŒhzeitige Entbindung
durch den Kaiserschnitt vorzunehmen. Dies lĂ€Ăt sich jedoch nur
durchfĂŒhren, wo eine rechtzeitige Ueberweisung in die Klinik
möglich ist.
Von den anderen Behandlungsmethoden kommt bei SchÀdel-
lage, richtigem VerhÀltnis zwischen Kopf und Becken und bei
guten und regelmĂ€Ăigen Wehen unter UmstĂ€nden die kĂŒnstliche
Blasensprengung in Frage. Kommt jedoch eine Frau ganz aus-
geblutet in die Hand des Arztes, so gilt es, sofort die Blutung zu
stillen und der Frau nunmehr jeden Tropfen Blutes zu sparen.
Hier kommt die kombinierte Wendung nach Braxlon-Uicks zur
Anwendung. Ihr wird indessen die sehr betrÀchtliche kindliehe
MortalitÀt zur Last gelegt, die bei der Metreuryse viel geringer ist,
die aber ebenfalls ihre Nachteile hat in der weniger sicheren
Blutstillung, in dem zweimaligen intrauterinen Eingriff und in der
vermehrten Infektionsgefahr. Die TamponÀde bietet neben der
groĂen Ansteckungsgefahr ebenfalls keine sichere Blutstillung und
sollte daher so selten wie möglich ausgefĂŒhrt werden. Auch die
innere Wendung wird, wenn auch klinisch gute Besultate erzielt
worden sind, fĂŒr die private Praxis nicht allgemein empfohlen.
Stets kommt es darauf an, eine Behandlungsart zu wÀhlen, die
den Interessen der Mutler gerecht wird, ohne diejenigen des
Kindes ganz zu vernachlĂ€ssigen. Im ĂŒbrigen ist nach den Er-
fahrungen des Verfassers die Gefahr der Infektion erheblich höher
zu bewerten als die der Verblutung. L. K a n n e r.
I. MĂ€rz 1922, 19, Nr. 5.
âDer diagnostische Wert des WadendruckphĂ€nomens (sog. Gordonsehen para-
doxen ZehenphĂ€nomens) fĂŒr die FrĂŒhdiagnose vieler Erkrankungen des
Zentralnervensystems. Auerbach, S, 137.
âą^Bemerkungen zur Frage der Proteinkörpertherapie. S t e r n , C. 134.
Die Entstehung der Neubildungen im AnschluĂ an eine Analogie. Preis /.
H. 129.
^Untersuchungen hei Scharlachkranken. Frankel, E. 140.
Bemerkungen zur Frage der Proteinkörpertherapie. Verf.
ist der Ueberzeugung, daà bei der Proteinkörpertherapie von
einer âspezifischen Wirkung" nicht die Rede sein könne. Es
handeil sich â ganz unabhĂ€ngig von der Art des angewandten
PrĂ€parates â einmal um eine âReizwirkung", indem an solchen
Stellen, an denen an sich schon ein Reizzustand bestand, in einer
434
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 21 25!
groĂen Anzahl der beobachteten FĂ€lle eine Lokalreaktion lest-
gestcllt werden konnte. Zweitens kommt in Betracht eine zahlen-
mĂ€Ăig nachweisbare Hyperleukozytose, eine âAnlockung" der
Leukozyten zu dem Orte, wo ihre Wirksamkeit verwertet werden
soll. Der Erfolg hÀngt ab von der Art des Reizes und von der
IntensitÀt der Einwirkung auf die leiukozytenbildenden Gewebe.
Da kleine Reize die Zelle anregen, wÀhrend mittlere sie lÀhmen
und gro'Ăe sie töten können, so kommt es darauf an, den gesetzten
Reiz nicht nur in qualitativer, sondern auch in quantitativer Hin-
sicht dem Zweck anzupassen.
Der diagnostische Wert des WademlruckphÀnomens (sog.
Gordouschen paradoxen ZehenphĂ€nomens) fĂŒr die FrĂŒhdiagnose
vieler Erkrankungen des Zentralnervensystems. Man piĂŒfl das
WadendruckphÀnomen (WDPH) am besten, indem man bei ge-
beugtem und etwas nach auĂen rotiertem Unterschenkel mit den
Fingern II â V einer oder beider HĂ€nde einen liefen Druck auf
das distale Drittel der Wadenmaiskulatur ausĂŒbt; es erfolgt dann
eine trĂ€ge isolierte Dorsalflexion der groĂen Zehe. Dieses nach
Gordon benannte Zeichen hĂ€lt Verfasser fĂŒr ein werlvolles
Kriterium fĂŒr die FrĂŒhdiagnose vieler Erkrankungen des Zentral-
nervensystems und bezeichnet es als eine Vorstufe des Babinski-
schen PhÀnomens. Es ist oft dann noch positiv, wenn weder
FuĂklonus noch der Babinskische, Oppenheimsche, Mendel-
Bechterewsche oder Rosolinosche Reflex auszulösen ist. Von be-
sonderem diagnostischem Wert ist es im Beginn der multiplen
Sklerose und der Lues cerebrospinalis, ferner âin FĂ€llen, wo die
Pyramidenbahn indirekt â durch Fern- oder Nachbarschaf ts-
wirkung oder in offensichtlich nur geringfĂŒgigem und reparablem
Grade geschĂ€digt ist", endlich beim RĂŒckgang ausgeprĂ€gter Pyra-
midenaffektionen. Auch fĂŒr die frĂŒhe Erkennung der rhino- und
oiogenen Hirnkomplikationen scheint das WDPH von groĂer Be-
deutung zu sein. Verfasser empfiehlt daher, immer dann, wenn
man Veranlassung hat, nach dem Babinskischen Zeichen zu
suchen, ohne es auslösen zu können, stets auch das WDPH zu
prĂŒfen.
Untersuchungen bei Scharlaehkranken. Nach allgemeinen Be-
merkungen ĂŒber die Erreger des Scharlachs werden die Ergeb-
nisse von Beobachtungen an 187 FĂ€llen aus dem Rudolf Virchow-
krankenhaus mitgeteilt. Im allgemeinen tritt nach steilem Fieber-
Anstieg und einer 3 â 7tĂ€gigen Fieberperiode die Entfieberung in
2 â 3 Tagen ein, die in einem Teil der FĂ€lle bestehen bleibt. Oft
aber treten ziemlich gesetzmĂ€Ăig zwischen dem 15. â 20. Krank-
heitstage erneut Krankheitserscheinungen mit Fieber auf, die man
als zweites Kranksein (Pospischil) oder Rezidiverkrankungen be-
zeichnen kann. Besonders hÀufig und gefahrdrohend sind die
Nephritis, Störungen des Herzens und der peripheren GefĂ€Ăe, das
Rezidiv einer Angina, DrĂŒsenrezidiv und Fieberzacken ohne nach-
weisbaren Organbefund. Selten schlieĂt sich auch noch zwischen
dem 30. â 40. Krankheitstage eine dritte Fieberperiode an. Zu-
weilen kann das zweite Kranksein ohne voraufgegangene Ent-
fieberung schon in die erste Periode hineinfallen Das Blutbild
zeigt fast immer eine Leukozytose und Eosinophilie. Von den
toxischen SchÀdigungen des Scharlachvirus im Organismus wer-
den hervorgehoben der hÀufige Befund von Urobilinogen im Harn
als Folge von Blutzerfall oder LeberschÀdigung, das Rumpel-
Leedesche Symptom als Zeichen der BrĂŒchigkeit der feinsten
BlutgefĂ€Ăe, die hĂ€ufige Erniedrigung des Blutdrucks und Störungen
des Wasserhaushalts. L. Kanner.
15. MĂ€rz 1922, 19, Nr. 6.
Organotherapie. B-i e d l,, A. 181.
âSpezifische Behandlung dos Heufiebers mit besonderer BerĂŒcksichtigung der
aktiven Immun:sierung. K a m m a 11 n . 0. 167.
Uebung und Uebungstherapie. LeibesĂŒbung und KunstĂŒbung. S i o ni â
borg. W. 171.
Die Entstehung clor Neubildungen im AnschluĂ an eine Analogie. P r e i s z ,
BT. 174.
Die spezifische Behandlung des Heufiebers mit besonderer Be-
rĂŒcksichtigung der aktiven Immunisierung. Der passiven Immuni-
sierung gegen das Heufieber durch Dunbars Pollantin, ein durch
Immunisierung mit Poilenextrakt hergestelltes tierisches Immun-
serum, folgte seil 1911 die Anwendung von wÀsserigen Pollen-
extrakten zum Zwecke der aktiven Immunisierung. Die MĂ€ngel,
die den AuszĂŒgen anhaften, bestehen einmal in seiner mangelnden
SterilitÀt, zweitens in seiner vielseitigen Zusammensetzung. Nun
haftet unter den EiweiĂkörpern der Pollen das toxische Prinzip
allein den Albuminen an. Verfasser empfiehlt ein neues poly-
valentes Heufiebervakzin (hergestellt von der Firma Brunnen-
grÀber in Rostock), das aus einer wÀsserigen Lösung aus Pollen-
albumineiweiĂ besteht. Es ist 100 mal wirksamer als der einfache
! ollenextrakt oder Gesamtpollenprotein. Die Injektionen werden
fast reaklionslos vertragen. L. K ann er.
Deutsche Zeitschrift fĂŒr Nervenheilkunde, Leipzig.
Januar 1922, 73, Heft 1â2.
Wilhelm Erb. Schultz? , F. 1.
âDie groĂe Encephalitisepidcmie des Jahres 1920. G o 1 d f 1 a m S. l.
âZur Klinik und Pathogenese der atypischen Formen der Endarteriitis obli-
terans und des angiosklerotisehen Hinkens. (âClaudieation intermittente"
Charcots.) H i g i e r , H. 71.
âZur Pathologie und pathologischen Histologie der spastischen Heredode-
generation (hereditÀre spastische Spinalparalysci. S thaffer. K. ini.
Die groĂe Enzephalitiscpidemie des Jahres 1920. Die Epi-
demie 1920 zeichnet sich durch die Schwere der Erkrankung und
vor allem der FolgezustÀnde aus; hauptsÀchlich ist Zwischen]
und Mittelhirn betroffen. Verf. unterscheidet im wesentlichen
4 Stadien: 1. Phase der Schmerzen und Agrypnie, 2. das chorea-
lisch delirante Stadium, 3. der Lethargie. 1. der Hypertonie und
Hypcrkinesen. Offenbar handelt es sich um eine Infektions-
krankheit, wenn auch keine direkten Beweise von KontagiositÀt
zu erbringen waren; ebensowenig liegt ein sicherer Zusammen-
hang mit Grippe vor, die höchstens den Boden fĂŒr den Virus der
Enzephalitis vorbereitete. Dieser muà eine besondere AffinitÀt
fĂŒr bestimmte Hirngebiele haben, zu denen besonders die Basal-
ganglien zu rechnen sind.
Zur Klinik und Pathogenese der atypischen Formen der
Endarteriitis obliterans und des angiosklerotischen Hinkens
(âClaudieation intermittente" Chareot). Die Klaudikation muĂ
klinisch scharf unterschieden werden von der Dyspragia inter-
miltens der Herzleidenden, wo die Gangstockung scheinbar ist.
Die erstere beruht auf einer lokalisierten, di« /.weile auf einet
generalisierten Sklerose; die erstere tritt oft im jugendliehen
Alter, die zweite vorwiegend im Senium auf. Die erstere ent-
steht auf dem Boden einer neuropathischen Veranlagung und min-
derwertigen GefĂ€Ăanlage und zeitigt auĂer der peripheren End-
arteriitis obliterans mannigfache vasomotorische Störungen.
Unter den selteneren Formen nennt Verf. die posltraumalische
akute Endarteriitis, das fakultative Hinken bei PlattfuĂ und obli-
terierender Angiosklerose. die akute postneu ritische Form und
die familiÀre und hereditÀre Form mit angeborener Kleinheit des
kardiovaskulÀren Systems.
Zur Pathologie und pathologischen Histologie der spastischen
Heredodegeneration (hereditÀre spastische Spinalparalyse). Bei
den Heredodegenerationen findet sich allgemein eine Erkrankung
der gesamten ektodermalen Elemente des Zentralnervensystems,
wĂ€hrend die mesoderrmalen unberĂŒhrt bleiben. Ferner erkranken
wieder von den ektodermalen die phylo- und ontogenetisch jĂŒng-
sten Elemente zuerst, die untereinander geschlossene Systeme
bilden. Da hÀufig der Prozeà auch bestimmte Segmente ergreift,
so spricht Verf. von einer Keimblattwahl, einer Syslemwahl und
einer Segmentwahl der heredodegenerativen Erkrankungen, die
somit klinisch und anatomisch einheitlich und wesensverwandl
sind. Ein bisher nicht gekannter Befund ist die eigentĂŒmliche
areale und teklonische Verteilung der Alzheimerschcn Fihrillen-
verÀnderung, die sich erstens vorwiegend in der vorderen Zcn-
Iralwindung und zweitens nur in der III. und IV. Zellschichl
findet, wÀhrend die Schicht der Riesenpyramiden verschont bleibt.
Die Alzheimersehe FibrillenverÀnderung wÀre also als Zeichen
eines invaliden Gehirns aufzufassen, das mit Verblödungspro-
zessen nicht unmittelbar zusammenhÀngt, sondern der Ausdruck
eines endogenen Prozesses ist. Haber.
Februar 1922, 73. Heft 3-1
âKlinische Beobachtungen ĂŒber Grippeenecphalitis. G r a g e. 133.
Ein HĂ€raangioendotheliom der medulla ohhmgnta. Friedrich. H. und
Stichler. H. 158.
âUeber sensorische Erscheinungen bei Tetanie und ĂŒber Kombination der Te-
tanie mit anderen Krampfneurosen. Boenheim. F. 172.
VerschluĂ der Arteria cerebelli inferior posterior doxtra (mit Sektionsbfund).
Wallenburg-; A. 189.
âUeber Rechts- und Linksglicdrjgkeit. s i e b e n , W. 213.
âEine seltene postdiphtherische LĂ€hmung im Gebiet des Okulomotorius und
Abdueens als Beitrag zur Pathogenese postdiphtheritiseher EĂ€hmunfren.
Wirges, J. 226.
Eine neue Metbode zur Bestimmung der Eoitungssreschwindigkeit ins sen-
siblen Nerven beim Menschen. S c h À f f c r . H. 234.
Gekreuzter Babinski-Rcflex. M a r p m a n n . W. 244.
Klinische Beobachtungen ĂŒber Grippeencephalitis. Die Beob-
achtungen an 26 FĂ€llen von Encephalitis epidemica fĂŒhrten zu
folgenden Ergebnissen; Das mÀnnliche Geschlecht ist durch die
Erkrankung bedeutend bevorzugt; jugendliche Personen und
solche im besten Alter sind disponierter. Die Krankheit ist nicht
kontagiös. Erbliche Belastung ist fĂŒr die Entstehung der Er-
krankung belanglos, ebenso körperliche Disposition; Auslösung
der Erkrankung durch ein Trauma ist denkbar. Die Sympto
10. Jahn
Nr. 24/25.
Aus den neuesten Zeitschriften
4'ih
matologie isi vielgestaltig. Im Beginn der Erkrankung ist ein
konstantes Symptom das Fieber ohne charakteristische Kurve,
die SpÀtfolgen verlaufen ohne Temperaturerhöhung. Als Begleit-
erscheinung der Encephalitis wird oft eine Polyneuritis beob
achtet, die sich durch Reflexstörungen kundgibt. HÀufig werden
rVugcnstörungen gefunden, meist Diplopie im Beginn der Erkran-
kung und Rucknystagmus. Im Vordergrund steher die Schlaf-
und die Bewegungsstörungen. Die Schlafstörungen bestehen in
Schlafsucht, in Umkehrung des Schlaftypus oder in Schlaflosig-
keit und erstrecken sieh oft ĂŒber Monate. Die Bewegungs-
Störungen sind meist choreatisch, seltener athetotisch. Als SpÀt-
folgen werden die Linsenkernsymptome beobachtet, die als amyo-
sta tischer Symptomenkomplex zusammengefaĂt werden. Im
akuten Stadium bestehen fast immer psychische Störungen, hÀufig
eine ausgesprochene Psychose, die dem Delirium tremens und
der Amentia Àhnelt; zuweilen besteht ein der Korsakowschen
Psychose Àhnliches Bild, hÀufig ein katatones Zustandsbild, Im
Liquor findet sich im Beginn der Erkrankung fast stets eine
Pleozytose. Die MortalitÀt betrÀgt 20%. Diagnostisch und thera-
peutisch wichtig ist eine gleichzeitg bestehende Lues.
Uebcr sensorisehe Erscheinungen bei Tetanie und ĂŒber Kom-
bination von der Tetanie mit anderen Krampfneurosen. Im ersten
Fall handelte es sich um eine manifeste Tetanie bei einem Er-
wachsenen, die mit Flimmerskotomen (ohne MigrÀne), mit Vesti-
bularis-Uebererregbarkeit (ohne Gehstörung und Schwindel) so-
wie mit leichter Parosmie und Parageusie, einh erging. Im zweiten
Fall bestand mit 3 Jahren Spasmophilie, in der PubertÀt Epilepsie
und mit 21 Jahren ein halbseitiger tetanoider Symptomenkomplex
mit VestibularisĂŒbererregbarkeit. Ein dritter Fall wies eine
latente Tetanie auf, kombiniert mit Epilepsie, MigrÀne und wahr-
scheinlich Meniere. Es wird darauf hingewiesen, daĂ Tetanie
und Epilepsie sehr nahe verwandte Krankheiten sind, die inein-
ander ĂŒbergehen können oder auch auf Grund derselben Noxe
entstehen. Das kombinierte Vorkommen der drei Krampfneu-
rosen Tetanie, Epilepsie und MigrÀne im letzten beschriebenen
Fall wird zurĂŒckgefĂŒhrt auf eine Dysfunktion des endokrinen
DrĂŒsensystems, die sich hier im Infantilismus des Uterus und den
Menstruationsstörungen klinisch Ă€uĂert.
Ueber Rechts- und Linksgliedrigkeit. Es wird ein Familien-
stammbaum ĂŒber mehrere Generationen mitgeteilt, bei dem eine
groĂe Anzahl von Linksern beobachtet werden konnte. Die
LinkshĂ€ndigkeit wurde schon in frĂŒhester Jugend konstatiert
und ist also weder intrauterin entstanden noch extrauterin er-
worben. Sie ist also als vererbt zu betrachten. Die Vererbung
betrifft mÀnnliches wie wreibliches Geschlecht in ziemlich gleichem
Prozentsatz, erfolgt durch beide Geschlechter und kann durch
zwei Generationen latent bleiben, um in der vierten wieder her-
vorzutreten. Die Erscheinung der Rechts- und Linksgliedrigkeit
wird betrachtet als bedingt durch die funktionelle Minderwertig-
keit beider ExtremitÀten der einen Seite. Diese Minderwertig-
keit ist primÀr bedingt durch Dyspraxie und, da kortikalen Ein-
flĂŒssen weniger untergeordnet, durch leichtere Erregbarkeit spi
haier Zentren. SekundÀr machen sich Erscheinungen von Pseudo-
dvsgnosie bemerkbar, veranlaĂt durch mangelhafte Uebung in der
Zusammenfassung sensorischer QualitÀten und Minderung der
Aufmerksamkeit fĂŒr die weniger gebrauchte Seite.
Eine seltene postdiphtherische LĂ€hmung im Gebiet des Ocu-
lomotorius, Abducens usw. Es wird ein Fall mitgeteilt, bei dem
im Rahmen einer allgemeinen postdiphtherischen LĂ€hmung auch
die beiden Abducentes gelÀhmt und der linke Sphincter pupillae
paretisch waren. Es ist anzunehmen, daĂ es sich auch hier um
eine periphere LÀhmung handelt. KernschÀdigung nach Diphtherie
ist nicht bekannt; vielmehr isl der ProzeĂ einer postdiphtherischen
NervenschÀdigung so vorzustellen, daà das Diphtherietoxln zu-
nÀchst nur auf die feinsten intramuskulÀren Nervenendigungen
einwirkt, die am empfindlichsten zu sein scheinen. Im AnschluĂ
daran entwickelt sich dann eine zentripetale Degeneration, evtl.
mit entzĂŒndlicher Bindegewebsproliferation, die offenbar im Ver-
laufe von kĂŒrzerer oder lĂ€ngerer Zeit fortschreiten und auch auf
das Nervensystem eine gewisse SchĂ€digung ausĂŒben kann. Es
wird sich dann nur um eine graduelle Verschiedenheit der Ein
Wirkung des Giftes handeln. W. Misch ('Berlin .
Psychiatrisch-Neurologische Wochenschrift.
14. Januar 1922, Nr. 11-42.
Psychoanalyse und Psychiatric (zugleich Buchbesprechungen). Bresler
247.
('eher subjektive optische Anschauungsliilder. .1 a âąâąâą n seh. K. R. 255.
âŠBaderbehandlung In den Irrenanstalten, II e i z f e 1 d t. 256.
BÀderbehandlung in den Irrenanstalten. Wie vielerwÀrte so
gestatten auch in der mittelfrĂ€nkischen Heil- und PĂŒegeanfitrilt
Ansbach die heuligen VerhÀltnisse mit der ebenso kÀrglichen wie
teuren Kohlenbelieferung die Dauerbehandlung nur bei Tage und
stundenweise. Verfasser schweigt ĂŒber die SchluĂfolgerung, ich
spreche sie aber hiermit aus: Jeder Todesfall eines erregten
Geisteskranken, der durch zureichende Dauerbadbehandlung hÀtte
gerettet werden können, ist ein Opfer der Fortsetzung des Krieges
mit anderen Mitteln.
28, Januar 1922, Nr. 48-44.
âStandesfragen II. R e i n. 259.
Psychoanalyse und Psychiatrie. Breslei . J. (Fortsetzung). 262.
BeschÀftigung von Pfleglingen im Haushalt Anstaltsangestellter. S c h u c i-
cl e r. 267.
Kurze, vorlĂ€ufig« Mitteilung ĂŒber einen positiven Rindenhefuml bei Kata-
tonie. Adler, A. 269.
Standesfragen. Verfasser behandelt zunÀchst kurz die Ge-
haltsfrage der beamteten IrrenÀrzte, dann die Titelfrage. Mit
dankenswerter Offenheit wird hier klipp und klar gesagt, daĂ das,
was den Oberlehrern, Richtern und besonders den Versorgungs-
ÀrzUai und KreisÀrzten recht ist, den beamteten IrrenÀrzten billig
sein mĂŒsse: die Ratsbenennung als Amtsbezeichnung.
BeschÀftigung von Pfleglingen im Haushalt Anstaltsangc-
stcllter. Polemik gegen den Breslerschen Aufsatz in Nr. 29-VA)
derselben Wochenschrift unter Heranziehung aller berechtigten
sachlichen EinwĂ€nde mit dem markigen SchluĂsatz: âMan soll die
BeschÀftigung Kranker in Privathaushaltungen fördern, wo man
kann''. Ich hĂ€tte noch hinzugefĂŒgt: â0 si taeuisses, Bresler!"
11. Februar 1922, Nr. 45-46.
Psychoanalyse und Psychiatrie (SchluĂ). Bresler. 271.
Weiteres zur Prophylaxe und Behandlung von Tabes und progressiver Para-
lyse mittels Chinin. Adler. A. 279.
FlĂŒstersprache. S c h m e l z e i s , K. 279. .
âWahrtrĂ€ume und ErinnerungsfĂ€lschungen. S c h m i t t. 281.
WahrtrÀume und ErinnerungsfÀlschungen. So lange bei den
lelepalhischen Experimenten die Unmöglichkeit von Erinnerungs
lÀlschungen ausgeschlossen ist, muà die Kritik zweifeln. Nur
eine Möglichkeit der ErinnerungsfÀlschung kann man nicht aus-
schlieĂen, wenn der Wahrtraum erst nach dem Erlebnis geĂ€uĂert
wird.
25. Februar 1922, Nr. 47-48.
Zur Frage der FrĂŒhenUassung Geisteskranker. L a n g , G. 283.
Einige therapeutische VorschlÀge zur Behandlung der Ge'steskrÀnkheiton
Adler, A. 291.
lt. MĂ€rz 1922, Nr. 49-50.
âErfahrungen ĂŒber Typhus und Dauerausscheider. S c h m i t t. 295.
lieber e ine anscheinend typische SehÀdclasymmetrie bei hervorragend intel-
lektuell Begabten. A d 1er. A. 297.
Zur Frage der FrĂŒhentlassung Geisteskranker (Fortsetzung), t an g , A. :.!>7.
Erfahrungen ĂŒber Typhus und Dauerausscheider. Besonders
beachtenswert ist aus dem Aufsatz die Empfehlung des Cystinol s
wegoh seiner bakteriziden Wirkung auf die Typhusbazillen. Da-
mit wĂŒrden Millionen und Abermillionen in der Irrenpflege ge-
spart werden können, aber ich kann mich gegenĂŒber der Sicher-
heit der Wirkung eines gewissen Skeptizismus nicht erwehren.
25. MĂ€rz 1922, Nr. 51-52.
G e o r g 1 1 b c r g. 309.
âZur Frage, der FrĂŒhentlassung Geisteskranker (SchluĂ). L a n g , G. 310.
Zur Pathologie und Therapie der Geisteskrankheiten. O e t t e r. 316.
Zur Frage der FrĂŒhentlassung Geisteskranker (SchluĂ). Ver-
fasser kommt nach seinen ausfĂŒhrlichen und mit vielen Tabellen
gespickten Darlegungen zu dem SchluĂ, daĂ man im Hinblick auf
die auch sonst schon vielfach erzielten therapeutischen Erfolge
der FrĂŒhentlassungcn und auf die heutige finanzielle Lage, welche
uns eine möglichste AbkĂŒrzung des Anstaltsaufenthalts zur
Pflicht macht, dem von vielen Seiten so warm empfohlenen, von
manchen aber auch angefochtenen Entlassungsmodus nÀher treten
möge. W e r n. H. Becke r.
Monatsschrift fĂŒr Kinderheilkunde, Leipzig.
Februar 1922, 22, Heft 5.
â Das alimntĂ€r'e Fieber. Bess a u, G., R o s e nb a u m. s. und Deicht e n -
tritt, B. 641.
âDiagnostische Bedeutung des Gordonsehen Patellar-Reflexes fĂŒr die Chorea
minor. N o e g g e r a t h , C. 657.
âDie Beideutung von Laboratoriunismethoden fĂŒr die Prognosestellung bei Kin-
dertuherkulose. C i e s i y n s k i. 663.
436
40. Jahrg. â
Nr. 24/25.
Das alimentÀre Fieber. Kritische klinisch-experimentelle
Studie. Danach stellt die Temperaturkurve kein zuverlÀssiges
Symptom bei akuten ErnÀhrungsstörungen dar. Vielmehr findet
man bei der alimentÀren Intoxikation sowohl normale relative
Untertemperaturen, wie auch absolute Untertemperaturen. Bei
diesen kann in Folge hinzutretender Infektion hohes Fieber be-
obachtet werden. Ein Abfall der Temperatur bei fiebernden
FĂ€llen kann Besserung aber auch Verschlechterung bedeuten.
Bei relativer bezw. absoluter Untertemperatur kann Anstieg der
Kurve zuweilen mit Besserung des Krankheitszustandes einher-
gehen. Ob Hunger und Nahrungsgaben den Verlauf der Tempe-
raturkurve zu beeinflussen vermögen, kann vorlÀufig nicht ent-
schieden werden. Verff. glauben bei der Intoxikation eine er-
höhte DurchlÀssigkeit der Magendarmschleimhaut als Folge der
Exsikkation annehmen zu mĂŒssen, wenn diese PermeabilitĂ€t auch
nicht in allen FĂ€llen zu bestehen scheint. In den von den Verff.
untersuchten FĂ€llen erwies sich das Blut als steril. Verff. be-
stĂ€tigen damit frĂŒher von anderen Autoren erhobene Befunde.
In fast allen FĂ€llen von Intoxikation gelang es, im Magen- und
Duodenalsaft erhebliche Mengen von Bact. coli, nachzuweisen.
Da Verff. fĂŒr die scweren Vergiftungserscheinungen die die
Magendarmschleimhaut passierenden Coliendotoxinc verantwort-
lich machen zu können glaubten, mĂŒĂten Endotoxine bezw. Coli-
bakleriolysine im Blute nachgewiesen werden, was aber bisher
nicht gelungen ist. Verff. stellten lediglich einen Nichtanstieg
des Coli - Agglutination^ - Serumtiters gegenĂŒber den eigenen
Darmkolibakterien fest. Derselbe mangelnde Anstieg wurde bei
SĂ€uglingen mit Pyelozystitis gefunden, weshalb Verff. ein sehr
geringes Coliagglutininbildungsvermögen bei SÀuglingen an-
nehmen. Die Leukozytenzahl ist bei der Intoxikation sehr
schwankend und steht in keiner Beziehung zur Schwere der Er-
krankung.
Die diagnostische Bedeutung des Gordonsehen Patellar-
reflexes fĂŒr die Chorea minor. Verf. untersuchte systematisch
die Kinder zweier Schulklassen auf die Exkursionen der Unter-
schenkel bei Auslösung des Patellarsehnenreflexes, um festzu-
stellen, ob der von Gordon beschriebene verlÀngerte und ver-
Ă€nderte Ablauf des Reflexes fĂŒr Corea minor pathognomonisch
ist. Auf Grund seiner Untersuchungen kommt Verf. zu dem
SchluĂ, daĂ der Gordonreflex zwar bei Chorea minor hĂ€ufig be-
obachtet wird, aber auch bei sicher nicht choreatischen Kindern
auftreten kann.
Ueber die Bedeutung von Laboratoriumsmethoden fĂŒr die
Prognosestellung bei Kindertuberkulose. Bei kritischer Beurtei1
hing der verschiedenen Laboratoriumsmethoden zur Beurtei-
lung der Prognose der Kindertuberkulose ergab sich, daĂ die von
WeiĂ angegebene Permanganatreaktion und die Russosche
Methylenblaureaktion keinen prognostischen Werl besitzen, wo-
hingegen die Diazoreaktion als wertvoll angesehen werden muĂ.
Der Nachweis von Urobilinogen und Urobilin kann nur bedin-
gungsweise verwendet werden. WĂ€hrend der Anstieg des Pro-
zentgehaltes der Lymphozyten eine gute Prognose gestattet, ist
das Gegenteil bei Abnahme der Lymphozyten der Fall. In solch
prognostisch ungĂŒnstigen FĂ€llen verschwinden auch die Eosino-
philen. Bei guter Prognose wÀchst der refraktometrische Index
des Blutserums, er fÀllt bei sehlechter Prognose.
KĂ€ckell (Hamburg).
Archiv fĂŒr Dermatologie und Syphilis, Berlin.
1. MĂ€rz 1922, 139, Heft 1.
Casus Hin rliagnosi: Keratosis follieular/s scleroticans. I w a n o w . W. W.
und T i s e Ii n e n k o.
âNeue Wenrc der spezifische!) Therapie drr Haut- und Schle'mhuiittiiberkuVase.
W i c Ii in a ii ii . T*.
Universelles beniarn'cis Miliarlupoid Boeck mit Beteiligung innerer Organe.
Rischin, Sf.
âKnni cn ĂŒiior Vererbung von Hautkrankheiten, t. Epidermolysis bullosa here-
ditaria. (Bullöses meehan!ea sijnplex.) S i e m e n s . Hermann Werner.
âKnochenverĂ€nflerung bei Erfrierung. Pulay . Erwin.
(Jeher Keratosis follicularis. Siemens Hermann Werner.
âUeiier Kalkablagerungen der Haut. Lies e' g a n g . Ed. Raphael.
Kt-huer diagnosiizierhare HauttriBhoptiytie. G-javagna!
âl'ehei- die Di f f orentiald \a giinso der mechanisch bedingten BlasenaalsschlĂ€ge,
mit BeitrÀgen zur Kasuistik des sog. Epydermolysis bullosa (Unllos:s
mechanica symptomatica und Bullosis s-pojvtaneas enngetrta) und der heri-
ditÀren De.rmatit's horpetiformis. Siemens. Hermann Werner.
Stammbaum einer Icht.yosisfamirc nebst Bemerkungen ĂŒber die Vererbungs-
art der lehtyosis. L e v e n.
Beitrag zur Spontanheilung der plastischen Induration der Capora cavernosa
pea's. S a c h s . Otto.
Ueber den EinfluĂ des Sailvarsans auf die Blutgerinnung. Trost. W,
âBeitrag zur Frage der Impetigo contagiosa und des Ekthyma. F n c Ii s . Dora.
Untersuchungen ĂŒber die Pathogenese und pathologische Anatomie der Ur-
ticaria T ii r ö k , L.. Lehner, E. und K e n e d y , D.
Ueber eine kieinpustulöse vegetierende Dermatose. Klinisch-anatomische
Studie. Fi »chl. Friedlich.
Neue Wege der spezifischen Therapie der Haut- und Schlei m-
liauttuberkulose. Die Ponndorf-Impfung hat sich in therapeuti-
scher Hinsicht bei Hauttuberkulose nur wenig, die Friedmannsche
Behandlung gar nicht bewÀhrt. Etwas besser sind Erfolge mit
Partialantigenen nach Deyke-Much, doch lassen auch dabei die
ĂŒesultale viel zu wĂŒnschen ĂŒbrig. Befriedigende hat W. da-
gegen mit Impfungen gesehen, die mit DrĂŒsensaft des erkrankten
Patienten ausgefĂŒhrt werden; hierzu werden 1 â 3 kleine, im
Stadium der saftigen Schwellung befindliche HalsdrĂŒsen dem be-
treffenden Patienten operativ entnommen, zerkleinert und mit
9 Teilen NaCl versetzt. Diese Aufschwemmung wird 2 Stunden
lang geschĂŒttelt, nach 48 stĂŒndigem Aufenthalt im Eisschrank fil
friert und dann 2" Stunden auf 55° erhitzt. Von diesem Filtrat
werden 1 â 2 Teilstriche intrakutan injiziert und auf Lokal-
wie Allgemeinreaktionen geachtet. Die Dosis, die eine ĂŒber ein
Erythem hinausgehende lokale Beaktion nicht ergibt, wird in
3 â 6 tĂ€gigen Pausen intra- oder subkutan eingespritzt. â In 15
von 22 FÀllen hat sich die Methode mehr oder minder bewÀhrt,
doch hat meistens eine gleichzeitige Lichtbehandlung stattgehabt .
Studien ĂŒber Vererbung von Hautkrankheiten. Bei der Epi-
dermolysis bullosa hereditaria, und zwar bei der einfachen
besser als Bullosis mechanica simplex zu bezeichnenden â Form
findet sich bei genauer literarischer Durchforschung der Stamm
bÀume ein wenn auch geringes Uebcrwiegen der kranken
Familienmitglieder ĂŒber die gesunden; dagegen ist nicht zu be-
stÀtigen, daà das mÀnnliche Geschlecht hÀufiger als das weibliche
ergriffen ist, nur treten die Erscheinungen bei diesen gar nicht
selten erst in spĂ€teren Jahren auf und schwinden auch frĂŒher ;ils
bei den mÀnnlichen Patienten. Die angebliche Disposition der
germanischen Basse fĂŒr dieses Leiden ist wohl darauf zurĂŒckzu-
fĂŒhren, daĂ gerade in Deutschland diese Erkrankung besonders
studiert und beobachtet wurde. Jedenfalls ist sie in letzter Zeit
auch bei einem Neger und einem Mongolen festgestellt worden.
KnochenverÀnderung bei Erfrierung. Erfrierung hat eine
Entkalkung der FuĂ- und Handknochen zur Folge, die von kaum
nachweisbaren AnfÀngen bis zur totalen Entkalkung alle Ueber-
gÀnge aufweist. Am hÀufigsten sind die 3. Phalangen, dann Kopf
und Basis der metatarsi atrophiert. Den VerÀnderungen des
Knochenskelettes entsprechen meistens solche an den Weich-
teilen, doch kommen sie auch ohne Manifestationen an den Weich
teilen vor und sind noch hÀufig zu konstatieren, wenn die Weich-
teile bereits lange normales Aussehen wieder besitzen; hierdurch
erklÀren sich bisweilen Geh- und SensibilitÀtsstörungen, die spon-
tan oder bei WitterungsumschlÀgen anscheinend ohne Ursache
nach Erfrierung auftreten. Histologisch findet man eine Throm-
bosierung der GefĂ€Ăe, so daĂ nach v. B e c k 1 i n g h a u s e n die
Erfrierung auf eine durch Blutstockung herbeigefĂŒhrte regressive
ErnĂ€hrungsstörung zurĂŒckzufĂŒhren ist, im Gegensatz zur Ver-
brennung, bei der sich hauptsĂ€chlich entzĂŒndliche VorgĂ€nge ab-
spielen.
Ueber Kalkablagerungen der Haut. Kalkmangel ist nicht die
Ursache der Rachitis, da hier sogar ein gröĂerer Gehalt an lös-
lichen Kalksalzen in den Geweben als normalerweise vorhanden
ist. Ueberhaupt sind Kalksalze fast stets im Körper im Ueber-
schuĂ vorhanden, und daĂ dieser nicht zu einer Verkalkung des
gesamten Organismus fĂŒhrt, hat seinen Grund darin, daĂ von
den lebenden Zellen CO? produziert wird, die Kalziumphosphat
und Kalziumkarbonat löst. Erst wenn pathologischerweise diese
COvEntwicklung der Zelle nachlĂ€Ăt, kommt es zu Kalkablagerung
in ihr selbst. Sonst schlagen sogar die den Kalkstoffwechsel nor-
malerweise besorgenden Zellen den Kalk nicht intra- sondern
interzellulÀr nieder, und nur infolge der Armut der Knochensub-
stanz an Zellen kann hier Kalk physiologisch in gröĂeren Mengen
abgelagert werden.
Ueber die Differentialdiagnose der mechanisch bedingten
BlasenausschlÀge. Unter dem Namen Epidermolysis hereditaria
werden verschiedene klinisch sich sehr Àhnelnde aber Àtiologisch
verschiedene Krankheitsbilder zusammengefaĂt. Aus diesen sucht
W. die Bullosis mechanica als Krankheit sui generis herauszu-
heben. Die Bullosis wird nach W. charakterisiert 1. durch ihre
Eigenart, daĂ die Blasenbildung stets durch mechanische Beize
bedingt ist, 2. durch ihre kongenitale Anlage, und 3. durch die
gĂŒnstige Prognose quoad vitam und die im ĂŒbrigen gute Gesund-
heit des Patienten. Das Bild der Bullosis, von der es eine ein-
fache und eine dystrophische Form gibt, wird dadurch ver-
schleiert, daĂ der Ausschlag bisweilen trotz der kongenitalen
Anlage erst sehr spÀt auftritt, wie bei einer Patientin, bei der
40. Jahrg. â Nr. 24/2.r).
Aus den neuesten Zeitschriften
4S7
sich trotz absolut dominanter Anlage die orslon Blasen erst mit
21 Jahren zeigten. Trotzdem mĂŒssen diese SpĂ€tformen der Bul-
losis mechanica zugezÀhll werden und sind scharf abzugrenzen
von anderen nicht hereditÀren Blaseneruptionen, wie der Bullosis
mechanica neurotrophica und der Bullosis mechanica toxica, die
zwar auch mechanisch bedingte Blaseneruptionen als einzige
AeuĂerung der Hautkrankheit besitzen, die jedöoh erworbenen
und nicht kongenitalen Ursprunges sind. Eine Bullosis mechanica
symptomatica kann auch ferner im Gefolge oder kombiniert mit
anderen Dermatosen vorkommen, angeblich beim Ervthema exsu-
dativum, sicher bei der Dermatitis herpetiförmis und beim Pem-
phigus. Oh es auch eine Bullosis congenita spontanen gibt, wagl
S. auf Grund seiner Beobachtungen wie auf Grund der bisher
vorliegenden Literatur nicht zu entscheiden. Bei den Blasen
eruptionen, die hÀufig bei Hautatrophien und Keratosen gesehen
werden, gibt nur die genaueste Familien-Anamnese im Verein
mit dem Provokationsverfahren, auf dessen Technik S. groĂen
Wert legt, AufklĂ€rung ĂŒber die wrahre Natur des Leidens.
Beitrag zur Frage des Impetigo contagiosa. Bei der Impetigo
contagiosa, die allgemein als Streptokokkeninfektion angesehen
wird, ist die staphylogene Infektion durchaus nicht selten. Ja
diese staphylogene Impetigo zeigt ein solch charakterisches Aus-
sehen, daĂ man aus diesem die Art des Infektionserregers bereits
klinisch erschlieĂen kann. So finden sich hier stets Blasen mit
mehr oder minder serösem Inhalt oder wenigstens Blasenreste.
Der Blaseninhalt verdunstet meistens, wobei die Blasendecke als
weiĂes HĂ€ufchen zurĂŒckbleibt, und so kommt es hĂ€ufig zu keiner
Krustenbildung. In den wenigen FĂ€llen, in denen es doch zu einer
solchen kommt, zeigt sich diese mehr als ein firnisartiger Belag
denn als dicke Auflagerungen. Auch EntzĂŒndungserscheinungen
treten nur in ganz geringem MaĂe auf, dagegen neigt die staphy-
logene Impetigo zur Disseminierung, Ausbreitung auf die be-
nachbarten Körperteile und zur familiÀren Infektion. In 50
EktymafÀllen fand F. fast stets Streptokokken in Uebereinstim-
mung mit den Berichten anderer Autoren. Bab fBerlinV
21. MĂ€rz 1922, 13, Heft 2.
BeitrÀge zur Anatomie und Biologie der HfMit. VIII. Biologische Deutungs-
versuche pathologischer rTaufcnrothesr (Ekzem- und ZosterblÀse.hen. bal-
loreerpTHl" und retikulierende Dcgerierat'on. Entstehungs-weisc nicht para-
- sit&rer Hautexantheme). F rie-ho.es". Walter.
Ein Beitrag zum Keratoma palmare et plantare hi reditarium (Keratoma dissi-
patum Brauer). B r a n 11 . GĂŒnther.
D'e Elefantiasis der Schamlippen. Klinische Beobachtungen und pathologisch-
anatomische Bemerkungen. (i r a v a g n a.
âZur Frage der Epidermolysis bullosa hereditaria. M a V r Jtllius K. und
K a t z , K.
âBeitrĂ€ge zur Physiologie der .luckempf indung. K n t Ii tn a u n . Stephan,
lieber VerÀnderanjren des Blutbildes be!rh Haarausfall nach allgemeinen
Krankheiten. E i c h e 1 b a U m Hans Reinhard.
âZur Kenntnis tubulöser HautgeschwĂŒlste. K r e i 1 i e Ii . ('.
Follicularcyste und Spinalzellenepitheliom. Bemerkungen ĂŒber das Wesen
der Kopfathenimc. Beitrag zur Bakteriologie der artifciellen \cue.
F r e i . Wilhelm.
I ntersuchungen zur Frage der EinheitlichkeM der RiickcnmarksfliiUigkcit in
den verschiedenen Bez'rken an Fallen von Dermatosen, Tr'pper und Friil)-
syphili« Schönfeld. W.
Weiterer Beitrag zur Kenntnis der Acrodermatitis atrophicans. .1 c II n c r
Max.
BeitrÀge zur Paraffintechn'k der Maut. F r e u d e n t Ii a I Walter.
Zur Frage der Epidermolysis bullosa hereditaria. Bei einem
cschwislerpaar mit Epidermolysis hered. bullosa, dessen Eltern
Bichl blutsverwandt und die ebenso wie ihre Aszendenz frei von
diesem Leiden waren, zeigte das 1jÀhrige Àltere MÀdchen die
dystrophische Form, der jĂŒngere Knabe die einfache Form der
Erkrankung. Infolge dieser Beobachtung sowie infolge kritischer
Verwertung der von Siemens zusammengestellten Tabellen,
glauben die Autoren nicht, daĂ die beiden Formen Syndrome ver-
schiedener Krankheiten sind. Vielmehr weisen sie nach, daĂ bei
den verschiedenen Formen der Epidermolvsis keinerlei verwert-
bare BegelmĂ€Ăigkeiten in bezug auf Blasenbildung, Sitz derselben,
histologische Struktur, Kombination mit Atrophie oder Pigmen-
tation, Vererbung vorkommt, sondern daĂ vielmehr dauernde
FebergÀnge vorhanden sind, die sich nicht voneinander abgrenzen
lassen.
BeitrÀge zur Physiologie der Juckempfindung. Töwks Be-
achtung, daĂ ein Zusammenhang zwischen ^Schmerz und Juck-
iz besteht, bestÀtigt Rohmann durch folgenden Versuch:
ringl man Juckpuiver auf einen an Àsthetisch gemachten Bezirk,
o beginnt dies erst mit Nachlassen der AnÀsthesie zu wirken.
Audi bei zentraler AnÀsthesierung LumbalanÀsthesie
Schwindel nach Thoele erst der Schmer/., bald darauf das .Tuck-
gefĂŒhl. erst spĂ€ter KĂ€lte-, WĂ€rme-, Kitzel- und Tastempfinden.
Diese Sinnesempfindungen haben nichts mit dem JuckgcfĂŒh] zu
tun, denn beim Verlöschen dieser GefĂŒhle infolge pathologischei
Prozesse bleibt der Juckreiz unverÀndert erhalten. Dieser isl
vielmehr eine Funktion der Schmefzempfindung und zwar dei
protopathischen. Auf Grund experimenteller Untersuchungen
nimmt Head an, daà der Schmerz durch zwei SelbstÀndige
Leitungssysteme zustande kommt, das protopathische, das die
Empfindung diffus, als schlecht lokalisierbare, unangenehme Er-
regung weiterleitet, und das epikrilische, das die feine Tast-
empfindung, die scharfe Lokalisation, die Unterscheidung der
BeizintensitÀt weitergibt. In einem Falle, in dem durch Kriegs-
verletzung die. epikrÀtische SensibilitÀt gestört, die protopathische
noch erhalten war, wurden nach B.'s Beobachtungen leichte Nadel
sliche als Jucken empfunden.
Zur Kenntnis tuberkulöser HautgeschwĂŒlste. K. hatte frĂŒher
die schweiĂdrĂŒsenĂ€hnlichen GĂ€nge eines systematisierten Naevus
auf die HaarbĂ€lge zurĂŒckgefĂŒhrt. Diese Annahme gibt er jetzt
auf und schlieĂt sich auf Grund der Einwendungen und neuerer
Untersuchungen mehr Krom pecher an, der sie als SchweiĂ-
drĂŒsengĂ€nge ansah, die durch Hyperkeratose verlegt waren. Er
beschreibt nun zwei Naevi sebacei, bei denen er mit Hilfe der
SudanfĂ€rbung im Formalinschnitt unter der TalgdrĂŒsenhvocrtronhie
deutliche SchweiĂdrĂŒsenanlage findet. Ferner ein tuberkulöses
Karzinom der Nasengegend, das von dem OberflÀchenepithel oder
von den Follikeln ausging, und dessen tubulöse GÀnge von der
OberflÀche nach abwÀrts gewuchert waren, wÀhrend er in einem
als SchweiĂdrĂŒsenadenom gedeutetem Falle vermutet, daĂ infolge
einer traumatischen EntzĂŒndung des Stromas die SchlĂ€uche von
unten nach oben gewachsen sind. Bab (Berlin).
Dermatologische Wochenschrift.
25. MĂ€rz 1922, Nr. 12.
lieber Dermatitidcn durch Terpontinersafz. Prof. Gr a . 1 e W s k i.
Multiple weiche Warzen der Mundschleimhaut. Stern. F.
âSclerosis urethrae. G y o r g y e i r e . Georg.
Sclerosis urethrae. Bei der Sclerose der Urethra findet man
fast stets eine leichte umschriebene HÀrte der Harnröhre nebsl
mĂ€Ăiger Sekretion aus derselben. Beim geringsten Druck auf
diese harte Stelle wird charakteristischer Weise das Sekret sofort
sanguinolent. In diesem Sekret, von dem am besten der erste
Tropfen nicht zur Untersuchung herangezogen, sondern besser
weggewischt wird, sind die hier sehr zahlreichen SpirochÀten sehr
leicht zu finden.
1. April 1922, Nr. IM.
âD e OlĂŒhnadel als therapeutisches und kosmetisches Hilfsmittel. 1' o Ii o r II y.
Adolf.
Meine Aktivmethode der Wassermann-Reaktion bei Syphilis. Hecht. Hugo.
Die Gliihnadel als therapeutisches und kosmetisches Hilfs-
mittel. Zur Behandlung von Steruchenteleangiektasien, kleinen
Naevi und vor allem von Akne rosacea hat sich P. die Verödung
der GefĂ€Ăe durch eine einfache, spitze, am Bimsen- oder Spiritus-
brenner bis zur Bolglut erhitzte NÀhnadel bewÀhrt, die nach Art
einer PrÀpariernadel auf ein HolzstÀbchen befestigt wird. Diese
lunipunklion gibl keine Narben, vermeidet jede Blutung und vor
allem jede Kelöidbildung; sie ist daher in geeigneten FÀllen der
Elektrolyse weit ĂŒberlegen.
8. April 1922, Nr. 14.
âTherapeutische Versuche mittels perkutaner Elektrolyse w i r z . V.
Erwiderung auf Almkv'sts Berichtigung meiner Arbeit ..Fin Weg zur Ver-
hĂŒtung und Behandlung der Stermatitis mercurialis. S c h r e u s . II. Th.
Therapeutische Versuche mittels perkutaner Elektrolyse. Verf.
empfiehlt die perkutane Elektrolyse Jontophorese von
Adrenalinlösungen, um â besonders narbiges oder infiziertes -
Gewebe anaesthetisch zu machen. Diese Anaesthesie dauert etwa
eine Stunde lang an, mithin doppelt so lange als die Injektion^
anaesthesie, und geht bis ins Subkulangewehe, so daĂ sie -fĂŒr
kosmetische Operationen besonders geeignet isl. â Bei Tricho-
phytieen hat sich die Ichtyol- resp. Jodiontophorese glÀnzend be-
wĂ€hrt und die Radiotherapie ĂŒberflĂŒssig gemacht. Beim Lupus
und der Gonorrhoe dagegen ist von ihr nur wenig Nutzen zu er-
warten.
15. April 1922, Nr. 15.
lieber sÀurefeste Bazillen hei Acne conglobata. P i c k . Erwin.
âEine neue Technik fĂŒr intramuskulĂ€re Quecksilberinjektionen. P o n t o p -
p i d Ii n . B.
Eine neue Technik fĂŒr intramuskulĂ€re Hg-lnjektion. Galomel
wird in StÀbchenform mit Ol Kakao zubereitel in die Rekord-
438
Aus den neuesten Zeitschriften
spritze gebracht; vor der Injektion wird die Spritze durch eine
Spiritusflamme gezogen, worauf die Masse leicht durch eine ge-
wöhnliche RekordkanĂŒle gespritzt und so die Gefahr einer Leber
dosierung vermieden wird. B a 1) (Berlin .
Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
1. April 1922, 49, Nr. 13.
âSemmelweis, nicht Listor! Bruck. 426.
â Excision der MagenstraĂe. K i r s c h n c r. 428.
Verlaufen sensible Fasern in den vorderen VVurz&In.? L e Ii >n a n n . W. 435.
Chronischer Icterus. II ĂŒ h s c h. 437.
Entspannung von Nahtlinien. Meyer. H. 439.
Entgegnung auf d:e Veröffentlichung Brunzels ĂŒber Tetanusreaktiv iening
nach 7 Jahren. Herz. 440.
Semmelweis, nicht Lister! Verfasser weist darauf hin, daĂ
der BegrĂŒnder der Anliseptik und Aseptik nicht, wie fĂ€lschlich
immer angenommen wird, L i s t e r, sondern S e m m e l w e i s
ist. Dieser hat schon im Jahre 1847, also 20 Jahre vor Lister,
die HÀnde mit Chlorwasser oder Chlorkalklösung desinfiziert und
die Bedeutung der Kontaktinfektion klar erkannt. Die Lehre
Listers muĂ sogar als ein BĂŒckschritt angesehen werden, da
er zunÀchst nur die Luftinfektion kannte und zu bekÀmpfen
suchte. Das Verdienst Listers liegt in der weiten Verbrei-
tung, zu der er dem antiseptischen Gedanken vorholfen hat.
Zur Exzision der MagenstraĂe. Kirschner hĂ€lt die von
Schmieden vorgeschlagene âExzision der MagenstraĂe als
kausale Therapie des MagengeschwĂŒrs" fĂŒr keine Verbesserung
der bisher geĂŒbten Operationen. ZunĂ€chst ist noch gar nicht er-
wiesen, daĂ der anatomischen âMagenstraĂe" wirklich eine funk
lionelle Bedeutung zukommt in dem Sinne einer bevorzugten oder
ausschlieĂlichen Benutzung dieser StraĂe durch die Speisen. Aber
selbst wenn dem so ist, so wird durch die Exzision dieser Magen-
slraĂe die Form des Magens nicht in dem Sinn.' verĂ€ndert, dafi
eine Entlastung der neugebildeten MagenstraĂe herbeigefĂŒhrt
wird. Wenn mechanische EinflĂŒsse in der Aetiologie des Magen-
geschwĂŒrs ĂŒberhaupt eine Bolle spielen â was ja durchaus an-
zunehmen ist â dann muĂ die durch Operation neugebildete
MagenstraĂe mehr als die exzidierte zur GeschwĂŒrsbildung
neigen; jede Narbe ist ja leicht verletzlich und besitzt wenig
Heilkraft. Zum SchluĂ wendet sich Verfasser gegen die An
sieht Schmiedens, daĂ âdie einzige Möglichkeit einer Heilung
in der radikalen operativen Entfernung des das GeschwĂŒr tragen-
den Magenabschnittes" bestĂŒnde; er hĂ€lt die Operationsindikation
erst dann fĂŒr gegeben, wenn alle internen Hilfsmittel erschöpft
sind.
8. April 1922, 49, Nr. 14.
Lymphdrainage bei Elephantiasis cruris. II a u b c n_r e i s s e r. 471.
âDilatation ih r Harnröhre. H a m in e s f a Ti r. 47").
â Rezidive nach Bassini. Seh war tz. 476.
Neue Art der Versorgung von GefaĂverletzungen. Moni y. 480.
Kritisches zu dem Artikel: Ist die Xebennicrenexstirption bei Epilepsie be-
rechtigt? Reisten. 482.
Dilatation der Harnröhre âohne Ende". Verf. empfiehlt fĂŒr
schwere Strukturen der hinteren Harnröhre ein Verfahren, das
der Speiseröhrendilatation âohne Ende" nachgebildet ist; durch
eine Zystotomiewunde wird ein dĂŒnner Draht von der Blase zur
Harnröhre hinausgeleitet; an diesem werden GummischlÀuche
immer dickeren Kalibers angeschlossen und im Laufe von Tagen
und Wochen durch die Harnröhre gezogen. â Mitteilung von zwei
auf diese Weise geheilten hochgradigen Verengerungen.
Zur Frage der Rezidive nach Bassini. Unter 207 nach B a s-
s i n i Operierten fanden sich 5,3 % Rezidive. Solange andere
Methoden noch keine besseren Resultate ergeben, sollen die
LeistenbrĂŒche nach B a s s i n i operiert werden.
K. Wohlgemut h (Berlin^.
Deutsche Zeitschrift fĂŒr Chirurgie.
1922, 169, 5/6.
Uebetr SpulwUrmerabszesse der Leber. M a k a i . E. 297.
âDie chirurgischen Komplikationen der Ascaridon-Hrilminthiasis. Gr i r g elfte
söhn, K. 309.
Die Arthrodese durch paraartikulÀre Knochenspaneinpflauzung bei Gelonk-
tuberkulose. K a p p i s , M. 316.
lieber mehrsitz'gen DarmverschluĂ und Sehemeinklemmung hei BrĂŒchen.
Ein Beitrag zu den selteneren Ileusformen. Block. W, 329.
âą5»Zur Frage der SakralanĂ€sthesie. B a r b e y . A. 341,
Periostitis infectinsa. I! f Ii. 361.
40. Jahrg. â Nr. 24 25.
âlieber Röntgenstcreographie als chirurg'sch-diagnostisches Hilfsmittel.
F i e b a c h , R. 399.
Bemerkungen zur Arbeit: Ueber den Stand der Frage der galligen Peri-
tonitis. Wagner, F. 415.
Die chirurgischen Komplikationen der Askariden - Helmin-
thiasis. SpulwĂŒrmer vermögen nicht nur eine Beihe chirurgi-
scher Erkrankungen (z. B. Ileus, Appendizitis, Leberabszesse usw.:
hervorzurufen, sondern sind auch imstande, gewisse Abdominal-
erkrankungen, namentlich Appcndizitiden, vorzutÀuschen. Die
Kenntnis dieser Tatsachen ist diagnostisch-therapeutisch wichtig.
Verf. empfiehlt im Zweifelsfalle zunÀchst Einleitung einer Wurm-
kur, bei deren Versagen dann der operative Eingriff vorzu-
nehmen wÀre.
Zur Frage der SakralanÀsthesie. Zusammenstellung von Ei-
fahrungen an 146 FÀllen, bei denen SakralanÀsthesie vorgenom-
men wurde. In 134 FĂ€llen wurde volle Wirkung erzielt, in den
ĂŒbrigen nur eine teilweise, bezw. keine. Zwischen Nabel und
Zehen bestand bei gelungener AnÀsthesie stets absolute Schmer?-
losigkeit. Ueble Nebenwirkungen traten nur vereinzelt auf, Todes-
fÀlle wurden nie erlebt. Die Dosis betrug Iiis zu 0,9 g Novokain.
Voraussetzung zum vollen Gelingen der AnÀsthesie ist normale
Beschaffenheit des Hiatus sacralis, ein nicht zu empfindliches
Nerven- und GefĂ€Ăsystem der Patienten, das Fehlen arteriosklero-
tischer oder kachektischer VerÀnderungen. Vorteile der genannten
Methode gegenĂŒber der Leitungs- und LumbalanĂ€sthesie sind ver-
einfachte Technik und Seltenheit ĂŒbler Nebenwirkungen.
Ueber Röntgenstereographic als chirurgisch-diagnostisches
Hilfsmittel. Verf. schildert die Verwendung der Röntgensterco-
graphie bei der Fremdkörperbestimmung, bei KnochenbrĂŒchen,
Luxationen, chirurgischen Knochen- und Weichteilerkrankungen
und weist auf den groĂen Nutzen erwĂ€hnter Methode hin, die in
der Königsberger chirurgischen Klinik ĂŒberall da verwendet wird,
wo einfache Durchleuchtung oder Aufnahme nicht zum Ziele fĂŒhrt.
Technische Einzelheiten siehe an Ort und Stelle.
L. F r o s c b (Berlind
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
23. MĂ€rz 1922, Nr. 12.
â Xcueres aus d m Gebiete der ErnĂ€hrungsstörungen im SĂ€uglingsalter.
W i e 1 a u d , E. 293.
Ein Apparat zur Messung der Blutgerinnungszeit. F c i Ă 1 y . R. .100.
â Einiges ĂŒber PneumothoTaxapparatc. Letcbke, E. 301.
Xo' hmnls zur Frage der Brilleuwirkungcn. H e g n e r , E. 301.
Zur Frage der geographischen Verbreitung der Epilepsie. A m m a n n . R.
303.
Neueres aus dem Gebiet der ErnÀhrungsstörungen im SÀue-
lingsalter. Verf. gibt einen Ueberblick ĂŒber die neuere Entwicke-
lung und den Stand der Lehre von den sog. Verdauungskrank-
heilen der SĂ€uglinge, wie er es zehn Jahre zuvor schon einmal
getan hat, nachclem damals die Ansichten der maĂgebenden pĂ€dia-
trischen Schulen Deutschlands zu einer gewissen Einigung gelangt
waren. Das letzte Dezennium ist beherrscht von der mit enormem
experimentellen Beweismaterial aufs scharfsinnigste gestĂŒtzten
Finkelstein'schen Lehre vom enterogenen Salzfieber und von der
NĂ€hrstoffvergiftung; die Bakterieneinwirkung als Genese von Er-
nĂ€hrungsstörungen trat darĂŒber in den Hintergrund der Betrach-
tungsweise. In neuester Zeit erzwangen experimentelle Arbeiten
Moros, ergÀnzt und bestÀtigt durch klinische Untersuchungen
B e s s a u s, die Bcvision der Lehre von der chemischen NĂ€hrstoff-
vergiftung, indem sie gleichzeitig auch fĂŒj den EiweiĂnĂ€hr-
schaden einen bakteriellen (infektiösen) Ursprung mehr wahr-
scheinlich machten.
Die Hauptpunkte dieser wichtigen Arbeit sind kurz skizziert,
folgende: DĂŒnn- und Dickdarm sind in ihrer bakteriellen Besied-
lung völlig ungleich. AuĂer "den obligaten, MilchsĂ€ure bildenden
Kettenkokken enthĂ€lt der DĂŒnndarm des normalen Menschen sozu-
sagen keine Bakterien. Diese Keimarmut Àndert sich sofort, wenn
es zu einer ErnÀhrungsstörung kommt. Es findet eine Invasion
des DĂŒnndarms durch die physiologischen, gĂ€rungserregenden
Dickdarmbewohner statt, was fĂŒr den DĂŒnndarm eine ernste Ge-
fahr bedeutet. Diese pathologische Koliinvasion, die allem An-
schein nach eine konstante Begleiterin jeder ErnÀhrungsstörung
ist, darf man als das maĂgebende pathologische Moment an-
sprechen, nicht allein fĂŒr die Störung der physiologischen Fer-
ment- und ResorptionsfÀhigkeit des Darms, sondern vielleicht auch
fĂŒr die mechanische SchĂ€digung des Darmwandepithels selbst.
Neben der Bakterienwirkung kommt als neues bedeutsames Mo-
ment der loxogene EiweiĂzerfall in Betracht, eine Auffassung,
der sich auch Fink eist ein angeschlosen hat. So wird also in
Zukunft eine so scharfe Trennung zwischen chemischen 'alimentÀr-
toxischen) und zwischen infektiösen SchÀden, wie sie F ink ei-
st e i n' Versuchte, kaum mehr möglich sein. Die praktisch thera-
i, Jahrg. Nr. 24/25. Aus den neuesten Zeitschriften
otischen Konsequenzen der Moro - Bessauschen Forschungs-
sultate lassen zwei Möglichkeiten zu: t. die DurchfĂŒhrung einer
ntibakti ricllcn Behandlung, 2. die BekÀmpfung der begleitenden
- rungssyinplome durch diĂ€tetische MaĂnahmen. Was die anti-
fekliöse Therapie anbetrifft, so ist die Anwendung von Kolisera
nennen, die jedoch einer Anwendung in gröĂerem MaĂstabe als
jsher bedĂŒrfte, um allgemein gĂŒltige SchlĂŒsse daraus zu ziehen,
ie diÀtetisch- medikamentöse Therapie bewegt sich in bewÀhrten
ahnen: Entziehung des GĂ€rungssubslrats, SpĂŒlungen des Magens
d des Dickdarms, AbfĂŒhrmittel im Beginn, Darmantiseptica,
'asser- oder Traubcnzuckerlösungszufuhr.
Als Heilnahrung behĂ€lt die EiweiĂmilch ihre Bedeutung bei,
e ist aber keine Dauei nahrung, selbst dann nicht, wenn sie mit
eigenden Kohlehydratmengen angereichert wird. Als kĂŒnstliche
nseitige Nahrung teilt die EiweiĂmilch diese einschrĂ€nkende
igenschaft mit den meisten kĂŒnstlichen NĂ€hrgemischen. Am
esten darf noch die Buttermilch als Heilnahrung gellen.
Als lLllnahrung dĂŒrfen wir die Czerny - Kleinschmidtsche
uttermehlnahrung bezeichnen; sie leistet bei jungen Untergewich-
ten SÀuglingen Hervorragendes und gibt auch bei Àlteren Kin-
rn nach Ablauf aller akuten Erscheinungen gute Resultate.
Einiges ĂŒber Pneumothorax-Apparate. Verf. hat einen ein-
chen, transportablen Apparat konstruiert, der es ermöglicht, bei
ttlĂ€gerigen Patienten die EinfĂŒllung im Hause des Kranken ohne
ssistenz vorzunehmen, ohne durch Transportschwierigkeiten ge-
indert zu werden. Er will damit die anderen, allerdings köst-
ieligen und komplizierteren Apparate, wie z. B. den von Frey,
icht verdrÀngen, wendet sich jedoch gegen letzteren, um .Ein-
Ă€nde, die derselbe gegen Leschkcs Apparat erhoben hat, sachlich
u widerlegen. Held (Berlin).
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
30. MĂ€rz 1922, 52, Nr. 13.
Kropfprophylaxe. Oswald, A. 313.
Kropfprophylaxe durch Jodtabletten. Klinger, R. 815.
âBeobachtungen ĂŒber die sekundĂ€ren Geschlechtscharaktere, (i i s o n , A. 316.
Aufgaben und Ziele der Medizingeschichte. S i g e r i s t , H. E. 318.
Pathologische Anatomie der multiplen symmetrischen indolenten Lipome.
Hasegawa, T. 322.
Einige Beobachtungen ĂŒber die sekundĂ€ren Geschleehtscharak-
tÀere. Zuerst wird die Talsache hervorgehoben, daà kein einziges
SekundĂ€res Merkmal ein ausschlieĂliches Attribut des einen Ge-
schlechtes darstellt. Es folgt der SchluĂ, daĂ sĂ€mtliche Organe
oder Teile des menschlichen Körpers, welche sekundÀre sexuelle
Kennzeichen aufweisen, nicht nur als solche zu betrachten
sind. Sie sind ursprĂŒnglich als gemeinsame Merkmale beider
Geschlechter anzusehen. In der Bildung der sekundÀren Ge-
schlechtsmerkmale können die verschiedensten Dissoziationen vor-
kommen, z. B. stark entwickelte BrĂŒste und mangelhafte Be-
haarung bei der Frau. Atypische Behaarung bei sexuell normalen
Individuen ist hÀufiger als im allgemeinen angenommen wird.
Diese Dissoziation ist nicht ohne praktische Bedeutung. Ein
Mensch z. B. mit Hypothyreose, der normale Schamhaare, jedoch
keine Achselhaare besitzt, gehört nicht zu den FÀllen reiner Hypo-
thyreose.
Gewisse morphologische Eigenschaften gehen wahrscheinlich
sehr oft miteinander parallel, z. B. Behaarung und Skeleltentwicke-
lung, BrustdrĂŒse und Skelett bzw. dessen akrale Teile (Hand). Die
Behaarung ist zweifellos ein besonders feines Reagens auf die
Skelettentwickelung. Die in ihrer Entwickelung von den Sexual-
organen ganz unabhÀngigen sekundÀren sexuellen Merkmale wer-
den andererseits von anderen Organen oder Organsystemen des
Körpers stark beeinfluĂt und können bei KeimdrĂŒsenatrophie den-
noch vorhanden sein. Die VerÀnderungen, die das PubertÀtsalter
mit sich bringt, sind nicht allein auf VorgÀnge im Sexualapparat
zu beziehen.
Die Vererbungslehre sucht Nachweise dafĂŒr zu bringen, daĂ
die KeimdrĂŒse nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar, d. h. via
BlutdrĂŒsen, Gehirn, bestimmte Körperparlien in ihrer Entwicke-
lung und Funktion beeinflussen kann. Held (Berlin).
Revue Medicale de la Suisse Romande, Lausanne-Genf.
MĂ€rz 1922, 42, Nr. 3.
^fgeuappendizitifl, Appendizitis und Menopause. J Ui 1 la r d . t.'h. 129.
âŠ{âąKardiopulmonales (ierĂ€usch an ungewöhnlichem Platze bei Tuberkulösen
mit Verwachsungen der Pleura. L o u p , F. 147.
PrimÀres Lungenkarzinom, C r a m e r , A. und S a 1 o z . C. KiO.
»Hb'mographische Grundlagen fĂŒr VortrĂ€ge ĂŒber Geschlechtskrankheiten.
Lassueur. A. 171.
Kropfprophylaxe. M e s s e r 1 i . Fi M. 176
Die trĂŒgerischen Formen der Appendizitis; Appendizitis und
Menopause. Verf. zieht in den Kreis seiner Betrachlungen die
subakutc oder chronische, mehr oder weniger verschleierte
Appendizitis ohne besonders krasse Symptome, diejenige Form,
die ein cxspeklatives Verhalten gestaltet. Die Verwechslung von
Blinddarm- und Adnexerkrankungen ist bekannt; immerhin wird
man, da es sich beide Male um pathologische Zustande handelt,
den operativen Weg als den sichersten wÀhlen. Verantwort-
licher ist die Unterscheidung zwischen einer subakulin oder
chronischen Appendizitis und einem physiologischen Zustand wie
die Menopause,- da hier die Entscheidung âoperieren oder nicht'
von folgenreicher Bedeutung ist. Abgesehen von den bekannten
Beschwerden des Klimakteriums gibt es fĂŒr den Diagnostiker
irrefĂŒhrende Symptome: Schmerzen in den Fossae iliacae, die so
heftig werden können, daà sie die Bat. zu Bettruhe zwingen, ja
sogar zu Erbrechen, Fieber und Leukozytose fĂŒhren. Das Vor-
kommen einer Appenziditis im Verlauf der Menopause ist hÀu-
figer als man sich gewöhnlich vorstellt, aber bis jetzt gibt ts
keine fĂŒr die Unterscheidung beider untrĂŒgliche Zeichen. Einige
Unterscheidungsmerkmale seien im folgenden genannt: die PrÀ-
existenz kontrollierter Blinddarmreizungen ist natĂŒrlich ein
wichtiger StĂŒtzpunkt fĂŒr die Diagnose â vorausgesetzt, daĂ keine
Verwechslung mit menstruellen Störungen vorlag. BrĂŒskes Ein-
setzen spricht immer zu Gunsten der Appendizitis. Die Höhe der
Temperatur wÀre ein Unterscheidungsmerkmal parexcellence,
wenn man nicht wĂŒĂte, daĂ selbst bei eitrigen Appendizitiden die
Temperatur unter 38° bleiben kann. Verdauungsstörungen sind
nicht absolut beweisend fĂŒr Appendizitis, denn sie kommen auch
bei der Menopause vor. Die LeukozytenzĂ€hlung, die fĂŒr die
akuten Formen der BlinddarmentzĂŒndung so wichtig ist, leiste'
bei den subakuten oder chronischen so gut wie nichts. Der Ent-
schluĂ zum Operieren soll dann nicht zweifelhaft sein, wenn die
klimakterische Frau mit nachweislich voraufgegangenen Blind-
darmkrisen rezidiviert. Die Schwierigkeit wird dann erst groĂ,
wenn es sich um eine 1. Attacke handelt. Dann hÀngt alles von
dem beobachtenden Arzt ab, der imstande ist, den Operations-
beschluĂ im rechten Moment zu fassen.
Ueber ein cardiopulmonales GerÀusch von anormalem Sitz,
das bei Tuberkulösen mit Verklebung der Pleuren beobachtet
worden ist. Das Zustandekommen des obengenannten GerÀu-
sches erklĂ€rt Verf. folgendermaĂen: Die Verklebung der Pleura
Matter, macht die Lunge, indem sie sie an das Pericard anheftet,
in höherem Grade als sonst abhÀngig von Herzbewegungen. Hat
die Lunge ihre normale ElastizitÀt, so entsteht bei erregtem Zu-
stand des Herzens ein cardiopulmonales GerÀusch an der Stelle
der Verklebung. Dieses GerÀusch wird eher im Niveau der
Basis als an der Spitze zu hören sein, weil die Spitze bei diesen
Pat. fast immer induriert ist. Ist die Lunge der adhaerenten
Seite so krank, daĂ sie ihre ElastizitĂ€t eingebĂŒĂt hat, so wird
man das GerÀusch an der entgegengesetzten Seite hören.
Das AuskultaĂŒonsphĂ€nomen hat nur theoretischen Wert,
bietet jedoch vom diagnostischen Standpunkt einen gewissen
Anhalt: es beweist, dali eine Verklebung der Pleuren da ist.
Prognostisch lĂ€Ăt sich daraus schlieĂen, daĂ der in Frage kom-
mende Lungenabschnitt seine ElastizitÀt bewahrt hat und daher
von der Erkrankung wenig ergriffen ist.
Zur Statistik der Geschlechtskrankheiten. Die BekÀmpfung
der Geschlechtskrankheiten erfordert die Zusammenarbeit aller
Aerzte. Dazu ist nicht allein die wissenschaftliche Kenntnis
nötig, sondern auch die Kenntnis der MorbiditÀt, MortalitÀt.
HĂ€ufigked der Komplikationen und Erhaltungskosten durch die
Gemeinden.
90 % aller MĂ€nner haben im Alter bis zu 40 Jahren eine
Blenorrhagie mindestens durchgemacht, viele davon 2, 3 oder
mehr. Die Zahl der erkrankten MĂ€nner ĂŒbertrifft bei weitem die
der Frauen. In den GroĂstĂ€dten kann 10 % der Bevölkerung als
syphilitisch gelten; seit dem Kriege und in den kriegfĂŒhrenden
LĂ€ndern insbesondere hat diese Zahl noch zugenommen. Die
Infektion findet bei einem FĂŒnftel aller erkrankten MĂ€nner nach
der EheschlieĂung statt, d. h. durch auĂerehelichen Verkehr.
50 % aller syphilitischen Frauen werden unbewuĂt infiziert.
85 % aller verheirateten syphilitischen Frauen verdanken die
Ansteckung ihrem Ehegatten. 70 % aller Augenerkrankungen
bei Neugeborenen ist gonorrhoischer Natur, 25 % aller Erblin-
dungen in den Vereinigten Staaten lĂ€Ăt sich auf Gonokokken-
Infektion zurĂŒckfĂŒhren. Der nĂ€mlichen Ursache verdanken 30%
der sterilen Frauen ihre SterilitÀt. Wie sehr das öffentliche
Wohl durch die Syphilis bedroht ist, zeigen folgende Zahlen:
unter allen im Jahre 1914 wÀhrend eines Zeitraums von
14 Wochen in New York gemeldeten ansteckenden Krankheiten
<
440
nahm die Syphilis die oberste Stelle ein; an 2. Stelle kam die
Tuberkulose, an 3. Diphtherie, an 4. Masern, dann erst Scharlach.
Dabei ist zu bedenken, daĂ die Zahl der gemeldeten Erkran-
kungen vielleicht nur die HĂ€lfte der wirklich erfolgten ausmacht.
In Deutschland bildet die Syphilis bei etwa &0 000 TodesfÀllen die
Todesursache. Auf die Neugeborenensterblichkeit wirkt die
Syphilis mindestens verdoppelnd ein. Auf 100 Syphilitiker kom-
men 3â5 Tabiker, bezw. Paralytiker; in der Berliner Charit e
rechnet man auf 100 Irre 40 Paralytiker; 7 % der Epileptiker
sind hereditÀr-syphilitisch. 80 % aller Aneurysmen gehen auf
luetische Infektion zurĂŒck. Held (Berlin).
La Pediatria Espanola, Madrid.
28. Februar 1922, 11, Nr. 113.
- Kongenitales vollstÀndiges Fehlen des Femurs. G siri ilo-Lc stach« ,
J. 33.
Grippe bei Kindein. G o n z À 1 e z - A 1 v a r e z, M. 40.
Totales angeborenes Fehlen der Feinora. Uarrido-Leslaclie, J. b3.
Einige Bemerkungen ĂŒber Grippe bei Kimlern. G o n z Ă€ 1 e s - A 1 v a r e z 40.
Totales angeborenes Fehlen der Femora. Verfasser berichtet
ĂŒber ein Kind von 12 Tagen, Gewicht 2201) g, 39 cm lang; von dem
hervorragendsten Punkte der HĂŒlte bis zur FuĂsohle miĂt es
11 cm; die Entfernung zwischen den beiden entferntesten Punkten
der HĂŒften miĂt 10 cm; von der Regio perinealis bis zum Boden
6 cm. Das Röntgenbild ergibt vollstÀndiges Fehlen beider Femora.
Die Ursache ist in der Lues congenita zu sehen; Verfasser nimmt
an, daà es sich hier um eine direkte KeimschÀdigung handelt,
daĂ in dem Spermatozoon oder im Ei die zur Bildung der Femora
nötigen Anlagen fehlen. L u r j e.
Paris medical, Paris.
11. MĂ€rz 1922, 12, Nr. 10.
Indikationen der Raehianaesthesie. Gösset und M o n o d. 201.
Wirkung des Stovains und Novokains auf die bulbÀren Zentren. C a m u s.
205.
TeĂnik der Raehianaesthesie. D e s p 1 a s. 209.
Die Raehianaesthesie in der Magenchirurgie. Bloch. 212.
ZufĂ€lle bei der Raehianaesthesie. ihre WĂŒrdigung. VerhĂŒtung und Behand-
lung. II e r t z. 214.
La Presse medicale, Paris.
18. Februar 1922, Nr. 14.
âGlykogeiiMdung in der Leber. Roger. H. 140.
âDifferentiahliagnose zwischen Alopezie und Herpes tonsurans. S a b o u -
raud, R. 146.
Behandlung der Kehlkopftuberkulose. Po r t m a n n . G. 148.
Die Bedeutung und Wichtigkeit des Leberglykogens. Das
Leberglykogen ist nicht nur ein Reservemalerial, zu dem
der Organismus bei verschiedenen energetischen Umwandlungen
seine Zuflucht nimmt. Es spielt bei allen chemischen Prozessen
eine Rolle, die in der Leberzelle vorgehen. Sowohl bei der Ein-
wirkung der ketonischen Produkte auf die Fette, auf EiweiĂ und
seine Derivate, auf toxische Substanzen und selbst auf Mikroben
ist das Glykogen unentbehrlich. Die guten Erfolge der subkutanen
und intravenösen Glykoselösungen hÀngen im wesentlichen von
ihrem EinfluĂ auf die Leber ab.
Zur Differentialdiagnostik der Alopecia areata und des Herpes
tonsurans. Die%)ifferentialdiagriose zwischen der Alopecia areata
und dem Herpes tonsurans dĂŒrfte eigentlich keine Schwierigkeit
bereiten; trotzdem kommen zahlreiche IrrtĂŒmer vor. Die Alopecia
kommt in jedem Alter vor, der Herpes des behaarten Kopfes nur
im jugendlichen Alter (beim Erwachsenen nur im Bart). Bei der
Alopecia ist die befallene Stelle ganz kahl, ganz nackt, ganz sauber
und sehr weiĂ; beim Herpes dagegen ist die Stelle nicht nackt, son-
dern fĂŒhlt sich an wie schlecht rasiert wegen der stehen-
gebliebenen HaarstĂŒmpfchen; sie ist nicht sauber, sondern von
festhaftenden SchĂŒppchen bedeckt, und von grauer fettiger Farbe.
Legt man so ein SchĂŒppchen unter das Mikroskop, so sieht man
an den daran haftenden Haarwurzeln, nicht an den langen noch
gesunden Haaren, die Trichophytie und Mikrosponie. Haber.
22. Februar 1922, Nr. 15.
âŠMCinfluli der LĂ€hmung des externen Astes des Muse. Spinalis auf den Ster-
nocleidomastoideus. Bard, L. 157.
Oer 5. Lendenwirbel und seine VerÀnderungen. L e r i . A. 158.
Paralyse des Ramus externus des Accessorius und ihre Wir-
kung auf den Sternocleidomastoideus. Verf. hatte Gelegenheit,
eine Patientin mit Sprach- und Schluckbeschwerden zu beob-
achten, bei der trotz normaler Kopfdrehung und Haltung der
40. Jahrg. â Nr. 24/25.
linke Sternocleidomastoideus entweder fehlte oder gelÀhmt war.
Bei der Atmung dagegen traten beide Muskeln links und rechts
gleichmĂ€Ăig in Aktion, nur war der linke stark atrophisch. Das
mld ist also dasselbe wie bei einer experimentellen Durchtren-
nung des Accessorius bei IntegritÀt des Plexus cervicalis und
beweist aufs neue die doppelle Innervation des Sternocleido-
mastoideus. Haber.
25. Februar 1922, Nr. 10.
âąH'seudokavernöses Syndrom durch Deviation der Trachea bei chronischer
Lungentuberkulose. A r m a n d - D e I i 1 l e , f., H i 1 1 e m a n d , 11.,
Lestocquoy. t'h. und Maltet, L. 165.
Die Indikationen der Myomektomie, Schwangerschaft nach Myomektomie.
Goullioud, AI. 158.
Die Indikation dei Transfusion von Citratblut und normalem Blut. Chei-
n i s s e , L. 171.
Das pseudokavernöse Syndrom durch tracheale Deviation bei
chronisener Lungentuberkulose. Eine Deviation der Trachea, ĂŒie
klinisch als kavernöses Syndrom imponieren kann, findet sich
mitunter bei Tuberkulösen, die lange krank sind, das 40. Lebens-
jahr ĂŒberschritten haben, mager, aber in gutem Allgemeinzustand
sind. Dabei besteht Retraktion einer Thoraxseitc, leichte Sko-
liose, Verlagerung der Herzspitze, bisweilen auch Dysphagie und
inspiratorische Depression. Bei Palpation der fossa jugularis
bemerkt man das Fehlen der Trachea; der Finger erreicht mit
Leichtigkeit die WirbelsÀule. Der röntgenologische Befund
sichert sofort die Diagnose und rĂŒckt selbstverstĂ€ndlich die Pro-
gnose in ein absolut gĂŒnstiges Licht, da es sich hier um die gut-
artige fibröse Form der Tuberkulose handelt.
Indikationen zur Myomektomie: Schwangerschaft nach Myom-
ektomie. Bei 74 FĂ€llen von Myomektomie, die Verf. lange
genug beobachten konnte, fand sich bei 20 % nachfolgende
Schwangerschaft mit normalem Verlauf. Bei Schwangerschaft
mit gleichzeitig bestellendem Fibrom wartet er ab, bis die Still-
zeit vorĂŒber ist, da oft eine ĂŒberraschende RĂŒckbildung eintritt.
GĂŒnstig zur Myomektomie sind die Fibrome im Fundus, gestielt
oder nicht, die sich nach der Peritonealhöhle hin ausbreiten und
die Adnexe freilassen, ferner die interstitiellen Fibrome der
Vorder- und Hinte.rwand des Uterus; ungĂŒnstig sind multiple
interstitielle und subperitoneale Fibrome, die den Uterus aus-
stopfen, ebenso solche, die sich nach der Uterinhöhle zu aus-
breiten, auch bei polypösen Bildungen und submukösen Myomen.
Dabei sind die Frauen blaĂ und ausgeblutet; daher ist die Hyster-
eklomie vorzuziehen, weil der Blutverlust dabei geringer ist. Die
Radiotherapie bleibt fĂŒr die Frauen nahe der Menopause, fĂŒr die
jĂŒngeren ist die Myomektomie vorzuziehen, da sie den physischen,
intellektuellen und moralischen Wert der Frau nicht gefÀhrdet.
Die respektiven Indikationen der Transfusion mit Natrium
citricum oder mit normalem Blut. Nach zahlreichen Versuchen
und Beobachtungen, namentlich in amerikanischen HospitÀlern,
ergaben die Transfusionen mit Natrium citricum und mit nor-
malem Blut annÀhernd gleiche Resultate, doch stellten sich bei
den ersleren hÀufig unliebsame Reaktionen ein, die bei den
letzteren vollkommen fehlten und die auf die Alteration der
BlutplĂ€ttchen und damit der Blutgerinnung zurĂŒckzufĂŒhren sind.
Der Natrium cilricum-Zusatz ist daher kontra-indiziert bei den
FĂ€llen von starken HĂ€morrhagien, wo der Kranke sich in einem
schockartigen Zustand befindet, wo ihm eine neue ErschĂŒtterung
zu ersparen ist, und zweitens bei extremen FÀllen von AnÀmie
primÀrer und sekundÀrer Art, wo ein moribunder Zustand vor-
liegt. âą Haber.
The Boston Medical and Surgicai Journal.
16. Februar 1922, 186, Nr. 7.
^âąInfektionen der Gallenwege. B o t t o m 1 e y . J. T. 201.
^»Bedeutung der Sondierung der Gallenwege fĂŒr Diagnose und Behandlung.
White, F. W. 206.
^âșHerz bei Hyperthyroidismus. Hamilton, B. E. 216.
Infektionen der Gallenwege. Es erscheint als gesicherte
Tatsache, daĂ die Hauptursache fĂŒr eine Infektion des Gallen-
traktus der Streptokokkus ist, der auf dem Wege des Blutstroms
von einem entfernten Herd aus dorthin gelangt. Staphylokokken
wurden bei Patienten nachgewiesen, bei denen die Vorgeschichte
auf eine Colitis mueosa verschiedenen StÀrkegrades hinwies!
Die Infektion der Gallenblase erfolgt auf verschiedenen Wegen:
auf dem Wege des Kreislaufs, durch das Pfortader-, das Lymph-
system und durch den Duct.-Choledochus. Obwohl ein Fall dann
und wann eine ganz akute ToxÀmie mit tötlicRem Ausgang her-
vorrufen kann, ist in der Regel der primÀre akute Anfall ohne
ernste Folgen. Die Patienten erholen sich, ohne daĂ chirurgisch
Aus den neuesten Zeitschriften
10. Jahrg. â Nr. 24 2').
Aus den neuesten Zeitschriften
441
pinzugreifen nötig wurde. Die Gefahr liegt vielmehr in der Tat-
sache, daĂ die l. Attacke den Grund vorbereitet fĂŒr zukĂŒnftige
und wiederholte Störungen. Kurz zusammengefaĂt ergeben sieh
aus der Gallenblaseninfektion folgende Möglichkeilen der Dauer-
schÀdigung: 1. Verdickung der Gallenblastnwand, Herabsetzung
der Punktion; 2. Pankreatitis; 3. Cholelithiasis; I. reflektorische
Wirkung auf den Magen; 5. AdhÀsionsbildungen.
Die befriedigendste Art der Therapie ist die VerhĂŒtung alles
dessen was die (.alienblase in einen EntzĂŒndungszustand versetzt.
Bei dem heutigen Stand unserer Kenntnisse ist diese Forderung
noch etwas utopistisch. VorlÀufig bietet die chirurgische He
handlang noch die meisten Aussichten auf BekÀmpfung der
GaHeninfektion. Möglich, daà einmal die von Lyon in Phila-
delphia neuerdings vorgeschlagene physiologische Drainage der
Gallenblase zur rascheren Diagnose fĂŒhrt; therapeutischen Wert
besitzt sie nicht. Wiewohl gewisse pathologische VerhÀltnisse,
gewisse persönliche UmstÀnde zu Zeiten eine Cystoslomie rat-
sam erscheinen lassen, so bleibt die Cystektomie doch die am
meisten geĂŒbte Methode. Die Chirurgie der Gallenwege gehört
zu den schwierigsten Gebieten der Chirurgie und sollte von
weniger routinierten Operateuren nur in FĂ€llen dringender Ge-
fahr geĂŒbt werden. Auf keinem anderen Gebiet der Bauch-
chirurgie sind die pathologischen VorgÀnge verbreiteter und
variabler, sind die anatomischen Beziehungen wichtiger und ver-
wickelter.
Der Wert der internen Gallendrainage fĂŒr die Diagnose und
Behandlung der Gallenkrankheiten. Es hat sich gezeigt, daĂ nach
tiner lokalen Berieselung des Duodemems mit MagnasiĂŒmsulfat-
lösung bei normalen und kranken Individuen ein Gallenfluà ein-
setzt, der zuerst hell gelb aussieht, dann dunkler wird, um
schlieĂlich wieder die ursprĂŒngliche Farbe anzunehmen. -Lyon
ist der Meinung, daĂ die zuerst abflieĂende Galle dem Duct.-
Gholodochus entstammt, die 2. dunklere Portio der Gallenblase
selbst, die 3. sei frisch aus der Leber sezerniert. Auf diese
Weise ist er angeblich imstande, die Herkunft des Gallensaftes
genau zu bestimmen, und darauf eine verfeinerte Diagnosen-
siellung der verschiedenen Abschnitte des Gallensystems zu
grĂŒnden. Der EinfluĂ des Magnesiumsulfats auf Farbe und FluĂ
des Gallensaftes wird von den verschiedenen Autoren in ver-
schiedener Weise gedeutet. Praktisch wichtig bleibt, daĂ es
möglich ist, die Gallenwege durch Anwendung von Magnesium-
sulfat mehr oder weniger vollstÀndig nach Belieben zu leeren
und damit ein wichtiges Untersuchungsmaterial zu gewinnen.
Das Verfahren ist etwas mĂŒhsam und zeitraubend; denn es
besteht aus: Intubation, Auswaschung, Aspiration mikroskopi-
scher Untersuchung, Anlegung von Culturen usw.; aber es lĂ€Ăt
sich bei den meisten Patienten durchfĂŒhren. Die Absonderung
der Galle, das Studium und die Bewertung der Zellen und der
Bakterien bieten Schwierigkeiten, die durch Uebung zu ĂŒber-
winden sind. Trotz gewisser EinschrÀnkungen hat sich die Me-
thode fĂŒr die Diagnose als sehr nĂŒtzlich erwiesen. Bleibt bei
wiederholter, lege artis ausgefĂŒhrter Drainage die oben erwĂ€hnte
dunklere Portion (B) aus, so mĂŒssen wir eine Verlegung des
Duct.-Cysticus â meist durch Gallensteine â annehmen. Wenn
|ei richtig ausgefĂŒhrter Drainage ĂŒberhaupt keine Galle kommt,
statt dessen Blut oder Pankreasferment, so ist an eine Ver-
legung des Duct.-Choledochus meist maligner Natur zu denken
Talle von Cholecystitis und Cholangitis geben, wofern nicht eine
ausgesprochene Verhaltung besieht, einen Gallensaft, der abnorm
ist an Farbe, Aussehen, Zell-Schleim-Bakteriengehalt. Gallen-
blasensand stĂŒtzt die Diagnose Gallensteine.
BezĂŒglich der Behandlung ist es logisch, die biliĂ€re Stase,
die das wohlbekannte Vorstadium fĂŒr Katarrhe, Infektionen und
Steine bildet, zu bekÀmpfen. Wir sind gegenwÀrtig noch nicht
sicher, wie vollstÀndig auf diese Weise die Gallenwege entleert
werden; anscheinend war es in vielen FĂ€llen ausreichend.
Das beste Anwendungsgebiet sind die milderen Formen von
Cholecystitis und Choledochitis ohne Obstruktion. Hier schallt
ilie in Frage stehende Behandlungsart Erleichterung und bringt
Heilung. Sie ist selbstverstÀndlich ganz ungeeignet bei akuten,
virulenten Infektionen der Gallenblase, akutem oder chronischem
Empyem, gangrÀnöser Cholecystitis oder FÀllen mit nachgewie-
sener Stein- bezw. Tumorbildung. Nur in AusnahmefÀllen kann
sie hier den chirurgischen Eingriff ersetzen, z. B. bei alten Leuten
oder bei herz-, nieren- oder zuckerkranken Patienten.
Klinische Bemerkungen ĂŒber das Herz heim Hypcrthyreoidis-
inus. Verf. hat eine Anzahl von Herzbefunden beim Hyperthyreoi-
dismus aufgenommen und schlieĂt daraus Folgendes:
Bei einer erheblichen Anzahl besteht Hyperthyreoidismus
ohne HerzschÀdigung. Versagen des Herzens besteht nicht, nicht
einmal in FÀllen mit tötlichem Ausgang. Ilypcrlhy reoidismus
bei gleichzeitiger rheumatischer Herzerkrankung, oder einem
Lebensalter jenseits der ir> neigt dazu, stationÀres oder paroxys
males Herzohrflaltem zu bewirken. Talle von Hyperthyreoidis
ums mit Herzohrflattern verlieren dasselbe nach operativer Be
seitigung des Hyperthyreoidismus und Digitalisierung. FĂ€lle von
Herzohrflattern ohne Zeichen echter Herzerkrankung haben die
Operation nicht zu fĂŒrchten.
Verf. gedenkt, seine diesbezĂŒglichen Studien noch lĂ€ngere
Zeit fortzusetzen und betrachte! das Obengesagte nur als eine
Art vorlÀufiger Mitteilung. K. Held (Berlin)
23. Februar 1922, 186, Nr. 8.
Typhus im stÀdtischen Krankeultaus von Boston. 8 h a t t u c k , G. C. 23ö.
âŠChirurgische Behandlung ile.s toxischen Kropfes. P e m Ij e r t o n, J. r l ( > .). 241.
Die chirurgische Behandlung toxischer Strumen. Die Ope-
ration ist heutzutage die Methode der W ahl bei der Behandlung
des Basedow-Kropfes. Indessen ist sie nicht in allen Krankheits-
stadien angebracht, und in der Schwierigkeit, den richtigen Zeit-
punkt zu bestimmen, ebenso den geeigneten Operationstyp her-
auszufinden, liegt das wahre Problem; denn es gibt leider keine
allgemein gĂŒltigen Regeln. Das Operationsrisiko liegt in der
HĂ€ufigkeit der Lungenkomplikationen, die mit der herabgesetzten
W iderstandskraft der Pat. zusammenhÀngen. Letztere kann eine
Kontraindikation zur Operation bilden, wenn eine merkliche Ge-
wichtsabnahme besteht. Pat. mit Herzerweiterung, mit Tonsil-
litis, Otitis media, Pleuritis usw. wird man ebenfalls nicht ope-
rieren. Personen, denen man eine primÀre Thyreoidektomie nicht
zumuten kann, zeigen oft eine deutliche Besserung des Allgemein-
befindens nach Unterbindung beider Aa. Ihyreoid. sup. und einer
Ruhepause von 3 Monaten. Gewöhnlich sind sie dann soweit ge-
stÀrkt, daà man nunmehr die Operation riskieren kann. Eine
Bettruhe von 10 Tagen, die der Operation voraufgeht, ĂŒbt oft
einen erstaunlichen' Einfluà auf den KrÀftezustand des Pat. aus.
Das Alter der Pat. ist maĂgebend dafĂŒr, wieviel man von der
DrĂŒse stehen lassen soll; bei jugendlichen Personen wird das
mehr sein als bei Ă€lteren. Im allgemeinen kann man sagen, daĂ
die Erhaltung eines Drittels des DrĂŒsengewebes gegen Hypo-
thyreoidismus schĂŒtzt. Ueber die Operationstechnik lĂ€Ăt sich
kaum etwas Neues sagen. Hat die Entfernung eines Lappens in-
folge sarker Vaskularisierung sehr viel Zeit beansprucht, so
empfiehlt es sich, die Operation abzuschlieĂen und die Resektion
des 2. Lappens auf einen spÀteren Zeitpunkt zu vertagen. Bei
der postoperativen Behandlung ist vor allem auf eine reichliche
FlĂŒssigkeitszufuhr zu achten. Ein Jahr nach der Operation soll
der Pat. sich von anstrengender Arbeit freihalten. FĂŒr Pat. mit
Hyperthyreoidismus und adenomatöser Struma gellen die gleichen
Indikationen wie fĂŒr die Basedowkranken, nur wird man hier
mit preliminÀren Ligaturen wenig ausrichten. Die MortalitÀts-
rate bei 1954 operierten Kropfpatienten berug 1,78%.
Held (Berlin).
2. MĂ€rz 1922, 186, Nr. 9.
Erfahrungen bei Tumoren des RĂŒckenmarks. Mixt er. \V. J. 271.
âEndresultate der chirurgischen Behandlung in -18 FĂ€llen von tuberkulöser
Cervical-Adcnitis. Lahey, F. H. und Clutc. H. M. 280.
Endergebnisse der chirurgischen Behandlung von 48 FĂ€llen
mit tuberkulöser Lymphadenitis cerviealis. Chirurgische Behand-
lung der tuberkulösen Adenilis sollte, nach den Erfahrungen der
Verff., erst dann eingreifen, wenn y, â 1 Jahr lang die Röntgen-
therapie angewandt worden ist â vorausgesetzt, daĂ sich in der
Zwischenzeil die Erkrankung nicht ausgebreitet und die angren-
zenden DrĂŒsen mit einbegriffen hat. Erst wenn trotz Röntgen-
bestrahlung und hygienischen MaĂregeln entweder die benach-
barten DrĂŒsen miterkranken oder eine Schrumpfung der be-
troffenen DrĂŒsen nicht eintritt, tritt die operative DrĂŒsenent-
fernung in ihre Rechte, abqp> auch hier mit EinschrÀnkung. Die
nicht besonders vergröĂerten, weichen, nicht verkĂ€sten DrĂŒsen
soll man stehen lassen und sie nachher bestrahlen.
In FĂ€llen, in denen eine weitgehende Exzision von Nacken-
drĂŒsen unvermeidbar geworden, sollte man stets an die Möglich-
keit einer AccessoriusschÀdigung denken. Die daraus resultierende
LÀhmung ist nicht leicht zu nehmen, denn sie beschrÀnkt die Ab-
duktion des Arms bis auf weniger als 90%. Held (Berlin).
9. MĂ€rz 1922, 186, Nr. 10.
âIndikationen zur Eröffnung dos Keilheins. E m e r s o n. F. P. 301.
âKoloninfekfion in Beziehung zu toxischen Psychosen* I) r a per. J. W. .'104.
âąâŠâŠNotwendigkeit der Untersuchung auf dein Operationstisch unter AnĂ€sthesie
vor Ahdominal-Operationen. Keefe, .1. W. 307.
âZwei ungewöhnliche FĂŒlle von Lfts'onea der Tuberositaa tibiae. S » v « r .
.1. W. 311.
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 24/25.
424
Gelenkplastik am Ellbogengelenk. B e a n , H. C. 313.
âNotwendigkeit der 8anator!iiinbehiandIung bei tuberkulösen Kindern. Grif-
f in, W. A. 316.
â Radiotherapie bei Brustkarzinome. P fahl e r . G. E. 318.
Indikationen fĂŒr die Eröffnung des Processus mastoideus.
Die Eröffnung des Proc. mastoideus ist gerechtfertigt, wenn es
sich um die Beseitigung eines pyogenen, lebensbedrohlichen
Herds, um die Erhaltung der Hörkraft oder um die VerhĂŒtung
einer chronischen .Mastoiditis handelt. In allen FĂ€llen virulenter
.Mittelohrinfektion ist das Mastoid beteiligt; die Operation ist
jedoch nicht eher angezeigt, als bis der KnochenabszeĂ durch
einen Leukozytenwall abgegrenzt ist. Eine verfrĂŒhte Operation
ist gleichbedeutend mit einer VerlÀngerung des Ohrflusses und
zwar besonders dann, wenn die Widerstandskraft des Pat. ge-
ring ist wie das der Fall ist, wenn die Mastoiditis eine Infek-
tionskrankheit kompliziert.
In den meisten FÀllen von Mastoiditis finden wir VerÀnde-
rungen der Membr. propria, AusfluĂ, Fieber, Schmerzempfind-
lichkeit ĂŒber dem Antrum und an der Spitze mit Auftreibung der
hinteren oberen Kanalwand. Von Wichtigkeit ist auch die Dauer:
ein Fall, der nach 10 Tagen keine Tendenz zur Besserung zeigt,
kann eine Operation rechtfertigen. NĂ€chtliche Schmerzen sind
ebenfalls ein verdÀchtiges Symptom; die LeukozytenzÀhlung ist
mehr ein Anhaltspunkt fĂŒr die Widerslandskraft des Patienten.
Ein plötzlicher Anstieg auf 25 000 oder mehr ist ein wertvoller
Hinweis auf eine Komplikation, gewöhnlich eine Sinus-Infektion.
Folgende Bakterientypen bilden eine Indikation zum Ein-
greifen: Der Streptococcus muscosus und pyogenes oder der Pneu-
mococcus mit dem Micrococc. catarrhal. Es gibt kein anderes
Mittel, bei akuter Otitis media die Mastoiditis zu verhĂŒten, als die
frĂŒhe und ausgiebige Paracentese.
Bei chronischen FĂ€llen sind Indikationen zur Operation:
1. fortgesetzte Eiterung mi AnÀmie und sinkender Widerstands-
kraft des Pat., 2. chronischer AusfluĂ mit Cholesteatom, 3. akute
Verschlimmerung mit Schwund der HörfÀhigkeit bei sonst aus-
sichtsloser Behandlung, 4. chronischer einseitiger Kopfschmerz
mit labyrinthÀrer oder meningualer Beizung, 5. das Vorkommen
von Polypen am Promontorium oder am ovalen Fenster.
Obwohl die Neigung zum Operieren heute weniger ausge-
sprochen ist als frĂŒher, soll der Praktiker sich doch stets vor
Augen halten, daĂ ein chronischer OhrfluĂ immer etwas Be-
drohliches ist.
Das infizierte Kolon und seine Beziehungen zu toxischen
Psychosen. Das Kolon ist in toto oder teilweise gelegentlich ein
wichtiger lokaler Herd, der in ursÀchlicher Beziehung zu toxi-
schen Psychosen . steht. Der toxisch-psychotische Patient ist
nach allen Begeln der inneren Medizin zu untersuchen zum
Zwecke der Aufdeckung und Entfernung lokaler Infektionsherde.
Bei 65 % der toxischen Psychosen kann die Erkrankung zum
Stillstand gebracht werden, wenn die geeigneten chirurgischen
oder internen MaĂnahmen getroffen werden, ehe der Zustand
unheilbar geworden ist. Im frĂŒhen Erkennen und Ausrotten der
ToxĂ€mie besteht die sicherste VerhĂŒtung der Psychose. Intesti-
nale ToxÀmie ist eine Trias, die sich zusammensetzt aus SchÀdi-
gung durch Nahrungsstoffe, Erkrankung des Darmepithels,
Streptokokken- oder Coliinvasion. Bei 20 % der toxischen Psy-
chosen lĂ€Ăt sich eine Beziehung zwischen Darmerscheinungen
und psychischen Symptomen aufdecken.
Eine Mahnung zu eingehender Untersuchung in Narkose auf
dem Operationstisch als Auftakt zu Bauchoperationen. Verf.
wendet sich gegen die Hast, mit der moderne Chirurgen sich auf
ihre Operationsopfer werfen, nachdem sie nahezu kritiklos die
Diagnose aus den HÀnden der Internisten, speziell auch der Rönt-
genologen entgegengenommen haben. Er erblickt in dem heut
zu einseitig betonten Spezialistentum eine Gefahr fĂŒr die leidende
Menschheit. Jedem Leibschnitt sollte Palpation, Perkusion, vagi-
nale, rektale, abdominale Abtastung in Narkose voraufgehen â
das wĂŒrde manchen Chirurgen vor peinlichen IrrtĂŒmern schĂŒtzen.
Zwei ungewöhnliche FÀlle von LÀsionen der Tuberositas
tibiae. Der erste Fall betraf einen 16 jÀhrigen Knaben, bei dem
ein Sprung mit gebeugtem Knie einen teilweisen AbriĂ der Tube-
rositas tibiae bewirkt hatte. Nach einer 10 tÀgigen Ruhigstellung
wurde das Fragment mittels Matratzennaht an seiner Unterlage
befestigt. Glatte Heilung mit völliger Wiederherstellung der
Funktion.
Bei dem zweiten, 22 jÀhriger Patient, gingen die Beschwerden
angeblich auf ein Trauma in frĂŒher Jugend zurĂŒck. Bei der
Durchleuchtung zeigte sich, daĂ ein StĂŒck der Tuberositas abge-
sprengt war und der Unterseite der Patellarsehne adharierte.
Bei jeder Beugung und Streckung fand eine Reibung gegen die
Unterlage statt, die der Patient sehr lÀstig empfand. Nach ope-
rativer Entfernung des abgesprengten StĂŒckes war der Patient
beschwerdefrei.
Die Notwendigkeit der Sanatoriumsbehandlung bei tuberku-
lösen Kindern. Noch bis in die neueste Zeit hinein ist dem Pro-
blem der Kindheitstuberkulose verhĂ€ltnismĂ€Ăig wenig Beachtung
geschenkt worden. Wenn die Tuberkulose, wie es kompetente
Beobachter zur Evidenz bewiesen haben, bereits in der Kindheit
einsetzt, so ist der beste Weg zu ihrer BekÀmpfung nicht die
Sanaloriumsbehandlung der Erwachsenen, sondern die PrÀventiv-
fĂŒrsorge der Kinder. FĂŒr die schwachen anĂ€mischen und unter-
ci nÀhrten Kinder gibt es die Waldschulen, denen man weiteste
Verbreitung wĂŒnschen möchte. FĂŒr diejenigen Kinder, die
Zeichen einer wirklichen Erkrankung an sich tragen oder sich in
einem Zustand befinden, den man als âmaskierte Tuberkulose1'
bezeichnet hat, erscheint eine HeilstÀttenbehandlung indiziert, da
sorgfÀltige Ueberwachung Tag und Nacht erforderlich ist. Das
Publikum muĂ erst fĂŒr diese Idee erzogen werden; vorlĂ€ufig
widerstrebt es den meisten Eltern, ihre Kinder fremden HĂ€nden
zu ĂŒbergeben; ehe sie ihre Einwilligung zu einem lĂ€ngeren Sana-
toriumsaufenthalt geben, muĂ man sie erst von dem dauernd
heilsamen EinfluĂ desselben ĂŒberzeugen.
Radiotherapie bei Mammakarzinom. Bei der ante- und post-
operativen Bestrahlung ist eine Zusammenarbeit von Badiologen
und Chirurgen fĂŒr eine planmĂ€Ăige Behandlungsweise unerlĂ€Ă-
lich. Die anteoperative Bestrahlung erfordert, etwa 2 Wochen,
die postoperative soll 2 Wochen nach dein Eingriff einsetzen und
ebensolange dauern. Rezidive und Metastasen verschlechtern
natĂŒrlich die Prognose, doch sind gĂŒnstige Resultate nicht aus-
geschlossen. Anscheinend hoffnungslose FÀlle primÀren Brust
karzinoms haben auf Radium so gut angesprochen, daĂ sie ope-
rabel wurden. In solchen FĂ€llen hat es sich auch als ratsam er-
wiesen, die Pat. mit Röntgenstrahlen grĂŒndlich vorzubehandeln
und dann Radium in die Tumormassen direkt einzufĂŒhren und
/war zu dem Zeitpunkt, zu dem man sonst operieren wĂŒrde.
Eine Röntgenaufnahme der Brusthöhle sollte stets die Ă€uĂere
Untersuchung vervollstÀndigen. Held (Berlin).
16. MĂ€rz 1922, 186, Nr. 11.
âAkute Pankreatitis. Jones, D. F. 337.
âIndikationen zur Operation hei Behandlung von GehirnlĂ€sionen. M u n r o ,
1). 342.
âTypus der LĂ€sionen der Nieren-Epthel-Zellen in Beziehung zur VergröĂerung
der Zellenempf indliehkeit fĂŒr die Wirkung von allgemeiner AnĂ€sthesie.
MacNidei, Wm. de B. 350.
Akute puerperale Inversion. Cohen. J. P. 352.
Akute Pankreatitis. Experimentelle und klinische Befunde
deuten darauf hin, daĂ es wahrscheinlich 2 Typen von akuter
Pankreatitis mit ganz verschiedener Aetiologie gibt: 1. Inter-
stitielle Pankreatitis auf Grund einer Infektion des interstitiellen
i il wehes, wobei die Infektion gewöhnlich aus dem Gallensystem
herrĂŒhrt. 2. Nekrose des Pankreas, d. h. eine Nekrose der Paren-
chymzellen, die dadurch zustande kommt, daĂ Galle in den Duct.
Wirsung oder Duodenalinhalt in den Duct. Santorini gelangt. Die
Pehandlung des interstitiellen Typs, der von einer Cholezystitis
herrĂŒhrt, ist die Cholecystektomie. Die Behandlung der Pankreas-
nekrose besteht in der Drainage der Fettkapsel des Pankreas. Je
nach dem Zustande des Pat. und dem Verhalten der Gallenblase
und der GallengÀnge wird man eine Choledochoslomie oder eine
Cholezystostomie anschlieĂen.
Die Indikationen zur Operation der Behandlung von Hirnver-
letzungen. Es gibt 3 Indikationen fĂŒr einen operativen Eingriff am
SchÀdel nach Hirnverletzungen: komplizierte SchÀdelfraktur.
Fraktur des- SchÀdeldaches, erhöhter Druck der Cerebrospinal -
flĂŒssigkeit. Letzterer hĂ€ngt ab von der Beziehung zwischen den
sekretorischen KrÀften des Plexus chorioideus und den resorptiven
KrÀften der cerebralen Venenzirkulation Zu hoher intrakra-
nieller Druck kann den Tod bedingen, bei gÀnzlichem Fehlen einer
Verletzung des knöchernen SchÀdels. Alle FÀlle mit Kopfver-
letzung oder auch nur mit Verdacht auf eine solche, sollten, so-
bald sie sich von ihrem Schock erholt haben, auf die Höhe ihres
Cerebrospinaldruckes hin untersucht werden Auf diesem Be-
funde soll die nachfolgende Behandlung basieren.
SchÀdigung des Nierenepithels und Zunahme der Empfindlich-
keit dieser Zellen gegen die Wirkung der allgemeinen Narkotika.
Der leichteste Grad der SchÀdigung des Nierenepilhels durch
Urannitrat hervorgerufen, besteht in einer Zunahme d^r
Lipoidsubstanz dieser Zellen. Dabei spielt das Alter des Ver-
suchstiers insofern eine Rolle, als- Àltere Tiere mehr Lipoid an-
40. Jahrg. â Nr. 24/25.
Aus den neuesten Zeitschriften
IgllMH 'I"'
I ll
Hufen als junge. Werden solche Tiere anÀslhetisiert, so gehl die
StÀrke der Wirkung! auf das Nierenepithel parallel mit der Menge
des Lipoidmaterials, das vor der Narkotisierung vorhanden war.
Pas Resultat ist eine ausgesprochene Degeneration. Hie Nieren
junger Tiere, bei denen weniger Lipoid angehÀuft ist, zeigen unter
der Einwirkung narkotisierender Mittel geringe oder auch gar
keine VerÀnderungen. Die primÀre NierenschÀdigung entwickelt
*sich in den Glomeruli. In den Nieren natĂŒrlich nierenkranker
Tiere, hei welchen die Lipoidsubstanz in 'den Epithel ien auf Grund
Wer glomerulÀren SchÀdigung stark zugenommen hat, bewirken
Narkotika frĂŒhe Degeneration, Zelluntergang und Sistieren der
Harnabsonderung. Bei normalen Kontrolltiercn kommen solche
degenerativen VerÀnderungen nicht vor, auch stockt die Harn-
bildung selbst wÀhrend der AnÀsthesie nicht.
Die Forschung lehrt, daĂ NiereneprtheMen infolge vermehrten
Lipoidgehalts mehr AffinitÀt zu narkotisierenden Substanzen be-
, sitzen als normale Zellen, was zur Entwicklung degenerativer
VerĂ€nderungen fĂŒhrt, die die Zellfunktion bedrohen oder gar auf
Beben. So hĂ€ngt also die EmpfĂ€nglichkeit der Niere fĂŒr die
toxische Wirkung der Methan-Gruppe anÀsthetischer Substanz
offensichtlich mit der Lipoidmenge zusammen, die in den Nieren-
epilhelzellen enthalten ist. Held (Berlin).
New York Medical. Journal, New York.
1. Februar 1922. 115, Nr. 3
âą^ErnĂ€hrungstherapie der Tuberkulose. P i r u u e t , ('. um.
System der ErnÀhrung nach Pirquet. \ p f e 1 . H. 123.
4*Kalorienbedarf der Kinder. Benedict. F. (',. 126
Poliomyelitis mit Beteiligung der Rinde. Clark. T.. P. 131.
Beziehung zwischen dem kurzen und dem dicken Flalse und drr Vi
Apoplexie. C y r i a x , E. P. 133.
âŠAĂŒtotherapie. Stewart. T. M. 135.
Akute phlegmonöse Epiglottitis. F r i C d m a n u . .T. und > r.e c
S.- D. 137.
Cystomata und Pibrocystomata des Knoehensystetns. T u r Uns. K. X. i to.
«{âąEinfluĂ der Witterung auf die MorbiditĂ€t und MortalitĂ€t im SĂ€uglingsalter.
TH o f f m a n n . F. L. 145.
«{âąLokalanĂ€sthesie in der Zahn-. Nasen-. Ohren- und Kehlkopfcb'rurgie. T o m o-
k i n s . H. E. 151.
âŠFrĂŒhdiagnose des Magenkarzinoms. K a t z . J. 153.
âŠActiologie und Behandlung des hohen Blutdrucks. 4er arteriellen ITyperte'i-
sion und der Arteriosklerose. B n. r n e s O. E. 155.
«{âąHerztunioren. Gold s t ein, H. J. 158.
ErnÀhrungsbehandlung der Tuberkulose. Pirquet behan-
elt die Tuberkulose im Kindesalter mittels Freiluftliegekuren, die
ei Tag und' Nacht durchgefĂŒhrt werden, und einer auf dem
em- System aufgebauten ErnÀhrungstherapie ohne Tuberkulin
der sonstige spezifisch wirksame Medikamente. Die Nahrungs-
enge betrÀgt 7 und bei ausreichender Gewichtszunahme 8 de-
nem siqua. Besonderer Wert wird darauf gelegt, daĂ die ver-
rdnete Nahrungsmenge von den Kindern vollstÀndig verzehrt
rd.
Kalorien fĂŒr Kinder. Die WĂ€rmeproduktion der Neuge-
orenen ist sehr gering. Durch Schreien kann der Stoffwechsel
nes SĂ€uglings eine Zunahme bis zu 200 % erfahren, was beim
rwachsenen etwa einem Marsch von 3 Meilen in der Stunde
gleichkommt. Mit zunehmendem Alter und Gewicht nimmt die
WĂ€rmeproduktion zu, die relative, bezogen auf die Gewichtsein-
heit dagegen ab; d. h. je jĂŒnger und leichter ein Kind, um so
gröĂer die WĂ€rmeproduktion pro Kilogramm Körpergewicht, um
so gröĂer dementsprechend auch das NahrungsbedĂŒrfnis. Verf.
kommt zu dem SchluĂ, daĂ es, wenn Verdauungsstörungen ver-
mieden werden, unmöglich ist, das wachsende Kind mil einer
.im allgemeinen zutrĂ€glichen Nahrung zu ĂŒberfĂŒttern.
Autotherapic. Die Autotherapie benĂŒtzt die unter dem Ein-
fluà einer Infektion im Körner gebildeten Giftstoffe als Aus-
gangsmaterial fĂŒr die Behandlung. Die pathogen en Exsudate, in
fdenen diese Giftstoffe enthalten sind, werden filtriert, bei Zimmer-
temperatur bebrĂŒtet und zur subkutanen oder intravenösen Ver-
abreichung mit doppeltdeslilliertem Wasser aufgenommen. Durch
Biese Behandlungsmethode werde eine der Natur abgelauschte
Autoimmunisierung gegen weitere Krankheitsattacken bewirkt.
Sehr gĂŒnstige Erfolge wurden erzielt durch subkutane Infektion
kleiner Eigcnblnlmengen hei perniziöser AnÀmie, durch Eigen-
'serum bei Pellagra. Zur Vermeidung von Störungen bei intra-
venöser Verabreichung wird VerdĂŒnnung mit dem 0 fachen Vo-
lumen physiol. Na Cl-Lösung empföhlen. Hei Erysipel wurde
durch subkutane Injektion des filtrierten Inhalts einer Erysipel-
plase schnelle Heilung erzielt. Tu Àhnlicher Weise können die
Ausscheidungen hei Ohr-, Nasen- und Bachenerkrankuniien als
â Aus'jangsmaterial fĂŒr die Behandlnnci dienen. Die besten Erfolge
erzielte Verfasser hei Arthritis. Vi ton und Poncet stellen
zur Behandlung von Patienten mit The., subakutem und chroni-
schem Rheumatismus, Neuralgie, Lumbago und Störungen dei
Herzaktion VerdĂŒnnungen Ina- von l : 100 Millionen bis zu einer
Zahl mit 15 Nullen. Auch Tuberkulin benutzen sie in Àhnlich
starker VerdĂŒnnung fĂŒr manche Stadien der oben erwĂ€hnten Er
krankungen
Der Einfluà der WetterverhÀltnisse auf Krankheit und Sterb-
lichkeit im frĂŒhen Kindcsalter. Ans einem gröĂeren Beobach
tungsmaterial ergab sieh wĂ€hrend der heiĂen Jahreszeit eine
Dyspepsieerkrankungsziffer hei Brustkindern von 2 %, bei durch-
weg kĂŒnstlich ernĂ€hrten von 13,7 %, bei teils an der Brust, teils
kĂŒnstlich genĂ€hrten SĂ€uglingen von 7,1 %. Kinder, die wĂ€hrend
der Bcobachtungszeit von der Brust auf ZweimilchernÀhrung um-
gesetzt waren, erkrankten in 6,4 %, bei Umsetzung auf vollkom-
men kĂŒnstliche Nahrung in 10,4 % der FĂ€lle. Mit steigender
AuĂentemperatur erfĂ€hrt die SĂ€uglingsdyspepsieerkrankungs
ziffer eine Zunahme, besonders auffallend dann, wenn hohe Maxi-
maltemperaturen gleichzeitig mit hohen Minimaltemperaturen ein
hergehen.
FrĂŒhdiagnose des Magenkrebses. FĂŒr die FrĂŒhdiagnose eines
Magenkarzinoms sind folgende Anzeichen von Wichtigkeit: Vor-
kommen selten vor dem 40. Lebensjahr, von groĂer Bedeutung
die Anamnese eines chron. MagengeschwĂŒrs. Plötzlicher Beginn,
Gewichts- und KrÀfteverlust, AnÀmie, Kachexie, Schmerzen in der
Magengegend, Erbrechen von Schleim, Magensaft, Blut, Nahrungs-
bestandteilen und kaffeesatzartigen Massen, und besonders wichtig
palpabler Tumor. Mit fortschreitender Erkrankung Abnahme und
vollstÀndiges Verschwinden von freier SalzsÀure und Gesamt-
aziditÀt, Auftreten von MilchsÀure, Boas-Oppler'schen Bazillen
und zuweilen Blut, Zunahme der löslichen Proteine des Magen-
inhaltes bei stĂ€rkerer VerdĂŒnnung (Wolff-Junghaus'sche Beaktion
und des Blutzuckers. Die Ahderhalden'sche Beaktion ist fĂŒr sieh
nicht beweisend; die Komplementfixalionsprobe ist in Ca 57 %
positiv, ist aber werllos, da sie auch bei Syphilis vorkommt. Im
Urin findet sich eine Verminderung der Chloride, Vermehrung
der Stickstoffkomponente und deutliche Indikanurie.
Aetiologie und Behandlung des hohen Blutdrucks, der arte-
riellen Hypertonie und der Arteriosklerose. Verf. betont gegen-
ĂŒber den Anschauungen anderer Autoren den groĂen EinfluĂ
gemĂŒtlicher ErschĂŒtterungen hei der Entstehung arterioskleroti-
scher VerÀnderungen und Besehwerden und empfiehlt zur Be-
handlung beruhigende Medikamente und Psychotherapie, VerÀnde-
rung der Umgebung, körperliche und geistige Ausspannung und
BĂ€der; die Weir-Milchell'sche Buhekur jedoch nur in ganz sel-
tenen FĂ€llen.
Herztumoren. Das Vorkommen von Herztumoren ist unge-
wöhnlich; von primÀren Herztumoren sind in der Literatur etwa
150 FÀlle erwÀhnt, darunter 40 FÀlle von primÀrem Sarkom. Ge-
legentlich gefunden wurden Myome, Bhabdomyome und Fibrome.
Verf. berichtet ĂŒber einen Fall von primĂ€rem Sarkom, 7 FĂ€lle
von sekundÀrem Sarkom und 2 FÀlle von sekundÀrem Karzinom
des Herzens und Pericards. Klinisch ist die Diagnose bisher nie-
mals einwandfrei gestellt worden.
Stadel m a n n (Frankfurt a. M.
The Journal of the American Medical Association, Chicago.
1. MĂ€rz 1022, 78, Nr. 9.
Wachsende Gefahr der Benzotvergiftungen in der amerikanischen Industrie
H a rh i I t n n , A. 627.
â Ist unsere Diphtherie-FĂŒrsorg«- geeignet, Epidemien ein fĂŒr allem. il zu ver-
hindern? C u in m ins. G-.
Therapeutischer Index des Silber-Ărsphenamins. Vergleich mit dem dc>
Arsnhenamins und Nenarsphenamins. -S t r a u 11 . A.. M a 1 1 a s , M. I.
und C r a w f o r d . B. L. 632.
\ irtiskoriuit/sclier Wert drr von Hydraten befreiten FrĂŒchte. Eck man.
T>. F. 635.
Taenta nana, ein menschlicher Parasit. Fh»ndltr, A. ('. 636.
Was soll die Pharniakopie der lT. St. A. enthalten? O s Ii 0 i i) e . O. T. 639.
Sammlung und Konservierung von Frauenmilch. Emerson, V. w, 6ti.
Blaue Veriarliunu; des Nabels bei extrauteriner rupturierter ( ! i a \ iditÀt. Xn-
w a k . E. 643.
*J« A'iiolcig-ie, der orthostatischen Albuminurie. I» i e s c r W. und Kies e r .
S. L. 644.
Isolierte Erkrankung des Kahnbeines am FuĂe. 1t i - e. e r . A. s. 617.
FĂŒhrt die Kontrolle der Diphtherie zu deren Ausrottung? Als
Schutz- und KontrollmaĂnahmen gegen Diphtherie kommen heute
folgende Faktoren in Frage: 1. klinische und bakteriologische
Diagnose und Isolierung der Kranken, 2. bakteriologische Dia-
gnose gesunder BazillentrĂ€ger, T>. die ReaktionsprĂŒfung und Im-
munisierung nach Schick und 4. die therapeutische Anwendung
des Heilserums. WĂ€hrend die beiden letzten Faktoren lediglieh
444
Aus deu neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 24 251
Einfluà auf die MortalitÀt haben, sind die zwei ersten wohl ge-
eignet, eine Verbreitung der Krankheit in gewisser Weise zu
verhindern. Doch auch hierdurch wird ein Ausrotten nicht mög-
lich werden. Es muĂ vielmehr ein 5. Faktor dazukommen. Die
Epidemiologen mĂŒssen die Hauptwege der Verbreitungsart des
Virus erforschen und Mittel finden, diese Hauptinfektionswege zu
beseitigen, Àhnlich wie es bei der BekÀmpfung des gelben Fie-
bers und des Typhus geschehen ist. Hat sich unsere Kenntnis
in diesen Punkten erweitert, so wird jeder an seinem Platz in
der Lage sein, eine Ausbreitung der Krankheit zu verhindern
Solange wir aber die Hauptinfektionswege nicht erkannt haben,
werden wir an ein Verschwinden der Diphtherie nicht glauben
dĂŒrfen, unsere MaĂnahmen werden mehr therapeutischen Cha-
rakter tragen, wodurch aber nur ein Einfluà auf die MortalitÀt,
nicht auf die MorbiditÀt gewonnen ist.
Die Aetiologie der orthostatischen Albuminurie. Bericht
ĂŒber 2 FĂ€lle von orthostatischer Albuminurie bei einer 21 bezw'.
28 jÀhrigen Patientin. Beide zeigen den asthenischen Habitus und
Lordose, ermĂŒden leicht, leiden an Herzklopfen, Kopfschmerzen
und anderen Syndromen einer vasomotorischen LabilitÀt. Be-
merkenswert ist, daĂ in einem Fall die rechte Niere wegen an-
geborener zystischer Degeneration entfernt war. Die Unter-
suchung ergab keine Anhaltspunkte fĂŒr Beziehungen zwischen
Blutdruck bzw. Puls und EiweiĂausscheidung. Verfasser glauben
vielmehr, daĂ gewisse anatomische VerhĂ€ltnisse Ă€tiologisch fĂŒr
die Albuminurie in Betracht kommen. Die linke Nierenvene liegt
in der Gabelung, die von Aorta und der Art. mesent. sup. ge-
bildet wird. Besteht nun Darmptosis, so resultiert daraus ein
Zug auf die Mesenterialarterie, wodurch die Nierenvene kom-
primiert wird. Andererseits kann eine solche Kompression bei
bestehender Lordose auch durch die Aorta erfolgen, die in
solchen FÀllen nach vorn oben gedrÀngt wird. Damit wÀre auch
(ins Verschwinden der EiweiĂausscheidung in horizontaler Lage
bzw. bei Korrektur der Lordose erklÀrt.
K À c k e I 1 (Hamburg
The American Revue of Tuberculosis, Baltimore.
Januar 1022, 5, Nr. 11.
Die ErnÀhrung der sÀurefesten Bakterien. L p ri u . E. R, söt.
âąÂ§*ErnĂ€hrungsstuĂ€ im bei Lungentuberkulose. M e. ('nun. W. s. sto.
âŠMntra venöse Injeiktion von Kalziunichlorid hei Intestinail-Tuheritulo&r,
R Inger,. P. H. und M in or . C. L. 876,
Vergleich der Befunde viraler KapazitÀt und riet röntgenologischen Betunrte
hei Lugenhiberkulose. M y c r s . J. A. 884.
Oriffiths Methode der direkten Isolierung von Tuberkelbazillen. I. vaf i
H. W. 899.
Die Dissemination der Bakterien in den oberen Luftwegen. B 1 " " in fiel d.
A. h: 903.
âResistenz geigen Tuberkulose und ihre Beziehungen zur Tubsrk rloso-
bekÀmpfung. K r a u s e , A. K. 91h.
DiÀtforderungen bei der Lungentuberkulose. Auf Grund von
kalorimetrischen und spirometrischen Untersuchungen empfiehlt
der Verf. als geeignete ErnÀhrung bei der Lungentuberkulose eine
solche mit mĂ€Ăigen EiweiĂmengen 60 â 90 g pro die, Fett innerhalb
der Grenzen der digestiven KapazitÀt und so viel Kohlehydraten,
daĂ der Gesamtbrennwert auf 2500 â 3000 Kalorien gebracht wird.
Eine solche DiĂ€t wĂŒrde die geringsten Anforderungen an die
Funktion der geschÀdigten Lungen stellen, zumal wenn die Nah-
rung auf mehr als drei Mahlzeiten am Tage verteilt wird.
Die intravenöse Injektion von Kalziumchlorid bei der Be-
handlung der Darmtuberkulose. Die Verff. haben in 30 FĂ€llen von
tuberkulösen Diarrhöen in verschieden groĂen Intervallen
5 â 10 cem einer 5%igen Chlorkalklösung intravenös injiziert. Der
therapeutische Erfolg ist gemÀà den damit erzielten Erfahrungen
nicht allzu hoch anzuschlagen, doch wurde immerhin in mehreren
FĂ€llen eine Erleichterung der Symptome herbeigefĂŒhrt, das Leben
der Patienten konnte um einige Zeit verlÀngert werden. Viel ver-
sprechen sich die Autoren von der angegebenen Methode haupt-
sĂ€chlich bei frĂŒhzeitiger Diagnosestellung. Weitere Versuche
werden empfohlen.
Die Resistenz gegen Tuberkulose und ihre Beziehung zu anti-
tuberkulösen MaĂnahmen. Die WiderslandsfĂ€higkeit des mensch-
lichen Körpers gegen die Tuberkuloseinfektion beruht auf ver-
schiedenen Faktoren. Als hauptsÀchlichstes Moment kommt hier-
bei in erster Linie der Lymphapparat in Betracht. Ein gesundes
Lymphsystem ist von groĂer Bedeutung fĂŒr die Verteidigung des
Körpers gegen die Ausbreitung der Krankheit; seine SchÀdigung
bedeutet eine ernste Gefahr, die durch Gesunderhaltung der
Mundhöhle und der oberen Respirationswege sowie durch sorg-
fÀltige Ueberwachung der Kinder bei konstitutionellen Erkran-
kungen nach Möglichkeil verhĂŒtet werden muĂ. Auch der Tu-
berkel bildet als ein defensives Gewebe eine wichtige Komponente
der gesamten Resistenz, doch spielt hier andererseits das Ver-
halten der Nachbargewebe sowie die Virulenz und Zahl der Ba-j
zillen eine, betrÀchtliche Rolle. Als weiterer wesentlicher Faktor'
treten schlieĂlich die spezifische ImmunitĂ€t und die Allergie hin-
zu. Die ImmunitÀt gegen Tuberkulose wird mit derjenigen gegen
die Syphilis verglichen, wo wir nach wiedererlangter negativer
Wassermann-Reaktion zuweilen eine Reinfektion beobachten
können. L. Kanne r.
The Journal of Urology, Baltimore.
MĂ€rz 1922, Nr. 3.
âŠM.yiiiphat.isoli-cystischc VerĂ€nderungen der Urethra als Zeichen aktiver Tu-
berkulose, p e i o ii z e . P. S. .
$Urethroskopische Befunde hei Funktionellen Störungen des Urogenifc-ilappa-
rates. W o I Ii a r s t . Ahr. L.
Hochfre<]uenzbehnndIung der Urethra. McClĂŒ're â ' <> u n n ;. H.
Typen der Nephritis, die zur L'raemie neigen. P o r s t e r . Xellis B.
Fremdkörper in der Blase. T) a y . I?. V.
Lymphatisch-cystische VerÀnderungen der Urethra ala
Zeichen aktiver Tbc. Bei aktiver Tbc. im Körper finden sich im
hinteren Teile der Urethra hĂ€ufig 75 mal beobachtet â '
typische VerÀnderungen der Schleimhaut, ohne daà eine Uro-
genitaltbc, gleichzeitig zu bestehen braucht. Diese VerÀnderungen
werden wahrscheinlich durch Toxine des Tbc. -Bazillus hervor-,
gerufen. Cystoskopisch stellen sie sich dar als kleine, helle,
runde oder mehr wurstförmig ausgezogene Stellen, die sich nur
wenig ĂŒber die bisweilen leicht entzĂŒndliche Schleimhaut erheben.
Ihr Sitz ist die Gegend zwischen Sphincter intern, und der Ver-
einigung des mittleren Prostatalappens mit den Seitenlappen. Die
Richtung dieser Streifen ist stets parallel, nie quer zur Achse der
Urethra; sie treten solitÀr auf, aber auch bisweilen in der Mehr-
zahl, zuweilen sogar gruppiert, hÀufig findet man kleine Cysten
dabei. Die Flecke nÀmlich werden bisweilen etwa im Laufe eines
Monats unter der intakten Schleimhaut verflĂŒssigt, wodurch die;
eben erwĂ€hnten Cysten entstehen. Wird beim EinfĂŒhren eines In-;«
strumentes die Schleimhaut ĂŒber der Cyste zerrissen, so entleert
sich etwas milchiger Saft, und es bildet sich zunÀchst eine-
flottierende Schleimhautzotte, aber in etwa 8 Wochen hat sich an
derselben Stelle eine neue Cyste gebildet. Ohne traumatischen
Insult schwinden , die Flecken spurlos beim Einsetzen von
Besserung des Allgemeinzustandes. Die Flecken Àhneln im
cystoskopischen Bilde dem bullösen Oedem, sind aber von diesem,
wie von dem Tbc. -Oedem und dem beim Ca. durch ihren Sitz/
transparentes Aussehen und Farbe wohl zu unterscheiden. Ihr'
Zusammenhang mit aktiver Tbc. geht daraus hervor, daĂ sie beim
Bestehen eines aktiven Herdes im Körper jeder Behandlung auch'
der Zerstörung trotzen, dagegen spontan bei gĂŒnstig verlaufender
allgemeiner antituberkulöser Behandlung schwinden. Auch in den
16 FĂ€llen, in denen bisher eine Autopsie vorgenommen werden
konnte, fand sich stets eine mehr oder minder schwere aktive Tbc,
meistens in den Lungen, seltener in der Niere, Blase, Prostata
oder Samenblasen: allerdings waren in Y: der FĂ€lle Tbc. -Bazillen
im Urin zu finden. Die Beschwerden, ĂŒber die bei diesen Ver~
Ănderungen geklagt wird, werden als Brennen in der Gegend der
fossa navicularis und des Penoscrotalwinkels bezeichnet. Man
sollte daher bei mostalischen Beschwerden, die nicht auf eine
akute, sondern auf eine chronische folliculĂ€re Prostatitis zurĂŒck-
gefĂŒhrt werden, auch an diese Laesionen und damit an eine
irgendwo bestehende Tbc. denken.
Urethroskopisehe Befunde bei funktionellen Störungen sie*
Urogenitalapparates. Die urethroskopischen Bilder bei Störungen
der Genitalfunktion sind von denen bei Störungen der Harnfunktion
kaum verschieden. Sie zeigen sich in mehr oder minder groĂen
VerÀnderungen des Utriculus prostaticus und der dahinter liegen-
den Urethra, die durch EntzĂŒndung. Verzerrung und Cystenbildung
der Schleimhaut hervorgerufen werden. Diese VerÀnderungen
kommen jede fĂŒr sich oder miteinander kombiniert stets bei vor-
zeitiger Ejakulation und Impotenz vor, und hier im starken MaĂe:
in etwas geringerem AusmaĂe bei Azoospermie, die nicht auf
Go. beruht. Von Störungen der Urinfunktion sind es hauptsÀchlich
Schmerzen beim Wasserlassen ohne Go. und Urindrang, die stets
entzĂŒndliche VerĂ€nderungen am Utricuhis prostaticus und der
Urethra dahinter aufweisen. Bab Berlin
The American Journal of Syphilis, St. Louis.
Januar 1922. Nr. 1.
âąM elier den EinfluĂ de- SchĂŒtteln« saurer und alkalischer Lösungen von Alt- a
salvarsan- und von Neosalvarsanlösungen bei offener Luft auf ihre Toxi-1
tĂŒt und auf ihre W'rkung auf SpirochĂ€ten. S e h a m bers -lay FrankJ
.) o b n St. T., K o 1 in e r . A und R a i z i s s . Georg AV.
Hie wichtigsten Erscheinungsformen der Syphilis. Haz.cn. H. H.
âInduration der Unterlippe durch Syphilis. M o n t-g o m c r y . Douglass vv. .
und Cu 1 v c. r , Georg I).
40. Jahrg. â Nr. 24 25.
K o n g r e Ă I) c r i c Ii I e
âŠRöntgenologie der Knochensyphtlis. S k i n n e r . K. II.
^Studien ĂŒber die Standard Lsatlon der Wassermann-Reaktion Will. Kino
Studie zur Quantitativen Bestimmung der Reaktion. K o i m e r . John A.
â {âąStudien ĂŒber die Standardisation der Wassermann-Reaktion. Km ĂŒberragende«
Antigen (Choleeterislorter und lezltfrlllslerter alkoholischer Herzmuskel
extrakt). K o i m e i . John A.
Studien ĂŒber die Standardisation der Wassermann-Reaktion. Eine neue Com-
plemente-Kiiationsmetliodp der Syphilitis, die auf Ergebnissen der Studien
der Standardtsationstechnik beruht. K o l m e r . lohn A.
Qualitative und quantitative Silbersalvarsonstudien. Meyers, C. N.
Berieht ĂŒber einen Kall von generalisierter s\ philitiflcher Alopecic. A r u e t t.
U. G.
Lieber den EinfluĂ des SchĂŒtteins saurer etc. Salvarsan-
sungen. Ratten wurden saure und alkalische Lösungen von All-
alvarsan und Lösungen von Neosalvarsan injiziert, und zwar
ro Kilo Lebendgewicht steigende Dosen von 0,08 â 0,13 mgr;
arauf wurden anderen Rallen entsprechende Dosen injiziert, die
ine Minute resp. 10 Minuten lang vorher an der offenen Lull ge-
chĂŒttelt waren. Es zeigte sieh, daĂ beim Allsalvarsan das
chĂŒtteln ein langsames, heim Neosalvarsan ein starkes Ansteigen
der ToxitÀt hervorruft, ohne daà beim letzteren eine Aenderung
der Wirkung auf die SpirochÀten eintritt. Beim AltsaTvarsan in
alkalischer Lösung wird dagegen durch SchĂŒtteln eine VerstĂ€r-
kung der Wirkung auf SpirochÀten erreicht, wÀhrend bei saurer
Lösung nur in der ersten Minute diese eintritt und dann sofort
wieder abklingt.
Induration der Unterlippe durch Syphilis. Die Autoren hallen
die Anschwellung der Unterlippe die bisweilen hei syphilitischen
EfFloreszenzen derselben gesehen wird, nicht fĂŒr eine Folgeer-
scheinung dieser EfFloreszenzen, sondern als selbstÀndiges Krank-
heitsbild der Lues. Solche regionalen durch die Syphilis hervor-
gerufenen Anschwellungen kommen auch an anderen Körperteilen
vor, so an den Schenkeln, FĂŒĂen und an den Ă€uĂeren weiblichen
Geschlechtsteilen. Hier können diese Schwellungen enorme GröĂe
annehmen und nach A. Stein zu tumorÀhnlichcn Syphilomen
werden. Zur Beseitigung dieser Infiltrationen sind gröĂere Men-
gen von Salvarsan notwendig als bei anderen luetischen EfTlores-
zenzen sonst.
Röntgenologie der Knochensyphilis. Die Knochensyphilis gibl
röntgenologisch so typische Bilder, daà diese in schwierigen
FÀllen wertvolle Entscheidungen liefern können. So findet man
z. B. bei den Böhrenknochen im Falle einer Tbc. stets einen
destruktiven Schatten des Schaftes, wÀhrend dieser bei Lues, ab-
gesehen vom umschriebenen Gumma, stets hell bleibt und nur in
der kortikalen und periostalen Zone einen leichten Schatten 'zeigt.
Ueberhaupt weist die Knochensyphilis im allgemeinen weniger
einen destruktiven als einen proliferierenden Charakter auf. Dies
erweist sich bei der cerebrospinalen Lues röntgenologisch in der
verdickten Hirnschale mit breiten Diploerinnen und grÀtenförmi-
gen Zacken der inneren Tafel, einem Bilde, das Àhnlich allerdings
auch hei schwerer Epilepsie vorkommt, und dessen Beurteilung
daher sehr schwierig sein kann. Auch die Gelenkerkrankungen
zeigen bei Lues, abgesehen von Tabes dorsalis und ulcerösem
Gumma gewöhnlich mehr hypertrophischen Charakter im Gegen-
satz zur Tbc. mit ihrem destruktiven; daher kann erstere wohl
gelegentlich mit der Köhler'schen oder Perthes'schen Krankheit
verwechselt werden, nie aber mit der Tbc., und die OrthopÀden
sotten noch mehr als bisher grade nach dieser Richtung hin ihre
Röntgenbilder prĂŒfen.
Studien ĂŒber Standardisation der Wa. R. Eine Studie zur
quantitativen Bestimmung der Reaktion. Verf. empfiehlt mit
mehreren Röhren, die variierende Mengen von Serum enthalten,
zu arbeiten, und ferner den Ausfall nicht mit positiv und negativ,
sondern den positiven in vier verschiedenen StÀrken anzugeben,
damit der Praktiker ein "Urteil ĂŒber den Erfolg seiner Kur hat.
falls das Serum nicht negativ geworden ist.
Studien ĂŒber Standardisation der Wa. R, Ein ĂŒberragendes
Antigen. Das Antigen wird nicht aus 1, sondern aus 3 oder noch
mehr Herzen hergestellt, Die getrockneten Herzen werden zuerst
mit Aether ausgezogen, da dieser die haemolylischen Elemente
entfernt. Nach Trocknung Extraktion mit Alkohol, der die
komplementslöremden Elemente vernichtet. Der Alkohol wird dann
wieder abgedampft, mit Aether ausgezogen und durch Azeton ge
fallt. Darauf wird das Gewebe zum 2. Male mil absolutem Aclhyl
alkohol ausgezogen. Der so gewonnene Extrakt ist von sehr
hohem Anligengchall und enthÀlt nur ganz geringe anlikomplc
inert tÀre und haemolytische Werte. Bab Berlin
The Urologie and Cutaneous Review, St. Louis.
MĂ€rz 1022, Nr. .'!. ,
Beriebt Uber einen Fall von Papillom der "Ihn I de>r hinteren I rethra
'I' Ii o in a s . Gilbert .1.
Lieber den Wert fertigieir Vaccine bei Urogenititl-Injektionen. V alll e re
D a g n a u 1 t , T.
RrimÀraffekt der Hand. Lloyd. Hentj l>.
âąM'ber den Erfolg einer Operation nach Steiuach. \l I Chol , Leo L.
Drei schwere FĂ€lle von Dermatitis exfoliativa nach S,eosa1vaTten, B t k âą
s (i n . B. Barker.
Stein 'in Kreter. K r d in a u n . Bernhard.
Bin Kall von Blasenhalsdivertikcl. M e C I u r e V 0 u n g . II.
Kin ungevrönlicher Fremdkörper der Blase. 8 1 o l.k i' n . . 0. I-'..
Drohung de« Samenstranfr.es. Ba rnej . J. Dellinger.
Hodenteratom. VV e i t Ii a s , H. < !.
Kin ungewöhnlicher Kall von Hypcrnephroin der Xiere. CJ o 1 ;l s t e i n , \i
bort E.
Bericht ĂŒber einen Kall von Uydrueele mit vollkommener I nerustic in inj dei
Tnniea vaginail'«,. .Inst. William E.
Bericht ĂŒb. r einen Fremdkörper in der Urethra. D a v Georg H. und
A s e Ii b i g . W. B.
âŠâŠ*K\pernne ntelle Untersuchungen Ăber ein neues organische« Arsenprapar il.
das intramuskulÀr injiziert » erden kann. .1 e a n s e 1 in n . F. und
P 0 in a i" e t. M.
⊠Behandlung des aktifCH gonorrhoischen Rhuumat »mus. VV r i g h l , Frank-
lin R.
PrimÀrer Bube-, I! o 1 n i c k . II. ('.
Ueber den Erfolg einer Operation nach Steinach. Bei einem
10jÀhrigen Amerikaner, der seit 3 Jahren an Impotenz, allge-
meinem KrÀfteverfall, GedÀchtnisschwÀche, UnfÀhigkeit der Ge-
dankenkonzentration litt, im ĂŒbrigen aber keine organischen
Fehler zeigte, war in Lokalanaesthesie die Steinach'sche
Operation vorgenommen worden. Der Erfolg war nach jeder
Richtung hin befriedigend.
Experimentelle Untersuchungen ĂŒber ein neues organisches
ArsenprÀparat, das intramuskulÀr injiziert werden kann. Ycr
fasser haben Ehrlichs PrÀparat 592, das dieser als wirksamstes
aber wegen seiner Unlöslichkeit und seiner Neigung zur ToxitÀt
als fĂŒr die Praxis leider nicht verwendbares PrĂ€parat erklĂ€rt
hatte, so modifiziert, daà es intramuskulÀr gegeben werden kann.
Die Schmerzhaftigkeit und ToxitÀt ist bei dem PrÀparat sehr ge-
ring geworden, der therapeutische Effekt bei GeflĂŒgel-Spirillose
und bei experimenteller Kaninchensyphilis sehr groĂ.
Behandlung des akuten gonorrhoischen Rheumatismus.
Empfehlung sehr groĂer Dosen von Gonokokken-Vakzine. Als
Anfangsdose werden 5 Billionen (5,000 Millionen) Keime injiziert.
Jeden 5.-7. Tag wird die Dosis um 1,000 Millionen bis 12,000 Mil-
lionen gesteigert. Tritt nicht sofort Besserung ein, so werden die
ZwischenrÀume zwischen den einzelnen Injektionen bis auf 48
Stunden verkĂŒrzt. AuĂer Bettruhe und heiĂen UmschlĂ€gen sind
lokale MaĂnahmen wie Extensien nicht notwendig, dagegen muĂ
der primĂ€re Herd â die Urethra â energisch behandelt werden.
Bab (Berlin).
The Tohokn Journal of Experimental Medicine, Tokio.
30. November 1922, 2, Nr. 4.
BeitrÀge zum Studium der Lymphe. I. Vergleichende Untersuchungen vom
AntikĂŒrpergchalt des "Blutes und der Lymphe und seine Beeinflussung
durch verschiedene Kyniphagogaarten. O s a tu, S. 32ö.
Untersuchungen ĂŒber Cetacea. II. Ueber die Milch des Finnwals. T a k a t a,
M. 341.
Untersuchungen ĂŒber Cetacea. III. Die PerikardialflĂŒesigkeit des Seiwals.
S u (1 7. uki. M. 855.
Beobachtung ĂŒber die agglutinaitorische VerĂ€nderlichkeit der Typhusbazillen
in homologen Immunsera. A uki. K. und K o m in. s. :s;>7.
Beziehung zwischen Haupt- und Witagglutinafion. VIII. \ o k i . K. und
K o n n o . 'I'. 37(1.
âą-EinfluĂ des Snuersfoffgerralts im Blute aul' die BlutviskositĂ€t. Od-aira,
T. 396.
Rlutzuckcrgchnlt des Kaninchens mit ..Zwischenhirnstich". Moritz.
S. 403.
KONGRESSBERICHTE
Praktische Ergebnisse der Radiumtagung in Kreuznach
(29.â 30. April).
Von den dort gefĂŒhrten Verhandlungen, an denen ich teilnahm,
interessieren die Leser der , Fortschritte' jene Leistungen,
Welche sie therapeutisch von der Anwendung des Radiums er
warten dĂŒrfen. Von den in Kreuznach zu Wort gekommenen
Autoren ist es vor allem Werner vom Samariterhaus in
Heidelberg, der im Besitz von 300 mmgr Radiumelement, in
langjÀhriger, vielseitiger Erfahrung mit seiner Indikatiöns-
slellung besondere Beachtung verdient.
446
KongreĂberichte
40. Jahrg. â Nr. 24/25.
Vor allem spricht W c r n e r den viel hÀrteren (durchdrin-
gungsfĂ€higeren) y-Strahlen des Radiums eine gröĂere biolo-
gische Wirksamkeit auf die einzelnen Zellen zu, als der
"Strahlenkomponente des Röntgenröhrenspektrnms. Um die
gleiche DurchdringungsfÀhigkeit der Röntgenstrahlen zu erzielen,
mĂŒĂten wir ĂŒber Apparate und vor allem Röntgenröhren ver-
fĂŒgen, die eine etwa 5 mal höhere Spannung aushalten, wie wir
sie heute bestenfalls praktisch anzuwenden imstande sind.
Von dieser Ueberzeugung gröĂerer biologisch-therapeuti-
scher Wirksamkeit der /-Strahlen des Radiums ausgehend,
wandte W e r n e r auch nach röntgentherapeutischen MiĂerfolgen
noch groĂe Radiumdosen an, die ihm bisweilen noch Erfolge
brachten.
Die therapeutische Reichweite einer Radiummenge von
ca. 100 mmgr Radium-Element (also etwa 200 mmgr Radium-
Bromid) wurde allgemein von den sich Ă€uĂernden Autoren mit
ca. 1 cm Tiefe angenommen, wenn auch ein wirksamer EinfluĂ
der Radium - y - Str-ahlen auf mehr wie das Doppelte von
W eine r und S t i c k e r geschÀtzt wurde.
FlÀchenhafte Tumoren unterzieht Werner lieber der
Röntgenbehandlung. Tumoren bis ApfelgröĂe bestrahlt er mit
Radium. Handelt es sich um erfahrungsgemÀà radiosensible
Tumoren, so geht er sie noch bis KindskopfgröĂe mit Radium an.
Sinkt unter der Behandlung die Zahl der Leukocyten auf 2500
bis 2000, so wird die Behandlung aus Furcht vor irreparablen
BlutschÀdigungen abgebrochen. Von den einzelnen Tumorformen
sagte Werner, daĂ die Gliosarkome sehr rasch zurĂŒck-
gehen, daĂ sie aber sehr rasch rezidivieren. Bei den R e t r o -
bulbĂ€rgeschwĂŒlsten ist besonders die NĂ€he des Auges
zu beachten, dessen Nahbestrahlung mit harten y-Strahlen SchÀ-
digungen bis zur Erblindung im Gefolge haben könne. Be-
strahlungen aus gröĂerer Entfernung sind in dieser Beziehung
ungefĂ€hrlich. Die GeschwĂŒlste des Nasenrachen-
raumes könnten â evtl. nach Entfernung der Oberkiefer-
gaumenplatte â ausschlieĂlich Objekt der Bestrahlung sein. Bei
den Tumoren des Hypopharynx sei wegen der reaktiv^
entzĂŒndlichen Schwellung vor der Bestrahlung die Tracheotomie
angezeigt. Leicht operierbare T o n s i 1 1 e n k a r z i n o m e seien
zu« operieren, sonst zu bestrahlen. Bei dem Karzinom der
W a n g e n s c h 1 e i m h a u t sei die Operation ungĂŒnstig, weshalb
sie zu bestrahlen seien. Sind die Karzinome und Tu-
moren der Zunge und des Mundbodens klein, so
seien sie vor der Bestrahlung zu operieren Da die Operation
der höher liegenden Karzinome des Kehlkopfes un-
gĂŒnstig sei, sollten sie ausschlieĂlich bestrahlt werden, wĂ€hrend
die tiefer liegenden, operativ gĂŒnstigen, erst zu operieren seien.
Die DrĂŒsentumoren des Halses seien sehr gĂŒnstig fĂŒr
die Radiumbehandlung, selbst branchiogene heilten bisweilen.
Oesophaguskarzinome wurden von innen mit Radium,
von auĂen mit Röntgenstrahlen angegangen. Diese Methode er-
fordert bezĂŒgl. der Dosierung besondere Vorsicht. Die Sirahlen-
behandlung des M a g e/n k a r z i n o m s erwies sich Werner
als durchaus negativ. Das Rektumkarzinom wurde mit
Radiumeinlage und Ă€uĂerlich durch Röntgenstrahlen mit gutem
Erfolg behandelt. Beim Blasen krebs sah Werner keine
Dauerheilungen, wÀhrend er in der Radium- und Röntgenbehand-
lung des Uteruskarzinoms eine ernstliche Konkurrenz fĂŒr
die Operation erblickt. Wenn auch Mammakarzinome
''ohne Metastasen) ausschlieĂlich mit Strahlenbehandlung ange-
gangen werden können, so zieht Werner vor, erst zu operieren
und dann zu bestrahlen. Epitheliome, auch die ganz groĂen,
wurden mit 70 % geheilt. Die ExtremitÀtentumoren sind
ein gĂŒnstiges Feld radiologischer Therapie, wenn sie nicht in
der Tiefe des Oberschenkels sitzen. Die Bestrahlung vor der
Operation lehnt Werner ab. wegen der schlechteren Wund-
heilung.
Die ĂŒbrigen Autoren bewegten sich vornehmlich auf gynĂ€-
kologischem Gebiet, sprachen von ihrer radiologischen Technik
und deren Resultate. FĂŒr den G c b Ă€ r m u 1 1 e r k r e b s wurde
auch von den namhaftesten Operateuren, die zugleich Strahlen-
therapeuten waren, die mindestens ebenso gĂŒnstigen Erfolge der
Strahlenbehandlung gegenĂŒber einem operativen Vorgehen be-
tont Dabei wurde als sichere Hoffnung ausgesprochen, daĂ auf
diesem Gebiet ein ganz unzweideutiger Sieg der Strahlentheranie,
die sich ja mit ihrer Technik noch in den AnfÀngen befinde,
gegenĂŒber den kaum mehr ausbaufĂ€higen Operationsmethoden zu
erwarten sei. Seitz, der bei so gut wie alleiniger Röntgen-
behandlung des GebÀrmutterkrebsps die gleich guten Resultate wie
D öd er lein mit seiner bis jetzt ausschlieĂlichen Radium
bestrahlung erzielen konnte, trat fĂŒr seine ..Galvanisierung" der
GcbĂ€rmullcrkrebse ein. Er ist ĂŒberzeugt, durch diese âVer-
kupferung" der Geschwulst eine reichere SekundÀrstrahlenaus-
beute zu gewinnen, eine Möglichkeit, die keiner der Autoren von
der Hand wies. Sehr interessiert wurde die Diskussions-
bemerkung von Opitz aufgenommen, der auf die Beziehungen
zwischen Landschaft und MalignitÀt der Blastome hinwies. Den
aus der Versammlung heraus bezĂŒgl. seiner BeweisfĂŒhruni; ge-
Ă€uĂerten Zweifeln konnte er mit der Talsache begegnen, daĂ
Krönig in Freiburg 8 mal ungĂŒnstigere Operationsresultale
hatte, wie zuvor in Jena. Der GebÀrmutterkrebs ist nach Opitz
in Freiburg weniger hÀufig wie z. B. in Jena, aber seine Ma-
lignitĂ€t ist weit gröĂer wie dort. Opitz setzte seine Freiburger
VerhĂ€ltnisse in Vergleich mit dem seltenen, dafĂŒr aber umso
bösartigeren Krebs Jugendlicher. Opitz betonte ĂŒberhaupt
stark jene ererbte und erworbene Disposition zum Karzinom im
Sinne meiner AusfĂŒhrungen in den âFortschritten " 1020, Nr. Iii .
So suchte er auch z. B. die strahlentherapeutischen MiĂerfolge
beim Magenkarzinom zu erklÀren, indem er auf die Mitbestrah-
lung von linker Nebenniere, Pankreas und Milz verwies, was
gewiĂ nicht gleichgĂŒltig sein könne.
Es wurde weiter die Frage erörtert: soll mit Radium oder
soll mit Röntgenstrahlen sterilisiert werden. In der Aussprache
konnte der Vorzug des Radiums vor der Röntgenbehandlung, den
Fla tau propagieren wollte, sich vom klinischen Standpunkt
aus nicht durchsetzen. Die SchluĂmeinung ging dahin, daĂ ledig
lieh wegen ökonomischer Gesichtspunkte, soweit es sieh um Be-
sitzer von âbilligem" Radium aus der Vorkriegszeit handelt,
vielleicht die bevorzugte Anwendung des Radiums begrĂŒndbar
sei. In der Tat ist ja auch eine ambulatorische Röntgensterili-
sierung mit im Ganzen ca. 2 Stunden Dauer fĂŒr den Patienten
gewiĂ angenehmer als die feierliche Aufnahme in eine Klinik
und die wenigstens 24 stĂŒndige âunwirtschaftliche" Bettruhe,
wenn man schon die wirtschaftliche Seite auch hier berĂŒcksich-
tigen will. Daneben ist es sicher nicht gleichgĂŒltig, einen, wenn
auch sterilisierbaren, höchst wirksamen Fremdkörper wenig-
stens 24 Stunden in der GebĂ€rmutterhöhle â die allgemein jetzt
bevorzugte Methode der Radiumsterilisierung â zu belassen.
Der damit verbundene Vorteil rascher Blutstillung ist. man
kann sich des Eindruckes nicht erwehren, doch hÀufig mit einer
bisweilen ausgedehnten Beckenvenenthrombose verbunden, ein
Zufall, der bei der diffus wirkenden Röntgen sterilisierung weil
weniger beobachtet wurde. Der durch diese gesetzten evtl. Reiz
blutung begegnet Seitz durch vorausgehende Abrasio.
Von besonderem Interesse waren noch die AusfĂŒhrungen von
Tomanek (Prag) und Holfelder ĂŒber den gegenwĂ€rtigen
Stand der Radiumtherapie im Ausland. Am bemerkenswertesten
ist der Unterschied bei den Amerikanern. Sie arbeiten durchweg
nicht unmittelbar mit den Salzen des Radiums, sondern mit dessen
Emanation. Die Institute benutzen fĂŒr unsere verarmten Be-
griffe ungeheure Mengen von Radium. So verfĂŒgt die Barward-
UniversitĂ€t (New York) ĂŒber 4 gr Radiumelement. Zum Zweck»'
höchster wirtschaftlicher Ausnutzung lösten sÀmtliche amerika-
nische Kliniken ihr Radium in physiologischer Kochsalzlösung
und bewahren es so in eigens konstruierten GefĂ€Ăen auf. Sie
haben so die Möglichkeit, aus diesen GefĂ€Ăen heraus 'mit beson-
deren Pumpen) die beim Zerfall des Radiums entstehende, Strahlen
aussendende Emanation in feinste Glaskapillaren von 1 mm LĂ€nge
und Vin mm Durchmesser zu pumpen. Mit diesen beliebig dosifr-
baren Emanationskapillaren â sie enthalten fĂŒr gewöhnlich
1 Mikroourie â werden nun die Tumoren mit Hilfe eines troikart-
Ă€hnliehen Instruments in der Weise âgespickt", daĂ auf je 1 cem
1 Kapillare kommt. Dies Verfahren scheint schwieriger, wie es
in der Tat bei einiger Uebung ist. Durch die gleichmĂ€Ăige Art
der Verteilung kleinster Strahlensender wird jene Nekrose mit
ihren Folgen vermieden, die wir bei der Àlteren Methode ver-
teilter Einspritzung radioaktiver Substanzen in den Tumor hÀufig
beobachten muĂten. Die Resultate, wie sie auf diese Weise z. B.
beim Zungenkarzinom erreicht wurden, veranlaĂten Hol fei der.
diese Methode warm zu empfehlen. Er hatte wÀhrend seines
3 monatlichen Aufenthaltes in den Vereinigten Staaten Gelegen-
heit, derartige FĂ€lle vor der Behandlung und 12 Wochen nachher
zu sehen. Sie waren klinisch ĂŒberraschend gut geheilt. Die ana-
tomischen VerhĂ€ltnisse erschienen auch bei den vorher gröĂten
Tumoren durchaus normal. Im ĂŒbrigen konnte uns Hol fei der
beruhigen. Er sah sonst trotz der uns unerschwinglichen amerika-
nischen Radiummengen keine unsere Resultate ĂŒberragenden Er-
folge.
Praktisch gerade fĂŒr unsere VerhĂ€ltnisse wurde noch der
Vorschlag gemacht, daĂ sich die Besitzer von Radium zwecks
Auflösung ihrer strahlenden Materie nach . Art der amerikanischen
Methode zusammenschlieĂen sollten, um so durch Abpumpen der
sich ja immer neu bildenden Emanation die Verwendungsmöglich-
keit der kostbaren und seltenen Substanz wirtschaftlich und
klinisch zu vervielfachen. Kottmaier (Mainz .
orischriiie der Medizin
Die Wochenschrift des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von HANS PĂSCH. Berlin SW 48, Wilhelm ~ Sira&e 20 / Fernsprecher LĂŒtzow 9057
Nr. 26
Berlin, den 5. Juli 1922
40. Jahrgang
Dm* Verlag behĂ€lt sieh das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzliehen Schutzfrist ver.
leber die AbhĂ€ngigkeit der SchĂŒlerleistungen
von körperlichen undfgeistigen Defekten.
Vortrag gehalten auf dem Delegieiientag des deutschen Lehrer -
Verbandes von Lettland am 20. Mai 1922.
Von Dr. med. Aug. B e r k h o 1 z - Riga.
Das Thema, das Sie mir gegeben haben, baut sich auf
aus einer so grollen Summe einzelner medizinischer und pÀ-
dagogischer Fragen, daĂ ihre detaillierte Beantwortung bei
weitem den Rahmen eines Vortrages ĂŒberschreitet. Sie
Werden mir daher gestatten, heute auf das Thema der Be-
einflussung der SchĂŒlerleistungen durch körperliche und
geistige Krankheiten und Defekte nur in Richtlinien einzu-
gehen. Mir wird es daran liegen, Ihr Interesse fĂŒr Ă€rztliche
Vorstellungen und Gedanken zu erwecken. Uns Aerzten fehlt
zudem, um das Thema allseitig zu beherrschen, bisher die
Mitarbeit des PĂ€dagogen. Nur gemeinsame Arbeit von Arzt
und PÀdagoge kann zu allseitig befriedigenden Lösungen
fĂŒhren. Ehe ich nun zum gegebenen Thema ĂŒbergehe, muĂ
ich eine Vorfrage erledigen: Wann sollen wir mit dem Schul-
unterricht heginnen und welches Kind ist vom normalen
Termin zurĂŒckzustellen?
Vom Ă€rztlichen Standpunkte aus halte ich es fĂŒr wĂŒn-
schenswert, daĂ das Kind nach Vollendung des 6. Lebens-
jahres mit dem Schulunterricht beginnt. Eine weitere Hin-
ausschiebung des Termines entsprÀche nicht der Veranlagung
eines normalen Kindes. Die Spielzeit ist mit 6 Jahren be-
endet, der Drang des kindlichen Geistes zum Schaffen, zu
produktiver Arbeit beginnt. Das Spiel allein schafft seinem
Ehrgeiz zu dieser Zeit keine ausreichende Befriedigung mehr.
Neben dem Wissensdrang muĂ dem berechtigten Wunsche
nach Leistungen Rechnung getragen werden. Soweit ist ein
körperlich und geistig gesundes und nicht durch Krankheit
oder durch Fehler der Erziehung in seiner Entwicklung an-
gehaltenes Kind mit 6 Jahren. Wann haben wir aber Ur-
sache, diesen Termin hinauszuschieben? ZunÀchst kommen
in Betracht Entwicklungsstörungen des Kindes durch kör-
perliche Krankheiten. Wir haben es dabei erstens mit Kon-
stitutionsanomalien zu tun. Diese beeinflussen schon die
Entwicklung des SĂ€uglings; ihre Anlage wird mit auf die
Welt gebracht â Rachitis. Skrophulose. Schwerere Formen
dieser Krankheil verhindern die normale Entwicklung von
Körper und Geist durch Jahre hindurch. Solche Kinder
Bleiben körperlich und geistig unter der Norm. Eine Er-
scheinungsform der Skrophulose besteht in der Widerstands-
losigkeit des Körpers gegen Infekte, in dem Mangel ange-
borener ImmunitÀtskrÀfte; sie bewirkt eine EmpfÀnglichkeil
fĂŒr Ansteckung aller Art weit ĂŒher das SĂ€uglingsaller hinaus
und wird so zu einer Ursache, die die RegelmĂ€Ăigkeit des
Schulbesuches unmöglich macht, wozu noch kommt, daĂ, da
der Organismus der Kinder durch die vielen Krankheiten
der ersten Lebensjahre zu leiden halte, auch die geistige Ent-
wicklung zurĂŒckblieb. Denn nur in corpore sano â mens
sana. Wissenschaftliche Untersuchungen neueren Datums
halten festgestellt, daĂ mehr als die HĂ€lfte aller Kinder bis
zum f>. Jahr bereits mit Tuberkulose infiziert wird. Das sind
in erster Linie wieder die skrophulösen Kinder und solche,
die ans tuberkulösen Familien stammen. Wo wir aber auch
nur eleu Verdacht oder die Möglichkeit einer stattgehabten
und noch nicht ĂŒberwundenen Infektion mit Tuberkulose an-
nehmen mĂŒssen, ist das Kind, auch wenn es in seiner geisti-
gen Entwicklung nicht zurĂŒckgeblieben ist, vom besuch
gröĂerer Schulen zum normalen Termin abzuhalten. Jede
Infektion auch geringeren Grades, namentlich aber die ge-
fluchteten Kinderkrankheiten â Masern, Keuchhusten.
Grippe usw. â können eine nicht vollstĂ€ndig ĂŒberwundene,
im Kinde steckende Tuberkulose aktivieren. Meine Damen
und Lienen! Es ist hier vielleicht der Platz, in einigen Wol -
len auf unseren Standpunkt der Bedeutung der Tuberkulose
und ihre Verbreitung einzugehen. Die Tuberkulose isl die-
jenige Infektionskrankheit, die namentlich im Kindesalter
die gröĂte Heiltmgstendenz hat; auch ohne jede Behandlung
heilt sie aus. Wir wissen aus Leichenbefunden, daĂ so gut
wie jeder erwachsene Mensch ausgeheilte Tuberkulose als
Nebenbefund aufweist. Die meisten dieser Infekte, wenn
nicht alle, haben ihren Ursprung in der Kindheil. Die Tu-
berkulose kann latent, oft ohne nennenswerte Krankheits-
erscheinungen zu machen, ja selbst ohne ĂŒberhaupt erkannt
werden zu können, verlaufen. Plötzlich flammt sie auf, im
AnschluĂ an eine Grippe, ja selbst nach einem Schnupfen,
namentlich aber nach den Infektionskrankheiten des Kindes-
alters. Eine ĂŒberstandene Tuberkulose â und das kommt
in jenem Alter oft vor â schĂŒtzt auch nicht vor Reinfektion,
sondern wir wissen, daĂ der kindliche Organismus, der durch
einmalige Infektion geschwÀcht wurde, eine Disposition zu
erneuter Infektion behÀlt. Nach dem Vorausgesagten ist es
klar, daĂ gerade die Skrophulose die Bereitschaft zu einer
Infektion mit Tuberkelbazillen erhöht. Ebenso ist es Ihnen
allen leider nur zu wohl bekannt, wie schwer es ist, in be-
suchten öffentlichen Schulen .die Verbreitung von Infektions-
krankheiten zu verhĂŒten. Namentlich in den ersten Schul-
jahren bei Kindern bis zum 10. Jahre ist die Bereitschaft so
groĂ, daĂ - auch bei Befolgung gröĂtmöglicher hygieni-
scher MaĂnahmen â es nicht möglich ist, ihre Ausbreitung
durch die Schule zu verhindern. Ks ist verstĂ€ndlich, daĂ
wir besonders gefÀhrdete Kinder, wie tuberkulöse und skiö-
phulöse, vom Besuche öffentlicher Schulen zurĂŒckzuhalten
haben, bis ihr Organismus so weit gekrÀftigt ist, daà er den
SchÀden der sich hÀufenden Infektionsmöglichkeiten ge-
nĂŒgend Widerstand entgegenzusetzen imstande ist. FĂŒr
solche wohl geistig reife, aber körperlich geschwÀchte Kinder
ist hÀuslicher Anfangsunterricht, wenn möglich in Kreisen,
zu empfehlen.
Vom Beginn des normalen Schulunterrichts zurĂŒckge-
stellt mĂŒssen, zweitens, Kinder werden, die aus verschiedenen
GrĂŒnden die geistige Reife, dem Schulunterricht folgen zu
können, mit dem 6. Jahre nicht erreicht haben. Diese geistige
Unreife dokumentiert sic h in mangelndem Ehrgeiz, mangeln-
dem Sinn fĂŒr Disziplin und Ordnung, mangelnder Entwick-
lung von Hemmungen fĂŒr Affekte jeder Art; namentlich auf
letzteres charakterliches Unentwickeltsein möchte ich hin-
gewiesen haben. Haben wir VerstĂ€ndnis fĂŒr die Psychologie
eines Kindes, so werden wir diesen Mangel an charakter-
licher Entwicklung schwer ĂŒbersehen. Schwieriger ist es, zu
sagen, ob dieser Mangel ein angeborener oder anerzogener ist.
Nur im ersteren Falle dĂŒrfen wir durch ein Hinausschieben
des Beginnes der Schulzeit das Richtige treffen. Wird es
uns klar, daĂ die geistige Entwicklung des Kindes durch
Fehler in der Erziehung aufgehalten wurde, so werden wir
ĂŒberlegen mĂŒssen, wie die Erziehung zu bessern wĂ€re. Ge-
wöhnlich ist in solchen FÀllen die Beeinflussung der Eltern
durch Àrztlichen Rat allein nicht fruchtbringend; wir kom-
men weiter, wenn wir PÀdagogen zu Hilfe rufen, die die För-
448
Berkholz: AbhĂ€ngigkeit der SchĂŒlerleistungen
40. Jahrg. â Nr. 26
derung des Charakters rascher erzielen. Da aber solche Kin-
der in Schulen störend wirken, sind sie Kreisen zu ĂŒber-
weisen, wo der persönliche EinfluĂ des PĂ€dagogen gröĂer ist.
Sehr schwierig ist die Beurteilung der Intelligenzdefekte,
fehlt uns ja noch eine Definition des Intelligenzbegriffes. Ab-
gesehen von groben Intelligenzdefekten, wie sie Idioten auf-
weisen, sollte ein körperlich und charakterlich reifes Kind
aus diesem Grunde nicht vom Schulbeginn zum normalen
Termin zurĂŒckgehalten werden; seine geistige Entwicklung
schreitet so wie so langsamer fort, daher ist ein frĂŒher Ter-
min nur anzustreben. Die moralischen QualitÀten eines
Kindes zu beurteilen, ist in diesem Alter nicht möglich. Die
moralischen MÀngel beginnen erst im PubertÀtsalter sich
deutlich zu zeigen. Mit 6 Jahren sind die Anforderungen,
die wir an die Moral eines Menschen stellen, wohl noch so
gering, daĂ wir ihre Beurteilung lieber ganz unterlassen.
Niemals darf zu regelmĂ€Ăigem Beginn des Schulunter-
richts widerraten werden bei Klagen ĂŒber allgemeine Nervosi-
tÀt, Schlaflosigkeit, Schreckhaftigkeit, Zerfahrenheit usw.,
vorausgesetzt, daà der Körper gesund ist. Derartige allge-
meine nervöse Beschwerden bei gesundem Körper sind blos
Zeichen eines sensiblen Menschen im Vergleich zu einem
Phlegmatiker, die NervositÀt hat aber nur stÀrkere Formen
angenommen durch Disziplinlosigkeit der Erziehung oder -
noch hĂ€ufiger â durch Ueberreizung der Nerven in Folge
von Mangel an Umgang mit gleichaltrigen Kindern. Er-
wachsene Menschen sind in ihrem Umgang mit Kindern fast
stets auf einen falschen Umgangston eingestellt. Nur Kinder
untereinander beeinflussen sich so weit richtig, daĂ die
Nerven auch beim wildesten Spiel nicht ĂŒberanstrengt wer-
den, höchstens der Körper. Jeder Umgang eines Er-
wachsenen mit einem Kinde wird zur Unterrichtsstunde, die
das GedĂ€chtnis des Kindes ĂŒberanstrengt, auch wenn der Er-
wachsene glaubt mit dem Kinde zu spielen und sich MĂŒhe
gibt, seinen Ton auf das kindliche VerstÀndnis einzustellen.
Ich plĂ€diere stets dafĂŒr, einzige Kinder, die ja namentlich auf
den stetigen Umgang mit Erwachsenen angewiesen sind und
deren Nervensystem infolgedessen ĂŒberreizt ist, frĂŒh der
wohltĂ€tigen Disziplin gutgeleiteter Schulen zuzufĂŒhren.
Ich habe mich ausfĂŒhrlicher wie ich wollte mit den
Fragen beschĂ€ftigen mĂŒssen, wann fĂŒr die Kinder der Zeit-
punkt zum Eintritt in die Schule gegeben ist, weil die
SchĂŒlerleistungen abhĂ€ngig sind von einem richtig ge-
wÀhlten Termin des Schulbeginnes und weil die Krank-
heiten, die die Leistungen in der Schule wÀhrend der Jahre
bis zum Beginn der PubertÀt stören, auf im vorschul-
pflichtigen Alter erworbenen KonstitutionsschwÀchen be-
ruhen. Denn auch in den ersten Schuljahren haben wir es
namentlich zu tun mit Skrophulose und der Tuberkulose.
Schienen diese Krankheiten beim Eintritt in die Schule be-
reits ĂŒberwunden, so treten sie jetzt erneut hervor in Folge
der in den Schulen sich hÀufenden Gelegenheiten zu In-
fekten; wie schon gesagt, es findet eine Aktivierung der
Skrophulose oder der inaktiv gewordenen Tuberkulose statt.
Namentlich sind es die Folgen von chronischen oder hÀufig
rezidivierenden Katarrhen des Nasenrachenringes, die den
Gesundheitszustand und damit die LeistungsfÀhigkeit der
Kinder beeinflussen. Schwellungen der Rachen- und
Schlundmandeln behindern die Atmung oder setzen das Ge-
hör herab oder sie verursachen Hustenreiz; alle diese Er-
scheinungen bringen es hervor, daĂ das Kind von seinem
Körper abhÀngig ist und seine Aufmerksamkeit nicht kon-
zentrieren kann oder aber sie rufen Unbehagen im körper-
lichen Befinden hervor; auch dieses wirkt störend auf den
Geist und die LeistungsfÀhigkeit. Der Grad der Störung steht
natĂŒrlich in geradem VerhĂ€ltnis zur allgemeinen Sensibili-
tÀt des Nervensystems. Diese Folgeerscheinungen der Skro-
phulose bedĂŒrfen peinlichster Aufmerksamkeit von Seiten
der Schule. Ebenso ist es mit der Tuberkulose; sie braucht
oft keine andere Erscheinung zu machen (selbst kein
Fieber), als nur ein SichunbehaglichfĂŒhlen, ein Zustand, der
die Kinder nicht unabhÀngig macht von ihrem Körper, und
das ist nötig, damit die geistige LeistungsfÀhigkeit nicht be-
hindert ist. Wo also in der Vorgeschichte eines Schulkindes
eine Tuberkuloseinfektion nachgewiesen wurde, und ĂŒber,
mangelnde Leistungen geklagt wird, wird es tunlich sein,
an eine Aktivierung der Tuberkulose zu denken, namentlich,
wenn ein Nachlassen der Leistungen beobachtet wurde im
AnschluĂ an Infektionskrankheiten, von denen sich das Kind
in der normalen Zeit nicht erholte. Ich nehme hier Ge--
legenheit darauf hinzuweisen, daà wir der leider so hÀufig
gestellten Diagnose der Blutarmut in diesem Alter nicht bei-
pflichten können. Eine Blutarmut ist in diesem Alter stets
nur ein Symptom einer Krankheit, keine selbstÀndige Krankl
heit; hinter ihr verbergen sich Skrophulose, Tuberkulose oder
aber nicht selten chronische Magendarinerkrankungen. Wir
sprechen von chronischen Magendarmerkrankungen auch
dort, wo keine DurchfÀlle bestehen, sondern wo der Stoff-
wechsel gestört ist durch eine falsche ErnÀhrungsweise. Nur
das absolut krÀftige, gesunde Verdauungssystem ist im.
Stande jeder Nahrung, wenn sie nur in genĂŒgendem MaĂe
zugefĂŒhrt wird, die StoĂe zu entnehmen, die er zum Körper-,
aufbau bedarf. Je schwÀcher das Verdauungssystem in
seiner Veranlagung, desto schwerer werden die Fehler der
Nahrungszusammensetzung von ihm empfunden, desto
wichtiger ist es RegelmĂ€Ăigkeit der Nahrungsaufnahme zu
verlangen und genĂŒgend lange Pausen zwischen den ein-
zelnen Mahlzeiten dem Magen zu gönnen, desto schwerer
machen sich die SchÀden bemerkbar, die in den kleinen
hÀufigen Mahlzeiten liegen, desto schwerer wird der Orga-
nismus geschÀdigt, wenn die Kinder dahin erzogen werden]
an Leckerbissen sich zu gewöhnen, ihr HungergefĂŒhl nach
dem Gaumenkitzel zu richten und nicht nur dann essen
lernen, wenn â ich möchte sagen â ein tierisches Hunger-
gefĂŒhl sie dazu treibt. Derartig falsch geleitete ErnĂ€hrungs-
prinzipien und auf sie aufgebaute ErnÀhrung des Kindes, die
disziplinlos ist und die Kinder dann und das essen lĂ€Ăt, wenn
sie Lust haben und wozu sie Appetit empfinden, fĂŒhrt oft zu
Blutarmut, SchwÀchezustand des Körpers und verminderter
LeistungsfÀhigkeit in der Schule. Die Lehre von der richti-
gen ErnĂ€hrung der Kinder muĂ in ihrer Bedeutung fĂŒr die
Leistungen der SchĂŒler durchaus unterstrichen werden.
Nochmals aber möchte ich daran erinnern, daà nur Indivi-
duen mit einem ungenĂŒgend beanlagten Verdauungssystem
ihr unterliegen, gerade sie aber werden, da ihr Leiden sich
oft in Appetitmangel Ă€uĂert, von ihren Eltern fehlerhaft ge-
stopft und frĂŒhzeitig zu Gourmands erzogen; beides ist dazu
angetan, den Körper noch weiter zu schÀdigen und das Uebel
gröĂer statt kleiner zu machen. Bei uns zu Lande ist die
Wichtigkeit und HÀufigkeit oben geschilderter alimentÀrer
Darmkrankheiten nicht genĂŒgend bekannt; daher werden ge-
rade bei uns hierin die gröbsten Fehler gemacht und â wie
ich aus der Praxis weiĂ â ist die AbhĂ€ngigkeit der SchĂŒler-
leistungen gerade von ihnen eine sehr groĂe.
Die konstitutionelle Beanlagung eines Kindes verdient
mehr Beachtung von Seiten des Schularztes, als die Beob-
achtung einzelner kranker Organe; denn die Leistungen der
SchĂŒler werden durch KonstitutionsschwĂ€chen, wenn man
seine Aufmerksamkeit nicht frĂŒhzeitig auf sie richtet und
ihnen rechtzeitig entgegenarbeitet, mehr beeinfluĂt als durch
die Erkrankung einzelner Organe, wie Herzfehler. LĂ€hmun-
gen einzelner Glieder, Kurzsichtigkeit, Leistenbruch usw. Die
Registrierung der Erkrankung einzelner Organe bleibt trotz-
dem selbstverstĂ€ndlich wichtig, namentlich fĂŒr die Frage,
was wir dem Kinde körperlich zumuten dĂŒrfen, also fĂŒr die
Frage des Turnunterrichts.
Wir gelangen jetzt zur Beantwotrung der Frage: in wie
weit beeinfluĂt das Nervensystem als selbstĂ€ndiges Organ-
system â nicht in AbhĂ€ngigkeit von Erkrankungen anderer
Systeme und Organe â die SchĂŒlerleistung?
Bei der Besprechung der Erkrankungen des Nerven-
systems (ich verwerte hierbei die Gesichtspunkte Zapperts)
sehe ich davon ab auf die organischen Erkrankungen der
Nerven und ihrer Zentralorgane wie LĂ€hmung, Idiotie, ĂŒber-
standene GehirnentzĂŒndung usw. einzugehen. Wichtiger fĂŒr
unser Thema sind die funktionellen Erkrankungen des
40. Jahrg. â Nr. 2(>
Berkholz: AbhĂ€ngigkeil der SchĂŒlerleistungen
i I')
Nervensystems. Wie auch bei allen andern Organsystemen,
Bern Atmungssystem, dem Zirkulationssysterii usw., begeg
nt'ii wir auch bei dem Nervensystem angeborener] Defekten.
Alle funktionellen Nervenkrankheiten beruhen in einem, in
seiner Anlage geschwÀchten, krankhaften Organismus. Ks
I somit die Regel, dal! Kinder, die an funktionellen Kr-
Ă€nkungen des Nervensystems leiden, aus einem Milieu
mm eil, da, selbst nervenschwach, die vererbten Fehler
roh falsch geleitete Erziehung noch vergröĂert. Welches
n sind die Krankheiten, denen wir schon im schul-
lichtigen Kindesalter begegnen? dar zu hÀufig finden wir
i körperlich gesunden Kindern Klagen, daà sie in ihren,
istungen ungleichmĂ€Ăig sind. Neben Perioden glĂ€nzender
istungen treten Zeiten vollkommenen Versagens auf, fĂŒr
e eine Ă€uĂere Veranlassung fehlt. Es handelt sich um jene
nder, die in der Schule periodisch versagen und nament-
h im Elternhause unleidlich werden. Die sonst gutmĂŒtigen,
iiiigen Kinder werden zÀnkisch, frech und entziehen sich
glichem erzieherischen EinfluĂ durch WutausbrĂŒche. In
er Schule Ă€uĂert sich ihre CharakterĂ€nderung weniger, doch
gehen sie in ihren Leistungen zurĂŒck. Nur Entfernung aus
dem gewohnten Milieu, UeberfĂŒhrung in Internate heilt sie.
Das Charakteristische dieser Psyehasthenien ist ihre rein
endogene Entstehung ohne Ă€uĂere Veranlassung. Ihnen
gegenĂŒber stehen periodische Schwankungen im psychischen
Befinden der Kinder, die an gewisse Zeitepochen oder Er-
lebnisse gebunden sind, also exogen entstehen. Namentlich im
FrĂŒhjahr zeigen sich bei den hierzu disponierten Kindern
solche psychischen VerÀnderungen. Ihre Merkmale sind in
erster Linie EĂunlust, VerdrieĂlichkeit, MĂŒdigkeitsgefĂŒhl,
Lernschwierigkeiten. Solche Verstimmungsperioden dauern
Wochen bis Monate, um dann plötzlich zu verschwinden. In
solchen KrankheitsfÀllen ist es fehlerhaft mit hÀuslichen
Nachhilfen, Nervenmitteln usw., die Schulleistungen heben
zu wollen; vielmehr trachte man darnach dem Kinde mög-
lichste Entspannung, Ruhe und Schonung zu beschaffen. Das
Typische solcher psychasthenischer ZustÀnde, die ihre Ur-
sache in einer Erkrankung des Nervensystems haben, ist ihr
periodisches Auftreten. Von ihnen zu trennen sind Àhnlich
sich zeigende Krankheitsbilder, die aber ihre Entstehung
Fehlern in der Erziehung oder der LebensfĂŒhrung der Kinder
verdanken.
Es gibt Nervensysteme, die so lange gesund bleiben, so
lange sie richtig gefĂŒhrt werden. Schon eine falsche Aus-
nutzung der schulfreien Zeit schaĂt ZustĂ€nde von Nerven-
schwÀche. Jeder Organismus erholt sich im Wechsel; der
Muskel muĂ ruhen neben der Hebung im Training, der Geist
verlangt Schlaf, um seine Spannkraft zu behalten; er ver-
langt aber auch einen Wechsel der BetÀtigung seiner ein-
zelnen Funktionen. BeschÀftigt sich nun ein Kind in seiner
schulfreien Zeit nur mit LektĂŒre oder nur mit Musik oder
ist der Sport und das Spiel ausnahmslos das, was seine Er-
holungsstunden ausfĂŒllt, so wird es gar zu leicht einseitig
ĂŒberlastet. â Mehr als auf die UeberbĂŒrdung in der Schule
möchte ich auf die richtige Einteilung der schulfreien Zeil
Gewicht legen. FĂŒr nervös schwach veranlagte Kinder sind
fehler, die hierbei gemacht werden, weitgehend und von
groĂer Bedeutung fĂŒr die Leistungen in der Schule. Nur
ein detailliertes Eingehen auf die Lebensweise der SchĂŒler
vermag diese psyehaslhenisehen Erscheinungen richtig ein-
zuschĂ€tzen, ihre Entstehung zu ergrĂŒnden und richtig ge-
wÀhlte Abhilfe zu schaffen. Die Beurteilung aber der Le-
bensweise des in seinen Leistungen versagenden Schulkindes
bedarf gemeinsamen Studiums von Eltern, Lehrern und
Aerzten. â Vielfach werden derartige nervöse SchwĂ€chezu-
stÀnde von der Masturbation abhÀngig gemacht. Ohne auf
dieses Thema nÀher eingehen zu können, möchte ich nur
kurz davor warnen, ihr eine zu groĂe Bedeutung beizumessen.
Nur in ganz vereinzelten FĂ€llen bei Kindern, die auch sonst
schwerste nervöse Stigmata aufweisen, dĂŒrfte die Mastur-
bation so weit gehen, ernsten- Folgen zu zeiligen. Ich stehe
auf dem Standpunkte jede sexuelle AufklÀrung in Schulen
vermieden zu sehen; man setzt gar zu leicht durch ungeeig-
nete AufklÀrung sexuelle Traumen, die zu tiefliegenden
Depressionen fĂŒhren können. Im sexuellen Empfinden ist
die individuelle Reife so ausschlaggebend, das FĂŒhlen des
Kindes so zart, daĂ gemeinsame Besprechungen nie am Platze
sind, und muà der Zeitpunkt der Erörterung des Thema sehi
genau individualisiert werden, um nutzen zu schaffen; sie ist
allein Sache der Eltern und Erzieher.
Von der asthenischen Krankheit zu trennen sind die
hysterischen. Sie charakterisieren sich im Kindesalter durch
unvermitteltes Auftreten, durch das Massive ihrer Er-
scheinungsform, durch ihr plötzliches Einsetzen im An-
schluĂ an NervenerschĂŒtterungen und Traumen jeglicher Art.
Hier ist in der Regel keine Sc honung am Platze; ein festes
Zupacken, ein geeignetes Ablenken stellt das psychische
Gleichgewicht oft schnell wieder her.
Gestatten Sie mir noch mit einigen Worten auf moralische
Defekte einzugehen, die in der Form von LĂŒgenhaftigkeit
oder Aneignung fremden Eigentums Lehrer und Erzieher oft
zu schwerwiegender Entscheidung zwingen. Halten Sie es
fĂŒr Ihre Pflicht dort, wo Ihre Meinung sich Gehör schaffen
soll, sich ĂŒber jeden einzelnen Fall aufs eingehendste zu
orientieren und, wo es geboten erscheint, die Eltern von
strengen Strafen abzuhalten. Die Pseudologia phantastica,
d. h. die Sucht völlig unwahre Geschichten mit allen Aus-
schmĂŒckungen der Echtheit zu erzĂ€hlen, ist ja eine kindliche
EigentĂŒmlichkeit, die sich bei phantasiereichen, mit einem
starken Innenleben ausgestatteten Kindern namentlich bei
femininem Charakter weit ĂŒber jene Jahre hinaus erhĂ€lt,
âąvo gemeiniglich ein VerstĂ€ndnis fĂŒr Wahr und Unwahr
vorausgesetzt wird. Dagegen haben diese Kinder im Mo-
ment der unwahren ErzĂ€hlung nicht das GefĂŒhl zu lĂŒgen. Sie
spinnen sich in ihre Gedankenwelt hinein, so daĂ sie schlieĂ-
lich selbst an sie glauben. Solchen Kindern tÀte man mit
Strafen Unrecht. Nur bei bewuĂtem LĂŒgen, namentlich
wenn es zum eigenen Nutzen oder zum Schaden anderer er-
folgt, muà AufklÀrung und Strafe eintreten. Schwieriger ist
die Sache beim kindlichen Diebstahl. Es muĂ wohl zuge-
geben werden, daĂ eine klare Auseinandersetzung ĂŒber
Mein und Dein dem Kinde frĂŒh beigebracht wenden muĂ; aber
es darf nicht vergessen werden, daĂ beim Kinde so ge-
waltige Hemmungen gegen das Aneignen fremden Gutes noch
nicht bestehen, wie beim Erwachsenen. Es spielen klein-
liche, kindische Eigenschaften, wie Naschsucht, Eitelkeit,
GroĂmannssucht und Nachahmungstrieb eine groĂe Rolle,
denen die Hemmungen nur wenig Widerstand leisten. Auch
hier erwĂ€chst fĂŒr den PĂ€dagogen und Arzt oft die Pflicht zu
beruhigen und davor zu hĂŒten, in dem Kinde bereits einen
Verbrecher zu erblicken. DaĂ, wenn auch selten, hinter
scheinbar kleinen VerstöĂen gegen Recht und Moral der Be-
ginn geistiger Defekte liegen kann, darf nicht vergessen
werden. Doch soll man beim Kinde zunÀchst geneigt sein,
einen Mangel von Hemmungen gelten zu lassen. Wir sollen
uns stest davor hĂŒten, durch zu scharfe Verurteilung kind-
licher Fehler den noch zum Guten zu leitenden Geist ins
Verbrechertum hineinzustoĂen. Geistige Defekte oder mo-
ralische SchwÀchen liegen allen solchen Verfehlungen zu
Grunde; sie dĂŒrfen aber nicht ausschlaggebend sein fĂŒr die
Beurteilung eines Charakters. Denn Charakter und Wille
sind Produkte reifster Entwicklung; beim Kinde, wie beim
Volke, dĂŒrfen sie nicht vorausgesetzt, sondern mĂŒssen erst
gebildet werden. Auch die angedeuteten moralischen MĂ€ngel
sind im Stande ihre Schlaglichter auf das Betragen und die
Leistungen in der Schule zu werfen.
In der Entwicklung des Menschen bis zu seiner Reife
gibt es 2 Perioden intensivsten, man könnte sagen sprung-
haften Wachstums: das SĂ€uglingsalter und das Alter
zwischen 11 und 15 Jahren â das PubertĂ€lsalter. Im ersteren
ist es vornehmlich der Körper, der intensiver wÀchst, als in
jeder andern Periode; im PubertÀtsalter ist es namentlich der
Charakter und der Geist, der eine Entwicklung nimmt, die kl
weiten MaĂe mit der ruhigen Entwicklung der Kinderjahre
kontrastiert. Beide Perioden haben von jeher die besondere
Aufmerksamkeit der Aerzte erweckt. Im Alter der PubertÀt,
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Opitz: Bluttransfusion.
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das uns heute nur interessiert, beansprucht das Kind beson-
ders aufmerksame FĂŒhrung, da eben geistige KrĂ€fte, die bis-
her schlummerten, mit einer besonderen Vehemenz und
Kraft in ihm zu wirken beginnen, oft dem Kinde selbst un-
bewuĂt. Alles, was aus dem Menschen wird, alle guten und
schlechten Regungen und Empfindungen liegen in ihm, sie
sind angeboren. WĂ€hrend die Erziehung bis dahin in erster
Linie darauf zu achten hatte, daĂ von auĂen her schlechte
Beispiele und EinflĂŒsse fern gehalten wurden, hat nun mit
aller Aufmerksamkeit die Erziehung zum Guten zu be-
ginnen. Denn Erziehung ist ja im letzten Grunde nur die
Hilfe, die wir einem Kinde geben in dem Streben fĂŒr das
Schlechte in uns Hemmungen zu schallen und die guten
Eigenschaften des Charakters und Talente zu entwickeln
und ihnen die rechten Bahnen zu ebnen. Fassen wir das
PubertÀtsalter als eine vehement einsetzende körperliche Ent-
wicklung in uns bisher schlummernder Anlagen auf, so
werden wir verstehen, daĂ die Kinder besondere Aufmerk-
samkeit wÀhrend dieser Periode des Lebens nicht nur von
den Eltern und Erziehern, sondern auch von PĂ€dagogen und
Aerzten bedĂŒrfen. Wir mĂŒssen uns MĂŒhe geben, gegen diese
l'eberproduktion des Geistes ein Gegengewicht im Körper-
lichen zu schallen. Die in der Schule sich ergebenden
Schwierigkeiten und die verminderte LeistungsfÀhigkeit der
SchĂŒler wĂ€hlend dieser Periode, beruht ja eben in den im
Kinde selbst, also endogen entstandenen geistigen Ueber-
anstrengungen. Wenn wir das UebermaĂ dieser geistigen Ar-
beit noch weiter belasten durch LektĂŒre nicht oder halb ver-
standener BĂŒcher oder FeberbĂŒrdung des GefĂŒhls durch
ĂŒbermĂ€Ăige BeschĂ€ftigung mit den KĂŒnsten, so tun wir das
auf Kosten der Gesundheit des Nervensystems. Gar bald
beobachten wir ErmĂŒdung mit allen ihren Folgen nervöser
Feberreizbarkeit, die rĂŒckwirkend durch erhöhte AeuĂerung
des Eigensinnes die Erziehung, d. h. das Lenken des Kindes
in richtige Bahnen erschwert. Es ist daher Pflicht der
Schule und der Erzieher, das im Uebermaà schÀumende
Geistes- und GefĂŒhlsleben der Kinder dieser Periode zurĂŒck-
zuhalten, durch körperliche Arbeil und Sport ein Gegenge-
wicht zu schaffen gegen die GeisteskrÀfte, die in dem Kinde
selbstĂ€ndig tĂ€tig sind. Von der gröĂten Bedeutung isl wĂ€h-
rend des PubertÀtsalters das Leben des Kindes in der schul-
freien Zeit. Die Schule kann in dieser Periode,, sobald sie
erkannt wird, nicht mehr tun, als Nachsicht ĂŒben, nur das
Notwendigste an geistiger Arbeit verlangen, zurĂŒckhaltend
sein in der Anregung, die sie bietet, durch Turnspiele und
AusflĂŒge gerade in dieser Zeit die KrĂ€fte des Körpers ĂŒben.
Die Aufgabe des Hauses * i st eine viel weitergehende, viel
feinen- Detailarbeit am Charakter und in der Entwicklung
von Talenten des âschĂ€umenden Mostes".
Aber wÀhrend der Puber tÀts jÀhre tritt auch die körper-
liche Entwicklung des Menschen in ein besonderes Stadium.
Blutbildende Organe, deren Funktionen bisher darnieder-
lagen, nehmen ihre TĂ€tigkeit auf, wie z. B. die SchilddrĂŒse,
die KeimdrĂŒsen, die Nebennieren usw. Ist ihre Entwicklung
gesteht, so kommt es zu Krankheilen des Blutes. Ihnen allen
isl die Krankheit âBleichsucht" bekannt. Sie ist kein
Postulat der Entwicklungsjahre, sondern eine in diese
Periode fallende Erkrankung des Körpers, bezw. der blut-
bildenden Organe und verlangt daher strikt Àrztliche Be-
handlung. Wie bei jeder Krankheit chronischer Natur â der
Verlauf der Bleichsucht nimmt oll mehrere Jahre in An-
spruch â leidet die LeistungsfĂ€higkeit des Körpers wĂ€hrend
derselben in hohem MaĂe. Ihre Behandlungswei.se verlangt,
je nach Schwere des Falles, die mannigfaltigsten Be-
dingungen. Je nach Vorschrift des Arztes wird das bleich-
sĂŒchtige Kind weitgehender Schonung in der Schule und der
Pflege im Hause bedĂŒrfen. Allgemeine Vorschriften fĂŒr die
Behandlung BleichsĂŒchtiger in der Schule lassen sich nicht
gelten, Ich möchte zum Schluà nicht versÀumen darauf hin-
zuweisen, daà der durch die Bleichsucht geschÀdigte Orga-
nismus wiederum besonders empfĂ€nglich fĂŒr Infektionen
aller Art isl und auc h nac h dieser Richtung weitgehende
Vorsicht geboten isl. Nicht selten wird eine bis dahin
schlummernde Tuberkulose durch die Bleichsucht aktiviert.
Ich bin am SchlĂŒsse meiner Betrachtungen. Es sei mir
noch gestattet in KĂŒrze einige Richtlinien zu fixieren, wie ich
mir am besten die Zusammenarbeit von Haus, Schule und
Arzt denke; denn daĂ nur ein Zusammenarbeiten, ein Handf
inhandgehen dieser drei Faktoren GĂŒnstiges fĂŒr iie Entwic k-
lung der Kinder und ihre LeistungsfÀhigkeit in der Schule
schaffen kann, ist ohne weiteres zuzugeben. Beruhen doch
alle Ursachen â abgesehen von akuten Krankheiten â , die
die LeistungsfĂ€higkeit der SchĂŒler herabsetzen, auf Koni
stitulionssc hwÀc hen, Entwic klungsslörungen und Krank!
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heilen, die einen exquisit chronischen Verlauf nehmen. Sie
alle lassen sich nicht in der Àrztlichen Sprechstunde begut-
achten und endgĂŒltig feststellen. Zu ihrer Beurteilung ge-
hört vielmehr genaueste Familienanamnese, Kenntnis des
Milieu, in dem das Kind aufwÀchst, objektive Beurteilung des
Charakters, des Geistes und der Moral durch einen PĂ€dagogen;
nur mit ihrer Hilfe lassen sich z. B. geistige Krankheiten
ursĂ€chlich auseinanderhalten. Alle Beobachtungen mĂŒssen
fortlaufend die Entwicklung des Kindes verfolgen. Icdi halte
es fĂŒr wĂŒnschenswert, daĂ jedes in die Schule neu ein!
Ii elende Kind bei seiner Aufnahme vom Schularzt in Gegen-;
wart der Eltern begutac htet wird, damit dem Arzt die Mög-
lichkeit gegeben ist. nicht nur die Vorgeschichte des Kindes,
sondern auch den Findruck, den er vom Milieu des Hauses
gewonnen, in dem Gesundheitsschein auf das Genaueste zu
notieren. Diese Vorgeschichte und die objektiven Beob-
achtungen am Kinde, wie sie sich bei genauer körperlicher
Untersuchung ergeben, fĂŒllen die erste Seite des Gesundheits-
sc heines aus. AlljÀhrlich einmal wiederholt sich die Unter-
suchung eines jeden Sc hĂŒlers durc h den Schularzt, sonst
wird er ihm nur zugefĂŒhrt, sobald der Lehrer Beobachtungen
am Kinde macht, die geeignet sind, ihn zu veranlassen, den
Rat des Arztes einzuholen. Die Antrage des Lehrers wird
ebenso wie der Rat des Arztes und der Erfolg desselben fort-
laufend im Gesundheitsschein des Kindes niedergelegt. Ver-
mittelst des Lehrers steht Sc hule und Arzt mit dem Hause
des Kindes in steter BerĂŒhrimg; alle Beobachtungen und Ein-
wÀnde der Eltern notiert er im Gesundheitsscheine. Dieses
begleitet den SchĂŒler, solange er die Schule besucht, fort-
laufend; auch wenn die Schule gewechselt wird, wandert Cl-
aus dem Archiv der ersten in das der zweiten. Nur eine
solche fortlaufende Geschichte des Entwicklungsganges eines
TT * "
Kindes in der Schule kann den gewĂŒnschten Wert haben, wo
zu gleicher Zeit und mit gleichem Werte die Beobachtungen
des Lehrers und des Arztes notiert sind. Vom Arzte mĂŒssen
Interesse fĂŒr das Kind und seine Entwicklung verlangt
werden und Erfahrung in der Beurteilung von Kindern.
Daher halte ich es fĂŒr das WĂŒnschenswerteste, daĂ in jeder
Kommune sich ein Arzt ausschlieĂlich der TĂ€tigkeit eines
Schularztes widmet; ich halte an der Wichtigkeit des
Schularztes im Hauptamte fest. Ihm zur Seite treten dann
AssislenzĂ€rzte und Schulschwestern, wobei fĂŒr MĂ€dchen-
schulen unbedingt weibliche Aerzte verlangt werden mĂŒssen.
Dem Schularzte im Hauptamte steht das gesamte Material der
Gesundheitsscheine zur VerfĂŒgung; ihm nur fĂ€llt die Ent-
scheidung in allen Àrztlichen Fragen zu, ob sie Schule oder
SchĂŒler betreffen. So nur kann ein wertvolles Material ge-
schaffen werden, gegrĂŒndet und aufgebaut auf nach einheit-
lichen Gesiehtspunkten gesammelten Beobachtungen er-
fahrener PĂ€dagogen und SchulĂ€rzte, das fĂŒr Schule und
SchĂŒler von weitgehendem Nutzen sein wird.
(Ans der UniversitÀts-Kinderkhnik zu öreslau.)
(Direktor: Professor Dr. S t o 1 te.)
Die Anwendung der Bluttransfusion
in der PĂ€diatrie.
Von Hans O p i 1 z , Assistent der KJinik.
Die BlutĂŒbertragung von einem Individuum auf das andere,
hat bisher in der PĂ€diatrie wenig Eingang gefunden. Soweit
ich die deutsche Literatur ĂŒbersehe, liegen nur kasuistische
Mitteilungen vor. Hasse'' scheint der erste gewesen zu
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sein, der 1874 neben dem damals gebrÀuchlichen Tierblul
auch schon defibriniertes Menschenblut bei einigen jungen
Kindern verwandte. G o e b e 1 1 und Poggeman n2) be-
richten ĂŒber den guten EinfluĂ der direkten Bluttransfusion
bei einem 9 jÀhrigen Knaben mit Blulungsanam'ie. Im vorigen
Jahre teilte Arkena u3) einen Fall von Jaksch-Hayem-
scher AnÀmie mit, der durch wiederholte intravenöse und
intramuskulÀre Injektionen kleiner Mengen Zitratblutes erfolg-
reich behandelt wurde. Umfangreicher ist die amerikanische
Literatur. Danach sind es besonders die hÀmorrhagischen
Diathesen der Neugeborenen, die nach den ersten Heilungen
von Melaena durch Lambert (1908) und Swain (1909)
das Hauptanwendungsgebiet fĂŒr intravenöse Transfusionen
darstellen.
FĂŒr die BlutĂŒberpflanzung von einer Person auf die an-
dere kommen folgende Verfahren in Frage:
A. Die intravasale Zufuhr, und zwar.
1. die direkte Transfusion, d. h. die unmittelbare Ueber-
leitung von Arterie zu Vene oder von Vene zu Vene m-it
Hilfe der Carrelschen GefÀknaht, oder unter Benutzung
von Prothesen aus Gummi, Glas, Metall, tierischem Ge-
fÀhrohr usw.
2. die indirekte Transfusion,
a) dabei wird entweder eine mittelbare Verbindung
zwischen Blutsystem von Spender und EmpfÀnger
unter Einschaltung einer Spritze mit Zweiwegehahn
geschaffen*),
b) oder das Spenderblut wird erst in vitro durch che-
mische EinflĂŒsse (Natrium citricum) oder phy-
sikalische Einwirkungen (Defibrinieren) VerÀnderun -
gen unterworfen, ehe es injiziert bzw. infundiert wird.
Bei dieser letzten Methode handelt es sich eigentlich
streng genommen um keine Transfusion, doch ist
auch hierfĂŒr der Ausdruck âindirekte Transfusion"
ĂŒblich geworden, weswegen er beibehalten werden
soll.
B. Die extravasale Zufuhr, die in
1. subkutaner oder
2. intramuskulÀrer
Applikation sowohl frisch entnommenen unbehandelten
wie defibrinierten oder durch Zusatz von Natrium citri-
cum ungerinnbar gemachten Blutes besteht.
Ehe man sich nun fĂŒr die eine oder andere Hauptmethode
(A oder B) entschliekt, muk man sich klar sein, was dieselben
leisten bzw. was man mit der BlutĂŒbertragung erreichen will.
Handelt es sich darum, Erythrocyten als SauerstofftrÀger zu-
zufĂŒhren, so wird man nur die intravenöse Einverleibung
wĂ€hlen dĂŒrfen, da extravaskulĂ€r injizierte Erythrocyten nicht
oder nur zu einem sehr kleinen Teil in den Kreislauf aufge-
nommen werden. Auch eine unmittelbare PlÀttchenwirkung,
wie man sie bei bedrohlichen thrombopemschen Blutungen
anstrebt, dĂŒrfte in erster Linie d|urc'h die direkte UeberfĂŒhrung
von ThrombocYten in den Kreislauf zu erzielen sein. Dagegen
lĂ€kt siĂŒh eine Reizwirkung auf die erythropoetischen Organe
sowohl durch intra- wie extravasale Einverleibung ausĂŒben.
Denn nur so kann die bei mehrfachen intravenösen und intra-
muskulÀren bzw. subkutanen Injeklionen kleiner Blutmengen
beobachtete Steigerung von HĂ€moglobin und Erythrocyten -
zahl gedeutet werden. Dabei handelt es sich nicht nur um
eine unspezifische Eiweikkörpertherapie, vielmehr spielt
sicherlich auch die mit der ErYthrocytenzufuhr erfolgende Bei-
bringung von Bausteinen eine Rolle. In diesem Sinne wirkt
scheinbar auch die neuerdings empfohlene rektale Blutappli-
kation. Bezweckt man schlieklich mit der BlutĂŒberpflanzung
die Schaffung oder Vermehrung von Immunstoffen (prophy-
laktisch und therapeutisch bei Infektionskrankheiten) oder Ge-
rinnungsfaktoren (bei hÀmorrhagischen Diathesen), so wird
') Auch die von v. Ziemssen empfohlene direkte Entnahme
mittels Spritze und sofortige Injektion des unbehandelten Blutes in
die Fmpfangervene sei hier erwÀhnt.
die Arl dei Verabfolgung im gan/en gleich sein, voraus-
gesetzt, dak man auch extravasal die nötigen Mengen de
ponieren kann. FĂŒr eine moglichsl schnelle und energische
Wirkung ist freilich in erster Linie auch hier die inh avenosr
Uebertragung zu wÀhlen. )e nach dem Zweck, den man an-
strebt, wird man sich also fĂŒr die eine oder die andere Me-
thode zu entscheiden haben, das Gesarntblul oder nur Plasma
bzw. Serum verwenden. Denn /. T. sind ja die Elemente, die
wir mit der Transfusion zufĂŒhren wollen, hauptsĂ€chlich in der
/.ellfreien FlĂŒssigkeit enthalten, wie die Immunkörper und die
zur Gerinnung erforderlichen Stoffe.
Die DomĂ€ne fĂŒr die BlutĂŒbertragung im Kindesalter bilden
die anÀmischen ZustÀnde, insbesondere die der ersten Lebens-
jahre, deren Pathogenese ja vielfach noch völlig ungeklail
ist. Die Verfahren, die eine Reizwirkung auf das Knochen-
mark ausĂŒben, die extravasale Blutzufuhr und die intravenöse
Injektion kleiner Mengen halten wir in FĂ€llen mit embryonalem
Blutbildungstyp direkt fĂŒr kontraindiziert. Hier handelt es sich
ja bereits um eine gesteigerte Funktion der blutbildenden Ap-
parate, die vermutlich sowohl durch einen direkten Reiz als
auch durch einen vermehrten Erythi ocytehbedarf infolge ge-
steigerten Zerfalls in der Peripherie bedingt ist. Diese
dauernde Mehrleistung kann schlieklich zu einem Er-
schöpfungszustand der BlutbildungsstĂ€tten fĂŒhren, wie er mit-
unter auch ohne ein vorausgegangenes Reizstadium z. B. bei
akuten oder chronischen Infekten beobachtet wird. Bei diesen
ZustÀnden wird ein weiteres Stimulieren eher schaden als
nĂŒtzen mĂŒssen. Hier dĂŒrfte ein ganz anderes Verfahren am
Platze sein, nÀmlich ein Verfahren, das die Uebernahme der
Arbeit der erythropoetischen Organe bezweckt. Das kann nur
durch die intravaskulÀre Zufuhr körperfremder Erythrocyten
erreicht werden, die natĂŒrlich nicht nur funktionstĂŒchtig, son-
dern auch fĂŒr lĂ€ngere Zeit lebensfĂ€hig sein mĂŒssen. Die
vitale Funktion ĂŒberpflanzter roter Blutkörperchen steht nach
der vielfach erprobten Wirkung der Bluttransfusionen bei aus-
gebluteten und mit dem Erstickungstode ringenden Verwun-
deten aufcer allem Zweifel. Aber auch die selbst heute noch
bestrittene LebensfÀhigkeit ist erwiesen. Wie unsere in der
Monatsschrift fĂŒr Kinderheilkunde erscheinenden Unter-
suchungsergebnisse zeigen, können körperfremde Erythro-
cyten eine ebenso lange Lebensdauer haben, wie körper-
eigene.
Die AnĂ€miebebandlung durch BlutĂŒberpflanzung, die auf
Veranlassung von Herrn Prof. S t o I t e in Angriff genommen
wurde, ĂŒben wir seit 1919 aus. Ueber die ersten drei FĂ€lle
hat H a r r i e h a u s e n4) schon einmal kurz berichtet. Seitdem
sind bei 21 FĂ€llen 52 Transfusionen ausgefĂŒhrt worden. Die
direkte Methode erschien ungeeignet, da sie die Hilfe eines
Chirurgen und bei den unruhigen Kindern auch Narkose er-
fordert. Letztere halten wir bei anÀmischen Individuen, die
an sich schon zu Bronchopneumonien neigen, wegen etwaiger
Lungen'komplikationen fĂŒr eine groke Gefahr. Auch bei der
eigentlichen indirekten Transfusion (A, 2, a) wird man ge-
wöhnlich auf das Freilegen einer gröĂeren. Vene und auf Nar-
kose nicht verzichten können. Beides kann man im allge-
meinen bei der intravenösen Injektion bzw. Infusion ungerinn-
bar gemachten Blutes vermeiden, wie die weiter unten er-
folgende Darstellung unserer Methodik ergibt. Und zwar ver-
wandten wir Zitratblut und nicht defibriniertes Blut, um die
Zellen möglichst wenig zu alterieren und jede unnötige Steri-
litÀtsgefÀhrdung zu vermeiden. Die Entnahme erfolgt mittels
einer mittelstarken Punktions.nadel aus einer Armvene des
Spenders. Das Blut wird in einem graduierten Zylinder auf-
gefangen, in dem sich bereits diejenige Menge einer 2%igen
Natrium-citricum-Lösung befindet, die dem zehnten Teile des
zu gewinnenden Blutvolumens entspricht. Zur besseren
Durchmischung empfiehlt es sich, das Gemisch in einen Erlen-
meYerkolben zu ĂŒberfĂŒhren. Auf Paraffinerien der Apparatur
kawi man verzichten.
Die Hauptschwierig'keiten in technischer Hinsicht sind
beim jungen Kinde durch den Mangel an geeigneten GefÀken
bedingt. Gewöhnlich sind sichtbare Venen an den Extremi-
tÀten nicht vorhanden und wenn es der Fall ist, sind sie so
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dĂŒnn, dak sie nur geringe FlĂŒssigkeitsmengen zu fassen ver-
mögen. Manchmal wird man die Vena jugularis externa fĂŒr
die Transfusion benutzen können, doch erscheint sie fĂŒr die
Injektion groker Volumina nicht sehr geeignet. Eine kleine
Bewegung des in sehr unbeguemer Haltung fixierten Kopfes,
ein Abschwellen des beim Einstich infolge Schreiens stark
gefĂŒllten GefĂ€kes in der Ruhe lĂ€kt die KanĂŒle leicht wieder
herausgleiten. In der Mehrzahl der FĂ€lle findet sich jedoch
beim SÀugling, mitunter auch noch beim Àlteren Kinde, eine
brauchbare Vene an der Temporalseite des SchÀdels oder
an der Stirn. Vielfach tritt sie erst nach Rasieren deutlicher
in Erscheinung oder nach Abreiben der Haut mit Xylo). Die
weitere Reinigung geschieht mit Alkohol und Aether. Die In-
jektion erfolgt in liegendler Haltung unter Verwendung einer
Anzahl von 10 cm - Rekordspritzen, die immer wieder mit
Kochsalzlösung durchgespĂŒlt werden. Bei schwer gehendem
Kolben paraffiniert man zweckmÀkigerweise den Glaszylin-
der. Unmittelbar vor der Transfusion wird das Blut auf Kör-
pertemperatur erwĂ€rmt und durch eine 4â5 fache Mullschieht
filtriert. Steht keine geeignete SchĂ€delvene zur VerfĂŒgung,
so benĂŒtzen wir bei offener Fontanelle den Sinus longitudi-
nalis. Dabei bediene ich mich eines Irrigators mit einem 1 K m
langen Gummischlauche, in den kurz vor dem ein gut passen-
des AnsatzstĂŒck tragenden Ende zwei etwa 10 cm von ein-
ander entfernte Glasrohre eingeschaltet sind. Der Schlauch
kann durch eine verschraubbare Klemme gedrosselt werden.
Das System wird bis zur Ausfluköffnung des Glaszylinders
mit physiologischer Kochsalzlösung*) gefĂŒllt, das Blut
direkt in diesen filtriert und dann soviel FlĂŒssigkeit
abgelassen, bis die BlutsÀule im ersten Glasrohr er-
scheint Nun wird am liegenden Kinde mit einer ca.
6 â 8 mm langen, nicht gar zu feinen Platinnadel eine
legelrechte Sinuspunktion nach Tob ler ausgefĂŒhrt, die
Spritze abgesetzt und die KanĂŒle mit dem Schlauch verbun-
den. Liegt die Nadel richtig, so sieht man beim Senken des
Irrigators sehr bald das EmpfÀngerblut in das zweite Glas-
stĂŒck treten. Jetzt kann die Infusion vor sich gehen. Durch
ein angewĂ€rmtes Tuch wird der Zylinderinhalt vor AbkĂŒhlung
bewahrt. Auch ohne diese letzte MaĂnahme haben wir keine
SchÀdigung beobachtet. Zum Schluk wird das Schlauch-
system durch NachfĂŒllen von Kochsalzlösung geleert. Die Ein-
laufsdauer betrĂ€gt fĂŒr 150 ccm Blut ca. 20â30 Minuten, in
der Mehrzahl der FĂ€lle erfolgt der Abfluk sehr prompt, nur
bei einigen in extremis behandelten SĂ€uglingen gab es mehr
oder weniger rasch Stockungen, die wohl, durch die dianieder-
liegende Zirkulation bedingt waren. In einem solchen Fall fand
sich bei der Autopsie auch einmal ein flaches subpiales HĂ€-
matom, das wohl auf Stauung und leichte Zerreikbarkeit der
GefÀjje des im moribunden Zustande befindlichen Kindes, zu-
rĂŒckzufĂŒhren ist, wĂ€hrend alle anderen Obduktionen keinerlei
Lasionen ergaben. Auch klinisch haben wir bei 14 intrasinösen
BlutĂŒberpflanzungen, denen sich noch eine Anzahl von Rin-
gerlösunginfusionen zugesellen, nicht die geringsten Reiz-
erscheinungen oder irgendwelche sonstigen Störungen beob-
achtet. Bei genauer Befolgung der von uns angegebenen
Methodik stellt die intrasinöse Infusion ein durchaus unge-
fÀhrliches Verfahren dar, das auf einfache Weise beim SÀug-
ling die intravasale Zufuhr groker FlĂŒssigkeitsmengen ermög-
licht. Auf die Verwendung kurzer Punktionsnadeln legen wir
groken Wert, da man so mit ziemlicher Sicherheit ein Durch-
stoĂen der Wand des Blutlei (ei s vermeiden ka nn. Steht bei
geschlossener Fontanelle keine sichtbare Vene zur VerfĂŒgung,
so wird man freilich das Freilegen eines GefÀkes nicht um-
gehen können.
Wo es irgend angÀngig war, haben wir schon aus Àukeren
GrĂŒnden elterliches Blut verwandt, und nur vereinzelt wurden
fremde Spender herangezogen. Ob diese ebenso geeignet
sind, können wir auf Grund unseres kleinen Materials nicht
entscheiden. In jedem Fall muk natĂŒrlich durch entsprechende
Untersuchungen, die Uebertragung von Infektionen, insbeson-
*) Ringerlösung ist zu vermeiden, da das in ihr enthaltene Ca
die gerinnungsverhindernde Wirkung des Na Citricum aufhebt.
dere Lues und Tuberkulose, ausgeschlossen werden. Das
Verwandtenblut bevorzugen deswegen manche Autoren, weil
sie dadurch die sogenannten Transfusionsfolgen eher ver-
meiden zu können glauben. Temperatursteigerungen bleiben
auch danach nicht aus, bei Transfusionen von 100 ccm und
darĂŒber haben wir sie fast ausnahmslos beobachtet. Meist
erreicht das Fieber schon nach wenigen Stunden seinen Höhe-
punkt, um dann rasch wieder abzufallen. SchĂŒttelfrost sahen
wir sehr selten, ein urtikarielles Exanthem nur einmal. Dieses
trat unmittelbar nach der Injektion von 100 ccm vÀterlichen
Blutes auf, und war bereits nach drei Stunden wieder ab-
geklungen. Vermehrte Ausscheidung von Urobilin, Urobi-
linogen und Indikan im Harn ist nicht hÀufig, dagegen lÀkt
sich öfter einen Tag oder mehrere Tage nach der Transfusion
eine Eryfhrocyturia minima nachweisen. HĂ€molyse kommt
gleichfalls selbst bei Verwendung mĂŒtterlichen Blutes vor, wie
der einzige von uns festgestellte Fall von HĂ€moglobinurie
zeigt. In vitro wurden dabei die mĂŒtterlichen Erythrocyten
in sehr geringem Make von dem kindlichen Plasma aufgelöst
Eine nachherige Injektion von Fremdblut wurde anstandslos
vertragen. Die Ansichten ĂŒber den Wert vorheriger PrĂŒfungen
auf Agglutination und HĂ€molyse sind noch geteilt, und wenn
auch vielfach die Ergebnisse der Reagensglasversuche mit
den Reaktionen in vivo nicht parallel gehen, so möchten wir
doch auf Grund der oben mitgeteilten Erfahrung entschieden
widerraten, einen in vitro ungeeignet erscheinenden Spender
zu benutzen. Dabei legen wir nur Wert auf die HĂ€molyse, die
wir stets sowohl fĂŒr Spender- wie EmpfĂ€ngererythrocyten vor
der Transfusion ausseht ieken. Nur wenn eine Indicatio Vitalis
sofortiges Handeln erfordert, halten wir einen Verzicht auf
ReagensglasprĂŒfungen fĂŒr berechtigt.
Zur Untersuchung auf HĂ€molyse werden 0,1 ccm einer
5%igen Aufschwemmung gewaschener Spendererythrocylen '
mit 0,2 ccm Zitratplasma des EmpfÀngers in einem engen
Röhrchen gemischt und umgekehrt. Nach zweistĂŒndigem Ver-
weilen im Brutschrank liest man das Resultat ab. Bei unvoll-
stÀndiger Sedlimentierung wird kurz zentrifugiert. Da das bei
jungen Kindern aus der Zehe oder Ferse gewonnene Blut
beim Defibrinieren fast stets stank hÀmolyticsh wird, empfiehlt
es sich, nicht Serum, sondern Plasma, das ja auch den tat-
sÀchlichen VerhÀltnissen besser gerecht wird, zu verwenden.
Um die Reaktionsweise des Organismus kennen zu lernen,
werden zunĂ€chst 10â20 ccm Blut intravenös injiziert. Gleich-
zeitig wird von dem Zitratblut eine Probe zwecks bakterio-
logischer Untersuchung entnommen. Diese SterilitĂ€tsprĂŒfung
halten wir fĂŒr wĂŒnschenswert, da selbst bei sorgfĂ€ltigstem Ar-
beiten Verunreinigungen durch Luftkeime vorkommen können.
Bei negativem Ausfall der Blutkulturen und ausbleibender
HÀmoglobinurie erfolgt am nÀchsten Tage die eigentliche
Transfusion. War schon nach der Probeinjektion Fieber auf-
getreten, wird ein Antipyreptikum prophylaktisch verabreicht.
Die Kinder bleiben fĂŒr den Eingriff nĂŒchtern und werden erst
eine Stunde hinterher gefĂŒttert, um etwaiges Erbrechen zu
verhĂŒten.
Da wir jeglichen Reiz vermeiden, vielmehr das Knochen-
mark entlasten wollen, ist es unser Bestreben, durch wenige
groke Blutzufuhren, den Blutstaius möglichst schnei) auf die
Norm zu bringen. Bei Kindern ist die Angabe der ĂŒber-
tragenen Blutmenge in Kubikzentimetern kein geeigneter MaĂ-
stab fĂŒr die Beurteilung des Erfolges. Denn das gesamte
Körperblutvolumen ist ja hier keine konstante Gröke wie beim
Erwachsenen, sondern je nach Alter und Entwicklungsgrad
sehr verschieden. Es mĂŒssen also beispielsweise 100 ccm bei
einem 4000 g wiegenden SĂ€ugling einen ganz anderen Effekt
haben, als bei einem doppelt so schweren. Dagegen bildet
die pro cbmm EmpfÀngerblut errechnete Erythrocytenzufuhr
einen brauchbaren Vergleichswert. Die Berechnung gestaltet
sich folgendermaken: Nimmt man an, daĂ das- Spenderblut
5 000 000 rote Blutkörperchen enihÀlt, so muh man. um die
Erythrocytenblut des EmpfÀngers um 1 000 000 zu erhöhen,
das Blutvolumen des letzteren durch 5 dividieren, um die dazu
erforderliche Bluimcnge /.v eruieren. Dabei wird das Ge-
samtvolumen mit Vu des Körpergewichts angenommen.
40. Jahrg. â Nr. 2tt Behrendt: Erbrechen der SĂ€uglinge 453
Beispiel: Ein Kind von 5600 g ĂŒewichl hai 2% Millionen
Ei Ythrocyten. Will man diese um 1 Million vermehren, so muĂ
man )<'<)0 = 400 (BSuimenge) : 5 = 80 cem körperfremden
14
Blutes zufĂŒhren. Verwende} man Zitratblul, so erhöhl sich
das Volumen jeweils um 10 %. Dabei lassen wir das mit-
verabfolgle Plasma auĂer Berechnung, da dieses offenbar
sehr schnell die Blutbahn wieder verladt. Wir haben so in
einer einmaligen Sitzung bis 1 800 000 ErYthrocYten pro ebrnm
und bis Y* der gesamten Körperblutmenge ĂŒbertragen, ohne
SchÀdigungen zu verursachen. Nur bei einem sehr elenden
SĂ€ugling mit schwer daniederliegender Zirkulation, der nach
lntrajugularer Injektion von 30 cem Zitratblut ad exitum kam,
besteht die Möglichkeit, daà die Transfusion eine akute Herz-
insufficienz ausgelöst hat. Man wird also in FÀllen mit
schwerer HerzschĂ€digung, die im Kindesalter bei den fĂŒr die
BlutĂŒberpflanzung in Betracht kommenden ZustĂ€nden im
ganzen sehr selten sind, besonders vorsichtig sein mĂŒssen.
Lieberhaupt dĂŒrfte es sich empfehlen, die Transfusionen nur
sehr langsam, im Verlauf von 15â30 Minuten, auszufĂŒhren.
Um die FlĂŒssigkeitsmenge zu beschrĂ€nken, wurde ver-
schiedentlich das zu injizierende Blutvolumen durch Plasma-
entziehung auf % â % der ursprĂŒnglichen GröĂe eingeengt,
da es ja in erster Linie auf die Vermehrung von Salierstoff-
trĂ€gern ankam. Die Transfusionen werden in A â 1 wöchigen
AbstĂ€nden wiederholt, bis das erstrebte Ziel, die âAuffĂŒllung"
auf die Norm, erreicht ist. Das gelang in einem Fall schon
nach. 5 Tagen, spÀtestens innerhalb von 3 Wochen.
Ein Beispiel möge die Wirkung der Transfusionsbehand-
lung illustrieren.
Lotte M., geb. d. 8. 2. 21. AlimentÀre AnÀmie.
Von dem am 11. 11. 21 erhobenen Aufnahmestatus sei nur er-
wÀhnt: leichte Rachitis, systolisches GerÀusch an allen Herzostien
und ein 3 bzw. 2 Querfinger ĂŒber den Rippenbogen reichender Milz-
und Leberlumor. Gewicht 6550 g, LĂ€nge 66 cm. Oedeme, Blut-
befund: 33,75 % Hgb., 1 300 000 ErythrocYten, 13 320 Leukocyten,
2930 Normo- und 800 Makroblasten, pro cbmm. Poikilocytose,
Anisocytose, Polychromasie. Appetit schlecht, erbricht bisweilen.
17. 11.: 37,5% Hgb., 1 650000 ErythrocYten. 13300 Leukocyten,
27 880 PlÀttchen, 3400 Normo-, 600 Makroblasten.
18. 11.: 150 cem vÀterlichen Blutes intrasinös, d. h. ca. 1 400 000
Erythrocyten pro cbmm; Höchsttemperatur 38,5 Grad nach 10 Stunden.
21. 11.: 67,5% Hgb., 2 928 000 ErythrocYten, 11280 Leukocyten,
2654 Normo-, 826 Makroblasten. Viel bessere Farbe, Oedeme ge-
schwunden, systolisches GerÀusch nicht mehr hörbar, Milz und Leber
unverÀndert.
28. 11.: Sehr munter, Appetit besser. 75% Hgb., 3 252 000
ErythrocYten, 11 250 Leukocyten, 28 520 PiÀttchen. 1022 Normo-, 114
Makroblasten. 150 cem vÀterlichen Blutes intrasinös (ca. 1 400 000
Erythrocyten pro cbmm). Kein Fieber.
29. 11.: 104 % Hgb., 4 722000 ErythrocYten.
1. 12.: 112,5% Hgb., 5080000 ErythrocYten, 12000 Leukocyten.
keine unreifen Blutzellen. Normale Form und Farbe der Erythro-
cyten. Systolisches GerÀusch dauernd geschwunden. Leber \lA,
Milz 2 Querfinger, weicher.
3. 1. 22: Der Blutstiatus ist bei fast tÀglicher Untersuchung in
jeder Hinsicht normal geblieben, auch die PlÀttchenzahl ist auf
123 000 angestiegen. Das Kind wird bei bestem Allgemeinbefinden
mit einer Gewichtszunahme von 1420 g entlassen.
13. 3. 22: Seit der Entlassung hat sich am Blutbefunde nichts
geÀndert. Gewichtszunahme VA kg! Leber \y2, Milz Vi Querfinger.
Diese kurze Mitteilung genĂŒgt, um -den geradezu glĂ€n-
zenden Effekt der BlutĂŒberpflanzung zu veranschaulichen.
Ausnahmslos wurden schwere und schwerste FĂ€lle von ali-
mentÀrer AnÀmie behandelt. Bei den meisten War die Erythro-
CYtenzahl auf 2 Millionen oder noch stÀrker reduziert. Die
Kinder sahen auch dementsprechend' wachsblaĂ aus, ihre
Lippen waren kaum gefÀrbt, Appetit und Allgemeinbefinden
schlecht. Fast momentan Àndert sich das Bild mit der ersten
gröĂeren Transfusion. Schon wĂ€hrend derselben röten sich
Nasenspitze und Ohren, dann die Lippen und schlieĂlich nimmt
die gesamte Körperhaut einen rötlichen Schimmer an, dabei
werden die anfangs schreienden Kinder sehr bald ruhig,
atmen langsam und regelmĂ€Ăig, die Herztöne weiden krĂ€f-
tiger. Oft schon nach der zweiten Infusion unterscheidien sie
sich durch nichts von Gesunden. Sehr rasch Àndert sich ge-
wöhnlich auch die Stimmung der kleinen Patienten, sie wei den
zugĂ€nglicher, lachen und spielen und zeigen Interesse fĂŒr die
Umgebung. Ebenso wird der Appelil meist gĂŒnstig beein-
fluĂ). Die ErnĂ€hrung haben wir zwar absichtlich milchreich
gestaltet, auĂer in den FĂ€llen, wo Darmslöi uiigen ein be-
sonderes Regime erforderten, doch dĂŒrfte sich in pi.ixi
die allgemein als zweckmĂ€Ăig erkannte g e tri i sohle Kost
mit Mitchreduktion empföhlen. Nicht selten treten nach
groĂen Transfusionen vermehrte und schleimige StĂŒhle
auf, die gewöhnlich jedoch in wenigen Tagen ohne wesent-
liche NahrungsÀnderung wieder normal werden Eine nen-
nenswerte Zunahme wird vielfach in den ersten Wochen ver-
miĂt, doch stellt sich diese ausnahmslos hinterher ein. So
hatte z. B. ein *U jÀhre altes, mit 'j kg entlassenes Kind nach
5 Monaten sein Gewicht verdoppelt.
Auch das Blutbild wird in einer Weise beeinfluĂt, wie es
durch keine andere Therapie möglich ist. Wir sehen bei dem
mitgeteilten Beispiel entsprechend der ErYthrocytenzufuhr
einen sprunghaften Anstieg der Werte fĂŒr HĂ€moglobin und
rote Blutkörperchen. Nicht alle FÀlle verlaufen gleichartig.
Nach einzelnen Transfusionen zeigen sich mehr oder weniger
erhebliche Remissionen oder ein der zugefĂŒhrten ErYthro-
CYtenzahl nicht ganz entsprechender Anstieg, was auf einen
Untergang von roten Blutzellen hindeutet. Andererseits beob-
achtet man aber auch ein nachtrÀgliches Ueberschreiten des
durch die BlutĂŒbertragung geschaffenen Niveaus. Sind die
Werte fĂŒr HĂ€moglobin und ErYthrocyten erst einmal definitiv
auf die Norm gebracht, so wird diese gewöhnlich auch fernerhin
innegehalten, wie momaie- und jahrelange Beobachtungen zei-
gen. Mit der Zunahme der ErYthrocYtenzahl geht die Besserung
des mikroskopischen Blutbildes parallel. Die Regenerations-
und Degenerationserscheinungen der roten Blutzellen gehen
zurĂŒck und sind gewöhnlich mit dem Erreichen normaler
ErYthrocYtenwerte ĂŒberhaupt nicht mehr nachweisbar. An-
dererseits sieht man bei einem vorĂŒbergehenden Absinken der
Kurve einen Anstieg der Normoblasten. Gerade dieses um-
gekehrt proportionale Verhalten von reifen und unreifen For-
men spricht fĂŒr die Richtigkeit unserer Auffassung, durch
Zufuhr körperfremder ErYthrocYten Entlastungstherapie zu
treiben.
Der heilsame EinfluĂ der Transfusionen erstreckt sich nicht
r.ur auf die Erythropoese, sondern auch auf die andern Blut-
elemente. Unreife weiĂe Blutzellen schwinden allmĂ€hlich,
LeukocYtosen gehen zurĂŒck, wĂ€hrend bei Leukopenien die
Zahl allmÀhlich ansteigt. Auch die bei schweren AnÀmien
hÀufig stark verminderten PlÀttchenwerte werden wieder
normal.
Diese guten Erfolge lassen sich in den meisten FĂ€llen
innerhalb weniger Wochen erzielen und gerade diese Ab-
kĂŒrzung der Krankenhausbehandlung ist wegen der Verringe-
rung der Infektionsimöglichkeit, ganz abgesehen von sozialen
Gesichtspunkten, ein nicht zu unterschÀtzender Vorteil.
Von besonderer Wichtigkeit ist es, daĂ die Resistenz der
anÀmischen SÀuglinge ganz unzweifelhaft erhöht wird.
AnĂ€mie und Infekt sind ja eng mit einander verknĂŒpft, so
eng, daĂ manche Autoren fĂŒr die SĂ€uglingsanĂ€mien eine
infektiöse Aetiologie annehmen. Wieweit das berechtigt ist,
sei dahingestellt, soviel steht jedenfalls fest, daĂ hinzutretende
Infekte die AnÀmie verschlimmern und gewöhnlich ihren
letalen Ausgang bedingen. Andererseits begĂŒnstigt gerade
die bei AjnÀmien bestehende Resistenzverminderung das Auf-
treten von Infekten, weswegen die anÀmischen SÀuglinge in
der Klinik gewöhnlich ebenso sorgfĂ€ltig gehĂŒtet werden wie
FrĂŒhgeburten. In analoger Weise sehen wir eine Infektion,
z. B. eine Cvstitis, eine sekundÀre AnÀmie verursachen, die
ihrerseits wieder das Persistieren beziehungsweise die Ver-
schlimmerung der eigentlichen Erkrankung unterstĂŒtzt und
den Boden fĂŒr die im SĂ€uglingsalter so gefĂŒrchtete Broncho-
pneumonie bereitet. Wir haben also einen dauernden Cir-
culus vitiosus: AnÀmie-Infekt, Infekt-AnÀmie, den wir durch
die BlutĂŒbertragung durchbrechen können. Diese Tatsache
zeigt sich sowohl bei den alimentÀren AnÀmien, wo nach den
Transfusionen schwere Infekte wie Ruhr und Grippepneu-
monien erstaunlich gut, meist ohne jede Verschlechterung de*
454
Behrendt: Erbrechen der SĂ€uglinge
40. Jahrg. â Nr. 2b
Bluistatus ĂŒberstanden wurden, als auch bei postinfektiösen
AnĂ€mien. Die bei ersteren geschilderte gĂŒnstige Beeinflus-
sung des Blutbefundes und des Allgemeinzuslandes tritt auch
bei letzteren Formen in Erscheinung. Der Infekt kann dabei
gleichzeitig erheblich gebessert oder sogar völlig beseitigt
weruen, wie folgender Fall zeigt. Es handelt sich um ein
1 Vi Jahr altes, sehr elendes Kind, das bei uns wegen einer
seil ca. 5 Monaten bestehenden schweren PyelocYstitis
wochenlang mit Urotropin, Alkalizufuhr, Salol, mit Blasen-
spĂŒlungen und Autovakzine ohne Erfolg behandelt worden
war. Dabei war Patient immer elender geworden, die sekun-
dÀre AnÀmie immer stÀrker (2 080 000 ErYthrocYten). Zwei
10 Tage auseinanderlegende intravenöse Injektionen von 60
und 90 ccm Blut (d. h. ca. 675 000 bzw. 1 000 000 Ei Ythrocyten
pro cbmm EmpfÀngerblut), die die roten Blutkörperchen auf
4 000 000 brachten, fĂŒhrten eine wesentliche Besserung des
Aussehens, des Allgemeinzustandes, des Appetits und des
Llrinbefundes herbei. 16 Tage nach der letzten Transfusion
war das Urinsediment ohne pathologische Elemente; die roten
Blutkörperchen waren weiter angestiegen.
FĂ€lle postinfektiöser AnĂ€mie, fĂŒr die chirurgische Indika-
tionen bestehen, wird man zweckmĂ€Ăig durch Schaffung eines
normalen Blutstatus fĂŒr die Operation vorbereiten.
Möglicherweise vermag auch eine Dei regelrechten
ErythrocYtenwerten vorgenommene BlutĂŒberpflanzung die
Lieberwindung einer Infektion zu beschleunigen. In diesem
Sinne spricht die Beobachtung, daĂ eine subakute SĂ€uglings -
colicYstitis 10 Tage nach einer Injektion von 60 ccm Blut defi-
nitiv, nicht nur cytologisch sondern auch bakteriologisch, ge-
heilt war.
WÀhrend also die Transfusionsbehanölung bei alimen-
tÀren und postinfektiösen AnÀmien höchst erfreuliche Erfolge
zeitigt, scheint sie bei leukÀmischen und pseudoleukÀmischen
Prozessen im Stich zu lassen. Bei einem 14 jÀhrigen Knaben
mit mYeloischem Chlörom und einem 3 jÀhrigen Kinde mit
generalisierter LYmphosarkomatose, bei denen allerdings be-
reits recht hohe Grade von AnÀmie entstanden waren, er-
lebten wir völlige MiĂerfolge. Hier wurden nicht nur die zu-
gefĂŒhrten ErYthrocYten sehr rasch zerstört, sodak man an
direkte toxische EinflĂŒsse denken muĂ, sondern auch die
eigenen gingen kontinuierlich weiter zurĂŒck. Die schweren
KnochenmarksverÀnderungen bei dem Cbloromfall, die bei
der Autopsie festgestellt wurden, erklÀren die Ergebnislosig-
keit unseres therapeutischen Versuches. Vielleicht sind
Ueberpflanzungen im FrĂŒhstadium dieser Erkrankung erfolg-
reicher.
Die Anwendung der Transfusion zur Behebung von
BlutungsanÀmien wird besonders bei Verletzungen und
hÀmorrhagischen Diaihesen in Frage kommen. Bei den ersten
Formen wird sie besonders prompt wirken, da nach Unter-
bindung der Blutungsguelle der anÀmisierende Faktor
definitiv ausgeschaltet ist. Aber auch bei den hÀmorrhagi-
schen Diathesen der verschiedensten Aetioiogie, lassen sich
sehr schöne Erfolge erzielen. Hier kann die BlutĂŒbertragung
einen doppelten Zweck haben: einmal die BekÀmpfung der
Blutung durch die Zufuhr gerinnungsfördernder Faktoren, und
ferner die Beseitigung der AnÀmie durch Einverleibung
körperfremder ErythrozYten. Im Vordergrund wird natĂŒrlich
stets das erste Ziel stehen. Folgender Fall mag zeigen, wie
segensreich hier die Transfusion sein kann. Es handelte sich
um ein zwei Jahre altes Kind mit den Erscheinungen von
Purpura fulminans, bei dem von den verschiedensten Seiten
d e Prognose mfaust gestellt worden war. Fast die gesamte
Körperhaut war hÀmorrhagisch verfÀrbt, dazu blutete es un-
nuthörlich von Mund- und Lippenschleimhaut. Es bestand, wie
die Durchsuchung des gefÀrbten BlutprÀparates ergab, abso-
luter PlÀttchenmar.gel und dementsprechend auch stark ver-
lÀngere Blutungszeit und IrrelraktititÀt des Blutkuchens. Der
Rachenabstrich auf Diphtheriebazillen war anfangs negativ,
acht Tage spÀter positiv. Auch auf Lippen, Zunge und
Nasenschleimhaut wurden Diphtheriebazillen nachgewiesen,
so daĂ retrospektiv wohl die diphtherische Erkrankung fĂŒr die
hÀmorrhagische Diathese verantwortlich zu machen ist. Da
die Ei'Ythi'ozYlen innerhalb der ersten zwei Tage infolge "Ver-
sagens aller ĂŒblichen Blutstillungsmittel um fast eine Million
sanken, entschlossen wir uns trotz der hochgradigen Blutungs-
neigung zur Freilegung einer Vene am Unterschenkel, was in
der chirurgischen Klinik durch Herrn Professor Melchior
ohne erheblichen Blutverlust erfolgte, und injizierten 40 ccm
Zitratbiut, etwa 35 ccm plÀtichenhaltigen Plasmas und
12 ccm 3%iger Coagulenlösung. Die Blutungen sistierten fast
momentan, in Uebereinstimmung damit wurde auch die
Blutungszeit normal. Die PlÀttchenzahl stieg langsam an und
betrug nach 10 Tagen 205 000, wĂ€hrend die Werte fĂŒr
EiYthrozYten und HÀmoglobin erst ganz allmÀhlich zu-
nahmen. Nach Feststellung der Diphtherie wurde eine Heil-
sei umlherapie eingeleitet, unter der die kleine Patientin sich
erst langsam, dann rasch erholte. 9 Monate spÀter zeigte es
sich als blĂŒhend aussehendes, krĂ€ftiges Kind. Wir fĂŒhren die
schnelle Beseitigung der Blutungsneigung in erster Linie auf
die Blut-Piasmainjektion zurĂŒck und nicht auf die Coagulen-
zufuhr, da die vorherige Verabfofgung von 5 mal tÀglich 1,0 g
Coagulen per os völlig resultatlos geblieben war.
Wo nicht unmittelbare Lebensgefahr vorliegt wie in
unserm Fall, wird man den Versuch machen dĂŒrfen, durch
extravasale Injektion die Blutung zum Stillstand zu bringen.
Das ist nach Angaben deutscher und amerikanischer Autoren
hÀufig bei Melaena neonatorum mit gutem Erfolg geschehen.
Eigene Erfahrungen besitzen wir auf diesem Gebiet nicht.
Wir können die Anwendung der Bluttransfusionen in der
PÀdiatrie bei anÀmischen und hÀmorrhagischen Prozessen der
verschiedensten Aetioiogie wÀrmstehs empfehlen. Besonders
bei der Behandlung der im frĂŒhen Kindesalter recht hĂ€ufigen
alimentĂ€ren AnĂ€mieformen haben wir in der BlutĂŒber-
pflanzung ein Verfahren, das mit einer ZuverlÀssigkeit und
Schnelligkeit wie keine andere Methode imstande ist, die
Blutregeneration wieder in normale Bahnen zu lenken.
Literatur.
1. Hasse: Die Lammbluttransfusion beim Menschen. St. Peters-
burg-Leipzig 1874.
2. 0 o e b e 1 1 und Poggemenn: Deutsche Zeitschr. f. Chi:.
Bd. 127, 1914, S. 560.
3. Arkenau: D. m. W. 1921, S. 745.
4. Harriehausen: Bert. kl in. Wochenschr. 1920. S. 45.
Aus der Kinderklinik der stÀdtischen Krankenanstalten und dem
SĂ€uglingsheim zu Dortmund.
(Leiter: Prof. Dr. Engel.)
Zur Behandlung des habituellen Erbrechens
der SĂ€uglinge.
Von Dr. Hans Behren d t.
Nicht nur fĂŒr den Kinderarzt, sondern auch fĂŒr den all-
gemeinen Praktiker bildet die Behandlung des so hÀufigen
chronischen Erbrechens der SĂ€uglinge eine ebenso schwierige
wie dankbare Aufgabe. Trotz der weit verbreiteten Ansicht,
speiende Kinder, besonders Brustkinder, seien Gedeihkindel,
kommen die MĂŒtter hĂ€ufig genug in die Sprechstunde, um Rat
und Mittel gegen das Spueken oder Erbrechen zu erbitten.
Gewià gibt es Formen, die auch ohne Àrztlichen Eingriff nach
einiger Zeit von selbst wieder gut werden, aber auch ebenso
viele Kinder leiden lange Zeit hindurch unter dem SpuckĂŒbel,
werden schwer geschÀdigt und erliegen allzuleicht einer !;:-
lektion oder einer ErnÀhrungsstörung, welche nur auf dein
Boden der durch das Spucken bedingten Inanition und Resi-
stenzminderung e: wachsen konnten. Es ist daher Àrztliche
Pflicht, sich in jedem einzelnen Falle ĂŒber den Grad und die
Form des Erbrechens zu orientieren und therapeutisch ein-
zugreifen, sowie die weitere gedeihliehe Entwicklung des
Kindes in Gefahr ist.
Die verschiedenen Möglichkeiten des Entstehens bedingen
ebensoviel Arten der BekÀmpfung.
Wir möchten im folgenden zwischen Brust- und
Flaschenkindern keinen Unterschied machen, weil nach
40. Jahrg. â Nr. 2(5»
Im Iik ihIi Erbrechen der SÀugling«
456
n \v
Man kann fĂŒr unsere
dem heutigen Stande dei
Ă€tiologisch unterscheiden
Unserer Erfahrung das therapeutische Handeln stets von
gleichen Gesichtspunkten aus erfolgen muĂ.
Unter habituellen Erbrechen wollen wir alle Grade und
Formen dieser Krankheit verstehen, wie sie beim SĂ€ugling
vorkommen, ausgenommen das zyklische Erbrechen und die
hypertrophische Pylorusstenose, zwei eng umgrenzte selb-
stÀndige Krankheitsbilder.
Es soll versucht werden zu zeigen, w ie man die âSpucke. r"
behandelt, Kinder, die schon wÀhrend des Trinkens einen
Teil der Nahrung wieder aus dem Munde laufen lassen, her-
ausgeben oder erbrechen, SĂ€uglinge, welche kurz nach der
mĂŒhelos und oft hastig entleerten Flasche die Milch in
kleinen Portionen wieder ausspucken, ausschĂŒtten, die
dauernd in einer Lache gespuckter Milch liegen, und endlich
wie man vorgeht, um das stoĂweise, oft im Bogen erfolgende
lahrechen erfolgreich zu bekÀmpfen.
Zu diesem Zwecke sei zunÀchst kurz besprochen, welche
Möglichkeiten bisher zur VerfĂŒgung standen, um heilend ein-
zugreifen '). u n d i m A n SchluĂ d a r a n will i c h
einige neu e M e t h o d e n a n f ĂŒ h r e n , die sich i n
n n s e r e r A n s t a 1 t W À h r e n d der letzt e n J a h r e
h e i' a u s g e h i 1 d e t h ;i b e n u n d als t h e r a p e u t i -
s c h e r F ortschritt d e r A 1 1 g e m e inhe it e m p f o h -
1 e n w e r d e n könne n.
hier rein praktischen Ziele nach
Dinge am besten drei Formen
und versuchen, jeden klinischen
Fall sogleich in eine dieser drei Kategorien einzugliedern.
An erster Stelle steht das durch falsche E r n À h r u n g
ausgelöste habituelle Erbrechen. Es ist sehr leicht verstÀnd-
lich, daà eine der Verdauung und dem Stoffwechsel schÀd-
liche Nahrung auch eine Störung der motorischen Funktionen
der obersten Abschnitte des Verdauungstraktus zur Folge
haben kann, daĂ falsche, unphysiologische FĂŒllĂŒngszustĂ€nde
des Magens diesen zur Abwehr in Form des Erbrechens ver-
anlassen können. Es ist oft genug von pÀdiatrischer Seile
darauf hingewiesen worden, wie leicht mitunter das Speien
und Erbrechen durch vernĂŒnftige Regelung der ErnĂ€hrung
beseitigt werden kann. Es ist bekannt, wie oft gerade fett-
reiche Mischungen den AnlaĂ des Erbrechens und Redu-
zierung der Fettmengen den Beginn der Heilung bilden.
Im Gegensatz zu anderen Angaben verzichten wir hierbei
auf Anwendung von Buttermilch als fettfreier Nahrung, weil
sie uns an und fĂŒr sich einen erhöhten Reiz zum Spucken
auszulösen scheint. Wir verfĂŒgen ĂŒber FĂ€lle, in denen hei
ErnĂ€hrung mit hollĂ€ndischer Buttermilch mĂ€Ăig starkes
Spucken bestand, das sofort nachlieĂ, als Halbmilch in
gleicher Menge und Kalorieenzahl gefĂŒttert wurde.
Es wird sieh auch empfehlen, stets auf die Mengen der
Nahrung und ihren NĂ€hrwert zu achten, weil allzu oft nur
die UeberfĂŒtterung oder der Hunger Schuld sind an dem
lĂ€stigen Uebel. Wer also fĂŒr richtige ErnĂ€hrung des SĂ€ug-
lings sorgt, verhĂŒtet und heilt oft zugleich das SpuckĂŒbel.
Nun zur zweiten Gruppe der FĂ€lle des chronischen Er-
brechens: das sind die infektiös bedingten Formen.
Es scheint vielleicht zunĂ€chst ĂŒberflĂŒssig, auf dieses fast
selbstverstÀndliche Symptom hei den fieberhaften SÀuglings
Infekten hinzuweisen, und doch steht es nur allzu oft so im
Vordergrund des klinischen Bildes, daĂ es als Hauptkrankheit
imponiert. WeiĂ man das nicht, so sind oft grobe Fehler
die Folge. Abgesehen von dem initialen Erbrechen bei
mteningiti sehen Krankheitsformen tritt fast bei allen anderen
Fieberhaften Infekten sehr hÀufig mein oder minder starkes
Spucken oder Erbrechen auf. Ob eine Pyelitis, eine fieber-
hafte Pyodermie, ein DrĂŒsenabszeĂ oder eine Pneumonie in
Entwicklung begriffen ist, fast stets, stellt sich auch als
Symptom das Erbrechen ein. Ich möchte besonders darauf
aufmerksam machen, daĂ eine an und fĂŒr sich garnicht so
Marke Pharyngitis mit Vorliehe ein starkes Spucken und Er-
brechen auszulosen scheint. Wir haben wÀhlend der letzten
Grippeepidemie eine sein- groĂe Anzahl von solchen Kindern
') Literatur hierĂŒber siehe hei
SĂ€uglingskrankheiten, S. (>(>8. 1021.
F i n k el s t e i n,
â hrh.
in ambulanter Behandlung gehabt und sicis erkennen
mĂŒssen, daĂ neben mĂ€Ăigem Fieber das Spucken und Li
brechen als Hauptsymptom des Rachenkatarrhs hervortrat.
Ganz besonders ist das natĂŒrlich auch bei Lungenkrank-
heiten der Fall, die mit starkem Reizhusten einhergehen, vor
allem bei Pneumonien, hau Teil der im letzten Jahre hier in
groĂer Zahl zur Aufnahme gelĂ€ngten Grippepneumonien
wurde ĂŒberwiesen wegen starken Erbrechens und konse-
cutiver Abmagerung wÀhrend der letzten Tage vor der Auf-
nahme. Man hatte auch Àrztlicherseits an eine Magen
affektion gedacht und daher wahrscheinlich von eingehen
derer Untersuchung der Lungen abgesehen, die eine be-
ginnende Bronchopneumonie erkennen lieĂ.
Noch klarer wird die groĂe Holle, die das Erbrechen und
Spucken hei Infekten aller Art spielt, wenn ich den Zustand
schildere, wie er auf der Isolierstation unserer Anstalt V01
kurzem herrschte. Es lagen hier eine fast geheilte Blennorrhoe,
eine Bronchialdriisenluberkulo.se und zwei eben entfieberte
Grippepneumonien. SĂ€mtliche vier Kinder tranken sein
schlecht die Flasche, mitunter kaum die HĂ€lfte der
jeweiligen Portion, alle vier Kinder spukten sehr stark
und erbrachen oft in hohem Bogen. Keins von ihnen
bot noch deutliche, klinisch feststellbare OrganverÀnderungen,
HĂ€tte ich zu dieser Zeit einen in die Vorgeschichte nicht Ein-
geweihten auf die Station gefĂŒhrt, alle vier FĂ€lle hĂ€tten ihm
als schwere Störung der Magendarmfunktionen imponieren
können, ein oft verhÀngnisvoller Irrtum.
Aus dem Gesagten ergibt sich fĂŒr das therapeutische Ver-
halten in solchen FĂ€llen unschwer der Grundsatz, das Er-
brechen auch bei der Behandlung nur als Symptom zu be-
werten und nicht zu ĂŒberschĂ€tzen. Mit dem völligen Ab-
klingen des Infektes lĂ€Ăt auch das Erbrechen nach, und es
wĂ€re ein nutzloses Beginnen, die fĂŒr die erste Gruppe der
SpuckfĂ€lle geschilderten MaĂnahmen auch hier anzuwenden.
Nur wenn sich beide Formen kombinieren, wird neben
der an und fĂŒr sich erforderlichen sachgemĂ€Ăen Regelung der
ErnÀhrung auch eine spezielle ErnÀhrungstherapie angezeigt
sein. Zum Teil wird man sogar auch von den Mitteln Ge-
brauch machen können, die wir hei Behandlung der dritten
Gruppe von âSpuckern" empfehlen werden.
âą In diese letzte und gröĂte Gruppe mĂŒssen wir nun alle
die FĂ€lle einordnen, die weder durch unzweckmĂ€Ăige Er-
nÀhrung noch durch Infektion zu ihrem Spucken gelangt sind.
Es handelt sich hier f a st aus h À h ni s I o s u m
nerv ö s e Kinder mit neuropÀthi scher Be-
lastung, die hÀufig auch andere Zeichen
nervöser F e b e r e r r e g b a r k e i t darbieten,
deren Ellern sich auf den ersten Blick als
X e u r o p a t Ii c n offenbaren, und die n i c h l
seit en auch Zeichen minderwertiger Kon-
stitution o d e r D e g.e n e r a t i o n aufweise n.
Solche Kinder schrecken zum Beispiel bei jedem Ge-
rÀusch heftig zusammen, zeigen stark erhöhte Reflexe der
Haut und Sehnen, mitunter starke Dermographie, haben
einen Àngstlichen Gesichtsausdruck, ein stets lebhaftes Augen -
spiel, mitunter
neigen zu spasmophilen ZustÀnden.
Bei solchen Individuen liegt die Aetiologie ihres Speiens
Idar zutage.
HĂ€ufig findet sich aber neben dem starken Speien nur
( ine groĂe motorische Unruhe. Man findet den SĂ€ugling in
den eigenartigsten Lagen in seinem Bettchen vor, er
strampelt sich immer wieder unter der Decke hervor, hebt in
den spÀteren Monaten dauernd den Kopf hoch, agiert mit den
HĂ€nden und FĂŒĂen aufs lebhafteste, besonders beim Trinken,
und schreit sehr viel.
Aber selbst wenn die Diagnose âNeuropathie" ohne
weiteres nicht zu erheben ist, wenn körperliches und
psychisches Verhalten normal zu sein scheinen, sind wir nach
AusschluĂ der vorhin besprochenen, fĂŒr die beiden ersten
Gruppen charakteristischen Faktoren geneigt, dieses SchĂŒtten
oder Erbrechen als Folge angeborener Minderwertigkeit,
meistens als neurogen aufzufassen.
tremorartige Zuckungen der ExtremitÀten.
456
Behrendt: Erbrechen der SĂ€uglinge
40. Jahrg. â Nr. 26
Mit der Behandlung dieser dritten Gruppe der neuro-
pathischen Spucker minderwertiger Konstitution wollen wir
uns nun etwas ausfĂŒhrlicher befassen, sie stellt den gröĂten
Prozentsatz wohl nicht nur unseres Spuckermaterials dar.
Wenn mit RĂŒcksicht auf die konstitutionelle Anomalie â
sie kann z. B. verminderte Fettoleranz bedingen â eine
richtige Nahrung gewÀhlt ist, standen bisher verschiedene
Mittel zur VerfĂŒgung, um das Spucken zu mildern.
Auf eine Unterscheidung von spastischem und atoni-
schem Typus sei hier verzichtet, da wesentliche Unterschiede
im therapeutischen Verhalten dadurch nicht bedingt werden.
Narkotika sollen allgemein beruhigend wirken und
die Erregbarkeit des wohl in der Hauptsache beteiligten
vegetativen Nervensystems, speziell des Parasympatikus her-
absetzen. Das oft angewendete Atropin hat in unseren FĂ€llen
stets versagt, obwohl wir es in sehr hohen Dosen (bis 1 mg)
verabfolgten. Auch Codein und viele andere Narkotika hatten
trotz einschlÀfernder Wirkung keinen Einfluà auf die StÀrke
des Spuckens. Wir sind jetzt von der medikamentösen Be-
handlung des habituellen Erbrechens ganz abgekommen.
Es ist ferner ĂŒblich, stark spuckenden Kindern die Nah-
rung in kleinen, hÀufigen Mahlzeiten zu reichen und dadurch
einen Reiz auf die ĂŒberempfindliche Schleimhaut des Magens
möglichst zu vermeiden. Der Erfolg ist, wie allgemein be-
kannt, hĂ€ufig so eindeutig, daĂ nicht warm genug fĂŒr diese
Applikation der Nahrung eingetreten werden kann. Wir
reichten bis zu 24 Mahlzeiten pro Tag und Nacht, also stĂŒnd-
lich, und begannen dabei hÀufig mit 5 bis 10 g. Erst nach
Besserung des Erbrechens werden die Intervalle allmÀhlich
verlÀngert und die Trinkmengen gesteigert. Wenn man sich
von Anbeginn sogenannter konzentrierter Nahrung bedient,
so werden auch bei fĂŒnf bis sechs Mahlzeiten pro Tag die ein-
zelnen Mengen recht gering bleiben können, ja man kann mit-
unter das Spucken ganz wesentlich dadurch bessern, daĂ man
statt fĂŒnf Mahlzeiten gewöhnlicher Milchmischung ebensoviel
Portionen konzentrierter Milch mit gleichem Kalorieengehalt,
aber wesentlich kleinerem Volumen fĂŒttert. Wir gebrauchen
bis zum Ende des ersten Jahres sehr gern die von Schick
angegebene Dubomilch (Vollmilch + 17% Rohrzucker).
NatĂŒrlich bilden fĂŒr ihre Anwendung irgend welche Störun-
gen der ErnÀhrung und Verdauung eine strenge Kontra -
indikation.
Ein weiteres wichtiges Mittel zur BekÀmpfung des neuro-
pathischen Speiens ist die BreifĂŒtterung, von der man schon
frĂŒhzeitig Gebrauch machen kann, die aber in spĂ€teren Mo-
naten hÀufig unentbehrlich ist. Wir reichten hÀufig (nach
Epstein1) fĂŒnf Minuten vor jeder Flaschenmahlzeit, einen
bis zwei Teelöffel Mehl- oder Griesbrei und sahen gĂŒnstige
Beeinflussung des Spuckens. Bei Àlteren SÀuglingen ist es
besser, eine oder mehrere Mahlzeiten ganz durch Brei zu er-
setzen, ja es gibt extremschwere, jeder anderen Behandlung
trotzende FĂ€lle von habituellem Erbrechen, die eine Zeit lang
völlig auf Breinahrung gesetzt werden mĂŒssen, um sie vor
dem Hungertode zu retten. Wir haben fast immer mit dieser
Methode gute Erfolge gehabt, besonders in Kombination mit
der hÀufigen Darreichung kleinster Trinkmengen.
Gelegentlich der Behandlung spuckender und gleichzeitig
sehr schlecht trinkender Kinder war in unserer Anstalt die
Beobachtung gemacht, daĂ nach einer notwendig gewordenen
SondenfĂŒtterung das Spucken eines Kindes wesentlich nach-
lieĂ. Diese noch mehrmals beobachtete Tatsache erinnerte an
gleiche Erfahrungen bei der Therapie des Pylorospasmus und
lieĂ an einen gĂŒnstigen EinfluĂ der Magensondierung durch
Ausschaltung des Schluckaktes und damit verbundene Re-
flexe denken. Systematische Anwendung der SondenfĂŒtterung
lieà uns dann tatsÀchlich den Wert dieses Verfahrens erken-
nen und wir haben es jetzt in den Vorrat unserer Mittel auf-
genommen, mit denen wir dem neuropathischen Spucken bei-
zukommen suchen. NatĂŒrlich wirkt âdie Sonde" nicht immer,
und mehrtÀgige nutzlose Anwendung kommt vor. Aber oft
ist der EinfluĂ erstaunlich. Es können ruhig groĂe Mengen
eingefĂŒhrt werden, bis zu 150 g, je nach dem Alter des Kindes,
*) Epstein, Jahrb. f. Kinderheilk., Bd. 43, S. 360.
wobei sich nach unseren Erfahrungen die Benutzung einer
groĂen Spritze am besten eignet, mit der die Milch durch die
Sonde eingepreĂt wird. LĂ€Ăt man die Nahrung von einem
Trichter aus einlaufen, so wird der prompte Erfolg durch die
viel lÀngere Dauer und das dadurch bei diesen nervösen und
ĂŒberempfindlichen Kindern besonders stark auftretende WĂŒr-
gen und Pressen stark in Frage gestellt.
Man muĂ bei der Wirkung solcher Sondierungen auch
stark an eine psychische Beeinflussung des SĂ€uglings denken,
der gewissermaĂen durch die fĂŒr ihn sicherlich unangenehme
Prozedur âerzogen" wird.
Jedenfalls ist die systematisch ange-
wendete SondenfĂŒtterung (mit Spritze) ein
neuer Weg, der unserer Erfahrung nach oft
schnell und mĂŒhelos bei BekĂ€mpfung des
neuropathischen Spuckens in schweren FĂ€l-
len zum Erfolg fĂŒhrt.
In leichteren FĂ€llen erfolgt das Sistieren des Spuckens
allgemein neuropathisch stigmatisierter Kinder sehr prompt
bei Anwendung eines ebenfalls in neuerer Zeit in der hiesigen
Anstalt ausgebildeten Verfahrens2), das wir mit dem Namen
âFestlegen" bezeichnen. Nach systematischer
PrĂŒfung der Ergebnisse dieser Methode
haben wir, besonders im letzten Jahre, so
r e i c h 1 i c he gĂŒnstige Erfahrungen damit ge-
macht, daĂ sie als wesentlicher Fortschritt
bei der Behandlung des Spuckens angesehen
w erden muĂ.
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1
Wie der Name besagt, werden die Kinder so gebettet, daĂ
jede ausgiebige Bewegung des Kopfes und der ExtremitÀten
unmöglich ist. Das wird erreicht durch Lagerung des Kopfes
zwischen zwei prall gefĂŒllte flaschenförmige SandsĂ€cke, die
etwa bis zur Höhe der Ohren beiderseits dicht dem Kopf an-
liegen und durch ein Tuch zusammengehalten werden, das
dem Kind gleichzeitig als Spucktuch unter dem Kinn auf der
Brust liegt. AuĂerdem sind die oberen ExtremitĂ€ten locker an
den Rumpf gewickelt, die Beine werden durch die Bettdecke
fixiert, welche bis zur Brusthöhe reicht und durch einen
Gurt festgehalten wird. Die Hauptsache ist aber die Fest-
legung des Kopfes. Sie allein genĂŒgt in der Mehrzahl der
FĂ€lle. Die scheinbare Zwangslage ist nur wenigen SĂ€uglingen
in den ersten Tagen sichtlich unbequem und unangenehm, die
meisten gewöhnen sich sehr schnell daran und liegen dann
seelenruhig und vergnĂŒgt in ihrem âSpuckkissen".
Die Anwendungsdauer dieser Methode betrug im Durch-
schnitt etwa 2â3 Wochen, sodann wurde die Beweglichkeit
des Kopfes durch Erniedrigung und gröĂeren Abstand der
2) Die erste Anwendung und PrĂŒfung dieser Methode erfolgte
durch FrĂ€ulein Dr. Schellhaas. Die ausfĂŒhrliche Publikation
ist aus besonderen GrĂŒnden bisher noch nicht erfolgt. Ich berichte
im folgenden, auf Veranlassung von Herrn Professor Engel,
ĂŒber die im letzten Jahre mit dem Festlegen beobachteten Erfolge.
40. Jahrg. â Nr. 2(5,
Sternberg: Gastroskopie.
SandsĂ€cke allmĂ€hlich vergröĂert und schlieĂlich das Kind
wieder frei gebettet, ohne daĂ es zu nennenswerten Hin k
fallen kam. Nur einzelne hartnĂ€ckige Spucker muĂten lĂ€ngere
Zeil im Spuckkissen bleiben, bis sie auch in frei beweglicher
Verfassung nicht mein- durch das Spucken in ihrem Gedeihen
gehindert wurden.
Was erreichen wir nun mit dieser Lagerung? ZunÀchst
ird durch die allgemeine Ruhigstellung des Körpers ein Ge-
engewicht geschaffen gegen die motorische Unruhe, gegen das
uernde Zappeln, Strampeln und HerumwÀlzen der Kinder,
as wirkt beruhigend ein auf das gesamte Individium, viel-
icht indirekt auf das Nervensystem, dessen Erregbarkeit ge-
âąunpft wird. Schon allein hierdurch greift man das Spuck -
el an seiner Wurzel an, wÀhrend die Fixierung des Kopfes
Hinterhauptslage rein mechanisch dem AusschĂŒtten ent-
egentritt. Wer beobachtet hat, wie die Kinder bei dem unab-
lÀssigen Heben und Drehen des Kopfes, Beugen und Strecken
des Halses schubweise ihre Nahrung wieder herausbefördern,
dem wird es leicht begreiflich erscheinen, daĂ mit der
Fixierung des Kopfes auch eine wirksame VerhĂŒtung des Er-
brechens verknĂŒpft ist.
Und in der Tat reagierten sehr zahlreiche neuropathische
Spucker so gut auf dieses Mittel, daĂ wir in den mitgeteilten
Anschauungen bestÀrkt wurden. Wir könnten bei einer sehr
groĂen Zahl von FĂ€llen kurvenmĂ€Ăig die gĂŒnstige Wirkung
des âFestlegens" zur Darstellung bringen; da aber schlieĂlich
StĂ€rke und LĂ€nge von Strichen nicht mehr GlaubwĂŒrdigkeit
beanspruchen können als unsere sprachlich mitgeteilten Er-
gebnisse, so beschrÀnke ich mich auf die Wiedergabe einer
von den vielen Krankengeschichten, um die Heilung eines
SĂ€uglings vom habituellen Erbrechen durch die Methode des
âFestlegens" deutlich und wirksam zu veranschaulichen.
Gisela Seh. J.-Nr. 1472. Vater wegen Nervenkrankheit mehr-
mals im Sanatorium, Mutter hÀufig krank, u. a. Lungenaffektionen,
Keuchhusten. Zwei Àltere Geschwister gesund, aber schwÀchlich.
Kind selbst bricht seit der Geburt hÀufig, spukt nach allen Mahl
zeiten. Stets mangelhafte Gewichtszunahme und schlechtes Aus-
sehen
5. 11. 21: 6 Wochen alles, in leidlichem ErnÀhrungszustand be-
findliches Kind. aHut gut durchblutet, rosig. Turgor mĂ€Ăig,
ebenso Fettpolster. Tonus schlaff, Haut rein. Nirgends fĂŒhlbare
LymphdrĂŒsen. Lungen und Herz o. B., Bauchörgane a. B. Skelett-
system o. ,B. Beflexe der Haut und Sehnen beiderseits stark er-
höht. Kein Babinsky. Starke motorische Unruhe, bei der Unter-
suchung sehr aufgeregt. ErnÀhrung: 600 gr Halbmilch mit 2 %
Mehl und 1% Rohrzucker. Darreichung in 10 Mahlzeiten." Urin
E â Z â . Gew. 2900 gr.
11. 11. 21: Im Vordergrund des Befundes allgemeine nervöse
Uebererregbarkeil. Dauerndes Umherschlagen mit HĂ€nden und
FĂŒĂen. Heben, Drehen und Werfen des Kopfes. Recht starkes
hĂ€ufiges Spucken, 6â8 mal mindestens wĂ€hrend des Tages. Trotz-
dem mĂ€Ăiger Gewichtsanstieg. Gewicht 3Ă50 gr. StĂŒhle breiig ge-
formt, ohne Schleim.
Das Kind wird festgelegt.
21. 11. 21: Spucken und Erbrechen ist so gut wie ganz ge-
schwunden. Gewicht 3300 gr. Befund unverÀndert. Im Spuck-
kissen ganz wesentlich ruhiger. Allgemeineindruck gĂŒnstig. Gute
Nahrungsaufnahme. Kind wird wieder frei gebettet.
25. 11. 21: GroĂe körperliche und psychische Unruhe. Spucken
in alter StÀrke wieder da. Gewichlsstillstand, 3260 gr. UnverÀndert
neuropathischer Allgemeineindruck. Wiederum festlegen.
12. 12. 21: Spucken wieder ganz fort. Gewicht 3680 gr, Fort-
lassen des Festlegens. Ersatz einer Flaschenmahlzeit durch 100 gr
Mehlbrei (5% Mehl, 7% Zucker).
22. 12. 21: Bei mĂ€Ăigem Spucken (zwei bis dreimal tĂ€glich)
kein richtiges Gedeihen. Nervöse Uebererregbarkeit und Unruhe
etwas gebessert. Gewicht 4500 gr. Zulage von 100 gr Mehlbrei.
8. 1. 22: Wieder sehr starkes Speien. Gewicht 3770 gr., also
Abnahme. Erneutes Festlegen.
17. 1. 22: Spuckt gar nicht mehr. Sieht rosig und frisch aus.
Ist freundlich und wesentlich ruhiger. Reflexe nur mĂ€Ăig ver-
stÀrkt. Gutes Gedeihen. Gewicht 4150 gr. Fortlassen des Spuck-
kissens.
27. 1. 22: Das Spucken ist zwar auch jetzt seilen, aber das
Kind ist wieder unruhig. ErnĂ€hrung unverĂ€ndert. StĂŒhle geformt.
Frei von pathologischen Beimengungen. Gewicht hÀlt sich, 4250 gr.
8. 2. 22: Gewicht immer noch 4300 gr. Wieder so starkes
Spucken, daĂ erneutes Festlegen erforderlich wird.
17. 2. 22: Trotz interkurrenter fieberhafter Pharyngitis völ-
liges Schwinden des Spuckens. Gewichlsanstieg auf heute 4650 gr.
Freie Lagerung.
27. 2. 22: (rar kein Spucken mehr. Kind ist noch etwas leb-
hafter und erregbarer ;ils normal. Trinkt gut. Normaler Organ
befand. Gewicht 1710 gr.
2. 3. 22: Wird geheilt nach Hause entlassen.
Bei einiger Fehling und Erfahrung kann man einem
SĂ€ugling, der an habituellem Erbrechen leidet, schon meistens
an seinem körperlichen Status ablesen, ob er auf das Fest
legen reagieren wird oder nicht. Ja, man konnte beinahe so
weit gehen, daĂ- man die Reaktion des Kindes auf das âFest-
legen" diagnostisch verwertet und von Erfolg oder MiĂerfolg
die Einreihung des betreffenden Falles in die Gruppe der
neuropathischen Spucker abhÀngig macht.
Jedenfalls ist in der Klinik und zu Hause
das âFestlegen" ohne weiteres durchfĂŒhrbar
und soll aufs w Àrmste empfohlen w e r d e n.
"Mit den bisher aufgezÀhlten Methoden sind nun sicherlich
nicht alle Möglichkeiten erschöpft, wie man das habituelle
Erbrechen beeinflussen kann. Nicht erwÀhnt ist z. B. die un-
lĂ€ngst von Ylppö1) angegebene Bauchlagerung, ĂŒber die
uns noch persönliche Erfahrung fehlt. Aber die mitgeteilten
Erfahrungen könnten vielleicht geeignet erscheinen, manchen
Kollegen bei therapeutischen ErwĂ€gungen zu unterstĂŒtzen
und ihm einige neue Mittel zu dankbarer Therapie an die
Hand zu geben.
Bei der Wahl der im einzelnen Falle anzuwendenden
Methoden mĂŒĂten also â um nochmals zusammenzu-
fassen â folgende Ueberlegungen maĂgebend sein:
Zu welcher Gruppe von Kindern mit habituellem Er-
brechen ist der vorliegende Fall zu zÀhlen:
1. Zu den ErnÀhrungsstörungen?
2. Zu den infektiös bedingten FÀllen?
3. Zu den Neuropathen?
Bei 1. und 2. muĂ die Grundkrankheit auch in der
Therapie maĂgebend sein, in zweiter Linie erst eigene Be-
handlung des Spuckens. Gruppe 3 bildet das eigentliche Feld
der spezifischen Behandlung des habituellen Erbrechens.
Neben den bisher bekannten Methoden, vor allem der Dar-
reichung kleiner hĂ€ufiger Mahlzeiten, der BreifĂŒtterung und
Verwendung konzentrierter Nahrungsgemische, steht nach
neuen Erfahrungen das Mittel der systematischen tagelang
fortgesetzten SondenfĂŒtterung zur VerfĂŒgung. Sehr gute
Dienste leistet auch die unter dem Namen âFestlegen" im
Dortmunder SĂ€uglingsheim gefundene und als Ă€uĂerst wirk-
sam erprobte Lagerung des Kindes in ein sogenanntes Spuck-
kissen.
Wir hoffen, mit diesen kurzen AusfĂŒhrungen den Ein-
druck gefestigt zu haben, daĂ das habituelle Erbrechen auch
in seinen bedrohlichen Formen zum Guten beeinfluĂt wer-
den kann. Bei der Wichtigkeit dieses Problems ist es wertvoll,
wenn weiteste Kreise diese Ueberzeugung gewinnen und mit
Energie diesem lÀstigen Uebel entgegentreten, und sie können
und werden es um so erfreulicher tun, je aussichtsreicher der
Erfolg ist. Die richtige Behandlung ist aber heute dankbar
und erfolgreich. Vom Spucken gilt heute dasselbe, was ein
erfahrener Kliniker in seiner Vorlesung ĂŒber die Pneumonien
zu sagen pflegte: Wer seine Pneumonien richtig behandelt,
bringt sie auch durch.
Die Gastroskopie in Gegenwart und Zukunft.
Von Wilhelm S t e r n b e r g - Berlin.
MerkwĂŒrdigerweise ist es gerade die gröĂte Körperhöhle
des Menschen, die Magen-Höhle, deren Endoskopie hinter den
anderen Hohlorganen auch heute noch weit zurĂŒcksteht. Und
doch ist fĂŒr kein Organ zur differentiellen Diagnostik die
Endoskopie von so hoher praktischer, ja entscheidender Be-
deutung wie gerade fĂŒr den Magen. Ist es doch nicht zu
leugnen, daà die andere optische Methode, die Röntgenoskopie
des Magens in 30 Prozent aller FĂ€lle nur indirekte diagno-
stische AufschlĂŒsse liefert.
») Y 1 p p ö, Therap. Halbmonatsh. 1920, Nr. 3, S. 76.
458
Sternberg: Gastroskopie.
40. Jahrg.
Nr. 26
Lf. Nr.
, Wohnung:
str. Nr
fĂŒr
H. B. Nr
Abmagerung?- . Kilo in Mon . Magenschmerzen?
Brechen? . Blutbrechen? , wann zuletzt?
Wichtige Daten der Vorgeschichte:
Objektiv: Zunge' , Druckpunkte?
Ist der Magen nĂŒchtern leer?
Magensaft: Fr. HCl' Ges. Ac? , MilchsÀure? . Blut?
Mikrosk. ? -
Stuhlgang? , enthĂ€lt Blut? , FĂŒhlbarer Tumor? â
Neurotische Symptome? , AnÀmie? ,
Röntgenol. Diagnose? -
Die Endoskopie der anderen Organe ist in den letzten
Jahrzehnten in ungeahnter Weise gefördert, und so hat mit
der endoskopischen Diagnostik auch die klinische Diagnostik
gewonnen.
Freilich haben die Mittel der Endoskopie selber, sogar die
Nitzeschen Instrumente ganz wesentliche Modifikationen in
jeder Hinsicht, auch in technischer und optischer, erfahren.
Hingegen zeigt die Entwicklung der gastroskopischen Instru-
mente so unwesentliche Aenderungen, daĂ von dieser Ent-
wickhing dasselbe gilt, was BrĂŒnings1) von der oesophagosko-
pischen Technik sagt: âVon jeher haben sich die Verbesse-
r-ungsversuche in der oesophagoskopischen Methodik auf die
EinfĂŒhrungstechnik konzentriert, so daĂ kaum ein Jahr ver-
geht, ohne daĂ ein neuer Mandrin erfunden wird."
FĂŒr die gastroskopische Technik ist das um so auf-
fallender, als sich zur Lösung dieser endoskopischen Pro-
bleme in beispielloser Weise, wie nirgend anderswo, die ver-
schiedensten Spezialisten vereinen: der Chirurg, der Augen-
arzt, der Halsspezialist und der Magenarzt. Und doch sind
viele von den in der Literatur beschriebenen und empfohlenen
Gastroskopen nicht nur vergessen und im Handel garnicht
erhÀltlich, sondern die meisten vom Autor selber gar nicht
einmal lange angewendet und meist in nicht gebrauchs-
fÀhigem, ja nicht einmal reparablem Zustand. So kommt es,
daĂ die gastroskopische Untersui hungsmethode nach wie vor
auf die Anwendung ganz isolierter FÀlle seitens singulÀrer
vereinzelter Spezialisten beschrÀnkt bleibt. Das ist der gegen-
wÀrtige Stand der Gastroskopie, wie ihn S t i e d a2) zu-
sammenfaĂt. Das mag mit den mannigfachen technischen
Schwierigkeiten aller Art zusammenhÀngen, an denen die
Gastroskopie reicher isl als irgend eine andere Endoskopie.
Allein dieser eine Grund vermag doch immerhin nicht die
Tatsache zu erklÀren, daà die Gastroskopie noch nicht ein-
mal mit den anderen alltÀglichen Untersuchungsmethoden,
ja nicht einmal mit den anderen optischen Untersuchung -
iiKlhoden des Magens kritisch verglichen und gemessen isl.
Deshalb dĂŒrfte es sich \ erlohnen, nach anderen GrĂŒnden Um-
schau zu halten.
Die Gastroskopie ist in den isolierten FÀllen singulÀrer
Spezialisten nahezu ausschlieĂlich in ambulanten FĂ€llen ver-
sucht worden. Und das ist entschieden kein geeigneter Bo-
den zur Förderung einer Ă€uĂerst schwierigen, subtilen Endos-
kopie. Deshalb dĂŒrfte es im Interesse der gesamten Wissen-
schaft liegen, wenn sich die Klinik in Zukunft dieser jungen
und aussichtsreichen Endoskopie liebevoll annimmt und
reichlich bedient.
Die GrĂŒnde fĂŒr die zu bevorzugende Ueberweisung der
Gastroskopie gerade an klinische FĂ€lle, ambulanten gegen-
ĂŒber, sind folgende:
1. Zum Studium des Nutzens und der Bewertung der Station, d.
gastroskopischen Methode ist es unbedingt notwendig, daĂ
man 0.02 Morphium, 10% Cocain, mitunter auch Atropin Gas roskopie
verwendet, möglicherweise auch komprimierte Luft. Nun H B- Nr-
legt aber die Anwendung all dieser die Endoskopie erst vor- erschien kontraindizie t wegen
bereitenden Mittel dem Untersucher die Pflicht der FĂŒrsorge -
fĂŒr den Kranken auch viele Stunden noch nach beendigter etwies sich als unmrtglich, weil
Endoskopie auf.
2. Zum Studium des Nutzens und der Bewertung der WUrde am ausgefĂŒhrt,
gastroskopischen Methode ist es unbedingt erforderlich, daà AnÀsthesie'
gerade die FĂ€lle vor und nach der Operation zur Endoskopie EinfĂŒhrung:
kommen. Denn diese »eben die dankbarste Kontrolle. Diese
entgehen aber meist der ambulanten Praxis, wenigstens der Gastrosk. Befund:
ambulanten Endoskopie.
'.). Zum Studium des Nutzens und der Bewertung der Gastrosk' Dia<jnose.
gastroskopischen l ntersuchungsmethode ist es unbedingt er- d
forderlich, daĂ auch der Kunstzeichner stets zur Hand ist.
um das endoskopische Bild festzuhalten. Das ist aber fĂŒr
die ambulante Praxis immerhin erschwert.
In vorbildlicher WTeise ist die MĂŒnchener Klinik voran-
gegangen. Das Krankenhaus Schwabing hat, wie ich mich I
persönlich ĂŒberzeugt habe, in dankenswertester Weise eine
kleine gastroskopische Zentral -Station eingerichtet. Dorthin
werden alle FĂ€lle aus dem ganzen Krankenhaus, von allen
Stationen, zur Gastroskopie ĂŒberwiesen, genau so wie in allen
modernen Kliniken sÀmtliche FÀlle aus dem ganzen Spital
an eine Zentralstation fĂŒr die röntgenoskopische Unter-
suchung ĂŒberwiesen werden. So kommt hier natĂŒrlich ein
reiches Beobachtungsmaterial zusammen. Und nur ein
Ă€uĂerst groĂes Material kann Erfahrungen ĂŒber den Wert
und die Aussichten einer endoskopischen Untersuchung
liefern. Eine geĂŒbte Kraft zum Zeichnen der endoskopischen
Bilder ist stets zur Hand. Der Befund wird in eignen For-
mularen sofort notiert:
Gastroskopie
J , Beruf
erbeten.
, vom Essen abhÀngig?
. Appetit?
V0 Hb
Klin. Diagn.? sicher:
oder Verdacht auf:
Diff. Diag. zwischen
und
Hat Patient: Eine WirbelsÀulenanomalie? , welche?
hochgradig? , eine Kieferanomalie? , Oesophagusstiiktur? , Oesophagus-
variien ? . Veilegnng der Cardia? r Aneurysma? , Fieber'
Dyspnoe? . Herzfehler' , Hochgradige Atherosclerose? . AlveolÀres.
Lungenemphysem? , ist eine starke^ Magen- oder Lungenblutung erfolgt?
wann' Besteht peritoneale Reizung' . Bestehen psychotherapeutische Bedenken
gegen Vornahme der Gastroskopie? , welche'
Gastroskopie
H B. Nr.
erschien kontraindizie- 1 weöen
erwies sich als unmöglich, weil
wurde am ausgefĂŒhrt
AnÀsthesie:
EinfĂŒhrung :
Gastrosk. Befund;
Gastrosk. Befund;
d.
369.
') Wiesbaden IHK). S.
kopie u. Oesophagoskopie."
Alexander Stieda: Der gegenwÀrtige Stand
kopie '. Ergebnisse der Chirurgie u. Orthop. 1912.
Schindle r3) hat seine hier gesammelten Beobach-
.Die Laryngoskopie. Bronchos- tungen kĂŒrzlich veröffentlicht. Er hat ein eigenes neues
(iastroskop angegeben, das im Prinzip dasselbe ist. wie das
;i) MĂŒnch, med. W'ochenschr. 1922. 14. IV. Nr. 15 S. 535â537.
der Gastros-
40. Jahfg. â Nr. 2i\
Sworowski: Röhrcnspekulum.
i:>'.t
von Kausch, Jackson, Eisner, nur einigermaĂen modifiziert.
Doch kann man mil diesem Gastroskop ebenso wenig wie
mit den ĂŒbrigen die Cardia sehen, den klinisch zweitwich-
tigsten Punkt dos Magens.
Dieses Vorgehen der MĂŒnchener Klinik bedeutet einen
Wendepunkt in der Geschichte der Gastroskopie. Die innere
Medizin kann fĂŒr diese vorbildliche Einrichtung dein MĂŒn-
i In ner Krankenhans nicht dankbar genug sein. Ein solche
mustergĂŒltige Initiative wird zur haldigen Nacheiferung alle
anderen Kliniken einladen. Denn so und nur so kann in
Zukunft die Gastroskopie, auf ihre Nutzlosigkeit oder ihren
Nutzen, ihrer kritischen PrĂŒfung endgĂŒltig unterworfen
werden. So und nur so kann die Gastroskopie entscheidende
Förderung erfahren, so daĂ sie möglicherweise den ĂŒblichen
Untersuchungsmethoden, auch den optischen an die Seile
öder gar voran gestellt werden kann.
Ein neues Röhrenspekulum fĂŒr Frauen.
Von Dr. med. S w o r o w s ki - Dresden.
Die röhrenförmigen Spiegel fĂŒr Frauen ,,s c h i e b t man"
â wie DĂŒhrssen in seiner Gynaekologie schreibt â ânach
hinten, soweit es ohne Widerstand gehl. Sieht
man nicht ohne weiteres den Muttermund, so bringen leichte
Verschiebungen des Schnabels ihn bald zur Ansicht.
Nur bei sehr starker Anteversion des Uterus kann dies u n -
möglich werden. Die röhrenförmigen Spiegel gleiten
leicht heraus, wenn man sie nicht hÀlt. Tupf er
und SpĂŒlrohr mĂŒssen daher so plaziert sein, daĂ man sie mit
der rechten Hand erreichen kann."
Das nebenstehend abgebildete patentierte Ursano-Spe-
kulum1) vermeidet dem Mayer-Spekulum gegenĂŒber alle
Nachteile der EinfĂŒhrung des Instrumentes, des Auffinden-
des Muttermundes, selbst wenn derselbe versteckt Liegt, und
die Gefahr des Herausgleitens, wenn das Rohr nicht mein
festgehalten wird.
Die Ă€uĂeren erhabenen, stumpfen Windungsringe um das
Spekulum ermöglichen durch Drehung des Instrumentes um
seine Achse ein selbsttÀtiges Vordringen his zum Muttermund
ohne grollen Kraftaufwand. Der Wulsl des elastischen
Schleimhaut gewebes, der sich vor die EinfĂŒhrungsöffnung
legt, wird durch das Gewinde zurĂŒckgedrĂ€ngt, ohne der Frau
Schmerzen zu bereiten im Gegensatz zum Fergusson Spe-
kulum, das heim Vorschieben auf den vorliegenden Schleim
hautwulst kantig in axialer Richtung auftrifft und dadurch
schmerzhafte Empfindungen auslost. Die Aufsuchung des
oft versteckt liegenden Muttermundes wird durch voltigieren
des Drehen des Instrumentes leicht ermöglicht.
Einmal eingefĂŒhrt ist das Ursano-Spekulum selbst-
haltend durch die Vertiefungen zwischen den Windungs-
ringen, innerhalb welchen das elastische Schleimhautgewehe
sich fest auf das Spekulum legt, so daĂ ein Herausgleiten des
Instrumentes verhindert wird, selbst wenn die Frau pressen
sollte. Beide HĂ€nde des Arztes sind dadurch frei zu weiteren
Behandlungsmanipulationen.
Der Preis des Instrumentes stellt sich kaum teurer als
ein glattes Spekulum.
') Vertrieb des Instrumentes durch Ursario (i. m. b. H.,
Berlin W35.
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
Klinische Wochenschrift, Rerlin.
IX. Marz 1922, 1. Nr. 12.
NatĂŒrliche ImmunitĂ€t im K'ndesalter. C z e r n y. 561.
Dpi- gegenwÀrtige Stand der Eklampsiefna-ge.. Esch. 563.
9*ĂAuchkoliken mit Porphyrinurie, S n u p pe r. "di".
\ushau der Dai"nvpa.tronp,nniethodc. I. Erweiterung und Vereinfachung der
Untersuchung des DĂŒnndarms. Reis, v a ii d e r. 570.
âŠTuberkulose und Hungersnot. O u I l * l e i n. 572.
âąfrliie Behandlung chronisch deformierender Oelenkerkrankungen mit Schwe-
fel; M e y e r - H i s e Ii. :,7.',.
Erythrocyanosis cutis Symmetrie«. Ii i i >e 578.
âŠRadikale Hoiilung de* Vugeutr&i s durch die Stricturotoniie. Hei mann.
580. "
EntzĂŒndung und Nervensystem. l\ u t t u e r. 580,
Die Innervation antagonistischer Muakefn des Mensehen nach Versucher au
Sauerbj'uch-Opcrierten. ii e, t Ii e und K a s t. 581.
Experimentelle Untersuchungen ĂŒber die N' ierenverĂ€nderungen bei Diphthe-
rie. W " I I' f. 581.
Histolog'sche Veriinderungeii im Gehirn bei hyperkinetisch«] Erkrankungen
der Maus nach Diphthcricinfcktinu. I. e \\ y. 582.
Röntgenbefund bei chroniischem partiellem Hermneurysma.. Christian
und V r i U. 582.
Sollen und dĂŒrfen wir die Indikation zur CholeczstCiktomie erweitern?
7. n e p f f e, I. 582.
Ueber Bauchkoliken mit Porphyrinurie (Colica porphyrin-
urica). D;is Krankheitsbild der sog. akuten Porphyrinurie isi
durch folgende Symptome gekennzeichnet:
1. AnfÀlle heftiger Bauch- und Lendenschmerzen mit Er-
brechen und Obstipation.
2. WĂ€hrend des Anfalles Ausscheidung eines dunkelroteu
Urins, der viel Porphyrin enthÀlt.
Nach mehreren AnfÀllen ist etwa die HÀlfte der bisher be
pbachteten Patienten unter LĂ€hmurigserscheinungen des zentralen
und peripheren Nervensystems gestorben. â Es werden :> FĂ€lle
dieser interessanten Krankheit mitgeteilt. Die Diagnose wird hÀu-
fig nicht richtig gestellt, insofern die Anfalle meist als Nierenstein-
koliken aufgefaĂt werden. Erst die spektroskopische Unter-
suchung des Harns klÀrt die Sachlage.
Tuberkulose und Hungersnot. Im Jahre 1917 konnte bereits
in Deutschland eine Zunahme der Tuberkulose festgestellt wer-
den. Gleichzeitig mit dieser Tatsache traten zwei VorgÀnge in
die Erscheinung.
1. war der Winter des Jahres 1917 ungewöhnlich kalt, rauh und
lang anhaltend.
2. trat um diese Zeil ein erheblicher Nahrungsmittelmangel, ja
eine richtige Hungersnot ein.
Die Untersuchungen des Verfassers, die auch auf frĂŒhere Ereig-
nisse Ă€hnlicher Art zurĂŒckgreifen, zeigen mit aller Deutlich-
keit, dah die eigentliche Ausbreitung der Tuberkulose gewöhnlich
erst einige Jahre nach der Hungersnot stattfindet. Es muĂ des-
halb mit allem Nachdruck darauf hingewiesen werden, daĂ die
Hauptgefahr durch die Tuberkulose erst in den nÀchsten Jahren
droht. Daher mĂŒssen sofort alle MaĂregeln getroffen werden,
um einem derartigen Anwachsen der Erkrankung vorzubeugen
Ueber die Behandlung chronisch deformierender Ăelenker-
kranku.ngon mit Schwefel. Durch Schwefelinjektionen sind die
primÀre chronische Polyarthritis und die chronische Polyarthri-
tis rhedmatica zweifellos gĂŒnstig zu beeinflussen. FĂŒr die Be-
handlung werden bestimmte Richtlinien gegeben. Die Schwefel-
injektion ist quantitativ genau zu dosieren und physiologisch che-
misch bis zu einem gewissen Grade zu begrĂŒnden, wie durch ein-
gehende Untersuchungen festgestellt werden konnte.
Radikale Heilung des AugentrÀnens durch die Stricturotomie.
Nach einer französischen Methode wird nach sorgfaltigster An-
aesthesierung der TrÀnenwege eine mittelstarke Bowmansche
4<)0
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 26
Sonde eingefĂŒhrt, dann nochmals anaesthesiert, worauf mit dem
lief in den Tranenkanal eingefĂŒhrten TrĂ€nensondenmesser die
Verwachsungen durchtrennt werden. Im AnschluĂ hieran Ein-
fĂŒhrung ganz dicker Sonden und dann allwöchentliche Sondie-
rung, im ganzen 5- his 6mal.
Sollen und dĂŒrfen wir die Indikation zur Cholecystektomie
erweitern? Die Cholecystektomie gibt bei frĂŒh operierten FĂ€llen
in völliger Analogie mit der Appendectomie gĂŒnstige Resultate.
Es ist daher notwendig, FÀlle von Gallenblasenerkrankung mög-
lichst frĂŒhzeitig dem Chirurgen zuzuweisen. Die MiĂerfolge der
Operation fallen nicht dem Chirurgen zur Last, sondern sind
durch die zu spÀte Ueberweisung der FÀlle zur Operation verur-
sach!. A. MĂŒnzet'.
25. MĂ€rz 1922. 1. Nr 13.
Das Konstirutionsprohlom in der Psychiatrie. Kreise h m e r. 609.
Die Bedeutung der Kalorie in Theorie und Praxi» der Medizin. O « t t -
8 c Ii a 1 k. 6ii.
Bilirubinbildung in der ĂŒberlebenden Milz. Ernst und Szappany o s. 514.
â Kl in 'scher und experimenteller Beitrag zur krampflösenden Wirkung der
Purinderivate. Hirsch. 615.
âErfahrungen mit TrichlorĂ€thylen bei Trigeminus-Neuralgien. M a g g u n n a.
618.
âZur Nachbehandlung Laparotomierter. unter besonderer BerĂŒcksichtigung der
Sitz- und Steillage nach Rehn. K o h d e. 616.
âXovasurol als Diureticum, K u 1 c k e. 622.
Spina bifida oceulta und Ischias. W e s k o t t. 625.
Beziehungen zwischen Virulenz und Vermehrungsgcschwind gkeit der Er-
reger. Doerr und B e r g e r. 628.
Ueber in vitro Kulturen der em'bfyouÀiliii Gewebe il c Saugetiere. C h 1 o p i n.
628.
Störungen der Adremalinbildung in den Ncbennicrei unter FliiĂŒcn
und ihre biologische Bedeutung. P e i s e r. 628.
Fremdkörper in den oberen Luftwegen, eine diphterische Larynxstenose vor-
tÀuschend. Brandes. 629.
Reiehmannscher Svmptonvenkomplex bei Tabes dorsalis. R e g e n s b u r g e r.
631.
âGrundzĂŒge der neuzeitlichen Wundversorgung. G a z a . von. 632.
Klinischer und experimenteller Beitrag zur krampflösenden
Wirkung der Purinderivate. Purinkörper ĂŒben eine krampf-
lösende Wirkung aus. Ein von der Firma Weil in den Handel
gebrachtes Dimethylxanthingemisch, Spasmopurin genannt,
zeichnet sich durch seine hervorragende Wirkung auf den Tonus
der Bronchialmuskeln aus. Als Hauptanwendungsgebiet fĂŒr das
PrÀparat kommen demgemÀà alle Arten von Asthma, sowie ver-
wandte Erscheinungen, besonders auch im Verlauf der chroni-
schen Kreislauf-Insuffizienz im höheren Lebensalter (Emphysem,
Stauungskatarrhe) in Betracht.. Die Harmlosigkeit der Purin-
körper gestattet ihre Verwendung auch zu prophylaktischen
Zwecken und ĂŒber lĂ€ngere Zeit hinaus.
Erfahrungen mit TrichlorÀthylen bei Trigeminus-Neuralgien.
Durch Einatmung von TrichlorÀthylen werden FÀlle von echter
Trigeminusneuralgie gĂŒnstig beeinfluĂt; das PrĂ€parat verdient
entschieden weitere Beachtung.
Zur Nachbehandlung Laparotomierter unter besonderer Be-
rĂŒcksichtigung der Sitz- und Steillage nach Rehn. Bei Nachbe-
handlung Laparotomierter sind nach den Erfahrungen von Rehn
folgende Punkte zu beachten: Sofort nach der Operation Betten
der Patienten in bequemer, sicherer Sitz- oder Steillage, syste-
matische Atemgymnastik, Anregung der Peristaltik, unmittelbar
nach der Operation einsetzende Massage und Gymnastik der
ganzen Körpermuskulatur. Die derart durchgefĂŒhrte Behand-
lungsmethode hat die gĂŒnstigsten Ergebnisse erzielt.
Novasurol als Diuretikum. Novasurol kommt als Diuretikum
in erster Linie bei kardialer Wasserretention in Betracht und
entfaltet in entsprechenden FĂ€llen eine ausgezeichnete Wiikung.
Es ist absolut kontraindiziert bei ausschlieĂlich renalen Wasser-
retentionen.
GrundzĂŒge der neuzeitlichen Wundversorgung. Frische
Wunden mit einwandfreier Asepsis grĂŒndlich revidieren, Wund-
rÀnder und alle in der Tiefe verletzten Gewebe sorgfÀltig um-
schneiden und nÀhen. In der Nachbehandlung auf VerÀnderungen
der Temperatur und des Pulses, sowie auf eintretende Schmerzen
genau achten. Versteifungen der betroffenen und der benach-
barten Gliedanteile durch sachgemĂ€Ăe orthopĂ€dische Wundnach-
behandlung vorbeugen. Bei drohenden Versteifungen stets auf
die fĂŒr die Funktion <!es Gliedes gĂŒnstigste Stellung achten
A. M ĂŒ n z e r.
1 April 1922. t, Nr. 14. âą
Grundlagen und Bedeutung der physikalischen Therapie fĂŒr die innere Me-
dizin. G o 1 d s c h o i d c r. 665.
âIntravenöse Injektion in Oel gelöster Medikamente und wir intrav»nö«eu
Campherthcr-apie. L e p e h n ». 870.
Myoelektrtsche Untersuchungen bei Striatum-Erkrankungen. Sehn. «7.1.
âFrage der Schulskoliose. Maas. 675.
BeitrÀge zur totalen und partiellen Rhinoneoplastik nebst einem Vorschlage
zur freien HautĂŒberpflanzung. Joseph.
EntzĂŒndung, allergische ImmunitĂ€t und Anaphylaxie. K 1 i n k e r t. 680.
Anaphylaktisehe Erscheinungen nach Sanarthrit. LĂ€se h. 682.
Oie morphologischen Bcstandte:le des Duodenal« hartes und ihre d l'ferent.ial-
diagnostische Bedeutung. R o t'h m a n - Manheim. 683.
l>ie Beeinflussung der Schmerzempfindlichkeit der Haut durch Quarzlampen-
bestrahlung. G r ö e r , v. und ,T a 8 i n s k i v. 888.
Bulbocaciuin-Katalepsie. .long, de. 684,
Isolierte LĂ€hmung des N. axillaris infolge: von Kohlenoxidvergiftung.
Mendel. 685.
âDie Indikationsbreite der therapeutischen Hypnose. Lang». 686.
âDas Ulcus molle und seine Behandlung. B e u c k. 889.
Ansteckung, Erkrankung und Tod durch den TubeikelbaziHiis im Lichte de,
Statistik. Ascher. 693.
Zur intravenösen Injektion in Oel gelöster Medikamente
(Menthol-Eukalyptolinjektionen) und zur intravenösen Kampher-
therapie. Beim Kaninchen sind irgendwelche schÀdlichen Wir-
kungen des intravenös gegebenen Menthol-Eukalyptols nicht mit
Sicherheit festzustellen. DemgemÀà kann beim Menschen diese
Therapie insbesondere bei Tuberkulose, LungengongrÀn und
fötider Bronchitis in vorsichtiger W7eise versucht werden. â Hin-
sichtlich der intravenösen Kampheröltherapie wurde am Kanin-
chen das neue KampherprÀparat Cadechol ausprobiert, welches
im ganzen gut vertragen wurde. In einem auffallenden Gegen-
satz hierzu standen allerdings Versuche am ĂŒberlebenden, mit
Ringerlösung durchspĂŒlten SĂ€ugetierherzen. Die kleine Dosis
von 0,2 Cadechollösung brachte das Herz sofort zum systolischen
Stillstand und zur Schrumpfung. Vorsicht ist also hierbei beson-
ders geboten.
Zur Frage der Schulskoliose. Ein betrÀchtlicher Teil aller
Schulskoliosen verdankt ihre Entstehung lediglich dem rein me-
chanischen EinfluĂ der fixierten skoliotischen Haltung auf die im
ĂŒbrigen völlig gesunde WirbelsĂ€ule.
lieber die Indikationsbreite der therapeutischen Hypnose.
Hauptanwendungsgebiet fĂŒr Hypnosebehandlung: Hysterie. Unter
den neurasthenischen Erkrankungen reagieren besonders die
Organneurosen auf Hypnose. Ferner kommen in Betracht Enu-
resis nocturna und psychische Impotenz. Kontraindiziert ist die
Hypnose immer bei Psychosen.
Leber das Ulcus molle und seine Behandlung. LeitsĂ€tze fĂŒr
eine rationelle Ulcus molle-Behandlung: 1. AusÀtzung des Ge-
schwĂŒrs zwecks direkter Zerstörung der Streptobazillen; 2. Be-
streitung mit einem, die Bazillenwucherung spezifisch hindernden
Puder; 3. möglichste Trockenhaltung der GeschwĂŒre. â Bei der
hÀufigsten Komplikation des weichen Schankers, dem Bubo, An
Wendung von Milch- und Terpentininjektionen. A. M ĂŒ n z e r.
Medizinische Klinik, Berlin.
26. Februar 1922. Nr. 9.
Die Behandlung
Salvarsanfragen.
^Schwangerschaft
B a r d a c h z
263.
des Typhus abdominalis
A r n d t. 266.
eocuwaiieeraciiaii und Tuberkulose. Zweite I. 269.
Zur Frage der Reizkörpertherapie mit besonderer BerĂŒcksichtigung der
sierung. Glaser-Buschmann. 271.
Zur Symptomatologie der StirnhirntumoTen. D i m i t z - S c h i 1 d c r.
Das Verhalten der Magensaftsekretion bei der Biermerschen und bei
aplastischen AnÀmie. Roth-Sternberg. 274.
Zur Behandlung von Infektionskrankheiten. Aman 275
Der Schubartschc Gesetzentwurf eines freiwilligen Einheitszeugnisses
heiratende MĂ€nner. S c h u b a r t. 277.
Ein direkter Nachweis der muskulÀren Erregungsleitung im Wirbeltierherzen.
Haberland t. 278.
Die Rolle der Disposition in der Konstitution. Fleischer. 279.
Praktische Fragen der Geburtshilte. Runge. 281.
röntgenologische Darstellung der chronischen Appendizitis.
Do-
273.
der
fĂŒr
D.â
felder, 283
PrimÀre Syphilis
W a i t z -
Pinkus. 284.
Schwangerschaft und Tuberkulose. Z w ei f ei glaubt, daĂ die
Zahlen in den Statistiken von Veit (65-100% Verschlimmerung
Tuberkulose durch GraviditĂ€t) und Seitz (30â60% Todes
meist im Wochenbette, bei Schwangeren) zu hoch gegriffen
seien WĂ€hrend der Schwangerschaft erworbene Tuberkulose ist
prognostisch ungĂŒnstiger als schon bestehende; Kehlkopftuberku-
lose absolut infaust. Tuberkulöse Ehefrauen sollen Anticoncipien-
tia benĂŒtzen oder sterilisiert werden. Plazentartuberkulose ist
hÀufig hereditÀre Tuberkulose sehr selten. Die tuberkulöse Mutter
ĂŒbertrĂ€gt die Krankheit leicht auf die Kinder. 67,9% der Kinder,
deren MĂŒtter im ersten Jahre nach der Geburt an Tuberkulose
starben, gingen im ersten Lebensjahre zugrunde (W ei in ibe rgl
nur 12% erreichen das 20. Lebensjahr (Seitz). Leicht tuberku-
der
fÀlle
40. Jahrg. â Nr. 26 Aus den neuesten Zeitschriften |t>|
lÀse Schwangere können bei Sanatoriumsbehandlung ihr Leiden
zur Ausheilung bringen. Vor Einleitung des Abortus soll die
Gravide mindestens eine Woche Àrztlich beobachtet werden. Z.
empfiehlt als Methode der W ahl die âunblutige und absolut Lebens
sichere" Röntgenkastration in Form der temporÀren Sterilisie-
rung, nach dem 10. Jahre als dauernde Röntgensterilisierung.
âGĂŒnstige Aussichten bietet nur ein frĂŒh eingeleiteter Abort . . . .
Die Schwangerschaft ist zu unterbrechen, wenn: 1. augenblick-
liche Lebensgefahr fĂŒr die MĂŒller besieht, 2. wenn die Schwan
gere durch das Weiterbestehen der Schwangerschaft schwer ge-
schÀdigt wird, so daà sie voraussichtlich zugrunde geht und der
Abortus eine Besserung im Befinden der Sehwangeren wahr-
scheinlich macht." Bei aktiven Prozessen und bei Tuberkulose im
/weiten Stadium ist stets zu unterbrechen, ebenso im Allgemeinen
bei Larynxphth. SĂ€uglinge tuberkulöser MĂŒtter sollen von diesen
getrennt und von ihnen nicht gesÀugt werden. Die Mutter soll
nach der Geburt lÀngere Zeit hindurch Sanatoriumsbehandlung
haben. Low (Döberitz).
5. MĂ€rz 1922. Nr. 10.
Zur Frage des Ikterus nach Salvarsan. S t ĂŒ m p k p. 295.
Zur Frage der Impotenz de« Weibes. Liepmtnn. 299.
âŠInwieweit interessiert dein praktischen Arat dir FrĂŒhbehandlung- des
Schielens? A s m u s. 301.
lieber Galvanopalpation. L a q u e u r. 302.
Zur Behandlung groĂer Lungenabszesse nach Grippe. Hilden r and t-
G e u 1 e n. 304.
Akute gelbe Leberatrophie, Malaria und Salvarsan. Fernbacb. 306.
Die Bestimmung der PflanzennÀhrstoffe im Boden. M i t s c h e r 1 i c h. 30*.
Praktische Fragem der Geburtshilfe. H. Runge. 310.
Das Alkoholverbot in den vereinigten Staaten. Brandenburg. Sil.
Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Herz- und GefĂ€Ăkrankheiten. Edens.
312.
Inwieweit interessiert den prakt. Arzt die FrĂŒhbehandlung des
Schielens. Echtes Schielen tritt meist zwischen dem zweiten und
vierten Lebensjahre auf, manchesmal angeregt durch eine inter-
kurrente Krankheit. Je jĂŒnger das Kind bei Beginn des Schielens
ist, desto gröĂere Gefahr besteht fĂŒr die Erhaltung der Sehkraft
des Schielauges, auĂer bei solchen Kindern, die abwechselnd
rechts und links schielen. Optische Fehler sind durch GlÀser zu
korrigieren, in reiferem Alter ist zu operieren und zum Stereo-
skope zu greifen.
Bei einseitigem Konvergenzschielen bestimmt man nach drei-
bis fĂŒnftĂ€giger Atropinisierung die Refraktion, verordnet dauern-
des Tragen der Brille und operiert, wenn das Schielen behoben -
ist, eventuell nach der PubertÀtszeit. Schielen die Kinder auch
mit der Brille, so wird ein- bis zweimal wöchentlich 1% Atropin-
salbe in den Bindehautsack des gesunden Auges gebracht; wird
jetzt das Schielauge nicht gerade gestellt, so wird das gesunde
Auge jeden zweiten Monat dauernd verdeckt (Abblenden eines
Brillenglases), um auf diese Weise beide Augen gleichmĂ€Ăig zu
ĂŒben. Als Schieloperation empfiehlt A. die Landolf sehen Mus-
kelverlagerungen und sucht stets durch Anspannen der Antago-
nisten zu drehen, nicht durch SchwÀchung des Schielmuskels, die
sich allerdings bei dem viel selteneren Divergenzschielen nicht
vermeiden lĂ€Ăt. Low (Döberitz).
12. MĂ€rz 1922, Nr. 11.
Psychoanalyse und Medizin. M Sile r. 329.
Der abdominelle Vagusreflex bei Vagotonie. Glaser. SSI.
âŠUeber Herzbeschwerden bei sub- und anaziden ZustĂ€nden des Mvc - n i
ihre Behandlung. R il m h e 1 d. 334.
âTraeheotomia transversa. B i n g e 1. 337.
âŠUeber hydrotherapeutische Teehnizismen des praktischen Arztes, (i r o a g. 3.38,
Besteht ein Gewichtssturz am Ende der Schwangerschaft? Nebel. 339.
Ein Fall von fieberhafter luetischer Meningitis. Bock. 340.
Dyspragia intestinalis initermittens angiosklerotika. Heil mann. 342.
âŠWie behandelt der Arzt in der AuĂenpraxis am besten die Aborte? Peutz.
343.
Meine Erfahrungen mit Strychnotonin. Prob s t. 344.
Die Bestimmung der PflanzennÀhrstoffe Lrn Huden. M i ts c Ii e r l i C h. 845.
Praktische Fragen der Geburtshilfe. R u n g e. 34«.
Aus dem Gebiete der Kinderheilkunde. R i e t s o Ii e 1. 348.
Aus dem Gebiete der Augenheilkunde. A d a m. 349.
Ueber Herzboschwerden bei sub- und anaziden ZustÀnden des
Magens und ihre Behandlung. R. macht darauf aufmerksam, daĂ
die Herzbeschwerden der Kranken mit gastrointeslinalem Symp-
tomenkomplex, speziell der anaziden Dyspeptiker, auf abnorme
Hyperkinese des Magens in vollem, aber auch in leerem Zu
Stande zurĂŒckzufĂŒhren sind, ferner auf den oft nur linksseitigen
Zwerchfellhochstand infolge Bildung einer betrÀchtlichen Magen-
blase (Luftschlucken, abnorme GĂ€rungsprozesse) und in zweiter
Linie auf chemisch-toxische und reflektorische Beeinflussung des
Herzens vom anaziden Magen aus Zur Beobachtung kommen
Bradykardie, Extrasystolie, laehykai ilisehe AnfÀlle, retroster-
naler Drucksehmerz, Interkostalneuralgie, kapillÀre Phlebekta-
sien, besonders am linken Rippenbogen, Atemnot, Herzsehnierzen.
Beklemmungen und infolge der groĂen Magenblase verĂ€nderte
Form und Lage des Herzens Eine medikamentöse Behandlung
des Herzens selbst kommt nur bei organisch Herzkranken in Be-
tracht. Zur arzneiliehen Beeinflussung des sub-, beziehungsweise
anaziden Magens und der dadurch bedingten gastrogenen Darm-
Störungen empfiehlt R. gro'Ăe Dosen Salzsaure mit Pepsin, d.i
neben Kohle, eventuell in Verbindung mit Wismut und unter Zu-
satz von Belladonna, ferner Pankreon; auĂerdem reichliche Kör
perbewegung (Sport) und Zwerchfellgymnastik. Diese ist am
besten als Bauchatmung nĂŒchtern im Bette vorzunehmen. Es gibt
keine dankbarere Aufgabe, als die Herzbeschwerden der ana-
ziden Dyspeptiker gastrisch und psychisch zu behandeln.
Die Traeheotomia transversa, von Otto Frank 1909 einge-
fĂŒhrt, wird von B i n g e 1 empfohlen, weil sie folgende Vorteile
bietet: ganz klare, ĂŒbersichtliche, anatomische VerhĂ€ltnisse, ein-
fache Technik, spontanes Klaffen des Tracheaquerschnittes und
damit sofortiges, unbehindertes Einströmen der Luft, erreichter
len AbfluĂ des Wundsekretes, kosmetisch gĂŒnstige Narbe.
Technik: Bei Erwachsenen LokalanÀsthesie, bei Kindern
Chloroformnarkose. Durch quere Spaltung einer hochgezogenen
Hautquerfalte wird ein zwei bis drei Zentimeter langer Quer-
schnitt angelegt, möglichst in einer Hautfalte dicht unterhalb des
Ringknorpels oder zwei Zentimeter tiefer (Traeheotomia supe-
rior oder inferior). Falls nötig, Freilegung der Halsfaszie mit
zwei stumpfen dreizinkigen Haken. Die Halsfaszie wird zwischen
zwei Pinzelten scharf, bei Kindern mit diesen stumpf getrennt,
die SchilddrĂŒse nach unten, beziehungsweise oben abgeschoben
und die Trachea mit steilgestelltem Messer, dessen RĂŒcken late-
ralwÀrts gerichtet ist, fast zur HÀlfte durchtrennt.
Ueber hydrotherapeutische Teehnizismen des praktischen
Arztes. Die hydria tischen Prozeduren, deren Einzelheiten in
jedem Handbuche der therapeutischen Technik nachgelesen wer-
den können, seien hier ĂŒbergangen. Von allgemeinem Interesse
ist die Darstellung der Grundbegriffe der Hydrotherapie. Kalt-
wasserbehandlungen werden am besten morgens nach dem Ver-
lassen des Bettes vorgenommen. Blutarme erhalten noch zuvor
ein heiĂes GetrĂ€nk, womöglich mit Alkohol. Achselhöhlen, Herz-
gegend, Kopf und Nacken sind vor Beginn der Behandlung mit
einer kalten Kompresse zu kĂŒhlen und diese dann um den Kopf
zu legen. Die Behandlung darf nur in einem mindestens 20 Grade
Celsius warmen RĂ€ume erfolgen. Nachher ist die Haut durch
groĂe krĂ€ftige Striche ĂŒber dem umgelegten Bettlaken zu frot-
tieren. Das Reiben darf aber nicht mit dem Laken erfolgen, da
sonst bakterielle und parasitÀre Hauterkrankungen verursacht
werden können.
Wie behandelt der Arzt in der AuĂenpraxis am besten die
Aborte? Bei Fieber und Beteiligung der GebÀrmutterumgebung
(Parametrium und Adnexe), Sepsis, PyÀmie (Argentum eolloi-
tiale intravenös) konservativ, bei Verdacht auf Uterusperforation
oder septische Peritonitis baldmöglichste Krankenhausbehand-
lung. Sonst schnelle und restlose Entfernung des GebÀrmutterin-
haltes. Technik: Möglichst in Narkose, nach eventueller Erwei-
terung des Zervikalkanales, radikale Entfernung der Abortreste:
bis zum 5. Schwangerschaftsmonate mittelst der scharfen KĂŒ-
rette, spÀter digital. Seeale erst nach Entleerung des Uterus.
19. MĂ€rz 1922, Nr. 12.
Ueber moderne Syphilistherapie. Finger. 881.
Psychoanalyse und Medizin. M À d e r. 365.
Ist die Syphilis ein Keimgift? P e i p e. r. 368.
lieber die neueren Bestrebungen der Hodenverpflanzung. Rosenthal. 370.
Ein Fall von Polyneuritis arsenicosa. Cohn. 371.
Ohologenhehandlung befi (iallensteinerkrankung. C r a m e r. 372.
âŠUeber Behandlung des Erysipels mit hochprozentiger Argentum nitricuin-
Salbe. Frankel. 373.
Polygalysat, ein Mittel gegen Katarrhe und Bronchitis, ĂŒ p p e n h e i m. 373.
I'elier die intravenöse Kampherin.iektion auf Grund pathologisch-anatomi-
scher Untersuchungen. II ĂŒ per. 373.
Ischias und Thermotherapie. T o b À a s. 376.
Heber die Behandlung chronischer Gelenkerkrankungen. M e y e r. 878.
Ueber Behandlung des Erysipels mit hochprozentiger Argen-
tum nitricum-Salbe. F. behandelt Erysipel statt mit der von
Hirsch empfohlenen Pinselung mit 16% Silbernitrat-Lösung mit
12 bis 16% Höllensteinsalbe, da diese bei gleicher Heil-Wirkung
wesentlich geringere Nebenwirkungen zeigt. Die ganze Erysipel-
flÀche ist mit einem Wattebausche zu bestreichen.
462
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahr-. â Nr. 26
26. Mar/. 1922, Nr. 13.
Epileptische und Àhnliche Hirncirscheinungen utuj ihre Heilungsmöglich-
keiten durch Operation. 'I' i 1 in a n a. 39a.
I"obcr dir- gesundheitliche ITenerwacbung der Prostitution. G r o t j a Ii n. 39ö.
Ei« neues Verfahren zur Feststellung d"ei' iritra- und extrauterinen Eriih-
graviditat. K a m n i t z e r - J o s e 11 Ii. 396.
["eberschiehtungskopfsehmovz. R r Ii il e r. 39R.
Beobachtungen ĂŒber KokainmiĂbi'auch. P u I a y. 399.
ITngileichzeiitigcs Auftreten der Pupillenstarre hei epilept'sehen AnfÀllen.
Herr m a n n. 399.
Erfahrungen mit der intrakraniellen Serumtherapie beim Tetanus. Kran-
kel. 401. "fl s J '?
Lieber die unspezifische Therapie und Prophylaxe der progressiven Paralyse.
Fische r. 402.
âZur VerhĂŒtung und Behandlung von Rhagaden an den Brustwarzen stillen-
der MĂŒtter. Sri (i I I. 403.
("eher Lymphogranulomatose, insbesondere an den groĂen GallengĂ€ngen,
S t u h r - S y n w nlill t()4.
Praktische Kragen der Geburtshilfe. K u n g f. 199.
l'elier den Salvarsa n-( Jehi rntnd. Hart. III.
Zur VerhĂŒtung und Behandlung von Rhagaden an den Brust!
warzen stillender MĂŒtter. Die Brustrhagaden entstehen durch un-
richtige erste AnlegeVersuche des SÀuglings. Die gebrÀuchliche
rVbhÀrtungsprophylaxe schein) wertlos zu sein. Bei Wöchnerin-
nen, die schon am dritten bis vierten Tage aufstellen, gelangen
bedeutend weniger Rhagaden und Mastitiden zur BeobÀchturig
als sonst, wo die Kinder durch acht Iiis zehn Tage infolge der
stĂ€ndigen RĂŒckenlage der Mutter an der in die Höhe ragenden
Brustwarze saugen lernen mĂŒssen, an ihr herumzerren und sie
wund beiĂen. Die richtige Stellung der Brustwarze zum kind-
lichen Munde ist nur hei hangender Brust, also bei aufrechtem
oder seitlieh gelagertem Oberkörper der Frau möglieh. AuĂer-
dem isl der Kopf des Kindes in der saugenden Stellung zu fixie-
ren, damit das Kind die Warze nicht abwechselnd fassen und
loslassen kann. Bei prall Gespanntem Warzenhofe muĂ die M i
milla durch Absaugen der Milch mit der Jaschke-Pumpe saugge-
recht gemacht werden.
Bei bereits vorhandenen Rhagaden ist fĂŒr bequeme Sitzweise
der Mutter zu sorgen und der Kindeskopf wahrend des Trinkens
festzuhalten: eventuelle Bestmilch ist schonend abzupumpen. Bei
frischen Rhagaden verwendet M. eine Salbe mit 10% Peru-Bal-
sam und ?>% Borsaure (Bhagadam\ sonst die ĂŒbliche Therapie
2. April 1922. Nr. 1 1.
âŠ>7.ur fJehĂ€rmutterzerre'Ăung. K U p f e r Ii e r g. i.'.'i.
Hin Beitrag zur Frage der spezifischen Aetiologie gonorrhoischer Exantheme.
V a .« e h e n - .1 e n t z. 428.
Welchen Wert ha.' zur Zeit die tintersvichniig des Duodenalsaftes fĂŒr die
Diagnose der DarnikraukheitenV 1 s a a. e -Kriege r. 431.
âŠJ*/.iir Therapie der klimakterischen Kongestionen. II a 1 b a n. 434.
'/,\\ i" â -l'r'-'e Formen von Karzinom des Colon sigmnideum und Intestinum
recti. W p r t h e i im e r. 435. «
Zur Kasuistik der ainyotroiihi'Kchen LÀhmungen im prÀataktisc.hen Stadium
der Tali:s dorsalis. .Schmitt. (36.
Ein B-trag zur klinischen FrĂŒhdiagnose der Syphilis. (' o 1 m a a. 137.
HypoĂhysenextrĂ€kt-Injektionen hei Ileus und nach l.aparatomie. V e r v e r s.
438.
Karbenltollnidc im Dienste der Serologie. II e c h t. 43p.
Untersuchungen ĂŒber die Widal'schc hainoklas'sche Krise. F. rd in a u n. 4<0.
Praktische Kragen der Geburtshilfe. I! u n g e. 441.
lieber den Salvarsjin-fiehirntnd. II a i t. 144.
Zur GebÀrmutterzerreiliung. K. rÀt bei GebÀrmutterzerrei-
liung intra partum von einer Entbindung im Hause dringend all.
ZunÀchst ist ein Tropfeinlauf von physiologischer Kochsalz-
lösung mit einem Schnapsglase Kognak zu machen, dann eine
Morphium- und Kamphereinspritzung, ohne irgend etwas per os
zu reichen, ein Kompressionsleibverband mit T-Binde anzulegen
und die Patientin dann liegend raschest nach dem nÀchsten
gröĂeren Krankenhause zu bringen. Dort muĂ die Entbindung in
Narkose, durch Leibschnitl erledigt, die GebÀrmutterunterhalb der
Bià Stelle abgetragen und der Stumpf sorgfÀltig peritonealisierl
werden.
Als wichtigste Anzeichen der GebĂ€rmutterzerreiĂung fĂŒhrt
K. an: plötzliches Aufhören der vorher so stĂŒrmischen Wehen,
zunehmende Verschlechterung des Allgemeinbefindens ohne
Ă€uĂerlich nachweisbare Blutung und schnelle, oberflĂ€chliche,
Àngstliche, schmerzhafe, oft stöhnende Atmung.
Zur Therapie der klimakterischen Kongestionen. Zur The-
rapie der klimakterischen Kongestionen, die Reizerscheinungen
des Sympathikus darstellen, empfiehlt H. die von ihm angegebenen,
von den Chemosan-Werken in Wien hergestellten âKlimasan-
P.Ă€stillen". Sie enthalten 0,5 Theobrominurn calcio-lacticum
(C7H7N402) 2Ca + 2/{C8H503) ,Ca/ + H.,0 und 0,0002 Nitroglyzerin.
Davon sind drei bis fĂŒnf StĂŒck tĂ€glich zu nehmen und zwar acht
Tage lang, dann ebensolange Unterbrechung, dann wieder acht
Tage. Der Heilwert des PrĂ€parates ist in seiner gefĂ€Ăerweitern-
den Wirkung begrĂŒndet. I. ö w (Döberitz).
Deutsche Medizinische Wochenschrift, Leipzig.
24. MĂ€rz 1922. Nr. 12.
âąH ehn Kampfersol. p-Diketokamphan und p-Oxykampfer. 1. e o. 377.
('eher galletrt'ihende Mittel, insbesondere Cholaktol. 8 0 Ii o n g c r. 37*.
âąfrZnr Serodiaguostik der Tuberkulose mit dem Extrakt Besredka. Rabinn-
\v i t s (âą n rl * in ;> Ii âąâ r. 3 .'2.
Vergleichende PrĂŒfung von Bazillenemulsionen verschiedener Tuberkul is«
StĂ€mme. Die tri e b. 381. . 'â
Zur Tuberkelbaz llenfÀrbung. insbesondere zur Unterscheidung der tuhrrkefl
bazillenÀhnlichen StÀbchen. Bender. 381.
»M'eher die Natur des d'Herelleschen Bakteriophagen. Otto und Winkle rr
383. 1
I)ip Strahlenbehandlung des Krebses. StrauĂ. O. 385.
Eine neue TrĂŒbungsreaktion fĂŒr Syphilis M e i u i e k e. 884.
Zur Behandlung des Hirnabszesses. B o e n u i n g Ii a u s. 38".
Weitere Ergebnisse hei Anwendung der BlutkĂŒrperchcn.senkungsprnhc in iler â
Diagnostik chirurgischer Erkrankungen. I. o b r. 3KX.
Ueber Kampf ersol, p-Diketokamphan und p-Oxykampfer. Von
den drei isl der p-Oxykampfer das brauchbarste Mittel, weil e|
alle therapeutisch wichtigen Kampferwirkungen in ausge-
sprochener Weise hervorruft, auĂerdem aber noch eine auĂen
ordentlich starke Wirkung auf das geschwÀchte Herz hervor-
ruft, stÀrker als bei den bekannten Kampferwirkungen und weil,
es, wenn ĂŒberhaupt, nur in sehr geringem Grade toxische Krampf-
wirkung auslöst.
Zur Serodiaguostik der Tuberkulose mit dem Extrakt Be*j
redka. Die Komplementfixation mit dem Bcsredka-Antigen bei
Tuberkulösen stellt eine sichere und spezifische Methode dar.
Eine positive Reaktion gestattel mit ganz geringen Ausnahmen
den Schluà auf einen aktiven tuberkulösen Herd, eine negative
schlieĂt einen ausgeheilten (Hier latenten Herd nicht aus.
Heber die Natur des d'Herelleschen Bakteriophagen. Hin-
sichtlich der Natur des Bakteriophagen zwingen die Resultate
nicht zur Annahme eines besonderen ultra visibeln Mikrobe«
sondern sind durchaus mit der Anschauung vereinbar, daĂ das..
wirksam'- Agens dabei in kleinsten mit fermentati ven Eigen%
'schalten ausgestatteten Baktericnciwei'Ăteilchen besteht, die sich,
heim Zerfall der lebenden Bakterien bilden .
31. MĂ€rz. 1922. Nr. 13.
Heber Degeneration und Regeneration. II. Die Regeneration. E r n s t. 4n<l.
â Iis* Tenn shein. Kuli n e r, 412.
Zur Frage der Syph'ilisverhĂŒtung und der SĂ€uglings- hezw. Amniensv ph ilis."
Z i e 1 o r. 413.
Ihr pharmakologische Bewertung der I hiniti-lligitaliskomhination hei Herz-
krankheiten, s t a r k ans t e i n. 414.
âąÂ»Â»Die Strahlenbehandlung des Krehses. S t r a u U . 0. 41«.
âŠM'eher d e klinische Brauchbarkeit der Duodenalsonde hei Erkrankungen der
Oallenwege. Hecht und M a n t z. 41H.
/.um Kohlenhydratstoffwechsel der Leberkranken. I. Hetfrnyi. 430.
Die Hyperthyreosen. Hell » i g. 420.
!>as vollstÀndige Differentialleukozytenbild im Puerperium. K u II. 422.
Di p Gehurt im vereinfachten schematischen DĂ€mmerschlaf. 1. i e g n e r. 424.
DesquamÀtionsprozeH in den Harnwegen bei Scharlach. G o n-a e 1 1 a. I2fi.
Da« Tennisbein. Ks handelt sich um die subkutane Ruptu
des Triceps surae, die im Allgemeinen selten beschrieben ist und
meist MĂ€nner zwischen 35 und 55 Jahren betrifft, die das Tennis
nicht sportsmĂ€Ăig, sondern zur Erholung und Minderung ihres
Körpergewichts treiben. Vielfach werden Aerzte betroffen!
Mitten im Spiel oft heftiger Schmerz, der in schweren FĂ€llen zum
Zusammenbrechen fĂŒhren kann. Seltener trifft es die Achilles-
Sehne, hÀufiger den muskulösen Teil des Triceps oder den Ueber-
gang des Muskels in die Sehne. Diagnose leicht. Prognose auch'
in schweren FĂ€llen gut. Behandlung: sofortige Hochlagerung
des Beines, um die Blutung zu stillen, dann Heftpflasterverband
von dicht oberhalb des FuĂgelenks bis zur dicksten Stelle der
Lende und sofort Gehversuche, die tÀglich gesteigert werden.
Nach 3 Tagen Erneuerung des Verbandes. Unter keinen l'm-
slÀnden Beitruhe, die die Heilung nur verzögert.
Die Serumbehandlung des Krebses. Zur Zeit kann die Be-
handlung des chirurgischen Karzinoms nur operativ sein. Die
Uteruskarzinome nehmen eine Sonderstellung ein. Daher die
GegensÀtze zwischen den Chirurgen und GynÀkologen. Kon-
stitutionelle Faktoren spielen eine Rolle dabei
Ueber die klinische Brauchbarkeit der Duodenalsonde bei Er-
krankungen der Gallenwege. Die Einspritzung von Witte-Peptnn
durch die Duodenalsonde gibt diagnostische Hinweise: Positiver
Ausfall mit Ausscheidung dunklerer Blasengalle spricht fĂŒr Ge-
sundheit der Gallenblase. Aehnliche Erfolge mit Ol. Menth, piperit.
Die Geburt im vereinfachten seheiuatiscbeu DĂ€mmerschlaf.
Der schematische DĂ€mmerschlaf ist auch in der einfachen Form
abzulehnen: trotz der Chininbeigabe und der Herabsetzung der
Morphiummenge werden die Wehen oft verschlechtert. Das kind-
40. Jahr-. â Nr. 2(5
Aus den neuesten Zeitschriften
â che 1-01)011 isl in erhöhtem MaĂe gefĂ€hrdet, seihst bei stehende)
Rase, da das. Atemzentrum durch die Alkaloide lÀhmend beein-
flullt wird. Der Rauschzustand ist so hochgradig, dalt fĂŒr die
Privatpraxis der DĂ€mmerschlaf ĂŒberhaupt nicht, fĂŒr die Klinik
nur bei ganz besonders gĂŒnstigen PersonalverhĂ€ltnissen in Frage
kommt. Die Möglichkeit schnell auftretender Störungen erfordert
dauernde Anwesenheil und Beobachtung durch den Arzt. Das
Ziel, schmerzlose Geburl wird erreicht, die Methode ist aber nur
in ganz besonderen FÀllen und nur bei sorgfÀltiger klinischer
Leitung zu wÀhlen. v. Schnizer.
Zeitschrift fĂŒr physikalische und diĂ€tetische Therapie ein-
schlieĂlich Balneologie und Klimatologie.
1922, 26, Heft 3. '
L'cber den Muskclrhcumatksmus. 1. ToĂ€l. G o 1 (1 s e Ii c i <1 f r. n.'> â 84.
âŠEinfluĂ der lokalen KĂ€lteapplikation auf âą f i <- Gehirntemperatur. Z u nil c c k.
«4 â 88.
âŠBehandlung der KreislaufschwĂ€che durcli das elektrische Bad. Kaut).
86â 99.
Nachbehandlung von Kriegsverletzten mit schwedischer Massage und Heil-
gymnastik. Adlers parre. v. 99 â 112.
EinfloĂ der lokalen KĂ€lteapplikation auf die Gehirntempe-
ratur. Z. hat einem Kaninchen durch -ein Loch im Stirnbein ein"
Thermometer bis in den Okzipitallappen eingefĂŒhrt und dann 1
kellen der SchÀdelhaut mit ChlorÀthyl vereist. Die Gehirntempe-
ratur sank sofort von 38,9" auf 3(3,5", ging dann aber ebenso
sPhncll binnen wenigen Minuten wieder in die Höhe. â Die Bek
laltcmperatur blieb dabei unverÀndert. Man sei also mit Eis-
blasen auf den Kopf vorsichtig!
Behandlung der Kreislauf schwÀche: durch das elektrische
Bad. R. rĂŒhmt elektrische BĂ€der als gleichwertig, ja schonen-
der im Vergleich zu den sonst ĂŒblichen Medikationen. Man muri
sie individualisierend anwenden; im allgemeinen wirkt das gal-
vanische Bad am stÀrksten, nÀchstdem das Wechselstrombad und
am schwÀchsten das faradische. Gute; Wirkungen bcV Herz-
â uskelschwĂ€che, Blutdrucksteigerung, Asthma cardiale, Basedow
â aehykardie, Koronarsklerose. MerkwĂŒrdig ist eine, anscheinend
»vermittelt in der Besserung auftretende Depression; sie dĂŒrfte
z. T. durch meteorologische Faktoren, Potentialschwankungen in
der AtmosphĂ€re, Jonlenwechsel bedingt sein. Der schlieĂliche Er-
folg (nach durchschnittlich (i bis 8 Wochen; tritt plötzlich, âförm-
lich ĂŒber Nacht'" ein. Butt er sack.
Jahrbuch fĂŒr Kinderheilkunde, Berlin.
MĂ€rz 1922, 47. Heft 5/6.
⊠Beitrag zur Lehre des Icterus neonatorum. 8 c h i f f , E. und F a e r Ii e r .
E. 245.
âŠKongenitaler VerschluĂ der (iallciiausfiihrungsgĂ€nge. Weth. (.!. ». d. 2.">H.
âŠChirurgische Behandlung des Pylorospasmus der SĂ€uglinge. Heil e. 285.
âŠGrobes Mehl und Butternichluahrung nach Czerny-KIeinschmidt. Brun-
tbaUr, E. 311.
âŠErfahrungen mit der Intubation. Hohl f cid. M. 820.
âŠAusnutzung von Kohlehydraten und Fett bei in i* Uuttcrmohluahruug ernĂ€hrten
Kindern. Z i e 1 a s k o w s k i . M. 330.
Beitrag zur Lehre des Icterus neonatorum, in ĂŒebereinslim-
mung mit Y 1 p p ö und II i r s c h wurde in den ersten Lebenstagen
auch bei den nicht ikterischen Kindern fast stets eine starke Bili
tubinamie gefunden. SpÀter sank der Bilirubingehalt bis auf ge-
ringe Spuren Die Sera gaben bis auf einen Fall nur die indirekte
Reaktion. Auch bei ikterischen JĂŒnglingen waren die direkter
Reaktionen stets negativ und die indirekten Beaklionen positiv
Die Bilirtibinkonzentration der verschiedenen Sera verhielt sieh
sehr verschieden. Die StÀrke der BilirubinÀmie und des Ikterus
stimmten nicht ĂŒberein. Nach diesen Befunden beruht der Ikterus
(irr Neugeborenen nicht auf einer Gallenstauung, es handelt sich
vielmehr um einen bilirubinÀmischen Ikterus. Da BilirubinÀmie
und Gewebsikterus nicht miteinander parallel gehen, mĂŒssen die
Gefabkapillaren bei verschiedenen Kindern verschieden stark
durchlĂ€ssig fĂŒr das Bilirubin sein.
lieber kongenitalen VerschluĂ der GallenausfĂŒhrungsgĂ€nge.
Es werden 3 FĂ€lle von angeborenem VerschluĂ der Gallen-
jgusfĂŒhrungsgĂ€nge mitgeteilt, im AnschluĂ an sie wird die Lite-
ratur besprochen. Unter den bisher veröffentlichten FÀllen fin-
de! sich kein sicherer Fall von luetischer oder anderer entzĂŒnd-
licher Herkunft. Die FĂ€lle von sicher kongenitalem VerschluĂ
sind als Entwicklungshemmungen aufzufassen. SekundÀr können
EntzĂŒndungen hinzutreten. Gallenblase und Ductus cysticus sind
Ziemlich unabhÀngig von den VerÀnderungen des Hepaticum.
1 > i e chirurgische Behandlung de* Pylorospasmus der SĂ€ug
linge. Unter 20 schweren FĂ€llen von l'ylorospasmus wurde bei
R'r Operation IX mal der typische Tumor gefunden. War der Tu-
mor vorhanden, so w urde er ins zur unverletzten Schleimhaut ein
gekerbt, fehlte er, so wurde die normale rVntrummuskulatur ^e
spaltet). Die Wunde wurde niemals vernÀht. Von den 20 Kindern
wurden 19 gesund, 1 starb an Stoffwechselstörungen, die schon
vor der Operation bestanden hatten
Der Tumor wird als angeboren angesehen. Nach der Geburl
treten aus unbekannter Ursache Spasmen auf, die den Magen ver
schnellen und zu dem charakteristischen Krankheitsbilde fĂŒhren
Der Nachweis des Tumors spielt fĂŒr die Indikationsstellung zur
Operation eine nebensachliche Bolle Der Tumor wurde ĂŒber
haupt nur in 3 SpĂ€tfĂ€llen vor der Operation gefĂŒhlt.
Es wird die FrĂŒhoperation empfohlen. Diese beseitig! nicht
nur die Lebensgefahr, sondern verkĂŒrzt auch die Krankheitsdauer
(durchschnittlich 3 Wochen).
Auf das Zusammenarbeiten von Kinderarzt und Chirurg wird
ausschlaggebender Wert gelegt.
Grobes Mehl und Buttermehlnahrung nach Czerny-Klein-
»ehmidt. Die Verwendung grober nicht vorbehandelter .Mehle im
Bahmen der Buttermehlnahrung ist gefÀhrlich. Ein Teil der . will
< rfolge mit Buttermehlnahrung isl möglicherweise auf Verwen-
dung grober Mehle zurĂŒckzufĂŒhren. Ein anderer Teil von MiĂ-
erfolgen (Dystrophien bei Buttermehlnahrung; ist durch die Ver-
wendung vorbehandelter grober Mehle zu beheben. Es wird daher
gefordert, mehr als bisher vorbehandelte grobe Mehle zur SĂ€ug-
lingsernÀhrung zu verw enden.
Erfahrungen mit der Intubation. Die Sehlackstörung, lnlu
liierte Kinder verschlucken sich leicht oder wollen nicht
schlucken. Der Tubuskopf hindert beim Schlucken den VerschluĂ
des Kehlkopfeinganges. Er laĂt den Kehldeckel nicht an die
StimmbÀnder heran, und diese selbst werden durch den Hals des
Tubus auseinandergedrÀngt, die Stimmritze kann nichl geschlossen
werden. Die Störung wird bei flĂŒssiger Nahrung stĂ€rker als bei
breiiger, denn diese ĂŒberbrĂŒckt gew issermaĂen die undichten Stel-
len des Kehlkopfeinganges.
Ausnutzung von Kohlehydraten und Fettein bei mit Buttermehl-
nahrung ernĂ€hrten Kindern. Stoffwechselversuche ergaben, daĂ
bei der Buttermehlnahrung die Kohlehydrate ausgezeichnet resor-
biert werden. Die Ausnutzung des Fettes erklÀrt den guten Fett
ansatz der Kinder. Die Möglichkeit einer ausreichenden Stick-
stoffatention ist ebenfalls erwiesen. Die Buttermehlnahrung gib!
also auch im Stoffwechselversuch gute Erfolge. A. P ei per
Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen.
29. lieft 1.
Röntgenologische Fortschnitte im Bereiche der Physiologie, Pathologie und
Diagnostik der Harnorgaue durch vorwiegende und systematische \n-
wendung des Durehleuchtungsvei fnbrens. Bis lex, F. 1,
Röntgenographische Beckenmessung. W e 1) e r. 20.
liontgenologisehe Bei'zgröflenbestimmung. I. o r e u z . II. E. 3ö.
âŠUeher âSchatteiisummation." Peltasou, F. 4j.
Beziehungen der inneren Sekretion zur (fene.se einiger im Röntgenbilde prak-
tisch wichtiger Ske'let.t.varietÀten. F i s c h e r . H. 61.
Zur Kenntnis der Doppelbildungen einzelner GliedmaĂen. A p p e h at h. ">7.
UOntgenstereouufnahnien zur Darstellung von intr.ipleuralen intraabdomjnel-
len und dia.phragm.alen VerÀnderungen. Naegeii. Th. und Cra-
m e r , H. 59.
âąSensibilitĂ€t und Sensibilisierung; in der Strahlentherapie. V o 1 1 z , F. 61.
Chirurgiach-radiologische Fehldiagnosen bei Knochenkrankheiten. K i e a -
bock, E. 81.
Technische Erfahrungen aus der Kinderröntgenologie. W i in Ii e ( g e r .
H. 90.
Experimentelle Untersuchungen ĂŒber die physikalischen Grundlagen der
Röntgendiagnostik. (! 1 0 0 k e r , R. 100.
IV her eine eigenartige, bisher unbekannte Form multipler Epiphyscn-
stöi 'ingen. V a 1 e n t i n . B. 120.
Ueber Schattcnsummatron. Diese Erscheinung auf Röntgen-
bilderri, darin bestehend, daĂ Deckungsschatten mehrerer schat-
lengebender Gebilde eine unverhĂ€ltnismĂ€Ăig gröbere IntensitĂ€t
geben, als es der Summe der einzelnen 'SchattenintensitÀten ent-
spricht, wurde bisher als eine Art âoptische TĂ€uschung" betrach-
tet. Durch geeignete Versuchsanordnung hat Peltason den
objektiven Charakter des PhÀnomens bewiesen und durch pfco-
tometrische Methoden die Hochgradigkeil desselben zahlenmĂ€Ăig
bestimmt. Die Ursache der Schattensummation ist eine Eigen-
schaft der photographischen Schicht. Michaelis ( Bitterfeld ).
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
(i. April 1922, 54, Nr. 1 I.
K leinhaussiedelungon fĂŒr Industriearbeiter. Fl iigge. ('. .VIT.
Periodische.« Erbrechen der Kinder mit Acetouiimie. I 5 e I i u , H. "-(U.
Beitrag zur Pathologie und Therapie des Zenkerschen Divertikels. Sutai,
A. 342.
Der exophthalniiscbe Kropf und da» hypei 'thyreotoxische tdenoin als ;wei
selbstÀndige Krankheiten. Bil-r c h e r , M. E. 347.
Blitzschlag. B i âą oh 0 f f , I.. 349.
464
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 26
Nederlandsch Tydschrift von Geneeskunde.
4. Februar 1922, 1, Nr. 5.
â Milzechinukokkus. L u b h a r s , H. A. uud N o e r d e n I) o s . W. 460.
âąSchutzmittel vor den Gefahren der Röntgenstrahlen. S t e n h u i s , J. 472.
Milzechinokokkus. Der 26jÀhrige Patient halte seit einigen
Monaten, wenn er eine Stunde gelaufen war, ein GefĂŒhl von
Druck und Spannung in der linken Seite, sonst fĂŒhlte er sich ganz
gesund. Man sah eine V er Wölbung des linken Rippenbogens. Das
Diaphragma stand links um einige Finger höher wie rechts und
die Milz war stark vergröĂert. Es war keine Eosinophilie und
keine Komplementablenkung. Doch wurde die Diagnose âMilz-
echinokokkus"' durch die Operation bestĂ€tigt. Der sehr groĂe
Tumor (Gewicht 3 kg) wurde mit MĂŒhe, denn es waren ausge-
dehnte Verwachsungen, extirpierl und war noch ungeöffnet. Der
Patient ĂŒberlebte den Eingriff um 24 Stunden, nach der Sektion
war eine Myodegeneratio cordis als die Causa mortis anzusehen.
11. Februar 1922, 1, Nr. 5.
Einige Beobachtungen ĂŒber SohuĂverletzungen. 11 u Ist, J. P. L. 560.
âOkzipitalneuralgie. M u s h e n s , L. J. J, 566.
Die PeriodizitÀt der Fermentsekretion: Der Magensaft: Die Lipase.
Sluiter, E. 572.
Okzipitalneuralgie. Die Diagnose dieser Krankheit kann sehr
schwierig sein, da es hier nicht wie bei der Trigevninusneuralgie
einen genau umschriebenen Bezirk betrifft, sondern der Schmerz
kann auf 'viele benachbarten Nervengebiete ĂŒbergreifen (Arm,
Hand). Die Schmerzen sind kontinuierlich. Das Leiden ist
seilen und kommt meist vor als Nachkrankheil der Grippe und
der lethargischen Enzephalitis. Die beste Behandlungsweise ist
die chirurgische Durchtrennung der Nerven am Ă€uĂeren Rand
des M. Sternokleidomasloidens nach Krause. Mitteilung der
Krankengeschichten zweier Patienten, die nach dieser Weise mit
gutem Erfolg operiert sind.
18. Februar 1922, 1, Nr. 7.
»H'eber die Wirkung d s Chinin.» he;*i VijrhofJ nihtein. Roer, S. de. 642.
âskapula skaphoidea. Eeys, J. 652.
Beitrag- zur AusfĂŒhrung des IlH.pfge«etzes. 11 a in Ii u r g e r . E. J. 656.
lieber die Wirkung des Chinin beim Vorhof-Flinwnern. Das
Yorhof-Flimmern kommt ĂŒberwiegend vor im Endstadium der
Mitralstenose und Ă€uĂert sich dann durch den Pulsus irregularis
perpeluus. Seine Ursache ist der schlechte metabolische Zu-
stand des Vorhofs. Die normale Reizbildung im Vorhof und da-
durch die koordinierte Kontraktion des Vorhofs ist verloren ge-
gangen und an ihre Stelle ist eine Reizungswelle getreten, die
mit unregelmĂ€Ăigen suchenden Bewegungen immer im Vorhofe
umhergeht. Das neue Heilmittel Chinidin verlÀngert das Re-
fraklÀrstadium, aber es verschlechtert den metabolischen Zu-
stand, es ist also ein âtherapeutisches Paradoxon". Der Rund-
gang des Reizes wird unterbrochen und dadurch hört das
Flimmern auf. Bisweilen entsteht es wieder, wenn der Patient
kein Chinidin mehr zu sich nimmt. Ist der metabolische Zustand
sehr schlecht geworden, so ist die Darreichung erfolglos.
Skapula skaphoidea. Bei diesem Schulterblalte verlÀuft die
Margo vertebraiis konkav. Es gibt auch viele Uebergangsformen.
Die Ursache ist hier nicht eine erbliche Anlage und sie ist auch
nicht zu suchen in einer geringen Entwicklung des M. Senatus
ant. und des M. Rhomboidens, deren Folge die Skapulae alatere
sind. Bei diesen sieht man nicht ein Zusammentreffen mit
Skapula skaphoidea.
Die Abweichung ist eine Degeneration, sie ist ein RĂŒck-
schritt in der Entwicklung des Menschen.
25. Februar 1922, 1, Nr. 8.
Beitrag zur Kenntnis der Störungen der inneren Sekretion. Löhs te in,
J. 738.
âPylc-thrombosis mit Polyeythaeime. H aide rts m s. .T. J. 751.
Die Grippe. Mole m a . H. A. 760.
Pyle-thrombosis mit Polycythaemie. Eine junge Frau leidet
seit 3 WTochen an DruckgefĂŒhl und Schmerzen in der linken Len-
dengegend. Sie sieht gut aus, fĂŒhlt sich gar nicht krank, hat aber
in der letzten Woche sehr heftige Schmerzen gehabt. Die Milz
ist stark geschwollen, der Harn enthÀlt reichlich Urobilin und das
Blut zeigt bei einem HĂ€moglobin-Gehalt von 100 (nach Sahli) eine
bedeutende Vermehrung der roten und weiĂen Blutzellen. Am
folgenden Tage haben die Schmerzen an Heftigkeit zugenommen,
der Bauch ist aufgetrieben und unter dem Bilde einer Bauchfell-
entzĂŒndung stirbt die Patientin nach zwei Tagen. Die Sektion er-
gab eine Thrombosierung der V. Portae, der V. Lienalis und
der V. Mesenterica superior ohne bekannte Ursache.
Die Hypoglobulie (8 000 000^ war in diesem Falle eine Folge
der Milzaderthrombose. E n n e k i n g (Amsterdam).
Acta Medica Scandinavica, Stockholm.
16. Februar 1922, 56, Nr. 1.
âUng:ewöhnLicher Fall von chronischer Gicht. â Röntgendiagnose der Gicht.
Jansen, H. l.
âFunktion des Latissimus dorsi und ein Zeichen funktioneller Dis»o»ation bei
simulierter und âfunktioneller" Paralyse des Arms. Monrad-Krohn,
C. H. 9.
âPathogenese des Vorhofflimmerns. F 1 o y s t r u p , G. 12.
âinterne Sekretion zwischen Mutter und Fötus. T a n b e r g , A. 33.
Die allmĂ€hliche Nachdunkelung saurer HĂ€matinlĂŒsungen durch die Me-
thode von Autenrietn. Gram, H. C. 52.
âDie Mechanik der Respirationsbewegungen. G e r t z , H. 71.
Ein auĂergewöhnlicher Fall chronischer Gicht. Röntgendiag-
nose der Gicht. Fall von chronischer Gicht mit vorwiegendem
Sitz an der Hand. Der Anfang war nicht plötzlich, auch fand sich
keine Affektion der Zehen, keine tophi.. Auch der Beginn des
Leidens im 19. Lebensjahr sprach nicht fĂŒr Gicht.
Ein Vergleich mit Bildern in Spezialwerken sichert meist doch
die Diagnose âGicht", nur handelte es sich um eine selten vor-
kommende Form.
HauptsĂ€chlich war das Röntgenbild entscheidend fĂŒr die Diag-
nose und Verfasser gibt in seiner Arbeit eine Abbildung der linken
Hand. â
Die Röntgendiagnostischen Merkmale beschreibt Verfasser als
mehr oder minder helle Stellen von dunklem Rand umgeben im
Radius und in der Ulna sowie an den distalen und prominalen
Enden der Phalangen der metatarsalen und metakarpalen
Knochen.
Uebcr die Funktion des latissiums dorsi und ein Symptom
funktic neller Unterschiede bei simulierter und âfunktioneller"
ArmlĂ€hmung. Bei der PrĂŒfung der latissiums dorsi-Funktionen
ergibt sich nur bei funktionellen und simulierten LĂ€hmungen eiĂ
Unterschied zwischen den 2 Funktionen des Muskels, nÀmlich
seine Funktion als depressor und adduetor des Arms und der als
unterstĂŒtzende Almungsmuskel. Verf. sieht deshalb in dem ge-
fundenen Unterschied zwischen diesen beiden Muskelwirkungen
ein Erkennungszeichen gegen andere Erkrankungen (Verletzung
eines Ganglions, periphere LĂ€sionen usw.), bei denen entweder
beide Funktionen gleich oder garnicht geschÀdigt sind.
Studien ĂŒber die Pathogenese der Auricularfibrillation. Studien
an der Mukulatur der Auricularregion bei Personen, die an AurH
cularfibrillation starben.
Die Studien erstreckten sich auf 15 FĂ€lle, von denen 9 Auricu-
larfibrillation gezeigt hatten und 6 KontrollfÀlle waren. Diese
FÀlle wurden ergÀnzt durch andere aus der Literatur.
Eine anatomisch-hislologische Untersuchung der Herzohren
und der diesbezĂŒglichen Teile ergab keine Anhaltspunkte fĂŒr das
Entstehen der Erkrankung, da sich die VerÀnderungen auch an
Herzen fanden, die kein Herzflimmern gezeigt hatten. Verfasser
glaubt als Resultat seiner Untersuchung eine absolut oder
relativ vermehrte Resistenz, die eine zu heftige Erregung der Herz-
ohren zeitigte, in Anspruch nehmen zu mĂŒssen, wodurch zu
hÀufige, also unvollstÀndige Kontraktionen entstanden.
Innere Sekretion zwischen Mutter und Fötus. Ueber die innere
Sekretion zwischen Mutter und Kind gibt es nur' vereinzelte und
spÀrliche Erfahrungen. Verfasser sammelt diese und versucht
daraus SchluĂfolgerungen zu ziehen. Interessant ist ein Versuch
an 2 trÀchtigen Ziegen. Einer dieser wurde die Thyreoidea ent-
lernt, der anderen nicht. Die Untersuchung an den jungen Ziegen
ergab bei dem Jungen der Ziege ohne Thyreoidea eine vollent-
wickelte Thyreoidea, bei der anderen nicht. Verfasser schlieĂt
daraus, daĂ die Thyreoidea der jungen Ziege sich eher entwickelt,
wenn das Muttertier deren Funktion nicht .ĂŒbernimmt,
andererseits, daà die Thyreoidea des Fötus die Funktionen bei der
Mutter nicht ĂŒbernehmen kann.
Zum Vergleich zieht Verfasser das Myxoedem heran, wo die
Krankheitserscheinungen der Mutter unter der Schwangerschaft
zunehmen. Auf Grund des oben erwÀhnten Tierversuchs glaubt
Verfasser, daà die Wirksamkeit der fötalen Thyreoidea nur be-
grenzt oder garnicht in Frage kommt, erst spÀter in Erscheinung;
tritt. EndgĂŒltige Entscheidungen will er aber weiteren Versuchen
aufbewahrt wissen.
Einige Bemerkungen zur Allgemeinmechanik der Atembe-
wegung. Nach zahlreichen Berechnungen gibt Verfasser seine
Ansichten ĂŒber die Atembewegung in Form eines mechanischen
Beispiels, dem Spielen eines Pistons. Beim Spiel wird der Ell-
bogen durch die mm. Flexores gebogen, diese Muskeln und die
«
40. Jahrg. â Nr. 2(i Aus den neuesten Zeitschriften 466
fcxtensoren entsprechen nach dem Beispiel des Verfassers den Ein
und Ausatmungsmuskeln. Keim Zuvielspielen des Pistons er
schlaffen die Flexoren und die Extensoren treten ein, erstere
bleiben aber ĂŒberwiegend
Die antagonistische Innervation LĂ€Ăt glauben, daĂ die Exten
sorenwirkung sich vergröĂert. Ebenso macht diese bei den A.tem-
muskeln die Zusammenziehung der expiratorischen Muskeln, die
beobachtet wurde, verstÀndlich. Bei der Aufeinanderfolge beider
Bewegungen mĂŒssen diese durch ein Maximum der Spannung
Aus diesen beiden KrÀften ergibt sich eine Resultante, die zwischen
dem Moment vor dem Maximum und diesem selbst liegt. Ebenso
ei reicht auch die Bewegung des Atemapparates ihre gröĂte Inten-
sitÀt zwischen dem Maximum des Einatmungsvolumens und dem
der Schnelligkeit des Luftzugs Cordes (Berlin).
Archivos Espanoles de Pediatria, Madrid.
Februar 1922, 6, Nr. 2.
âąJ»Hy(latideiizysten des Gehirns. i\l q r q u i o , L. 65.
Technik des hypogastrischen Schnittes zur Entfernung der Blas»mt«in« l)«im
Kinde. C o v i s a , I. S. 104.
Ueber Zystein des Gehirns. M o r q u i o , L. 65. »
Technik des hypogastrischen Schnittes hei BlaseugeschwĂŒlsten der Kinder.
C o v i s a . 1. S. 104.
Leber Zysten des Gehirns. Verfasser berichtet ĂŒber vier
FĂ€lle von Zysten im Gehirn, alle betreffen Kinder im Aller von
10 â 13 Jahren. Fall I: Kind von 12 Jahren; Symptome: LĂ€hmung
des Facialis, des Muscl. rectus externus oculi, des Glossopharyn-
gaeus, des Hypoglossus, des Akzessorius und des Vagus (rechts).
Störungen beim Laufen in Form von Schwanken und Ihkoordi-
nation, ohne LĂ€hmungen und ohne Steigerung der Reflexe. Keine
Sehmerzen, kein Erbrechen und keine Störungen des Sehens.
Kein Fieber, Tod unter bulbÀren Erscheinungen. Autopsie ergab:
Zyste im KleinhirnbrĂŒckenwinkel rechts. Fall II: Kind von
11 Jahren; Symptome: SchmerzanfÀlle der rechten GesichtshÀlfte
und Zuckungen der linken Hand und des linken Armes. Autopsie:
Zyste im rechten GroĂhirn, die den ganzen Parietal- und Occi-
pitallappen einnahm. Fall III: Kind von 13 Jahren; Symptome:
Vollkommene Starre des ganzen Körpers, FĂŒĂe in Flexion, Ge-
sicht unbeweglich mit dem Ausdruck des Leidens, Vermeidung
jeglicher Bewegung, HÀnde gut beweglich, SensibilitÀt normal.
Es wurde eine Erkrankung der WirbelsÀule angenommen; die
Autopsie ergab jedoch eine Zyste im rechten GroĂhirn im Gyrus
frontalis superior und dem Lobulus paracentralis; in der Leber
findet sich eine ApfelsinengroĂe, gelappte Zyste. Fall IV: Kind
von 10 Jahren; Symptome: AnfÀlle von Erbrechen, Zucken im
Gesicht, Kopfschmerzen, darauf SchwÀche in der linken Hand,
spÀter auch im linken Arm, Inkontinenz von FÀces und Urin,
spÀter Hemiplegie mit Kontraktur der linken ExtremitÀten, Ba-
binski beiderseits positiv; Autopsie ergab: Zyste im mittleren
Teil. des rechten Temporal- und Parietallappens, im Innern der
Zyste zwei Tochterblasen.
Verfasser macht darauf aufmerksam, daĂ bei Hirntumoren
bei Kindern der dortigen Gegend (Montevideo) immer an Echino-
kokkusblasen zu denken sei; differentialdiagnostisch sei wichtig,
daĂ im Gegensatz zu Hirntumoren nur selten Augenhintergrund-
symptome auftreten; im Gegensalz zur Echinokukkusblase der
Leber findet sich niemals Eosinophilie, ebenso ist die Reaktion
von Weinberg im Blut und in der LumbaiflĂŒssigkeit negativ.
L u r j e.
11 Policlinico, Rom, Sezione Medica.
2. MĂ€rz 1922, 56, Nr. 2.
i
u r Diagnostik <ior Aneurysmen der Arteria baeilaris de« Gehirns. K r a i> i> e,
K. H. und Backer, K. H. 95.
Methode zur Bestimmung des Fibringehalta in Blut und Plasma. G r a ra .
H. C. 107.
«HJeber AnÀmie nach Influenza nebst Bemerkungen zur Eisentherapie der
AnÀmien. Lindberg. G. 162.
Ucitrag zur Kenntnis der Störungen der Hypophysenfunktion nach Àe-r epi
demtschen Enzephalitis. Barkmann, A. 188.
Beitrag zur Diagnose der Aneurysmen der Basilararterie.
Charakteristisch fĂŒr die Erkrankung sind neben der anamnestisch
festgestellten Syphilis hÀufige Aenderungen im Zustandsbild.
Neben apoplektifermen AnfÀllen, teilweise Heilungen der LÀhmun-
gen und Ataxie, abwechselnd mit stationÀren und langsam fort-
schreitenden Befunden. Neben diesen Symptomen dann die dem
Befunde eigenen, subjektives PulsationsgefĂŒhl im Kopf, objektive
PulaationsgerÀusche bei der Auskultation des SchÀdels. Diese
Symptome fehlen meist bei Coagulation innerhalb des Aneu-
rysmas.
[Jeber AnÀmie nach Influenza nebst einigen Bemerkungen zur
Eisentherapie der AnÀmien. Verfasse] stelll auJ Grund seinei
Beobachtungen lest, daà nicht selten schwere AnÀmien eine Folge
erischeinung der Influenza sind. Er fĂŒhrt diese auf die Erschöpfung
der KnochcninarkslĂ€ligkcil durch die Infektion zurĂŒck. DK-
AnÀmien dieser Arl haben vor allem einen ausgesprochenen
chloi'otischen Typus, auch die Brythrocytenzahl ist vermindert
Die Erfahrungen des Verfassers beziehen sich auf I!) Falle, ĂŒbei
die er eingehend berichtet. Die I lÀ moglobinwcrte waren meist
weniger als 30%, die Erylhrocyten/.ahl um ."><)% herabgesetzt. Es
handelte sich hauptsĂ€chlich um AnĂ€mie. Als besonders gĂŒnstig
erwies sich bei der Behandlung das anorganische Eisen, so ferruro
reduclum in groĂen Dosen bis zu 2 g. Verfasser empfiehlt diese«
billige Mittel auch zur Anwendung in leichten FĂ€llen.
1. MĂ€rz 1922, 29, Nr. 3,
â Syphilis der Milz. F u r n o , A. 123.
HereditÀre Syphilis mit Knorpel Verkalkung und Epiphysenablösung. Di-
vella. M. 143.
ICxperimntelle Untersuchungen ĂŒber die Sachs-Georgi- und Mciniekc-Ke-
aktion. P h i 1 i p p s 0 n . L. 155.
lieber Milzsyphilis. Die Milzsyphilis ist nicht sehr selten.
Sie findet sich hauptsÀchlich bei Frauen und ist in allen drei
Syphilisskidien zu finden. Im SekundÀrstadium manifestiert sie
sich als mehr oder minder groĂer Tumor mit hĂ€molytischem
Icterus, mehr oder minder gutartig. Im dritten Stadium fĂŒgt sie
sich in die bekannten Bilder der Milzkrankheiten ein, Milztumor
mit AnÀmie, Bantische Krankheit, hÀmolytische Splenomegalie
usw. Auch die Erbsyphilis zeigt hÀufig kongenitale und spÀte
Milzer scheinungen. Die spezifische Kur bringt Heilung in allen
drei Stadien.
Wenn diese negativ ist, bedarf es manchmal chirurgischer
MaĂnahmen, die gĂŒnstige Erfolge zeitigten.
1. April 1922, 29, Nr. 4.
âBronchiales und anaphylaktisches Asthma. F t u j o n i . O. 179.
âHyperindicanĂ€mie und Xier&ninsuffizienz. Marin. P. 222.
Ueber Bronchialasthma unter besonderer BerĂŒcksichtigung
des anaphylaktischen Asthmas. Die Untersuchung ergibt bei 33
Asthmatikern 12 FÀlle, bei denen die typischen AsthmaanfÀlle
ausgelöst wurden durch animalische und vegetabilische Stoffe.
Bei diesen Asthmatikern bestand im Gegensatz zu den Kontroll-
personen eine typische Hautreaktion bei Injektion der Asthma
erregenden Stoffe, auch zeigte das Blutbild VerÀnderungen.
Nach der Tierpassage war das Serum des betreffenden Asthma-
tikers nicht mehr Anfall auslösend, wohl aber bei direkter
Ueber tragung.
Es handelt sich um FĂ€lle von anaphylaktischem und das ein-
gehende Studium der Arbeit, von der hier nur das kurz zu-
sammenfassende Wesentliche gegeben werden kann, dĂŒrfte reiche
Anregung und auch praktische Resultate fĂŒr das Studium der
Anaphylaxie ergeben.
HyperindicanÀmie und Niereninsuffizienz. Die IndicanÀmie
ist bei Kranken mit gesunder Niere unabhÀngig von der Menge
der produzierten Indioane.
Eine HyperindicanÀmie auch bei Vorhandensein einer inten-
siven Indicanurie, dargestellt nach J olles, dĂŒrfte selbst beim
hehlen von Nierenerscheinungen zum mindesten auf eine Herab-
setzung der Niercnfunktion deuten.
Die Jolles-Reaktion ist ein hÀufiger Befund bei Nierenleiden-
den, besonders bei vorhandener Stickstoffreststeigerung im Blute.
Indes ist sie wechselnd und nicht konstant. Zum Teil scheint
ihr Resultat abhÀngig von der Niere selbst, zum Teil von anderen
EinflĂŒssen. So ist sie hinsichtlich der feinen funktionellen Nieren-
Ă€nderungen trĂŒgerisch und hat keinen groĂen Wert als Nieren-
diagnoslikum. Cordes (Berlin).
II Policlinico. Rom, Sezione Pratica.
6. MĂ€rz 1922, 29, Nr. 10.
â Wismuthkur hei Syphilis. Ducrey. C, S13.
Umfangreiche Cruralhernie als Ursache von Varizen der Safeua magna.
B i I e , S. 216.
Die Behandlung der Syphilis mit Wismuth. Nach Versuchen
bei anderen Tripanosomatosen verwandte man der hohen Giftig-
keit wegen ölige Lösungen von Bismutum tartratum zu intra-
muskulÀren Injektionen in 10 % Lösungen von 0,1 g per kg.
Verfasser betont auf Grund dieser, wie er sagt, freilich in den
AnfĂ€ngen stehenden Versuche, daĂ er das Wismuth fĂŒr ein
460
Aus den neuesten Zeitschriften
besser und grĂŒndlicher wirkendes Heilmittel hĂ€lt als das Queck-
silber und empfiehlt weitere Versuche zu machen.
'20. Marz 1922. 29. Nr. 12.
Riickfaimeher. Scelba, M. 37».
âąl'AssimilĂ€tionBwei't dar Diahetiker-DĂŒlt. A i e 1 1 o . (;. 881.
Lieber den Kampf gegen die Miliaria. SclilulJ. Kella. M.
Ueber den âAssimilationswert" bei der DiabetikerdiĂ€t. Aul
Grund eingehender Untersuchung an mehreren FĂ€llen, deren
W erte an X und Kohlehydraten \ erfasser aufzeichnet, schlieĂt er,
dal) es wichtig ist, bei mittleren und schweren DiabetikerfÀllen
die verschiedenen Typen der EiweiiĂdiĂ€t mit den Kohlehydraten
wechseln zu lassen.
Die Feststellung der Assimilalionswerle nach jeder diÀteti-
schen Behandlung ist ein guter Fingerzeig fĂŒr die Ausnutzung der
Nahrungsmittel im Diabetikerhaushalt.
FĂŒr Italiener empfiehlt Verfasser dann die an HĂŒlsenfrĂŒchten
reiche Kur nach F a I l a, dfie sich der Lebensweise dieser am
meisten anpaĂt.
27. .MĂ€rz 1922, 29, Nr. Iii.
*J*l'riiu.:ircr kalter ZĂŒngen&bszess. T a U d e i . D. 40M.
â F.influU der Schwangerschaft auf die Ovarialzystrn. (' » Uta) a Iii ein-
Garbo n i , L. 412.
Wirkung des Cantharidins (und der blasenziehenden Mittel) auf die Lungen-
zirkulatiou. F a r in a e h i d i s . C. und (i r o SS i . 1.. 416.
Kin kalter von der Zunge ausgehender Abszell. Bei einer
52jĂ€hrigen Patientin bildete sich auf der Zunge ein AbszeĂ, der
bei der Operation sich durch die histologische und bakterio-
logische (Tierversuch) Untersuchung als tuberkulös eiwies.
Beitrag zum Studium des Einflusses der Schwangerschaft auf
ĂŒvarialzystcn. Berichtet ĂŒber einen Fall, bei dem in der Schwan-
gerschaft die vorhandenen Ovaria Izyslen zu einer solchen GröĂe
anwuchsen, daĂ sie zur Fehldiagnose des Hydrammon fĂŒhrten,
da sie mit dem schwangeren Uterus eine Masse bildeten
Ii. April 1922, 29, Nr. 11.
â Xitritoide Krisen durch Kehler bei der Herstellung um Arsenohcnzol. S ta-
pp Ii , Fi i>e. 441.
*$»Kpideinisehc AnfÀlle von Singultus. 1. i B a B 9 i . A. 4À0.
"^Epidemische afebrile Cöiic (Saturnismus). Alf litt 6. R. 4.">;i.
Neuer Apparat zur llarnstoffhostiminung im Blut. (' o n d o r e 11>, L. 4 .1 4 .
ZwischenfÀlle bei der Salvarsanbehandlung auf Grund fehler-
hafter Herstellung der Arsenobenzole. Verfasser widmet seine
Studie den AnfÀllen von Schwindel, Uebelbefinden, Erbrechen etc.
im sofortigen AnschluĂ an Salvarsangaben, die manchmal zu so-
fortigem Tode fĂŒhren. Er kommt auf Grund seiner Erfahrungen
dazu, daĂ es auf keinen Fall eine Folge des Mittels (Ehrlich-Hata
606, Salvarsan, Neosalvarsan etc.; sei, sondern nur ein Fehler in
der Herstellung und fordert strenge Aufsicht der Behörden und
sofortige Anzeige durch den Arzt, damit die Serien des Heilmittels
gesperrt werden, die die ZwischenfĂ€lle veranlaĂlen.
Bericht ĂŒber das epidemische Schlucken. Im Laufe einer ln-
ĂŒuenzaepidemie konnte Verfasser eine Anzahl KrankheitsfĂ€lle be-
obachten, die den Anschein hatten, ansteckend zu sein und auĂer
anhallendem Schlucken keine symptomatischen Zeichen aufwiesen
Auch derartige FĂ€lle, nur begleitet von Vomitus wurden be-
obachtet. Verfasser glaubt sie den nervösen Erscheinungen zu-
rechnen zu sollen. Die Krankheit verschwand nach kĂŒrzerer oder
lÀngerer Dauer, machte keinerlei schlimmere Folgen.
Epidemische fieberlose Kolik. Bleikolik. Verfasser beob
achtete eine epidemisch auftretende Krankheit, die sich durch
starke Leibschmerzen, PseudodarmverschluĂ auszeichnete und
immer fieberlos verlief. HauptsÀchlich trat sie im Rahmen dei
Familien auf, von denen eines befallen war.
An die Beobachtungen des Verfassers, die zunÀchst weder
Diagnose noch Aetiologie der zahlreichen FĂ€lle sichern konnten,
schlieĂt sich eine Nachschrift, die die Erkrankung auf in den
MehlsĂ€cken vom VerschluĂ gefundene Bleiplomben zurĂŒckfĂŒhrt,
so daĂ es sich also um Bleikolik handelte. Ich selbst erinnere
mich aus meiner Studienzeit eines von Fried- von M ĂŒ 1 1 e r, MĂŒn-
chen, festgestellten Falles von Bleikolik, in dem nach langem
Suchen als Aetiologie eben solcher SackverschluĂ gefunden wurde.
Der Patient, Kaufmann von Beruf, halte die Plomben der Sacke
in seiner Westentasche aufbewahrt, manchmal damit gespielt und
nun plötzlich heftige Symptome in obigem Sinn gezeigt, die Fried,
v o n M ĂŒ Her als Bleikolik diagnostizierte. G o r d e s (Berlin >.
10. April 1922, 29, Nr. 1.").
âąS»W'i*muthhehnndlung- der Syphilis. 1) u e r e y . C. 478.
â Multiple Stenose der Urethra, veraltete, verzweigte Fistel und VerhĂ€rtung des
Perineums. Resektion und Naht der Urethra. Heilung. II u s > a - I. a y.
F.. 481.
10. Jahrg. â Nr. 2(5
«S*N ierenseine nach Nephrektomie hei Tuberkulose. F a v e n t o . P. de. 484.
Typhusvakzination und endemischer Typhus. G i o 8 e f t i , M. 486.
V» ismuthkuren bei Syphilis. Verfasser machte seine Versuche
mit bismulum larlralus in Verbindung mit Bubiumcarbonat oder
.Natriumcarbonal in Ol bis 10%.
besonders bemerkenswert waren die Erfolge bei Erschei-
nungen des TertiÀrstadiums in einzelnen FÀllen, weniger im 1. und
II. Stadium, doch immer bemerkenswert. Die Dosen betrugen
0,3 g in !> â 1 Tagen hinabgehend auf 0,2 oder 0,1 g bei alten und
schwachen Leuten.
wesentliche N ebener scheinungen mit Ausnahme bei einer
Schwangeren (Stomatitis!; traten nicht auf.
Verfasser ist jedoch der Ansicht, daĂ von einer Benutzung des
Heilmittels in der Praxi« unbedingt noch Abstand genommen wer-
den mĂŒsse. Die toxische Dosis und die Heildosis liegen zu nahe
beieinander und die öligen Suspensionen sind sehr schmerzhaft
am Ort der Injektionen, die wasserigen Losungen aber zu giftig.
âą*
Multiple Urethralstenosen, VerhÀrtung und verzweigte ver-
altete Fistel des Perineums. Nach Beobachtung des Verfassers
knmnien in den chirurgischen Kliniken hÀufig Patienten mit
völlig verÀnderter Harnröhre zur Beobachtung, die hÀufig durch
einen Fislelgang urinieren.
Bei dem vom Verfasser gegebenen Fall schloĂ sich obiger
Befund an eine Pernicaiphlegmonc an und bestand seit X Jahren
Es handelte sich darum, die Harnröhre wieder durchgÀngig zu
machen und die Fistelwege und entzĂŒndlichen Herde endgĂŒltig zu
beseitigen. Mittelst Querschnitt ĂŒber das Perineum wurde eine
Sonde fĂŒr 5 â 6 Tage in den der Blase anschlieĂenden Teil bis zu
deren Höhe gelegt, alsdann nach der von Gujon-Pasleau-Iselin
gegebenen Methode vorgegangen.
Unter partieller Urethrotomie wurden die sklerosierten Teile
icseziert und unter Zuhilfenahme der umliegenden weichen Teile
die Harnröhre ausgebessert. Am Ii. Tage wurde eine neue sterile
Sonde eingefĂŒhrt, die bis zum 10. 'Tage liegen blieb.
Das Resultat der Heilung war ein gutes.
Nierensteine nach Nephrektomie wegen Tuberkulose. Bei
einer Patientin, die nie Nierensteine gehabt hatte, traten im An-
schluĂ an eine wegen Tuberkulose vorgenommene Nephrektomie
Nierensteine auf. Es wurden in kurzer Folge 10 solche ausge-
schieden, dann besserte sich der Zustand der Patientin wieder.
Verfasser glaubt die Bildung der Steine auf die Mehrarbeit der
zurĂŒckbleibenden einen Niere beziehen zu sollen.
Gordes Berlin
Rivista Ospedaliera, Rom.
Urobilinbestimmung. C i t » H e r i .1. l.
^»Epitheliale Neubildung der Lunge. Uanini ,-L. 7.
Epitheliale Neubildung der Lunge mit auffallender extrathora-
Laler Reproduktion. Unter heftigen Schmerzen und Temperatur-
anstiegen entwickelte sich bei einer 7()jÀhrigen Frau im Verlaule
weniger Monate eine Anschwellung von der GröĂe eines Apfels an
der linken Brustseite, zwischen vorderer und hinterer Achsellinie:
nach oben bis zur Höhe der Brustwarze, nach unten bis zur achten
Pvippe reichend. Die Patientin starb einen Monat nach der Ein-
lieferung. Es handelte sich um den seltenen Fall eines Lungen
karzinoms, welches ohne Metastasen zu machen, zu einer extra
thorakalen Ausdehnung Veranlassung gab. L. Kaan er.
La Clinica Pediatrica, Modena.
4, Nr. 2.
Statistisches Uber Poliomyelitis anterior acuta in Italien. S i m u n i n i. R. 4i.
âSpondylitis des Zervikaltraktes. Z i b o r d i , F. :>3.
Seltenes Syndrom hei hÀmorrhagischer Diathese. SalTetti, U. 6".
Die Schulkolonie ..Antonio Mario hei Reggio F.milia. Berg am i n i , X. SO
Ueber eine besondere Spondylitis des Tractus cerviealis. Der
mitgeteilte Fall betrifft ein 13 jÀhriges MÀdchen, das mit der Dia-
gnose âPottsches Lehel" der Klinik ĂŒberwiesen wurde. Sub-
jektiv bestanden Klagen ĂŒber Schmerzen, die von den Schultern
bis zu den Ellenbogen ausstrahlten, anfangs nÀchtlich, dann aber
auch am Tage auftraten und eine Kraftlosigkeit der betroffenen
ExtremitÀten bewirkten. Die warme Jahreszeit schaffte der Pat.
Erleichterung sowohl in bezug auf die HÀufigkeil wie IntensitÀt
des Schmerzes. Obwohl eine besondere Schmerzhaftigkeit am
Halse fehlte, wurde der Kopf vornĂŒbergebeugt gehalten; die Ex-
kursionsbewegungen der HalswirbelsÀule waren unbehindert.
Ein Trauma lieĂ sich nicht nachweisen. Das Radiogramm zeigt
einen etwas aplastischen dritten Wirbel, wogegen die ĂŒbrigen
40. Jahrg. â Nr. 20
Aus den neuesten Zeitschriften
i<;;
Wirbel normal sind. Nach Anlegung eines Gipsverbandes lassei'
die Schmerzen nach; bei Abnahme desselben LĂ€Ăt sieh radio-
Logisch eine offensichtliche Besserung des III. Halswirbels nach
weisen. Der 2. Gipsverband, der in maximaler Extension der
HalswirbelsÀule angelegl wird, bewirkt Aufrichtung des vom
Àbergebeugten Kopfes, völlige Befreiung von allen Beschwerden
und, was den Wirbel anbetrifft, restitutio ad integrum.
Verfasser Km"-' den Fall differentialdiagnostisch gegen alle
möglichen Affektionen der WirbelsĂ€ule ab. FĂŒr Kues und Tuber
kulose fehlten alle Anhaltspunkte. Dagegen glaubt er nach dem
anatomischen Befunde die Krankheitssymptome durch eine par-
tielle Kompression des III. und IV. Cervicalververi erklÀren zu
können. II e 1 d (Berlin).
La Pediatria, Neapel.
15, MĂ€rz 1922, 30, Nr. 6.
Neoarsonobenzoltherapie hei l'laut-A'iucentsch'»!r Stomatitis, S p a n o , R. 211.
âŠPlötelicjbr Tod bei zwei Kindern derselben Familie. Tliymustod hei SyphUis
lieriMlitaria. B a 1 1 i n o . (i. 248.
"^Triptophaitgehalt der Fraueuutilcli mnl T-ierinilch mit besonderer Beriick-
sichtigung dr.s Alters der Milch. H o e C a d o r o . ''. 275.
Plötzlicher Tod zweier Kinder in derselben Familie. Der
Thymustod hei Heretloluetikern. Pas etwas pastöse 6 jÀhrige Kind
starb nach Einnahme einer reichlichen Mahlzeit plötzlich ohne
KrÀmpfe oder Laryngospasmus: ein 1 jÀhriger Bruder war auf
gleiche Weise zugrunde, gegangen; bei der Sektion fand sich
Hypertrophie des lymphat. Apparates, hochgradige Thymus-
hypertrophie, Milztumor, starke HochdrÀngung des Zwerchfells.
Mikroskopische Untersuchung wurde nicht vorgenommen. Der
Wassermann beider Eltern ferst nachtrÀglich untersucht! war
positiv. Die Eltern waren blutsverwandt, der Vater und ein
Oheim Neuropathen. Alle diese UmstĂ€nde dĂŒrften fĂŒr das Zu-
standekommen der thymolymphat. Konstitution von Bedeutung
sein; jedenfalls sollen in jedem Fall von Thymus-Tod die Ange-
hörigen auf Kues untersucht werden; der Tod kommt vielleicht
zustande durch Reizung der sympath. Thy musfasern und Peber-
leitung des Reizes auf die Herznerven.
Untersuchung ĂŒber den Tryptophangehalt der Milch des Men-
sehen, sowie einiger Tiere mit besonderer BerĂŒcksichtigung des
Alters der Milch. Mit Zunahme der Stilldauer nimmt der Tryto-
phangehalt der Frauenmilch ab; er betrÀgt in den ersten 14 Tagen
10â11% (des gesamten EiweiĂes), im f>. Monat 6â7%; in der
Kuhmilch 11-12%. in der Ziegenmilch 8 â 9%, in der Stutenmilch
*9 â 10%; bei den Tiermilchen wurde auf das Aller der Milch
keine RĂŒcksicht genommen. Die Methode war die von FĂŒrth
mit einer geringen Modifikation. Te/ner 'Wien
1. April 1922, 30, Nr. 7.
Biologische mnl morphologische t'utersiichuncen ĂŒber den RrĂŒcesfthen Mi-
krojtokkus mnl iliier den Mikrokokkus naramilitens'«. e r-b a s i . K. 289.
Zwei FĂ€lle voii ?Kr uchluisteu he'in Neugeborenen. M i I i o . Ă. 237.
^Seltener, .'ins der Xasen»Rachcuhöh!c eines zweijÀhrigen Kindes eu-ticruter
Tumor, 'I' u n f tf r r i , '). 302.
^Asearid^asis yrtd Urticaria. P c n t a g n ii . 308.
l'eber einen wichtigen und seltenen Tumor, entfernt aus dem
Carum nasopharingeum eines 2 jÀhrigen Kindes. Das Kind litt
seil der Geburt an schweren Schling- und Atembeschwerden; mit
dem Finger lieĂ sich eine harte, glatte, gut abgrenzbare, am Keil"-
beinkörper haftende Masse von NuĂgröĂe palpieren, die das
Cavum ausfĂŒllte. Nach der vom Autor beschriebenen Methode
wurde der Tumor mit einer glĂŒhenden, mittels eines Katheters
durch die Nase eingefĂŒhrten Schlinge entfernt; es handelte sich
um ein Fibrom mit beginnender sarkomatöser Entartung.
Askaridiasis und Urticaria. Zwei Falle von Askaridiasis.
in denen die Urticaria der ersten Entleerung von WĂŒrmern vor
ausging; die Urticaria ist, Àhnlich wie bei Echinokokkus, als ana-
phylaktisches Symptom aufzufassen. 'Fezner (Wien
La Presse Medicale, Paris.
4. MĂ€rz 1922. Nr. 18.
â ^-Anaphylaxie Und Idiosynkrasie. W" i d p. 1 , I'.. \ Ii tu in i . P, und I. p r
in o y e z . .1. 189.
Der regulatorlflche Mripbn.n>mus des Blutdrucks. n sT-ot* , .1. 1' und
B i n e t . Ii. 184.
Anaphylaxie und Idiosynkrasie. Die Beobachtung einer
Kranken, die nach plötzlicher KÀlteeinwirkung, nach dem Geruch
oder subkutaner Aufnahme von Pollen und nach Aspirin und
Antipyrjn regelmĂ€Ăig HĂ€moklasie, Erythem. Heuschnupfen und
Asthma bekam, fĂŒhrt aufs neue den engen Zusammenhang zwi-
schen Anaphylaxie und Idiosynkrasie vor Augen. Ks besieht
eine InstabilitÀt des kolloidalen Gleichgewichts, gleichsam eine
kolloidoklaslische Dialhcse, bei der die banalsten Ursachen einen
Schock auszulosen vermögen. Die Bolle der Vasomotoren hei den
genannten Symptomen deutel auf eine anormale Vei lclzlichkeil
des Vago-sympathischen Systems. Haber.
8. "MĂ€rz 1922, Nr. 19.
Ti'openmedizin, Del n m a r e . <l. 201.
^*Path0genie der diphtherischem Paralysen des Gaumensegel». de L a
v eigne. V. 202.
Die Pathogenie der diphtherischen GtaumcnsegellÀhmungen.
Die sehr interessante Arbeit fĂŒhr! zu dem Ergebnis, daĂ die
GaumensegellÀhmung auf diphtherischer Basis neurogener Natur
ist, die das Zentrum ergreift, also als eine I'olio-Mesoenzephalilis
aufzufassen isl. DafĂŒr spricht erstens die hĂ€ufige Begleiterschei-
nung der Akommodalionsparese, die sich aus der nahen Nach
barschaft der Kerne des Okulomolorius, des Vagus und Trige-
minus erklĂ€ren laĂt; zweitens das lange Intervall zwischen der
diphtherischen Angina und der Gaumensegelparese, das bedingt ist
durch die Zeit, in der die Emdotoxine den Weg bis in die Kern-
region zurĂŒcklegen; drittens die VerĂ€nderung des Liquor cere-
brospinalis im Sinne einer albumino-cylhologischen Dissoziation
mit Hyperglycorachie. Ferner fanden Barbier und Richar-
diere in mehreren tödlich verlaufenen Fallen den Köfflerschen
Bazillus im Niveau des Bulbus und der Protuberantia. Thera-
peutisch kommt nur möglichst frĂŒhzeitige Serumtherapie in
groĂen Dosen in Frage. IT a b e r.
Lyon Medicale, Lyon.
10. MĂ€rz 1922, 131, Nr. 5.
âąJ*Radiologischc Oesophagusunfersuehuiig. Barjop, ist.
Radiologisehe Untersuchung des Oesophagus. Die Radio-
logie und die Ăsophagoskopie sind 2 Untersuchungsmethoden,
die sich gegenseitig ergÀnzen und beide unentbehrlich sind. Die
Radioskopie sollte jedoch immer der Ăsophagoskopie voran-
gehen, weil sie in gewissen FĂ€llen allein ausreichen kann. Ge-
nĂŒgt sie nicht, so erleichtert sie doch die Anwendung der ande-
ren, indem sie auf die Gefahren aufmerksam macht, die eine
direkte Untersuchung anrichten könnte. Als Kontraslmahlzeit
hat man die Wahl zwischen Bismuthcarbonat und Baryumsulfat.
Beide sind gleich handlich und frei von ToxizitÀt. Bei der Oeso-
phagusdurchleuchtung handelt es sich gewöhnlich darum, eine
Deviation, eine Kompression, das Vorhandensein eines Fremd-
körpers, einer Stenose oder eines Divertikels nachzuweisen oder
auch das Bestehen eines Spasmus oder einer Atonie, die den
Schluckakl beeintrÀchtigen. Die neoplastische Stenose sitzt meist
in dem mittleren Abschnitt der Pars thoracica: sie ist selten im
zervikalen Teil anzutreffen, hÀufiger dagegen am untersten Ende,
wo sie gewöhnlich die Folgeerscheinung eines CÀrdiacarcinoms
isl, das auf den Oesophagus ĂŒbergreift. Stenosen auf der Basis
einer Ulcus gehören zu den Seltenheiten. Der Sitz des Divertikels
ist fast immer zervikal. Der Spasmus lokalisiert sich am Pha-
rynx und an der Cardin, die Atonie nimmt den dazwischen ge-
legenen Teil ein; beide Erscheinungen finden sich nicht selten
hei ein und demselben Individuum. Beim Spasmus lassen sich
zwei Modifikationen unterscheiden: der svmptomalische und der
essentielle Spasmus. Der erslere folgt einer akzidentellen oder
permanenten LĂ€sion und wird von derselben unterhalten, sitzl
gewöhnlich oberhalb der LÀsion, wogegen der essentielle Snas-
mus â auch akuter, spasmodischer Oesophagismus genannt
sich auf die Orifizien beschrÀnkt. Die davon Befallenen sind
Nervöse, deren Beschwerden oft jahrelang bestehen und einen
Grad von Abmagerung nach sich ziehen, der eine Neubildung
befĂŒrchten lĂ€Ăt. Held (Berlin).
Archives de Mcdccinc des Enfants, Paris.
April 1922, 25, Nr. 4.
»J»l nfluen/.ii beim Kinde und SÀugling. S u /. u k i , T. 198.
Diphtherie-Epidemie vom Jahre Ulli in BelUis-Eaux. âą ' n m e s c a sg e .1. 215,
â.Iuvenile Tabes. A e u fi :i , \l . und M ;i e e r a . .1. M. 224.
Ein neuer Fall von Qrchifr's als Begleiterscheinung von Serumtherapie.
< ' .'I 1 t i e ri . 230.
Influenza der Kinder und besonders der .SĂ€uglinge. Der An-
sicht, daĂ die epidemische Grippe die SĂ€uglinge meist verschont,
kann der Verfasser nach seinen Erfahrungen nicht zustimmen:
von 151)0 FĂ€llen im Kindesaller entfielen nicht weniger als 503
oder ein Drittel auf SĂ€uglinge. Die Gesamtster blichkeil betrug
468
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â
Nr. 26,
mit 144 FĂ€llen elwa 9 v.H. Bei 172 Untersuchungen des Aus-
wurfs wurden 120 mal (69,7 v.H.) Pneumokokken, nur 23 mal
(13,3 v.H.) Influenzabazillen und 32 mal (10,1 v.H.) verschieden-
artige Diplokokken gefunden. Bei den regelmĂ€Ăig bakteriologisch
untersuchten Nebenkrankheiten (Otitis, Empyem, Meningitis u. a.)
waren ausnahmslos Pneumokokken in Reinkultur vorhanden. Da-
nach ist der Verfasser geneigt, als eigentlichen Erreger den
Pneumokokkus und nicht den Influenzabazillus anzusehen." Um
zu entscheiden, ob die Pneumonie bei der Influenza eine Neben-
erkrankung darstellt, hat Verfasser sie nÀher beobachtet. Als
bezeichnend im Röntgenbild betrachtet er 3 Formen. Bei der
einen tritt ein dreieckiger Schatten in der Gegend des rechten
unleren Lungenrandes auf, der an den Herzschatten angrenzt und
dem rechten Unterlappen entspricht. Am hÀufigsten kommt die
/weite Form vor, ein X-förmiger Schatten, der einer Infiltration
iler Hilusgegend auf beiden Seiten seine Entstehung verdankt.
Seltener ist die pneumonische Infiltration eines Oberlappens. Die'
Erscheinungen der LungenentzĂŒndung sind auf dem gewöhnlichen
Wege meist erst am 5. â 10. Fiebertag, ausnahmsweise mal am
2. Tage festzustellen. Dagegen gelang der Nachweis mit Röntgen-
untersuchung viel frĂŒher, meist schon am 2. Fiebertage. Daraus
hat der Verfasser die Ueberzeugung gewonnen, daĂ die Pneu-
monie keine Nebenkrankheit bildet, sondern zum Wesen der
Grippe zugehört.
Die jugendliche Tabes. Ein 14 jÀhriger Knabe mit kongeni-
taler Syphilis hat hypotonische Muskeln, gastrische Krisen, An-
Àsthesie der Hoden, der Knochen und der NervenstÀmme, Ver-
lust des Achillessehnenreflexes, völlige Pupillenstarre. Ver-
dĂŒnnung des Knochengewebes mit mehrfachen BrĂŒchen, defor-
mierende Arthritis, Lymphozytose der SpinalflĂŒssigkeit. â Die
Tabes des Kindes unterscheidet sich von der des Erwachseneri
durch das Fehlen der Ataxie, das ZurĂŒcktreten der Schmerzen
bei Vorherrschen der Augenerscheinungen, der Harnkrisen und
der Störungen der Reflexe. H. Vogt.
Le Nourrisson, Paris.
MĂ€rz 1922, 10, Nr. 2.
^Rachitis. I. Rachitische Knochenlii sinnen. M À r f a n . A. H. 65.
âTrockenmilch zur ErnĂ€hrung von Gesunden und KrĂ€nken im ersten Kinde«-
alter. A V i r a g n e t und D o r I e n e n u r t. 81.
âąffSoptikĂ€mia beim SĂ€ugling! L e m Ă€ i r e und T u f ii u e t y. inii.
âRadiologische Diagnose des Beri-Beri heim SĂ€ugling, Suzuki. T. IM
4 Vorlesungen ĂŒber die Rachitis. Verf. teilt den Verlauf der
Rachitis ein in 3 Stadien: in das Anfangsstadiuni, in das Stadium
des Höhepunktes und in das Reparationsstadium. Das Anfangs-
stadium stellt zum gröĂten Teil ein Reizstadium dar; es kommt in
diesem zu einer anormalen und abwechselnden Zellwucherung und
zu einer GefĂ€Ăvermehrung, besonders in der Knorpel- und der
osteoiden Schicht, ferner besteht eine anormale Vermehrung der
Markzellen, die von einer gesteigerten HyperÀmie im Knochen-
mark begleitet ist; zugleich beginnt im Anfangsstadium schon die
VerdĂŒnnung der Knochenbalken in der Knochenschicht. Im Sta-
dium des Höhepunktes nimmt die atypische Wucherung des Knor-
pels noch zu, an Stelle des Knochens tritt das spongoide Gewebe.
Nach Marfan gehen bei der Rachitis zwei Prozesse einher,
ein Reizvorgang und ein AbbauprozeĂ. Im Anfangsstadium steht
der Reizvorgang ganz im Vordergrund, der auf dem Höhepunkt
der rachitischen Erkrankung vom AbbauprozeĂ immer mehr ver-
drÀngt wird. Die anormale und abweichende Ueberproduktions-
kraft der Mark- und Knorpelzellen sieht M a r f a n an als erstes
Zeichen der beginnenden Rachitis. Zur Feststellung der Aetio-
logie und Pathogenese der Rachitis kommt es nach Ansicht Mar-
fans vor allem darauf an, die Ursache fĂŒr diese Ueberproduk-
tionstÀtigkeit der Mark- und Knorpelzellen festzustellen.
Die Trockenmilch in der ErnÀhrung gesunder und kranker
Kinder im ersten Lebensjahr. A v i r a g n e I und Doiien-
c o u r t haben an einer Reihe von SĂ€uglingen die Trockenmilch
ausprobiert und ziehen aus ihren Versuchen folgende SchlĂŒsse:
Eine gute Trockenmilch sei ein ausgezeichnetes Nahrungsmittel
bei Anwendung der kĂŒnstlichen ErnĂ€hrung. Der gesunde Saug
ling könne mit ihr ausschlieĂlich ernĂ€hrt werden. Sie sei einer
guten Vollmilch oder einer gut sterilisierten, kondensierten oder
sonst irgendwie hergestellten Milch nicht ĂŒber- oder unterzu-
ordnen. Das Milchpulver könne auch dem ernÀhrungsgestörten
SÀugling verabfolgt werden; sie hÀtten von ihm als Heilnahrung
bei den verschiedenartigsten Darmstörungen nur gute Erfolge ge-
sehen. Ein groĂer Vorzug der Trockenmilch den anderen Milchen
gegenĂŒber sei ihre Haltbarkeit und ihre infolge des stark redu-
zierten Gewichtes verhĂ€ltnismĂ€Ăig billige TransportfĂ€higkeit.
Die SeptikÀmie des SÀuglings. Die SeptikÀmie ist heim
SĂ€ugling selten zur Zeit der Infektionskrankheiten; sie tritt da-
gegen hÀufiger auf in den letzten Lebensstunden, wenn die
WiderstandskrÀfte des Organismus nachgelassen haben. Dann
beobachtet man sie in einem Drittel aller FĂ€lle. Sie wird ver-
ursacht durch Mikroorganismen, deren Virulenz stark ang
wachsen ist, oder oft auch durch einfache Saprophyten, die dem
Darm entsprossen, in den Blutkreislauf eingedrungen sind und
sich hier schnell vermehren. Dieser Einbruch der Bakterien in
den Organismus wird nicht durch irgendeine Aenderung im klini-i
sehen Krankheitsbilde gekennzeichnet, er verlÀuft ganz latenn
Radiologische Diagnose des Beriberi beim SĂ€ugling. Beim
Beriberi der SĂ€uglinge ist das Herzvolumen betrachtlich ver-
gröĂert gegenĂŒber dem Volumen des Herzens bei anderen Krank-
heiten. In 4 FĂ€llen von Beriberi betrug das Herzvolumen 56 ems
durchschnittlich nur 36 cm» bei anderen Krankheiten. Auch
Leber, Milz sind beim Beriberi starker vergröĂert als bei an-
deren Krankheiten, bei der Niere ist der Unterschied nicht so
ausgesprochen. Diese Werte, die man bei der Autopsie gefunden
hat, hat Suzuki diagnostisch zu benutzen gesucht. Im Ortho-
kardiogramm hat er stets eine VergröĂerung des Herzens fest-;
stellen könnneii, auch wenn die Symptome auf Beriberi noch
nicht sehr ausgesprochen waren, und hat so ein Mittel in der
Hand, therapeutisch recht frĂŒh auf die Krankheit einzuwirken.
S I a n d v o Ă (Berlin-Halensee
The Boston Medical and Surgical Journal, Boston.
23. MĂ€rz 1922, 186, Nr. 12.
â Klin',schi' Diagnose bei HerzKustĂ€tMlen. I* r e bl e . VV. E. 871.
â Kiefer-Ankvlose. G i I p a t r i c k . R. H. 371.
â {â Das Vorkommen der Amnoben-Dvsenteric in Heu U. St. A. unter dem Kinfl'iĂ
des Weltkrieges. Stiles. C. W. 377.
Relative Fruchtbarkeit. H e y n n 1 d s . K. und M a c o m her, D. 380.
Pathologie ''er Tuberkulose. Smith. I.. W. 38">.
âąJ*Serun\bchandlunR' der lobĂ€ren Pneumonie. M c G u i r e , I,. W. 389.
Fall von Thrombose dos Mesenteriums. Henry. .1. O. 390.
Klinische Diagnose von Herzerkrankungen. Wir können Stö-
rungen von Seiten des Herzens grob einteilen: 1. in valvulÀre Er-
krankungen, wobei ausgesprochene organische LĂ€sionen der
Klappen mit oder ohne VerÀnderungen des Myokard bestehen,
2. in selbstĂ€ndige Myokarderkrankungen. WĂ€hrend ĂŒber die
1. Gruppe eine FĂŒlle von Literatur existiert, hat man sich mit der
2. Gruppe erst in den letzten Jahren beschÀftigt, und zwar pro»
portional der Vervollkommnung unserer diagnostischen Hilfs-
apparate, Verf. stellt die verschiedenen HerzgerÀusche zusammen
mitsamt der Deutung, die man ihnen gegeben, seht sodann auf
die Ursachen der Myokarderkrankung ein und bespricht zum
SchluĂ die Herzstörunger der FettsĂŒchtigen, ohne dabei wesent-
lich Neues zu bringen.
Ankylosis der Kinnlade. Bei einem 15 jÀhrigen Knaben, der
im AnschluĂ an Scharlach mehrere Mastoidoperalionen ĂŒberstan-
den hat. besteht eine ausgesprochene Unterentwicklung des
Unterkiefers und eine komplette Ankylose. Röntgenologisch lĂ€Ăt
sich an den Temporomandibulargelenken rechts eine knöcherne
Vereinigung, links eine fibröse Ankylose nachweisen. Obwohl
einige ZĂ€hne entfernt wurden, damit die Mundhöhle Platz fĂŒr dr
Nahrungsaufnahme bieten konnte, blieb doch der Raum dafĂŒr
Ă€uĂerst gering, und es ist erstaunlich, daĂ trotz der Erschwerung
des Kauakts der ErnÀhrungs- und Entwicklungszustand des Pat
nicht hinter der Norm zurĂŒckblieb. Bei der operativen Inangriff
nÀhme zeigte sich, daà der ganze Raum unterhalb des rechten
Jochbeins mit solider Knochenmasse angefĂŒllt war. Das gleich
fand sich in der LTmgebung des Temporo-Mandibulftrgelenks. Di
Knochenmassen wurden entfernt, der Kondylus abgetragen, abe
auch der M. temporalis muĂte geopfert und zu dem Zwecke d>
Proc. coronoM. abgetragen werden. Ein transplantierter Fett
fascienlappen vervollstÀndigte die Operation. Bei der Entlassun
des Pal. war die FunktionstĂŒchtigkeit des neugebildeten Gelenks
durchaus in der Zunahme begriffen.
Der Stand der Amöbenruhrerkrankungen in den Vereinigten
Staaten in seiner potentiellen AbhÀngigkeit vom Weltkrieg. Der
öffentliche Gesundheitsdienst, der die mit dem Weltkrieg ver-
knĂŒpften, theoretischen Möglichkeiten wohl erkannte, ordnete in
22 Staaten ausgedehnte Untersuchungen an, die zu dem Ergebnis
fĂŒhrten, daĂ im Durchschnitt die in Europa dienenden Soldaten
der Amöbenruhrerkrankung nicht stÀrker ausgesetzt waren als
die heimische Bevölkerung. Die intensiven Studien ĂŒber Darm-
protozoen, die man wÀhrend und nach dem Weltkrieg angestellt,
lassen zwei praktische Tatsachen sehr deutlich erkennen:
I
K). Jahrg. â Nr. 26 Aus den neuesten Zeitschriften W,(.t
1. In gemĂ€Ăigten Zonen sind die menschlichen Darmpro
zoen von viel geringerer Bedeutung als man angenommen halte.
gehendere Untersuchung verlangen nur ungeklÀrte FÀlle von
imie. Amenorrhoe und von Darmstörungen unbekannter
Herkunft.
2. in gemĂ€Ăigten Zonen ist auch die Endomoeba histologica
kein bösartiger Parasil und kommt nicht seilen hei snnsl ganz
gesunden TrÀgern vor. Bedrohlieh ist die Endamoeha um- in
tropischen oder subtropischen Gegenden.
Die Seirumbehandlung der lobĂ€ren Pneumonie. Eine groĂe
Anzahl von Aerzten strÀubt sich noch dagegen, den Wert der
Serumbehandlung bei Pneumonien anzuerkennen. Das hat ver-
schiedene GrĂŒnde 1. verwenden sie das Serum nicht frĂŒh genug
es ist gefÀhrlich, zu warten bis die krÀnkheil in ein kritisches
Stadium getreten ist. 2. ĂŒben sie diese Art der Behandlung nur
an sogenannt ernsten Fallen das isl falsch, denn das klinisch"
Bild wechselt ungemein rasch. 3. ist die gewöhnlich angewandte
Serummenge nicht ausreichend. Das ĂŒbliche ist 100 ccm-Injek-
tionen 8 â 12 stĂŒndlich bis zum Eintritt der Rekonvaleszenz zu
wiederholen. Oft sieht man schon nach einer einzigen Injektion
Genesung eintreten: in anderen FĂ€llen sinkt die Temperatur rasch
zur Norm ab, um dann wieder anzusteigen. Dann ist eine erneute
Injektion angebracht. Um ein spezifisches Serum anwenden zu
können, ist es durchaus erforderlich, aus dem Sputum den bak-
teriologischen Typ zu bestimmen. Die Anwendung eines poly-
valenten Serums wird verworfen.
Held (Berlin).
Archives of Pediatries, New York.
- Februar 1922, 39, Nr. 2.
Idealgewieht der Kinder. P n t n a m . .T. .J. 71.
0re"7.pn dp,- Rninzisinn des Trommelfell:» K <> p e t z U y . S. .1. und
S e h w a r t)z , A. A. 86.
Indikationen zip- Inzision und wiederholten rriK;sion des Trommelfells.
Carr.W. L. 91.
*J,Vierst>undenpaiisen in der SĂ€uglingsernĂ€hrnng. Sunt h âąÂ« o r t h . T. S. Dl.
S|>fi7if',«ehe Diagnose einiger Krankheiten fĂŒr den Kinderarzt. G 1 e v e r .
S. Gr. 99.
Eidotter in der SĂ€uglinKsernahnine. De Ran t'i i s . A. 0. 104.
StiHsehe Kraakhe.it (Atrophische Arthries i. Mtcbfieln II. R.. und
M a<s o o . F. R. i07.
Lipodystrophie progressiva: R. e u 1> e n . M. 8. inul '/. :\ in k i u . H. O. 112.
Krythroftdem. F i e I d . M. 8. llfi.
Kritische Betrachtung zu den 4 stÀndigen Nahrungspauseih
Verf. scheint die seinerzeit von C z e r n y empfohlene 4 stĂŒndige
Nahrungspause und die von ihm inaugurierte Anwendungsweise
zum mindesten miĂverstanden zu haben. In seinen AusfĂŒhrun-
gen macht er die auch von den deutschen KinderÀrzten schon
lange vorgenommenen EinschrÀnkungen in der Anwendung der
\ stĂŒndigen Pause (z. B. schwachen FrĂŒhgeburten usw.) zum
Gegenstand ausfĂŒhrlicher Betrachtungen. Am besten wird die
Arbeit durch die vom Verf. gewĂ€hlten EinfĂŒhrungsworte charak-
terisiert: âMit gewissen EinschrĂ€nkungen hat sich die 4 stĂŒndige
Pause als zweckdienlich erwiesen, aber gleich manch anderen
Forderungen, die aus Mitteleuropa gekommen sind, ist auch
diese viel zu weitgehend fĂŒr eine allgemeine Anwendung."
K À e k e 1 1 (Hamburg
The American Journal />f Ohstctrics and Gvnccolotfv,
St, Louis
MĂ€rz 1922, 3, Nr. 3.
âąJ*Fin Beitrag; zur Hi«tog,enese der Ovarialtumoren. Heist, s. H. 231..
âąf»Oie WirkufiR des Fmetins auf den Utr.rus. M n rt i n . P. 211.
4*1 'teniseaieimnn. R n n i f i e I il Ch. L. 2.'>n.
Einige Phasen in der Entwicklung von Diagnose und Behandlung des Oe.rvix-
enreinotns. S k e e 1 . R. S. 2.r>2.
âŠWertvolle Methoden zur l'i» 'Iterung der Oper-ahi'litĂ€t de:, fortgeschrittenen
OervtxcaTcinoms. Uro w n van Amber. 26.1.
Die Beurteilung der MortalitÀt der abdominellen Operationen bei Oarcinom.
f r i 1 e . G. W. 272.
âąS*Die ne.ue R'chtung in der gynĂ€kologischen Therapie. Heil Ii o r h . (J. 275.
â Die hynertrophisch-ulzerative Form der chronischen Vulvitis (T5Iepliaiitia«is.
Efthlomene, Syphilom). T a u s s i âą- F. .1. »81.
Atresie and striUtur der Vagina. K in». .1. F. 290.
Kontinuierliche Lachgas- und Sauer.stoff-Analgesie und -AnÀsthesie mit Wie-
dereinathmung in der Geburtshilfe1. R i v e s . A . F. 298.
âilidlkat'onipn und Kontraindikationen heim Gebrauch von Pituitrin in der
Oelnirtsliilfe. (' r o n . R. S. 300.
âą{âșBericht ĂŒber einen Kall Mm Kreislaufinfekt'nn Sterinen f/rsprungs mit Ba-
cillus WelcWi. M a t t h e w s . H. B. S07.
Bin Beitrag zur Histogenese der Ovarialtumoren. Zur KlÀrung
der Frage, wie und woraus sich epitheliale Tumoren des Ovars
zyslisrhen oder soliden Charakters entwickeln, beschreib! Verf.
den fÀll einer 52jÀhrigen Frau, liei der er auf der einen Seile ein
typisches Adenokarzinom, auf der andern einen eigentĂŒmlichen
Tumor fand, dessen Zellen den (iranulosazellen sehr Àhnelten und
in dem Zysten und hohe zylindrische Zillen wie bei den pfeudo
muzinösen Ovarialzyslcn vorkamen. Es war durch direkte Beob-
achtung der Zusammenhang mit den (iranulosazellen festzustellen
Das gesamte Bild fĂŒhrt zur Vermutung, dall der Tumor embrvo
nalen Ursprungs ist. Derartige Tumoren werden Adenom des
Graafschen Follikels, malignes .Follikulom, follikuloides Karzinom,
auch Granulosazelltumor genannt. Der Tumor ist jedoch weder
malign noch ein Adenom. Er ist am besten ohne besonderen
Namen als ein Tumor aus persistierendem embryonalem Gewebe
zu bezeichnen
Die Wirkung des Emetinum hydrochloricum auf den Uterus.
EigentĂŒmlicherweise erwies sich dem Verfasser das Em et in, nach
dessen Anwendung er zufÀlligerweise einmal in Afrika einen
Abort eintreten sah und das er deshalb auf seine ulcrine Wirkung
experimentell uniersucht, in vitro und in vivo von entgegenge-
setzter Wirkung. In Vitro mindert es die TĂ€tigkeil des graviden
und nicht graviden tierischen Uterus. Tonus und GröĂe der Kon-
traktionen nehmen ab, wenn diese auch zahlreicher werden. In
vivo vermehrt es dagegen den MuskeltonUs des graviden und nicht
graviden Uterus. Zur ErklĂ€rung stellt Verf. die Hypothese auf, daĂ,
'da sekundÀr stets der Blutdruck erhöht isl, die Wirkung des Eme-
lins vielleicht auf Beizung der Medulla beruht, zumal die Droge auf
diesem Wege ja auch brechenerregend wirkt. Vielleicht wirkt es
auch auf das sympathische System. Das Emetin mag bei Meno-
und Metrorrhagien mit BĂŒcksicht auf seine tonisierende Eigen
schaft versucht werden.
Uteruskarzinoin. Verf. fĂŒhrt in kurzen Worten als Ergebnis
seiner Erfahrungen an, daà er möglichst hÀufig Hysterektomie
macht, das Badium hat er bei vorgeschrittenen FĂ€llen mehrfach
statt Linderung furchtbare Qualen erzeugen sehen. Er erwartet
vor allem viel von der Verbesserung der Böntgentherapie durch
die Deutschen.
Wertvolle Methoden zur Erweiterung; der OperabilitÀt des
fortgeschrittenen C'ervixkarzinoins. Verf. rĂŒhmt die guten Er-
folge der Hitzeoperation nach Percy in Kombination mit Li-
gatur. Es sollen 120 â 140 Grad Fahrenheit angewandt werden.
Das heiĂe Eisen wird von der Vagina aus durch die Cervix bis
zum Fundus gefĂŒhrt. Die behandschuhte Hand des Assistenten
legt sich dem Fundus uteri bei eröffneter Bauchhöhle auf und
kontrolliert den Hitzegrad. So werden SchÀdigungen von Blase,
Ureter und Beklum vermieden. Kleinere Blut- und LymphgefĂ€Ăe
werden geschlossen. Die Ligatur vollzieht sich durch KĂ€nguruh
sehne oder schweres Catgut sowie ZertrĂŒmmerung der GefĂ€Ă-
wÀnde zwischen den Ligaturen. Diese Methode von Hitze und
Ligatur mobilisiert am besten. Böntgen- und Badiumtherapie
kann der Operation nachfolgen, jedoch nie vorangehen. Die
Methode, ĂŒber die Smith frĂŒher auf Grund von 100 FĂ€llen aus
der Mavo-Klinik berichtet hat, wurde vom Verf. in 8 FĂ€llen mit
gutem Erfolge angewandt. Meist schloĂ er einige Wochen nach
der Hitzeanwendung die Hysterektomie an. VorzĂŒge sind soforti-
ges Aufhören der Blutung und insbesondere Erleichterung der
spÀteren Operation.
Die neue Richtung in der gynÀkologischen Therapie. Die
operativen Methoden sind kaum noch einer Vervollkommnung
fÀhig. Die Strahlenbehandlung, deren biologische Wirkung noch
nicht ergrĂŒndet ist. steht dagegen in ihren AnfĂ€ngen. Wenn MĂ€n-
ner von gröĂter Erfahrung und höchstem technischem Können
wie D öd er lein und Bumm das Messer aus der Hand legen,
so gibt dies zu denken. âą â BezĂŒglich der Gonorrhoebehandlung ist
auf Vande Veldes Gedanken zu achten. Danach gibt die Men-
struation immer neuen AnstoĂ zur EntzĂŒndung, deshalb ist tempo-
rĂ€r zu sterilisieren. Dadurch entfĂ€llt dieser EntzĂŒndungsanrei/.
und die Salpingoophorilis kommt zur Ausheilung, wÀhrend das
Messer verslĂŒmmelt. â BezĂŒglich des Condvloma acutum weist
Verf. auf seine ĂŒberraschenden Erfolge mit Strahlentherapie hin.
Die hypcrtrophisch-ulzerativc Form der chronischen Vulvitis
(Elephantiasis, Fsthiomene, Syphilom). Bei diesen Bildungen
der Vulva ist in den meisten FĂ€llen Syphilis die Ursache. Die
Bezeichnung Elephantiasis isl weniger gut, da Filariainfektion
selten ist. Am besten isl die obige allgemeine Bezeichnung. WĂ€h-
rend in Europa die Erkrankung sich fast nur bei Prostituierten
findet, ist sie in Amerika nahezu ausschlieĂlich bei Negerinnen
festzustellen. 80â90 % sind luetischen Ursprungs. Es ist aber
zweifelhaft, ob es sieh um tertiÀre Gummen oder eine postsyphi-
litische Erkrankung handelt, denn der Wassermann ist hÀufig
negativ. Die Ditrerenlialdiagnose gegenĂŒber fibroiden Tumoren
ist leicht, da diese zirkumskript und nicht ulzeriert sind. Thera
4?0 Aus den neuesten Zeitschriften 40. Jahrg. â Nr. 20>
peutisch schlieĂt Verf, aus seinen 7 FĂ€llen, daĂ Vulvektbmie an-
zuwenden ist. Antiluetische Kur ist wirkungslos. Der Thermo-
kauter ist meist dem Messer vorzuziehen.
Indikationen und Kontraindikationen fĂŒr den Gebrauch von
Pituitrin in der Geburtshilfe. An der UniversitÀt Michigan wurde
Pituitrin seit 1911 zur Einleitung der Wehen, wÀhrend derselben
und nach der Geburt angewendet. Zur Weheneinleitung erwies
sich Pituitrin allein als nicht erfolgreich, wohl aber, und zwar
von 15 FĂ€llen in 26 â 61 % in Kombination mit Rizinusöl und
Chinin. Dosierung ist 15 â 30 gr Rizinus, 2 Stunden darauf 0,5
Chinin, sulf., dann Pituitrin in kleinen Dosen und zweislĂŒndlichen
Pausen, maximal 3 cem in 24 Stunden. In der Erötrnungsperiode
wurde es wegen der Gefahr letaniseber Kontraktion des Uterus
selten augewandt, wohl aber in der Austreibungsperiode, wo 125
FĂ€lle sehr gute Wirkung zeigten, weniger Blutverlust und be-
schleunigte Austreibung der Plazenta. Postpartale HĂ€morrhagien
wurden mit 1 cem Pituitrin gĂŒnstiger und rascher beeinfluĂt als
durch Ergotin. Letzteres wird von der Operation zur Anwendung
empfohlen, daneben Pituitrin zur unmittelbaren Injektion in die
Uterusmuskulalur bei eröffnetem Abdomen.
Berieht ĂŒber einen Fall von Kreislaufinfektion uterinen Ur-
sprungs mit Bazillus Welehii. Die verh. Pat. hat zur Einleitung
eines kriminellen Aborts ein spitziges Instrument in den Uterus
eingefĂŒhrt und spĂ€terhin noch ein Senfbad genommen. Darauf
SchĂŒttelfrost. Erbrechen, Fieber, welches am folgenden Tage zu-
nimmmt. Exitus 37 Stunden nach UeberfĂŒhrung ins Krankenbaus.
Der Körper weist Krepitieren und auĂerordentliche Schwellung
auf. In der Leber Gasblasen. Mikroskopisch finden sich in der
Leber HĂ€ufung von B. Welehii um die durch die Gasblasen ge-
bildeten LĂŒcken. Ilerzblutkulluren zeigten B. Welehii in groĂen
Mengen in Reinkultur. Es handelt sich hier um Sepsis, wie sie
zuerst von Wm. H. Welch als durch den nach ihm benannten
B. aerogenes capsulatus verursacht beschrieben win de. Der Tod
wird vermutlieh durch ein spezifisches Bakterienloxin verursacht.
Therapeutisch sind die durch Bull und P r i c h e 1 1 sowie H e n r v
und Lucy empfohlenen Antitoxine zu versuchen.
Kuhn (MĂŒnchen).
American Journal of Ophtahnology.
3. MĂ€rz 1922, 5, Nr. 3.
âąJ»! iilrakniniellc GeschwĂŒlste des Sehnen en vor «lern Chiasma. D a n il v .
Walter E. 109.
GewohnheitsmĂ€Ăiges Zielen mit beiden Augen. J. a. n d o 1 t . Marc. 1S9.
^Wiederholte Blutungen in die Netzhaut und den Glaskörper bei jungen Men-
schen. F i n n o f f . William ('. 19.">.
^Angeborene vordere Kapselkatarakt. U r n s e . L, 1>. 202.
Intrakranielle GeschwĂŒlste des Sehnerven vor dein Chiasma.
Klinischer Bericht ĂŒber zwei allgemein interessante Krank-
heitsfÀlle und das Ergebnis ihrer operativen Behandlung.
F all 1 : 13jÀhriges MÀdchen, das im Aller von 6 Jahren eine
Woche lang Erbrechen gehabt hatte, â ohne Kopfschmerz, ohne
/eichen fĂŒr Magen- oder Darmerkrankung. AuffĂ€lligerweise trat
aber Doppel sehen auf, das etwa eine Woche, dauerte. Das
Sehen des rechten Auges blieb seitdem schwÀcher. Vor 3 Jahren,
wÀhrend eines milden Anfalles von Grippe, trat wieder Er-
brechen fĂŒr einige Tage auf, verblinden mit Sebstörung. Die Brech-
finfÀlle wiederholten sich in den nÀchsten Jahren. Es zeigte sich
Schielen beider Augen und Ptosis beider oberen Augenlider. Seil
lÀngerer Zeil isl das rechte Auge vollblind, das linke sehr seh-
schwach (S = 2/ioa). Niemals trat Kopfschmerz auf. Bei der Auf-
nahme ins Krankenhaus im 13. Lebensjahre der Pt. bestand in der
Hauptsache folgender Befund: B. Auge blind. L. Auge einge
schrÀnkles Gesichtsfeld; Verlust des F a r b e n sehens, keine
Ileniamopsie, S. â H/L.0â. Beide Sehncrvenscheiben atrophisch blaĂ,
scharfumrandet. GefĂ€Ăe der Netzhaut ohne VerĂ€nderungen. B.
Augenach aufwÀrts unbeweglich. L. Auge desgleichen nach oben
und innen. Leichte Ptosis beider Augenlider, Pupillenreaktion
regelrecht. Röntgenologisch ungewöhnlich groĂer Schatten in der
Hypophysengegend. Wa-Reaktion in Blut und RĂŒckenmarkflĂŒssig-
keit negativ. Liquordruck regelrecht. Nasennebenhöhlen ohne
VerÀnderungen. Die klinischen Zeichen gaben kein klares Bild
des Falles. Ein Hypophysentumor schien aus verschiedenen Er-
wÀgungen nicht wahrscheinlich. Nach Eröffnung des SchÀdels
durch rechtsseitige Kraniolomie fanden sich zwei symmetrische,
identische, aber von einander unabhÀngige kleine Tu m o reu, die
nahe der Orbita, dort jeden der beiden Sehnerven wie eine Hals-
krause umgehend. Bandförmig, nun aber unabhÀngig vom Seh-
nerven, erstreckte sich der Tumor rechts noch eine Strecke weit
(etwa 1.5 cm) in die Orbila hinein. Ausgangspunkt war an
scheinend die Scheid? der Sehnerven. Histologisch wurden die
GeschwĂŒlste spĂ€ter als Psammome erkannt. Es ergab sieh
nun nur die Möglichkeil, den rechten Tumor vollstÀndig zu
entfernen (weil wegen der rechtsseitigen Blindheit rechts einne
gangen war!). Das rechte Auge blieb trotz schonender Entfer-
nung der den Sehnerv umgebenden Geschwulst blind. Vom Tumor
des linken Auges konnte nur ein Teil entfernt werden, weil
man schlecht an denselben herankam. Es genĂŒgte die teilweise
Wegnahme aber, um das Sehen des linken Auges gĂŒnstig zu be-
einflussen. Ein neuer Eingriff bleibt fĂŒr spĂ€ter vorbehalten. -
Fall 2: 8jÀhriger Knabe. Ein Jahr vor der Aufnahme ins
Krankenhaus fiel dem Lehrer des Pat. etwas am Blick des Knaben
auf. Ein Arzt stellte Blindheit des rechten und SehschwÀche des
linken Auges fest.
Die Situation wurde aber nicht klar, da der Vater eine Ver-
letzung des rechten Auges in frĂŒher Kindheil (durch eine Gabel)
als vermeintliche Ursache der SehschwÀche angab. Der spezielle
Befund am Auge mag hier unerörtert bleiben. Er war Àhnlich wie
bei Fall 1. Das Böntgenbild zeigte aber nichts besonderes. Dop-
pelsehen oder Kopfschmerz war hier nie aufgetreten, d. h. es war'
eigentlich kein intrakranieller Befund fĂŒr die langsam vorschrei-
tende hohe SehschwÀche (beiderseits, besonders rechts!) vorhan-
den. Man neigte zur Diagnose: Optische Neuritis unbekannten
toxischen Ursprunges. Als das rechte Auge ganz blind geworden
war. wurde unter BerĂŒcksichtigung des Falles 1 an Tu m o r vor
dem Chiasma gedacht. Nach Eröffnung des SchÀdels durch
rechtsseitige Kraiiiotomie (weil rechtes Auge blind war), er-
gab sich ĂŒberraschender Weise, daĂ ein kirschgroĂer Tumor unter
dem linken Sehnerven bestand, der diesen emporgehoben und
umgebogen hatte. Ein festes fibröses Band, das zwischen Foramen
opticum und Proz. clinoideus sich anspannte, verschob den linken
Sehnerv noch weiterhin. Nach Durchtrennung war er sofort frei.
Vom Tumor konnte, da rechtsseitig, wenn auch weit frontalwarls
- in Erwartung einer Geschwulst am rechten Sehnerven ein-
gegangen war. nur ein StĂŒckchen entfernt werden. Die Lösung
des Verwachsungsbandes genĂŒgte aber, um besten funktionellen
Erfolg des Sehnerven wiederherzustellen. Warum nun bei
dieser Sachlage das rechte Auge, dessen Sehnerv intakt er-
schien, ganz blind war, ist unklar geblieben. Verf. nimmt eine
sympathetische Grundlage an (?). Jedenfalls stellte nach dem
Eingriff auch auf dem rechten Auge sich wieder Sehvermögen ein.
(R. Auge â 20/,â (!), 1. Auge 20/-0). Die Gesehwulst hatte den Cha-
rakter eines Endotholioms. Als Ausgangspunkt wurde die
Scheide des Sehnerven angenommen. SpÀterer linksseitiger
Eingriff zur vollen Beseitigung der Geschwulst ist in Aussicht ge-
nommen.
Wiederholte Blutungen in die Netzhaut und den Glaskörper
bei jungen Mensehen. Klinischer Bericht ĂŒber 5 FĂ€lle eigener
Beobachtung. Kurzer Ueberblick ĂŒber die ganze bezĂŒgliche Lite-
ratur (110 FĂ€lle). Verf. verweist darauf, daĂ die scheinbar spon-
tanen Blutungen in das Augeninnere ihre Vorgeschichte haben,
nĂ€mlich eine Erkrankung der GefĂ€Ăe, speziell der Netzhaut-
venen. Sie tritt oft peripher auf, entzieht sich dadurch frĂŒhzei-
tiger Untersuchung, wenn sie keine auffÀlligen Erscheinungen
macht. Es bandelt sieh, wie bekannt, um keine einheitliche Grund-
ursache. Tuberkulose ist in der Aetiologie hÀufig. Syphilis ist
nur eine gelegentliche Ursache. Aber auch andere Ursachen sind
vermutet. Retinitis proliferans ist oft die Folge derartiger Blu-
tungen.
Nach Verf. ist die Krankheit bei MÀnnern hÀufiger zu fi
den als beim weiblichen Geschlecht, verlÀuft' beim letzteren auc
meist weniger ernst. Die Prognose ist aber immer zweifelhaf
der Verlauf oft ungĂŒnstig.
Angeborene vordere Kapselkatarakt. Bericht ĂŒber fĂŒnf FĂ€ll
bei drei Schwestern und zwei BrĂŒdern nebst Bemerkungen ĂŒbe
die operative Behandlung. Junius Bonn
The Japan Medical World, Tokio.
15. Januar 1922. 2, Nr. 1.
Pharmakologisches ĂŒber einige Derivate von Oleum Gynocardiae. Ohara.
M. 1.
l.epva bei Ratten. U c h i d a . M. 4.
âą^Einfache Methode zur Ausschaltung des Zentralmeebanisnius der Körper-
Teniperatur-Kcgulierung. M o r i t a S. 7.
stamm von Diplokokkus pyogen. K u s u n nki, M. IQ.
Ein einfaches Verfahren zur Ausschaltung des zentralen
WĂ€rmeregulationsmechanismus. Der von Leschke angegebene
Zwischenhirnstich fĂŒhrt nicht zur vollstĂ€ndigen Ausschaltung der
zentralen WĂ€rmeregulierung. Durch eine geringe Verbreiterung
des Schnittes werden sehr befriedigende Ergebnisse erzielt. Durch
genaue Untersuchung der formalingehÀrtelen Gehirne wurde fest-
gestellt, welche Breite der Schnitt bei verschiedener Höhe der
SchnittfĂŒhrung zwecks völliger Ausschaltung der Temperatur-
regulierung haben muĂ. Wolff (Hamburg).
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von HANS PUSCH, Berlin SW4Ă, Wilhelm-Strafe 20 / Fernsprecher LĂŒteow 9057
Nr. 27/26 Berlin, den 19. Juli 1922 40. Jahrgang
Dar Verlag behĂ€lt sieh das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist vor.
Aus der Kinderheilanstalt der Stadt Berlin in Buch.
(Leitender Arzt: Dr. I. Rosenstern.)
Zur Behandlung der Enuresis nocturna
in Anstalten.
Von Dr. Fritz G o 1 d s t e i n, Assistenzarzt.
Daà die Behandlung des kindlichen BettnÀssens auch
heute noch, trotz jahrhundertelangen Ă€rztlichen BemĂŒhens,
ein ungelöstes Problem ist, erhellt am besten aus der stÀndig
anwachsenden Literatur ĂŒber diesen Gegenstand und der Emp-
fehlung neuerer und neuester sowie alter, lÀngst in Vergessen-
heit geratener Heilmethoden. Wohl keiner Krankheit ist mit
so vielen von theoretischer Betrachtung aus ganz verschieden-
artig, ja sogar hÀufig entgegengesetzt wirkenden Mitteln- bei-
zukommen versucht worden, wie gerade der Enuresis. Von
inneren Mitteln erfreuen sich seit langer Zeit Belladonna,
Strychnin und Tinkt. rhois aromat. besonderer Beliebtheit.
Daneben werden Brom, Opium, Antipyrin, Valeriana, Uro-
trepin und viele andere Medikamente, ferner OrganprÀparate
wie Adrenalin, Thyreoidin, Hypophysin empfohlen und mit
Erfolg angewandt. Neuerdings wird . fĂŒr gewisse FĂ€lle
Kampferbehandlung vorgeschlagen (Pototzky). Chirur-
gen und Urologen bedienen sich noch hÀufig der Adenoto-
mie, der Zirkurr;zision und der BlasenspĂŒlungen als eines Heil-
mittels. NervenÀrzte und Psychotherapeuten machen Gebrauch
von den ihnen gelÀufigen Heilmethoden, dem elektrischen
Strom, der epiduralen Injektion, der Hypnose, Verbalsugges-
tion und je nach ihrer Einstellung zu den Freud sehen Leh-
ren auch der Psychoanalyse. Zahlreiche Vorschriften bestehen
ĂŒber die Regelung der DiĂ€t der an BettnĂ€ssen leidenden Kin-
der, und neuerdings sind von pÀdiatrischer Seite systematische
Durstkuren angegeben worden (Nobel). SelbstverstÀndlich
sind Höhensonne, Röntgenstrahlen und hochfrequente T e s 1 a-
Ströme nicht unversucht geblieben, und die technische In-
dustrie leistet GroĂes in der Konstruktion von Penisklemmen
und Urinais (neuerdings P 1 a t o) zum Auffangen des Harns,
ja sogar BettnÀsserbetten und -Matratzen werden angegeben.
Legen wir uns die Frage vor, wie es möglich ist, daà mit
einer so groĂen Schar von verschiedenartigen Mitteln doch
offenbar in einer groĂen Zahl von FĂ€llen Erfolge erzielt wer-
den können, daà das eine Mittel in der Hand des einen Arztes
VorzĂŒgliches leistet, wĂ€hrend ein anderer damit nur MiĂer-
folge aufzuweisen hat und dementsprechend der eine Autor
das eine Mittel als Allheilmittel preist und ein anderes verur-
teilt, so sind wir gezwungen, uns einzugestehen, daĂ unsere
Kenntnisse von der Wirkungsweise der Methoden noch sehr
geringe sind, daĂ wir aber bei der Beurteilung eines Behand-
lungserfolges ein gewisses subjektives Moment nicht auĂer
acht lassen dĂŒrfen.
Die KinderĂ€rzte vertreten wohl heute zum gröĂten Teil,
vor allem auf Grund der Anschauungen C z e r n y s und seiner
SchĂŒler, den Standpunkt, daĂ der erzieherischen Komponente
bei jeder Art von Behandlung der Enuresis ein nicht zu unter-
schĂ€tzender Anteil am Erfolge beizumessen ist. MerkwĂŒrdi-
gerweise liegen aber nur wenige Mitteilungen vor, die sich
mit der pĂ€dagogischen BeeinfluĂbarkeit des BettnĂ€ssens be-
fassen (Hermann, FĂŒrstenheim und G i r s t e n -
b e r g). Auch in den gebrĂ€uchlichen LehrbĂŒchern der Kinder-
heilkunde wird die pÀdagogische Therapie nur kurz erwÀhnt
oder ganz auĂer acht gelassen. Nur Göppert-Lang-
stein widmen in ihrer âProphylaxe und Therapie der Kin-
derkrankheiten" den erziehlichen MaĂnahmen ein ausfĂŒhrliche-
res Kapitel.
Wenn im folgenden ĂŒber die an einer Reihe von bett-
nÀssenden Kindern in der Kinderheilanstalt Buch wÀhrend der
letzten VU Jahre gemachten Erfahrungen berichtet werden
soll, so geschieht dies nicht, um zu den kurz angedeuteten
therapeutischen MaĂnahmen Stellung zu nehmen oder wesent-
lich neue therapeutische VorschlÀge zu bringen. Es soll nur
gezeigt werden, daà es bei AnhÀufung von zahlreichen Kin-
dern in Anstalten durch erzieherische MaĂnah-
men gelingt, die Zahl der BettnÀsser auf ein Minimum zu be-
schrÀnken, das Umsichgreifen von psychischen Infektionen zu
verhindern und die Mehrzahl der FĂ€lle zur Heilung zu
bringen. Gibt es doch viele Anstalten, die BettnÀssern die
Aufnahme verweigern, ja selbst Z a p p e r t, einer der grĂŒnd-
lichsten Kenner der kindlichen Enuresis, empfiehlt besondere
Heime und Ferienkolonien fĂŒr BettnĂ€sser.
Will man in Anstalten, in denen eine individuelle Thera-
pie, wie in der Privatpraxis und im Privatsanatorium nicht
immer durchfĂŒhrbar ist, die bettnĂ€ssenden Kinder mit Erfolg
behandeln, so ist es unerlĂ€Ălich, daĂ man sich ĂŒber die Ur-
sachen des in Kinderheimen, Anstalten usw. auch bei geistig
nicht minderwertigen Kindern gehÀuften Auftretens der Enu-
resis nocturna Rechenschaft ablegt. Ein Bild ĂŒber das Vor-
kommen bei poliklinischem und klinischem Krankenmaterial
geben folgende Zahlen:
Z a p p e r t fand in Wien unter 33 424 poliklinischen Pa-
tienten nur 154 = 0,46% BettnÀsser. Nach Pese waren im
stÀdtischen Kinderobdach in Breslau 30% aller Kleinkinder
und 10% aller Schulkinder BettnÀsser. Auch Z a p p e r t be-
tont das so erstaunlich hÀufige Vorkommen des BettnÀssens
in Anstalten und fĂŒhrt es auf psychische Infektion zurĂŒck. Was
er darunter verstanden wissen will, ob eine gewöhnliche Un-
art oder eine Nachahmungskrankheit im Sinne K a r g e r s ,
geht aus seiner Arbeit nicht hervor.
Unseres Erachtens spielen eine Reihe von anderen Fak-
toren neben dem bei Kindern zweifellos stark ausgeprÀgten
Nachahmungstriebe bei dem so hÀufigen Vorkommen von
BettnĂ€ssen in Anstalten eine groĂe Rolle.
An erster Stelle sind hier Erziehungsfehler zu nennen, auf
die Czerny in seinen Vorlesungen wiederholt hingewiesen
hat. Nach ihm tritt das BettnÀssen auf nach Erlöschen eines
schon einmal erlernten Bedingungsreflexes. Kinder, die meh-
rere Jahre bettrein waren, verlernen es wieder, sich zur rechten
Zeit bemerkbar zu machen. Als Gelegenheitsursache, den
Bedingungsreflex zu verlernen, sieht Czerny besonders
kurzdauernde Krankheiten und die Rekonvaleszenz an, Zeiten,
in denen die Kinder von den Eltern und Pflegepersonen be-
sonders verwöhnt und hinsichtlich der Sauberkeit sehr nach-
sichtig behandelt werden. Diese Ansicht C z e r n y s trifft
sicher, besonders wenn es sich um Kinder aus besser situierten.
Kreisen handelt, fĂŒr viele FĂ€lle zu, jedoch wird das so erheb-
liche Ăberwiegen der klinisch beobachteten BettnĂ€sser ĂŒber
die poliklinischen Patienten hierdurch nicht restlos geklÀrt.
Es mĂŒssen auch in den Anstalten selbst Fehler begangen wer-
den, die gĂŒnstigen Boden fĂŒr das Auftreten des BettnĂ€ssens
vorbereiten. ErwÀhnt sei hier einerseits die leider noch unter
Erzieherinnen und Pflegepersonal weit verbreitete Anschau-
ung, daĂ es sich bei dem BettnĂ€ssen um ein Ăbel handelt, das
mit der PubertĂ€t gewöhnlich von selbst schwindet, das fĂŒr
den TrĂ€ger weiter keine schlimmen Folgen hinterlĂ€Ăt und das,
da meistens eine Therapie nutzlos ist, nicht behandelt zu wer-
472 Goldstein: Enuresis nocturna
den braucht. DaĂ ein solches Vorgehen grundfalsch ist, be-
darf fĂŒr jeden, der sich, wenn auch nur oberflĂ€chlich, mit Kin-
dererziehung befaĂt hat, und das erstaunlich schnelle und
leichte Auffassungsvermögen gerade des kindlichen Alters
kennt, keiner Erörterung. Derartige erzieherische Indolenz
und UnfĂ€higkeit kann, wie Hermann sich ausdrĂŒckt, leicht
dazu fĂŒhren, daĂ die tierische Gewohnheit beibehalten wird.
Andererseits wird, und wohl noch hÀufiger, der Fehler be-
gangen, daĂ das Leiden als eine schwere Erkrankung ange-
sehen wird und die Kinder mit allen möglichen Mitteln be-
handelt werden, daà man es aber Àngstlich meidet, ihnen, da
sie krank sind, VorwĂŒrfe zu machen. Es ist nicht zu verwun-
dern, daĂ auch bei dieser Methode die Zahl der MiĂerfolge
eine groĂe ist.
Neben diesen auf erzieherischem Gebiete liegenden
Fehlern der Anstaltsbehandlung sind noch einige andere zu
nennen, die mehr die technische Seite des Anstaltsbetriebes be-
treffen. ZunĂ€chst sei hier darauf aufmerksam gemacht, daĂ
das Pflegepersonal wÀhrend der Abend- und Nachtstunden ge-
wöhnlich an Zahl zu knapp bemessen ist. Eine einzige Nacht-
wache kann, wie das z. B. bei uns und auch wohl in anderen
Anstalten mit chronisch kranken Kindern der Fall ist, un-
möglich 50 â 100 Kinder, die sich z. T. erst wenige Tage oder
Stunden unter ihrer Aufsicht befinden, ordnungsgemÀà in den
Stunden vor Mitternacht, in denen auch nach unseren Erfah-
rungen das EinnÀssen als in der Zeit des tiefsten Schlafes am
hÀufigsten erfolgt, versorgen. Viele neu aufgenommene Kin-
der, die gewohnt sind, sich beim Harndrange zu melden, wer-
den nicht gehört und am folgenden Tage als BettnÀsser be-
zeichnet werden. Und nachdem der Versuch, sie abzuhalten,
mehrmals gescheitert ist, werden sie es tatsÀchlich. Ferner
sei erwÀhnt, daà der Fehler begangen wird, Kindern, die
schlecht essen, die vom Mittag und Nachmittag ĂŒbrig gebliebe-
nen Suppen und die Milch abends einzuflöĂen. Eine solche
Ăberlastung der Verdauungsorgane und der Blase ist natur-
gemÀà ganz unzweckmĂ€Ăig und wird zum nĂ€chtlichen Ein-
nĂ€ssen fĂŒhren. Auch ungewohnt leichte Kleidung, vorzeiti-
ges BarfuĂlaufen, ungewohntes Spielen im Freien bei naĂ-
kalter Witterung, sowie WitterungseinflĂŒsse ĂŒberhaupt, zu
groĂe Differenzen der Zimmertemperatur bei Tag und Nacht,
sind gelegentlich als Ursachen fĂŒr das EinnĂ€ssen verantwort-
lich zu machen. Alle diese Nachteile des Anstaltslebens kön-
nen, besonders im groĂen Betriebe, nur z. T. ausgeschaltet
werden.
Die AnstaltseinflĂŒsse sind aber naturgemÀà nicht nur
nachteilig, sondern bieten auch eine Reihe von VorzĂŒgen. So
wirkt der Wechsel der Umgebung an sich und das Zusammen-
leben sowohl mit gleichaltrigen, als auch mit jĂŒngeren und
Ă€lteren SpielgefĂ€hrten auf viele Kinder sehr gĂŒnstig und ist
als Hilfsmittel bei der pÀdagogischen Behandlung des Bett-
nÀssens mit zu verwerten.
Sehen wir unser in den letzten Jahren von Oktober
1920 bis MĂ€rz 1922 behandeltes Krankenmaterial schul-
pflichtiger Kinder daraufhin durch, wie zahlreich die
BettnÀsser unter ihnen sind und aus welchem Milieu sie stam-
men, ob aus dem Elternhause oder aus Anstalten, so ergibt
sich folgendes: Unter etwa 1000 neu aufgenommenen Kindern
beiderlei Geschlechts vom 6. bis zum 14. Lebensjahre mit ge-
ringerer Mehrbeteiligung der Knaben, konnte bei 61 Kindern
d, h. bei 6% die Diagnose Enuresis nocturna gestellt werden.
Als BettnÀsser wurden neben den Kindern, die in der ersten
Zeit regelmĂ€Ăig einnĂ€Ăten, auch diejenigen bezeichnet, welche
von den Eltern mit dem Bemerken, daĂ ihr Kind an Bett-
nÀssen leide, eingeliefert wurden, ohne daà sie bei uns Symp-
tome ihrer Erkrankung zeigten. Kinder, die gelegentlich ein
oder das andere Mal einnĂ€Ăten, sind nicht berĂŒcksichtigt. Nur
in einigen FĂ€llen war das BettnĂ€ssen die Ursache fĂŒr die Ăber-
weisung in die Anstalt. Die Mehrzahl der Kinder litt an chro-
nischen Erkrankungen, namentlich an BronchialdrĂŒsentuber-
kulose, chronischen nichttuberkulösen Erkrankungen der At-
mungsorgane usw. Einige wenige zeigten neuropathische
oder hysterische Stigmata. In der groĂen Mehrzahl waren
sie nicht bettlÀgerig. Von den 61 Kindern waren 39 mÀnn-
40. Jahrg. â Nr. 27/28.
lieh und 21 weiblich, d. h. fast doppelt soviel Knaben als
MĂ€dchen, eine Tatsache, die von den meisten Autoren er-
wĂ€hnt wird, fĂŒr die es jedoch eine ausreichende ErklĂ€rung
nicht gibt. Die Mehrzahl der 61 BettnÀsser, nÀmlich 40,
waren Anstaltskinder, die zum gröĂten Teil aus anderen An-
stalten eingewiesen waren. Wegen Fehlens ausreichender
anamnestischer Angaben ist es leider nicht möglich, festzu-
stellen, wie lange diese 40 Kinder sich vorher in Anstalten auf-
gehalten und somit der individuellen hÀuslichen Pflege und
Erziehung entbehrt haben. Wie stark die prozentuale
Beteiligung der Anstaltskinder unter den BettnÀssern ist, er-
gibt sich aus Folgendem: Die Gesamtzahl der aus Anstalten
kommenden Kinder betrug bei uns in dem obenerwÀhnten I
Zeitraum rund 250, ihnen stehen 750 Kinder mit Elternhaus,
resp. Angehörigen- oder Familienpflege gegenĂŒber. Bett-
nÀsser waren unter den Anstaltskindern, wie erwÀhnt,
40, also etwa 1 6%, unter den aus hÀuslichen VerhÀlt-
nissen kommenden Kindern 21, also nur 2,8%. Ein Zweifel
dĂŒrfte daher nicht bestehen, daĂ die in Anstalten groĂ gewor-
denen und erzogenen Kinder hinsichtlich ihrer Sauberkeit den
glĂŒcklicheren gegenĂŒber, die Eltern oder Pflegeeltern besitzen,
im Nachteile sind. Was das Alter der einzelnen Kinder an-
betrifft, so sei erwÀhnt, daà das BettnÀssen keineswegs mit zu-
nehmendem Alter abnahm. Unter unseren 6 â 8jĂ€hrigen Kin-
dern befanden sich 9, unter den 12 â 14jĂ€hrigen 7 BettnĂ€sser,
trotzdem wir prozentual bedeutend mehr jĂŒngere als Ă€ltere
Kinder zu behandeln hatten. Der Rest von 45 Kindern ver-
teilt sich ziemlich gleichmĂ€Ăig auf die 9 â 11jĂ€hrigen.
Da es sich bei der ĂŒberwiegenden Mehrzahl unserer
kindlichen BettnÀsser um Individuen ohne nachweisbare Or-
ganerkrankung handelte, da ferner die Zahl der geistig ab
normen oder bildungsunfÀhigen jugendlichen Patienten, wie j
die der Neuropathen und Hysteriker, gering war, haben wir
nach wenig erfolgreichen BemĂŒhungen mit den gebrĂ€uchli- ?J
chen Methoden den Hauptwert auf die erzieherische <
Beeinflussung der Kinder gelegt. Dies hat den besonderen
Vorzug, daà der Arzt sich der verstÀndnisvollen Mitarbeit der j
Schwestern und KindergÀrtnerinnen erfreuen kann.
Wie sollen sich nun die erzieherischen MaĂnahmen in
einer Anstalt gestalten? Allgemeine Angaben ĂŒber Erziehung \
der Kinder zur Sauberkeit werden hÀufig gemacht, es fehlt aber
in der Literatur eine Schilderung spezieller Methoden. Und
doch erscheinen gerade die uns wichtig, da im allgemeinen
weder die Schwester noch der Arzt genĂŒgend pĂ€dagogisch
geschult sind, um mit allgemeinen Angaben etwas anzufangen.
Von ZĂŒchtigungen, die im Elternhause erlaubt sein *
mögen und dort auch Gutes leisten können, darf in Anstalten
natĂŒrlich kein Gebrauch gemacht werden. âDie Rute ist",
wie Thompson sagt, âeine Pflanzengattung, deren Auf-
nahme in die therapeutischen Hilfsmittel nicht zu empfehlen
ist". Eine Reihe anderer erzieherischer Methoden hat uns
auch bei Kindern, deren Leiden schon tiefer eingewurzelt war,
gute Dienste geleistet. Von ihnen soll im folgenden die Rede
sein.*)
Die Erziehung der bettnÀssenden Kinder muà mir* der
Aufnahme in die Anstalt beginnen. Im Anfang erfolgt eine
eindringliche Ermahnung zur Sauberkeit. Bei einer Anzahl
von Kindern, die als BettnÀsser eingeliefert waren, blieb das
EinnÀssen aus. Man darf wohl annehmen, daà in diesen
FĂ€llen der Milieuwechsel maĂgebend fĂŒr den Erfolg war und
daĂ die eindringliche Ermahnung nur unter dem EinfluĂ der
neuen Umgebung eine besondere Wirkung entfaltete. So
hatten wir ein neunjÀhriges MÀdchen zu behandeln, dessen
Mutter angab, daà eine Beeinflussung des BettnÀssens uns
wohl nicht gelingen wĂŒrde, denn sie und ihre zahlreichen
Geschwister â sie hatte 15 lebende Schwestern und BrĂŒder
â hĂ€tten bis zum 14. oder 15. Lebensjahre an dieser Krank-
heit gelitten und ihr Kind sei daher erblich schwer belastet.
Das MÀdchen hat wÀhrend ihres zehn wöchigen Aufenthaltes
*) Die Kenntnis der in folgendem zu schildernden erzieherischen
Methoden verdanken wir zum groPen Teil unserer Oberschwester
Hella H a f e m e i s t e r , die sie schon vor Jahren auf der Len-
h a r t z sehen Abteilung des Eppendorfer Krankenhauses angewandt hat.
K), Jahrg. Nr.27/28. MĂŒller- Waldeck: Chronische Schwerhörigkeil 478
in unserer Anstalt nicht ein einziges Mal ein«enĂ€Ăt. Ăhnlich
verhielten sich sechs bis acht andere Kinder.
Wo nicht sofort ein Erfolg eintrat, wurde das" Bestreben
zunĂ€chst darauf gerichtet, dem Kind zum BewuĂtsein zu brin-
gen, daĂ es unschicklich sei, das Bett zu beschmutzen. Schon
die Tatsache allein, daĂ jedes Kind, das eingenĂ€Ăt hat, bei der
Visite dem Arzt gemeldet wird, daĂ es auf der Fieberkurve
durch ein Kreuz gebrandmarkt wird, bewirkt bei einigen Kin-
dern, daĂ sie sich zusammennehmen und einsehen, daĂ es
eines Schulkindes unwĂŒrdig ist, einzunĂ€ssen. Androhung von
geringen Strafen und Aussetzen von Belohnungen fĂŒr Kinder,
bei denen eine Besserung festzustellen ist, wirken hier unter-
stĂŒtzend. So hatten wir kĂŒrzlich ein Kind in Behandlung, das
in den ersten zwei Wochen fast tĂ€glich einnĂ€Ăte. Die ver-
sprochene Belohnung mit einem Osterei, das ihm drei Wochen
vor Ostern in Aussicht gestellt wurde, hatte den Erfolg, daĂ
das Kind bis zu dem auf der Fieberkurve gekennzeichneten
Ostertermin völlig sauber war, um allerdings gleich nach
Ostern mehrmals, jedoch nur vorĂŒbergehend, das Bett wie-
der zu beschmutzen. Ein anderes Kind, ein kleines MĂ€dchen,
das sehr eitel war, wurde dadurch geheilt, daĂ man ihm an-
drohte, ihm die Locken abzuschneiden: ein Beispiel fĂŒr indi-
viduelle pÀdagogische Behandlung, wie sie sich aus der einge-
henden Beobachtung der Wesensart des Kindes ergeben kann.
In den meisten FĂ€llen genĂŒgen diese MaĂnahmen nicht.
Hier sind soezielle pÀdagogische Methoden erforderlich. Die
von uns angewandten sind im wesentlichen darauf gerichtet,
das SchamgefĂŒhl des Kindes anzuregen. Das geschah z. B.
durch Verlegen von Ă€lteren Kindern unter jĂŒngere. Als Bei-
spiel sei folgendes angefĂŒhrt: Ein fĂŒnfzehnjĂ€hriges, sehr in-
telligentes MĂ€dchen mit hysterischen Stigmata wurde aus
einem Berliner Krankenhause eingeliefert. Der Vater gab an,
daĂ das MĂ€dchen frĂŒher sauber gewesen sei, seit einigen Jah-
ren aber an einem Blasenleiden erkrankt sei und stÀndig ein-
nÀsse. Zuletzt sei es sechs Wochen im Krankenhause mit
BlasenspĂŒlungen ohne Erfolg behandelt worden. Wir legten
das Kind sofort in einen Saal, in dem es sich in Gesellschaft
von nur jĂŒngeren sechs- bis achtjĂ€hrigen bettreinen Kindern
befand. EinnÀssen erfolgte wÀhrend des mehrwöchigen Auf-
enthaltes bei uns nur einmal. Nach mehreren Monaten teilte
mir der Vater mit, daĂ sein Kind zu Hause nie wieder, wie er
befĂŒrchtet hatte, eingenĂ€Ăt habe. Der Heilungserfolg war in
diesem Falle wohl darauf zurĂŒckzufĂŒhren, daĂ das natĂŒrliche
SchamgefĂŒhl des Kindes geweckt wurde und es ihm zum Be-
wuĂtsein kam, daĂ es das, was kleineren Kindern mĂŒhelos ge-
lingt, auch können mĂŒsse. Noch drei andere Kinder haben
wir mit dieser Methode von dem BettnÀssen befreit.
Des weiteren bedienten wir uns derVerlegungvon
jĂŒngeren Knaben auf ein MĂ€dchenhaus. Die
Wirkung war in den meisten FĂ€llen erstaunlich. Knaben, die
zwei bis drei Wochen lang tĂ€glich einnĂ€Ă^en, waren wie umge-
wandelt. Sie wurden von den MÀdchen gehÀnselt, durften an
deren Spielen nicht teilnehmen, und man rrerkte ihnen deutlich
an, daà ihnen ihre Situation höchst unangenehm war. Ihr
SchamgefĂŒhl wurde in stĂ€rkstem MaĂe angeregt, und sie be-
mĂŒhten sich in auffallend kurzer Zeit, ihre Blasenfunktion zu
beherrschen. NatĂŒrlich birgt diese Art der Behandlung in
sexueller Hinsicht eine gewisse Gefahr, und man wird sie bei
frĂŒhreifen Kindern nur mit Vorsicht anwenden dĂŒrfen.
Eine dritte Methode, die uns gute Dienste leistete, war
folgende: Wir steckten die Knaben in MĂ€d:
chenkleider. Auch hierbei sahen wir in den meisten FĂ€l-
len eine rasche Heilung. Die Wirkung ist Àhnlich wie bei der
vorgeschilderten Methode, vielleicht noch etwas stÀrker. Etwa
15 Kinder sind in den letzten 1â l1/» Jahren von uns hierdurch
geheilt worden.
SchlieĂlich blieben uns noch einige FĂ€lle, namentlich bei
6 â 10jĂ€hrigen MĂ€dchen ĂŒbrig, bei denen iede angewandte
Therapie erfolglos zu sein schien. Aber auch hier wuĂte die
Oberschwester Rat und erreichte ihr Ziel durch Herstel-
lung des Milieus der SĂ€uglingstu b.e. In meh-
reren FÀllen wurde hartnÀckigen BettnÀssern des Abends die
Milch aus der Flasche verabfolgt. Einigen wurden vor dem
Schlafengehen Windeln angelegt, um ihnen klar zu machen,
daĂ sie eigentlich in ihrer geistigen Entwicklung noch auf der
Stufe eines SĂ€uglings stĂŒnden. Anderen wurde gesagt, daĂ
sie nicht das Recht hĂ€tten, in einem groĂen Bett zu schlafen
und eine Wiege bekommen mĂŒĂten. Die Herrichtung eines
Waschkorbes als Wiege und Aufstellung neben dem Bette be-
wirkte in vier FĂ€llen eine schnelle Heilung. Als Parallele zu
dieser letztgenannten Behandlung der Enuresis sei erwÀhnt,
daĂ es meinem Chef auch in der Privatpraxis gelang, zwei
Daumenlutscher durch diese Behandlungsn ethode, d. h. die
Verwendung von Requisiten aus der SĂ€uglingszeit, von ihrer
Angewohnheit zu befreien.
Als G e s a m t resultat der bei uns angewandten pÀdagogi-
schen Behandlungsmethoden des BettnÀssens können wir fest-
stellen, daĂ wir in den meisten FĂ€llen unser Ziel erreichten:
Von den 61 Kindern blieb nur bei vieren das Leiden unbeein-
fluĂt. Das Prinzip der Methode ist Anregung des Schamge-
fĂŒhles durch Mittel, die dem Ideenkreis des Kindes entspre-
chen. Durch die Erweckung des SchamgefĂŒhles wird offenbar
die Willenskraft des Kindes so gesteigert, daĂ es ihm auch im
Schlafe gelingt, die Blasenfunktion zu beherrschen.
Wir sind uns klar darĂŒber, daĂ die geschilderten Metho-
den kein Allheilmittel sind und auch, nur da durchfĂŒhrbar, wo
das Pflegepersonal auf sie eingestellt ist. Ihre erfolgreiche An-
wendung ist abhÀngig von dem Milieu, von dem Kind
selbst und von dem Erzieher. Ein groĂer Kreis schul-
pflichtiger Kinder, wie er bei uns vorhanden war, dĂŒrfte das
wirkungsvollste Milieu darstellen, in dem die Abgewöh-
aĂŒrig auch von sonstigen Untugenden bekanntlich oft verblĂŒf-
fend schnell erfolgt. Was das bettnÀssende Kind selbst anbe-
trifft, so könnte man annehmen, daà weder die indolenten noch
die besonders empfindlichen Kinder geeignete Objekte fĂŒr die
genannten Behandlungsmethoden sind. Das ist nicht der Fall.
Beide Kategorien waren unter unseren geheilten BettnÀssern
vertreten. Nur ein gewisses MaĂ von Intelligenz erscheint er-
forderlich. Was endlich die E r z i e h e r anbetrifft, so mĂŒssen
sie ĂŒber die notwendige AutoritĂ€t verfĂŒgen und bei der An-
wendung der geschilderten Methoden stets den Ernst der Si-
tuation wahren.
Bei den MiĂerfolgen, die wir hatten, handelte es sich um
4 sehr indolente, schwer lernende und begriffsstutzige Kinder.
Mit Geduld kann man auch hier anscheinend noch etwas er-
reichen.
Psychische Endemien von Enuresis, die hÀufig beschrie-
ben sind, sahen wir nicht. Gelegentlich kam es vor, daĂ ein
oder das andere Kind aus Gesellschaft ebenfalls das Bett ein-
nĂ€Ăte. Durchschnittlich hatten wir auf unserer Station mit
etwa 100 Kindern gleichzeitig nur 1 bis 2 BettnÀsser zu be-
handeln. Wir können wohl annehmen, daĂ dies gĂŒnstige Re-
sultat nur dadurch erreicht wurde, daĂ wir uns zum Ziel setz-
ten, die Kinder von Anfang an nicht nur wegen ihrer Krank-
heit zu behandeln, sondern auch pÀdagogisch auf sie einzu-
wirken, Literatur.
Zappert, Enuresis nocturna in Ergebnissen der inneren Medizin und
Kinderheilkunde, Springer 1920. Dort ausfĂŒhrliches Literatur-
verzeichnis.)
Bei Zanpert nicht erwÀhnt resp. spÀter erschienen.
Göppert-Langstein, âProphylaxe und Therapie der Kinder-
krankheiten", Springer 1920.
Karger, Fortschritte der Medizin 1922. Nr. 12.
Karger, Jahrbuch fĂŒr Kinderheilkunde, Bd. 98, Heft 1 und 2.
Moll, âDer Hypnotismus". Berlin 1905.
Pese, Jahrbuch fĂŒr Kinderheilkunde, Bd. 91, H. 5.
O. P f i^s t e^r, Lehrbuch der Psychoanalytischen Methoden, PĂ€dagogium
Plato, MĂŒnchn. med. Wochenschr. 1922. Nr. 12.
P o t o t z k y, Deutsche med. Wochenschr. 1922. Nr. 22. Zeitschr. fĂŒr
Kinderheilkunde. 1919, Nr. 21.
Zappert, Klin. Wochenschr. 1922, Nr. 1.
Beitrag zut Behandlung der chronischen,
fortschreitenden Schwerhörigkeit.
Von Dr. MĂŒller - Waldeck, Facharzt fĂŒr Hals, Nase, Ohr
in Pyrmont und Berlin.
Eine der schwierigsten aber auch dankbarsten Aufgaben
fĂŒr den Arzt ist die Behandlung, Besserung und Heilung der
4?4
MĂŒller-Waldeck: Chronische Schwerhörigkeit
40. Jahrg. â Nr. 27 28.
chronischen, fortschreitenden Schwerhörigkeit. Schwerer als
mit anderen Leiden Behaftete haben die Schwerhörigen an
ihrem Ăbel zu tragen. Es sind nicht nur körperliche und ge-
schÀftliche Nachteile, die besonders ins Gewicht fallen, son-
dern auch die niederdrĂŒckende Einwirkung auf das Seelen-
leben des Patienten. Er wird oft dadurch sich selbst und
seiner Umgebung zur Last. Gerade bei Schwerhörigen stellt
sich unendliches MiĂtrauen ein, sodaĂ die ihnen schon karg
bemessenen Freuden immer mehr verbittert werden. Es ist
unzweifelhaft, daà eine Zunahme der Schwerhörigkeit in den
letzten Jahren durch die EinflĂŒsse des Krieges im Felde und
in der Heimat zu verzeichnen ist (Mikroskopische BlutergĂŒsse
in die Nervenscheide durch ErschĂŒtterungen usw.).
Die Entstehung der Schwerhörigkeit, speziell der Otoskle-
rose, wird von verschiedenen Forschern verschieden gedeutet.
Jedenfalls sind sich alle darĂŒber einig, daĂ zuerst eine Stö-
rung der Blutversorgung der Knochenhaut, des Knochens und
der Schleimhaut eintritt, d. h. also, daĂ die Blutzirkulation
in den feinsten GefĂ€Ăen verlangsamt ist. Es machen sich z.
B. die ersten Anzeichen der Aderverkalkung (Arteriosklerose)
am Ohr bemerkbar. Deshalb ist jeder Schwerhörige, bei dem
andere Ursachen nicht zweifellos festgestellt werden können,
der Arteriosklerose verdÀchtig. Zusammenfassend stellen wir
also fest, daà die chronische progressive Schwerhörigkeit,
unter welchem Namen wir am besten den ganzen Komplex
nach dem Beispiel unseres Altmeisters L u c a e zusammen-
fassen, in ihren AnfÀngen auf Stagnationen im Blutlauf der
feinsten HaargefĂ€Ăe beruht. Ich erinnere dementsprechend
nur daran, daà fast alle OhrenÀrzte, die Schwerhörige be-
handeln, ihre Patienten vor kalten FĂŒĂen und vor AbkĂŒhlung
des Kopfes warnen.
An Behandlungsmethoden der Schwerhörigkeit, angefan-
gen von der brĂŒsken Lufteintreibung bis zur Diathermie, Hoch-
frequenz, Kataphorese usw., leiden wir keinen Mangel; ein
Zeichen dafĂŒr, daĂ keine bisher befriedigt. Seit vielen Jahren
bringe ich den Schwerhörigen, die in ihrer Hilflosigkeit von
einem Arzt zum andern laufen und alle Behandlungsmethoden
erprobt haben, ein weitgehendes Interesse entgegen und bin
nun zu einem Verfahren gelangt, das sich mir seit 4 Jahren
trotz strenger Kritik in vielen FÀllen als befriedigend bewÀhrt
hat. Leider handelt es sich ja meistens, wie es in der Natur
der Sache liegt, um Kranke, die seit vielen Jahren leidend sind
und schon die verschiedensten Behandlungsarten durchge-
macht haben. Meine Methode geht der Entstehungsursache
des Leidens (Störung im Blutumlauf und in der ErnÀhrung
des inneren Ohres) nach und beruht in erster Linie auf der
sinngemĂ€Ăen Anwendung der Lehren Biers, die er - in
seinen Arbeiten âHyperĂ€mie als Fleilmittel", âĂber Regene^
ration beim Menschen" niedergelegt hat.
Ich erziele durch den jetzt von der Inhabad-Gesellschaft
m. b. H., Berlin, hergestellten A u d i a t o r einen Zustand
von HyperÀmie und Anregung des Blutumlaufs durch einen
stÀndigen, zirkulierenden, unter negativem Druck stehenden
Luftstrom. Durch die Einrichtung, daĂ bei gleichzeitigem
normalem AtmosphĂ€rendruck auf den ĂŒbrigen Körper nur das
Ohr dem UnterdrĂŒck ausgesetzt ist, sich also in einer pneu-
matischen Partialkamnier befindet, erziele ich eine verstÀrkte
Wirkung. Sie ist gleichlaufend der durch Aufenthalt im Ge-
birge, wo bekanntlich der Luftdruck vermindert ist, erzielten
Besserung der Schwerhörigkeit. Wir können also von einer
Behandlung mit kĂŒnstlicher Höhenluft sprechen. Durch die
HyperÀmie entsteht eine Durchblutung der SchleimhÀute, der
Gelenkverbindungen zwischen den einzelnen Gehörknöchel-
chen mit dem inneren Ohr (ovales Fenster) und der nach den
neuesten Untersuchungen (Dahns) so wichtigen Binnen-
muskeln des Ohres. Infolgedessen werden die Gelenkverbin-
dungen zwischen den Gehörknöchelchen und die Trommel-
fell-SteigbĂŒgel-Muskulatur beweglicher, Ă€hnlich wie man ver-
steifte Glieder in warmem Wasser ausgiebiger massiert. Da-
durch, daĂ man das Ă€uĂere Ohr unter Minusdruck setzt,
findet infolge der Verbindung, die zwischen den BlutgefĂ€Ăen
des inneren Ohres und des Ă€uĂeren Gehörganges durch Ver-
mittlung der TrommelfellgefĂ€Ăe besteht, auch eine BlutĂŒber-
fĂŒllung und Anregung der Zirkulation in den GefĂ€Ăen des
inneren Ohres statt. Auch die Endolymphe wird in leicht
strömende Bewegung gesetzt, sodaà eine direkte Beeinflussung
des Cortischen Organs durch molekulare Massage erreicht
wird. Gleichzeitig lassen sich in meinem Apparat flĂŒchtige,
die HyperÀmie steigernde Arzneistoffe durch den Minusdruck
lebhafter verdampfen, die eine Reizwirkung auf die luftleer
gesaugten Gewebe und durch Vermittelung der sensitiven Tri-
geminus-Ăste auf das zentrale Gehörnervengebiet ausĂŒben.
Um eine Wiederbelebung des durch Nichtgebrauch erlahmten
Hörnerven und gleichzeitig eine Mikromassage des Trommel-
fells und damit der Gehörknöchelchen zu erzielen, lasse ich
gleichzeitig durch Einschalten einer entsprechenden Stimm-
pfeife abgestimmte Schwingungen auf Trommelfell und Nerven
wirken. Da bekanntlich bei verschiedenen Arten von Schwer-
hörigkeiten entweder hohe oder tiefe Töne der Tonskala aus-
fallen, setze ich nach stattgefundener funktioneller PrĂŒfung des
Gehörs eine dem ausgefalleneu Ton entsprechende Stimm-
pfeife in die Apparatur ein und erzeuge dadurch isovalente
Wellen. Ich will hierdurch eine Wiedererziehung des er-
krankten Nerven erreichen. (Ăbungs-Therapie). Den Wechsel
zwischen Schonungs- und Ăbungs-Therapie, ebenso wie den
Grad des Unterdruckes muĂ der geschulte Arzt bestimmen,
damit die physiologische Reizschwelle nicht ĂŒberschritten
wird.
Als ein weiteres UnterstĂŒtzungsmittel in der Behandlung
der Schwerhörigkeit hat sich mir seit Jahren folgendes Ver-
fahren bewĂ€hrt. Zur Anregung des Gehörnerven ĂŒbe ich
eine ganz feinschlÀgige Vibrationsmassage gewisser peri-
pherer Nervenpunkte aus; es erfolgt durch sensitive Trige-
minus-Ăste (Urbantschitsch) eine Weiterleitung auf das
akustische Zentralgebiet, es wird also gewissermaĂen die
Hauptstelle von einer Nebenstelle aus angerufen. Wenn die
richtigen Nervenpunkte getroffen sind, geben die Patienten die
Empfindung eines leichten Kitzels an, den sie in die Gegend
hinter dem Trommelfell verlegen. Es ist zur theoretischen
BegrĂŒndung meines praktisch erprobten Verfahrens inter-
essant, daĂ Dr. GrieĂmann (NĂŒrnberg) infolge einfacher,
durch KĂ€lte- oder WĂ€rmeeinwirkung erzielter Erregung be-
stimmter Punkte, ebenfalls der Ă€uĂeren Haut, dieselben Reak-
tionen des Ohrlabyrinthes erzielt hat wie durch direkte Rei-
zung der BogengÀnge.
Die Methode kann natĂŒrlich kein Allheilmittel sein, hat
sich aber in vielen FĂ€llen als befriedigend erwiesen und wird
auch in der Hand des praktischen Arztes ErsprieĂliches leisten.
FĂŒr meine seit 4 Jahren praktisch erprobte Behandlung bringt
Schwerdtfeger (Archiv fĂŒr O. N. K. Bd. 109 Heft 4)
sehr wichtige theoretische BelÀge. Er betont die AbhÀngig-
keit der Funktionen des Ohres von der Zirkulation und den Ka-
pillaren. Die von mir durch den Audiator schon erreichte
âSteigerung des Kapjllarkreislaufes im Ohrgebiet erscheint als
neues therapeutisches Ziel".
Aus der Abel sehen Frauenklinik, Berlin.
Die Verwendung eines organischen
NÀhrprÀparates.
Dr. W. NuĂbaum, Assistent.
Sowohl die pflanzliche wie die tierische und menschliche
Zelle bedarf zur Erhaltung ihrer Lebensfunktion notwendig
bestimmter Mineralbestandteile. In erster Linie wird heute
Eisen, Arsen und Phosphor verwendet. Dient das Eisen mehr
zur Steigerung des HĂ€moglobingehalts, das Arsen mehr als
Stoffansatz vermittelndes Tonikum, so kommt dem Phosphor
eine mannigfaltigere Bedeutung zu.
In den letzten gröĂeren Arbeiten der OrthopĂ€die
(Simon) wird auf die Bedeutung des Phosphors hingewie-
sen als knochenaufbauendes Element nicht nur bei den ein-
fachen Formen der Rachitis, Osteomalazie, sondern auch bei
den gerade wĂ€hrend des Krieges in besonders groĂer Zahl
auftretenden Krankheitserscheinungen der Osteopathie.
10. Jahrg. -Nr. 27/28.
NuĂbaum! NĂ€hrprĂ€parat
47 6
Neuerdings berichtet ausfĂŒhrlich Embden ĂŒber sein
PrÀparat Rekresal, ebenfalls ein PhosphorprÀparat unter be-
sonderem Hinweis darauf, daà die tÀtige Muskelzelle phos-
phorhaltige Stoffe abspaltet und mit ihrem Verlust die Leis-
tungsfĂ€higkeit nachlĂ€Ăt. Ich konnte mich selbst bei der Beauf-
sichtigung der Versuche ĂŒberzeugen, daĂ tatsĂ€chlich eine Zu-
nahme der Muskelleistung am Ergostaten bei Verabreichung
eines PhosphorprÀparates stattfand. Beim Abbau der Kohle-
hydrate im Muskel geht eine Anlagerung von PO> an diese
oder eine dem Traubenzucker nahe verwandte Verbindung
voraus. Die Spaltung des sogenannten Laktazidogens in
MilchsÀure und PO« soll die Muskelkontraktion verursachen
oder einleiten (Embden).
Diese beiden Beispiele mögen genĂŒgen, um darauf hinzu-
weisen, daĂ der Organismus dieses anorganischen Stoffes be-
darf. Aber die Meinungsverschiedenheiten entstehen weniger
dadurch, daĂ ĂŒberhaupt P nötig ist, sondern dadurch, daĂ P,
organisch in der Nahrung gebunden, ĂŒberflĂŒssig sei.
P. findet sich gebunden in den Phosphatiden als Bestand-
teile des MolekĂŒles. Er kommt in den NukleinsĂ€uren vor. Er
ist z. B. an die Phytin- u. P. proteide (z. B. Kaseinogen) ge-
bunden. Jedoch ist die Zusammensetzung der Proteide noch
wenig erforscht, uns fehlt bei den NukleinsÀuren der Einblick
in die Bindungsart der Pyrimidinbasen; ferner wissen wir
nicht, in welcher Art und Weise in den Nukleoproteiden die
einzelnen Komponenten miteinander verknĂŒpft sind.
Einfache Versuche lehrten nun, daĂ P in organischer Bin-
dung abgebaut wird. Die Phosphornotwendigkeit war durch
Forsters Versuchsanordnung eindeutig. Seine Tiere gin-
gen bei Verabreichung von möglichst aschefreier Nahrung
schneller zugrunde als bei völligem Nahrungsmangel.
Hunde nehmen an Gewicht stark zu, wenn ihnen in der
Nahrung nur die Bausteine der Fette, Kohlehydrate, EiweiĂ-
stoffe verabreicht werden. Es wÀre gesucht, sagt Abder-
halden, wenn man annehmen wollte, daĂ in diesen FĂ€llen
neben den ĂŒbrigen Stoffen auch die Phosphatide nicht ver-
mehrt seien. Der tierische Organismus kann Phosphatide
synthetisch bereiten. Er kann die einzelnen organischen Bau-
steine bilden und dann aus diesen Phosphatide bilden. Es
unterliegt wohl kaum einem Zweifel, daĂ jeder tierische Orga-
nismus sich die verschiedenartigen Phosphatide nach erfolg-
tem Abbau der in der Nahrung zugefĂŒhrten Stoffe bereiten
kann. Aber auch Abderhalden gibt nur einer Wahr-
scheinlichkeit Ausdruck, daĂ die bei der Verdauung im Darm-
kanal entstandenen Bausteine nicht mehr alle zusammengefĂŒgt
und den Zellen vielmehr (z. B. Glyzerylphosph., Fett, Cholin)
zur VerfĂŒgung gestellt werden. Abderhalden konnte
noch 1915 sagen, daĂ wir noch nicht genau die einzelnen Ver-
treter der Phosphatide kennen und es unmöglich sei, vor allem
die Art ihres Eingreifens, die Beteiligung an bestimmten Zell-
prozessen in dem Zellstoffwechsel durch Experimente aufzu-
klÀren.
Was die aus den Phosphatiden hervorgehenden Abbau-
produkte anbetrifft, so wissen wir, daà sie zunÀchst von Zell-
fermenten in ihre Bausteine zerlegt werden. Hierbei dĂŒrfte
es, wie erwÀhnt, zur Bildung von GlyzerylphosphorsÀure, von
FettsÀure und Cholin kommen. Die erste Verbindung wird
dann weiter in Glyzerin und PhosphorsÀure gespalten. Das
Vorkommen der stickstoffhaltigen Base Cholin dĂŒrfte wohl in
mehr oder wenig direktem Zusammenhang mit dem Phos-
phatidstoffwechsel stehen. Es ist beim Auf- und Abbau von
Phosphatiden als Zwischenstation zu erwarten. Dabei ist
selbstverstÀndlich gut möglich, daà dem freien Cholin im
Zellstoffwechsel noch eine besondere Bedeutung zukommt.
(Bei intravenöser Zufuhr bewirkt es vorĂŒbergehende Blut-
drucksenkung.) Die Bausteine Glyzerin und FettsÀure der
Phosphatide werden in der gleichen Weise weiter verarbeitet
wie die entsprechenden Bausteine der Fette. Die Phosphor-
sÀure kann weiter Verwendung finden oder sie kommt im Harn
zur Ausscheidung. '
Proteide
Nukleoproteide FarbstoffeiweiĂverbindungen
NukleinsĂ€ure EiweiĂ
Auch zur Synthese der NukleinsÀure liefert die tierische
Zelle zwei bausteine: PhosphorsÀure und Kohlehydrat
Die erstere nimmt er mit der Naiirung in Form von Phospha-
tiden auf; sie kann aucii aus Phosphatiden und den phosphor-
haltigen Proteinen geoĂŒdet weiden.
Am Scniusse dieser btottwechselerörterungen dĂŒrfen wir
z. Zt. nur sagen, dais K> in a n o r g. f orm genĂŒgt, ja sogar in
dieser Lorm zur VerfĂŒgung sein muri, damit die Zeile der Ge-
webe die verschiedenen BedĂŒrfnisse befriedigen kann. Bei der
Verdauung von Nahrungsmitteln mit Pankreassait kann man
den gröĂten Teil der in organiscner Bindung befindlichen
Phospnorsaure in freiem Zustand nachweisen. Ferner findet
man im Darminhalt freie Phospnorsaure resp. anorg. Phos-
pnate, wenn man Phosphate und Nukleoproteide resp. Nu-
kleinsĂ€uren verfĂŒttert. Es spricht somit vieles dafĂŒr, daĂ der
tierische Organismus anorganische Phosphate verwerten kann.
Aber selbst Abderhalden hebt hervor, daĂ es ganz
gut möglich sei, uab auch organische Phosphor-
sÀureverbindungen- zur- Resorption gelangen
und erst in den Geweben die vollstÀndige Spaltung der zusam-
mengesetzten Verbindung sich vollzieht. Ferner sei es denk-
bar, daĂ zu bestimmten Funktionen P Verbin-
dungen eigener Art notwendig sind.
v. Noorden bezweifelt, ob Phosphatide, als deren
wichtigsten Vertreter er das Lecithin hĂ€lt, ĂŒberhaupt unzerlegt
resorbiert werden.
âDie fĂŒr das Leben und fĂŒr die TĂ€tigkeit jeder einzelnen
Zelle und fĂŒr den Eintritt der NĂ€hrstoffe und den Austritt der
Stoffwechselprodukte durch die Zellwand Ă€uĂerst wichtigen
phosphorhaitigen Lipoide baut sich der Körper selbst auf."
Wahrscheinlich werden alle Phosphatide im Darm zertrĂŒm-
mert und ihre PhosphorsÀure wird als freies Jon oder in ein-
fachster Bindung resorbiert. Sowohl Abderhalden als
auch v. Noorden lassen die Möglichkeit offen, daà organ.
Phosphorverbindungen resorbiert werden können.
Ziehe ich nun noch obendrein die Versuche H. W i n -
t e r s t e i n s in ErwĂ€gung, so liegt der Gedanke nahe, daĂ
tatsÀchlich organische Verbindungen durch den Darm hin-
durch resorbiert werden. Ebenfalls lĂ€Ăt meine klinische Be-
obachtung, die ich mit Hilfe eines organischen PhosphorprÀ-
parats anstellte, darauf hinweisen.
W i n t e r s t e i n untersuchte am Froschnerven mikro-
respiratorisch den Gaswechsel und mikrochemisch den Um-
satz an Kohlehydrat und Stickstoff (an ausgeschnittenen Ner-
vengebilden). Er stellte fest, daĂ der Stoffumsatz des RĂŒcken-
marks edenfalls das Mehrfache von demjenigen gleicher Ge-
wichtsmengen peripherer Nervensubstanz betrĂ€gt, und daĂ
neben den Oxydationsprozessen auch Stickstoffumsatz bei der
NerventÀtigkeit stattfindet. Durch Zusatz von geeigneten
Zuckerarten zur NĂ€hrflĂŒssigkeit lieĂ sich eine Herabsetzung
des Verbrauches an Stickstoff und Kohlehydrat im periphe-
ren Nerven, beim FroschrĂŒckenmark durch Bestimmung des
Ătherextrakts sogar eine Ersparnis im Verbrauch fettartiger
Substanz nachweisen. Und andererseits gelang es, durch Zu-
satz von Lecithin, Protagon und Zerebrin in Emulsion zu der
NĂ€hrflĂŒssigkeit, in der sich der elektrisch gereizte Nerv be-
fand, den Mehrverbrauch an Stickstoff bei der Erregung ge-
genĂŒber der Ruhe sehr bedeutend herabzudrĂŒcken. Ich stimme
B o r u 1 1 a u auf Grund klinischer Beobachtungen bei, der
mit Recht sagt, daĂ die Lipoide bezw. Phosphatide der Ner-
vensubstanz in deren funktionellem Stoffwechsel eine wichtige
Rolle spielen und der Ersatz durch Zufuhr in der Nahrung fĂŒr
die Erhaltung normaler Funktion des gesunden Nervensystems
und ihre Wiederherstellung bei ZustÀnden möglich ist, die
man seit E d i n g e r als Aufbrauchkrankheiten bezeichnet.
Zeigte doch schon Salkowski, 1913, daĂ durch ge-
eignete Darreichung von Gehirnphosphatiden in unverÀnder-
tem Zustand sich der Gehalt des Zentralnervensystems der
Versuchstiere an solchen merklich steigern lĂ€Ăt.
Die Versuche werden neuerdings durch Versuche B o -
r u 1 1 a u s an Kaninchen bestÀtigt. Der absolute und rela-
tive Gehalt an Àtherlöslichen Substanzen wie auch an Lipoid-
phosphor stieg bei Tieren, bei denen ein organisches NĂ€hr-
47b
prĂ€parat Promonta verwendet wurde, gegenĂŒber Kontroll-
tieren sowohl im Gehirn als auch im RĂŒckenmark. F e i g 1
gab die Verwertung des Gehirnes der Schlachttiere an. Auf
Grund chemisch-fabrikatoricher Prinzipien, ein haltbares
TrockenprĂ€parat des Gehirns zu erzielen (kĂŒchenmĂ€Ăige Ver-
arbeitung verÀndert naturgemÀà das Gehirn). Protagon,
Cerebrin, iipoidische P ist darin nachzuweisen, daneben ent-
hÀlt das PrÀparat (polyvalente) Vitamine animalischen und
vegetabilischen Ursprungs, nÀmlich solche des Eigelbs, der
Milch und frischer Getreidekeime. AuĂerdem Calz. glyzerin.
phosphorik., Eisenalbuminat, HĂ€moglobin, lösl. EiweiĂ-
Stoffe, Kohlehydrate. So hat nicht nur das PrÀparat einen qua-
litativen NĂ€hrwert, sondern ruft durch den Zusatz der Vita-
mine (ErgÀnzungsstoffe Abderhaldens) eine katalytische
Wirkung hervor, d. h., sie lösen einen allgemeinen chemischen
Vorgang aus, ohne selbst mit ihrer Substanz im Organismus
aufzugehen. KĂŒlz stellt folgenden Versuch an: wenn man
ein StĂŒck Zucker in die Flamme des Spiritusbrenners hĂ€lt, ver-
brennt es nicht, sondern schmilzt und tropft in die Flamme
hinein. Nimmt man aber den WĂŒrfel und bringt zuvor eine
Ecke mit einem Teilchen des zu prĂŒfenden Stoffes in Kontakt,
so brennt er, falls es sich um einen Katalysator handelt, stĂŒr-
misch ab. Viele Heilmittel geben diese Erscheinung ab; Pro-
monta gehört auch zu ihnen. Ist es nicht zu vermuten, daĂ
im chemischen Haushalt des menschlichen Organismus eine
Ă€hnliche Wirkung auftritt? Ich erinnere nur an die Heilung
der Beri-Beri-, Skorbut-Krankheit in Indien durch eine kleine
aus Indien stammende Bohne Kadjan-idjoe, die Buddha in sei-
nem Religionskodex als Zusatz der Nahrung vorschrieb
(D i a s).
Die letzten Tierversuche Weygandts mit Promonta
bestÀtigten wiederum die S a 1 k o w s k i sehen Versuche.
Iu kurzer Zeit wurde es als Nerven- und Allgemeinnah-
rungsmittel bekannt.
SÀmtliche Autoren heben die AllgemeinkrÀftigung, insbe-
sondere die psychische KrÀftigung hervor.
Nonne, Deneke, RĂŒmpel beobachteten gĂŒnstige
Erfolge bei nervösen ZustÀnden, W e y g a n d t sieht das
NĂ€hrmittel als unentbehrlich bei Nervenleiden und psychisch-
nervösen Störungen an. Neuberger und Zimmer he-
ben das gebesserte Allgemeinbefinden hervor; Kauf-
mann teilt nach einer groĂen Versuchsanordnung mit, daĂ
seine Patienten nach 3 Wochen 2,5 kg, nach 6 Wochen 4,3 kg
an Gewicht zunahmen.
Ich selbst hatte Gelegenheit, das Mittel an der Abel-
sehen Fraeuenklinik in seiner Wirksamkeit zu beobachten.
Das Mittel hielt ich indiziert
1 . nach Operationen (insbesondere in cen ersten 8 Tagen
danach), da durch Unmöglichkeit der Nahrungsauf-
nahme Ersatzstoffe dem Körper fehlen;
2. bei jeder fieberhaften Erkrankung, die den Stoff-
wechsel steigert, zur weitmöglichsten, vorĂŒbergehen-
den Regulierung des Stoffwechsels;
3. in der Rekonvaleszenz, um den KrÀftezustand mög
liehst schnell zu heben;
4. bei durch Blutungen (protahierter Abort, Myomblu-
tungen) geschwÀchte Operationen.
Es zeigte sich, daà sich bei sÀmtlichen Patienten der All-
gemeinzustand hob, die Gewichtszunahme trat auffallend
schnell auf, sodaĂ der suggestive Wert, wie es einem jeden
Heilmittel zu eigen ist, nur noch erhöht wurde. Eine Patientin
schreibt mir: âDas verordnete NĂ€hrmittel ist mir sehr gut
bekommen; schon nach 8tĂ€gigem Gebrauch fĂŒhle ich mich
bedeutend gekrÀftigt. Ich habe bereits 3 Pfund zugenommen."
Eine andere Patientin (Myom, Myotomie) nahm unter
gleichzeitiger Verordnung von Brom an Gewicht zu und litt
kaum unter den Folgen der Uterusexstirpation. Neurasthe-
nische Erscheinungen verschwanden fast gĂ€nzlich, sodaĂ
Pat. vollkommen arbeitsfÀhig ist.
Eine dritte Patientin (Appendizitis) bekam ein heftiges
Rezidiv. Hohes Fieber. Rapide Gewichtsabnahme. Schon
im Fieber Promeinta-Darreichung. Auffallende AllgemeinkrÀf-
tigung schon nach achttĂ€gigem Gebrauch. AbgekĂŒrzte Re-
konvaleszenz.
Aus diesen drei typischen FĂ€llen, untei vielen, entnehme
ich folgendes: möglichste Darreichung des PrÀparates in der'
GynÀkologie bei allgexi: einen schwÀchenden Krankheiten mit
Begleitung nervös-psychischer ZustÀnde.
Gerade den Patienten der Kasse wĂ€re es erwĂŒnscht,'
wenn die Kassen es zur Verordnung zulieĂen.
Literatur.
Abderhalden: 1. Lehrbuch.
2. Studien ĂŒber den Einfluri der Art der Nalnung auf das Wohl-
befinden des Individuums. PfiĂŒgers Archiv, iyĂŒ9, Bd. 175.
3. PflĂŒgers Archiv, Bd. 172.
Boruttau: Zeitschr. f. physik. u. diÀt. Iherapie, 1921, B. XXV ]
Feigl: I herap. Hmh., I9z0, ri. 22.
Kaufmann: AUg. n.ediz. Zentralztg., öd. 51, Ii. 5.
KĂŒlz: BlĂ€tter f. biolog. Medizin, 1921, H. 8.
i I i r s c h b e r g u. W i n.t e r s t e i n : Zeitschr. i. physioiog. Chemie,
i919, Bd. 108, S. 777, Bd. 105, S. 77.
v. Noorden-balomon: Allg. DiÀt. W., Berlin, 1920, S. 187.
Kieber: 1 herap. Hmh., i920, Ii. 21.
Salkowski: 1913, Biochem. Zeitschr., Bd. 51, H. 5.
Aus de in Kurparksanatorium, Bad Homburg
v. d. H.
Ueber die wirksame Verbindung von
mineralischen und pflanzlichen AbfĂŒhrstoffen.
Von Dr. B. L a t z (Bad Homburg v. d. H.).
Die Behandlung der chronischen StuhltrÀgheit ist eine
diÀtetische
Dieser Leitsatz kann fĂŒr die groĂe Mehrzahl aller f Ă€lle
geilen. Wir liaben in der Belastung skost (Grobkost) nach"
von Ncorden eine so wirksame Methode in HĂ€nden, dali
wir Dauererfolge nur mit dieser mindestens in neunzig Pro-
zent der hÀlle erzielen, vorausgesetzt, daà die erforderliche
Kcstwanl vom Arzte richtig angegeben und vom Patienten
richtig durchgefĂŒhrt wird. Der GeĂŒbte wird senr bald die
hÀlle abschÀtzend erkennen, wo besonders bei spastischen
Einschlag der Ubergang zur Schcnungszeit wĂŒnschenswert
erscheint. Die sinngemaue Anpassung an die Krankheitssymp-
tome ermöglicht es fast stets mit rein diÀtetischen Vorschriften
auf die Dauer auszukommen.
Bei klinisch behandelten FĂ€lien fĂŒgen wir gern fĂŒr die
grundlegende Kur (jÀhrliche Wiederholungen sind hÀufig
empfehlenswert) Homburger oder Kissinger brunnen, Milch-
zucker, Vibrationsniassage oder manuelle Massage, hyorothe-
rapie, Gymnastik, in strenger Anpassung an den hinzelfall zu
den DiÀtvorschriften zu.
Von medikamentöser Behandlung sind wir immer mehr
abgekommen, und wir betrachten es als unsere Hauptaufgabe
gerade bei habituell Verstopften, die Patienten nach und nach
von dem medikamentösen MiĂbrauch zu entwöhnen. Es ist
klar, daĂ bei akuter Verstopfung, auch bei Intoxikationen jeder
Art, das AbfĂŒhrmittel zur schnellen Entleerung eine entschei-
dende Rolle fĂŒhrt. FĂŒr diese Zwecke wird jeder Arzt seine be-
sonderen Lieblingsmittel besitzen und empfehlen.
Von Wichtigkeit schien es, ein Mittel an der Hand zu
haben, das bei Einleitung und DurchfĂŒhrung einer diĂ€tetischen
Antiobstipationskur die Entwöhnung erleichterte und bereits
nach wenigen Tagen zu regelmĂ€Ăigen Stuhientleerungen fĂŒhrt,
dabei gleichzeitig die atonische und die spastische Form der
Verstopfung berĂŒcksichtigte und die Stuhlmassen ohne Gewalt
möglichst schonungsvoll aus dem Darm herausbefördert. Die-
ses Endziel wurde verfolgt, als auf der Basis der Homburger
Salze unter Zusatz von kalmierenden und desinfizierenden
Substanzen ein Pflanzengemisch zusammengestellt wurde, das
jeden gröberen Reiz ausschloĂ und leicht bei Eintritt natĂŒr-
licher DefÀkation beseitigt werden konnte, um nur gelegentlich
als ausnahmsweise Nachhilfe benutzt zu werden.
Die Bad Homburger-AbfĂŒhrtabletten (auch Abtabtablet-
ten oder Andantoltabletten benannt) sind wie folgt zusammen-
gesetzt:
K). Jahrg. â Nr. 27/28,
Dreuw: SpĂŒldesinfektion
477
i io.i burger Sal/. â leicht anregende Kraft (Sekretionser-
reger), Aloe unter Ausschaltung der Ballaststoffe = Dickdarni-
i&rreger (bihiebeinittel), Pfefferminzöl = örtlich schmerzstil-
lend und antiseptisch (Galle), I enchel, Kamille, Baldrian
antispastisch, Beruhigung der Darmnerven (Meteorrismus).
Die ĂŒrundsubstanz ist den Mineralquellen Bad Hom-
burgs entnommen, und diese Salze bilden den Hauptbestand-
teil der Homburger AbfĂŒhrtabletten. Die vorzĂŒgliche tiinwir-
kung dieser Stoffe auf die SchleimhÀute des Magens und des
Darmes ist bekannt. Die DrĂŒsenarbeit und die MuskeltĂ€tig-
keit des Magendarmkanals werden in mildester Weise ange-
regt, besonders in Verbindung mit gleichzeitiger Darreichung
von Elisabethen-Quelle morgens nĂŒchtern. Mit diesen mine-
ralischen Bestandteilen sind pflanzliche Stoffe verbunden, die
vereint eine langsam aber sicher wirkende, schmerzlose Ent-
leerung des Darmes hervorrufen. Die wirksamen Bestandteile
der Aloe wurden auf eine neue besondere Art zur Anwendung
gebracht, die diesem Mittel in kleinsten Dosen zugesetzt, unter
Ausschaltung der drastischen Wirkung und unter gleichzeiti-
ger Verwendung einer beruhigenden Substanz, wie gesagt,
eine etwas verzögerte aber sichere und schmerzlose Wirkung
hervorzubringen imstande sind. Fenchel. Kamille (in der
neuen Form des Kamillosan-Extraktes) und Baldrian beruhi-
gen die Darmnerven und verhindern gleichzeitig nach Besei-
tigung vorhandener Gasreste die Bildung von BlÀhungen.
Der Zusatz von Pfefferminz gibt den Tabletten nicht nur einen
angenehmen Geschmack, sondern regt erfrischend Magen- und
DarmdrĂŒsen an, besonders die TĂ€tigkeit der Gallenblase, so-
daĂ wir die Tabletten auch bei den zahlreichen FĂ€llen von Ver-
stopfung mit gleichzeitiger Gallenblasenreizung verwenden
konnten.
Innerhalb des letzten Jahres haben wir in za. 200 FĂ€llen
das Mittel in Anwendung gebracht, niemals eine schÀdigende
Wirkung beobachtet und mit Ausnahme von einigen ganz
schweren FÀllen von Verstopfung, bei denen eine Gewöhnung
an drastische Mittel vorlag, keinen Versager gesehen. Es han-
delte sich zumeist um FĂ€lle von akuter und chronischer Ver-
stopfung jeder Art teilweise mit gleichzeitigen ReizzustÀnden
in der Gallenblasengegend und in der Appendixgegend. Als
Zusatz bei Brunnenkuren haben sich die Tabletten besonders
bewÀhrt.
Die Tabletten werden am besten morgens nĂŒchtern mit
Wasser genommen. Die Dosis schwankt zwischen 2 â 4 Ta-
bletten, bei einfachen FĂ€llen genĂŒgen oft auch zur leichten An-
regung 1 â 2 StĂŒck. Der Stuhlgang erfolgt za. 10â12 Stun-
den spÀter, völlig schmerzfrei, massig, in ein bis zwei Por-
tionen. Oft ist auch eine Fernwirkung am zweiten und dritten
Tage festzustellen. Eine Gewöhnung tritt nicht ein.
Die Bad Homburger AbfĂŒhrtabletten sind daher nach der
chemischen Zusammensetzung und auf Grund der klinischen
Erfolge ein harmloses, gutwirkendes AbfĂŒhrmittel, hergestellt
im bewuĂten Gegensatze zu den drastischen Mitteln und zur
UnterstĂŒtzung diĂ€tetischer Kuren aller Art, besonders geeig-
net, gut verwendbar auch fĂŒr dauernden Gebrauch, aber nur
in den FĂ€llen, wo diĂ€tetische MaĂnahmen allein nicht genĂŒgen.
Ueber ein neues System der kontinuierlichen
SpĂŒldesinfektion.
(Mil besonderer BerĂŒcksichtigung der Gonorrhoe-Behandlung in
sozial-hygienischer Beziehung.)
Von Dr. Dreuw- Berlin.
Eine Verbesserung der therapeutischen T e c h n i k
bedeutet einen Fortschritt auf dem Gebiete der Sozial-
hygiene, die letzten Endes mit der Therapie steht und
fÀllt.
Ne isser bat einmal betont, daĂ eine Metbode, die
ieine nicht in die Blase dringende, desinfizierend wirkende
Dauerberieselung der weiblichen Harnröhre garan-
tiere, der Behandlung der sozial-hygienisch (Prostitution) so
wichtigen Erkrankungen des weiblichen SexuallrakUis einen
groĂen Dienst erweisen wĂŒrde.
Das folgende System eröffnet fĂŒr die Therapie des mĂ€nn-
lichen Trippers und namentlich fĂŒr die der weiblichen Ure-
thral-Gonorrhoe und fĂŒr (Iii- desinfektorische SpĂŒltechnik
ĂŒberhaupt neue Perspektiven.
Die in Fig. 3, I, 5 u. 6 abgebildeten von mir angegebenen
Instrumente gewĂ€hrleisten SpĂŒlung, D e s i n l ekt i o n ,
\\ a r m b e b a n d 1 u n g u n d Massag e d er II a r n -
röhren wand. Nicht jedoch war es möglich, alle diese
Faktoren mit einer Dauerberieselung der Harnröhre
von X> bis 1 Stunde und noch lÀnger bei automatisch
regulierbarem K o n z e n t r a t i o n s g r a d , D r u c k
u n Temperatur zu kombinieren. Die im folgenden be-
schriebene neue therapeutische Methodik wird inbezug auf
die Gonorrhoetherapie der mÀnnlichen und weiblichen Harn-
röhre auch diesen Indikationen und damit all den Forderun-
gen gerecht, die Neisser theoretisch fĂŒr wĂŒnschenswert
hielt.
Die Entdeckung des Gonokokkus hat fĂŒr die Behandlung
der Geschlechtskrankheiten â und zwar mit Recht â die
bakterientötende Methodik in den Vordergrund geschoben.
Aber eine groĂe Propaganda, die die Grenzen des Erreich-
baren bedeutend ĂŒbersehritt, hat seit Anfang dieses Jahr-
hunderts eine Menge von neuen gonokokkentötenden Mitteln
auf den Markt geworfen und vielfach die Biolo-
gie z u Gunsten der Bakteriologie v e r d r À n g t.
Die Harnröhre betrachtete man damals als ein Gono-
kokken beherbergendes Reagenzglas, in dem man, unbe-
kĂŒmmert darum, daĂ man doch mit den verzweigten Littre'-
schen und anderen DrĂŒsen rechnen muĂte, lediglich die im
Rohre anzutreffenden Gonokokken protargolisierte. Als dies
jedoch allein nicht zum Ziel fĂŒhrte, stellte man, um die in
der Tiefe lagernden Gonokokken als durch das Protargol,
Argentamin usw. abtötbar darzustellen, die Behauptung von
einer Tiefen-Therapie auf, wenn man nÀmlich mit
der Tripperspritze oder dem Guyonkatheter das angeblich
eine Tiefenwirkung erzielende Protargol hineinbrÀchte, ob-
schon es doch nur dort die Gonokokken angreifen kann, wo
es direkt mit ihnen in BerĂŒhrung kommt. Wie man bei der
âinneren Desinfektion" auf anderem Gebiete das P r i m u m
ne noceas" vielfach ĂŒbersah, so auch bei der (mit den
Gonokokken) die Harnröhrenepithelien schÀdigenden allzu-
scharfen âendo-iurethralen Desinfektion", die ich als
S c h 1 e i m h a u t - D e s i n f e k t i o n im Gegensatz zu der
Ă€uĂeren (H a u t d e s i n f e k t i o n) und der sogenannten
inneren (K ö r p e r d e s i n f e k t i o n) bezeichnen möchte.
Angesichts der einseitigen Förderung, die die Bakte-
riologie erfuhr, kam das biologische ân a tura s a n a.t ,
medicus et me d i c a m en t a c u r a n t" zu wenig zur
Geltung. So geschah es, daĂ sich einfluĂreiche Gruppen
bildeten, die in den entgegengesetzten Fehler verfielen und
dem ânatura sanat" die alleinige Herrschaft ĂŒberlassen
wollten, wĂ€hrend sie das âmedicamenta eurant" aus ihrem
therapeutischen Handeln völlig verbannten.
Die Wahrheit liegt, wie so hÀufig, in der
Mitte. SelbstverstÀndlich ist es bei der Gonorrhoe nur mög -
lich, ganz im Anfangsstadium, wenn die Gonokokken nur in
der fossa navicularis oder der vorderen Harnröhre sich be-
finderi, und noch nicht weiter, der Tiefe und der LĂ€nge nach,
gedrungen sind, rein bakterizid, meist auf Kosten einer lokalen
EntzĂŒndung des Gewebes, eine abortive Wirkung zu erzielen.
Die EntzĂŒndung ist aber deswegen in diesem Fall von geringer
Bedeutung, weil das stark-prozentige Desinfizienz, wenn es
die Gonokokken abtötet, zwar eine leichte oberflÀchliche Ver -
Àtzung der Schleimbaut der vorderen Harnröhre macht, die
aber bei dem robusteren Epithel dieses Teiles schnell wieder
ausheilt, von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen.
Ist dagegen der Erreger bis in die Mitte der Harnröhre
oder sogar bis zum SchlieĂmuskel und darĂŒber hinaus und
in das Gewebe selbst vorgedrungen, so versagt die rein gono-
kokkentötende âabortive" Therapie. Dann tritt die
Biologie in ihre Rechte.
478
Ăreuw: SpĂŒldesinfektioii
40. Jahrg. â Nr. 27/28.
Ebenso, wie es unmöglich ist, einen SerumnÀhrboden
durch Erhitzen auf 100 Grad (wie es z. B. beim Agar-NĂ€hr-
boden möglich ist) zu sterilisieren, da das Serum gerinnt
und unbrauchbar wird, ebenso wie man hier zur fraktio-
nierten, schlieĂlich auch zum Ziele fĂŒhrenden Sterilisation
greifen muĂ, indem man alle Tage den NĂ€hrboden auf eine
bestimmte niedrige Temperatur bringt, die eben an die Grenze
der GerinnungsfÀhigkeit heranreicht, und so allmÀhlich die
Bakterien und deren Sporen abtötet, (bezĂŒglich nicht zum
Auskeimen kommen lĂ€Ăt) ebenso muĂ man den Tripper, da
man nicht die Gonokokken auf einmal abtöten kann, und da
sie in der Tiefe der Littre'schen DrĂŒsen und der Infiltrate
sitzen (hÀufig sogar als Mischinfektion mit Strepto- und
Staphylokokken), einer fraktionierten Sterilisation, soweit die
oberflĂ€chlich liegenden Gonokokken den Medikamenten ĂŒber-
haupt zugÀnglich und angreifbar sind, unterwerfen. So wird
man dem ânatura sanat" gerecht, in dem Sinne, daĂ man
physikalisch die KrĂ€fte der Natur unterstĂŒtzt. Hierbei darf
auch die innerliche, in diesem Sinne wirkende, namentlich
Leukozytose hervorrufende Behandlung nicht vernachlÀssigt
werden. ;,
^ie Tripperspritze ist sehr hÀufig allein nicht in der
Lage, allen therapeutischen physikalischen und chemischen
Indikationen zu genĂŒgen. Sie setzt das entzĂŒndete Gewebe
unter einen konstanten Druck, was schon an und fĂŒr sich
den sonstigen GrundsĂ€tzen einer Heilung von EntzĂŒndung
nicht entspricht, und sie gestattet es nicht, eine be-
stimmte regulierbare Temperatur (höher als
Körpertemperatur, die die Gonokokken s c h À -
d i g t oder abtötet, einen regulierbaren Druck
und eine Dauereinwirkung mit physikalisch
und chemisch wirksamen Heilfaktoren zu
erzielen.
Noch schlimmer liegen die VerhÀltnisse bei der Gonorrhoe
der weiblichen Harnröhre. Hier lÀuft das mit einer
Sprit-ze injizierte Medikament bei starkem Druck entweder in
die Blase oder bei zu geringem Druck vorne aus der Ă€uĂeren
Harnröhrenöffnung heraus, d. h. das Medikament kann nicht
so lange einwirken als nötig ist, um eine fraktionierte Steri-
lisation einerseits und eine physikalisch-chemische Beein-
Nachdem die beiden SchlÀuche Wi u. W2 (Fig. la) an die
Warm- und Kaltwasserleitung angeschlossen sind und in die
Trichter Ai und A2 das konzentrierte Desinficiens eingeschĂŒttet
worden ist, stelle man sich bei D den bei Th ablesbaren Tem-
peraturgrad, bei R den bei F ablesbaren Wasserdruck, bei Bj
u. B2 den Konzentrationsgrad der gewĂŒnschten Desinfektions-
lösung ein. Dann kann man durch Oeffnen des Hahnes C aus
dem Schlauch E die Desinfektionslösung mit dem gewĂŒnschten
Druck, Konzentrationsgrad und Temperatur ent-
nehmen und in bestimmte Zellen (Fig. 2) leiten.
In Fig. 1 und la ist rechts an dem AbfluĂschlauche der
ÂŁ n d o mia s Sia g e k a t h e t e r (Fig. 3 u. 4) angeschlossen. Vor
den beiden Figuren 1 und la liegt der VaginalspĂŒler (Fig. 6
u. 6a). Wichtig fĂŒr die Therapie ist, daĂ man durch den Re-
gulator B und B2 wÀhrend der Behandlung die Kon-
zentration erhöhen oder erniedrigen kann.
Fig. 1 a.
A) Technik.
Die in Fig. 1, 1 a u. 2 abgebildete Apparatur ist eine Uni-
versaleinrichtung fĂŒr alle desinfektorischen DauerspĂŒlungen
mit automatischer, ablesbarer Druck- und Temperatur-
regulierung zur fortlaufenden Herstellung von Desinfektions-
inischungen direkt aus der Wasserleitung. Man kann, wie
flĂŒssung, eine Umstimmung des" NĂ€hrbodens andererseits zu die Zeichnung ergibt, beliebig konzentrierte Lösungen z. B.
erzielen. Will man mit Hitze (physikalisch) auf die Gono-
kokken abtötend oder fraktioniert sterilisierend wirken, dann
bedarf es einer Einwirkung unter konstanter Temperatur von
ĂŒber 40 0 auf lĂ€ngere Zeit. Denn schon bei 39 0 stirbt
der Gonokokkus innerhalb von 12 Stunden, bei 40° in
6 Stunden auĂerhalb des Körpers ab.
im H
Fig. 1 zeigt einen Apparat, der fĂŒr Gasbeheizung eingerichtet
ist. Im ĂŒbrigen werden die Apparate auf Wunsch fĂŒr jede Warm-
wasserbeheizungsart hergestellt wie ElektrizitÀt, Spiritus, Benzol
usw. Wenn Zenlinhvarmwasserbereitung vorhanden ist, kommt
Modell la in Frage, das ĂŒbrigens auch an jede Gas- oder elek-
trische Beheizungsquelle angeschlossen werden kann.
Bei dem Apparat Fig. La isl die Handhabung die gleiche wie
bei Fig. 1, nur daĂ die Temperatur anstatt am Handgriff g an
dem Temperaturregeier b eingestellt wird.
von ĂŒbermangansaurem Kali aus der Wasserleitung und auch
mehrere desinfizierende Mischungen gleichzeitig entnehmen.
Nachdem der tragbare Desinfektionsapparat (Fig. 1)
durch einen fĂŒr jeden Hahnquerschnitt und fĂŒr jede Hahn-
form passenden AnschluĂ mit der Wasserleitung verbunden
und an die Gasleitung angeschlossen ist, gieĂe man in den
Trichter a die konzentrierte Desinfektionslösung, stelle an
der Reguliervorrichtung b den gewĂŒnschten Konzentrations -
grad ein, öffne den Absperrhahn c, woraufhin die gewĂŒnschte
fertige Desinfektionsmischung aus dem Rohr e oder dem mit
diesem verbundenen Druckschlauch f dauernd herausflieĂt.
Die Temperatur wird durch einen einfachen Handgriff g
geregelt und am Thermometer h abgelesen.
Der Apparat hat folgende VorzĂŒge:
1. Mit dem Apparat kann sofort eine beliebig konzentrierte
Lösung in jeder gewĂŒnschten Temperatur hergestellt und ver-
wandt werden, sowohl zur Desinfektion von Instrumenten als zur
Desinfektion der SehleimhÀute, der Haut und zur Wund-
desinfektion.
2. Die Lösung kann unter beliebig starkem Druck zur Aus-
spĂŒlung innerer Organe, z. B. der Mundhöhle, des Ohres, der Na9C,
der Harnröhre, der Scheide, des Rektums usw. benutzt werden.
3. Die AusspĂŒlungen insbesondere können beliebig lange fort-
gesetzt und wÀhrend der Behandlung abgeschwÀcht oder ver-
stÀrkt werden.
4. Der Apparat ist transportabel. Die DesinfektionsflĂŒssigkeit
laĂt sich zu Massenbehandlungen in Polikliniken, Kliniken, fĂŒr
die Prostituiertenbehandlung usw. in verschiedene Zellen leiten,
so daà gleichzeitig zahlreiche Personen behandelt werden können.
5. Die Konzentration der Desinfektionslösung kann mittels
einer Reguliervorrichtung beliebig eingestellt werden.
6. Der Apparat dient auch zur momentanen Herstellung war-
mer oder kalter konzentrierter antiseptischer Lösungen in be-
liebiger StÀrke, zur HÀndereinigung und HÀndedesinfektion und
zur Herstellung von Desinfektionslösungen direkt aus der Wasser-
40. Jahrg. â Nr. 27/28.
Dreuw: SpĂŒldesinfektion
47«>
leiiung fĂŒr die mechanische und chemische Desinfektion von FuĂ-
böden. WÀnden und Instrumenten.
7. Der Apparat bewirkt unabhÀngig vom jeweiligen Wasser-
druck ein stets gleichbleibendes MischungsverhÀltnis zwischen
Desinfiziens und dem Wasscrlcitungswasser.
s. Der Apparat ist an jede Warnu- Wasserleitung anzuschlieĂen
oder bei Fehlen derselben mit (Jas-, elektrischer oder Spiritus-
beizung zu verwenden.
!>. Der Apparat*) liefert auf WĂŒnsch gleichzeitig ein Misch-
Iesiniizien9 in jeder Konzentration, z. B. von ĂŒbermangansaurem
Kali 1 : 10 000 und Hydrarg. oxyeyanatum 1 : 8000 usw. usw.
B) Die Anwendung der âkontinuierlichen SpĂŒl-Desinfektion"
bei der Behandlung der mÀnnlichen und weiblichen
Gonorrhoe.
a) MĂ€nnliche G o n 0 r r h o e.
Die am meisten geĂŒbte SpĂŒlmethode bei der Gonorrhoe
ist die J a n e t s p ĂŒ 1 u n g, ferner die SpĂŒlung mit den Appa-
raten von K o 1 1 m a ii n, N o 1 1 h a f t u. a. Zur wirkungsvollen
Behandlung der Gonorrhoe sehlieĂe ich an den Schlauch 1
(Fig. 1) ein Endomassageinstrument Fig. 3 an, das in Ver-
bindung mit der Apparatur â Fig. 1 gleichzeitig SpĂŒ-
lung, Desinfektion, Warmbehandlung, auto-
matisch-regulierbare SpĂŒlmassage, Dauer-
berieselung und genau regulierbaren. Wasser-
druck bei abstufbarer Temperatur des Des-
infektionswassers erzielt.
Die StÀrke der Vibration ist genau regulierbar. Je
stÀrker man den Absperrhahn c aufdreht, desto stÀrker ist
die Vibration.
m
ro
G->
Fig 2.
Fig. 2 zeigt eine Skizze einer derartigen Anlage fĂŒr kon-
tinuierliche SpĂŒldesinf ektkm :
VT = Vorrichtung zur selbsttÀtigen Temperaturregelung.
VR â Regulierventil zur selbsttĂ€tigen Druckregelung.
B (I u. II) â Vorrichtungen zur Einstellung des Mischungsver-
hÀltnisses.
M (I u. II) â Medikamentenkessel zur Aufnahme des konzen-
trierten Desinficiens.
E â Leitung fĂŒr das fertig gemischte und temperierte Desinfek-
tion swasser.
C = Absperrhahn fĂŒr diese Leitung.
Z = Zapfstellen in den einzelnen Zellen.
D = das von der Hand zu betÀtigende Ventil zur Einstellung des
Temperaturgrades (bei Wegfall des Thermostaten V. T.).
Kalt = Kaltwasserleitung.
Warm â Warmwasserleitung.
Th = Thermometer.
F = Druckmesser.
1 = Apparateraum.
2 â 5 = Behandlungszellen.
*) Die in Fig. 1 u. la abgebildeten Apparate sind hervor-
gegangen aus meinem im âFrauenarzt" 191C, Heft 12, veröffent-
lichten Mischzylinder. Im AnschluĂ daran entstanden 2 solcher
Mischzylinder, die das Desinfektionswasser in einen Warm-
wassererhitzer sandten; durch die Zusammenarbeit mit Herrn
Dr. Ing. Ehrhardt schlieĂlich die Modelle 1 u. la als Fort-
setzung meiner jahrelangen Versuche, ein System der âkon-
tinuierlichen SpĂŒldesinfektion" zu finden.
Die technische Einrichtung ist namentlich fĂŒr gröĂere
Institute insofern von Bedeutung, als sich (Fig. 2) kleine Be
handlungsrÀume (Zellen) hauen lassen, in welche von der
Desfaifektionshauptleitung (Fig. 2) aus Röhren geleitel wer
den, in denen sieh die je nach Wunsch auf 30 bis 55 Grad
erhitzte und unter Druck stehende DesinfektionsflĂŒssigkeit
befindet.
Es ist bekannt, daĂ die Vibrationsinnssage imstande ist,
Infiltrate zur Resorption zu bringen, wenn sie in entsprechend
feiner StÀrke und Regulierung angewandt wird. Will man
eine solche Vibrationsmassage direkt auf die zarte Harri*
röhrenschleimhaut anwenden, dann muà sie genau regulier
bar sein und sich sowohl auf kleinere Strecken als auf die
ganze LÀnge der Harnröhrenschleimhaut ausdehnen lassen.
Es muà sozusagen in der Sekunde eine sehr hÀufig erfolgende
feinste ErschĂŒtterung der Zellen der entzĂŒndeten und der
nicht entzĂŒndeten Schleimhaut erfolgen. WĂŒrde dies ge-
lingen, so wĂŒrden erstens die gonokokken haltigen
Sekrete aus den Littre' sehen DrĂŒsen heraus-
gepreĂt, und zweitens die Infiltrate wĂŒrden infolge
der feinschlÀgigen Massage zur Resorption ge-
bracht. WĂŒrde es weiterhin möglich sein, zu dieser Er-
schĂŒtterung noch die Wirkung von WĂ€rme oder KĂ€lte und
dazu noch antiseptische und adstringierende BespĂŒlungen
hinzuzufĂŒgen, so daĂ noch eine leichte Dehnung eintrĂ€te, so
wÀren in einzeitiger Anwendung, namentlich wenn
man noch eventuell den faradischen und galvanischen Strom
damit kombiniert, tatsÀchlich sÀmtliche physi-
kalischen und chemotherapeutischen Fak-
toren, die zur Behandlung, namentlich der chronischen
Gonorrhoe, gebrÀuchlich sind, der Therapie nutzbar gemacht.
Dieses Ziel ist in Verbindung mit der in Fig. 1 u. 2 be-
schriebenen Einrichtung nun tatsÀchlich erreicht durch die
in Fig. 3, 4 und 5 abgebildeten Instrumente, die zu der von
mir sogenannten Endomassage der SchleimhÀute
verwandt werden, die selbst schwierige FĂ€lle von akuter, sub-
akuter und chronischer Gonorrhoe mit Erfolg zu. behandeln
gestattet. Namentlich aber die Urethritis simplex wird sehr
gĂŒnstig beeinfluĂt.
Die gĂŒnstigen Resultate, namentlich bei der Behandlung
der chronischen Gonorrhoe sind folgendermaĂen zu erklĂ€ren:
1. Das Wasser flieĂt im Gegensatz zur JanetspĂŒlung
direkt senkrecht gegen die Harnröhrenwand
in die Morgagni sehen Lakunen. Hierdurch wird ermöglicht,
I
480
Dreuw: SpĂŒldesinfektion
40. Jahrg. â Nr. 27/28.
daĂ diese ebenso wie die Littre'schen DrĂŒsen ausgespĂŒlt
werden. Daher sieht man bei postgonorrhoischen Katarrhen
eine gute Wirkung.
2. Die D r ĂŒ s e n werden durch die gleichzeitige Massage
der Schleimhaut exprimiert und das austretende Sekret
sofort weggespĂŒlt. Zu gleicher Zeit findet Aspiration der
Schleimhaut und des derselben aufgelagerten Sekretes statt.
3. Wahrscheinlich findet wegen der intensiven feinen
Verteilung des mit Gewalt aus den Oeffnungen ausgetriebenen
Wassers eine gröĂere Resorptio n*) statt, so daĂ bis
zu einem gewissen Grade eine mechanisch erzielte
Tiefenwirkung eintritt.
4. Die Desinfektionslösungen wirken je nach der Kon-
zentration als leichtes und schonendes D e s i n f i -
z i e ns oder Adstringens, das man in seiner StÀrke
allmĂ€hlich in geringem MaĂe abklingen oder ansteigen lassen
kann.
5. Die kontinuierliche WĂ€rmebehandlung
ĂŒbt eine gewisse aktive HyperĂ€mie aus, die wieder
ihrerseits heilungsf ordernd, andererseits abtötend auf die
Gonokokken wirkt, da diese bekanntlich einer Temperatur
von ĂŒber 39 â 40 Grad nicht widerstehen.
6. Durch Verwendung des gebogenen (Fig. 5) oder geraden
(Fig. 3 u. 4) Katheters wird sowohl die vordere als hintere
Harnröhre behandelt. Neben Argentum proteinicum, Hydrarg-
gyrum oxyzcyanativm verwende ich ĂŒbermangansaures Kali
oder -Zink. Das ĂŒbermangansaure Zink hat die
EigentĂŒmlichkeit, daĂ es in Dosen von 1 zu 4000 bis 1 zu 2000
in groĂen Mengen durch die Harnröhre gespĂŒlt, keine eitrige
Reaktion, wie z. B. die Silbersalze oder die Quecksilbersalze,
erzeugt, sondern lediglich eine seröse Du rcht rĂ€nkĂŒ n-ÂŁ
d erSchleim haut macht, wodurch einerseits die Gono-
kokken weggeschwemmt werden, andererseits die
Schleimhaut so verÀndert wird, daà der NÀhr-
boden fĂŒr die Gonokokken ungĂŒnstig wird.
Aus diesem Grunde habe ich in den meisten FĂ€llen dieses
Mittel namentlich dann bevorzugt, wenn eine Empfindlich-
keit der Schleimhaut sich bemerkbar machte. Ich verwende
aus Prinzip nur schwache Lösungen, aber
lÀngere physikalisch-biologische Einwir-
kung (fraktionierte Sterilisation).
Das Instrument kann auch als H y d r o d i 1 a t a t o r der
Harnröhre Verwendung finden. Dreht man nÀmlich den Ab-
sperrhahn c immer mehr auf, so tritt schlieĂlich der Zeit-
punkt ein, wo das (Fig. 1) aus den Löchern a zuflieĂende und
aus den KanĂ€lchen b abflieĂende Wasser sich das Gleich -
gewicht hÀlt. Dreht man jetzt den Hahn c noch weiter auf, so
ĂŒberwiegt die Menge des zuflieĂenden die des abflieĂenden
Wassers, die Schleimhaut wird gedehnt, und eine ĂŒber das
Instrument gezogene Kollmannsche Gummimembran wird
demgemÀà vom Instrument ab- und gegen die Schleimhaut
der Harnröhre angedrĂŒckt, d. h. es findet infolgedessen eine
elastische Dilatation der Schleimhaut statt, die sich
in einer zarten Spannung der Wandung kundgibt. Diese
Dilatation unterscheidet sich nun sowohl von der Sonden -
als auch von der Kollmann-Dilatation dadurch, daĂ es sich
um einen elastischen Dilatator handelt, der demgemÀà nicht
bei Strikturen, sondern nur bei subakuten und chronischen
weichen Infiltraten der Harnröhre Anwendung findet, wobei
man es in der Hand hat, mit der Dilatation noch WĂ€rme-
oder KĂ€ltewirkung zu verbinden. Man probiert die Grenze
der Dilatation auĂerhalb der Harnröhre, indem man (Fig. 4b)
eine Kollmann-Gummimembran ĂŒber das Instrument zieht,
und nunmehr den Absperrhahn c soweit aufdreht, bis
die Membran sich von dem Instrument abhebt; man merkt
sich dami die Stellung am Wasserdruckmesser f und dreht,
nachdem das mittels 3 % KarbolsÀure abgeriebene Instrument
miteingefĂŒhrt ist, den Absperrhahn c auf dieselbe Stelle,
die vorher markiert worden ist. Dann ĂŒbt das flieĂende
*) FlĂŒssige Medikamente z. B., die durch die Ă€uĂere. Haut
nicht eindringen, werden dann resorbiert, wenn sie unter starkem
Druck und in feiner Verteilung gegen die Haut oder Schleimhaut
angeschleudert werden.
Wasser genau denselben Druck in der Harnröhre gegen die
Infiltrate aus.
Der H y drodilatator ist im Prinzip eine dehnbare
Winternitzsonde, ein âW intern i tzd ehner" und ver-
einigt daher in sich die Wirkung eines leichten Diktators
mit der KĂŒhl- oder WĂ€rme-Sonde. Je nach der Steigerung
des Wasserdrucks kann man mit dem Instrument leichtere
oder stĂ€rkere Vibration und daran anschlieĂend Dilatation
in der Harnröhren-Schleimhaut zusammen mit WÀrme-
behandlung erreichen. Auf diese Weise ist es in Verbindung
mit dem Apparat (Fig. 3, 4 u. 5) möglich, die elektrischen
WĂ€rmesonden durch auf 30, 35, 45 bis 50 Prozent WĂ€rme
temperierte Sonden zu ersetzen.
NatĂŒrlich lassen sich die einzelnen Anwendungsweisen
in Verbindung mit den bisher angewandten und erprobten
urologischen Methoden zweckentsprechend verbinden.
Folgende Indikationen kommen in Betracht:
1 . Akute Gonorrhoe; 2. chronische Ure-
thritis gonorrhoica ant. e t p o s t ; 3. Weiche
Infiltrate der Harnröhre; 4. EntzĂŒndung der
L i 1 1 r e ' sehen DrĂŒsen und der M o r g a g n i s c h e n
Lakunen; 5. Provokatorische Massage;
6. Mechanische Schleuder-Penetration von;
Medikamenten (Mechanische Tiefenwirkung); 7.
Leichte Dilatation; 8. Thermische und elek-
trische Behandlung; 9. Erkrankung des
Kollikulus; 10. Psychische Impotenz, S per-
malorrhoe und Prostatorrhoe.
Ein groĂes Feld fĂŒr die Endomassage ist die Impo-
tentia Coeundi neben der sonstigen Therapie. *
Theoretisch und praktisch ist die gĂŒnstige Beeinflussung
auch zu erklÀren. Denn neben der feinschlÀgigen
ErschĂŒtterung der Schleimhaut, die die Patien-
ten wegen ihrer Àhnlichen Wirkung als elektrische SchlÀge
auffassen, neben der damit verbundenen reflektorischen Ein-
wirkung auf das Erektionszentralorgan und die Phantasie
und neben der Resorption von Infiltraten, spielt namentlich
auch die psychische Beeinflussung des Patienten eine groĂe
Rolle. Der Patient fĂŒhlt die feinen Vibrationsbewegungen,
die im Innern seines Körpers entstehen, er fĂŒhlt die WĂ€rme,
die KĂ€lte oder beides abwechselnd und faĂt speziell zu dieser
Methode von vornherein ein gewisses Vertrauen. Wenn aber,
wie ich spÀter noch betonen werde, bei einer Erkrankung die
psychische Beeinflussung neben der physiologischen unbe-
dingt nötig ist, dann gerade bei dem komplizierten Symp-
tomenkomplex der psychischen Impotenz und der verschie-
densten SchwÀchezustÀnde.
Fiy 5 a
Die Behandlung des Trippers geschieht so, daà zunÀchst
der Patient uriniert und daĂ dann die Glans grĂŒndlich ge-
sÀubert wird. Dann wird das Instrument im Stehen oder
Liegen eingefĂŒhrt. Die Temperatur steigt in einigen Minuten
allmÀhlich bis auf 25, 30, 35, 40, 45 und 50 Grad. Die Dauer
der SpĂŒlungen betrĂ€gt 10 Minuten bis K> Stunde und noch
lÀnger. Sie wird, je nachdem, alle ein bis zwei bis sechs Tage
gemacht und in der Zwischenzeit kann der Patient (oder der
Arzt wenn nötig) die ĂŒblichen Injektionen ausfĂŒhren. Im
10. Jahrg. â Nr. 27/28.
Pn iower : Ta rifverf rii go
4H1
ĂŒbrigen wird nach den urologisch anerkannten Prinzipien be
handelt.
Bei der chronischen Gonorrhoe wird (wenn vertragen),
gie Behandlung alle Tage gemacht, selbstverstÀndlich wenn
möglich in Verbindung mit Prostatabehandlung und son-
stigen anerkannten Prinzipien. Da die Dauer-WĂ€rme-
Berieselung ĂŒber 10 Grad auf die Gonokokken stark abtötend
wirkt, so gibt es keine Methodik, die eben wegen dieser
Dauerspnlung einen so starken eheniiseh-meehaniseh, physi
Balisch-thermischen EinfluĂ, nicht nur direkt chemisch-bak-
terizid auf die Erreger selbst, sondern auch auf die VerÀn-
derung des NĂ€hrbodens und auf die Resorption der kleineren
und gröĂeren Infiltrate der Harnröhre in biologischer Hin-
sicht ausĂŒbt. Eig. 5a zeigt, wenn man es nicht vorzieht, auf
dem Operationsstuhl zu behandeln, die Behandlung in
stehender Stellung des Patienten.
Ich spĂŒle niemals bei akuter und bei subakuter Gonor-
rhoe die hintere Harnröhre, sondern nur den vorderen Teil.
Der eingefĂŒhrte Katheter hat nur 11 â 13 cm LĂ€nge. Das Prin-
zip meiner Methodik ist also das folgende: ZunÀchst lasse ich
bei der akuten Gonorrhoe rein chemisch in gewöhnlicher
Weise mit der Tripperspritze die erreichbaren Gonokokken
1 â 2 Tage lang durch gonokokkentötende Mittel abtöten. Da
aber die Gonokokken dann schon meist in der Tiefe der
Littre'schen DrĂŒsen sitzen und durch chemische Mittel dann
nicht mehr erreichbar sind, wende ich das Hitzeverfahren,
in Verbindung mit der SpĂŒlmassage an.
(SchluĂ folgt.)
Das Recht unserer TarifvertrÀge.
Von Dr. P n i o w e r.
Trotz der mit Gesetzeskraft erfolgten Verordnung vo*^1
23. 12. 18 und des vom Reichsrate genehmigten Betriebs-
rĂ€tegesetzes ist der Tarifvertrag der Ărzte, weil diese
keine gewerblichen Arbeiter sind, dem heute geltenden ge-
setzlichen Schutze nicht unterstellt. Schon aus der Definition
der Angestellten in § 9, 2 ist ersichtlich, daĂ wir Ărzte nicht
unter diese fallen, und nach dem ErlaĂ vom 25. Oktober 1913
(Ministerialblatt der Handels- und Gewerbeverwaltung) ist
dies schon frĂŒher ausdrĂŒcklich ausgeschlossen worden, als
es sich um die Auffassung handelte, ob wir Ărzte als Ange-
stellte resp. Beamte von Krankenkassen anzusehen seien. So
wollen wir denn heute zusehen, wie sich trotz des mangelnden
gesetzlichen Schutzes des Tarifvertrages dieser im Lichte des
sonstigen Rechtes darstellt.
Der Tarifvertrag ist ein durchaus modernes Gebilde,
wÀhrend es schon im Mittelalter Bestrebungen gegeben hat,$
durch Vereinbarungen besondere Arbeitsbedingungen zu er- j
zielen, die wohl eine Höchst- aber keine Mindestbegrenzung
aufwiesen. Den ersten Tarifvertrag haben die Buchdrucker
durchgesetzt und seine Antezedenzien sind auch fĂŒr uns Ărzte
interessant, weil wir konform den handarbeitenden Klassen
durch unsere Ărztegewerkschaft auch zur Tarifpolitik ĂŒber-
gegangen sind. Ich ĂŒbergehe die Systeme der Sklaverei,
Leibeigenschaft und Hörigkeit ($rlebae adskrip-
tus) und erinnere daran, daĂ bis in die Neuzeit hinein auch
Ărzte in dieser Unfreiheit tĂ€tig waren. Nachdem nun im mit-
telalterlichen Deutschland durch EinfĂŒhrung (Rezeption) des
römischen Rechtes eine starre Bindung der ArbeitsverhÀltnisse
(. Herr" und âKnecht" der âZunft") Platz gegriffen hatte, fĂ€llt
dann mit Beginn nationalökonomischer Denkungsweise und
des Sichbesinnens auf die Prinzipien der Zivilisation im Zeit-
alter der französischen Revolution die Schranke. weLhe das
Individuum einengte. Aber die konseouent durchgefĂŒhrte
Anschauuno- eines liberalen Individuums untersagt den Ar-
beitern die Koalition in dem beseitigten § 153 Her
Reichsgewerbeordnung, wie auch in der gefallenen 7\\rh\-
hausvorla^e" finden wir Erinnerungen daran, wie ein selbst
nach 8 1^2. 1 gewÀhrtes Koalitionsrecht eingeschrÀnkt wer-
den kann. Obwohl das Individuum den gesetzlichen Gleich-
heitsschutz hatte, wurde es vom Arbeitgeber (âGeber" oder
.VerkÀufer" seiner Ware ,, Arbeit") durch die Ungunst seiner
Einzelstellung zum Arbeit, .neb er" deklariert, wÀhrend der
Arbeit,. nehmer" (, Nehmer" oder . KĂ€ufer" der Ware ,. Ar-
beit") zum Arbeitsgeber" wird. Trotz der gesetzlichen Gleich-
stellung ist aber der Arbeitende schlecht gestellt, weil er mit
seiner Ware Arbeit durch Personalunion verbunden und da-
durch einer schlechten Ausnutzung der Marktkr e unterworfen
ist. sodaĂ er, wie man wohl sagt, meist Ausverkauf halten
muĂ â tout comme cbez nous, wenn wir auf uns einzeln an
gewiesen, den allmĂ€chtigen Kassen« ewalti' en gc renĂŒber-
treten. Wenn nun aber Arbeiter und Arzt sich koaliieren, so
können sie beide die Marktlage besser ausnutzen und durch
die Gemeinsamkeit der Arbeitsbedingungen tritt der ..Indivi-
dualvertrag" (Hausarzt- oder Einzelvertrag bei Kassen) zu
Gunsten des ,. Kollektivvertrages" und dann des ..Tarifver-
trages" in den Hintergrund. FĂŒr diesen sind viele Bezeich-
nungen vorgeschlagen worden, so hat z. B. $ i n zh e i m e r
fĂŒr ihn die Bezeichnung âkorporativer Arbeitsnormen vertrag"
in seinem gleichnamigen Buche geprĂ€gt, weil in ihm die âNor-
men" fĂŒr die erzt abzuschlieĂenden VertrĂ€ge zwischen
den nachgeordneten Korporationen enthalten sind; âLohnver-
trag" klingt aus verschiedenen GrĂŒnden anrĂŒchig (Lohn der
Dienstboten, I assalles . ehernes Lohngesetz"), umfaĂt auch
nicht die eigentlichen Merkmale eines Tarifvertrages, ebenso-
wenig wie der vorgeschlagene , .kollektive Arbeitsvertrag" fĂŒr
uns gelten kann: einmal weil wir keinen Arbeitsvertrag nach
der Gewerbeordnung haben, zweitens, weil ja erst der Ar-
beitsvertrag â wenn wir einmal ausnahmsweise fĂŒr unseren
Dienstvertrag diesen Ausdruck unterlegen wollen â erst noch
geschlossen werden soll. Dieser (sit venia verbo) âArbeitsver-
trag" wird dann erst zwischen den einzelnen Kassen und Ver-
einen abgeschlossen und ist somit der eigentliche âKollektiv-
vertrag", oder nur mit einzelnen und figuriert dann als âIn-
dividualvertrag". Es ist also im Prinzip, wenn erst einmal ein
Tarifvertrag abgeschlossen ist. gleicbgiltig, ob die auf Grund
des Tarifvertrages abzuschlieĂenden SekundĂ€rvertrĂ€ge â in
Wirklichkeit sind es aber doch primĂ€re â als Individual- oder
KollektivvertrĂ€ge fungieren. Weshalb wir Ărzte aber die
letzteren vorziehen, ist bekannt; jedenfalls aber bleibt der Be-
griff der KollektivitÀt besser dem direkten Abschluà vorbe-
halten. Da nun aber unsere Àrztliche TÀtigkeit gesetzlich
meist als Dienstvertrag aufgefaĂt wird, so schlage ich
analog dem Sinzheimer sehen ..korporativen
Arbeitsnormen Vertrage" als Definition fĂŒr unseren
Tarifvertrag die Bezeichnung Korporativer Dienst-
norm e n v e r t r a g" vor. Es ist wichtig, den Unterschied
zwischen dem Kollektiv- und Tarifvertrage klar und deutlich
herauszuheben. WĂ€hrend man auf der Seite des ersteren einen
|Einheitswillen rechtlich herauskrystallisieren kann, werden
|beim Tarifvertrag erst die Normen festgestellt und so'^it die
Einwirkung auf die angeschlossenen Organisationen aus-
gesprochen, also ein E i n h e i t s w i 1 1 e n wird noch nicht
manifest, sondern nur ein Einwirkungswillen; wÀhrend bei
ersterem das RechtsverhÀltnis klar im B. G. B. vorgezeichnet
und in den Paragraphen des ..Dienstvertrages", der iuristi-
schen Person des âE. V." und der âGesellschaft" (bei nicht-
eingetragenen Vereinen) niedergelegt ist. hat das B. G. B. fĂŒr
den Tarifvertrag keine eigene Regelung beliebt.
Von den drei Arten, des Firmen-, des Orts- (Lokal-) und
des General- (National-) Tarifs interessiert uns heute nur der
letzte, weil unter diesen die seit Beginn unserer Tarifpolitik
inaugurierten groĂen Tarifabkommen fallen: mit den Reede-
reien, dem Lebens-Verbande, mit den Ersatz- (Hilfs-) Kassen-
verbĂ€nden und den groĂen KassenverbĂ€nden. Das Berliner
Abkommen war wohl ein Ansatz dazu, hat aber durch Nicht-
erfĂŒllung mancher Bedingungen noch nicht den Charakter
eines Tarifvertrages erlangen können.
ZunÀchst einige Vero-leichsmomente zwischen unseren
und den ArbeifertarifvertrÀ.o-en. Beide sind, wie schon erwÀhnt,
durch die Gewerkschaft als friedliches Mittel einer
Kampf Organisation, das Ziel zu erreichen, anzusehen. Die
friedliche Einigung liegt bei beiden zum Vergleiche stehenden
482
Pniower: TarifvertrÀge
40. Jahrg. â Nr. 27/28.
Organisationen im Interesse der Ăffentlichkeit, weil anderen-
falls durch KampfmaĂnahmen unabsehbare Folgen eintreten,
weshalb ia auch den zur Schlichtung von Streitigkeiten einge-
setzten Schiedsinstanzen (Kontrollkommissionen, Schiedsge-
richt. Register-, Vertrags-, PrĂŒfungs-AusschuĂ bei uns, dort
Schiedsgericht, Schlichtungskommission, Tarifamt) noch be-
sondere Instanzen hinzutreten, die eine behördliche Mitwir-
kung vorsehen (Schiedsamt. ZentralausschuĂ, das gewerbege-
richtliche Einigungsamt). Selbst der Ersatzkassenvertrag, der
wie bei den Arbeitern Streitigkeiten unter AusschluĂ des
Rechtsweges bestimmt, lĂ€Ăt bei Nichteinigung ĂŒber den Vor-
sitzenden des Leipziger Schiedsgerichts diesen vom PrÀsi-
denten des dortigen Landgerichts ernennen. â Bei beiden
Organisationen ist die Sicherung der- infolge des Tarifvertra-
ges abzuschlieĂenden VertrĂ€ge der Grund zum AbschluĂ des
Tarifabkommens, das von der Arbeitgeberseite möglichst
Jan^e Zeit dauernd, auf der anderen Seite mit nicht so langer
Geltungsdauer gewĂŒnscht wird. Jetzt endlich haben w i r mit
der einjÀhrigen kurzfristigen Vertragsdauer den Feh-
ler des zehnjÀhrigen Berliner Abkommens
wieder gut gemacht. Ein Tarifvertrag soll nur kĂŒr-
zere Zeit Geltung haben; es ist allerdings nicht zu
ĂŒbersehen, daĂ dieses Abkommen seiner Zeit auch nicht als
reines Tarifabkommen gedacht war. denn die generelle
Normierung der Dienst bedingungen, namentlich der
HonorarsÀtze, welche den wesentlichen Teil des Tarifvertrages
ausmachen, sind jetzt erst in den Vertrag hin-
eingearbeitet, weshalb rran jetzt erst von einem Ta-
rifabkommen sprechen kann. â Wie bei den Arbeitern, sind
auch im Berliner Abkommen direkte Bewerbungen um Kas-
senarztstellen untersagt, wodurch ein Unterbieten und die
sattsam bekannten unwĂŒrdigen BegleitumstĂ€nde ausgeschaltet
sind.
Nun einige rechtspolitische Gesichtspunkte des Tarifver-
trages. Wir im L. V. bieten durch seine RechstfÀhigkeit eine
sichere Grundlage zu Verhandlungen dar â und können un-
seren Tarifvertrag daher auch zwanglos unter das Recht des
B. G. B. stellen. Wir schlieĂen einen gegenseitigen Vertrag,
der beiden Vertragsgegnern ..ein Tun" oder ..Unterlassen" im
(âobligatorischen") SchuldverhĂ€ltnis nach § 241 auferlegt,
wobei nach § 242 beide verpflichtet sind. ..die Leistung nach
Treu und Glauben mit RĂŒcksicht auf die Verkehrssitte zu be-
wirken". AuĂerdem wird der Richter nach § 1^7 den Ver-
trag so auszulegen haben, wie eben angefĂŒhrt. Der Vertrag
ist nach B. G. B. ..formfrei", braucht also nicht wie bei den
Ersatzkassen âVertrag" zu heiĂen. â ..Abkommen" gilt als
dasselbe, und wird der Richter nach 5 133 âden wirklichen
Willen erforschen und nicht am buchstÀblichen Sinne des Aus-
drucks haften". â Es wird auĂerdem ein nach unserem be-
stehenden Rechte durchaus ..möglicher T eistungs^egenstand"
vereinbart, und beide Parteien werden sicherlich die Absicht
haben durch BetÀtigung eines Willens rechtliche Wirkung
und dadurch eine gegenseitige Binduno- hervorzurufen. A u s-
fĂŒhrjieherh^be irh diese G e s i e h t s n u n-k t e
in der Arbeit ..Ziff. 11 und der Friedens-
schi u Ă" b e h a n d e 1 1.
Eine gewaWp-e T iteratur ist seit uno-efÀhr 1° Tahrcn
lawinenartig angewachsen, und sind schon Spezialisten auf
diesem Gebiete entstanden. Die Rechtsanschauun^en sind
noch immer nicht geklÀrt, man kann nur von einer ..herrschen-
den" Ansicht sprechen. Zuerst einmal die Beurteiluno- der
vertragsschlieĂenden BevollmĂ€chtigten. Es gilt wohl ietzt am
meisten die Theorie, nach welcher die vertretenen Ver-
bÀnde als . berechtigt und verpflichtet" angesehen werden,
nicht aber die ..S i n p- u 1 a r"-Theorie, welche die anges^hl^s-
senen Organisationen in diesem Sinne ansehen, und auch nicht
die .Kumulation s"- oder âKombination s"-Theorie,
welche beides vereinigen will. â Und nun eine sehr wichtige
Ăberlepunp. wie sich die rechtliche Bindung auf die nachge-
ordneten Organisationen fortsetzen soll. Hier ist eine
SchwÀche zu sehen, welche im B. G. B. keine Regelung gefun-
den hat. Die ZentralverbĂ€nde schlieĂen ab: z. B. bei dem Er-
satz-Kassenvertrage mit der MaĂgabe, âdaĂ die Vereine den
Tarifvertrag anerkennen, indem nach § 1 die DurchfĂŒhrung
derart geschieht, daĂ die Vereine â ihre ErklĂ€rung abgeben j
und melden". Dann verpflichtet weiter im § 12 sich der Ver-j
band, âseine Mitglieder â zur Anerkennung â zu beeinflus-
sen", die Kassen, âvon anderweitigen Vereinbarungen â ab-
zusehen". Ferner Abkommen 9. 12. IQ in Ziff. 8, 2: âdie
VertragsschlieĂenden . . . . ĂŒbernehmen es ein-
zuwirken, daĂ die angeschlossenen Organisationen sich den]
Vereinbarungen anschlieĂen". Hier liegt die SchwĂ€che den
VertrĂ€ge: man sieht aus der Fassung, daĂ die VerbĂ€nde sich âą
zwar bemĂŒhen wollen und fĂŒr den NichterfĂŒllung s- 3
akt haftbar gemacht werden können, ob
sie aber die rechtliche Macht und Geltung
haben, ist leider sehr ungewiĂ. Die Oh.n-;
macht der Organisationen, keinen Zwa n-g
ausĂŒben zu können, tritt beiderseits deutlich zu Tage,
wenn nicht Interesse am Gelingen, corps d'esprit und Selbst-
disziplin die angeschlossenen Organisationen zum Beitritt ver- ;
anlassen.
Dies ist ein merkwĂŒrdiger Zustand, denn auch i e -
der. der aus der Organisation austreten;
will, ist ĂŒberhaupt nicht mehr an den Ver-
trag .gebunden. Es ist also die rechtliche Geltung auf
die Dauer des Tarifvertrapes zu fordern. Bei einem gewerb-
lichen ArbeitsverhÀltnis, welches in spÀtestens 14 Tagen pe-
kĂŒndigt werden kann, spielt ein vierteljĂ€hrlich laufender Tarif-
vertrag schon eine groĂe Rolle, wĂ€hrend bei unseren meist
einjÀhrigen VertrÀgen eine zehniÀhrige Tarifdauer zu lange
war. Bei kurzer Tarifdauer wĂŒrde sich das dann ausgleichen,
indem ja auch der Austritt durch KĂŒndigunosbeschrĂ€nkung
hinausgeschoben werden kann und somit ein Zwang ausgeĂŒbt
wird, die sogenannte ..s o z i a 1 r e c h 1 1 i c h e Funktion"
der Tarif treue zu beobachten. Das Gesetz gibt aber
keinen rechtlichen Zwang, fĂŒr eine lĂ€ngere Zeitdauer als bis
zum Austritt, diese Tariftreue zu bewahren. Und es muĂ im
gegenseitigen Vertragsinteresse liegen, einen ehrlichen
VertragswiPen zur Geltung zu bringen und die Kongru-
enz der Tarifgeltung und Tariftreue zu mani-
festieren. Denn der gegenseitige AbschluĂ soll einen auf Er-
fĂŒllung der Tariftreue gerichteten Willen dokumentieren. DaĂ
bei Diskrenanz beider Faktoren kein ge-
setzlicher 7 wang möglich ist. muà leider hin-
genommen werden. Unser bestehendes Recht ist ein âIndivi-
dual-Recht". weVhes dem ..Koalitions-Recht" nicht gerecht
werden kann, weil zur Zeit des B. G. B. der Tarifvertrag noch
nicht bekannt war. Wenn er aber auch nicht im B. G. B. ver-
ankert ist. so atmet er doch lebendiges leben. "mehr als ein
verklausulierter Arbeitsvertrag, widerspricht nicht der ..guten
Sitte" des § 1°8. verstöĂt nicht gegen gesetzliches Gebot
(5 134) und nicht gegen ..Treu und Glauben". Diese
Kongruenz der sozialen Gegebenheit und
der korrespondierenden G e s e t z g e b u n g h a t
seine ErklÀrung in der Schnelligkeit oder
LangsamkeitdersozialenEnt wicklung. welche
letztere bei uns im Geschwindschritt vorwÀrts gegangen ist.
Die Annassung ist erst durch die Revolutionsverordnung sank-
tioniert und war s~hon frĂŒher oftmals o-eWrVrt und verspro-
chen worden, so auch im Entwurf ĂŒber ..Berufsvereine", der
1906 durch Auflösung des Reichstages zu Fall kam. wenn er
auch verklausuliert und in spanische Stiefel eingeschnĂŒrt war.
â Der mir vorliegende Entwurf ĂŒber die Neuorientierung der
Organisation ĂŒberhebt mich des Beweises, wie die Tariftreue
pm sichersten gewÀhrleistet werden kann: nicht vom
Verband erwÀhlte, sondern von unten
herauf von den- einzelnen Mitgliedern in
organischer Stufenfolge bestimmte und
prÀsentierte Vertreter sollen bei den ietzt
öfter als frĂŒher notwendigen Tarifver-
handlungen mitwirken. Diese Dezentralisation ist
schon oft von der Zentrale selbst gefordert worden, weil diese
die Verhandinngen nicht nur auf eine breitere Basis stellen..
sondern auch diese Basis als von unten herauf
geboren und dadurch den Willen aller
1
40. Jahrg. â Nr. 27/28.
Referate
reprĂ€sentierend, als âberechtigend und verpflich-
tend" ansehen und angesehen lassen wollte. Ein solcher-
gestalt zustande gekommener Tarifvertrag wird nach innen
und auĂen die Kraft der Tariftreue, die deutsche Nibelungen-
treue, dokumentieren, eine gesunde Kritik nicht verstummen
lassen, die Kritikaster aber aus dem Felde schlagen.
Interessant ist die Frage, ob der Tarifvertrag auch fĂŒr
âNichtorganisierte" gilt. Im Berliner Abkommen fin-
den wir bei uns die Bestimmung (Ziff. 1): âeinerlei ob er
einer Organisation angehört" â wĂ€hrend der Ersatzkassen-
vertrag in Ziff. 1 nur von âVerbandsmitgliedern" spricht, also
wie in der Arbeitergewerkschaft nur die Verbandstreuen
schĂŒtzen will. Und doch ist zur DurchfĂŒhrung der Tarif-
treue notwendig, daĂ wir in dem homogenen Fundament des
kassenÀrztlichen rechtsfÀhigen Vereins nur solche Mitglieder
haben, welche auch die âVerbandstreue" einhalten wollen.
Wichtig ist die rechtliche Bedeutung" der âNorme n" fĂŒr
die nachgeordneten Organisationen. Hierbei sollen die im Gel-
tungsbereich des Abkommens geschlossenen SekundÀrvertrÀge
einheitlich, namentlich in Hinsicht auf MinimalsÀtze, reguliert
werden. Es ist dies die Unabdingbarkeit, welche vielfach
namentlich von Lotmar gefordert ist und viel Streit in Theo-
rie und Judikatur verursachte, sowie eine Anzahl fĂŒhrender
Geister sich im Turnier tun-meln lieĂ. Bei der Arbeitergewerk-
schaft ist diese Unabdingbarkeit durch die âauthentische In-
terpretation" eines neuen Gesetztes in Form der mit Gesetzes-
kraft erfolgten Verordnung jus cogens geworden. Und es ist
auch fĂŒr uns eigentlich nur eine logische Konsequenz, daĂ ein
Vertrag, der im Namen und Sinne der Vertre-
te n e n g e s c h 1 o s s e n i s t , fĂŒr diese rechtlich
bindend sein muĂ, denn ohne Zwang in der Orga-
nisation geht es unter den heutigen UmstÀn-
den nun einmal nicht. Nicht die Freiheit bĂŒĂen wir damit
und tauschen den Zwang dafĂŒr ein, sondern nur die
Freiheit zum AuĂenseitertum haben wir verloren und
einen Zwang zu kollegialer BetÀtigung gewonnen. So fin-
den auch wir in unserem neuen Abkommen die Bestimmung
â analog der ietzt gesetzlich vorgeschriebenen Unabdingbar-
keit â in der Einleitung âunter die niedrigsten SĂ€tze herunter
zu gehen .... ist unzulÀssig" und in ErlÀuterung zu
Ziff. 9 âdie dieser Vorschrift zuwider laufenden Vertragsbe-
stimmungen sind .... zu beseitigen", ferner in SchluĂbe-
merkung letzter Satz: âentgegenstehende ErlĂ€uterungen
.... sind unstatthaft und unverbindlich". â WĂ€hrend aber
bei den Arbeitern die HöhenĂŒberschreitun^en nicht verboten
sind, ist dies bei uns direkt untersagt: âdie Kassen können
nirht bezwungen werden ĂŒber die HöchstsĂ€tze hinauszugehen
(Einleitung Absatz 2): daĂ wir damit im RĂŒckstĂ€nde gegen
den Arbeitertarif sind, ist ersichtlich.
Der Tarifvertrag ist ein sozialpolitischer Csozialreforma-
tis^her) Vorgang, und wenn er gerade bei uns Ărzten eine ge-
nĂŒgende Anzahl von Ărzten dem ..Konsum" des Kassenpubli-
kums bereitstellt, wie vielfach der Fall, so bildet er eine StĂŒtze
in der Organisation des ..Arbeitverkehrs", in der Organisa-
tion des âWarenverkaufes" (âArbeit" gleich âWare"). E r
bildet damit . auch . volkswirtschaftlich
einen nicht zu unterschÀtzenden Faktor
und ein sittliches Moment, indem er die
GegensĂ€tze ĂŒberbrĂŒckt und âRuheim Ge-
werbe" schafft.
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
Klinische Wochenschrift, Berlin.
8. April 1922, 1, Nr. 15.
Gicht und Nuklein.stoffwecksol im Lichte neuer Forschung. Schiften-
heim. 713.
Pathologisch- Anatomisches zur Pathogenese des chronischen MagengeschwĂŒrs.
Nissen. 715.
Quantitative Indicanbestimmungen im Blutserum. Knapper, Bommel.
van und V 1 o t e n , van. 718.
Untersuchungen ĂŒber die theoretischen Grundlagen und die Indikationen der
Oalciumtherapie. Dresel und .7 a k o h o v i t i s. 721.
Experimentelle Untersuchungen zur chirurgischen AnÀmiebehandlung durch
Autotransfusion von Blut. F u r u k a \v a. 723.
^»Wirkungen von Turnen und Sport auf die Körperbildung erwachsener junger
MĂ€nner. Herxheimer. 725.
NervenlĂ€hmung und Nervenreizung in ihrer Bedeutung fĂŒr die Entstehung
trophischer GewebsverĂ€nderungen. BrĂŒning. 729.
âąMJie Behandlung spoinlylitiseher LĂ€hmungen mit dem GlĂŒheisen. W i r t h. 732.
Sopholprophylaxe. Martin. 733.
Untersuchungn zur Frage der wechselseitigen Vaccine und Klauenseuche Im-
munitÀt bei Kindern und Meerschweinchen. Uh Iv. n b u t und Bieber.
734.
Die Reizwirkung Her Nahrung im Purinstoffwechsel. .1 o e 1. 735.
Untersuchungen ĂŒber die Methodik und den klinischen Wert der Goldsolreak-
tion im syphilitischen Liquor cerebrospinalis. G r ĂŒ t z. 735.
Ein Fall von Thoraskopagus. G o r n. 736.
Doppelseitiger Herpes Zoster. H i 1 1 e n b e r g. 737.
EmpfĂ€nglichkeit und Resistenz junger Kinder gegenĂŒber grippalen Erkran-
kungen. Meyer. 737.
âą^Röntgenbestrahlung des Uteruscareinoms. S e i t z. 741.
Wirkungen von Turnen und Sport auf die Körperbildung er-
wachsener junger MĂ€nner. Unter dem EinfluĂ intensiv betrie-
bener LeibesĂŒbungen nahm das Körpergewicht erwachsener
junger MĂ€nner durchschnittlich erheblich zu. Gleichzeitig ging
eine deutliche Zunahme der Umfange von Oberarm und Ober-
schenkel vor sich. Der Brustspielraum nahm regelmĂ€Ăig zu Be-
ginn der körperlich anstrengenden Lebensweise etwas ab und
stieg spÀter stark an. Die meisten der zur Beobachtung gelangten
MĂ€nner standen im Alter von 24 â 30 Jahren. Die wenigen im
Ahn- von 30 Jahren und darĂŒber stehenden nahmen im Gegen-
satz zu den ĂŒbrigen an Gewicht und MuskelumfĂ€ngen ab. Der
Körper muĂ sich also in vorgerĂŒcktem Alter gegenĂŒber starken
Beanspruchungen anders verhalten als bei jĂŒngeren MĂ€nnern.
Die Behandlung spondylitischer LĂ€hmungen mit dem GlĂŒh-
eisen. Nach den Anregungen von Quincke wurden FĂ€lle von
Spondylitis mit LĂ€hmungs-erscheinungen und andere Erkran-
kungen der WirbelsĂ€ule und des BĂŒckenmarks mit dem GlĂŒh-
eisen behandelt. Die Erfolge waren in einigen FĂ€llen geradezu
ĂŒberraschend, insofern ein ganz auffallender BĂŒckgang der LĂ€h-
mungserscheinungen beobachtet werden konnte. Einen theoreti-
schen ErklĂ€rungsversuch fĂŒr die Wirkungsweise des GlĂŒheisens
zu geben, ist zurzeit nicht möglich.
Die Röntgenbestrahlung des Uteruskarzinoms. Von 58
strahlentherapeutisch behandelten Kollumkarzinomen, in die auch
die inoperablen und völlig aussichtslosen mit eingerechnet sind,
leben nach Ablauf von 5 Jahren noch 12 = 20,7 %. Das sind Re-
sultate, die ungefÀhr mit denen der erweiterten Totalexstirpation
ĂŒbereinstimmen. Wir sind nach dem heutigen Stand unserer
Kenntnisse vollauf berechtigt, beim Uteruskarzinom die Operation
zu unterlassen und die Kranken der Strahlenbehandlung zuzu-
fĂŒhren. A. MĂŒnzer.
Medizinische Klinik, Berlin.
0. April 1022, Nr. 15.
Salvarsanf ragen. C i tr o n. 439.
Neue Versuche auf dem Gebiete der Kalkstickstoff krankheitÀn. Hess e. 4fil.
Der abdominelle Vagusreflex. Glaser. 462.
PrimĂ€re Gasbazilleninfektion der Leber nach SchrotschuĂ. M a r x. 464.
Höilfieber-Serum-Stauung und Impfung mit Eigensekret bei Urethritis
gonorrhoica. Schmidt. 467.
Subakute Phasen bei C'oxa deformans. Schmidt -WeiĂ. 469.
Ueber die Wirkung des Trypaflavins bei der Tuberkulose der Haut.
Schweig. 470.
âąfrUeber die Diagnose der Skabies und ihre Behandlung mit Pranatot
B À u m e r. 471.
Kann die Proteinkörpertherapie die spezifische Immuntherapie ersetzen.
Höfer-He, rzfeld. 473.
Beitrag zur Streptokokkenfrage; Piorkowski. 474.
Praktische Fragen der Geburtshilfe. Runs e. 476.
Urologie. P a s c h k i s. 478.
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 27/28.
Leber die Diagnose der Skabics und ihre Behandlung mit Pra-
natol. Diagnostisch nichts Neues, bis auf den wenig bekannten
mittelalterlichen Kunstgriff des ,,scuren graben": âSticht man . . .
mit einer Nadel neben der Milbe in den Gang ein. so gelingt es,
die klebrige Milbe mit der Nadel herauszuheben und unter das Mi-
kroskop zu bringen."
Therapeutisch: Pranatol-Einreibung in der BettwĂ€rme â Ge-
sicht vermeiden â an vier Abenden durch etwa dreiĂig Minuten,
pm fĂŒnften Abend Pause, am sechsten Bad oder Waschung. Jucken
nach der Kur beweist nicht deren MiĂlingen; nur, falls frische
GĂ€nge mit lebenden Milben vorhanden, ist die Kur zu wieder
holen. Sonst KleienbÀder, milde Decksalben, bei stÀrkerer Ek
zimbildung 10% Schwefelzinkpaste. Bei nÀssenden postskabiösen
Brustwarzenekzemen erst UmschlÀge mit 3% BorsÀure-Lösung,
dann Zink-Wismut-Salbe. Low (Döberitz).
18. April 1922, Nr.- 16.
Klinisches ĂŒber die derzeitige (irippe. C nrs tli mann. 491.
âąH'eber Abort und Aiortbehandlung, E n g e 1 ni an n. 49s.
Arteriosklerose. Frey. 495.
lieber scheinbares Entropium Àer Neugeborenen. E l s e h n i g. 498.
Ueber die Kombinat on vou multipeln tuberkulösen Ahscedierungen des Un-
terhautzellgewebes mit einem tuberkulösen Gelenkrheumatismus. Görke
499.
"^Klinische Erfahrungen mit Diadin. O p p e n h e i m e r. SOI.
Ueber die neueren Bestrebungen der HodonĂŒherpflanzung. M ĂŒ h s a m. .">02.
SchluĂwort. R o s e n t h a 1. 502.
Tuberkelhazillenagglutination. Christense n. 502.
Beiltrag /.um Nachweise aktiver Tuberkulose durch die Wihlhnlz-lmhufscho
Intrakutanreaktion. Heim b e r g.e r. À04.
Praktische Fragen der Geburtshilfe. R u n g c. 50(1.
Ueber spĂ€tere MalariarĂŒckfĂ€lle. Brandenburg. 508.
Erworbene, DeformitÀten der Kinder. P e 1 t'e söhn. 509.
Ueber Abort und Ahortbehandlung. E. teilt die fieberhaften
Aborte ein in solrhe, bei denen die Infektion auf den Uterus be-
schrĂ€nkt ist â einfache FĂ€lle â und solche, die dessen Grenzen
schon ĂŒberschritten hat â komplizierte FĂ€lle. Er empfiehlt, bei
glatten FÀllen zunÀchst einen Tag abzuwarten, Scheidentampo-
nade auszufĂŒhren, Chinin oder Sekale zu geben, um dann am
zweiten oder dritten Tage auszurÀumen. AuszurÀumen ist etwa
bis zum Ende des vierten Schwangerschaftsmonates mit der KĂŒ-
rette; und zwar bei nicht fieberhaften FĂ€llen mit einer breiten,
scharfen KĂŒrette, bei fieberhaften mit der breiten stumpfen; in
spĂ€teren Monaten mit Finger und Abortzange (âSicherheitszange"
bei Dröll in Heidelberg). StÀrkere Blutungen sind eine Indika-
tion zur sofortigen AusrÀumung, weil Blutverlust die Wider-
standskraft gegen septische Infektionen herabsetzt. Komplizierte
FĂ€lle sollen klinischer Behandlung ĂŒberwiesen werden.
Klinische Erfahrungen mit Diadin. O. empfiehlt Diadin
fBöhm) zur Behandlung der Trichophytien. Diadin I enthÀlt
Jod, Diadin II Quecksilber als organische Verbindung; beide ver-
ankern sich nur an den pathologisch verÀnderten Zellen und grei-
fen gesunde Haulpartien nicht an. Die Herde werden 1 Zenti-
meter ĂŒber den Band hinaus mit Diadin I bepinselt, nach sechs
Stunden wird Diadin II verrieben, vom nÀchsten Tage ab zwei-
mal tĂ€glich Vaseline aufgetragen, um das AbstoĂen der alten
Epidermis zu beschleunigen. Das Diadin bewirkt nicht nur Hei-
lung der Trichophytie, sondern auch anderer parasitÀrer und
infektiöser Hautkrankheiten. Bei exulzerierenden Formen des
Lupus vulgaris erzielt es Auslrocknung, bei Unterschenkelge-
schwĂŒren schnelle Beinigung der WundflĂ€chen.
Low (DöberitaV
Wiener medizinische Wochenschrift, Wien.
1. Januar 1922, Nr. 1.
Das Taylorsystern und die Medizin. Duri g. fi.
'MSur Frage der Reinfecf o syphilitica. Finger. 9.
â Oer heutige Stand der Behandlung der Kehlkopftuberkulose. M. Hi \ e k.
12.
l'eher Appendizitis. II o c h e h e g g. 17.
Die Nachgohurtsperiode. P e h a m. 22.
Vakzinotherapie bei Nervenkrankheiten. W a g n e r - .1 a u r e g g. J8.
Mitteilungen aus der therapeutischen Röntgenpraxia. H ol ikn e cht ,
Lenk, Fordes. K r i s e r , W i n t e r D i t z. 54.
Physiolog. Betrachtungen ĂŒber den Bergsport. S t i g 1 e r. 5fi.
Zur Frage der Reinfectio syphilitica. Als echte Reinfcktions-
fÀlle kann man mit Sicherheit nur solche bezeichnen, in denen
die abortive Ausheilung eines seronegativen und dauernd wÀh-
rend und nach der Kur negativ bleibenden Initialaffekts gelang.
Ist der Fall einmal scropositiv gewesen, so ist immer die Mog
lichkeit gegeben, daĂ ein sog. Pseudochancre tndure vorliegt,
welcher von Virus herrĂŒhrt, das von der ersten Infektion liegen
blieb und nun zum Auskeimen kam.
Der heutige Stand der Behandlung der Kehlkopftubcrkuioae.
Die Lokalbehandlung mit antiseptischen Mitteln hat keinen
spezifisch heilenden Einfluà auf die tuberkulösen VerÀnderungen,
beeinfluĂt jedoch die Mischinfektionen im gĂŒnstigen Sinn. Die
cndolaryngeale chirurgische Behandlung ist nur bei einigermaĂen
begrenzten Prozessen und nur bei relativ gutem Allgemein-
befinden zu empfehlen, scheint aber unter diesen Bedingungen
HĂ€ufig sehr erfolgreich zu sein. Ein die chirurgische Behandlung
hÀufig ersetzendes und oft ergÀnzendes Verfahren ist die Gah
\anokaustik Von der Tuberkulinbehandlung hat Verf. bisher
nichts GĂŒnstiges gesehen. BezĂŒglich der extralaryngealen
Chirurg. Behandlung empfiehlt er bei hochgradiger Kehlkopf-
tuberkulöse und relativ gutem Zustande der Lungen und des All-
gemeinbefindens die frĂŒhzeitige Tracheotomie. Die Sonnenbe-
handlung, resp. die Belichtung mit kĂŒnstl. Höhensonne sollte als
unterstĂŒtzendes Moment neben anderen endolaryngealen Me-
thoden stets Anwendung finden. Die Röntgenbehandlung schein!
symptomatisch (gegen die Schmerzen) von Wert zu sein. Ver-
suche ĂŒber die Wirkung des universellen Kohlenbogenlichtbad* s
sind im Gange. R e u s s 'Wim"
7. Januar 1922, Nr. 2.
Die Differöntialdiagnofle der Appendizit s. O r t n e r , N. 77. _
âąH>ie Strahlenbehandlung de.« Uteruskarzinoms und ihre Abgrenzung t*fa
operat've Verfahren. W e i b e 1. W. 81.
Da.« Taylorsystem und die MedV.in. (Fortsetzung.) D u r i g. »4.
I'eber Appendizitis. (Fortsetzung.') II o c h e n e g g. 89.
Zum Kapitel Ergotin und ITydrastid in . Peters. H. 109.
Das Kohlensaurehad Marke âKorten". MĂŒller. 110.
Die Strahlenbehandlung des Uteruskarzinoms und ihre Ab-
grenzung gegen operative Verfahren. Das operable Uteruskar-
zinom muĂ operiert werden. Die Strahlentherapie ist fĂŒr das
lokal inoperable Karzinom und fĂŒr jene operablen FĂ€lle zu reser-
vieren, welche aus GrĂŒnden des Allgemeinzustandes einem ope-
rativen Eingriff nur mit groĂer Lebensgefahr unterzogen werden
könnten. Verf. ist fĂŒr die kombinierte Bestrahlung mit Röntgen -
licht und Radium. Sehr erfolgversprechend ist die prophylak
tische postoperative Nachbcstrahlung mit Röntgenlicht, aber nicht
mit Radium, vor dessen Anwendung liier abzuraten ist.
Reuss 'Wien
14. Januar 1922. Nr. 3.
I'eber T>arm*tenn«en. S c h n i t z 1 c r. 125.
*Zur Regelung de« Ammenwesen». Moll. 1.. 129.
4>Pi,. Verwendung des I'rotargol« bei rhinolaryngologisrhen KrariXhe'fsfJUlen.
GroĂmahn, M. 13(5.
âŠVSJcZinetherap e hei Nervenkrankheiten. (Fortsetzung.) Wagner-
.T a u r e g g. 13S.
Nuforal als Tiibr.Tluilosomit.teJ. Kienil und Griesinger. 152.
Zur Regelung des Ammenwesens. Es werden die Vorteile
auseinandergesetzt, welche die Aufnahme des Ammenkindes in das
Haus des Dienstgebers mit sich bringt. Nur derjenige soll he-
i echtigt sein, eine Privatamme zu seinem Kind zu nehmen,
welcher deren Kind ins Haus nimmt und sich verpflichtet, sich
den Vorschriften des Ziehkindergesetzes zu unterwerfen.
Die Verwendung des Protargols bei rhinolaryngologisrhen
KrankheitsfĂ€llen. Bei Ozaena-NasenspĂŒlungen mit 0,5 â l%iger
wÀsseriger Protargollösung und Einlegung von WattebÀusch-
chen, die mit 10â 15%iger Lösung befeuchtet sind. Letzteres Ver-
fahren bewÀhrt sich auch beim Asthma nasale. Ferner empfehlen
sich Auswischungen mit konzentrierter Protargollösung nach
Ablauf der Angina phlegmonosa.
Vakzinetherapie bei Nervenkrankheiten. AuĂer der s. Z. von
Verf. mit Erfolg eingefĂŒhrten Quecksilber-TuberkulinbehandluiiL'
der Paralyse hat sieh bei metaluetischen Nervenkrankheiten die
intravenöse Behindlung mit Typhusvakzine (Besredka) sehr gut
bewÀhrt. Auch bei multipler Sklerose wurde durch die Vakzinc-
therapie (polyvalente Staphvlokokkenvakzine oder noch besser
Typhusvakzine) in manchen FĂ€llen eine weitgehende Besserung
herbeigefĂŒhrt. Die gĂŒnstigsten Erfolge wurden in der Paralyse-
behandlung durch Ueberimpfung von Malaria erzielt, welche n.un
8â10 FieberanfĂ€llen durch Chinin-Neosalvarsan leicht koupiert
werden kann. Bei jeder nicht offensichtlich tuberkulös- n Menin-
gitis empfiehlt es sich, eine (nicht-spezifische^) Vakzinekur ein-
zuleiten. Bei Meningitiden nach SchÀdelbasisfrakturer. wurden
durch intravenöse Injektionen von Staphvlokokkenvakzine glÀn-
zende Erfolge erzielt. Dieselbe Therapie ist auch prophylaktisch
bei Operationen am SchÀdel zu empfehlen Reuss Wieir.
21. Januar 1922. Nr. 4.
Die hysterische Frau. R a i m a n n . E. 189.
I'eber Korrektur kleiner Narben im Gesicht. Eitner. E. 17S.
Pas Taylorsystem und die Mediz:n. (Fortsetzung.! I» u r i g 17.V
8). Jahrg. â Nr. 27/28.
\ ii S (| o ii neuesten Zeitschrift <âą n
Ueber Appendizitis II n c h c n c ir g. (Fortsot7aing.) i"Ă.
Die Dlffprent'aldiOKmi.' c der Appcnd z'ti.s. (l,,nrt«i,ly.iniK.) O r t u e r, 188.
Ueber Darmstcnosen. (Fortsetzung.) s c b ni tz I c r. 1RT.
Alypin In der Rhino-I.«aryngologie. K o M 1 b r , K, ms.
Zur Thcrap'c der Amenorrhoe, Dysmenorrhoe mirt SterilitÀt. K s c Ii n ⹠r .
R. 19H.
28. Januar 1922, Nr, 5.
Ober Anaphylaxie. I> r i l> r a m . K. 209.
âŠUeber (Uc Eneephalitis lethargiea epidemica. Sfiefler. (!. um! Kurs-
.Goldensteiner, M. 215.
Iias Taylorsystcm und die Medizin. (Fortsetzung.) D u r i g. ân.
Ueber Darmstenosen. (SchluĂ.) Schnitz! e r. 224.
*J5ur Prophylaxe des Schnupfens, f. o t h e i s s e n g. 238.
Zur Anwendung des Miitigals hei Dermaltosen-. Prantncr, V. 2:1s.
Ueber die Encephalitis lethargiea epidemica. Bericht ĂŒber
eine Epidemie von 59 FÀllen in Linz. Gipfel der MörbiditÀtskurve
in der ersten FebruarhÀlfte, rascher Abfall iTn MÀrz. Heilung
in 54,2 % der FÀlle. Therapeutisch schienen intravenöse Injek-
tionen von Elektrargol und subkutane von Staphylokokkenvakzine
gĂŒnstig zu wirken. Gegen die nervösen SchwĂ€chezustĂ€nde in
der Rekonvaleszenz haben sich Strychninin jeklionen sehr gut
bewÀhrt.
Zur Prophylaxe de» Schnupfens. Empfehlung von Kalnto-
pyrin oder Kalzihyd, event. kombiniert mit Aspirinschnupf puiver.
Reuss ("Wien).
4. Februar 1922. Nr. 6.
Ober Kardiospaamus. Pal, .?. 251.
âŠEinige seltene Indikationen zur Sectfo etoesareĂ€. schiff ni a n n . .1. 155.
Die hysterische Frau. (Fortsetz. ms-) R a i m n 11 n. 262.
«(âșUlquidrast in der Franenpraxis. Ii r a 11 11 - F e r u w a 1 d. 27Ă€.
Einige seltene Indikationen zur Sectio caesarea. Es werden
folgende FĂ€lle ausfĂŒhrlich mitgeteilt: Sectio caesarea bei Ence-
phalitis lethargiea, bei GraviditÀt im inte rponierk n Uterus, bei
GraviditĂ€t nach intraperitonealer LigamentverkĂŒrzung wegen
Bctroflexio uteri, Porro Operation bei rtc.rus duplex mit Endo-
metritis sub partee.
Liquidrast in der Frauenpraxis. VorzĂŒgliche Wirkung bei
Dysmenorrhoe mit Menorrhagien. 30â10 Tropfen lĂ€Ălich auch
fnehr) ohne Nebenwirkungen.
11. Februar 1922, Nr. 7.
âąMetern* catarrhaliv E p p i n g e r , H. 289. V
I'eber den Nachweis von Tuberkclhaziillen im dicken Tropfen. Lall. W.
29a.
Das Tnylorsystem nnil il;e Medizin. D ur i g , A. ÀWE
Die Differentialdia.Kii(i>e der Appendizitis. (SchluĂ. I Orlnor. X. 301,
Alyptin iu der Rhino-I/aryngolOg!c. Mayer Otto. 819.
Alyptin in der Khino-Uary ngologie. Heu ndl. A. 319.
Icterus cafarrhalis. Es handelt sich sicher um kein einheil
liehe s Krankheitsbild. Das anatomische Substrat dĂŒrfte eine
parenchymatöse Hepatitis sein, in derem Verlauf die Leber-
zellen die FĂ€higkeit verlieren, das wahrscheinlich von den
Kupfer sehen Zellen gebildete Bilirubin zu adsorbieren
Milzschwellung und SchÀdigung des Pankreas leiten zu den Be-
ziehungen, welche zwischen â !. c. und Zirrhose bestehen The-
rapeutisch empfiehlt Verf. KalomeJ und besonders Tierkohle, bei
lÀnger wÀhrenden Formen durchschnittlich 3 Tage je 3X0,03
Kalomel, 3 Tage Carbo. Die Nahrung sei zellulosereich; von der
anfÀnglich strengen DiÀt wird bei lÀngerer Krankheitsdauer ab-
zulassen sein, man bevorzuge die Kohlehydrate und meide die
zur Toxinbildung in Beziehung stehenden EiweiĂsubstanzen und
Fette, resp. Eipoide. Milch ist noch das unschuldigste EiweiĂ-
nÀhrungsmittel. Reuss (Wien
18. Februar 1922. Nr. 8.
Zur Anatomie des Magens. 'I' a n 'I Irr. .1. 383.
âąfrZur Frage des Ulcus duodeni III. Therapeutisches. SchĂŒtz. E. *.VT.
Das Taylorsystem und die Medizin. D u r i g , A. 341.
Ober Appendizitis. II o c Ii enegg, 346.
Die hysterische Frau. R u. i m a n n . E. 3.r>0.
Ueber Optarson. Strasser, Alois. 366.
âMirion" in der Tulicrkulnsethcrapie. F ii 1 d e âą , A. und Stern, Fug.
Zur Frage des Ulcus duodeni. Die Indikation zur Operation
ist eine beschrÀnkte. Absolut indiziert ist sie nur bei Perfo-
rationserscheinungen, ausgesprochenen Stenosenerscheinungen,
therapeutisch nicht beeinfluĂbaren und hĂ€ufig wiederkehrenden
Blutungen; relative Indikationen sind sonstige Blutungen, hart-
nÀckige Beschwerden und SchmerzanfÀlle; soziale VerhÀltnisse.
Sonst interne Therapie, welche erfahrungsgemÀà oft zur Dauer-
heilung fĂŒhrt. Konsistentere, leicht verdauliche Speisen; Ein-
schrÀnkung der Fleischkost; hÀufigere, kleine Mahlzeiten; Buhe:
lokale WĂ€rme. Ausgiebige Alkalibehandlung. BeuĂ (Wien).
Wiener klinische Wochenschrift, Wien.
9. Februar 1922, Nr. <;.
Die Rrgeonixsc dir \ ler Oceterr. Oe«alUcbafl fĂŒr Erforschung und
BekÀmpfung der Krebskrankbeit veranstalteten Bammclfor«chu»ig.
l'.e Her, s. E. 121.
1'ciier Haomolys'nblldiung nach Milzexstirpation, Weit! st. und stein
F 127.
âŠUeber A.ti'Wscheirtwng von Farbstoffen durch den Magensaft und durch die
Gtelle. S a. x I . 1'. und S c Ii e r f . I). 128.
âą{âŠIVber Lunge tiabszei} nach subkutaner Thoraxverietasung. II a f m o n i.
If . 129.
âŠDie Körpcr»eiteiiteniporatur. ein differcntialdiagnostisebes Hilfsmittel.
P o k , J. 129.
Elpe Modifikation der Nc'sscrschcn Spritze. I. e. k i s e Ii . K. 181.
Zur Lehre von der Krehskrankheit. (Schluli zu Nr. 5.) V r te.n kr I . A. 132.
Nait.ur und Kunst in der Geburtshilfe. Fischer. .1. 184.
l eb r Ausscheidung von Farbstoffen durch den Magensaft
tmrl die Galle. Parenteral einverleibtes Methylenblau wird nicht
nur mit der Galle, sondern auch sehr reichlich durch den Magen-
saft ausgeschieden. Magen- und DuodenalgeschwĂŒre beschleuni-
ge]» hÀufig diese Farbstoffsekretion, auch wenn sie anazid sind.
Anazide haben hÀufig eine Neigung, 'den Farbstoff sehr langsam
auszuscheiden.
Ueber LungenabszeĂ nach subkutaner Thoiaxverletzttng.
AbszeĂ im r. Oberlappen, welcher f> Wochen nach einer beim Ab-
sturz von der StraĂenbahn erfolgten Quetschung des Thorax mit
Erfolg operiert wurde.
Die Kbrperseitentcmperatur, ein differcntialdiagnostisches
Hilfsmittel. Wenn man bei lokalen fieberhaften Erkrankungen
die Körpertemperatur in beiden Achselhöhlen bestimmt, findt 1
man auf der dem Krankheilsherd entsprechenden Körpers', ii"
höhere Temperaturen (Differenzen von 0,1 bis 1,1), was mil-
unter diagnostisch wichtig ist. R e u s s (Wien).
15. Februar 1922, Nr. 7.
âŠUeber tlochdrucktachykardie. M a n n ab j r g .1. 14Ă€.
Ueber die Bedeutung des Plasmaeiwe.iĂes fĂŒr die Klinik und Behandlung
von Nierenleiden. Kollert, V. und Starli nge r, W. Ufi.
âŠM elier Sehnu'rzen in der WirbelsĂ€ule, ihre anatomischen Substrate und ihre
Diagnose. H a Ă . .1. und E i s 1 e r , F. 147.
I'eber Gritterfasern in normaler menschlich* r Haut. Ii um m a . II. Hti.
DrĂŒsen und drĂŒsige Gebilde in der Seheide. 'Pa u l i il C u - Bu r la. l")n.
Drei Eröffnung des neuen Instituts fĂŒr Histologie an der UniversitĂ€t iu
Wien. S c h a f f e r . .1. IĂ€6.
Die Phthise im BuclKlruckergewerbe-. G o r b e r . P. 15S.
Ueber Hoehdruektaehykardie. Die Pulsfrequenz der Ilyper-
lonikcr ist in ungefÀhr der HÀlfte der FÀlle normal, in der
anderen HÀlfte mehr oder weniger erhöht, nur ausnahmsweise
vermindert. Das weibliche. Geschlecht stellt ein höheres Kon-
tingent sowohl zum Hochdruck ĂŒberhaupt als auch zur Hoch*
('i ucktach\. kardic. I ie Tachykardie dĂŒrfte nicht als Folge, son-
d,rn als Begleiterscheinung der Biutdryekc rhöhung aufzufassen
sein und mit endokrinen Störungen in Zusammenhang stehen.
Ueber Schmerzen in der WirbelsÀule, ihre anatomischen Sub-
strate und ihre Diagnose. Unter 109 FĂ€llen handelte es sich 28 mal
um Wirbel malade, 15 mal um Spondylitis deformans, 11 mal um
Spondylitis ankylopoctica, 2 mal um Spondylitis rheumatica, 3'rhal
um Tumormetaslasen, 39 mal um Spondylitis tuberculosa, in ein-
zelnen FĂ€llen um interne Affektionen (BronchialdriisenvergröĂe-
u:ng, Apicilis, Aorlendilatation). Symptomatologie und Diffe-
rentialdiagnose werden kurz besprochen. BeuĂ (Wien).
2::. Februar 1922, Nr. 8.
Ueber Misehbaktcriophagen. Ha.il. (). und Watana be. '1'. UM».
Zur Methodik dfeir Baingewinnung na.tiver niTnsclilicber Leukozyten. S t a r -
linser. W . 172.
âŠPositive uns-pezifisehe Wftssermannsche und Meinickescb' Reaktionen als
Folge von D.nital stbviraiĂŒe. Bauer, K. 173.
Zur Kenntnis des Volvulus t ei durch falsche Drehung der Nabe lschleifc.
L e h m a n n II. 17Ă€.
Befund von HernsteinsĂ€ure im Zysteninbalt eines Glioms. C 0 r v i n . A. 17Ă,
4»Ueber Askaridiasi,s der Galleinvege. X e u d ii r f e r . A. 170.
Positive unspezifische Wa'ssermannsche und Meinickesche
Reaktionen als Folge von Digitalistherapie. Durch eine Digitalis
medikation kann unter UmstÀnden eine negative Beaktion positiv
werden, trotzdem keine Lues besteht, und zwar manchmal nur
schwach positiv, selten komplett positiv. Die Blutentnahme zur
serologischen Untersuchung muĂ unbedingt zu einer Zeit ge-
schehen, da der Kranke unter keinem medikamentösen EinfluĂ
sieht.
Ueber Askaridiasis der Gallenwege. Die Diagnose kann
schon vor der Operation mit gröBter Wahrscheinlichkeit gestellt
486
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 27/28.
werden. Das durch die Anwesenheit von SpulwĂŒrmern im Hepa-
tikus erzeugte. Krankheitsbild besteht in folgendem: plötzlicher
Beginn mit Ă€uĂerst heftigen Schmerzen in der rechten Oberbauch-
gegend, Fieber und Pulsbeschleunigung. Rein kostale Atmung.
Oberbauchgegend weich, Gallenblase anfangs nicht vergröĂert,
nicht empfindlich, erst bei tiefem Druck SchmerzĂ€uĂerung. Ge-
wöhnlich Erbrechen von Askariden. Sofortiger operativer Ein-
griff dringend geboten. ReuĂ (Wien\
2. MĂ€rz 1922, Nr. 9.
âUeber die Behandlung; von Augenkrankheiten mit Tuberkulin. Meiler,
J. 193.
âDiia spezifische Behandlung der Augentuherkulose durch den praktischen
Atz*. N (i w a c k . E. 194.
âZur Diagnose und Therapie des statischen PlattfuĂes. K o m i s e h S.
S. 195.
âPraeputium cOoridis und Gonokokken. Clodi, E. und Sebopper,
K. 197.
Die Verletzungen des Auges und ihre gerichtliche Begutachtung. H a n k e ,
V. 699.
Medizinisches und Aerztliches aus SowjetruĂland. (SchluB.) V a p p e n -
heim. 204.
Ueber die Behandlung von Augenkrankheiten mit Tuberkulin.
â Die spezifische Behandlung der Augentuberkulose durch den
praktischen Arzt. Ein groĂer Teil der sog. idiopathischen Irido-
zyklitiden beruht auf tuberkulöser Basis, auch wo an dein
Kranken keine weiteren Anhaltspunkte fĂŒr Tuberkulose gefunden
werden. Eine vorsichtig durchgefĂŒhrte Tuberkulinkur hat in
solchen FĂ€llen, welche mitunter jeder andern Behandlung trotzen,
oft ausgezeichneten Erfolg. Die Behandlung besteht in subkutanen
Injektionen von Bazillenemulsion, beginnend mit 0,001 mg, in an-
fangs 2 â 4 tĂ€gigen, spĂ€ter lĂ€ngeren Intervallen anseigend, bis 0,t
oder 1 g reiner Bazillenemulsion. Bei Temperatursteigerungen
ĂŒber 37" wird die letzte Dosis wiederholt. Die Maximaldosis
muĂ nicht immer erreicht werden. Der praktische Arzt kann die
Lösungen der Bazillenemulsion in Phiolen vom âStaatl. serothera-
peutischen Institut", Wien IX/2, Zimmermanngasse 3, beziehen.
Zur Diagnose und Therapie des PlattfuĂes. FĂŒr eine rationelle
Therapie des PlattfuĂes ist die genaue Kenntnis vom Entwicke-
lungsgrad von Wichtigkeit. Ein objektives Urteil fĂŒr die Ent-
wickelungsrichtung, ob progedient oder selbst korrigiert ge-
winnen wir an der AbnĂŒtzung des Schuhes. Mit der Ver-
ordnung einer Einlage ist die Behandlung des PlattfuĂes
keineswegs abgeschlossen. Man mĂŒĂ trachten, durch Massage,
Gymnastik usw. den PlattfuĂ wieder von der Einlage zu befreien.
Praeputium clitoridis und Gonokokken. In Anbetracht des in
74,3 % der untersuchten FĂ€lle erhobenen Gonokokkenbefundes in
der Praeputialfalte gonorrhoischer Weiber muĂ gefordert werden,
daĂ bis zur Ausheilung der Erkrankung die Praeputialfalte mecha-
nisch gereinigt und desinfiziert wird; ferner ist das Praeputial-
sekret regelmĂ€Ăig mikroskopisch zu untersuchen.
ReuĂ (Wien).
9. MĂ€rz 1922, Nr. 10.
Ueber dien Abbau der GaJlenfarbstoffc durch streng anaernhisch wachsende,
fÀulniserregende Darmbakterien. Passini. F. 217.
âT'eber vasomotorische Störungen bei zerebralen Hemiplegien. Kahler.
H. 219.
âDer HacTnolyseversuch als Kriterium fĂŒr Infiltratbildung von Pharmazis.
P e y r e t . K. 222.
tiiht es eine zeitweilige natĂŒrliche Resistenz gegen Syphilis? Brandt,
K. 223.
âZur Therapie des Blepharospasmus. Blatt, N. 225.
Hygiene im Denken. Urteilen u. AusdrĂŒcken. G r a Ă b e r g e r . K. 226.
Ueber vasomotorische Störungen bei zerebralen Hemiplegien.
Das Verhalten des Blutdrucks nach Lumbalpunktion (und even-
tuell auch Koffeininjektion) ist bei zerebralen Hemiplegien je nach
dem Sitze des Herdes ein ganz verschiedenes: bei kortikalen und
subkortikalen Herden steigt der Blutdruck beiderseits an, bei
Herden in der Gegend der Stammganglien und auf der gesunden
Seite, bei pontiner LĂ€sion bleibt der Druckansieg auf beiden
Seiten aus. Diese Tatsachen scheinen in gewissen FĂ€llen auch
fĂŒr die topische Diagnostik verwertbar zu sein.
Der Haemolyseversuch als Kriterium fĂŒr Infiltratbildung von
Pharmazis. Es wurde eine Reihe von Pharmazis in vitro auf ihre
haemolytische Wirkung untersucht. Dabei zeigte sich, daà sÀmt-
liche Pharmaka (mit Ausnahme von Salvarsan), welche Haemo-
lyse erzeugen, bei subkutaner Injektion Infiltratbildung hervor-
rufen. Der einfache Haemolyseversuch lĂ€Ăt sich bei der Herstel-
lung neuer pharmokologischer PrÀparate insofern praktisch ver-
werten, als er erkennen lĂ€Ăt, ob das betreffende PrĂ€parat bei
subkutaner Einverleibung zur Infiltratbildung fĂŒhren dĂŒrfte oder
nicht.
Zur Therapie des Blepharospasmus. Nicht nur beim funktio-
nellen, sondern auch bei den durch peripher liegende organische
LĂ€sionen bedingten Blepharospasmus sind Novokaineinspritzun-
gen in den Orbicularis sehr empfehlenswert, welche eine 1 â ijg
Stunden andauernde LĂ€hmung desselben hervorrufen. Die In-
jektionen (1 cm3 einer 2%igen Lösung) können tÀglich einmal
ohne jeden Schaden vorgenommen werden. Wichtig fĂŒr den prak-
tischen Arzt bei der Behandlung ekzematöser Kornealprozesse.
ReuĂ (Wien).
16. MĂ€rz 1922, Nr. 11.
Chronische Bazillenruhr und Colitis gravis. Kling. D. 2.1(1.
Das psyohopbysische Problem in der Sexualpathologie. Schwarz U. 243j
âEin Fall von Balantidiasi.s coli. Koliseh, R. 246.
âUeber die Lokalisation des akuten Gelenkrheumatismus im Kehlkopf.
Hntter. 247.
âHygiene im Denken. Urk' Ion und AusdrĂŒcken. (SchluĂ.) Ural! Ii erger
K. 250.
Die epidemiologischen VerhÀltnisse in Osteuropa im Januar 1922 Pi eti-
le r. J. 254.
Ein Fall von Balantidiasis coli. Bei einer 50 jÀhrigen Frau,
welche seit einem Jahr an unklaren Darmerscheinungen (meist
Diarrhoen mit Schleimabgang) und mehrtÀgigen Fieberattacken
litt, was zur falschen Diagnose einer chronischen Malaria Veran-
lassung gab, deckte die Blutuntersuchung eine hohe Eosinophilie
auf. Im Stuhl enorme Mengen von Balantidium coli. Die Erschei-
nungen schwanden auf Verabreichung groĂer Dosen von Azidol-
pepsin (es bestand Achylie) und DarmspĂŒlungen mit Chinin-
lösungen.
Ueber die Lokalisation des akuten Gelenkrheumatismus im
Kehlkopf. Laryngoskopisch nachweisbare Schwellung des rechten
Crico-arytaenoidal-(Stimmband-)Gelenkes bei einer 22 jÀhrigen
Patientin mit Polyarthritis. Heiserkeit und ins rechte Ohr aus-
strahlender Schluckschmerz, leichte Atemnot. Heilung auf fort-
gesetzte Aspiringaben binnen 3 Wochen.
Hygiene im Denken, Urteilen und AusdrĂŒcke». Die LektĂŒre
dieses prĂ€chtigen Aufsatzes, dessen Gedanken weit ĂŒber das Son-
dergebiet der Medizin hinausgreifen, sei angelegentlichst emp-
fohlen!
BeitrÀge zur Klinik der Tuberkulose, Berlin.
13. MĂ€rz, 1922, 51, Nr. 1.
Di« kurvenmĂ€Ăige Darstellung des Ausfalles der Urochroinogenreaktion in
ihrer Bedeutung fĂŒr die Beurteilung der Form und Prognose der Lungen-
phtfhise. Gottsehalk, A. 1.
âMammillenschaittten im Röntgenbilde. Graf, H. 12.
Chondroiturie bei Amyloidose! -der Nieren. D i e 1 1 , K. 18.
Beitrag zur Kenntnis der Eigenharnreaktion nach Professor Wildbolz.
Kuhn, H. 24.
âPhysiologische TuberkulosebekĂ€mpfung. Waldbrand, E. 32.
âZur Kenntnis der Tuberkulose der Hirnrinde, sowie des atypischen Verlaufes
der entsprechenden HirnhautentzĂŒndung (Leptomeningitttis tuberculosa
chronica adhaesiva. Hirschsoh n, J. 38.
Mamillenschatten im Röntgenbilde. Die Mamillen können sich
auf der Röntgenplatte als kreisrunde Schatten abzeichnen, die
zu Fehldiagnosen Veranlassung geben können. Die Beachtung
der symmetrischen Lage in den unteren Teilen der Lungen-
felder vermag vor solchen IrrtĂŒmern zu schĂŒtzen.
Physiologische TuberkulosebekÀmpfung. Die durch die ver-
mehrte SchweiĂsekretion hervorgerufenen Kochsalzverluste be-
deuten fĂŒr den Phthisiker eine nicht genĂŒgend beachtete SchĂ€di-
gung des Organismus, die bei Erschöpfung der verfĂŒgbaren Chlor-
reserven zu einem Zerfall von Körpergewebe fĂŒhrt. Schon bei
geringeren Kochsalzverlusten macht sich AnaziditÀt und da-
durch bedingte Appetitlosigkeit bemerkbar. Verf. empfiehlt auf
Grund dieser ErwÀgungen die Darreichung von Kochsalzlösungen
bei Phthisikern; er berichtet ĂŒber befriedigende Ergebnisse, ĂŒber
Besserung des Appetits, allmÀhliches Nachlassen der starken
Schweissekretion, sowie ĂŒber Gewichtszunahmen.
Zur Kenntnis der Tuberkulose der Hirnrinde sowie des aty-
pischen Verlaufes der entsprechenden HirnhautentzĂŒndung. (Lep-
tomeningitis tuberculosa chronica adhaesiva.) Kasuistische Mit-
teilung mit anschlieĂender eingehender epikritischer Betrachtung.
Es handelt sich um eine beim Erwachsenen beobachtete in
SchĂŒben verlaufene Meningitis tuberculosa, die vorwiegend das
Bild einer Erkrankung der KonvexitÀt der HemisphÀren ohne
LĂ€hmung basaler Hirnnerven darbot. Die Obduktion ergab eine
chronische EntzĂŒndung der Meningen im Bereich der KonvexitĂ€t
auf tuberkulöser Grundlage; die Exsudation trat ganz in den
Hintergrund, es zeigte sich vielmehr ein plastischer, zu Verlötung
und Schrumpfung der Meningen fĂŒhrender ProzeĂ. Ferner fanden
10. Jahrg. â Nr. 27/28.
Aus den neuesten Zeitschriften
487
sich eine gröĂere Zahl konglobierter Tuberkel im GroĂhirn so-
wie in der BrĂŒcke mit begleitenden enzephalitischen VerĂ€nde-
rungen in deren Umgebung. Wolf, Hamburg.
25. Marz 1922, 51, Nr.2.
âŠ>Klini»iche Einlh'ildng der Lungentuberkulose nach den anatomischen Gruud-
prozessen. U 1 1 i c i , H. 63.
Heolxachtungen Uber die Lungentuberkulose des Schulkindes in ihrer Be-
ziehung zur Stndicneiiiiteiiung nach Hauke. U r a s s , H. und Erna. 100,
4*l)er tuberkulöse âprimĂ€re Komplex" im Röntgenbild der Lunge. B a 1 1 i n, 127.
1'iitersucliuug ĂŒber l'nruiuoUioraxgase. Gxass, H. und Meinen,
11. H. 134.
Pe*llsteilung dieis Imimwii Kitte zustandea als Grundlage der kĂŒnstlichen Iirunu-
nisierung zur Vorbeugung und Behandlung der Tuberkulose. R i e e k e n-
b e r g , H. 146.
E.uige Erfahrungen beim kĂŒnstlichen und uatiirliebeu Pneumothorax.
Grass, H. 151).
Versuche zur Wildbulzscken Eigenhainreaktion. Gr an, 11. lö".
'Klinische Einteilung der Lungentuberkulose nach den ana-
tomischen Grundprozessen. Unter Anlehnung an das Aschoff'sche
Einteilungsprinzip benutzt Verfasser 'folgendes einfaches Schema,
das er klinisch brauchbar und ausreichend befunden hat: I. Die
exsudative Phthise, a) Die lobÀre kÀsige Ineumonie, b) die lobu-
lare kÀsige Pneumonie. II. Die produktive Tuberkulose, a) die
nodöse Phthise, b) die zirrhotische Phthise. Die fĂŒr die ein-
zelnen Gruppen charakteristischen Merkmale in klinischer und
röntgenologischer Hinsicht werden ausfĂŒhrlich erörtert und zu
dem Sektionsbelund in Beziehung gesetzt. In ca. 80 % der zur
Obduktion gekommenen FĂ€lle stimmte der auloptische Befund gut
mit der klinisch gestellten Diagnose ĂŒberein.
Der tuberkulöse âprimĂ€re Komplex" im Röntgenbild der
Lunge. Es gelingt, bei besonders darauf gerichteter Aufmerksam-
keit, im Röntgenbilde den primÀren Lungenherd (PrimÀraffekt),
wenn derselbe verkalkt ist, als solchen zu erkennen, auch dann,
wenn er sich in einem von tertiÀren VerÀnderungen, durch-
setzten Lungenabschnitt befindet. Unter 2500 Lungenplatten
konnten in 140 FÀllen, d. h. in 5,6 % Kalkherde primÀrer Herkunft
gefunden werden. Der verkalkte PrimÀraffekt " erscheint im
Röntgenbild als im wesentlichen runder Schaltenfleck, der hÀufig
flache Vorbuchtungen zeigt. Von groĂer Bedeutung fĂŒr die Er-
kennnung des primÀren Herdes sind die verkalkten regionÀren
LymphdrĂŒsen. Wolff, Hamburg.
Zentralblatt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
8. April 1922, 46, Nr. 14.
Die nerue Kairzinomsfcatiistik. Winter, G. 529.
»M)ie Blutkörperchensenkungsgeschwlndiigkeit als differentiaildiagnostisches
HUfsmitnell bei Adnexerkrankungen. L i n z e n m e i e r , G. 535.
l'eber Beziehungen zwischen dem befruchteten Ei und dem gelben Körper,
liofstÀtlter, R., 542.
Zur Aefciologiie der Luteincysteu. v. Dettingen, K.J. 548.
L'eber die spontane Umwandlung einer Gesichtslage in Hinteirkauptslage in
der Beckenhöhle. Walz, W. 554.
âąfrOvarialtberapie klimakterischer Toxikodermien. Hofbauer, .7. 558.
lieber FluorbekanicUung mit BazĂŒUosan. Naujoks, H. 560.
Die Blutkörpercheu-Senkungsgesehw indigkeit als differential-
diagnostisches Hilfsmittel bei Adnexerkrankungen. Genaue An-
gaben ĂŒber die AusfĂŒhrung der Blutkörperchensenkung nach
Linzenmeier. Bei Beschleunigung der Blutsenkung, d. h. bei
Senkungszeiten unter- 30 Minuten liegt mit gröĂter Wahrschein-
lichkeit eine entzĂŒndliche Genitalerkrankung vor. Auch in FĂ€llen,
wo keine erhöhte Temperatur festzustellen war, wies die Sen-
kungsbeschlcunigung auf eine EntzĂŒndung hin. Eine einzige Aus-
nahme machen Tubenrupturen mit groĂen intraabdominalen Blu-
tungen. Handelt es sich um die Differentialdiagnose zwischen vor
kurzem gestörten Extra-uterin-Gravidilaten und akuten Adnex-
oder Peritoneal-EntzĂŒndungen, so spricht die langsame Senkung
mit gröĂter Wahrscheinlichkeit fĂŒr Tuben-GraviditĂ€t. Auch fĂŒr
die Prognose der Operation bei fixierter Retroflexio, chronischen
Adnextumoren und Àhnlichen Affektionen gibt die Blutsenkung
einen vorzĂŒglichen Hinweis. Bei Senkungszeilen unter 1 Stunde
können noch violente Keime vorhanden sein, man wird also in
solchen FĂ€llen besser mit der Operation noch warten; bei lang-
samer Senkung ĂŒber 2 Stunden dagegen sind sicher keine latenten
Infektionen mehr zu fĂŒrchten, so daĂ man mit groĂer Beruhigung
an die Laparotomie herangehen kann.
Ovaria ltherapie klimakterischer Toxikodermien. Verf. be-
richtet ĂŒber 2 FĂ€lle prĂ€klimakterischer Dermatosen die durch In
jektion von Ovarialextrakt zur Heilung gebracht wurden. Im
ersten Fall handelte es sich um einen erysipelartigen Hautaus-
schlag im Gesicht, der jeder Behandlung trotzte. Nach Ein-
spritzung von 2 1 hiolcn Ovoglandol war schon am Selben Abend
eine deutliche objektive und subjektive Besserung, vollige Heilung
bereits nach 'S Yvochcn eingetreten, nachdem jeden zweiten Tag
eine Einspritzung gemacht worden war. Der andere Fall betrifft
eine 48 jÀhrige Frau, die seit 2 Jahren, seitdem nur noch ganz
geringtugige menstruelle Blutungen bestanden, am ganzen Körper
ein olt bis zur U VertrÀglichkeit sich steigerndes Jucken ver-
spĂŒrte, ohne daĂ irgend eine Therapie Linderung verschaffen
konnte. Es wurden 2 mal wöchentlich Injektionen von 2 Phiolen
Ovoglandol gegeben; nach 4 Wochen war Patientin vollkommen
geheilt. Die Wirkung wird darauf zurĂŒckgefĂŒhrt, daĂ im Klimak
lerium durch den Ausfall innerer Sekrete die Zirkulationsvcrhalt-
nisse sich Ă€ndern, eine erhöhte EntzĂŒndungsbereitschaft der Haut
sowie weitgehende ĂŒmstimmung des Gewebes eintritt, und daĂ
durch kĂŒnstliche Zufuhr des erforderlichen Hormons die RĂŒck-
kehr zu normalen VerhÀltnissen eingeleitet wird.
Speyer (Berlin;.
15. April 1922, 46, Nr. 15.
â Erfahrungen auf dem Gebiete der KindUeittfiebcr-VerbĂŒtuiig. Ant-
feld, F. 562.
âBeitrage zur Entstehung der Mund- und Rektumkcium bei Neugeborenen.
S a 1 o m o n . R. 663.
Die Entstehung der trophobdast- und gyneytiullakuneu des menschlichen Eies.
T e m e s v À r y , N. 507.
âDas Uterus-Karzinom m Schwangerschaft, Gehurt und Wochenbett. Uroli,
E. O. 567.
âą5-Zur Behandlung der MastdarmsehĂ€digungun nach Strahlenbehandlung.
K o 1 d e , W. 576.
Ein neuer Weg zur BekÀmpfung der puerperalen Infektion. Hof -
b a u e r , J. 580
Erfahrungen auf dem Gebiete der Kindbettfieber-VerhĂŒtung.
A h 1 f e 1 d tritt den von Döderlein im ersten Heft dieses Jahr-
ganges der deutschen med. Wochenschrift empfohlenen MaĂnah-
men zur VerhĂŒtung des Puerperalfiebers entgegen. Diese gipfel-
ten in der Fernhaltung aller Ă€uĂeren SchĂ€dlichkeiten und aller
nicht dringend notwendigen Eingriffe. Innere Untersuchungen
sollten nur mit sterilen Lummi-Touchierhandschuhen ausgefĂŒhrt,
keine Desinfektion der inneren Genitalien der Kreissenden, kei-
nerlei BerĂŒhrung oder SpĂŒlung der Wöchnerin stattfinden, im
Gegensalz zu diesen Döderleinschen AusfĂŒhrungen stehen die vom
Verf. in GieĂen und Marburg wĂ€hrend der Jahre 1881 bis 1907
gewonnenen Resultate. . Ohne EinschrÀnkung der inneren Unter-
suchung, ohne Rektaluntersuchung, ohne Benutzung von Touchier-
handschuhen, ohne Unterlassung vaginaler prĂ€liminarer SpĂŒlun-
gen bei ununterbrochener Benutzung des Materials durch Studie-
rende und HebammenschĂŒlerinnen auch in bezug auf die innere
Untersuchung sind die vom Verf. erzielten Resultate mindestens
ebenso gut wie die Döderleinschen. Man kann also in gut ge-
leiteten Anstalten das Kindbettfieber auch verhĂŒten ohne auf die
bisher ĂŒblichen Untersuchungsmethoden und prophylaktischen
MaĂnahmen verzichten zu mĂŒssen.
BeitrÀge zur Entstehung der Mund- und Rektumkeime bei
Neugeborenen. Durch Untersuchungen an neugeborenen MĂ€dchen
versuchte S. die Entstehung und die Arten der Mikroorganismen
in den einzelnen nach auĂen kommunizierenden Körperhöhlen zu
erforschen. Es wurden 19 FĂ€lle genau untersucht. In 2 von
diesen waren im Rektum sofort nach der Geburt Bakterien nach-
weisbar, die auch in den nÀchsten Tagen nicht aus dem Darm
verschwanden, sondern vorherrschend dort gezĂŒchtet werden
konnten. Die gleichen Keime waren in der mĂŒtterlichen Scheide
nachzuweisen. Bei den ĂŒbrigen FĂ€llen traten die ersten Keime
im Rektum nach 5 Stunden auf, nach 12 Stunden waren 57 °/0
und im Laufe des zweiten Tages sÀmtliche Rekta mit Keimen
besiedelt. Was die Mundhöhle anlangt, so wurden in 46 % der
FĂ€lle Bakterien sofort nach dem Partus gefunden. In beiden
Körperhöhlen beherrschen die grampositiven Kokkenformen das
Gesichtsfeld, zu denen sich sehr bald grampositive StÀbchen
gesellen. Schon recht frĂŒhzeitig kommen sowohl in der Mund
höhle wie im Darm Vaginalbazillen vor. Nach dem Anlegen
konnten aus der Mundhöhle sehr bald Keime gezĂŒchtet werden,
die auf der Brusthaut der Mutter vorhanden waren. Die Bak-
terien-Vegetation in der Mundhöhle ist schon frĂŒhzeitig eine
mannigfache, in den ersten 24 Stunden konnten bereits 12 ver-
schiedene Mikroorganismen, in den ersten 10 Tagen 21 verschie-
dene Arten nachgewiesen werden. Das wechselvolle Verhalten
der Mundbakterien in den ersten 24 Stunden ist nicht allein durch
die mĂŒtterliche Vaginalflora oder die Mikroben der Brusthaut,
sondern ganz wesentlich durch die Nahrungsaufnahme und den
Reaktionsumschlag der MundflĂŒssigkeit bedingt. Bei dem kind-
lichen Mundsekret, das zunÀchst alkalisch reagiert, wird nach
dem Anlegen durch die MilchgÀrung eine saure Reaktion aus-
gelöst. Diesem Reaktionsumschlag passen s|ph die Keime an,
denn in alkalischen Medien wuchern besser Kokken, wÀhrend bei
Aus den neuesten Zeitschriften
JO. Jahrg. â Nr. 27/28.
SÀuregegenwart mehr die StÀbchenformen zum Vorschein
kommen. AuĂer den erwĂ€hnten Faktoren ist fĂŒr die Entstehung
der .Mund- und Rektumflora die Umgebung des Neugeborenen
Luft, Kleidung und Pflegepersonal} von Wichtigkeit.
Das Uterus - Karzinom in Schwangerschaft, Geburt und
Wochenbett. In der Kieler Frauenklinik kamen in den iclzlen
11 Jahren <i FÀlle von Kollumkarzinom wÀhrend der GraviditÀt
und 34 FĂ€lle 1 â 12 Monate nach der Entbindung resp. Fehlgeburt
zur Aufnahme. Verfasser konnte an diesem Material feststellen,
was auch von anderer Seite schon beobachtet ist, daĂ der Krebs
in Schwangerschaft und Wochenbett rascher als sonst wÀchst
und rascher .Metastasen setzt, weil erstens relativ jĂŒngere Frauen
von dieser Komplikation bell offen werden und zweitens die Hy-
perÀmie, die GewebsÀullockerung und die vermehrte Zirkulation
tlem inlillricrenden und generalisierenden Fortschreiten keinen
Widerstand bieten. Was die Prognose der Operation anlangt, so
scheint sie fĂŒr die Schw angerschaitsoperation etwas gĂŒnstiger zu
stin. Bei den W'ochenbetloperatione« scheint, wahrscheinlich in-
folge gröĂerer Neigung zu septischen Infektionen, die Prognose
eher ungĂŒnstig zu sein; auch die inoperablen KomplikationsfĂ€lle,
die post partum in Behandlung kamen, zeigten eine ungĂŒnstigere
Prognose als sonst im allgemeinen. Pas Material ist jedoch im
ganzen so klein, daĂ man die dabei gefundenen Ergebnisse nicht
ohne weiteres verallgemeinern darf.
Zur Behandlung der MastdarmschÀdigungen nach Strahlen-
behandlung. Kolde berichtet ĂŒber 2 FĂ€lle von MastdarmschĂ€di-
gungen nach Radiumbehandlung. In dem' ersten Fall trat % Jahre
nach der Bestrahlung an der vorderen Wand des Mastdarms ein
erbsengroĂes GeschwĂŒr auf mit stark infiltriertem Rand. Die
Behandlung bestand in StĂ€rkeklysmen mit 10 â 20 Tropfen Opium
nach Adler, Mixtum agitans und Diathermie (.aktive Elektrode in
der Scheide, inaktive auf dem Krtuzbein.) NachMĂ Diathermie-
behandlungen war das GeschwĂŒr im Mastdarm vollkommen abge-
seilt. Im 2. Falle war durch ein MiĂgeschick das Mesotorium-
röhrchen, das sonst immer intracervical eingelegt wurde, aus der
Cervix herausgeglitten. 3 Monate spÀter fand man an der hinteren
Scheidenwand einen erbsengroĂen, tastempfindlichen Schorf, aus
<Uni sich nach kurzer Zeit eine gröĂere Mastdarm-ScheidenfisteJ
bildete. Die Patientin wurde jedoch mit der Fistel nach Hause
entlassen und kam erst nach 2 Jahren in ganz elendem Zustand
wieder zur Behandlung. Die Fislel war jetzt so groĂ, daĂ an eine
Operation derselben nicht mehr zu denken war; es wurde statt
dessen ein Anus praeternaturalis angelegt, worauf sich Patientin
nach kurzer Zeit sehr gut erholte.
Speyer (Berlin).
Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
22. April 1922, 49, Nr. 1C>.
âŠHodentranfplaiitation und IĂŒtnoscxiialiiiit. Kr.eu.ter. MS.
Prosfatecttomia mediana. Dehler. 540.
AJloplastik bei Gei'Ă€lJwunden. Haberlaiul. 542.
Behandlung pyogener Nierenprozesse. II a. r t t u ti g. .">4.V
Strahlenbehandlung der Blasteme. F ritsch. .")4ö.
Amputation nach Griitti. B À h r. 546.
^Phalangenreaektion zur Beseitigung von Fingerkontraktur. K c k s t e i n.
Hodentransplantation und HomosexualitÀt. Verfasser war
frĂŒher AnhĂ€nger der Steinach-Lichlenslernschen Lehre, hat aber
seine Ansicht völlig geÀndert. Er hat einem heterosexuell empfin-
denden, doppelseitigen Kastraten, dessen Triebleben auch nach
Entfernung der Hoden in seiner Richtung unverÀndert blieb, einen
Hoden eines schweren Homosexuellen implantiert, natĂŒrlich unter
Verschweigen der Herkunft dieses Transplantats. Der Patient
war mit der Wirkung der Operation âzufrieden". Von einer homo-
sexuellen Triebrichtung war 8 Monate nach der Operation auch
riiehl die geringste Spur zu bemerken. Diese Beobachtung spricht
durchaus gegen die Lehre Sleinachs von der spezifischen Be-
deutung der sog. âF-Zellen". Die Hodentransplantion kann höch-
stens als suggestive MaĂnahme etwas leisten.
Phalangenresektion zur Beseitigung von Fingerkontraktur.
Verfasser schlÀgt vor, bei Fingerkontrakturen, wie sie nach
Sehnenscheiden Phlegmonen vorkommen, aus der Mitte der Grund-
phalanx ein 1â2 cm langes StĂŒck zu resezieren. Die Beweglich-
keit wird dadurch sehr gut, die VerkĂŒrzung ist sehr wenig auf*
fÀllig. K. Wohlgemuth (Berlin).
29. Apruil 1922, 49, Nr. 17.
âTraeheotomia Inferior In kindlicher Larynxdiphtherie. Seifert. 585.
âąKiidenkplastik hei Tuberkulose. W i e t i n g. r>89.
Ticiexperimentelle Krampfstudien. Fischer. 591.
Erfahrungen mit der Traeheotomia inferior bei kindlicher
Larynxdiphtherie. Verfasser empfiehlt auf Grund von 139 ope-
rierten FĂ€llen die Traeheotomia inferior als Methode der Wahl
bei der Larynxdiphtherie der Kinder. Die Tr. superior ist durch-
aus nicht technisch wesentlich einfacher als die inferior, wie
gewöhnlich behauptet wird. Nachteile der Tr. sup. sind: Er
Schwertes Decanulemenl, Verbiegungsstenosen, Stimnislöpungen!
Die Vorteile der Tr. inf. dagegen: Leichtes Decanulemenl,
Schonung des Ringknorpels und des Stimmapparates. Der Haupt»
Vorwurf, der der Tr. inf. gemacht wird, ist die Gefahr der â meisi
tödlichen â Nachblutung. Unter den 139 FĂ€llen des Verf. war
nur 1 Fall von Nachblutung (â 0,71 %). â Gestorben sind im
ganzen 33 (.â 23,7 %). Todesursache hauptsĂ€chlich Bronchitis
und Bronchopneumonie; auĂerdem Sepsis, Miliartuberkulose,
Schrumpf niere, Herzstörungen und Marasmus. â Das Decanule-
rrient erfolgte fĂŒhzeitig, im allgemeinen zwischen 2. und 5. Tag.
PrimÀre Gelenkplastik bei Tuberkulose. Die konservative
Therapie der Knochen- und Gelenktuberkulose darf, nicht zum
wenigsten aus sozialen Indikationen, nicht zu weit getrieben
werden. Bei jahrelang vergeblich konservativ behandelter kind-
licher Kniegelenkstuberkulose hat Verfasser in 3 FĂ€llen durch
sorgfÀltige Arthrektomie unter Schonung der Epiphysen-
knörpel â alle krankhaften Teile des Knochens und Knorpels
entfernt und sofort eine Fasciengelenkplastik angeschlossen. -
Wenn keine Aussicht besteht, ein bewegliches Gelenk zu er-
zielen, soll mit der Arthrodese nicht zu lange gewartet werden.
K. W o h 1 g e m u t h I Berlin .
Zeitschrift fĂŒr soziale Hygiene, FĂŒrsorge und Krankenhaus-
wesen, Berlin.
1922, 3, Heft 9.
â leiirr Arbeitspausen in Gewerbebetrieben. Breiona. 157.
FĂŒrsorgebeatrebungen an Prostituirten bm Krankenhaus. L o âą w e n -
«te in. 263.
âąfrDir rJicbtbetriebsunfftllversicherung in der .Schweiz. Hl b.s r lin, 268._
Reichswochenh lfe und FamiJieuversicherung. Salonion. 269.
Ueber Arbeitspausen in Gewerbebetrieben. Die Zahl, LĂ€nge
und Verteilung der Arbeitspausen beeinflussen in hohem MaĂe
die. Arbeitsleistung und die Gesundheit des Arbeiters. Das von
B r e z i n Ă€ - W ien fĂŒr das öslerr. Bundesministerium fĂŒr soziale
Verwaltungen abgegebene Gutachten kommt deshalb zu folgenden
SchlĂŒssen: Die Arbeitspausen innerhalb der Arbeitszeit sind
wichtig zum Schutz gegen zu weitgehende ErmĂŒdung, zur Er-
möglichung entsprechender Nahrungsaufnahme, sie können be-
deutungsvoll werden fĂŒr gewerbliche Vergiftungen und UnfĂ€lle.
Bei gewöhnlicher Tagesarbeit ist eine Essenspause erforder-
lich, welche so zu bemessen ist, daĂ dem Arbeiter unter RĂŒck-
sicht auf den Weg vom und zum Speiseraum die ruhige, nicht
hastige Einnahme einer Mahlzeit, dann in der Regel, jedenfalls
aber bei muskelanstrengenden oder Geschicklichkeit und Auf-
merksamkeit erfordernden Arbeiten auĂerdem eine Ruhe von
mindestens 20 Minuten ermöglicht wird.
Wo der Arbeiter unter giftigen Gasen zu leiden hat, darf
die Pause keineswegs weniger als 1 Stunde betragen, bei der
Gefahr der Aufnahme von Giftstoffen mil der Nahrung ist die
Pause soweit zu verlÀngern, daà Kleiderwechsel und Reinigung
von Gesicht und HÀnden möglich ist.
Die sanitĂ€re und ökonomische ZweckmĂ€Ăigkeit kleiner
Pausen, die nicht mit Verlassen des Arbeitsraumes verbunden
sind, muà je nach den BetriebsverhÀltnissen verschieden beurteilt
werden.
Die Nichtbetriebsunfallversicherung in der Schweiz. Auf
Verlangen der Arbeitervertreter erfolgte die Einbeziehung der
NichtbetriebsĂŒnfĂ€lle in die obligatorische Versicherung, und zwar
ĂŒbernehmen die Versicherten die PrĂ€mien selbst, nur der Bund
zahlt ein Viertel der PrĂ€mie. Der 3. Jahresbericht zeigt nun â
nach den AusfĂŒhrungen HĂ€berlins â eine Zunahme dieser
UnfÀlle um 13,7 %, wÀhrend die BetriebsunfÀlle nur um 3,9 %
zunahmen. Der NettobetriebsĂŒberschuĂ der BetriebsunfĂ€lle bc
liug 152 816 M., wÀhrend der Nettobetriebsausfall bei Nicht bc-
triebsunfÀllen 401)923 M. betrug (23% der Gesamteinnahmen
Das Ergebnis kann keineswegs zur Nachahmung aufmuntern.
1922. 3. Hefl 10.
âąfrZusummeaarbe-H der Gemeinden und der VersicherungstrĂ€ger in der so-
zialen Hygiene. K r a n t r i g. 289.
Der medizinische Denst der Arheitsinspektion in den Niederlanden.
K ra ihm] b u r g. 296.
âŠSoll die SĂ€uglingsfiir-surge nur fĂŒr Unbemittelte uneutgeltlich sein?
W einher g. 299.
âŠHoehsehulkurse fĂŒr GewerbenygiĂ€ne und ein Doktorat Her Gewerbebyeien«
in Amerika. T e 1 e k y. 300.
40. Jahrg. â Nr. 27/28.
Aus den neues leu Zeitschriften
IV.»
Zum Entwurf
DOS.
Gr »i'iirr.r« /ur Bck&oipfung drr Gtaiobloebtekraoltheiton,
Zusammenarbeit der Gemeinden Und der VersicherungstrÀger
in der sozialen Hygiene Durch tine Arbeitsgemeinschaft, welche
die Landesversicherungsansjalt der Hheinprovinz, die Kranken-
Kassen und das stĂ€dtische GesundheitsfĂŒrsorgeami der Stadl
Ivoin eingegangen sind, Ist ein ZusammenschluĂ der sozialhygieni
sein n Arbeil erfolgt. Nach den AusfĂŒhrungen Kraut.wigs hat
sich dies besonders auf dem Gebiete der LungenfĂŒrsorge, der
Kinderhilfe und der Ă€rztlichen Versorgung der bedĂŒrftigen Fa-
milienangehörigen auĂerordentlich bewĂ€hrt, sodaĂ eine Nach
ahmung wohl empfehlenswert erscheint,
Soll die JSĂ€uglingsfĂŒrsoige nur fĂŒr Unbemittelte unentgeltlich
»ein? Mit Recht weist Weinberg Noeggeratlis Vorschlag
zurĂŒck, die Wohlhabenderen von der öffentlichen FĂŒrsorgestelle
auszuschlieĂen. Denn wer gehört heute zu den Wohlhabenderen '
Soll die FĂŒrsorgestelle etwa wieder eine ĂrmenfĂŒrsorgeeinrich-
lung werden '
Mochschulkurse lĂŒr (iewerbehygiene und ein Doktorat der
Gewerbehygienc in Amerika. Teleky berichtet ĂŒber eine nach-
ahmenswerte Einrichtung der gewiĂ immer praktischen ameri-
kanischen GroĂindustrie, welche der UniversitĂ€t in Boston einen
groĂen Fonds stiftete zur Ausbildung von GewerbeĂ€rzten und
i' abrikÀrzten und zu klinischen, Laboratoriums- und anderen
Untersuchungen ĂŒber den Gesundheitszustand der industriellen
Arbeiterschaft. In einem einjÀhrigen Kurse werden Aerzte auf
allen Gebieten der Gewerb'ehygiene und des Fabrikbetriebes, der
speziellen angewandten Hygiene und der Unfallheilkunde ausge-
bildet, sie erhalten dann ein âBefĂ€higungszeugnis zum öffeht
liehen Gesundheitsdienst in Gewerbehygiene"' (Doktor des öffent-
lichen Gesundheitsdienstes in Gewerbehygiene).
Michaelis (Bitterfeld).
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
13. April 1922, 52, Nr. 15.
Wechselnder Tonus
trauterine Reize und die sich daraus
gerungen. B e u 1 1 n e r, O. 357.
âąH'scurio-Append.iciUs bei Grippe. 1> u b i ,
Kritische Bemerkungen zur Pathogenese
Grund eines Falka mit Lumbalabszeil
"^Psychologie der Neuxosientherapie. M e i
des GebÀrmUtter-Muskele auf intrauterine und
fĂŒr die Praxis ergebenden Fl
J. 363.
der akutriii Pankreasnekrose
Schweizer, K. :stiti.
: r - M ĂŒ 1 1 e r , H. 866;
auf
âŠZur Frage der kĂŒnstlichen Befruchtung. Bau in, a n n , E. 373.
Pseudoappendiciti» bei Grippe. Nach Beobachtungen bei der
gegenwartigen Grippewelle scheint es eine EigenlĂŒmliclikeil ge-
rade dieses â sonst leichteren â Epidemiezuges zu sein, daĂ ZU
Beginn der Krankheit oft abdominale Symptome in den Vorder-
grund treten.
WĂ€hrend der Grippewelle 1918 â 19 sind solche FĂ€lle seltener
gewesen; in letzter Zeit jedoch war es bei einer Reihe von FĂ€llen
schwer zu entscheiden, ob bei bestehender Grippe nicht eine I er
forativperonitiSj mindestens eine schwere, destruktive Appen
dicitis mil drohender Perforation vorliege. Hierbei mĂŒĂte man
sich von neuem einprÀgen, daà tatsÀchlich eine Pleuritis dia-
phragmalica oder neuritisene Erkrankung der Bauchwandnerven
bei Grippe ein derart schweres Krankheitsbild hervorrufen kann,
daĂ das klassische Bild der Perforationsperitonitis in gradezu
vollendeter Weise vorgetÀuscht wird. Wie kann man sich nun
vor solchen u. U. recht folgenschweren IrrtĂŒmern schĂŒtzen' In
den meisten Fallen wird tatsĂ€chlich eine genaue BerĂŒcksichti-
gung des Verhaltens der Lokal- und Allgemeinerscheinungen
zueinander zur richtigen Diagnose fĂŒhren. Treten die Abdominal-
< rscheinungen gleich zu Beginn der Grippeerkrankung auf, bevor
z. B. Lungensymptome nachweisbar sind, so dĂŒrfte die Differen-
tialdiagnose leicht sein. Besonderer Wert ist auf das MiĂver-
hÀltnis zwischen ungewöhnlich hoher Temperatur und niederem
Puls zu legen. Initiale Temp. ĂŒber 39,2° spricht, besonders bei
Kindern, durchaus gegen Appendicilis. Wichtig ist es ferner, den
Atemtypus zu beobachten: die scheinbar schwere âPerforations-
peritonitis' atmet merkwĂŒrdigerweise doch abdominal, wĂ€hrend
eigentlich der costale Atemtypus vorhanden sein mĂŒĂte. Treten
die Abdominalerscheinungen erst geraume. Zeit nach bestehender,
mit Lungensymptomen einhergehender Grippe auf, so ist an dem
Lokalbefund â starke Bauchdeckenspannung und Entlastungs-
schmerz differentialdiagnostisch kaum etwas zu deuteln. Ist
anamnestisch frĂŒher noch eine Appendicitis-Attacke voraus-
gegangen, so kann eine sichere Diagnose fast nicht gestellt wer-
den; am ehesten ist mit dem Fehlen des Erbrechens, das gegen
Appendicitis, mindestens gegen eine destruktive Form derselben
spricht, etwas anzufangen. Ein intuitives, auf âBlick" und Er-
fahrung gegrĂŒndetes Erfassen der Situation nĂŒtzt dann mehr als
lehrbuchmĂ€Ăige Ueberlegungen.
Zur Psychologie der Neurosen-Therapie. Wenn die Neuron
das Produkt ist der Beziehungen zwischen Individuum und Gc
sellsehafi, so ergeben sich daraus fĂŒr therapeutische Beein-
flussungsmöglichkeiten 2 Angriffspunkte; das Individuum einer
stiis und die Gesellschalt andererseits, Kein Gebiel Àrztlicher
TĂ€tigkeit verlangt soviel Individualisierung, wie die Psycho-
therapie; stets wird das angeborene oder anerzogene' Ein-
fĂŒhlungsvermögen den erfolgreichen Psychotherapeuten kenn-
zeichnen. Mit Ausnahme der Psychoanalyse bedienen sich alle
ĂŒbrigen psychotherapeutischen Methoden in ausgiebigem MaĂe
bewuĂt oder unbewuĂt der Suggestion. Schon ein Vergleich des
relativ kleinen Bruchteils der Zeit, die der Pat. unter dem
direkten EinfluĂ des Arztes verbringt, mil der Zeilspanne, wo
er den â meist schĂ€dlichen â MilieueinflĂŒssen unterworfen isl,
sollte den Psychotherapeuten veranlassen, wÀhrend der ihm zur
VerfĂŒgung stehenden Zeit den ganzen Apparat suggestiver Mög-
lichkeiten spielen zu lassen.
Von groĂer Wichtigkeit isl die eingehende körperliche Unter-
suchung des Pat., vor allem, damit der Pat. selbst den Eindruck
gewinnt, daà der Arzt sich genauestens mit ihm beschÀftigt und
ein event. bestehendes organisches Leiden nicht etwa ĂŒbersieht.
Hat man den Neuroliker von seiner körperlichen Gesundheit
ĂŒberzeugt â was keineswegs immer leicht ist â so sieht man,
wie er, von einem Alpdruck befreit, aufatmet und wie seine angst-
neurotischen Beschwerden â ohne Psychoanalyse! ver-
sehwinden.
Ein weiteres, den Enderfolg unterstĂŒtzendes Moment liegt in
der Menschenfreundlichkeit des Arztes. Man erlebt manchmal
das Wunderbare, daĂ das dem Pat. gegenĂŒber hezeugte Wohl-
wollen allein schon wesentlich zur Besserung seines Zustande«
beitrÀgt.
Die durchaus komplexe Leistung der Psychotherapie lĂ€Ăt eine
FĂŒlle von Eigenschaften* des Arztes von Bedeutung sein. Das
Ethos im Arzt, der selbst in den StĂŒrmen des Lebens seine«
Charakter entwickelt hat, muĂ der Kranke herausfĂŒhlen, um sich
von ihm als dem ĂŒberlegenen Menschen leiten zu lassen.
Zur Frage der kĂŒnstlichen Befruchtung. Verf. ergĂ€nzt die
an gleicher Stelle angeschnittene Frage ĂŒber die Verwendbarkeit
des Nassauerschen Fruktulets. Bei Dysmenorrhöen und spasli
sehen ZustÀnden, besonders den durch Cervixengen verursachten,
hal er recht gute Erfolge gesehen. Im eigentlichen Indikations-
gebiet, der StciiliiÀt, erzielte er keinen einzigen Erfolg; statt
dessen beobachtete er schwerste Störungen, wie Eiterungen,
Blutungen, Dekubiltaluciera usw. Von 4 FĂ€llen, die ihm besonders
eindrucksvoll gebliehen sind und ihn dazu bewogen haben, das
Fruktulel gegen SterilitÀt entschieden abzulehnen, teilt er Einzel-
heiten mit. Held (Berlin).
20. April 1922, 52, Nr. 16.
Kosmetische Nasonoperutionen. Gallus sc r, E. 381.
GegenwÀrtige Methode»! der Gesicbtsplastik. Schlaepcr. K. S83.
Fremdkörper im linken FlaupKlbronchus bei einem 15 Monate alten Knaben.
Stiissel, H. 386.
*J*lIei1ergebnisse bei, den Frakturen am unteren Radiusende. L u i g i C ö u t i.
389.
Die Heilergebnisse bei den Frakturen am unteren Radius-
ende. Verf. gibt an Hand von 542 FĂ€llen, die im Zeitraum von
2 Jahren von der schweizerischen Unfallversicherung registriert
worden sind, einen zusammenfassenden Ueberblick ĂŒber diese
Frakturen unter besonderer BerĂŒcksichtigung der Heilergebnisse.
Danach ergibt sich, elaà die Radiusfraklur am hÀufigsten im
2. Lebensdezennium vorkommt. Bis zum 17. Lebensjahre trifft
man die subperiostale Bruchform, von da an nicht mehr. Epi-
physnlösungen sind bis zum 19. Jahr zu beobachten. Nur 42 %
der Radiusfrakturen standen mit der Berufsarbeit in Zusammen-
hang. Einen relativ hohen Prozentsatz (9%) der SpeichenbrĂŒche
liefern die UnfĂ€lle beim TĂŒrnen. In 24 % aller FĂ€lle bestand auch
AbriĂ des Proc. styloid. ulnae; in y, dieser FĂ€lle fehlte die
Dislokation. Die durchschnittliche Heilungszeit betrug 6 Wochen,
im 2. Lebensdezennium nur \V? Wochen.
Zur Heilung gelangten 94% der MĂ€nner, 93% der Frauen.
Die angeheilt gebliebenen erhielten Renten zwischen 10â -30 %.
Held (Berlin).
El siglo medico, Madrid.
18. MÀrz 1922, 69, Nr. »562.
Erkennung von MilchsÀure im Mageninhalt. Catro, S. 281. À
GegenwÀrtiger Stand der Lehre von der inneren Sekretion. M a r a n " n
y P o s a (1 i 1 1 0 . O. 283.
Allgemeine Uebersicht ĂŒber die Malariabejeitmpfung. sella, M. 287.
Verbesserung des Gesundheitszustandes in Spaii.nn."" Antufiano, L. M. 291.
490
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 27/2«.
El siglo medico, Madrid.
25. MĂ€rz 1922, 69, Nr. 3563.
Injektionen von sterilisierter Milch in der Therapie-. Marin Aast, M.
309
Beitrag- zur chirurgischein Behandlung der Ozaena. Barajas Y De V i 1 -
c h e s . J. M. 312.
GegenwÀrtiger Stand der Lehre von -der inneiren Sekretion. Marafion Y
P o s a d i 1 1 o , G. 314.
Allgemeine Uebersicht ĂŒber die MalariabekĂ€mpfung. S e 1 1 a , M. 317.
Verbesserung des Gesundheitszustandes in Spanien. Antufiano, L. M.
321.
1. April 1922, 69, Nr. 3564.
Klinische Seltenheiten. Cair«rai. 338.
KĂŒnstliche Immunisation bei Tuberkulose. V i 1 1 e g a s , R. 339.
Injektionen von sterilisierter Milch in der Therapie. Marin A m a t M.
341.
GegenwÀrtiger Stand der Lehre von der inneren Sekretion. Marafion Y
Posadillo. G. 343.
Allgemein© Uebersicht ĂŒber die MalariabekĂ€mpfung. S e 1 1 a , M. 347.
8. April 1922, 69, Nr. 3565.
^Experimentelle Studien ĂŒber die Physiologie des Geruchs. C a 1 d e r i u ,
A. M. 365.
KĂŒnstliche Immunisation bei Tuberkulose. Villegas. R. 367.
Injektionen von sterilisierter Milch in der Therapie. Marin A in a t ,
M. 370.
GegenwÀrtiger Stand der Lehre von der inneren Sekretion. Marafion, T.
und P o s a d i 1 1 o , G. 372.
âAllgemeine Uebersicht ĂŒber die MalariabekĂ€mpfung. S e 1 1 a. 375.
Experimentelle Studien ĂŒber die Physiologie des Geruchs. Die
IntensitÀt der Perzeption des Geruchs irgendeiner Substanz hÀngt
einzig und allein ab von dem Index der Löslichkeit in dem
wÀssrigen Mantel, der die Geruchszelle umgibt und in den Lipoi-
den, die ihr Protoplasma und ihre Deckmembran ausmacnen.
Diese Eigenschaft â die GeruchskapazitĂ€t â ist in jedem Lalle
proportional dem Löslichkeitsindex. Diese GeruchskapazilÀt kann
nur fĂŒr die Körper gleichgesetzt werden, die dieselbe chemische
Zusammensetzung haben. FĂŒr alle ĂŒbrigen FĂ€lle muĂ man die
relativen VerÀnderungen den Eigenschaften dieser Substanzen
anpassen, innerhalb welcher aber sich immer die obengenannten
Beziehungen finden.
Allgemeine Uebersicht ĂŒber die MalariabekĂ€mpfung. Ver-
fasser bringt zuerst eine Uebersicht ĂŒber die Malariaverbreitung
in den verschiedensten LÀndern; so sterben jÀhrlich in Indien
1 130000 Menschen an Malaria, wÀhrend die Erkrankungsziffer un-
gefÀhr 100 Millionen betrÀgt. In Spanien erkrankten im Jahrig
1916/17 auf je 100 000 Einwohner 11 Personen; im Jahr also un-
gefÀhr 120 000 Erkrankungen, doch sind dies nur die FÀlle, die zur
Ă€rztlichen Kenntnis gelangen; in Wirklichkeit dĂŒrfte die Erkran-
kungsziffer sich auf 400 000 belaufen. Um den Kampf gegen die
Krankheit energisch zu fĂŒhren, sind die verschiedensten Mittel
nötig: zuerst der Kampf gegen die Anopheleslarven; Bedecken von
TĂŒmpeln mit Petroleum, Drainage der Felder, Regulierung der
WasserlÀufe. In Nord-Amerika ist man hier schon weit vorge-
schritten, man hat breite und tiefe DrainierungskanÀle angelegt,
durch die das Meerwasser hereinfluten kann; die Vernichtung der
Larven geschieht durch die Strömung des Wassers und durch
larvenfressende Fische. Man hat jetzt versucht, diese Fische auch
in Europa anzusiedeln.
Ein weiteres Mittel ist die Prophylaxe mit Chinin. Ferner
mechanischer Schulz gegen die Anopheles; doch ist dieses Mittel
nicht sehr wirksam. Verfasser geht nun auf die Kosten ein, die
ein wirksamer Kampf gegen die Malaria verursacht und nimmt
als Grundlage die in Amerika errechneten Zahlen. Die Unkosten
wechseln, je nachdem es sich um gröĂere und kleinere Orte und
um das Land handelt. Im ersten Jahre betragen die Unkosten pro
Kopf zwischen 2,50 â 7,50 fr.; in den nĂ€chsten fallen diese un-
gefÀhr auf die HÀlfte. Die Verminderung an Neuerkrankungen
belief sich im ersten Jahre auf 70 â 94 %, im zweiten auf 94 â 98 %.
Ueber den Schaden in wirtschaftlicher Beziehung gibt Verf.
folgende Zahlen an: ein Todesfall an Typhus oder an Tuberkulose
entspricht einem Ausfall von 450 â 500 Arbeitstagen; ein Todesfall
an Malaria entspricht einem solchen von 2000 â 4000 Tagen.
Das erste Land, das ein Gesetz zur BekÀmpfung der Malaria
erlassen hat, ist Italien; dieses ist jedoch nicht vollkommen, da es
hauptsÀchlich billige oder unentgeltliche Abgabe von Chinin vor-
sieht, die aktive BekĂ€mpfung der Anopheles aber auĂeracht lĂ€Ăt;
trotzdem ist die Sterblichkeit von 41,7 auf 100 000 im Jahre 1901
auf 5,7 im Jahre 1914 heruntergegangen. In Amerika ist die Ge-
setzgebung weiter gegangen: sie geht vor allem auf die Vernich-
tung der Larven aus. Jede medizinische Behörde einer Kommune
fordert die experimentelle Station des Staates auf, die Larven-
herde zu bezeichnen, die anzuwendenden Mittel zu bestimmen und
die Kosten zu veranschlagen. Die Kommunen tragen dann 75 %
der Kosten, der Staat die restlichen 25 %. Verfasser schlÀgt nun
als Richtlinien fĂŒr eine kommende Gesetzgebung in Spanien fol-
gende vor: Organisation der einzelnen Landesteile, keine Be-
schrÀnkung aut nur ein Mittel in der BekÀmpfung, finanzielle Be-
teiligung ĂŒes Staates. Die Unkosten wĂ€ren zu tragen zu 50 % von
der Bevölkerung direkt; zu 25 % von den Provinzen, zu 25 % vom
Staate. Alle Malariakranken sind wie Infektionskranke zu behan-
deln; jeder ist verpflichtet, eine Gesundheitskarte mit sich zu
fĂŒhren, auf der die Fieber und die Behandlung einzutragen sind.
bm die BekĂ€mpfung durchfĂŒhren zu können, ist die Schaffung
von technischem Personale notwendig, das auf besonderen Schulen
vorgebildet ist; Italien hat schon eine solche Schule eingerichtet.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Beschaffung des Chinins.
Jetzt werden 90 % des Weltbedarfes in Java hergestellt. Fast alle
dortigen Gesellschaften haben sich zu einem Konzern zusammen-
geschlossen und bestimmen so den Preis. WĂ€hrend 1914 das Kilo
30 Fr. kostete, kostet es jetzt 200 Fr. Die Preise werden auch
dadurch kĂŒnstlich in die Höhe getrieben, daĂ der Konzern mit
der Ware zurĂŒckhĂ€lt: so wurden 1919 640 288 kg aus Java expor-
tiert, 1920 dagegen nur 418 861 kg. Das beste Mittel hiergegen
sei, daà man sich, wie es Japan getan hat, unabhÀngig von
diesem Konzern mache. Ferner sei anzustreben, daĂ man Chinin
kĂŒnstlich herstelle und weiter versuche, ein spezifisches Heil-
mittel â Ă€hnlich dem Salvarsan â herzustellen. â Zum SchluĂ
fĂŒhrt dann Verfasser aus, daĂ wenn der Kampf gegen die Ma-
laria auch bisher in Europa noch nicht die Resultate geliefert
hat, wie der in Amerika gefĂŒhrte, so dĂŒrfe man deswegen nicht
verzagen, sondern eben durch die oben angefĂŒhrten MaĂnahmen
dazu beitragen, den Kampf erfolgreich zu gestalten. Lurje.
II Policlinico, Rom, Sezione Pratica.
17. April 1922, 29, Nr. 16.
âSerotberapie. Toni, G. de. 505.
âNachweis von Tuberkelbazillen im Urin. Frugale, O. 511.
*H'b:rurgie de« Dickdarms. Gras so, S. 516.
ImmunitÀt gegen Influenza. Casiere. D. 519.
^Prophylaxe der Vulvovaginitis bei MĂ€dchen. Haisimi, G. 520.
Ueber Serumtherapie. Gibt eine eingehende Uebersicht ĂŒber
seine mit der Serumtheriapie insonderheit bei Diphtherie ge-
machten Erfahrungen. Hinsichtlich der Dysenterie verhÀlt er
sich sehr zweifelnd, ebenso auch hinsichtlich des Tetanus, sieht
indes auch hier Natrium durch die Serumtherapie die Heilung
kommen. .
Neue Anreicherungsverfahren zum Aufsuchen der Tuberkel-
bazillen im Urin. Unter Zuhilfenahme von Kolloidalsubstanzen
unterzieht man den Urin einer mechanischen FÀllung, löst das
Praecipitat, zentrifugiert und findet in dem Zentrifugate auch die
geringste Menge Tuberkelbazillen.
Um schnell Tb-Bazillen zur mikroskopischen Untersuchung
zu erhalten, erwÀrmt man schnell den Urin nach Zusetzung von
flĂŒssigem EiweiĂ, löst das Coragulat mit Hydrat und zentri-
fugiert. FĂŒr biologische Untersuchungen empfiehlt sich die fĂŒr
den Typhus gebrÀuchliche Fickersche Reaktion in modifizierter
Form. Auch ist fĂŒr die Kultur die von Pe troff angegebene
Methode zu empfehlen.
Beitrag zur Chirurgie des Dickdarms. Berichtet ĂŒber zwei
FÀlle von DickdarmschÀdigung, eine des Colons und eine des
Blimddarmis.
Bei dem einen der FĂ€lle ergab das AuĂerachtlassen der
Drainage die Notwendigkeit einer neuen Operation.
Verfasser betont, wie wichtig gerade bei diesen Operationen
die Asepsis, die Dichtheit der NĂ€hte und die Kurzhedt der Drai-
nage ist. Nur wenn völlige Asepsis verbĂŒrgt werden kann, kann
die Bauchwunde geschlossen werden. Im allgemeinen ist jedoch
die Behandlung der DickdarmschÀdigungen recht verschieden von
der des anderen Darmtraktus, sie kann entweder konservativ oder
operativ sein.
Ueber die Prophylaxe der kindlichen Vulvovaginitis. In der
Mehrzahl der FĂ€lle handelte es sich um Gonokokken als Erreger,
wohl aber auch um Staphylokokken, Strepto- und Pneumokokken.
Als Ansteckungsweise kommt in seltenen FĂ€llen das Stuprum,
meistens die Ansteckung in der Familie in Betracht. Der Arzt
hat dieser Tatsache Rechnung zu tragen und vor allen Dingen zu
sorgen, daĂ die Kinder nicht im Bette der Mutler schlafen, um
vor der langwierigen, oft zur SterilitĂ€t fĂŒhrenden Krankheit be-
wahrt zu bleiben. Cordes (Berlin).
40. Jahrg. â
Nr. 27'28.
Aus den neuesten Zeitschriften
t«»l
Revue de la Tuberculose, Paris.
1 022, Serie III, 8, Nr. 1
â Akute nicht folliculĂ€re Bazillose. 1- e t u 1 1 c . M. und .1 a e q u c 1 i n . A. I.
Jahresversammlung fĂŒr Hygiene. Referate Uber Tuberkulose. 28.
Wissenschaftliche Untersuchungen des âOeuvre de In Tuberculose". 72. so.
Akute nicht folliculÀre Bazillen - Allgemeininfektion. Fall
/einer 38 jÀhrigen Patientin, die akut erkrankte. Die Diagnose
einer ĂŒberakuten Allgemeininfektion im Sinne einer Miliartuber-
kulose ergab weitgehendste Zerstörungen durch die Tuberkel-
bazillen, aber nicht pleurifolliculÀre Granulationen, sondern zahl-
lose embolisi&rte Bazillenherde entlang den Blut- und Lymph
bahnen und an Ort und Stelle eine kÀsige Zerstörung aller Ge-
.'webe, die von den Bazillen durchtrÀnkt waren, so daà man nicht
von einer Miliartuberkulose im Sinne einer akuten granulieren-
den sprechen kann, sondern vielmehr von einer Infiltration s-
hazillose, die nicht nur vom klinischen, sondern vor allem auch
vom anatomisch-pathologischen Standpunkt aus als ĂŒberakut be-
zeichnet werden muĂ. Cordes (Berlin).
The British medical Journal, London.
25. MĂ€rz 1922, Nr. 3195.
Die Geschlechtsorgane bei Psychosen. Holt. F. W. 483.
âąS^Dic Actiologic des primĂ€ren Kataraktes. K i r k p a t r i c k . H. 467.
«M'neumonia neonatorum. B r o \v n e. F. J. 469.
Ein Fall von Aorta dissecans. T a r <i u Ii a r . G. G. 471,
\neurysma artcrio-vescorum trauinaticum. Hary. II. und Gates. M. 412.
Pneumothorax bei einem "jÀhrigen Knaben. Heilung. Martin. W. B.
und K n o x . R. 472.
Fremdkörper im Magendarmtrakt bei akuter BlinddarmentzĂŒndung. A 1 1 a r -
d i c e . W. C. 473.
N'asendiphthorie nacli Enukleation den- Tonsillen. Sermon. .Tone? B. 471.
Sarkom eines Uauchtestikcls. Edington. G. H.
Bilharaa haematohia in Indien. 11 a r k n e s s , A. H. 47ö.
Aetiologie des primÀren Kataraktes. Wahrscheinlich ist die
primÀre Ursache eine konstitutionelle. Viele Krankheiten, die
Katarakt verursachen können (Diabetes, Tetanie, nach Exstir-
palion der SchilddrĂŒse) haben ihren Sitz im endokrinen Apparat.
Beim primÀren Katarakt kann man fast immer eine endokrine
Gleichgewichtsstörung nachweisen. Verf. glaubt, daĂ groĂe Hitze
oder intensive Beleuchtung oder nicht behandelte Refraktions
anomalien bei Leuten mit einer speziellen Konstitution Katarakt
verursachen können.
Pneumonia neonatorum. Die LungenentzĂŒndung ist auĂer-
ordentlich hÀufig in der ersten Lebenswoche. Etwa 26 % der
Todesursachen in dieser Woche ist Pneumonie. Es kann durch
Infektion vor den bei sehr frĂŒh gesprungenen Erbauten ent-
stehen. Die Erscheinungen sind so atypisch, daĂ man fast nie-
mals dazu kommt, die Lungen genau zu untersuchen, und daĂ
sogar bei der Sektion die Diagnose nur bei der histologischen
Untersuchung gemacht wird. Nicht selten findet man bei Kindern,
die plötzlich gestorben sind, eine akute haemorrhagische Lungen
entzĂŒndung. Epistaxis kann einige Augenblicke vor dem Tode
auftreten. Man soll Neugeborene genau ĂŒberwachen und alles tun,
um Infektionen tauch im Utero) vorzubeugen.
1. April 1022, Nr. 3196.
Die Bedeutung von Herzsymptomen. [. M a 0 k e n z i e . .1. 505.
Die Bedeutung einer negativen Komplementbindung hei Tuberkulose. L i s I o
P u n c Ii , A. und Hope Gosse. A. 509.
âŠPankreassymptome bed R&cki/tis. Dodds, E. 0. 511«
Post-anaesthctische Komplikationen. Smith, G. T. R. 513.
Der diagnostische Wert des Babinski-Reflexe^. F o x , E. I«. 513.
Encephalitis letthargiea mit VerÀnderungen der Kerne des Zwischenhirns.
C a 1 w e 1 1 . W. 514.
AnUsepttsche Eigenschaften von Cyan-Farbstoffen, B r o W u i n g . C. H..
C o Ii e n , J. B. und (! u 1 0 r a n s e n . B. 514.
Symptome bei Erkrankungen des Zentralnervensystems. I. T c i h s f g . \. 515.
Pankreassymptome bei Rachitis. Bei Rachitis ist der
Diastasegehalt des Harnes im allgemeinen sehr hoch. Wenn die
Kranken genesen, wird die diÀstatische Kraft des Harnes wieder
normal. Auch der Fellgehall des Stuhls ist nicht seilen geradezu
auĂerordentlich hoch. Verf. nimmt an, daĂ bei der Rachitis eine
LĂ€sion der BauchspeicheldrĂŒse besteht. Er glaubt, daĂ die
Bildung von FettsÀure und dadurch die Absorption von Kalzium
gestört ist. Verf. hat jetzt angefangen, rachitischen Kindern Pan-
kreasextrakt mit Lipase zu verschreiben.
8. April 1922, Nr. 3197.
Fortschritte der Earyngologic. Milhgan-, W. 547.
Die Bedeutung von Herzsymptomen II. Macken 7. ie. J. 551
Itas Uloua peptlcum. M n n s a r t s t . K. w.
Hie Behandlung perforiertet Magen- uml DuodenalgeschwĂŒre. K n n t h a m ,
A. H, 555.
Erbliche Mlkrophtalm.'e, A « h , Vf. M. Boft
Symptome bei Erkrankungen des Zpntrainervonsjrotooia. H. F âą i 1 i n u , A.
559.
The British medical Journal, London.
15. April 1922. Nr. 3198.
â Kleine Lagerungercrnnderungen der Gribarmutter als 1 mache ron Beschwer-
den bei Frauen. F a i r b a Im, J. S. 587.
Die Bedeutung von Herzsymptomen. III. M a c ke n z i e . J. 590.
Drainage bei Abdom.iualbeschwerd&n. C h u r c h i 1 1 , v. 591.
Splenomegalie mit nrogressjvem Aszites. Hall, A. .1. 592.
Erfahrungen mit der Sachs-Georgi-Roakt.ion. Fartharatatbi P
Barratt. M. B.. Ledinghaus, J. C. G. 594.
Vakzine hei akuten bakteriellen Erkrankungen. .1 e n k i n s C. E. 596.
l'arasitologie und Klinik der Malaria in Antigua. M c. I) n n a I d . W. M. 597.
Die1 Verwendung von Fascia lata in der plastischen Chirurgie. (' n f f O II.
599.
Ein Fall von ..slipping" Peronealsehnen behandelt mit Kelly"* Operation.
II u m e , D. H. 600
Symptome bei Erkrankungen des Zentralnervensystem.« III. Feiiing.
A. 600.
Kleine LagerungsverÀnderungen der GebÀrmutter als Ur-
sache von Besehwerden bei der Frau. Verf. warnt davor, alle
möglichen Beschwerden einer Retroversion zuzusehreihen, wie
das immer wieder durch gewisse Aerzte getan wird. Wenn die
Betroversion mit anderen Erscheinungen kompliziert ist, kann
man wohl wieder behaupten, daĂ die Beschwerden den Kompli-
kationen zuzuschreiben seien. Betroversion nacli einer Ent-
bindung muĂ mittels eines Pessars behandelt werden, aber ohne
VernachlÀssigung des allgemeinen Zustandes der Frau. Wenn
nach 6 â 12 Monaten keine Heilung erreicht ist, soll operiert
werden, wobei Wiederherstellung des Perineums und plastische
vaginÀfle Operationen der Hysteropexie entschieden vorzuziehen
sind. K o o p m a n (Haag).
22. April 1922. Nr. 3199.
Radiumtherapie. K n o x , R. 631.
Diagnostischer Wert von Lumbalpunktionen bei Gahini- und RĂŒekenmarks-
blutungen. H a r r i s . W. 635.
[einfacher Kropf. M c. C a r r i s o n . R. 636.
AblnĂŒs Retinae, wahrscheinlich durch I cberbeleuchtung bei einer Sonnen-
finsternis. R i s h o p Hav m a n , X. 637.
Eine Meitliodo. um Wochenbettinfektioncn vorzubeugen. W h y t e . F. H. 83f».
Valcntine-Motts Aneurysma-Xadel . Do ran, A. H. G. 639.
Aiitu-epilat:on. verursacht durch EingeweidewĂŒrmer. S c in o n . H. C. 841.
K o o p m a n (Haag\
The Lancet, London.
2."). MĂ€rz 1922, 202, Nr. 5143.
Experimenteller Skorbut und die antiskoi butischen Eigenschaften ron einigen
sĂŒdafrikanischen Nahrungsmitteln. Marion Delf. E. 57«.
Blutgruppen und ihre klinische Bedeutung. Dyke. S. <'. 579.
Ein ungewöhnlicher Fall von I.cbcrruptur. M e a d e 582.
1. April 1922, 202, Nr. 5144,
Zwei Seriem KataralctfÀlJe. R o p c r , A. C. 625.
Die Gefahr von ZahnbĂŒrsten mit Eisendraht. W y h e . A. »86.
âąfrAlkalipemic. S y m o n s A. V. 627. *
âPerniziöse AnĂ€mie. Achlia gastrica und Enteritis. Hie. V. 631.
Ein Fall ron bilateraler retrookulÀrer Xcuritis. A r c h o r Mall.
II. W. 633.
GlĂŒckliche Prostatektomie bei einem 90jĂ€hrigen. Macalp ine. .1 B. 63*.
Venerische Krankheitein in den neu-seelÀndischen Truppen in Frankreich.
Ron!, E. A. 654.
Alkalipenie. Verf. schlagt vor. den Namen Azidosis nur fĂŒr
gefahrliche Erkrankungen zu verwerten und alle Krankheiten,
wo die Alkalizitat ohne direkte Gefahr verringert ist, als alkali-
penisch zu benennen. Diese Alkalipenie ist nur zu finden durch
den s. g. Bicarbonattoleranzversuch. Wahrend ein normaler Er-
wachsener + 5 Gramm Natr. bicarb. braucht, um den Harn alka-
lisch zu machen, ist dieser Betrag bei der Alkalipenie erhöht
Alkalipenie wird gefunden bei manchen Infektionen, bei Asthma,
Ekzem, Urticaria, MigrÀne, Epilepsie, Eklampsie, wahrend eine
DiÀt mit wenig Eiweià und Vitaminen und viel Kohlehydraten
ebenfalls eine Alkalipenie hervorrufen kann.
Perniziöse AnÀmie, Achylia gastrica und Enteritis. Verf. be-
schreibt einen sehr schweren Fall von diesen drei Krankheiten
zusammen, wo er jeden Tag durch den Magenschlauch groĂe
Mengen verdĂŒnnter SalzsĂ€ure in den Magen brachte. Der Erfolg
war glÀnzend. Zuerst hören die Magendarmbeschwerden auf; dann
492
Aus den neuesten Zeitschriften
fing auch das Blutbild au. sich zu bessern. Der Kranke ist jetzt
schon mehr als 3 Jahre ganz gesund.
8. April 1922. 202, Nr. 5145.
* Aufsteigende Infektion der Niere. "Walker. K. M. 684
Die natĂŒrliche Heilung de,- ErkĂ€ltung: H e a t h O. 088.
Kâl)o , teles Gold in der BehamlruĂR von Neurasthenie. ' Alkoholismus und
Morphinismus. S tauf n r d V o e k . D. E. 69t.
Aufsteigende Infektion der Niere. Die gewöhnliche Infektion
der Niere geschieht in der iibergronen Mehrzahl der FĂ€lle aul
haematogemen Wege. Es gibt aber doch FĂ€lle, wo die Infektion
aus den Lymphwegen des Ureters stammt. Die Nierenkapsel ist
eine Wand gegen diese Infektionen und bei den lvmphogenen In-
fektionen findet man wohl immer die gröĂte Zahl der Bakterien
in der Nierkapsel. In den ersten Stadien der lymphogenen In-
fektion werden keine Bakterien im Harne gefunden. Die Niertm-
tuberkulöse kann auch sowohl hamÀlogen als lymphogen ent,
stehen. Wenn diese Untersuchungen bestÀtigt werden, so hat die
Dekapsulation der Niere eine andere Bedeutung als man bis jetzt
geglaubt hat. Koopman fHaag\
15. April 1922, 202, Nr. 5146.
Salvarsaaigelbsucbr, C h a m b e r'l a i h . F.
MiĂbildungen der Nieren. Beill i n s b a in
E. II. 737.
Infektiöse Invpsitiffo in Schallen.
Weitere Erfahrungen mit der
E a gl e to li A. J. Oki
Baxter. E. M. 739.
733.
S in i t Ii
E. und
S i in e y . A. J. 738.
Schickschen Reaktion. O b r i e 'n . R.
1 ' . C. <"'-. Gl e n n y . A. F.
A..
und
The Journal of the American Medical Association, Chicago.
11. MĂ€rz 1922, 78, Nr. 10.
HĂ€mofftiagie als eine Form der Asphyxie. Henderson Y und Hit-
yard. H. W. 697. ' -
âSpezifische PrĂ€zjpitinprobe des HienseWicJien Samerns^ He.ktoen.. L. 704
Motorische AktivitĂ€t der Venne cavae. Hurt o n - O p i t â /.. 7o.ri.
EinfluĂ von SĂ€ugPngsfiirsorge-MaĂnahrjien vom Ă€rztlichen Standpunkt
K n o x ,,7. H. und P o w eis. G. F. 707.
â Klinisches und Tberapeut-'sches ĂŒber den chronischen internen Hydrozepha-
lus, L Ii c h f.i e 1 d , II. R. und I) e in Ii o L. H. 711.
Spinale und spinobulbÀre Tetraplegie mit akutem und subakutem Beginn:
Ursachen und Prognose. Wilson, (i. 713.
Enzephalitis epidemica (letharglcaj: Wii dernuttreten von Symptomen 1 und
Iii Jahren nach scheinbarer Gnes'uiig. P r i c e âą, f!. E. 716.
âAktive Immunisierung mit lliplitlierio-Toxiu- Antitoxin: Schieksche Probe.
JM c y e r , J. 716.
â Sauerstoff-Inflation in die IVritoiialliiilile hei tuberkulöser exsudativer Peri-
tonitis. S t e in , A. 718.
Aetiologie des Heoifiebers in Arizona und dem SĂŒdwesten. W a t s 0 II
S. H. und K i Ii I e r . ('. S. 719.
Kohlenhydratarme Kost tiei Behandlung der Arthritis, II u b h a r ii B s.
723.
Fall von Chorea und Erytliraemie. P o 1 1 o e k , I.. 3. 724.
MÀngel der öffentlichen Gesundheitspflege. Hall, A L. 726.
Spezifische PrĂ€zipitinreaktion fĂŒr menschlichen Samen. Die
Versuche des Verf. haben erwiesen, daĂ mit menschlichem Samen
vorbehandelte Kaninchen PrÀzipitine bilden, die spezifisch auf
menschliches Sameneiweià reagieren. Diese PrÀzipitinreaktion
kann in FĂ€llen, in denen der Nachweis von menschlichen Samen-
flecken erbracht werden soll, von Wert sein.
Klinische und therapeutische Betrachtungen beim chroni-
schen Hydrocephalus internus. Um eine richtige Behandlung ein-
leiten zu können, ist es erforderlich, möglichste Klarheit in die
Aetiologie des betreffenden Falles zu bringen und die Art des
Hydrocephalus genau festzustellen. Am erfolgreichsten scheint
den Verff. die operative Behandlung beim geschlossenen Hydro-
cephalus internus zu sein. Der hypersekretorische und nicht ab-
sorptive Typ reagiert auf medikamentöse Behandlung im direk-
ten VerhÀltnis zur Aetiologie des betreffenden Falles. Ob das
endokrine DrĂŒsensyslem klinisch und therapeutisch zum hyper-
sekretor.iscb.en Typ des Hydrocephalus in irgend einer Beziehung
steht, ist noch nicht sichergestellt, scheint aber wahrscheinlich
zu sein.
Aktive Immunisierung mit Diphtherie-Toxin-Antitoxin. Die
Schieksche Reaktion hat sich in dem Material des Verf. zur Be-
stimmung der ImmunitÀt gegen Diphtherie wiederum sehr gut
bewÀhrt. Die im Gefolge vorgenommene aktive Immunisierung
mit Toxin-Anlitoxingemischen hielt in 94,4 % 44 Monate, in 83,5 %
fĂŒr 20 Monate und fĂŒr 16 bezw. 5 Monate in 97,5 % vor. Im allge-
meinen kann gesagt werden, daĂ sich seit EinfĂŒhrung der Im-
munisierung mit Toxin-Antitoxingemischen die Zahl der Diph-
therieerkrankungen zweifellos verringert hat.
Sauerstoffeinblasung in die Bauchhöhle bei tuberkulöser
exsudativer Peritonitis. Bericht ĂŒber einen Fall von tuberkulöser
exsudativer Peritonitis bei einer 32 jÀhrigen Frau (die Diagnose
wurde spÀter gelegentlich einer Laparotomie bestÀtigt), die mit
Sauerstoff einblasung in das Abdomen behandelt und geheilt
wurde. Verf. glaubt, daĂ der Erfolg sowohl der operativen wie
der mittels Pneumoperitoneums mit Sauerstoff lediglich auf die
Einwirkung des Sauerstoffs auf die Gewebe zurĂŒckzufĂŒhren ist.
In diesem Falle blies Verf. bis zu 4 1 mehrere Male in nicht zu
grollen AbstÀnden ein. KÀckell (Hamburg).
18. MĂ€rz 1922, 78, Nr. 11.
Spezialist und praktischer Arzt und ihre gemeinsame Àrz/lichf TÀtigkeit
Barltn, L. F. 773.
âBrustkarzinom m t besonderer BerĂŒeksiehtigung des Zustande» Tor der
Entdeckung des Karzinoms. Davis. B. B. 779.
Lokaler Spasmus des Oesophagus und Schluck-Schwierigkeiten nach lokaler
LÀs'on der SchleimhÀute des Pharvnx und Oesophagus. fj arl S 0 11
A. .7. 734.
âLinderung der gastrischen Krisen hei tabetischer Xenrosypliilis durch rek-
tale Zufuhr von Chloralhydrat und Bromnatrivfm. Mötarland \
R. 786.
âSpezifische lokale Appl'kationen hei Heufieher. M a «⹠k e n z i e . G. M. 78".
Mechanik und Behandlung; der Frakturen des Vorderarms. Maen u s o n
P. B. 780.
$ Anatomische Studien fĂŒr die Injektion des 2. und 3. A«tes de« Trigeminus
Graut. F. C. 794.
Karzinom in der lateralen Thyreoidea aberrans. f; r e ei n s f e 1 d e r . L.
und Bett m a n . R. B. 797.
Blutdruck hei Zirkulationsstörungen der ExtremitÀten. B e r n h c i m R
M. 799.
Gestieltes Lipom des Oesophagus. Vi n s o u . P. P. not.
Ein Fall von Sporotrichose in Connecticut. Xellans. C. T. 802.
Ein einfacher Aetlurtropfapparat. O d e n . C. L. A. und F o s Ii e e . A. «n.t.
Balanz:erung des Beckens in FĂ€llen von ungleicher LĂ€nge der Beine. I. e .
W in, P. 804.
Ruptur eines Zungen-Atieurysmas. S a Ii i n . F. ('. BOK
Eine Nadel fĂŒr intravenöse Injektionen. L a n d m a n . L. 805.
Brustkrebs. Verf. behandelt die Aetiologie der Brustkarzi-
nome und die heule wohl von allen Autoren anerkannte lympho-
gen entstehende Metastasenbildung. Im AnschluĂ daran wird die
Operationstechnik und die Nachbehandlung mit intensiver Rönt-
gentiefenbestrahlung abgehandelt. Bei kritischer Betrachtung ge-
rade der Nachbehandlung mit Böntgenstrahlen kommt Verf. zu
der Meinung, daĂ man AbschlieĂendes hierĂŒber noch nicht zu
sagen in der Lage ist. Besonderen Wert glaubt er in der mög-
lichst frĂŒh zu stellenden Diagnose zu sehen und macht, um dies
zu ermöglichen, den Vorschlag, daà von einem bestimmten Alter
ab tunlichst alle Frauen sich in bestimmten Intervallen Àrztlich
untersuchen lassen sollten, ein Vorschlag, der in praxi allerdings
sehr schwer durchzufĂŒhren ist.
Palliative Behandlung gastrischer Krisen bei Tabes. Die in
der Regel bei schweren gastrischen Krisen verabfolgten Mor-
phiumdosen zeitigen sehr hÀufig im Gefolge ausgesprochenen
Morphinismus des betreffenden Pat. Verf. hat, um dies zu ver-
meiden, in der letzten Zeit mit sehr gutem Erfolg rektal Chloral-
hydrat und Bromnatrium verabfolgt. Die Dosis beider Drogen
betrug ca. 3,9 g. Der Vorteil besteht darin, daĂ sich die Pat.
an diese Medikamente nicht gewöhnen, ferner ist eine Steigerung
der Dosen nicht notwendig, sondern das letzte Klysma wirkt
gleich gĂŒnstig wie das erste.
DesensibilitÀten durch spezifische Lokalbehandlung bei Heu-
fieber. In einer Reihe von FĂ€llen gelang es dem Verf.. durch
spezifisches Pollenantigen Nasen- und Bachenschleimhaul be-
trÀchtlich unempfindlicher gegen Heufieber zu machen. Hie
FĂ€lle, die prophylaktisch einer solchen Spraybehandlung unter-
zogen wurden, waren gĂŒnstiger als die, die mit subkutanen' In-
fektionen behandelt wurden. Am gĂŒnstigsten erwies sich die
kombinierte Behandlung mit Nasen-Rachenspray und Injektionen.
Anatomische Studie fĂŒr Injektionen in den 2. und 3. Tiige-
minusast. Die Arbeit behandelt Messungen, die Verf.. vermittels
eines fĂŒr diese Zwecke besonders hergestellten Winkelmessers
bei einer groĂen Anzahl von Pat. vorgenommen hat. Methodik
und Ergebnisse eignen sich nicht zu einem kurzen Referat.
KĂ€ckell (Hamburg".
25. Marz 1922, 78. Nr. 12.
Ein Heilmittel Regen BcrufsnervositÀt. M a e a t e e. H. f. 857.
âGutartige LĂ€siohen der weiblichen Brust B 1 o o.d g o o d , .1. f. 859.
âFunktion des Kolostrums. Lewis. .1. II. und Wells. H. G. 863.
Zerebrale Embolie infolge Anwendung von Chinidin beti Vorhofflimmern.
Wilson. F. X. und II e r r m a n n . G. R. 86S.
âąâ"Behandlung dir mwltĂ€pien Sklerose. Byrnes. C. iL «57.
Anwendung von Blutuntersucbuugen in der gerichtlichen Medizin. O t t e n -
borg, R. 873.
âChinidin in der Behandlung von HerzirregularitĂ€teu. S m i t h . F. M. 877.
Akute Abdominalerkrankungen. G r a n t . W. W. 880.
âUrtikaria infolge habituellen Gebrauchs von Phenolphthalein. C o r s o n .
E. F. und S i d 1 i c k , D. M. 882.
40. Jahrg. - Nr. 27/28.
Aus den neuesten Zeitschriften
Zaliuinfcktiou nach akuter KnUtiiKluiiR' 'In K ieFevnhöhlo, (i I a s s b n r g ,
J. A. B8S.
âObstipation und intestinale Intoxikation. Donald aon, A . X. 884,
âApolitische Anil.inioi nach Neosnlvarsaii. V c i n Ii c ig S. M. mt.
Gutartige Erkrankungen der weiblichen Brust, fĂŒr «Ii»- «'im-
Operation nicht angezeigt ist. Verf. charakterisiert kurz die Er.
KrĂ€nkungen der weiblichen Brust einschlieĂlich gutartiger Tu
moren, die ohne operativen Eingriff geheilt werden können. Er
bringt fĂŒr alle Arien zahlenmĂ€Ăige belege bei. Es gehören zu
diesen FÀllen solche, bei denen nur gewöhnliehe Schmerzen,
Narbenschmerzen nach frĂŒheren Operationen, VerĂ€nderungen der
Brustwarzen, gutartige Tumoren, Tumoren in der Achselhöhle
usw. bestehen. Besonderes Gewicht muĂ bei der Entscheidung,
ob operativ vorgegangen werden soll oder nicht, auf die p'al-
patorisohe Untersuchung gelegt werden. Die Arbeit bringt, im
ganzen genommen, wesentlich Neues nicht.
lieber die Funktion dos Kolostrums. Entsprechend dem
Vorgang von Howe, der seine Untersuchungen bei Tieren vor-
genommen hat, haben die Verff. das Blut von neugeborenen
Kindern auf den Gehalt an Euglobolin, einem Serumproteinkörper,
untersucht. Sie fanden, daĂ das Blut des Neugeborenen gerade
von diesem EiweiĂkörper nur ganz geringe Mengen aufweist, daĂ
die Menge aber in den ersten Tagen, entsprechend der Absonde-
rung der Kolostrummenge ungemein schnell zunimmt. Danach
scheint dem Kolostrum vornehmlich die Aufgabe zuzufallen, dem
Neugeborenen groĂe Mengen Euglobolins zuzufĂŒhren. Die Be-
deutung dieser Feststellung liegt darin, daà die Schutzkörper des
Blutes an das Euglobolin gebunden zu sein scheinen und daĂ
die Menge dieser Schutzkörper, die im Kolostrum, der Milch und
dem kindlichen Blute festgestellt werden, direkt von dem Euglo-
bolingehalt dieser FlĂŒssigkeilen abhĂ€ngig ist. Bekommt ein Neu-
geborenes kein Kolostrum, so nimmt der Euglobolingehalt in
dessen Blut nur ganz allmĂ€hlich zu, entsprechend dĂŒrfte die Be-
sistenz gegen Infektionen auch nur allmÀhlich sich steigern. Es
«scheint hiernach wĂŒnschenswert, daĂ jedem Neugeborenen die
gesamte Kolostrummenge der Mutter zugefĂŒhrt wird.
Die Behandlung der multiplen Sklerose. Keine organische
Krankheit des Zentralnervensystems Àhnelt in ihrer Symptomato-
logie und Pathologie so der Lues wie die multiple Sklerose. Die
Liquorbefunde bei multipler Sklerose sind mit Ausnahme der
Wassermannsehen Beaktion in zahlreichen FĂ€llen fast die
gleichen wie bei der Syphilis. Es kann damit natĂŒrlich nicht
behauptet werden, daĂ beide Erkrankungen auf das gleiche
Ă€tiologische Moment zurĂŒckzufĂŒhren sind, wenn auch gerade in
der letzten Zeit dies von einigen Autoren angenommen wird.
Beweise fĂŒr diese Annahme sind auf jeden Fall noch nicht er-
bracht. Bemerkenswert erscheint es daher, daĂ' Verf. in 5 FĂ€llen
von multipler Sklerose, deren Krankengeschichten in der vor-
liegenden Arbeit ausfĂŒhrlich mitgeteilt werden, eine wesentliche
Besserung des Krankheitsbildes durch antisyphilitische Behand
hing erreichen konnte.
Chinidin bei Herzkrankheiten. Von 12 FĂ€llen von Vorhof-
flimmern gelang es dem Verf. bei 6 Pat. den vom Sinusknolen
ausgehenden Rhythmus wiederherzustellen. 3 mal hielt der nor-
male Vorhofmechanismus nur vorĂŒbergehend an, 2 mal gelang
es, den Rhythmus 2y> bzw. 8 Monate normal zu erhalten. Ein
Pat. entzog sich 10 Tage nach Einsetzen normaler Herzfunklion
der weiteren Beobachtung. Von 3 Pat. mit parocysmalem Vorhof-
flimmern hatten 2 keine weiteren AnfÀlle mehr, wÀhrend der
dritte trotz lang andauernder Chinidinbehandlung nicht nennens-
wert beeinfluĂt werden konnte. Die Behandlung war am erfolg-
reichsten in den FĂ€llen von Vorhofflimmern, die erst kurze Zeit
bestanden und bei denen die Herzmuskulalur gesund war. Im
allgemeinen kann gesagt werden, daĂ die Chinidinbehandlung bei
Vorhofflimmern eine wesentliche Bereicherung unseres thera-
peutischen RĂŒstzeuges nicht darstellt. Die Erfolge könnten viel-
leicht noch bei genauerer Auswahl der FĂ€lle verbessert werden.
Weiterhin wurden 20 Pat., die an Extrasystolen litten, der Chini-
dinbehandlung unterzogen, bei denen 12 mal eine wesentliche
Besserung erzielt wurde. Von 2 FĂ€llen von einfacher paroxys-
maler Tachycardie besserte sieh der eine Fall auf Chinidin nahe
zu vollstÀndig.
Urtikaria als Folge von gewohnheitsmĂ€Ăigem Gebrauch von
Phenolphthalein. Bericht ĂŒber einen Fall von urtikariellen Kaut-
el uptionen bei einer 10 jÀhrigen Patientin, die monatelang wegen
chronischer Konstipation Phenolphthalein eingenommen halle. Das
Bemerkenswerte ist hierbei, daĂ der Hautausschlag im Gegensatz
zu dem fĂŒr gewöhnlich nach Phenolphthalein entstehenden urti-
kariellen Charakter zeigte.
Beziehungen zwischen Konstipation und intt-atinaler Intoxi-
kation. Verf. sucht diese Frage experimentell anzugehen und
kömmt auf Grund seiner systematischen Untersuchungen an
Menschen und Hunden zu dein Ergebnis, daĂ in FĂ€llen von ge-
wöhnlicher Konstipation keine toxischen Substanzen aus dem
Darin vom Blute absorbiert werden und daĂ ferner keine toxi
sehen Substanzen in den zurĂŒckgehaltenen Stuhlmassen sieb be
finden
Aplastische AnÀmie als Folge von Neosalvarsan. (6jÀhrige
Frau, die vor ca. 2 Jahren wegen einer angeblichen Lues neben
â lod und Quecksilber mit 26 Neosalvarsaninjeklionen behandelt
worden war. Sie erkrankt mit sehr heftigen Zahnfleisch-, Rek-
tum- und Vaginablutungen. Das Blut zeigte einen HĂ€moglobin-;
gehalt von 15%, bei einer Gesamlerylhrocylenzahl von 880000
und 1000 Leukocyten. Die Gerinnungszeil betrug 20 Minuten. Blut-
plÀttchenzÀhlungen wurden nicht vorgenommen. Die Patientin
kam trolz zweier Bluttransfusionen nach kurzer Zeil zum Exitus.
Der Sektionsbefund ergab neben zahlreichen petechialen Blutun-
gen in fast allen Organen eine sehr bemerkenswerte Verminde-
rung der Erythroblasten, Myelocylen und der Megalokaryocyten
im Knochenmark. FÀlle von aplastischer AnÀmie im Gefolge von
Röntgenbestrahlungen sind bekannt, desgleichen solche im Ge
folge von Vergiftungen. Daà Salvarsan auf das hÀmatopoetisclie
System einen gewissen EinfluĂ ausĂŒbt, ist desgleichen von an-
deren Autoren beschrieben. FÀlle, in denen sich sekundÀr nach
Neosalvarsanmedikamenlation eine aplastische AnÀmie ent-
wickelt, sind dagegen bisher noch kaum in der Literatur be-
schrieben. K À ck eil (Hamburg).
1. April 1922, 78, Nr. 13.
âTechnik der Prostatektomie und ihre Beziehungen zur MortalitĂ€t. Y o u n g
H. H. 933.
Keratodermia blennorhagica. Gr -a g e r , E. C. 941.
Choleeystotomie. Willis, A. M. 942.
âșâŠâŠDennatatis herpetiforniis bei Kindern. Oliver K. A. und Eldridge,
C. J. 945.
â Funktionelle Htirzerkrankung und VerhĂŒtung organischer Herzerkrankuug
bei Kindern. L a w r e n e e , â W. St. 947.
â Kanzinom der Mjlz. S a p p i n g t o n . S. W. 953.
. Behandlung und VerhĂŒtung von Pellagra. W h e e 1 e r , G. A. 955.
PrÀsystolische GerÀusche. I r o n s , E. E. und J e n n i n g s , A. F. 957.
â Folgeerscheinungen nach akuter epidemischer Enzephalitis. GroĂ-
in a n , M. 959.
Klinische Bedeutung der Wassermannreaktion. Strickler, A. 962.
Die Technik der Prostatektomie und ihre Beziehung zur Mor-
talitĂ€t. Nach kurzer kritischer Betrachtung der ĂŒblichen Ope-
ralionsmethoden zur Entfernung der Prostata teilt Verf. eine von
ihm neu ausgearbeitete Methode mit. Die technischen Einzelheiten
können hier nicht wiedergegeben werden. Das wesentliche be-
steht darin, daĂ vom Damm aus eingegangen wird und daĂ es
gelingt, auf diesem Wege die Prostata in einem StĂŒck zu ent-
fernen. Dazu kommt, daĂ der Sphinkter vesicae, die Samenleiter
usw. sicher bei der Operation unversehrt bleiben. Verf. hat nach
dieser Methode in den letzten Jahren 16G FĂ€lle operiert und
keinen Todesfall danach gesehen, trotzdem unter den Pat. 4 Àlter
als 80 Jahre und 49 ĂŒber 70 Jahre waren und daĂ bei ungefĂ€hr
'.'>Q % des Gesamtmaterials Nierenstörungen bestanden.
Dermatitis herpetiforniis bei Kindern. Bericht ĂŒber 2 FĂ€lle
dieser im Kindesaller ungewöhnlich selten vorkommenden Er-
krankung. Einmal handelte es sich um einen 18 Monate allen
Knaben mit papulo-vesikulÀren Eruptionen. Der andere Fall be-
trifft ein 10 Jahre altes MĂ€dchen, bei dem die Krankheitserschei-
nungen bereits 2 Jahre lang bestanden hatten und der das
typische Krankheitsbild darbot. Im allgemeinen wird fĂŒr diese
Dermatose neben nervöser Veranlagung ein nervöser Schock an-
genommen. Andere Autoren glauben allerdings, Toxine fĂŒr die
Entstehung verantwortlich machen zu können, die fĂŒr gewöhnlich
durch den Urin zur Ausscheidung gelangen, bei bestehender
Nierenerkrankung aber sich ansammeln und dann Veranlassung
zu den Hauteruptionen geben. Wieder andere beschuldigen Darm-
toxine. Die beiden Pal., ĂŒber die hier berichtet wird, sind niemals
gegen Pocken, geimpft worden, sodaĂ die Vakzination hier auch
nicht Àtiologisch herangezogen werden kann, wie es von ver-
schiedenen Seiten geschehen ist.
Potentielle Herzkrankheiten und Verhinderung von organi-
schen Herzkrankheiten bei Kindern. Verf. berichtet ĂŒber die Er-
gebnisse, die er bei Versuchen, Herzkrankheiten bei Kindern zu
verhindern, erzielen konnte, ferner ĂŒber die Entwicklung von
organischen Herzkrankheilen im Gefolge anderer Krankheiten.
Die Beobachtungszeil der in Frage stehenden FĂ€lle erstreckte sich
im Durchschnitt auf \x/2 Jahre. Die Ergebnisse können im fol-
genden kurz zusammengefaĂt werden: Von 65 FĂ€llen blieben 40
(75 %) wÀhrend der Beobachtungszeit frei von chronischen Herz-
erkrankungen. Hiervon entfallen 25 FĂ€lle auf solche mit akutem
rheumatischem Fieber, âvon denen keiner erkrankte. 9 Pat. mit
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 27/28.
.Myositis, Knochen- und Gelenkschnierzen und Neigung zu Hals-
entzĂŒndungen blieben ebenfalls frei von einer Herzerkrankung.
10 Kinder (25 %) zeigten wÀhrend der Beobachtungszeit Symp-
tome eines Herzleidens. In allen diesen FĂ€llen stand im Vorder-
grund des Krankheitsbildes eine auffallend schwere Chorea. Im
ganzen befanden sich 141 Kinder mit Chorea unter Beobachtung,
von denen 16 Symptome von seiten des Herzens aufwiesen.
Prophylaktische MaĂnahmen zur Verhinderung von Herzerkran-
kungen zeigten sich, wenn sie sich gegen akuten Rheumatismus,
.Myositis, Knochen- und Gelenkschmerzen und Neigung zu Hals-
entzĂŒndungen richteten als sehr wertvoll. Dagegen bewies sich
die Prophylaxe gegen Chorea als recht wenig erfolgreich. Mit
Ausnahme von Mitralstenosen entstehen Herzfehler in der Regel
in der aktiven Phase rheumatischer Manifestationen oder wÀh-
i end der Fieberperiode.
Milzkarzinom. Bericht ĂŒber einen Fall von sekundĂ€rem Milz-
karzinom bei einer 42 jÀhrigen Frau, die mit den Zeichen einer
schweren AnÀmie zur Aufnahme kam. Bei der Sektion ergab sich
ein primÀres Brustkarzinom und ausgedehnte Metastasen in
beiden PleurablÀttern, den Lungen, der Leber und Milz. Die
Diagnose war nur mikroskopisch zu stellen, was insofern be-
merkenswert erscheint, als wahrscheinlich in sehr viel mehr
FĂ€llen Karzinometastasen Ă€ĂŒch in der Milz mikroskopisch fest-
stellbar sind* die makroskopisch nicht gesehen werden ⹠können.
Auf jeden Fall glaubt Verf. nicht an die von anderen Autoren ver-
tretene Ansicht, daà der Milz eine gewisse ImmunitÀt gegen
Krebszellen zuzuschreiben ist, vielmehr nimmt er an, daĂ die
relative Seltenheit von Milzmetastasen in den anatomischen
EigentĂŒmlichkeiten des LymphgefĂ€Ăsystems und in der rhyth-
mischen Pulsation der Milz zu suchen ist, wodurch die Fest-
setzung von Tumorzellen wesentlich erschwert wird. Im vor
liegenden Falle scheint ein mechanisches Moment mitzusprechen.
i)ie Patientin hatte sich seit geraumer Zeit von einem Masseur
die Brust, in der sich der primÀre Tumor gebildet hatte, mas-
sieren lassen, wodurch eine Einschwemmung von Tumorzelleu
in die Lymphbahnen wesentlich erleichtert wurde.
Folgen der akuten epidemischen Encephalitis. Verf. berichtet
ĂŒber Nachuntersuchungen von Pat., die vor 1 â 3 Jahren an einer
epidemischen Encephalitis erkrankten und fand, daĂ von 92 FĂ€llen
nur 10 als wirklich geheilt angesprochen werden konnten, 14 nĂŒv
leichte funktionelle Störungen zeigten und 2 in einem stationÀren
Zustand sich befanden. 62 Pat. dagegen wiesen eine mehr oder
weniger fortschreitende Verschlechterung von seiten des Zentral-
nervensystems auf. Die Erscheinungen in 42 dieser FÀlle Àhnel-
ten sehr denen der Paralysis agitans. Auf Grund dieser Unter-
suchungen muĂ gesagt werden, daĂ in jedem Fall von epidemi-
scher Encephalitis die Prognose mit Ă€uĂerster Vorsicht zu
stellen ist. K À c k e 1 1 (Hamburg .
American Journal of Diseases of Children, Chicago.
MĂ€rz 1922, 23, Nr. 3.
Chronische diffuse Nephritis beim Kiiule. G r e e n e . C. H. 183.
Antiskorbutische Eigenschaften der FrĂŒchte. II. Experimentelle Untersuchun-
gen von Aepfcln unil Bananen. G i v e n s . M. H.. M e C 1 u g a p e , H.
B. und Hörne. E. G. van. 210.
âąHndizes des Standes der ErnĂ€hrung beim Kinde. Gray. H. und Ed â
m a u d s . G. H. 226.
âą{â Resultate von Alkali-l'liosphat-Gaben bei Kindern mit Spasmophilie. mit Ra-
chitis und beim normalen Kinde. Calvin, J. K. und Borovsky,
M. P. 238.
Studien ĂŒber ErnĂ€hrung des .SĂ€uglings. XVI. Bakteriologie der FĂ€zes und
der Nahrung beim normalen Brustkinde. B r 0 W n . E. W. und B o s -
w ĂŒ i'tli. A. W. 243.
Kin Fall von Alkaptonurie beim SĂ€ugling. Bilder b a c k . J. B. 259.
MaĂstĂ€be fĂŒr den ErnĂ€hrungszustand der Kinder. Messungen
in 111 SchĂŒlern einer Freiluflschule fĂŒr Knaben werden zu einer
NachprĂŒfung der verschiedenen fĂŒr die Beurteilung des ErnĂ€h-
rungszustandes bei Kindern angegebenen MaĂstĂ€be verwertet.
Es ergab sich, daĂ die Mustertafeln (Ideal tables) von H. G r a x
und K. M. Gray sehr wertvoll sind, das beste Verfahren aber
wohl das von Dreyer und Hanson (The assesment of phy-
sicaJ fitness, London 1920) vorgeschlagene ist. Dabei wird das
Körpergewicht in Beziehung gebracht zur LÀnge des Stammes
sowie zur GröĂe des Brustumfangs.
Folgen der Einverleibung von Alkaliphosphaten bei spasmo-
philen, rachitischen und gesunden SĂ€uglingen. Im Gegensatz zu
den Angaben von Jeppson und Klercker konnten die Ver-
fasser sich von einer ungĂŒnstigen Wirkung der Phosphatzufuhr
bei Spasmophilie nicht ĂŒberzeugen. Sie verabreichten Kindern
im Laufe von 24 Stunden Gaben von 0,55â0,60 g sek. Natrium-
phosphat auf das Kilo Körpergewicht. Gesunde und rachitische
Kinder vertrugen das ohne Störung, wenn auch einmal bei einem
i achitischen Kinde die elektrische Erregbarkeit etwas stieg. Selbst
solche SĂ€uglinge, die sich kurz zuvor von spasmophilen Er-
scheinungen erholt hatten, erlitten keinen RĂŒckfall unter Ein-
wirkung der PhosphĂ€tzĂŒfuhr. H. Vogt.
The Journal of laboratory and clinical medicine, St. Louis.
MĂ€rz 1922, Nr. 6.
Experimentelle Untersuchungen ĂŒber die Wirkung von Chinidin. Jack-
son, D. E., F r i e d 1 À n der. A.. Lawrence, J. W. 311.
âąfr-Beriberi, Tatsachen und Hypothesen. X i , T. G. 340.
EinfluĂ von SchilddrĂŒsen, Thyroxin und anderen Jodbindungen auf die
Azetonitrilreaktioii. M i u r a , M. 349.
Modifikation der Tolin-IIu'schen Blutzucker- Methode, fĂŒr kleine Blutmengen.
B a u m a n n , E. J. uud Isaacson, R. L. 357.
âą^Sterilisierung chirurgischer Instrumente. S a u d e r s o n , E. S. 360.
Mikro-JIodifikation der Benedict'schen Bestimmung des Harnzuckers.
Smith, M. 364.
Beriberi. Beriberi ist ausschlieĂlich eine Avitaminose. Die
Infektionstheorie ist unrichtig. Auch die Theorie, die die Beriberi
einer Stickstoff- oder Phosphorarmut der Nahrung zuschreibt, ist
zu verwerfen. Der Körper kann aber Vitamine speichern und
so ist es möglich, daà bei absoluter Nahrungsentziehung kein
Beriberi eintritt. Psychische oder physische Anstrengung erhöhen
den Vitaminbedarf. Unter verschiedenen UmstÀnden kann die Aus-
nutzung der Vitamine ganz verschieden sein und eine ErnÀhrung,
die bei Menschen kein Beriberi verursacht, kann Beriberi ver-
ursachen, wenn die Gewohnheiten des Menschen geÀndert werden.
Sterilisierung chirurgischer Instrumente. Zu diesem Zweck
hat Hill das Abbrennen mittels Methylalkohol empfohlen. S an-
der son hat die Versuche kontrolliert und gefunden, daĂ es
wirklich gelingt, wenn keine sporenbildende Bakterien anwesend
sind. Werden auf die Instrumente B.-antrhacis oder botulnus oder
tetanic. gebracht, so gelingt die Sterilisierung auf diese Weise
nicht. Diese geht besser vor sich, wenn anstatt Methylalkohol
ein Alkohol-Formalingemiseh (3:1) verwendet wird, aber auch
dann gelingt die Sterilisierung nicht, wenn neben den obenge-
nannten Bazillen auf den Instrumenten noch Fett oder Oel an-
wesend ist. Das Abbrennen ist also keine einwandfreie Me-
thode. Koopman (Haag
The Japan Medical World, Tokio.
15. Februar 1922, 2, Nr. 2.
âą{âąLeber Masern. K a w a in u r tt. .' R. 31.
^âŠFrĂŒhdiagnose der Lungentuberkulose durch Röntgenstrahlen. Miyahara.
" T. 35. âą
^Ursache und Behandlung der Pleura-Infektionen nach Operationen de§
PleurarÀume«. I i j i m a . H. 40.
Untersuchungen ĂŒber Masern. Erfolgreiche MasernĂŒber-
tragung auf Affen (Macacus fuscatus) durch subkutane Injektion
von Blut, das einem masernkranken Kinde 60 Stunden vor Aus
bruch des Exanthems entnommen wurde: die weitere Ueber-
tragung auf Affen gelang bis in die dritte Generation, wÀhrend
Kaninchen- und Meerschweinchenversuche stets negativ verliefen.
Die Inkubationszeit betrug 7 bis 9 Tage, die Tiere hatten leichtes
Fieber, Conjunctivitis, Schnupfen, papulöses Exanthem, Kopliksche
Flecke und Leukopenie; die neutrophilen Leukozyten waren
relativ vermehrt, die Lymphozyten vermindert. Die histologische
l'ntersuchung der Haut ergab im Corium Vermehrung der groĂen
MononukleÀren, im Epithel Nekrose, Zystenbildung und Parake-
ratose.
Die FrĂŒhdiagnose der Lungentuberkulose mit Hilfe der Rönt-
genstrahlen. Kurze zusammenfassende Darstellung der Patho-
genese der Lungentuberkulose und der daraus sich ergebenden
Gesichtspunkte fĂŒr die Röntgendiagnostik. Verf. steht auf dem
Boden der lymphogenen Theorie. Nichts Neues.
Ursachen und Behandlung der Pleurainfektionen nach Ope-
rationen in der Brusthöhle. Aus Versuchen mit experimenteller
Infektion der Pleurahöhle durch Staphylokokken ergibt sich. dal',
das Setzen eines Pneumothorax bei Operationen die Resistenz der
Pleura gegen Infektion herabsetzt; traumatische SchÀdigung des
l leuraendothels verringert die schon beeintrÀchtigte Widerstands-
fÀhigkeit noch betrÀchtlich: nach Verschluà der Pleurahöhle m
derselben verbliebene Luft wirkt ebenfalls resistenzvermindernd.
Auf Grund dieser Versuche gibt Verf. ein Verfahren zur Drainage
der Pleurahöhle an, das sich grundsÀtzlich nicht wesentlich von
dem Perthes'schen Aspirationsverfahren unterscheidet.
Wolf f (Hamburg).
Der heuligen Nummer liegt ein Prospekt der Firma J. D. Riedel
A.-G., Berlin, ĂŒber Degalol bei, worauf wir besonders hinweisen.
ISSSS&SSoSS&SS&SzSlSBm
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des prakllschen Arzies
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von HANS PUSCH, Berlin SW4Ă, Wilhelm -Sirafje 20 / Fernsprecher: LĂŒtzow 9057
Nr. 29/30 Berlin, den 29. August 1922 40. Jahrgang
Dar Verlag behĂ€lt aieh das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist ver.
Aus dein Röntgeninstitut Dr. Jean und Dr. Else
K o 1 1 m a i e r - Mainz.
Die Dickfilterung der Röntgenstrahlen.
Von Dr. Jean K o 1 1 m a i e r - Mainz.
Erst die Filterung der Röntgenstrahlen ermöglichte die
cderne Tiefentherapie. Waren uns vorher durch die Reak-
n der Flaut (Verbrennungen) infolge Absorption gröĂerer
engen Röntgenstrahlen unĂŒbersteigbare Grenzen in der Be-
nflussung tiefer, nicht im Niveau der Haut gelegener Krank-
heitsprozesse gezogen, so wurden die Aussichten hierfĂŒr mit
einem Schlage anders, als Perthes auf den Gedanken kam,
die Haut zu entlasten, indem er die Röntgenstrahlen zuvor
durch geeignete Stoffe hindurchschickte, die im Sinne von âFil-
tern" wirkten. Sie absorbierten aus dem Strahlengemisch der
Röntgenröhre vorwiegend gerade die weichen Strahlen, die
sonst ihrer wenig durchdringungsfÀhigen Natur nach bereits
in der Haut ihre bei der Tiefen behandlung unerwĂŒnschte
Wirkung entfaltet hatten. Zeitweise glaubte man, es gelinge
durch geeignete Filterung, die Röntgenstrahlen zu âhĂ€rten"
in dem Sinne, daĂ gewisse Filter langwellige, weiche Strahlen
absorbieren und dafĂŒr kurzwellige, durchdringungsfĂ€hige
Strahlen aussenden wĂŒrden. Heute wissen wir, daĂ alle Filter
therapeutisch eine rein passive, hautschonende FĂ€higkeit be-
sitzen, indem sie im VerhÀltnis ihrer Atomgewichte und ihrer
Dicke (den gröĂten Teil der weichen, in der Tiefentherapie
unbrauchbaren) Röntgenstrahlen in sich aufnehmen. Auf diese
Weise haben wir die Möglichkeit, durch die Haut hindurch
ganz andere Mengen von Röntgenstrahlen in die Tiefe zu sen-
den wie frĂŒher, ohne irreparable HautschĂ€digungen fĂŒrchten
zu mĂŒssen. Mit Hilfe der âprozentualen Tiefendosis", d. h.
des VerhÀltnisses zwischen OberflÀchendosis und der in einer
Tiefe von 10 cm Körpergewebe (= Wasser) wirksamen Dosis
bei einem Einfallsfeld von 6:8 cm konnten die fĂŒr jedes
Röntgenstrahlengemisch praktisch zweckmĂ€Ăigsten Filter
bestimmt werden. Nach der Konstruktion leistungsfÀhigerer
Apparate und Röntgenröhren resultierte dann die EinfĂŒhrung
der Zink- und der Kupferfilter, die entsprechend ihrem höhe-
ren Atomgewicht viel schÀrfer filtern als z. B. gleichdicke Alu-
miniumfilter. Unter Verwendung des Zinkfilters (von 0,5 mm
Dicke) erzielte die Erlanger Schule eine prozentuale Tiefendo-
sis von 27 % . Auf Grund der damaligen Messungen war man
in Erlangen ĂŒberzeugt, eine âpraktisch homogene" Strah-
lung mit diesem Filter erzielt zu haben, d. h. man glaubte auch
durch dickere Filter keine wesentliche Verbesserung der âpro-
zentualen Tiefendosis" erzielen zu können. Hier setzte die
systematische Arbeit des Samariterhauses (Heidelberg) ein.
Werner hatte auf Grund seiner Beobachtungen die Ăber-
zeugung gewonnen, daà die hÀrteren /-Strahlen des Radiums
biologisch wirksamer wie die r-Strahlen der Röntgenröhre
seien. In diesem Sinne muĂte es das Bestreben sein, mög-
lichst nur die allerhÀrtesten im Röntgenspektrum vorhandenen
r -Strahlen therapeutisch zu verwenden. Rapp benutzte dem-
gemÀà ein Zinkfilter von 3 mm Dicke. Die unter sonst gleichen
Bedingungen erzielte âprozentuale Tiefendosis" betrug durch-
schnittlich 40%; Freilich war dieser Erfolg nur mit einer
ungleich lÀngeren Bestrahlungszeit zu erkaufen. Erreicht man
/.. B. nach der Erlanger Methode die Hauteinheitsdosis in 35
Minuten, so sind zum gleichen Zweck unter denselben Be-
triebsbedingungen unter 3 mm Zinkfilter 8 Stunden nötig. Mit
anderer Apparatur und Röhre lĂ€Ăt sich das gleiche Resultat
praktisch allerdings schon in 5 Stunden erzielen. â Der
groĂe Fortschritt, den die Dickfiltermethode darstellt, tritt
also, wenn man lediglich den MaĂstab der Hauteinheitsdosis
anlegt, nicht zu Tage. â EinschrĂ€nkend muĂ allerdings be-
merkt werden, daà auch die Erlanger Richtung hÀufig ge-
zwungen ist, zu Bestrahlungen aus gröĂeren Entfernungen
zu greifen, welche die Bestrahlungszeiten bis zum 20fachen
ihrer gewöhnlich ĂŒblichen Methode verlĂ€ngern. â Die Bedeu-
tung der Dickfiltermethode liegt vielmehr vor allem darin, daĂ,
wie ich in der gröĂten Mehrzahl der FĂ€lle sowohl beim Kar-
zinom als auch beim Sarkom bei meinen Versuchen bestÀtigt
fand, die Blastome gegenĂŒber dieser âEndstrahlung" eine
ganz ĂŒberraschende SensibilitĂ€t offenbarten. Röntgendosen,
die oberflÀchlich dem 4. Teil einer Hauteinheitsdosis (= Haut-
erythemdosis) entsprachen, bewirkten bereits an den Tumoren
fĂŒr mehrere Tage eine stark entzĂŒndliche Reaktion. HĂ€ufig
konnte dann nach deren Abklingen durch die nochmalige Ver-
abfolgung der gleichen Dosis unter Dickfilter das Schwinden
des Tumors beobachtet werden. Die Annahme Werners,
daĂ harte r-Strahlen biologisch weit wirksamer sind wie
weiche, erscheint mir sonach unbestreitbar. Im gleichen Sinne
sprechen auch die Erfahrungen Wetterers, der z. B. bei
flachen juvenilen Warzen von der âĂŒberharten" Strahlung
(hohe Spannung und 0,5 Zinkfilter) dann noch Erfolge sah,
wenn die mit 4 mm Aluminium gefilterten Röntgenstrahlen
wiederholt erfolglos blieben. Die praktischen klinischen Fol-
gerungen aus der GewiĂheit der gröĂeren biologischen Wirk-
samkeit harter /-Strahlen im Vergleich zu weichen mĂŒssen in
der Röntgentherapie umwÀlzend wirken. Die bisher als Kar-
zinomdosis bezw. Sarkomdosis ĂŒblichen Begriffe können nicht
aufrecht erhalten werden, wenn es gelingt, Blastome mit Rönt-
gendosen, die noch betrÀchtlich unter der Hauteinheitsdosis
liegen, zum Schwinden zu bringen. Wir kÀmen in der Rönt-
gentiefentherapie zu einer bis zu einem gewissen Grade mehr
individuellen Dosierung, wie wir sie ja auch bei unseren son-
stigen therapeutischen Bestrebungen gewohnt sind. Durch die
Dickfiltermethode sind wir ferner noch in der Lage, nach einer
etwa in der bisher ĂŒblichen Weise erfolglos durchgefĂŒhrten
Röntgenbehandlung unter gewissen VorsichtsmaĂregeln die
Tumoren erneut und frĂŒher mit weit geringerem Risiko einer
HautschÀdigung anzugehen, als dies bis jetzt möglich war.
Auch in dieser Hinsicht habe ich vorteilhaften Gebrauch von
der Methode machen können. Zweifellos gehört dem Dickfilter
in der Röntgentiefentherapie die Zukunft, zumal wenn wir im
Sinne Dessauers mit noch höheren Spannungen arbeiten,
wozu uns freilich z. Z. vor allem noch die Röntgenröhren feh-
len. Die vollkommene technische Lösung dieses Problems
wĂŒrde die Entbehrlichkeit uns heute unerschwinglicher Ra-
diummengen bedeuten.
Amenorrhoe=BehandIung mit Novariai
und Ferrovarial (Merck).
Voll Dr. M. 3. J a co b s o.n in Berlin.
Ende 1920 wurde ich zum ersten Mal auf Novariai auf-
merksam, lieber die Gewinnung dieses EierstockprÀparates
sei kurz folgendes gesagt: Bei Verabreichung der einfachen
TrockenprÀparate aus Ovarien haben sieh die bekannten
ongan- spezifischen Wirkungen erkennen lassen. Da aber
der Gehalt an wirksamen Stollen â wie wir annehmen
mĂŒssen â verhĂ€ltnismĂ€Ăig gering ist, lag, solange ihre Iso-
lierung noch nicht gelang, der Wunsch nahe, die Organ-
4%
Jacobson: Anienorrhoe-Behandlung.
40. Jahrg. â Nr. 29/30.
Substanz wenigstens in eine zur Resorption besonders ge-
eignete Form zu bringen. Die natĂŒrliche Verdauung schien
hierfĂŒr brauchbare Anhaltspunkte zu bieten, denn sie be-
reitet ja die AufschlieĂung aller peroral zugefĂŒhrten Stoffe
vor. Dabei werden sonst unlösliche EiweiĂe löslich und re-
sorbierbar. Danach war anzunehmen, daĂ die wirksamen
Komplexe aus den Organsubstanzen sicherer und rascher
herausgelöst werden können, wenn der natĂŒrliche Verdau-
ungsvorgang schon auĂerhalb des Organismus vorbereitet
wird, was mit Hilfe von Enzymen geschieht.
Seit 1K> Jahren verwende ich das Novarial, seit fast
einem Jahre auch das Ferrovarial, eine Eisenkombination
des Xovarials. Da die Literatur ĂŒber diese PrĂ€parate bisher
nur vereinzelte Hinweise gebracht hat, möchte ich heute
ĂŒber eine Reihe von Beobachtungen berichten:
Bei einer geistig und körperlich zurĂŒckgebliebenen Pa-
tientin hatte der Uterus etwa die GröĂe eines dem Puber-
tÀtsaltcr entsprechenden behalten; die nicht sicher abtast-
baren Ovarien werden vermutlich auf der gleichen Entwick-
lungsstufe geblieben sein. Hier war ich erstaunt, schon nach
8 Wochen eine zweitÀgige Blutung durch Novarial (3 mal
tÀglich 4 Tabletten) erzielt zu haben; die beiden folgenden
Perioden traten in vierwöchigen Intervallen auf und dau-
erten drei Tage, konnten also schon als völlig normal ange-
sehen werden.
Eine vorĂŒbergehende Amenorrhoe â sagt H o f m e i e r J)
â tritt am hĂ€ufigsten auf bei ErnĂ€hrungsstörungen und
Allgemeinerkrankungen schwÀchender Art; sehr hÀufig
bald nach der PubertÀt bei chlorotischen MÀdchen,
dann bei der Tuberkulose, bei Diabetes und nach akuten,
konsumierenden Krankheiten, besonders Typhus.
Einen Fall, wo âbald nach der PubertĂ€t" bei chloroti-
schen MÀdchen die Menses ausgeblieben wÀren, kann ich
nicht aufweisen, möchte an der Stelle aber die folgende
K rankengeschichte einf lechten:
Ein erst 19jÀhriges junges MÀdchen erkrankte an Scarlatina
mit den ĂŒblichen Folgeerscheinungen Polyarthritis und En-
docarditis; von beiden waren noch Symptome vorhanden, als
die Patientin wegen der hieran anschlieĂenden Amenorrhoe
in meine Behandlung kam; bis dahin war sie stets regel-
mĂ€Ăig menstruiert gewesen. Ferrovarial, 2 mal tĂ€glich vier
Tabletten, nebst gleiclrzeitig verabfolgten Höhensonnen-
bĂ€dern, verhelfen ihr nach fĂŒnf und dann weiteren vier
Wochen zu der (seit neun Monaten ausgebliebenen) Periode.
Im AnschluĂ hieran sei ein weiterer Fall genannt, wo
ebenfalls eine akute kontagiöse Infektionskrankheit voran-
gegangen war: Typhus, der der Patientin als unangenehmste
Nachwirkung betrÀchtlichen Haarausfall eingebracht hatte.
Sie kam, diesem durch LichtbÀder abhelfen zu lassen; erst
auf Befragen gab sie die seit dem Typhus bestehende
Amenorrhoe zu, die sie also offenbar weit weniger störte
als der Haarverlust. Gegen diesen wurden Höhensonnen-
bestrahlungen angewandt, die, auch auf den Unterleib appli-
ziert, die Wirkung des Novarial (3 mal tÀglich 4 Tabletten)
unterstĂŒtzten. Nach 6 â 5 â 4 Wochen traten wieder 2 bezw.
3 Tage anhaltende Menses auf.
Ferner fĂŒhrt Hofmeier (s. o.) den Diabetes als ur-
sĂ€chliches Moment fĂŒr Amenorrhoe an. Hier dient folgen-
der Fall als Paradigma:
Eine 40jĂ€hrige Frau klagt ĂŒber Hautjucken und un-
stillbaren Durst; seit 3 Jahren habe ihr Körpergewicht all-
mÀhlich abgenommen; die Untersuchung ergibt 6% Zucker.
Ob dieser seit der ganzen Zeit schon bestanden, ist schwer
zu sagen, da die genannten Symptome erst seit einem Jahre
sich gezeigt; möglich ist es jedenfalls, da, auch seit etwa
3 Jahren, die frĂŒher regelmĂ€Ăigen Menses gĂ€nzlich fehlen.
Die hiergegen angewandten ĂŒblichen Fe-PrĂ€parate hatten
gÀnzlich versagt. Doch wÀre, wenn Diabetes und Abmage-
rung, statt im VerhÀltnis von Ursache zu Wirkung, gleich-
wertig nebeneinander stehen sollten, ein verfrĂŒht beginnen-
des Klimakterium Ă€tiologisch fĂŒr die Amenorrhoe nicht von
») Handbuch der Frauenkrankheiten. 13. Aufl. S. 127.
der Hand zu weisen. Immerhin fĂŒhrte Novarial (3 mal tĂ€g-
lich 5 Tabletten) nach 8 und 6 Wochen zu je zweitÀgigen
Blutungen. Eine weitere Besserung konnte leider nicht be-
obachtet werden, da Patientin, deren Zuckerausscheidung
nicht unter 4 % hinunterzubringen war, an Coma diabet. a<f
exitum kam.
Ein vorzeitiges Ausbleiben der Menstruation tritt auch
nicht selten zugleich mit einem auffÀlligen Fettansatz am
ganzen Körper auf. Beides ist â nach Hofmeiers An-
sicht (a. a. O.) â der Ausdruck eines vorzeitigen Aufhörens,
der TĂ€tigkeit der Ovarien. Der Grund der Amenorrhoe ist
also nicht das Fettwerden, wie gewöhnlich angenommen
wird, sondern beides ist eben ein Symptom eines ovariellen
Vorgangs.
Hierher gehören folgende FÀlle: Bei einer Patientin,
einer 28 jÀhrigen Frau, entwickelte sich im Anschluà an
eine Geburt vor VA Jahren Amenorrhoe und Adi^wsitas;
diese brachte eine Gewichtszunahme von 46 Pfund (jetzt
172!); seit derselben Zeit glaubt die Patientin sich steril, was
sie eigentlich zum Arzt fĂŒhrt. Bei genauer Exploration er-
weist sich die Dauer der Amenorrhoe und vermuteten Sterili-
tĂ€t allerdings um die HĂ€lfte kĂŒrzer, da Patientin % Jahre
genÀhrt hat. Die Sperma-Untersuchung beim Ehemann
gibt keinen Anhalt; auch sind Harnröhren-, Vaginal- und
Zervixsekrct frei von Gonokokken. Novarial fĂŒhrt nach
8 Wochen zu eintÀgiger, nach 6 und 4 Wochen zu zwei-
tÀgiger, nach weiteren 4 Wochen zu dreitÀgiger Blutung.
Bei der anderen, 41jÀhrigen Patientin, verminderten
sich die frĂŒher regelmĂ€Ăigen Menses seit 2 Jahren so stetig,,
daĂ in den letzten 0 Monaten nur noch Blutflecke auftraten.
Hier handelte es sich also nicht um eine eigentliche
Amenorrhoe, sondern nur um Oligomenorrhoe. Die anderen
Klagen der Patientin: Schwindel, Kongestionen, SchweiĂ-
ausbruch spricht man wohl am besten, da an Kor, Blut-
druck und Lungen nichts Abnormes' gefunden wird, als
Symptome verfrĂŒht beginnenden Klimakteriums an. No-
varial (3 mal tĂ€glich 5 Tabletten) bewirkt nach 5 â 4 â 4
Wochen 1 â 3 tĂ€gige Blutungen.
Die Tuberkulose der Lungen ĂŒbt, nach Schauta2),
einen EinfluĂ auf die Menstruation insofern_aus, als letztere
mit dem Fortschreiten der Phthise immer schwÀcher wird,
um endlich ganz zu erlöschen. Bei der betreffenden Pa-
tientin war die eine Lunge schon vollstÀndig affiziert (Spu-
tum stark +). Infolge mĂŒtterlicherseits ererbter Anlage
traten die ersten Menses erst im 16. Jahre auf, ganz unregel-
mĂ€Ăig und spĂ€rlich, um bald darauf gĂ€nzlich zu schwinden.
Trotzdem wurden mit -Ferrovarial (3 mal tÀglich 5 Ta-
bletten) nach 5 und ?>% Wochen je 2 tÀgige Blutungen er-
reicht â eine leider nur vorĂŒbergehende Besserung, da Pa-
tientin, als sie sich nach weiteren 8 Wochen abermals vor-
stellte, zweifellos gravid war.
Von Vergiftungen als Ursache funktioneller Amenorrhoe
wÀre, nach Schauta (a. a. O.), die mit Morphium und
Alkohol zu erwÀhnen. Auch O 1 s h a u s e n s) hat auf den
Morphinismus als Ursache der Amenorrhoe hingewiesen-
Heutzutage darf man als gleichwertigen, jedoch moderneren
SchĂ€dling auch das Kokain nicht ĂŒbergehen. Eine meiner
Patientinnen z. B. hatte nach Kokain- und reichlichem Ta-
baksgenuà (20 Zigaretten tÀglich) seit 3 Monaten keine Men-
ses. Schwangerschaft war fraglos ausgeschlossen. Ferro-
varial (3 mal tÀglich 3 Tabletten), brachte ihr nach
4 Wochen eine 1 tÀgige, nach abermals 4 Wochen eine
3 lÀgige Periode.
Auch ein Beispiel von Nikotin-Intoxikation mit prompt
einsetzender Amenorrhoe fand ich bei einer Patientin, die
sich, da sie ĂŒberdies seit 3 Monaten an Uebelkedt litt, fĂŒr
gravid hielt. Die vaginale Untersuchung ergab nichts der-
gleichen, doch konnte das geklagte Symptom nicht bloĂ auf
ĂŒberreichlichen Tabak- (30 Zigaretten tĂ€glich), sondern
*) âDie Störungen der Menstruation und ihre Behandlung""
in Levden-Klemperer âDie Deutsche Klinik". Bd. IX.
»); 2: f. G. u. G.. Bd. 43. zitiert nach Hofmeier a. a. O.
40. Jahrg. â Nr. 29/30.
Dreuw: SpĂŒldiesinfektion.
Mich auf erheblichen Alkoholkonsiun â Patientin ist Bar
dame! â zurĂŒckgefĂŒhrt werden. Ferrövarjal verhalf ihr
nach 4 Wochen zu âBlutflecken", mach weiteren 1 Wochen
zu einer 2 tagigen Blutung.
Zum SchluĂ noch folgendes: Eine 25 Jahre alte, seit
2 Jahren verheiratete, russische JĂŒdin, kommt wegen seit
1 Jahr sich zeigender Amenorrhoe. Weder in der (nur ge-
ringen) UnterernÀhrung, noch in dem Befund von Uterus
und (leicht abtastbaren, gegen Druck empfindlichen)
Ovarien ist eine Ursache hierfĂŒr zu finden. Da Patientin,
weit mehr als ĂŒber den Menses -Ausfall, ĂŒber die Sterili-
tÀt beunruhigt ist, wird Hainröhren-, Vaginal- und Zervix-
Sekret auf Gonokokken untersucht (Befund negativ). Auch
eine physische oder psychische Impotenz des Ehemannes
besteht nicht (Sperma untersucht.)
Baciborski') hat auf eine âAmenorrhee par causes
psychiques" aufmerksam gemacht bei Frauen, die lebhaft
den Eintritt der Schwangerschaft wĂŒnschen und in der
Angst steril zu sein, dem Eintritt der Periode in groĂer psy-
chischer Aufregung entgegensehen. Wer an unseren öst-
lichen UniversitÀtsfrauenkliniken (Königsberg, Breslau) sich
betĂ€tigt hat, wo der ZufluĂ russischer und pohlischer JĂŒ-
dinnen, wenigstens vor dem Kriege, ganz erheblich war,
weiĂ, daĂ, nach orthodoxen Anschauungen, SterilitĂ€t einen
Eliescheidungsgrund zu Ungunsten der Ehefrau bietet. Auch
im Krieg, wo ich als Kreisarzt viel mit der dort einheimi-
schen Bevölkerung in BerĂŒhrung kam, ist mir dies be-
stÀtigt worden. Es ist demnach nicht verwunderlich, wenn
bei den Frauen eine ausgesprochene Furcht vor der Sterili-
tÀt besteht, also ein psychischer Affekt, der die Amenorrhoe
bewirkt, d. h. gerade das Symptom, das den Laien in der
Annahme einer vorhandenen SterilitÀt besonders bestÀrken
muĂ, nicht, weil solche Frauen aus dem Fehlen der Menses
die Hoffnung auf Schwangerschaft schöpfen, sondern viel-
mehr, weil sie sehen, daĂ an ihren Genitalien âetwas nicht
in Ordnung" ist. Ferrovarial half hier nach wenigen
Wochen psychisch wie auch suggestiv, da nach der Be-
hebung des einen Leidens naturgemÀà die Aussicht auf die
ersehnte Schwangerschaft steigt und psychisch gĂŒnstig
wirken wird.
Zusammenfassung: In allen FĂ€llen, in denen ich
Novarial und Ferrovarial anwandte, war stets, spÀtestens
nach 8 Wochen, doch auch schon nach 4, ein Erfolg zu
sehen. Nicht immer war es möglich, die Patienten so lange
zu beohachten, wie ich es gerne gewĂŒnscht hĂ€tte. Jedenfalls
haben sich die beiden EierstockprÀparate bei Amenorrhoe,
der Hauptausfallserscheinung in den gesammelten FĂ€llen,
durchaus bewÀhrt.
lieber ein neues System der kontinuierlichen
SpĂŒldesinfektion.
(Mit besonderer BerĂŒcksichtigung der Gonorrhoe-Behandlung in
sozial-hygienischer Beziehung.)
(SchluĂ aus Nr. 27/28.)
Von Dr. Dreuw- Berlin.
Jede Gonorrhoe wird schon bald nach den ersten Er-
scheinungen eine Mischinfektion. Es gibt keine Gonorrhoe,
die nicht durch eine StÀbchen- oder Kokken-Urethritis kom-
pliziert wĂ€re oder wĂŒrde. Die bisherige Protargol-Argonin-
Largin-Hegonon- usw. Therapie war hauptsÀchlich eine reine
gonokokkentötende Methode, die der Mischinfektion von vorn-
herein nicht die groĂe Bedeutung beilegte, die ihr zukam. Ich
habe daher systematisch seit Jahren dem Argentum protei-
nicum noch Hydrargyrum oxyeyanatum und andere Desinfi-
cientia beigemischt, die speziell abtötend auf die Kokken und
StÀbchen wirken. Die Erfolge sind nach meinen Erfahrungen
*) Zitiert nach Hofmeier a. a. O.
bedeutend bessere und raschere als die Behandlung mit gono
kokkentötenden Mitteln allein. Namentlich, bei der chroni-
schen Gonorrhoe. Bei kleineren und gröĂeren Infiltraten der
Harnröhre ist fast immer eine Mischinfektion vorhanden,
wenn es kein einfacher Katarrh ist. Daher verwende ich
in der Regel immer bei der Massage-SpĂŒlung eine Mischung
von beiden Mitteln, gonokokken- und kokken- und stÀbchen-
tötenden, sei es, daĂ ich die Mischung zum EinfĂŒhren in die
in Fig. 1 und la beschriebene technische Apparatur vorlier
fertig mischen lasse, oder daĂ ich die Mischung in Fig. 1 u. la
bewirke. Soll eine ödematöse oder eine adstringieren.de Wir-
kung erzielt werden, so verwende ich nur eine leichte Lösung
.von Zinkum- bezĂŒglich Kaliunipermanganicum. NeiĂer und
seine SchĂŒler (SchĂ€ffer und andere) empfehlen zwischen den
Injektionen mit Protargol noch hier und da Hydrargyrum
oxyeyanatum zu verwenden. ZweckmĂ€Ăig bringt man in
den Trichter a (Fig. 1) eine Mischung von Protargol und
, Hydrarg. oxyeyan. oder auch von 2 anderen gewĂŒnschten
Medikamenten in einem gewĂŒnschten VerhĂ€ltnis hinein. Bei
Apparat Fig. la ist eine Vermischung zweier Medikamente
nicht erforderlich, da das gewĂŒnschte MischungsverhĂ€ltnis
durch Mi u. M2 sich selbsttÀtig reguliert.
Nach WTossidlo steht folgendes fest:
Sobald die Gonokokken auf die Urethralschleimhaut gelangen,
beginnen sie sich zu vermehren und auszubreiten. Sie sind zu-
nÀchst dem Plattenepithel der Fossa navicularis aufgelagert und
schieben sich in Form von Rasen auf ihm vor, dringen aber nicht
zwischen die Epithelzellen und die den Epithelzellen einge-
keilten Eiterzellen ein; auch die zwischen den Epithelzellen sind
frei von Gonokokken. Haben sie die Fossa navicularis ĂŒber-
schritten und sind sie auf die mit Zylinderepithel bekleideten
Pars pendula ĂŒbergegangen, so wachsen sie nicht nur auf der
der OberflÀche weiter, sondern dringen auch zwischen die
Epithelzellen ein, vermehren sich in den interepithelialen RĂ€u-
men, gelangen zwischen die kubischen Zellen der untersten
Schichten und in die oberste Schicht des subepithelialen Binde-
gewebes. Hier konnten sie bereits am dritten Tage der Er-
krankung nachgewiesen werden. Dieses schnelle Eindringen der
Gonokokken in die Tiefe bis in das subepitheliale Bindegewebe
ist fĂŒr die Therapie von groĂer Wichtigkeit.
In groĂen Mengen finden sich die Gonokokken perifollikulĂ€r,
wo dementsprechend auch die intensivsten entzĂŒndlichen Ver-
Ă€nderungen des Epithels vorkommen. Hier sind nicht nur die
der OberflÀche aufliegenden und zwischen die zerworfenen
Epithelzellen eingekeilten Eiterzellen dicht mit Gonokokken voll-
gepfropft, sondern sie umgeben die Epithelzellen in groĂen
Mengen und sind zahlreich in den obersten Lagen des sub-
epithelialen Bindegewebes vorhanden.
Auch das Epithel der Lacunae Morgagni wird in gleicher
Weise von den Gonokokken umgeben, wÀhrend sie sich auf dem
Epithel der SchleimdrĂŒsenacini nicht, wohl aber in den diese be-
denkenden Leukozyten finden. Ebenso trifft man Gonokokken
zwischen den Epithelzellen der Littre'schen DrĂŒsenausfĂŒhrungs-
gĂ€nge gelagert an, in den DrĂŒsenacinis jedoch nur innerhalb
der Leukocyten.
Solange nun die Gonokokken das Plattenepithel der Fossa
navicularis nicht ĂŒberschritten haben, entfalten sie noch nicht
ihre volle Wirkung. Es ist dies die sog. Inkubationszeit, in
der die Gonorrhoe auch klinisch noch keine deutlichen Erschei-
nungen macht.
Sind sie aber auf das Zylinderepithel der Pars cavernosa
urethrae ĂŒbergegangen und in der oben beschriebenen Weise
zwischen die Epithelzellen der Schleimhaut und bis in die
obersten Schichten des Bindegewebes eingedrungen, so rufen sie
hier eine entzĂŒndliche Reaktion hervor, die sich in einer Er-
weiterung der BlutgefĂ€Ăe und reichlicher Diapedese von Leu-
kocyten Ă€uĂert. Die Leukocyten wandern zwischen die Epithel-
zellen hindurch und gelangten mit Gonokokken beladen an die
SchleimhautoberflÀche. Ob dabei die Gonokokken in die Eiter-
zellen eindringen, ober ob es sich um eine Phagocytose handelt,
darĂŒber gehen die Ansichten der Autoren noch auseinander.
Jedenfalls ist der Effekt der, daĂ die Gonokokken von den Eiter-
zellen fortgeschwemmt werden. *
Das Epithel, das schon durch das Eindringen der Gono-
kokken gelitten hat, wird jetzt durch das Hineindringen der
Leukocyten zwischen seinen Zellen noch weiter zerstört, es wird
losgestoĂen und verfĂ€llt der schleimigen Degeneration.
4^8 Dreuw: SpĂŒldesinfektion. 40. Jahrg. â Nr. 29/30.
Im subepithelialen Bindegewebe entsteht eine reichliche
Infiltration mit Eiterzellen, die das Bindegewebe bis in das
Corpus cavernosum durchsetzen und sich auch in dessen Bal-
ken vereinzelt vorlinden. Die KapillargefĂ€Ăe sind erweitert
und ihr Lumen ist mit polynukleĂ€ren Leukocyten angefĂŒllt. Die
Morgagnischen Lakunen und die Littre'schen DrĂŒsen nehmen an
der EntzĂŒndung besonders lebhaften Anteil. Ihr Epithel ist ge-
lockert, zum Teil abgestoben und mit Leukocyten durchsetzt; ihr
Lumen ist mit abgestoĂenen Epithelien und mit Leukocyten an-
gefĂŒllt. Ihre WĂ€nde sind von Infiltraten embryonaler Zellen
umgeben.
Hat die akute EntzĂŒndung gegen Ende der dritten Woche
ihre Akme ĂŒberschritten, so findet man in den gĂŒnstig ver-
laufenden FĂ€llen im Bindegewebe noch erweitere BlutgefĂ€Ăe, aus
denen Eiterserum und Eiterzellen austreten; Gonokokken sind
aber gar nicht mehr, oder nur noch vereinzelt daselbst vor-
handen. Aus den nach Ablauf des akuten Stadiums zurĂŒck-
gebliebenen Epithelzellen entwickelt sich ein mehrschichtiges
Pflasterepithel, das dem abermaligen Eindringen, der etwa noch
an der OberflÀche befindlichen Gonokokken einen Widerstand ent-
gegensetzt. Diese werden durch die noch bestehende Eiterung
schlieĂlich fortgeschwemmt und schwinden endlich am Ende der
fĂŒnften bis sechsten Woche ganz. Nunmehr lĂ€Ăt die GefĂ€Ă-
dilatation und HyperÀmie nach, die subepithelialen Infiltrate
werden resorbiert, die Urethritis ist geheilt. Das Epithel nimmt
aber seine Zylinderform nicht wieder an, eine Restitutio ad
integrum findet nicht statt.
Dieser Ausgang ist aber durchaus nicht die Regel. Meist
verschwindet der Gonokokkus in so kurzer Zeit nicht völlig,
sondern bleibt in der Tiefe des Gewebes und in den DrĂŒsen ver-
borgen und unterhĂ€lt die EntzĂŒndung der Schleimhaut. Die
Urethritis geht in das chronische Stadium ĂŒber.
Das Chronischwerden der gonorrhoischen Urethritis wird
vielfach dadurch begĂŒnstigt, daĂ durch irgend eine Ă€uĂere
SchĂ€dlichkeit eine abermalige Steigerung der EntzĂŒndung statt-
findet. Bei dem Rezidive spielt sich dann unter erneuter Ver-
mehrung der Gonokokken derselbe EntzĂŒndungsprozeĂ ab, wie
oben beschrieben, nur meist in weniger heftiger Weise. Der-
artige Rezidive können mehrere hintereinander auftreten, wo-
durch natĂŒrlich die Urthralschleimhaut immer mehr an Wider-
slandsfĂ€higkeit gegen die Gonokokken und ihre Texine einbĂŒĂt,
das dauernde Ansiedeln der Gonokokken in den Geweben be-
gĂŒnstigt wird.
Demnach befinden sich also die Gonokokken schon in
den allerersten Tagen in den DrĂŒsen bis in das- subepitheliale
Bindegewebe hinein. Da aber die Littre'schen DrĂŒsen sich
bis in diese Gewebe hinein korkzieherartig verteilen, so ist
eine rein chemische Beeinflussung dieser Gonokokken, die
sich schon in den ersten Tagen in der Tiefe befinden, nicht
in dem Sinne möglich, wie die Bakteriologie es sich dachte,
denn jedes chemische Desinficiens kann nur dort ein-
greifen und abtötend oder abschwÀchend wirken, wo es mit
den Bakterien in direkte BerĂŒhrung kommt, es sei denn, die
AbwehrkrÀfte des Organismus werden indirekt zu dieser
Abtötumg bezĂŒglich AbschwĂ€chung durch das Mittel mobil
gemacht. Meines Erachtens ist, wie schon erwÀhnt, die so-
genannte Protargol-Tiefenwirkung ein MĂ€rchen; das keine
Berechtigung hat und nie gehabt hat.
Der Nachteil der bisherigen WĂ€rmetherapie der Harn-
röhrenschleimhaut war der, daà die Hitze nur lokalisiert
auf die Schleimhaut und die etwas tiefer gelegene Partie
der Submukosa wirkte, und daĂ sie bei der bisherigen Tech-
nik nur zu kurze Zeit angewandt werden konnte. Daher
sind SpĂŒlungen von V« â 1ji â 1 Stunde und lĂ€nger mit leicht
desinfizierend - adstringierenden FlĂŒssigkeiten erforderlich.
Ferner habe ich mein Augenmerk darauf gerichtet, daĂ
gleichzeitig auch von auĂen her eine Temperatur von
45 Grad und höher, und gleichzeitig auch von
Rektum aus eine solche Temperatur einwirkt, so daĂ die
gesamte Genitalgegend einer Temperatur von 45 Grad auf
lÀngere Zeit ausgesetzt wird. Um dies zu erreichen, wird
noch ein zweiter Schlauch von der Apparatur in Fig. 1 ab-
gelenkt, der umsponnen ist, also durch den Wasserdruck
sich nicht ausdehnen kann. Dieser wird nun, wÀhrend
das SpĂŒlinstraiment im inneren des Penis, in der Harn-
röhre sich befindet, um die AuĂenflĂ€che herum in verschie-
dene Spiralen gewickelt und dann das aus demselben ab-
flieĂende auf 45 Grad oder höher erhitzte Wasser mit dem in
den Anus eingefĂŒhrte Prostata-WĂ€rmeinstrument eingefĂŒhrt.
Die Technik ist so, daĂ man das umsponnene Gummirohr
direkt hinter der Glans .um den Penis herumwickelt, dann
wieder zurĂŒckwickelt und wieder bis zur Radix wickelt, um
es dann in das ZufluĂrohr des Arzberger'schen Instrumentes
oder besser des Lewinschen Instrumentes zu fĂŒhren, dessen
Sitzplatte zweckmĂ€Ăig noch verbreitert wird, um eben die
Temperatur auf die Dammgegend einwirken zu lassen.
ZweckmĂ€Ăig bringt man noch einen zweiten Erhitzer
an, so daĂ man den fĂŒr die Erhitzung der AuĂenteile be
stimmten Schlauch noch mit bis auf 50 â 60 Grad erhitztem
Wasser beschicken kann, um auf alle FĂ€lle eine in die
Tiefe wirkende lokale Erhitzung durchzufĂŒhren. Durch
diese Methodik wird erzielt:
1. eine kontinuierliche SpĂŒldesinfektion mit (wĂ€hrend
der Behandlung) abstufbarem Konzentrationsgrad;
2. Eime WTĂ€rmezufuhr von 45 â 50 Grad fĂŒr die gesamte
Genital-Gegend.
Diese neue Technik gestattet in der Tat sÀmtliche physi-
kalisch-chemischen Faktoren (SpĂŒlung, Massage, WĂ€rme,
Faradisierung) usw. zur Anwendung zu bringen.
Die zahlreichen Versuche, durch Hitze die Gonokokken in
ihrer VitalitĂ€t und Virulenz zu stören bezĂŒglich abzutöten,
haben hĂ€ufig nicht zu einem definitiven Ziel gefĂŒhrt, da
nach kurzer Zeit, wenn auch eine Tötung und Ab-
schwÀchung und eine rasche Abnahme der Sekretion erfolgt
war, meist wieder Rezidive eintreten. Nur langdauernde
WĂ€rmeeinwirkung, wie es auch beim Fieber der Fall ist,
fĂŒhrt hier zum Ziel.
Wenn auch die Laboratoriumsversuche von Kiefer,
Steinschneider, Finger, SchÀffer, Schulz u. a. ergeben haben,
daĂ die Gonokokken bei 38,5 Grad geschwĂ€cht, bei 40 â 41
Grad schon nach einigen Stunden abgetötet wurden, so sind
selbstverstÀndlich beim lebenden Menschen ganz andere
VerhÀltnisse vorhanden, denn hier sind einesteils die Gono-
kokken in dem fĂŒr sie passenden NĂ€hrboden viel resistenter,
andererseits gelingt es auch nicht, da das Blut zirkuliert und
die eben erzielte WĂ€rmevermehrung durch das flieĂende
Blut immer wieder abgeleitet wird, eine höhere Temperatur
zu erzielen, es sei denn, man fĂŒhrt, wie ich es oben tech-
nisch angegeben habe, zu gleicher Zeit die WĂ€rme von den
verschiedenen Richtungen der erkrankten Partie zu und lĂ€Ăt
sie stundenlang einwirken.
Es ist bekannt, daĂ fieberhafte Erkrankungen die Go-
norrhoe plötzlich zum Schwinden brachten und daà es auch
nicht gelang, eine Uebertragung der Gonokokken auf die
Urethra experimentell zu erzielen, wenn eine derartige
fieberhafte Erkrankung bestand.
SelbstverstÀndlich gilt auch hier, daà der Arzt rein in-
dividuell (von Fall zu Fall) (behandeln muĂ. Ja, es gibt eine
Reihe von FĂ€llen, in denen man schon kurze Zeit nach der
Verwendung der Hitze-Therapie darauf verzichten muĂ, da
die Patienten sie schlecht vertragen, weil Schwellungs- und
ErhitziungszustÀnde eintreten. Wird sie aber vertragen,
dann bedeutet die. angegebene Technik ein energisches Mit-
tel zur fraktionierten Sterilisierung und lÀngeren Beein-
flussung der Gonokokken, sie bedeutet, daĂ durch die ent-
stehende ödematische Wirkung und durch die sich in die
Tiefe ausbreitende kollaterale HyperÀmie der NÀhrboden im
ungĂŒnstigen Sinne fĂŒr die Gonokokken und im gĂŒnstigen
Sinne fĂŒr die Heilung vorbereitet wird.
DaĂ die Resultate der WĂ€rmebehandlung gĂŒnstige sind,
ergibt auch ein Aufsatz von R e g i e r u n g s - M e d. - R a t
Dr. Arthur S c h e r 1 i e s s in Gharlottenburg. Dieser Autor
schreibt in der âDeutschen Medizinischen Wochenschrift"
Nr. 3, daĂ er bei 200 Soldaten durch DauerspĂŒlungen von
1/2 Stunde Dauer, allmÀhlich bei 34 Grad beginnend und
(durch ZugieĂen heiĂen WiĂ€ssers in den Irrigator) bis 48
Grad und 49 Grad steigend, Enderfolge erzielt habe, die mit
den anderen Methoden nicht erreicht wurden.
Dr. S c h e r 1 i e Ă schreibt: âDie auffallende Wirkung der SpĂŒ-
lung auf die Gonokokken war fast stets auffallend gut. Schon
10. Jahrg. Nr. 2(.) 30, Dreuw: SpĂŒldesinfektion
Bach der erlften SpĂŒlung von akuten FĂ€llen mii sehr reichlichen
Gonokokken waren diese im Ausfluà am nÀchsten Tage, tneisl
nur noch sehr spĂ€rlich, nichl selten dann ĂŒberhaupl nicht mehr
tu finden. Bei gelegentlichen akuten RĂŒckfĂ€llen habe ich wohl
nĂŒl Recht vermutet, da II sie die Folge von durch EntzĂŒndungs-
VorgĂ€nge verschlossener DrĂŒsehausfĂŒhfungsgĂ€ngen und von
Pseudoabszessen waren, welche infolge der Einwirkung der
feuchten Hitze auf das Gewebe und die aklive HyperÀmie der
Schleimhaut wieder freigemacht oder ihrer Eröffnung entgegen
gefĂŒhrt wurden. In vereinzelten FĂ€llen winde die Heilung ver
zögert durch infizierte paraurethrale GÀnge, die zunÀchst nicht
festgestellt und behandelt worden waren. Die HeiĂ Wasser-
spĂŒlungen in gröĂeren ZeitabstĂ€nden angewendet, sind bei der
akutesten Form möglich. So wird sie bei Irischer Nebenhoden -
EntzĂŒndung, bei der sonst lokale Behandlung verpönt ist, als
lindernd empfunden und fördert den RĂŒckgang' der EntzĂŒndung.
Ein FaR von akuter Gonorrhoe mit sehr reichlichen Gono-
kokken, bei der die Schleimhaut so stark geschwollen war, daĂ
lagelang der Urin mittels Katheters abgelassen werden muĂte,
konnte nach wenigen SpĂŒlungen in 32 Tagen als geheilt zur
Truppe entlassen werden. GröĂere Infiltrate halle ich wieder-
holt beim EinfĂŒhren des SpĂŒlkatheters in die Harnröhre fest-
gestellt; bei der zweiten SpĂŒlung waren sie stets erheblieh zu-
i- ĂŒ ck gebildet, bei der dritten meist nicht mehr zu fĂŒhlen. WĂ€h-
rend der Behandlung wurde ein Uebergreifen des akuten Krank-
heitsherdes auf die hintere Harnröhre nur in sehr wenigen, eine
frische Nebenhodenentziindung nur in zwei FĂ€llen beobachtet.
Die beiden letzteren Komplikationen wurden hervorgerufen
durch instrumentelle Eingriffe, die nach meinen jetzigen Er-
fahrungen nicht zweckmĂ€Ăig waren. Mit den SpĂŒlungen der
vorderen Harnröhre allein bin ich auch bei denjenigen Krank-
heilsfÀllen zum Ziel gekommen, bei denen ich eine Miterkran-
kung der Pars posterior annehmen muĂte.
Von den chronischem FĂ€llen, welche ich mit HeiĂwasser-
spĂŒlungen behandelte, ist bis auf einen, der aus dienstlichen
GrĂŒnden von der Trappe entlassen werden muĂte, kein ein-
ziger wÀhrend der Zeit, die er unter meiner militÀrÀrztlichen
Kontrolle stand, nach definitivem AbschluĂ der Behandlung rĂŒck-
fÀllig erkrankt."
Es ist klar, daĂ die von ScherlieĂ (angegebene Technik,
die verlangt, daĂ man den Irrigator fortwĂ€hrend neu fĂŒllt,
es nur schwer gestattet, die Temperatur auf lÀngere Zeil eine
halbe Stunde bis eine Stunde lang und noch lÀnger konstant
zu halten. Aber die Erfolge, die er erzielt hat, entsprechen
durchaus den Erfolgen, die ich mit meiner verlbesserten
Technik beobachten konnte.
Was das Instrumentarium von ScherlieĂ betrifft, so hat
es ebenso wie alle bisher verwandten Instrumente (Ober-
lĂ€nder, Kollmann, Notthaft ĂŒ. a.) den Nachteil, daĂ das
Röhrensystem des zuströmenden Wassers nicht voll und
ganz getrennt ist von dem des abflieĂenden, so daĂ Wirbel -
ströme entstehen, die die beiden KrĂ€fte des auflieĂenden und
des abflieĂenden bezĂŒglich saugenden Wasserstroms gegen-
seitig beeinflussen. ' Daher ist eine Einwirkung auf die
Littre'schen DrĂŒsen und auf die Morgagnischen Lakunen
nicht in dem Sinne möglich, wie es bei einem Instrument
der Fall ist, bei dem das zuflieĂende und das abflieĂende
Röhrensystem zwei völlig voneinander getrennte Faktoren
darstellt.
Nachdem das Wasser aus den feinen Oefinungen (Fig. 4)
gegen die Harnröhrenschleimhaut mit ihren Verteilungen
angetrieben ist, kommt es (eine Àhnliche Anordnung und
Trennung hat man in dem arteriellen und dem venösen
GefĂ€Ăsystem des Blutkreislaufes) in ein von dem ZufluĂ-
System völlig getrennten und geschiedenes Ablauf-System,
so daĂ bei dem Instrument nicht nur eine Druck- und Saug-,
sondern auch vibratorische Wirkung erzielt wird.
DaĂ hier eine Saugwirkung stattfindet, kann man be-
obachten, wenn man nĂ€mlich eine Gummimembran ĂŒber
(las Instrument gezogen hat. Diese saugende Wirkung ist
mm schuld daran, daĂ das Wasser nicht in die Blase ein-
dringen kann, sondern nur so weit wirken kann, als das
Instrument in die Harnröhre reicht, da das Wasser eben in
dem Moment, wo es die Harnröhrenschleimhaut bespĂŒlt hat,
auch sofort abgesaugt wird. Hierdurch wenden die Fol-
likel gereinigt und dilatiert, die Schleimhautfalten werden
gedehnt und das Eindringen des mit einer gewissen Kraft
gegen die Schleimhaut gescJileuderteri feinverteilten Wassers
in die feinsten Nischen und Schleimhautfalten wird er-
möglicht.
SelbstverstÀndlich wird diese Therapie noch zweck
mĂ€Ăig kombiniert durch horhlcniperiri tr lein hie Kom-
pressen, durch PriĂnitz'sche UmschlĂ€ge, durch warme Voll-
bÀder, evenll. mit Schwefelzusatz, um sowohl eine aktive
als eine passive HyperĂ€mie und ein kĂŒnstliches Oedem zu
erzeugen. Auch elektrische Heizkissen können auf den Damm
gelegt werden. Nebenbei können noch warme SitzbÀder von
Zeit zu Zeil verabfolgt werden, um die Resorption von
EiilzĂŒndungserschcinungcn noch zu vervollstĂ€ndigen.
Von ganz besonderer Wichtigkeit ist diese Art der SpĂŒl-
behandlung bei der Rektal -Gonorrhoe, bei welcher man
zweckmĂ€Ăig ein etwa daumendickes Endo-SpĂŒl-Rohr an-
wendet, das nicht nur desinfizierende SpĂŒlungen, sondern
auch lange dauernde WĂ€rnieapplikation gestattet.
b) Behandlung der weiblichen (jonorrhoc.
Als Polizeiarzt konnte ich die Folge einer ungeheilten
weiblichen Gonorrhoe in ihrer vollen sozialhygienischen Be-
deutung fast tÀglich erkennen. Es ist wichtig, gerade dem
praktischen Arzt ins GedĂ€chtnis zu rufen, was ĂŒber die
Folgen der weiblichen Gonorrhoe und ĂŒber ihre Unheilbar-
keit der Leiter der Berliner Prostituierten-Behandlungs-
station, Prof. Dr. Felix Pinkus, in einem Briefe an das
Berliner PolizeiprÀsidium sagt:
âIch bitte höflichst, mir in einer schon immer schwanken-
den Auffassung Ihre Ansicht zu sagen. Es handelt sich wieder
um die Zervikalgonorrhoe, welche ich nicht heilen kann. In
der letzten Woche habe ich mehrmals Zervikalgonorrhoen zur
ambulanten Nachbehandlung entlassen, bei denen ich das Rennen
aufgebe und von der Zeit allein nebst meiner ĂŒblichen ambu-
lanten Behandlung mit Aetzungen usw. eine Wirkung erhoffe.
Die Patientinnen wurden tÀglich bestellt mit der Drohung,
sie sofort als krank zu melden, sobald es ihnen einfallen sollte,
ohne Tampon und Jodoformgaze zu erscheinen. Nach Aus-
stĂŒlpungen nach der Untersuchung auf dem PolizeiprĂ€sidium
hatten sie sofort wieder Jodoformgaze vor die Oeffnung zu
legen. Einige sind diesen Anweisungen auch ganz gewissenhaft
nachgekommen. Bei den Untersuchungen wurden natĂŒrlich Go-
nokokken gefunden. Ich habe es immer fĂŒr möglich gehalten,
durch eine ordentliche AusfĂŒllung der Scheide die InfektiositĂ€t in
schwÀchere Grade zu verwenden, als es die beste Untersuchung
zu tun vermag. Denn alle die MĂ€dchen, wo wir keine Zervikal-
gonokokken finden, sind ja auch nicht gesund, es kommen nur
seltener Gonokokken zum Vorschein. Ich kann mich nun von
diesen stark Gonokokken absondernden MĂ€dchen in keiner Weise
befreien. Ich entlasse sie zur Nachbehandlung und habe sie am
nÀchsten Tage wieder hier. Ich rede ihnen zu, sich die GebÀr-
mutter usw. herausnehmen zu lassen, und sind sie nun glĂŒck-
lich in einer Frauenabteilung gelandet, dann macht der Gy-
nÀkologe entweder gar nichts, weih er keine Krankheil findet
(auf Gonokokken untersucht er nicht), oder nimmt ihr den einen
verĂ€nderten Eierstock heraus, gĂŒnstigenfalls beide, nie aber
den Uterus; behalte ich sie aber hier, dann machen sie mir
alle anderen MĂ€dchen aufsĂ€ssig. WĂ€re es nicht möglich, daĂ
die untersuchenden Herren sich um die mir bekannten nur
hinler der dicken Gazeeinlage versteckten Gonokokken nicht kĂŒm
merten? FrĂŒher ging's ja auch und viele MĂ€dchen sind nachher
ja doch gesund geworden. Vielleicht könnten Sie mir einen Weg
angeben, wie ich von diesen Daiuerk ranken entlastet werden
könnte."
gez. Dr. Felix Pinkus.
Daraufhin erging folgende VerfĂŒgung:
Der PolizeiprÀsident. Berlin, den 9. September 191:;.
VerfĂŒgung!
1. Der in dem rot unterstrichenen Fragesatz Ende des vor-
stehenden Briefes ausgesprochene Wunsch muĂ als die Folge
des allgemeinen Dilemmas erscheinen, in welches die durch tem-
porĂ€re MaĂnahmen nicht zu beseitigende Zervikalgonorrhoe alle
Prostituierten-KrankenhÀuser bringt. Deshalb
2. den Herren Aerzten der Sittenpolizei mit dem Ersuchen,
dem Wunsehe des Herrn Dr. Pinkus nachzukommen, soweit die
VerhÀltnisse des einzelnen Falls es gestallen.
Hier wird bewiesen, daĂ die Heilung der Zervikal-
gonorrhoe sehr hÀufig unmöglich ist und das man die blei-
500
Dreuw: SpĂŒldesinfektion.
40. Jahrg. â Nr. 29/30.
bende AnsteckungsfÀhigheit nur durch einen vor die Zervix
gelegten Tampon kaschieren soll.*)
In diesem Briefe aus der Feder dieses Arztes ist der
ganze Januner unserer heutigen Therapie geschildert. Und
bei der Urethral -Gonorrhoe ist es nicht viel anders. Hier
bessernd durch eine neue Technik einzugreifen, ist daher
ein Versuch, der sozialhygienischen Nutzen verspricht.
Als Polizeiarzt habe ich von dieser Druck- und Saug-
methode zur Reinigung des Vaginal-Rohrs hÀufig Gebrauch
gemacht (siehe spÀter Vaginalbehandlung) und Sicherung
der Diagnose erzielt, in FÀllen, in denen es sonst nicht mög-
lich gewesen wÀre, wegen der Verunreinigung mit anderen
Bakterien noch Gonokokken nachzuweisen.
""Entsprechend dem Worte N e i 15 e r s in der Einleitung zu
dieser Arbeit ist es nunmehr möglich, den einige cm langen
Kanal der weiblichen Harnröhre einer chemisch und physi-
kalisch wirksamen Dauerberieselung auszusetzen. Ich habe
in vielen FĂ€llen, die jeder Therapie trotzten, Heilung erzielt.
Denn wie schon erwÀhnt, ist die weibliche Urethritis durch
die bisherigen SpĂŒlungen schwer zu beeinflussen, da das
SpĂŒlwasser zu leicht in die Blase hineingeht oder vorne her-
ausspritzt. DiauerspĂŒlungen waren bisher aus diesem
Grunde nicht möglich. Und StÀbchen mit Buiyremkakao
hĂŒllen das Desinfiziens ein. Es war daher seit langem das
Bestreben der Uro -GynÀkologen, eine Methode zu finden, die
den kurzen Kanal der weihlichen Harnröhre antiseptisch be-
rieselt, ohne daĂ das Irrigationswasser in die Blase eintritt.
Durch das in Fig. 4a abgebildete Instrument ist das nun er-
möglicht, da durch die Saugwinkung des bei d abflieĂenden
Wassers das SpĂŒlwasser in dem Moment durch die KanĂ€l-
chen b weggesaugt wird, in dem es durch die Oeffnungen
die Schleimhaut bespĂŒlt hat. SelbstverstĂ€ndlich tritt neben
dem antiseptischen und adstringierenden EinfluĂ noch die
Vibration und die WĂ€rmewirkung, die Druck- und Saug-
wirkung in Kraft. Mit dieser Methode ist die erfolgreiche
Behandlung der Urethritis namentlich bei den Prostituierten
am besten gewĂ€hrleistet. 30â50 Grad Temperatur, 10â20
bis 60 Minuten. Mittlerer Druck. Argonin-Protargol-Zink.
Permangan-Hydrarg. oxycyanat Lösung.
Um das Instrument Fig. 3 u. 4 fĂŒr die weibliche Harnröhre
passend lang zu machen, stĂŒlpt man ein dickes Gummirohr
von 8 â 10 cm LĂ€nge ĂŒber das Instrument. Hierdurch bleibt
die Spitze von etwa 4â5 cm (hei lĂ€ngerer Harnröhre wird
anstöĂt, erst dann dreht man den Halm c auf und lĂ€Ăt die
Harnröhre berieseln. WĂ€hrend frĂŒher die Behandlung der
Urethritis gonorrhoica des Weibes eine Cnux fĂŒr Arzt und
Patientin war, ist sie nunmehr sehr erleichtert. Namentlich
fĂŒr die Behandlung der Prostituierten bedeutet diese Methode
einen sozialen Effekt, da gerade die in den DrĂŒsen der Hain-
HS] UH >
Fig. 6
Fiy I3u
das Gummirohr kĂŒrzer geschnitten, so daĂ 5 â 6 cm vorn
frei bleiben). Man fĂŒhrt die vom Gummirohr freie Spitze des
Instruments so tief ein, bis daĂ der vordere Querschnitt des
Gummirohrs an das Orificium externum der Urethra fast
*) Bekanntlich lassen sich 90 Prozent der Syphilitiker und
ebenso viele chronische Gonorrhoiker nicht genĂŒgend behandeln,
ich habe daher einen auf dem Prinzip des âDiskretionismus", d. h.
der allgemeinen, gleichen, 'diskreten Anzeige- und Behandlungs-
pi'licht basierenden Gesetzentwurf eingebracht, begrĂŒndet in
meinem Buch: âDie Sexualrevolution". Verlag Ernst Bircher,
Leipzig.
Fig. 7. Die Ausstellung (s. Fig. 7a) umL'fjte:
1. Unlersuchungsstuhl. 9.
2. SpĂŒlbecken fĂŒr gebrauchte 10.
genitale Instrumente.
2a. SpĂŒlbecken fĂŒr gebrauchte 11.
ext r agenitale Instrumente.
15. Aseptische Waschanlage. 12.
4. Automaten fĂŒr Seife und 13.
Speculasalbe. 14.
5. Instrumententisch mit Ir- 15.
rigalorstÀnder. 16.
Garderobenschrank fĂŒr 17.
den Arzt.
Eimer fĂŒr AbfĂ€lle mit 18.
FulibelÀtigung.
Wandkonsole mit Specula.
6
Fahrbare Stativlampe.
Schlauch zum Apparat fĂŒr
VaginalspĂŒlung.
ZurĂŒckklappbarer Tritt
am Untersueliungsstuhl.
Gkrsrinne.
AbfluĂschlauch.
Bunsenbrenner.
Ventilator.
Rheostat fĂŒr Beleuchtung.
Kniehebel - AbfluĂgarnitur
am Waschbecken.
FuĂstĂŒtzen am Unter-
suchungsstuhl.
röhre versteckten und der Abtötimg kaum zugÀnglichen Go-
nokokken durch die Vibration und das Ansaugen heraus-
geholt und gleichzeitig abgetötet oder abgeschwÀcht und weg-
gespĂŒlt werden. Hierbei kommt noch der Vorteil in Frage,
daĂ mit derselben Apparatur die Scheide und der Zervikal-
kanal behandelt weiden können, namentlich bei Massenbe-
bandlungen. FĂŒr den Frauenarzt, den Venerologen und den
Polizeiarzt ist auf diese Weise eine Universaknethode ge-
schaffen, die rasch und gut zum Ziele fĂŒhrt und vor allem
den FuĂboden gegen BerĂŒhrung mit den infektiösen Keimen
schĂŒtzt, da das AbfluĂwasser durch die AbflĂŒĂschlĂ€uche
direkt der Kanalisation oder einem Eimer zugefĂŒhrt wird.
ZweckmĂ€Ăig wird jedoch das kurze Spezialinstrument fĂŒr
die weibliche Harnröhrenbehandlung (Fig. 4 a) angewandt.
Zu VaginalspĂŒlungen wird der ScheidenspĂŒler (Fig. 6 u. 6a),
der die Gestalt eines Spekulums hat, verwandt. Am vorderen
Ende ist eine Querplatte angebracht, die den Introitus vaginae
nach auĂen hin abschlieĂt. Der SpĂŒler ist doppelwandig, und
zwar ist die Ă€uĂere Wand mit feinen Oeffnungen durchbohrt,
wĂ€hrend die innere mit der Ă€uĂeren durch gröĂere einge-
schraubte KanĂ€lchen verbunden ist. Diese mĂŒnden in das
mittlere Lumen. Dieses wird mit einem Schlauch in die
Kanalisation oder in ein SpĂŒlbecken geleitet. Hat man das
Instrument eingefĂŒhrt und die Platte gegen den Introitus
vaginae angedrĂŒckt, dann öffnet man den Wasserlei tungs-
hahn. Das Desmfektionswasser flieĂt dann bei bestimmtem
Druck und Temperatur durch den Schlauch in den ZufluĂ
und wind gezwungen, in der Richtmag der Pfeile durch die
feinen Oeffnungen zu flieĂen. Es bespĂŒlt die Scheidewand
und flieĂt dann sofort durch die KanĂ€ichen in das Lumen
40. Jahrg. â Nr. 29/30.
Dreuw: SpĂŒldesinfektion.
501
und von dort in den AbfluĂschlauch in der Pfeilrichtung zur
Kanalisation oder in den Eimer.
Welches -sind nun die Vorteile dieser Methode?
1. Die Vaginalwand wird unter dem regulierbaren
Wasserdruck vollstÀndig gereihigt, Ks Weiht auch nicht eine
Spin- der Sekrete zurĂŒck, da das abflieĂende Wasser neben
der SpĂŒlwirkung eine intensive Heberwirkung ausĂŒbt.
2. Im Gegensatz zur MutterrohrspĂŒlung gelangt auch
nicht ein Tropfen der SpĂŒlflĂŒssigkeit auf den Boden, auf
den Untersuchungsstuhl oder auf die Kleidung usw., son-
dern die SpĂŒlflĂŒssigkeit wird durch den AbfluĂschlauch
direkt in die Kanalisation oder in einen bereitstehenden
Eimer geleitet.
3. Krankheitskeime können daher nicht ĂŒbertragen
werden.
4. Die Diagnose, namentlich von kleinen GeschwĂŒren,
Erosion, Ulcus molle, syphilitischen Plaques, Psoriasis mu-
cosae -Usw., die leicht vom Scheidensekret ĂŒbertĂŒncht werden,
wird erleichtert.
5. Leichte Handhabung (lediglich EinfĂŒhren und. Auf-
drehen des Absperrhahns c und grĂŒndliche Desinfektion der
Vagina.
ein Verwischen des Sekrets. Figur 7 und 7 a zeigt das von
mir angegebene System zur Untersuchung und Behandlung
der weihlichen Gonorrhoe, instn-sondere der Prostituierten.
Es handelt .sich um die Einrichtung fĂŒr gynĂ€kologische
und polizeiÀrztliche Untersuchungen und Benandlungs-
technik, die beim Berliner PolizeiprÀsidiuni im Prinzip ein-
gefĂŒhrt ist. ZweckmĂ€Ăig wird in Fig. 7 u. 7a bei der Nr. 10
der in Fig. 1 und 1 a abgebildete A p p a r a t z a r ,, 1< o n
t i n u i e r 1 i c he n S p ĂŒ 1 d e s i n f e k t i o n " noch einge-
baut, so daĂ ein Griff zur Reinigung und Des
inl'ektion von Harnrö h r e und S c h e i d e g e -
n ĂŒ g t.
Nach meinen Erfahrungen als Polizeiarzt beginnt die
Infektion bei der Frau in etwa 70 Proz. aller FĂ€lle mit einer
Infektion des Zervikalkanais und erst sekundÀr entsteht
eine Urethalgonorrhoe, es sei denn, der Koitus findet statt
beim Vorhandensein einer akuten mÀnnlichen Gonorrhoe, in
welchem Falle schon bei der BerĂŒhrung, die weibliche
Harnröhre infiziert -wird. Bei der chronischen Gonorrhoe
des Mannes dagegen wird das gonorrhoische Sekret durch
die Kraft des Samenergusses gegen die Portio geschleudert,
in welchem Falle dann erst sekundÀr die Uretha in einem
IIIIIMIIIIIIIIIIIMIIIIIIIMIIIIIIIIIII
IIIMIIIMIMIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIINI
IIIIIIIIIIIIIIIIIMIIIIMIMIIHMIIIMI
IIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIMIIIIIIIIIIIII
Fig. 7a
6. Namentlich unmittelbar vor vaginalen Operationen
gewÀhrleistet die neue Methode wegen der Kombination von
SpĂŒl- und Saugwirkung wohl die grĂŒndlichste Reinigung der
Vaginalwand, die man sich denken kann. Was dem Apparat
vor allem bei der Prostituiertenuntersuchung seine Bedeu-
tung verleiht, ist die Verbesserung der mikroskopischen und
makoskopi sehen Diagnosensicherung. Denn es ist klar,
daĂ das dem Orificium externum anhaftende Vaginalsekret,
durch welches die Platinöse vorher hindurch muĂ, ehe sie
in den ZervikalkanÀl eindringt, zunÀchst an der Platihöse
hÀngenbleibt. Da nun das Vaginalsekret viele den Gono-
kokken Àhnliche Kokken enthÀlt, so muà selbstverstÀndlich
die Diagnosenstellung erschwert werden. Die bisher an-
gewandte Irriga torenspĂŒlung hat sich bei der Prostituierten -
Untersuchung gar nicht bewÀhrt, da das mit infektiösen Kei-
men ibeladene Wasser neben dem Mutterrohr auf den Unter-
suchungsstuhl, auf den Boden und die Kleidung des Arztes
spritzt. Andererseits ist wegen des geringen Druckes die
Reinigung auch nicht im entferntesten so intensiv, wie bei
obigem Apparat. Auch das Abtupfen mit Watte bedingt nur
spÀteren Stadium infiziert wird. Da nun die meisten In-
fektionen durch eine chronische, hĂ€ufig selbst fĂŒr den Arzt
kaum merkbare, Gonorrhoe entstehen, so ist klar, daĂ die
Infektion des Zervikalkanales die hÀufigere ist.
Bei der frischen weiblichen Urethalgonorrhoe tritt auf
Fingerdruck hin ein dicker, gelber, stark gonokokken-
haltiger Tropfen heraus. Da aber hÀufig aus den Skene-
schen GĂ€ngen eine gelbe, aber gonokokkenfreie Masse her-
austritt, die meist feine StÀbchen in Reinkultur enthÀlt,
ist mikroskopische Untersuchung unerlĂ€Ălich. Ich habe
in humderten von PrÀparaten diese StÀbchen bei den Prosti-
tuierten gefunden. Sind viele, namentlich intrazellulÀre
Gonokokken vorhanden, so handelt es sich in der Regel um
akute, sonst um subakute oder chronische Gonorrhoe der
weiblichen Harnröhre.
Art der Behandlung der w e i b 1 i c h e n
Gonorrhoe.
Die Behandlung geschieht so, daĂ der Patientin, die auf
dem neben der Desinfektionsvorrichtung (Fig. 1,1a und 7)
502
S t a n d e s f r a g e n und soziale Medizin
40. Jahrg. â Nr. 29/30.
stehenden Behandlungsstuhl liegt, das SpĂŒlinstrumerrt (Fig. 4
und 4 a) so weit in die Harnröhre eingefĂŒhl t wird, bis die
Spitze desselben eben vor dem SchlieĂmuskel liegt. Die Pa-
tientin hÀlt wÀhrend der nun langen Behandlung das In-
strument selbst und drĂŒckt es gegen die Ă€uĂere Harnröhren-
mĂŒndung an, die sie dadurch gleichzeitig schlieĂt. Das ab-
flieĂende Desinfektionswasser lĂ€uft in einen nebenbei stehen-
den Eimer oder direkt in das Wasserbecken.
Diese Methodik erzielt gegen frĂŒher bessere Effekte, denn
die weibliche Harnröhre wird nicht nur unter beliebigem
Druck und Temperatur bespĂŒlt und massiert, sondern der
aus den DrĂŒsen stammende Schleim und die Gonokokken
werden sofort mit weggesaugt, wobei zwei KrÀfte in Frage
kommen, die eine der Wasserleitung, die zweite die der
Saugwirkung des abflieĂenden Wassers, die keinen starken
Druck auf die Schleimhaut zulĂ€Ăt und ein Uebertreten des
Wassers in die Blase unmöglich macht.
Wie schwierig es ist, die weibliche Harnröhre lÀngere
Zeit zu berieseln, geht aus der Schiliderung von Sch Àffer
(Therapie der venerischen Krankheiten, 1916, S. 341 â 343,
hervor, wonach wir keine Methode zur lÀngeren antisepti-
schen Berieselung der weiblichen Harnröhre haben. Die von
mir angegebene Technik bringt hier Abhilfe. Auch zur
gleichzeitigen SpĂŒlung der Blase und der Harnröhrenwand
lĂ€Ăt sich das Instrument Nr. 3 (Fig. 1 und 2) verwenden,
indem man es soweit einfĂŒhrt, daĂ der vordere Teil des In-
struments in der Blase, der hintere in der Harnröhre sitzt.
Jedenfalls eröffnen sich durch die Kombination der obigen
Instrumente (Fig. 3, 4, 5, 6, 7) mit der kontinuier-
lichen SpĂŒldesinfektion therapeutische Aussichten,
die fĂŒr die Sozialhygiene (die wiederum von der Therapie
abhĂ€ngig ist), fĂŒr die Dermatologie, die Chirurgie, die Gy-
nÀkologie und viele andere Zweige der Medizin von gewisser
Bedeutung sind.
Die in dieser Arbeit erwÀhnten Apparate, Instrumente
und 'Einrichtungen werden hergestellt von der Oscar Skaller-
A.-G., Berlin N 24.
Standesfragen und soziale Medizin.
Können auf Grund § 626 BGB. kassenÀrztliche VertrÀge mit
kurzer Frist aufgesagt werden? *)
In diesen Tilgen finden im Reichsarbeitsministeriuni Verhand'
langen der KassenverbĂ€nde mit dem Leipziger VerbĂ€nde ĂŒber die
Frage des Tarifes fĂŒr Ă€rztliche Leistungen statt. Diese Verhand-
lungen bilden das letzte Glied einer Kette von Verhandlungen und
SchiedssprĂŒchen, durch die ein Einvernehmen nicht hergestellt
werden konnte. Sollte es auch dieses Mal miĂglĂŒcken,**) so ist
der Leipziger Verband entschlossen, den unteren Organisationen
die KĂŒndigung der Verlrage auf Grund § 626 BGB. vorzuschreiben
und den vertraglosen Zustand herbeizufĂŒhren. Unter dem letzte-
ren ist natĂŒrlich nur das Aufhören des Vertrages mit den Kassen,
nicht aber die Weigerung der Àrztlichen Leistung an Kassenmit-
glieder zu verstehen, nur daĂ diese nicht als solche, sondern als
Privatpersonen behandelt werden. Was besagt § 626 BGB.? Er
lautet: Das DienstverhÀltnis kann von jedem Teile ohne Ein-
haltung einer KĂŒndigungsfrist gekĂŒndigt werden, wenn ein wich-
tiger Grund vorliegt. Nach der bisherigen Rechtsprechung liegt
ein wichtiger Grund im allgemeinen vor, wenn unter âąBerĂŒcksich-
tigung der subjektiven VerhĂ€ltnisse des KĂŒndigenden bei verstĂ€n-
diger und objektiver WĂŒrdigung des Falles dem KĂŒndigenden die
Fortsetzung des DienstverhÀltnisses nicht wohl zugemutet werden
kann. Dieser Fall trat ein, als im Jahre 1920 eine' sprungweise
Erhöhung der Versicherungsgrenze bis 15 000 M. Einkommen an-
geordnet wurde, und die Àrztlichen Organisationen in dieser
Aenderung eine radikale UmwÀlzung der vertraglichen Bedin-
gungen erblickten. Die Gerichtsentscheidungen fielen ungleich
aus. Abgesehen von in Betracht kommenden Einzelheiten der
*) Eingereicht im MĂ€rz 1922.
**) Die Verhandlungen haben zu einer Enigung gefĂŒhrt.
VertrĂ€ge war eine EinmĂŒtigkeit der Rechtsprechung ĂŒber das Vor-
liegen des wichtigen Grundes nicht zu erzielen. Nun liegt das
Urteil des Reichsgerichts vor, welches in Nr. 4, 1922 der âAerzl-
lichen Mitteilungen" zum Abdruck gelangt. Wir entnehmen ihm
einige wesentliche Gesichtspunkte. Nach ZurĂŒckweisung der An-
nahme, der Berufungsrichter habe den Rechtsbegriff des wichtigen
KĂŒndigungsgrundes im Sinne § 626 BGB. verkannt, erklĂ€rt das
Reichsgericht, .daĂ die WĂŒrdigung, welche der Berufungsrichter
dem an sich unstreitigen Sachverhalt hat angedeihen lassen, weder
der Billigkeit noch dem sozialen Gedanken widerspricht, welche
in der Reichsversicherungsordnung ihren Niederschlag gefunden
und in deren Dienst die Beklagten sich durch die streitigen Ver-
trÀge gestellt haben. Die VertrÀge sind privatrechtliche Dienst-
vertrĂ€ge, welche den Kassen zwar die DurchfĂŒhrung ihrer öffent-
lich-rechtlichen Aufgabe» minderbemittelten Angehörigen be-
stimmter Berufe ausreichende Àrztliche Hilfe zu sichern, ermög-
lichen, zugleich aber den Aerzten im Rahmen dieses sozialen Ge-
dankens ein angemessenes Entgelt fĂŒr ihre TĂ€tigkeit gewĂ€hrleisten
sollen. Durch die Erhöhung der Versicherungsgrenze auf 15 000
Mark hatten sich die wirtschaftlichen Grundlagen, auf denen der
Vertrag vom 26, /Marz 1920 beruhte, und die Voraussetzungen, von
denen die Parteien bei Festsetzung des Arzthonorars notwendiger-
weise hatten ausgehen mĂŒssen und ausgegangen waren, völlig
verschoben. Da auch die Familienversicherung in sozialem Inter-
esse gegen ein' weit unter der Taxe bleibendes Entgelt ĂŒber-
nommen wurde, so hat die naheliegende Gefahr einer erheblichen
SchÀdigung der wirtschaftlichen Interessen den Aerzten das Recht
gegeben, den Vertrag ohne RĂŒcksicht auf die KĂŒrze der Zeit, die
er noch zu laufen hatte, sofort aufzurufen.
Das sind die wesentlichsten Gesichtspunkte des Urteils. So
wertvoll aber dieses an sich fĂŒr den Aerztestand aus wirtschaft-
lichen und ethischen GrĂŒnden ist â haben doch die Kassen-
verbĂ€nde dem Leipziger VerbĂ€nde fĂŒr den Fall des demnĂ€chstigen
Eintritts des vertraglosen Zustandes den Vorwurf des Vertrags-
bruches gemacht â so darf doch nicht auĂer Acht gelassen wer-
den, daà es keinen programmatischen Charakter an sich trÀgt,
sondern auf die VerhÀltnisse des Einzelfalles aufgebaut ist.
Daraus wird fĂŒr etwa bevorstehende KĂŒndigung die be-
herzigenswerte Lehre gezogen werden mĂŒssen, daĂ sie vor Ein-
tritt der ausbedungenen KĂŒndigungsfrist nur zulĂ€ssig sein wird,
wenn die angefĂŒhrten RechtsgrĂŒnde zutreffen. Einer sorgfĂ€l-
tigen PrĂŒfung wird insbesondere die Frage bedĂŒrfen, ob die
Ileyaufsetzung der Versicherungsgrenze auf 40 000 Mark und
die Erhöhung des Grundlohns eine so wesentliche Verschiebung
der wirtschaftlichen Grundlagen, auf denen der bisherige Ver-
lrag beruht, hervorrufen muĂ, daĂ das in diesem festgesetzte âą
Entgelt fĂŒr die Ă€rztliche TĂ€tigkeit nicht mehr als angemessen
zu erachten ist. Kassen und Aerzte stehen sich hier in ihren
Auffassungen diametral gegenĂŒber. Die Kassen leugnen die
Verschiebung der wirtschaftlichen Grundlagen, insofern als nach
ihrer Ansicht die Versicherungsgrenze von 40 000 Mark dem ge-
sunkenen Geldwerte entsprechend der bisherigen von 15 000 Mark
gleichsteht. Die Aerzte bestreiten dies und behaupten mit Recht,
daĂ eine groĂe Schicht besonders gehobener Angestellter dem
Versicherungszwang neu zugefĂŒhrt wird. Damit sei die Begren-
zung des niedrigen Entgeltes auf BedĂŒrftige, wie es durch die
bisherigen VertrÀge vorausgesetzt war. nicht mehr tatsÀchlich,
wÀhrend andererseits durch Einbeziehung der neuen Schicht in
die Zwangsversicherung die Aerzte wirtschaftlich Schaden an
ihrer Privatpraxis erleiden. Welcher Standpunkt der richtige
ist, wird sich nur Jan der Hand von Tatsachen erweisen lassen.
Den Kassen wird aufgegeben werden mĂŒssen, ein Verzeichnis
der Neuzwangsversicherten zu liefern, auf dem die bisherige
Versicherungspflicht erkennbar wird. Aber selbst wenn dieser
Grund nicht durchgreift, wird doch die völlige UmwÀlzung der
wirtschaftlichen VerhÀltnisse durch die sprunghafte, nicht ab-
wendbare Teuerung des Lebensunterhaltes ausschlaggebend sein.
Als besondere Merkmale wird hierfĂŒr ins Feld zu fĂŒhren sein
die Erhöhung der Grundlöhne, mit der eine Erhöhung der Bei-
trÀge und des Krankengeldes verbunden ist. von Reichswegen
und die wesentliche Erhöhung der MindestsÀtze der demnÀchst
zu erlassenden Ă€rztlichen GebĂŒhrenordnung fĂŒr PreuĂen, die
gegenĂŒber den Krankenkassen mangels Vereinbarung zu gelten
haben. Nach dieser Richtung bringt die Reichsgerichtsentschei-
dung eine- erfreuliche KlÀrung und wird sicherlich die Kassen
veranlassen, den Ă€rztlichen WĂŒnschen entgegenzukommen.
Alexander.
t
[a Jahrg. Nr. 20/30. Referate 503
REFERATENTEIL
Klinische Wochenschrift, Berlin.
15. April 1022. 1, Nr. 16.
Die PrĂŒfuugsmcthoden der Wundantiseptika im Tierexperiment. Bra u n. 761.
Biologische Wirkung; der Röntgenstrahlen mit BerĂŒcksichtigung therapeu-
tischer Fragestellungen. Holt h u s e n. 7(i0.
4>Dio Indikationen der Milzexstirpation. M o r a \v i t z. 769.
âŠChronische EntzĂŒndungen des Kniegelenkes nach Verletzungen. Host. 772.
Ideale Aneurysmaoperation und Grenzen der direkten GefiiĂstumpfver-
eĂŒnigung. K e h u. 77Ă. âą
<$»Zur Frage des primÀren Wnndseblusses, insbesondere bei der operativen
Behandlung des Pleuraempyems. P i s c h e r. 778.
fcjĂ€mbolilschcr Jirweichungsherd oder otogener Himabsccfl im linken ScĂŒlĂ€fen-
lappen. E s c h. 781.
Vorkommen und Bedeutung des Os tibialc externum bei FuĂechmerzen in
. den Wachstumsjahren. P e 1 1 e s o h n. 7s:J,. «
Die Uteruswirkung der CapseEa bursae pastoris. W i e c Ii o \v s k i und
II a 1 p h e n. 780.
Der lebende KaltblĂŒter-Organismus als Indicator colloidaler ZuStands-
Ă€uderungen. M o 1 i t o r und P i e k. 787.
Ein Pall von Scapularknaclien. H e i n e m a h n. 7st.
â Dil' praktischen Ergebnisse der VVundantisejisis. v. (!az a. 788.
Das Ambulatorium fĂŒr chirurgisch Tuberkulöse. K i s c h. 791.
lieber die Indikationen der Milzexstirpation. Neuere Unter-
suchungen haben gezeigt, daĂ die Milz ein haemolytisehes Organ
ist, welches wahrscheinlich verÀndernd auf die Elemente des
Blutes einwirkt. DemgemÀà ist die Milzexstirpation in erster
Linie heim chronischen haemolytischen Ikterus indiziert. Bei
ernieiöser Anaemje sind die Erfolge der Operation noch um-
tritlen. Indessen kann die Milzexstirpation bei Bantischer
rankheit dauernd Heilungen bewirken.
Chronische EntzĂŒndungen des Kniegelenks nach Ver-
listzungen. (Experimentelles und Klinisches). Die chronischen,
nicht tuberkulösen KniegelenksentzĂŒndungen sind sehr hĂ€ufig
Man ist oftmals nicht imstande eine Ursache aufzufinden. Patho-t
logisch anatomisch findet sich, wie auch experimentelle Unter-
suchungen zeigten, hÀufig eine Erkrankung des hinleren Fett-
körpers des Kniegelenks. Therapie: Buhigstellung, KrÀftigung
der Oberschenkelmuskulatur durch Massage, bei gröneren Ge-
lenkergĂŒssen Punktion, Operation, falls alle konservativen Mittel
versagen.
Zur Frage des primÀren Wundsehlusses, insbesondere bei der
operativen Behandlung des Pleuraempyems. Der Kernpunkt bei
der Behandlung des Pleuraempyems ist die Entfernung der Fibrin-
gerinnsel, weil in ihnen sich die Bakterien mit besonderer Vor-
liebe ansiedeln. Ein betrÀchtlicher Prozentsatz der Erkrankun-
gen heilt nach Bippcnreseklion, grĂŒndlichster Entfernung der
Fibrinmemln anen, Anwendung physikalischer und chemischer An-
tisepsis bei primÀrem Wundschluà aus.
Embolischer Erweiohungsherd oder otogener HirnabszeĂ int
linken SchlÀfenlappen. Kasuistische Mitteilung: Entwick!uiu>;
einer rechtsseitigen schlaffen ExtremitÀlenlÀhmung unter Milbe-
teiligung des rechten Hypoglossus: sensoi ischc Aphasie und leichte
fBenommenheit. Die Krankheitserscheinungen kamen ĂŒber Nacht
zum Ausbruch. Da seit 4â5 Wochen eine linksseitige Ohren-
'erkrankung bestand, Annahmt- eines Hirnabszesses und Operation.
In den nÀchsten Tagen plötzliche Verschlechterung und Tod.
rDie Sektion ergab eine Emboli« der Art. cerebr. med. sinistr., aus*
gehend yon einer ulcerösen Endocardilis.
Die praktischen Ergebnisse der Wundantiscpsis. Die neueren
und neuesten Bestrebungen di r Wuhdantisepsis und der Wund-
tiefenanliscpsis (Chinindcri vate, Farbstoffantiseptica, Hypöchlorid-
lösung, Preglsche Jodlösung) haben unzweifelhaft Erfolge aut-
zuweisen; jedoch sind diese nur mit einer ganz besonderen und
nicht einfachen Technik zu erzielen. Es ist noch nicht geklÀrt,
ob die neueren Gewebsanliseptiea durch AbschwÀchung bzw. Ab-
tötung der Wundkeime wirken, oder. ob dier Erfolg durch eine
vorteilhafte Anregung der Gewebsreaktion erzielt wird.
A. M ii n z c r.
Deutsche Medizinische Wochenschrift, Leipzig.
7. April 1922, 48, Nr. Ă.
Enzephalitis' und Myelitis im FrĂŒhstadiuni der Syphilis wĂ€hrend der Snlvar-
sanheliandlung, geheilt mĂtl Quecksilber und Sn.lva.rsan. Werftet. 448.
âŠWeitere Krfuhrungcn in der BehaiHllunĂ der Arythmia Perpetua mit Chini-
din und Digitalis, v. Kap ff. 445.
âŠDie pharmakologische Bewertung der Ohandn-DigitailiskombinĂtion bei Ilerz-
krankheiten. Starkenstein. 4ts.
Badiothorium und seine klinisch-therapeutische yiweadung, (. I. a /. a -
rui. 451.
âŠUeWej dm konstante Vorkommen von BtflimibtnkjfcetaLIen (HJinuitoidJ.nl-
knisfcullen) im Urin heli Ikterus und deren Verwechslung mit Tyroeiu-
u adeln. 1) o r a e r. 4Ă8.
âŠTheraipie der Rachitis. Ii a m b u r'ge r. 4M.
Lymiplingranutumatosis intestini. d e (i r not. .1. .')h.s.
SchneUfÀrbung von Darmflagellaten, Oehler. 166;
âŠJ»K!iniseiie Erfahrungen mit Neosfflibersailvarsannjatri'um; S-tern ( h a 1. 467.
âș.âŠDie Behandlung der Epididymitis hlennorrhaglca mit If outgens,trahlen.
Wette re r. 459.
âŠTemporĂ€re Sterilisation von Mann und Frau in wechselnder Fidge mittels
Röntgenstrahlen. M a r k o v i itl s. 459.
âŠUeber Behandlung des akuten nephritisöhen Lungenödems durch Abbinden
der Glieder. F. h r e, n b e r g. 4G0.
Eine Bank fĂŒr Körpermessung in horizontaler Lage und vertikaler Stellung.
Seh m i d t und W e i Ă. IUI.
Weitere Erfahrungen in der Behandlung der Arythmia per-
petua mit Chinidin und Digitalis. Chinidin fĂŒhrt in etwa der
HĂ€lfte der FĂ€lle zur regelmĂ€Ăigen Herzaktion, ist aber wegen
seiner die Herzkraft herabsetzendein Eigenschaften nur bei gut
kompensierter Herzinsuffizienz anzuwenden. Bei stÀrkerer Herz-
schwÀche Diigitalisbehandlung. Auch darf eine Chinidinkur erst
nach weiterer Besserung des Kreislaufs durch Digitalis nach
einer Pause von mindestens 3 Wochen wegen der Möglichkeit ge-
steigerter Empfindlichkeit wiederholt werden. Chinidin fĂŒhrt die
flimmernde Vorhof stÀtigkeit allmÀhlich zur Vorhofstaehysystolie
ĂŒber, ein Beweis, daĂ Tachysystolie und Flimmern nur graduell
verschieden auf ein heterotopes Beizzentrum zurĂŒckzufĂŒhren sind.
An der Hand eines Falles von Arythmia perpetua wird gezeigt,
daĂ Chinidin nur zu Vorhofstaehysystolie, Digitalis zur regel-
mĂ€Ăigen Herzaktion fĂŒhrt. Beide Mittel wirken auf Beizleitung
-Bildung und Beizbarkeit verschieden, können also nicht zu-
sammen und gleichzeitig verordnet werden.
Die pharmakologische Bewertung der Chinin-Digitalis-Kom-
bination bei Herzkrankheiten. Die Kombination ist dort berech-
tigt, wo bei langdauernder Digilalismedikation der Kumulation
oder sonstigen Intoxikalionsgefahren vorgebeugt wenden soll.
Ferner, wenn eine ĂŒbermĂ€Ăige hysterische Wirkung dem Zu-
standekommen der notwendigen diastolischen entgegenwirkt oder
wenn sich infolge von KoronargefĂ€Ăverengerung die Digitalis-
wirkung selbst hemmt. Kontraindiziert ist sie dort, wo die Not-
wendigkeil einer raschen systolischen Digitaliswirkung gefordert
wird, weil hier das Chinin als hemmender Antagonist der ge-
wollten Wirkung entgegenarbeitet. Arythmie allein, d. h. ohne
Kompensationsstörung, erfordert Chinin allein. Sind aber Stö-
rungen in der VentrikeltÀtigkeil und am Kreislauf Folge des
Vorhofflimmerns, dann erscheint zur UnterstĂŒtzung der Chinin-
wirkung â zur Hemmung der Ueberleilung â die Kombination
mit Digitalis gerechtfertigt, nicht aber Digitalis allein.
Bilirubinkristalle im Urin bei Ikterus. Bei fast jedem ikteri-
schen Harn werden mikroskopisch Kristalle von HĂ€matoidin, oft
auch von harnsamrem Ammonium gefunden, die leicht zu Ver-
wechselungen mit Tyrosin und Leuzin fĂŒhren können. Letztere
kommen aber im Hann seltener vor, als bisher angenommen,
selbst bei akuter gelber Leberalrophie gelingt der sichere
Nachweis nicht immer.
Therapie der Rachitis. Die Rachitis beruht auf eine Störung
des Kalkstoffwechsels:, der Organismus vermag* nicht Kalk fest-
zuhalten, vielleicht kann er ihn auch nicht den bedĂŒrftigen Or-
ganen zufĂŒhren, oder diese sind nicht imstande, kreiĂenden
Kalk zu binden. Die Faktoren, die diese ZustÀnde beseitigen,
werden am besten Kalkstabilisierende, die, welche sie herbei-
fĂŒhren pder fördern, Kalziprive genannt. Die wirksamsten der
ersten Art sind Lebertran und dann im höchsten Grade
das Licht, besonders sein kurzwelliger ultravioletter Anteil, dann
GemĂŒse, Obst. Unter diese stabilisierenden Faktoren fĂ€llt auch
das Moment der Vitamine. Diese ?> Faktoren, Lebertran, Licht
und GemĂŒse haben das Gemeinsame, daĂ sie auf den Organismus
einen Reiz ausĂŒben, den Kalk zu fixieren, sie sind Sensibili-
satoren des Kalksloffwechsels. Der Phosphor wirkt nicht anti-
rachitisch, sondern erhöht nur die Wirkung des Lebertrans.
Der wichtigste kalziprive EinfluĂ ist der Lichtmangel, der
nahezu gesetzmĂ€Ăig rachitische Symptome erzeugt, die oder
richtiger, weil man sie im Winter bei fast allen Kindern, auch
im Privalhause, nicht selten sehen kann. Ferner wirkt kalzipriv
ĂŒberreichliche ErnĂ€hrung mit starker Gewichtszunahme, nament-
lich die MilchĂŒberfĂŒliteruing mit ihrer Obstipation (trockener
504
Aas den neuesten Zettschriften
40. Jahrg. â Nr. 29/3'
heller Kalkseifenstuhl). Sodann die Infekte der Atmungswege,
die oft in wenigen Tagen zu einer rachitischen Erweichung der
Rippen fĂŒhren kann. Auch eine familiĂ€re Anlage, sowie die
AnfĂ€lligkeiit der FrĂŒhgeborenen, der körperlich Debilen, fĂ€llt
hierunter. Besonders ungĂŒnstig sind nun die FĂ€lle, wo diese
letzteren angeborenen mit den ersteren Ă€uĂeren Faktoren zu-
sammentreffen.
Damit ist die Therapie in ihren Richtlinien festgelegt: Ver-
meidung einer Summation von Kalzipriven, HerbeifĂŒhrung einer
Kombination von kalkstabilisierenden EinflĂŒssen. Letzteres,
namentlich bei den akut bedrohten Rachitikern, also bei Kindern
mit Eklampsie, Laryngospasmus, Bronchopneumonie, namentlich
bei weichem Thorax.
Am nichtigsten ist dabei die Prophylaxe: tÀgliche Belich-
tung im Freien, selbst bei â 5°, allerdings warm eingepackt
(die Gesichtshaut als lichtempfangende. FlĂ€che genĂŒgt anschei-
nend), bei schlechtem Wetter am gnĂŒgend belichteten offenen
Fenster, weil die Scheiben die wirksamsten Strahlen zurĂŒck-
halten. Dann Lebertran bei FrĂŒhgeburten schon von der 4. Woche
ab, 5 â 10 â 20 Tropfen 2 mal tĂ€glich, bei Ausgetragenen 2 mal
tÀglich V-i Teelöffel. Sodann die Höhensonne. Verfasser gibt
prinzipiell bei allen Bronchopneumonien der Kinder, auch bei
Nichtrachitikern, Lebertran (mit evtl. % % Kreosot oder Phos-
phor). AuĂerdem nebenbei als antiskorbutische Prophylaxe
20 â 30 g Zitronen- oder Apfelsinensaft.
Klinische Erfahrungen mit Ncosilbersalvarsannatrium. Es
eignet sich fĂŒr den Praktiker: ohne ĂŒble Nebenerscheinungen
kommt Ihm eine starke Wirkung zu bei jedem Alter und ist auch
bei Herzkranken, Tabikern, Schwangern und SĂ€uglingen au
empfehlen. Von den âMisch spritzen" hĂ€lt sich aber der Prak-
tiker vorlÀufig besser noch fern.
Die Behandlung der Epididymitis blenorrhagica mit Rönt-
genstrahlen. Je frĂŒher um so gĂŒnstiger die Wirkung, Spannung
und Schmerz lassen schon in wenigen Stunden nach. Eine stÀr-
kere Bestrahlung genĂŒgt. Patient bleibt, arbeitsfĂ€hig, eine SchĂ€-
digung des generativen Hoideriteils ist nicht zu fĂŒrchten.
Wirkung: Zwar keine SchÀdigung der Gonokokken, sondern
deren Elimination durch AbstoĂung bazillenhaltigen Gewebes uno.
VerÀnderung des NÀhrbodens.
TemporÀre »Sterilisation von Mann und Frau durch Röntgen-
strahlen. Durch wiederholte kleine Dosen kann eine âabgestufte
Kastration" erreicht werden fĂŒr die Dauer etwa 14 Jahres, was
bei Lues, bei gewissen FĂ€llen von Tuberkulose, Diabetes, Base-
dow, Morphinismus usw. von Bedeutung ist.
Ueber Behandlung des akuten nephritischen Lungenödems
durch Abbinden des Gliedes. An der Hand zweier FĂ€lle wird
demonstriert, daà Abbinden der 4 ExtremitÀten mit Gummi-
schlĂ€uchen fĂŒr etwa 30 Minuten, sowohl in solchen FĂ€llen, wie
bei unkompensierten Herzfehlern in kurzer Zeit eine wesentliche
subjektive Erleichterung mit erheblicher Besserung der
Atmung und des Pulses bringt. ErklÀrung: Entlastung des
Herzens und des kleinen Blutkreislaufs. v. Schnizer.
14. April 1922, 48, Nr. 15.
âŠDiabetes und Balneologie. M inko w s k i. 47ö.
Radiothorium und seine klimBchithenapeutisohe Anwendung. Lazarus. 477.
âNeue Gedanken .zur Therapie, des Karzinoms. W e 1 1 e r e r. 4P0.
âUnsere bisherigen F.rfolge mit Rivanol bei lokalen Infektionen. Sieb-
recht und U j h e 1 y 5. 481.
Zur Kenntnis der Lymphogranulomatose, v. H e c k e r und Fischer. 482.
Uelber einen gutartigen Pankreastumor. H e y m a n tu. 484.
AntisyphiJitischc Kuren mit intravenöser Darreichung von Salvarsan-Novasu-
rolmiBehung bei Herzkranken. W i n k 1 e r , (Nauheim). 486.
Hie Goldbehandlung der Tuberkulose. S c h eil I e n b e. r g. 487. '
Konservierung forensischer Sera und Antisena mit Yalrren. S t r a Ă -
mann. 487.
Zwei FĂ€lle von Zinkvergiftung. Kngelsmann. 488.
SchweinerotlaufĂŒbertragimg durch Kadavcrverwertung. E s a u. 489.
Diabetes und Balneologie. Die gĂŒnstigen Wirkungen der
Kuren in BĂ€dern beruhen 1. auf einer Verbesserung der allge-
meinen Konstitution, 2. auf einer gĂŒnstigen Wirkung auf die
Organerkrankung, in diesem Falle des Pankreas: WĂ€rme, Radio-
aktivitÀt, KohlensÀure, Salzgehalt, kolloid-chemische Momente,
was auch die antikatarrhalische Wirkung veranlaĂt. 3. ist eine
Steigerung der wirksamen Fermente oder Hormone durch die
MineralwÀsser anzunehmen (Ionenkonzentration); 4. durch die
gröĂere Geschwindigkeit und IntensitĂ€t der Wirkung der ge-
gebenen Fermentmengen durch Menge und Art der zugefĂŒhrten
anorganisphen Bestandteile. 5. endlich ist ein Ersatz fĂŒr d
fehlenden organischen Katalysatoren durch die MineralwÀss«
als möglich zu berĂŒcksichtigen.
Neue Gedanken zur Therapie des Karzinoms. Sermmbehan
hing ausgehend von dem Gedanken, das Blut zur Hilfsaktic
heranzuziehen, das karzinomfeindliche Stoffe enthÀlt, bei solcht
namentlich die vom Karzinom befreit sind, in noch höhere
Grade bei âŠJugendlichen (Dezendenten). VorlĂ€ufige Mitteilung.
Rivanol: Das wirksamste chemotherapeutische Ant
septikum. .Vorteile gegenĂŒber den Chininderivaten: wirkt nid
gewebsschÀdigend, verursacht keine Nekrosen, wirkt nicht m
wachstumshemmend, sondern bakterizid, schmerzlindernd un
verursacht eine akute EntzĂŒndung mit Leukozyten, also ein
âHeilentzĂŒndung". Bett fortschreitenden Phlegmonen versagt es wi
das Eukupin: kosmetischer Vorteil gegenĂŒber der Inzisioir. Ei
folge dieser konservativen Behandlung bei abgeschlossenen AI
szessen einkammerigen Mastitiden, Bursitiden,"Gelenkempyemei
Furunkeln, Karbunkeln bei genauer Einhaltung der Technik.
v. Schnizer.
22. April 1922, 12, Nr. 16.
Psychologische Symptomatologie, Untersuchung der Geisteskranken. Lovv
V a Inns i. 329.
âŠSauerstoffinsufflation durch TracheailfisteJ und Tod durch Ertrinken
R o s e n t h a I. 33.ri.
âŠDiic Reedukation der \mputicTten. Ro'e derer, M39.
Sauerstoffinsufflation durch Trachealfistcl, Tod durch Kr
trinken. Die klassische Tracheotomie tamponiert und verstĂŒm1
mclt. nicht so die therapeutische Methode mittels der Tracheall
fistel, die neu und hoffnungsvoll ist. Die Applikation von
Gasen (0) damit ist leicht, ohne Reflexwirkung, absolut vertrag]
lieh und wirksam bei Bronchopneumonie. Laryngitis tuberkulosa
bei GangrĂ€n, bei der Asphyxie, bei Ertrunkenen. Die EinfĂŒhrung
von FlĂŒssigkeiten auf diesem Wege ist indiizert bei den massiven
Lungenkongestionen zwecks Erregung einer Leukozytose durch
einige Tropfen Terpentinöl, zur Kokainserumtherapie. Sie gej
stattet die Inhalation hoher Dosen O (100â500 l).
Die Reedukation der Amputierten ergibt nichts wesentlich
Neues. Von 2(XH) VerstĂŒmmelten aus der Schule von Bordeaux
haben 1200 ihr altes Handwerk wieder ergriffen, 736 ein neues
und 300 sind zu jeder Arbeit unfĂ€hig. Mehr als % der verstĂŒmmel-
ten Landwirte haben ihren alten Beruf fortgefĂŒhrt, vom Rest haben
viele das Land nicht verlassen, sondern ĂŒben dort ihren neuen
Beruf als Stoff-, Hut-, Korb- oder Schuhmacher aus. Die Schwere
der anatomischen LĂ€sion oder der funktionellen Impotenz und
der Grad der professionellen LeistungsfÀhigkeit stehen keineswegs
in einem direkten VerhÀltnis. v. Schnizer.
Wiener klinische Wochenschrift.
23. MĂ€rz 1922, Nr. 12.
Beeinflussung des Pulses, resp. de« Herzeins durch die Xahrung-s-, GenoĂ-
mittel und GewĂŒrze. Neue biologische Tatsachen. Heitier, M. 263
Zur Frage der im Verlaufe antiluilscher Kwen auf tretende in Hg-, be-
ziehungsweise SalvarsandermatitWen. K 1 a a r , .T. 266.
Muskelaugiom der tiefen Nackenmiiskulatrur (Musculus rhoniboideus minor).
Finsterer, H. 269.
Ăber- eine neue Methode zur Darstellung von Gi*terfasetrn. Maresch. B.
270.
âŠChronisch« Bazillenruhr und Colitis gravis. (SchluĂ). Kling, D. 271.
Zur Frage des gesundheitlichen Ehekonsenses. Reichel, H. 274.
Chronische Bazillenruhr und Colitis gravis. Ein aetiologischer
Zusammenhang zwischen Colitis gravis und Dysenterie darf nui
dann angenommen werden, wenn man den Uebergang der akuten
Dysenterie in die Colitis beobachtet hat. Weder die klinischen Er-
scheinungen der chronischen Colitis, noch die anatomischen Be-
funde der lokalen DarmwandverÀnderung, noch die bakteriologi-
schen und serologischen Befunde können den Zusammenhang mit
der Dysenterie exakt beweisen. Colitis gravis und Colitis post-
dysenterica dĂŒrfen nicht identifiziert werden. Neben zweifellos
postdysenterischen FĂ€llen wird ein Fall mitgeteilt, bei dem keiner-
lei Anhaltspunkte fĂŒr eine vorangegangene Ruhr bestehen. Unter
den Heilfaktoren der schweren Kolitiden nimmt die DiÀtotherapie
reizlose, schlackenfreie und dabei roborierende Kosf den ersten
Rang ein. Vakzine- und Serotherapie scheinen wenig erfolgreich
zu sein. Gegen Tenesmen Opium, Belladonnasuppositorien und
Morphium; Papaverin und Atropin haben sich nicht besonders
bewĂ€hrt. Schmerzlindernd wirken öfters halbstĂŒndige Licht-
bÀder. Medikamentöse Klysmen anfangs mit Dermatol, bei Re-
40. Jahrg. - Nr. 29/30.
Aus den neuesten Zeitschriften
505
aktionslosigkcit mit dĂŒnnen Ichthyol-, Tannin-, Silbernitratlösun-
gen. Von operativen Eingriffen kommt die totale Ausschaltung
des Dickdarms nur hei genĂŒgender Widerstandskraft des Pa-
tienten in Betracht, in schwersten FÀllen kann höchstens nur der
Versuch mit einer SpĂŒlfistel gewagt werden. Reuss (Wien).
Wiener klinische Wochenschrift, Wien.
30. MĂ€rz 1922, Nr. 13.
KJinik der CbolcUthiasis. Ortnei, N. 287.
Kiu Respirationsapparat zur klinischen Bestimmung des Energicumsatzes
des Menschen. Krogh, A. 290.
âŠInteressant« FĂ€lle aus der diagnostischen KĂŒutgetupraxi«. Holzknecht,
Lenk, Po r dos. Kriser und Winter nitz. 293.
Der Doppelbogen des Zwerchfells bei Eelaxatio diaphragmatte. Hitzen-
b e r g e r , K. 294.
âDie Druckpunkte in der Blinddarmgegeud und die âchronische Blinddarm-
entzĂŒndung". Mertens, E. V. 296.
âOedein der Zunge nach Mirioninjektion. Nander, N. 297.
Zur Frage der im Verlaufe antiluetiischer Kuren austretenden Hg-, bezw.
Salvarsandermatitiden. (SchluĂ.) Kl aar. J. 297.
Interessante FÀlle aus der diagnostischen Röntgenpraxis.
jĂ€hr. Knabe mit dĂŒnneiternder Fistel knapp unter und hinter
dem r. Trochanter. bei KontrastfĂŒllung der Fistel mit Schmelz.
StÀbchen ergab das Röntgenbild einem zum zweiten Kreuzbein-
wirbelkörper verlaufenden Kanal: Kreuzbeinkaries mit atypi-
scher Fistelöffnung.
Die Druckpunkte in der Blinddarmgegend und die âchronische
BlinddarmentzĂŒndung". Nur der Wurmfortsatzpunkt oder
lanzsche Punkt â rechter Drittelpunkt der Verbindungslinie
per beiden vorderen oberen Darmbeinstachel â bezeichnet die
fthgangsstelle des Wurmfortsatzes vom Blinddarm. Er ist 7 mal
so oft schmerzhaft als der McBurney sehe Punkt. Diagnostisch
wichtig sind Schmerzen, welche spontan oder auf Druck von
feinem der beiden Punkte in die Bauchhöhle ausstrahlen. Der-
artige Druckschmerzen findet man mitunter bei schlecht ge-
deihenden, mageren, appetitlosen Kindern; âan solchen Kindern
wirkt die Entfernung der WĂŒrmer geradezu Wunder!"
Gedern der Zunge nach Mirioninjektionen. Im Verlauf einer
bei einem schweren Tabiker vorgenommenen kombin. Neosalvar-
san-Mirionkur trat plötzlich eine mÀchtige oedematöse Schwel-
lung der Zunge auf, welche sich nach 2 Stunden zurĂŒckbildete
und nach 2 Tag^n vollkommen verschwunden war.
Reuss (Wien).
Zeitschrift fĂŒr die gesamte Neurologie und Psychiatrie,
Berlin.
11. MĂ€rz 1922, 75, Heft 1â2.
' âDw Girundplan des Nervensystems und die Lokalisation des Psychischen.
KĂŒppers, E. 1.
Schwere GanglienzelilkernschĂ€digung in einem Falle von âDementia praecox".
S t o c k e r , A. 47.
Eine psychotherapeutische Neurosenheiluug bei E. T. A. Hoffmann. J o 1 o -
witz, E. 56.
I' âZerebrale Herdsymptome uei genuiner Epilepsie. Knapp, A. 60.
âZur Frage nach der Pathogenese! der Paralyse.
Ein Fall von metastatischer Pneurnokokken-PoliomyeĂŒltis, klinisch uuter dem
(t Bild der akuten Landryschen Paralyse verlaufend. Hinz, C. E. 104.
âDas FacialisphĂ€nomen bei Geisteskranken. Holzel, F. 113.
Die sogenannte traumatische SpÀtapoplexie. Singer, K. 127.
Kin eigenartiger MarkprozeĂ mit metachromatischen Abbauprodukten bei
einem paralyseÀhnlichicn Krankheitsbild. Kaltenbach, H. 138.
BeitrÀge zur Kenntnis der fraktionierten Liquoruntersuchung. Mar-
dorf, P. und L o e b e 1 1 , H. 147.
âZur Pathologie des epileptischen Krampjanfalls. Meyer, M. und BrĂŒhl,
F. 158.
. âChronische Encephalitis epidemica. Meggendorfe r, F. 189.
Beitrag zur Kenntnis der sog. Paralysiis agitans sine agitatione auf dem
pathologisch-anatomischen Boden der Encephalitis epidemiic-a. König,
O. 221.
Das Zusammentreffen von negativer Wassermannscher Reaktion hm Blute mit
positiver im aktiven, negativer im inaktivierten Liquor bei progressiver
Paraly se;. E i c k e , H. 234.
Die pathologische Anatomie der sog. Polyneuritis bei Nahxungsiusuffizicnz.
Kinn, B. 241.
Der Grundplan des Nervensystems und die Lokalisation des
Psychischen. Das Aufkommen der phÀnomenologischen Methode
durch Husserl und die neuen Entdeckungen ĂŒber Bau und
Funktionen des Zwischenhirns und des vegetativen Nerven-
systems fĂŒhren zu einer neuen Grundanschauung von der" Loka-
lisĂŒtion der Psyche, die ebenso einfach wie einleuchtend ist.
Die Grundlage der neuen Hypothese bildet eine neue Gesamt-
anschauung vom Nervensystem, die den Einbau des Psychischen
ohne weiteres zulĂ€Ăt. Das die einzelnen Organe des âOrganis-
mus" zur funktionellen Einheit zusammenschlieĂende System ist
das vegetative Nervensy stein, die oberste Regulation desselben
liegt im llöhlengrau des drillen Ventrikels, das damit das Z&D
trum des âOrganismus" darstellt. Von diesem âvegetativen
Binncnapparat" abzutrennen ist das âmurale vegetative System"
(Langleys enteric System), das ebenso wie das âanimalische
Nervensystem" (Cerebrospinalsystem) nichts als ein von der
Einheit abhÀngiges peripheres Werkzeug ist. Das animalische
System bildet die Verbindung zwischen der Gesamtheit der Sin-
nesorgane und der Gesamtheil der Bewegungsorgane, ist also ein
Grenzsystem, das lediglich die Aufgabe hat, die im vegetativen
Binnensyslem konzentrierte individuelle Lehenseinheit mit der
AuĂenwelt in Verbindung zu setzen; eine analoge Aufgabe hat
das murale System fĂŒr die innere KörperoberilĂ€che. Der Schlaf
ist danach ein Zustand, in dem sich das Herrschafts- und Dienst-
verhÀltnis zwischen Binnensystem und Grenzapparaten gelöst und
die ursprĂŒngliche Einheit des Organismus wiederhergestellt hat;
der Ort der Schlafdissoziation auf der animalischen Seite ist in
der ganzen Linie, in der sich die globalen und die segmentalen
Zentren der beiden Hauptsysteme berĂŒhren, also im Verlauf der
ganzen Zerebrospinalachse zu suchen, und zwar fortschreitend
vom oralen zum kaudalen Pol. Als grundlegender Teil beim
Aufbau des Subjekts ist das dem Menschen und Tier gemeinsame
Triebleben, dem die dem Menschen eigentĂŒmliche höhere
psychische Schicht nur zugeordnet ist, zu betrachten; es ist diese
Grundschicht als das âanimalische Subjekt" zu bezeichnen, das
in Beziehung steht zu den zwei SphÀVen des Leibs und der Um-
welt als den leben erhalt enden stofflichen Medien, denen das Ich
gegenĂŒbertritt als eine Masse lebender Substanz von individueller
chemischer Beschaffenheit. Der Mittelpunkt des seelischen Lebens
also besteht aus lebender Substanz und ist ein Teil des Organis-
mus. Es bestehen Wechselbeziehungen zwischen dem Ich einer-
seits und dem Ganzen und dessen Teilen andererseits, doch ist
das Ich der Lenker seines Leibes und der Umstalter seiner
Umwelt, der Leib das Werkzeug des Ich und die Welt sein
Wirkungsfeld. Das animalische Subjekt zerfÀllt in den Organis-
mus, d.i. die Einheit der lebenden Teile, den âKern", d.i. den
Teil des Organismus, der die Einheit der lebenden Teile gegen-
ĂŒber der Umwelt vertritt, und die beiden Grenzapparate, die als
Werkzeuge des Kerns im Verkehr mit der Umwelt anzusehen
sind. Die Besonderheit des Lebendigen besteht in der FĂ€higkeit
der Selbststeuerung oder Selbstbestimmung (Kern-Seele), die den
Einzellern wie den Vielzellern gemeinsam ist. Es besteht eine
Reihe von ĂŒbereinandergeordneten Zentren: als segmentale Re-
flexzentren des animalischen Systems sind die an der Basis der
Hinterhörner gelegenen Strangzellen anzuseilen, die zwischen
sensiblen Spinalganglienzellen und den motorischen Vorderhorn-
zellen vermitteln und in die AuslÀufer der vegetativen Zellen des
animalischen Poles enden. Dem Ganzen ĂŒbergeordnet ist der
âglobale Kern", die eigentliche Seele des Wirbeltiers, die im zen-
tralen Höhlengrau des dritten Ventrikels zu lokalisieren ist. Als
globales Reflexzentrum des animalischen Systems ist der
Thalamus zu betrachten. FĂŒr die aufgestellte Theorie spricht die
antagonistische Innervation der inneren Organe, indem der Para-
sympathicus den Nerven der inneren KörperoberflÀche, der Sym-
pathicus, den Nerven des organischen Raums und der Ă€uĂeren
KörperoberilÀche darstellt. Auch die Headsche Einteilung der
SensibilitĂ€t spricht fĂŒr die Richtigkeit der Theorie, indem die
protopathische SensibilitÀt die SensibilitÀt des vegetativen Bin-
nensystems darstellt. Nach der vorgebrachten Theorie ist also
der Thalamus das oberste zerebrospinale Reflexzentrum, die
Rinde dagegen nur eine subthalamische ErgÀnzung, Umschalte-
station fĂŒr die thalamo-koriiko-spinal verlaufende MotilitĂ€t, zu-
gleich aber auch Ausgangspunkt der kortiko-thalamischen RĂŒck-
strahlung. Die âSeele" liegt in der Zerebrospinalachse, und die
Rinde ist nichts als ein Hilfsorgan der Seele, das .die Formeln in
sich enthÀlt, nach denen die Verhaltungsweisen des Subjekts
ablaufen, die der jeweiligen Gesamtlage besonders angepaĂt sind,
insofern als sie eine Beurteilung der Gesamtlage in sich schlieĂen.
Cerebrale Herdsymptome bei genuiner Epilepsie. Bei der
genuinen Epilepsie können Herdsymptome in Erscheinung treten
prÀkonvulsivisch im Verlauf der Aura, postkonvulsivisch nach
Ablauf des soporösen Nachsladiums, als Aequivalente im
DĂ€mmer- und Verwirrtheitszustand und als Dauersymptome im
anfallsfreien Intervall. ZustÀnde Jacksonscher Epilepsie können
bei genuiner Epilepsie nicht selten vorkommen, halbseitiger Sta-
tus epilepticus, auf einzelne Gliedabsohnitte beschrÀnkte Kon-
vulsionen, isolierte rhythmische Finger- und besonders hÀufig
Zehenbewegungen u. dgl. Seltener als herdförmige Reizerschei-
nungen sind lokalisierte LĂ€hmungen, und zwar ausschlieĂlich im
Gefolge der ausgebildeten KrampfanfÀlle, als Ausdruck der Er-
schöpfung der im Krampf ĂŒberanstrengten Zentren: ein Teil der-
50g Aus den neuesten Zeitschriften 40. Jahrg. â Nr. 29/30
selben isl wohl auch zurĂŒckzufĂŒhren auf vorĂŒbergehende, durch
einen lokalen GefĂ€Ăkrampf zu erklĂ€rende ErnĂ€hrungsstörungen
bestimmter Gehirnteile. In manchen FÀllen können LÀhmungs-
erscheinungen in einzelnen ExtremitÀten, Muskelgruppen oder
selbst einer KörpenhÀlfte als Dauersymptome bestehen bleiben.
.Sehnenreflexe und Muskeltonus sind meist nach dem Anfall
herabgesetzt, doch finden sich auch hÀufig alle Zeichen einer
]>\ ramidenparese einseitig oder doppelseitig. Doppelseitige Hyp
Àsthesien sind sehr hÀufig nach dem Anfall und im DÀmmer-
zustand, partielle dagegen nur postkonvulsivisch vorĂŒbergehend
zu beobachten; sensible Reizerscheinungen spielen in der Aura
eine wichtige Rolle. Motorische Aphasie wurde vor und nach dem
Anfall, sowie auch wÀhrend der DÀmmer- und Verwirrtheits-
zustÀnde und als Aequivalent beobachtet, ebenso arlikulatorische
Sprachstörung. In gleicher Weise kann die senso'rische .
Aphasie auftreten, ist jedoch nach dem Anfall viel hÀufiger, im
Gegensatz zur motorischen Aphasie, die hÀufiger vor dem An-
fall beobachtet wird; Paraphasien sind nach dem Anfall stets als
Teilerscheinung einer sensorischen, in der Aura als solche einer
motorischen Aphasie anzusehen. 'Amnestische Aphasie, die als
vorĂŒbergehendes ErmĂŒdungssymptom anzusehen ist, tritt als
Aequivalent, in der anfallsfreien Zeit und wÀhrend der DÀmmer-
und VerwirrtheitszustÀnde auf, Agnosie und Apraxie nicht nur
wÀhrend der DÀmmerzustÀnde, sondern auch prÀ- und posl
konvulsivisch. Amaurose kann transitorisch in der Aura auf-
treten und durch allmÀhliche Mikropsie eingeleitet werden; Mi-
kropsie und Makropsie kommt als Vorbote oder auch als Aequi-
valent gelegentlich jahrelang vor. Als infrakortikales Symptom
ist die tonische Komponente des Anfalls zu betrachten, ferner der
in automatischen Rewegungen oder in Absenzen ablaufende
Anfall; auch bulbÀre und pseudobulbÀre Syndrome können nach
dem Anfall oder im DĂ€mmerzustand beobachtet werden.
Von cerebellaren Symptomen sind hÀufig postkonvulsivische
Gangstörungen von oft sehr langer Dauer; seltener Meniere'sche
AnfÀlle als Aequivalente, deren Lokalisation allerdins im
SchlÀfenlappen anzunehmen ilt. Die Zusammenstellung dieser
Herdsymptome bei genuiner Epilepsie ist deshalb von besonderer
Wichtigkeit, weil die Annahme einer Jackson'schen Epilepsie in
derartigen FĂ€llen oft zu zwecklosen chirurgischen Eingriffen
fĂŒhrt.
Ueber das FacialisphÀnomcn bei Geisteskranken. Das Fa-
cialisphÀnomen wurde bei geisteskranken Frauen hÀufiger ge-
funden als bei MĂ€nnern. Es war sehr selten bei Kranken ĂŒber
60 Jahre; vor dem 25. Lebensjahre war es prozentual hÀufiger
bei Frauen. Die Schwankungen in seinem Auftreten erstreckten
sich teils auf lÀngere ZeitrÀume, teils auf Tage oder halbe Tage,
doch konnte kein Einfluà ÀuĂerer UmstĂ€nde hierauf festgestellt
werden, insbesondere kein EinfluĂ der Jahreszeit (FrĂŒhjahr bei
Tetanie!) Es wurde etwa gleich hÀufig gefunden bei Dementia
praecox, Epilepsie, Psychopathie und Hysterie, seltener bei
manisch-depressivem Irresein, sehr selten bei angeborenem
Schwachsinn. Differentialdiagnostisch kommt es fĂŒr die Psy-
chiatrie nicht in Betracht. Wenn es auch bei Tetanie besonders
hĂ€ufig und ausgeprĂ€gt zu finden ist, so ist es doch fĂŒr keine Er-
krankung als kennzeichnendes Symptom anzusehen, sondern als
Ausdruck einer das Zusammenwirken von Stoffwechsel und endo-
krinem Getriebe betreffenden Störung. HierfĂŒr sprechen vor
allem seine Beziehungen zu Geschlecht und Lebensalter und sein
Vorkommen bei Krankheiten verschiedenster Aetiologie und
Verllaufsart, ja bei Konstitutionsspielarten, die durchaus noch der
Gesundheitsbreite angehören.
Zur Pathologie des epileptischen Krampfanfalls. Es werden
Untersuchungen ĂŒber Blutbild, EiweiĂgehalt des Serums und
Blutdruck im Verlauf des epileptischen Anfalls mitgeteilt. Es er-
gaben sich bei den einzelnen FĂ€llen groĂe Verschiedenheiten.
Gemeinsam war allen nur eine groĂe Schwankung des Serum-
eiweiĂgehalts sowohl im anfallsifreien Stadium wie im Zusammen-
hang mit den AnfĂ€llen. Bei den FĂ€llen mit EiweiĂschwankungen
im anfallsfreien Stadium bestanden stets innersekretorische Stö-
rungen thyreotoxischer oder spasmophiler Art. Bei den EiweiĂ-
schwankungen im Zusammenhang mit dem Anfall oberhalb oder
unterhalb der Grenze des Normalen spielen die motorischen Er-
scheinungen des Anfalls eine Rolle, indem Schwankungen unter-
halb der Norm bei fast allen FĂ€llen mit starken motorischen
Krampferscbeinungen auftraten, wÀhrend bei solchen oberhalb
der Nonn die letzteren fehlten. Blutdrucksteigerung fand sich in
mehreren FÀllen beim Anfall zusammen mit Erhöhung des Serum-
eiweiĂgehalts, in anderen FĂ€llen fand sich keine Blutdruck-
Ă€nderung, in anderen verschiedenes Verhalten derselben bei ver-
schiedenen AnfĂ€llen. Theoretische SchlĂŒsse lassen sich am
diesen Beobachtungen kaum ziehen.
Chronische Encephalitis epidemica. Es sind zwei Typen dei
chronischen Encephalitis epidemica zu unterscheiden: der eint
mit lebhaften akuten Erscheinungen, mit Neigung zu Remis-
sionen und Rezidiven, gelegentlichen Temperatursteigerungen unc
Wechsel des klinischen Bildes, der andere mit mildem Beginn
gleichmĂ€Ăigem, torpidem Verlauf und nahezu UnverĂ€nderlichkeil
des Bildes von Anfang bis zum Ende. Das VerhÀltnis der chro-
nischen Encephalitis zur akuten Encephalitis und zur Gripp«
setzt Verf. in Analogie zum VerhÀltnis zwischen Paralyse, Lues
cerebri und Lues. Es ist anzunehmen, daĂ die natĂŒrliche und
die erworbene ImmunitÀt, die Reaktionskraft und Reaktions-
bereitschafl des Organismus letzten Endes darĂŒber entscheidet, ol.
ein Individuum eine Grippe oder eine Encephalitis bekommt oder
gar dem chronischen Siechtum verfÀllt. Eine immunisatorische
Behandlung wÀre am Platze, ist aber noch nicht bekannt. The-
rapeutisch lassen sich auch bei den chronischen FÀllen schöne
Resultate durch Uebungstherapie erzielen, durch die bewuĂte
WillkĂŒrhandlungen fĂŒr ausfallende subkortikale Mechanismer
eingesetzt werden können. Misch, Berlin.
Zentralblatt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
22. April, 4ĂŒ, Nr. IC.
Zur SterilitÀt der Frau. Lahn, W. 609.
âZur Bedeutung den- kapillarmikroskopischen Befunde bei der Eklampsie.
Nevermann, H. 617.
Untersuchungen ĂŒber die GenitalneivenkĂŒrpcii-ehen in der Klitoris und den
kleinen Labien. Geller, Fr. Chr. 623.
Ein FU1 von Vagitius uterinus. Krause, H. 625.
Fluortherapie und BazĂŒlosau. Erste und einzige Erwiderung auf Herrn
Loeiser's AusfĂŒhrungen in Nr. 12 v. Jasckke, R. Tb., und Salo-
m o n , R. 627. t
Zur ProteinkĂŒrpertherapie und zu der Frage der Bedeutung des Schutz-
kolloides bei Siiberbydrosolen. Voigt, J. 628.
âSeLtoner Fall diphtherischer Infektion neugeborener Zwillinge. W eher,
E. 361.
Zur Bedeutung der kapillarmikroskopischen Befunde bei der.
Eklampsie. Bei Hydrops gravidarum, Schwangerschaf tsniere, «
PrÀeklampsie und Eklampsie, sind immer KapillarverÀnderungen
festzustellen, und zwar besteht stets eine VerlÀngerung der Kapil-
laren, aber ohne SchlÀngelung, Schleifen- und Anastomosenbildung.
Meist ist der venöse Schenkel dicker als der arterielle. Die
Strömung in den Kapillaren ist deutlich verlangsamt und von 1
wechselnder Geschwindigkeit. Es finden sich hÀufig Stasen von:
verschieden langer Dauer und manchmal GefĂ€ĂkrĂ€mpfe. Die- â
selben GefĂ€ĂverĂ€nderungen finden sich auch bei anderen Er-
krankungen. Verf. konnte sie z. B. bei einer Patientin mit Ne-
phrosklerose und in einem Fall von akuter Glomerulonephritis
nachweisen. Bei der Eklampsie bewirkt der AderlaĂ meist eine
Besserung der Blutströmung. Die an den Hautkapillaren sicht-
baren VerÀnderungen konnte Verf. auch an anderen Kapillaren
des menschlichen Körpers, z. B. am Peritoneum, Darmscblingen.
Uterus usw. bei Laparotomien feststellen. â Welche Bedeutung
der Kapillaroskopie hinsichtlich der Erkennung krankhafter Zu-
stĂ€nde und VerĂ€nderungen zukommt, lĂ€Ăt sich heute noch nicht
sagen.
Seltener Fall diphtherischer Infektion neugeborener Zwil-
linge. 4â5 Tage nach der Geburt fiel bei beiden Zwillingen zu-
nehmendes Nasenschniefen auf. Sie erhielten je 1000 Diphtherie-
antitoxin. Bei dem Àlteren, etwas schwÀcheren Kinde entstand
zu gleicher Zeit eine Schwellung und Rötung am linken groĂen
Labium, die sich langsam ĂŒber die Blasengegend bis zum Nabel
ausbreitete. Unter den Zeichen einer allgemeinen Infektion ging
das Kind bald zugrunde. Der zweite Zwilling bekam am 6. Tage
p. p. genau dieselben Entziindungserscheinungen. Aus dem spÀr-
lichen serös-eitrigen Sekret der Vulva dieses Kindes wurden
virulente Diphtheriebazillen gezĂŒchtet. Bei normaler Temperatur
und nur wenig beeintrÀchtigtem Allgemeinbefinden gingen
Schwellung und Rötung allmĂ€hlich zurĂŒck, so daĂ das Kind
3 Wochen p. p. gesund entlassen werden konnte.
Speyer, Berlin.
Monatsschrift fĂŒr Geburtshilfe und GynĂ€kologie, Berlin.
MĂ€rz 1922, 57, Heft 3/4.
âHistologische Untersuchungen der . physiologischen MenstruationsabgĂ€nge.
L i n d n e r , K. 119.
âHerzleiden und GraviditĂ€t. N e 1 i u s , A. 127.
Bemerkungen zur KLellandsehen Zange. Mayer, A. 138.
«
40. Jahrg. â Nr. 29/30.
Aus den neuesten Z e i l s c h r i f t e n
507
Weitere 20 Jahro Gohurtsluilfo in lÀndlicher Praxiis. 8 c h r o ö>d e r. 143.
âDie HebostcotonĂŒe In der nlchtgravldon Zelt. Schmidt, \V. Th. 155.
âDie TubcnstnimpfgraviditĂ€t. II i c m e r , .1. 157. âą
Nitcktpaiyisitfiro Milzzystcn und deren Bedeutun in der Gynaklogie. P r i -
b r a m , E. E. 164.
Di« Bedeutung fĂŒr die Ă€rztliohe Entl.indungskunst. Feis , 0. 171.
Histologische Untersuchungen »1er physiologischen IMenstrua-
tionsabgÀnjrc. Die an gesunden Frauen vorgenommenen Unter-
suchungen ergaben, daĂ der Abgang von SchleimhautstĂŒcken bei
der Menstruation ein physiologischer Vorgang ist. Die ab-
gehenden Gowehsbröckel bestehen teils aus der kompaekten, teils
;uis der spongiösen Schleimhautschicht.
Herzleiden und GraviditÀt. Der Standpunkt, den der Verf.
bei einer durch Herzerkrankung komplizierten Schwangerschaft
hinsichtlich seines therapeutischen Verhaltens vertritt, ist ein
möglichst konservativer. Niemals erblickt er in dem Bestehen
einer Herzerkrankung an sich eine Indikation zur Unterbrechung.
Auch das Vorhandensein einer Mitralstenose bildet keine Aus-
nahme. Bei Kompensationsstörungen wird erst eingegriffen,
wenn die interne Therapie versagt. Dies bezieht sich auch auf
akute bezw. rezidivierende Prozesse an den Klappen sowie akule
und chronische myokardilische Prozesse.
Ueber die Hebosteomie in der nichtgraviden Zeit. Verf.
macht den Vorschlag, bei Frauen mit hochgradig verengtem
Becken in der nichtgravidem Zeit die offene Hebosteotamie aus-
zufĂŒhren, den Spalt durch einen von ihm konstruierten Berken-
dilatator zu erweitern und mit einem Autotransplantat (am besten
StĂŒck aus der Tibia) zu versehen. Dies Vorgehen wurde heim
Hund mit Erfolg ausgeprobt. Es gelang hier, den Beckenspalt
um 2 cm zu dilatieren. ^
Ueb*r TubenstumpfgraviditÀt. Mitteilung zweier FÀlle, in
denen sich das befruchtete Ei im Stumpf des exstirpierfen Ei-
leiters eingenistet hatte. Die beste Prophylaxe ist die keilförmige
Excision der Tubencken. Jonas (Berlin).
Frankfurter Zeitschrift fĂŒr Pathologie, MĂŒnchen.
26, Heft 1.
âPseudomembranöse und nekrotisierende EntzĂŒndung der Luftwege bei der
epidemischen Grippe. Eliassow, A. 1.
âStrukturbild der menschlichen Hypophyse bei Nierenerkrankuugeu. HĂŒppii,
R. 22.
âExperimentelleir Skorbut bei Meerschweinchen. Herzog. F. 50.
PseudohermahprodiĂŒsmus masculinus internus. Prieset, A. 80.
âFliimmerepifchelcyste der Brust- und Bauchhöhle. Rohorn, E. 109.
Hypoplastische und partielle Zystenniere. Schaefer, F. 128.
Lymphogranulomatose und Amyloid. S c h u g t , P. 157.
Nerven im menschlichen Eierstock. Akagi Jasokiehi. 165.
Pseudomembranöse und nekrotisierende EntzĂŒndung bei der
Luttwege bei der epidemischen Grippe. Genaue histologische
Untersuchung der pseudomembranösen EntzĂŒndungen der oberen
Luftwege bei GrippefÀllen ergab das Bild einer diphtheroiden
(nicht kruppösen oder diphtherischen) Affektion. Die Erkran-
kung begann meist unterhalb der StimmbÀnder, seltener im
Kehlkopf oder an der Epiglottis, niemals waren BelÀge an den
Tonsillen oder im Pharynx.
Strukturbild der menschlichen Hypophyse hei Nierenerkran-
kungen. Bei mehr als % aller untersuchten Nierenkranken fand
sich eine deutliche, teilweise sogar starke Vermehrung der baso-
philen Elemente im Vorderlappen der Hypophyse. Eine ErklÀrung
fĂŒr dieses Verhalten kann noch nicht gegeben werden.
Experimenteller Skorbut bei Meerschweinchen. Meer-
schweinchen, die mit lang gekochter Magermilch und Hafer er-
nĂ€hrt wurden, starben nach 3 â 4 Wochen; bei der Obduktion
waren deutliche skorbutische VerÀnderungen nachweisbar. Blu-
tungen an der Knorpelknochengrenze, subperiostal und in der
Muskulatur, Lockerung der ZĂ€hne, Spontanfrakturen usw. Die
histologische Untersuchung ergab die typischen Befunde (GerĂŒst-
mark, Knochenatrophie usw.) Fortlaufende Blutuntersuchungen
ergaben keine VerĂ€nderungen der roten und weiĂen Blutkörper-
chen und auch keine Abnahme der Zahl der BlutplÀttchen. Die
Befunde sprechen gegen die Annahme einer primÀren Erkrankung
der blutbereitenden Organe beim Skorbut als Ursache der hÀ-
morrhagischen Diathese. Letztere ist nicht durch eine Störung
der Thrombusbildung, sondern durch eine GefĂ€Ăwanderkrankung
zu erklÀren.
Flinunerdepitholcystc der Brust und Bauchhöhle. Bei der Ob
duktion eines 9 Wochen allen frĂŒhgeborenen Kindes fand sich im
rechten Pleuraraum eine wallnuĂgrolle Cyste, die sich mit einem
leinen Stiel durch das Zwerchfell in das Abdomen Fortsetzte und
hinter dem Duodenum bis zum oberen Pol der Nebenniere reichte.
Keine Beziehung zu den umgebenden Organen, histologisch er-
wies sie sich als Fliminercpilhclcysle und zeigte deutliche Aehn-
lichkeil mit dem Gewebe der Lungcnanlage.
L e h n d o r f f, Wien.
El siglo medico, Madrid.
15. April 1922, 69, Nr. 3566.
â 1 '
Einige Bemerkungen Uber KindbettĂŒebeir. \ ill'auueva, P, BM.
Experimentelle Studien ĂŒber die Physiologie des GerĂŒche. C a I d <âą r i u ,
A. M. 365.
âWismutsalze in der Neurosyphilis. Agninunt, t, M. 397.
âinjektionein von sterilisierter Milch in der Therapie. Maiin Amat. M.
401.
GegenwÀrtiger Stand der Lehn- von der inneren Sekretion: M a r a n o :i .
Y. und P o s a d i 1 1 o , (i. 4U4.
Wismutsalze in der Neurosyphilis. Die grolle ToxizitÀt, die
man den Wismutsalzen zuschreibt, existiert nicht. Sie werden im
allgemeinen besser vertragen, als die andern Àntiluetischen Mittel,
vor allem in den FĂ€llen von Neurosyphilis, bei denen die Anwen-
dung anderer Mittel hÀmoklastisehe oder thrombotische Krisen
auslösen. Die Ausscheidung des Wismut geschieht langsam, in
kleinen QuantitÀten und im Urin. Der Heilwert der Wismut-
salze ist dem der anderen Mittel gleich; der Erfolg hÀngt von der
Natur der SchÀdigung ab, ob sie reparabel oder irreparabel ist.
L u r j e.
Rivista di Clinica Pediatrica, Florenz.
Februar 1922, 20, Nr. 2.
âŠÂ»âŠKongenitale Darmstenosen und -Atresien. S i r o n i, L. 65.
Schicksche Reaktion. C a n e 1 1 i , A. F. 79.
Ueber die angeborenen, intestinalen Atresien und Stenosen.
Das Kind, das 5 Tage alt auf die Klinik gebracht wurde, er-
brach seit Geburt stÀndig die mit Galle vermengte Milch; es ging
weder Meconium, noch FĂ€ces, noch Winde ab; das Abdomen war
geblÀht, besonders das Epigastrium vorgewölbt; es wurde die
Diagnose Darmstenose gestellt und operiert; es lagen zwei
Atresien des Jejunums und eine Stenose zwischen Jejunum und
Duodenum vor; der untere Teil des Duodenums war mÀchtig dila-
liert; es wurde die seitliche Enteroanastomose vorgenommen; das
Kind kam ad exitum; bei der Sektion fand sich entsprechend der
Duodenumstenose eine das Darmlumien verschlieĂende Klappe;
mikroskopisch wurden keinerlei Reste einer EntzĂŒndung, Narben
usw. gefunden; dieser- Fall wird am besten durch die Tand-
ler sehe Theorie erklÀrt; die Differentialdiagnose wird ein-
gehend erörtert. Tezner (Wien).
Paris medical.
25. MĂ€rz 1922, Nr. 12.
Das Sn&stein, ein herabstuinneudes Herzmittel. M inet, L e g r a n d und
Bulteaux. 245.
Eine durch Fliegenlarven erzeugte Augenkrankheit mit Ocstrus ovis.
Gabrielides und G u i a s t. 249.
Die Skoliose ist nicht ausschlieĂlieh eine innere Affektion. K o e d e r e r. 251.
Behandlung der chronischen eiterigen Dakryozystitis. P a e a I i n. 256.
1. April 1922, Nr. 13.
Die Pathologie der Verdauungskrankheiten 1922. Harvier. 261.
âBettruhe und Behandlung der gastrischen At'fekti !tt. L e N o i r. 270.
âDuodenale TropfeinlĂ€ufe bei Anorex « infolge von Geisteskrankheit und
unstillbarem Erbrechen. Carnot und Liberi. i'Tii.
âBeitrĂ€ge zum Studium des kleinen Enterokolismus. B a u m a n n und
M a t i g n o t. 27k
Radiodiaguostik des Duodenalulcus. Genau x und V a s s e 1 1 e. 284.
Funktionsstörungen des Pyloius belim Ulcus der kleinen Kurvatur des
Magens. T i m b e r t. 287.
âIntra-recltlo-colon SpĂŒlungen. F r i e d e 1. 291.
Bettruhe und Behandlung der gastrischen Affektionen.
Vorteile: a) mechanisch. Die vertikale. Position fĂŒhrt bei allen
Gastropathen leicht zu Senkungen und Knickungen. Die Bettruhe
verhindert den Druck der Kleider und des Korsetts und begĂŒnstigt
das freie Spiel der Baucheingeweide, b). physikalisch: die gleich-
mĂ€Ăige WĂ€rme, der gleichbleibende hygrometrische Zustand garan-
tierfein Minimum von Slrahlungsverlust durch die Haut, damit
eine Reduktion des NahrungsbedĂŒrfnisses. Ebenso Verminderung
der AusdĂŒnstung, c) physiologisch. Verminderung der MotilitĂ€t,
der Sekretion und der SensibilitÀt, der Schmerzen, damit Beruhi-
gung des Nervensystems, Schonung des Verdauungsapparates,
508
Aas den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 29/30.
leichtere ErnÀhrung. Ein BettlÀgeriger braucht 600 Kalorien
weniger als ein Leichtarheiter. Keineswegs vermindert aber die
Bettruhe den Appetit oder schwÀcht die Muskel durch UntÀtig-
keit. Indikationen: gastrische HĂ€morrhagien, Ulcus, orthostatische
Dyspepsien, worunter die Ptosis und die schmerzhafte 'gastrische
Atonie zu zÀhlen ist. Ferner bei den Reflex-Dyspepsien bei Lithia-
sis, Appendizitis und Utroovarialaffektionen, bei Dyspepsien mit
Abmagerung, bei Hysterie, besonders mit Erbrechen. Man kann
damit eine Zunahme von 3 kg im Monat erzielen, bei strikter
DurchfĂŒhrung 4 â 6 Wochen lang. Die Anorexie beruht nĂ€mlich
oft auf ErmĂŒdung durch Arbeit, Sport oder gesellschaftliche Ver-
pflichtungen, wobei Reizmittel obschon hÀufig verordnet, direkt
falsch sind.
Duodanale TropfeinlÀufe bei Anorexie infolge Geisteskrank-
heit und unstillbarem Erbrechen. AusfĂŒhrung an der Hand
eines Falles, daĂ obige Behandlung die sensibeln vom
Magen ausgehenden Reaktionen beseitigt,' die hÀufig Ur-
sprung und Fixationspunkt der Psychoneurose sind. Ferner kann
so in Gestalt von gezuckerter Milch evtl. mit Eiern, eine NĂ€hr-
llĂŒssigkeit eingefĂŒhrt werden, die auĂerhalb des Magens vollkom-
men assimiliert wird, die lÀstige Gerinselbildung fÀllt weg, ebenso
jede lÀstige Ansammlung im Magen. Des weiteren sind gewisse
unangenehme Arzneimittel (Rizinus, Salze) leicht so zu applizieren.
Endlich ist der psychische Wert nicht zu vergessen.
BeitrÀge zum Studium des kleinen Enterokolismus. Bei
Frauen zwischen 30 â 40, namentlich mit alter Dysenterie,
operierter oder nicht operierter Appendizitis, Colitis,
Konstipierten oder Diarrhoikerp trifft man meist morgens
zwischen 2 und 5 Uhr einen plötzlichen Schmerz in der rechten
Seite, unter der Leber, brĂŒsk, mit Respirationsbehinderung, Ă€hn-
lich der Angina pectoris, ins Schulterblatt oder die Lendengegend
ausstrahlt. Der Kranke zeigt genau die Stelle, fĂŒhlt eine Ge-
schwulst von oben nach unten oder von auĂen nach innen. Meist
verschwindet dies in einigen Minuten, kann auch seltener einige
Sl unden dauern durch leichte Massagen, durch die WĂ€rme der
Hand. âDer Darm als Wecker", die Kranken sprechen auch von
einem Motor im Magen, hat als Ursache eine abdominale Hyper-
lension, die weniger durch die Masse des Gases, als durch star-
ken Druck in Verbindung mit spasmodischen ZustÀnden, Narben,
StrÀngen zuslandekommt. Seltener findet man dieses Symptom
zwischen 6 â 7 Uhr abends, im allgemeinen 6 â 8 Stunden nach der
Mahlzeit. Adhaerenzen in der Coecum-Cotumgegend, Spuren von
Typhlitis, Verwachsungen mit der Leber, Ptosis, Coecum mobile,
aber auch Reizungen des Plexus solaris erklÀren diesen Zustand.
Kann es nicht analog der Reizblasen auch ein Reizcoecum geben?
Die Radioskopie gibt prompte Auskunft und danach richtet sich
auch die Behandlung: Antispasmodica, Hydrotherapie evtl. chi-
rurgischer Eingriff.
Intra - recto - colon - SpĂŒlungen. Zu SpĂŒlungen ist reines
Wasser schÀdlich, weil es selbst warme Schleim- und Membran-
bildung hervorruft. Das physiologische Serum vereinigt sich nicht
mit allen Arzneimitteln. Deshatt) besser Agarlösung 20 g auf 1 1
Wasser, % Stunde gekocht und durch Leinen geseiht. Zur Ent-
leerung: 1 1 dieser Lösung mit 30 Tropfen Opium oder 50 g Galle
oder einer Sennesinfusion. Als Desinfiziens dieselbe Lösung
(mit Opium) und 50 g Dakin'scher Lösung, oder wenn sie als Styp-
ticum -wirken soll, statt letzterer 30 Tropfen Adrenalin, 0,1 Emelin,
3,0 Calciumchlorur. Als Kaustikum: IC Agarlösung mit 30
Tropfen Opium, 0,2 Argentum nitricum oder 5 Tropfen einer 10%
ChromsĂ€urelösung. Langsames EinfĂŒhren unter leichtem Druck,
sofortiges Aufhören, wenn der Kranke Schmerz empfindet, 10 bis
15 Minuten einhalten.
Einlaufe sollen so lange wie möglich behalten werden. Dazu
nimmt man 200â300 g der erkalteten Agarlösung, gibt dazu 100 g
kochendes Wasser, wodurch dann das Ganze durch Einziehen und
AusstoĂen mit einer Spritze ein rahmartiges Aussehen gewinnt.
Diesem kann man wieder mit Hilfe der Spritze die obigen Arznei-
mittel beifĂŒgen, auĂerdem aber noch gewisses Pulver, Wismut-
carbonat, Kohle, Karlin, Talk, Zinkoxyd. Dies wird dann mittelst
einer Rektalsonde unter geringem Druck mit einer Spritze ein-
gefĂŒhrt und soll möglichst lange bleiben. Indikationen: Alle
akuten und chronischen, spezifischen und nichtspezifischen, pri-
mitiven und sekundĂ€ren Kolitiden. Daneben natĂŒrlich die erlor-
derliche innere Behandlung. v. Schnizer.
Archives des maladies du coeur, Paris.
Januar 1922, 15, Heft 1.
Provozierbare paroxysmale Tachykardie; Registrierung des Baglmies und
Endes der AnfĂŒlle. Gallavardin.
âBazillĂ€re MyocaidiWiis mit Krisen von Tachykardie. L e n o b 1 e , 15.
âKardiotuberkulose Leberzirrhose. Uutinel, LenoWe. 20.
BazillÀre Myocarditis mit Krisen von Tachykardie. Ein
schwer lungenkranker Mann (Kavernen, HilusdrĂŒsen, Pleuritis,
Pericarditis) hat seit vielen Jahren AnfÀlle von paroxysmaler
Tachykardie. Mit dem Myocard aus dem rechten Herzrohr des
Patienten geimpfte Meerschweinchen erkrankten an typischer
Tuberkulose.
Kardiotuberkulöse Leberzirrhose. Ebenso wie im vorherbe-
schriebenen Fall wurde die bazillÀre Natur der Myocarderkran-
kung durch Tierversuch nachgewiesen.
Lehndorff (Wien).
Februar 1922, Heft 2.
Eine neue graphische Methode des Pulsschreiben». Gll-Casaree. 40.
âPhysostigmine als Herzmittel. Minel, Legrand, Prelot. 60.
Physostiginine als Herzmittel. Verwendet wurde anfangs
Physostigmin nach der von Moutien empfohlene Vorschrift:
E serin salicyl. 0,01
Glycerin 3,5
Aq. destill 1,5
Alkohol 95 % ad 10,0
Von dieser Lösung 20 â 30 Tropfen im Tag (evtl. auch mehr).
Schlechte VertrĂ€glichkeit verĂ€nlaĂte, daĂ es in Dosen von 1 â 2
milligr. subkutan gegeben wurden bei Tachykardien ist das Medi-
kament zu langsam in der Wirkung, zu wenig lang anhaltend,
und zu inkonstant. Bei Arrythmien und Tachyarythmien konnte
es fĂŒr sich allein nicht die Regulierung der HerztĂ€tigkeit er-
zeugen, erwies sich aber als ausgezeichnetes, andere Cardiotonica
unterstĂŒtzendes Agens. Lehndorff (Wien).
MĂ€rz 1922, Heft 3.
Betrachtungen ĂŒb. den Mechanismus des Asystolie. Akil Moukbtar. 113.
Ueber eine neue. Art sinusaJeu ArryĂŒimie. de Meyer. 122.
The Lancet, London.
22. April 1922, 4147, Nr. 202.
âExperimentelle Untersuchungen ĂŒber das Corpus luteum und seine Be-
ziehungen zu den iSchwaugerschaftstoxaemieu. M a c k e n z i e W a 1 1 i a
u. Ruad Williams, H. G. E. 784.
Ein Apparat zur Messung von kleinen FlĂŒssigkeitsmengen. Trenn,
J. W. 786.
Ruptur einer Narbe nach Kaiserschnitt durch eine neue Schwangerschaft
oder Entbindung. Mackenzie, W. R. 786.
Funktionelle Nierendiagnostik. K i d d , T. 788.
Ein Fall von groĂer Urachuszyste. nicht ĂŒi Verbindung mit der Harnblase.
E d i n g t o n , G. H. 791.
Experimentelle Untersuchungen ĂŒber das Corpus luteum und
seine Beziehungen zu den Schwangerschaftstoxaemien. Es ist ge-
lungen, aus Corpus luteum mit Alkohol in der KĂ€lte eine Sub-
stanz darzustellen, die, wenn sie bei Tieren eingespritzt wird,
toxisch wirkt. Sie verursacht Nekrosen in den Nieren, und, aber
viel weniger konstant, Nekrosen in der Leber. Diese Substanz ist
nicht anwesend in der Plazenta oder in einer Traubenmole. WĂ€h-
rend man in der Literatur die Behauptung findet, die Schwanger-
schaftstoxaemien und die Hyperememsis gravidarum sei einer
Unterfunktion des gelben Körpers zuzuschreiben, glauben die Ver-
fasser, daĂ die Ursache vielmehr eine Ueberfunktion ist. Wenn
die toxische Substanz oxydiert wird, verursacht sie Pigmentation
der BrĂŒste, aber eine ganz normale Schwangerschaftserscheinung.
Wenn der toxischen Substanz Blut einer schwangeren oder men-
struierenden Frau zugesetzt wird, wird die ToxicitÀt aufgehoben.
C o o p m a n , Haag.
Archives of Pediatrics, New York.
MĂ€rz 1922, 39, Nr. 3.
Entwicklungsstörungen der Zahn- und Gesiehtsknochen. Rogers, A. P. 137.
âKeuchhusten und Keuchhustenbehandlung. Appel, H. X. iyid. Bloom.
O. J. 145.
âNeueste Behandlung der Chorea, mit besonderer BerĂŒcksichtigung der Re-
konvaleszenz. Irring, G. R. 159.
Wichtigkeit und Wesen des âGesundheits-Zentrunu" â eines Bezirks. Ma-
e o n K n o x, J. H. 170.
Beeinflussung seelischer Empfindungen beim Kinde und Jugendlichen.
Williams, T. A. 180.
Keuchhusten und seine Behandlung. Verff. berichten nach
einer kurzen Besprechung der Aetiologie. Pathologie, Krankheits-
âą10. Jahri
Nr. 29 30.
B 11 c 1« It e s p r e <⹠Ii u ii g e
Symptome und Komplikationen des Keuchhustens ĂŒber eine in
cinrm kleinen \V:risenhaus stattgehabte Keuchhustenendemie. In-
nerhalb von 8 Tagen erkrankten von 31 Kindern I I an /lein lieh
schwerem Keuchhusten, die daraufhin mit einer Vakzine be-
handelt wurden, die aus einem Gemisch von Bordel-Gengouschen
Bazillen, Mikrokokkus catarrhalis, Staphylokokken, Strepto-
kokken, Influenzabazillen und Pneumokokken aller 1 Typen be-
stand. Die Vakzine wurde, ein um den anderen Tag intramuskulÀr
in Dosen von Vi â 2 cem gegeben. Die anderen 17 Kinder wurden
mit der gleichen Vakzine prophylaktisch mehrere Male gespritzt
mit dem Erfolg, da 15 keines der Kinder an Keuchhusten erkrankte.
Der Verlauf des Keuchhustens bei den therapeutisch vakzinierten
Kindern war ein auffallend kurzer, im Durchschnitt konnten die
Pat. nach 30 Tagen als geheilt gellen. In einer weiteren Serie
von FĂ€llen war die Prophylaxe weniger erfolgreich, was Verff.
auf die zu spĂ€te Einleitung der Behandlung zurĂŒckfĂŒhren zu
mĂŒssen glauben. Die VakzTnebehandlung scheint nichUnur in der
Prophylaxe, sondern auch in der Therapie sehr werlvoll zu sein,
denn der Krankheilsverlauf der mit Vakzine behandelten Kinder
war ein wesentlich leichterer, komplikationsloserer und kĂŒrzerer
als der bei einer Vergleichsserie von Kindern, die nur mit den
gebrÀuchlichen Medikamenten symptomatisch behandelt wurden.
Das Problem der spÀteren Behandlung der Chorea. Wenn
einige Autoren auch in der letzten Zeit nicht mehr so absolut
fĂŒr eine strenge Isolierung Choreakranker eintreten, so scheint
nach den Erfahrungen des Verf. diese Isolierung in der Rekon-
valeszenz ĂŒberhaupt nicht von Nöten zu sein. Verf. berichtet ĂŒber
sehr gute Erfolge bei 123 Kindern mit einer gesteigerten Uebungs-
therapie. Die Kinder wurden auf dem Lande konzentriert und
eigentlich wÀhrend des ganzen Tages, teils im Freien, teils im
Hause, in Bewegung gehalten mit dem Erfolge, daĂ innerhalb
recht kurzer Zeit 115 Kinder nahezu geheilt entlassen werden
konnten. Im Durchschnitt betrug die Behandlungsdauer ca.
30 Tage. K À c k e 1 1 (Hamburg).
The Journal of Biochemistry, Tokio.
Januar 1922; 1, Nr. 1.
Phosphatide des Fischspermas. Sano, M. l.
Optische Eigenschaften des Sphyngotmyelins. S o n o , AI. 17.
Untersuchungen ĂŒber das elektromotorische Verhalten der Froschheut von den
AbhÀngigkeit des elektromotorischen Verhaltens der Froschhaut von den
ableitenden FlĂŒssigkeitein. H a s h i d a . K. 21.
«frDer Harnstoffgehalt der Kuhmilch* Einfache Methode zur Bestimmung des
Gehalts. Morjmoto. Y. 69.
âŠJ»Beitragc zum PurinaCof fw echseL Ucber das Schicksal des aufgenommenen
Purins. K i r u c Ii i . AI. s.:.
^Untersuchungen ĂŒber Magensaft. Sekretion zur Zeit des völlig leeren
Magens. Takata, M. 107.
Untersuchungen ĂŒber Nitrifikation. Ar y a k o . K. und Sorna. S. 123.
Mannanase und LĂ€vidulinase. Af a y 6 s da., AI. 131.
4*Ueber die Bestimmung der Assimilationskra.lt des Menschen fĂŒr Kohlen-
hydrat. S a k a g u c h i , K.. A s a k a, w a , O. und AI a t s u v a m a ,
T. 139.
BeitrÀge zur glykolytlisehen Wirkung der Leukozyten. I. F u k u s h j m a ,
K. 151.
Uebcr den Einfluà des optischen Drehungsvermögens auf die Zellpermeabi-
litÀt. I. 159.
Eigenschaften des Phospolizins. I. K a k i u c h i . S. 165.
Der Harnstoffgehalt der Kuhmilch, Eine einfache Methode
der Harn stofi'be Stimmung. Die benutzte Methode zur llarnstoff-
bestimmung beruht auf der Spaltung des Harnsloffes durch
Urea sc; dieses Ferment findet sich reichlich in gewissen Bohnen-
arien, aus denen es durch Glyzerin zu extrahieren ist. Bei der
Titraiion wird als Indikator Kasein verwendet, das die Eigen-
schaft besitzt, bei einer bestimmten Reaktion auszufallen. In
100 cem Kuhmilch sind 0,025 bis 0,03 Gramm Harnstoff ent-
halten. Ziegenmilch enthÀlt wesentlich mehr Harnstoff (ca. 0,08
Gramm in 100 cem.)
BeitrÀge zum Purinstoffwechsel. I. Uebcr das Schicksal des
aufgenommenen Purins. In sorgfÀlligen Selbstversuchen unter-
suchte Verlasser den EinfluĂ der Menge des aufgenommenen Pu-
ins auf den ausgeschiedenen Purinkernslickstoff. Die Erörte-
ung der mathematischen Formulierung, in die Verfasser das
rgebnis seiner Untersuchungen kleidet, ist zum kurzen Referat
niclil geeignet; es zeigte sich, daĂ die ausgeschiedene Harnpurin-
menge in demselben Individuum nur von der Menge des aufge-
nommenen Nahrungspurins abhÀngig ist. Die von Burian und
chur gemachte Annahme eines âexogenen Bruchteils"
und dessen AbhÀngigkeil von der momentanen Aenderung der
Disposition erscheint unnötig.
Untersuchungen ĂŒber Magensaft. Die Untersuchungen wur-
en an einem Pawlow'schcn âkleinen Magen" vorgenommen.
Der bei leerem iL, aplmageii sezernierte Sali ist sehr spÀrlich,
er zeichnet sich durch starke ZĂ€higkeit aus. Die Reaktion isl
schwach sauer oder neutral. An Kiizymcn wurden nachgewiesen
Pepsin bezw. Pepsinogen, Lab, Lipase, Nuclease, Ainylaso und
Mallasc. Die Menge des Schleims wurde durch Bestimmung dei
durch SĂ€urehydrolyse gewonnenen Zuckcrmenge ermittelt. An-
wesenheit von SalzsÀure brachte keine Vermehrung der Schleim-
Produktion.
lieber die Bestimmung der Assimilationskraft des Menschen
fĂŒr Kohlehydrat. Die Untersuchung der Assimilationskralt fĂŒr
Kohlehydrate durch Zufuhr von 100 g Traubenzucker und Ermitt-
lung einer bei verringerter Toleranz auftretenden Glykosurie
kann nicht als zuverlÀssige Methode betrachtet werden, da die
Zuckerausschcidungsschwelle individuell starke Schwankungen
zeigt; auch dem Verfahren, nach groĂen Zuckergaben die Höhe
der HyperglykĂ€mie zu prĂŒfen, haften Nachteile an. Es wird eine
Probemahlzeit aus 100 g Reis, zwei HĂŒhnereiern und etwas Ge-
mĂŒse zu diesem Zweck empfohlen. Bei normaler Assimilations-
kraft fĂŒr Kohlehydrate ĂŒbersteigt innerhalb zweier Stunden nach
der Mahlzeit der Blutzuckergehalt nicht den Wert von 0,14 Proz.
Wölfl (Hamburg).
Buchbesprechungen.
Lazarus, Paul (Berlin): Strahlenheilkunde und Uni-
versitÀt. Ztschr. f. physik. u. diÀtet. Therapie XXV, 1921,
S. 200â210.
In dem mit Schwung geschriebenen Aufsatz bedauert Verf.,
daĂ an der gröĂten UniversitĂ€t des Reiches keine Gelegenheit zu
systematischem Forschen und Erlernen der Strahlentherapie ge-
geben sei. Er plaidiert fĂŒr Errichtung eines solchen Zentral-
instiluts unter der Leitung eines Arztes, welchem ein Physiker als
zweiter Direktor beizugeben wÀre, und rechnet dabei der Physik
und physikalischen Technik vor, wie viel sie den Aerzten zu ver-
danken hĂ€tten. Man könnte diesen Gedanken fĂŒglich verallge-
meinern und dartun, wie viele Anregungen gerade von Àrztlicher
Seite in alle anderen Disziplinen hineingetragen worden sind.
Durch nichts könnte die zentrale Stellung der Medizin besser dar-
getan werden; und in wrelch schreiendem Gegensalz dazu steht
unsere Wissenschaft in der allgemeinen Geltung, verglichen mit
z. B. den Juristen!
Die Anregung von Lazarus ist gewiĂ beherzigenswert; nu>"
scheint sie mir. zu einem ungĂŒnstigen Moment laut geworden zu
sein. Butt er sack.
L. Brown : Zur A e t i o 1 o g i e der Lungentuberkulose.
The American Rev. of. Tuberc. Bd. 7, Nr. 6, S. 518.
Tuberkulose Infektion und klinische Erkrankung
sind scharf voneinander zu trennen. Der Typus bovinus ist die
Ursache von 24 Prozent aller FÀlle von Tuberkulös» unter 36
Jahren oder von 4,3 Prozent der Lungentuberkulose bei Kindern
unter 5 Jahren, aber von weniger als 1 Prozent der GesamifÀlie
von Lungentuberkulose. Eine Umwandlung des T. bovinus in
den T. humanus ist nicht bewiesen. Die Bazillen des StraĂen-
staubes bieten eine geringere Gefahr als die des Zimmerstaubes.
Noch (i Wochen nach dem Tode eines SchwindsĂŒchtigen konn-
ten im Staub des Krankenzimmers virulente Bazillen nachgewie-
sen werden. Konlaklinfektion, ausgenommen durch KuĂ, durch
GegenstÀnde und Stubenfliegen, ist möglich, aber selten. HÀufiger
dagegen Hand- und Mundinfektion. Von EinfluĂ auf den Eintritt
der Erkrankung ist einerseits die Widerstandskraft des Organis-
mus gegenĂŒber dem Tuberkelbazillus, andererseits die Anzahl der
Tbc. -Bazillen. Kinder sind praktisch genommen alle fĂŒr Tbc.
empfÀnglich und können nicht sorgfÀltig genug vor Infektion ge-
schĂŒtzt werden. Bis zur PubertĂ€t nimmt mit zunehmendem Alter
die Zahl der infizierten Kinder, die Sterblichkeit ab. Die Lungen-
tuberkulose der Erwachsenen beginnt in der Peripherie, die der
Kinder in der Hilusgegend. Die Infektion auf dem Luftwege er-
fordert viel weniger Tbc-Bazillen als die Darminfektion. We-
nigstens 50 Prozent aller FĂ€lle von Lungentuberkulose bei Er-
wachsenen beruhen auf einer Reinfektion nach der PubertÀt.
Stadelmann (Frankfurt a. M.).
Ernst Steincrt: âIn observatione de lue". Archiv f.
Kinderhlk. 70. Bd., 1921, S. 23.
Es wird ĂŒber eine Anzahl von FĂ€llen berichtet, die die Frage
der intrauterin erworbenen Lues-ImmunitÀt nach Prof eti
klÀren sollen, die in einzelnen FÀllen wahrscheinlich war. Andere
Statistiken befassen sich mit dem EinfluĂ der Behandlung der
graviden Mutter auf die Lues des Kindes, auf die Differenzen im
510 '. .. Buchbesprechungen 10. Jahrg. ^ Nr. 29/30.
serologischen Verhalten zwischen Mutter und Kind, auf die
Reaktionen im Retroplazentarblut u. a. In nur 3 FĂ€llen scheint
es sich um einen Fehlschlag der Wassermann ' sehen
Reaktion zu handeln. P. Karger.
Kenneth und M. Walker: Diagnose und Behandlung
der SterilitÀt heim Manne. Lancet 1921, II, 228.
Eine genaue Diagnosenstellung wird nur ermöglicht durch
genaueste Untersuchung des Genitalapparates unter Zuhilfenahme
der Urethroskopie sowie durch subtile mikroskopische Unter-
suchung des Spermas: letzteres soll möglichst irisch sein; eine
Woche sexueller Abstinenz hat der Untersuchung voranzugehen;
bei Felden von Spermatozoen in einer Probe mĂŒssen noch minde-
stens 2 Proben untersucht werden, bevor die Diagnose Azoo-
spermie gestellt wird. Da auch Oligospermie und Nekrospermie
Ursache der SterilitÀt sein können, muh die Zahl der normalen,
beweglichen Spermatozoen im Gesichtsfeld angegeben werden. â
Der Verdacht auf vollkommenes Fehlen der Spermatogenese kann
durch Hodenpunktion bestÀtigt werden. In diesen FÀllen ist die
Therapie erfolglos, höchstens kann ein Versuch mit Hodenextrakt
gemacht werden; bei Stenose der Samenwege kommen die be-
treffenden urologischen Verfahren in Betracht.
W o 1 f f (Hamburg .
I. M. Rabinowitch: Unters u c h ĂŒ n g e n ĂŒ b e r d i e V er â
wert b*a r.Jk e i 1 der 1 1 a r n s t o f f k o n z e n t r a t i o n s -
probe fĂŒr die funktionelle N i e r e ndiagnosti k
Arch. of internal med. Bd. 25, Nr. 6, 1921, S. 827.
Mac Lean und de Wesselow veröffentlichten vor zwei Jahren
(Brit. J. Exper. Path. 1, 53, 1920) eine funktionelle Nierenunter-
suchungsmethode, die sie als ,,neue Ilarnstoffkonzenlralions-
probe" bezeichneten. Nach ihrer Behauptung ist die Probe eine
quantitative und besieht darin, daĂ 15 g Harnstoff in 100 cem
H20 gelöst per os eingenommen, bei normaler Nierenfunktion
innerhalb von 2 Stunden in einer Konzentration von mindestens
2 Prozent ausgeschieden weiden muĂ. Konzentralionen unter
2 Prozent sind als Manifestation geschÀdigter Nierenfunktion an-
zusehen. Nachuntersuchungen von R. konnten die Ueberlegen-
heit dieser Probe nicht bestĂ€tigen. Er kommt zu dem SchluĂ,
daĂ keine einzelne Methode fĂŒr sich allein zur Nieren-
diagnostik genĂŒge. Um die Ergebnisse der verschiedenen Unter-
suchungsmelhoden (Rest-N - Bestimmung. Xa Cd - Ausscheidung.
Harnsloffkonzentration usw.) richtig beurleilen zu können, muĂ
man vor allem auch das klinische Bild besonders berĂŒcksichtigen.
L. Farmer Eoeb (Berlin).
George M. Maekenzie und Louis B. Balduin: L ok a 1 e H e r a b
Setzung der SensibilitÀt bei h y p e r s e n s i b 1 e n
Individuen und ihre Bedeutung fĂŒr die P r o p h y -
laxe des Heufiebers. Arch. of intern, med. Bd. 25. Nr. (>.
1921, S. 722.
Experimentelle Untersuchungen bei 8 Patienten ĂŒber die
HautsensibilitĂ€t gegenĂŒber spezifischen und unspezifischen Stof-
fen wie WeiĂ-Ei, Pferdeserum, HĂŒhnerfedernextrakt, verschiede-
nen Proteinen, Hisdamin, Pituitrin, Morphium usw. Es konnte
durch wiederholte Impfung spezifischer Stoffe die SensibilitÀt
herabgesetzt werden. Bei unspezifisch wirkenden Substanzen wie
Hisdamin konnte dies nicht erzielt werden. Therapeutisch wur-
den die Ergebnisse dahin verwertet, daĂ bei Heufieber und aller-
gischer Rhinitis die Nasenschleimhaut lokal mit Extract iridis
behandelt wurde. Die Erfolge, ĂŒber die in einer weiteren Ar-
beil noch berichtet werden soll, waren sehr zufriedenstellend.
L. Farmer Loeb (Berlin).
A. M. Pappenheimer, G. F. Me. Cann und T. F. Zucker: Expe-
riment e 1 1 e R a c h i t i s bei Raiten. IV. Beeinflussung
der Wirksamkeit einer Rachiiis erzeugenden Kost durch
Wechsel der anorganischen Bestandteile. .1. of experimenlal
Medicine. Baltimore. Bd. 35. Nr. 4. April 1922. p. 421.
Eine aus reinem Mehl, Kalziumlaktat, Chlornatrium und Eisen-
zitrat zusammengesetzte Kost erzeugt bei Ballen Knochenver-
Ànderungen, die als typisch rachitische auf Grund des Röntgen-
bildes und des histologischen Befundes anzusprechen sind. In
frĂŒheren Versuchen konnte gezeigt werden, daĂ bei Ersatz eines
Teiles des Kalksalzes (durch sekundÀres Kaliumphosphat d?ie
KnochenvcrÀnderungen ausbleiben. Die vorliegenden Unter-
suchungen zeigen, daĂ diese Schutzwirkung lediglich dem Phos-
phation zuzuschreiben ist und durch keines der anderen zu einer
Vollkost gehörigen anorganischen Bestandteile zu erzielen ist
Eine phosphatreiche aber sehr kalkarme Kost fĂŒhrt zu Knoches
VerĂ€nderungen, die rachitisĂ€hnlich sind, aber nur geringfĂŒgige
Störungen der endochondralen Ossifikation aufweisen. Bei gleich-
zeiligem Kalk- und Phosphordefizit entstellen atypische Rachitis-
bilder, Ferner zeigte sich, daĂ ein starker Ca-UeberschuĂ, wie er
sich in der rachitiserzeugenden Grundkost findet, fĂŒr das Ent-
stehen der typischen KnochenverÀnderungen nicht erforderlich
ist. Bei Fehlen der Phosphate entstehen auch hei starker Reduk-
tion der Kalkzufuhr rachitische, nicht aber osteoporotische Ver-
Ă€nderungen. Wolf f (Hamburg).
A. M. Pappenheimer, G. F. Me. Cann und T. F. Zucker: Expe
rimen teile Rachitis bei Ratten. V. Beeinflussung
der Wirksamkeit einer Rachitis erzeugenden Kost durch ver-
schiedene organische Bestandteile. J. of experimenlal Me-
dicine. Baltimore. Bd. 35. Nr. 4. April 1922. p. 447.
In FortfĂŒhrung der oben referierten Versuche wurde der Ein-
fluĂ verschiedener organischer Bestandteile in der Richtung unter-
such!, ob sie die FĂ€higkeit besitzen, die bei VerfĂŒtterung der
Grundkost auftretenden rachitischen KnochenverÀnderungen
hintanzuhalten oder zu heilen. Dabei zeigte sieh, daĂ die Zufuhr
von Phosphor als Casein in einer Menge, die der vor Rachitis
schĂŒtzenden Dosis des sekundĂ€ren Kaliumphosphats entspricht,
das Entstehen der KnochenverÀnderungen nicht mit Sicherheit
zu verhindern vermag. Die schĂŒtzende Wirkung des Lecithins ent-
sprach seinem P. -Gehalt. Bei der VerfĂŒtterung von Hefe zeigte
sich, daĂ Mengen, die durch ihren Gehalt an Vitamin-B normales
Wachstum zu gewĂ€hrleisten imstande waren, nicht genĂŒgten, um
die Entstehung der Rachitis zu verhindern; hierzu sind Mengen
erforderlieh, die das Minimum an Phosphor enthalten, wie es bei
Anwendung von Phosphat ermittelt wurde. Als Butterfett zĂŒge-
fĂŒhrtes Yilamin-A vermag die Rachitis weder zu verhindern noch
zu heilen. Zusatz von Eieralbumin verbessert den ErnÀhrung-
zusland, ist aber ohne EinfluĂ auf den rachitischen Knochen-
prpzeĂ. Reichliche P-Zufuhr in Gestalt von Fleisch bewirkt nor
males Wachstum und normale Knochenbildung. Eine Kost, die
alle zum normalen Wachstum erforderlichen Bestandteile enthÀlt,
die aber ungenĂŒgende P -Mengen enthalt, fĂŒhrt zu typische!
Rachitis. W o 1 f f (Hamburg).
P. Me. Master, P.Rous und L. C.Larimore; Die Bedeutung
d e r 11 À m o s i d e r o s e b e i d e r p e r n i z i ö s e n A n À m \ e.
J. of experimenlal Medicine. Baltimore. April 1922. Bd. 35.
p. 521.
Die Tatsache, daà sich bei perniziöser AnÀmie eine ausge-
sprochene HĂ€mosiderose "in der Leber findet, kann nicht, wie es
wiederholt geschehen, als StĂŒtze der Anschauung dienen, daĂ die
eigentliche Ursache der Krankheit in einer aus dem Mageri-
darmiraklus stammenden Noxe zu suchen ist. durch die es in
erster Linie zu einem pathologischen Blutzerfall im Quellgebiet
der Pforlader kÀme. Es konnte nÀmlich durch die Verff. gezeigt
werden, daĂ es auch bei subkutaner Injektion von HĂ€moglobin
im' Tierversuch zu LeberhÀmosiderose kommt. Bei Injektion
gröĂerer HĂ€möglobinmengen kommt es auch zu HĂ€mosiderose
in den Nieren; die GröĂe der Ablagerung ist dabei abhĂ€ngig von
den besonderen Bedingungen der HĂ€moglobinausscheidung; so
kann es, trotz betrÀchtlicher Hb-Ausscheidung durch die Glome-
ruli. bei vermehrter Diurese und , dadurch bedingter Beschleuni-
gung der Passage durch die Tubuli sich ereignen, daĂ nur wenig
Hb in den gewundenen HarnkanÀlchen zur Resorption und mit-
hin zur Ablagerung in den Nierenepithclien kommt: infolge dieser
VerhÀltnisse gestattet auch der quantitative Vergleich der HÀmo
siderose in Leber und Nieren keinen RĂŒckschluĂ auf den Ort des
Blutzerfalls. Wal ff Hamburg
II. HaeĂler, P. Rous und G. 0. Broun: D i e r e n a 1 e Aus
Scheidung des Bilirubins. J. of experimenlal Medi-
cine. Baltimore. Bd. 35. p. 533. April 1922.
Im Tierversuch gelingt es bei Ikterus infolge von totalem
GallengangsverschluĂ nicht, durch reichliche Wasserzufuhr per os
und dadurch erzielte vermehrte DiĂŒres: die Tagesmenge des
ausgeschiedenen Bilirubins zu steigern; nur die kurz nach der
Wasseraufnahme entleerten gröĂeren -Urinmengen fördern vor-
ĂŒbergehend die Ausscheidung des Gallenfarbstoffs. Die dadurch
bewirkte Ausschwemmung des Bilirubins aus dem Nierengewebe
vermag vielleicht drohende NierenschÀdigungen hintanzuhalten.
Durch gröĂere intravenöse Kochsalzinfusionen kann auch die
Tagesmenge des ausgeschiedenen Bilirubins betrÀchtlich erhöht
werden. Bei der Untersuchung des Urinsedimenls ikterischef
Patienten muĂ unterschieden werden zwischen den im frischen
Urin nachweisbaren mit Bilirubin gefÀrbten Nierenelemeriten und
der diffusen VerfÀrbung des Zelldctritus. wie sie im Ikterusurin
nach lÀngerem Stehen auftritt: im Gegensatz zu letzlerer Er-
scheinung gestaltet das Auftreten von Bilirubinkörnchen in den
Nierenzellen RĂŒckschlĂŒsse auf den Modus der Gallenfarbstoffaus-
scheidung. Wölff Hamburg
Fortschritte der Medizin
Die Wochensclirlft des prakllschen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, 5erlin W 50
Verlag von HANS PUSCH, Berlin SW4Ă, Wilhelm-Strafee 20 / Fernsprecher: LĂŒtzow 9057
Nr. 31/32
Berlin, den 16. August 1922
40. Jahrgang
Oer Vwiaf befallt «ich das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist «er.
lieber Entstehung, Bedeutung und Behandlung
der Wassersucht.
Von Dr. Johannes Haedicke, leitendem Arzt und Besitzer
.des Sanatoriums Kurpark in Ober-Sehreiberhau.
FlĂŒssigkeit.
Alle Gewebszellen sind umgeben von einer
ler Lymphe, aus der sie ihre Nahrung entnehmen und in
lie sie ihre Stoffwechselprodukte ausscheiden. Nicht das
Mut, sondern die L y m p he ist also der eigentliche N À h r -
aft unseres Körpers. Solange sich die NÀhrstoffe noch im
Skate iimerhalb der umwandeten GefĂ€Ăe befinden, sind sie
ebenso wie der Sauerstoff in . der Lungenluft ohne Bedeu-
tung fĂŒr unser Leben, und der Blutkreislauf ist dahei
ebenso nur eine Vorstufe fĂŒr die ErnĂ€hrung der Ge-
webszellen wie die Lungeiiatmung fĂŒr die Gewebsatmung.
Von dem Blut ist der Gewebssaft getrennt durch die Wan-
lungen der HaargefĂ€Ăe, und der Gewebssaft ist die von
den Wandzellen, der arteriellen Kapillaren ausgeschiedene
und teilweise durch die Gewebszellen verĂ€nderte FlĂŒssig-
keit. Inwieweit diese Ausscheidung auf Sekretion (Haiden-
un), Filtration, Diffusion oder Osmose beruht, kann fĂŒr
sere Betrachtung dahingestellt bleiben. Der AbfluĂ dei
von den Kapillarzellen gebildeten Lymphe erfolgt durch
lir SaftrÀume zwischen den Gewebszellen in die Lymph-
gefĂ€Ăe hinein, deren allmĂ€hlich an Dicke zunehmende
fandungen Àhnlich denen der Venen gebaut und mit Mus-
keln ausgestattet sind, die unter dem EinfluĂ des Nerven
Systems stehen. Wind mehr Lymphe gebildet als ab-
flieĂen kann, dann kommt es zur Lymphstauung, zum hy-
iropischen ErguĂ, zum Oedem.
Jede F 1 ĂŒ s s i g k e i t s s t a u u n g beginnt u n -
i 1 1 e 1 b a r vor dem Hindernis und weist da-
durch auf dieses hin. Ein solches besteht bei ab-
wĂ€rts strömenden FlĂŒssigkeiten in einer Hemmung des Ab-
flusses, bei aufwÀrts gerichteter Strömung auch in einei
ibermĂ€Ăigen Verminderung der treibenden Druck- oder
iaugkraft. Die Ursache fĂŒr den physiologischen AbfluĂ der
lauptsÀchlich aufwÀrts strömenden Lymphe ist der
ruckunterschied, der im Lymphgebiet zwischen
lern Beginn und dem Ende der Lymplibahnen besteht, denn
jede FlĂŒssigkeit bewegt sich in der Richtung auf einen Ort
Ăederen Druckes fort.
Der Enddruck im L y m p h g e b i e t ist gege I n âą 1 1
durch die Höhe des Blutdruckes an den stets mit ver-
schluĂfĂ€higen Klappen versehenen Einmiindungsstellen der
(groĂen LymphgefĂ€Ăe in der Blutbahn der Venae ano-
nymae. Da hier das strömende Blut auf den Inhalt der
LymphgefĂ€Ăe wie eine Wasserstrahlpumpe ansaugend wirkt,
so wird der Lymphdruck unter den Blutwanddruck ver-
vvai
mindert und der LymphabfluĂ entsprechend beschleunigt.
Ferner wirkt jede Einatmung durch Steigerung des ne-
gativen Druckes im Brustfellraum auf die Lymphe an-
langend /in Brusthöhle. Es wÀre denkbar und scheint
auch angenommen zu werden, daĂ Blutstauungen in
den groĂen Brustvenen zu Stauungen der Lymphe fĂŒhren.
Diese mĂŒĂten alsdann unmittelbar vor dem Hindernis in
der Brust beginnen und sich in der Richtung auf die
KörperoberflĂ€che und GliedmaĂen von oben nach unten
ausbreiten. Dir Àrztliche Erfahrung aber zeigt, daà die
Oedeme bei Kreislaufstörungen zumeist in entlegenen
Körperteilen beginnen und sieb in der Richtung zum Her-
zen von unten nach oben ausbreiten. Infolgedessen können
Druckschwankuiiige<n und Stauungen in den groĂen Brust-
venen bei Herzkranken nicht die unmittelbare Ursache der
Oedeme an Armen und Beinen sein.
Wesentlicher fĂŒr die Fortbewegung der Lymphe und
die Entstehung der Oedeme ist der EinfluĂ des Nerven-
systems, dessen Reize die Muskeln in den Wandungen
der LymphgefĂ€Ăe zur Zusammenziehung bringen und da-
durch die Lymphe in der Richtung zum Herzen weiter-
drĂŒcken, wobei die zalilreichen Klappen den RĂŒckfluĂ ver-
hindern. Werden die lympho- und vasomotorischen Ner-
ven kĂŒnstlich ausgeschaltet, so hört die Lymphbewegung
in den LymphgefĂ€Ăen auf, und es tritt alsbald ein peri-
pheres Oedem ein1). Schon diese durch Versuche festgestellte
Tatsache weist darauf hin, daĂ das Wesentliche fĂŒr die
Lymphbewegung eine vis a tergo, ein Druck ist, und daĂ
die Vorstellung einer Ansaugung der Lymphe durch
und in den Blutstrom, die zu der Bezeichnung der Lymph-
bahnen als âSaugadern" -gefĂŒhrt hat, fĂŒr das gesamte
Lymphgebiet nicht zutrifft. Im allgemeinen pflegt jedoch
die Nervenreizzuleitung der LymphgefĂ€Ămuskeln bei Wasser-
sucht nicht wesentlich gestört zu sein, und so fÀllt auch
dieser Faktor als Entstehungsursache der Oedeme und hy-
dropischen ErgĂŒsse bei Herz- und Nierenleiden aus.
Bestimmend fĂŒr das DruckgefĂ€lle des Lymphstromes ist
auĂer dem Enddrudk der Anfangsdruck im Lymph-
system, als welcher im wesentlichen ebenfalls der Blut-
druck angesehen wird. So schreibt Langerhans, ein
Schofler Virchows-): âDie Ursache des Hydrops, des An-
trittes der wĂ€sserigen FlĂŒssigkeit, ist die Steigerung des
Blutdruckes, die Erhöhung des Seitendruckes bis zu einer
gewissen GröĂe. Diese Steigerung macht die Kapillarwand
geeignet fĂŒr den Durchtritt wĂ€sseriger FlĂŒssigkeit." In der
neuesten Auflage des Lehrbuches der Physiologie des Men-
schen von Landois-Roseinann3) heiĂt es: âAn den-
jenigen GefĂ€Ăen, die mittelst feiner SaftkanĂ€lchen entstehen,
wird die Bewegung wesentlich direkt abhÀngen von der
Spannung der ParenchymsÀfte, und diese wiederum von
der Spannung in den Blutkapillaren. So wird also der
Blutdruck noch als eine vis a tergo bis in die Lymph -
wurzeln hinein wirksam sein." Und J. MĂŒnk fĂŒhrt in der
RealenzyklopĂ€die der gesamten Heilkunde") aus: âDie
Triebkraft fĂŒr die Lymphbewegung ist, wie
C. Ludwig entwickelt hat, nichts anderes als der
Blutdruck. In der Mitte der Kapillarbahn ist der Blut-
druck etwa halb so groĂ als in der Aorta, und unter
diesem Druck erfolgt die Transsudation in die Gewebe und
Org ane. Da die Lymphspalten nun in den Gewebsinter-
stitien, zwischen den Kapillarmaschen ihren Ursprung
nehmen, so wird das Transsudat, aus welchem die Lymph-
gefĂ€Ăe aufsaugen, ebenfalls unter dem Kapillardruck stehen,
nur daĂ er v e r m i n d e r t ist um eine gewisse GröĂe,
entsprechend dem von den KapillargefĂ€ĂwĂ€nden und der
Spannung des Gewebes geleisteten Widerstand. Der Blut-
druck in den Kapillaren schiebt das Trans-
sudat in die Lymph spalten hinein. Der stetige
Ueberdruek, .der im Halslymphstamm 8â20 mm Sodalösung
betrÀgt, ist der Rest jenes Druckes, nachdem er den Wider-
stand in den LymphgefĂ€Ăen und vollends in den Lymph-
Haedicke: Wassersucht 40. Jahrg. â Nr. 31/32.
drĂŒsen ĂŒberwunden und dadurch sehr viel von seiner ur-
sprĂŒnglichen GröĂe eingebĂŒĂt hat."
Diese Ableitung des Lymphdruckes unmittelbar vom
Blutdruck und die Anschauung von der ursÀchlichen Be-
deutung der Blutdruckerhöhung fĂŒr die Entstehung von
Oedemen grĂŒndet sich auf die durch Versuche bestĂ€tigte
Tatsache, daà ein erhöhter Blutdruck ver-
mehrte L y m p h b i 1 d u n g zur Folge hat. C. Lud-
wig und Tomsa lieĂen durch die BlutgefĂ€Ăe eines aus-
geschrittenen Hodens Blutserum unter wechselndem
Drucke strömen; dabei stieg und fiel die aus den Lymph-
gefĂ€Ăen abflieĂende FlĂŒssigkeit, die als âkĂŒnstliche Lymphe"
mit der natĂŒrlichen Ă€hnliche Zusammensetzung aufwies.
Auch der Gehalt an EiweiĂ nahm mit steigendem Drucke
zu. HeĂ und E r b zeigten, daĂ bei Blutdrucksteigerimg
FlĂŒssigkeit aus der Blutbahn in die Gewebe tritt.5)
Da aber Oedeme nicht nur bei erhöhtem arteriellen
Blutdruck eintreten, sondern auch bei sehr niedrigem, an-
dererseits bei hohem Aorten druck sehr hÀufig fehlen,
so kann dieser ebenfalls nicht als ein allgemein gĂŒltiger
Faktor fĂŒr die Entstehung von Hydropsien anerkannt wer-
den. Dies gilt auch von der Steigerung des venösen Blut-
druckes im Kapillargebiet bei venösen Stauungen.
Diese bestehen oft ohne Oedeme und fehlen sehr hÀufig bei
deutlich vorhandenen Oedemen, z. B. bei den abendlichen
FuĂschwellungen der sog. Anaemischen sowie nach lĂ€n-
gerem Gehen, wodurch eher eine Beschleunigung des Blut-
umlaufes als eine Stauung eintritt.
Eine weitere Ursache der Oedembildung hat man in
einer erhöhten DurchlÀssigkeit der Kapillarwan-
dungen gesucht, auf Grund einer Hydraemie bei mangel-
hafter Zusammensetzung des Blutes oder einer Toxichaemie
bei Anwesenheit von Zellgiften im Blute, z. B. zurĂŒck-
gebliebenen Harnstoffen bei Nierenleiden. Cohn heim*/
hat jedoch nachgewiesen, daĂ reine Hydraemie ĂŒberhaupt
kein Oedem macht, und ferner treten Oedeme auch bei Per-
sonen mit ganz gesunden Nieren auf. Die erhöhte Durch-
lÀssigkeit krankhaft verÀnderter Kapiillarwandungen, so
hÀufig sie zumal in vorgeschrittenen FÀllen vorhanden sein
mag, kann demnach auch nicht die Ursache der Wasser-
sucht sein.
Alle diese mit dem Blut, seiner Bewegung und seinen
Bewegungsorganen zusammenhÀngenden int ra vasku-
lÀren Faktoren reichen somit nicht aus, zur grund-
sÀtzlichen ErklÀrung der ' Oedembildung, und sie können
es auch nicht, da sie sich auf VerhÀltnisse und VorgÀnge
beziehen, die sich nur. in dem Kreislaufsystem abspielen, also
gewissermaĂen nur im Vorra u m zu dem vielgegliederten
K ö r p e r i n n e r n, und die Gewebszellen, den Sitz
und die eigentlichen WerkstÀtten unseres Körper-
lebens, ganz unberĂŒcksichtigt lassen. Nun haben aber
bereits seit dem Jahre 1898 âAsher und seine SchĂŒler den
engen Zusammenhang zwischen der Lymphbildung und dei
TĂ€tigkeit der Organe betont; nach ihren Untersuchungen ist
die Lymphe ein Produkt der Arbeit der Or-
gane; das auslösende Moment fĂŒr die Bildung der Lymphe
ist in der spezifischen TĂ€tigkeit oder dem Stoffwechsel der
Zellen zu suchen (zellular-physiologische Theorie der
Ly mphb ildung) . 7)
In BestĂ€tigung dieser Anschauung lĂ€Ăt sich nun nach-
weisen, daĂ in der TĂ€ t i g k e i t der G e w e B s z e 1 1 e n
nicht nur die Ursache fĂŒr die Lymphbildung liegt,
sondern auch fĂŒr die L y m p h b e w e g u n ,g und Lymph-
stau u n g e n. Dazu sind, da sich die Gewebszellen auĂer-
halb der Blutbahn befinden, ZellkrÀfte erforderlich,
mittels derer die lebensnotwendigen Stoffe aus dem Blut
in das Gewebe ĂŒberfĂŒhrt werden. Ueber die Art und GröĂe
dieser KrÀfte der lebenden Gewebszellen hat uns neuerdings
die physikalische oder Kolloid-Chemie, die in der kurzen Zeit
ihrer bisherigen Entwicklung bereits zu einer auch fĂŒr die
innere Medizin und den praktischen Arzt unentbehrlicher.
Disziplin geworden ist, wertvolle Anhaltspunkte gegeben.
Als wirksame KrĂ€fte fĂŒr den Uebertritt von Wasser
und darin gelösten Stoffen aus der Blutbahn in die Gewebs-
zellen der verschiedenen Organe kommen als Komponenten
der als âSekretion" bezeichneten vitalen ZelltĂ€tigkeit oder
neben ihr in Betracht die Filtration, Diffusion, Dialyse und
Osmose. Wenn wir uns hier auf den osmotischen oder
L ö s iun ig s druck beschrÀnken, so ist durch zahlreiche
Versuche nachgewiesen worden, daĂ dieser innerhalb der
Zellen am höchsten ist und in absteigendem Grade
niedrigere Werte aufweist in der Lymphe, im venösen und
im arteriellen Blut. Wenn man die von Schade8) ange-
rĂŒhrten, durch exakte Versuche und Berechnungen ermit-
telten Werte der Gefrierpiunkts-Erniedrigung umrechnet in
Quecksilberdruck, dann besitzt das Blut einen osmotischen
Druck von 5 400 nun Hg., die Lymphe von 5 600, der Chylus
von 5 800 und der Zellsaft von etwa 5 900 mm Hg. Dar -
aus ergibt sich eine Spannung zwischen Blutserum
und dem Protoplasma der Wandungszellen der Blutkapil-
laren und der Gewebszellen der verschiedenen Organe
von % m Quecksilberhöhe, und ein entsprechend hohes, aber
langsameres GefĂ€lle auf dem Wege durch die LymphgefĂ€Ăe
und Venen zum Blute der Schlagadern. In die Sprache der
»taktischen Medizin ĂŒbertragen heiĂt dies, daĂ das Blut-
serum, durch eine semipermeable Membran mit reinem
Wasser in Verbindung gebracht, imstande ist, in einem
Steigrohr entgegen der Schwere bis zu einer Höhe anzu-
steigen und das Wasser entgegen der Schwere bis zu einer
Höhe anzusaugen, die dem Druck einer QueckselbersÀule von
5,4 in, einer WassersÀule von 73,8 m oder 7,5 AtmosphÀren
entspricht . DarĂŒber hinaus aber besitzen die
ZellsÀfte noch einen Ueberdruck bezw. eine
erhöhte Saugkraft von Vi m Quecksilber
oder 6,8 m Wasserhöhe. Mit dieser Kraft wird also
das Wasser aus dem Blutserum durch die Wandungen der
HaargefĂ€Ăe in die Gewebsspalten angesaugt, und dieser
osmotische Z e 1 1 d r u c k von 0,5 mm Hg. oder 6,8 m
Wasser stellt somit annÀhernd den Strömungsdruck
a m Anfang des Lymphsystems dar.
Hieraus geht hervor, daĂ man bisher die gewal-
tigste motorische Kraft unseres Körpers,
die osmotische Saugkraft der lebenden Ge-
webszellen, fĂŒr die ErklĂ€rung der Lymph-
bewegung und Oedembildung völlig ĂŒber-
sehen hat. Ferner erhellt, daĂ gegenĂŒber diesem hohen
Saugdruck der Gewebszellen die wenigen Millimeter Druck-
schwankung des Blutes in den HaargefĂ€Ăen wie in den
Brustvenen an den EinmĂŒndungssteilen der LymphgefĂ€Ăe
in die Blutbahn praktisch nicht ins Gewicht fallen,
und daĂ sogar der kardiale Blutdruck in
den Kapillaren, der nach v. Kries z. B. am
Finger bei erhobener Hand 22 mm Hg. (328 mm
Wasser) und bei gesenkter Hand 54 mm Hg. (738 mm
Wasser) betrÀgt, fast bedeutungslos erscheint.
Wird doch auch bei allen Pflanzen der Gewebssaft aus-
schlieĂlich durch die MolekularkrĂ€fte der Zellen ohne be-
sondere Pumpanlage bis in die Gipfel der höchsten BÀume
emporgehoben. Es ist also nicht der Blutdruck, der den Ge-
webssaft bildet und durch die KapillarwÀnde hindurch bis
in die Lymphspalten schiebt, und der Blutdruck wird nicht
jenseits der KapillargefĂ€Ăe âentsprechend dem von den Ka-
pillargefĂ€ĂwĂ€nclen und der Spannung der Gewebe geleisteten
Widerstand vermindert," sondern im Gegenteil durch die
selbstÀndigen» ZellkrÀfte um ein Vielfaches gesteigert. Die
motorischen KrĂ€fte des Blutsystems einschlieĂlich des
Herzens dienen nur der vorbereitenden, schnellen We r -
t e i 1 u n g des Blutes, besonders eines Sauerstoffes, im Kör-
per, aber die Verwertung der Blutstoffe erfolgt im
Lymph system, und es sind die molekularen
Ze 1 1 k r À f t e der extravasalen Gewebe, die s I e
dem Blut entziehen und auch wieder zufĂŒhren.
Die Ursache fĂŒr die Lymphbewegung liegt
somit allerdings in dem Druckunterschied zwischen dem
Anfang der Lymphbahnen in den SaftlĂŒcken der Gewebe
40. Jahrg. â Nr. 31/32.
Haedicke: Wassersucht
und iluem Ende an der EinmĂŒndung der groĂen Lymph-
slÀnune in die Brustvenen, aber der die Höhe des Dnuck-
gefÀ lies bestimmende physiologische A n I a n g s d r u c k
wird im wesentlichen nicht durch das Herz und den Bhlt-
strom, sondern auĂerhalb der BLutbahn durch die Lebens-
TĂ€tigkeit der Gewebszellen erzeugt, die als vi-
lale SĂ€ugpumpen in der Richtung auf die arteriellen Ka-
pillaren wirken und zugleich als vitale Druckpumpen in der
Richtung auf die LymphgefĂ€Ăe und Venen. Jede leihende
Organzelle ist zugleich eine strudelerzeugende GharybdlS und
eine gierige Skylla, die mit den zahlreichen Rachen ihrer un-
gesĂ€ttigten Valenzen aus dem vorbeiflieĂenden Gewebssaft
ihre spezifischen Nalirungsstaffe herausholt. Die Lymphe
ist der NĂ€hrsaft, der durch die osmotische Saugkraft der
Gewebszellen aus dem Blut durch die Wandungen der ar-
teriellen HaargefĂ€Ăe angesaugt wird, deren Endothelien in
diesem funktionellen Sinn die ersten, vorgelagerten Gewebs-
zellen sind und in dieser Funktion durch den Blutdruck
u n t e r s t ĂŒ t z t werden. Proximal von den Gewebszellen ent-
hÀlt die Lymphe neben unbenutzten NÀhrstoffen auch die
spezifischen Stoffwechselprodukte der verschiedenen Organ-
zellen, die teils ausscheidbare âEndstoffe" sind, teils ver-
wertbare âGemeinstoffe"") (Sekrete, Inkrete, Hormone, Anti-
körper usw.).
Wenn aher die LebenstÀtigkeit der Organzellen die
Ursache der Lymphbildung und Lymphbewegung ist, dann
mĂŒssen S c h w a nkunge n derselben in einer VerĂ€n-
derung der Menge und Strömungsgeschwindig-
keit der Lymphe zu Ausdruck gelangen. Versuche wie
Àrztliche Erfahrung bestÀtigen dies.
Wie groĂ die physiologische Lymphmenge
ist, lĂ€Ăt eine Feststellung von G u b 1 e r und Quevenn e16)
ungefÀhr erkennen, die aus einer Lymphfistel am Ober-
schenkel einer Frau in 24 Stunden gegen 3 kg Lymphe ge-
sammelt haben. Wenn wie hiernach (unter AuĂeracht-
lassung der Lymphe, die unmittelbar in. die venösen Haar-
gefĂ€Ăe abflieĂt) eine Lymphbildung von nur 10 kg im gan-
zen Körper wĂ€hrend 24 Stunden annehmen, so heiĂt dies,
daĂ das gesamte Blutserum eines gesunden
Menschen von etwa 5 kg tÀglich mindestens zwei-
m a 1 die Kapillarwandungen durchdringt und z u Lymphe
wird.
Durch Versuche 1X) ist festgestellt worden, daĂ das os-
motische DruckgefÀlle durch Steigerung der
Funktion eines Organs erhöht wird, und bei Ent-
zĂŒndungen hat Schade12) durch Messung und Berechnung
eine Drucksteigerung von 7,5 AtmosphÀren auf 8, 11 und
19 AtmosphÀren nachgewiesen entsprechend einem Queck -
fiSberdruck von 6,8 m, 8,38 m und 14,4 m Hg. Dies bedeutet
gegenĂŒber dem Blut eine Spannung bezw. Saug- und Druck-
kraft von 1,6 m, 3 m und sogar 9 m Quecksilberhöhe oder
von 26 m, 50 m und 150 m WassersÀule.
Entsprechend dieser Steigerung des osmotischen Zell-
druckes durch vermehrte TĂ€tigkeit der Organzellen und da-
mit des DruckgefÀlles der Lymphe erhöhen sich die Menge
und die AbfluĂgeschwindigkeit der gebildeten Lymphe.
(Der vermehrte (SaftfluĂ der BĂ€ume im FrĂŒhjahr ist ja
auch jedem Laien bekannt.) Nach Hamburger kann
fcfcim Pferde die Lymphmenge durch aktive und passive
Muskelbewegungen um das FĂŒnffache gesteigert werden.
Lesse r gewann auf diese Weise bei nĂŒchternen Hunden
bis ĂŒber 300 cem Lymphe, wodurch die Tiere unter Ein-
dickung ihres Blutes in Erschöpfung bis zum Tode verfielen.
Wird bei einem Hunde die Speichelsekretion angeregt, so
steigt der LymphabfluĂ aus dem Halslymphstamm. Dabei
ist die Lymphvermehrung nicht etwa die Folge des ver-
mehrten Blutstromes, denn nach Atropin bleibt sie aus.
(Bain-Bridge.13)
Das Wesentliche ist vielmehr die erhöhte TÀtigkeit der
Organzellen, wie insbesondere durch zahlreiche Versuche
nit der Lober nachgewiesen worden ist. Der Blutreichtum
tÀtiger Organe ist lediglich eine sekundÀre Folgeerscheinung.
Umgekehrt fĂŒhrt die Her a b s e t zu n g d e r Lebe n s -
lÀtigkeit der Organzellen zu einer Verminderung der
Menge und AbfluĂgeschw indigkeit der Lymphe. Wenn nacli
Stillstand der Atmung, des Herzens und des Blutkreislaufes
das auf dem Interzellularen Stoffaustausch beruhende
âGemeinleben"14) erloschen ist, bleiben die durch den
intrazellularen Stoffwechsel bedingten â E in z el leben "
der verschiedenen Organzellm noch eine mehr oder weniger
lange Zeit bestehen. Diese saugen durch den osmotischen
Druck in ihrem Innern noch weiter Sauerstoff- und nÀhr-
stoffhaltiges Serum aus den arteriellen HaargefĂ€Ăen an unĂŒ
verarbeiten es zu Lymphe, die aber wegen der vermin-
derten motorischen Kraft der zwar zunĂ€chst ĂŒberlebenden,
aber allmÀhlich auch absterbenden Zellen, der fehlenden
Muskelbewegungen des Toten sowie der aufgehobenen
Innervation der Blut- und LymphgefĂ€Ăe nicht mehr ge-
nĂŒgend fortbewegt wird und sich daher innerhalb der Ge-
webe in deren SaftlĂŒcken zunehmend anstaut. Es ist dahei
eine charakteristische Erscheinung beim Leichnam, daĂ
dessen Gewebe, insbesondere das lockere Bindegewebe,
saftreicher sind und mehr Lymphe enthalten als wÀhrend
des Lebens. Durchströmt man den noch wannen Tierkörpei
aufs neue mit frischem Blute, so flieĂt nach Genersicn
aus den groĂen LymphstĂ€mmen wiederum vermehrte
Lymphe ab. As her und Gries, Cuttat-Galitzka
zeigten, daĂ auch am toten Tiere die Injektion hyper-
tonischer Salzlösungen lymphbeschleunigend wirkt. In dem-
selben Sinne anregend wirken auch rein chemische Reize,
denn Mendel und Hocker beobachteten nach Einwir-
kung von Erdbeerextrakt die Absonderung einer konzentrier-
ten Lymphe noch 4 Stunden nach dem Tode des Tieres.16)
Auch diese Versuche beweisen, daĂ die Lymphbildung und
-bewegung bedingt ist durch die TĂ€tigkeit" der lebenden Ge-
webszellen und grundsÀtzlich unabhÀngig ist vom Herzen,
Blut und Blutdruck.
Besteht nun irgendwo ein MiĂverhĂ€ltnis zwi-
schen Lymphbildung und LymphabfluĂ, so
daĂ mehr Lymphe gebildet wird, als abflieĂen kann, dann
kommt es zur Lymphstauung in Form eines freien hy-
dropischen Ergusses oder eines Oedems, deren unmittelbare
Ursache â abgesehen von rein mechanischen Hindernissen,
deren BerĂŒcksichtigung sich hier erĂŒbrigt â ebenfalls im
Gewebe und nicht im Blutsystem liegt. Eine Lymphstauung
kann eintreten sowohl bei gesteigerter ZelltÀtigkeit mit ver-
mehrter Lymphbildung, als auch bei herabgesetzter Zell-
f unktion mit verminderter Lymphabsonderung und sowohl
bei erhöhtem als auch bei erniedrigtem Blutdruck. v
Eine vermehrte L y m p h b i 1 d u n g findet statt bei
gesteigerter ZelltÀtigkeit, allso allgemein wÀhrend
des Wachzustandes und im Besonderen bei Anregimg eines
einzelnen Organs zu erhöhter Leistung. Die betreffenden
Organzellen ĂŒben alsdann einen gröĂeren osmotischen Zug
durch die Kapillarzellen auf das Blut aus und entziehen
diesem die fĂŒr ihre TĂ€tigkeit erforderlichen spezifischen
Stoffe in vermehrter Menge und unter stÀrkerem Druck.
Bleibt die Steigerung der ZelltÀtigkeit in physiologischen
Grenzen, so tritt erfahrungsgemÀà niemals eine Lymph-
stauung ein, da die 'abfĂŒhrenden, Lymphbahnen nach Zahl
und Weite auch diesen erhöhten AnsprĂŒchen voll genĂŒgen.
Bei krankhaft gesteigerter ZelltÀtigkeit kann jedoch die
Lymphbildung so vermehrt sein, daĂ die Lymphe trotz ent-
sprechender Steigerung auch der auf sie von den Zellen
ausgeĂŒbten vis a tergo nicht genĂŒgend schnell und aus-
reichend abflieĂen kann und sich daher immittelbar vor dem
AbfluĂhindernis anstaut. Dies tritt z. B. ein bei
EntzĂŒndungen, und gerade hier zeigt der weitere Ver-
lauf, wie unwissenschaftlich und unhaltbar die teleologi-
schen Phrasen einer ativistisch-rationalistischen Philio-
sophie von der âZweckmĂ€Ăigkeit" aller âEinrichtungen"
unseres Körpers und seinem âStreben nach Selbstheilung"
sind. Denn jedes Oedem neigt, sich selbst ĂŒberlassen, zu
fortschreitender Verschlimmerung statt zur Selbstheilung
âmit den einfachsten Mitteln". Denn die gestaute Gewebs-
514 Haedicke: Wassersucht 40. Jahrg. â Nr. 31/32.
t'lĂŒssigkeit ĂŒbt auf die Umgebung allseitig einen zuneh-
menden Druck aus und preĂt dadurch auch die ab-
leitenden Lymphbahnen immer stĂ€rker zusammen, so daĂ
der AbfluĂ der vermehrt gebildeten Lymphe zunehmend
erschwert und vermindert, statt erleichtert und gefördert
wird. Werden dann auch noch die BlutgefĂ€Ăe abgedrĂŒckt,
und zwar zunÀchst die schwÀcheren Venen, dann kommt
es zur Stase von Lymphe und Blut, und die Folgen sind
bei nicht beseitigter âwirksamer Ursache""') der EntzĂŒndung
Absterben der ergriffenen Gewebsteile und weitgehende
Zerstörungen.
Die Ausdehnung und der Ausgang der entzĂŒndlichen
Oedeme hÀngt ab von der Art und StÀrke der schÀdigenden
Reizung durch die wirksame Ursache. Geringe und flĂŒchtige
Reize rufen z. B. nur eine Quaddel hervor; stÀrkere Reize
wie Verbrennungen und Aetzungen fĂŒhren durch Abhebung
der Ă€uĂersten Hautschicht zur Blasenbildung; stĂ€rkste, wie
septische Infektionen, können ihren Ausgang finden in dem
örtlichen Zelltode, das Oedem kann sich ĂŒber ganze Glie-
der ausdehnen und sogar den Gemeintod des Körpers herbei-
fĂŒhren.
Bei herabgesetzter ZelltÀtigkeit wird we-
niger Lymphe gebildet, und diese findet stets reich -
liehen Platz zum AbfluĂ. Trotzdem tritt auch hierbei eine
Lymphstauung ein, wenn der s e kretorische
Zell druck als vis atergo fĂŒr die Lymphbewe-
gung nicht mehr ausreicht, um in Verbindung mit
den verschiedenen HilfskrÀften die Lymphe bis ins Blut zu
befördern. Dies ist nicht nur bei jedem Toten der Fall, son-
dern auch schon wÀhrend des Lebens bei allen Krankheiten,
die mit einer erheblichen SchwÀchung des ganzen Körpers,
d. h. seiner Gewebszellen, verbunden ist. Die nicht-
entzĂŒndlichen Hydropsien sind daher stets
der Ausdruck, die Zeichen einer allge-
meinen Z e 1 1 s c h w À c h e, und sie treten daher dort zu-
erst auf, wo der sekretorische Zelldruck im Verein mit den
unterstĂŒtzenden BewegungskrĂ€ften fĂŒr die Lymphbewegung,
wie der Ansaugung durch den Blutstrom und die Einatmung,
der Zusanimenziehung der Skelet t- und LymphgefÀà -
muskeln sowie dem natĂŒrlichen GefĂ€lle, zuerst die Lymphe
nicht mehr entgegen der Schwere emporzuheben vermag,
also an den tiefstgelegenen Körperteilen: bei aufrechter Hal-
tung an den mukellosen Knöcheln und Schienbeinen, im
Liegen ĂŒber dem Kreuzbein.
Bei der allgemeinen ZellsehwÀche mit vermindertem
sekretorischem Zelldruck gewinnen nun alle anderen Faktoren
eine erhöhte Bedeutung, die im Sinne einer Vermehrung
der Lymphe und ihrer AbfluĂbehinderung wirken. Dies
sind vor allem Kreislaufstörungen, die zu einer Steigerung
des arteriellen wie des venösen Blutdruckes gefĂŒhrt haben.
Die Tatsache, daĂ der an sich so hohe Anfangsdruek im
Lymphgebiel an dessen Ende fast verschwunden ist, lĂ€Ăt
die GröĂe schon der physiologischen WiderstĂ€nde bei der
Lvmphl>ewegung erkennen. Es bedarf daher bei herab-
gesetzter TĂ€tigkeil und sekretorischer Druckkraft der Gewebs-
zellen unter UmstÀnden nur einer geringen Vermehrung der
WiderstÀnde oder des Lymphzuflusses aus dem Blute, um
eine Lymphstauung herbeizufĂŒhren. Auf dem Boden
der allgemeinen Zell schwÀche als der pri-
mÀren Ursache, können demnach alle die-
jenigen VorgÀnge und VerÀnderungen, die
1 1 i s h c r a 1 s selbstÀndige Ursache der Wasser-
sucht galten, eine Lymphstauung mit Bil-
d u n g von O c d e m e n u n d freien hydropischen
ErgĂŒssen erzeugen; sie sind alsdann die
Tropfen, die das MaĂ zum U e b e r 1 a u f e n
1) r i n gen.
Diese Erkenntnis ist von entscheidender Bedeutung fĂŒr
die Behandlun g. Es gilt zunĂ€chst, die UeberfĂŒl-
lu n g des Lymphgebietes zu beseitigen durch Ausschaltung
der sekundÀren Ursachen, so daà z. B. bei Herzkranken
weder aus den arteriellen HaargefĂ€Ăen infolge ĂŒbermĂ€Ăigen
; b'ömungsdruckes noch aus den venösen Kapillaren infolge
Stauungsdruckes Blutbestandteile in das Lymphgebiet in
vermehrter Menge oder anders ĂŒbertreten als durch den
physiologischen Vorgang der Sekretion durch die Kapillar
zelten. Darin liegt die oft entscheidende Bedeutung der
Herz- und GefĂ€Ămittel sowie der Diuretika bei Hydro-
pischen.
Sodann aber ist die FĂŒllung des Lymphgebietes zu
vermindern. Hierbei versagen wegen fehlender Angriffs-
punkte die reinen Herz- und GefĂ€Ămittel, wĂ€hrend die harn-
treibenden Arzeneien angezeigt und wirksam bleiben. In
der Hauptsache aber erfolgt dies durch KrÀftigung der ge-
sunkenen ZelltÀtigkeit besonders in den ödematösen Ge-
bieten, sowie des unzureichenden sekretorischen Zelldruckes
als der primÀren Ursache der Lymphstauung, wodurch
den nicht ganz und auf die Dauer auszuschaltenden sekun-
dĂ€ren Ursachen ihre entscheidende Bedeutung fĂŒr die Oe-
dembildung genommen wird. Diese krÀftigende All-
g e in e i n b e h a n d 1 u n g geschieht mit altbewÀhrtem Er-
folge z. B. durch physikalische MaĂnahmen, wie BĂ€der ver-
schiedenster Art, WĂ€rme, Gymnastik und Massage. In der
dadurch erreichten Anregung und StÀrkung der Lebenskraft
aller Körperzellen liegt der Wert dieser Heilfaktoren auch
bei anderen SchwÀchezutÀnden, insbesondere bei Nieren-
und Herzkrankheiten.
Die entzĂŒndlichen Oedeme unterscheiden sich somit von
den SchwÀche-Oedemen auch hinsichtlich der erforderlichen
Behandlung. Die entzĂŒndlichen Lymphstauungen, Oedeme
wie ErgĂŒsse in seröse Höhlen, verlangen zwar auch BegĂŒn-
stigung des Lymphabflusses, aber gleichzeitig Ruhe und
Herabsetzung der gesteigerten ZelltĂ€tigkeit. Die EntzĂŒn-
dungs-Oedeme sind h y p e r s e k r e t o r i s c h e , die
S c h w À c h e - O e d e m e dagegen hypomotorische
L y m p h s t a u u n g e n. E^s erscheint daher nicht unbe-
rechtigt, daĂ manche Forscher und Aerzte beide Arten auch
durch ihre Benennung linterschieden wissen wollen, und die
Bezeichnungen Wassersucht, Hydrops und Oedem auf die
asthenischen Lymphstauungen beschrÀnken, die wir jetzt
als auf ĂŒbermĂ€Ăiger Verminderung der ZelltĂ€tigkeit und des
osmotischen Zelldruckes beruhend nachgewiesen haben.
Es trifft aber nicht zu, wenn Langerhans17) angibt,
daĂ nur bei jedem âwahren", d. h. asthenischen, âHydrops
die wĂ€sserige FlĂŒssigkeit als solche aus den zirkulierenden
SĂ€ften abgeschieden" wird. Denn einerseits ist auch bei den
SchwĂ€che-Oedemen die gestaute GewebsflĂŒssigkeit mit Aus-
scheidungen der noch tÀtigen Gewebszellen vermischt, an-
dererseits wird auch bei den EntzĂŒndungs-Oedemen die
wĂ€sserige FlĂŒssigkeit als solche aus den zirkulierenden
SĂ€ften in vermehrter Menge allgeschieden. Der Unter-
s c h i e d liegt vielmehr darin, daĂ bei den h ypersek r e -
t o r i s c h e n Hydropsien die Blutstoffe von den G e w e b s -
zellen vermehrt und verstÀrkt angesaugt werden, bei
den hypomotori sehen dagegen zumeist aus dem
Blute vermehrt und verstĂ€rkt herausgedrĂŒckt wer-
den: bei jenem liegt' die causa movens in der gesteiger-
ten Saugkraft der Gewebszellen, bei diesen,
wenn auch keineswegs immer, in dem e r höht e n
D ruck d es Blutes. In beiden FĂ€llen a b e i
ist die gemeinsame, primÀre Ursache
gegeben durch die â gesteigerte oder ge-
schwĂ€chte â LebenstĂ€tigkeit d e r Gewebs-
zelle n.
Eine besondere Stellung scheinen die toxisch e n
O e d e m e einzunehmen. Diese sind die Folgen von Zell-
SchÀdigungen sowohl durch körperfremde, exogene
Gifte als auch durch endogene, im Körper selbst entstan-
dene, wie z. B. die HarnsÀure. Diese spezifische ZellschÀdi-
gung kann nun sowohl mit einer Steigerung als auch
mit einer Herabsetzung der LebenstÀtigkeit und
Lymphbildung der betroffenen Gewebszellen verbunden sein.
Die toxischen Lymphstauungen können daher sowohl als
hypersekretorische wie auch als hypomotorische Oedeme auf-
treten. Ihre Lokalisation ist teils eine rein zufÀllige,
wie bei Insektenstichen, teils beruht sie auf einer spezifischen
10. Jahrg. â Nr. 31/32.
Bösser: Impfschutz
61.")
K in p f Ă€ n g 1 i c h k o i t (als âinnerer Ursache") gewisser
Organzellon fĂŒr gewisse Gifte. So bevorzugen die Gifte der
santheniatischen Hautkrankheiten das Hautgewebe, andere
ie Nieren usw. Infolgedessen ist die Entstehung der
oxisehen Oedeme grundsÀtzlich unabhÀngig von der
'chwerkraft, wie es u. a. die âflĂŒchtigen" Oedeme bei
ierenleiden zeigen, deren Ursache in der örtlichen Gift-
irkung zurĂŒckgehaltener Harnstoffe l>csteht. Dagegen sind
ie spÀter auftretenden Oedeme bei vorgeschrittener Erkran-
ung der Nieren asthenische Oedeme als Ausdruck und
olge der gleichzeitig I>estehenden allgemeinen Zell -
wache.
Da nun die toxischen Oedeme sowohl hyper-
retorischer als auch hypomotorisclier Art sein können,
erhebt sich die Frage, ob nicht (auĂer den
in mechanischen) alle Hydropsien toxischer
atur sind. FĂŒr die positive Entscheidung dieser
rage spricht die Tatsache, daĂ einfache Inanition
ohl zu einer allgemeinen ZellschwÀche und sogar zum
ode fĂŒhren kann, aber nicht mit Wassersucht verbunden
t.18) Ferner liegen bei allen entzĂŒndliehen Oedemen Gift-
irkungen vor, und auch bei den SchwÀche-Oedemen sind
ohl stets irgendwelche ZellschÀdigungen oder Stoff-
echselstörungen vorhanden, wie z. B. DurchlÀssigkeit der
apillarwandungen bei Hypertonie und venöser Stauung der
erzkranken, mangelhafte Beschaffenheit und Zusammen -
tzung des Blutes bei den Dysaemischen, zurĂŒckgehaltene
arhfÀhige Stoffe bei Nierenleiden usw.
Alle Hydropsien beruhen unmittelbar auf einer
chÀdigung einer funetio laesa, derjenigen Ge-
ebszellen, die dicht vor dem AbfluĂhindernis, also im
tauungsgebiet, liegen. Insofern neben der ZellverÀnderung
uch eine ĂŒbermĂ€Ăige Steigerung der ZelltĂ€tigkeit durch
ie wirksame Ursache ausgelöst wird, entsteht das hyper-
kretorische Oedern; ist die ZellverÀnderung jedoch mit einer
heblichen ZellschwÀchung und Herabsetzung des Sekre-
onsdruckes verbunden, dann entsteht das asthenische, hypo-
otorische Oedem.
Bei örtlicher BeschrÀnkung des SchwÀchezustandes
treten die asthenischen Oedeme örtlich begrenzt auf, bei
öĂerer Ausdehnung des geschwĂ€chten Gebietes, z. B. an
em gelÀhmten Glied, und bei allgemeiner ZellschwÀche
ginnt die Hydropsie in den tiefstgelegenen Geweben, weil
rt die Lymphe bei sonst gleichen physiologischen Wider-
stÀnden zuerst nicht mehr entgegen der Schwere in die ab-
leitenden LymphgefĂ€Ăe emporgedrĂŒckt werden kann.
In Verbindung mit herabgesetzter LeistungsfÀhigkeit
des Körpers kennzeichnen die Lymphstauungen, Oedeme
und freie hydropische ErgĂŒsse, die allgemeine Zell-
schwÀche als einen besonderen ,Krankheits-
ii st and, der den verschiedensten Krankheiten wie Blut-
mut, Nierenleiden, Kreislaufstörungen, Infeklionskrank-
iten, Krebs usw. aufgepfropft sein kann und wegen seiner
ist sehr ernsten Bedeutung eine besondere, seiner Ent-
tehung entsprechende, ursÀchliche Behandlung
erfordert. Die Wassersucht ist die Folge und der Ausdruck
einer allgemeinen ZellschwÀche, sie wird daher geheilt oder
gebessert nur durch eine allgemeine ZellkrÀfti-
gung: durch Begeneration der Zellsubstanz und Aktivie-
rung der Zellfunktion zur Steigerung des osmotischen und
sekretorischen Zelldruckes als Ursache fĂŒr die Lvmph-
bewegung.
Literatur.
1. Landois-Rosemann. Lehrbuch der Physiologie des
Menschen. 16. Aufl., 1919, S. 336.
2. R. LangerJians, GrundriĂ der pathologischen Anatomie.
1896, Seite 68.
f Landois-Rosemann, Physiologie, Seite 335.
4. Herausgegehen von A. Eulenburg, 3. Aufl.. 1897. 14. Bd..
Seite 185. Abhandlung ĂŒber die Lymphe.
5. Landois-Rosemann, Seite 332.
6. Eulen bĂŒrg, RealenzyklopĂ€die, 1896. Bd. 11, Seite 130.
7. Landois-Rosemann, Seite 334.
8. Die physikalische Chemie in der inneren Medizin. Leipzig,
Stemkopf, 1921, Seite 165.
9. Maedicke, Ueber Scheintod, Leben und Tod. Ein Beitrag
zur Lehre vom Leben und von der Wiederbelebung. Medizi
niseh-biologischcr Verlag von End] Pah] in Dresden. 1922.
10. L a ndoi s - R o s e n a n n, Seile 332.
11. Seh ade. Seile 165.
12. Scha de, Seite 96.
13. L a n d o i s - R o s e m a n n. Seite 333.
14. Ilaedicke, Ueber Scheintod usw.
15. L a ndoi s- Ro se m a n n, Seite 333.
16. Hnedickc, Leber Krankheil und die drei Krankheit«
Ursachen. â Der praktische Arzt. Beperlorium der prakti-
schen Medizin. Herausgeber: I) Jankau in Planegg bei MĂŒn-
chen. Nr. 8/9 vom April 1922.
18. Pathologische Anatomie. Seile 08.
19. Nach Samuel. Euleniburgs Real-EnzyklopÀdie, Band XI.
Seite 129.
Wie lange dauert der Impfschutz?
Von Dr. med. Friedrich Bösser in Hannover.
Durch das sogenannte J e n n e r sehe Experiment â erst
Kuhpockenimpfung, dann nach einigen Wochen oder Monaten
Inokulationsversuch mit echtem Pockenvirus â wurde zu-
nÀchst nur eine Mindest- Schutzdauer derselben Wo-
chen- und Monatszahl erwiesen. Auf die Frage nach der
Dauerhaftigkeit dieses Zustandes hat uns dieses berĂŒhmte Ex-
periment, wenn auch hundert- und tausendfach noch zu
I e n n e r s Zeiten nachgemacht, keine Antwort gegeben. Man
hielt es eben damals, unter dem suggestiven EinfluĂ der J e n -
ner sehen Idee lebenslĂ€nglicher ImmunitĂ€t, garnicht fĂŒr nö-
tig, das Experiment auch in gröĂeren als mehrmonatlichen
ZwischenrÀumen, etwa jÀhrlich oder alle paar Jahre an ein und
demselben Impfling zu wiederholen. SpÀter aber, als die
Jahre der EnttÀuschung kamen und die anfÀngliche Begeiste-
rung einer kritischen ErnĂŒchterung Platz gemacht hatte, da
fand wohl niemand mehr den Mut zu solcher NachprĂŒ-
fung, ganz abgesehen davon, daĂ inzwischen in den meisten
europÀischen LÀndern die Inokulation streng untersagt worden
war. Zugleich aber bot sich in der Wiederimpfung mit
Vaccine ein scheinbar sicherer, jedenfalls ziemlich ungefÀhr-
licher Weg zu demselben Ziel, und so trat allmÀhlich an die
Stelle des J e n n e r sehen Axioms vom lebenslÀnglichen Impf-
schutz die neue, jetzt noch herrschende Lehre von der ca.
zehnjÀhrigen Schutzdauer.
Gegen beide experimentelle Methoden â Inokulation und
Revaccination â kann aber eingewendet werden, daĂ sie die
natĂŒrliche Resistenz (H. Buchner, 1894)1) ganz
auĂer Acht gelassen haben, die, bald steigend, bald sinkend,
bald garnicht vorhanden, bald sehr ausgesprochen, jedenfalls
dauernd in den kĂŒnstlich erzeugten ImmunitĂ€tszustand hinein-
spielt, ihn verstÀrkt, ihn abschwÀcht, insbesondere auch ihn
nach seinem Ablauf noch vortÀuscht und so den nach klaren
unzweideutigen Ergebnissen strebenden Experimentator be-
harrlich in die Irre fĂŒhrt.
Die natĂŒrliche Resistenz gegen Pocken und Vaccine tritt
uns nun entweder als absolute oder als temporÀre
ImmunitĂ€t entgegen. Einige groĂe Ărzte der Vor-Impf-
zeit, wie Boerhave, Morgagni und Diemer-
b r o e c k erfreuten sich der ersteren. J e n n e r s Söhnchen
Robert erwies sich im Alter von 1 1 Monaten als immun gegen
Vaccine, spÀter aber als nicht immun gee-en Inokulation. Bei
manch einem ist in der Vor-Impfzeit wiederum die Inokulation
erfolglos geblieben, der aber dann spÀter doch an den Pocken
erkrankte (Gregory, 1845). âĂhnliche Beobachtungen
machte man auch neuerdings noch wiederholt bei ungeimpft
gebliebenen Personen; sie lassen sich ohne die Annahme einer
temporĂ€ren ImmunitĂ€t fĂŒglich nicht erklĂ€ren. FĂŒr vaccinierte
und namentlich fĂŒr revaccinierte Personen lĂ€Ăt sich der ana-
loge Beweis weniger strikt fĂŒhren, da die Schutzkraft der
Vaccine leider keine einheitliche, genau bestimmbare Dauer be-
sitzt. Immerhin scheint festzustehen, daĂ auch auĂerhalb der
annehmbaren Grenzen des möglichen Impfschutzes (und so-
mit unabhÀngig von diesem) ZustÀnde von tempo-
rÀrer ImmunitÀt existieren, welche das betreffende Individuum
zur gegebenen Zeit vor Ansteckung sicherstellen. Insoweit es
Stern: Kalzan
40. Jahrg. â Nr. 31/32.
sich nun hier nicht um sonstwie kranke , son-
dern um gesunde Personen handelt, entzieht sich die betref-
fende Erscheinung vorderhand noch gÀnzlich unserem Ver-
stÀndnis." (Immermann, 1896)2). Dieses eine Zitat, leicht
verzehnfachbar, möge an dieser Stelle genĂŒgen zum Beweise,
daĂ Revaccination wegen des Hineinspielens der natĂŒrlichen
Resistenz keine strenge Beweiskraft fĂŒr die Impfschutzdauer
besitzt.
Ich will nun in Folgendem versuchen, die Frage nach der
Dauer des Impfschutzes auf einem anderen Wege zu lösen, so-
zusagen philologisch-textkritisch, indem ich an der Hand von
J e n n e r s eigenen AusfĂŒhrungen zu ermitteln suche, w i e
lange denn eigentlich eine natĂŒrliche Kuh-
pocken e r k r a n k u n g gegen eine ebensolche
Zweiterkrankung Schutz verleiht. Zwar hat
J e n n e r bekanntlich gelehrt, âder Körper sei stets zum febri-
len Angriff der Kuhpocken disponiert . . . der menschliche
Körper sei jederzeit in der Lage, den fieberhaften Anprall der
Kuhpocken zu empfinden" (S. 36 der âUntersuchung . . .")
â indes, wenn man genau hinsieht, auf Grund welcher Tat-
sachen denn J e n n e r zu diesem âstets" und âjederzeit" ge-
kommen ist, so bemerkt man mit Verwunderung, daĂ diese
beiden Zeitbestimmungen sich auf einen Zeitraum von
drei Jahren beziehen! In seinem 9. Fall (S. 18 der F o s s e 1 -
sehen Ăbersetzung)3) erzĂ€hlt uns J e n n e r nĂ€mlich die Kran-
kengeschichte des Pferdeknechtes Wilhelm Smith aus Pyrton;
dieser zog sich zuerst im Jahre 1780 die natĂŒrlichen Kuh-
pocken zu; elf Jahre spÀter, im Jahre 1791 bekam er die
Krankheit zum zweiten Male und nach kaum drei Jahren,
1794 zum dritten Male! Alle drei Kuhpockenerkrankungen
verliefen gleichmĂ€Ăig schwer, wie Jen n er ausdrĂŒcklich
hervorhebt; die Vaccine-ImmunitÀt muà also jedesmal voll-
stĂ€ndig erloschen gewesen sein, und eine temporĂ€re natĂŒr-
liche ImmunitÀt kann hier auf keinen Fall, die Unzweideutig-
keit der Sache störend, dazwischen gekommen sein. Mithin
haben also die Kuhpocken in diesem 9. Fall
Jenners einen höchstens dreijÀhrigen
Schutz gegen ihr eigenes Virus gewĂ€hrt! â
An einer spÀteren Stelle kommt J e n n e r noch einmal auf die-
sen Fall zurĂŒck, indem er als angeblich analogen Fall den der
bejahrten Kuhmagd Elisabeth Wynne anfĂŒhrt, die bereits im
Jahre 1759 die Kuhpockeh durchgemacht und sie gleichwohl
3 9 Jahre spÀter, 1798, zum zweiten Male bekommen habe!
Diese naive Verwunderung beleuchtet uns J e n n e r s Vorstel-
lungen von ImmunitÀt aufs deutlichste: er glaubte fest an das
uralte , der arabischen Medizin entstammende Dogma vom
lebenslĂ€nglichen Schutz durch Ăberstehen der natĂŒrlichen
Pocken, er glaubte nicht minder fest an sein eigenes neues
Dogma vom lebenslĂ€nglichen Pockenschutz durch Ăberstehen
der natĂŒrlichen oder der kĂŒnstlichen Kuhpocken, und da
muĂte es ihm gewiĂ höchst seltsam vorkommen, daĂ die Kuh-
pocken nicht auch gegen Kuhpocken einen lebenslÀnglichen
Schutz hinterlieĂen; es ist auffallend, so sagt er a. a. O. S. 30,
daà das Kuhpockengift, obzwar es den Körper gegen die Blat-
tern unempfÀnglich macht, ihn nichtsdestoweniger in Bezie-
hung auf seine eigene Wirkung ungeĂ€ndert belĂ€Ăt. Unter Immu-
nitÀt verstand also J e n n e r lediglich einen lebenslÀnglichen
Zustand; es kam ihm garnicht in den Sinn, daà ImmunitÀt
schon nach wenigen Jahren erlöschen könne. Folglich sprach
er also den Kuhpocken jegliche immunisierende Kraft gegen
ihr eigenes Virus ab und erklĂ€rte kurz und bĂŒndig, man könne
âjederzeit" und âstets" die Kuhpocken bekommen und mit
Vaccine erfolgreich geimpft werden. Der dreiĂig Jahre lang
beharrlich verfolgten Lieblingsidee zu Gefallen erfand also
J e n n e r einen garnicht vorhandenen Gegensatz zwischen
Verlauf und Wirkung der beiden Infektionskrankheiten, einen
Gegensatz, den wir heutzutage schon deshalb ablehnen mĂŒs-
sen, weil wir nicht mehr wie J e n n e r die Kuhpocken auf die
Mauke der Pferde zurĂŒckfĂŒhren, vielmehr bestimmt wissen,
daà Kuhpocken nichts anderes als eine abgeschwÀchte Form
der Menschenpocken sind.
SchĂŒtzt nun aber das abgeschwĂ€chte Virus gegen sich
selbst kaum drei Jahre, so wird der von ihm gegenĂŒber dem
stĂ€rkeren Virus ausgeĂŒbte Schutz auf keinen Fall von lĂ€ngerer,
sondern aller Wahrscheinlichkeit nach von weit kĂŒrzerer
Dauer sein, und deshalb dĂŒrfteman derWahrheit
ziemlich nahekommen, wenn man den direk-
ten Pockenschutz der Vaccination und Re-
vaccination höchstens auf je 2 â 3 Jahre ver-
anschlagt, wie denn auch gerade nach dieser Zeit wieder-
holt Zweiterkrankungen an Pocken bestimmt vorgekommen
sind. (Heinr. Curschmann, 1874).4)
Literatur.
*) H. Buchner, âĂber die natĂŒrlichen HilfskrĂ€fte des Organis-
mus gegenĂŒber den Krankheitserregern", MĂŒnch. Mediz. Wochenschrift
Nr. 30, 1894, und âNeuere Fortschritte in der ImmunitĂ€tsfrage", ebenda,
Nr. 25. â -') Spezielle Pathologie und Therapie, hrsg. von Noth-
nagel, 1896, IV. Bd., IV. Teil. Variola (inclusive Vaccination), Seite
13. â 3) Klassiker der Medicin, hrsg. von Sud hoff, 1911, Band 10:
Edward Jenners Untersuchung ĂŒber die Ursachen und Wirkun-
gen der Kuhpocken. Ăbersetzt und eingeleitet von Prof. Dr. Viktor
Fossel. â 4) Handbuch der Speziellen Pathologie und Therapie,
hrsg. von Ziemssen, 1874, II. Bd. (Handb. d. akut. Infekttonskrankh.,
II. Teil), Seite 309.
Aus dem Kreiskrankenhause zu Bernau bei Berlin.
Beitrag zur Wirkung des âKalzans"
Von San.-Rat Dr. Curt Stern, Chefarzt.
Die Kalk zufuhr sowie die Kalk r e t e n t i o n hÀngen
zum groĂen Teil von den genossenen Nahrungsmitteln ab.
Ist sowohl die Zufuhr wie die Retention oder eins von den
beiden zu gering, so kommt es durch Kalkverlust zu einer Er-
krankung des Organismus, so zu Diabetes, Rachitis und Tu-
berkulosekrankheiten, bei denen der absolute wie relative Kalk-
gehalt der Knochen und Weichteile abnimmt, besonders durch
die hÀufig eintretende Acidosis. Es ist daher leicht erklÀrlich,
daĂ sehr oft sowohl dem noch gesunden, als auch besonders
dem schon erkrankten Organismus, besonders jetzt, bei der
vorhandenen Milchknappheit, kĂŒnstliche Kalksalze zugefĂŒhrt
werden mĂŒssen, um das notwendige Kalk-MagnesiaverhĂ€ltnis
im Organismus herzustellen. Bei der Zufuhr von Kalk kommt
es aber vor allem auch darauf an, dass dieser wirklich re-
tiniert und nicht sofort wieder ausgeschieden wird. Ein
PrĂ€parat, welches diese Bedingungen erfĂŒllt, d. h. so-
wohl die Kalkzufuhr erhöht als auch die Kalkretention för-
dert, sind die nach den Vorschriften von Emmerich und
Loew hergestellten âKalzan"-Tabletten (Hersteller: Chem.
Fabrik Johann A. WĂŒlfing, Berlin), welche ein Doppel-
salz aus milchsaurem Kalk und milchsaurem Natron dar-
stellen. Ich habe im letzten halben Jahre dieses PrÀparat sor
wohl klinisch als auch poliklinisch zu ^erproben Gelegenheit
gehabt und bin mit dem Resultate im GroĂen und Ganzen
zufrieden. Gleich hier möchte ich hervorheben, daà ich nie-
mals, bei noch so langer Darreichung, die sich bei den ein-
zelnen Patienten ĂŒber 5 Monate erstreckte, irgendwelche
SchÀdigungen sah; es traten niemals Magen-Darmstörungen
oder Nierenreizungen ein; das PrÀparat wurde auch von Kin-
dern gern genommen. Die Patienten verlangten oft selbst
nach dem âKalzan", da sie sich bei dem GenuĂ des PrĂ€parates
meist wohler und krĂ€ftiger fĂŒhlten.
ZunĂ€chst habe ich âKalzan" oft Monate lang bei Lun-
gentuberkulose angewendet, und zwar oft mit un-
zweifelhaft gutem Erfolge. Es ist selbstverstÀndlicherweise
kein Spezifikum, ist aber neben der Anwendung der ĂŒblichen,
teils physikalisch-diÀtetischen, teils spezifischen Heilmethode
sicherlich oft mit die Veranlassung zu dem gĂŒnstigen Resultate
gewesen. Eine ErklĂ€rung der Wirksamkeit des âKalzans" bei
der Tuberkulose sehe ich mit Gumpert darin, daĂ die Tu-
berkulösen an einer Kalkarmut der Weichteile, besonders der
Lungen leiden, und daĂ diese Kalkarmut durch die Darrei-
chung von âKalzan" gebessert wird. Oft hat sich der Appetit
gehoben, das Fieber ist zurĂŒckgegangen, das Allgemeinbefin-
den hat sich gebessert. Ich habe bei Darreichung von Kalzan
erhebliche Gewichtszunahmen erzielt.
40. Jahrg. â Nr. 31/32.
Dreuw: Pravaznadeln im Unterhautzellgewebe.
5K
Ganz besonders möchte ich aber hier zwei Symptome
hervorheben, gegen die das Kalzan geradezu hervorragende
Dienste geleistet hat, nĂ€mlich die quĂ€lenden NachtschweiĂe
und die HĂ€moptoe. Ob das Kalzan die SchweiĂsekretion
durch Beeinflussung der peripheren Nerven oder des in der
Medulla gelegenen SchweiĂzentrums oder indirekt durch eine
allgemeine KrÀftigung des Körpers hemmt, ist schwer zu sa-
uen, fast möchte ich mich zu der ersten Ansicht bekennen, weil
die Wirkung oft schon nach zwei- bis dreitÀgiger Darreichung
auftrat. Es sei mir gestattet, hier eine kurze Krankengeschichte
anzufĂŒhren, aus der die Wirkung besonders klar hervorgeht.
Frau K., 21 Jahre alt, leidet seit 7 Jahren an doppelseiti-
ger Lungen- und seit 3 Jahren auch an Kehlkopf tuberkulöse.
Im Auswurf zahlreiche Tbc. Patientin ist körperlich sehr her-
untergekommen, abendliche Temperatursteigerungen bis 38,5
Grad. QuĂ€lender Husten. NachtschweiĂe sind so stark, daĂ
Patientin in der Nacht stets das Hemd wechseln muĂ. Kalte
Abreibungen, Einpuderungen mit Salicyltalkum, Darreichung
von Atropin ohne Erfolg. Am vierten Tage nach Aufnahme
in das Krankenhaus nachmittags und abends je zwei Kalzan-
Tabletten. Am dritten Tage dieser Verordnung Nachlassen,
am fĂŒnften Tage vollstĂ€ndiges Schwinden des SchweiĂes.
Nach vierzehn Tagen nur noch abends zwei Tabletten, die
SchweiĂe bleiben fort, nach weiteren vierzehn Tagen kein
Kalzan mehr. SchweiĂe bleiben fort, stellen sich aber wĂ€h-
rend der Menses in geringem Grade wieder ein. Nach Dar-
reichung von zwei Tabletten des abends sofortiges Wiederver-
schwinden der SchweiĂe. Seitdem werden dauernd â jetzt
schon zweieinhalb Monate lang abends zwei Tabletten ge-
geben, die SchweiĂe bleiben fort. Patientin kann nachts
schlafen.
Die Wirkung bei HÀmoptoe ist wohl auf die Erhöhung
der GerinnungsfĂ€higkeit des Blutes durch Kalksalze zurĂŒckzu-
fĂŒhren. Ich kann mich hier der Ansicht von Klare durchaus
anschlieĂen, der die Anwendung des Kalzans bei HĂ€moptoe
dringend empfiehlt. Als Beispiel gelte folgender Fall: Ida F.,
18 Jahre alt, DĂ€mpfung der rechten Lungenspitze vorn bis zum
nteren Rand der zweiten Rippe, hinten bis an die Schulter-
lattgrÀte. Im Bereich der DÀmpfung feinblasige Rasselge-
rÀusche. Im Auswurf Tbc. Am 25. 4. HÀmoptoe, etwa eine
Spuckflasche voll, Temperatur 38,4 Grad. Therapie: Bettruhe,
Eisblase. Drei mal tÀglich zwei Kalzan-Tabletten. In der
Nacht noch etwas Blut, am anderen Tage Sputum noch mit
blutigen Streifen durchzogen, am nÀchsten Tage blutfrei. Pa-
tientin erhÀlt von nun an tÀglich zweimal je zwei Kalzan-Ta-
bletten, es treten keine Blutungen mehr auf, Temperatur nor-
mal, Allgemeinbefinden gut. Patientin wird am 10. 6. als ar-
beitsfÀhig entlassen.
Auch bei skrophulösen Kindern hat mir das Kalzan oft
sehr gute Dienste geleistet. Besonders bei den schlechten. Er-
nÀhrungsverhÀltnissen scheint es mir geboten, Kindern Kal-
zan zu geben; ich habe bei Kindern, denen ich monatelang
erst tĂ€glich sechs, dann vier Tabletten gab, ein ZurĂŒckgehen
der DrĂŒsenschwellung, der Augen- und NasenentzĂŒndung und
eine Erhöhung des Körpergewichtes eintreten sehen.
Nach der Empfehlung von W e i c k s e 1 habe ich im
etzten halben Jahre vier FĂ€lle von Asthma bronchiale auĂer
mit Einspritzungen von Adrenalinlösungen und strenger DiÀt
auch mit groĂen Dosen Kalzan behandelt und habe in drei
FĂ€llen gute Erfolge erzielt. Ich habe in den ersten vierzehn
Tagen nach Aufnahme in das Krankenhaus tÀglich je acht
Tabletten Kalzan gegeben und bin allmÀhlich bis auf tÀglich
zwei heruntergegangen. Der Erfolg war der, daĂ ein Patient
jetzt seit fĂŒnf Monaten anfallsfrei ist, wĂ€hrend er frĂŒher min-
destens einmal in jeder Woche von ĂŒberaus heftigen AnfĂ€llen
geplagt wurde. Bei den anderen beiden sind die AnfÀlle jetzt
drei Monate lang ausgeblieben, solange sie in meiner Behand-
lung sind. â DaĂ es sich bei der Kalktherapie um eine KrĂ€fti-
gung der Zelle und so des Gesamtorganismus handelt, habe
ich bei folgendem Falle gesehen:
FrÀulein Kr., 24 Jahre alt, Buchhalterin, kam in trost-
losem Zustande in das Krankenhaus. Patientin war so
schwach, daĂ sie von zwei Schwestern in das Krankenhaus ge-
fĂŒhrt werden muĂte. Die Gesichtsfarbe ist auffallend blaĂ,
die sichtbaren SchleimhĂ€ute fast weiĂ. Puls 120 in der Ruhe,
unregelmĂ€Ăig, oft aussetzend. Systolisches GerĂ€usch an der
Herzspitze, sonst innere Organe ohne besonderen Befund. Zu-
nÀchst Verdacht auf perniziöse AnÀmie oder LeukÀmie, der sich
aber bei mikroskopischer Untersuchung des Blutes nicht be-
stÀtigt. HÀmoglobingehalt bei der Aufnahme 40, Gewicht
45 kg. Patientin wurde frĂŒher mit Eisen- und ArsenprĂ€paraten
ohne Erfolg behandelt. Patientin erhÀlt neben krÀftiger Kost
â besonders Milch und GemĂŒse â anfĂ€nglich tĂ€glich je acht,
dann sechs, in den letzten vier Wochen je vier Kalzan-Ta-
bletten. Nach zweimonatigem Aufenthalt im Krankenhaus hat
sich das Bild geÀndert.
Die Kranke macht einen besseren Eindurck, die Gesichts-
farbe ist gesĂŒnder, die sichtbaren SchleimhĂ€ute sind rosa. Puls
84 in der Ruhe, regelmĂ€Ăig, HĂ€moglobinp-ehalt des Blutes
75, Gewicht 53 Kilo. Die subjektiven Beschwerden, wie
Kopfschmerzen, die groĂe KörperschwĂ€che sind zurĂŒckge-
gangen. Die Patientin wird als arbeitsfÀhig entlassen.
Hier hat die erhöhte Kalkzufuhr zur Erhöhung des HÀ-
moglobingehaltes des Blutes beigetragen, ferner trat die auch
schon von L o e w hervorgehobene Wirkung auf die Herz-
nerven zu Tage, indem â der Vagus als Herzhemmer so ge-
krÀftigt wurde, daà das lÀstige Herzklopfen nach kurzer Zeit
verschwand. â Auch fĂŒnf FĂ€lle von Arteriosklerose habe ich
erfolgreich mit Kalzan-Tabletten behandelt. Wie B e r t h o 1 d
nachgewiesen hat, bedĂŒrfen die Arteriosklerotiker einer er-
höhten Kalkzufuhr, weil sie den Kalk, den sie zum Schutze der
erkrankten ArterienwÀnde benötigen, dem Knochensystem
entziehen. Die erhöhte Kalkzufuhr setzt den Blutdruck herab,
und hierdurch wird wahrscheinlich die Besserung erzielt.
Herr Kl., 70 Jahre alt, leidet an schweren AnfÀllen von
angina pectoris, die besonders beim Gehen eintreten. Der
zweite Aortenton ist deutlich klappend, der Radialpuls drahtig,
die SchlÀfenarterie stark gewunden, Blutdruck 145. Dia-
gnose: Arterienverkalkung, besonders auch Verkalkung der
Herzkranzarterie. Behandlungsweise: Leichte DiÀt, wenig
FlĂŒssigkeit, beim Einsetzen der AnfĂ€lle von angina pectoris
eine Nitroglyzerin-Tablette (Vi mgr), tÀglich je zwölf Kalzan-
Tabletten, die allmÀhlich auf sechs herabgesetzt werden. Nach
zweimonatiger Behandlung kann Patient als âgebessert" ent-
lassen werden. Blutdruck 130. Die Angina pectoris-AnfÀlle
sind seltener, kĂŒrzer und weniger schmerzhaft geworden.
Kalzan hat mir auch bei Rachitis gute Dienste geleistet.
Die Kinder, denen ich monatelang dreimal tÀglich je zwei Kal-
zan-Tabletten gab, zeigten eine gesunde Gesichtsfarbe, das
Körpergewicht hob sich, das Allgemeinbefinden wurde besser.
ErwÀhnen möchte ich noch zwei FÀlle von Hemicranie.
Beiden Patienten, die an heftigen, hÀufigen AnfÀllen litten,
welche durch unsere gewöhnlichen Antipyretika kaum beein-
fluĂt wurden, zeigten nach vierwöchigem Gebrauch von tĂ€g-
lich acht, dann sechs Kalzan-Tabletten eine bedeutende Bes-
serung. Die AnfÀlle traten seltener auf und waren weniger
heftig.
Durch Kalzan wird sowohl die Kalkzufuhr gesteigert, als
auch die Kalkretention gehoben. Ich möchte nach meinen Er-
fahrungen den Kollegen dringend raten, von der Kalk-Thera-
pie noch mehr als bisher Gebrauch zu machen.
Schutz vor dem Verkriechen etwa abgebrochener
Pravaznadeln in das Unterhautzellgewebe.
Von Dr. med. D r eu w - Berlin.
Bei den Einspritzungen, namentlich in die GlutÀen (Ein-
spritzungen von Quecksilber- oder anderen Lösungen), bei
welchen man, um die Schmerzhaftigkeit herabzusetzen, die
Nadel mit einer gewissen Wucht und Schnelligkeit bis an das
Ende der Nadel ins Gewebe stöĂt, bricht nicht selten die Na-
del dort ab, wo sie mit dem AnsatzstĂŒck verlötet ist. Gelingt
es nicht, den nur kurz herausragenden Teil mit der Pinzette
Standesfragen und soziale Mediziu 10. Jahrg. â Nr. "3 1/32.
zu fassen, so sind die Folgen fĂŒr Arzt und Patient gleich un-
angenehme. Um dieses Hineingleiten der abgebrochenen Na-
del ins Gewebe zu verhindern, habe ich die Firma Agema
(frĂŒher L. und H. Loewenslein) beauftragt, eine Metallperle
zu fabrizieren, in dessen Oeffnung die Nadel sitzt. Die Me-
tallperle wird mittels einer seitlichen kleinen Schraube gegen
das Ende der Nadel festgeschraubt, so daĂ, wenn die letztere
an der Lötstelle abbricht, die Metallperle das Eindringen des
herausragenden Endes in das Gewebe verhindert. Gegebenen-
falls kann die Metallperle auch durch eine innere Feder fest-
gehalten werden.
Standesfragen und soziale Medizin.
Reifezeugnisse österreichischer Lehranstalten.
Durch eine Ăekanntmachung des Reich sministers des In-
nern vom 21. 11. 21. wird bestimmt, daĂ die Reifezeugnisse der
österreichischen Gymnasien und Realgymnasien hinsichtlich der
Zulassung zu den Hochschulstudien ebenso bewertet werden, w ie
die der deutschen Gymnasien und Realgymnasien. Das gleiche
gilt in Oesterreich fĂŒr die Zulassung der Studierenden fĂŒr Reife-
zeugnisse deutscher Gymnasien und Realgymnasien.
A 1 e x a n d e r.
Abkommen der Berufsgenossenschaften mit Aerzten und
Krankenkassen.
Das wiederholt angekĂŒndigte und doch immer nicht vollendete
Abkommen zwischen dem Leipziger VerbÀnde und dein
VerbÀnde der Berufsgenossenschaften scheint nun talsÀchlich ge-
schlossen zu sein, wenngleich, wie wir hören, ĂŒber einige Punkte
des Abkommens Verhandlungen noch schweben. Der 1. Abschnitt
ist dazu bestimmt, die Mitwirkung der Aerzte bei der Ueber-
nahme des Heilverfahrens durch die Berufsgenossenschaflcn in
den ersten 13 Wochen herbeizufĂŒhren. Der 2. Abschnitt betrifft
die Berichte, Zeugnisse und Gutachten. Die pĂŒnktliche Erstattung,
die bisher manches zu wĂŒnschen ĂŒbrig lieĂ und in einzelnen
FĂ€llen das Eingreifen der Aerztekammern erforderte, soll in Zu
kunft sichergestellt werden. Der 3. Abschnitt handelt von den
GebĂŒhren. Die PreuĂische GebĂŒhrenordnung, soweit sie bis
1. April besteht, bestimmt als Höchstsatz das Dreifache des
Mindestsatzes fĂŒr die Berufsgenossenschaften. Vereinbart isl in
dem Abkommen das Doppelte des Mindestsatzes. Hoffentlich wird
die neue GebĂŒhrenordnung mit der BegĂŒnstigung der Berufsge-
nossenschaften aufrÀumen, da sie weder Behörden sind, noch zu
den Minderbemittelten gehören. Damit entfÀllt auch die Notwen-
digkeit der Bestimmung des Abkommens. In der Tat sind auch
in dem Abkommen die SĂ€tze fĂŒr bestimmte Leistungen gegen die
der GebĂŒhrenordnung bereits ĂŒberschritten. FĂŒr Behandlung in
Heilanstalten und Instituten sollen PauschsÀtze, die örtlich zu
vereinbaren sind, eintreten. Es sind DurchschnitlssĂ€tze fĂŒr das
ganze Reich festgesetzt. FĂŒr Berichte und Gutachten sind Vor
drucke vorgesehen, die beiderseits vereinbart werden sollen. FĂŒr
das 1. Renlcngutachttn und das Renlenkonlrollgulachten werde«
je zwei Vordrucke, ein kĂŒrzerer und ein ausfĂŒhrlicherer ausge
arbeitet. Der 4. Abschnitt regelt das Verfahren bei Streitigkeiten
Zur Entscheidung wird ein Schiedsgericht gebildet. Im 5. Ab-
schnitt wird der Fall der Àrztlichen Behandlung ohne Auftrat; der
Berufsgenossenschaften geregelt, vor allem aber eine Arbeit âą>-
Gemeinschaft zwischen Aerzten und Berufsgenossenschaften be-
stimmt,. Sie soll zunÀchst zentral sein; es ist aber daran gedacht,
spÀter auch örtliche Arbeitsgemeinschaften zu bilden. Die Ge-
bĂŒhren sind nur auf kurze Zeil vereinbart, im ĂŒbrigen gilt das
Abkommen auf lÀngere Zeil.
Mit dem Abkommen wird endlich ein Streit geschlichtet, der
jahrzehntelang die Beziehungen zwischen Aerzten und Berufs-
genossenschaften vergiftete. Gegenseitige VorwĂŒrfe hallen eine
MiĂstimmung erzeugt, die trotz vielfachen Ă€rztlichen Entgegen-
kommens die Berufsgenossenschaften abhielt, auch nur in Ver-
handlungen einzutreten. Nun ist das Eis gebrochen, und es wird
sich auch hier der Salz als richtig erweisen, daĂ, wenn es ersl
gelingt, die Parteien an einen Verhandlungstisch zu bringen, es
auch ohne gesetzliche Regelung geht.
Mit dem Abkommen ĂŒber das Heilverfahren in innigem Zu-
sammenhang sieht das Abkommen, das die Berufsgenossenschaften
mit den Krankenkassen getroffen haben.
Nach § 558 der R. V.O. sind bei Verletzungen vom Beginn der
14. Woche nach dem UnfÀlle Krankenbehandlung und Unfallrenle
zu gewÀhren. Die TrÀger der Versicherung sind die Berufsge
nossenschaften. In den ersten 13 Wochen nach der Verletzung
haben die Krankenkassen die Leistungspflicht, jedoch kann bei
Krankheit, die ein Unfall herbeigefĂŒhrt hat, der TrĂ€ger der Unfall
Versicherung das Heilverfahren ĂŒbernehmen, auĂerdem hat die
Krankenkasse Ersatz fĂŒr bestimmte Leistungen zu beanspruchen",
die sie dem Verletzten erwiesen hat. Der TrÀger der Unfallver-
sicherung kann die ErfĂŒllung seiner Pflichten gegen den Ver-
letzten auch nach der 13. Woche der Krankenkasse bis zum Ende
des Heilverfahrens ĂŒbertragen. Aus diesen durch das Gesetz vor-
geschriebenen gegenseitigen Rechten und Pflichten ergeben sich
eine Reihe von Beziehungen, die durch Vereinbarungen geregelt
werden mĂŒssen. Nach langen, durch das Reichsversicherungsamt
angeregten und geförderten Verhandlungen ist nun endlich ein
Abkommen zwischen Krankenkassen und Berufsgenosse ischafh n
zustÀnde gekommen, welches zum Zweck hat. alle VerletzungsfÀlle,
in denen die Berufsgenossenschaft ein wirksames Heilverfahren Zu
gewÀhren imstande ist, zu ermitteln und von Beginn an dem be-
rufsgenossenschaftlichen Heilverfahren zuzufĂŒhren, sodann aber
auch, die sonstigen Beziehungen zwischen Krankenkassen und
Berufsgenossenschaften zu regeln. Wir beschrÀnken uns auf die-
jenigen Bestimmungen, die das Ă€rztliche Interesse, berĂŒhren.
Die Bei ufsgenossenschaft hat der Krankenkasse zu erklÀren,
ob sie das Heilverfahren in der Wartezeit generell oder in bt
stimmten FĂ€llen ĂŒbernimmt. Die Krankenkasse wird in die
Krankenordnung eine Vorschrift aufnehmen, wonach der Verletzte
bei jedem Betriebsunfall bei der Krankenkasse sich meldet. Auf
Erfordern der Berufsgenossenschaft soll die Krankenkasse ;ils-
dann den Verletzten sofort einem von der Berufsgenossenseh ift
bezeichneten Facharzt ĂŒberweisen. Dieser (Durchgangsarzt) hat im
Auftrage der Beruf sgenossenschaft das weitere zu veranlassen
(Ueberweisung an Facharzt oder Heilanstalt). Dem Kassenarzt,
der die erste. Hilfe leistet, ist der entscheidende Àrztliche Eingriff
nur im Notfalle zu ĂŒberlassen. Die Krankenkasse hat die Pflicht,
alle MaĂnahmen zu treffen, bei der Berufsgenossenschaft die
Uebernahme des Heilverfahrens zu ermöglichen, insbesondere den
Verletzten zur Befolgung der MaĂnahmen anzuhalten. Ergibt sich,
daĂ" die Einleitung des Heilverfahrens nicht notwendig ist, so isl
der Verletzte an die Krankenkasse zurĂŒckzuverweisen. Die
folgenden Bestimmungen beireffen den gegenseitigen Ersatz der
Kosten und Auslagen; insbesondere trÀgt die Berufsgenossenschaft
sÀmtliche Kosten des besonderen Heilverfahrens, insoweit es von
der Bernfsgenossenschafl der Krankenkasse ĂŒbertragen wird. Die
Kosten der ersten Hilfe und etwaiger kassenÀrztlicher Behand-
lung in den ersten 13 Wochen trÀgt die BerufsgenossenschaH nicht.
TĂŒr die Erledigung von Streitigkeiten ist ein Schiedsgericht vor-
gesehen.
Das Abkommen enthĂ€lt einige fĂŒr den Ă€rztlichen Stand wich-
tige ungelöste Fragen. ZunÀchst ist aus ihm ersichtlich, daà die
Berufsgenossenschaften nach wie vor der Freigabe der Behand-
lung von Unfallverletzten an alle, wenn auch nur FachÀrzte, nach
wie vor abgeneigt sind. Nur die von ihnen bezeichneten Durch-
gangs- und FachĂ€rzte haben fĂŒr den Fall der Uebernahme des
Heilverfahrens das Recht der Untersuchung und Behandlung.
Dieses Recht wird den KassenÀrzten entzogen. Das ist vom
ideellen und materiellen Standpunkt zu beklagen, und es ist be-
dauerlich, daĂ bei den Verhandlungen der Aerzte mit den Berufs-
genossenschaften die so wichtige Frage einer freien Arztwahl,
wenn nicht fĂŒr die Begutachtung, so doch fĂŒr die Behandlung nicht
angeschnitten oder nicht gelöst worden isl. WÀre sie dies, so
könnte der mĂŒhselige und keineswegs im Interesse des Verletzt?n
liegende Weg ĂŒber den Durchgangsarzt zu dem Facharzt der
Berufsgenossenschaft vermieden werden. Die FachÀrzte der
Krankenkassen brauchten dann nur von den Berufsgenossen
schaften als ein fĂŒr allemal von ihnen Beauftragte zu gelten. DaĂ
die FachÀrzte der Krankenkasse nicht das Zeug haben. Unfallver-
letzte richtig zu behandeln, wird doch im Ernst keine Berufs-
genossenschaft in Abrede stellen. Ein zweiter Punkt verdient Er-
wĂ€gung. Im Falle der FortfĂŒhrung des Heilverfahrens durch die
Krankenkassen nach der 13. Woche bekommen diese die Auslagen
von den Berufsgenossenschaften ersetzt, auch die fĂŒr Ă€rztliche Be-
handlung. FĂŒr diese Behandlung vergĂŒtet die Krankenkasse dem
behandelnden Arzt nichts, falls das Pauschalsystem nach der Mit-
gliederzahl der VergĂŒtung zugrunde liegt. Die Kasse bereichert
10. Jahrg. â Nr. 31/32.
Referate
5 1 »
sich also auf Kosten der Aerzte. FĂŒr den Fall des Abschlusses
neuer VertrÀge, wird dieser entgehende Gewinn Gegenstand der
Verhandlung sein mĂŒssen.
Zum Schluà möchten wir nicht unterlassen, unserer Ver-
wunderung darĂŒber Ausdruck zu geben, daĂ trotz und neben dem
Abkommen des Berufsgenossenschaftsverbandes mit dem Leipziger
VerbÀnde eingehende, auf anderer Grundlage beruhende Sonder-
abkommen der Berufsgenossenschaften mit örtlichen Àrztlichen
Organisationen getroffen wurden. So veröffentlicht das Medizi-
nische Korrcspondenzblntt fĂŒr WĂŒrttemberg eine neue Verein-
barung mit den gewerblichen Berufsgenossenschaften ĂŒber die
GebĂŒhrensĂ€tze fĂŒr (nilachten. Hinsichtlich der landwirtschaftlichen
Berufsgenossenschaften âwerden die Verhandlungen fortgesetzt' .
Cui bono? Alexander.
REFERATENTEIL
Klinische Wochenschrift, Berlin.
22. April 1922, Nr. 17.
W ;»s nennen wir Konstitution. Konstitutionsanomalie und Konstitutions-
krankheit. P f & ii n die r. 817.
Die Stellung der Leher im intermediiiren Stoffwechsel. L a g u e r. 822.
âŠZur Pathogenese einiger Formen des Ikterus. 0 e r o n n e. 828.
HnitrĂge zu einer f'hroinodiagnostik der Leberfunktion. R n s e n t h a I und
F a 1 k e n h a u s e n. 832.
4>Zur Statistik der Lehererkrankungen im Zeitraum von .Tanuar 1!>14 Iii«
MĂ€rz 1922. MĂŒller. 83f>.
Die indirekte StrahlenschÀdigung des Organismus bei isolierter Organ-
bestrahlung. P o o s. 83(S.
âą^Röntgenologische Untersuchungen ĂŒber den EinfluĂ des Atropin» auf rii»
MagenmotilitÀt. Lasch. 840.
Zur Pathologie der KrythrĂ€mie. B r i e g e r und F o r «â c Ii b a c h. S4:>.
EiweiĂkonzentratinn und Ohlornatriuinabsorptionsvermbgen des Blutserums
OedematĂŒser. K i r c h. 848.
Fllektrokardlographisehe Untersuchungen heim anaphylaktischen Schock des
Meerschweinchens. Koenigsfeld und O p p e; n h e i m o r. 849.
Physinlogiischc und klinische Beurteilung der Oelenkrefiexe der oberen
GliedmaĂen. M a y c r. 849.
Untersuchungen ĂŒber den Blutfarbstoff beim ge«imden und blutkranken
Menschen. L e s e, h k e und X e u f e 1 d. 849.
Priifungsmethoden der Leberfunktion. R e t z I a f f. 850.
âŠDie Bedeutung der Pirquetschen Cutanreaktion fĂŒr die Diagnose und Prog-
nose der Tuberkulose im Kindcsnltor. H o f f a. 8.55.
Zur Pathogenese einiger Formen des Ikterus. (Ein Beitrag
zur Frage des Leueins und Tyrosins.) Bei einem nicht unerheb-
lichen Prozenlsalz der FĂ€lle von sog. katarrhalischem Ikterus,
sowie vor allem auch bei den FÀllen von Ikterus im SekundÀr-
stadium der Lues wurde Leucin und Tyrosin im Urin nach-
gewiesen. Hiermit wird der Beweis dafĂŒr erbracht, daĂ es in
diesen FĂ€llen zu einem ausgedehnten Zerfall von Leberzellen
kommen kann, genau wie wir das bisher fĂŒr die akute gelbe Leber-
atrophie und fĂŒr die PhophorschĂ€digung der Leber kannten. Die
[Pathogenese der bisher als katarrhalisch angesehenen Formen
des Ikterus wird auf eine primÀre SchÀdigung der Leberzellc
auf dem Blutwege zurĂŒckgefĂŒhrt. Die Diagnose âkatarrhalischer
Ikterus" muh* somit sehr eingeschrÀnkt werden, auch bei ganz
Ăeichten Formen handelt es sich hĂ€ufig eben nicht um katarrha-
lische tnfekte der Gallenwege, sondern um eine toxische oder
infektiöse SchÀdigung der Leberzellen.
Zur Statistik der Lcbererkrankungen im Zeitraum vom Januar
Hi14 â MĂ€rz 1922. Zunahme des Iklcrus-calai -rhalis in den Jahren
1020 und 1021. Deutliches Absinken der Lebercirrhosc-Kurye; im
Jahre 1921 dreifach niedrigerer Stand als im Jahre 1011. (Mangel
des Alkohols.) AuffÀlliges Ansteigen der FÀlle von akuter gelber
Leberatrophie. Ursache noch nicht genau geklÀrt, doch spielt
Lues, gelegentlieh auch Malaria, sicher hierbei eine sehr wichtige
ftolle.
Röntgenologische l ntersuchunKen ĂŒber den EinfluĂ des Atro-
ph»* auf die MagenmotilitÀt. Gesteigerte Magen-Peristaltik kann
durch Atropin gehemmt, ein gesteigerter Tonus herabgesetzt, und
dadurch eine Entspannung der MagenwÀnde bewirkt werden. In-
folgedessen ist Atropin in hervorragender Weise befÀhigt vom
Magen ausgehende Schmerz/iistÀnde zu bessern oder ganz zu be-
seitigen.
Ueber die Bedeutung der Pirquetschen Cutanreaktion fĂŒr die
Diagnose und Prognose der Tuberkulose im Kindesalter. Die
Pirc|iietsche Cutanreaktion ist von groĂer Bedeutung zur Er-
zielung völliger Klarheit ĂŒber die wirkliche Verbreitung der
tuberkulösen Infektion; besonders kommt sie bei Massenunter-
suchungen in Fiage. â Eine Reihe von Einzeluntersuchungen
der letzten Jahre, die sich dieser Methode bedienten, haben ge-
zeigt, dab durchaus nicht eine so hochgradige Verseuchung der
Gesamtbevölkerung vorliegt, wie sie von Hamburger. Xaegeli.
u. a. angenommen wurde. Verfasser kommt an dem Kranken-
hausmaterial in Barmen zu dem gleichen Ergebnis. Die diagno-
stische Bedeutung der Pirquetschen Reaktion scheint unbestritten,
fĂŒr die prognostische Beurteilung ist sie hingegen nur mit grober
Vorsicht zu verwerten. A. M unzer;
Klinische Wochenschrift, Berlin.
29. April 1022, 1, Nr. 18.
I'eber den derzeitigen Stand der Vitiaminlehre mit besonderer BerĂŒck-
sichtigung ihrer Bedeutung fĂŒr die klinische Medizin. Stop p. 881.
âąfrFesittstellungen zur Di ihete.sĂ€tiologie. StrauĂ. 885.
Ausbau der Darmpafrononniethnde. van der R e i s. S87.
Unterau chuneen mit dorn von Morawitz und neneckc angegebenen Verfahren
zur PrĂŒf ins der Hefa Ăfunktion bei Schwangeren. M a Ii nerl und
L u n d w a 1 1. 888.
âDiagnostik der Schwangerschaft mittels Phlondzininjektinn. Schilling
und G ö b e 1. 889.
Ueber den digestiven Lcirkoe.ytensturĂŒ (Wldals l'rise hemoclasique) «1«
Lebeifunkrionsnrnfnns- und «eine Beziehungen zur ..Oriinen Benzal-
debydreaktion" im Harn. Meyer - E "to I f. 89(1.
Da.s Verhalten des Blutzuckerspiegels bei wiederholter und verschiedener
Art enteraler Zuckerzufuhr und dessen Bedeutung fĂŒr die Leberfunktion.
Tra Ii (tott. 892.
Neues Mikroverfahren zur getrennten niinntftativ-en Bestimmung de« Acetons
und des $-0\ybuttorsÀnro im Harn. I, u b I i n. 891.
Die pathologische Physiologie der chroirschen Obstipation. R e i Ă. R95.
Untersuchungen ĂŒber die Wirkung 'nnersekretorischer DrĂŒsensubstanzen auf
die Morpihogeniie. (2. Neotenie uiwl gesteiiger-tes Wachstum nach Tbyreoid-
dektomie bei Rnna-fusea-Larvcm. Wiederbeginn der Fortetltw'.eklung
durch VerfĂŒtterung der Pinderseh 'IddrĂŒso.l .1. Tmnlantation endokriner
DrĂŒsensubstanzen auf Larven von Bombinator naehypns farte'sne und
artfremde SchilddrĂŒse. Bninsthoden derselben Art). Schulze. 89"..
Zur Frage der Impetigo-Nephritis. Sieb e n. R06.
Beitrat; zur diagnostischen T.edeutuni'' der Blutkornerohense.nkungsgeschwin-
digkeit. (Fall von Myelitis nach Pneumonie.! D r e y f u Ă. 898.
âŠ{âąPathologie und Therapie der Achylia gastrica. Orot e. 898.
âŠHlyporacidiitlai. K a t s e h. 90'.'.
Feststellungen zur PiabetesÀtiologie. Ergebnisse einer Um-
frage ĂŒber eine Reihe von KriegsdiabetesfĂ€llen. Es werden hin-
sichtlich der Aetiologie drei Gruppen unterschieden:
1. FÀlle, bei denen körperliche Einwirkungen als Ursache an-
gegeben werden.
2. FĂ€lle, bei denen eine vorausgegangene Infektionskrankheit
als Ursache angeschuldigt wird.
3. FĂ€lle, in welchen Schockwirkungen bzw. G-ranatexolosionen
als Ursache angegeben werden. GrundsĂ€tzlich wird auch fĂŒr den
Kriegsdiabetes an dem Standpunkt festgehalten, da*Ă das Bestehen
einer endogenen Disposition fĂŒr die Entstehung der Erkrankung
erforderlich ist. Unter den körperlichen Einwirkungen, die vor-
her genannt wurden, kommen zumeist Verletzungen in Frasse. Be-
zĂŒglich der Infektionskrankheiten sind Scharlach. Masern. Gripoe,
Malaria und vor allem infektiöse Darmerkrankungen 'Ruhr. Tv-
phus. Cholera) zu nennen. â Sehr interessant ist die Talsache, daĂ
die Ergebnisse der Behandlung auĂerordentlich gute waren. Zum
Teil hÀngt das damit zusammen, daà die Behandlung sehr bald
einsetzte. Chirurgische Folgeerkrankungen, Gangraen. Furunku-
lose usw., wurden Ă€uĂerst selten beobachtet.
Zur Diagnostik der Schwangerschaft mittels Phloridzininjek-
tion. Bei 10 FĂ€llen von Schwangerschaft im 2. â i. Monat trat nach
Injektion von 0,002 gr Phloridzim Zuckerausscheidung im Urin
auf. Bei Gesunden war dies nicht der Fall. Im Fieber trat bei
einigen Patienten Glykosurie auf. Die Probe ist daher in solchen
FĂ€llen nicht zu verwenden.
Die Pathologie und Therapie der Achylia gastrica. Es wird
unterschieden: 1. Gastrogene Achylie. die bei primÀrer chroni-
scher Gastritis vorkommt. 2. Toxogene Achylie, und zwar bei
520 Aus den neuesten Zeitschriften 40. Jahrg. â Nr/31/32.
Carcinom, als Begleiterscheinung chronischer Infektionskrank-
heiten, bei Blutkrankheiten und bei schwerer Kachexie. 3. Reflek-
torische Achylie als Ausdruck einer Sekretionsneurose. 4. Kon-
stitutionelle Achylie. â Die Therapie richtet sich nach dem
Grundleiden.
Ueber HyperaciditÀt. Die HyperaciditÀt ist die hÀufigste
AeuĂerungsform der Magenneurose. Stets ist es bei dem Be-
stehen des Syndroms von Wichtigkeit festzustellen, ob gleich-
zeitig ein Magen- oder Zwölf fingerdarmgeschwĂŒr besteht. FĂŒr
die Therapie kommt zunĂ€chst das ganze RĂŒstzeug der Neuroaen-
Behandlung in Betracht. Daneben diÀtische Behandlung: Speise-
zettel möglichst monoton, viel EiweiĂ, Fett, Kartoffeln in Brei-
form. HeiĂe UmschlĂ€ge. Medikamentös: Atropin. A. M ĂŒ n z e r.
Medizinische Klinik, Berlin.
23. April 1922, 18, Nr. 17.
KrampfzustÀnde im Magen und Darm. Pal, J. 521.
âAng-inose. I m h o f e r , R. 526.
âParalysis agitans. Franke. F. 528.
Erfahrungen mit der Pneunioradtographie des Niercnlagers. Bosen-
stein, P. 529.
Weitsche Krankheit als Unfallf alge. SchĂŒret! <1. 533.
âPraktische Erfahrungen ĂŒber diei Behandlung des septischen Abortes.
Grube. 534.
Bestimmung deis spezifischen Gewichtes kleiner Harnmengen. KJ r e h . A. 535.
Phosphattherapie mit Reeresal. Griesbach, W. 535
Transportabler Apparat fĂŒr Druck- und Saugwirkung;. W a s s e r -
mann, M. 536.
Beurteilung der Wasserma.nn-Beak.tion. Hecht. H. 5M7.
â Praktische Fragen der Geburtshilfe. R u n g e . E. 538.
Anginose. Der Wiener' Laryngologe Fein hat die bisherigen
Anschauungen ĂŒber Angina kritisch geprĂŒft und gelangt zu fol-
genden Ergebnissen: 1. Die Angina ergreift stets den ganzen
Schlundring; die StÀrke der Erkrankung entspricht der Menge des
vorhandenen adenoiden Gewebes. 2. Diese Erkrankung âAnginose"
ist Teilerscheinung einer Allgemeininfektion. 3. Die Tonsillen smd
wahrscheinlich nicht die Eingangspforte der Infektion. Imhofer
folgert daraus, daĂ die Tonsillektomie unter solchen Voraus-
setzungen selten berechtigt sei, daĂ vielmehr entsprechende Allge-
meinbehandlung die lokale Therapie (Tonsillektomie, Gurgeln, Pin-
seln) ĂŒberflĂŒssig mache. Er empfiehlt Antirheumatika, paren-
terale Milchinjektionen und subkutane Opsonogentherapie.
Paralysis agitans. Autor empfiehlt fĂŒr leichlere FĂ€lle und
im Anfangsstadium der Erkrankung die von Emmerich und Loew
angegebene Kalklösung: Chlorcalcium crystall. pur. 100,0 Aqu.
dest. 500,0; dreimal tĂ€glich einen Kaffeelöffel. Auch Kalzan (WĂŒl-
fing) oder Chlorkalklösung 10 : 150 (drei Teelöffel tÀglich) zeigten
gĂŒnstigen EinfluĂ. Bei Versagen dieses Mittels rĂ€t F. symptoma-
tische Behandlung mit Luminal, dreimal tÀglich 0,05.
Prakt. Erfahrungen ĂŒber die Behandlung des sept. Abortes.
G. verlangt individualisierendes Vorgehen bei der Abortbehahd-
lung und rĂ€t, unter Finger, KĂŒrette, Aborlzange und Kornzange die
fĂŒr den gegebenen Fall geeigneten Hilfsmittel zu wĂ€hlen und prin-
zipiell aktiv vorzugehen. Exsudate anerkennt G. nur dann als
Gegenanzeige, wenn sie fluktuieren und eitrig eingeschmolzen sind.
Wertvoll ist der diagnostische Hinweis, daĂ auch kleine Eiresle
sich noch nach Monaten durch Offenbleiben des Muttermundes, be-
ziehungsweise des Zervikalkanales, verraten. Low (Döberitz).
30. April 1922, 18, Nr. 18.
Zur Frage der Gicht. Brug. seh, Th. 553.
âGraviditĂ€ten bei Amenorrhoe. HofstĂ€tter, R. 556.
PrimÀres Magensarkpm nach Magenresektion, zur Ausschaltung eines Flctis
duodeni. Finsterer, H. 561.
Spontanes Pnciumoperitoneum bei Perforation eines Ulcus ventriculi an der
groĂen Ourvatur. Dahin, H. A. 562.
Ein Beitrag zur Kasuistik der leukÀmischen Cloromyelose. Hopp 'Ii, R. 563.
Zwei seltene Lokalisationen von HĂ€mangiomen. Kroll, F. 564.
NormalhÀmolysino des Menschenserums. Meyer, K. 566.
SalvarsanscbÀrtigungen. .1 a e o Ii s o h n , V. und S k 1 a r z , E. 567.
â Die Pyelozystiitis. B 1 ĂŒ h d o r n , K. 569.
GraviditÀten bei Amenorrhoe. 11. versucht an einer
Reihe einschlÀgiger FÀlle den Beweis zu erbringen, daà Men-
struation, soweit man darunter die zyklische Umwandlung der
Uterussehleimhaut zwecks Nidation versteht, und Ovulation von
einander unabhÀngig seien. So werden zum Beispiel viele
Frauen wÀhrend der physiologischen Laktationisameaiorrhoe
wieder gravid, weil die Ovulation fortbesteht.
Pyelozystitis. Die Arbeit berĂŒcksichtigt hauptsĂ€chlich diese
Erkrankung im SĂ€uglings- und Kindesalter. Die aszendierende
Form, besonders bei MÀdchen vorkommend, ist viel hÀufiger als
die deszendierende. Als Erreger kommt hauptsÀchlich der Koli-
Bazillus in Betracht.
Die Diagnose muĂ bei jungen Kindern meist per exelusioiu'm
gemacht werden. Nierenvergrö'Ăerung, Pollakisurie und
Schmerzen sind bei SÀuglingen schwer festzustellen. BlÀsse.
Fieber, starke Unruhe oder Apathie, Magendarmstörungen sind
uncharakteristisch.
Entscheidend ist der Harnbefund: TrĂŒber Harn, weiĂer
Bodensatz, der Eitermenge entsprechender EiweiĂgehalt, Reaktion
wechselnd. Bei der mikroskopischen Betrachtung des nicht zen-
trifugierten Harnes mit stĂ€rkerer VergröĂerung sind beim SĂ€ug-
ling 6 â 8, beim Ă€lteren Kinde 4 â 6 Leukozyten im Gesichtsfelde
zu sehen, daneben meist noch Erythrozyten, Epithelien und
Zylinder.
Behandlung: Reichliche DurchspĂŒlung der Harnwege per os
mit Mineralbrunnen; Fachinger, Wildunger, Emser. wenigstens
ein Liter tĂ€glich. ZweckmĂ€Ăige, dem einzelnen Falle genau an-
gepaĂte ErnĂ€hrung, bei Ă€lteren Kindern salzarm und frei von
GewĂŒrzen. Als Beikost 20â40 Gramm rohen MohrrĂŒbensaft pro
die. Medikamentös bei sauerer Harnreaktion Utropin (Tages-
dosis: bis zu sechs Monaten 0,5, bis zu einem Jahre 1,0, im zweiten
Jahre 1,25), sonst andere Harnantiseptika z. B. Salol (Tagesdosis:
bis zu sechs Monaten 0,3, bis zu einem Jahre 0,6. im zweiten
Jahre 1,0). Daneben ist zu versuchen, die Harnreaklion umzu-
stimmen; bei sauerem Harne durch Natrium bicarbonicum. zwei
bis drei Gramm Acidum phosphoricum in Lösung bei alkalischen
Harne. Wenn alles vergeblich, subkutane Anwendung von Aulo-
vakzine, aus den Harn-Bakterien des Kranken gezĂŒchtet.
Prognose im allgemeinen gĂŒnstig, ungĂŒnstiger in ver-
schleppten FĂ€llen und bei herabgekommenen SĂ€uglingen
Low (Döberilz
Deutsche medizinische Wochenschrift.
28. April 1922, 48, Nr. 17.
Ptoffwcchsclproblcnie. M ii 1 1 e r. htö.
Die Aufgaben der DiÀtbehandlung in der Diabetestherapie. S t r a u II. 515.'
â Witterung und Krankheilt. P r i n z i n g. 549.
Die orthopÀdische Behandlung der rachitischen DeformitÀten. Wollen -
b e r g<. 551.
âEine Reaktion der KollohllabilitĂ€t des Serums bei Toxinbildung im Orga-
nismus, besonders bei aktiver Tuberkulose, v. D a r À n y i. 553.
Mycosis fungoides und Noma, zwei seltenere Krankheitsbilder. B ĂŒ s i n g
und Schulte. 555.
âHeilentzĂŒndung und Heilfieber im Eichte der Balneotherapie. Schober. 556.
âDie Behandlung der Hyperidrosis. J o s e p b. 557.
Larvierte Barlowsche Krankheit und ihre Differentialdragnosc. A 1 e x a u -
uer-Katz. 557.
Ein Apparat fĂŒr Pneuinothoraxbehaudlung. Hofvendahl. 558.
Die Ergebnisse der Lehre von der inneren Sekretion fĂŒr normale und
pathologische Physiologie. W e i 1. 559.
Witterung und Krankheit. Man darf KĂ€lteempfindung nicht
mit ErkÀltung verwechseln, deren NN esen noch nicht geklÀrt ist.
Meist dĂŒrfte bei letzlerer eine Reflexwirkung des KĂ€ltereizes
vorliegen, welche an anderen Stellen HyperÀmie oder Absonde-
rung hervorruft, die AbwehrkrÀfte des Blutes herabsetzt. Da-
durch entstehen dann entzĂŒndliche Affektionen oder zufĂ€llig an-
wesende Krankheitserreger können zur Infektion fĂŒhren. Die
Wirkung der WiUeriuigseinflĂŒsse ist statistisch nicht voll nach-
zuweisen, jedenfalls ist die Sterblichkeitsstatistik dazu nicht
geeignet, weil der Tod oft erst lange nach dem Eintritt der Er-
krankung stattfindet.
Im allgemeinen leiden Kinder und Greise von Witlerungs-
einflĂŒssen (Hitze und KĂ€lte bzw. Hitze) mehr als die ĂŒbrigen
Alter.
Im 1. Lebensjahre steigen im Sommer die Darmkrankheiten,
wobei neben der Zersetzung der Milch .die. Ueberhitzung der
WohnrÀume eine Rolle spielt. Letztere ist entweder Ursache
von Darmkrankheiten oder leitet sie unheilvoll. Vom 1. bis!
5. Jahre ist die Sterblichkeit im Winter und im ersten FrĂŒhling
gegenĂŒber der Sommersterblichkeit sehr groĂ. Erstere nimmt
dann in den folgernden Altersklassen ab: Hier spielt die Tuber-
kulose eine Rolle. Die Sterblichkeit daran erreicht im September
ihren Tiefstand, stĂŒrzt dann bis zum April und fĂ€llt sodann
wieder bis zum September. Im FrĂŒhjahr ist an der hohen Tuber-
kuloseslerbliohke.it der Aufenthalt in geschlosseneu und unge-j
nĂŒgend gelĂŒfteten RĂ€umen, weniger die Witterung schuld.
10. Jahrg. â Nr. 31/32.
Aus den neuesten Zeitschriften
521
Im Greisenalter spielt die ErkÀltung mit nachfolgenden Er-
krankungen der Atmungsorgane eine groĂe Holle. Höchstzahl
der SterbefÀlle im Januar, ein Vielfaches der niedersten im Juli.
Winterchauakter haben die Grippe, die Bronchitis und die
katarrhalische LungenentzĂŒndung, weniger die kruppöse Pneu
monie. die ihren Gipfel im April und Mai erreicht. Der jnhres-
zcillichc EinfluĂ der Infektionskrankheiten beruht auf verschie-
denen Ursachen: AbhÀngigkeit des Gedeihens der Krankheits-
erreger von der Lufttemperatur, Gelegenheitsursachen, Insekten
;i I s UebertrÀger. Sommerkrankheiten: Cholera, Ruhr, Malaria,
Gelbfieber, in der Hauptsache auch der Typhus (aber auch
Wiroterepidemien). Fest und Scharlach sind wenig an die Jahres-
z.il gebunden. Winter- und FrĂŒhjahrskrankheiten: Masern
Keuchhusten), Diptotherie aus noch nicht ganz geklÀrten Ur-
sachen. (Die HĂ€ufigkeit der Masern im April und Mai ist durch
den Schulbeginn zu erklÀren.) Ferner Genickstarre, akuter Ge-
lenkrheumatismus, Fleck- und RĂŒckfallfieber. Hier spielt die
Wirtschaftliche Not (Unreinlichkeit, mangelnde LĂŒftung) eine
wesentliche Rolle mit. Die Sommerdiarrhoen der Erwachsenen
sind weniger Folge der Hitze, als der unzweckmĂ€Ăigen Lebens-
weise.
Die EinflĂŒsse der Witterung aiuf das Nervensystem sind noch
Bichl ganz geklĂ€rt. FrĂŒhjahr und die ersten Sommermonate ĂŒben
sicherlich einen EinfluĂ auf das psychische Verhalten des
Mensehen aus: Selbstmorde (Zunahme von April bis Juni). Die
zunehmende TageslÀnge, die lÀngere Dauer der Besonnung, die
Wirkung der. chemischen Lichtstrahlen auf Zirkulation, Respi-
ration und Nervensystem sind zur ErklÀrung herangezogen
Worden, endlich die latente Brunstzeit des Menschen in den Vor-
sommfermonaten (innere Sekretion und Seelenleben).
Eine Reaktion der KolloidlabilitÀt des Serums bei Toxin-
bildung im Organismus, besonders bei aktiver Tuberkulose.
Blutsera von Kranken mit Toxinbildung und pathologischem Ge-
webszerfall im Organismus werden durch fÀllende Eingriffe
Erhitzung, Karbol, Sublimat, Alkohol â letzteres die vom Ver-
fasser vorgeschlagene einfache Methode, die im Original nach-
zulesen ist â ) leichter ausgeflockt als normale Sera. Die Sera
Gesunder ergeben die Reaktion nicht. â Anwendung der Reak-
tion: Unterscheidung von malignen Tumoren (Ca) von gutarti-
gen, nicht toxogenen Prozessen (Ulcus ventrieuii), ferner bei
oberflÀchlichen Katarrhen und Eiterungen, die keine Reaktion
geben. Organische, besonders bakterielle VerÀnderungen er-
geben die Reaktion. Sodann zur Unterscheidung bei akuten und
»ironischen Krankheiten, ob noch Toxinbildung vorhanden ist,
wie bei der Frage von Heilung, Metastase nach Operation oder
anderen Therapien. Bei Lues wÀchst die StÀrke der Reaktion
mit dem DurchleuchtungsprozeĂ, wĂ€hrend geheilte latente FĂ€lle
negativ ausschlagen: also neben den Luesreaktionen zur Be-
stimmung der AktivitÀt des Prozesses. Besondere Wichtigkeit
bei der AktivitÀt der Tuberkulose: in allen FÀllen sicher aktiver
Tuberkulose ist sie positiv. Auch zur therapeutischen Kontrolle
brauchbar, da sie bei der Heilung der Krankheit verschwindet.
HeilentzĂŒndung und Heilfieber im Lichte der Balneotherapie.
Malneotherapeulisch werden dem Patienten weder Stoffe noch
KrĂ€fte, sondern nur Reize zugefĂŒhrt, auf die der Organismus
mit seinen eigenen Mitteln antwortet. Letztere sind Abstufungen.
TeilstĂŒcke der zusammengesetzten Symptomgruppen von Ent-
zĂŒndung und Fieber, also den allgemeinsten verbreifetsten Ab-
wehr- und Heilvorrichtungen des Organismus.
v. Sehn i zer.
Wiener medizinische Wochenschrift.
25. Januar 1922, Nr. 9.
Zwei FortbildungsvortrÀge. t. Die Behandlung diarrhoischer ZustÀnde.
II. L'ebcr ehren. StuhltrÀgheit u. deren Behandlung. Nonrden, K. 381.
âŠBeitrag zur Sammelforscbung ĂŒber die Abortivbehandlung der Syphilis.
Sachs, Otto. .193.
t.'ebcr Kardiospasmus. (.SchluĂ zu Nr. 6.) Pal, J. S99.
Die hysterische Frau. (SchluĂ zu Nr. 8.) Rai ni a n n , E. 402.
Beitrag zur Sammelforschung ĂŒber die Abortivbehandlung
der Syphilis, 15 FĂ€lle, welche der Abortivbehandlung mit Sal-
rarsan oder Sah. -Hg. unterzogen worden waren, konnten bis
neun Jahre kontrolliert werden. 11 von ihnen (10 seropos. und
1 seronegat.) blieben rezidivfrei, 2 seronegative zeigten ein klini-
sches Rezidiv und 2 seropositive blieben seropositiv. Die exakt
und rechtzeitig durchgefĂŒhrte Abortivbehandlung mit allen wissen-
schaftlichen Kautelen bildet eine wichtige und auch vom prak-
tischen Arzt durchfĂŒhrbare therapeutische MaĂnahme, deren
Unterlassung als Kunstfehler aufzulassen wÀre.
Reu« (Wien).
4. MĂ€rz 1922, Nr. 10.
I'eiieir Wandlungen in der Nepbrl tielehre. Volnard, F. 4?p.
Debet LokalanÀsthesie und AlAgemeinnark'ose. Urban, K. 4?6.
Das Taylorsystcni und die Medizin. Purin. A. 439.
lieber Appendizitis. H o c h c n e g g. 443.
Die Not des praktischen Arztes. T a n d 1 e r . 3. 45«.
11. MĂ€rz 1922, Nr. 11.
Der Arzt in dein letzten österreichischen und deutschen Strafgesetzentwurf.
H a h e r d a . A. 469.
Die spezifische Therapie und Diagnostik der Tuberkulose. N e I 1 m a n n ,
W. 476.
0eb6r Appendizitis. (SchluĂ. I H o c Ii e n c g g. t480.
âŠMelier LokalanĂ€sthesie und Allgenicinnarkosc. (SchluĂ. I Urban, K. 48.').
Ueber LokalanÀsthesie. Sie ist in der einfachen Form der
Infiltrations- und peripheren LeitungsanÀsthesie, kombiniert mit
der prÀparatorischen Morphininjektion, viel harmloser als alle
die komplizierten AnÀsthesierungsverfahren an und in der NÀhe
des RĂŒckenmarks. VollstĂ€ndig ersetzen kann die LokalanĂ€sthesie
die Allgemeinnarkose nicht.
18. MĂ€rz 1922, Nr. 12.
Ueber GefĂ€Ăsklerosen. S t o e r k , (). .313.
Oral-Sepsis und \\ urzelbehandlung. Kronfeld, R. 518.
L>as Taylorsystem und die Medizin. (SchluĂ.) D u r i g. 522.
D e spezifische Therapie und Diagnostik der Tuberkulose. N e u m a n n. 326.
âZur Argochromtherapie der Gonorrhö«. Ludwig. H. 538.
Zur Argochromtherapie der Gonorrhoe. GĂŒnstige Resultate
besonders bei mÀnnlicher Gonorrhoe, auch bei Pyelocystilis. In-
travenöse Injektionen vou 0,05 â0,2, u. zw. je 1 dg auf 10 cem
FlĂŒssigkeit in 2â 3 tag. Intervallen. ReuĂ (Wien).
25. MĂ€rz 1922, Nr. 13.
Diagnostische Schwierigkeiten in der Augenheilkunde. Dimmer, F. 5.i7.
âIVbcr Badener Schlamm und seine therapeutische Verwendung. S c Ii ĂŒ t z.
.1. 561.
l'ebcr GefĂ€Ăsklerosen. (SchluĂ.) Stoerk, O. .">63.
Ueber spezifische Therapie u. Diagnostik der Tuberkulose. X e u m a n n. 568.
OralsepeiĂ und Wurzelbehandlung. Kronfeld, R. 571.
Ueber Badener Schlamm und seine therapeutische Wirkung.
Schlammpackungen: direkte Applikation von 45 gradigem Schlamm
fĂŒr 20â50 Minuten. Schlamm-UmschlĂ€ge: Applikation von er-
wĂ€rmtem Schlamm, in doppeltes Sackleinen geschlagen, fĂŒr 40â60
Minuten. Gute Erfolge, vor allem bei subakutem und chronischem
Gelenkrheumatismus.' ReuĂ (Wien).
1. April 1922. Nr. 14.
Ueber akute Leberatrophie, K o v À o s , V. 397.
âąH eber einen Fall von Striimitis postfyphosa. Steiger. W. 601.
â L'ebcr spezifische Therapie und Diagnostik der Tuberkulose. (SchluĂ ) 602.
Oralsepsis und Wurzelbehandlung. K r o n f e 1 d. 606.
Leber einen Fall von Strumitis posttyphosa. AbszeĂ in einer
vergröĂerten SchilddrĂŒse bei einer 40jĂ€hr. Frau. Im Eiter Rein-
kultur von Typhusbazillen. Vor 9 Wochen war die Pat. mit einer
vom Arzt als âGrippe mit RippenfellentzĂŒndung" gedeuteten
fieberhaften Erkrankung 3 Wochen bettlÀgerig gewesen.
Ueber spezifische Therapie und Diagnostik der Tuberkulose.
Verf. tritt mit Entschiedenheit fĂŒr die spezifische Therapie der
Tuberkulose ein. Er schildert eingehend die von ihm bei den
verschiedenen Formen der offenen und geschlossenen Tuberku-
lose erprobte Methodik der Tuberkulinbehandlung mit einfachen
AlltuberkulinverdĂŒnnungen. Zum SchluĂ wird auf die besonders
den praktischen Aerzten nicht warm genug zu empfehlende Tuber-
kulineinreibungskur (tĂ€gl. 10 â 20 Tropfen einer 1, 2, 5, 10, 20,
5()prozentigen Tuberkulinglyzerinlösung) hingewiesen, welche
âsicher viel mehr leistet als ein Landaufenthalt von kĂŒrzerer oder
lÀngerer Dauer oder eine gewöhnliche Mast- und Liegekur."
ReuĂ (Wien).
522
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â
Nr. 31/32
8. April 1922, Nr. 15.
L'eber Diagnose und chirurgische Therapie des chronischen Kardiuspasmus.
H e y r q v s k y . H. (»37.
L'eber operative Myombehandlung. M i c Ii o 1 i t s c Ii . T. (544.
âDiagnostische Schwierigkeiten in der Augenheilkunde. (SchluĂ.) I) i m m e r.
645.
âOral-Sepsis und Wurzelbehandlung. (SchluB.) K v o n f c 1 d. 649.
Tebeci.il. seine Bedelutung fĂŒr den praktischen Arzt. Redlich, L. 663.
Diagnostische Schwierigkeiten in der Augenheilkunde. Dif-
ferentialdiagnose zwischen Trachom einerseits, Pemphigus con-
junctivae, Blenorrhoea scrophulosa, Follikularkatarrh, Follieu-
losis conjunctivae, akutem Schwellungskatarrh, FrĂŒhjahrskatarrh.
tuberkulösen und syphilitischen Bindehautaflektionen. ParinaĂŒd-
scher Konjunktivitis andererseits. Diagnose der Katarakt und
Frage der Operationsreife.
Oralsepsis und Wurzelbehandlung. Eingehende Besprechung
mit LiteraturĂŒbersicht. Die Abhandlung gipfelt in der dringenden
Empfehlung der Pulpaamputation mit nachfolgender Trikresol-
formalin-Behandlung. ReuĂ ("Wien'.
15. April 1922, Nr. 16.
âAugensymptome bei Arteriosklerose. Fuchs. E. 681.
âUeber Augenmenschen und Ohrenmenschen. H o v o r k a . O. 685.
Die Gasteiner ThermalbÀder und ihre Indikationen. Zimmermann 0.
689.
Ueber akute Leberatrophie. (SchluĂ.) K o v Ă€ v . s . F. 692.
Die Ueberstelltlng von Geisteskrankem in Heil- und Pflege&nstalten fĂŒr
Geisteskranke bezw. Irrenanstalten. Hössenthal-, K. 7(17.
Augensymptome bei Arteriosklerose. Es werden die ver-
schiedenen Erscheinungsformen der Arteriosklerose des Seh-
apparates besprochen: die Sklerose der Netzhautarterien, die Ver-
stopfung der Zentralarterie, welche wahrscheinlich nur ausnahms-
weise auf einer Embolie, sondern zumeist auf einer Thrombose
beruht, die Thrombose der Zentralvene und die Blutaustritte in
der Netzhaut, die Retinitis circinata, die Atrophie des Sehnerven.
Letztere kommt entweder durch Druck seitens einer sklerotischen
Carotis interna und besonders die A.-ophthalmica zustande und
Ă€uĂert sich in dem Verlust der nasalen GesichtsfeldhĂ€lfte, oder
wird durch den VerschluĂ einzelner, von der Piascheide in das
Innere des Nerven ziehender, kleiner Arterien bedingt, was zu-
meist zu peripher lokalisierten herdförmigen Nekrosen und dem-
entsprechend zu peripher gelegenen GesichtsfeldeinschrÀnkungen
Veranlassung gibt. Endlich können zentrale Blutungen zu hemi-
opischen Störungen fĂŒhren, welche bei Fehlen sonstiger LĂ€h-
mungserscheinungen meist im Gebiet der Fossa calcarina lokali-
siert sind. Sie fĂŒhren zu kleinen rechts oder links vom Fixations-
punkt gelegenen Skotomen, welche sich beim Lesen störend be-
merkbar machen und mit Hilfe einer schwarzen Tafel gesucht
werden mĂŒssen; sie sind mitunter Vorboten gröĂerer Gehirn-
blutungen.
Ueber Augen- und Ohrenmenschen. Man kann die Menschen
in âAugenmenschen", bei welchen in intellektueller Hinsicht Ge
SichtseindrĂŒcke im Vordergrund stehen, und âOhrenmenschen",
deren DenktĂ€tigkeit auf durch das Gehör vermittelten EindrĂŒcken
beruht, einteilen. Der Ohrenmensch, welchen das logische Ge-
dĂ€chtnis leitet, steht intellektuell ĂŒber dem Augenmenschen, der
vom rÀumlichen GedÀchtnis abhÀngig ist. Bei der Behandlung
schwachsinniger Kinder ergibt sich daraus die ungeheure Wich-
tigkeit der Individualisierung. Methoden, welche bei dem einen
Kind sofort einschlagen, haben bei anderen geringen oder gar
keinen Erfolg. ReuB. (Wien).
Zeitschrift fĂŒr die gesamte Neurologie und Psychiatrie, Berlin.
10. April 1922, 75, Heft 3â5.
Mitteilung ĂŒber das Erleben in einem Zustand wahnhafter Regungslosigkeit
nach Uatatnnestischen Angaben eines Patienten, der darin mehrere Jahre
verharrt hatte. Gans, A. 279.
âHerdförmiger Markfaserschwund. und ĂŒber die polysklerotisehen Formen der
Paralyse. K u f s , H. 289..
Schwere Denkstörung infolge einer Kombination perseveratoriscber. am-
nestisch-aphasischcr und kontaminatoriscker Störungen. Piek. A. 309.
Versuch ĂŒber die Anten der VerstĂ€ndlichkeit. Schneider, K. 323.
âZur Frage der Simulation (AnamnesenfĂ€lschung). K 1 i e n e b e r g c r ,
O. 828.
Agrammatiismus. Isserl in, M. 332.
âBeitrĂ€ge zur Frage der Restitution nach Hirnverletzung. Göpfert,
H. 411.
âPsychogene Störungen bei HirnbeschĂ€digten. May, S. 460.
Psychologische und psychopathologischc Untersuchung und Theorie des er
worhenen Schwachsinn*. E 1 i a s b e r g , W. und Feucht w a n
g e r , E. r>16.
âAxbeitsvefsuche bei Kriegenemratikern. Gail, W, :>9u.
Malaria- u. Rekurrensfieber-Behandlung bei progressiver Paralyse. Kirsch
b a u m , W. 63Ă€.
Geschichte und BegrĂŒndung der Rekurrensthcrapic bei Paralyse. Plaut, F
und Steiner, G. 686.
Handzentrum in der linken Zentralwindung. Gans, A. 689.
Ueber den herdförmigen Markfaserschwund und ĂŒber die poly
skierotischen Formen der Paralyse. Zugleich ein Beitrag ziu
Pathogenese der multiplen Sklerose. Bei der Paralyse kann
uiĂer dem diffusen Markschwund in der Hirnrinde, noch eii
fleckiger Markfaserschwund vorkommen, der in seltenen FĂ€ller
sich ĂŒber zahlreiche Hirnwindungen ausbreiten und durch SchĂ€
digung einzelner Rindenzentren das klinische Symplombild beein
Hussen kann (spastischer Symptomenkomplex, multiple Sklerose
Symptome). Der fleckförmige Markfaserschwund der Paralyst
kann isolierte, gröĂere Herde in der Rinde und in der benach
harten Markleiste, selbst in den Stammganglien und im RĂŒcken
mark erzeugen, die nicht nur makroskopisch, sondern auch mi
kroskopisch alle charakteristischen Details aufweisen, die den
Rinden- und Markherden der multiplen Sklerose zukommen. Es
gibt seltene FÀlle von Paralyse, bei denen der herdförmige Mark
Schwund durch Bildung multipler sklerotischer Herde in Form.
GröĂe, Verbreitung ĂŒber 'das gesamte Zentralnervensystem, in
topographischer Anordnung so vollstÀndig mit der multiplen
Sklerose ĂŒbereinstimmt, auch das klinische Symptomenbild der Pa-
ralyse so verdecken kann, daĂ nur die histologische Untersuchung
des Gehirns und der positive Ausfall der Wassermannsch^n Re-
aktion «im Serum und Liquor und die ĂŒbrigen serologischen Unter-
suchungsmethoden AufschluĂ ĂŒber die wahre Natur des Krank-
heitsprözesses gehen können.
Zur Frage der Simulation ( AnaninesiifÀlsohung). Im An
schlĂŒĂ an einen Fall von Lues cerebrospinalis, der nach erfolg-
reicher antiluetischer Kur, seine Erkrankung unter Verschweigung
der Luesanamnese in einer anderen Klinik als posltraumatisch
zur Erlangung einer Rente ausschlachten wollte, weist Verf. auf
die Bedeutung der AnamnesenfĂ€lschung fĂŒr die Beurteilung des
ganzen Krankheitsbildes hin. Eine groĂe Rolle spielt dabei der
Wunsch, eine geistige Erkrankung, die noch immer vielfach als
Familienschande gilt, auf Ă€uĂere UmstĂ€nde zurĂŒckzufĂŒhren, noch
hÀufiger handelt es sich um Rentenbegehrung. Besonders werden
Ereignisse, die schon die Folge der Erkrankung sind, als Ursache
derselben artgegeben.
, BeitrÀge zur Frage der Restitution nach Hirnverletzung. Zur
Frage der Restitution nach Hirnverletzung wird gezeigt, wie in
einem Fall von motorischer Aphasie optische Hilfen, in einem
Fall von optisch bedingter Alcxie und Agraphie akustische Hilfen
eingreifen. In dieser Richtung hat die Uebungslherapie anzusetzen,
indem sie zunÀchst die geistigen Leistungen zu Hilfe ruft, die,
wenigstens im Vergleich mit den eigentlichen Defekten, noch rela-
tiv gut erhalten sind; in vielen FĂ€llen wird sich der Kranke von
selbst die Hilfe geradezu aufzwingen. So fanden sich fĂŒr das
Schreiben bei dem 2. Fall folgende Hilfen: ein- oder mehrmaliges
Aufrufen des Buchstabennamens (akustische Hilfe), gleichzeitig
suchendes, malendes Nachfahren, des Buchstabens (Bewegungs-
schreibmotorische Hilfe) und akustisches Realisieren des Wissens
um die Form der Buchstaben in Worten (z. B. âund", â3 Striche1 .
âschief" usw.), des Wissens um die rĂ€umliche Ausdehnung der
Buchstabenteile in Worten, wÀhrend der Buchstabe als Einheit
optisch nicht vorgestellt wird. Beim Lesevorgang wirken sich die
Hilfen in umgekehrter Reihenfolge aus: aus dem in Worten depo
nitrten Wissen um die optische und rÀumliche Gestalt und Lage-
anordnung und im Zusammenhang damit aus den" schreibmotori-
schen Hilfen (Umfahren des Buchstabens), woraus sich die BrĂŒcke
zum Aufruf des Namens ergibt, womit der Bedeutungsinhalt des
Zeichens erkannt wird.
Ueber psychogene Störungen bei HirnbeschÀdigten. Hirn-
beschĂ€digte zeigen in ĂŒber der HĂ€lfte der FĂ€lle eine traumatisch
erworbene affektive LabilitÀt und erhöhte EmolivitÀt. Auf Grund
dieser gesteigerten AffektivitÀt sind sie zu psychogenen Störungen
disponiert. In 30,5 % der FĂ€lle von Hirnverletzung treten daher
zu den organisch-traumalischen Allgemein- oder HerdschÀdigun-
gen gewisse psychogene Störungen. Es finden sich alle Arten
psychogener Erscheinungen, darunter in viermal gröĂerer HĂ€ufig-
keit leichtere affektive Symptome: ihre Entstehung stellt sich als
eine ĂŒber das MaĂ des normalen Ausdrucksgeschehens hinaus-
40.' .lall ig
Zeitschriften
. gehende AusdrucksĂŒberspnnnung dar. In auffalliger HĂ€ufigkeit
linden sieh durch angst-, erwarlungs- und zwangsneurotische
Mechanismen ausgelöste Symptome. Eigentliche hysterische Reak-
tionen linden sieh bei den llirnlraumalikcrn viel seltener (in 18
Ivon 300 FĂ€llen), darunter relativ viele (10) hysterisch Anfalls-
kranke. Die anamnestisch feststellbare vortraumatische Konsti-
tution spielt in der Genese der psychogenen Störungen der Hirn-
verletzlen, im Gegensatz zu denjenigen der Neurolikcr, im allge-
> meinen keine ausschlaggebende Rolle. Von den psychogenen Er-
scheinungen der Neurotiker, besonders der Shockneurotiker,
unterscheiden sieh die der Hirnverletzten besonders auch durch
l'die ungĂŒnstige Prognose hinsichtlich der völligen Behebbarkeit
der Symptome. Zur Differentialdiagnose von den organisch be-
dingten Folgen des Hirntraumas sind die Ergebnisse der klinisch-
psychologischen Untersuchungen, sowie die Verschiedenheit des
Behandlungs- und Uebungseffektes in besonderem MaĂe geeignet
theoretisch geben die affektiven Störungen nach Hirntraumen
auch einen Fingerzeig zur ErklÀrung der HÀufigkeit psychogener
Symptome bei organischen Hirnerkrankungen. Unmittelbare kau-
sale ZusammenhĂ€nge zwischen HirnlĂ€sion und Psychogenie ĂŒber
den Weg einer traumatischen Alteration der GefĂŒhlssphĂ€re sind
f>ichl nachzuweisen.
Ueber Arbeitsversuche bei Kriegsneurotikern. Die Arbeits-
versuche bei Kriegsneurotikern zeigen eine Zahl verschiedener
ziemlich scharf umrissener Leislungstypen, die untereinander
l'ebergangsformen aufweisen, in denen sich das Charakteristische
dieser Gruppen mehr oder minder ausgesprochen erkennen lĂ€Ăt.
IBei den meisten wurden hochgradige Abweichungen vom Nor-
malen gefunden, nur wenige lassen jede Störung des Arbeits-
ablaufs vermissen. Im Vordergrund stehen die FĂ€lle, die durch
eine schwere allgemeine Minderung der Leistung gekennzeichnet
sind; diese Minderung erstreckt sich zuweilen nur auf eine An-
zahl von Gebieten, wÀhrend andere völlig verschont bleiben; zu-
weilen zeigt sich die Leistungsminderung auf einem einzelnen Ge-
biete besonders stark, wĂ€hrend die ĂŒbrigen nur ganz gering be-
eintrÀchtigt sind. Ein besonderer Typus ist der, daà bei Beginn
der Versuchsperiode gute oder leidliche Leistungen aufgewiesen
wurden, die aber im weiteren Verlauf von Tag zu Tag schlechter
wurden, feiner, daĂ ĂŒbermĂ€Ăige Schwankungen der Tagesdispo-
[sition sichtbar wurden, die zu niedrigen Gesamtleistungen im
: Versuche fĂŒhrten. Bei einem Teil der FĂ€lle lieĂ sich die Lei -
istungsminderung mit einer abnormen ErmĂŒdbarkeit erklĂ€ren, so
daĂ also hier die neurotische Arbeitsminderung nicht allein auf
psychogene Momente der Einstellung zurĂŒckzufĂŒhren war. Es
[wurden drei Gebiete geprĂŒft: Die Auffassung (Exposition von
f2 Buchstaben), das Rechnen (Additionen), und Arbeit am Arbeits-
schreiber. Die untersuchten 50 Kranken verteilen sich danach
âązahlenmĂ€Ăig auf folgende Gruppen: 1. Versuchsergebenisse, die
sowohl bezĂŒglich der Höhe der Leistung als auch des Arbeits-
verlaufs nicht sicher als gestört gelten können (1 FÀlle); 2. Kranke
mit sehr niedrigen Leistungen auf allen drei Gebieten, oft noch
mit tÀglichem Sinken der Leistung auf einem oder zwei der unter-
suchten Gebiete, mit ausgesprochener Einstellung aufs Nicht-
^können (16 FÀlle); 3. FÀlle mit gekreuzter Einstellung (6), und
zwar je drei mit Verminderung des Rechnens und der körper-
lichen Arbeit; 4. FÀlle, die bei guter Einstellung erhöhte Er-
mĂŒdungserscheinungen zeigten (6); 5. Zwischenformen mit
mĂ€Ăiger Herabsetzung der Arbeitseinstellung oder solche mit
Zeichen andersgearteter Hemmung (18).
Die Ergebnisse geben ein gutes Bild der Mechanismen, die
zum Symptomenbild des Neurotikers fĂŒhren: Die allgemeine,
âșschwere und sich gleichbleibende Leistungsminderung, der nie-
Edere flache, wurmförmige Verlauf der Arbeitskurven erscheint als
[AusfluĂ des Wesens des turgorlosen, taten- und energiearmen Neu-
â â otikers mit RentenwĂŒnschen, dessen einzige Leistung in einem
rFesthalten an der Vorstellung des Nichtleistenkönnens besteht,
ilm wahllosen Schwanken der Tageskurve sieht man die Aus-
wirkung der allgemeinen LabilitÀt der Kranken: das dauernde Ab-
sinken der Leistung entspricht dem raschen Erlahmen, dem diese
Kranken oft nach kurzem Anlauf verfallen. Die Vorstellung des
Niclukönnens beherrschl hier die Situation, die Willensfunktion
Ă€ls Anh ieb oder Dauerleistung findet keinen Ausdruck in den auf-
festellten Typen. Von anderen Faktoren, die den Gang der Ar-
:>eil stören, wird hervorgehoben das Àngstliche Bestreben, mög-
liehsl genaue Ergebnisse zu liefern, das im Verlauf der Arbeit
:'hwindet, wÀhrend in anderen FÀllen durch die Anregung der
rbeit Hemmungen beseitigt werden; feiner auch vor allem die
iehle ErmĂŒdbarkeit, die fĂŒr das Wesen der IndividualitĂ€t Ă€uĂerst
larakteristisch sein kann. W. Misch (Berlin).
ZentralblaU fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
29. 4. 22, 4«, Nr. 17.
âąHĂŒfahrungen mit der parasaeralen A iiii» tli<- -s i â â , hei l.'io % ;lk i iuil<: ti Operationen.
Burgkh*i'dt, K. 642.
KichtUnien der KonAtiltiutioiiapadliotoitlie, Bedeutung der UcvttttLonatoxo*
nuaeu. Ci r c i I , A. UitS.
Zum hohen (leradstand bei Stirnilage. II e r 1 n s te i n , A. U56.
âŠBill weiterer Beitrag zur Hypnose in der Oelnn tsliiltV und GynĂ€kologie,
f Ii 1 k , Ii. GM.
Kiu neues Opciratiotisvei IhIik ii zur Heliandlunn «rotier L'terusprolapse.
D ii s c hu li Mainsche w. ĂŒUl.
⊠KĂŒr den DammsekuiliĂŒ in linker öeitciĂŒage. Heil, K. 668.
*|tL>ie X-strahleu bei der Hypereiriesis gravidarum. Krankel, M. um.
Erfahrungen mit der parasakralen AnÀsthesie bei 130 vaginalen
Operationen. Burgkbardt hĂ€lt die parasacrale AnĂ€sthesie fĂŒr
eine ideale AnĂ€stnesierungsmethode fĂŒr vaginale Operationen
aller Art, da sie immer ausfĂŒhrbar und völlig ungefĂ€hrlich fĂŒr
uie Kranke ist. Er hat die AnÀsthesie bei 13U Operationen ver-
schiedener Art angewandt, am hÀufigsten bei Uterusexstirpa-
lioneh und Pfoiapsoperationen und erlebte nur einen richtigen
\ ersager, und zwar Dei einer schwer neurasthenischen Kranken,
nie fĂŒr ĂŒie örtliche BetĂ€ubung völlig ungeeignet war. Hauptge-
wicht legt B. auf die Vorbereitung der Patienten. Diese erhalten
am Abend vor der Operation Codeonal oder Bromural, eine
Stunde vor AusfĂŒhrung der parasacralen AnĂ€sthesie eine Injek-
tion von 0,01 Laudanon-lngeiheim mit 0,0004 Skopolamin. Das
\ orbereitungszimmer wird verdunkelt, die Ohren der Patientin
mit Watte verstopft und das Gesicht mit dĂŒnnem Zellstoffschleier
bedeckt. Im Operationssaal selbst mĂŒssen alle Vorbereitungen
schon getroffen sein, ehe die Patientin hereingefahren wird, und
dann wird jedes unnötige GerÀusch vermieden. Was die Technik
der AnÀsthesie anlangt, so kann man getrost bis zu 250 cem
Yi % iger Novokain-Suprareiiinlösung injizieren; die Lösung
selbst soll erst kurz vor der Injektion frisch hergestellt sein. â
Bei kleineren Operationen wie Abrasionen die parasakrale AnÀ-
sthesie auszufĂŒhren, hĂ€lt Verf. nicht fĂŒr nötig, da man dabei
mit kurzer Narkose rascher zum Ziele kommt.
Ein weiterer Beitrag zur Hypnose in der Geburtshilfe und
GynĂ€kologie. Falk berichtet ĂŒber verschiedene Anwendungs-
gebiete fĂŒr die hypnotische Behandlung in der Geburtshilfe und
GynÀkologie. Er behandelte im letzten Jahre 7 FÀlle von Hyper-
emesis gravidarum, von denen (> durch wenige Hypnosen ohne
Rezidive geheilt wurden. Von gynÀkologischen Erkrankungen
wurden vor allen Dingen Dysmenorrhöen behandelt. Daà auch
sekretorische und vasomotorische VorgÀnge den hypnotischen
Suggestionen unterliegen, beweist ein Fall von profusen Men-
struationsblutungen bei einer 20jÀhrigen Nullipara, bei der alle
bisher angewandten therapeutischen MaĂnahmen (HĂ€mostyptica,
zweimalige Abrasio) ohne jeden Erfolg geblieben waren. Im
blut freien Intervall wurde die Patientin dreimal an aufeinander-
folgenden Tagen hypnotisiert und ihr in der Hypnose klar ge-
macht, daà von nun an die Periode nie mehr lÀnger als dreimal
24 Stunden dauern v/ĂŒrde. Die Behandlung hatte vollen Erfolg;
^lie Patientin hat seitdem dreimal menstruiert mit vierwöchent-
lichem Zwiscnenraum und dreitĂ€giger Dauer. AuĂerdem be-
richtet Verf. noch ĂŒber durch Hypnose geheilten Fall von Fri-
giditÀt. SchÀdigende Nebenwirkungen der Hypnose wurden nie
beobachtet.
FĂŒr den Dammschutz; in linker Seitenlage. Entgegnung auf
die Arbeit von Abernelly im Zentralblatt fĂŒr GynĂ€k. 1921, Nr. 24,
der den Dammschutz in Seitenlage als ungeeignet ablehnt, weil
eine genaue Beobachtung der kindlichen Herztöne unmöglich sei.
Die Hauptsache bei der Anwendung der Seitenlage zum Damm-
schutz ist, daĂ die Frair erst dann in Seitenlage gebracht wird,
wenn der Kopf durchschneidet. Wegen der weit besseren Ueber-
sichtlichkeit verdient dieser Dammschutz durchaus den Vorzug
vor dem Dammschutz in der RĂŒckenlage. Verf. empfiehlt noch,
den Kopf mit dem Hinterxlammgriff zu entwickeln.
Die X-Strahlen befder Hyperemesis gravidarum. In 4 FĂ€llen
von Hyperemesis gravidarum gelang es, die Patientin durch
zweimalige Bestrahlung mit je % E. D. (im Abstand von 5 Tagen
applizierter, harter, filtrierter Strahlen) auf die Magengegend von
dem Erbrechen ganz au befreien. Ob es sich dabei um Suggestiv-
wirkung handelt, oder ob die Röntgenstrahlen wirklich den Reiz-
zustand herabsetzen, lĂ€Ăt sich nicht sagen. Auf die Schwanger-
schaft ĂŒbten die angewandten Dosen keinen Schaden aus. Es
wĂ€re wichtig, die Beobachtungen am groĂen klinischen Material
nachzuprĂŒfen. Speyer, Berlin.
Aas den neuesten Zeltschriften 40. Jahrg. â Nr. 31/32
524
Zentralblatt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
13. Mai 1922, 46, Nr. 18
â Wiederholte Extrauteringra\ Ld.ltĂ€t der gleichen .Seite. Sigw&rt, W. BBO.
G«burteneinfhifl und konstitutionelles Element in der Genese der Xeu-
gebornen-Aniuniinurie. Lindig, P. «94.
l'laccnta bidiseoiiUUis. Lahm, W. «9«.
âą{âŠHin Fall von DoppelmilibMdung der weilbtiehen Genitalien mit Ligamen-
tum roctovesic-ale pensistens und sticlgedrchtem Ovarialtumor. KĂ€st-
ner, H. 700.
Bin OberflÀehenpapillon des Ovariums. Hebtrct, H. 702.
Tubentorsion mit HĂ€matomb.ildung und ihre Aetioiogie. Hausen, A. 707.
<J*Eiu Fall von Myouia uteri mit hochgradigem Ascites. 1) u n kliase , O. 70».
Wiederholte ExtrauteriiigraviditÀt der gleichen Seite. Bei
einem 23 jÀhrigen MÀdchen war wegen Ruptur im Isthmus der
rechten Tube diese bis auf einen kleinen Stumpf entfernt worden:
eine Peritonealisierung des Stumpfes war wegen des schlechten
Allgemeinzustandes der Patientin unterblieben. Schon nach vier
Monaten wurde .das MĂ€dchen wiederum mit den Zeichen einer ge-
platzten TubargraviditÀt eingeliefert. Bei der Operation zeigte
sich, daĂ sich das Ei auf dem kleinen Schleimhautrest des rechten
Tubenstumpfes, der mit einer DĂŒnndarmschlinge verwachsen war,
angesiedelt hatte. Als praktische Folgerung ergibt sieh aus
diesem, wie auch aus anderen Àhnlichen FÀllen der Literatur,
daà man bei Entfernung der Tube wegen TubargraviditÀt den
zurĂŒckbleibenden Tubenstumpf so versorgen muĂ, daĂ ein
sicherer Verschluà des Tubenlumens gewÀhrleistet ist; am besten
geschieht dies durch keilförmige Excision der Tube aus dem
Uterus und doppelte sero-seröse Naht der Wundbettes.
Ein Fall von DoppelmiĂbildung der weiblichen Genitalien mit
ligamentum rectovesicale persistens und stielgedrehtem Ovarial-
tumor. Ein 19jÀhriges, gut entwickeltes MÀdchen wurde wegen
stielgedrehtem Ovarialtumor operiert. Pat. zeigte folgende MiĂ-
bildung: Der Introitus vaginae ist durch ein sagitlal verlaufendes
Septum in zwei HÀlften geteilt, an beiden EingÀngen gut ent-
wickelter Hymen. Das Septum setzt sich bis ans Ende der
Scheide fort, wo zwei virginelle Portiones vaginales zu fĂŒhlen
sind. Bei der Operation des Ovarialtumors zeigte sich, daĂ zwei
gut entwickelte Uteri vorhanden waren, die durch ein von vorn
nach hinten verlaufendes dickes Septum rectovesicale persistens
getrennt waren. Die Stieltorsion des Ovarialtumors ist nach der
Ansicht des Verfassers vorwiegend dadurch verursacht, âdaĂ
wegen der von der Norm abweichenden topographischen Ver-
hÀltnisse der Genitalorgane die Wachstumstendenz des Tumors
in einer Richtung, in welcher es an Platz gebrach, die Torsion
seines Stieles bedingt hat".
Ein Fall von Myoma uteri mit hochgradigem Ascites. Ascites
als Komplikation bei Uterusmyom ist ein nicht allzu hÀufiges
Vorkommnis. Verf. teilt die Krankengeschichte einer 51jÀhrigen
Patientin mit, die mit einem Leibesumfang von 133- cm. in das
Krankenhaus kam. Es wurden durch Punktion der Bauchhöhle
zunÀchst 12 Liter klarer Ascites abgelassen, dann konnte ein bis
zum Nabel reichender, etwa kindskopfgroĂer Tumor im Zu-
sammenhang mit dem Uterus festgestellt werden. Bei der Ope-
ration fand sich ein kindskopfgroĂes, derbes, gestieltes Myom mit
starken Netzverwachsungen. Es wurden noch 8 Liter FlĂŒssigkeit
aus der Bauchhöhle entfernt, da ein maligner Charakter des Tu-
mors befĂŒrchtet wurde, der Tumor mit dem Uterus unter Mit-
nahme der Adnexe entfernt. Die mikroskopische Untersuchung
ergab jedoch, daĂ es sich um ein auĂerordentlich zellreiches
Myom handelte. Speyer, Berlin.
Frankfurter Zeitschrift fĂŒr Pathologie.
26, Heft 2.
âZur Kenntnis polypöser Bronchialkurzinome. Walkwitz. 188
âąJ»Plöly.licber Tod durch Erstickung infolge Verlegung des Kehlkopfeingangus
durch ein faustgroĂes Epitheliom des Zungengrundes. S e h w a i -
zacher, W. 200.
âąHMionui, Linguae. Peteren, F. 214.
^Bakteriologische und histologische- Untersuchungen am Fettmark bei Typhus.
H a r t w i c h , A. 227.
<$> VerĂ€nderungen der KeimdrĂŒsen bei Koixsritutlonskntnkheiten, im besonderen
bei der Piidatrophie. Jaffe, R. 250.
â Knorpelglj kogen der Rippenepiphysen bei Rachitis. Suppes, J. 268.
«fcUebermĂ€Ăige Hyperplasie des Endometriums. O p p e n h e i m e r, E. 275.
Beitrag zur pathologischen Anatomie der Milz. K u b i /. . 285.
Myocarditis uraemiioa. L ii s c h e r , W. 293.
âZur Pathogenese des Morbus Addissonii. Bann wart. A. 307.
Neuroblastom*-», sympathieum. B a r n e w i t z. 317.
Exostosis cartilaginea des Scheitelbeines. HĂŒbscher, F. 332.
âąHJic groĂen Exsndatzellen bei Meningitis tuberculosa. Wietbold, ft. 341
Autoplastisehe Transplantation der Thymus in die Milz bei Kaninchen
.1 a m a n o i , 8. 354.
Plötzlicher Tod durch Erstickung infolge Verletzung des Kehl
kopfeinganges». Die Besonderheit des Falles liegt darin, da£
der Tumor des Zungenmundes, an dem die TrÀgerin im Alter voi
04 Jahren nachts plötzlich erstickte, mindestens 34 Jahre Lang
getragen wurde, bis er schlieĂlich fast FaustgröĂe erreichte. Ei
erwies sich histologisch als ein benignes Epitheliom, als dessei
Ausgangspunkt der Ductus lingualis angesehen werden kann.
Glioma linguae. Bei einem sechs Wochen alten, sonst ge
sunden Kinde wurde eine taubeneigroĂe Geschwulst unter dei
rechten ZungenhÀlfte operativ entfernt; neuerliche Exzisior
wegen Rezidiv 3 Monate spÀter. Histologische Untersuchung er-
gab Gliagewebe.
Bakteriologische und histologische Untersuchungen am Fett-
mark bei Typhus. In sÀmtlichen untersuchten FÀllen von Typhus
abdominalis konnten die Krankheitserreger aus dem Fettmark
des Oberschenkels gezĂŒchtet werden und in allen FĂ€llen fanden
sich die durch sie hervorgerufenen SchÀdigungen in F'orm von
kleinsten Nekroseherden im Fettmark.
VerĂ€nderungen der KeimdrĂŒsen bei Konstitutionskrankheiteu.
Im normalen kindlichen Hoden findet sich nur spÀrliches Binde-
gewebe. Zwischenzellen finden sich nur in geringer Anzahl. Sie
enthalten kein oder höchstens Spuren von Fett. â Bei chroni-
schen Infektionskrankheiten kommt es zu einer sekundÀren
Atrophie. Dabei finden sich zwischen den SamenkanÀlchen breite
ZĂŒge eines ödemalösen Bindegewebes. Di« Zwischenzellen sind
nicht vermehrt und enthalten kein Fett oder nur Spuren davon
â bei Kindern, die als konstitutionell minderwertig zu betrachten
sind, wechselt der Gehalt an Bindegewebe; dagegen sind die
Zwischenzellen hier stets vermehrt und enthalten reichlich Fett.
â Diese letzteren VerĂ€nderungen bestehen regelmĂ€Ăig bei Kin-
dem mit PĂ€datrophie. â Die Fettansammlung in den Zwischen-
zellen ist wohl als Ausdruck einer Funktionsstörung aufzufassen;
Diese VerÀnderungen sind nicht Ursache irgend einer Erkran-
kung, sondern der Ausdruck einer konstitutionellen Minderwertig-
keit.
Knorpelglykogen der Rippenepiphysen bei Rachitis. Die
VerÀnderungen des Glykogengehaltes im rachitischen Knorpel
sind gering; im ruhenden Knorpel geringe Verminderung, im
wuchernden Abnahme und weniger geordnetes Auftreten. Das;
Verhalten wird durch Degeneration der Knorpelzellen in der
rachitischen Epiphyse erklÀrt.
UebermĂ€Ăige Hyperplasie des Endometriums. Zur Beur-
teilung der Erkrankungen der Uterus mukosa steUt Verfasser
folgende LeitsÀtze auf: L Es ist in jedem Falle die jeweilige
Menstruationsphase zu berĂŒcksichtigen. 2. Als pathologisch zu
bezeichnen sind: a) echte EntzĂŒndungen der Schleimhaut
(immer interstitiell), Plasmazellen, Lymphozytenherde, b) Hy-
perplasien von Auftreten prÀmenstrueller Schwellungen bis
zu den stÀrksten Graden von fungösem Typus. 3. Beide Pro-
zesse stehen in keinerlei ursÀchlichem Zusammenhang mitein-
ander. 4. Endometritis wird durch, Infektion verur-
sacht. In der Aetioiogie der Hyperplasien spielen wahr-
scheinlich Störungen der inneren Sekretion des
Ovariums eine Rolle.
Zur Pathogenese des Morbus Addissonii. Die Addis-
s o n sehe Krankheit war im beschriebenen Falle durch die Zer-
störung des Nebennierenmarkes und des Grenzstranges durch
ein Lymphangioendothelioma peritonei melastiticum bedingt.
Die groĂen Exsudatzellen bei Meningitistuberkulose. Die
groĂen Zellen kn E&uda>t bei der tuberkulösen Meningitis und
bei der kÀsigen Pneumonie sind Abkömmlinge fixer Gewebszellen,
die in einem Falle epithelialer, im anderen bindegewebiger und
endothelialer Natur sind. Es sind Histiocyten, denen im Kampf
gegen das tuberkulöse Kind eine besondere Funktion zugefallen
ist, die morphologisch in charakteristischer FormverÀnderung,
Loslösung aus dem Zellverbande und Phagozytose zum Aus-
druck kommt. Lehndorff (Wien.
Zeitschrift fĂŒr die gesamte experimentelle Medizin, Berlin.
20. Januar 1922, 26, Heft 1â2.
âąH'eber osmotische Wirkungen intravenöseir Zuckerinjektioneu uniter wechseln-
den Bedingungein IL BĂŒrger u. Hagemann.
40. Jahrg. â Nr. 31/32.
Aus den neuesten Zeitschriften
4>Uebor die Funktion der Leier und Niere in der Schwangerschaft. Gott-
i c i & a l k.
âŠLeber die Scdlimentierungsgeschwindigkclt der roten Blutkörperchen. L f. y.
Der respiratorische (las» ochsel hei (iosnnden und Kliniken. H. Holl y.
Die Schwankungen im Kapillarkreislauf. II a g 0 n.
Die \V Maische l.chcrfunktinnsprĂŒfung hei l'arulysis agitaus-Kranken. Dre-
sel u. L c w y.
Die Zuckerregulation bei Paralyais agltana-Kranken. Dresel u. I. b n y.
Die lehertragharkeit der ansteckenden Blutarmut der Pferd« auf kleine
Laboratoriumstiere> dufte u. Silberstei u.
Paroxysmale Tachykardie, d e H o e r.
lieber osmotische Wirkungen Intravenöser Zuckerinjektioneiii
unter wechselnden Bedingungen. Iniravenöse Injektion hyper-
tonischer Traubenzuckerlösungen in Mengen von l â 2 g pro Kilo
Körpergewicht, bewirkt beim Menschen eine osmotische bedingte
h\ dramische. Plethora (meĂbar durch HĂ€matokrit-Refraktometer
â LeilfĂ€higkeils- und Gefrierpunktsuntersuchungen), die nach
1 2 Stunden wieder ausgeglichen ist und keine nennenswerte
Diurese zur Folge hat; wÀhrend dieser HydrÀmie besteht vor-
ĂŒbergehend Blutdrucksteigerung von 10 â 15 mm Hg.
Ueber die Funktion der Leber und Niere in der Schwanger-
ichaft. Die Arbeit liefert gleichzeitig einen Beitrag zur Kenntnis
des intermediĂ€ren Kohlehydratstoffwechsels. FunktionsprĂŒfung
lach Isaac (Med, Klinik 1920 S. 1207): Orale LĂ€vulosezufuhr
(100 g nĂŒchtern) und Konirolle der Blulzuckerwerte. Bei einem
groĂen Teil der Graviden war bei LĂ€vulosebelastung vorĂŒber-
gehende Leberinsuffizenz nachweisbar (HyperglykÀmie, lang-
sames Absinken der erhöhten Blutzuckerwerte und Urobilinurie) ;
'bei einigen eine vermehrte. DurchlĂ€ssigkeit der Niere fĂŒr Zucker.
Ueber^ die Sedimentierungsgeschwindigkeit der roten Blut-
körperchen. Bei der Untersuchung, von welchen Faktoren die
Senkungsgeschwindigkeit der roten Blutkörperchen abhÀngig ist,
ergab sich ein Zusammenhang mit der ViskositÀt. Die Senkung
der roten Blutkörperchen erfolgt im allgemeinen um so schneller,
je viskoser das Serum ist. Lehndorff (Wien).
0. MĂ€rz 1922, Heft 3â6.
Ueber die Beeinflussung; des Stoffwechsels der Kohlehydrate durch Strah-
lung. P i n c u s s e n.
âŠKine Indikatorenmethode zur AcidltĂ€tsmessung im Magen- und Darinsalt beim
Erwachsenen und SĂ€ugling. M i c h ae l i s u. JJ ĂŒ 11 e r.
Experimentelle Untersuchungen ĂŒber die Entstehung der Rfclaxati o diaphrag-
noatiea. K u r e . H i r a m ahn. T a k a s i . N n k a y a m a und
M a t s u i.
Chemiisc-he Untersuchungen ĂŒber den Zwerchfelltonus. Kure, K e n .
M i n (j r ii M a e d a u. K o z o T o y À m a.
Trophischer EinfluĂ des Sympathien* auf das Zwerchfell. Knie. Ken
u. M a s u o S h i m Ii o.
âąH 'eher die Beeinflussung des menschlichen Stoffwechsels durch Chlorophyll-
PrĂ€parate. K ĂŒ n i g s, f e 1 d.
Die Bewegung der Atemluft in den AlveolargÀngen der Lungen. Dresel.
Nachtrag zur Arbeit und klinische und experimentelle Untersuchungen zur
BlutplÀttchenfrage. W i 1 1 k o w e r.
^Experimentelle Untersuchungen ĂŒber intfaviMe Haemolyse. H i e l i n g u.
Isaac.
âą{âąQuellung und EntquellungsersQheinungeu in ihrer Bedeutung fĂŒr pathologische
Prozesse an der Haut. P u I a y.
Histologische VerÀnderungen im Gehirn von Meerschweinchen und Kanin-
chen bei primÀrer Antiseruin-Anaphylaxie und bei Einspritzung giftiger
Normalseren. F r i e d b e r g e r u. S c h r ö d e r.
4* Der EinfluĂ der LebergefiiĂŒe auf den Wasserhaushalt und die hĂ€moklasisehe
Krise. C ö r i und .\l a u t n e r.
Die Intrakutanreaktion unspezifischer Stoffe. A r n o 1 d.
Unteirsuchungen ĂŒber die Beeinflussung normaler und pathologisch verĂ€nder-
ter Haut durch die parenterale leistungsstcigcrndc Reiztherapie. Stahl.
Nachweis des Vorkommens einer heterotogen partiellen Vorhoftrachysystole
am SĂ€ugetierherzen. K j S C h.
Eine Indikatorenmethode zur AciditÀtsmessung im Magen-
nd Darmsaft beim Erwachsenen und SĂ€ugling. Die Methode,
chnell und handlich AcidilĂ€lsbestimmungen auszufĂŒhren, besteht
m wesentlichen in folgendem. Bei MagensÀften, die Kongopapier
lÀuen, wird Krystallvioletl als Indikator verwendet. Eine An-
hl ReagensglĂ€ser werden mit 6,3â4,0â2,5 cem usw. HCl
fĂŒllt, mit p. H. â 1,1 1,3 1,5 usw. signiert, auf 10 cem mit destill,
asser aufgefĂŒllt; hierzu, sowie zu 10 cem des zu untersuchenden
agensaftes kommt 0,5 einer Krystallviolettlösung (0,03:150).
rbvergleich im Komparator von Walpole, modifiziert
n Michaelis. Bei MagensÀften, die Kongopapier nicht
Ă€uen, ist der passende Indikator m- oder n-Nitrophenol, oder
resp. Ă- Dinilrophenol einfach zu ermitteln; Beslimmung durch
rgleich mit p. H. fertigen Indikalorreihen oder nach
bellen.
Ueber die Beeinflussung des menschlichen Stoffwechsels
dreh C'hlorophyllprÀparat. Stoffwechselversuch an gesunden
Aerzten; im Hauptversucb 3 X tgl. :( Tabletten eisenfreiea Chloro-
San (BĂŒrgi). Fs ergab sich, daĂ es gelingt, durch Zufuhr von
ChlorophyllprÀparaten auf den menschlichen Stoffwechsel Im
Sinne einer Steigerung des Umsatzes einzuwirken.
Experimentelle Untersuchungen ĂŒber intravitale HĂ€molyac, In
Fortsetzung frĂŒherer Versuche (Ztschr, f. exper, Med. 25, 1921,
S. lj wird gezeigt, daĂ nach Milzexstirpation bei Maus und Meer-
schweinchen die Injektion von hÀmolytischem Immunserum eben
so wie bei normalen Tieren HĂ€moglobinurie und Ikterus hervor
ruft. Ein kompensatorisches Eintreten anderer Organe an Stelle
der exstirpierten Milz konnte nicht beobachtet werden.
Quellung- und En tquellungser schein ungen in ihrer Bedeutung
fĂŒr pathologische Prozesse an der Haut. AusfĂŒhrliche. Studie ĂŒber
Quellungs- und Entquellungserscheinungen an der Haut, wobei die
charakteristischen Symptome speziell bei Urticaria und Ekzem
aus dem besonderen physiko-chemischem Verhalten des Gewebes
erklÀrt werden. Die chemische Untersuchung des Blutes ergab
bei Ekzem und Urtikaria VerÀnderungen, Vermehrung der
HarnsÀure, VerÀnderungen des Cholesteringehaltes, Kalkvermin-
derung, HydrĂ€mie usw. Quellungserscheinungen fĂŒhren bis zum
Ăedem und zur Blasenbildung, Entquellung zur Exsudation. Zur
Auslösung der Quellung, resp. Entquellung sind die SÀuren- resp.
AlkaliverhÀltnisse von Bedeutung, allgemeiner gesagt, das Vor-
handensein oder Fehlen von fĂŒr diese Prozesse wesentlichen
Elektrolysen.
Der EinfluĂ der LebergefĂ€Ăe auf den Wasserhaushalt und die
hÀmoklasisehe Krise. Bei gesunden und bei lebergeschÀdigten
ikterischen Kindern wurde 10 cem physiologische Kochsalzlösung
intravenös injiziert; bei Gesunden Leukozytose, bei
Ikterischen geringe Leukopenie. Auf Trinken und
150 â 500 cem Wasser oder isotonischem Karlsbader MĂŒhlbrunn
reagieren ikterische Kinder mit geringer Leukopenie, auf die
nach einer Stunde eine ganz kurzdauernde geringe Leukozytose
folgt. Gesunde Kinder zeigen entweder eine deutliche durch
1 Stunde konstant ansteigende Leukozytose, die meisten nach
kurz dauernder Leukopenie eine Leukozytose, die nach 20 Min.
durch eine Bemission unterbrochen wird, dann bis eine Stunde
nach dem Trinken wieder ansteigt. Die W i d a 1 sehe Probe wird
so erklÀrt, daà die Ueberschw emmung des Organismus mit Ei-
weiĂabbauproduklen zum Krampf der Lebervenen fĂŒhrt, der
Blutdrucksenkung, Aenderung der Leukozytenzahl und physika-
lisch-chemische Beaktionen zur Folge hat. Der gleiche Venen-
krampf kann, wie die Versuche zeigen, ebenso durch Wasserzu-
fuhr in TĂ€tigkeit gesetzt werden. Die gut funktionierende Leber
gleicht die durch den Krampf der Lebervenen auftretende Leuko-
penie kompensatorisch aus.
Lehndorff (Wien).
La Presse Medicale, Paris.
11. MĂ€rz 1922, Nr. 20.
HĂ€moklasisehe Krisen bei Pleuritis und Ascites durch AutoinjektlOO des
Exsudats. Roch, M. und (lautier, P. 209.
âą{âąMangel der Lungeiiaitskultation. A aeuitl.e , M. P. 210.
âą{âąImpfung gegen Typhus. Cheinisse, L. 214.
Die MĂ€ngel der Lungenauskultation. Die Methode der Aus-
kultation der Lunge mittels des Stethoscops versagt vor allem
bei folgenden 4 Punkten: 1. wenn die LĂ€sion unter dem Minimal-
volumen bleibt; 2. wenn die Maximaltiefe ĂŒberschritten wird,
d. h. wenn die LÀsion zu weit von der OberflÀche entfernt liegt;
,'!. nach dem Gesetz der akustischen Transmission, nach dem der
Schall nicht am Orte des Herdes, sondern höher, tiefer oder
auf der andern Seite der Medianlinie gehört wird; 4. wenn der
Auskultierende selbst psychisch oder physisch nicht intakt ist,
wie es nach langer Sprechstunde und bei ErkÀltungen hÀufig der
Fall ist. Verf. rÀt, wenn irgend möglich, immer die neueren
Methoden, vor allem die Badiologie heranzuziehen, um sich vor
unliebsamen Ueberraschungen und VorwĂŒrfen zu schĂŒtzen.
Zur antityphoiden Vaccination. Verf. verweist als Antwort
fĂŒr die Impfgegner auf die Statistik der gfoĂbritannischen
Truppen wĂ€hrend des Transvaalkrieges 1899 â 1902 mit 57 684 Er-
krankungen und 8022 TodesfÀllen und wÀhrend des Weltkrieges
1914â1918 mit 20139 Erkrankungen und 1191 TodesfĂ€llen. Im
ersteren Fall waren 208 226 Mann, im letzteren 2 Millionen im
Felde. Auch die GesamtstaĂŒstik der Armee von 1880 â 1919 zeigt
ein plötzliches Absinken der Erkrankungen im Jahre 1909, wo
526
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 31/32.
die fakultative, und 1910, wo die obligatorische Typhusschulz-
impfung eingefĂŒhrt wurde. Ferner verweist er auf die guten
Resultate der Impfung per os mittels der Vaccine von Bes-
red'ka, die Zellenbestandteile enthÀlt und die nicht die unan-
genehmen Nebenwirkungen der bisher ĂŒblichen Injektionen zeigt.
Haber.
15. MĂ€rz 1922, Nr. 21.
âą{âąBehandlung von EntzĂŒndungen der serösen Haute mit Chlorkalzium.
Blum, L. 221.
AzotÀmie und Azidose bei Geistesstörungen. T a r g o w 1 a , R. 225.
Die Behandlung entzĂŒndlicher Prozesse der serösen HĂ€ute
mit CalziumchlorĂŒr. Bei akuten und chronischen entzĂŒndlichen
Exsudaten seröser HÀute wurde bei einem Natrium-armen Regime
CalziumchlorĂŒr in groĂen Dosen gegeben mit dem Erfolg, daĂ
der ErguĂ rasch, bisweilen unmittelbar resorbiert wurde, das
Fieber hÀufig definitiv abfiel und sich der schlechte Allgemein-
zustand hob. Die Dosis betrug 15 bis 30 gr trockenes Salz pro
die, das gut vertragen wird bis auf zuweilen beobachtete geringe
Verdauungsstörungen. Habe r.
18. MĂ€rz 1922, Nr. 22.
Kampf gegen ilie Tuberkulose- in Frankreich. I! e r u a 1 d . L. und P o i x ,
G. 233.
Erhöhung- des Globuliuprozentsatzea im Blutserum duieh Leberiusuffizienz.
F i 1 i n s k i , W. 236.
Arbeiten ĂŒber VerjĂŒngung. Nathan, M. 287.
22. MĂ€rz 1922, Nr. 23.
âą{âąErste klinische Anzeichen des syphilitischen Schanker* der Genital-Sehlcim-
baut. Lacassagne. J. 245. ,
âNeue Behandlung der schweren Paraplegieu bei Pottscher Krankheit durch
Punktion des ante-medullÀreu Abszesses. C a 1 v 6 , J. 346.
Die ersten klinischen Zeichen de* syphilitischen Sehankers*
der Genitalschleimhaut. Bei den sechs beobachteten FĂ€llen fan-
den sich keine der klassischen Zeichen: Papel, BlÀschen oder
indurierter Herd; dagegen jedesmal eine rundliche oder ovale
Erosion mit graurötlichem Grund, weich, gut abgegrenzt, aber
ohne Rand, nicht schmerzhaft, selbst fĂŒr instrumentale BerĂŒhrung
nicht empfindlich. Diese erosive OberflÀche sondert besonders
auf Reiz eine vollkommen klare seröse FlĂŒssigkeit ab, in
der man leicht die Spirochaeten findet. Diese FlĂŒssigkeit
findet sich also nicht nur im spÀteren, sondern bereits im
Anfangsstadium der Erkrankung und bildet also kein differenlial-
diagnostisches Symptom zwischen Herpes und Schanker, wie es
in LehrbĂŒchern vielfach angegeben ist.
Eine neue Behandlung der schweren Pottschen Paraplegien:
Punktion des ante-medullÀren Abszesses durch das foramen inter-
vertebrale hindurch. Die bisher ĂŒblichen Behandlungsmethoden
der Pottschen Krankheil bestanden entweder in der Laminectomie
oder der Costo-Transversectomie nach Menard, die beide auĂer
der GefÀhrlichkeit noch den Nachteil haben, daà sich stets eine
Fistel bildet, die der Ausgangspunkt neuer Infektionen werden
kann. Um diesen Uebelstand zu vermeiden und doch den Herd zu
behandeln^ wendet Verf. die Punktion des Abszesses an. Ver-
mittels einer Trocartsonde mit geeigneter KrĂŒmmung gelangt man
durch das foramen intervertebrale direkt in den Raum zwischen
der VorderflÀche der Dura mater und der HinterflÀche des Wirbel-
körpers, also in das Niveau des Abszesses selbst. Die Eingangs-
slelle bildet der nach unten und auĂen offene Winkel, den durch
ihre rechtwinkelige Vereinigung der Processus transversus und
der Wirbelbogen bildet. Gebraucht wird eine Hohlsonde, ein Voll-
mandrin und eine Trocartsonde, von der Firma Collin in Paris
geliefert. Drei frische FĂ€lle wurden durch die Punktion teils ge-
geheill, teils erheblich gebessert, bei drei alten FĂ€llen konnten
keine gĂŒnstigen Resultate erzielt werden. Verf. empfiehlt weitere
Anwendung der nicht schwierigen Methode. Haber.
The Journal of Nervous and Mental Disease, New York.
November 1921, 54, Nr. 5.
â Abdominale Krisen bei der MigrĂ€ne. B u c h a n a n. 406.
â.Sac.hs-Georgi-Keaktiion bei Neurosyphilis. Lew ins on und Peter-
sen. 413.
Abdominale Krisen bei der MigrÀne. Beschreibung von
7 FÀllen, bei welchen schwere abdominale SchmerzanfÀlle zu-
gleich mit typischen MigrÀneanfÀllen auftraten. Bei Verfolgung
der Familien amnese ergab sich, daĂ mehrere Familienmitglieder
entweder an MigrÀne allein oder an MigrÀne und schweren Ab-
dominalkrisen oder an letzteren allein litten. Durch operative
Eingriffe war die MigrÀne niemals ztl beinflussen. Die Ursache
fĂŒr die SchmerzanfĂ€lle konnte nicht festgestellt werden.
Sachs-Georgi-Reaktion bei Neurosyphilis. 100 FĂ€lle von
Neurosyphilis wurden mittels der Wassermann'schen und der
Sachs-Georgi'schen Reaktion geprĂŒft. In 78 % wurde Ueberein-
slimimung gefunden, bei 18 FĂ€llen war Sachs-Georgi positiv,
Wassermann negativ. Die Verfasser halten die Sachs-Georgi-
Beaklion wegen ihrer Einfachheit fĂŒr Ă€uĂerst wertvoll.
G. Dorn er (Leipzig;.
Dezember 1921, 54, Nr. ĂŒ.
âą{âąDi* Psychiatrie der griechischen Tragödiendichter in ihrer Beziehung zu
Hippokxates. YV r. i g t Ii. 481.
â Ein Fall von epidemischer Encephalitis mit einem fĂŒr multiple Scleros«
typischen Tremor. H a s s i n und S t o n e. 513.
Die Psychiatrie der griechischen Tragödiendichter in ihrer
Beziehung zu Hippokrates. Die gröĂte Rolle sowohl bei den
griechischen Dichtern als auch bei Hippokrates spielt die heilige
Krankheit (Epilepsie). Daneben wird behandelt die akute Manie,
plötzliche Geistesstörung in Form von Auftreten plötzlicher Ver-
wirrungszustÀnde. Nach Hippokrates sollen Melancholische ge-
wöhnlich Epileptiker werden und Epileptiker hÀufig an Melan-
cholie leiden. Hippokrates hĂ€lt schon das Gehirn fĂŒr den Sitz
der Epilepsie und anderer wichtiger Erkrankungen.
Ein Fall von epidemischer Encephalitis mit einem fĂŒr mul-
tiple Sclerose typischen Tremor. Eine 51jÀhrige Patientin er-
krankte unter den Symptomen einer schweren MigrÀne, dann
folgte ein Stadium motorischer Unruhe mit Intentionstremor,
der so hochgradig wurde, daĂ die Patientin vollkommen hilflos
war. Darauf folgte ein Stadium von Lethargie und Pupillen-
slörung. G. Dorner (Leipzig).
Journal of laboratory and clinical medicine, St. Louis.
April 1922, 7, Nr. 7.
âUic Innervation des Sphincter Pylori., Thum*», .1. 10. und C h c c ) o n âą,
H. 375.
âDer Bluitldruck in 140 Fallen von Zuckerkrankheit. K o s e n b 1 o o ur . J. 39Ă€V
âDie kolloidale Benzoereaktion der DumltialflĂŒssigkeit. Warniick, T. 400.
Der Laboratoriumspezialist als Cousulent in der KUnik. B a i 1 e y , W.H. 410.
Eine Methode um einen âSpinalhund zu prĂ€parieren. Thomas, J.E. 417.
Beschreibung- eines Spirometers. Guthrie, C.C. 421.
Die Kouiplemeutbindung hei tuberkulöser Aleningitis. K i I d u f f e,
R.A. 427.
Ein Stuhl fĂŒr Lumbalpunktionen. Christian, T.B. 430.
Eine neue Untersuchung des Alageninhaltes. B u t s c h . J.L. und
ĂŒ'. B r i e n , CM. 431.
Die Innervation des Sphincter Pylori. Man hat in der Li-
teratur oft einen Unterschied gemacht zwischen der Innervation
des Antrums und des Sphincter Pylori. Dieser Unterschied be-
steht aber nicht. Beide, Sphincter und Antrum. haben eine doppelte
Innervation. Hemmende und motorische Nerven werden sowohl
im Splanchnikus als im Vagus gefunden, aber die Splanchnici
TĂŒhren mehr hemmende Fasein als die Vagi. Es besteht also am
Magen kein Antagonismus zwischen Sympathicus und Para-
sympathicus. Es bestehen gewisse Beziehungen zwischen Ver-
Ànderungen im Blutdruck und in der MotilitÀt des Pylorus, aber
nur dann, wenn diese VerÀnderungen durch Splanchnicus-
reiĂung entstehen.
Der Blutdruck in 140 FĂ€llen von Zuckerkrankheit. Im Diabetes
ist der Blutdruck normal oder etwas zu niedrig. Wenn der Blut-
druck erhöht ist, bestehen Komplikationen, am meisten mit
chronischer Nephritis, Arteriosklerosis, Aortitis oder Herz-
hypertrophie. Die Anwesenheit oder Abwesenheit von Zucker im
Harn hat keinen EinfluĂ auf den Blutdruck
Die kolloidale Benzoereaktion der LumbaiflĂŒssigkeit. In
Frankreich hat man in der letzten Zeit eine Reaktion empfohlen,
die an die Stelle der Langenschen Goldreaktion oder der Mastix-
reaktion von Emmanuel treten könne. Verf. hat 87 Zerebrospinal-
flĂŒssigkeiten damit untersucht und hat sie auĂerordentlich unzu-
verlÀssig gefunden. Die Reaktion ist ganz unbrauchbar.
I
Fortschritte der Medizin
Die WochenschrĂŒt des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, öerlin W 50
Verlag von HANS PUSCH, Berlin SW 40, Wilhelm - Strafe 20 / Fernsprecher: LĂŒtzow 9057
Nr. 33 34
Berlin, den 30. August 1922
40. Jahrgang
Der Verlag behĂ€lt «eh das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist ver.
Ueber Badekuren und Schwellenreiztherapie.
Von Dr. U. Weichen, B;ul Oeynhausen.
Der Badearzt wird last regelmĂ€Ăig vor die Aufgabe ge-
stellt, chronische zum mindestens subakute Erkrankungen be-
handeln und zu einem fĂŒr den Kranken möglichst gĂŒnstigen
Ergebnis in der verhĂ€ltnismĂ€Ăig kurzen Zeit von 4â5, höch-
stens und selten von 6 Wochen, gelangen zu sollen. Wenn
nun dieses Ziel in vielen FĂ€llen durch die balneologische Be-
handlung mit Erfolg erstrebt worden ist, so ist dies nur
möglich, durch die unschĂ€tzbaren natĂŒrlichen Heilfaktoren,
welche in Badern und Trinkquellen enthalten sind. Diese
Kurmittel ihrer wirklichen Natur nach richtig erkannt zu
haben, sind wir allerdings noch weit entfernt, und wir sind
uns auch vollauf bewuĂt, daĂ eine scharfe Dosierung mit
diesen natĂŒrlichen Heilmitteln lĂ€ngst nicht in dem MaĂe der
Fall ist, wie bei medikamentöser Behandlung. Trotzdem
hat iuis die Erfahrung gelehrt, auch BĂ€der und Trinkquellen
abzustufen, dem Leiden und dem Leidenden anzupassen und
einen wohlabgewogenen Kurplan aufzustellen und zielbe-
wuĂt durchzufĂŒhren.
WĂ€hrend einer Badekur beobachten wir bei einem
Leiden stets -wechselnde Bilder, es ist manchmal, als wenn
im Fluge noch einmal die Krankheit vorĂŒberzieht in ihren
mannigfachen Erscheinungen, um schlieĂlich abzuklingen
und dauernder Genesung zu weichen.
Schon das einfache Wrasserbad ist geeignet, durch seine
elementaren Wirkungen die LebensvorgÀnge in wesentlicher
Form zu beeinflussen, und diese Beeinflussung wird eine
wechselnde sein, je nach der Temperatur, mit der es zur
Anwendung kommt, nach der Dauer desselben und nach der
mechanischen Form, welche zum Gebrauch des Bades dient.
Der thermische Effekt ist der bedeutungsvollste des Bades,
und die Temperatur ist das wichtigste und eingreifendste Mo-
ment der Badewirkung. Durch die Badetemperatur wird die
wĂ€rmeregulierende TĂ€tigkeit der Hautorgane beeinfluĂt, die
WÀrmeabgabe und die WÀrmeproduktion des Körpers ver-
Àndert, ein mÀchtiger Reiz auf die peripheren Nervenzellen
geĂŒbt, der durch Fortleitung oder Reflex die gesamten
InnervationsvorgĂ€nge beeinfluĂt und endlich die Oxydation
der Gewebse lernen te und den gesamten Stoffwechsel wesent-
lich anregt.
Wenn wir nun in dieser kurzen Zusammenfassung die
sinnfÀllige Reizwirkimg des einfachen Bades erfahren, wird
es zweifellos noch mehr interessieren, die physiologischen
Wirkungen eines Mineralbades, wie des Thermalsolbades in
Oeynhausen, kennen zu lernen, um seine Reizwirkung zu
verstehen und zu wĂŒrdigen.
Ein Hauptvorzug des Oeynhausener Thermalsprudels
besteht darin, daĂ er t h e r m i s e h d i f f e r e n t ist, d. h. in
einer Temperatur genommen wird, die von der Temperatur
des badenden Körpers abweicht. Unsere Thermen ent-
stammen einer Tiefe von 600 â 700 m und treten mit einer
Temperatur von 24 â 33,25° C. zutage. Letztere Temperatur
von etwa 33° C. pflegen wir als ânaturwarm" vorzugsweise
bei den Gelenkerkrankungen zu verwenden.
Unsere ThermalsolbÀder gehören also in die Gruppe der
thermisch differenten, der wÀ rmeentz iehenden BÀder unter
34 " C. Die ausgleichende Wirkung der KohlensĂ€ure lĂ€Ăt
die WĂ€rmeentziehimg weniger oder gar nicht zur Geltung
' kommen. AugenfÀllig ist die durch die Oevnhausener
Thermalsolbad hervorgerufene Erregung des vasomotori-
schen Nervensystems. Dieselbe findet teils direkt, teils auf
reflektorischem Wege durch Reizung der peripheren sen-
siblen Nerven statt. Sie macht sich zunÀchst an denjenigen
Nerven bemerkbar, welche die BlutgefĂ€Ăe der Haut ver-
engern. Diese HautanĂ€mie â GĂ€nsehaut â geht schnell
vorĂŒber, um einer lĂ€nger dauernden BlutĂŒberfĂŒllung und
damit einer je nach der thermischen ReizgröĂe und der
Reizempfindlichkeit des Badenden gröĂeren oder geringeren
Rötung der Haut Platz zu machen.
Weiter erstreckt sich die Wirkung; zum Teil allerdings
unter Mitwirkung der reflektorisch erregten Hautnerven, auf
liefer gelegene GefĂ€Ăe, bei besonders starker und ausge-
dehnter Reizimg sogar auf das gesamte BlutgefĂ€Ă-System.
Bei lÀnger dauernder Badewirkung wird die Zahl der
Herzkontraktionen vermindert, die Pulsfrequenz verlang-
samt. Wir sehen im unterhautwarmen Bade den Blutdruck
sich steigern, natĂŒrlich nicht in allen Organen gleichmĂ€Ăig,
da ja die BlutgefĂ€Ăe nicht sĂ€mtlich zu gleicher Zeit er-
weitert oder verengt wenden. DaĂ hierdurch auch die Zu-
sammensetzung des Blutes beeinfluĂt wird, ist eine natĂŒr-
liche Folge. Zugleich mit der Zirkulation wird auch die
Respiration beeinfluĂt, sowohl in bezug auf Frequenz, als
auf Tiefe der AtemzĂŒge.
Weitere physiologische Wirkungen des Thermalsol-
bades bestehen in bestimmten VerÀnderungen der Muskel-
kraft, der Urin- und SchweiĂabsonderung. Namentlich die
Diurese wird durch das Oeynhausener Thermalbad ganz
auffĂ€llig gesteigert. Diese Wirkung ist ĂŒbrigens keine vor-
ĂŒbergehende, sondern bleibt wĂ€hrend der Badekur bestehen.
So wird unseren zahlreichen Herzkranken mit Kompen-
salionsstörungen in doppelter Hinsicht eine Wohltat er-
wiesen: doch weise ich darauf hin, daĂ die harntreibende
Wirkung auch bei Patienten mit gesundem, leistungsfÀhigem
Herzen oder Begleitern von Kranken beobachtet wird. Dies
ist wohl in erster Linie eine Folge des unterhaut-
w a r m e n kohlensauren Bades.
Der zweite bedeutungsvolle Heilfaktor im Oeynhausener
Bade, die Sole, wirkt auf die peripheren Nervenfasern;
eine Erhöhung der T astempfind Henke it nach SolbÀdern ist
âŠschon nachgewiesen worden1) durch Versuche mit dem
Weber'schen Tastzirkel von Santlus Beneke. Voigt 2) be-
richtet, daà sich wÀhrend der Badekur in den FÀltchen der
Haut, bis in die tiefsten Schichten der Epidermis dringend,
eine Unzahl kleinster Salzkristalle abschneidet, von denen
noch wochenlang nac h Beendigung der Kur Spuren nach-
gewiesen worden sind1.
Zu den wirksamen Komponenten des unterhautwarmen
Solbades tritt nun als dritte und einfluĂreichste die
KohlensÀure in engster Bindung an die Therme hinzu.
Unter gewaltigem Druck springt der Kaiser-Wilhelm-
Sprudel aus der Ende zu der machtvollen Höhe von 50 m
hervor und lĂ€Ăt das Auge schon die starken KrĂ€fte ahnen,
welche im Thermalsolbade Oeynhausens enthalten sind.
Im Bade, in welchem sich der Körper mit unzÀhligen
feinen GasblÀschen bedeckt, ist das nach einigen Minuten
bereits auffÀlligste Symptom, die bedeutende Rötung der
Haut, sowie eine nachdrĂŒckliche WĂ€rmeempfindung. Das
') Kisch, Balneotherapie.
2) Voigt, Die Kurmittel Bad Oeynhausens.
5*8
Weichert: Badekuren und Schwellertreiztherapie
40. Jahrg. â Nr. 33/34
WannegefĂŒhl muĂ, da sich eine demselben entsprechende
Temperatursteigerung nicht nachweisen lĂ€Ăt, nach den
Untersuchungen Gold, scheiders aus einer direkt von
der KohlensÀure erfolgten Reizung der WÀrmenerven erklÀrt
werden.
Die Reizwirkung auf die sensiblen zentripetalen Nerven
tut sich, wie schon erwĂ€hnt, in Prickeln und WĂ€rmegefĂŒhl
kund. Auch zeigt sich die Tastempfindlichkeit der Haut ge-
steigert; der KohlensÀure reiz auf die sensiblen Hautnerven
pflanzt sich auf die Nervenzentra, durch Reflex auf das ge-
samte Nervensystem fort und veranlaĂt so das belebte All-
gemeingefĂŒhl nach einem solchen Bade, sowie eine Steige-
rung aller ErnÀhrungsvorgÀnge.
Aus diesen physiologischen Wirkungen des Oeynhau-
sener Thermalsolbades entsteht nun der Reiz auf den Or-
ganismus, der sich insbesondere in den Krankheitsherden
als Reaktion widerspiegelt. Unter den Herz-, Nerven- und
Gelenkerkrankungen, welche wir vorzugsweise zur Behand-
lung bekommen, erscheinen mir die letzteren besonders ge-
eignet, die Reizwirkung des Thermalsolbades zu veran-
schaulichen.
In seinen Arbeiten ĂŒber die Schwellenreiztherapie hat
ja Z im in e r 3), angeregt durch die klassischen Unter-
suchungen Biers ĂŒber HyperĂ€mie als Heilmittel, schon
ausdrĂŒcklich darauf hingewiesen, daĂ die Reaktionen auf
die Proteinkörper und andere Reizkörper vergleichbar sind
den Reaktionen auf physikalische Heilmethoden und 4) eine
Parallele gezogen zwischen Reizkörper- und BÀderreaktion.
Auch Bier B) hat in der Berliner Medizinischen Gesellschaft
bei der Aussprache ĂŒber Reizkörperthei-apie an die Gleich-
heit der Reaktion erinnert.
FĂŒr die Wiesbadener Thermen hat Geronn e °) und
fĂŒr Wildbad hat Schober7) Ă€hnliehe GrundsĂ€tze aufge-
stellt. Die Baineologen haben von jeher sich daran gewöhnt,
in dem Mineralbade ein gewisses Reizmittel zu sehen,
welches die Krankheitsherde aufsucht, anregt, Schmerzen
auslöst, Allgemeinerscheinungen hervorruft, um erst dann
seine lindernde und heilende Wirkung zu entfalten. Wir
erleben wÀhrend der Badekur ebenfalls meistens eine ne-
gative und positive Phase.
In der Regel tritt nach dem 5. und 6. Termaisolbade ein
Zustand ein, den wir in Allgemein- und Herdreaktionen zer-
gliedern können. Es gibt hier natĂŒrlich viele UebergĂ€nge,
auch Allgemeinreaktionen ohne Herdreaktionen und umge-
kehrt. So sehen wir leise âMahnungen", wie H e i 1 n e r sie
recht treffend bezeichnet, ziehende, wandernde, unbestimmte
Schmerzen, welche kommen und gehen; wir sehen weiter
Schwellungen und Rötungen einzelner Gelenke auftreten,
teils ohne, teils mit Fieber, wir finden Erytheme und Exan-
theme. Oft tritt dazu eine körperliche Erschöpfung, Abge-
schlagenheit, SchwindelgefĂŒhl, Herzklopfen und Schlaf-
losigkeit. In manchen FĂ€llen entsteht das Bild eines
akuten Darmkatarrhs, ohne daà eine Verdauungsstörung'
nachzuweisen ist. Das Bild dieser Badreaktion Àhnelt ganz
auffallend der Reaktion nach Injektion unspezifischer Ei-
weiĂkörper, wie es R o 1 1 y 8) ausfĂŒhrlich schildert. Nur das
Fieber fehlt in der Regel, und doch habe ich einzelne FĂ€lle
beobachtet, die Temperaturerhöhungen aufwiesen.
Es ist das groĂe Verdienst von Bier "), die Reiztherapie
Virchows der Vergessenheit wieder entrissen und sie nicht
nur auf die Wirkung der Proteinkörper, sondern auch auf
die normalen Lebensreize und natĂŒrlichen Heilmittel ange-
wandt zu haben.
Mit dieser Reizbarkeit und diesen Reizen hat der Bal-
neologe in erster Linie zu rechnen, und hierauf baut sich
3) Zimmer, Berliner Kl. Wochenschrift 1921 Nr.. 20, M. m. W.
1921, Nr. 18, Berl. Kl. \V. 1921 Nr. 43â45.
4) Zimmer, Zeitschrift fĂŒr physik. Therapie 1921, Nr. 11.
5) Sitzung der Berl. med. Ges. 2. 2. 1921.
e) Gerönne, Allg. Med. Zentralz. 1921, Nr. 32 u. 33.
') Schober, Allg. Med. Zentralz. 1921, Nr. 41.
8) Rolly, M. m. W. 1921, Nr. 27.
9) Bier, M. m. W. 1921. Nr. 6, Nr. 46.
die Auffassung auf, daĂ BĂ€derbehandlung eine natĂŒrliche
Reizkönperbehandlung ist. Ich fĂŒhre gerade die Allgemein-
erscheinungen bei der Badreaktion auf Zerfallsprodukte
zurĂŒck, die bei physiologischer Mehrarbeit der Organe auf-
treten. Freund und G o 1 1 1 i e b 10) haben hier sehr inter-
essante Untersuchungen angestellt, welche in erster Linie
der Proteinkörpertherapie zugute kommen, welche aber ge-
rade im Hinblick auf die bahnbrechenden Anschauungen
Biers ohne Zweifel auch auf die BĂ€derbehandlung and
ihre physiologische Wirkung ĂŒbertragen werden können.
So nimmt auch Rolly in seiner oben erwÀhnten Arbeit mit
Recht bei der normalen Lebensfunktion einen bestÀndigen
Zerfall von Zellen im Organismus an; die Zerfallsprodukte
sind als Reiz fĂŒr die Lebensfunktionen notwendig; ohne
diese Reizmittel kein Leben, keine normale Funktion! Durch
das Thermalsolbad entsteht aber ein gewaltiger Antrieb
aller Gowebselemente, eine Vermehrung der Oxydationsvor-
gÀnge, eine VerÀnderimg des Blutbildes u. dergl. in.
Besonders interessant ist mm das Auftreten von Krank-
heitserscheinungen, welche mit dem GrundĂŒbel, das zur
Badekur gefĂŒhrt hat, gar nichts zu tun haben und jahre-
lang geruht haben; das sind in erster Linie Gallenstein -
koliken, Leberanschoppung, Nierensteinkoliken, ferner Tri-
geminus- und Ischalgien, auch GichtanfÀlle. Dabei will ich
auch die chronische BlinddarmentzĂŒndung erwĂ€hnen,
welche sich manchmal nach den ersten BĂ€dern wieder mel-
det und oft genug den schnellen EntschluĂ gezeitigt hat, sich
endlich operieren zu lassen. Bei Frauen finden wir ver-
mehrten Fluor albus, sowie vorzeitige Menstruation, im Kli-
makterium Wiederauftreten von Blutungen.
Kaznelson und Lorant u) haben ja bei der
Röntgentherapie die gleiche Erfahrung gemacht, sie sprechen
von allgemeiner Leistungssteigerung als Fernwirkung the-
rapeutischer Röntgenstrahlen. So werden lanzinierende
Schmerzen von Tabikern, Gelenkschrnerzen und -Schwel-
lungen u, dergl. nebenbei ausgelöst, ohne daà sie die Ur-
sache der Therapie gewesen sind. Auch hier dringt wieder
die Annahme durch, daĂ in den von Strahlen getroffenen
Korperteilen Stoffe entstehen, die in den Blutstrom gelangen
und so die TrÀger einer Fernwirkung werden.
So entsteht die Badreaktion, welche bei den Patienten
als âThernialkoller" bezeichnet und als ein untrĂŒglicher
Hinweis auf einen gĂŒnstigen Kurverlauf angesehen wird.
Der Badearzt sieht in der Badreaktion ein wichtiges Kenn-
zeichen der spezifizierten Thermalwirkung und stuft da-
nach die BĂ€der ab nach Zeit, Temperatur und HĂ€ufigkeit.
Nicht immer gelingt es, diese erwĂŒnschte Reaktion aus-
zulösen; manchmal gestaltet sich der Kurverlauf so, daà es
zu keiner ausgesprochenen Reaktion nach den ersten BĂ€dern
kommt., sondern daà eine langsam einschleichende, allmÀh-
lich ganz sacht folgende Zunahme der körperlichen Be-
schwerden kommt, bis zum letzten Bade. Die Kranken ver-
lassen dann scheinbar ungebessert, öfters sogar anscheinend
verschlechtert, unser Bad. Solche Patienten bedĂŒrfen not-
wendig einer Nachkur, damit der segensreiche EinfluĂ der
BĂ€der sich bald bemerkbar macht. In der wohltuenden
Ruhe nach der Badekur hat der Organismus Zeit, selbst die
Auswirkung der ThermalsolbÀder vorzunehmen1-). L ach -
mann, Bad Landeck, weist ganz besonders darauf hin.
daà die Heilwirkung nach einer Badekur nur ganz allmÀh-
lich in die Erscheinung tritt und die RĂŒckbildung krank-
hafter VerÀnderungen im Organismus oft genug erst lÀngere
oder kĂŒrzere Zeit nach AbschluĂ der Kur den Kranken
fĂŒhlbar wird. Ich habe stets daran festgehalten, dieses Ziel
durch milde; vorsichtige Kurverordnung zu erreichen und.
wenn ich die Anschauung teile und festlege, daĂ auch die
Badekur Reiztherapie bedeutet, so fĂŒhrt mich dies unwill-
kĂŒrlich auf die Schwellenreiztherapie, wie ich noch spĂ€ter
erörtern werde.
10) Freund u. Gottlieb, M. m. W. 1921. Nr. 13.
u) Kaznelson u. Lorent, M. m. W. 1921. Nr. 5.
12) Lachmann, Badekuren. âAus dem Ratgeber fĂŒr Bade
reisende", BĂ€der- Verlag Bad Oeynhausen 1921.
40, Jahrg. â Nr. 33/34
Weichert: Badekuren und Schwellenreiztherapie
Nun haben in der heutigen teuren und schnellebigen
Zeit die Kranken nicht immer MuĂe und Gelegenheit, eine
Nachkur zu genieĂen; sie mĂŒssen sofort wieder hinein in
die Arbeit, Geist und Körper werden sogleich schar! slens
angepannt. Haben solche Patienten wÀhrend der Badekur
k e i n e Reaktion ĂŒberstanden, so dauert es oft Monate, bis
die Glieder- und Gelenkschmerzen verschwunden, die
Kapselverdickungen gewichen sind, die Beweglichkeit
wiederkehrt. Diese Tatsache stimmt ganz zu den Ansichten
fteilners18), welcher die Wirkung einer Kur nicht vor
i Monaten beurteilen will.
Es ist den BĂ€dern oft nachgesagt worden, daĂ sie ohne
Berechtigung auf ihre Erfolge slolz sind. Die Ausschaltung
hÀuslicher Sorgen und Aulregungen, Luft und Sonne, gute
ErnĂ€hrung und â Autosuggestion trĂ€fen zusammen, um den
Kurerfolg zu zeitigen. Das mag fĂŒr manchen Neurastheniker
zutreffen, fĂŒr die Gelenkerkrankimgen aber nicht im ent-
ferntesten, die wir als Beispiel fĂŒr die Betrachtung der
Haderwirkung gewÀhlt haben. An den beschriebenen sub-
jektiven und objektiven VerÀnderungen wÀhrend einer
Badekur können wir nicht achtlos vorĂŒbergehen, ohne einen
ursĂ€chlichen Zusammenhang annehmen zu mĂŒssen.
Wir haben die verschiedenen Arten der BĂ€derreaktion
kennen gelernt, es heiĂt nun, darauf die gĂŒnstigste Form
herauszufinden und im Sinne eines gĂŒnstigen Kurverlaufs
zu erwirken. Der natĂŒrlichste Weg ist der beste, und ich
kann wohl sagen, daĂ in der Mehrzahl der FĂ€lle ganz von
selbst nach dem 4. bis 6. Bade die Badreaktion einsetzt.
Auch hier zeigt sich das wichtige Gebot, bei Aufstellung des
Kurplans die ThermalsolbÀder richtig und doch vor-
sichtig zu dosieren, um keine stĂŒrmische, angreifende Re-
aktion zu erzielen. Jede Schematisierung der Verordnung
kann sich bitter rĂ€chen. Ein bleichsĂŒehtiges junges MĂ€d-
chen, welches monatelang durch Gelenkrheumatismus an
das Zimmer und Bett gefesselt war, verlangt eine andere
Badeform, als der wohlgenÀhrte Gichtiker. Die zweite Ther-
malbadekur entspricht durchaus nicht immer der ersten, im
FrĂŒhjahr und Herbst ist die ReaktionsfĂ€higkeit des Kör-
pers anders, als im Hochsommer, wenigstens beim Rheu-
matiker.
Wie erwĂ€hnt, gibt es nun FĂ€lle, in denen die erwĂŒnschte
Badreaktion sich verzögert und ausbleibt, bei denen
man nicht recht vorwÀrts kommt. Es ist, als wenn der
Organismus sich gegen die BĂ€der unbeugsam verhalten
will. Und ich muĂ wieder in das GedĂ€chtnis zurĂŒckrufen,
daĂ diejenigen Patienten den gĂŒnstigsten Kurverlauf zeigen,
bei denen im ersten Drittel der Kur eine Reaktion ausgelöst
wird. Da sehe ich mich genötigt, dem Organismus einen
weiteren Antrieb, ein Hilfsmittel zur Auslösung einer milden
Reaktion zu bieten.
Nachdem ich vor Jahren in solchen FĂ€llen Versuche mit
LIrtiarsyl (Ameisen- und arsenige SĂ€ure) nach den Erfahrun-
gen von G e m m e 1 , Salzschlirf, angestellt hatte, die mich teils
befriedigten, zum Teil aber auch enttÀuschten, ging ich nach
den ersten Veröffentlichungen Heilners14) zu Sanarthrit
ĂŒber. Auch hier waren es zunĂ€chst Ă€uĂere GrĂŒnde, welche
mir die anfĂ€nglich bekanntgegebene Begeisterung ĂŒber das
neue PrÀparat stark beschrÀnkten. Die intravenöse Ein-
spritzung ist und bleibt ein schwierigerer Eingriff, als sub-
kutane und intramuskulÀre Einspritzungen und verlangt in
der Sprechstunde des beschÀftigten Badearztes zuviel Zeit.
NatĂŒrlich darf dieser Grund nicht entscheidend sein,
wenn im ĂŒbrigen die erwĂŒnschte Wirkung eintrifft. Ich
kann nach meinen Versuchen nicht rĂŒckhaltlos die Erfolge
Heilners mitteilen. Von etwa 20 FĂ€llen subakuter und chro-
nischer Polyarthritis sind trotz starker Reaktionen nur we-
nige gĂŒnstig beeinfluĂt worden; ein Fall mit monatelangen
subfihrilen Temperaturen ist jedoch durch Sanarthrit ent-
fiebert worden, und zwar nicht nach starken Reaktionen,
sondern nach tastenden Dosen und ganz geringen Tem-
l») Heilner, M. m. W. 1917, Nr. 29.
") Heilner, M. m. W. 1916, Nr. 28, 1917, Nr. 29, 1918, Nr. 36.
peralurstoigerungen. Damit komme ich auf die Haupl
Ursache meines zurĂŒckhaltenden Urteils ĂŒber Sanarthrit; ich
sehe aus starken Reaktionen keinen Nutzen, sondern ehe)
einen Schaden wÀhrend der Badekui.
FĂŒr mich hat sich das A rndt -Schulz 'sehe bioko
gische Grundgeselz bewĂ€hrt: âSchwache Reize fachen die
LebensfÀhigkeit an, mittelstarke fördern sie, starke hemmen
sie, stĂ€rkste heben sie auf". FĂŒgt man dem Reize des Ther-
malsolbades noch einen unter UmstÀnden so stanken Beiz
hinzu, wie er meist nach Sanarthrit entsteht und auch von
Meilner gewĂŒnscht wird, so erzielt man fĂŒr den Kranken
keinen Nutzen, sondern Schaden. Das habe ich wiederholt
erlebt und auĂerdem noch die Beobachtung gemacht, daĂ
die Patienten wÀhrend einer Badekur höc hst ungern sieh ins
Bett legen und noch dazu fiebern mĂŒssen. Solche angreifen-
den Heilmethoden soll und muĂ der Badearzt vermeiden.
Nach den ĂŒberraschenden Erfolgen, welche Zimmer10)
aus 'der Bier'schen Klinik berichten konnte und von denen
ich mich selbst ĂŒberzeugen durfte, beschĂ€ftigte ich mich
auch mit der Proteinkörpertherapie und insbesondere mit
dem Kaseosan. Einmal befriedigte mich die Form der In-
jektion, die geringe Menge des einzuspritzenden Mittels im
Gegensatz zu Milch und Aolan und vor allem die milden
Reaktionen, welche bei richtiger Dosierung erfolgten.. Erst
nachdem ich auch mehrere FĂ€lle beobachtet, in denen das
Kaseosan zweifellos nicht steril gewesen war und wochen-
lange Fieberperioden mit allen Begleiterscheinungen einer
schleichenden Infektion hervorgerufen halte, wÀhlte ich als
Proteinreizkörper das Yatren Kasein. Inzwischen scheint
das Kaseosan wieder durchaus steril in die Praxis zu
kommen, wenigstens erwÀhnt Gerönne16) in seinem Vor-
trag in Wiesbaden ĂŒber Proteinkörpertherapie der Gelenk -
crki anklingen keine unangenehmen ZwischenfÀlle.
Das Yatren-Kasein, welches sich Zimmer unter allen
bisher .angewandten Reizkörpern am besten bewÀhrt hatte,
wurde von ihm auf dem KongreĂ ĂŒber Gelenkerkrankungen
in Bad Oeynhausen â 24. bis 26. September 1921 â aus-
fĂŒhrlich erörtert und befĂŒrwortet. Auch aus dem Eppen-
dorfer Krankenhaus in Hamburg konnte Peemöller17)
ĂŒberaus gĂŒnstige Erfolge berichten. In der Sommerkurzeit
1921 hatte ich ebenfalls bei etwa 30 FĂ€llen Gelegenheil ge-
nommen, Yatren-Kasein als Schwellenreizmittel anzuwenden,
mit durchaus zufriedenstellenden Ergebnissen.
Ein Hauptvorzug dieses Mittels ist die unbedingte Ge-
wiĂheit, einen sterilen Proteinkörper dem Organismus ein-
zuverleiben, und zweitens die Möglichkeit, schwache Reize,
Schwellenreize zu entfalten. Eine Temperatursteigerung bis
auf 37 u, höchstens 37,5 °, genĂŒgt vollkommen, ja sie ist
nicht einmal nötig bei vorhandener Herdreaktion. Wenn es
irgend möglich ist, lasse ich 'den Patienten bei den ersten
BĂ€dern messen und das Allgemeinbefinden, sowie die
Krankheitsherde beobachten. Erfolgt bis zum 8. Bade keiner-
lei Reaktion, keinerlei körperliche Umstimmung oder Wand-
lung in dem Leiden, so gebe ich tastend einige Yatren-
Kasein- Injektionen nach den Richtlinien, welche Zimmer
fĂŒr die Behandlung der Gelenkerkrankimgen aufgestellt hat.
Meist folgt dann schnell eine Reaktion unter dem Bilde eines
schwachen âThermalkollers", d. h. eine Allgemein- und
Herdreaktion mĂ€Ăigen Grades, wie sie oben beschrieben
wenden sind.
Dann ist fĂŒr mich bei dem einzelnen Krankheitsfall die
Reizkörpertherapie meistens erĂŒbrigt und der Kurverlauf
gestaltet sich gĂŒnstig. Es ist durchaus nicht nötig,
wÀhrend der ganzen Badekur Reizkörper
einzuspritzen; man hÀuft einen Reiz auf den andern,
und der Organismus kommt nicht zur Ruhe. Die Injek-
tionstherapie muà wÀhrend der Badekur eine Ausnahme be-
15) Zimmer, Ter. der Geg. 1920, 8. Berk KĂŒn. Wochenschrift
1920, Nr. 44.
16) Gerönne Allg. Med. Zentralz. 1921, Nr. 32 u. 33.
17) Peesmöller, Aussprache auf der 2. wissenschaftl. Tagung
ĂŒber Gelenkerkrank., Bad Oeynhausen 1921, Vortrag im Ă€rztl.
Verein zu Hamburg.
530 Klug: SalbenverbĂ€nde 40. Jahrg. â Nr. 33/34
deuten, darf nicht zur Regel, ja zur Mode werden. Auf dem
letzten deutschen BĂ€dertag in Pyrmont haben gerade zur
rechten Zeit Senioren der Balneologie, wie Markus18),
W i n c k 1 e r und T h i 1 e n i u s ihre warnende Stimme er-
hoben und gegen die VielgeschÀftigkeit wÀhrend einer Bade-
kur gesprochen.
Darum soll man sich nur in ausgewÀhlten FÀllen, bei
Gelenkkrankheiten wenigstens, auf die milde Schwellenreiz-
therapie beschrÀnken. Ich kann da auch nicht Gerönne1")
beistimmen, welcher bei der Kaseosantherapie bemĂŒht ist,
starke Reaktionen auszulösen und sie als HeilentzĂŒndung
im Sinne Biers anspricht. Nun, ich nehme an, daĂ die
Kaseosanbehandlung ohne gleichzeitige Badekur stattge-
funden hat. Jedenfalls gehören in eine Thermalsolbadekur
keine starken Fieberreaktionen hinein, am allerwenigstens
mehrere Male.
Wenn ich hier wieder an die groĂe Aehnlichkeit zwi-
schen Bad- und Reizkörperreaktion, am besten bei Protein-
körpern erinnere, so ist die Tatsache bemerkenswert, daà in
der ĂŒberwiegenden Mehrzahl unsere Kranken wĂ€hrend einer
Badekur nur eine Reaktion durchmachen, höchstens, aber-
sehr selten, zwei Reaktionen bei einer Durchschnittszahl
von 18 bis 20 BĂ€dern. Die zweite Badreaktion ist in der
Regel ganz schwach und ohne BeeintrÀchtigung des Allge-
meinbefindens, d. h. eine mĂ€Ăige Herdreaktion. Dieser na-
tĂŒrliche Kurverlauf soll also gegebenenfalls durch Schwellen -
reiztherapie erreicht werden.
Da an dieser Stelle keine erschöpfende Darstellung der
BĂ€derbehandlung mit StĂŒtzung durch Yatren -Kasein -Ein-
spritzungen bei Gelenkerkrankungen gegeben werden kann,
sei bezĂŒglich der Dosierung auf die Richtlinien von Z i m -
in e r hingewiesen, wie sie jeder Originalpackung beigefĂŒgt
wird. Nicht genug kann meines Erachtens betont werden,
daĂ bei den meist chronischen Gelenkerkrankungen kleine
und kleinste Dosen von Yatren-Kasein genĂŒgen, noch ge-
ringere als Kaseosan.
Es mag dies ein Verdienst des Yatren sein. Das PrÀ-
parat wird ebenso wie Yatren-Casein hergestellt von
den Behring- Werken in Marburg, und ist ein Jod-
derivat des Benzolpyridins. Es ist ein Proteinkörper ge-
schaffen, der eine ungiftige bakterizide Komponente besitzt
und hierdurch gleichzeitig unbedingt steril ist. Diese her-
vorragende Eigenschaft ist fĂŒr mich besonders maĂgebend,
das PrĂ€parat in geeigneten FĂ€llen zur UnterstĂŒtzung der
Badekur heranzuziehen.
Wenn nun bisher die gleichzeitige bezw. sich ergÀn-
zende Behandlung mit ThermalsolbÀdern und Schwellen-
reiztherapie erörtert, vor allem die Frage der Indikation ge-
prĂŒft worden ist, so liegt der Gedanke sehr nahe, die
Schwellenreiztherapie v o r die Badekur zu legen. Bei der
ungeheuren Verbreitung, welche die rheumatischen und Ge-
lenkerkrankungen in unserem Volke, besonders in der ar-
beitenden Klasse gefunden haben, ist jeder Weg zur Ab-
kĂŒrzung einerseits, zur Förderung des Heilverfahrens an-
dererseits zu begrĂŒĂen. Ich habe in diesem Jahre Gelegen-
heit gehabt, KrankheitsfÀlle wÀhrend der Badekur zu be-
raten, welche kurz vorher, auch lÀngere Zeit hintereinander
Reizkörpertherapie genossen haben. Hier ergaben sich inter-
( ssante Gesichtspunkte. Solche Kranke, welche auf
Schvvellenreizbehandlung reagiert hatten, reagierten auch
auf die ThermalsolbÀder nach kurzer Zeit, FÀlle, die nach
Mitteilung des ĂŒberweisenden Arztes auf kleinste Dosen
stark reagierten, jedesmal, auch bei vorsichtigster Dosierung,
erlebten eine schwere Badreaktion nach dem 1. bis 2. Bade,
also erheblich frĂŒher als sonst. Endlich waren solche Pa-
tienten vorhanden, welche auf Schwellenreiztherapie nicht
im geringsten reagiert hatten und auch keine bemerkens-
werte Besserung ihres Leidens aufwiesen. Auch die Bade-
kur konnte hier keine sichtbaren Fortschritte zeitigen, wenn
schon das abschlieĂende Urteil erst nach Monaten gesprochen
werden soll.
,s; Markus, Balneol. Zeitung 1921, Nr. 21.
19) Gerönne, Mlg Med. Zentralz. 1921, Nr. 32 u. 33.
Das eine steht aber fest, daĂ der Krankheitsverlauf oder
HeilungsprozeĂ unter Schwellenreiztherapie meistens sich
deckt mit dem Kurverlauf im Thermalbade. Und so scheint
mir die aufeinanderfolgende Therapie auĂerordentlich viel-
versprechend zu sein. SchlieĂlich liegt noch die Frage nahe,
ob nicht durch die Reizkörpertherapie die BÀderbehandlung
der Gelenkerkrankungen ĂŒberflĂŒssig werden kann. Diese
Frage soll nur ganz kurz gestreift werden, sie wird verneint.
Wenn wir auch ĂŒberzeugt sind, daĂ durch die Thermal-
solbÀder .ebenfalls eine Leistungssteigerung im Sinne
Weichardts, eine HyperÀmisierung im Sinne Biers statt-
findet, so ist damit noch lÀngst nicht die Kraft der Thermal-
solbÀder erschöpfend erklÀrt. Wir stehen da wahrschein-!
lieh noch vor unergrĂŒndlichen HeilkrĂ€ften. Was die Oeyn-
hausener ThermalbÀder vor anderen BÀdern kennzeichnet,
ist die enge Bindung von Sole und KohlensÀure und die na-
tĂŒrliche QuellenwĂ€rme. Auf diese Tatsache haben die alten
Oeynhausener BadeÀrzte, wie Braun, Lehmann und Voigt,'
stets hingewiesen.
Zusammenfassung:
Bei allen chronischen Gelenkerkrankungen ist eine
Badekur empfehlenswert und anzustreben.
Der Erfolg der BĂ€derbehandlung kann durch Reiz-
körpertherapie gesteigert werden, und zwar in folgender
Weise:
1. Vor der BÀderkur findet eine Reizkörperbehandlung
durch den Hausarzt statt.
2. Bei Patienten, die auf die BĂ€der nicht ansprechen, wird,
durch eine oder wenige Injektionen von Reizkörpern,
unter denen wir aus eigener Erfahrung Yatren-Kasein
empfehlen, die ReaktionsfÀhigkeit des Organismus so-^
weit gesteigert, bis das Bad allein die gewĂŒnschte Re-
aktion erzielt. Dagegen erscheint uns eine fortgesetzte
gleichzeitige Behandlung mit BÀdern und Reizkörpern;
unzweckmĂ€Ăig und unbegrĂŒndet.
Sowohl BĂ€der, wie Reizkörperbehandlung mĂŒssen sich
aufbauen auf der Grundlage der Schwellenreiztherapie.
Nur enges Zusammenarbeiten von Hausarzt und Bade-
arzt gewÀhrleistet die \ollkommene Auswirkung der BÀder.'
SalbenverbÀnde.
Von Dr. K 1 u g, Marine-Oberstabsarzt d. R. a. D.
In dem Streit zwischen den AnhÀngern des feuchten
Wundverbandes und denen des trockenen, aseptischen Verban-
des bei der Wundversorgung eine BrĂŒcke zu schlagen, hat
L e x e r den Ausweg gewÀhlt, daà er namentlich die RÀnder
der Wunden, die nicht per primam zur Heilung kamen, mit
einer Paste aus Zink, oxydat., Vaseline, Lanolin und etwas
Azid. karbolikum liquefaktum bestrich und darĂŒber trockenes
Verbandmaterial legte. Als im Anfange des Krieges in dem
Marine-Lazarett auf der Veddel in Hamburg in Anwesenheit
des Hern Geheimrat L e x e r zahlreiche Wunden nach dessen
Methode behandelt wurden, konnte ich mich von den VorzĂŒ-
gen dieses Verfahrens persönlich ĂŒberzeugen.
Diese Beobachtungen waren mir besonders interessant,
weil ich in meiner langjÀhrigen Privatpraxis die Salbenver-
bÀnde den trockenen oder feuchten VerbÀnden meist vorgezo-
gen hatte. Einen Uebelstand der bisher gebrÀuchlichen Salben-
verbÀnde, daà sie nÀmlich die Wunden feucht halten und etwas
verschmieren, muĂte ich allerdings mit in Kauf nehmen. Mein
Wunsch ging daher schon lange darauf hinaus, eine Salben-
grundlage zu besitzen, welche die Wundsekrete noch mehr als
z. B. Lanolin aufsaugt, die Wunden trocken hÀlt und den Epi-
thelansatz dadurch befördert.
Bei diesen Versuchen nahm ich die Hilfe der Chemischen
Fabrik Helfenberg A.-G. in Anspruch. Nach einer Reihe von
Versuchen gelang es dieser Fabrik, ein PrÀparat herzustellen,
welches allen AnsprĂŒchen der praktischen Wundbehandlung
io. Jahrg. Nr.;w;n
Sworowki: Uebfr KiNvcilminj'sinslniinonto
genĂŒgt und alle Bedingungen fĂŒr eine rasche und glatte Wund-
heilung verbĂŒrgt. Durch einen geringen Zusatz eines pflanz-
lichen Sekrets zu den gebrÀuchlichen Salbengrundlagen gelang
es, ein PrÀparat herzustellen, welches ganz besondere physika-
lische Eigenschaften aufweist. Diese physikalischen Eigen-
schaften bestehen darin, daà KohÀsions- und AdhÀsionsver-
mögen der Salbe in ein derartiges VerhÀltnis zueinander ge-
bracht sind, daà die Salbe einerseits auf nÀssenden WundflÀ-
chen haftet und andrerseits sich auf diesen Wunden als dĂŒn-
nes, zusammenhÀngendes HÀutchen ausbreitet.
Die unter dem Namen âAdiplantin" (Pflanzenfettsalbe)
oder ,, Pflanzen s a f t salbe" in den Handel kommende Salbe hat
ein gelblich-weiĂes Aussehen, angenehmen Geruch und butter-
weiche, etwas fadenziehende Beschaffenheit. Sie wird beim
Lagern nicht ranzig und zweckmĂ€Ăigerweise in Tuben von
2t bezw. 100 g Inhalt in den Handel gebracht. Die kleinen
Tuben sind fĂŒr den Kranken, die groĂen fĂŒr den Gebrauch des
Arztes in der Sprechstunde geeignet.
Die Versorgung einer Wunde geschieht in der Weise, daĂ
die Wunde zunĂ€chst nach den ĂŒblichen Methoden sorgfĂ€ltig
gereinigt wird; je nach den UmstÀnden verwende ich hierzu
ein Bad mit Seife oder Wasserstoffsuperoxyd, Jodtinktur oder
den Aetzstift. Mitunter bestÀube ich die Wunde auch mit
einem Wundpulver, Airol, Dermatol oder dergleichen und
drĂŒcke dann ĂŒber die wunden FlĂ€chen eine geringe Menge
Salbe aus der Tube, Die Salbe breitet sich bald als dĂŒnne
Schicht auf der Wunde aus, darĂŒber wird etwas Mull gedeckt
und Watte oder Zellstoff vollendet den Verband. Zu desinfi-
zieren ist in den meisten FÀllen nicht nötig, denn die Wunden
zeigen bei Behandlung mit Adiplantin so groĂe Heilungsten-
denz, daĂ man Desinfektionsmittel ganz entbehren kann, was
bei den heutigen Preisen sehr ins Gewicht fÀllt.
Die Anwendung des PrÀparates erstreckte sich auf:
1 . Aseptische Wunden, welche unter dem Adiplantin- Ver-
band ebenso sicher heilen wie mit dem einfachen trockenen
Verband.
2. Auf RiĂ-, Quetsch-, BiĂ- und infizierte Wunden. Einem
jungen MĂ€dchen, dem von einem Fleischerhund eine handtel-
lergroĂe Lappenwunde am linken Unterschenkel beigebracht
worden war, nÀhte ich die klaffenden WundrÀnder möglichst
aneinander und lieĂ nur einen Gazestreifen nach unten liegen.
Der groĂe Hautlappen heilte an, mit Ausnahme des obersten
Teiles, der besonders durch den BiĂ gequetscht worden war.
Unter Adiplantin-Verband reinigte sich die groĂe Wunde in
8 Tagen, irr 4 Wochen war sie ganz verheilt und das MĂ€dchen
wieder arbeitsfĂ€hig. â In diesem wie in zahllosen anderen FĂ€l-
len verlief die Wundheilung ohne jede Reizung und so gut wie
schmerzlos. Alle Wunden zeigten ausnahmslos dasselbe Aus-
sehen: weiĂe wie gebleichte WundrĂ€nder und frische rote
Granulationen.
3. Panaritien und Abszesse heilten nach Inzision und Ein-
legen eines Gazestreifens unter Adiplantin-Verband schnell, da
nach der Eröffnung der Wunde bei dem durch die Adiplantin-
Salbe bedingten âstĂ€ndigen Zug nach auĂen" die Keime und
Eiteransammlungen keine Neigung haben, in gesundes Ge-
webe vorzudringen, sondern in den Verbandstoff aufgesaugt
werden.
4. Furunkeln heilten meist ohne Einschnitt. Bei Karbun-
keln wurden nur die zwischen den einzelnen Propfen gele-
genen HautbrĂŒcken gespalten, um unter Adiplantin-Verband
schnell zu heilen.
5. Bei der Behandlung von Ulkus krusis hat sich die Adi-
plantin-Salbe ganz besonders bewÀhrt. Der kranke Unter-
schenkel wird mit Kernseife in einem Bade grĂŒndlich gewa-
schen und gesÀubert, dann verbunden. Auf diese Weise hab
ich z. B. drei ganz verrottete kailöse, mehrere Jahre beste-
hende, allen Behandlungen trotzende, handtellergroĂe Bein-
GeschwĂŒre in wenigen Wochen zur soliden UeberhĂ€utung ge-
bracht. Aus der Tiefe entwickelten sich unter dem Adiplantin-
Verband sehr rasch gesunde, rote Granulationen, welche bald
vom Rand her oder von kleinen Inseln aus mit Epithel ĂŒber-
kleidet wurden.
(>. Bei Verbrennungen mit tiefgehender I laulnekrose, be-
sonders durch siedendes Wasser wurden die abnehmbaren
Ilautfetzen entfernt und die Wunde mit Adiplantin-Verband
bedeckt. Ganz besonders fiel hierbei auf, daĂ diese bekannt-
lich sehr schmerzhaften Wunden unter Adiplantin-Salbe in
kĂŒrzester Zeit schmerzlos wurden, ohne daĂ ein besonderes
AnÀsthetikum verwendet wurde. Bei verschiedensten Haut-
krankheiten habe ich vorzĂŒgliche Einwirkungen beobachtet.
Zusammenfassung.
Die von der Chemischen Fabrik Helfenberg A.-G. in den
Handel gebrachte Adiplantin-Salbe zeichnet sich vor den ge-
brÀuchlichsten Salbengrundlagen nach meinen Erfahrungen als
praktischer Arzt durch besondere physikalische Eigenschaften
aus: Das VerhÀltnis von KohÀsions- und AdhÀsionsvermö-
gen ist derartig geregelt, daĂ die Adiplantin-Salbe einerseits
auf nÀssenden WundflÀchen zu haften vermag, andererseits
in sich zusammenhÀngende feine HÀutchen bildet, welche
einen hochgradigen AbschluĂ der Wunde gegen das Eindrin-
gen schÀdlicher Elemente aus der Luft bildet.
Adiplantin-Salbe eignet sich ganz vorzĂŒglich zur Behand-
lung aller Wunden in der kleinen Chirurgie, namentlich in der
Sprechstunde des praktischen Arztes und in Privatwohnungen.
Die Salbe ist Ă€uĂerst sparsam im Gebrauch, da bereits
eine sehr dĂŒnne Schicht eine Art von LuftabschluĂ der Wunde
herbeifĂŒhrt und gleichzeitig der Adiplantin-Verband dieselbe
SaugfÀhigkeit besitzt, wie der trockene, aseptische Wund ver-
band. Infolgedessen braucht der Verband bei weitem nicht so
hÀufig erneuert zu werden, wie die gewöhnlichen trockenen,
feuchten oder Salben-VerbÀnde. Hierdurch ist eine wesent-
liche Ersparnis an Salbe, Verbandstoff und Zeit bedingt. Die
Wunden heilen unter Adiplantin vollkommen reizlos und
schmerzlos, selbst Brandwunden bedĂŒrfen keines AnĂ€stheti-
kums. Das Abnehmen der VerbÀnde verursacht keine unange-
nehmen Empfindungen.
(Jeber Erweiterungsinstrumente mit besonderer
BerĂŒcksichtigung einer neuen Konstruktion.
Zur Erweiterung von engen KörperkanÀlen bedient man
sich im allgemeinen der Boup-ies. Insbesondere zur Erweite-
rung des Collum uteri werden am meisten die Hegar Dikta-
toren verwandt. GegenĂŒber allen anderen Konstruktionen und
Neuerungen haben sie ihre Beliebtheit auf Grund ihrer BewÀh-
rung- beibehalten können, wÀhrend die Dilatator-Konstruktion
nach B o s s i sich als verfehlt erwiesen hat. Das Instru-
ment macht durch die stumpfeinschneidenden Branchen auf
die Wandungen des Kanals leicht ZerreiĂungen, ohne die
Muskulatur und das elastische Gewebe zwischen den Branchen
wesentlich zu dehnen, sodaĂ nach Herausnahme des Instru-
mentes wiedpr eine Zusammenziehunf der Muskulatur statt-
findet. Die Dehnung des Gewebes durch seitliches WegdrÀn-
gen desselben ist immerhin das richtige Prinzio; nur dĂŒrfen
keine GewebsbrĂŒcken zwischen den dehnend einwirkenden
Branchen vorhanden sein. Die Hep-ar-Dilatatoren dehnen nach
allen Seiten gleichmĂ€Ăig und bewĂ€hren sirh aus diesem
Grunde besser. Andererseits stellen sie ein umfangreiches und
besonders heute sehr teures Instrumentarium dar. AuĂerdem
wirken sjp durch Vorschieben in Richtung auf den Uterus,
also eigentlich nicht rationell, da die Hauptarbeit axial gerich-
tet ist. wÀhrend quer zur LÀnge des Instrumentes geweitet
werden soll.
DemgegenĂŒber scheinen die sogenannten Ursano-
Dilatatoren (Ursano G. m. b. H., Berlin W. 35)
eine Verbesserung zu bedeuten. Das ganze Instru-
mentarium besteht nur aus 2 Instrumenten. Sie sind gekenn-
zeichnet durch ie 2 kegelförmige EinfĂŒhrungsspitzen mit um-
gebendem, stumpfen Gewinde, und zwar ist die EinfĂŒhrungs-
spitze jeweilig lÀnger, je stÀrker der dazu folgende zylin-
drische Schaft gestaltet ist. Aus den Abbildungen, die etwa
ein Viertel der natĂŒrlichen GröĂe darstellen, wird dies VerhĂ€lt-
532
Arzneimittelkommission â Standesfragen und soziale Medizin 40. Jahrg. â Nr. 38/3 1
nis ohne weiterers deutlich. Bei kleiner GebÀrmutter, die nur
wenig erweitert zu werden braucht, findet somit die EnfĂŒh-
rungsspitze stets reichlich Platz in der GebÀrmutterhöhle. So-
nach wird die Gefahr vermieden, daà die Spitze in die GebÀr-
muttermuskulatur eindringen könnte. Die Dehnung erfolgt
durch direkte Einwirkung auf das umgebende Gewebe, die
allmÀhlich durch Drehung des Instrumentes von dem Kanal
gleichmĂ€Ăig in querer Richtung fortgesetzt wird.
Die exzentrische Spitze des Dilatators sucht sich selbst-
tĂ€tig den natĂŒrlichen Weg des Kanals, auch wenn dessen Wan-
dungen Falten, Verengungen und Taschenbildungen auf-
weisen:
Die Gefahr, in die Bauchhöhle hineinzustoĂen, ein hĂ€u-
figes Vorkommen bei Behandlung mit Dilatatoren nach Hegar
oder Àhnlichen, ist damit völlig behoben.
Die Anwendung von Quellstiften erĂŒbrigt sich bei die-
sem Patent gÀnzlich. Die Arbeitsleistung des kegelförmigen
Schraubengewindes ist selbst bei geringem Kraftaufwand der-
art groĂ, daĂ selbst starr elastisches Gewebe und widerstands-
starke SchlieĂmuskulatur des Kollum ohne Schwierigkeit
schnell zur Seite gedrÀngt werden kann. Die Quellstifte sind
stets eine groĂe Gefahrenquelle fĂŒr Infektionen. Ihre Nicht-
anwendung behĂŒtet stets vor groĂen Gefahren
Mit den beiden Instrumenten ist eine Erweiterung von
1 mm bis 24 mm ermöglicht. Besondere Vorteile bietet das
Instrumentarium dadurch, daĂ es infolge seines kleinen Ura-
fanges in kleinen BehÀltern sterilisiert werden kann und die
Behandlung mit demselben durch die Uebersichtlichkeit er-
leichtert wird. Bei Anwendung auĂerhalb des Sprechzimmers
findet eine nur geringe Belastung des Arztes mit Instrumenten
statt.
Die Konstruktion dieses neuen Dilatators weist auch
einen, .ffanz neuen Weg zur VerkĂŒrzung der Austreibungszeit
bei Geburten. Bei genĂŒgender Dicke der kegelförmigen Ein-
fĂŒhrungsspitze bis zu etwa 10 bis 15 cm beim Uebergang zum
Griff kann eine schnelle, zweckmĂ€Ăige Erweiterung vorge-
nommen werden, sodaĂ der Durchtritt des Kopfes eher er-
folgen kann.
Bei Verengungen der Harnröhre oder des Mastdarms
haben sich die Ursano-Dilatatoren auch sehr wirksam gezeigt.
Nach zirka einjÀhriger vielfacher Anwendung der Ur-
sano-Dilatatoren kann gesagt werden, daĂ in keinem Falle
eine Verletzung oder ZerreiĂung durch die Dehnung vorge-
kommen ist. Eine besondere EinĂŒbung erscheint nicht erfor-
derlich, sodaĂ die Anwendung ohne besondere Ausbildung er-
möglicht ist. m Auffallend war stets, daà bei Behandlung ohne
Narkose eine sehr schnelle Dehnung ohne allzu groĂe Schmel-
zen seitens der Frau gut vertragen wurde, sodaĂ sie sich in
jedem Fal'e durch das abgekĂŒrzte Verfahren schnell erholte
und bald wieder ihrer BeschÀftigung nachgehen konnte.
Nach allem scheint die weitere NachprĂŒfung dieses In-
strumentariums geboten zu sein.
Dr. med. Sworowski, Dresden.
AuskĂŒnfte der Arzneimittelkommission
der Deutschen Gesellschaft fĂŒr innere Medizin.
Anfrage des Stadtrats einer GroĂstadl.
Es wird gefragt, ob der Stadtrai die Grofihandelserlaubnis
zum Vertriebe von Arzneimitteln der A#kt.-Ges. Hormona, insbe-
sondere mit Veto-Tabletten und Satyrin erteilen soll.
Antwort der Arzneimittelkommission an den
Stadtrat.
V e t o - T a b 1 e 1 1 e n : Da jegliche Angabe ĂŒber die Zusam-
mensetzung fehlt, handelt es sich also um ein empfÀngnisver-
hinderndes Geheimmitte]. Der Vertrieb ist unter allen Um-
stÀnden zu verbieten.
S a t y r i n ist ein Gemisch von KeimdrĂŒsensubstanz und
Yohimbin. Zu beanstanden ist. daĂ im Prospekt eine genaue An-
gabe der Zusammensetzung fehlt, insbesondere der Gehalt von
Yohimbin, eines stark wirkenden Körpers, verschwiegen wird
AuĂerdem hat die Anpreisung einen ĂŒbertreibenden Charakter.
Der Erlaubnis zum GroĂhandelsbetrieb muĂ entschieden wider-
raten werden.
Antwort der A.-K. auf die Anfrage eines Arztes.
Die von Ihrer Ortskrankenkasse vorgeschlagenen PrÀparate
sind der A.-K. bis auf Fejoprot (ob richtig geschrieben?) bekannt;
die TroponprÀparate wohl allgemein. ,,Gupronat", sojll wohl
heiĂen âCupronal". isl eine KupfereiweiĂverbindung, die als An-
thelmintikum empfohlen ist. Am meisten interessiert das'Jodtro-
pon. Ein Röhrchen mit 20 Tabletten wurde fĂŒr M. 6,30 in der
Apotheke gekauft und der Inhalt chemisch untersucht. Jede Ta-
blette soll 0,025 g Jod an EiweiĂ gebunden enthalten. Die Unterl
suchung ergal). daĂ die Deklaration im ganzen richtig ist. Eine
Berechnung des Preises lĂ€Ăt aber folgendes erkennen. In 20 Ta-,
Wetten sind 0,5 g .Tod enthalten; 10 g Jod kosten nach der Arznei-
laxe vom 1.111.1922 52 M., also 1 g M. 5,20. demnach die in 20 Ta-
bletten Jodtropon enthaltenen 0,5 g Jod M. 2,60. Da diese aber im
Handel M. 6,30 kosten, so kann man wohl nicht behaupten, daĂ Jod-
tropon billiger ist. DaĂ die geringere Jodmenge, an Tropon gc-
bunden, mehr leistet als die gleiche Menge als Jodkali, ist zunv
mindesten unbewiesen. Daraus folgt, daĂ die Billigkeit eben nur
eine scheinbare ist.
A n f r a g e d e r O r t s k r a n k e n k a s s e nver w a 1 1 u n g i
einer G r o Ă s t a d t.
âDer Bund fĂŒr Dreigliederung macht in der hiesigen Tagesj
presse zurzeit eine lebhafte Propaganda1 fĂŒr SpezialitĂ€ten de*
.kommenden Tags'.
Trotz Ablehnung der genannten SpezialitÀten unserseits ordi-
nieren verschiedene Inesige Aerzte immer wieder dieselben.
Wir wÀren Ihnen zu Dank verpflichtet, wenn Sie uns NÀheres
ĂŒber diese PrĂ€parate berichten könnten."
A n t w o r t der A.-K.
..Die Heilmittel d.es klinisch-therapeutischen Instituts .der kom-
mende Tag' enthalten nach dem Prospekt wirksame Substanzeri
der verschiedensten Pflanzen, sowie einzelne bekannte Arznei-
mittel. Eine eigentliche Deklaration, d. i. die genaue Angabe der
Zusammensetzung des betreffenden PrÀparats, sowie der Gewichts-
mengen fehlen. Da sowohl unter den pflanzlichen Mitteln (z. Bi
Helleboreen, Solaneen etc.), wie unter den unorganischen Arznei-
mitteln (Quecksilber. Blei etc.) giftige Substanzen genannt"
werden, ist dieser Mangel einer genauen Angabe der Dosis vofr
schwerwiegendster Bedeutu n g. Die Heilmittel werden
gegen bestimmte Krankheilen empfohlen, z. B. Bemedium contra
luberculosem coli. Die behaupteten Heilwirkungen sind entweder
nicht neu, oder, wenn sie neu sind, nicht genĂŒgend erprobt und naej,.
unseren jetzigen Kenntnissen unwahrscheinlich. Direkt nachteilig
ist z. B. die Empfehlung einer Quecksilberverbindung gegen Tuber-
kulose des Dickdarms. Die Empfehlung eines QuecksilberprÀparats.
Myrtaceen und Solaneen in Verbindung mit dem DrĂŒsenextrakt
einer Biene (!) gegen Diphtherie kann dadurch, daĂ die wirksame
Serumbehandlung verhindert wird, gefÀhrlich werden."
Standesfragen und soziale Medizin.
Der Ă€rztliche Dienst bei der DurchfĂŒhrung des Jugendamtgesetzes
in WĂŒrttemberg.
Der WĂŒrttembergische Aerzteverband hat eine Eingabe an die
Landesregierung gerichtet ĂŒber die Beteiligung der Aerzte an der
DurchfĂŒhrung des Jugendamtgesetzes. In WĂŒrttemberg, wie in
anderen deutsehen LĂ€ndern, ist dem Arzt zwar eine Mitwirkung
an der DurchfĂŒhrung der gesundheitlichen Aufgaben des Gesetzes
gesichert, aber nicht eine fĂŒhrende Stellung. Der Aerzteverband'
verlangt nun, daĂ der beamtete Arzt, der âhauptamtliche Oberamts-
arzt" als FĂŒrsorgearzt mit der Leitung aller Ă€rztlichen Angelegen?
heiten der Jugend- und TuberkulosefĂŒrsorge betraut wird. Kr
ist auch leitender Arzt der SĂ€uglingsfĂŒrsorgestellen. Er ist. den
Vorgesetzte der BezirksfĂŒrsorgerinnen und ĂŒberwacht deren
Dienst. Diesen Forderungen entsprechend wird eine ErgÀnzung
des Oberamlsarztgesetzes und des Jugendamtgesetzes verlangt."
Der Medizinalbeamtenverein hat diese Ausdehnung der amtlichen^
Funktionen gebilligt mit der MaĂgabe, daĂ in jedem Bezirke ein!
Gesundheitsamt errichtet wird, dessen Leiter der Oberamts-I
arzt ist.
I
Ii). Jahrg. âNr. 33/34
S t a n (I e a I" r a g e n u i» <l sozial e M <â d i z
533
GebĂŒhren fĂŒr Zeugen und SachverstĂ€ndige.
Durch Gesetz vom tO. MĂ€rz 1922 sind in Deutschland die Ge-
bĂŒhrcn der Zeugen und SachverstĂ€ndigen erhöht worden. Der
Zeuge erhĂ€lt eine EntschĂ€digung fĂŒr die Stunde in Höhe von 1 his
15 Mark, je nach den ErwerbsverhÀltnissen, was gegen den bis-
herigen Satz eine Erhöhung um das 5- bis 10 fache ausmacht.
Der SachverstÀndige einen Beirag bis zu 20 Mark die Stunde,
unter UmstÀnden bei besonders schwierigen Leistungen bis zu
30 Mark, was gegen den jetzigen Zustand eine Erhöhung um das
5- bis 6 fache bedeutet. Die Àrztlichen SachverstÀndigen können
auch fĂŒr die GutachtertĂ€tigkeit nach der GebĂŒhrenordnung der
hĂ€nder fĂŒr AmtsĂ€rzte liquidieren. Alex a n d e r.
Beziehung der Aerzte zu den Krankenpflegevereinen.
Laut BeschluĂ der wirtschaftlichen! Abteilung des GroĂ-
Bcrliner Aerztebundes haben die VertrÀge mit den sog. Kranken-
pflegevereinen am 1. April 1922 ihr Ende erreicht, der AbschluĂ
neuer VertrÀge ist unzulÀssig. Die Krankenpflegevereine, die
ihre ersten UrsprĂŒnge bis in die, Mitte des vorigen Jahrhunderls
zurĂŒckdatieren, sind vor Beginn der staatlichen Sozialversiche-
rung ursprĂŒnglich dazu geschaffen worden, kleinen selbstĂ€ndigen
Gewerbetreibenden und Beamten, die nicht ĂŒber mehr als ein Exi-
stenzminimum zu verfĂŒgen hatten, die Möglichkeit einer Versiche-
rung zu verschaffen, nachdem fĂŒr die Arbeiter auf dem Wege
freiwilligen Zusammenschlusses gröĂere Krankenkassen errichtet
worden waren. Die GrĂŒndung an sich war berechtigt, denn durch
einen relativ geringen Beitrag waren die Mitglieder durch Ge-
wÀhrung freier Àrztlicher Behandlung und freier Arznei gegen
die finanziellen NotstĂ€nde der Krankheit geschĂŒtzt. Leider
stellten sich recht bald MiĂstĂ€nde ein. Der Beitrag war so gering
bemessen, daĂ er zu einer standeswĂŒrdigen Honorierung der Aerzte
nicht ausreichte. Es wurden deshalb einzelne Aerzte angestellt,
-die ohne RĂŒckendeckung durch eine Ă€rztliche Organisation zu
einer minderwertigen VergĂŒtung ihre Hand bieten muĂten. Dieser
MiĂstand wurde dadurch verstĂ€rkt, daĂ die Erwerbung der Mit-
Dienstanweisung fĂŒr die StadtĂ€rzte in Berlin.
Der Magistrat hat folgende Dienstanweisung erlassen:
§ 1. Der Stadlarzt ist hauptamtlich angestellter Gemeinde-
beamter. Privatpraxis ist ihm nicht gestattet. § 2. Er ist der Dienst-
vorgesetzte aller im Gesundheitsdienst des Verwaltungsbezirks
tÀligen Personen, soweit sie nicht unmittelbar dem Stadtmedizinal-
rat unterstehen. § 3. Der Stadtarzt bearbeitet alle Angelegen
heilen des gesamten Gesundheitswesens des Bezirks; hierzu ge-
hören auch die Anstalten, die nicht unmittelbar vom Magistrat ver-
galtet werden. Er hat dem Stadlmcdizinalrat auf Verlangen
jederzeit im Benehmen mit den Dezernenten des Bezirksamts
schriftlich oder mĂŒndlich Bericht zu erstatten. Ueber wichtige
Vorkommnisse hat er unaufgefordert Mitteilung zu machen. § 4.
Er bearbeitet beim Bezirksamt nach den Richtlinien des Magi-
strats die Angelegenheiten der Sozialhygiene. Ausgenommen
sind in den Bezirken I â VII diejenigen Einrichtungen der Sozial-
hygiene, die in den Betrieb der zentral verwalteten Kranken-
hÀuser eingegliedert sind. § 5. Zu seinem TÀtigkeitsbereich ge-
hört die Aufsicht ĂŒber die Rettungsslellen und die Ueberwachung
der von der Zentrale angeordneten MaĂnahmen zur Seuchen-
bekÀmpfung. In dringenden FÀllen hat er selbst die erforderlichen
Anordnungen zu treffen und sodann sofort dem Hauptgesundheits-
amt Mitteilung zu machen. §6. Ei' bearbeitet ferner alle Ange-
legenheiten gesundheitlicher Art, die zu der ZustÀndigkeit- anderer
Deputationen gehören. § 7. Soweit seine TĂ€tigkeit es zulĂ€Ăt, hat
er sich an der praktischen DurchfĂŒhrung der gesundheilfĂŒrsorg-
lichen Arbeiten Àrztlich zu beteiligen und vertrauensÀrztliche
TĂ€tigkeit zu ĂŒbernehmen. Alex a n d e r.
Anstellungsbedingungen der SozialÀrzte.
Nach eingehender BegrĂŒndung durch Herrn Dr. HĂŒlzer hat
die Rheinische Aerztekammer folgende LeitsÀtze angenommen-.
1. Die Leitung des kommunalÀrztlichen Dienstes in den
Kreisen und selbstĂ€ndigen gröĂeren StĂ€dten muĂ in der Hand
des damit betrauten angestellten Arztes liegen, welcher in den
Kreisen Mitglied des Magistrats sein muĂ. 2. Die fĂŒr die einzelnen
Aufgnben der Sozialhygiene erforderlichen SozialÀrzte im Haupl
amle oder als Beamte anzustellen, ist im Allgemeinen weder
nötig, noch zweckmĂ€Ăig. 3. Die hauptamtliche Anstellung der
SozialĂ€rzte bedingt den Verzieh! auf die AusĂŒbung der Ă€rztlichen
Praxis. 4. FĂŒr den öffentlichen; Gesundheitsdienst ist die Mit-
arbeit der örtlichen Aerztc-Organisationen erforderlich.
Man vergleiche hierzu unsere Bemerkungen zu dem Aufsalze:
Der Ă€rztliche Dienst bei der DurchfĂŒhrung des Jugend.imlgeselzcs
in WĂŒrttemberg. A 1 e x a n d e r.
Richtlinien fĂŒr das Zusammenarbeiten von HauptfĂŒrsorge-
stellen und Berufsgenossenschaften bei der Unterbringung
SehwerunfallbeschÀdigter.
Die Richtlinien beziehen sieb auf die Zusammenarbeit, die
Meldung, Berufsberatung, Berufsausbildung und Umschulung,
Arbeitsvermittlung, Vertretung der Berufsgenossenschaften (Ol
Beirat der HauptfĂŒrsorgestellen und auf das Zusammentreffen
von KriegsbeschÀdigten- und .Unfallrente. . Alexander.
Wie eine Àrztliche Versorgung nicht aussehen soll.
Die freie SchwÀbische Aerztekammer errichtete eine frei-
willige Sterbekasse, die am 1. Juli d. J. in Kraft getreten ist.
Jedes Mitglied der betr. Àrztlichen Bezirksvereine wird bei der
GrĂŒndung Mitglied der Sterbekasse. Wer aus dem Verein aus-
scheidet oder verzieht oder die .BeitrÀge nicht zahlt, soll aus der
Kasse ausscheiden. Jedes Mitglied zahlt 100 Mark Eintrittsgeld
und bei dem Ableben eines Mitgliedes je 25 Mark als Umlage. Die
Höhe des Sterbegeldes ist verÀnderlich. Dies die Grundlage der
Kasse. Was soll solch eine Kasse, ohne Bechtsgrundlage, ohne
bestimmte Anwartschaft und mit Fehlern behaftet, die in abseh-
barer Zeit die Unmöglichkeil ihres Gedeihens in sich birgt?
Wissen die GrĂŒnder nicht, daĂ eine Kasse nur dann lebensfĂ€hig
ist, wenn das Risiko auf ein MindestmaĂ herabgesetzt werden
kann? Wissen sie nicht, da'à mit der Möglichkeit des freiwilligen
Austritts, besonders jĂŒngerer Mitglieder das Risiko steigen muĂ,
da die zurĂŒckbleibenden Ă€lteren dem natĂŒrlichen Ableben in
relativ kurzer Zeit verfallen sind'' DaĂ dann die Umlagen
schlieĂlich so groĂ werden, daĂ diese GröĂe ein neuer Anreiz zum
Austritt wird? Also ein circulus vitiosus! Und dabei die Un-
sicherheit ĂŒber die Höhe des Sterbegeldes, die doch der sprin-
gende Punkt fĂŒr jede Lebensversicherung sein mĂŒĂte! Die
deutsche Aerztcschaft ist bemĂŒht, die schwierige Frage der Ver-
sorgung der Aerzte auf verschiedenen, nicht immer zweifels-
freien Wegen zu lösen. Gerade in Bayern sucht man den Staat
fĂŒr diese Frage zu interessieren, und in diesem selben Lande
unternimmt eine Aerztekammer einen Versuch mit untauglichen
Mitlein. ErklÀre mir . . .! Alexander.
Vorsintflutliche ZustÀnde auf dem Gebiete der Entlohnung
Ă€rztlicher Arbeit.
Eine Eingabe des WĂŒrttembergischen Aerzteverbandes an
den WĂŒrttembergischen Landtag enthĂŒllt ein Bild von RĂŒck-
stÀndigkeit auf dem Gebiete wichtiger Àrztlicher Leistungen, die
man als Atavismus betrachten wĂŒrde, wenn nicht die Betroffenen
auch heute noch unglĂŒckliche Objekte eines solchen Atavismus
wĂ€ren. Die SeminarĂ€rzte in WĂŒrttemberg bezogen vor dem
Kriege das fĂŒrstliehe Gehalt von 600 Mark, seit dem Jahre 1920
von 1600 Mark fĂŒr das Jahr. Ihnen liegt ob: die gesamte schul-
Ă€rztliche TĂ€tigkeil am Seminar, die Behandlung der Seminaristen,
unstÀndigen Lehrer und Hausangestellten, nicht nur in den
KrankenrÀumen des Seminars, sondern auch in der Sprechstunde
des Arztes, auch fĂŒr solche, die in der Stadt wohnen und den
Arzt in der Sprechstunde aufsuchen, mehrmalige Gesundheits-
besichtigung ganzer Klassen, die AusfĂŒllung von Gesundheits-
bögen, die LehrtĂ€tigkeit ĂŒber gesundheitliche Fragen, VortrĂ€ge
usw. usw. In noch schwierigerer Lage befinden sich die Aerzte
an den Taubstummenanstalten, auch hier ist das Jahrespauschale
auf etwa 800â1000 Mark bemessen. Geht es den Aerzten so
schlecht, daĂ sie nicht auf diese Stellungen lieber ganz verzichten,
;ils sich mit Honoraren abfinden zu lassen, die heute wohl in der
ganzen Welt ohne Beispiel sind? Alexander,
534
- Referate
10. Jahrg. â Nr. 33/34
REFERATENTEIL
MĂŒnchener medizin. Wochenschrift.
21. April 1922, Nr. 16.
Indikationsstellung und Ergelbnisse der Auslese fĂŒr thorax-chirurgische
MaĂnnhmen. B u r c k Ts a r. d t. 575.
Senkungsgeschwindigkeit der Erythrozyten. B ĂŒ r k e r. 577.
Klinisches ĂŒber die Fahraussche Sehwangerseliaftsreaktion. & Ă€ n s s Ă€ c. 578.
Tiefenthermometrie. Znndck. 579.
âŠNrerenerkrankungen nach Angina. K a y s e r - P e t e r s e n u. Sc. h w a h.
580.
Eigenharnroaktionen. B ii m i n g h a u s. 582.
âEssentionellp's Hautjucken als klinisches Symptom der multiplen BlutdrĂŒsen*
erkrankungen. S z 0 n d i u. Ha a s. 584.
FÀrbungsversuchc an SyphilisspirochÀten. K r a n t z. 586.
Erfahrungen hei der einseitig kombinierten Cyarsal-Xeosalrarsa nkur. Hess.
587.
Kropfprophylaxe. B 1 e y e r. 587.
âŠ^Behandlung der UnteTschcnkelgcschwĂŒic. S i m o n. 589.
Ăsophagusatresie- E 1 1 e r b r o e k. 591.
Varizellen und ultraviolette Strahlen. Sack. 591.
HHfsapiparat bei der Blutdruckmessung am Menschen. K 1 e i n k n e c h t.
592.
Beleuchfungseinrichtung fĂŒr Bontgonzimmer. H a c g e r. 594.
Schiene zur Behandlung von Oherarmfrnkturcn. L e g a 1. 594.
âNeuland-Handgriff" fĂŒr ProthesentrĂ€ger. S t r D tri e y r r. 596.
I cb«r Nierenerkrankungen nach Angina. Bei 479 Anginen
traten in 7,5 Proz. Nierenerkrankungen auf, hiervon 28 % hÀ-
morrhagische Glomerulonephritiden mit Blutdrucksteigerung,
34 % Herdnephritiden ohne Bluldrucksteigerung, 38 % leichte vor-
ĂŒbergehende Nierenreizung. Beziehungen zwischen Schwere der
Angina und dem Auftreten der Nierenerscheinungen konnten nicht
festgestellt werden. Verff. betonen die Wichtigkeit der hÀufigen
Harnuntersuchung bei jeder auch scheinbar noch so harmlosen
Angina. Bei rechtzeitiger Behandlung ist die Prognose im allge-
meinen gĂŒnstig zu stellen. Eine neu hinzutretende Angina lĂ€Ăt
den NierenprozeĂ meist wieder aufflammen.
Das essentielle Hautjucken als klinisches Symptom der mul-
tiplen BlutdrĂŒsenerkrankuhg. Von 10 an Pruritus essentialis lei-
denden Kranken fanden Verff. bei 6 typische pluriglandulÀre
Insuffizienz, bei den ĂŒbrigen 4 Dysfunktion von mindestens zwei
DrĂŒsen. Die von anderen Autoren erwĂ€hnten GenitaldrĂŒsenver-
Ă€nderungen in Verbindung mit Hautjucken sind nur Teilerschei-
nungen der pluriglandulÀren Insuffieienz. In Verf. FÀllen ist das
Jucken bloĂ eine Teilerscheinung der endokrinen Dysfunktion; es
wird als Folge der HypersensibilitÀt der peripheren sensiblen
Nerven aufgefaĂt, als Erregungszustand, hervorgerufen durch in-
folge endokriner Dysfunktion in den Blutstrom gelangte patholo-
gische Stoffwechsclprodukte. Zur Entstehung des Pruritus sind
zwei Faktoren nötig; 1. ein endogener Faktor, der aus irgend einer
bestimmten konstitutionellen oder erworbenen AbnormitÀt des
BlutdrĂŒsensystems besteht; 2. ein exogener Faktor: z. B. Fluor.
Nodus, Onanie, Beiben des Kragens usw. Aetiologische Therapie
bisher ohne Dauererfolg. Als symptomatische Behandlung wird
in jedem hartnÀckigen Fall Böntgenbestrahlung empfohlen.
Die Behandlung der UnterschenkelgeschwĂŒre. Uebersichts-
vortrag ĂŒber Ergebnisse des Verfassers mit den verschiedenen
Methoden. MuĂ im Original nachgelesen werden.
F. L o e w e n h a r d t (Charlottenburg-Westend).
28. April 1922. Nr. 17.
Behandlung d. Magen- und Zwölffingordarmgeschwiirs. C r ii m e r. 615.
Dichttherapie d. Tetanus, v. B e u s t. 618.
Mastixreaktion. S a h 1 g 1 v ft. RIĂ
Entstehung und Bedeutung von NebengerÀuschen bei funktionell geheilter
Lungentuberkulose. Ales a n d e r. 619.
Schwimmbadkon.junkti vi/tis. Best. 621.
>f*G-on5orrhoische Prostatitis. Arnold. B21.
Gefahren der Ahortivbehandlung der Gonorrhoe. F u c h s. 022.
Stomatitis mercurialiis. H e e r m a n n. 023.
Böntgensarkom. B c c k. 623.
Zentrale Luxation des Schcnkelkopfcs. K e b m. 628.
Chlortagessterilisafriori v. tuberkulösem Sputum. L o r e n t z. 625.
Blutuntersnchung bei Bleiarbeitern. E n g e 1. 62G.
Behandlung des MeningnkokkeMinatorials bis zur Untersuchung. H u n d e s -
h a g e n. 627.
Bad Kissingen und seine Heilmittel fĂŒr Blutkrankheiten. Treuitlein. 628.
Hy pnosciverbrechen: S p e e r. 629.
«S»Ampullen\vasser. D r e y f u s. 631.
I.enebtmarken. Holz k n e C b t Ii. .7 a h n v a. 632.
Tnfusionsapparat. P u s t. 633.
Beseitigung d. d. Palpation störenden Bauchmuskelknntraktion. H a u s -
m an n. 633.
Wellcnschnitt. K o t z c b o r n. 634.
Beeinflussung der Laktation. G r u m tn e. '634.
70. Geburtstag v. S. RamĂD y Oa.jal. Spatz. 635.
Ueber die Heilung der gonorrhoischen Prostatitis mit Arthi-
gon und Terpentin. Iniravenöse Zufuhr von GC.-Vakzinen (Arthi-
gon usw.) kĂŒrzt die Krankheitsdauer ab hinsichtlich des Ver-
schwindens der GC. und bezĂŒglich der entzĂŒndlichen VerĂ€nderun-
gen. Noch gĂŒnstiger wirkt Terpentin intramuskulĂ€r. Gleichzeitige
örtliche Behandlung ist zweckmĂ€Ăig, kann aber fĂŒr viele FĂ€lle
auf SpĂŒlungen beschrĂ€nkt werden.
Ueber den Verwendungsbereich des âAmpullenwassers".
Besprechung der vielseitigen Verwendungsmöglichkeit des unbe-
grenzt haltbaren Ampullenwassers. Einzelheiten siehe Original.
F. Loewcnhardt (Charlottenburg-Westend).
Wiener medizinische Wochenschrift.
22. April 1922. Nr. 17.
«5»FrakturhehandIung mit einfachen Mitteln. E w a 1 d t. 721.
Siiuglingsernahrung. X o b e 1 . E. 726.
^âąVorlĂ€ufige Mitteilung ĂŒber eine chirurgische Methode des akuten Harn-
röhrentrippers. W e i 11 e n s t e i n , O. 729.
âąH'cbcr operative Myombehandlung. (SchluĂ. 1 M i c h o 1 i t s c h. 790.
âąf»Argnchrnm in der Praxis. Weil. B. 741.
âą^Verbesserung des EssigsĂ€ure-Tonerde- Verbandes. Xagy. A. 742.
Zur Frage des Àrztlichen Ehekonsenses. Schnopfhagen. H. 743.
Frakturbehandlung mit einfachen Mitteln. Besprechung der
Behandlung der Schenkelhalsfraktur, der Fractura colli humeri
âą und der Badiusfraktur.
VorlĂ€ufige Mitteilung ĂŒber eine chirurgische Methode des
akuten Harnröhrentrippers. Es wird empfohlen: temporÀre
Durchtrennung der Pars bulbosa der Harnröhre, bis zum Ablauf
der Erkrankung in der Pars anterior; oder Spaltung der Harn-
röhre in ihrer LĂ€ngsrichtung auf etwa 3â4 cm, um die nun frei-
liegende Schleimhaut wirksam therapeutisch beeinflussen zu
können.
Ueber operative Myombchandlung. Auf Grund ausfĂŒhrlich
dargelegter Erfahrungen wird der operativen Behandlung gegen-
ĂŒber der Böntgenbehandlung der Vorzug gegeben.
Argochrom in der Praxis. Sehr guter Erfolg von intrave
nösen Injektionen von Argochromlösung Merck (ca. 1 g pro die'
bei 3 SepsisfÀllen.
Verbesserung des Essigsaure-Tonerde-Verbandes. Vorherige
Anfeuchtung des Verbandstoffes mit Spiritus vini det.
ReuĂ (Wien .
29. April 1922 Nr. 18.
<f*Die Anaphylaxie in ihrer Beziehung zu Störungen des Verdauungsapparates.
Pick. E. P. 761.
âąHeber die Tagessehwankungen im Urobilinogengchalt des Harnes bei Ge-
sunden und Kranken. Welt m a n n . O. und T e n s c h e rt. O. 766.
Klimakterium und Gicht. T u r a n . F. 770.
Ueber Diagnose und chirurgische Therapie des chronischen Kardiospasmns.
(SchluĂ.) H e y r o v s k y , H. 773.
âSĂ€ug'lingsernĂ€hrung. (SchluĂ.) Nobel, E. 779.
Hie cinzeitige kombinierte XeosalvarsaP-Xova-surolbehandluiig der Syphilid
B e, i n e r , S. 791.
Ueber Tagesschwankungen im Urobilinogengchalt des Harnes
bei Gesunden und Kranken. Zwecks klinischer Veiwertung der
Aldehydreaktion als Leersymptom ist es notwendig, die Unter-
suchungen in Form des 2-Stundenversuches vorzunehmen, da die
Urobinlinogenausscheidung im Laufe des Tages nicht gleichmĂ€Ăig
ist; sie erfolgt in Form einer Kurve mit der Basis in den Morgen-
stunden, dem Gipfel in der Nachmittagszeit.
SĂ€uglingsernĂ€hrung. Guter Ueberblick ĂŒber die derz. an der
Wiener Kinderklinik ĂŒbliche, auf vorwiegend quantitativem Prin-
zip aufgebaute Methodik der ErnÀhrung gesunder und kranker
SÀuglinge, wobei auch eine neue Einteilung der ErnÀhrungs-
störungen nicht fehlt. Mit Nachdruck wird auf die Differenzierung
âąID. Jahr
Nr. 33/34
Aus den neuesten Zeitschrifte
585
von ErnÀhrungsstörung und UnterernÀhrung hingewiesen und die
fiberreichliche Nahrungszufuhr bei nervösen Brechern und Ru-
minanten mit Recht befĂŒrwortet. Die Behauptung, daĂ die physi-
ologische Gewichtsabnahme des Neugeborenen nichts Physiolo
gisches bedeute und durch Verabreichung gezuckerter Vollmilch
vermieden werden könne oder solle, dĂŒrfte wohl nicht nur beim
Rcf auf Widerspruch stoĂen. ReuĂ (Wien)".
Wiener klin. Wochenschrift, Wien.
6. April 1922. Nr. 14.
⹠⊠Appendix und Adnexerkrankungen. (Klinischer Vortrag). T h a 1 e r II. 311.
âą{âąDie individualisierende Behandlung des fieberhaften Abortus M a u t h -
n e r , E. 815.
«Weber N'eosilbersalvarsan. I' 1 1 m a n n . K. 316.
Ein neuer Fall von Sarggelburt. StraĂ m a n n , F. 322.
⊠I°eber eine einfache und ökonomische Methode der Blutfftrbung. II i e k I . .1.
J a g i e , X. 323.
âą âŠMeningitis serosa im Verlaufe von Appendieitis gangraenosa. Steiger.
VV. 324
Altern und Krchshildung. () r thner, F. 324.
Appendix und Adnexcrkrankungen. Erörterung der Diffe-
rentialdiagnose zwischen Appendieitis und entzĂŒndlichen Er-
krankungen der rechtsseitigen Adnexe, sowie der pathologisch-
anatomischen Beziehungen zwischen Appendix und Adnexen.
Das Uebergreifen einer Appendieitis auf die. gesunden Adnexe
dĂŒrfte nur höchst ausnahmsweise vorkommen, bei Adhaerenzen
zwischen Appendix und Adnexen sind letztere gewöhnlich schon
vorher krank und handelt es sich bei Vereiterungen von der
adhĂ€renten entzĂŒndeten Appendix aus immer um schon patholo-
gisch verÀnderte Adnexe.
Die individualisierende Behandlung des fieberhaften Abortus,
.feder fieberhafte Abortus ist sofort auszurÀumen; ausgenommen
sind jene Falle, wo die Infektion den Uterus schon ĂŒberschritten
hat. Die Diagnose erfordert grĂŒndliche fachliche Erfahrung.
Kann ein Arzt die Isolierung der Infektion- auf den Uterus nicht
mit Sicherheit feststellen, hat er die Patientin einer Anstalt zu
ĂŒberweisen. Statistische Zusammenstellung der an der I. Wiener
Frauenklinik bei der Behandlung des fieberhaften Abortus er-
zielten Resultate. Erörterung der Methodik.
Ueber Neosilbersalvarsan. Eingehender Bericht ĂŒber die in
, 1XA Jahren an einem groĂen Luesmaterial gesammelten Er
.fahrungen. Silber- und Neosilbersalvarsan wirken ebenso rasch,
mitunter sogar rascher als Neosalvarsan allein. Nachhaltig ist
: der EinfluĂ auf das Verschwinden der Wa-Reaktion, wofĂŒr der
Silberkomponente eine gewisse Rolle, beizumessen sein dĂŒrfte.
Das Neosilbersalvarsan fĂŒhrt nicht zu stĂ€rkerer lokaler Gewebs-
reizung, hat keinen schÀdigenden Einfluà auf die Nieren, ist gut
löslich und in Lösung weniger zersetzlich als Neosalvarsan. Wo
Hg.-PrÀparate nicht toleriert werden und Salvarsan allein nicht
ausreicht, ist Neosilbersalvarsan unbedingt indiziert. Dosierung:
0,2 â 0,5, gewöhnlich 0,3 intravenös in 2â ötĂ€gigen, durch schnitt-
t lieh 3tĂ€gigen Intervallen; im ganzen 10 â 12, selten mehr Injek-
' tionen.
Leber eine einfache und ökonomische Methode der BlutfÀr-
bung. Das unfixierte, zweckmĂ€Ăig 12 â 14 Stunden lang getrocknete
DeckglasprÀparat wird mit der Blutsehicht nach unten auf einen
ObjekttrÀger gelegt, auf welchen vorher ein Tropfen einer Tolui-
dinblau-Lösung gebracht wurde. (1,5 "//ige Stammlösung mit aqu.
des! 1:10 verdĂŒnnt.) Das PrĂ€parat wird sofort mikroskopiert,
oder das Deckglas nach 3 â 5 Minuten abgezogen, an der Luft
getrocknet und mit Kanadabalsam â Blutschicht nach oben
aufgeklebt.
Meningitis serosa im Verlaufe von Appendieitis gangraenosa,
gjÀhriger Knabe, 3 Tage nach Beginn der Erkrankung operiert:
'"Appendix perforata, diffuse Peritonitis. Am folgenden Tag
2 epilepliforme Anfalle, Benommenheit, welche 5 Tage anhÀlt,
geringe Nackenstarre, positiver Kernig, Liquor wasserklar.
Heilung. Beuss (Wien).
Meningitis tunerculos« discre?*.
13. April 1922. Nr. 1.").
âŠDas retikulo-endotheliaic System. (Klinischer
g e r , II. 333.
Zur Systematik der l'arathy phus-IJ-Hakterlcn. FĂŒrth
âŠZur Kasuistik der Zwerchfellhernie. P 1 e n k . A. 339.
⊠Aorten; urysina vortÀuschender Fall von Lungcnccliinokokkus, röntgenolo-
gisch diagnostiziert. L e n k , R. 341.
Uclher die Probe mit Natrium nuclcinieum bei der Malariabehaudlung der
Paralytiker. Kogcrer, H. 342.
Vortrag. ) E p p i n
.7. 337.
Heinerkiiugon zum S vmptomopkomplcx der
B I ii t t . N. 342.
Zur Technik der perin viil«n [njoktli n bei IsohlAM. Bemerkungen /ui
gleichnamigen Mitteilung von l>r. Qrtlnbaum In dieser Wochenschrift UP"
Xr. 4. II ö g 1 e r . P, 848.
Das retikulo-endotheliiile System. Das r.-c.-SysIcm (A s c Ii o f f
setzt sich aus Zellen zusammen, welch« sich an den verschieden-
sten Stellen des Organismus finden, u.zw. besonders reichlich im
lockeren Bindegewebe, in Organen, in denen sich die Retikulum
zellen synzytiumarlig verbinden (Milz, LymphdrĂŒsen) und schlieĂ-
lich im Kapillargebiet der Leber (Kupffersche Sternzellen). Diese
Zellgruppe hat die Funktion, gelöste Farbstoffe des Blutes in
ihren Granulis zu binden und zu fixieren. Es wird die Pathologie
des retikulo-endothelialen Stoffwechsels erörtert, welche insbe-
sondere auf dem Gebiet des Haemoglobinstoffwechsels in Er-
scheinung tritt. Als krankhafte. ZustÀnde des retikulo-endothelialen
Systems kommen insbesondere der haemolytische Ikterus sowie
die perniziöse und aplastische Anaemie in Betracht, doch gehören
in diesen Rahmen auch die Polyzythaemie, die Leberzirrhosen und
die Ilaemochromatose. Die Therapie hat die Aufgabe, die TĂ€tig-
keit der blutzerstörenden Organe zu hemmen. VorlÀufig ist es
bloĂ gelungen, durch Exstirpation der Milz das r.-e. -System gleich-
sam zuzustutzen, was nur bei jener Erkrankung, bei der eine loka-
lisierte Hyperfunktion der Milz vorliegt, dauernden Erfolg halte,
nÀmlich beim haemolytischen Ikterus. In geistreicher Weise er-
öffnet Verf. die Perspektiven, wie man das ganze System pharma-
kologisch beeinflussen könnte.
Zur Kasuistik der Zwerchfellhernie. 44jÀhriger Mann, der
bis zum 32. Lebensjahr gesund und berufsfÀhig war. dann mit
Ulcusbeschwerden erkrankte und an Perforationsperitonitis zu-
grunde ging.
Aortenaneurysma vortÀuschender Fall von Lungenechino-
kokkus, röntgenologisch diagnostiziert. 37jÀhriger Patient mit
Atembeschwerden. Röntgenologisch: kugelige Bildung im rech-
ten oberen Thorax, als der Lunge angehörig erkannt, als Echino-
kokkus gedeutet. Diagnose durch Operation bestÀtigt.
Reu ss (Wien).
20. April 1922. Nr. 16.
Zur Eröffnung: des neuen Institutes fĂŒr Embryologie. . F i-SC hei , A. 835.
('eher Paratyphus. Herz. A. 360.
Versuche iiheir Spezifische Bakteriophagenwirkung. BĂ€il. 0. und Wata-
n a b e , T. 362.
Oralsepsis und von Zahnleiden abzuleitende Fernerkrankungen. Hauer.
A. 365.
(Jeher die Behandlung der verschiedenen Können des Sigmatismus.
Stein. L. 367.
âŠZur Frage der Angina pectoris. GroĂ mann, M. 368.
⊠Ein neuer Erreger des Elcckf iehers ? 11 e 1 a i . A. 368.
âŠDie Behandlung und Prophylaxe de« endemischen Kropfes. W a'g n e r -
J a u r c g g. 369.
⊠Eine Befuftdstelle fĂŒr Kindertuberkulose. P e y r e r . K. 370.
Zur Frage der Angina pectoris. Die echte Angina pectoris
kommt wahrscheinlich geradeso wie die A. pectoris vasomotoric.i,
durch einen Spasmus im Anfangsleil der Aorta zustande; der
Unterschied liegt nur darin, daĂ hier die Aorta intakt, dort
pathologisch verÀndert ist., So erklÀrt sich die prompte Wirkung
aefÀficrwcileim'der Mittel (Nitrite).
Ein neuer Erreger des Fleckfiebers? Hinweis auf den von
einem russischen Arzt, Dr. ,1. P. Schestopal erhobenen Befund
von Spirochaeten im Blut aus Exanthematieus-Roseolen. Die so-
genannte Spirochaete Emiliae Schestopal hÀngt innig mit den Exy-
throzyten zusammen.
Die Behandlung und Prophylaxe des endemischen Kropfes.
Man soll den kropfverseuchten Gegenden ein Kochsalz zufĂŒhren,
das im kg etwa 2 mg Jodkalium oder Jodnatrium enthÀlt.
Eine Befundstelle fĂŒr Kindertuberkulose. In Anbetracht der
Schwierigkeit einer raschen Diagnosestellung bei bloĂ physikali-
scher Untersuchung wurde an der Wiener allg. Poliklinik eine
Befundsteile errichtet, in welcher bei den von FĂŒrsorgestellen,
SchulÀrzten usw. zugewiesenen Kindern auf Wunsch Befunde
aufgenommen und abgegeben werden. Der Befund umfaĂt: Anam-
nese, klinischen Befund, Tuberkulinreaktion, Röntgenbefund,
Diagnose, (tuberkulosefrei; inaktive Tuberkulose; inaktive Tuber-
kulose mit Neigung zu AktivitÀt; aktive Tuberkulose mit Nennung
der Lokalisation.) Die Stelle soll ein Bindeglied zwischen Kinder-
fĂŒrsorge und TuberkulosefĂŒrsorge bilden.
R e u s s (Wien).
536
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 33/34
Psychiatrisch-Neurologische Wochenschrift.
22. April 1022. 24. Nr. :i-4.
Gedanken in Entwicklung ĂŒber Bedeutung des Hirnbaues. F r a n k e. 13]
â Heilerfolge der Epilepsiebehandiung mittels Xifalmik'bin.iektionen.
Becker. 19. âą
Eine Disputation Uber ..Okkultismus und Wissenschaft '. S ĂŒ n Der, P. 22.
Oer derzeitige Stand der ErnÀhrung in den Irrenanstalten. (Fortsetzung.') 26.
Heilerfolgt! der Epilepsiebehandlung mittels Xifalmilchinjefc-
tionen. Bericht ĂŒber Ă FĂ€lle, die sich ĂŒberraschend gut besserten
unter dem EinfluĂ von Xifalmilcbinjektionen. Luminaldarreichung
und Regulierung der Kochsalzzufuhr. Da Luminal allein diese
Erfolge, wie vorangegangene Versuche darlaten, nicht zu zeitigen
vermochte, scheint es, als wenn Xifalmilch in neuer Art der
Epilepsie zu Leibe gehl.
6. Mai 1922. 24, Nr. 3-ti.
âNeuere Liquoi Probleme. K a f k a . V. 30.
Zur Streitfrage der okkultistischen Forschung. S Ă n n e r . I'. :S2.
Zur Streitfrage der Okkultistischen Forschung. Flicdl À n d e r, A. M.
Geheimsueht. B r e s 1 e r , J. :i".
Neuere Liquorprobleme. Der bekannte Serologe der Ham-
burger Staalsanstalt Friedrichsberg weist darauf hin, daĂ die
Liquorprobleme fĂŒr den Praktiker keine Veranlassung geben, die
heutigen Errungenschaften der Liquordiagnostik anzuzweifeln.
Im Gegenteil, durch ihre kritische Betrachtung wird die Deutung
des LiquorbĂŒdes verfeinert, es werden neue Fragen aufgerĂŒhrt,
und wir befinden uns auf den) Wege zum Ausbau der patholo-
gischen Physiologie des Liquors, die freilich nur durch die Zu-
sammenarbeit des Klinikers und des Serologen möglich sein wird.
Wern. H. Becker.
Allgemeine Zeitschrift fĂŒr Psychiatrie und psychisch-
gerichtliche Medizin.
20. Januar 1922. 77. 6. Heft.
âąSchaffung eines neuen Irrcngesetees. Schult z e . K. 367.
Schaffung eines ueuen Irrengesetzes. Kahl. 392.
âŠâŠ"Zur Pathogenese der epileptischen KrampfanfĂ€lle. Kiienberge r. O. 408.
Zur Pathogenese der epileptischen KrampfanfÀlle. Verfasser
verficht mit Eifer die von Fischer aufgestellte Hypothese, daĂ
die Epilepsie durch Nebennierenresektion beilbar wÀre. ..Jeden-
falls verdanken wir der Fischer'schen Hypothese neue Frage-
stellungen, neue Forschungsrichlungen und neue Gesichtspunkte
fĂŒr die Beurteilung des Wesens der Epilepsie und der Krampf-
anfĂ€lle, sowie endlich neue Richtlinien fĂŒr ihre Behandlung/'
Zugegeben. Aber ist es nicht bedenklich, an ein so wichtiges
Organ, wie die Nebenniere, operativ heranzugehen? Und hyper-
tiophiert nicht die eine, wenn ich die andere exstirpiere? â Mir
scheint, die auch â vielleicht sichere â zum Ziele fĂŒhrende Be-
handlung mit Xifalmilch, Luminal und salzarmer Kost ist doch
wesentlich harmloser. Wern. H. Becker.
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
22, April 1922. 52. Nr. 17.
âDifferenziialdiaguo.se der Schizophrenie. F a n k h ;i u s e r . E. 101.
Die Wirkung der tliromlioplastischen Medikation auf die Gerinnung des nor-
mallen und des haemophilen Blutes. Feissly, R. 404.
Multiple Thromben von Arterien und Venen mit Gangracn nach Grippe.
Odermatl. W. 411
Kenntnis der GynÀkomastie. T Ohler, Th. 412.
l'a.von und l'anitiopon. 0 Ii 1 m a n n . F. 116.
Ueber die Differentialdiagnose der Schizophrenie. Die erste
Gruppe unter den Erscheinungen der Dem. praecox bilden die
Störungen der einfachen Funktionen, die sogenannten Grund-
symptome. In zweiter Linie steht der sogenannte inadÀquate
Affekt, bei dem der quantitativ inadÀquate und der qualitativ
inadĂ€quate auseinander gehalten werden mĂŒssen. Es ist die
auch als Dissoziation der Affekte bezeichnete Erscheinung. Ein
weiteres Grundsymptom der D. p. ist die Zerfahrenheit des
Denkens. Unter den sekundÀren Symptomen sind die katatonen
diagnostisch die wichtigsten; auch sie tragen einen dissoziativen
Zug und zwar auf dem Gebiet dies Willens.
So leicht die Erkennung einer ausgesprochenen D. p. ist,
so schwer ist die Erkennung der leichtesten Formen und damit
die Abgrenzung der Krankheit gegenĂŒber der Norm. Kretsch-
m e r ist den schftoiden Naturen mit besonders feinem Tast- .
gefĂŒhl nachgegangen und hat gezeigt, wie das Temperament
dieser Individuen sich zwischen den Polen Reizbarkeit und
Stumpfheit bewegt. Im Gegensatz dazu steht der zykloide (Cha-
rakter, der Charakter der Manisch-Depressiven auĂerhalb der
akuten Phase.
Schwer ist die Abgrenzung der D. p. gegen die Hysterie.
Nach Aschaffeuburgs Definition ist die Hysterife gekenn-
zeichnet durch das MiĂverhĂ€ltnis des gefĂŒhlsbetonten Reizes zur
Reaktion, die nicht selten die Eigenart zeigt, Vorstellungen und
Empfindungen in körperliche Erscheinungen umzuwandeln. Was
die Hysterie bestimmt, ist die bewuĂte oder auch unbewuĂte
Zweckbetonung der Symptome. Die ausgesprochene Pseudologie
mit ihren lebhaften und zweckhaften Erfindungen ist der Hysterie
nur verwandt. Der prinzipielle Unterschied zwischen ihr und
der D. p. ist der, daĂ die Hysterie im wesentlichen der normalen
analoge, nur quantitativ von ihr verschiedene Reaktion zeigt,
die D. p. inadÀquate Reaktion, meist verbunden mit katatonen,
paranoischen oder mechanisch-depressiven Spontanprozessen.
Die Abgrenzung der D. p. gegen die Epilepsie kann da
schwierig werden, wo die AnfÀlle fehlen. In solchen FÀllen muà '
das Gesamtbild entscheiden.
Die Psychopathie ist in letzter Zeit zugunsten der D. p. be-
deutend eingeengt worden. Der privat Praktizierende vermeidet
eher, den Kranken und che Angehörigen mit der Diagnose D. p._
zu erschrecken als der Arzt,, der öffentlichen Anstalt. Daà die
D. p. simpl. oft die Grundlage zum Alkoholismus legt, ist allge-
mein anerkannt. Die sichere Trennung der I). p. von der pro-,
gres^iven Paralyse besonders in den Anfangsstadien der letzteren,
grĂŒndet sich im wesentlichen auf die körperlichen Begleiterschei- ;
nungen, wo diese nicht eindeutig sind, kann die Diagnose lange
ungeklÀrt bleiben.
Die Erweiterung der D. p. in der Richtung der Psychopathie
und namentlich nach der Norm hin hat ihre groĂen praktischen
Konsequenzen, z. B. im MilitÀrdienst. Die Ausmusterung solcher
Elemente, die hÀufig genug der MilitÀrversicherung viel zu lange
zur Last fallen, findet leichter als frĂŒher statt.
Dem Gerichtspsychiater erlaubt che Abgrenzung des schi-
zoiden und des schizothymen Charakters eine viel feinere Aus-,
wertung leichter krankhafter Symptome. Der Schizoide oder
D. p.-Chrakter bedingt dabei kaum je die Annahme völliger AuM
hebung der ZurechnungsfÀhigkeit, sondern meist nur der gemin-
derten. Durch diese Abstufung ist dem Arzt eine neue, oft nicht
leichte Aufgabe erwachsen. Held (Berlin).
La Presse medicale, Paris.
25. MĂ€rz 1922, Nr. 24.
âHumoraler Syndromenkomplex der Gicht, Chauffard. A. 253.
âVariation akzessorischer NĂ€hrstoffe in der ErnĂ€hrung des Kindes. G o d -
lewski, H. 256.
âXatriumzitrat in der Behandlung der Kreislaufstörungen. Chcinissc,
L. 258.
Das humorale Syndrom der Gicht. WĂ€hrend beim Nicht-
gichtiker der gegenseitige Gehalt von Cholesterin zwischen roten
Blutkörperchen und Serum wechselt, ist dies VerhÀltnis beim
Gichliker konstant und zwar erhöht. Es ist möglich, daà sowohl
der örtliche Gichtanfall wie ein akuter Anfall im ganzen Körper
auf Àhnlichen kolloidalen VerÀnderungen im Serum beruht wie die
W idaische Blutkrise.
Die Variierung der Minima lsubstanzen in der ErnÀhrung
des Kindes. Die drei Wachstum fördernden Vitamine sind das
Cystin, das Lysin und das Tryptophan, die auch fĂŒr den SĂ€ugling
eine gemischte Kost notwendig machen. Die Verwendung einer
Suppe von 2 Teilen Weizen und je 1 Teil Hafer und Gerste wie
spĂ€terhin einer BrĂŒhe aus Kalbsknochenmark erfĂŒllt diesen
Zweck. Auch der Lebertran enthÀlt die Vitamine, wahrend sie
in den pflanzlichen Oelen nicht vorhanden sind. Die im Handel
befindliche Lactose ist unrein und enthÀlt ebenfalls Stickstoff, ist
daher mit Vorteil neben oder anstatt der Saccharose in den Suppen
der Kinder zu verwenden.
Die Behandlung der GefĂ€Ăaffektionen mit Natrium citrieum.
Das Natrium citrieum ist wegen seiner gerinnungshemmenden
Eigenschaft mit Erfolg in die Therapie der GefĂ€Ăerkrankungen
aufgenommen worden. Man gibt gewöhnlich groĂe Dosen. 3-^1 g
tÀglich, in schweren FÀllen 1 g alle 2 Stunden. Je nach dem Fall
sind zwischen 15â85 intravenöse Injektionen einer 2 proz. Lösung
40. Jahrg. â Nr. 33/34
Aus den neuesten Zeitschriften
587
The British Tnedical Journal, London.
20. April 1922, Nr. :*20<).
drksgcsundholt, t. Q
Arthriitis dlfformans
It e i
dei
II \V II II ll (1H7
HĂŒftgelenkes
Ii H w
V 1 r X ii Ii il p t
F. «77.
uiul G
Der RinfluU der Industrie auf die \
Exzisjon des Caput femozis bei
T I ii t I . U. 672.
Ursache und Holland Iuhk dir Zuckerkrankheil
Faiicbrother. T. H. r.74.
Kranilitas ossiuni und blaue Sklerose in 4 Geschlechtern
J. B. 677.
Diagnose und Behandlung von ledchifceui Fibrositis. M n r t i n ,
Kin Kall von Osteitis difformans. Paget, Li n d s a y , .1
(ton, R. G. 078.
PernltlOse AnÀemie. Key. J. F. i>"9.
âŠLokale Verwendung von Tuberkulinose. C rocket, .1. 671).
Ursache und Behandlung der Zuckerkrankheit. Die Verl
ben aus dem Kot bei der Zuckerkrankheit eine Bakterie (B.
yloclasticus intestinalis) isoliert, welche StÀrke zersetzt unter
ildung von Azeton, DiazelsÀure, 0-oxy-ButtersÀure und Bulyl-
kohol. Bei der Zuckerkrankheit kann man betrÀchtliche Mengen
zclon im Stuhl finden. Verf. glauben, daĂ bei Diabetes Kohle-
hydratgÀrungen im Darm bestehen, welche Toxine bilden, die
die Leberfunktion schÀdigen.
Lokale Verwendung von Tuberkulin. Verf. beschreibt gute
Erfolge, die er mit örtlicher Applikation eines Tuberkulinliniments
gehabt hat. Es scheint sehr schön, bei vergröĂerten DrĂŒsen zu
wirken Verf., der ,,Lectured on Tuberculosis" ist, hat ânatĂŒrlich''
nie von Petruschky gehört!). Koopman (Haag).
I'he Lancet, London.
29. April 1922, 202. Nr. 511$.
⊠Der Schlaf der Schulkinder. GroĂ, M. 836.
⊠Die VerÀndern dk der Kuhmilch als SÀuglingsernÀhTuug. P r i t e h a r d . K.
838.
âŠDie Behandlung bösartiger Erkrankungen mit âVilttamin A freier" Diiit.
Wyard, S. 840.
Schwierigkeiten beim Harnlassen durch Erkrankung deis Blasenhalses.
Irwin, W, K. 841.
Phenolrot als Indykatnr fĂŒr Milch und ZuckernĂ€hrboden. B r o w n . H. C Sil.
Röntgenstrahlen in der Geburtshilfe. S h e n l o n , K. W H. 860.
Da« Altertum. Thompson, R. J. C und T o d d , R. E. 871
Di« âFellows of tho Royad College of Surgeons of England". Plavr, G. V.
877.
Der Schlaf der Schulkinder. Verl', betont, daĂ die Schulkinder
im Winter nicht lange genug schlafen. Die Kinder sind wÀhrend
des Tages scinÀfrig. Im 'Sommer ist es noch schlimmer, woran
die Sommerzeit auch zum Teil schuld ist. FĂŒr Kinder sollte keine
Sommerzeit bestehen. Mari mĂŒĂte die Eltern lehren, wie nötig es
ist. Kindern viel Schlaf zu gönnen.
Die VerÀnderung der Kuhmilch als SÀuglingsnahrung. Verf.
empfiehlt, um Kuhmilch fĂŒr SĂ€uglinge verwendbar zu machen, fol-
gende Vorschrift: Gute Milch 10 Teile, Rahm (33 %) 1 Teil, Zucker
(erst Milchzucker, aber spÀter diese gemischt mit Maltose, und
Saccharose) 1 Teil, FleischbrĂŒhe 4 Teile und Wasser bis 40.
Die Behandlung bösartiger Erkrankungen mit âVitamin A freier
DiÀt. Die Behandlung hatte gar keinen Einfluà auf das Wachstum
der GeschwĂŒlste. Es scheint, daĂ in einigen FĂ€llen die Schmerzen
etwas abnahmen. Lymphopenie, die bei Tieren beschrieben ist,
wurde beim Menschen nicht beobachtet. Koopman, Haag.
6. Mai 1922, 202, Nr. 51 19.
Schmerzen in der Herzgegend. IT a y , J. 889.
⊠Kautsymptome als Folgen von Zahninfoktionen. S e m o n . H.C. 889.
G 'sclwindigke.it der PulsĂŒbertragung und ElastizitĂ€t der GefĂ€Ăe. Crigh-
* o n B r a m w c I 1 , J. und Hill. A.V. 891.
Ilautsymptomc als Folgen von Zahninfektionen. Furun-
kulosis, Urticaria Pruritus, Erythema multiforme können mit
Zuhnkrankhcilen kompliziert sein und können vrschwinden, wenn
die Zahnkrankheiten gut behandelt werden. In den beschrie-
benen FĂ€llen schienen Streptokokken (vicidaffs und haemolyticus )
die Ursache zu sein. NatĂŒrlich soll man nicht glauben, daĂ jede
Hautkrankheit in den ZÀhnen anfÀngt, aber man muà doch auf
die ZĂ€hne Acht geben. Koopman, Haag.
Brain, London.
November 1921. 44, Nr. :;.
âŠStudien ĂŒber die Gebirnfunktion beim Kernen. Die motorische Region.
L a s h 1 a y. 255.
âKim- psychologische Untersuchung ĂŒber die Natur der kongenitalen Wort-
bliodheit. Fildes. 286. . . '
⊠Ein proprloceptlvai Roflex und OlonĂŒi beim plnaJen Frosch, Kanskl
8 a s s a. 808.
âŠEinige Beobachtungen Uber Epilepsie. Sargent, (IS.
Studien Uber die Gehirnfunktionen beim Lei nen. Die motorische
Region. L. untersuchte) ob durch Zerstörung der motorischen
Region EindrĂŒcke, welche durch Lichtreize hervorgerufen wer-
den, noch weiter bestehen und bestimmte Reaktionen auszu-
lösen imstande sind. Er kommt bei seinen Untersuchungen an
Rallen, denen er sowohl die motorisch reizbare Rinde und das
Corpus striatum vollkommen zerstörte, wie die makroskopischen
und mikroskopischen Schnitte der betreffenden Gehirne zeigten,
zu dem SchluĂ, den durch Lichtreize frĂŒher angelernte Bewr-
gungen, z. B. Geben zum Futtertrog, noch weitei bestehen bleiben,
daĂ die Tiere sogar ganz komplizierte Bewegungen ausfĂŒhren
können", um zur richtigen Futterstelle zu gelangen, nachdem eine
bestimmte Zeit nach der LĂ€sion vergangen ist. Die vasomotori-
schen und somaesthetischeh motorischen Gewohnheiten, die vor
der Operation anerzogen waren, werden demnach nicht zerstört.
Es mĂŒssen diese Bahnen also andere Wege gehen. Zerstörungen
der motorischen Rindenregion allein macht bei Ratten nur vor-
ĂŒbergehende LĂ€hmung. Wird der Nucleus caudatus mit zerstört,
so entsteht eine Hemiplegie, Àhnlich wie bei Affen. Die Rinden-
region bei der Ratte hat daher nur eine regulierende Funktion
auf die Bewegungen. L. glaubt, daĂ auch beim Menschen nach
Zerstörungen der motorischen Rindenregion andere Stellen des
Gehirns fĂŒr ' Bewegungsimpulse kompensatorisch eintreten
könnten.
Eine psychologische Untersuchung ĂŒber die Natur der kon-
genitalen Wortblindheit. Untersuchungen, worauf die UnfÀhig-
keit mancher Kinder, lesen zu lernen, zurĂŒckzufĂŒhren ist. F.
kommt zu folgenden SchlĂŒssen: Kinder, welche nicht lesen kön-
nen, kommen bei allen Intelligenzgraden vor, das spricht sehr
gegen eine bestimmte Lokalisation der FĂ€higkeit zu lesen. Die
Untersuchungen ergaben keinen Anhaltspunkt dafĂŒr, daĂ ein
Zentrum fĂŒr die gesehenen Worte existiere. Zeichen verschie-
dener Formen und Figuren können die sogen, wortblinden Kin-
der schlechter unterscheiden wie andere, besonders das GedÀcht-
nis fĂŒr Ă€hnlich aussehende Figuren ist gestört. In Ă€hnlicher
Weise wurden Àhnlich lautende Worte von den schlecht lesenden
Kindern im allgemeinen eher verwechselt.
Ein propriozeptiver Reflex und Clonus beim spinalen Frosch
Ein kurzer, schneller Zug an der Sehne des Semilendinosus ruft
bei dem decapitierten Frosch eine Zusammenziehung hervor, die
einem -Reflex Àhnelt. Die Form der Kontraktion unterscheidet
sich am Sphygmogramm erheblich von einer gewöhnlichen Re-
flexkontraklion. Bei mehrfachem Zug kann eine klonische Kon-
traktion des Muskels eintreten. Der Reflex wird besonders be-
gĂŒnstigt durch den Tonus, der nach Dekapilation vorhanden ist.
Einige Beobachtung«! ĂŒber Epilepsie. Auf Grund eingehender
Studien an Verwundeten nimmt S. an, daĂ die epileptischen An-
fĂ€lle in der groĂen Mehrzahl der FĂ€lle ausgelöst wĂŒrden durch
lokale Beeinflussungen der Blutzirkulation im Gehirn- Ganz be-
sonders spielt bei derartigen Zirkulalionsbeeinflussungen die
Lage eine Rolle. Plötzliche Bewegungen und Aenderungen des
Schwergewichts, wodurch, Wenn AdhÀsionen vorhanden sind,
plötzliche Reize auf die GefĂ€Ănerven oder Abknickungen bestimm-
ter GefĂ€Ăgebiete hervorgerufen werden könnten, geben zum
Krampfanfall Veranlassung. Bei der genuinen Epilepsie spielen
aber derartige mechanische Ursachen kaum eine Rolle.
D o r n e r (Leipzig).
New York Medical Journal, New York.
15. Februar 1922. 115. Nr. 4.
Angina pectoris A I 1 b u t t . C. 181.
âŠDie periphere Resistenz bei Zirkulationsstörungen. Russell, W. 188.
âŠâ Beziehung der peripheren Zirkulation zu Herzeirkrankungcn. Barr. J. 190.
âŠFacies bei Mitralstenose und Aortenregurgitation. Russell - Wells, 8.
196.
Bedeutung der Tachycanlie. M e N e i r Wils o h âą K. i'uo.
Die vorzeitige Kontraktion und ihre Bedeutung. S t r i c k 1 a n il â Goo-
d a 1 1 , J. 204.
CardiovasculÀre Störungen infolge Erkrankung des Verdaaungstraktes.
M utoh, N. 206.
âŠDas Herz bei chronischer Lungentuberkulose. Lath\amj A. 208.
âŠParoxysmale Tachycardie. Price, F. W. 212.
Infektiöse Endokarditis. Parsons-S in Ith. B. 215.
Die Beziehungen zwischen Praecordialangst und extrai ardialen VerhÀltnissen.
Reifen st ein, E. C. 219.
Herz und Kropf. Renner, A. E. i'-Jy.
Berechnung des intraperikardialeu Druckes. ĂŒJ t e p Ii e u a . G. A. 225.
Aas den neuesten Zeitschriften
â 10. Jahrg. â Nr. 33/34
Die Bedeutung des peripheren Widerstandes bei Zirkulations-
störungen. Wenn bei Zirkulationsstörungen von einer Ver-
mehrung der peripheren WiderstĂŒnde gesprochen wird, sd wird
dabei noch viel zu hÀufig eine Behinderung des Blutstroms in
den Arteriolen und Kapillaren gedacht. Die WiderstÀnde, die den
Blutstrom beeinflussen, liegen nach des Verf.s Ansicht viel weiter
zcnlralwÀrts in den Arterien, die eine ausgesprochene Muskel-
schicht besitzen und werden bedingt durch das âSpiel des Tonus".
Dieser Wechsel zwischen Kontraktion und Erschlaffung der Ge-
f&flwand wird bestimmt durch zwei Faktoren: 1. einen nervösen,
teils reflektorisch, teils vom Gehirn ausgehenden, der die Blut-
verteilung beeinfluĂt. 2. durch die Zusammensetzung des Blutes,
der ein unmittelbarer EinfluĂ auf die Arterienwand selbst zu-
geschrieben wird. Unter Hypertonus versteht Verf. einen Zu-
stand, der veranlaĂt ist durch ein verengtes Lumen, verdickte
Wandung, Sinken des Blutdrucks innerhalb des ĂŒberkontrahierten
GefĂ€Ăes und Ansteigen des Aortendrucks.
Die Beziehung zwischen peripherer Zirkulation und Erkran-
kung des Herzen*. Allgemeine pathologisch-physiologische und
klinische Betrachtungen ĂŒber die Beziehungen zwischen periphe-
ren Kreislaufsstörungen und Herzerkrankung unter BerĂŒcksich-
tigung des Einflusses von BlutviskositÀt der ZirkulationsverhÀlt-
nisse in den Venen und KoronargefĂ€Ăen und der auf Degene-
ration und Verkalkung beruhenden Vermehrung der WiderstÀnde
in der Arterienbahn und ihre klinisch-medikamentöse und
rebungstherapie. Die Arbeit gipfelt in dem Satze: Das beste
Mittel, einer Erkrankung des Herzens vorzubeugen, besteht in der
Gesunderhaltung der BlutgefĂ€Ăe und in einer zweckmĂ€Ăigen Be-
handlung peripherer Kreislaufsstörungen.
Facies bei Mitralstenose und Aortenregurgitation. In FĂ€llen
von Mitralstenose, auch wenn das Vitium konpensiert ist, zeigen
Lippen und SchleimhÀute hÀufig eine kirseh- bis purpurrote
Farbe, die Wangen sind blaĂblaurot mit erweiterten Venen, die
Augen feucht, die Skleren blaĂrqsa. Gel inge körperliche Anstren-
gung ruft mehr oder weniger ausgesprochene Dyspnoe hervor.
Im Gegensatz hierzu besieht bei der Aorteninsuffizienz keine
Cvanose. Das Gesicht ist im allgemeinen blaĂ, die Augen
glÀnzend und stier, die Skleren blaà oder blÀulich, die Lippen
und SchleimhĂ€ute rot oder blaĂ, aber nicht blau. Die Erschei-
nungen sind darauf zurĂŒckzufĂŒhren, daĂ im ersten Falle das Blut
im ganzen sauerstoffÀrmer und der Blutstrom verlangsamt ist
mit Neigung zur Stauung im Venensystem. Bei der Aorten-
insuffizienz dagegen ist das Blut sauerstoffreicher, die Zirkulation
ist beschleunigt, und es besteh! Neigung zur Ansammlung des
Blutes im Arteriensystem.
Herz und chronisch-- Lungentuberkulose. Mangelhafte Durch-
blutung der Lungen wie in FĂ€llen von Pulmonalstenose be-
gĂŒnstigt die Entwicklung einer Lungentuberkulose. Patienten mit
Mitralstenose dagegen erkranken sehr* selten an Lungentuber-
kulose und fast nie mit manifesten Erscheinungen. Verf. betont
die HĂ€ufigkeit des Vorkommens eines kleinen steilstehenden
Herzens bei Lungenkranken, und stellt in diesen FĂ€llen eine
ungĂŒnstige Prognose wegen der ungenĂŒgenden Blutversorgung
der Lungen und der dadurch gegebenen BegĂŒnstigung zur Ent-
slehung einer bazillÀren Infektion. Weiterhin glaubt er, daà die
Entwicklung einer Lungentuberkulose wesentlich von chemischen
VerÀnderungen des Blutes abhÀngig ist und beruft sich dabei auf.
die GasgangrĂ€n und die Faktoren, die ihre Entstehung begĂŒnsti-
gen Verminderung der Alkaleszenz und der antitryptischen
Kraft des Blutes neben Störungen der Zirkulation).
Paroxysmale Tachykardie. Die paroxysmale Tachykardie
stellt eine BbytmusÀnderung der Herzschlagfolge, im Sinne einer
Beschleunigung dar. hervorgerufen durch einen an abnormer Stelle
des Herzens entstehende* Beiz. Die Aetiologie der P. T. ist
dunkel Ihr Auftreten ist seilen vor einem mittleren Lebensalter.
Hei MÀnnern ist sie hÀufiger als bei Frauen. Zeichen einer orga-
nischen Herzerkrankung werden gewöhnlich nicht gefunden. Als
auslösende Ursache kommen in Betracht: Körperliche Ueber-
austrengung. GemĂŒtserregung, Magendarmstörung, insbesondere
fiasauftreibung von Magen und Darm. Zuweilen werden auri-
kulÀre und ventrikulÀre Extrasystolen beobachtet. Der Blutdruck
ist wÀhrend des Anfalls im allgemeinen herabgesetzt, der Spitzen-
sloà verstÀrkt. Die Krankheilserscheinungen und Beschwerden
können sehr erheblich sein. Bemerkenswert und charakteristisch
fĂŒr das Krankheitsbild ist der meist schnelle BĂŒckgang aller Er-
scheinungen zur Norm. Zur Behandlung des akuten Anfalls
empfiehlt Verfasser intravenöse Strophantininjektionen, und bei
Versagen Digitalis per os bis zum Eintreten normaler HerztÀtig-
keit. Zwischen den AnfÀllen: Brom, fortgesetzt Verabfolgung von
Digitalis und Behandlung bestehender Magendarmstörungen.
Stadelmann, Frankfurt a. M.
The Boston Medical and Surgical Journal, Boston.
30. MÀrz 1922, 18«, Nr. 13.
Theorie der Psychoanalyse. Sleagjier, .1. F. W. 40».
â Arhylia gastriea. Fischbein. E. 413.
⊠Extraktion nicht-magneti.scher Fremtfkörpeir au» der ronleren Airgenkammer.
() 'R e i 1 1-y . W. F. 418.
Achylia gastriea. PrimÀre Achylia gastrica ist ein Typ
funktioneller Indigestion, der charakterisiert wird durch Sekre-
tionseinschrÀnkung in Verbindung mit HypermotilitÀt. Man fin-
det sie fast ausschlieĂlich bei Neurotikern; in einzelnen FĂ€llen
können die vorherrschenden Symptome der Neurasthenie die be-
stehende Indigestion verdecken. Die Verdauungsstörung ist das
Resultat, nicht die Ursache der allgemeinen Neurose. Die Be-
handlung ist allgemein (Psychotherapie' diÀtetisch und medi-
kamentös.
Die Extraktion nichtmagnetischer Fremdkörper aus der vor-
deren Augenkammer. Es ist statistisch festgestellt, daĂ 20 bis;
25 Prozent aller ins Auge eindringenden Fremdkörper, sich in
der vorderen Augenkammer ansiedeln. Kein anderer Teil des
Auges â mit Ausnahme der Linse â toleriert die Anwesenheit
eines Fremdkörpers so gut wie die vordere Augenkammer : des-
wegen braucht man sich mit der Entfernung nicht allzu sehr zu
beeilen. Ohne die Iris wÀre die Extraktionstechnik eine Kleinig-
keit, aber die Krypten der Iris halten den eindringenden Fremd-
körper oft hartnÀckig fest. In solchen FÀllen können alle An-*
strenglingen zur Entfernung vergeblich sein, und die Iridektomie
bleibt dann der einzige Ausweg. Zur BekÀmpfung dieser Schwie-
rigkeiten hat Verfasser das nachfolgende Verfahren ersonnen:
Durch eine der GröĂe des Fremdkörpers entsprechende Kerato-
' jmiewunde geht er mit einer aus Pferdehaar gebildeten Schlinge
ein: diese umfaĂt den Fremdkörper und befördert ihn nach auĂen.
Aseptisches Vorgehen, AnÀsthetisierung mittels Kokain sind
selbstverstĂ€ndlich unerlĂ€Ălich; die postoperative Behandlung ist
nicht anders als sonst. Die Vorteile dieses verhĂ€ltnismĂ€Ăig ein-
fachen Verfahrens sind 1. die Möglichkeit, in der gefĂŒllten vor-
deren Augenkammer zu arbeiten; 2. werden die vorderen Zell-
schichten der Iris nicht in Mitleidenschaft gezogen: 3. fehlt die
operative HĂ€morrhagie: 4. ist die postoperative Reaktion mini-
. mal, es findet kein ungebĂŒhrlicher Druck auf den intraokulĂ€ren
Inhalt statt, und es bedarf keines kostspieligen Instruments.
K. Held (BerlinV
The Journal of Infectious Diseases, Chicago.
Februar 1922, 30, Nr. 2.
Stildien ĂŒber den Stoffwechsel der Bakterien. K e n 1 's M . \. I.. P.i y
A . A . und Walker. A. W. 141.
Quantitative Bestimmung des K-Stoff â .<r.\-tfisels der Fakterien. «entfall
A. I. 21t.
Studien ĂŒber den Stoff weehsel 1er Bakterien. « e n .1 p l I . A. I. und
Hauer, lt. C 22."i.
Der N -Stoffwechsel des' Bazillus coli. K entfall. \. I. iiml B l y . R. S. *?.*.
"Oer N-Stoffwe ebsel des Schmitz-Bazillus. «entfall. A. I.. II a n e r .
R. f. und B l y . R. S. 245.
Der X-Stoffwechse] de? Bacillus Alkalescens. K c n d a l I . V. I. und
Tay. A. A. 249.
Der N-Ptoffwerhsel des Bazillus Proteus. Kendall. A . I.. Cheethamj
H. C. und Hamilton. C. S. 251.
The American Journal of Röntgenology, New York.
Februar 1922, 9, Nr. 2.
Nachruf auf James fi. von Zwaluwenburg. 12Ă.
RoniLgcivlcistungon bei höchsten Spannungen. C o o d i d g e . W. D. UM
Kearsley, W. K. 77.
«jVQuarzlichthehandlung der RöntRen WeaiiRiektasien. Hasten. H. A. 101. j
âŠVerhalten des Mairens beim bulbusfernen Ulkus und Karzinom des Duodenum«
(' r a n e , A. W. 102.
Radium- untf RĂŒntRenwirkung auf Blut) und blutbildend«! Organe. I<a
v i n . i. 112. 1 '1
Behandlung der DrĂŒsenmefrastnsen des Karzinoms. Boggs. R. H. HTM
Quarzlichtbehandlung der Röntgenteleangiektasien. Ver$
fasser konnte die bereits von anderer Seite (u. a. Referent) gel
legenMich beobachteten guten Resultate der Behandlung von in-
folge langdiauernder Röntgenbestrahlung aufgetretenen Telean-
giektasien mit der K r o m a y e r sehen Quarzlampe bestÀtigen.
Der Erfolg beruht auf der Erzeugung einer Endarteritis oblite-
rans, die in der Regel bereits nach zwei Sitzungen von 15 20 Mi-
âą10. Jahrg. â Nr. 33/34
Aus den neuesten Zeitschriften
nuten Dauer pro Feld erreicht wird. Die landkarleuÀhnliche
Pleckelung der Haut schwindet völlig, die Haiutatrophie bleib)
natĂŒrlich, meist unter dem Hilde einer zarten, weiĂlichen,
flachenartigen Narbe, bestehen.
Verhalten des Magens beim bulbusfernen Ulkus und Karzinom
des Duodenums'. Beobachtungen an je einem Fall von Ulkus und
Karzinom des Duodenums distal vom Bulbus lassen erkennen,
daà lange persistierende MotilitÀlsverzögerung des Magens beim
Karzinom, erheblich beschleunigte Magenentleerung heim Ulkus
duodeni die Regel zu sein scheinen.
K autz (Hamburg .
The Journal of Neurology and Psychopathologie, Bristol.
Februar 1922, 2, Nr. 8.
âDie Natur der geistigen Defekte. Treifgolil. 311.
âEine vergleichende Studie ĂŒber 3 eolloidale Reaktionen in der Cerebrospinal-
flĂŒssigkeit. R i d d e 1 und Stewart. 325.
âDer phylogenetische Ursprung des Plantarreflexes beim Menschen. Ru-
dolf. 337.
â iridoeyclitis, ParotJtis. Polyneuritis ein neues klinisches Syndrom. Fie-
lt n g und V i n e r. 353.
Die Natur der geistigen Defekte. Th. teilt die verschiedenen
Stadien der GeistesschwÀche ein nach dem Stand, wie er bei pri-
mitiven Wirbeltieren bis zum Menschen gefunden wird. Der nied-
rigste Grad ist das Vorhandensein von nur einfachen Instinkten
Der 2. Grad (entsprechend den höheren Wirbeltieren) Vorhanden-
sein einfacher AufnahmefÀhigkeiten, Aufmerksamkeit und Ver-
gleichsfĂ€higkeit und Willen, einfacher GefĂŒhlsqualitĂ€ten und Er-
wÀgungen. Der 3. Grad entspricht dem primitiven Menschen, ein-
fache DenkfÀhigkeit bestehend aus AufnahmefÀhigkeit, Bildung ab-
strakter Ideen und einfacher Symbole. Intelligenz bestehend in
einfacher Vergleichung von Ideen und UrteilsfÀhigkeit, Wille und
Voraussicht, GefĂŒhlsqualitĂ€ten in einfacher Form. Der
[4. Grad der höchstentwickelte Mensch,. AufnahmefÀhigkeit be-
stehend in zu erlernenden Eigenschaften, komplizierte Ideenbil*
dung, auch abstrakter Ideen, komplizieter Symbole. Weisheil,
UnterscheidungsfÀhigkeit und klare Ueberlegung, Wille und Ent-
schluĂfĂ€higkeit, Klugheit, Schmieden von PlĂ€nen und Erfindungs-
gabe. SchlieĂlich GeiuhlsqualitĂ€teh, aesthehsche, religiöse, sozial-
moralische GefĂŒhle.
Bei geistig Defekten können nun verschiedene dieser Quali-
tÀten schwach ausgebildet sein oder vollkommen fehlen. Fehlt die
Apperception (Weisheit), so entsteht ein Thor. Fehlt die FĂ€higkeit
zu lernen und des GefĂŒhls, so entsteht ein kriminell veranlagter
Mensch. Ebenso bei einlachem Fehlen der moralischen QualitÀten.
Fehlen alle höheren Grade, so bildet sieh der Schwachsinn. Sind
einzelne FĂ€higkeiten dann noch besonders fehlerhaft, so kommt
es z. B, durch moralischen Schwachsinn. Nur Instinkte besitz!
der Idiot. Der 2. Grad entspricht dem Imbezillen
Eine vergleichende Studie ĂŒber :{ eolloidale Reaktionen in der
OrebrospinalflĂŒssigkcit. Verglichen wurden die eolloidale Goldsol
reaktion, die eolloidale Benzoinreaktion, und die Mastixreaktion
bei den verschiedensten Gehirnerkrankungen, Demenzia paralv
tica, Tabes dorsalis, cerebrospi na Irr Syphilis, disseminierter
Sclcrose und nichtluetischen Nervenerkrankungen. Bei 30 FĂ€llea
von allgemeiner Paralyse gaben die Goldsol- und eolloidale Ben
/ciinreakiion annÀhernd gleiche Resultate, die Mastixreaktion weni
gei ĂŒbereinstimmende; der Ausfall der Flockungsreaktion wurde
bei immer steigenden VerdĂŒnnungen in Kurvenform dargestellt.
Wahrend die eolloidale Benzoinreaklion bei verschiedenen Ver
dĂŒnnungen eine fĂŒr allgemeine Paralyse, charakteristische Kurve
nur bei dieser Erkrankung gab, ergaben sich bei den anderen Pro-
ben auch bei einzelnen anderen Erkrankungen Kurven, die sonsl
nur fĂŒr Paralyse als charakteristisch angesehen wurden. Soge-
nannte syphilitische Kurven wurden auch bei nichtsyphilitischen
Erkrankungen gefunden. Bei der colloidalen Benzoinreaktion
wurde leichte Praecipitation bei millleren VerdĂŒnnungen schon
vom normalen Serum gegeben. Bei den anderen Erkrankungen
wurden keine charakteristischen Kurven erhalten.
Der phylogenetische Ursprung des Plantarreflexes beim
Menschen. Der l, Reflex, der bei ganz jungen Individuen und nie
Deren Wirbeltieren in der Mehrzahl der FĂ€lle erhalten wird, isl
ein Beugereflex, er tritt auch bei bestimmten FĂ€llen totaler Quer-
schnittslĂ€hmung des RĂŒckenmarks beim Erwachsenen auf.. Dieser
Beugereflex verwandeil sieh, wenn das Individuum sieh weiter
I enl wiekell 'bei kleinsten Kindern i oder bei höheren Tieren in einen
l'Extensoneflex. Aus diesem Extensorreflex entwickelt sich dann
beim Menschen in den ersten Lebensjahren ein zweiler Plantar-
reflex. Die Entwicklung dieser Reflexfolge beim Menschen hÀngl
nicht ab von der Entwicklung der Markscheiden der Pyramiden
bahnen, sondern der normale Beugereflex beim Erwachsenen
hĂ€ngt ab von der Gehirnkontrolle ĂŒber die niederen RĂŒcken
niarkszentren.
Iridoeyclitis â Parotitis â Polyneuritis ein neues klinlscnes
Syndrome. Beschreibung eines Falles, bei welchem doppelseitige
Iridoeyclitis, Facialisparese und Schwellungen beider ParotisdrĂŒsen
sich innerhalb von 10 Tagen entwickelten. Die Facialisparese
war von perpherem Typus. Daneben bestanden noch leichte Ge-
fĂŒhlsstörungen in beiden HĂ€nden und Fehlen der Palellarreflexe,
ein Ausschlag sowohl an der Streckseile der Beine und an neu
Waden, der aus kleinen erylhematösen Flecken bestand. Der
ganze Zustand dauerte 2 Monate, es kam zu erheblicher Druck -
Steigerung in beiden Augen, so daĂ eine Paracenthese gemach1,
werden muĂte. Die Autoren lehnen die Anschauungen, daĂ gs
sich bei dieser Krankheit um Mumps mit Komplikationen handele,
ab, da die Facialisparese der Parotisschwellung voranging und
auĂerdem die Parotisschwellung nur den hinleren Teil der Paro
ĂŒsdrĂŒse betraf. In der Literatur sind bisher G Ă€hnliche FĂ€lle be-
schrieben worden, bei welchen gleichfalls neuritische Symptome
von Seiten des Gehirns und der peripheren Nerven vorhanden
waren. Die Ursache der Erkrankung ist bisher vollkommen un
bekannt. G. Dorn er (Leipzig).
The American Journal of Obstetries and Gynecology,
St. Louis.
April 1922, 3, Nr. 4.
â Normale Variationen im Typus Ă€fts weiblichen Beckens. Willi a m 3 .
J. T. 345.
Basedowerkrankung und Schwangerschaft. B r a m . 1. 352.
Beobachtungen ĂŒber die Verteilung und Funktion des uterinen Cilienepithels
beim Schwein. Syndsr, F. F. und C o r n e r . G. W. 358.
âDie Beziehung zwischen KchwangersehaftstoxĂ€niLe unil uteriner Sepsis. Kol
log, F. S. 366.
LithopÀdionbilduug bei extrauterinen fötalen Bildungen. D' A u u o y , R,
und King, E. L. 377.
âDie vorzeitige Lösung der normal implanierten Blaoenta. Willis m s i> n .
A. C. 385.
âGynĂ€kologische Operationen in LokalanĂ€sthesie. F a r r . R. 1<>. -wo.
âUreterverlegung. S a n e s , K. I. 405.
âSpinalanĂ€sthesie in Geburtshilfe. GynĂ€kologie und ibdominailchiirurg-ie:
Hu ggins , R. R. 412.
âSauerstoff in der Peritonealhöhle, mit FĂ€llen. B a i n B C i d g e , W. S. 421.
âRythmisclic elektrische Wellen in der GynĂ€kologie. M n a s e y . G. B, f.'«.
âąPlseudoa.ppendieitis. V.o g e 1 e n 639.
Normale Variationen im Typus de» weiblichen Beckens und
ihre geburtshilfliche Bedeutung. Verf. unterscheide! innerhalb
der normalen weiblichen Beckenformen einen femininen und
einen muskulösen Typus. Der ersterŸ hat Conjugnta
externa 20, Spinae 25, Cristae 28 mit leinen Knochen und weitem
Beckenausgang. Der zweite hat gröllere Ă€uĂere Masse aber en-
geren Beckenausgaug und spitzwinkligen arcus pubis, schwerere
Knochen, dickeres und mehr horizontales os pubis, vermehrte
Neiguiig des Beckens. Bei dem muskulösen Typus ist vorzeitiges
Platzeri, der EihÀute sowie hintere Hinterh&uptlage hÀufiger.
Die Beziehung zwischen Seh wanger schaftstoxÀmie und uteriner
Sepsis auf Grund einer Beobachtung von 400 FÀllen von ToxÀmie.
Verf. sucht, da er die hinge ToxĂ€mie und Sepsis in den fĂŒhren-
den englischen und amerikanischen Lehr- und HandbĂŒchern nur
gestreift fand, zu deren KlÀrung selbst durch Darleguni!, seiner Er-
fahrungen an 100 FĂ€llen des Lyingin Hospital in Boston beizu-
tragen. Die amerikanische GynÀkologie unterscheidet ToxÀmie rriii
und ohne Konvulsionen. Die erstere isl die Eklampsie. Die Mor-
talitÀt bei ToxÀmie mit Konvulsionen war 2.r> %, ohne Konvul-
sionen 2,5 %. Warlen ist EĂŒr den Praktiker in allen toxĂ€mischen
FĂ€llen verfehlt. Es muĂ gehandelt werden, medizinisch oder
chirurgisch. 2K> % von nicht toxischen FĂ€llen werden septisch,
dagegen 14 % von toxischen FĂ€llen ohne und 25 % von toxischen
FÀllen mit Konvulsionen. ToxÀmien neigen also zu Sepsis, be-
sonders wenn Konvulsionen dabei sind. Wegen dieser Gefahr der
Sepsis isl spontane Geburt, Zange oder Gummiballon der vaginalen
oder abdominellem Schhlftentbindung an sieh vorzuziehen. Schnitt-
entbindung soll also nur platzgreifen, wenn Untersuchung und Be-
obachtung zeigen, daĂ die Zervix sich nicht dilatiert Isl die
Wiederholung der Konvulsionen mehr zu fĂŒrchten, als spĂ€terer
starker Blutverlust, so ist Aderlaà angezeigt. ToxÀmische Symp-
tome in der Gra\ iditÀl verlangen also stets entschlossenes Handeln.
Die vorzeitige Lösung der normal inserierten Plaeenta. Das
Ereignis ist selten, erfordert aber im einzelnen Falle die ganze
diagnostische und technische FĂ€higkeil des Geburtshelfers. Der
540
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 33/34
Grund scheint oft ToxÀmie zu sein, da zwar oft ToxÀmie ohne vor-
zeitige Placentarlösung, aber nie vorzeitige Placentarlösung ohne
ToxÀmie vorkommt, ferner kurze Nabelschnur, kurze und heftige
oder zu lange Wehen, Trauma, Lues, dauernde Temperatur-
erhöhung. Behandlung ist Bettruhe und Morphium, bei starker
Blutung Entleerung des Uterus. Meist ist das Kind bereits tot. Bei
Multiparae genĂŒgt oft Sprengung der Blase, worauf sich der Uterus
kontrahiert und die Blutung beherrscht. Durch Ballon sowie durch
Tamponade der Scheide kann dagegen kostbare Zeit verloren
gehen. Sectio ist besonders bei Nulliparae mit rigider Zervix das
beste. Bei ToxÀmie sollte wegen der erhöhten Sepsisgefahr nach
Kellog die Schnittentbindung vermieden wierden. Vaginale Sectio
empfiehlt sich bei nicht zu groĂem Kind. Macht man abdominelle
Sectio und zeigt sich der Uterus sehr schlaff, so kommt u. U.
Hysterektomie in Frage. Verf. gibt 10 ausfĂŒhrliche Kranken-
geschichten. 7 weitere FĂ€lle sind nach Publikation hinzugekommen.
GynÀkologische Operationen in LokalanÀsthesie. F. empfiehlt
ausgedehntere Anwendung der LokalanÀsthesie in der GynÀkologie.
Den Kaiserschnitt in LokalanÀsthesie fand er ziemlich einfach,
auch Tumoren hat er so entfernt. Nur darf deren BauchfellĂŒberzug
nicht etwa durch entzĂŒndliche Prozesse zu empfindlich geworden
sein. Am einfachsten ist die Infiltralionsmethode, wesentlich
schwieriger die sacrale und transsacrale, besonders bei fetten Per-
sonen, deren Organe tief liegen. AnÀsthesierung des Uterus ge-
schieht bei vaginalen Operationen durch Infiltration der Ligamente
vom Scheidengewölbe aus. Es empfiehlt sich, nach vorheriger
Gabe von Morphium und Magnesiumsulfat jede Operation mit Lo-
kalanÀsthesie zu beginnen und dann mit Inhalationsnarkose weiter-
zufĂŒhren und schlieĂlich mit Allgemeinnarkose nur noch er-
gÀnzend, soweit nötig, einzugreifen. Auf diese Weise können die
Operateure sich zwanglos mit der LokalanÀsthesie vertraut
machen. F. machte 75 abdominelle Hysterotomien, in Lokal-
anÀsthesie. Bei guter LokalanÀsthesie beobachtete er stets
völliges Stilliegen der Eingeweide im Gegensatze zu dem hÀufigen
Pressen bei nicht genĂŒgend tiefer Inhalationsnarkose. In der Dis-
kussion sagt Gellhorn, daà ihm lokale AnÀsthesie an der Cervix
gut, dagegen am Perineum schlecht gelungen sei. Der Einwand
von Bongy, daĂ die inlentio per primam durch die Infiltration ge-
fÀhrdet werde, wird durch Bainbridge widerlegt, dem alle infil-
trierten Gewebe ebenso gut per primam als die nicht infiltrierten
geheilt sind.
Ureterverlegung. Bei Schmerzen im Abdomen ist nicht nur
an Appendicitis, Oophoritis, AdhÀsionsbeschwerden usw. zu den-
ken, sondern auch an Ureterverlegung. Manche Patienten werden
wegen unbestimmter Beschwerden mehrmals erfolglos operiert,
. statt daà sofort auch an die Möglichkeit einer Uretererkrankung
gedacht wĂŒrde. Verf. gibt drei ausfĂŒhrliche Krankengeschichten.
Symptome sind: Schmerzen im Abdomen seitlich und im RĂŒcken,
besonders intermittierende Schmerzattaken in der Nieren- und
l retergegend mit Ausstrahlung nach oben oder unten, Dysurie,
hÀufiger aber Pollakisurie, die bis zur Inkontinenz steigen kann.
Diagnose geschieht durch das Zystoskop, besonders Betrachten der
EinmĂŒndung der Ureteren in die Blase, Ureterenkatheterismus,
und vor allem Pyelogramm, wovon Verf. eine ĂŒberaus groĂe Zahl
gesehen hat, und dessen praktischen Wert er sehr betont,. In der
Diskussion bemerkt Polak, daĂ er eine Anzahl derartiger Er-
krankungen durch Parametritis im Wochenbett entstehen sah, wo-
durch Strikturen des Ureters, Hydroureter und Hydronephrose
verursacht wurden.
j Indikationen und Gefahren der SpinalanÀsthesie in Geburts-
hilfe, GynÀkologie und Abdominalchirurgie. Postoperativer Schock
ist leichter bei Inhalationsnarkose denkbar, da besonders Ăether
anfangs vermehrte AktivitÀt, verstÀrkte Atmung, Schleimpro-
duktion, SchweiĂ, Erbrechen bewirkt. Erschöpfung und Schock
können, unter Hinzutreten des operativen Traumas, leichter ein-
treten, wenn der Körper des Patienten diesen SchÀdigungen nicht
genĂŒgend KrĂ€fte entgegensetzen kann. Diese Erscheinungen fallen
bei SpinalanĂ€sthesie weg. Verf. gibt 8â10 % einer wĂ€sserigen
Lösung Novokain, 3 mal destilliert, dazu etwas absoluten Alkohol,
die Lösung wird frisch bereitet und nochmals gekocht. Die In- âą
slrumente werden in destilliertem Wasser sterilisiert, um jede "
Reizung zu vermeiden. Kopfschmerzen kommen von nicht ge-
nĂŒgend peinlicher Befolgung dieser Vorschriften. Verf. destilliert
das Wasser in einem besonderen kleinen GlasgefĂ€Ă, nachdem auch
das destillierte Wasser sich als nicht ganz zuverlÀssig erwiesen
hatte, 2 Stunden vor der Operation 0,0003 Scopolamin und 0,01 Mor-
phium. 30 Minuten vorher nochmals 0,01 Morphium. Die Ohren
werden mit Wolle verstopft. Mit RĂŒcksicht auf das oft plötzliche
Einsetzen des Schmerzes nach Aufhören .der AnÀsthesie ist auch
nach der Operation nochmals Morphium zu geben. Trendelburg-
lagerung erhöht die Gefahr, ist daher besser zu vermeiden. Die
SpinalanÀsthesie erscheint insbes. indiziert bei Leuten mit hohem
Blutdruck, kontraindiziert bei alten Leuten mit alleriertem Ge-
fĂ€Ăsystem. Unter 1500 FĂ€llen hatte Verf. 2 TodesfĂ€lle. In der
Diskussion erwÀhnt Gellhorn, daà er bei zu starkem Absinken
des Blutdrucks infolge SpinalanÀsthesie Adrenalin gibt.
Sauerstoff in der Peritonealhöhle mit FÀllen. Der Schock!
dessen Wesen noch nicht ganz geklÀrt ist, tritt zuweilen nach
Entfernung groĂer Tumoren oder von viel FlĂŒssigkeit aus der
Bauchhöhle auf. Einbringen von Sauerstoff in die Bauchhöhle
bewirkt, daĂ die Organe nur langsam ihre alte Lage wieder ein-
nehmen und die an den Druck gewöhnt gewesenen GefĂ€Ăe sich
langsam wieder akkomodieren, entsprechend der Resorption des
Sauerstoffs, die sich in 30 â 48 Stunden vollzieht. Paralyse der
SpianchnicusgefĂ€Ăe wird dadurch vermieden. Das Unbehagen
der Patienten wĂ€hrend der Resorption ist nicht groĂ. Insbe-
sondere bei gynÀkologischen FÀllen, wo der Operationsbefund zu-
gleich Peritonealtuberkulose ergab, hatte die Sauersloffein-
blasung auf lange Jahre ausgezeichneten Erfolg. Sie wird daher
von Verf. neben Bluttransfusion und Kochsalz- und Gummiarabi-
cumlösunginjeklion zu weiterem Ausbau empfohlen. In der Dis-
kussion sagt Rongy, daĂ er durch sie einen Collaps auf dem
Operationstisch hatte und deshalb das rascher resorbierbare Koh-
lendioxyd verwendet. Scherck wendet Sauersloffeinblasung zur
Röntgenuntersuchung der Bauchhöhlentumoren an, kontrolliert
aber den Druck mit Manometer, die Nadel bleibt stecken, so das
der Sauerstoff sofort wieder abgelassen werden kann. Auch hatte
er gute Erfolge bei Fluoroskopie mittels 15â25 % Bromnatrium-' I
injeklion in Ureteren und Nierenbecken in Verbindung mit SauerH
stoffeinblasung.
Rhythmische elektrische Wellen in der GynÀkologie. Die
Elektrotherapie beschÀftigt sich neuerdings mit der rhythmischen
Anreizung des glatten und quergestreiften Muskelgewebes. Dift
Zahl der Anreize durch den Strom soll etwa so hÀufig sein, att
die betreffenden Muskeln sich physiologisch zu kontrahieren ver-
mögen, also etwa 25 mal in der Minute. Es handelt sich sonach um
Ströme von geringer Frequenz im Gegensatz zur Diathermie, dm
;.uch ein ganz anderes Anwendungsgebiet hat. Anwendbar sinÂŁ
der langsame sinusoidale galvanische Strom, sowie Wechselstrom
von 4000â7000 Wechseln, der nochmals in langsamere Form ge-
bracht werden muĂ. Der galvanische Strom ist vorteilhafter. Denn
die Stromeinwirkung wÀhrt hinsichtlich positiver und negativer
PolaritĂ€t eine volle Sekunde, sie drĂŒckt sozusagen dem Gewebe
ihren Stempel auf und gibt ihm Zeit, sich langsam zu kontrahieren
und langsam zu erschlaffen, die Einwirkung des Wechselstroms
dagegen dauert nur den 400. Teil einer Sekunde. Jedoch hat der
galvanische Strom den Nachteil der schwierigeren Strombeschaf-
fung und elektrolytischer VorgÀnge an der Elektrode. Anwen-
dungsgebiet: Wiederherstellung der ElastizitÀt der Muskeln des
Beckenbodens nach Zerreissungen, Subinvolution des Uterus, Pro-
laps. Nur vaginale, nicht intrauterine Elektrode ist zu emp-
fehlen. Kuhn (MĂŒnchen^.
Long Island Medical Journal, Brooklyn.
Februar 1922, 16, Nr. 2.
^âąOperative und mechanische Behandlung der BeinverkrĂŒmmuneen. H u n t e r,
G. H. V. 41.
ErnÀhrungsmethode "nach v. Pirquet. A £.!>], H. 45.
âŠ^Gastrische Störungen bei Gastroptps.is. Jansen, C. W. öl.
*J»Rohe Milch. Jloak, H. 55.
Fraktur des Schenkelhalses im Alter. Fisher, S. L. 58.
âŠPrĂŒfung der Herzkraft. C o m s t o c k , A. 61.
Die chirurgische und orthopÀdische Behandlung der O-Beiue.
Bei Kindern unter zwei Jahren und intelligenter Mutter
empliehlt Verf. Schienenbehandlung der O-Beine, bei Àlteren
Kindern Osteoklasie oder Keilosteotomie. Neue Gesichtspunkte
bringt die Arbeit nicht.
Magenbeschwerden bei Gastroptose. An der Hand eines
Falles, der bei röntgenologisch nachgewiesener Gastroptose ĂŒber
heftige anfallsweise auftretende Magenbeschwerden klagte, wird
die Frage erörtert, ob die Magensenkung an sich die Klagen der
Patientin erklÀrt, ob es sich um eine Magenneurose bei be-
stehender Ptose handelt oder ob die Magensenkung neurasthe-
nisch'e ZustÀnde hervorgerufen hat, die ihrerseits zu den Magen-
beschwerden gefĂŒhrt haben. Verf. erklĂ€rt sich zur letzten An-
nahme geneigt, ohne allerdings Beweise fĂŒr seine Auffassung
beizubringen.
}
.Jahrg. â Nr. 33/M
Aus den neuesten Zeitschriften
54 I
Rohe Milch als Kiiulcrnnhruiig. Bericht ĂŒber den Beirieb
der Milchwirtschaft in den der âMedical Society of the County of
Kings" unterstellten Molkereien. SĂ€mtliche KĂŒhe werden vor
ihrer Einstellung in die Betriebe einer Tuberkulinprobe unter-
zogen, in halbjĂ€hrlichen ZwischenrĂ€umen wird die PrĂŒfung-
regelmĂ€Ăig wiederholt. AuĂerdem werden die Tiere jeden Monat
einer grĂŒndlichen tierĂ€rztlichen Untersuchung zugefĂŒhrt. Fort-
laufende Àrztliche Untersuchung aller Angestellten des Betriebes.
Die Milch jeder einzelnen Farm sowie jeder Verteilungsstelle
wird jede Woche auf ihre Keimzahl untersucht: Ihm der Abgabe
an den Verbraucher darf die Zahl der im cem enthaltenen Keime
10000 nicht ĂŒbersteigen. Uieses ward durch peinlichste Sauber-
keit beim Melken sowie durch sofortige KĂŒhlung erreicht. Auf
vorzĂŒgliche Beschaffenheit des Kuhfutters wird besonders ge-
achtet. Der Dreis des Liters stellt sich auf 28 cents.
Eine HerzfunktionsprĂŒfiingsmcthode. Das Verfahren grĂŒndet
sich auf die Bestimmung des Blutdruckes und der Pulsfrequenz
im Anschluà an körperliche Anstrengung. Die individuell ver-
schiedene LeistungsfÀhigkeil der Patienten, wie sie auch ohne
FunktionsprĂŒfung aus dem allgemeinen Verhalten zu beurteilen
ist. gestattet es nicht, bei allen PrĂŒfungen die gleiche körperliche
Leistung zugrunde zu legen; hier muĂ von Fall zu Fall mit dem.
Arbeitsmaà variiert werden. Nach möglichst vollkommener
Ausschaltung aller psychischer Erregungen werden. Blutdruck
und Pulsfrequenz bestimmt, darauf wird die geeignet erschei-
nende Leistung verrichtet, unmittelbar danach und in AbstÀnden
von 5 Minuten bis zum Ablauf einer Viertelstunde Wiederholung
der Bestimmungen; die erhaltenen WTerte werden in Form einer
Kurve aufgezeichnet. Blutdrucksteigerung um 6 oder mehr mm
mit Abfall zum Ursprungswert nach 5 Minuten bei geringer Puls-
besch leunLgung deutet auf eine gute Reservekraft des Herzens.
KĂŒrzere Dauer des Druckanstiegs und besonders Absinken des-
selben unter die Norm entweder unmittelbar nach Verrichtung
der Arbeit oder nach vorĂŒbergehendem Anstieg sind als Zeichen
einer stÀrkeren BeeintrÀchtigung des Herzens aufzufassen. Je
stÀrker der Abfall unter die Grundlinie, desto geringer die Herz-
kraft. Die Probe hat sfeh in der Praxis gut bewÀhrt.
Wolff (Hamburg).
The Journal of Metabolie Research.
Februar 1922. 1, Nr. 2.
PanereajĂŒitis in der Actiologue des experimentellen Diabetes. Allen. F. lCö.
Mikroskopisch« Pancreas-Studien bei klinischen DiabetesfÀllen. Allen,
F. 193.
«frDie pathologische Histologie 1ler BauchspeicheldrĂŒse in 570 willkĂŒrlich ge-
wÀhlten KrankeinhauisfÀUen. Allen; F. 221.
Die Pathologie der Diabetes. â Literatur und Diskussion. Allen, F. 251.
âąfrAlkohod in der DiabetesdiĂ€t. Allen, F. und W i s h a r t , M. 281.
^UeberernÀhrung mit Fett und Alkohol bei schwerem Diabetes. Leclerq,
F- 307.
fr â Ueber die Beziehungen zwischen Fruchtbarkeit und ErnĂ€hruug. I. der Ovu-
lationisrythmus bei der Ratte unter Verabreichung einer Standardkost.
Evans, H. und B i s h o p , C. 311.
Die pathologische Histologie der BauchspeicheldrĂŒse in 570
â willkĂŒrlich gewĂ€hlten KrankenhausfĂ€llen. Unter 570 FĂ€llen
wurden bei 48 % derjenigen FĂ€lle, welche nicht diabetisch
waren, VerĂ€nderungen der BauchspeicheldrĂŒse gefunden, wĂ€h-
rend sÀmtliche DiabetesfÀlle VerÀnderangen dieses Organs auf-
wiesen. VerhĂ€ltnismĂ€Ăig hĂ€ufig fanden sich PankreaslĂ€sionen
bei Lebercirrhose, Gallensteinen, Lues und Arteriosklerose. Die
nichtdiabetischen SchÀdigungen des Pankreas stellen sich dar
âą als Herdnekrosen, akute Pankreatitis, Blutungen, besonders in
den Langerhansschen Inseln, Ablagerung von Fettgewebe,
Pankreasfibrose. â Die diabetischen LĂ€sionen sind akute Pan
greatilis, spez. SchÀdigungen der Langerhans'schen Inseln, eines
der hÀufigsten Merkmale des Diabetes, allgemeine Fibrose, die
gewöhnlichste VerĂ€nderung der BauchspeicheldrĂŒse bei der
Zuckerkrankheit.
Alkohol in der DiabetesdiÀt. Die Untersuchungen an 2 Pa-
tienten mit schwerem Diabetes zeigten, daĂ, wie bereits bekannt
war, Aethylalkohol im menschlichen Körper nicht in Zucker
verwandelt wird. Wmrde aber Alkohol in einer Menge, die das
Kalorien-Vermögen des Kranken ĂŒberstieg, gegeben, so wurde
eine RĂŒckkehr der Glykourie bewirkt. Hiernach ist es also
nur erlaubt, Alkohol in mĂ€Ăigen Mengen zu verabreichen.
UeberernÀhrung mit Fett und Alkohol bei schwerem Di-
abete«. Eine durch Verabreichung von Fett und Alkohol auĂer-
gewöhnlich kalorienreiche DiĂ€t fĂŒhrte bei zwei Patienten mit
schwerem Diabetes zu einer ausgeprÀgten Hyperglykaemie.
A. M ĂŒ n z e r.
The American Journal of the Medical scicnces.
Januar 1922, 163, Heft 1.
Nierepfunktion. R i c h a r d s. l.
Quantitative VerÀnderungen der Schwingungsempfindung. Wood. IB.
Periphere und Wurzeltypon der epidemischen Encephalitis. Kennedy. 80.
âąfrlilutzuckertoleranz als Hilfsmittel zur Diagnose de» Mageudaruikrebus«.
F r i e d e u w a 1 d und (i r o v c. 33.
Appondiciitis.iymptomc bei akuter Perikarditis. P uss eil. 4».
Pericarditis bei chronischer Nephritis. B a r a c h. U.
Gallcntraktkraukhciteii. Lyon, Bastle, Ellison. CO.
Viszerale Verwachsungen und BĂ€nder. B r y an t. 75.
Halsrlppen. C o 1 o n n a. 80.
«Hlautprolien mit fremden Proteinen1 bei verschiedenen ZustÀnden. Racke-
rn a n n. 87.
Enzymniobilisieruiig durch RĂŒntgenrei'z. P e t e r s o n und S a c 1 h o-f. 101.
«I* Beziehung der Hypophyse zur Epilepsie. Löwenstein. 120.
Weitere Beobachtungen ĂŒber die Blutzuckertoleranz als Hilfs-
mittel zur Diagnose des Magendarmkrebses. An 32 FĂ€llen von
sicherem Karzinom des Gastrointestinaltraklus hatten Verfasser
in einer frĂŒheren Arbeit ein charakteristisches Verhalten der
Blutzuckerkurve bei diesen Kranken festgestellt. Die NĂŒchtern-
werte liegen etwas höher als in der Norm (bei etwa 0,15â0,16).
1 Stunde nach Darreichung von 100 g Dextrose steigen die
Werte auf 0,22-4),23 (normal 0,16 %) und halten sich auf dieser
Höhe bis nach Ende der 2. Stunde, wÀhrend normalerweise die
Zahlen in dieser Zeit schon wieder zur Norm abgesunken sind.
Hautproben mit fremden Proteinen bei verschiedenen Zu-
stĂ€nden. Ueberblick ĂŒber die Geschichte der Cutanprobe. Ver-
gleich neuer Statistiken. Die cutane Methode (Walker) ist ein-
fach und erlaubt gleichzeitige PrĂŒfung auf eine ganze Proteinreihe,
die intradermale dagegen' umstĂ€ndlicher, aber dafĂŒr leicht und
sicher zu beurteilen. Eigene Ergebnisse (mit 20â30 verschiede-
nen Proteinen) an 928 Patienten. 245=26,4 reagierten positiv.
Heufieber (118, in 40 % auch Ueberempfindlichkeit gegen Nah-
rungsstoffe oder Tiere), Pferdeasthma (45, in 33 Vi % weitere
Ueberempfindlichkeit), Staubasthma (Tierstaub, Mehlstaub, Puder;
31 FĂ€lle), Nahruhgsasthma (nur in 19 von 648 waren Nahrungs-
proteine die Ursache, davon 10 mal Eier), vasomotorische Rhini-
lis (198 FĂ€lle, ca. 22 % positive Reaktion, dann in 50 % isoliert),
Lkzem (40, 12 mal positiv), Urticaria (35, nur 6 positiv) usw.
Dem Hautprobenausfall ist gröĂter diagnostischer Wert beizu-
legen, jedoch stets zusammen mit der Anamnese. HĂ€ufig besteht
nicht isolierte, sondern Gruppenempfindliehkeil, meist gegenĂŒber
verwandten Substanzen. In den ungefÀhr 100 FÀllen, bei denen
der positive Ausfall der Hautprobe sich nicht mit der Anamnese
vereinen lieĂ, erwies sich 13 mal dennoch dieses Resultat fĂŒr die
Therapie von gröĂter Wichtigkeit.
Die Beziehung der Hypophyse zur Epilepsie. Therapeutische
Versuche mit Hypophysenextrakten in 16 FĂ€llen von Epilepsie
verschiedener Aeliologie. In einem Drittel der FĂ€lle Besserung.
Am besten wirkte der Extrakt der gesamten DrĂŒse bei subcutaner
Injektion. Eine Voraussage ĂŒber die Wirksamkeit des PrĂ€pa-
rates im Einzelfalle ist nicht möglich, weder auf Grund des
physischen Habitus, noch mit BerĂŒcksichtigung des Röntgenbildes
der Hypophysenprobe.
F. Loewenhardt (Charlollenburg-Westend).
The Journal of Medical Research, Boston.
Januar-MĂ€rz 1922, 43, Nr. 1.
Untersuchungen ĂŒbe* L'raiivorgiftung. V. der EinfluĂ des Uchtes auf die
1 'ran \ ergiftnng bei Meersehweinehcn. Earsner, H.T., Tsun Chee
Slicn und Wahl, S.A. 1.
^Untersuchungen ĂŒber das Wesen der Wirkung LUlispezifischen Protfiins auf
Krankheiitsprozesse. III. Unspezifische Proteine und lösliche Toxine.
H u r c a j i ' n w i e , D. und G r e e n t b a 1 , R.M. 21.
4»Expertinieiitelie Untersuchung der Wirkungen von Proteininjektionen auf in-
fektiöse Prozesse. Kruss, I, 29.
Der EinfluĂ des Tuberkulins auf die AntiiikĂŒrperliildung. T h o m p s o n ,
H. L. 37.
Experimentelle Hodentubcrkulose bei Kaninchen. Smith, M.I. 4ö.
Untersuchungen ĂŒber die Bazillen der Puratyphus-Enteritidis-Grupiir.
VII. Enterale Infektion (âNahrungsimittelvergifltung") nach GenuĂ eiiaiei
mit B. Cholenae suis (B. suipesfcifer) infizierten Tapiocapuddings. K r u m-
w i e d e , ('.. P r o t o « t , D.J. und C o o p e r , G.M. 51?.
Einige Beobachtungen ĂŒber den Unnu-Dueieysehen Bazillus. Teagne, O.
und I) m i h e r t , O. 81.
Untersuchungen ĂŒber die Wirkung nichtspezifischer Proteine
bei Krankheitsprozessen. III. Nichtspezilische Proteine und lös-
liche» Toxin (Diphtherie, Tetanus). Aus der getrennten Unter-
suchung normalen l'ferdeserums, des aus diesem durch Alkohol-
Buchbesprechungen
40. Jahrg. â Nr. 33/34»
iÀllung gewonnenen Proteins sowie der Albumin- und der Glo-
bulinfraktion hinsichtlich der Schutzwirkung gegen Diphtherie-
toxin, ergibt sich der SchluĂ, daĂ die dem normalen Pferdeserum
zukommende Schutzwirkung auf dessen natĂŒrlichen Gehalt an
Antitoxin zu beziehen ist. DaĂ es sich nicht um eine ĂŒnspezi-
fische Proteinkörperwirkung handelt, wird ferner dadurch be-
wiesen, daĂ durch Injektion anderer EiweiĂarten (MilcheiweiĂ.
EiereiweiĂ} keinerlei Schutzwirkung erzielt wird.
Experimentelle Untersuchungen ĂŒber die Wirkungen von
Proteinkörperinjektionen auf infektiöse Prozesse. Im Tier-
experiment konnte kein Anhalt dafĂŒr gewonnen werden, daĂ die
Injektion von Proteinkörpern die Resistenz der Versuchstiere
gegen MĂ€usetyphusbazillen, gegen septische Peritonitis und
Pneumokokkeninfektion zu steigern vermag. Verf. warnt vor
kritikloser Anwendung dieser Therapie und mahnt zur Vorsicht
und BerĂŒcksichtigung der Gefahren anaphylaktischer Zwischen-
fÀlle. (In den Tierversuchen wurde NukleinsÀure verwandt,
deren Wirkung doch wohl nicht ohne weiteres mit derjenigen
von Proteinkörperchen zu identifizieren sein dĂŒrfte. Ref.)
W o 1 f f , Hamburg
Buchbesprechungen.
Ludolf Krehl: Pathologische Physiologie. 11. Auflage.
Leipzig. F. G. W. Vogel. 1921. XIX u. 695 S.
Das altbewÀhrte Werk liegt nunmehr in neuer Auflage vor,
wiederum nach dem Stande der augenblicklichen Forschungs-
ergebnisse ergĂ€nzt. Als SchluĂkapitel ist ein Abschnitt Patholo-
gische Physiologie und Arzt hinzugekommen, der eigentlich als
Sonderabdruck jedem Studierenden in die Hand gegeben werden
sollte. Eine Empfehlung des Werkes ĂŒberhaupt hieĂe Eulen nach
Athen tragen, es war und ist bis jetzt das Werk ĂŒber patholo-
gische Physiologie.
F. L o e w e n h a r d t (Charlottenburg-Westend).
Ake Akerlund: Röntgenologische Studien ĂŒber den
Bulbus duodeni mit besonderer BerĂŒcksichti-
gung der Diagnostik des Ulkus duodeni. Supple-
ment I. der Acta Radiologica. Stockholm 1921. 261 S. 159 Textfig.
76 Abb. a. 19 Tafeln.
Das vorliegende Werk ist aus den grundlegenden Arbeiten
Goesta Forssells und aus den in verschiedenen frĂŒheren
vorlÀufigen Mitteilungen des Verf. veröffentlichten röntgenolo-
gische Beobachtungen ĂŒber den Bulbus duodeni entstanden. In
geradezu klassischer Form werden ausfĂŒhrlich die normal-ana-
tomischen Grundlagen des Röntgenbefundes, die Röntgentechnik
der Bulbusuntersuchung, die Röntgenologie des normalen Bulbus
duodeni und die pathologische Anatomie des Ulkus duodeni vom
röntgenologischen Standpunkt besprochen. Die Kasuistik umfaĂt
109 FĂ€lle âsicheren" Ulkus-duodeni-Materials, von denen 69 durch
intravitale oder postmortale Autopsie bestÀtigt wurden. Die
Röntgendiagnose des Ulkus duodeni stĂŒtzt sich auf den Nachweis
von VerĂ€nderungen der Form des Bulbusschattens â Nische, De-
fekt, Retraktion, Ulkusdivertikel â und VerĂ€nderungen in den
GröĂen-, Lage-, Verschieblichkeits-, MotilitĂ€ts- und Druckpunkt-
verhÀltnissen des Bulbus. Vom differentialdiagnostischen Stand-
punkt werden noch weitere röntgenologische BulbusverÀnderun-
gen bei nicht ulzerösen ZustĂ€nden â abnorme Schleifenbildung,
pericholecystitische Adhaesionen, extrabulbÀre Tumoren, Diver-
tikel und spastische Deformierung des Bulbus (C o 1 e scher Fern-
spasmus) bei verschiedenen ReizzustĂ€nden auĂerhalb der Duo-
denalwand â behandelt. Verf. betont, daĂ bei Verwertung eines
detaillierten Bulbusstudiums eine bestimmte Ulkusdiagnose nie
ohne eine lokale VerÀnderung im Duodenum zu stellen sei.
Direkte und indirekte Symptome ergÀnzen einander, jedoch nur
die direkten lokalen durch die VerÀnderung in der Duodenalwand
verursachten Zeichen können von entscheidendem Wert fĂŒr die
Diagnostik des Ulkus duodeni sein. Durch die in den meisten
FÀllen erfolgte autoptische BestÀtigung des radioskopisch ver-
muteten Ulkus duodeni stellen die Beobachtungen des Verf. und
ihre kritische Auswertung eine wesentliche UnterstĂŒtzung der
bisher auf schwankenden FĂŒĂen stehenden röntgenologischen
Diagnose dar; ihre Aufzeichnung in einem nach Ausdruck und
Ausstattung vorzĂŒglichen Rahmen lĂ€Ăt dem Buch bei Klinikern
und Radiologen weiteste Verbreitung wĂŒnschen.
Kautz, Hamburg.
Rudolf Spuhl, Dr. med. jur., rer. pol., Berlin-Friedenau: Gesetz-?
geberische Sexualdiktatur. (Ort und Jahr des Er-g
scheinens sowie der Verleger sind nicht angegeben.)
In mehr als temperamentvoller Polemik wendet sich Spuhl inj
seiner kleinen, 13 Druckseiten dicken BroschĂŒre gegen den Gesetz-!
entwurf zur BekÀmpfung der Geschlechtskrankheiten, da dieser?
gegen die Kurierfreiheit, gegen den SchĂŒtz der Persönlichkeit undS
gegen das Selbstbestimmungsrecht des Individuums gerichtet ist.
Sp. ^bekĂ€mpft dann die Beratungsstellen, die vollkommen unnĂŒtz^
sind und die Behandlung der Geschlechtskranken durch KasseÀrzte;*
diese soll vielmehr nur durch PrivatÀrzte statthaben, die mehrr-
Zeit und VerstĂ€ndnis fĂŒr ihre Patienten besitzen als jene: hoch--
stens sollten die Krankenkassen zur Bezahlung der Krankentage
und der Medikamente gehalten sein. SchlieĂlich ist er Ge^er
jedes Gesetzes zur BekÀmpfung der Geschlechlskran! h. a.
Sollte aber ein solches Gesetz unbedingt eingefĂŒhrt weiolenr
mĂŒssen, so sollte es von neuem entworfen werden und zwar von*!
einer Kommission, der ein Vertreter der Deutschen Gesellschaft
zur BekĂ€mpfung der Geschlechtskrankheiten angehört, auĂer-'
dem je ein AnhÀnger des Dreuwschen Diskretioni'smus, der ho- ,
möopatischen Schule, einer der physikalischen und einer der
biologischen Richtung, die nicht der Schulmedizin angehören,
dĂŒrfen, und ein Vertreter der Nichtapprobiertert. Ob Verfasser
ernstlich annimmt, daĂ Vertreter dieser 5 Richtungen zu irgend'
einem Resultate kommen können, verrÀt er nicht. Dr. B a b.
Dr. Otto Better. Die Geschlechtskrankheiten. Ihr«
Ueberwinxlung und VerhĂŒtung. Eine soziologische Wegbahnungj
zur Volksgesundheit. Verlag der Deutschen Wirtschaf Ispoliti-:
sehen Gesellschaft, Berlin W35. Preis R M.
Das BĂŒchlein soll den gebildeten Laien ĂŒber das Wesen der!
Geschlechtskrankheiten aufklÀren. Es gibt zunÀchst eine ziemlich*.;
eingehende Darstellung ĂŒber den Ablauf der drei venerischen Er-;
krankungen. Hierbei wird die Therapie meines Erachtens fĂŒÂ«
ein Werk, das fĂŒr den Laien bestimmt ist, doch schon etwas zu?,
detailliert angegeben, und es wÀre am besten, in solchen Heften!
jede Àrztliche Kontroverse zu unterlassen. Wenn Verf. die Be-r
handluhg der weiblichen Gon. durch SpĂŒlungen z. B. in Grund und
Boden verdammt, so weiĂ er doch sicherlich auch, daĂ wir Aerzte
ĂŒberhaupt keine Methode besitzen, die mit einiger Wahrscheinlich-
keit hier zum Ziele fĂŒhrt. Auch das Kapitel ĂŒber Prophylaxe
könnte etwas kĂŒrzer gefaĂt sein, hier kommt es nicht so sehr.'
darauf an, dem Laien, alles mitzuteilen, was es gibt, sondern er
will 1â2 Methoden erfahren, die ihm den relativ besten Schutz,
gewĂ€hren Einige gute Bemerkungen ĂŒber den kurpfuschenden,
annoncierenden Arzt und Laien, ĂŒber das Berufsgeheimnis, ĂŒber
die soziale Hebung der Geschlechtskrankheiten schlieĂen das.
Heftlein, das dem intellektuellen Teile der Patienten mit Vorteil
fĂŒr diese empfohlen werden kann. B a b.
Coglievina Benvenuto: Die homerische Medizin. Graz -
Wien _ Leipzig; Leuschner u. Lubensky 's I'nivers.-Buch-
handlung. 1922. 49 S.
Immer klarer wird es, daĂ Homer keineswegs am Anfang
unserer Kultur steht, daà er vielmehr den Höhepunkt einer alten,,
in dunkle Vorzeiten zurĂŒckreichenden kulturellen Entwicklung
darstellt. In sehr netter, anschaulicher Weise lĂ€Ăt Verfasser die
Ilias und Odyssee, an denen wir uns ja alle in unserer Jugend
versuchten, wiedererstehen und zeigt an 'geschickt gewÀhlten
Beispielen, daĂ der alte Homer keineswegs ein Phantast gewesen
ist, sondern ein Mann mit hervorragender Beobachtungsgabe
und soliden Kenntnissen auf vielen naturwissenschaftlichen Ge-
bieten. Wie es in der Natur der Sache liegt, treten in der Ilias
die Chirurgen in den Vordergrund. Die erste Hilfe war wohl
organisiert, aber auch penetrierende Wunden des Herzens, der
Leber, des SchÀdels, Oberschenkels und eine schwere Brustkorb-
quetschung werden mit kurzen, charakteristischen Strichen skiz-
ziert. Mit besonderer Liebe wird der Zauberin Kirke gedacht
und ihrer narkotischen Mittel. Aber alle diese amĂŒsanten Dinge
möge der Leser im Original nachsehen. Buttersack.
Guthmann, Job.. (Potsdam). Durch Wissen zur Schön-
heit, eine Kosmetik fĂŒr Leib und Seele. Leipzig
1922. C. Kalitzsch. 109 S. 16 M. bezw. 20 M.
FĂŒr neue Reiche scheint diese mit 15 Abbildungen pompös
ausgestattete BroschĂŒre bestimmt zu sein. In 23 kurzen Auf-
sÀtzen werden die primitivsten Elementarkenntnisse in kosme-
tischer Anatomie und Physiologie dargeboten. Wir Aerzte kön-
nen daraus nichts entehmen. Dringend nötig war bei der allge-
meinen Papiernot diese Drucklegung nicht. Buttersack.
f 1
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des prakllschen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, öerlin W 50
Verlag von HANS PUSCH, Berlin SW4Ă, Wilhelm ~ Sira&e 20 / Fernsprecher: Liitzow 9057
Nr. 35/36
Berlin, den 13. September 1922
40. Jahrgang
Dar Varlai behÀlt sieh du amsohtteBliche Recht dar VervielfÀltigung und Verbreitung der OriginalbeitrÀge innerhalb der gesetzlichen Schutztritt ver.
Aus der Kinderklinik der stÀdtischen Krankenanstalten
und dem SĂ€uglingsheim zu Dortmund.
Der Rachitistod.
Von Professor Dr. St. Engel.
In Anbetracht der starken Zunahme schwerer Rachitis-
formen ist es von besonderer Wichtigkeit, die Folgen ins
Auge zu fassen, welche hieraus entstehen. Auf alle die mög-
lichen Komplikationen und Folgeerscheinungen soll hier
nicht eingegangen, sondern es soll nur die F r a ge e r~
ö r t e r t werden, ob die Rachitis u n mittelbar
z u m T o d e f ĂŒ h renkaun. DaĂ sie mittelbar die Ursache
des Todes fĂŒr ungezĂ€hlte Proletarierkinder ist, ist eine fest-
stehende, lange bekannte Tatsache. Gewöhnlich sind es
Komplikationen von Seiten der Atmungsorgane, Pneumonien,
kapillÀre Bronchitiden und dergleichen, welche den Kindern
gefÀhrlich werden. Auch die Masern verlaufen unter den
rachitischen Proletarierkindern viel schwerer als bei Kin-
dern von gutem körperlichem Zustande Nund bedingen oft
eine ganz erhebliche MortalitÀt. Die sonst so harmlose
Kinderkrankheit wechselt dann den Charakter und kann eine
Sterblichkeit von 20 bis 30 % unter den jĂŒngeren Klein-
kindern erreichen.
WĂ€hrend der letzten Jahre sind uns nun eine Reihe von
FĂ€llen zu Gesicht gekommen, bei denen man anfangs auch
erst den Eindruck hatte, daĂ die Rachitis den Zustand nur
mittelbar beeinfluĂt habe, wo sich hinterher aber doch fest-
stellen lieĂ, daĂ sie den Tod unmittelbar herbeigefĂŒhrt
hatte.
Es handelte sich um Kinder, bei denen der Brustkorb
besonders stark ergriffen war. Gewöhnlich waren sie auch
im Wachstum ganz allgemein beeintrÀchtigt. Der Brust-
korb aber erwies sich als besonders eng und in seiner Klein-
heit noch weiter ungĂŒnstig dadurch, daĂ er verkrĂŒppelt war.
Er war durch die inspiratorischen Einziehungen seillich ab-
geflacht (HĂŒhnerbrust).
Die Kinder erkankten unter dem Bilde einer auĂer-
ordentlich schweren Atmimgsstörung, ohne daà ein ent-
sprechender Befund an den Lungen zu erheben gewesen
wÀre. Klinisch machte es den Eindruck, wie wenn eine
Karl N.
Kyrtometer
schwere entzĂŒndliche Erkrankung der Lungen, eine ausge-
gedehnte Kapillarbronchitis oder Pneumonie vorhanden sei.
Bei der Obduktion konnte aber ganz regelmĂ€Ăig festgestellt
werden, daĂ entweder gar keine oder so minimale pneumo-
nische Infiltrate vorhanden waren, daĂ hieraus die Todes-
ursache keineswegs hergeleitet werden konnte. Auch von
einer kapillÀren Bronchitis war nichts zu finden.
hinten
Elisabeth T
Kyriometer
Karl N., 2 Jahre. Protokollnummer 503.
Das Kind wurde mit schwerer BeeintrÀchtigung der Atmung
eingeliefert. Es war blaĂ, zyanotisch. In diesem Zustand hielt
es sich etwa 14 Tage. AuĂer gelegentlichem Knacken auf der
Lunge war nichts festzustellen. Der Tod trat unter den Erschei-
nungen schwerster Atemnot ein.
Der Brustkorb des Kindes war seitlich stark eingezogen, so
daĂ eine ziemlich starke HĂŒhnerbrust entstanden war. Sonst
waren am Knochenbau nur Zeichen mĂ€Ăiger Rachitis vorhanden.
Die Glieder waren nicht verkrĂŒmmt, Muskulatur dĂŒrftig und
schlaff.
Sektion ergab sehr starken inneren Rosenkranz.
Die Rippen sind weich und schneidbar, wie etwa
weiches Holz. Es entsteht beim Schneiden kein Knirschen.
Das Herz liegt unverhĂ€ltnismĂ€Ăig groĂ vor. Die Lungen sind
zurĂŒckgesunken und klein. Auf der Pleura sind dunklere blĂ€u-
liche Flecke unregelmĂ€Ăig verteilt. Der Luftgehalt des Gewebes
ist vermindert. Vereinzelte kleine pneumonische Herdchen lassen
sich feststellen. Beiderseits im vorderen Teil der Lungen, nament-
lich auf der rechten, tiefe Druckfurchen*) v o m
Rosenkranz.
Epikrise: Durch die Weichheit des Brustkorbes und die da-
durch bedingte Einziehung war der fĂŒr die Lunge zur Ver-
fĂŒgung stehende Raum eingeengt. GröĂere Atmungseitensionen
waren nicht möglich, weil der Brustkorb immer wieder ange
saugt wurde. Tod durch Atmungsinsuffizienz.
Elisabeth J., VA Jahr. Protokollnummer 592.
Das Kind wurde blaĂ, verfallen, mit jagender Atmung ein-
geliefert. ZunÀchst hatte man den Eindruck einer Pneumonie,
zumal rechts oben etwas Bronchophonie und auf dem Röntgen-
bild eine Verschleierung festzustellen war. Zu hören war nur
etwas Knistern, nirgends Zeichen wirklicher Verdichtung.
Der Brustkorb stellt eine schwer deformierte HĂŒhnerbrust
dar und war im ganzen sehr klein.
Die Sektion ergab verhĂ€ltnismĂ€Ăig lange Rippenknorpel.
Die Knorpel-Knochengrenze liegt fast in der hinteren Axillar-
linie und ist nach auĂen vollstĂ€ndig glatt. Nach innen springt
ein derber Buckel an jeder Rippe vor (innerer Rosenkranz).
Nach der Eröffnung des Brustkorbes liegt das Herz groĂ
und weithin frei da. Die Lungen sind ganz nach hinten zurĂŒck-
gesunken, sind derb, luftarm, fleischig, nirgends infiltriert.
*) Die Möglichkeit dieser von uns oft beobachteten Druck-
furchen ist bestritten worden.
544
Schiff u. Benjamin: Verdauungsleukozytose beim Kinde
40. Jahrg. â Nr. 35/36.
Mikroskopisch ergibt sich Atelektase verschiedenen
Grades mit stellenweisem Oedem. Vereinzelte miliare, nur
wenige Alveolen umfassende zellulÀre Pneumonien sind vor-
handen. T
Epikrise: Der gesamte Zustand des Brustkorbes in seiner
VerkrĂŒppelung und der Zustand der Lungen lassen keinen
Zweifel, daĂ es sich um Tod durch Atmungsinsuffizienz handelt.
Friedrich L., 2 Jahre. Protokollnummer 585.
Es handelte sich um einen elenden, zwerghaften Rachitikei
mit verkrĂŒppelter eingezogener Brust. Er entwickelte sich zu-
nÀchst leidlich, wurde aber bei einer Morbillen-Infektion mit er-
griffen und starb wahrend der fieberhaften Periode unter den
Zeichen der Atemnot.
Die Sektion ergab einen sehr starken inneren Rosenkranz.
Lungen waren klein, schlaff, zusammengezogen. Im rechten
Oberlappen war ein haselnuĂgroĂer pneumonischer Herd, sonst
höchstens noch vereinzelte kleinere.
Epikrise: Die Lungen waren im Brustkorb stark ein
geengt und konnten der erhöhten Inanspruchnahme wÀhrend des
Fiebers nicht genĂŒgen. Die pneumonischen Herde waren so
klein, daĂ sie ernstlich als Atmungshindernis nicht in Frage
kamen. Tod durch Atmungsinsuffizienz.
Es ergab sich also . ein ganz einheitlicher, regel-
mĂ€Ăiger Befund der Art, daĂ die Lungen ganz klein, schlaff,
zÀh, derb von vermindertem Luftgehalt hinten neben der
WirbelsĂ€ule lagen, wĂ€hrend das Herz in ganz ungebĂŒhrlicher
Ausdehnung frei vorlag. Makroskopisch schon konnte kaum
ein Zweifel darĂŒber entstehen, daĂ man es hier mit hoch-
gradiger Atelektase zu tun habe. Mikroskopisch lieĂ der Be-
fund sich bestÀtigen. Gewöhnlich war der Zusammenhang so,
daĂ die an sich sehr elenden Kinder aus irgend einer Ursache
Ii inten
8 Monate
behandelt
bei der
Aufnahme
Kyrtometer
fieberhaft erkrankten und wÀhrend dieser fieberhaften Zeit zu-
nehmend dyspnöisch wurden, bis schlieĂlich der Tod eintrat.
'Bei einigen von diesen Kindern waren aber auch schon in
der nicht fieberhaften Zeit erhebliche Atmungsbeschwerden
vorhanden. Gelang es, solche Kinder so lange und ohne
ZwischenfÀlle zu behandeln, bis die Rachitis leidlich ausge-
heilt war, so konnten sie gerettet werden. Jeder Zwischen-
fall aber, der zu einer Belastung der Atmung fĂŒhrte, nament-
lich fieberhafte Infektionen, veranlaĂte den Tod binnen
wenigen Tagen.
Wir mĂŒssen uns demgemÀà den Gang der Dinge so vor-
stellen, daĂ der Thoraxraum durch das ZurĂŒckbleiben des
Brustkorbes im Wachstum und durch die VerkrĂŒppelung
stark eingeengt war. Der ErweiterungsfÀhigkeit der Lunge
war somit von vornherein eine Grenze gezogen. Ihr Spiel-
raum war wesentlich kleiner als er es hĂ€tte sein mĂŒssen.
Eine geringe Atmungsbreite war nur gegeben. Immerhin
konnte die aufgenommene Luft genĂŒgen, um dem Kinde
unter sonst friedlichen VerhÀltnissen sein Dasein zu ermög-
lichen. Wurde nun die Atmung stÀrker in Anspruch ge-
nommen, so trat, abgesehen von den eben geschilderten un-
gĂŒnstigen VerhĂ€ltnissen, noch eine neue Komplikation hinzu.
Die vermehrten Atmungsanstrengungen konnten nÀmlich zu
keinem Ziele fĂŒhren, weil die weichen und nachgiebigen
Rippen sich inspiratorisch einzogen und damit die Ausdeh-
nung der Lunge behinderten. Es wurde also genau das
Gegenteil von dem erreicht, was durch die Inspirationsbe-
wegung angestrebt wird. So muĂte eine immer
stÀrkere BeeintrÀchtigung der. Atmung ent-
stehen. Die Kinder wurden immer dyspnöi-
sch er und muĂten schlieĂlich an Atmungs-
insuffizienz zugrunde gehen.
Die geschilderten ZustÀnde sind von einer gewissen
praktischen Wichtigkeit aus zweierlei GrĂŒnden. ZunĂ€chst
ergibt sich die unmittelbare groĂe GefĂ€hrlichkeit der Ra-
chitis fĂŒr das Leben der Kinder. Wir selbst haben in den
letzten Jahren etwa 20 solche FĂ€lle von Rachitistod beob-
achtet. Eine wesentlich gröĂere Zahl wird voraussichtlich
auĂerhalb unserer Beobachtung vorgekommen sein. Die Zahl
wĂŒrde sich noch weiter vergröĂert haben, wenn wir mit
gröĂeren Epidemien zu tun gehabt hĂ€tten, was glĂŒcklicher-
weise nicht der Fall gewesen ist. Der zweite Grund, welcher
fĂŒr die Wichtigkeit der oben angefĂŒhrten Beobachtung
spricht, ist die RĂŒcksicht auf die Diagnose. Die geschilder-
ten Bilder werden fast immer als Kapillarbronchitis oder
Pneumonie wegen der hochgradigen Atemnot aufgefaĂt. An
sich ist das zwar widersinnig, da die meisten kindlichen
Pneumonien nicht entfernt mit so starker Aetmnot und Cya-
nose einhergehen, wie es in unseren FĂ€llen sich darbot. Im-
merhin steht die auĂerordentlich starke Dyspnoe der Kinder
so im Vordergrunde und macht einen so liefen Eindruck,
daĂ man sich nicht leicht dem Eindrucke einer schweren Er -
krankung der Atmungsorgane entziehen kann. Die Kinder
liegen da, blaĂ, zyanotisch mit angstvoll verzerrtem Gesicht,
mĂŒhsam nach Atem ringend; die AtemzĂŒge folgen sich
jagend hintereinander, der Thorax ist tief eingezogen. Kurz
und gut, es ist ein Bild von Atemnot, wie man es sonst
schwerlich wieder zu sehen bekommt.
Sterben solche Kinder und ist die Obduktion nicht mög-
lich, so wird das Kind offiziell als an LungenentzĂŒndung ge-
storben gefĂŒhrt.
Was die Behandlung solcher ZustÀnde anbelangt, so
kann es sich- zunÀchst nur darum handeln, die schweren
FĂ€lle von Rachitis so frĂŒhzeitig zu beeinflussen, daĂ keine
ĂŒbermĂ€Ăig starke VerkrĂŒppelung des Brustkorbes entsteht.
Ist sie erst vorhanden, so muĂ versucht werden, die Rachitis
so schnell zu heilen, daĂ das Unheil sich ausgleichen kann.
Ein derartiger Ausgleich ist in hohem MaĂe möglich, wie
auch aus der nebenstehenden Abbildung hervorgeht. Der
Thorax wÀchst, wenn die Rachitis erst zum Stillstand ge-
kommen ist, sehr gut nach, so daà der gefÀhrliche Zustand im
Laufe einiger Monate ĂŒberwunden werden kann. Besonders
wichtig ist es natĂŒrlich, die Kinder vor fieberhaften Erkran-
kungen, insbesondere also vor Infektionen zu bewahren. Die
EindÀmmung von Masernepidemien durch Verwendung von
Rekonvaleszentenserum nach Deckwitz kann hier viele
Menschenleben erhalten.
Aus der UniversitÀts-Kinderklinik in Berlin.
Weitere Untersuchungen ĂŒber die Verdauungs-
leukozytose beim Kinde. Zugleich ein Beitrag
zur Frage der FunktionsprĂŒfung der Leber
nach Widal.
Von Priv.-Doz. Dr. Er. Schiff und Dr. C. Benjamin.
Wir haben mit Stransky1) bereits darauf hinge-
wiesen, daĂ SĂ€uglinge auf Milchzufuhr nicht mit einer Ver-
mehrung, sondern mit einer Venminderung der Leukozyten-
zahl reagieren. Wir haben auch den Nachweis erbracht, daĂ
es sich hierbei nicht um eine eiweiĂspezifische Reaktion
handelt. GleichgĂŒltig ob EiweiĂ, Fett oder Kohlehydrate
dem SĂ€ugling zugefĂŒhrt werden, tritt mit einer fast kon-
stanten RegelmĂ€Ăigkeit die Leukopenie auf. Allein in den
l) D. M. Wo. Nr. 42. 1921. Jahrb. f. Kinderheilkunde.
Bd. 95. 1921.
40. Jahrg. â Nr. 35/3G.
Schiff u. Benjamin: Verdauungsleukozytose beim Kinde
545
AminosÀuren haben wir die Substanzen gefunden, deren per-
orale Zufuhr eine rasch einsetzende und bald vorĂŒber-
gehende Leukozytose zur Folge hat. Wir haben aus diesen
Beobachtungen den SchluĂ gezogen, daĂ beim SĂ€ugling das
Physiologische die Verdauunigsleukopenie ist.
âą Nach W i d a 1 sollen Lebergesunde Erwachsene auf Zu
fuhr von 200 rem. Milch mit einer Leukozytose, leberkranke
hingegen mit einer Leukopenie reagieren. Wenn so ein gegen-
sÀtzliches Verhalten zwischen SÀuglingen und Erwachsenen
tatsÀchlich besteht, so war zu erwarten, daà der Umschlag
der einen Reaktionsweise in die andere in einem bestimmten
Lebensalter erfolgen muĂ. Aus diesem Grunde stellten wir
unsere Untersuchungen auch bei Àlteren Kindern an. Wir
haben als eiste darauf hingewiesen, daĂ auch diese Kinder
auf Milchzufuhr mit einer Leukopenie reagieren. Immerhin
war die Zahl der untersuchten FĂ€lle, die uns damals zur
VerfĂŒgung standen, so gering, daĂ sie eine Verallgemeinerung
der Untersuchungsbefunde nicht zulieĂen. Wir haben nun
diese Versuche wieder aufgenommen und können jetzt ĂŒber
Erfahrungen berichten, die wir in 34 FĂ€llen gewonnen
haben. Die zur Untersuchung herangezogenen Kinder be-
fanden sich im Alter zwichen 7 â 13 Jahren. Wir miter-
suchten das Verhalten der Leukozytenkurve nach Verab-
reichung von Milch (200 gr), Kasein (5 gr), Seiden
W. IL, 8 Jahre
7650.
II. I k I e r u s s i in p I. 8150 7056 8650
pepton (0,5â1 gr), Gly kokoll (1â2 gr), Butter
(30 gr), und schlieĂlich von Zucker (15 gr). Es sind so-
wohl leberkranke (Icterus spl., Lebersarkom), wie auch
solche Kinder zu diesen Untersuchungen herangezogen wor-
den, bei welchen wir nicht den geringsten Grund hatten,
eine Erkrankung der Leber anzunehmen. Auch konnten
3 Kinder mit haemolytischem Ikterus untersucht werden.
Bei dem einen dieser Kinder wurde ca. 6 Monate vor der
Untersuchung die Milz exstirpiert. Als wir das Kind unter-
suchten, war die GelbfÀrbung der Haut schon verschwunden.
In jedem Falle wurde auch das Differentialbild nach der
Methode Schillings untersucht.2) Zur Veranschau-
lichung dieser Versuche möchten wir einige unserer Ver-
suchs -Protokolle wiedergeben.
H. J., 12 Jahre alt. Lebersarkom. Bei der Sektion: Dif-
fuses Sarkom, das die Leber fast vollstÀndig zerstört hat. (200
gr Milch.) Leukozytenwerte: 13100 â 12000 â 11 800 â 10200.
W. U., 8 Jahre alt. Ikterus simpl. (200 gr Milch. 9500
â 10050 â 8150 â 8100.
L. G., 9 Jahre alt. Toxisches Erythem, Ikterus.
(200 gr Milch.) 6800 â 6400 â 6600 â 7000,
W. B., 7 Jahre alt. H a emoly t i s ch er I k t e f u s. (200 gr
Milch.) 7300 â 5200 â 6500 - 6800.
B. J., 9 Jahre alt. Haemolytischer Ikterus. (200 er
Milch.) 5000 â 5100 â 4200 â 4400.
F. B., 7 Jahre alt. "HĂ€ emoly t. Ikterus. Nach S p 1 e-
n e k t o m i e. (200 gr Milch.) 7800 â 6500 â 7200 â 7100.
C a sein. (5 gr.)
E. L., 13 Jahre all. Pleuritis. 5750 â 1800 â 5200 â 5500.
L. H,
7000 -
IL K.,
- 4750.
E. E,
8000.
K. M.,
13 Jahre
8800.
7 Jahre alt.
Gly kok oll. (1 gr.)
alt. E r y t h e m a n o d o s u m.
1100 â 7400
Ikterus simpl. 5400 â 6350 â 5650
13 Jahre alt. Nephritis. 7900 â 7600 â 720O â
6900
6 Jahre alt. Arthritis deform ans. 7000 â
E. P
â 4500.
H. S
E. L,
5700.
w. u.
â 8000.
7060 - 0500.
13 Jahre alt
Pepton. (0,5 gr.)
A s t -h m a b r 0 n c h .
5250 â 3760 â 3600
10 Jahre alt. S t omat iti s.
13
Jahre
Jahre alt
6300 _ 6460
Butter. (30 gr.)
alt. Nephritis. 6000
6000 -
5700
4700
I k t e r u s s i m p L 8050
7950
6300
Z u c k e r.
L. M., 13 Jahre alt. Lues.
(15 gr.)
8100 - 8350
6850 - 3500.
*) Diese Untersuchungâą haben keine eindeutigem Ergebnisse
ergeben. °
Aus unseren Untersuchungen ergibt sich, daĂ auch bei
diesen Ă€lteren Kindein auf Zufuhr von EiweiĂ, Fett odet
Zucker die Leukopenie mit einer fast konstanten Regel
mĂ€Ăigkeil auftritt. D i <âą V e r d a u u n g s I e u kopenic ist
a 1 s o n i c h l n u r f ĂŒ r das S Ă€ u g 1 i n g s a 1 t e r , son-
d e r n f ĂŒ r das K i n d e s a 1 1 e r ĂŒ b e r h a u p t als das
physiologische zu betrachten. â Nur in einem
Punkte stimmen diese Erfahrungen mit denen an SĂ€ug-
lingen gewonnenen nicht vollstĂ€ndig ĂŒberein. WĂ€hrend
SĂ€uglinge auf perorale Zufuhr von AminosĂ€uren (geprĂŒft
wurden Glykokoll und Alanin) fast ausnahmslos mit einer
vorĂŒbergehenden Leukozytose reagieren, haben wir diese Er-
scheinung bei gröĂeren Kindern mehrfach vermiĂt. Es gibt
FÀlle, die auf Zufuhr vön AminosÀuren mit einer Leuko-
zytose reagieren, dann auch solche, bei welchen die Leuko-
zytenkurve (iuf Verabreichung von Glykokoll) in keiner
Weise beeinfluĂt wird. Wie bekannt, hat Widal fĂŒr die
Verdauungsleukopenie â von ihm haemoklasische Krise ge-
nannt â eine gestörte proteopexische Funktion der Leber
verantwortlich gemacht. Diese Hypothese wurde von uns ab-
gelehnt; ist es ja kaum anzunehmen, daà die Leber wÀhrend
des ganzen Kindesalters abnorm funktionieren soll. Zu
einem ablehnenden Standpunkt muĂten wir aber auch aus
dem Grunde kommen, weil wir in der Leukozytenkurve
keine linterschiede beobachten konnten, gleichgĂŒltig, ob der
Versuch an lebergesunden oder leberkranken Kindern ange-
stellt wurde. Ja, wir haben z. B. bei einem Kinde mit Ik-
terus infolge kong. Verschlusses der groĂen Gallenwege und
hochgradiger Leberzirrhose eine vorĂŒbergehende Vermehrung
der Leukozytenzahl beobachtet. Es ist wohl kaum anzu-
nehmen, daĂ die Leber gerade bei diesem Kinde jdchtig
funktioniert hat. DaĂ die Verdauungsleukopenie, der po-
sitive Leukowidal, ein anaphylaktisches Aequivalent ist,
scheint uns ebenfalls recht unwahrscheinlich zu sein. Die
Tatsache, daĂ beim Kinde die Leukopenie nicht nur nach
EiweiĂ, sondern auch nach Zufuhr von Fett und Zucker
auftritt, schlieĂt nach dem jetzigen Stande der Anaphylaxie-
forschung eine solche Analogisierung aus. Es sei in diesem
Zusammenhange nur daran erinnert, daĂ bei der sogenannten
âFleischintoxikation" der Eckfistel -Hunde im Blutbilde keine
VerĂ€nderungen nachzuweisen sind. âVor allem fehlt jede
Aenderung im prozentischen MischungsverhÀltnis der Leuko-
zyten. Es besteht kein Leukozytensturz, keine relative
Lymphozytose, was wir wegen der geĂ€uĂerten Ansicht, daĂ
die Fleischintoxikation eine anaphylaktische Erscheinung
wĂ€re, besonders genau prĂŒften." (Fisch ler, Physiologie
und Pathologie der Leber. S. 127. Verl. Springer.) Wir
mĂŒssen uns also fragen, auf welchem Wege denn die Ver-
dauungsleukopenie entsteht. Eigene Untersuchungen, wie
auch die exakt durchgefĂŒhrten Tierversuche von Gold-
scheider und Jako b , ferner die von Schwenke-
b e c h e r und Siegel haben uns dazu veranlaĂt, die Ver-
dauungsleukopenie als eine Verteilungsleukopenie, die Leuko-
zytose hingegen als eine. Reizerscheinung seitens des Leuko-
poetischen Apparates anzusehen. Daà es sich bei der hÀmo-
klasischen Krise um eine Verteilungsleukopenie handelt, hat
in der Diskussion zu dem Vortrage S c h i f f ' s auch Schil-
ling vertreten. In diesem Sinne haben sich unlÀngst auch
Wor m s und Schreiber ausgesprochen.
Seit unserer ersten Mitteilung sind eine ganze Anzahl
von Arbeiten ĂŒber diesen Gegenstand erschienen. Man ver-
suchte die Verdauungsleukopenie bezw. Leukozytose auf den
verschiedensten Wegen zu erklÀren. An Hypothesen fehlt
es nicht. Wir wollen auf diese nicht eingehen. Nur exakte
Versuche können ĂŒber diese Frage entscheiden. Solange die
Arbeiten von G o 1 d s c h e i d e r und Jakob, ferner die
von S c h w e n k e b e c h e r und Siegel nicht durch neuere
experimentelle Untersuchungen ĂŒberholt sind, sehen wir uns
nicht veranlaĂt, diese Forschungsergebnisse zu vernach-
lÀssigen und uns in hypothetische Spekulationen zu verlieren.
546
WeiĂ: Latenz der Tuberkulose
40. Jahrg. ^- Nr. 35/36.
Glaser, der unsere Beobachtungen an Kindern be-
st;! t igt hat, vertritt die Auffassung, daĂ die physiologische
Verdauungsleukopenie des Kindes auf die in diesem Alter
bestehende physiologische Vagotonie zurĂŒckzufĂŒhren ist.
Trotz der recht interessanten Versuchsergebnisse dieses
Autors, möchten wir den Begriff der Vagotonie nur mit einer
groĂen Vorsicht verwenden. Das letzte Wort ĂŒber diese
Fragen dĂŒrfte wohl kaum noch gesprochen sein. Die Be-
hauptung Glasers, daĂ die Leukozytose, die wir nach
Zufuhr von AminosÀuren beobachtet haben, auf die sympa-
thomimetische Wirkung dieser Körper beruht, erscheint uns
recht unwahrscheinlich. Glaser beruft sich auf die Fest-
stellung von B e r g e r und D a 1 e , daà die primÀren und se-
kundÀren aliphatischen Amine sympathomimetische Sub-
stanzen sind. Das ist allerdings richtig. AminosÀuren und
Amine sind aber verschiedene Körper und die sympatho-
mimetische Wirkung von AminosÀuren ist uns bisher nicht
bekannt gewesen. Es ist bisher noch nicht entschieden, ob
die AminosĂ€uren ĂŒberhaupt als solche diese Wirkung ent-
falten. Es ist a priori nicht von der Hand zu weisen, daĂ
vielleicht erst gewisse Abbauprodukte dieser Körper den An-
laĂ zum Auftreten der Leukozytose geben. Diese Frage
könnte durch den assymmetrischen Abbau i sommerer Amino-
sÀuren im kindlichen Organismus entschieden werden. So-
bald uns solche Körper zur VerfĂŒgung stehen werden, wollen
wir diese Versuche ausfĂŒhren.
Die VerÀnderungen, die in der zelligen Zusammen-
setzung des Blutes nach erfolgter Nahrungsaufnahme auf-
treten, hat Widal in einer spÀteren Arbeit auf eine Störung
im physikalisch-chemischen Gleichgewichte der Blutkolloide
zurĂŒckgefĂŒhrt. (Kolloidiklasie.) Von dieser Anschauung
ausgehend hat J. Bauer Untersuchungen in dieser Richtung
angestellt und fand bei der haemoklasischen Krise charak-
teristische VerÀnderungen in der Goldsolreaktion. Das Blut-
serum zeigt ein herabgesetztes FĂ€llungsvermögen fĂŒr die
Goldlösung. Untersuchungen ĂŒber die physikalisch-chemi-
schen VerĂ€nderungen in der BlutflĂŒssigkeit nach der Nah-
rungsaufnahme bei leberkranken und lebergesunden Kindern
wurden von Frl. Dr. Eliasberg ausgefĂŒhrt. Sie verfolgte
die Beeinflussung .der Sedimentierungsgeschwindigkeit der
roten Blutkörperchen durch die Nahrungsaufnahme. Ein
regelmĂ€Ăiges Verhalten konnte Eliasberg nicht nachweisen.
Sie wird ĂŒber diese Untersuchungen selbst berichten.
SchlieĂlich wĂ€ren noch einige Worte ĂŒber die W i d a 1 '
sehe Leukozytenreaktion als Zeichen gestörter LebertÀtigkeit
zu sagen. Wir haben uns ĂŒber die diagnostische Verwert-
barkeit dieser Methode meritorisch nie ausgesprochen. Der
Kinderarzt hat viel zu selten mit Leberkranken zu tun, um in
dieser Frage Stellung nehmen zu können. Wenn man aber
die recht angewachsene Literatur ĂŒbersieht, so macht man
eine recht eigentĂŒmliche Erfahrung. Wir sehen Mitteilungen,
in denen ĂŒber Erfahrungen berichtet wird, die nur an we-
nigen FĂ€llen gewonnen worden sind. In anderen Arbeiten
sind die VerhĂ€ltnisse schon an einer gröĂeren Anzahl von
FĂŒllen verfolgt, in der ĂŒberwiegenden Mehrzahl sind aber
zu den Untersuchungen Leberkranke herangezogen worden.
Einem Chemiker wĂŒrde es nie [einfallen, sich ĂŒber den Wert
z. B. einer analytischen Methode zu Ă€uĂern, bevor er in zahl-
reichen Kontrolluntersuchungen die LeistungsfÀhigkeit der
Methodik nachgeprĂŒft hat. Unlersiu diungen an einer grö-
Ăeren Anzahl von lebergesnnden Erwachsenen, ĂŒber das Ver-
halten der Leukozytenkurve nach der Nahrungsaufnahme,
stehen aber bis zum heutigen Tage noch aus. Immerhin
gibt es auch bei einer ganzen Anzahl von sicheren und
schweren Lebererkrankungen der Erwachsenen reichlich
Versager. Und wenn ein so ausgezeichneter Kenner auf
diesem Gebiete wie Lepehne in seinem Sammesreferate
sich kĂŒrzlich dahin ausgesprochen hat, daĂ die Widal'sche
Prolx; als diagnostisch eindeutige FunktionsprĂŒfung der
Leber nicht angesehen werden kann, so glauben wir, daĂ er
mit dieser Ansicht auch Recht behalten wird.
Aus der Chirurgischen UniversitÀtsklinik zu Frankfurt a. M.
(Direktor: Prof. Dr. V. S c h m i e d e n.)
Ein Beitrag zur Frage der Latenz der
Tuberkulose nach erfolgter kutaner Infektion.
Von Hermann WeiĂ. »
Welche Forderungen mĂŒssen erfĂŒllt sein, um beim Auf-
treten von Tuberkulose in einer Wunde mit Bestimmtheit auf
Impftuberkulose schlieĂen zu können?
Ăber den gegenwĂ€rtigen Stand der Frage möchte ich zu-
sammenfassend berichten.
Der Tuberkulosebazillus kann den Organismus auf drei-
erlei Weise infizieren: Inhalation, FĂŒtterungs- und Impfmo-
dus der Infektion. Die hÀufigste Art der Infektion ist bekannt-
terweise die Inhalation der Bazillen. Die beiden anderen In-
fektionswege kommen weit weniger in Betracht: Die Selten-
heit einer primĂ€ren FĂŒtterungstuberkulose ist schon durch die
groĂe dazu erforderliche Bazillenmenge zu erklĂ€ren. S e 1 -
t e r fand, daĂ man zur Erreichung einer FĂŒtterungsinfektion
einem Meerschwein mindestens 3,5 mg Bazillen einverleiben
muĂte, wĂ€hrend schon ein Bazillus einer virulenten Kultur
(also ca. der milliardste Teil des oben genanten Infektionsmo-
dus) genĂŒgte, um inhaliert oder intrakutan bezw. intravenös
eingebracht, ein Tier zu infizieren.
Die zweite der selteneren Infektionsarten, die Impftuber-
kulose, findet beim Menschen meist durch ein Trauma statt,
das eine sichtbare Verletzung der Haut setzt. Es wurde ver-
schiedentlich auch Tuberkuloseinfektion beschrieben, die
durch die anscheinend unverletzte Haut erfolgte. Genauere
Kenntnis dieser Infektionsart ist am ehesten im Experiment
möglich. Courmont und L e s i e u r fanden, daĂ, um eine
Infektion durch die anscheinend unverletzte Haut zu erreichen,
eine stark virulente Kultur notwendig ist. Die Haut verhÀlt
sich bei erfolgreicher Impfung verschiedenartig. Zum Teil
findet man bei ihr keine Spur der erfolgten Bazillenpassage,
zum Teil wird sie eitrig induriert. In anderen FĂ€llen bilden
sich lokale Tuberkeln. Bei KĂ€lbern und Meerschweinchen
wurden die nĂ€chsten LymphdrĂŒsen, auch wenn die Haut keine
Erscheinungen aufwies, tuberkulös, wÀhrend sie beim Kanin-
chen nicht infiziert wurden. Die Eingangspforten der Bazil-
len durch die unverletzte Haut sind die Haarfollikel sowie die
AusfĂŒhrungsgĂ€nge der HautdrĂŒsen.
Wichtig ist in jedem Fall beim Zusammentreffen von
Trauma mit sichtbarer Verletzung der Haut und Tuberkulose
festzustellen, ob tatsÀchlich auch Impftuberkulose vorliegt oder
ob die Wunde auf andere Weise infiziert wurde. Zu scheiden
von Impftuberkulose sind solche FĂ€lle, bei denen in einem tu-
berkulösen Organismus die Infektion metastatisch durch auf
dem Blutweg herbeigeschleppte Bazillen erfolgte.
Impftuberkulose ziehen sich meist solche Personen zu, die
mit infektiösem Material zu tun haben, (Pflege- und Kranken-
hauspersonal, Laboranten, SchlÀchter). HÀufig erheben diese
alsbald Anspruch auf EntschÀdigung. Bei dem chronischen
Verlauf und der HartnÀckigkeit der Tuberkulose, die oft radi-
kale Operationen notwendig machen, ist es naheliegend, daĂ
die Versicherungsgesellschaften vom Gutachter scharfes Aus-
einanderhalten von Impftuberkulose und andersartig erfolgter
Infektion verlangen
Die FĂ€lle traumatischer Impftuberkulose sind nun weit-
aus seltener, als es den Anschein hat. L i n i g e r fand, daĂ
nur 5% der Ă€uĂeren Tuberkulose traumatischen Ursprungs
waren. Andere geben etwas höhere Zahlen an (bis 25^). Die
Frage nach dem Zusammenhang zwischen Trauma und Tu-
berkulose kann noch nicht als vollstÀndig geklÀrt bezeichnet
werden.
Welche Bedingungen mĂŒssen erfĂŒllt sein, damit einge-
drungene Bazillen eine Infektion erregen, und welcher Art
ist diese?
Wie Lubarsch in seinen pathologisch-anatomischen
Untersuchungen fand, bedarf es hierzu entweder wiederholter
10. Jahrg. â Nr. 35/30.
WeiĂ: Latenz der Tuberkulose
51 ;
Infektionen oder einer Infektion mit zahlreichen virulenten
|; Bakterien.')
Die Infektion von Wunden durch die Luft ist Ă€uĂerst sel-
ten. Die Herkunft des Infektionsmaterials bei Insektenstichen
I ist, soweit es nicht experimentell ausgefĂŒhrt wird, schwer zu
bestimmen. Diese Infektionsart gehört nicht zu den ganz sel-
tenen. So beschreibt A. Cahn folgenden Fall: Insekten-
stich bei einem vierjÀhrigen Knaben; nach Abheilung der
Papel zeigt sich ein tuberkulöses GeschwĂŒr mit sekundĂ€rer
Schwellung der zugehörigen LymphdrĂŒsen. Heilung durch
Operation. Am geeignetesten zur Impftuberkulose sind LĂ€sio-
nen der Haut und kleinere Defekte. GröĂere Wunden mit stĂ€r-
leren Blutungen bieten durch die dadurch erfolgte Selbstdesin-
fektion weniger Gelegenheit hierzu. Von Sinding Lar-
sen wird folgender Fall mitgeteilt: Ein Knabe schnitt sich in
den Finger, die Wunde zeigte keine Heilungstendenz, zwei Mo-
nate spĂ€ter schwollen die LymphdrĂŒsen der Achselhöhle stark
an und wurden entfernt. Sie waren tuberkulös. Danach tu-
berkulöse Lymphangitis mit kleinen Abszessen, die Fisteln und
Ulzera zurĂŒcklieĂen. Nach Heilung traten in den Narben Lu-
pusknoten auf. In der Fingernarbe wurde Tuberkulose nach-
gewiesen. Es ist dies einer der wenigen FĂ€lle, bei denen sich
mit einiger Wahrscheinlichkeit der Zeitpunkt der Infektion und
derjenige des klinischen Auftretens von Tuberkuloseerschei-
nungen am Orte der LĂ€sion nachweisen lieĂ.
Nach den von L i n i g e r aufgestellten Forderungen zur
Anerkennung von Impftuberkulose muĂ der einwandfrei fest-
gestellte Unfall von direkten Folgen begleitet sein. Sehr fĂŒr
Tuberkulose spricht geringe Heiltendenz einer Wunde. In
einiger Zeit (nach L i n i g e r nicht spÀter als 6 Monate) ent-
wickelt sich dann in ihr die Tuberkulose.
Scharf von diesen FĂ€llen traumatischer Impftuberkulose
sind solche von Tuberkulose nach stumpfem Trauma zu tren-
nen. Die dadurch hervorgerufene lokale Tuberkulose ent-
steht direkt durch Aktivierung eines latenten, schon vorher im
Körper befindlichen Tuberkuloseherdes am Ort des Traumas
oder indirekt durch Aktivierung eines solchen Herdes an ent-
fernter Stelle; die Bazillen gelangen in letzterem Falle auf
dem Blut- oder Lymphweg nach dem durch das Trauma ge-
schaffenen locus minoris resistentiae. AeuĂerst selten werden
durch ein stumpfes Trauma Bazillen von der Haut aus in die
Tiefe gepreĂt.
Das fernere Schicksal eines durch Impftuberkulose infi-
zierten Körpers hÀngt von verschiedenen UmstÀnden ab: 1.
von der Menge und der Virulenz der eingedrungenen Erreger
sowie ihrer AnpassungsfÀhigkeit an den befallenen Organis-
mus, 2. vom Ort der Infektion (ob unter UmstÀnden eine ra-
dikale Operation möglich ist); 3. von der Widerstandskraft
des befallenen Organismus. Im gewöhnlichen ist eine Allge-
mein-Infektion von lokaler Infektion ausgehend selten. Eine
individuelle Disposition wie bei dem Inhalationsmodus scheint
zu ihrem Zustandekommen nicht zu gehören.
Aus alledem ist ersichtlich, daĂ es schwer zu entscheiden
ist, ob ein reiner Fall von Impftuberkulose vorliegt, zumal es
meist unmöglich ist, alle dazu nötigen Faktoren zu erheben.
Zu diesen Tuberkulosen zweifelhafter Herkunft gehört folgen-
der Fall, der an der Abteilung fĂŒr chirurgische Tuberkulose
der hiesigen Klinik zur Beobachtung gelangte.2) Hier konnte
der Zeitpunkt der Infektion und derjenige des Auftretens tuber-
kulöser klinischer Erscheinungen unter den Augen des Arztes
(Dr. Flesch-Thebesius) beobachtet werden.
Emma B. 73 Jahre.
Patientin stammt aus gesunder Familie. 1911 doppelsei-
tige LungenentzĂŒndung, damals anschlieĂend 2 Jahre Hals-
drĂŒseneiterung.
') E. Levy hat in seinen Versuchen eine Kultur benutzt, von der
1 400 000 mg genĂŒgten, um nach Rasieren der Haut eine Impftuber-
kulose hervorzurufen.
-) Rein kasuistisch wurde der Fall bereits in einer Arbeit von
Liniger und Flesch-Thebesius in der Zeitschrift fĂŒr UnfĂ€ll-
kunde und OrthopÀdie mitgeteilt.
Seit Januar 1<)20 Schmerzen und Schwellung des linken
Knies. Vom Hausarzt mit StÀrke- und GipsverbÀnden, Licht-
bÀdern und Punktionen behandelt.
Anfang Mai 1921 kleine Inzision, anschlieĂend Stauung,
Freiluft, Sonnen- und Quarzlampenbestrahlung. Einweisung
auf die hiesige Tuberkuloseabteilung.
Befund 19. Mai 1921.
Alte Frau, hochgradige spindelförmige Auftreibung des
linken Knies; starker ErguĂ, geringe BewegungsfĂ€higkeit,
Dicht unterhalb der Kniescheibe eine 1 cm breite quere Opera
tionswunde, aus der sich auf Druck auf die Kniescheibe dĂŒnn-
flĂŒssiger, bröckliger Eiter entleert.
Röntgenbild zeigt mehrere Herde an der Kniescheibe und
im Tibiakopf.
Lungenbefund: (Prof. A 1 w e n s) DĂ€mpfung rechts hin-
ten oben, bis unterhalb der Skapula, auch unterhalb hiervon
Schall etwas schwĂ€cher als links. Besonders am rechten I Ă-
lus vereinzelte kleinblasige GerÀusche und verschÀrftes I \-
spirium. Rechts Zwerchfell vorne und hinten weniger ver-
schieblich als links. Herz nach rechts verzogen. Beurteilung:
Pleura-Schwarte rechts.
Patientin hat nur ganz wenig Auswurf. Mehrfache Un-
tersuchungen ergaben niemals das Vorhandensein von Tuber-
kelbazillen im Sputum.
Mit RĂŒcksicht auf das hohe Alter wurde am 2. Juni 1921
die Resektion des linken Kniegelenkes ausgefĂŒhrt und, als trotz-
dem die Fistelung weiterbestand, am 29. Juli 1921 die Ampu-
tation angeschlossen.
Die Patentin erholte sich sichtlich. WĂ€hrend zuvor die
Urochromogenreaktion dauernd positiv gewesen war, wurde
sie in der Folgezeit bei 14tÀgiger Untersuchung dauernd nega-
tiv. Patientin nahm an Gewicht zu. (Gewicht betrug am 15.
August 1921 34 kg, am 12. Januar 1922 41 kg.)
WĂ€hrend der Rekonvaleszenz ereignete sich folgender
Zwischenfall. Am 30. November 1921 erlitt Patientin beim
Einsteigen in die Badewanne dadurch einen Unfall, daĂ sie
infolge ihrer Ungeschicklichkeit durch das Fehlen des linken
Beines ausrutschte und sich an der Streckseite des Grundge-
lenkes des linken Daumens eine 1 cm groĂe SchĂŒrfwunde zu-
zog. Sie machte davon bereits den nÀchsten Tag dem Abtei-
lungsarzt Mitteilung. Es lieĂ sich weiter nichts feststellen als
eine kleine AbschĂŒrfung an der bezeichneten Stelle, welche ge-
jodet und mit einem trockenen Schutzverband versehen wurde.
Der Abteilungsarzt war dann 8 Tage verreist und fand bei sei-
ner RĂŒckkehr am 9. Oktober 1921 die Verletzungsstelle von
einem roten empfindlichen Hof von 2 cm Durchmesser umge-
ben und druckempfindlich. In der Annahme, daĂ sich die
Hautwunde infiziert habe, wurden feuchte VerbÀnde gemacht.
Die EntzĂŒndung blieb jedoch dauernd bestehen und da sich
an dec Stelle der ursprĂŒnglichen HautabschĂŒrfung in ihrer
Mitte ein linsengroĂes GeschwĂŒr entwickelte, erweckte sie be-
reits am 20. Oktober 1921 klinisch durchaus den Eindruck
eines tuberkulösen GeschwĂŒrs. Am 29. Oktober 1921 wurde
die Exzision dieses GeschwĂŒres vorgenommen. Professor
Klose, der die Untersuchung der exzidierten Partie vor-
nahm, stellte, ohne etwas ĂŒber den nĂ€heren Sachverhalt zu
wissen, sofort eine Diagnose: Eindeutig verkÀsende Tuberku-
lose. Unter Röntgenbestrahlung, SalbenverbÀnden ist die
Wunde dann langsam abgeheilt.
Zusammenfassung.
Eine Patientin, bei welcher vor 2 Monaten der linke Ober-
schenkel wegen Tuberkulose des Kniegelenkes amputiert wer-
den muĂte, und welche an einer Lungentuberkulose leidet,' bei
der aber bei hÀufig vorgenommener Untersuchung niemals
Tuberkelbazillen im Sputum nachgewiesen werden konnten,
befindet sich offensichtlich auf dem Weg der Besserung. (Ne-
gativer Ausfall der Urochromogenreaktion, Gewichtszu-
nahme.) Durch Anstreifung an der Wand zieht sie sich eine
oberflĂ€chliche HautabschĂŒrfung am linken Daumen zu. Drei
Wochen spÀter macht die Wunde den Eindruck eines tuberku-
lösen GeschwĂŒrs; die Diagnose wird durch Probeexzision
bestÀtigt.
548
fteuli: Prognose der SĂ€uglingstuberkulose
40. Jahrg. â Nr. 35/36.
Es ist wohl möglich, daĂ die SchĂŒrfwunde der Patientin
in einem Raum der Tuberkuloseabteilung primÀr infiziert
wurde. Doch scheint dies an sich wenig wahrscheinlich. Wei-
terhin kommt eine Infektion durch Aussaugen der Wunde in
Frage, indem hierbei durch bazillenhaltiges Sputum die Bazil-
len Engang gefunden haben können. Da aber niemals bei der
Patientin Tuberkelbazillen im Sputum nachgewiesen werden
konnten und die Patientin bestritt, die Wunde, die sofort mit
einem Verband versehen wurde, jemals an ihre Lippen ge-
bracht zu haben, spricht auch fĂŒr diese Annahme wenig
Wahrscheinlichkeit. Endlich muĂ man an eine Infektion des
primÀr gesetzten Gewebedefektes auf hÀmatogenem Wege den-
ken. Die Untersuchungen Liebermeisters an Tuberku-
losen aller Art haben uns gelehrt, wie hÀufig bei genauester
Untersuchung Tuberkelbazillen im Blut nachgewiesen werden
können. Nach allem scheint uns deswegen dieser Weg der
Infektion in vorliegendem Falle, wenn auch nicht erwiesen,
doch als der wahrscheinlichste.
Veranlassung fĂŒr die Mitteilung dieses
Falles war weniger die Frage nach dem Zu-
standekommen .der Infektion, .als .vielmehr
die Tatsache, daĂ hier unter den Augen des
Arztes ein Ă€uĂerer Gewebsdefekt entstan-
den war und in einer genau festzustellenden
Zeitspanne die Entwicklung der Tuberku-
loseinfektion bis zur EntstehungdesGe-
schwĂŒrs beobachtet werden konnte. Soweit
mir bekannt, sind derartige Beobachtungen in der Literatur
nur in geringer Anzahl niedergelegt worden; und doch mĂŒs-
sen sie registriert werden, weil sie geeignet sind, uns in der
noch nicht geklÀrten Frage des Zusammenhangs zwischen
Trauma und Tuberkulose einen Schritt vorwĂ€rts zu fĂŒhren.
Literatur:
A. C a h n, Naturwissenschaft! Verein StraĂburg.
Courmont und Lasieur, Tuberkulose-KongreĂ, Washington
E. L e v y, Naturwissenschaftl. Verein StraĂburg.
Liniger, Ărztl. SachverstĂ€nd.-Zeitung, 1914/17.
Lubarsch, Zeitschrift fĂŒr Ă€rztl. Fortbildung, 1918.
Sinding-Larsen, Norsk Magazin for Laegevidenskoben, 1908.
Aus der 2. Kinderabteilung der Wiener Allg. Poliklinik.
Kasuistischer Beitrag zur Prognose der
SĂ€uglingstuberkulose.
Von A. ReuĂ.
Vor kurzem berichtete OĂwald1) ĂŒber Beobachtungen
aus der Leipziger Kinderklinik, aus denen hervorgeht, daĂ
die gefĂŒrchtete FrĂŒhinfektion mit Tuberkulose durchaus
nicht die schlechte Prognose gibt, die man ihr gewöhnlich
beimiĂt, und daĂ insbesondere die erst im 2. Lebenshalbjahr
infizierten SĂ€uglinge zu einem groĂen Teil mit dem Leben
davonkommen.
Auch ich habe eine Reihe von SĂ€uglingsinfektionen ge
sehen, welche entweder ganz latent blieben und nur durch
die positive Tuberkulinreaktion aufgedeckt wurden, oder
nach Bestehen aktiver Erscheinungen in ein inaktives Sta-
dium ĂŒbergingen.
Trotzdem besteht die Tatsache zu Recht, daĂ die Prognose
der Tuberkulose beim Kinde bezĂŒglich Heilung oder Ueber-
gang zur InaktivitĂ€t umso ungĂŒnstiger ist, je frĂŒher die In-
fektion erfolgt. Von 30 Kindern des OĂwald' sehen Ma-
terials, welche im ersten Lehenshalbjahr infiziert worden
waren, blieben nur zwei am Leben.
Der folgende Fall erscheint mir deshalb mitteilenswert:
Franz K., am 27. Juni 1919 geboren, wurde am 19. September
zum ersten Male in meine Ambulanz gebracht. Gesundes Brust-
kind, 4890 g schwer. Am 2. Janmur 1920 wurde das 5 Monate
alte Kind wieder vorgestellt. Die Mutter gab an, daĂ es seit etwa
5 Wochen eigentĂŒmlich keuchend atme, und daĂ diese Atem-
beschwerden in allerletzter Zeit erheblich zugenommen hÀtten.
Das im allgemeinen gut aussehende, ĂŒber 7 kg schwere Kind,
Mohatschr. f. Kinderheilk. 23. 1922. S. 105.
zeigte in klassischer Form das Symptom des exspiratorischen
Keuchens. Pirquet positiv. Am Stamm vereinzelte wie Tuberku-
lide aussehende zenlralgedellte Knötchen. Hinten oben beiderseits
verkĂŒrzter Schall und scharfes AtemgerĂ€usch, besonders rechts.
Dieser physikalische Befund deckte sich mit dem von Dozent
Bach an der Kinderklinik erhobenen Röntgenbefund: âSchatten
rechts oben und am rechten Hilus wie bei DrĂŒsensch welluni> ".
Die Nachforschungen nach der Infektionsquelle ergaben, dal
es sich um eine extrafamiĂĂ€re Infektion handelte. Im Herbst
1919 war das Kind von einem MĂ€dchen gepflegt worden, welches
sich spÀter als lungenkrank erwies.
Die Erscheinungen der manifesten BronchialdrĂŒsentuber-
kulose lueften bis Mitte April an. Das Kind zeigte anhaltend
den exspirationsstenotischen Atmungslypus mit zeitweise auf!
tretenden dyspnoischen Attacken, hustete und fieberte öfters.
Allgemeinbefinden und -aussehen bald besser, bald schlechter.
Gewichtskurve anfangs ansteigend, dann wieder abfallend, s<g
daĂ das Gewicht am ĂŒ. 4. dasselbe war wie am 2. 1. Im MĂ€rz von
das AtemgerÀusch rechts oben ausgesprochen bronchial.
Das Kind trank wÀhrend der ganzen Zeit an der Brust und
wurde von der sehr sorgsamen und intelligenten Mutter tadellos,
gepflegt. Die Behandlung bestand, von symptomatischen Se-|
dalivmitteiln abgesehen, in wochenlang forlgesetzten Bestrah-
lungen mit Quarzlicht. Ob die nach etwa 1 Monaten eintretende
Besserung als Folge dieser Therapie zu betrachten ist, wage icH
natĂŒrlich nicht zu behaupten. Tatsache ist, daĂ etwa vom .Mai
19'2() an ein entschiedener Umschwung zum Besseren eintrat. Die
Symptome der BronchialdrĂŒsenerkrankung schwanden, das Gel
wicht nahm stetig zu, so daĂ das Kind mit einem Jahr 8750 0t
wog.
WĂ€hrend der folgenden 2 Jahre entwickelte sich das Kind
trotz mehrmaliger, aber durchweg rasch vorĂŒbergehender kaj
tarrhalischer Erkrankungen der Atmungsogane ungestört. Im
Oktober 1921 hatte es eine leichte Conjunctivitis phlyctaenulosa.
Das nunmehr 3 Jahre alte Kind wiegt 15 kg, sieht vorzĂŒglich aus:
und darf klinisch als gesund bezeichnet werden. Röntgen-;
ologLsch ist eine VergröĂerung der rechtsseitigen HilusdrĂŒsen
noch deutlich naenweisbar.
Wir haben also einen Fall von SĂ€uglingstuberkoluse vor
uns, bei welchem der Infeklionstermin spÀtestens auf den Be-
ginn des 2. Vierteljahres zu setzen ist und die klinischen Er-
scheinungen einer BronchialdrĂŒsenerkrankung bereits im
5. Monat bestanden. Trotz des frĂŒhen Iniektionstermins trat
nach einigen Monaten â was die klinischen Erscheinungen
betrifft â Heilung ein. Das d. z. 3 Jahre alte Kind zeigt
keinerlei Zeichen eines aktiven Prozesses. Es handelt sich
um eine extrafamiliÀre Infektion bei einem konstitutionell be-
sonders gĂŒnstig veranlagten Brustkind aus gesunder Familie.
Man könnte sich versucht fĂŒhlen, den gĂŒnstigen Verlauf der
Tuberkulose auf die gute Konstitution zu beziehen, wenn man
nicht wĂŒĂte, daĂ letztere gerade auf den Verlauf der SĂ€ug-
lingstuberkulose im allgemeinen keinen ausschlaggebenden
EinfluĂ hat.
Schulgesundheitspflege.
Von Dr. Adolf H. Braun, Stadtschularzt, Aachen.
Der katastrophale Ausgang des Krieges und der politische
Umsturz haben auch abseits liegende Gebiete in GĂ€rung und
Unruhe versetzt. Die schweren Entbehrungen, unter denen
unser Volk jahrelang zu leiden hatte, rÀumten der Wohlfahrts-
und Gesundheitspflege mit einem Male eine' wichtige Stelle in
unserem Gemeinschaftsleben ein, als wir erst die vorher auf
Löschen des Weltbrandes gerichtete Aufmerksamkeit der aus-
gebrannten TrĂŒmmerstĂ€tte und den AufrĂ€umungsarbeiten zu-
wenden konnten. Diese an sich schon riesige AufrÀumungs-
arbeit wird uns noch dadurch erschwert, daĂ wir sie unter
dem hemmenden Druck einer ungeheuren Schuldenlast ver-
richten mĂŒssen, und daĂ auf der BrandstĂ€tte bald hier bald
dort immer wieder Flammen emporschlagen und Explosionen
stattfinden.
Die Schulgesundheitspflege, welche bei uns schon lange
vor dem Kriege BĂŒrgerrecht erworben hatte, sah sich durch
die Katastrophe vor gewaltige neue Aufgaben gestellt; liegt
ihr doch die Betreuung eines Volksteiles ob, der besonders
stark unter der Blockade gelitten hat. Es ist ihr die Aufgabe
41). Jahrg. â Nr. 35/36.
Braun: Schulgesundheitspflege
zugefallen, nicht nur den entstandenen Schaden abzuschÀtzen,!
sondern energisch lindernd und 'helfend einzugreifen. Hier-J
zu waren die bestehenden Einrichtungen vielfach nicht ausrei-
chend, und wir sehen daher die Nachkriegszeit allenthalben
an der Arbeit, diesen Zweig der GesundheitsfĂŒrsorge fĂŒr die
von ihm leistenden Aufgaben instand zu setzen. Da die
Schulgesundheitspflege nur ein Teilgebiet der gesamten Wohl-
fahrts- und Gesundheitspflege ist, so war dazu nicht nur eine
Ausbesserung und Anpassung des schulÀrztlichen Apparates
nötig, sondern eine Sammlung der gesamten KrÀfte, sowie
Autorisation derselben, indem man die Wohlfahrtspflege aus
einer mehr oder minder privaten Angelegenheit zu einer sol-
chen des Ganzen erhob und dafĂŒr Sorge trug, daĂ nicht nur
das eine Rad ins Laufen kam, sondern die ganze Maschine.
Die Schwierigkeit der Aufgabe hat den kĂŒhnen DraufgĂ€n-
germut der Anfangszeit merklich abgekĂŒhlt. Wenn aber auch
nicht alles so schnell und in den AusmaĂen zur DurchfĂŒhrung
gekommen ist, wie es manche ertrÀumten, so wurde doch bis-
her ein gutes StĂŒck Arbeit geleistet. Das ĂŒber Deutschland
gezogene Netz der SĂ€uglings- und SchulfĂŒrsorge ist wesent-
lich dichter geworden und schon vielfach von der FĂŒrsorge
fĂŒr das Kleinkinderalter durchsponnen.
Der Kampf zwischen den AnhÀngern einer Schulgesundheits-
pflege im Hauptamt und einer solchen im Nebenamt geht noch
unentwegt weiter. Mehrere Ărztekammern haben sich in der
letzten Zeit zu dieser Frage geĂ€uĂert und sich gegen eine wei-
tere Anstellung hauptamtlicher Ărzte und fĂŒr eine stĂ€rkere Be-
teiligung der praktischen Ărzte an der FĂŒrsorgearbeit ausge-
sprochen. Auch wir halten es fĂŒr unbillig, die Mitarbeit eines
beruflich mit der Gesundheitspflege aufs innigste verwachsenen
Standes durch ausschlieĂliche Anstellung von hauptamtlichen
Ărzten fĂŒr die einzelnen FĂŒrsorgesparten zurĂŒckzuweisen, wie
das in einer Reihe von StÀdten geschehen ist oder angestrebt
wird. GröĂere StĂ€dte werden unter den heutigen VerhĂ€ltnis-
sen nicht ohne die als StĂŒtz- und VerstĂ€rkungspfeiler dienenden
hauptamtlichen Ărzte auskommen, man denke nur an die unbe-
dingt notwendigen Beratungsstunden, an die ErholungsfĂŒr-
sorge und an die Attestierungen. Sehr wohl lassen sich aber
geeignete Praktiker heranziehen und so die Vorteile eines
hauptamtlichen und eines nebenamtlichen Systems verbinden,
ihre Nachteile ausgleichen.
Die Schulgesundheitspflege steht augenblicklich im Zei-
chen der Polypragmasie. Po eich au (Charlottenburg) hat
sich im âĂrztlichen Vereinsblatt" jĂŒngst mit v. D r i g a 1 s k i,
dem Hauptvertreter derselben, auseinandergesetzt, und wir
können ihm nur zustimmen. Wir haben in unserer bedrÀngten
Lage nur Zeit und Kraft, das zu tun, was wirklich notwendig
und dringend ist, alle Luxusleistungen verstÀrken die Wirksam-
keit der schulÀrztlichen TÀtigkeit nicht, sondern schwÀchen sie
im Gegenteil ab. Hierzu gehören: Urin-Massenuntersuchun-
gen, Blutdruckmessungen und Pirquetisierungen. Die von
G a s t p a r bei sÀmtlichen Kindern empfohlenen Urinunter-
suchungen sind nutzlos. Sie beanspruchen einen groĂen, kost-
spieligen Apparat, der die aufgewandte MĂŒhe nicht lohnt. Es
ist selbstverstÀndlich, daà der Schularzt bei jedem verdÀchti-
gen Kinde eine Untersuchung des Urins vornehmen wird,
aber schon eine einfache Ăberlegung macht einem klar, daĂ
eine bloĂe Untersuchung auf EiweiĂ herzlich wenig Nutzen
hat. Eine einmalige Urinuntersuchung besagt gar nichts, und
manche Nierenkrankheiten, wie z. B. die im Kindesalter hÀufi-
gen Pyelitiden, können durch eine Untersuchung auf EiweiĂ
nicht festgestellt werden.
Welche Stellungnahme man zum Tuberkulin einnehmen
soll, weiĂ man nach den vielen widersprechenden Meinungen
ĂŒberhaupt nicht mehr, und man lĂ€Ăt es deshalb als Schularzt
am besten auĂer Betracht. Die Medizin neigt immer zum Ex-
tremen, und wie wir heute ĂŒber die Appendizitiszeit- spotten,
so wird in absehbarer Zeit ĂŒber unsere Tage gelacht werden,
denen alles Tuberkulose ist. Es soll keinem verwehrt werden,
zu glauben, was er will, aber er soll dann nicht aufdringlich
so tun, als wenn nur der im Stande der medizinischen Gnade
sei, der demselben Glauben anhÀngt. Pirquetisierungen sind
â wie P o e 1 c h a u ganz richtig sagt â fĂŒr den Schularzt
ĂŒberflĂŒssig, denn sie geben ihm recht unsichere Anhaltspunkte
und machen ihn bei seiner Klientel nicht beliebt. Massen-
Pirquetisierungen dienen nur dazu, den Schularzt von Nötige-
rem abzulenken und manches Mutterherz mit unnötiger Be-
sorgnis zu erfĂŒllen. Es genĂŒgt, wenn die Menschheit von
Krankheiten gequÀlt wird, man soll sie nicht noch mit medizi-
nischen Theoremen quÀlen.
GĂ€nzlich ĂŒberflĂŒssig sind in der schulĂ€rztlichen Praxis
Blutdruckuntersuchungen. Mit derselben Berechtigung kann
man dann auch zu Blut-, Serum- und Stuhluntersuchungen
schreiten. Letztere wĂŒrden wegen der hĂ€ufigen NX/urmkrank-
heiten entschieden noch am nĂŒtzlichsten sein. Aber wo soll
das schlieĂlich hinfĂŒhren? In solchen Forderungen spricht
sich eine Verkennung der schulÀrztlichen Aufgaben aus. Der
Schularzt hat das Kind nicht unter dem einseitigen Gesichts-
winkel der Krankheit zu betrachten, sondern es von verschie-
denen Gesichtspunkten aus zu werten; als normaler oder
anormaler, als gesunder oder kranker Mensch, als Schulkind
und in seinen sozialen ZusammenhÀngen. Aus dieser vielseitigen
Betrachtung ergibt sich ihm das Bild seiner LeistungsfÀhig-
keit, seiner Eignungen und Nichteignungen, sowie gegebenen-
falls die Notwendigkeit, in zweckdienlicher Weise einzugrei-
fen. Da ihm FĂŒrsorge, nicht Ă€rztliche Behandlung obliegt,
so ist eine genaue, mit Aufwendung des gesamten diagnosti-
schen Apparates zu erzielende Krankheitsfeststellung nicht
seine Sache. Sie ist Hauptaufgabe des Praktikers, nicht des
Sozialarztes.
Was den schulÀrztlichen Dienst im Einzelnen angeht, so
soll nur auf Weniges hingewiesen werden. Eine genaue Buch-
fĂŒhrung empfehlt sich aus vielerlei GrĂŒnden. Der Gesund-
heitsschein ist nur dort brauchbar, wo ausschlieĂlich in den
Schulen untersucht wird. Finden noch an anderer Stelle Un-
tersuchungen statt (z. B. in Beratungsstunden), so ist es meist
unmöglich, ihn auf dem Laufenden zu halten. Dann verwen-
det man besser eine Kartothek, die nach allen möglichen Ge-
sichtspunkten geordnet, mit Nebenkartotheken ausgestattet
und vom Schularzt selbst in Ordnung gehalten werden kann.
Befunde, welche die Schule besonders interessieren, können
vom Lehrer im Klassenbuch (bezw. in der VersÀumnisliste) in
einer besonderen Spalte gebucht werden. Ich benutze seit
mehr als zwei Jahren ein denkbar einfach ausgestattetes Karto-
thekkÀrtchen, das sich ausgezeichnet bewÀhrt hat und vermöge
dessen ich mich sofort ĂŒber jedes Kind orientieren kann.
Neben der âStammkartothek" werden noch eine Reihe von
Nebenkartotheken gefĂŒhrt (z. B. der erholungsbedĂŒrftigen, der
tuberkulösen usw. Kinder). Ohne solche Nebenkartotheken ist
keine Ordnung zu halten. Es soll nicht verschwiegen werden,
daĂ die FĂŒhrung einer solchen Kartothek vom Personal sehr
viel Aufmerksamkeit und Genauigkeit verlangt. So bequem
eine alphabetische Ordnung sÀmtlicher Kinder in der Kartothek
ist, so lĂ€Ăt sich eine solche nicht durchfĂŒhren, da sie die Arbeit
des BĂŒropersonals an der Kartothek ungemein erschwert. Die
Kartothek muĂ vielmehr nach Schulen geordnet werden, was
natĂŒrlich voraussetzt, daĂ der Schularzt von allen Umschulun-
gen, Zu- und WegzĂŒgen Kenntnis erhĂ€lt.
Es macht den Eindruck, als wenn die Begriffssetzung
und Nomenklatur der modernen Kinderheilkunde von der
Schulgesundheitspflege noch vielfach ignoriert wurde. So
spukt die Krankheitsbezeichnung âSkrofulöse" noch immer in
den schulĂ€rztlichen Statistiken herum. Die bekannten BĂŒcher
von v. D r i g a 1 s k i und S e 1 1 e r kennen nur den Begriff
Skrofulöse. Vor bald zwanzig Jahren hat C z e r n y auf die
GrĂŒnde hingewiesen, die es untunlich erscheinen lassen, dieses
Wort noch lÀnger zu verwenden, nachdem auch französische
Ărzte festgestellt hatten, daĂ in den Symptomenkomplex der
alten Skrofulöse eine Menge von Erscheinungen fallen, die mit
Tuberkulose garnichts oder doch wenigstens nicht nachgewie-
sener MaĂen etwas zu tun haben. Wo man der Ăberzeugung
ist, daĂ eine wirkliche Tuberkulose vorliegt, da verwende man
auch ruhig ihren Namen (Tuberkulose der DrĂŒsen, Knochen
usw.), bei den mannigfachen ĂŒbrigen Symptomen der Haut,
der SchleimhÀute und lymphoiden Organe die nichts suppo-
nierende Bezeichnung âExsudative Diathese".
Kuhn: Hyperemesis Gravidarum
10. Jahrg. â Nr. 3f> 36.
Was die GesundheitsverhÀltnisse der Schuljugend an-
sieht, so haben die bessere ErnÀhrung der letzten Jahre und die
guten Verdienstmöglichkeiten der Arbeiterkreise unstreitig zu
einer Besserung gefĂŒhrt. Wo kinderreiche Familien nur vom
Verdienste des& Familienhauptes leben mĂŒssen, oder wo es
sich um Kinder aus den zermalmten Mittelschichten handelt,
stehen die Kinder hÀufig unter recht traurigen Lebensbedin-
gungen. Die Entlohnung der vom Staate abhÀngigen Festbe-
soldeten ist nicht nur ein Problem des Finanzministeriums,
sondern auch der Wohlfahrtspflege. Es grenzt an PharisÀer-
tu !\ wenn man die sozialen Tiraden unserer VolksfĂŒhrer hört
und' dabei sieht, wie sie ihren Angestellten eine sorgsame Auf-
zucht ihres Nachwuchses durch jahrelange Unterbesoldung
unmöglich machen. Es ist das um so tragischer, als gerade
diese Schichten ihrem Nachwuchs imrrer die beste FĂŒrsorge
haben angedeihen lassen. Die in den schlimmsten Kriegsjah-
ren geborenen Kinder, von denen erst ein Teil eingeschult ist,
zeigen durchweg eine unterwertige Körperverfassung, wenn
auch chronische KrankheitszustÀnde (wie z. B. Rhachitis) bei
ihnen nicht so hÀufig festzustellen sind, als bei den Àlteren Jahr-
gĂ€ngen, was wohl darauf zurĂŒckzufĂŒhren ist, daĂ solche
durch die bessere ErnÀhrung der Nachkriegszeit in der Ent-
wicklung oder Weiterentwicklung aufgehalten wurden.
Die schlechten Wohnungs-, WĂ€sche- und Sauberkeitsver-
hÀltnisse der Kriegsjahre haben in allen Gesellschaftskreisen
zu einer enormen Ausbreitung der Wurmkrankheiten gefĂŒhrt.
Bei einem nicht unerheblichen Prozentsatz der Kinder ist das
schlechte Aussehen, der mĂ€Ăige ErnĂ€hrungszustand und das
stark beeintrÀchtigte Allgemeinbefinden auf Darmparasiten,
vor allem auf Oxyuren und Askariden zurĂŒckzufĂŒhren. Die
oft erhebliche Störung des Stoffwechsels und die starken ner-
vösen Reizerscheinungen machen nicht nur bei Askariden,
sondern auch bei Oxyuren Toxinwirkungen sehr wahrschein-
lich. Ich selbst habe den Eindruck, als wenn die SchÀdigung
durch Oxyuren eine stĂ€rkere sei als durch SpulwĂŒrrrer, und
ich kann Ochsenius (MĂŒnch, mediz. Wochenschr. 1921,
25) nicht beipflichten, der die Oxyuren im Gegensatz zu Aska-
riden und Taenien fĂŒr ungefĂ€hrlich hĂ€lt und sich bei ihnen
therapeutisch lediglich auf VerhĂŒtung weiterer Infektionen be-
schrĂ€nkt. Die Behandlung stöĂt bei dem nicht seltenen Ver-
sagen der gebrÀuchlichen Mittel und bei der hÀufigen Gele-
genheit zu Reinfektionen leider auf groĂe Schwierigkeiten.
SelbstverstÀndlich hat es keinen Sinn, heruntergekommene Kin-
der, bei denen WĂŒrmer fesgestellt sind oder mit Bestitrmtheit
vermutet werden, in ErholungsfĂŒrsorge zu nehmen, solange
nicht eine erfolgreiche Kur gemacht ist.
Was die ErholungsfĂŒrsorge angeht, so sind fĂŒr dieselbe
in den letzten Jahren enorme Summen bereitgestellt worden. Es
muĂ bezweifelt werden, ob der Nutzen auch nur einigermaĂen
den aufgewandten Mitteln entsprochen hat. Sie ist vielfach
nur ein Tropfen auf einen heiĂen Stein, da wir unsere FĂŒrsorge
nicht am Fundament, d. h. den schlechten WohnungsverhÀlt-
nissen, ansetzen können. Es nĂŒtzt den Kindern leider nur
vorĂŒbergehend, wenn sie auf sechs bis acht Wochen in Licht,
Luft und hygienisch einwandfreien Lebensbedingungen leben
dĂŒrfen, falls sie darnach wieder in ihre dumpfen und engen
Mietskatakomben zurĂŒck mĂŒssen. Aber da wird sich leider
noch auf viele Jahre nichts Àndern lassen. Mit neuen HÀusern
allein ist es auch nicht getan. Wenn man sieht, wie die in den
letzten Jahren gebauten HĂ€userkolonien schon nach kurzem
Bestand unterwohnt und mit Ungeziefer erfĂŒllt sind, dann
empfindet man schmerzhaft, wieviel zivilisatorische Arbeit
noch an unserem Volke zu leisten ist. Die unsichere Zukunft
bietet ihr recht wenig Aussicht. Es gehört mehr als die valuta-
bedingte und vielleicht nur kurzfristige ScheinprosperitÀt der
arbeitenden Klassen, es gehören viele in Wohlstand und Ruhe
verbrachte Jahre dazu, eine natĂŒrliche Selbstzivilisation dieser
Kreise herbeizufĂŒhren.
Es ist selbstverstĂ€ndlich, daĂ die ErholungsfĂŒrsorge in
der Hand des Arztes liegen muĂ und daĂ bei der Auswahl der
Kindel' lediglich gesundheitliche, vorbeugende und soziale Ge-
sichtspunkte maĂgebend sein dĂŒrfen. Unbedingt muĂ auch
an dem Grundsatz festgehalten werden, daĂ sich die Eltern
an den entstehenden Kosten zu beteiligen haben. Eine FĂŒr-
sorge, die auf dieses Prinzip keinen Wert legt, wirkt demorali-
sierend. Ich weiĂ nicht, ob allenthalben gleiche Erfahrungen
gemacht worden sind: es macht mir den Eindruck, als wenn
unsere ErholungsfĂŒrsorge durch die groĂen AusmaĂe der letz-
ten Jahre verwÀssert worden sei. Nur das schwer Erreichbare
hat fĂŒr den Menschen Wert, und leider zeigen viele Eltern eine
zunehmende Interesselosigkeit fĂŒr die Möglichkeit, ihren Kin-
dern eine Erholung zuteil werden zu lassen. Nur eine Ein-
schrĂ€nkung der ErholungsfĂŒrsorge kann ihr in weiteren Krei-
sen wieder Wert und SchÀtzung verleihen.
Das groĂe Hilfswerk der QuĂ€ker geht seinem Ende ent-
gegen. Da es uns ungeheure MĂŒhen und Lasten aufbĂŒrden
wird, dasselbe auch nur in bescheidenster Form weiter zu
fĂŒhren, so wĂ€re eine haushĂ€lterische Verwendung der von den
QuÀkern gelieferten NahrungsschÀtze am Platze gewesen. Man
hĂ€tte die Speisungen auf die kĂŒhle Jahreszeit beschrĂ€nken sol-
len/in welcher der Stoffverbrauch ein viel höherer als im Som-
mer ist. Dann wĂŒrden wir die Speisungen noch einige Winter
in gröĂerem Umfang haben durchfĂŒhren können. DaĂ sich
die QuĂ€ker vernĂŒnftigen ErwĂ€gungen und VorschlĂ€gen ver-
schlossen haben wĂŒrden, ist kaum anzunehmen.
(Aus der Privatfrauenklinik von Dr. A., Bremen.)
Zur Ursache der Hyperemesis Gravidarum. .
Von Dr. Robert Kuhn.
Im Jahre 1921 suchte in Nr. 27 und 12 des GynÀkologi-
schen Zentralblattes Schwab die Ursache des unstillbaren
Erbrechens der Schwangeren durch die Freud sehen Lehren
zu erklÀren. In eingehender Weise legte er dar, daà Wider-
willen der Frau gegen die Schwangerschaft, im tiefsten Grunde
auf Abneigung gegen den Vater des Kindes beruhend, der
Grund fĂŒr den eigentĂŒmlichen Vorgang sei.
In Nr. 23 des GynÀkologischen Zentralblattes 1022 fin-
det sich nun eine Erwiderung von Ranzel, der nicht nur in
berechtigter Weise ausfĂŒhrt, daĂ sehr viele Konvenienzehen
erst durch Kinder fĂŒr die Frau zu einer glĂŒcklichen werden,
sondern auch bemerkt, daĂ mehrere FĂ€lle zu seiner Beobach-
tung kamen, in denen die Hyperemesis bei Frauen eintrat,
trotzdem sie sehnlich ein Kind wĂŒnschten.
Hierzu sei ein weiterer Beitrag geliefert. Vor kurzem
kam die wohlhabende Frau des Siedelungsmeiste'rs L., die mit
ihrem Manne in vollkommener Einsamkeit in glĂŒcklicher Ehe
und im GenĂŒsse groĂen Grundbesitzes auf dem Lande lebt, in
die Klinik mit dauerndem Erbrechen. Der Gesichtsausdruck
war vollkommen der einer Verzweifelten. Eine VerlÀngerung
der 3tÀgigen Beobachtungsdauer sowie die von Verf. ge-
wĂŒnschte Hinzuziehung eines zweiten Internisten wurde von
dem ersten Internisten wegen der in der Verzögerung liegen-
den Gefahr abgelehnt. Die Schwangerschaft wurde unter-
brochen, das Erbrechen hörte jedoch erst am 3. Tage völlig
auf. Als wir an diesem Tage der Patientin sagten, daĂ es ihr
nun wieder gut gehe, drehte sie sich zur Wand, begann bitter-
lich zu weinen und schluchzte: âIch hatte mir so sehr ein
MĂ€dchen gewĂŒnscht." Als man einwendete, sie sei noch jung
und könne noch Kinder bekommen, sagte sie, sie sei 36 Jahre
und wolle dies auch nicht mehr durchmachen. â Ks ist zu hof-
fen und anzunehmen, daĂ der Wille zum Kinde wieder er-
starkt, jedenfalls beweist auch dieser Fall die rein toxische
Natur der Hyperemesis. Vgl. auch S ig wart in Zentralbl.
Nr. 20, 1919, wonach das Erbrechen als primÀr toxisch an-
zusehen ist. Wenn aber S i g w a r t zugleich sagt, es sei un-
abhĂ€ngig von jeder psychischen Einwirkung, so dĂŒrfte dies
doch etwas zu weit gehen, da wir ja wissen, daĂ das Verbrin-
gen der Graviden in eine andere Umgebung oft das Erbrechen
ohne weiteres aufhebt.
10. Jahrg. â Nr. 35/36
Bruck: Semmelweis
Semmelweis,
er Entdecker der Kontaktinfektion und damit
BegrĂŒnder der Anti- und Aseptik.
011 SanitĂ€tsrat Dr. Franz Ăruck, Berlin-SehĂnebe'rg.
Es gibt ein Dogma in der Geschieht
hier unausrottbar ist. Das ist die
dei
Legende
Medizin, das
eine hislo-
che FĂ€lschung gröĂten Stiks â , daĂ Li stör der Be-
rĂŒnder der Anti- und Aseptik sei. Und doch gab dieser
'orscher, der von den P a s i e w r sehen Unter* uchuingen
usgegangen war, 1N(>7 ein Verfahren bekannt, das nichls
öderes als die BekÀmpfung der L'u f t infektion be-
ieckte, das also nur die aus der L u l l auf die Wunde
[lernten Keime zerstören wollte. Keime, die doch nach
serer heutigen Auffassung bei der Wundinfektion fast
ar keine Holle spielen. LĂ€ngst ist diese Irrlehre,
der Lister nur allzulange festgehalten hatte, aus dem
dankenkreis der Aerzte gesehwunden. Trotzdem wird
i- das. was namentlich mit Hille den (scher Forscher
is der ursprĂŒnglichen Laster sehen Methode geworden
l. und was mit dieser so gut wie nichts mehr gemein hat,
Ă€mlich die heutige Aseptik, unhegreit'lieherweise al-
lster sehe Schöpfung gepriesen. Denn sobald man au]
e Anti- und Aseptik zu sprechen kömmt, wird gleichsam
flektorisch der Name Lister, und nur dieser, ausgelöst.
T o t g e s c h w i e g e n wird aber hierbei auch jetzt noch
er Mann, der Schon im .Lahre 1847, also 20 Jahre vor
Lister, und zwar im G egenrs Àtz zu diesem, die e Lnz i g
t ch t ig e, ji o c h h e u t e g e 1 U' n d e Vorslelhmg von dem
ustandekommen der sepiischen Infektion hatte: 1 g n a >.
hilipp Semmel weis (geboren 1818 in Ofen* ge>
lonban 181),")), der Entdecker der Ufs'ache und VerhĂŒtung
des Kindbettfiebers, der âRetter der MĂŒtter", wie ihn die
enklafc] seines Gehurlshauses nennt. Denn Semmel-
eis war es, der zuerst die GefÀhrlichkeit der an den
Ă€ftden, Instrumenten, Verbandstoffen usw. haftenden
;ime in ihrer ganzen Bedeutung klar erkannte und.
damit der Entdecker der K o n t Àk t infektion wunde, Er
l dadurch nicht nur das Puerperalfieber, sondern die
uhdinf ekt iorien ĂŒ;herhau"pt Ă€tiologisch aufge-
lĂ€tr't und durch seine H ĂŒ n d e d e s i n f e k t i o n den Weg
zeigt, sie zu verhĂŒten. Die gĂŒnstigen1 therapeutischen
folge, die er hei seinen Opera l innen erzielte, schrieb
er ausdrĂŒcklich nur dem UmstĂ€nde zu, daĂ er âmit reinen
HĂ€nden" operierte. Er hat daher gefordert, âdie Hand, bevor
ein zersetzter Stoff berĂŒhrt wird, gut zu beĂlen, damit der
zersetzte Stoff nicht in die Poren der Hand eindringen
könne." Die verunreinigte Hand muà aber mit ..Seife ge-
waschen und dann der Einwirkung eines chemischen Agens
ausgesetzt werden, welches geeignet ist, den nicht entfernten
/ersetzten Stoff zu zerstören; wir bedienen uns des Chlor-
kalkes und waschen uns solange, bis die Hand schlĂŒpfrig
wird."
Nun bat man aber in neuester Zeil eingesehen, dall die
RĂ€ndedesinfektion trotz ihrer mit Hilfe der Bakteriologie
erreichten so hohen LeistungsfÀhigkeit doch nicht jene un-
bedingte ZuverlÀssigkeil beanspruchen kann, die man ver-
langen muĂ. Und so hat man die X o n infektion gefordert,
d. h. die Vermeidung der BerĂŒhrung der HĂ€nde mit
infektiösen Stoffen. Ganz besonders hat neuerdings
Zweifel1) (Leipzig) diese Forderung zur VerhĂŒtung des
Kindbetifiebcrs wiederum aufgestellt. Dabei kommt er auch
auf die .ySel'bstinfektion" zu sprechen, ein Wort, das von
Semmel w ei s herrĂŒhrt und worunter dieser die verhĂ€lt-
ftjPsmĂ€Ăig seltenen âunverluitharcn" FĂ€lle von Kindhetlfiehei
verstand im Gegensatz zu den weit hĂ€ufigeren âverhĂŒtbaren",
die nach der inneren Untersuchung auftreten. Hierbei bemerkt
Zweifel, man wisse nicht, ob Semmel weis die âZu-
verlÀssigkeit der Desinfektion so hoch einschÀtzte, daà er
annahm, âich habe mich desinfiziert, also konnte ich nicht
mehr infizieren, und eine Krankheil, die darauf folgt, 1*1
eine Selbstinfektion." Man findet keine Stelle in seinem
Buche, wo er sich eindeutig Iii der letzteren Richtung ausge
sprechen hat. Sicher ist jedoch diese letztere Fassung von
SpÀteren aufgestellt worden, und sicher haben sich diese
spÀteren Autoren darin schwer geirrt."
Es ist auffallend1, daĂ es gerade einem Autor wie
Zweifel, der sich um die Verbreitung der Semmel
w e i s sehen Lehre so groĂe Verdienste erworben hat, ent-
gangen ist, daĂ Semmel weis in seinem Hauptwerk den
noch heute ohne jede EinschrÀnkung geltenden klassischen
Satz ausgesprochen hat, daĂ es âsicherer ist. den Finger nicht
zu verunreinigen, als den verunreinigten wieder zu reini-
gen2)," Damit hat er, wie ich das noch kĂŒrzlich8) betont
habe, den springenden Punkt der ganzen Asep
tl-k mit erstaunlichem Scharfblick erkannt. Auch hat ei,
gerade weil ihm die HĂ€ndedesinfektion nicht ansohlt zuvei
k'issig erschien, den ErlaĂ eines (iese)zes verlangt, das
âjedem im GebĂ€rhause BeschĂ€ftigten fĂŒr dir Datier seiner
BeschÀftigung verbietet, sich mit Dingen zu beschÀftigen,
welche geeignet sind, seine HĂ€nde mi| zersetzten Stoffen /n
verunreinigen".4)
So hat Semmel weis, der Entdecker der Kontakt -
infektion, zugleich als erster in der eindeutigsten Weise
die N o n infektion als das Ideal hingestellt und damit un-
anfechtbar den Grundstein zu dein heuligen stolzen Bau
der Anti- und Aseptik gelegt5).
Standesfragen und soziale Medizin.
Malina Innen der Gesetzgebung des Deutschen Reiches auf dein
Gebiete des Gesundheitswesens.
Von S. Alexander (Berlin;.
fWer geglaubt hat, daĂ der unglĂŒckliche Krieg mit den daran
sich schlieĂenden StaatsumwĂ€lzungen die gesamte Politik nach der
Kichlung der Schaffung neuer verfassungsmĂ€Ăiger ZustĂ€nde in An-
spruch nehmen wird, befindet sich im Irrtum. Mit Staunen und
nicht immer mit Bewunderung haben wir erlebt, mit welcher Hast
die schwierigsten Probleme der Gesetzgebung auf allen Gebieter
des offentliehen Lebens durch einige Federstriche gesetzgeberisch
gestaltet wurden, und daĂ auch auf den etwas abseits liegenden
Gebieten des Gesundheitswesens die Geselzgebungsma sehine mit
Hochdruck arbeitet. Und zwar nicht nur auf Anregung der Staats-
leilung, sondern recht intensiv in Bewegung gesetzt durch partei-
politische, mit sozialem Mantel umkleidete Interessen. Die FĂŒlle
der Gestalten, die auch auf den neutralen, wenn auch sachver-
stÀndig eingestellten Beobachter eindringt, beginnt verwirrend zu
wirken, und bangend sehnt er sich zurĂŒck nach der guten allen
Zeil, wo man zwar langsam aber sicher marschieren konnte. Wei
sich von dem Umfang der Gesetzesvorlagen der Reichs-
ver-waltung auf dem Gebiete des Gesundheitswesens ein Bild
machen will, sei auf die PlĂ€ne verwiesen, die fĂŒr die demnĂ€chstige
Zukunft von dem Reichsminister des Innern eidhĂŒllt werden. Man
muà dem Antragsteller der UnabhÀngigen, Dr. M oses, beipflichten,
daà er die Errichtung eines selbstÀndigen R e i c b s m i n i s I e -
Werke, herausgegeben und
ĂŒbersetzt von T i b e r i u s
D. m. W. 1922, Nr. 23.
-, Semmelwftis' Gesammelte
zum Teil aus dem Ungarischen
v. G y" ö r y. Jena 1905. S. 26Q.
; Bruck, Semmel wc Ls, nicht Ulster! Zur Fest-
stellung der historischen Wahrheit. Zenlralbl. f. Chirurg. 1922,
Nr. 13. Vergl. auch Bruck, Semmelweis, der BegrĂŒnder
der Aull- und Aseptik. Ein Mahnruf an die Chirurgen Deutsch-
lands. 1921. Hans l'uscb, Berlin SW, Wilhelmslr. 28.
») 1. c. S. 2G0.
â "') Das habe ich zu wiederholten Malen nachgewiesen, und
/.war unter anderem in 2 sehr verbreiteten FachblĂ€ttern (MĂŒnch.
Med. Wochen sehr. 1920 Nr. 21 i, 1922 Nr. 2(1, Zenlralbl. f. Chirurg.
1922 Nr. 13 . Trotzdem es damit zur Kenntnis zahlreicher Aerzte
besonders Chirurgen! gelang! ist, bat man niemals auch nur
den Leisesten Versuch gemacht, mich zu widerlegen der beste
Beweis dafĂŒr, daĂ meine Feststellung unwiderleglich ist.
Andererseits hat mir auch bisher niemand aus den in Betraehl
kommenden Kreisen öffentlich zugestimmt, im Gegenteil, man
spricht nach wie vor immer mir von U ist er ĂŒbt also dir
bekannte Methode des Totschweigens. Und darum muĂ der
Kampf fĂŒr Scmni clw eis, der zugleich einen Kampf fĂŒr die
historische Wahrheit bedeutet, noch weiter gefĂŒhrt werden.
552
Standesfragen and soziale Medizin
40. Jahrg. â Nr. 35/36.
riumsfĂŒr Volksgesundheit unter fachmĂ€nnischer Leitung
fordert, denn auĂer anderen GrĂŒnden, auf die hier einzugehen r.)
weit fĂŒhren wĂŒrde, kann ein Programm, wie es der Minister im
Hauptausschuà des Reichstages entwickelte, unmöglich sozusagen
âim Nebenamte'1 erfĂŒllt werden, selbst wenn es, wie gar nicht ge-
leugnet werden kann, vom Reichsgesundheitsamt tatkrÀftig ge-
fördert wird. Hierbei darf nicht au'Ăer Acht gelassen werden, daĂ
die Reichstagsparteien, wie natura zeigt, es sich absolut nicht neh-
men lassen, durch InitiativantrĂ€ge ihr Interesse fĂŒr die Volks-
gesundheit, ja sogar fĂŒr den Ă€rztlichen Stand zu bekunden.
Wenn wir es unternehmen, einige wichtige Vorlagen fĂŒr die
Gesetzgebung des Reiches den Lesern dieser Zeitschrift vorzu-
fĂŒhren, so bitten wir um Nachsicht, denn hart im RĂ€ume stoĂen
sich die Sachen. Aber einigermaĂen muĂ der Arzt auch in den
Fragen der Gesundheitspolitik bewandert sein, wenn er mit Erfolg
seine Pflichten als sozialhygienischer Berater und als moderner
Berufsgenosse erfĂŒllen will.
Beginnen wir mit einem Antrage der Kommunistenpartei des
Reichstages vom 23. Januar 1922. Er bringt den Entwurf eines
Gesetzes ĂŒber Schwangeren-, Wöchnerinnen-,
SĂ€uglings- und KinderfĂŒrsorge. Im Gegensatz zur
Ueberschrift hat -er den Vorzug der KĂŒrze, denn er löst in zehn
Paragraphen nahezu die ganze soziale Frage. FĂŒr Schwangere
werden vom Reiche Schwangeren-Beratungsstellen errichtet. Zur
Unterbringung von Schwangeren werden vom Reiche Schwangeren-
heime errichtet, in denen alle Schwanger en bis zur Ent-
bindung Aufnahme und Pflege finden. Pas Reich errichtet
Unterweisungsstellen fĂŒr SĂ€uglingspflege. Alle erwerbs-
tÀtigen Schwangeren sind mindestens acht Wochen vor un-J
acht Wochen nach der Entbindung von jeglicher Arbeit
befreit. WĂ€hrend dieser Zeit zahlt der Arbeitgeber den
vollen Lohn. Im Falle der Erwerbslosigkeit erhalten diese
Schwangeren die SĂ€tze der ErwerbslosenunterstĂŒtzung. Minder-
bemittelte, nicht erwerbstÀtige Schwangere erhalten aus Reichs-
mitteln eine UnterstĂŒtzung in gleicher Höhe. Solange Schwan-
gerenheime in genĂŒgender Zahl nicht vorhanden sind, gewĂ€hrt
das Reich an Schwangere und Stillende besondere Zuwendungen
an Lebensmitteln und sonstigen Bedarfsartikeln. Das
Reich errichtet Entbindungsheime, in denen alle Schwan-
geren vom Tage der Niederkunft bis nach beendigtem Wochenbett
Aufnahme, entsprechende Verpflegung und Àrztliche
Behandlung finden. Das Reich errichtet MĂŒtter- und
SĂ€uglingsheime, in denen alle MĂŒtter und SĂ€uglinge.
Pflege und, Behandlung finden.' FĂŒr stillende MĂŒtter wird
die Arbeitszeit auf höchstens sechs Stunden tÀglich bei unge-
kĂŒrzter Bezahlung des. Arbeitslohnes durch den
Arbeitgeber festgesetzt. Das Reich errichtet Stillkrippen,
obligatorische Kinderhorte und Spielschulen, in denen Kinder vom
3. bis 8. Lebensjahr Verpflegung, Àrztliche Behand-
lung, auch Unterkunft finden. Durch ein besonderes Gesetz
soll die unentgeltliche Lieferung von Lehr- und Barmitteln, un-
entgeltliche Schulspeisung und Schularztpflege fĂŒr Schulkinder
gewÀhrleistet werden. Die Benutzung aller Einrichtungen, sowie
die Àrztliche Behandlung und Verpflegung ist unentgeltlich.
Die Unterstreichung der Kraftstellen macht eine Kritik dieses
Gesetzentwurfes ĂŒberflĂŒssig. Da seine Annahme aussichtslos ist,
so bedarf es wohl auch nicht eines etwaigen Zusatzantrages von
dritter Seite, wonach der Finanzminister des Reiches aus den
Reihen der Kommunistenpartei entnommen werden muĂ. Wie sehr
die Antragsteller von der Aussichtslosigkeit ihres Antrages selbst
ĂŒberzeugt sind, ergibt sich daraus, daĂ sie fĂŒr den Fall der Ab-
lehnung einen anderen Entwurf beantragen, der den Kern ihrer
Absichten darstellt. Der Antrag hat den Vorzug der KĂŒrze, er
besteht nur aus einem Paragraphen und lautet:
Jede Schwangere hat das Recht, .ihre Leibesfrucht in
öffentlichen Anstalten von zu diesem Zwecke
staatlich beamteten Aerzten unentgeltlich a u I
Kosten des Reiches beseitigen zu lassen. Anderen
Personen, als den zu diesem Zwecke staatlich beamteten Aerzten
ist es verboten, fĂŒr die Beseitigung der Leibesfrucht Eingriffe
vorzunehmen.
Gleichzeitig ist von derselben Partei der Antrag eingegangen:
die §§ 218 und 219 des Reichsstrafgesetzbuchs (Abtreibung) werden
auĂer Kraft gesetzt.
Wir haben das Zutrauen zu dem Reichstage, daĂ er beide An-
trÀge, gleichwie die der sozialdemokratischen und der UnabhÀngi-
gen Fraktion ablehnen) wird. Letzten Endes wĂŒrde die Durch-
fĂŒhrung des ersten Antrages doch von der Geneigtheit der Aerzte
abhĂ€ngen, eine neue Fachspezies: Beamteter Arzt fĂŒr Abtreibung
zuzulassen. Ich hoffe, daH kein Arzt, der seine Berufspflichten
hochhÀlt, sich dazu bereitfinden wird. Charakteristisch aber ist
die Logik der Antragsteller. Auf der einen Seite die Zulassung
und BegĂŒnstigung von Mitteln fĂŒr planmĂ€Ăige Entvölkerung, auf
der anderen utopische VorschlÀge zum Schutz und zur Erhaltung
der Bevölkerung. Dieser Zwiespalt der Natur wÀre unerklÀrlich,
wenn nicht ein epikurÀisches Moment allen AntrÀgen gemeinsam
wÀre: die Sucht, den Parteigenossen das irdische Dasein so ange-
nehm wie möglich zu gestalten, unbekĂŒmmert um jede staatser-
haltende Moral.
Wie bekannt, gÀhrt es auch sonst gewaltig in den Kreisen,
die durch die StaatsumwÀlzungen zu Macht und Ansehen gelangt
sind. Die Reichsversicherungsordnung, wohl das
vornehmste Geschenk, das jemals einem Stand beschert worden ist,
ist Gegenstand dauernder VerbesserungsplÀne, bei denen auch die
Aerzte nicht stumme Zuschauer sein dĂŒrfen. Denn wenn auch die
âVersicherungstrĂ€ger", wenn sie unter sich sind, einander Liebens-
wĂŒrdigkeiten erweisen, wie Hund und Katze, wenn auch in der
Frage der Reform und Vereinheitlichung der Versicherungsord-
nung nicht nur Berufsgenossenschaflen mit Krankenkassen, sowie
die Krankenkassen untereinander sich in den Haaren liegen, in
einem Punkte sind sie einig, in einem unversöhnlichen HaĂ
gegen die Aerzte. Und so kommt es, wie es zu erwarten
war: Wenn man den bösen Doktors den Standpunkt der Herren-
moral nicht beibringen kann, so greift man zur Klinke der Gesetz-
gebung und sorgt fĂŒr einen Gesetzentwurf zur Regelung des
VerhÀltnisses zwischen Aerzten und Kranken-
kassen. Der Entwurf ist dankenswerterweise auch den beteilig-
ten Aerzteorganisationen zur Begutachtung zugegangen und
schlieĂlich der Oeffentlichkeit ĂŒbergeben worden. Damit ist die
Möglichkeit einer frĂŒhzeitigen Kritik gegeben. Wenn wir trotz-
dem von einer Kritik dm einzelnen vorlÀufig absehen, so geschieht
dies, abgesehen von Ă€uĂeren GrĂŒnden, deshalb, weil der Entwurf
dem Reichstage, noch nicht zugegangen ist, also in seinen Einzel-
heiten noch nicht feststeht. Das, was wir aber vorweg jetzt schon
betonen möchten, ist, daĂ wir die Frage fĂŒr eine gesetzliche
Regelung ĂŒberhaupt nicht als reif erachten. Ein jedes Gesetz
eines konstitutionellen Staatswesens sollte entweder AusfluĂ der
Volkssitte oder mindestens des Volkswillens sein. Von einer
Volkssitte kann hier gar keine Rede sein, denn die Materie ist zu
neu, als daĂ sie als feststehende Norm in Fleisch und Blut des
Volkes ĂŒbergegangen sein könnte. Auch von einem Volkswillen
kann nicht die Rede sein, denn weder die Aerzte. noch die Ver-
sicherten als solche haben das Verlangen nach einer gesetz-
lichen Regelung empfunden. Einzig und allein die Kassenv o r -
stÀnde sind die treibenden KrÀfte, sie haben den Ruf nach dem
Gesetze erhoben und ihm leistet die Regierung Folge. Die Kassen
vorstÀnde sind aber keineswegs die ReprÀsentanten. der Versicher-
ten, schon deshalb nicht, weil sie nur zum Teil aus Arbeitnehmern
bestehen. Die KassenvorstÀnde sind mit dem sogenannten ..Ber-
liner Abkommen", einer freiwilligen Vereinbarung zwischen Aerz-
ten und Kassen, unzufrieden, weil durch dieses die Aerzte nicht
rechtlos gemacht werden und zeitgemĂ€Ăe Honorarforderungen
stellen. Solche Differenzen wirtschaftlicher Natur sind aber in
heutiger Zeit nicht zu vermeiden, sie ziehen sich wie ein roter
Faden durch das ganze Arbeitsgebiet. Hier heiĂt es Geduld
haben und die mittlere Linie gehen, die einzuhalten die Aerzte sich
nie gestrÀubt haben. Zu einer gesetzlichen Regelung ist das Ue-
biet noch viel zu hÀufigen Schwankungen ausgesetzt. Fast tÀglich
andern sich die Bedingungen fĂŒr ein Zusammenleben, die Hin-
durch Verhandlungen geregelt werden können. Ein starres Gesetz,
welches diesen Wandlungen nicht folgen kann, muĂ zum Unrecht
fĂŒhren. Es ist auch wirkungslos, wenn der eine Kontrahent seine
Mitwirkung versagt, denn es gibt keine Strafe, die zur Arbeit, zu-
mal zu intellektueller TÀtigkeit zwingen könnte. Leider hat aer
Leipziger Verband den Versuch gemacht, den Regierungsentwurt
zu verbessern, leider, denn dadurch macht er sich an der gesetz-
lichen) Regelung einer Materie mitschuldig, die bei beiderseitigem
gutem Willen unschwer durch freie Vereinbarung erfolgen kann.
Wenn je, gilt hier prineipiis obsta.
Anders liegen die VerhÀltnisse bei dem Gesetzentwurf zur
BekÀmpfung der Geschlechtskrankheiten, der der
Beratung des Reichstages bereits unterliegt. Hier liegt unstreitig
ein dringendes hygienisches BedĂŒrfnis vor. Der feste Wille aller
einsichtigen Bevölkerungskreise hÀlt die Gefahr der Geschlechts-
krankheiten fĂŒr die öffentliche Gesundheit fĂŒr so betrĂ€chtlich, daĂ
ihre EindĂ€mmung auf gesetzlichem Wege versucht werden muĂ.
Der Entwurf, an dem hervorragende medizinische SachverstÀndige
mitgearbeitet haben, hat den Vorzug der Klarheit, er sagt, was er
will, deutlieh und bestimmt. Er will die Verbreitung der Ge-
schlechtskrankheiten eindÀmmen dadurch, daà er die Geschlechts-
40. Jahrg. â Nr. 35/36.
S t a n;d es f r a g e n und soziale Medizin
Iranken, einschlieĂlich der VerdĂ€chtigen, der gesundheitlichen
FĂŒrsorge unterstellt und sie zu einem Heilverfahren zwingt. Das
ist drakonisch, aber gerecht. Wertvoll ist die Bestimmung, daĂ
nur der wirklich SachverstĂ€ndige, der approbierte Arzt, FĂŒrsorge
und Heilbehandlung ausĂŒben darf. Die Kurpfuscher scheiden also
aus, und damit ist der Besserung der VerhÀltnisse an sich schon
TĂŒr und Tor geöffnet. Auch die öffentliche AnkĂŒndigung der Heil-
verfahren wird mit Hecht verboten. Kann man sich mit diesen
Bestimmungen unbedingt einverstanden erklÀren, so sind andere
nicht ganz bedenkenfrei. Hinzu gehört der § 4, der mit Strafe
bedroht den, der den Beischlaf ausĂŒbt, obwohl er an einer
rihit Ansteckungsgefahr verbundenen Geschlechtskrankheit leidet
und dies weiĂ oder den UmstĂ€nden nach annehmen muĂ. Eine
heikle, kaum erfĂŒllbare Voraussetzung! Welcjjer Geschlechts-
kranke, ja welcher Arzl weiĂ, ob die Ansteckungsgefahr bei
Gonorrhöe oder Lues noch vorhanden ist? Denn daà sie nicht
immer vorhanden ist, lehrt Wissenschaft und Erfahrung. Es wider-
spricht doch allen Hegeln des Strafrechts, einen TĂ€ter einer straf-
baren Handlung zu zeihen, wenn die Schuld nicht nachgewiesen
weiden kann. Wie will man nun nach trĂ€gl ich â unter UmstĂ€nden
weil ĂŒber sechs Atonale nach Begehung des Deliktes â die An-
steckungsgefahr einer Geschlechtskrankheit nachweisen, die Ă€uĂer-
liche Symptome zur Zeit des Beischlafes nicht gezeigt hat? An
dem Delinquenten nicht und an dem âCorpus delicti" einwandfrei
auch nicht, denn dieses kann ja die Krankheit, wenn sie ĂŒber-
tragen ist, anderweitig ĂŒberkommen haben. Man vergesse doch
nicht, daĂ es sich meist um Anzeigen von Personen handeln
wird, denen man auĂer anderen Schönheitsflecken auch eine ander-
weitig geholte Geschlechtskrankheit zutrauen kann.
Die schwierige Frage der Anzeigepflicht durch den
Arzt hat man durch ein Kompromià zu lösen versucht. Der Arzt
soll denjenigen Kranken anzeigen, der sich der Behandlung ent-
zieht. Woher soll denn der Arzt das wissen? Dann mĂŒĂte er ja
ĂŒber' jeden Geschlechtskranken ein Register fĂŒhren. Ist denn auch
damit, daĂ der Kranke zur bestellten Zeit nicht zur Behandlung
kommt, der Beweis geliefert, daĂ er sich der Behandlung ent-
zieht? Wie hÀufig werden leichte Urethralaffektionen oder
Lues im Anfangsstadium symptomlos und erfordern keine
weitere Behandlung. Soll der Kranke deshalb der Unannehmlich-
keit der Anzeige ausgesetzt sein? Schon die Möglichkeit der An-
zeige wird gerade das erzeugen, was man durch das Gesetz ver-
hĂŒten will, die Behandlung durch Kurpfuscher, denn bei dieser
ist ein jeder vor der Anzeige geschĂŒtzt. Im ĂŒbrigen ist fĂŒr
Unterlassung der Anzeige keine Strafe vorgesehen und demnaen
die ganze Vorschrift illusorisch.
Eine sehr harte NuĂ wird dem Gesetzgeber mit der Begelung
der Prostitution zu knacken gegeben, besonders hart deshalb,
weil von den gesetzgebenden Faktoren zwei verschiedene Ent-
wĂŒrfe prĂ€sentiert werden. Die Begierungsvorlage verwirft die
Bestrafung der gewerblichen Unzucht und stellt nur die öffentliche
Anslandsverletzung unter Strafe, der Reichsrat will auĂerdem
die Uebertretung der fĂŒr die gewerbsmĂ€Ăige Unzucht erlassenen
Bestimmungen bestrafen. Letztere Bestimmung deckt sich mit der
des gĂŒltigen Strafgesetzbuches; darĂŒber, daĂ eine rein polizeiliche
Ueberwachung der Prostitution vom Uebel ist und daĂ mehr ais
bisher eine fĂŒrsoru;erische TĂ€tigkeit einereifen muĂ, ist man sich
allerseits einig. Wenn das aber der Fall ist, dann ist die polizei-
liche Registrierung oder die freie FĂŒrsorge allein rein Sache der
UtilitÀt. Man sollte die Regelung dieser mehr technischen An-
gelegenheit den Verwaltungsbehörden der LĂ€nder ĂŒberlassen, und
sie deshalb aus dem Gesetzentwurfe streichen.
Im groĂen und ganzen ist der Entwurf von modernem Geiste
urlrankt, und verdient die UnterstĂŒtzung des Ă€rztlichen Standes.
Regelung der Facharztfrage in Sachsen.
' Das sÀchsische Landesgesundheitsamt hat eine Reihe von
I. eil sÀtzen aufgestellt, die das Ministerium des Innern den
Standesorganisationen, insbesondere auch fĂŒr ehrengerichtliche
Entscheidungen zur Nachahmung empfiehlt. Die LeitsÀtze lauten:
Amtliehe Nachrichten.
I. Obwohl eine besondere PrĂŒfung fĂŒr FachĂ€rzte weder er-
wĂŒnscht noch nötig ist, soll doch die Berechtigung, sich als
Facharzt, Spezialarzi fĂŒr eine Krankheitsgruppe oder fĂŒr eine
Heilweise und Àhnliches zu bezeichnen, an bestimmte Voraus-
setzungen geknĂŒpft sein.
II. Zurzeit sind folgende. Vorbedingungen zu erfĂŒllen:
1. Der Facharzt muĂ eine genĂŒgende Ausbildung in seinem
Sonderfach haben und soll im wesentlichen seine praktische
Àrztliche TÀtigkeit auf das von ihm gewÀhlte SonderTnrh
beschrĂ€nken. Die Bezeichnung als âpraktischer Arzl und
Facharzt" ist daher unzulÀssig. Sie kann in Ausnahme-
fĂ€llen Unter BerĂŒcksichtigung örtlicher VerhĂ€ltnisse be-
tĂ€tigt werden. âPraktischer Arzl, WundarzI und Geburts-
helfer" ist keine fachÀrztliche Bezeichnung.
2. Die FĂŒhrung der Facharzlbezcichiuing fĂŒr mehr als ein
Fach ist im allgemeinen nicht gestattet. Nim- ausnahms-
weise und unter BerĂŒcksichtigung der örtlichen VerhĂ€lt-
nisse kann sie genehmigt weiden, wenn es sich um bereits
eingebĂŒrgerte Bezeichnungen sowio um FĂ€cher handelt, die
in engerer Beziehung zueinander stehen und wenn genĂŒgende
Ausbildung in jedem Fache vorliegt. Nach einer be-
stimmten Uebergangszeit sollen auch die Doppelbezeich-
nungen nicht mehr gefĂŒhrt werden dĂŒrfen.
3. Ein Sonderfach muĂ als ein in sich abgeschlossenes Gebiet
der Heilkunde oder als Gruppe von zusammengehörigen
derartigen Gebieten bereits ungeteilte Anerkennung ge-
nieĂen.und muĂ zu seiner AusĂŒbung eine besondere wissen-
schaftliche oder technische Vorbildung voraussetzen wie
sie das medizinische UniversilÀlsstudium und das prak-
tische Jahr allein nicht zu bieten vermag.
4. Zurzeit kommen als SonderfÀcher in Betracht:
a) innere Medizin einschl. Nervenkrankheiten, b) Chirur-
gie, c) Frauenheilkunde und Geburtshilfe, d) Augenkrank-
heiten, e) Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, f) Haut-
und Geschlechtskrankheiten, g) Nerven- und Geisteskrank-
heiten, h) Kinderkrankheiten, i) Magen-, Darm- und Stoff-
wechselkrankheiten, k) Lungenkrankheiten, 1) Krankheiten
der Harnorgane, m) OrthopÀdie, n) Böntgen- und Lichtheil-
kunde, o) Zahn- und Mundkrankheiten (Approbation als
Zahnarzt erforderlich).
III.
1. Als genĂŒgend ist eine Fachausbildung ohne weiteres anzu-
sehen, wenn sie nach erlangter Approbation in den Haupt-
fÀchern (innere Medizin, Chirurgie, Frauenheilkunde und
Geburtshilfe) wenigstens vier, in den ĂŒbrigen SonderfĂ€chern
wenigstens drei Jahre betragen hat, wobei die TĂ€tigkeit
in einem fĂŒr das Sondergebiet wichtigen anderen Fache
bis zu einem Jahre angerechnet werden kann. Bei Dopp"el-
bezeichnungen sind wenigstens sechs Jahre zu verlangen.
2. Die Ausbildung soll in der Regel in Assistentenstellen von
Kliniken einer UniversitĂ€t oder Akademie fĂŒr praktische
Medizin, an von anerkannten FachÀrzten geleiteten geson-
derten Abteilungen gröĂerer KrankenhĂ€user, an HeilstĂ€tten,
ausnahmsweise auch an geeigneten Privatkliniken und -
besonders bei Kriegsteilnehmern â an Fachabteilungen
von Lazaretten erworben sein. Die Ausbildung in soge-
nannten VolontÀrstcllen kann angerechnet werden, wenn
der Nachweis gefĂŒhrt wird, daĂ der VolontĂ€r seine TĂ€tig-
keit in gleichverantwortlicher Stellung wie ein Assistent
ausgeĂŒbt hat. Ausnahmen können in ganz besonderen
FĂ€llen â z. B. bei Kriegsteilnehmern â unter BerĂŒck-
sichtigung der örtlichen und persönlichen VerhÀltnisse im
Einvernehmen mit der etwra bestehenden örtlichen Fach-
arztgruppe gemacht werden. Diese Biestimmungen gelten
fĂŒr neue Niederlassungen. Den örtlichen Standesvertre-
tungen steht die PrĂŒfung der Voraussetzungen und die
Entscheidung ĂŒber Ausnahmen zu.
IV. Der Nachweis der Ausbildung ist durch eingehende
Zeugnisse der vorgesetzten Direktoren, leitenden oder ChefÀrzte
ĂŒber die Art und Dauer der TĂ€tigkeit zu erbringen und unter-
liegt der PrĂŒfung durch den Vorstand des zustĂ€ndigen Ă€rzt-
lichen Bezirksvereins. In zweifelhaften FĂ€llen ist vor einem
etwaigen Antrage auf ehrenrÀtliche Entscheidung eine weitere
Begutachtung durch einen von der betreffenden Aerztekammer
aus Fach- und AllgemeinÀrzten des Kammerbezirks zu wÀhlenden
stĂ€ndigen AusschuĂ herbeizufĂŒhren.
V. Hinsichtlich bereits unbeanstandet gefĂŒhrter fachĂ€rzt-
licher Bezeichnungen sollen vorstehende Bichtlinien nicht rĂŒck-
wirkend angewendet werden.
Im groĂen und ganzen decken sich die LeitsĂ€tze mit denen
von den Slandesorganisationen anderer LĂ€nder aufgestellten.
Alexander.
Anzeigen von Aerztcn in öffentlichen BlÀttern.
Der Allgemeine Àrztliche Verein in Kissingen hat Bestim-
mungen ĂŒber die Anzeigen von Aerzten in öffentlichen BlĂ€ttern
erlassen. Bei Niederlassungen soll eine dreimalige Anzeige mit
554
Referate
40. Jahrg. â Nr. 35 36
Angabe ĂŒber Ort und Zeit etwa vorausgegangener Ausbildung
zulÀssig sein, und zwar in allen BlÀttern des Ortes gleichzeitig.
Der Wortlaut der Anzeige ist vorher der örtlichen Àrztlichen
Organisation zur PrĂŒfung vorzulegen. Eingehende Bestimmungen
regeln die Zahl der Anzeigen bei Wohnungswechsel, bei Unter-
brechung der Praxis, Verlegung der Sprechstundenzeit. Sana-
torien dĂŒrfen weitere Anzeigen nur nach Genehmigung durch den
PresseausschuĂ veranlassen.
Es soll zugegeben werden, daĂ das Anzeigewesen der Aerzte
die Aufmerksamkeit der Slandesorganisationen erfordert. Wir
erachten jedoch auch in diesem Falle eine Reglementierung bis
ms kleinste Detail fĂŒr abwegig. Wir dĂŒrfen nicht vergessen,
und auch unser Stand hat dem Rechnung zu tragen, daĂ die Er-
fordernisse des Verkehrs sich gewaltig geÀndert haben. Wollen
wir die bisherigen Gepflogenheiten ĂŒber SChiMergröĂe, Zahl und
Wortlaut der Anzeigen und andere AeuĂerlichkeilen bis auf das
Tz aufrecht halten, so werden wir nicht ganz mit Unrecht in den
Geruch einer mittelalterlichen Zunft geraten. Die neue kriminali-
stische Schule hat den jetzt allgemein anerkannten Satz geprÀgt,
(lall bei jedem Delikt in erster Linie nicht die Handlung, sondern
die soziale Gesinnung des TĂ€ters zu prĂŒfen ist. Das trifft auch lin-
den vorliegenden Kall zu. Beabsichtigt der anzeigende Arzt eine
unerlaubte Reklame, einen unlauteren Wettbewerb mit seiner An
zeige, so soll ihm das untersagt werden. Hierzu aber bedarf es
nicht starrer Regeln, sondern der PrĂŒfung des Einzelfalles Die
Berliner Aerztekammer besitzt ĂŒberhaupt keine Standesordnung
und â es gehl auch so? A 1 e x a n d c f.
Zur Informationspflicnt der Aerzte als Zeugen.
Die âBerufsgenossenschaft** vom 18. 5. 22 bring! einen Aufsatz
ihres juristischen Schriftleiters, in dem im Gegensatz zu der
Auffassung der âAer/.tlichen Mitteilungen" nachgewiesen wird,
dall der als Zeuge vorgeladene Arzt verpflichtet ist, sich ĂŒbet
den einschlÀgigen Krankheilsfall vor der Vernehmung zu infor-
mieren. Nach der Reichsversicherungsordnung sind die Berufs]
genossenschaflen berechtigt, im Falle ein Arzt den schriftliche!
Bericht ĂŒber einen Krankheitsfall verweigert, den Arzt vor dem
zustÀndigen Amtsgericht als Zeugen vernehmen zu lassen. Im
vorliegenden Falle hafte der Arzt die Vernehmung dadurch Inn
fÀllig gemacht, daà er absichtlich es unterlassen hatte, aus seinen
BĂŒchern sich ĂŒber den Fall zu informieren. Diese Methode bĂ€h
der Verf. fĂŒr unzulĂ€ssig. Nach der Rechtsprechung des Reichs
gerichls haben Zeugen die Pflicht, vor ihrer Vernehmung von
den ihnen zu Geböte stehenden Mitteln zur SchĂŒrfung und Auf-
frischung ihres GedÀchtnisses Gebrauch zu machen, soweit sU
dadurch nicht zu schwierigen, einen auĂerordentlichen Zeitauf-
wand in Anspruch nehmenden Nachforschungen genötigt werden.
Zu diesem Zwecke ist in der ZivilprozeĂordnung die Bestimmun
getroffen, daĂ die Zeugenlndung die Tatsachen angeben mĂŒsse,
ĂŒber welche die Vernehmung erfolgen soll, und das ist den ..Mo-
tiven" zufolge geschehen, âum den Zeugen die Mittel zur Vom
bereitĂŒng fĂŒr das abzulegende Zeugnis durch SchĂ€rfung seim-r
Erinnerung und Einsicht zu gewÀhren und der sonst unvermei I-
lichen Vereitelung der Beweislermine vorzubeugen.' Diese l'i
Stimmung gilt nicht fĂŒr die Vernehmung eines Zeugen im SlraP
verfahren; im Strafverfahren ist die Mitteilung des Gegenstandes
der Vernehmung in der ZeugeniadĂŒng nicht vorgeschrieben.
Die Herren Kollegen werden, zur Ersparung von Kosten und
Weilerungen gut Inn. von obigen RechtsgrundsÀlzen Vermcik zu
nehmen. A I e x a n d e r.
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften.
Deutsche medizinische Wochenschrift, Leipzig.
âą 5. Mai 1922, 48, Nr. 18.
^Ejaeulatio deficiens iiitei eongressuin ('Funktioneller Aspermatisnius). FĂŒr-
bringe r, .r>77.
âąS» I > i < â Wirkung der AbfĂŒhrmittel und ihre Verwendung in der Ă€ratlioĂŒnu
Praxis- 51 ĂŒ 1 1 c r. 580.
$»Uet).er den Verlauf von Infektionskrankheiten bei dauernder Unter-
ernÀhrung. S t e r n Ii e r g. 581.
Klinische Erfahrungen mit Nonsilhersalvarsaii. S t u Ii in e r. 584,
Verhinderung von [n'toxikat'ouserscneinungen nach Neiosah arsani^ijoktionen
durch gleichzeitige Verabreichung von GaJc-rum broniatuin â und Calzium
chloratum. K ei n e d y. 586.
Aktinomykose des Ganglion seniilunare und akliuonivkotisehe eiterige l.ep-
tomen'ngitis. S t a h r. 583.
âąĂ€*l'eher die Kaupsehe Modifikation der W'a 1". L a n g e r. 588.
âąM>or Wert der Kaunschen Modifikation der W a TJ fĂŒr die Praxis, L e V J -
âąL c n 588.
âŠJ»l'elier l.ohcrerkrankiingnu und Magi'usaftsekretion. M o c v e s. 588,
vZur i'ntstehung der ..poptischon" Cesehwiire des Vcrdauungskanils.
MĂŒller. 589.
Ueber die 1 Iii nioglohinbesti niniungeu nach Silbli und Autenrieth-Köuijjs-
herger. K o in i y a und K a t a k u r a - T o k i o. 581.
De orthopÀdische Behandlung der rachitischen DeformitÀten. Wollen-
h e r g. 592.
Lieber ikterisehe I la utschrift. S e h ii r e r. 5.93.
Kin neues Stethoskop zur Hlutdruekniessun^' naeh Karotkow- Ii a m -
Ii e r g e r. 59-1.
Zur PrÀge der RöntgensehÀdiigungeh. M ö 1 I e r. 595,
Funktioneller Aspermatisinus beruht in einem Teil der FĂ€lle
ul Abstinenz^ anerzogenen Hemmungen, ist zum Teil auch kon-
genitalen Ursprungs. Der Anteil der Neurasthenie und der Per-
versitÀt dabei ist noch nicht geklÀrt. In vielen FÀllen ein noch
unbekannter Ă€tiologischer Faktor auĂerdem. Deshalb trotz reich-
lichen therapeutischen RĂŒstzeugs wenig Heilungen. Aber Hoff-
nungen nicht zerstören.
Wirkung der AbfĂŒhrmittel: Vom Darm selbst produziert das
Cholia Bei aionischer und spastischer Obstipalion: Belladonna
in Nuppnsiiorien oder als TrnusseaiTsche Pillen eventuell mit
Papaverin kombiniert. Naeh Bauchopera I innen bei der Darm-
lÀhmung durch Chloroforms HormonaJ und Ncohormonal (Cho-
lin). Pflanzen: Rizinus wirkt nur im DĂŒnndarm, deshalb nicht
In i Verdacht einer Appendizitis. Keine Gastroenteritis, keine
NiereUreizung wie auf Kröten, Jalappen-Harz, Koloquinten und
l'ndophyllin. Am billigsten jetzt SennesblÀtter : 1 Teelöffel auC
1 Tasse kalten Wassers. 1'2 Stunden stehen lassen. Dann Faul
baumrinde* das einzige deutsche AbfĂŒhrmittel. Ebenso das syn-
Ihetische Istizin (Bayer). Phenolphthalein (Purgen), Laxin un4
Laxinkonfekt wegen Nierenreizung nicht dauernd anwenden.;
Als Ersatz fĂŒr die teueren BitterwĂ€sser: 1â2 Esslöffel Bittersalz
in warmem Wasser. Ferner Magnesia usta oder Magnesium^
perhydrol-Merck. Bei atopischer chronischer Obstipation: Dial-
regeln ng.
Verlauf von Infektionskrankheiten bei dauernder Unter-;
ernĂ€hrung: Nach den Beobachtungen in RuĂland hat eine groĂe
Gruppe von akuten Infektionen sowohl nach klinischen Ein-
drĂŒcken wie nach statistischen Daten zweifellos keinen schlech-
teren Verlauf gehabt als in frĂŒheren Jahren. Dysenterie, Schar-
lach jedoch wies eine höhere MortalitÀt auf. Die (Lungen-)'1
Tuberkulose neigte unter der Einwirkung der UnterernÀhrung
merkwĂŒrdigerweise nicht zu einem schnelleren oder schlechteren.
Verlauf. Gerade hier sieht man, daĂ es sich nicht um eine er-
worbene ImmunitĂ€t, sondern um KnnstitutionseigenlĂŒmlichkeiten,
die vom Lebensalter abhÀngig sind, handelt, also um eine Lebend
altersimmunitÀt. Jedenfalls ist aber die landlÀufige, einseilige
Auffassung dei UnterernÀhrung als schwÀchender Faktor durch
die richtigere zu ersetzen, daà dauernde UnterernÀhrung ein kon
slilulionsÀndernder Faktor ist Hypofunktion der Gesehlechls-
und SchilddrĂŒsen â funktionelles Allern .
Die Kaupseh:- Modifikation der Wa. R.: MĂŒhevolle Technik,
kann aber neben Wa. R. und Sachs-Georgi nicht mehr entbehrt
werden. In vielen FĂ€llen ist sie frĂŒher positiv als Wa. R. bei
frischer Lues, kann bei behandelter Lues ausschlaggebenden Werl
gewinnen.
Lebererkrankungen und Magcnsaftsekrt tion: Bei der Gallen-
steinerkrankung besteht in etwa % aller Falle eine sekretorische
Insuffizienz der MagentÀligkeil (Hyp- bis AnaziditÀt). gleich-
gĂŒltig, ob CholedochusverschluĂ und Ikterus vorhanden ist oder
nicht, selbst nach Entfernung der Gallenblase.
Entstehung der peptiselien GeschwĂŒre des Verdauungskanals:
Verfasser versucht eine einheitliche ErklÀrung aller oder der
meisten peptiselien GeschwĂŒre, indem er fĂŒr ihre erste Ent-
stehung nicht den im Lumen befindlichen Verdauungssafl, son-
dern das schon Innerhalb der DrĂŒsen aktivierte DrĂŒsenprodukt
10. Jahrg. â Nr. 35/36.
Aus den neuesten Zeitschriften
6Ă5
(Selbstverdnuung) verantwortlich macht. Im Jejunum gewinnen
Hie Magenschleimhaut- und Pankreasgewebeinseln dafĂŒr Be
dculung. im letzteren Kalle nicht peptische, sondern tryplischc
cschwĂŒre. v. S 6 Ii n i z e r.
MĂŒnchener medizin. Wochenschrift.
5. Mal 1Q22, Nr. 18.
âą{âąKiit/.iiniliiiigsbegril'l'e und KntzĂŒndunirsthoorien. A « c Ii » f f. Ruf).
('liulcHtvrhiiiric und Indigourie. D o r n e r. 061'.
Chronische Appendizitis und Lebererkrankiing. Saat Ii o f f. 602.
»«âąYatren und akut? gelbei Lcberatrophie. / i p I e r u. H i r n Ii a u in. tiĂŒi.
Subakute gelbe Leberatrophic mit Ileus. H r o u c r. B66.
Lungeneyphllls. W i n k I e r. 667.
Zweimaliges Neutorezidiv nacb kombiniert behandelter sorouegativer Pri-
niÀrlues. K r ö m e k e. 668.
âArttfrlenilappeu" und âEpithelcinlagcn". Ii s n c r. B69.
Direkte Blulttransfusion. B.o n 1) 0 f f. 671.
Xeosalvarsanhehandluug von Mundhöblenwunden. Kitt e r. 672.
Nabelselwurzeichen erfolgter Plagentarablösung. II e g e w a 1 <l. 673.
âą^Behandlung cshron. GeJejikerkrankungen mit Sehwefelöl. W e s k o f f . B74.
K retzsc Ii nn i > Körperbaulehre uml die Anthropologie. M a y e i - (I r o s s. 676.
Heber EntzĂŒndungsbcgriffe und EntzĂŒndungstheorien. Fort-
bildungsvortrag; Nachlesen im Original sehr zu empfehlen.
Ueber Yatren mit besonderer BerĂŒcksichtigung zweier FĂ€lle
von akuter gelber Leberatrophie nach dessen intravenöser An-
wendung. Yatrenlösung ist in gröĂeren Gaben, zumal intravenös,
stark gifUg. Es ist deshalb stets auf die geringsten Nebenerschei-
nungen zu achten, besonders von Seiten der Leber. Vor und wÀh-
rend des Behandlung ist der Urin auf Urobilin, Urobilinogen, Leu-
ein und Tyrosin zu untersuchen. Kranke mit Zeichen einer Le-
bei schwĂ€che sind von der Behandlung auszuschlieĂen, da schwere
ZustÀnde unvermittelt auftreten und unter dem Bild der schwer-
sten LeberschĂ€digung zum Tode fĂŒhren können. Einzelgaben von
0,5 Yatren sind nicht zu ĂŒberschreiten. FĂŒr die Wundbehandlung
hat sich Yatren auch Verff. bewÀhrt. Die intravenöse Yalren-
behandlung des Trippers bietet keine besonderen Vorteile.
Zur Behandlung chronischer Gelenkerkrankungen mit
Schwefclöl. Ablehnung der Methode, da damit keine besseren
Erfolge zu erzielen seien, als mil den sonstigen Methoden, dagegen
starke Nebenwirkungen.
F. Loewenhardl (Charloltenburg- Westend).
Wiener medizinische Wochenschrift.*
6. Mai 1022, Nr. 1-9.
Moderne Ttiberkulogefragen. D u r- f g , A. 805.
âą{âąDas Anwendungsgebiet der Psychotherapie in der inneren Nledizin.
I> p u t s c b , F. «09.
Beitrag »ur Kenntnis der VerÀnderungen der Kespjrationsorgane bei Leu-
kÀmie. E n d e r , F. 816.
Die Anaphylaxie in ihrer Beziehung zu Störungen des Verdauung»apparates.
Piek, E.. 820.
«H'etlogon, <"i 1 1 neues Baisatnikuna fĂŒr die interne G-onorrhoebehaiidlung.
S e i d 1 ', A. 834.
l)as Anwendungsgebiet der Psychotherapie in der inneren
Medizin. Es können einerseits Krankheiten ihr Bild durch Bei-
mengung neurotischer Faktoren verandern. andererseits können
Neurosen Krankheiten vortÀuschen, es können Aklualneurosen zu
organischen Krankheilen fĂŒhren, es können OrgafineurosfiD neben
Organischen Krankheilen einhergeben. Alle diese Krankheits-
formen sind einer Psychotherapie zugÀnglich. Es werden Kranken-
geschichten angefĂŒhrt, welche das (iesagle beweisen sollen.
Pellogon, ein neues Balsamikum fĂŒr die interne Gonorrhoc-
behandlung. Das Mittel entspricht den Anforderungen, die man
an die Balsamika in der Gonorrhoetherapie zu stellen gewohnl ist.
VertrĂ€glichkeit seitens des Darms gegenĂŒber anderen Mitteln an-
scheinend etwas hesser. Preis relativ niedrig.
Reufi (Wien).
Wiener klin. Wochenschrift, Wien.
27. -April 1922. Nr. 17.
Zur
Pathogenc der [jeberzirrhose;. (Klinischer Vortragt. Ch-vostek
âąPyrogallol, Cignuliu und der antipsoriatisehe Effekt. V u n a , P. (!.
(âșUeber die Wirkung der GewebsdiĂŒrotika. Moli t or, ff. u. I
Oelber einen Fall mit angeborener Enge der
Pehlen des Parlefl membraniM'eus traehi
k o 1 1 , A. M. 69t.
âą{âąKmlaehe konservative Behandlung der eitrigen Bartholinitis mit weg
. 88J.
387.
k , K. P. 389.
rrachfta und der Bronchien.
Divertikelbildung usw. s n n -
âąHntravenbse Kieselsliuretberiiiiie b«J Pruritus senilis. L u i't h I e n , I NN
â Heber VerstĂ€rkung der Knkninwirkunn ihirob byperl -eh.- Trauben'
«uckÀrlösung. Z o m a n n , w. :m.
Heber innere Antisepsis. K r a u | , |{. .m;,.
Die Zukunft der Wiener Dermatologen, T ick. 3. ;«»;,.
Pyrogallol, Cifcnolin und der antipsoriatische Effekt. Di»
Phenole (Pyrogallol-Gruppe) sind vermöge ihrer Kombinalion
von reduzierender und schÀlender Wirkung die gegebenen Heil
mittel bei allen akanthosischen Prozessen. Sie dringen von der
llornschicht durch die Kulis selbst bis ins Bit» ĂŒberall Sauerstoff
absorbierend. Bei unachtsamer Verwendung komml es zu Er-
weichung und Nekrose der Oberhaut, tintenschwarzer VerfÀrbung
des Harns, selbst tödlicher Sauerstoffverarmung des Blutes. Das
Cignolin, welches die wirksamste Substanz der Anthrazen- oder
Anthranolgruppe darstellt â es ist gleich Chrysarobin ein Dioxj
anthranol â hat die reduzierende Kraft der Phenole, aber nicht
die FĂ€higkeit, das EiweiĂ der llornschicht ĂŒberzugreifen; trotz-
dem dringt es bis in die Kulis und Subkutis vor, und zwar dan*
seiner AffinitÀt zur OelsÀure, welche ein Bestandteil aller Haul-
schichten ist. Das Cignotfn greift, den Q der OelsÀure
ĂŒberall aktivierend, rasch und zugleich stark in den Krankheits
prozeĂ ein. So ist es imstande, gleich dem Chrysarobin dank der
hervorragenden AffinitÀt zu der mit O beladenen OelsÀure
einen antipsoriatischen Effekt auszulösen.
Einfache konservative Behandlung der eitrigen Bartholinitis
mit wegsamem AusfĂŒhrungsgang. Eine Pravaz-Spritze wird un-
gefĂ€hr bis zur HĂ€lfte mit folgender teigiger Masse gefĂŒllt. Chole-
val 2,5, Cetacei 15,0, Ol. oliv. 30,0. Durch mehrmaliges Durch-
ziehen der gelullten Spritze durch heiĂes Wasser wird die Pasta
verflĂŒssigt, und nun nach grĂŒndlichem AusdrĂŒcken des Eiters
0,1â0,2 g mit der Anel'schen Nadel langsam injiziert. Eine oder
mehrere Injektionen in 3--5tÀgigem Intervall. Das Verfahren isl
fast schmerzlos. Ueberraschendei Erfolge.
Intravenöse KieselsÀuretherapie bei Pruritus senilis. 0,5
1â 2ccm einer l%igen Lösung von Natrium silicicum pĂŒrissi-
mum Merck werden jeden 2.-3. Tag injiziert. G Injectionen ge-
nĂŒgen. Erfolge, auffallend gut.
Ueber VerstÀrkung der Kokainwirkung durch hypertonische
Traubenzuckerlösung. Bei lokaler Applikation einer 10% igen K (>
kain- und 10%igen Traubenzuckerlösung aa auf die Nasenschleim-
haut wird die Kokainwirkung verstÀrkt, die Dauer der Ahaesthssie
verlÀngert, die anaemisierende Wirkung etwas abgeschwÀcht.
Nach intravenös verabreichter Traubenzuckerlösung wird Kokain
bei OberflÀchenapplikation rasch resorbiert und erzeugt Vergif-
tungserscheinungen. Bei VerdĂŒnnung der bei Infiltrationsanaelhe-
sie verwendeten 0,5%igen Novokain-Supsareninlösung mit der-
gleichen oder doppellen Menge 10 %igcr Traubenzuckerlösung
wird der Beginn der Anaesthesin zwar verzögert, die Dauer ah ;
verlÀngert. Empfehlenswert bei Tonsillektomie wegen der Nacli-
schmerzen. \ . Reuss (Wien).
Zeitschrift fĂŒr Ă€rztliche Fortbildung, Jena.
1. April 1922,, 19. Nr. 7.
â ^Behandlung und VerhĂŒtung von GebĂ€rmuttervorfĂ€JIeh. M
i y e r , A. 19;!
»{âșKenntnis der Osteochondritis euxae juvenilis. (Pertbessebe Krankheit.
gynÀkologischen Erkrankungen
von Zahnen und Zahnwurzel. Bolstorff
Schwellenreiztherapie mit Yat'reu-Kaseirj bei
A bei, K. 202.
Ausl'iihrungsgang. \\ e i t . g a s s e r , H. 393.
AnÀsthesierung bei Entfera'uns
M. 20ĂŒ.
Entstehung, Behandlung und VerhĂŒtung von GebĂ€rmutter-
vorfÀllen. Da die Scheide an UterusvorfÀllen fasl slets mehr oder
weniger mitbeteiligt ist und zwischen Prolaps und Senkung nur
ein gradueller Unterschied besteht, so sind unter âGebĂ€rmutter -
VorfÀllen" eigentlich ScheidengebÀrmutlervorfÀlle und neben den
tatsÀchlichen Prolapsen auch die Senkungen der Organe gemeint.
Angeborene VorfĂ€lle sind sehr selten. FĂŒr die Ursache der er-
worbenen Prolapse gibt es zwei verschiedene Ansichten: die einen
beschuldigen den Druck von oben (durch Tumoren, Eigengewicht,
intra-abdominellen Druck), die anderen den Zug von unten, aus-
gehend von der zuerst vorfallenden Scheide. Die heute vorherr-
schende Meinung ist die, daà ScheidengebÀrmuttervorfÀlle durch
einen intraabdominellen Druck entstehen, sobald der normale Bl-
Festigungsapparat der Organe oder Organabschnilte versagt. Ob
dem Halle- oder dem StĂŒtzapparat hierbei die dominierende Rolle
zukommt, isl noch nicht ganz entschieden. Es ist anzunehmen,
daà beide zusammen ein organisches Ganzes bilden. VorfÀlle
kommen am hÀufigsten vor im Klimakterium oder PrÀklimak-
556
Aas den neuesten Zeitschriften
40. Jalirg. â Nr. 35/36.
terium (âProlapsalter") bei Frauen, die durch Geburten und
schwere körperliche Arbeit geschĂ€digt und disponiert sind. FĂŒr
die Entscheidung ĂŒber die traumatische Entstehung eines Vorfalls
kommen drei Punkte in Betracht: 1. Vorhandensein oder Nicht-
vorhandensein einer Disposition, 2. Beschaffenheit des Traumas,
3. Prolapsform. Die meisten VorfÀlle kommen ohne Trauma zu-
stande. Win man die an sich sehr seltene rein traumatische Ent-
stehung annehmen, muĂ eine schwere Gewalteinwirkung voraus-
gegangen sein mit örtlicher GewebezerreiĂung und mit ent-
sprechenden Allgemeinerscheinungen, und eine Disposition muĂ
fehlen. Viel eher als zur Entstehung kann ein Trauma zur Ver-
schlimmerung eines Vorfalles wie VergröĂerung, Gewebezer-
reiĂung, Infektion oder Blutung fĂŒhren.
Zur Behandlung des Prolapses stehen Binglherapie oder Ope-
ration zur VerfĂŒgung. Der Bing soll den nötigen Halt finden, er
soll bei bestehenden eitrigen Scheidenkatarrhen oder etwaigen
Wunden der Vaginalschleimhaut möglichst vermieden werden und
darf keine Schmerzen verursachen. Alle Vierteljahre hat Àrztliche
Kontrolle und Bingwechsel zu erfolgen. Die Frage der operativen
Prolapsmethoden ist in manchen Punkten noch im FluĂ. Die Ver-
hĂŒtung von VorfĂ€llen hat auf Erhaltung eines funktionstĂŒchtigen
Haft- und StĂŒtzapparates abzuzielen.
Zur Kenntnis der Osteochondritis coxae juvenilis (Perthessche
Krankheit). Bei HĂŒftleiden junger Kinder, besonders Knaben,
muĂ man an die Perthessche Krankheit denken, wenn neben der
charakteristischen GangverÀnderimg (Hinken und Einknicken der
erkrankten Seite) bei geringfĂŒgigen subjektiven Beschwerden Ein-
schrÀnkung der AbduktionsfÀhigkeit und positiver Ausfall des
Trendelenburgschen PhÀnomens gefunden wird. Das Böntgenbild
zeigt typische VerÀnderungen der Femurepiphyse. Linter An-
raten geeigneter VorsichtsmaĂregeln und orthopĂ€discher MaĂnah-
men ist die Prognose stets gĂŒnstig zu stellen. L. K a n n e r.
15. April 1922, 19, Nr. 8.
âBehandlung der tuberkulösen Spondylitis. W i e t i n g. 225.
FrĂŒhdiagnostik bei der Lungentuberkulose. A s s m a n n , H. 228.
âNebenwirkungen und Vergiftungen nach Schlafmitteln. Kenner. A. 234.
Entstehung, Behandlung und VerhĂŒtung von GebĂ€rmulftervorfĂ€llen. M a v e r .
A. 238.
Einiges ĂŒber die Behandlung der tuberkulösen Spondylitis.
Zur Therapie der Spondylitis tuberculosa gehört heben der Kli-
matotherapie, der Bestrahlung und den chirurgisch-orthopÀdischen
MaĂnahmen auch die spezifische immunbiologische Behandlung.
Eine Böntgenaufnahme des Knochenherdes ist zur genauen
Diagnosestellung unbedingt erforderlich. Zur Kontrolle der
Gibbusbehandlung empfiehlt Verf. die âGipsriemenmelhode". Nach
Markierung der DornfortsÀtze mittels Tintenstifts wird ein etwa
5 cm breiter Gipsriemen der WirbelsÀule angelegt, mit der Hand
gut angepaĂt und nach dem Trockenwerden abgenommen. Das
Modell wird mit dem Namen des Patienten und Datum versehen
und bietet so ein Kontrollobjekt fĂŒr spĂ€ter. Das Albeesche Ver-
fahren der Knocheneinpflanzung bietet nach Ansicht des Verf.
keine erheblichen Vorteile; es als eine Methode der Wahl zu be-
zeichnen, hĂ€lt er fĂŒr unzulĂ€ssig. Bestrahlung ohne Fixation kommt
nach ihm nur fĂŒr FrĂŒhfĂ€lle ohne wesentliche lokale Symptome
und fĂŒr SpĂ€tfĂ€lle, -die schon in knöcherner Ausheilung begriffen
sind, in Frage. Sonst hÀlt er den Verzicht auf Ruhigstellung stets
fĂŒr einen Kunstfehler und ein VersĂ€umnis zum Schaden der Pa-
tienten. Hinsichtlich der Klimatotherapie hÀlt er den Aufenthalt
an der See fĂŒr die nicht viszerale Form der Tuberkulose fĂŒr
besonders gĂŒnstig. Die Nordsee ist der Ostsee vorzuziehen.
Nebenwirkungen und Vergiftungen nach Schlafmitteln. Nach
einigen kurzen allgemeinen Betrachtungen bespricht der Autor die
Nebenwirkungen der einzelnen Hypnotica und die bei ihrem Ge-
brauch beobachteten Vergiftungserscheinungen. Hinsichtlich der
Einzelheiten muĂ auf die Arbeit selbst verwiesen werden.
L. Kanne r.
Zeitschrift fĂŒr klinische Medizin, Berlin.
19< April 1922, 94, Heft 1â3.
âExperimentelle Beitrage zur Pathogenese der Gicht. Gudzcut u u <?
K e e s e r. 1.
Polychemische Urobilinrcaktion. Chloroformcxtraktion nach Behandlung
"des Harns mit Schwermetallsalzen öder SÀuren. II a u s m a n n . Tb. 12.
Der Einfluà angestrengter körperlicher Arbeit auf radiographische Herz-
gröĂe, Blutdruck und Puls. Bruns und Roemer, G. A. 22.
Immunbiologie des Typhus. Klinische und experimentelle Untersuchungen.
O e 1 1 e r , H. 49.
Die Funktion der Milz uniter physiologischen und pathologischen VerhÀlt-
nissen. W e i c k s e 1 , J. 90.
âFirn Beitrag zur Frage der Bedeutung der pathologischen Aminoacidurie.
Z a n d r 6 n , St. 101.
Gestaltung der Stromkurve des Jugularvenenpulscis durch Arbeit und FĂŒl-
lung des Herzens unter normalen und pathologischen VerhÀltnissen.
Ohm. R. 140.
Neue Gesichtspunkte aus der physiologischen Muskel-Physik fĂŒr die physi-
kalische und physiologische Therapie des Asthmas. Stern b er g, W. 195.
Experimentelle BeitrÀge zur Pathogenese der Gicht. II Mit.)
ZunĂ€chst ermittelten Verfasser in gröĂeren Untersuchungsreihen
die Werte fĂŒr den HarnsĂ€uregehall einzelner Gewebsorgane unter
Mitbestimmung des Best.-N., an Leichenorganen und an frischen,
durch Operation gewonnenen Organen, ferner an HĂŒhnerorganen.
AuĂerdem Versuche ĂŒber quantitative Bestimmung einiger Vor-
stufen der HarnsÀure zur KlÀrung des intermediÀren Purinstoff-
wechsels.
Ein Beitrag zur Frage der Bedeutung der pathologischen
Aminoacidurie. Normale AminosÀurenausscheidung bei hochgradi-
gem Ikterus deutet auf Stagnationsikterus, der Gegensatz in diesem
Falle auf ernste bepatitische VerÀnderungen. Die Methode kann
also ein Hilfsmittel bei der FrĂŒhdiagnose einer Hepatitis oder
einer Leberatrophie sein in den FĂ€llen, wo die klinischen Symp-
tome auf Ikterus catarrhalis deuten. Bei Lungentuberkulose gibt
eine AminosĂ€urebestimmung im allgemeinen bessere AufschlĂŒsse
ĂŒber den Zustand der Leber, als die Palpations- und Perkussions-
methoden. Bei Leberzirrhose tritt die Hyperaminoacidurie erst im
SchluĂstadium ein, wenn die ĂŒbrigen klinischen Symptome auf
eine Leberschrumpfung hindeuten.
.F. Loewenhardt, (Charlottenburg-Westend).
Allgeni. Zeischrift f. Psychiatrie und psychisch-gerichtliche
Medizin.
18. April 1922, 78, 1. u. 2. Heft.
Das Verhalten der Körpergewichte von Geisteskranken wÀhrend der Kriegs-
zeit. Lliw, H. 1.
âDie Sterblichkeit der Geisteskranken in den sĂ€chsischen Anstalten wĂ€hrend
des Krieges. 1 1 b e r g , G. 58.
âDie psychotischen Bilder der UrĂ€mie, v a n H a u t h , P. 64.
Der Kvmptomenkomplex der Ratlosigkeit bei einer Involutionspsychoee.
F ĂŒ n ff g e 1 d , E. 90.
âAntonius und Regression in modernen Kuns*bestrebungen. Bycbowski,
G. 102»
Ein neues Schema zur Aufnahme des geistigen Inventars. Schaeler, F.
122.
Die Sterblichkeit der Geisteskranken in den sÀchsischen An-
stalten wÀhrend des Krieges. Ueberblickt man die erhöhte Sterb-
lichkeit der Geisteskranken in den Irrenanstalten wÀhrend des
Krieges, so sind die groĂen Todesopfer, die unsere unschuldigen
Kranken darbringen muĂten, selbstverstĂ€ndlich schmerzlich zu
bedauern. Unruhige und aufgeregte Kranke verbrauchen in
FriedeiisverhÀltnissen hÀufig mehr Nahrungsmittel als Gesunde.
Viele Gesunde konnten sich in der Freiheit immer noch diese
oder jene ExtraernÀhrung verschaffen, bei den in den Anstalten
Internierten war dies höchstens in beschrÀnktem Umfang der
Fall. Jedenfalls war es nicht möglich und nicht berechtigt, den
Geisteskranken mehr Nahrungsmittel zu geben, als den Gesunden.
â GewiĂ! unter den dem Krieg zum Opfer Gefallenen haben sich
viele befunden, deren Leben weder ihnen selbst noch anderen
von Nutzen war. Aber es sind auch manche vom Tode dahin-
gerafft worden, die trotz ihrer Krankheit noch Freude am Leben
hatten, und die sich nach KrĂ€ften ihren Mitmenschen noch nĂŒtz-
lich zu machen bemĂŒhten. - Jedenfalls dĂŒrfen sich unsere Feinde
die Abtötung so vieler wehrloser Menschen durch die Blockade
nicht als Heldentat anrechnen! Die Gesamtzahl der im Krieg
verstorbenen Geisteskranken ist natĂŒrlich eine gröĂere noch als
die durch die Anstaltsstatistik nachgewiesene. In Sachsen waren
allein aus den Anstalten 7480 mehr, als dem sonstigen Prozent-
satz entsprochen hÀtte, zu buchen. Wie viel Geisteskranke.
Schwachsinnige und Epileptiker auĂerdem in kleineren Kranken-
hÀusern und in der Freiheit infolge unzureichender ErnÀhrung
erkrankten oder starben, entzieht sich unserer Kenntnis. Die
Berichte der auĂersĂ€chsischen Irrenanstalten lehren, daĂ ganz
entsprechend viele Kriegsopfer in den anderen deutschen und
auch in den deutsch-österreichischen Irrenanstalten im Weltkrieg
gefallen sind.
Die psychotischen Bilder der UrÀmie. Die urÀmische Psychose
besieht gewöhnlich in einer akuten, manchmal delirösen Ver-
wirrtheit ohne besonderes Charakteristikum. Urotoxische (durch
40. Jahrg. â Nr. 35/36.
Aus den neuesten Zeitschriften
»57
Haruretention hervorgerufene apathische Benommenheit) und
nephrotoxische (durch Nephrolysine bewirkte deliröse Symptome)
Psychosen kommen selten rein vor. Die gewöhnliche urÀmische
Psychose ist eine Mischform heider. Bei degenerativ belasteten
Kranken kann die urÀmische Psychose AnklÀnge an genuine
Psychosen /.eigen. Eine Anzahl der Arteriosklerose nahestehenden
â alle zeigt einen mehr chronischen Verlauf und ist von den auf
organische Hirnerkrankungen (Arteriosclerosis cerebri, Dementia
nralytica, Lues cerebri) beruhenden Psychosen vielfach schwer
tu trennen. Neuropathische Konstitution bezw. Belastung scheint
das Auftreten psychotischer Symptome bei UrÀmie stark zu be-
gĂŒnstigen.
Antismus und Repression in modernen Kunstbestrebungen.
Die hypermodernen Kunstschöpfungen widersprechen den Formen
unseres Schauens und Vorstellens, sie haben keine Beziehung zu
unserem Weltbilde, machen vielmehr durch ihre gewollte Un-
verslĂ€ndlichkeit den ungetrĂŒbten Ă€sthetischen Eindruck unmög-
lich, und es wird dadurch eine weitgehende Analogie unverkenn-
bar zwischen den Gebilden der hypermodernen Plastik und Dich-
tung und den Produkten der Geisteskranken, wie sie jeder
Psychiater zu Gesicht bekommt. Wern. H. Becker.
BeitrÀge zur Klinik der Tuberkulose, Berlin.
15. MĂ€rz 1922, 50.
Kritische Untersuchungen ĂŒber die GröĂe des Luftwechsels hei kĂŒnstlicher
Atmung. Bruns, 0. und R h a e s a , P. 6.
. «^Respiratorischer Gasaustausch und Lungendurchbluteng unter normalen und
krankhaften ZustĂŒnden der Atmungsorgane. Le Blane, E. 21.
4*Das Problem der Zyanose und der Begriff der Pneumonose. Schjer-
n in g, J. 96.
j 4»Klimatotheraipie im Krankenhaus. Kestner, O. 121.
Das Vorkommen von Geiarosetten hn RĂŒckenmark hei Lungentuberkulose,
insbesondere bei der Polyneuritis der Tuberkulösen. Wohlwill,
F. 133.
ErlÀuterungen zur Partigenlehre. Much, H. 138.
Vergleichende Untersuchungein ĂŒber die Resistenz der Tuberkelbazillen und
verwandten Bakterien gegenĂŒber entfĂ€rbenden chemischen EinflĂŒssen.
SchloĂ berger, H. 144.
4*I>io Tuberkuloseansteekung. Hamburger, F. 162.
Ucber den Locus minoris resistentiac hereditarius der Lunge heii chronischer
Tuberkulose. Edel, W. 167.
Die Beziehungen des Baues des Gcsichtsskolctlttes zu. dem des Brustkorbes hei
TuberkuJöseu. Blumenfeld, F. 180.
4»Die Desinfektion mit tuberkulösem Auswurf infizierter WÀsche. U h 1 e n -
h u t h , P. und Haider, E. 208.
«j'Ist das Perlsuchttuberkulin zur Kutandiiagnostik erforderlich. Klein-
Schmidt, H. 214.
Kritik der physikalischen Untersuchung der Lungen. U 1 r i c i . IL 221.
DiiffcrenrtaMiagno.se zwischen extrem groĂen Kavernen und Pneumothorax
â und ihre Bedeutung fĂŒr die Therapie. Michels, G. 232.
Diei Bewegungen des Brustkorbes bei 2024 FĂ€llen von Lungentuberkulose.
ScppĂ€nen, V. 246. «âą
Ductus arteriosus Botalli persistens mit PrimĂ€rherden in der Lunge. M ĂŒ 1 -
1 e r , E. v. 254.
Der Wert der Wildbolzschen Eigcnharnreaktiou fĂŒr den Nachweis der Tuber
kuilose. Landgraf, Th. 258.
t 4>Die AVildbolzsche Eilgenbarnreaktion. S t u b b e , H. 262.
Einteilung der Tuberkulose. H a r m s. 271.
^Prognostische Bedeutung der Kaverne bei der Lungenpliti.se. De 1 a
Camp. 281.
t&Blu'teosinopbĂŒlie als Indikator fĂŒr die jeweilige ReaktionsfĂ€higkeit des Orgn
nismus. MĂŒller, O. und B r ĂŒ s a in i e n , O. 289.
Zur Dilfferentialdiagnose hochfieberhafter milt Leukopenie einhergehonder
Erkrankungen. "JĂŒlich, W. 303. ,
Welchen EinfluĂ haben die Nachwirkungen der Pleuritis auf den Verlauf
der chronischen Lungentuberkulose. Block, W. 311.
âą^Prognose der offenen Lungentuberkulose im Kindesalter. Klare, K. 318
Kalktherapie bei Lungentuberkulose, feuchten berger, R. 322.
Behandlung der tuberkulösen Pleuraexsudate. Spengler, L. 345.
Klinische Beobachtungen an Tuberkulösen mit kĂŒnstlichem Pneumothorax.
I N e u e r , I. 354. ,
âą^Luftembolie oder Pleuraschock. K o w i t z , H. L. 374.
Ein seltener FaJl von multiplen Luugcnthoraxfisitieln. Gehre ke, A. 38t.
Beitrag zur Kavernen-Eröffnung. T h e y s. 388.
Beitrag zur ebiiairgi;selien Beh'andJtang der ausgedehnten einseitigen Lungen-
gangrÀn. Z i e gil e r . O. 395.
Einige Hirnventrikelpunktionen und Ventrikulographien (Dandy) bei tuber-
kulöser Meningitis. Jacobaeus ,H. C. 403.
Zur Frage der Meningitis tuberculosa. S e c k e r , G. 408.
âŠEine eigenartige Form multipler Knochentuberkulose (Spina ventosa multi-
ples adultorum). Fraenkel, E. 441.
Zur Frage der Dosiierung' in der Röntgenbehandlung tuberkulöser Gelenke.
JĂŒngling, O. 452.
Tuberkulöse Lymphome und Lungentuberkulose. W a 1 1 g r c n , A. 461.
Tuberkulose und Wohnungsnot. Gruber, G. B. 478.
SoziaĂŒ-hygienischc Untersuchungen an 325 offentuberkulösen Kriegsinvaliden
R a n k e , K. E. und Seiler, E. 193.
MĂŒn-
MĂŒnchens.
10. u ml
Die Infektion im den Familien offentuberkulöser Kriegsinvaliden in
ehen. Ranke. K. E. und Seiler, E. 496.
Tuberkulose in den Niederlanden wÀhrend des Krieges und nachher. P
z i n g. 505.
Eine seltene Art von hÀmorrhagischer Perikarditis. Rabe, F. 519.
Lungeustreptoitrichoscn. Peemöller, F. 523.
PrimĂ€res LungenUarziiioni unter besonderer BerĂŒcksichtigung schrumpfender
l'rozessc. 0 I a n s . F. 549.
ErkÀltiingsUatarrbe. (i r a U , II. 562.
Respiratorischer Gasaustausch und Lungendurchblutung
unter normalen und krankhaften ZustÀnden der Atmungsorgane.
Untersuchungen am arteriellen und venösen Blut von Mensch
und Tier. Die als Habilitationsschrift erscheinende Arbeil Ge-
faĂt sich mit der Entscheidung der fĂŒr die Physiologie und Pa-
thologie der Atmung bedeutsamen Frage, in welchem Zustand
die Lunge besser durchblutet ist, WĂ€hrend der inspiratorischen
BlÀhung o4er im Kollaps. Im Tierversuch wurde zunÀchst unter-
sucht, welche Folgen der VerschluĂ eines Hauptbronchus fĂŒr die
Arlerialisierung des Blutes hat. Es zeigte sich, daĂ die auf diese
Weise erzielte Ausschaltung einer Lunge zu einer starken Herab
setzung der SauerstoffsĂ€ttigung des arteriellen Blutes fĂŒhrt, die
kompensatorisch einsetzende verstÀrkte AtemtÀtigkeit der
anderen Lunge vermag das SĂ€ttigungsdefizit nicht zu verringern.
Diese Tatsachen berechtigen zu dem SchluĂ, daĂ in der durch
VerschluĂ des Hauptbronchus ausgeschalteten Lunge die gleiche
Menge Blut flieĂt, wie unter normalen VerhĂ€ltnissen. Im Gegen-
satz hierzu stehen die Befunde bei Anlegung eines kĂŒnstlichen
Pneumothorax: hierbei findet sich im arteriellen Blut keine sehr
wesentliche Herabsetzung der SauerstoffsÀtligung; dieses Ver-
halten ist dadurch bedingt, daĂ die kollabierte Lunge weniger
durchblutet ist, als die normale Lunge; infolge dieser geringeren
Durchblutung der Kollapslunge flieĂt der normal arbeitenden
Lunge reichlicher Blut zu; hierdurch wird eine genĂŒgende Sauer-
stofTsÀtligung des Gesamtblutes erreicht. Die von Sauer-
brach und Cloetta gemachte Annahme von der bessereu
Durchblutung der kollabierten Lunge lĂ€Ăt sich auf Grund des
Ergebnisses dieser Versuche nicht -aufrecht erhalten. Zum
gleichen Besultat betreffs der Durchblutung retrahierter ode^
kollabierter Lungenabschnitte fĂŒhren die Untersuchungen an
Menschen, bei therapeutischem Pneumothorax, bei Kompression
einer Lunge durch ein Pleuraexsudat, sowie bei krankhaften
Prozessen in den Lungen, die Teile derselben von der Atmungs-
arbeit ausschalten: durch AbfluĂ des Blutes aus den von der
Atmung ausgeschalteten in die atmenden Lungenabschnitte wird
eine genĂŒgende Arterialisierung des Blutes bewirkt. Eine starke
SchÀdigung des respiratorischen Gaswechsels tritt dann ein,
wenn die Ausschaltung gröĂerer Lungenabschnitte mit unver-
Ànderter Blutdurchströmung einhergeht, wie es bei Lungenödem
der Fall ist.
Ucber die Tuberkuloseansteekung. Durch einwandfreie Be-
obachtungen im frĂŒhen Kindesalter ist der Beweis erbracht
worden, daĂ die Tuberkulose in den allermeisten FĂ€llen durch
Tröpfcheninfektion erfolgt; die Uebertragung durch bazillenhal-
ligen Staub spielt eine ganz untergeordnete Bolle. FĂŒr die Pro-
phylaxe ergibt sich daraus die Konsequenz, daĂ die Husten-
disziplin mindestens ebenso wichtig ist wie die Spuckdisziplin.
Ueber die Desinfektion mit tuberkulösem Auswurf infizierter
WĂ€sche. Im Gegensatz zu den Schwierigkeiten bei der Desinfek-
tion frischer tuberkulöser Sputa zeigte es sich, daĂ gegenĂŒber
auf WĂ€sche angetrocknetem Auswurf eine gröĂere Zahl von
antiseptischen Lösungen sich wirksam erweisen, insbesondere
Alkalilysol und Parol in 3 bis 5 % Lösung, Kresol in 2 % wÀsse-
riger Lösung, Kresolseife D. A. B. 5. A. in 2 bis 4 % VerdĂŒnnung,
Formaldehyd, Lysoform in 5 % Lösung, Sublimat in 0,1 % Lösung:
Jedoch möchten Verf. wegen der noch geringen Zahl von Ver-
suchen einstweilen auĂer dem Alkalilysol bestimmte andere
Mittel zur praktischen Verwendung noch nicht vorschlagen.
Ist das Perlsuchttuberkulin zur Kutandiagnostik erforderlieh?
Die Kutanreaktion auf Perlsuchttuberkulin gestattet keinen BĂŒck,
schluĂ auf den Erregertypus. Die Verwendung des Perlsucht-
tuberkulinis neben dem Alttuberkulin findet ihre BegrĂŒndung in
der öfters festgestellten stÀrkeren Wirksamkeit des aus Bazillen
des Typus bovinus gewonnenen Tuberkulins. Bei getrennter An-
wendung des Alttuberkulins und des Perlsuchttuberkulins ergeben
sieh in einer Reihe von FĂ€llen, die auf Mischtuberkulin negativ
reagierten, eine positive Beaktion auf Perlsuchttuberkulin, in
vereinzelten FĂ€llen auch auf Alttuberkulin. Die gröĂte Wirk-
samkeit zeigte in vergleichenden Versuchsserien das humane
CuĂŒtuberkĂŒlin (Höchst), seine Verwendung macht die Proben mit
Perlsuchttuberkulin unnötig. Die Beaktion nach Ponndorf
in ihrer ursprĂŒnglichen Form mit groĂen Skarifikationen ist
wegen der hÀufig eintretenden Allgemeinreaktionen nicht zu
empfehlen; streng wissenschaftlichen Anforderungen entspricht
nur die subkutane oder intrakutane Tuberkulininjeklion.
558
Aas den neuesten Z e 1 1 s c h r i f t e n
40. Jahrg. â Nr. 35/36.
Bluteosinophilie als Indikator fĂŒr die jeweilige Reaktions-
fĂ€higkeit des Organismus, In frĂŒheren Untersuchungen konnten
Verf. zeigen, daĂ ein Ansteigen1 der Eosinophilenkurve nach
Tubcrkulininjeklion als ein prognostisch gĂŒnstiges Zeichen -zu
betrachten ist. Im Verlauf einer Tuberkulinkur gestattet die fort-
laufende Beobachtung der Eosinophilen RĂŒckschlĂŒsse auf die
jeweilige ReaktionsfÀhigkeil des Organismus und gibt Anhalts-
punkte fĂŒr die Dosierung. Ein entsprechendes Verhalten zeigt
die Eosinophilenkurve auch bei der ĂŒblichen Vaccinetherapie.
In Ă€hnlicher Weise wirken physikalisch-therapeutische MaĂ-
nahmen bei Lungentuberkulose Sonnenbestrahlungen, kĂŒnstliche
Höhensonne, Röntgenbestrahlungen). Auf Grund dieser Befunde
kann die Eosinophilenkurve allgemein als MaĂslab fĂŒr die Reak-
tionsfÀhigkeit des Körpers im Kampf gegen Infektionen ange-
sehen werden.
Die prognostische Bedeutung der Kaverne bei der Lungen-
phthise. Die Beurteilung der Kavernen in prognostischer Hin-
sicht hĂ€ngt nicht so sehr vön der Anzahl, GröĂe und Beschaffen-
heit der HohlrÀume als von dem Charakter des vorliegenden
Lungenprozesses ab; zu dessen EinschÀtzung ist fachmÀnnische
Deutung einwandfreier Röntgenplatten unbedingt erforderlich.
Bi der groĂen Gefahr, die jede Kaverne FĂŒr ihren TrĂ€ger be
deutet, sollte von' der Kollapslherapie (Pneumothorax, Thorako-
plastik) möglichst ausgiebiger Gebrauch gemach! werden.
Die Wildbolzselle Eigenharnreaktion. Bericht ĂŒber die in der
Literatur niedergelegten Erfahrungen und ĂŒber die Ergebnisse
eigener Untersuchungen an etwa 100 Patienten des Kranken-
hauses Hamburg- Eppendorf. Die positive Reaktion gestaltet die
Annahme eines aktiven tuberkulösen Prozesses. Das Fehlen der
Allgemeinreaktion und der Herdreaktion bedeutet einen Vorzug
vor der Tuberkulinreaktion.
Zur Prognose der offenen Lungentuberkulose im Kindesalter.
BestĂ€tigung der Erfahrungen anderer Autoren ĂŒber die sehr hohe
MortalitÀt der offenen Tuberkulose im Kindesaller. Von den in
den Jahren 1916 bis 1920 in der KinderheilstÀtte Scheidegg (All-
gÀu) behandelten 28 Kindern waren bei Niederschrift der Arbeit
18 = 64,2% gestorben. Der Eintritt der PubertÀt scheint die
Kinder besonders zu gefÀhrden; nur ein verschwindend kleine;
Prozentsatz der Kinder ĂŒberschreitet, auch bei monalelanger
HeilstĂ€ttenbehandlĂŒng die Schwelle der PubertĂ€t. Bei dieser
Sachlage ist eine sehr sorgfÀltige Auswahl der an offener
Tuberkulose leidenden Kinder bei der Einweisung in HeilstÀtten
erforderlich. Solange wir noch nicht ĂŒber genĂŒgend Kranken-
hausbetten fĂŒr diese Kinder verfĂŒgen, mĂŒssen jedoch die Heil-
stÀtten zur Isolierung derselben herangezogen werden.
Luftembolie oder Pleuraschock? Unter BerĂŒcksichtigung der
in der Literatur niedergelegten experimentellen und klinischen
Erfahrungen sowie unter Mitteilung von 4 einschlÀgigen FÀllen
erörtert Verf. den Entstehungsmechanismus der bei Eingriffen an
der Pleura zur Beobachtung kommenden ĂŒblen ZufĂ€lle. Die Auf-
fassung, daĂ in der groĂen Mehrzahl der FĂ€lle die Erscheinungen
durch Luftembolie bedingt sind, stĂŒtzt sich besonders auf die
Art der beobachteten cerebralen Erscheinungen, auf das Auf-
trete«] lokaler Slasen in der Haut unter dem RĂŒde roter Mar-
morierungen sowie auf den Nachweis ophthalmoskopisch nach-
weisbarer Gasembolien in der Art. centralis retinae; durch In-
jektion von Luft in die Karotiden gelingt es, im Tierversuch die
Erscheinungen getreu nachzuahmen.
Leber eine eigenartige Form multipler Knochentuberkulose.
Spina ventosa multiplex adultorum. Beschreibung eines Falles
einer multiplen, die kleinen und kurzen Knochen der Hand und
ilcs FuĂes befallenden eigenartigen Form von Knochentuber-
kulose, unter Bezugnahme auf eine entsprechende Veröffent-
lichung von J ĂŒ n g 1 i n g (Förtschr. a. d. Gebiet d. Röntgenslr.
Bd. 27, H. 4). Die Erkrankung ist prinzipiell als mit der Spina
ventosa identisch aufzufassen, unterscheidet sich jedoch von ihr
durch "das Fehlen oder ZurĂŒcktreten der periostalen Knochen-
bildung, wie sie im Röntgenbilde deutlich hervortritt. Das
Leiden ist chronisch und scheint die erkrankten Skclettabschnitle
nicht ernstlich zu gefÀhrden. Wolf f (Hamburg'.
Zeitschrift fĂŒr Kinderheilkunde, Berlin.
15. MĂ€rz 1922, 32, Heft 1â2.
â l'ir BekĂ€mpfung der Grippe in KimteriiMlamstalten durch Freiluftbehand-
lung'. RothgicCcr, 0. 1.
âą{âŠZur Kenntnis der Kinflertuberkulose. Z i ni m c r in a n ri , R. 15.
Zur Frage der aktiven fmimunisiefung, im SĂ€nglingaalter, II. Mitteilaug: Die
PpckehvacoiueiminunitÀt. F r a u k e u s t c i n . ('. 25".
âą^Klinische und radio-logische Beobachtungen an ruminierenden SĂ€uglingen]
Bern heim - Karrer, J. M.
Erytb,pma ahnmlare. Ein typisches Exanthem bei Endokarditis. L c h n i
d o r f f . U. und L e i n e r , ('. V\.
âąJPKiIiiiisch-pĂ€da^gog-iĂche Auswertung der Ergebuipsd von PrĂŒfungen bei Hilf«
Schulkindern. L aza r; ÂŁ. und T r c in e 1 . F. 54.
Die Wirkung des KaUumions auf die SpaBmophiliC der Kinder.
Wetz cd , A. 10."..
HereditÀre O^ificsUionsdefektc der Scheitelbeine* Neurath, H. n'l.
lieber die BekÀmpfung der Grippe in Kinderheilanstalten
durch Freiluftbehandlung. Die Grippeinfektion spielt nicht nur
im SĂ€uglingsalter, sondern auch noch im Kleinkindesalter eine
groĂe Rolle. Hier lĂ€Ăt sich das bei SĂ€uglingen bewĂ€hrte Boxen-
system nicht durchfĂŒhren. Einen vollwertigen Ersatz stellt nach
R. die Freiluftbehandlung dar, wie an dem klinischen Material
einer Kleinkinder-Raohitik er Station (192 FĂ€lle) nachgewiesen
wird. Trotzdem der Kontakt der Kinder ein sehr enger ist, sinkt
der Grippeindex im Laufe der Freiluftbehandlung von 0,0 auf
0,1 im Monat, d. h. pro Kind etwa eine Infektion im Jahr. DaĂ
dabei die Besserung des ErnÀhrungszustandes und die fort-
schreitende Heilung der Rachitis ebensowenig wie die Jahres-*
zeit einen ausschlaggebenden Faktor darstellt, wird an Hand
einiger Kurven dafgelegt. Es wird eine direkte aktive Wirkung
der Fneiluftkur angenommen, die einmal eine Vernichtung der
Rakterien des Nasenrachenraumes, zweitens eine Erhöhung der
WiderstandsfÀhigkeit des Organismus zur Folge haben soll
DaĂ den ultravioletten Strahlen dabei eine besondere RollJ
zukommt, ist wahrscheinlich, wie an zwei erfolgreich mit Höhen|
â sonne behandelten FĂ€llen gezeigt wird.
Zur Kenntnis der Kindertuberkulose. An vielen Hunderten
leicht tuberkulöser Kinder wird Material zu der EigentĂŒmlichkeil
der kindlichen Tuberkulose gesammelt. Sie werden nach den
drei groĂen Symptomgruppen besprochen, der exsudativen
Diathese, der Lungenerkrankung und der HilusverÀnderung. Am
wichtigsten erscheint der Hinweis, daĂ die so oft diagnostizierte
tuberkulöse Lungenerkrankung sich meist nicht bestÀtigt. Nu«
bei etwa 7 % der untersuchten Kinder fand sich ein tubeS
kulöser Spitzenkatarrh oder eine Tbc. des Unterlappens. Etwas-
hÀufiger ist die Beteiligung des intraklavikularen Dreiecks So
relativ selten die tuberkulöse Lungenerkrankung ist, so schwec'
ist fast ausnahmlos ihr Verlatif. Im Mittelpunkt des* Interesses
stehen die Hiluserkrankungen. Auch sie sind vorsichtig zu beur-
teilen. In kaum V* der FÀlle konnte die tuberkulöse Natur der
Hiluserkrankung einwandfrei nachgewiesen werden. Da die,
HilusdrĂŒsen, bei jeder entzĂŒndlichen VerĂ€nderung ihres Quell-'
gebiet es anschwellen, so ist auch bei positiver Tuberkulinprobe
die tuberkulöse Natur einer VergröĂerung der HilusdrĂŒsen noch'
nicht ohne weiteres sicher. Im ĂŒbrigen wird bemerkt, daĂ die
einschlÀgigen Tuberkulinproben in einer Reihe von FÀllen, auch
bei sicheren» Erkrankungen versagten. Die Feststellung der
Hiluserkrankung leidet weiter darunter, daĂ sie sich nicht nur
klinisch, sondern auch röntgenologisch der Diagnose entziehen
kann. Die indirekten Folgen der raumbeschrÀnkenden Wirkung
im Mediastinum werden selten beobachtet, und zwar: Venenj
Zeichnung bei 6 %, Pupillendifferenz bei 7 %, D'Espine bei 20 "/,.
Aus der Menge dieser leichtkranken Formen rekrutieren sich'
spÀter die unheilbaren Tuberkulosen. Andererseits scheint
durch das Ueberstehen einer leichten Tuberkulose in den Kinder-
jahren eine gewisseSicherheit fĂŒr das spĂ€tere Leben gegeben
zu sein.
Klinische und radiologische Beobachtungen an ruminierenden
SĂ€uglingen. Von 13 FĂ€llen werden 3 ausfĂŒhrlich besprochen und
Röntgenbilder von verschiedenen Stadien des Ruminationsaktes
abgebildet. Abnorme Lagen- oder GröĂenverhĂ€ltnisse waren nie
vorhanden. Der Magen entleert seinen Inhalt nicht durch eine
isolierte Kontraktion des Tubus gastricus, sondern durch eine
allgemeine Tonuserhöhung. Die klinische Beobachtung zeigt. <
daà die SÀuglinge erst allmÀhlich die Technik des Ruminierens
vervollkommnen. AnfÀnglich werden nur wenige Kaubewegungen
vorgenommen, auch kommt es zum teilweisen AusflieĂen der
Nahrung. In diesen Nahrungsverlusten (bis zu 100 g und mehr)!
liegt die klinische Bedeutung des Ruminationsaktes. Als aus-
lösendes Moment ist das habituelle Erbrechen von gröĂter Be-j
deutung. Das Kind spielt mit dem hochgestiegenen Mageninhalt j
und lernt dann willkĂŒrlich durch Luft schlucken. Auslösen des!
WĂŒrgereflex es oder durch leiebte Hilfe des Zwerchfells oder der j
Rauchdecken das Hochsteigen des Mageninhalts zu bewirken. ]
Die Rumination heilt mit dem Aelterwerden des Kindes spontan, *j
da sich dem Spieltrieb neue Möglichkeiten eröffnen', so daà die'j
Rumination vergessen wird.
40. Ja Urft. â Nr. ILr>/:U>.
Aus den neuesten Zeitschriften
Die klinisch-pÀdagogische Auswertung der Ergebnisse von
PrĂŒfungen bei HiHsschulkĂŒulern. Wie sich die neuiroiagische
Diagnose aus, einzelnen zueinander in Beziehung gebrachten
tJnlersuchungsergebnissen aufhaut, su können die einzelnen Funk-
Ionen, ans denen sich die Intelligenz zusammensetzt, geprĂŒft
weiden, und aus den Ergebnissen dieser PrĂŒfung LĂ€Ăt sich ein
Einblick in das Wesen der zu untersuchenden Intelligenz er-
möglichen. Es zeigt sich dabei, daà hÀufig isolierte Defekte vor-
kommen, die sich bei geeigneter Analyse gul unterscheiden
lassen. Zu diesem Zweck wird ein umfangreiches Schema von
Tests allgemeiner und spezieller Natur aufgestellt, durch welches
es gelingt, die Leistungen so zu analysieren, daĂ die Kalle in
gewisse Gruppen und Untergruppen eingeteilt werden können,
wenn auch ausdrĂŒcklich betont wird, daĂ es sich nur um Aehn-
Ichkeilen handelt, und eine völlige Ueberednstimmung zwischen
zwei FĂ€llen nie gefunden wird. Es werden Defekte der im
â nessionalen SphĂ€re, und zwar rein auditive und rein visuelle,
«trennt vom Defekten der lintentionalen SphÀre, ider psychi-
schen AktivitÀt. In jeder Gruppe lassen sich Untergruppen ab-
grenzen. Es wird darauf hingewiesen, daĂ es aussichtslos er-
scheint, den Schwachsinn durch einen gewissen Funktionskoni-
plex zu erklÀren. Das einzige, was mit Hilfe des psycholo-
gischen Experimentes möglich erscheint, ist die gruppenmĂ€Ăige,
Bestimmung des Einzelfalls. Die Untersuchungen, die sich auf
die in den Hilfsschulen eines GroĂstadlbezirkes vorkommenden
gewöhnlicheren Formen beschrÀnken, sollen spÀter auch auf ge-
wisse typische Krankheitsbilder ausgedehnt werden.
Schall, TĂŒbingen.
Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
(5. MĂ€i 1922, 49, Nr. 18.
â frAktinomycose. B a r a c z. <i:u.
âąH'-cinluappemlieitis. V o g e 1 e r. 039.
PelottenverschluĂ des kĂŒnstlichen Afters. D r ii n e r. 012.
Die Behandlung der Aktinomycose mit Kupfersult'at. Ver-
fasser hat im Verlauf von 19 Jahren 35 FĂ€lle von Aktinomycose
der verschiedensten Körperregionen (hauptsÀchlich Kopf und Hals ;
in folgende] Weise behandelt: In das aktinomycolische Infiltrat
wird elwa 20â40 cem einer 1 %igen Kupfersulfallösung einge-
spritzt. Die Injektion wird in AbstÀnden von einigen Tagen wie-
Berholt, bis das starre Infiltrat sich erweicht und verflĂŒssigt hat.
Die Abszelihöhlen und FistelgÀnge werden dann nach Entleerung
des Eiters jodiert und mit in Kupfersulfallösung getrÀnkten Gaze>
streifen tamponiert. (Das Kupfersulfat wird seil langem beim
Beizten des Getreides zur Vernichtung der Strahlenpilzsporen b :
nutzt.) Befindet sich der ProzeĂ im BĂŒckgang, so werden AbszeĂ-
bohle und FistelgÀnge energisch mit dem Lapisstift behandeil.
h-Von den 35 FĂ€llen sind 30 dauernd geheilt.
Ueber Pscudoappendicitis, hervorgerufen durch DĂŒnndarm-
spasmen. Bei einem Manne, der unter der Diagnose Appendicitis
operier! wurde, fand sich ein normaler Wurmforlsatz; dagegen
war in einer Entfernung von 10 cm von der Bauhin'schen Klappe
eine 2 cm breite EinschnĂŒrung der Wand des Ileum zu sehen.
Nach Bepinselung mit 10 %iger Kokainlösung löste sich diese Ein-
schnĂŒrung. Verfasser hĂ€lt es fĂŒr wahrscheinlich, daĂ ein Schleim-
bautulcus (Ruhr? Tuberkulose??-) den Spasmus hervorgerufen
hat. K. Wohlgemut h (Berlin).
Archiv fĂŒr orthopĂ€dische und Unfall -Chirurgie.
Marz 1922, 20, lieft 2.
â Dir OberarmknochenbrĂŒche au der ZĂŒrcher chirurgischen Klinik in den
letzten 20 Jahren (1899â 1!)19). SchlĂŒpfer, Karl. ISA.
âŠHei trag zur Behandlung veralteter traumatischer HĂŒftausrenkungcn,
C r a m c r . 213.
Der Kollo-Diaphysen- (Schenkelhals-, NeSgungs*) Winkel, Dalentin,
B r u n u. 219.
i rlirr kongenitalen Femiurdefek) und verwandte. MiĂbildipigcn. Spiel.!,
Paul t- 234.
âŠlieber schnellende Kniegelenke. Frosch, Ii. i36.
Kommlnutivplaetik der Tibia ljei schweren rachitischen DeformitÀten mit
INendartliru.se. Bebst einigen Bemerkungen zur KnoclienregeiueratiĂŒii.
R o h d c , Karl. 281.
âą âŠlieber Iluhlf uĂbehandJung. Lacluicr, Felix. 286.
Ilallux valgus und Metatarsalgie (Pe.s planus anterior transversus).
H a 1 r i c h t , Alfred. 814.
, Zur Behandlung des Ilallux valgus. Mayer, E. ;tl8.
Bin Fall von Krb'seher Ltthmung nach Schiet'halsuperatitiii. U 1 e n c k e ,
Hans. 821.
Hammel referat ĂŒber Heilgymnastik und Massage aus dem .labre 1920. Bett-
ln a Ii n , H. Ji 828.
Besprechungen. 320,
Die ObecarmknochenbrĂŒcho an der ZĂŒrcher chirurgischen
Klinik in den letzten 2(1 Jahren. Die weitlÀufige Arbeil Kail
SchlĂŒpfers lallt in gedrĂ€ngtester KĂŒrze folgende Tatsachen
erkennen: BrĂŒche am oberen llumri usendc sind hĂ€ufiger al~
Scha II hr liehe oder distale EndbrĂŒrhc Die RechtshĂ€ndigkeit be-
dingt ein starkes Ueberwiegen der LinksbrÀche. Abrisse der
Tuberkula finden sich nur im mittleren und höheren Aller.
Ebenso ist der Bruch im anatomischen Halse eine Bnuchform des
Allers. Auch de- chirurgische Hals bricht in der Jugend seilen.
Einkeilung oder geringe Dislokation lalll bei diesen BrĂŒchen so
forlige Bewegungen zu therapeutischen Zwecken zu. Die Exten
sionsbehaudlung auf einer Christen-Pfahner-Schiene war Therapie
der Wahl. â DiaphysenbrĂŒche linden sich vornehmlich bei Jugend
liehen Individuen. Bei geringer Disloka I i sa I ion fixierende Seine
nung, sonst ExlensionszĂŒge auf Schiene nach Reposition in Nar-
kose. Nach 3 â 4 Wochen mobilisierende Therapie. Na gelext ension
wird verworfen. SuprakondyJĂŒre Frakturen werden dorsal ge
schient. Abgesprengte lose StĂŒcke werden am besten exstirpierl,
â Betonung der Wichtigkeit einer BeschĂ€ftigungstherapie!
Unter 114 DiaphysenbrĂŒche 3 Pseudarlhrosen. Nervenver-
letzungen waren . verhĂ€ltnismĂ€Ăig selten. (Radialis in 3,8%;
l'lnaris wird oft nach Jahren erst geschÀdigt durch Knllus-
unibau.) Als Todesursache kommt (sehr selten; Feltembolie in
Betracht. â Im ĂŒbrigen bildet die Arbeit eine Fundgrube wert-
voller Einzelbeobachtungen.
Beitrag zur Behandlung veralteter traumatischer HĂŒftaus-
renkungen. Die ĂŒberaus schweren Funktionsstörungen bei ver-
alteten HĂŒftluxationen rechtfertigen gröllere, auch blutige Ein-
griffe. Gramer behandelte zwei FĂ€lle von Luxatio obturatoria
durch Osteotomie. Die Erfolge waren sehr gut, wenn man be-
denkt, daà Einrenkungen meist schon nach Wochen unmöglich
werden. Die Osteotomie (linear) wurde zwischen mittlerem und
unlerem Drittel vorgenommen, das Bein in seiner Achse gehfÀhig
gestellt und gleichzeitig verkĂŒrzt. Der gegen das Foramen ob-
turatum sich stemmende Kopf hat guten Halt. Die Kranken
wurden wieder leistungsfĂ€hig. Der verhĂ€ltnismĂ€Ăig einfache Ein-
griff scheint sich in Àhnlichen FÀllen zu empfehlen.
Ueber schnellende Kniegelenke. Das âSchnellen" im Knie
gelenk â an und fĂŒr sich eine seltene Erscheinung â ist nach
Frosch bedingt entweder durch nervöse Störungen im Gebiet
der Oberschenkelmuskulatur (rhylmische KrampfzustÀnde im
Semitendinosus u. s. f.) oder durch anatomische Hindernisse fĂŒr
die an der Kniebewegung beteiligten Sehnen oder endlich durch
krankhafte VerÀnderungen im Gelenk selbst. Die letzte Eorm
kann hochgradige diagnostische Schwierigkeiten bieten, da der
palpierende Finger keinen Zutritt zum Gelenkinnern findet und
Röntgenbilder nur dann Anhaltspunkte geben, wenn es sich um
knöcherne Prozesse handelt. Der Verfasser beschreibt eingehend
einen Fall dieser Art, bei dem ersl die Autopsie in vivo eine
entzĂŒndliche, tumorartige Verdickung der Ă€uĂeren Menisken er-
gab, Die Aeliologie des Leddens isl nicht geklÀrt worden. Die
Exstirpatibn der Zwischenknorpel brachte Heilung.
Ueber HohlfuĂbehandlung. Lack ner zeigt an einem groĂen
Material, das der orthopÀdischen UniversitÀtsklinik Berlins ent-
stammt, in Wort und Bild die Erfolge einer sachgemĂ€Ăen Hohl-
I ullbehandlung. Mit Recht weist er auf die Wichligkeil der
Diagnose, da hĂ€ufig nur die Symptome (HĂŒhneraugen, Gehschwie-
len, SchleimbeulelentzĂŒndiungen ) erkannt und behandelt werden,
was natĂŒrlich nicht von dauerndem Erfolg begleitet sein kann.
Er erwĂ€hnt â was ebenfalls wenig bekannt sein dĂŒrfte â , daĂ
leichte HohlfĂŒĂe wĂ€hrend lĂ€ngerer Krankheilen sich sehr ver-
schlimmern können, da der Druck der Bettdecke den VorderfuĂ
in Spitzstellung (hÀngt. Eine geeignete Prophylaxe erspart den
Kranken spÀtere Beschwerden. Die Therapie richtet sich nach der
Schwere des Falles. Stets isl eine Repression als wichtigster Teil
der Behandlung anzusehen. Einlagen .sind streng abzulehnen, be-
sonders bei Jugendlichen, da sie den HohlfuĂ zu vermehren
suchen. Die Ueberptflanzung des m. extensor hallucis longus auf
die Ansalzstelle des m. libialis anterior ergab gĂŒnstige Resultate
bei mittelschweren Formen; die schweren mĂŒssen durch Keil-
resektionen aus der FuĂwurzel geheilt werden. Durch die dabei
entstehende VerkĂŒrzung des ganzen FuĂes strecken sich auch die
klauenartig gekrĂŒmmten Zehen wieder.
Debr u n n e r (Berlin").
Zeitschrift fĂŒr urologische Chirurgie, Berlin.
11. April 1922, 9, II. X.
Die Dr&ninprobe. Roe'dalius. i.
âąfrNierenkarzinom im Kiiulesalteir. P e i c i c. 9.
560
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. âNr. 35/36.
«^Operative Behandlung der Sainenblasentuberkulose. H r y n t » e h a k. 17.
Bedeutung der Cystoradioskopie in der Blasenchirurgie. Eisen-
s t À d t e r. 38. '
Wiener urologische Gesellschaft. 47.
Nierenkarzinom im Kindesalter. Bei einem 11 jÀhrigen, bisher
gesunden MĂ€dchen, wird ein groĂer linksseitiger Nierentumor
diagnostiziert; Nephrektomie; der Tumor miĂt 14 cm im Durch-
messer, das ĂŒbrig gebliebene Nierenparenchym erscheint nur wie
ein AnhÀngsel des Tumors. Histologisch handelt es sich um ein
âtubulĂ€res Adenokarzinom, vom exkretorischen Anteil der fötalen
Niere herstammend."
Operative Behandlung der Samenblasentuberkulose. Die Er-
krankungen der Samenbiase gehören zu den âdunkelsten und
unklarsten Krankheitsbildern des menschlichen Körpers". Die
klinischen Symptome der Samenblasentuberkulose sind meist sehr
geringfĂŒgig; erst Uebergreifen auf andere Organe (Bfase, Hoden,
Vas deferens usw.) macht gröĂere Beschwerden, die den Kranken
zum Arzt fĂŒhren. Das Wesentliche in der Diagnostik ist der
rektale Tastbefund; eine normale Samenblase ist ĂŒberhaupt nicht
zu palpieren. Eine Cystoskopie soll nie unterlassen werden. Da
ĂŒber ein Drittel der an Genitaltuberkuloise Leidenden an Meningi-
tistuberkulose oder Miliartuberkulose sterben, ist schnelle und
radikale Entfernung des erkrankten Organs zu fordern. Vor der
Massage der Samenblase ist dringend zu warnen. BezĂŒglich der
Technik der Spermatocystectomie ist der ischiorektalen Methode
Voelkers der Vorzug zu geben.
K. Wohlgemuth (Berlin).
Monatsschrift fĂŒr Geburtshilfe und GynĂ€kologie, Berlin.
April 1922, 57, Heft 5.
Bedeutung des Blutdruckes fĂŒr die Geburts hĂŒlfet, de Snoo, K. 235.
Anatomie und Physiologie der Plazenta. Franke, 0 . 244.
âą^»Beitrag zur kongenitalen Nierendystopie. B a u m a n n , Ii. 247.
âŠ{âąKurze Mitteilung ĂŒber einen Kaiserschnitt nach Vaginaefixatio alta Unter-
position). Hill et., H. 252.
Die staatliche Frauenklinik mit MĂŒtter- und SĂ€uglingsheim in Chemnitz.
K r u 1 1 , W. 255.
Beitrag zur kongenditalen Nierendystopie. Bei der 28 jÀh-
rigen Frau, die sich im 5. Schwangerschaftsmonat befand, wurde
links hinter dem Uterus ein Tumor konstatiert, der den Fundus
uteri um 2 Querfinger ĂŒberragte und mit seinem unteren Pol
in den Douglas hinabreichte. Die Diagnose lautete GraviditÀt +
Ovarialtumor. Bei der Laparotomie erwies sich der âobere Pol
des Tumors" als linkes Horn eines Uterus bicornis gravidus, der
âuntere Pol" als Beckenniere. Diese wurde ausgelöst und nach
oben verlagert. Reaktionsloser Verlauf. 6 Wochen spÀter Fehl-
geburt.
Eine kurze Mitteilung ĂŒber einen Kaiserschnitt nach Vaginae-
fixatio alta (Interposition). Gelegentlich eines Kaiserschnittes,
mit dem bei einer wegen Uterusprolaps mit Vaginaefixur nach
Mackenrodt vor einigen Jahren behandelten Frau entbunden
wurde, zeigte sich, daà die AdhÀsionen zwischen Scheide und
GebÀrmutter sich in der Schwangerschaft auflockern, so daà der
Geburtsverlauf nach Vaginaefixation nicht unbedingt gestört zu
sein braucht. Jonas (Berlin).
Dermatologische Wochenschrift.
22. April 1922, Nr. 16.
Erfahrungen mit der Reaktion des kolloidalem Benzoeharze» in der RĂŒcken-
marksflĂŒssigkeit. Utas, Fritz,
lieber einen Fall von Rasierschanker. Helle, Hans.
RĂŒckLaufkonus fĂŒr HarnröhrenspĂŒlung. T h i m , I. R.
Alfred Blaschko +. Galewsky, E.
29. April 1922, Nr. 17.
Zur Frage der Lues des vegetativen Nervensystems. S k 1 a r z , Ernst.
»M>ie strafrechtliche Verwertung der Papillarlinienmuster. D e h n o w , Fritz.
Die strafrechtliche Verwertung der Papillarlinienmuster Der
wissenschaftliche Nachweis, daĂ es nicht 2 Finger gibt, die
gleiche Papillarlinienmuster besitzen, ist zwar bisher noch nicht
geliefert worden, aber da man andererseits auch niemals bei
verschiedenen Fingern ein gleiches Muster gefunden hat, so ist
die IdentitÀt eines daktyloskopischen Monogramms ein stÀrkstes .
Beweismittel fĂŒr die IdentitĂ€t der Person. RĂŒckschlĂŒsse aus dem
Muster auf bestimmte Rasse, Familie, Verbrechertyp usw. zu ,
ziehen, ist bisher nicht gelungen. B a b (Berlin). 5»
Archiv fĂŒr Augenheilkunde, MĂŒnchen.
Februar 1922, 90, Heft 2/3.
âEin Fall von Starkstromverletzung des Auges. S p i r , E. 127.
Einige FÀlle interessanter LinsenverÀnderungen. Frey, L. 135.
Ueber stenopÀische Brillen und Apparate. G r e e f f , R. 147.
l)er EinfluĂ des Vestibularapparates auf die Innervation der Augenmuskel.
K ö 1 1 n e r , H. und Hoff m a n u , P. 17U.
*$*Aus der Individualpathod.ogie der MotilitÀt. L o h ui a n n , W. 195.
Zur Genese der Pigmemtstreifen der Netzhaut. L o h m a n n , W. 203.
Ueber einen Fall von Starkstromverletzung des Auges. Em
30 jÀhriger Mann, der bis dahin auf beiden Augen sehr gut ge-
sehen halte, fiel mit dem Gesicht auf die hochgespannten Schienen
der elektrischen Bahn, wurde bewuĂtlos davongetragen und
zeigte bei der Unteruschung auĂer tiefen Brandwunden eine.
Schwellung der R. GesichtshÀlfte mit starkem Lidödem R. Das
L. Auge war nur etwas lichtscheu und leicht gerötet. Nach dem
Unfall will Patient zunÀchst nur hell und dunkel erkannt haben,
nach 2 Monaten bestand rechts S â 8/60, links S â 6/8. An be-
sonderem bot das R. Auge eine streifige TrĂŒbung nahe der hin-
teren Linsenkapsel, eine Folge von auf mechanischem oder;
elektrolytischem Wege entstandenen SchÀdigung der Kapsel-
epit hellen. Diese TrĂŒbung blieb bisher stationĂ€r (8 Monate). -4
Zarte GlaskörpertrĂŒbungen werden vom Verf. als feinste Blutungen
gedeutet, gröbere, hinter der Linsenkapsel, als mechanische odei*
elektrolytische GewebsverÀnderungen. In der R. Macula fand sich;
ein Degenerationsherd, der zu einem absoluten zentralen Skotonr
fĂŒhrte, in der L. nur feine PigmentpĂŒnktchen, die keine nennen.s4
werte Sehstörung verursachten. Ein unvollstĂ€ndiges zurĂŒck-
gehendes Ringskolom und leichte UnschÀrfe und Abblassung der
R. Papille vervollstÀndigen den pathologischen Befund.
Aus der Individualpathologie der MotilitÀt. Als habituelle
Besonderheiten der .MotilitĂ€t fĂŒhrt Verf. aus seiner Beobachtung
FĂ€lle von schlaffer Ptosis an, die durch spontanen einseitigen^
AbschluĂ ohne Inanspruchnahme des Orbikularis allein durch?
Erschlaffung des Levator hervorgebracht wird. â Habitueller
Nystagmus (ein solcher, der weder durch Nerven- oder Ohren-'
leiden, noch optische Daten erklÀrt wurde) ohne Scheinbewegung
der GegenstÀnde verschwand oder verlangsamte sich bei Kon-
vergenzstellung der Augen. â Eine beim Blick nach oben auf4j
tretende deutliche Konvergenzstellung der Augen sei bei LĂ€h-
mungen der Blickhebung zu berĂŒcksichtigen und lasse daran
denken, âdaĂ normalerweise vielleicht eine SchwĂ€chung des*
Zentrums fĂŒr die Bliokhehung etwa in der VierhĂŒgelgegend vor-
kommen kann." Vielen Menschen ist eine willkĂŒrliche SchlieĂung
nur eines Auges nicht möglich oder sie besitzen dies Vermögen
nur auf dem einen Auge, wÀhrend das andere allein nicht ge-
schlossen werden kann.
Die Fixation mit dem gelÀhmten Auge wurde bisher durch
bessere Qualifikation dieses Auges zum Sehen erklÀrt, die des
nicht qualifizierten gelÀhmten u. a. durch Uebung (JÀger, Mikro-
skopierende). Verf. findet eine ErklÀrung auch in dem bei ein-
zelnen Personen bestehenden Unvermögen, das eine Auge zu
schlieĂen. Ist dieses das gelĂ€hmte, so können die entstehenden
Doppelbilder nur durch SchlieĂung des ungelĂ€hmten beseitigt
werden, das gelÀhmte Auge wird also das fixierende.
M a s s u r (Berlin).
Virchows Archiv fĂŒr pathologische Anatomie und Phy-
siologie, Berlin.
22. April 1922, 238, Heft 1.
Anatomische Studien ĂŒber die Coronararterien und experimentelle Unter- ,
suchungen ĂŒber ihre DurchlĂ€ssigkeit. Crainicianu, A. l.
Multiple Capillarangiome der Milz. M ĂŒ 1 1 e r , H. 76.
Dritter Testikel als Darmanhang. Q u i d e n d a 1 , A. J. F. 82.
«^Pathologie des Knochenwachstums. M a a à , H. 89.
^âșBeitrĂ€ge zur Physiologie und Pathologie der Nasen-, und Mundatmung.
W,o tzilka, G. 105.
Die experimentelle Infektion des Meerschweinchens mit dem Bac. melitensis ;
(Bruce) und dem Bac. abortus (Bang). Jaffe, R. H. 119.
Die RegeneratiousvorgÀnge bei tuberkulöser Ulceration des Darms. ^
S c h ĂŒ n ei m a n n , H. 135.
Zur Pathologie des Knoehenwachstums. Ein Beitrag zur
Pathogenese der SkelettdeformitÀten und der rachitischen Wachs-
tumsstörung. Den organischen WachstumsvorgĂ€ngen gegenĂŒber,
die sich in der Apposition neuer Knochenlagen seitens des Pe-
riostes und Wachstumsknorpels an der KnochenoberflÀche
Ă€uĂern, betont Verf. die mechanische Wachstumsenergie, d. h.
die Wachstumsrichtung als einen fĂŒr GröĂe und Gestalt des 1
40. Jalug. â Nr. 35/36.
Aus den neuesten Zeitschriften
Knochens wichtigen Faktor. Das Wesen der mechanischen Wachs-
tatasstörungen liegt nicht in krankhafter Beeinflussung der or-
ganischen WachstumsvorgÀnge, sondern nur in pathologi-
seher BeeintrÀchtigung der Wachstums r i c h t u n g , z. B. hemmt
.örtlieh gesteigerter Druck nicht organisch die Knochenprolifera-
tion von Knorpel oder Periost, sondern rein mechanisch die
rÀumliche Ausdehnung, so daà der weiter wachsende Knochen
Eich mehr nach der druckfreien Richtung entfalten muĂ, also
nur eine Aenderung seiner physiologischen Wachstumsrichtung
eintritt. Diese SĂ€tze werden am skoliotischen Keilwirbel und am
skoliotischen Rippenwachstum bewiesen. Im Gegensatz zu den
Ansichten anderer Autoren fĂŒhrt M. die Mehrzahl aller Schul-
skoliosen auf örtliche Wachstumsstörungen infolge örtlicher Ein-
wirkung pathologischer DrĂŒck- und Zugspannungen, und nicht
auf eine pathologische Knochenweichheit zurĂŒck. Diese patho-
tjpgischen Druck- und Zugspannungen können durch Ă€uĂere me-
chanische Einwirkungen auf den wachsenden Knochen zustande
kommen (.KlumpfuĂ, angeborener Schiefhals, Coxa vara, genu
valgum, pes planus) oder im Knochen seihst gelegen sein, wie
z. B. bei der Rachitis. Auch hier liegt das Wesen in der durch
den Kalkmangel bedingten reinmechanischen Störung des
Knochenaufbaues; der rÀumliche Knochenaufbau an sich ist nicht
unterbrochen, aber er kann infolge des Kalkmangels nicht mehr
in der physiologischen Wachstumsrichtung erfolgen. Der rachi-
tische Köhrenknochen bleibt kĂŒrzer als der gesunde, weil das
w ( ichbleibende spongiöse Gewebe der Metaphysen dem auf ihm
ruhenden physiologischen Wachstumsdruck nachgibt und stÀrker
in die Breite wÀchst. Hierdurch entstehen die Epiphysenauf-
Ireibungen. Es ist hier nicht mehr und nicht weniger Gewebe
gebildet als in der Norm, nur ist die Wachstumsrichtung eine
pathologische. Auch dem Dickenwachstum liegen nur VerÀnde-
rungen der rÀumlichen Ausdehnung zu Grunde. Die an der
Knorpelknochengrenze bei der Rachitis sich abspielenden Ver-
Ànderungen, wie Verbreiterung der Knorpelwuchörungszone und
UnregelmĂ€Ăigkeit der Ossifikationslinie, werden vom Verf. eben-
falls als mechanischer Effekt des Kalkmangels aufgefaĂt.
BeitrÀge zur Physiologie und Pathologie der Nasen- und
Mundatmung. Nach einleitender Besprechung ĂŒber die Physiologie
der Nasenatmung erörtert Verf. die- Frage, wie Nase und Mund
als Atemweg auf die BewegungsgröĂe und Bewegungsform der
Brustwandungen und der Lunge einwirken. Da hierzu die allei-
nige Betrachtung des atmenden Thorax nicht genĂŒgt, weil der
Unterschied der Bewegungen bei den beiden Atmungsarten zu
gering ist, brachte W. die Atmung mittels des Gulzmannschen
Pneumographen zur Darstellung und achtete dabei besonders
1. auf das VerhÀltnis zwischen Brust- und Bauchatmung,
2. auf die GröĂe der Atembewegungen,
3. auf die Form derselben.
Es ergab sich dabei, daĂ die Atmung durch die normale Nase
tiefer ist, als durch den Mund und daĂ mit zunehmender Ver-
engerung der Nase im allgemeinen die Zwerchfellbewegungen
gröĂer, die Thoraxbewegungen kleiner werden. Bei den am
Röntgenschirm beobachteten Zwerchl'ellbewegungen bei einsei-
tiger Nasenverengerung zeigte sich, daĂ jede Nasense'ite die
Atmung der gleichen Lungenseile zumindest mehr beeinfluĂt als
die der anderen Lungenseite.
Der Mundatmung gegenĂŒber bedeutet die Nasenatmung eine
intensivere TĂ€tigkeit der Atmungsmuskulatur und dadurch be-
dingte Atemvertiefung, VergröĂerung der Lungenbewegung und
Förderung des Blut- und Lymphstromes der ^unge, was fĂŒr die
oberen Lungenteile besonders wichtig ist. An Hand zahlreicher
Kurven stellt Verf. fest, daĂ mĂ€Ăige Verengerung der Nase bei
krĂ€ftiger Muskulatur lediglich vergröĂerte Atembewegungen des
Thorax und Zwerchfelles hervorruft, daĂ dagegen bei hochgra-
diger Nasenstenose der Thorax nur geringe Atembewegungen
macht, wÀhrend der Hauptanteil dem Zwerchfell zufÀllt. Den
gröĂten Nachteil der Mundatmung gegenĂŒber der Nasenatmung
erblickt Verf. in der geringeren Bewegung der oberen Lungen-
teile mit den hieraus sich ergebenden Folgen fĂŒr Blut- und Lymph-
zirkulation. II a r l w i c h (Hamburg-Eppendorf).
BeitrÀge zur pathoiog. Anat. u. z. allgem. Pathologie, Jena.
1922, 70, H. 1.
«frlntraecllulÀre Oxydation und Nadireaktion (Indophenolblausy nthese).
- Graft, S. 1 .
Die EntzĂŒndung in ihren Beziehungen zum nervösen Apparat. Groll, II. 20.
lieber eystlsch Xanthomatose GeschwĂŒlste. Kirch, G. 75.
MiischgeschwĂŒlste des Gerichtes. P a u 3 , N. 96.
Arteriosklerose bei Kind, Pferd und Hund. Krause, C. 121.
Zur Aetiologie der Prostat.ihypei trophie. A d r i o n , W. 170.
âŠEin Pal] von malignem Ganglioneurom. Berfier, J. 208.
Dystopie der Ncurohypophj sc. I* riet« Vi, A. 209.
EigentĂŒmliche eisenhaltige Myelinmassen in der Lunge. \ i s s e n, II. 212.
Physikalische VerÀnderungen der Markscheide. 8 p Leget, E. 219.
IntrazellulÀre Oxydation und Nadireaktion. Das farblose Ge
misch der beiden Beagenlien: o-Naphthol (1% Losung; und
Dimethyl-p-phenylendiaminchlorid (1:2%,, Lösung), das âN a d i -
gern i seh", gibt in Geweben, bei Vorhandensein von Oxydase
und in Gegenwart von Sauerstoff der Luft eine BlaufÀrbung, die
[ndophenolblauisynthese (Naddreaktion). Nach den Versuchen des
Verf. gestattet der Ausfall der Reaktion einen SchluĂ auf die
oxydative LeistungsfÀhigkeit der lebenden Zelle, deren Grad der
StÀrke der Farbstoffbildung parallel geht. Die Indophenolblau-
synthese gestattet auch den Nachweis katalysatorisch wirkenden
Eisens in den Zellen. Die Nadireaktion ist eine biologisch be-
sonders" wertvolle Reaktion; sie gestattet den histologischen Nach-
weis der funktioneilen Verschiedenheilen der Zellen des Organis-
mus unter gesunden und krankhaften Bedingungen, und zwar
auf Grund der vitalen oxydativen FĂ€higkeilen der verschie-
denen Zellarten.
Ein Fall von malignem Ganglioneurom. 4'/, jÀhriges MÀdchen
erkrankt unter den Zeichen einer Tbc. des Peritoneums, an
Diarrhoen, Abmagerung, Fieber, betrÀchtlicher Zunahme des
Bauchwmfanges und stirbt in wenigen Wochen unter den Symp-
tomen der Ăddissonschen Krankheit: Pigmentierung, Adynamie,
Sopor. Bei der Obduktion fand sich retroperitoneal ein groĂer
Tumor zwischen oberem Nierenpol und Milz, der sich histologisch
als Ganglioneurom erwies. In den regionĂ€ren LymphdrĂŒsen
fanden sich Metastasen mit Ganglienzellen und Nervenfasern.
Lehndorff (Wien).
Frankfurter Zeitschrift fĂŒr Pathologie.
26, Heft 3.
Lymphogranulomatosiis inteistini. de Groot, J. 383.
^Tuberkulose der Herzklappen. Dressier, W. 401.
Patholog.-anal. Grundlagen der Influenza. Mitlas eh, G. 406.
Zur Pathologie der BauchspeicheldrĂŒse. Friescl, A. 453.
Untersuchungen ĂŒber Hirngewicht u. SchĂ€delkapazitĂ€t. Panofsky, W.
und H a e u s 1 e r , M. 519.
Einteilung und Benennung der Lungenphthise. S c h ĂŒ r m a O n , P. 556.
Zur Kenntnis der Peritunealcysten. G ö d e 1 , A. 564.
Tuberkulose der Herzklappen. Bei einem 5 jÀhrigen Knaben,
der an Miliartuberkulose zugrunde gegangen war, fanden sich
Verdickungen und Exkreszeinzen an der Mitralklappe, die sich
histologisch als ein verkÀster, stellenweise ulzerierter Kon-
glomerattuberkel erwiesen, der streng auf das Klappengewebe be-
schrÀnkt blieb. Interessant war, daà diese tuberkulöse Endo-
carditis, die schlieĂlich zur Entstehung der Miliartuberkulose
Veranlassung gab, klinisch vollkommen symptomlos verlaufen
war.
Zeitschrift fĂŒr die gesamte experimentelle Medizin, Berlin.
25. MĂ€rz 1922, 27, Heft 1â2.
âąÂ»âŠBeeinflussung- der BlutkĂŒrperchensenkuugsgescbwindigkeit durch Reizstoffe.
Lö Ii r , H.
Der Einfluà parentenal verabreichter Purinkörpcr auf die Purinkörperaus-
seheidung beim Menschen. Schittenhelm, A. und H a r -
p u d e r , K. 14
Resorption u. bakterielle Zersetzung der Purinsubstauzen im Darmkanal.
Schittenhelm, A. u. H a r p u d e r , K. 29.
Ueber das Schicksal gebaut injizierter HarnsÀure. Schittenhelm, A.
und Harpuder, K. 34.
Gibt es beim Menschen eine HarnsÀurezerstörung? Schittenhelm, A.
und Harpuder, K. 43.
HarnsÀuroumsatz und HarnsÀureausfuhr bei Akromegalie. Sohitten-
b e 1 m , A. und II a r p u d e r , K. 50.
Die Brauchbarkeit der kolorinietrischen Methoden zur Bestimmung vom
Harnsiiuregehalt des Blutes. H a r p u d e r , K. und M o n d , R. 54.
McJthodik zur Bestimmung der Gerinnungszeit des Venenblutes. W ö h -
lisch, E. 61.
Methodik zur vergleichenden Thrombusbestiininung im Serum. W ö h 1 i s c h,
E. lind Dienst, K. 82.
âąfrUeber postoperativen EiweiĂzerfaJl. B ii r g ei r , M. und G r a u h a n , M. 97.
Ableitung der Aktionsströme des Herzens vom Thorax. S c h o 1 1 o g, F. 115.
Beeinflussung der Blutkörperehemscnkungsgeschwindigkeit
durch Reizstoffe. Durch Beizkörper aller Art lĂ€Ăt sich die Sen-
kuagsgeschwindigkeit der Blutkörperchen ganz erheblich be-
Buchbesprechungen
10. Jahrg. â Nr. 36/30.
schleimigen. Bei intramuskulĂ€rer Verablolgung tritt sie frĂŒhestens
nach 2 Stunden, bei intravenöser nach einer Stunde ein. Die Be-
schleunigung wird durch 8 Tage beobachtet. Am promptesten war
dieselbe bei EiweiĂkörpern (Milch, Caseosan usw.) zu beobachten.
Nicht eiweiĂarlige Körper unterscheiden sich nur durch zeitlich
spatere Wirkung, da sie erst sekundÀr infolge parenteralen Ab-
baues arteigenen EiweiĂes reizfĂ€hige Spaltprodukte bilden mĂŒssen.
Durch OrganprĂ€parate, durch Adrenalin und auch Pilokarpin lĂ€Ăt
sich bei parenteraler Gabe ebenfalls die Senkungsgeschwindigkeit
beschleunigen. Der Vorgang der Beizbildung geschieh! auf die-
selbe Art wie bei NichteiweiĂkörpern. Eine nervöse Beeinflus-
sung (autonomes Nervensystem) ist grundsÀtzlich abzulehnen. Es
besieht ein weilgehender Parallelismus in der Beschleunigung der
Senkungsgeschwindigkeit und der SteigerungsfÀhigkeit von
Typhusagglutininen nach Verabfolgung von Beizkörpern.
In fĂŒnf Arbeiten beschĂ€ftigen sich S c h 1 i t t e n h e 1 m und
IIa r p uder mit Fragen des Purinsloffwechsels. In der ersten
Arbeit wird gezeigt, daĂ von parenteral verabreichten Purinsuh-
stanzen nur ein Teil im Harn wieder erscheint. In der folgenden
Arbeit wird gezeigt, daĂ der Einwand, daĂ der im Urin nicht er-
scheinende Best im Darm gar nicht resorbiert worden ist, im Dick-
darm der FÀulnis anheimfalle und so der intermediÀren Umsetzung
in HarnsÀure entgehe, nicht zu recht besteht. Die weitere Arbeil
beschÀftigt sich mit der Frage der Belenlion der HarnsÀure im
Organismus. Eine dauernde Anreicherung des Blutes mit Harn-
sÀure findet nicht statt; zur Entscheidung, ob in den Organen
gröĂere Mengen HarnsĂ€ure retiniert werden, wurde die Analyse
von Organen von Menschen durchgefĂŒhrt, die kurz vor dem Tode
groĂe Mengen von HarnsĂ€ure in sich aufgenommen hatten. Es
ergab sieh, daà immer nur ein Teil der verabreichten HarnsÀure
(hauptsÀchlich in der Leber und im Blute, ferner in Knochen und
Knorpel und in der Niere) wieder gefunden, ein groĂer Teil aber
verschwunden war. Diese Arbeilen sprechen fĂŒr die von Brugsch
und Schittenhelm angenommene Uricolyse im Nucleinstoffwechsel
und fĂŒr die Fermentslörung des Purinstoffwechsels bei der Gicht.
Die neuen Gichttheorien von TannhÀuser (renale Insuffizienz
der IlarnsÀureausscheidung) wie von Gudzent (Uratohistechie)
werden diskutiert und abgelehnt.
Ueber postoperativen Eiweifizerfall. Hei einer sehr groĂen
x\nzahl von Gesunden, Kranken aller Art wurde der antitryptische
Titer des Serums bestimmt. Bei normalen Mensehen (ohne Ei-
w eiĂzerfall) betrĂ€gt der A. T. nach den Untersuchungen des N eri',
ca. H>, bei Patienten mit leicht entzĂŒndlichen Prozessen 55, bei
beginnenden malignen Tumoren 60, bei forlgeschritlenen malignen
Neubildungen 70, bei eitrigen Prozessen mit Fieber 80 â 90. Jeder
operative Eingriff bewirkt ein Ansteigen des A. T. (besonders hohe
AusschlÀge nach Strumaoperationen). Ist die als Folge des ope-
rativen Eingriffs âąeinsetzende Gewebseinschmelzung nur geringen
l mfanges, so kehrt der Titer rasch zur Norm zurĂŒck. Prompte
Entleerung abgekapselter Eiterherde bedingt nach vorĂŒbergehen-
den Anstieg raschen Abfall; bei SekundÀrinfektionen weiteres An-
sieigen. Bei Karzinomen spricht Abfall des vorher erhöhten Tilers
und dauerndes Einhalten von Normalwerten fĂŒr geglĂŒckte Radi-
kaloperation; Hochbleiben resp. Ansteigen fĂŒr ZurĂŒckbleiben von
Metastasen. Der âWundschock" nach Zerstörung groĂer Gewebs-
massen und bei Ausbildung groĂer WrundflĂ€chen ist nach Ansicht
('es Verf. als âproteinogene Kachexie" au betrachten.
Lehndorf f (Wien !.
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
4. Mai 1922, 52, Nr. 18.
SphygmoboIogra.phie unter Verwendung der graphischen Arteriometrie und
ĂŒber Volumbolographie. Sabli, II. 426.
Oer Einfluà des Höhenklimas aal den Kapillarkreislauf und die Beziehung
des letzteren zu der in Höhenlagen beobachteten Blutkörperchen- und HÀ-
mogloblnvermehrung. L i e b e s n y , P. 431.
^âŠEigenartige DĂ€mpfungisverhitltnisse bei Pericardiltiis exsudativa! A t t i n g e r.
435."
^âșKeuchhusten-Konvulsionen. H o f f tu a n n . W\ 438.
Ueber eigenartige DÀmpf ungsverhÀltnisse bei Periearditis
exsudativa, Es handelt sich in dem mitgeteilten Falle, wie aus
beigegebenen Figuren ersichtlich ist, um eine exsudative Peri-
earditis mit maximaler FĂŒllung des Perikards und extrem starken
VerdrÀngungs- und Kompressionserscheinungen von seiten der
Lungen. Dabei muĂte die Differehtialdiagnose zwischen Lungen-
kompression, pleuritischen Exsudaten und pneumonischen Ver-
dichtungen gestellt werden. Dieselbe stĂŒtzte sich auf folgende
Punkte: FĂŒr Pneumonie fehlten jegliche Anhaltspunkte. Gegen
pleuritisChe Exsudate und fĂŒr Lungenkompression sprach: 1. der
outerhaltene Stimmlremitus ĂŒber den gedĂ€mpften Partien, L die
Punctiö sicca. 3. der Verlauf der oberen DÀmpfungsgrenzen.
Der Angelpunkt der Arbeil ist, zu behaupten, daĂ nach phy-
sikalischen Gesetzen groĂe Pericardialexsudale beidseitige Lun-
genkompressioneni herbeifĂŒhren mĂŒssen.
Keuchhusten-Konvulsionon. Eine der schwersten Komplika-
tionen des Keuchhustens bildet das Auftreten von eklamptisehen
AnfÀllen, die besonders das SÀuglings- und Kleinkindalter be-
ireffen Was die Streitfrage betrifft, ob Beziehungen zur Spasmo-
bhĂŒie bestehen, so konnte bei den vom Verf. beobachteten Kindern
kein derartiger Zusammenhang festgestellt werden; im gleichen j
Sinne spricht auch die Erfahrung, daĂ eine gegen Spasmophihe
gerichtete Therapie versagt. Das Aller ,1er betroffenen Kinder
lag zwischen 1- 1 Jahren; den AnfÀllen gingen gelegentlich Zu-
stÀnde auffallender psychischer VerÀnderungen voraus Die Kör-
pertemperatur zeigl meist nur geringe Erhöhung. Pathologisch-
anatomisch wird eine seröse Meningitis als Grundlage der Kon-
vulsionen angenommen, doch sind die VerÀnderungen nicht sicher
festestem 'Therapeutisch kommen Chloralhydralklysmen in Be-
tracht, noch wirksamer Luminal. daneben Bron.nah mm. In
hartnÀckigen Fallen oder bei eingetretener Somnolenz Lumbal-
punktion, wobei man 15 -20 rem entleert. GroĂei Wert is auf die
fortwÀhrende' Stimulierung der Herzkraft durch Kampler und
Digalen zu legen. Davon hĂ€ngt es sieher zu einem groĂen lul
ab ob das-Xind die Anfalle ĂŒbersteht. Dem Kampler komm! we-
gen seiner krampflosemlen Eigenschaft die Hauplbedeujung ^»J.
Paris medical.
8. April 1922, Nr. 14.'
Di,, professionellen Radiodermatiden und ihre Behandlung. P-grais. 29S.
Der Krebs der Radiologen. L e d O U C - Ii C b 8 f.d. 299.
+Kin Kall von Lipon, des Fingers. Martin und G o m . e r. .10.1.
Ein Kall von Lipom d.s Fingers. In der Literatur 11 lalle.
Dieser betrifft eine NĂ€herin, bei der sich der rumor an der Stell,
des Soherendrucks entwickelte Typisch: Konstant an ^de, Hand
Ilaehe. langsame, progressive Entwicklung J*hre>, ohM
Schmerzen, ohne Krepitation ^ĂSJ*1 ^
stÀndig exstirpierl, an der Sehnenscheide adhaiierend.
n v. S c h n ! z e r.
Buchbesprechungen.
Do Monte»: Die Grundprobleme der medizinischen
Psychologie. Bern-Leipzig, Verlag Ernst B.rcher. l.'--
Mark 30,00. ...
Nachdem vor kurzem erst die ausgezeichnete medizinische
Psychologie von Kretschmer erschienen ist. erörtert dieselben
Probleme, wenn auch von anderem Gesichtspunkte aus. deMontel.
Wenn man darĂŒber auch vielleicht anderer Ansicht sein kann,
daĂ die Individal-Psvchologie, von der Verfasser nichts wissen
will doch gerade fĂŒr den Ă€rztlichen Psychologen seine grollen
Vorteile hat, so bringt doch dies Buch eine Beihe von beachtens-
werten psychologischen Tatsachen, versucht mit den in der Àrzt-
lichen Praxis so hÀufig angewandten unklaren Begriffen auf-
zurÀumen und den Arzt zu einem prÀzisen, exakten Denken zu
erziehen worin ich den Hauptwert dieser Schrift erblicke. Wenn
auch die rein praktischen RatschlÀge nur gering sind, so ver-
spricht doch Verfasser diese in einem weiteren Buche ausfĂŒhr-
licher zu behandeln. L 11 J ('
Theodor Friedrichs: Zur Psychologie der Hypnose und
Suggestion. Kleine Schriften zur Seelenforschung. Herausge-
geben von Dr. med. et phil. Arthur Kronfeld. Heft 1. Julius PĂŒtt-
mann, Verlagsbuchhandlung. Stuttgart 1922.
Das vorliegende Heft leitet mit einem der interessantesten psycholo-
gischen Probleme eine von Kronfeld neu begrĂŒndete Sammlung klei-
ner Schriften zur Seelenforschung ein. Schon der Titel zeigt klar die
Problemstellung: es wird nicht unternommen, die Hypnose und Sug-
gestion physiologisch zu erklÀren, sicher ein vergebliches Beginnen;
einzig und allein auf das psychologische Erfassen kommt es an. Nur
hier fĂŒhrt ein Weg.
Es ist zunĂ€chst wichtig zu wissen, daĂ zwischen dem BewuĂtseins-
zustande des Hypnotisierten und des Suggerierten nur ein gradueller
Unterschied besteht; der ihrem Leiden gemeinsame Faktor, die Sug-
gestibilitÀt, zeigt bei dem einen und dem andern .das gleiche psycholo-
gische Verhalten. Die HerbeifĂŒhrung des verĂ€nderten BewuĂtseinzu-
standes in der Hypnose wird in Anlehnung an Bleuler aus affek-
Jahr:
Nr. 35/30.
B u c I» I) <⹠s |> r e o Ii u n g e n
563
n Quellen hergeleitet. Zwischen Suggestor und Suggeriertem findet
» affektive Bindung statt, derart, daà bei letzterem eine psychische
Stellung im Sinne eines Unterworfenseins, einer AbhÀngigkeit, eines
nmachtsgefĂŒhls gegenĂŒber dem Suggestor erfolgt. Die gleiche Re-
ionsweise â ZurĂŒcktreten des Intellekts und freies Schalten der
ekte finden wir einerseits in der Psychomechanik, wie wir sie bei
i Naturvölkern ausgebildet sehen, andrerseits in den AeuĂerungeu
Masseuseele.
Als besonders suggestibel erweisen sich die Menschen mit beson-
âą$ nachhaltiger starker Affektnachwirkung (Bleuler) und einer pri-
r leichten Ausschaltbarkeit des SelbstgefĂŒhls, einem labilen Persön-
lkeitsbewuĂtsein im Sinne von Bonhoeffer, also Typen, die
retschmar neuerdings als schizothyme und schizoide geschil-
pt hat.
Wie Krön fei d in der Vorrede der Schrift betont, beginnen Àhn-
le Anschauungen wie die vom Verfasser entwickelten bereits in der
ssenschaft sich durchzusetzen. Trotz alledem muĂ es durchaus als
»en Verdienst anerkannt werden, daà die Bedeutung der affektiven
wuĂtseinseinengung fĂŒr Hypnose und Suggestion klar und ein-
utig herausgearbeitet wurde. Des weiteren erscheint mir der Hin-
te wertvoll, daĂ die Reaktionsweise bei Hypnose und Suggestion zum
il der psychischen Einstellung der Naturvölker entspricht. Wir kön-
n hieraus erkennen, wie unser Seelenleben sich schichtweise aufbaut,
iwisse uns seltsam erscheinende psychische Dispositionen sind hier-
ch nicht als Abartung vom normalen Denken und FĂŒhlen aufzu-
isen, sondern sind entwicklungspsychologisch als FrĂŒhformen see-
chen Geschehens zu begreifen. A. M ĂŒ n z e r.
mmas Lewis: Klinik der unregelmĂ€Ăigen Herz-
tÀtigkeit. Uebers. von Otto Wuth. 2. unverÀnderte Aufl.
98 S. Verlag C. Kabitzsch, Leipzig, 1922.
Eine Empfehlung des rĂŒhmlichst bekannten Werkes des eng-
â hen Forschers erĂŒbrigt sich. An dem Buch selbst ist nur zu
âądauern, daĂ infolge des schlechten Papiers ein groĂer Teil
t Kurven schlecht zu lesen ist.
F. Loewenhardt (Charlottenburg-Westend).
hndorff, Heinrich. Kurzes Lehrbuch der Kinderkrank-
heiten. Zweite umgearb. und verm. Aufl. Wien und Leipzig
1922. Jos. Safar. VIII. und 276 Seiten. Preis geh. 120 Mark.
Verf. hat es verstanden, im vorliegenden Buche in gedrÀngter
ĂŒrze das Wesentliche der SĂ€uglings- und Kinderheilkunde zur Dar-
:llung zu bringen. Das Buch macht schon dem Titel nach durchaus
cht den Anspruch absoluter VollstÀndigkeit, es sollte nur das Wich-
fste gebracht werden, um dem Studierenden unterstĂŒtzend an die
and zu gehen. Dieser Aufgabe wird das Lehndorff sehe Lehr-
ich voll gerecht. Aetiologie, Symptomatologie, Verlauf, Diagnose,
ifferentialdiagnose, Prognose, Prophylaxe und Therapie werden bei
iem Krankheitsbild systematisch abgehandelt. Alle Theorie und alle
igeklÀrten bezw. noch nicht definitiv entschiedenen Fragen sind fort-
lassen. Allerdings fanden leider Untersuchungsmethoden und Tech-
k keine BerĂŒcksichtigung, ein Mangel, dem in Zukunft doch wohl
»geholfen werden könnte, ohne den Umfang des^Buches wesentlich
i vergröĂern, wenn sich Verf. auf die im Kindesalter von den bei
rwachsenen abweichenden Methoden beschrĂ€nken wĂŒrde. Im all-
»meinen ist das Buch den Studierenden, die ja heute nicht mehr in
sr Lage sind, sich die bewĂ€hrten groĂen LehrbĂŒcher anzuschaffen,
ehr zu empfehlen, als die jetzt wegen ihrer Billigkeit leider so seh'-
Aufnahme gekommenen Kompendien. Jeder wird sich des Lehn-
orf 1 sehen Lehrbuches als ErgÀnzung zu den Vorlesungen sicher
it Erfolg gern bedienen.
KĂ€ckell (Hamburg).
ronfeld, Robert. Die ZĂ€hne des Kindes. Zweite umgearb.
und erw. Aufl. Leipzig 1922. Verlag Arthur Felix. VII. und
16 Seiten. Preis geb. 100 Mark.
Nach dem Geleitwort von Weiser ist das Buch in erster Linie fĂŒr
inderÀrzte und Praktiker bestimmt, doch auch ZahnÀrzten und Stu-
ierenden der Zahnheilkunde ist es aufs beste zur LektĂŒre zu emp-
hlen. FĂŒr Praktiker und PĂ€diater dĂŒrfte aber wohl ein groĂer Teil
& Buches, z. B. die Kapitel ĂŒber Therapie der Karies, Therapie der
i den weichen Zahngeweben auftretenden Erkrankungen, Kronen und
rĂŒcken an KinderzĂ€hnen, orthodontische Behandlung der KinderzĂ€hne
Ilm von groĂem Nutzen sein, fĂŒr deren volles VerstĂ€ndnis das zahn-
rzlliche Studium Vorbedingung ist. Dagegen ist die in den ĂŒbrigen
bschnitten zusammengestellte Schilderung der normalen und patholo-
ischen VerhÀltnisse am Milchgebià und an den bleibenden ZÀhnen
es Kindes, sowie deren Diagnostik fĂŒr den praktischen Arzt von In-
iresse und es ist zu begrĂŒĂen, daĂ ihm durch die anschauliche Schil-
erung Gelegenheit gegeben ist, sich mit einem Gebiet zu befassen,
as bisher in der allgemeinen Medizin nur zu leicht vernachlÀssigt
mrde, dessen Bedeutung aber heute immer mehr erkannt wird. Am
/ertvollsten dĂŒrfte das Buch nach der Art seiner Fassung wohl fin-
den Schulzahnarzt sein. Hervorgehoben sei besondere die âą']<>'<â
Zahl recht guter Bilder.
KĂ€ckell (Hamburg).
<>r. Julius Misch, Zahnarzt in Berlin: Lehrbuch der Grenz
g e biet e d e r M e d i /. i n u n d Z a h n heil k u n d e fĂŒr Stu
dicrende, ZahnÀrzte und Acrzle unter Mitarbeit zahlreicher
FachÀtzte bearbeitet. Zwei BÀnde, 2. Auflage. Verlag F; C.
W. Vogel, Leipzig 1922. Preis geheftet 100 M., gebunden 475 M
In den letzten Jahren hat in dt âą i isensehafllichen Zahnheil-
kunde mehr und mehr der Grundsatz FuĂ gefallt, daĂ sie nur
dann ihren Aufgaben gerecht werden kann, wenn zugleich den ge
samten ZustÀnden in der Mundhöhle und deren Beziehungen zu an
deren Teilen des Organismus die. gebĂŒhrende Aufmerksamkeit ge-
schenkt wird. Auf solchen GedankengÀngen aufgebaut ist das vor-
liegende Werk entstanden, das sowohl inhaltlich, als auch was
Ausstattung â Papier, zahlreiche gute Abbildungen usw. be
trifft, den weitgehendsten Anforderungen GenĂŒge leistet. In
meinsam bearbeiteten Abschnitten nehmen Zahnarzt und der be
treffende Facharzt (z. B. der GynÀkologe, Dermatologe, Otologe,
Laryngologe, Neurologe, Internist, PĂ€diater) Stellung zu den ge-
samten Grenzfragen ihres Spezialfaches und der .Zahnheilkunde.
Ueberall eine Fundgrube reichen Materials, wobei auch die neu-
eren Ergebnisse der Wissenschaft schon vermerkt sind. Abgesehen
von Einzelheiten aus dem Abschnitt der Dermatologen und des
Laryngologen (z. B. akuter Kehlkopfkatarrh der Kinder) und an-
derer FĂ€cher, sind fĂŒr den PĂ€diater von besonderem Interesse die
Abschnitte: Innere Krankheiten von Prof. E. F u 1 d und E. II e r z-
feld in Verbindung mit J. Misch und Kinderkrankbeilen
von Gustav Tugendreich in Verbindung mit J. Misch.
Nach anatomischen und âą physiologischen Vorbemerkungen
weiden Zahnung, Beziehungen der Kinderkrankheiten zu
Zahn- und Mundkrankheiten (Rachitis , Spasmopbile Diathese.
Tuberkulose, Scrofulose und exsudative Diathese, Lues.
Barlow , Akute Osteomyelitis) eingehend abgehandelt. Be-
zĂŒglich der Dentition wird die Anschauung vertreten: ..Wenn
also auch in manchen FĂ€llen die Zahnung einigen Einfluli
auf das Allgemeinbefinden der SĂ€uglinge ausĂŒbt, so ist dieser doch
bei weitem nicht so hÀufig und so schwer, wie die Àltere Lehre
behauptete". Weiterhin werden akute Infektionskrankheiten, ge-
nuine Erkrankungen des Mundes, Erkrankungen der Zunge, MiĂ-
bildungen, besprochen. Besonders hingewiesen sei noch auf den
Anhang: lieber Mundpflege im Kindesalter, wobei auch schulzahn-
Ă€rztliche FĂŒrsorgemaĂnahmen erörtert werden. Einige Hinweise
ĂŒber Narkose im Kindesalter beschlieĂen den Abschnitt. â Das
reiche Tatsachenmaterial gestaltet das Buch zu einem Nach-
schlagewerk ersten Ranges; es ist als eine wesentliche Bereiche-
rung der Fachliteratur anzusehen. G. Stern.
Leisewitz : Kurzes Repetitorium der GynÀkologie.
Breitensteins Repetitorium 24. Leipzig, Johann Ambrosius
Barth. 1922. 21 Mark.
In dem allgemeinen Teil des Repetitoriums werden gynÀkologisch?
Untersuchung und Therapie besprochen. An den speziellen Teil
schlieĂt sich eine kurze Operationslehre an. In dem Kapitel ĂŒber
entzĂŒndliche Tubenerkrankungen vermisse ich einen Hinweis auf die
so sehr wichtige Differentialdiagnose gegenĂŒber der Appendizitis.
Die ExtrauteringraviditÀt mit ihren Konplikationen, deren Erkennung
zu den wichtigsten Aufgaben des Praktikers gehört, sollte einheitlich,
nicht in drei verschiedenen Abschnitten (S. 91, HO, 111) besprochen
werden. Bei Besprechung der Peritonitis fehlt ein differentialdiagno-
stischer Hinweis zur Unterscheidung der gonorrhoischen von der Per-
forationsperitonitis. Ein sehr störender Druckfehler auf Seite 114: ,,Die
Blase muĂ vor jeder Operation entfernt (soll wohl heiĂen ent-
leert, Ref.) werden". â Als âKatechismus fĂŒr die PrĂŒfungen" scheint
mir das BĂŒchelchen wohl geeignet zu sein, nicht aber als âVademekum
fĂŒr die Klinik und Praxis".
K. Wohlgemuth (Berlin).
Schwalbe: Körte: Verletzungen und chirurgische
Krankheiten der Leber, der Galle nbla.se, des Pan-
kreas und der Milz. Diagnostische und therapeutische IrrtĂŒ-
mer und deren VerhĂŒtung. Abt. Chirurgie, H. 3. Leipzig. Georg
Thieme. 1922. â 15 Mark.
Kurz und knapp, aber mit ausgezeichneter Klarheit bespricht
Körte die diagnostischen und therapeutischen IrrtĂŒmer der Erkran-
kungen des Lebergallensystems, des Pankreas und der Milz. Ganz be-
sonders instruktiv ist das Kapitel ĂŒber die entzĂŒndlichen Erkrankungen
der Gailenwege. Sehr beherzigenswert ist die öfter wiederkehrende
Mahnung zur vorsichtigen Bewertung des Tatbefuudes: âDer Chirurg,
der zu dieser Selbstkritik (bei Operationen) Gelegenheit hat und sie
benutzt, wird dadurch einigermaĂen skeptisch gegen die zuweilen von
anderer Seite âmit apodiktischer Sicherheit festgestellten Untersu-
564
Buchbesprechungen
40. Jahrg. â Nr. m
chungsergebnisse". Jeder praktische Arzt sollte sich in das Studium
dieses Heftes vertiefen, er wird es nur mit gröĂtem Nutzen fĂŒr sich
und seine Patienten wieder fortlegen. Auch dem Chirurgen bietet
es eine FĂŒlle von interessanten Anregungen.
K. Wohlgemuth (Berlin).
E. Seifert: Chirurgie des Kopfes und Halses fĂŒr Zahn-
Ă€rzte. Lehmanns medizinische LehrbĂŒcher. Band IL I. F. Leh-
mann Verlag, MĂŒnchen 1922.
Das vorliegende, 202 Seiten umfassende und mit 145 Abbildungen
versehene Werk behandelt die Chirurgie des Kopfes und Halses und
zwar unter dem besonderen Gesichtspunkt, die Errungenschaften der
modernen Chirurgie dem ZaTinarzte zugÀnglich zu machen, soweit
solche fĂŒr ihn in Betracht kommen. Der groĂe Aufschwung der zahn-
Àrztlichen Kunst und ihr tÀglich zunehmender Kontakt mit den Diszi-
plinen der Medizin, besonders der Chirurgie â gröĂtenteils eine Folge
des Krieges mit seinen schweren SchÀdel- und namentlich Kieferver-
letzungen â lieĂ ein derartiges Unternehmen schon lange als erstre-
benswert erscheinen und es ist dem Verlage unbedingt zu danken, wenn
er keine Kosten und MĂŒhe zur endlichen Verwirklichung gescheut hat.
Aus dem reichen Inhalte, der ebenso die Krankheiten des Kopfes, be-
sonders des Ă€uĂeren Gesichts, wie die des Halses und der oberen Luft-
und Speisewege berĂŒhrt, seien als besonders wichtig fĂŒr den Zahnarzt
die Kapitel B, 4 und 5 (Plastische Operationen im Gesicht, Verletzun-
gen der Gesichtsknöchen und Kiefer), sowie C, 2 (Krankheiten des
Kiefers und Kiefergelenks) genannt, auch der Abschnitt C, 4 (Krankhei-
ten der Mundhöhle) enthĂ€lt auĂerordentlich viel Lesenswertes. Ver-
stĂ€ndnis und LektĂŒre des Buches werden ebenso durch die einheitliche,
klare und doch kurze Darstellung wie die ĂŒbersichtliche Anordnung
des Inhaltes erleichtert; hinzu kommt noch die groĂe Anzahl recht in-
struktiver und deutlicher Abbildungen. Die mitgeteilten pathologi-
schen und anatomischen Daten erscheinen nicht nur im Interesse besse-
ren Verstehens der therapeutischen MaĂnahmen, sondern auch vom
rein wissenschaftlichen Standpunkte aus wertvoll. So kann unseres Er-
achtens eine kritiklose und daher unsachgemĂ€Ăe Anwendung der vor-
geschlagenen Eingriffe usw. am ehesten verhindert werden. Der Preis
von 50 Mark fĂŒr das geheftete und 60 Mark fĂŒr das gebundene Exem-
plar erscheint in Anbetracht des Gebotenen als durchaus angemessen.
L. Frosch (Berlin).
H. Th. Schreus: Röntgenbehandlung in der Dermato-
logie. Verl. F. Cohen, Bonn. 1922. 99 S. 14 Fig. 10 Tab
Pr. geb. 32 M.
Das vorliegende BĂŒchlein, das dritte aus der Sammlung rönt-
genologischer Arbeiten aus den Bonner UniversitÀtskliniken, ver-
folgt den doppelten Zweck, Aerzten und Studierenden einen leicht
faĂlichen Ueberblick ĂŒber die Grundlagen und Anwendung der
Röntgenstrahlen in der Dermatologie zu geben und als Nach-
schlagewerk fĂŒr den Praktiker zu dienen, in dem er ĂŒbersichtlich
geordnet und mit praktischen Winken alles das findet, was die
richtige AusfĂŒhrung der Röntgenbestrahlung erfordert. Mag man
auch in Röntgenfachkreisen der Berechtigung eines kurzen Leit-
fadens fĂŒr den Praktiker eines röntgenologischen Sondergebietes
ablehnend gegenĂŒberstehen, so wird doch jeder Versuch, immer
weitere medizinische Kreise fĂŒr die, hĂ€ufig alle anderen Methoden
an Schnelligkeit und Sicherheit des Erfolges ĂŒbertreffende Rönt-
gentherapie zu gewinnen, stets dankbar begrĂŒĂt werden. Diesen
Zweck erfĂŒllt das vorliegende Buch durchaus. Die Gliederung
des Stoffes ist geschickt und ĂŒbersichtlich, textliche und bildliche
Behandlung geben ein klares Bild ĂŒber das an Hand der in der
Bonner Hautklinik gewonnenen Erfahrungen Wissenswerte ĂŒber
Stand und Aussichten der modernen Dermatoröntgentherapie.
Eine ĂŒbersichtliche Zusammenstellung des Indikationsbereiches
vervollstĂ€ndigt das BĂŒchlein zu einem empfehlenswerten Nach-
schlagewerk fĂŒr den Allgemeinpraktiker. Kautz, Hamburg.
Fr. Dessauer: Zur Therapie des Carcinoms mit Rönt-
ge n s t r a Ii 1 e n. Vorlesungen ĂŒber die physikalischen Grund-
lagen der Tiefentherapie. Dresden und Leipzig. Th. Steinkopff.
1922. 70 S. Pr. 12 M.
KurzgefaĂte, leichtverstĂ€ndliche, bis zum heutigen Stand der
Forschung und Technik fortgefĂŒhrte Darstellung der Grundlagen
der Röntgentiefentherapie, die aus Vorlesungen des Verf. an der
medizinischen FakultÀt der UniversitÀt Madrid 1921 entstanden
ist. In einem allgemeinen Teil werden das Problem der Be-
kÀmpfung des Karzinoms mit physikalischen Mitteln und die
Möglichkeit seiner Lösung, die elektrotechnischen Grundlagen
der Tiel'entherapie und die Gesetze der Wanderung und Vertei-
lung der Röntgenstrahlen in der Materie besprochen. Es folgen
dann Anleitungen zur praktischen AusfĂŒhrung des physikalischen
Teiles der Tiefentherapie mit BerĂŒcksichtigung biologischer Mo-
mente nach den bekannten vom Verf. seit ĂŒber einem Jahrztl
aufgestellten Forderungen. Ein Anhang enthÀlt einen Ueberbl
ĂŒber die wichtigsten tiefentherapeutischen Arbeiten des Verfl
den Jahren 1905 â 1914 im Auszug und ein Verzeichnis der scit<!
vom Verf. und seinen Mitarbeitern erschienenen Arbeiten aus I
Gebieten der Röntgentechnik und Physik. Kautz, Hamburi!
Friedrich MĂŒller und Adolf StrĂŒmpell: Klinische W a rl
tafeln. J. F. Lehmanns Verlag, MĂŒnchen, 500 M.
Die Wandtafeln werden jeden, der sie sieht, mit Bewundert!
der hervorragenden technischen Leistung erfĂŒllen. Sie sind I
eignet, selbst einem sehr groĂen Auditorium das anschaulich!
machen, wras beabsichtigt ist. Mit Recht heben die Herausge,!
hervor, daĂ die Tafeln nicht nur fĂŒr den klinischen Unterricl
sondern auch fĂŒr Krankenpflegekurse und allgemeinverstĂ€l
liehe medizinische VortrÀge gute Dienste leisten können. Fl
will es scheinen, als ob sie fĂŒr die beiden letzteren Zwecke m<!
in Betracht kommen als fĂŒr die Klinik, wenn sie auch in die:!
fĂŒr den propaedeutischen Unterrieht manchem Lehrer willkomirl
sein werden. Die Auswahl der GegenstĂ€nde lĂ€Ăt sich kaum ;l
ders begrĂŒnden, als daĂ es sich um die Wiedergabe von ZeiJ
nungen, Kurven und Zahlen handelt, die recht hÀufig bei den obil
genannten Gelegenheiten gebraucht werden. Ein besonders del
lieh hervortretendes Programm lĂ€Ăt sieb in der Auswahl nĂŒl
erkennen. BerĂŒcksichtigt ist nur die Physiologie und PalholoJ
des Erwachsenen, jeder PĂ€diater wĂŒrde es dankbar begrCl
haben, wenn dabei auch das Kind berĂŒcksichtigt worden wĂ€l
Die erste Lieferung enthalt folgende Tafeln: 1. Situs der Bril
und Bauchorgane. 2. Querschnitt und Sagittalschnitt durch (I
Brustorgane. .'!. Blutkreislauf, 4. Kurven der Kreislaufsorgall
5. Bluttafel, 6. Bluttexttafel, 7. Nierentafel 8. Harnsedimenl
9. Augenhintergrund, 10. Bazillentafel. Besondere Anerkennuj
verdient der Verlag, der in diesen schweren Zeiten die MĂŒhl
und groĂen Opfer nicht gescheut hat, die erforderlich waren,«
das Erscheinen der Tafeln möglich zu machen. Ad. Czer'n fl
Werner S p a 1 1 e h o 1 z : Handatlas der Anatomie (Hfl
Menschen. Mit 1013 Abbildungen. 10. Auflage. Verlag. m
S. Hirzel, Leipzig 1921. M. 264,â.
Der Atlas ist von Auflage zu Auflage besser geworden, stÀ
dig hat der Verfasser an Text und Abbildungen gearbeitet, so d;
heut etwas Vortreffliches vorliegt, und der Verlag hat de
Ganzen eine ausgezeichnete Ausstattung gegeben. Kelle«
Paul Mulzer. Die syphilitischen E r k r a n k u n g e n i
d e r A 1 1 g e m ei n p r a x i s. J. F. Lehmann, MĂŒnchen 1922Ă
Das letzte Jahrzehnt hat uns in ungeahntem MaĂe darĂŒbi
AufschluĂ gegeben, wie weit das syphilitische Virus die â
sache von Erkrankungen der Eingeweide und der Sinne;
organe ist. Immer neue Beobachtungen und Mitteilungen da
ĂŒber aus allen Sondergebieten wurden veröffentlicht, so daĂ <
dem Allgemeinpraktiker nicht mehr möglich ist, auch nur dl
Wichtigste herauszusondern und als dauernden Besitz in sie
aufzunehmen. Da aber bei der enormen Zunahme der Syphib
diese Folgeerkrankungen ihm immer hÀufiger zu Gesicht koit
men und daher fĂŒr ihn ein immer erhöhtes Interesse erlange
werden, so hat es Mulzer unternommen, eine Darstellung alle
Erkrankungserscheinungen zu geben, die die Lues in den vffl
schiedenen Organen hervorbringt. Allerdings ist das Gebiet de
Syphilis zu groĂ, als daĂ es selbst ein Spezialforscher völlig bellen
sehen könnte, infolgedessen hat sich M. mit einer Anzahl bt
kannter MĂŒnchener Kliniker zu dieser Aufgabe vereinigt, de
sie wohl in vollem Umfange gerecht geworden sind. Den erste
allgemeinen Teil sowie das Kapitel ĂŒber syphilitische Erkrar
kungen der Haut und SchleimhÀute behandelt Mulzer selbei
wÀhrend die Spezialgebiete wie Eingeweide, obere Luft- un
Speisewege, Ohr, Augen, Nerven. Chirurgie und kongenitale Sj
philis von je einem Autor gesondert dargestellt werden, wobt
die Abhandlung ĂŒber Nervenkrankheiten mir besonders gut gc
fĂ€llt. Jeder Autor gibt auch Richtlinien ĂŒber die einzuschlagend
Therapie an, die sich je nach dem Sondergebiet, mehr oder mir
der von den Grundlagen der modernen Luestherapie entfernei
die M. im allgemeinen Teil umfassend dargestellt hat. So wir
der Praktiker sich aus diesem Buche ĂŒber alles, was mit de
Syphilis zusammenhĂ€ngt, Rat holen können und ĂŒber manch
dunkle Krankheitsbilder AufschluĂ erhalten. Der Preis des 36
Seiten starken Werkes betrÀgt 90 bezw. 110 M. B a b.
Harald Boas. Die Wassermannsche Reaktion ml
besonderer BerĂŒcksichtigung ihrer kl i n|
sehen Vorwerfbarkeit. 3. Auflage. Berlin 1925
S. Karger.
fchrg, â Nr. 35/3Ă.
H u c 1» I) e s p r c < Ii u n g e n
Die .:> Auflage hat die Ergebnisse der serologischen For-
ijpg, die seit Erscheinen der 2. Auflage im Jahre 1913 ver-
llicht worden sind, gebĂŒhrend berĂŒcksichtigt. Dar« Ver-
«r neben der eigentlichen Wa. R. auch die Flockungsreak-
en in ihrer Technik, klinischen und sonstigen Wertung ein-
Ă€nd behandelt, vergröĂert die Brauchbarkeit des Werkes, das
Laboranten und jedem, der sich eingehend mit der Wa-
â ioii beschĂ€ftigen will, die besten Dienste leisten wird.
Ă a b.
Robert Otto Stein: Geschlechtskrankheiten. (Mit
Varbdrucktafeln nach 74 Moulagen von Dr. Karl Henning
ld Theodor Henning sowie mit 15 Textabbildungen). 102*2.
F. Lehmann, MĂŒnchen.
Stein versteht recht weitgehend unter Geschlechtskrankheiten
Erkrankungen, die hÀufig an der Haut der Genitalorgane
feten; daher rechnet er die Balanitis, den Herpes genitalis,
Molluscum contagiosum zu ihnen. FĂŒr den Praktiker bietet
den Vorteil, daĂ TV in diagnostisch schwierig zu erkennen-
Erkrankungen der Genitalregion nicht in mehreren Werken
ZuschlÀgen braucht. Der Inhalt selbst zeichnet sich durch
sige prÀgnante Darstellung aus. Alle Fragen, die dem Arzte
âąder Behandlung dieser Krankheiten begegnen, sind klar her-
â axbeitet und prĂ€zis beantwortet, nur vermisse ich ein
itel ĂŒber die so wichtige persönliche Prophylaxe. Die gröĂere
fte des Werkes beansprucht die Behandlung der Syphilis; auch
mr wird der Hauptwert auf die Erfordernisse der Praxis ge-
. Theorien werden nur soweit erörtert, als es zum VerstÀnd-
des betreffenden Themas notwendig ist, wie z.B. beim Ent-
en des Leukoderm, das St. allerdings im Gegensatz zu den
len neueren Autoren als depigmentierte Flecke bezeichnet,
tech syphilitischen Effloreszenzen zurĂŒckbleiben. Die Krank-
Sbeschreibungen werden durch zahlreiche, farbige, instruktive
ler unterstĂŒtzt, die von gröĂter Naturtreue sind und jeden
§ daneben ĂŒberflĂŒssig machen. Das W7erk wird jedem Prak-
|von gröĂtem Nutzen sein und auch dem Spezialisten vieles
âątvolle bieten. Der Preis von 90 respektive 110 M. ist schon
lĂŒeksicht der FĂŒlle der Abbildungen ein minimaler zu nennen.
Dr. B a b.
n. Freud : Drei Abhandlungen zur S e x u a 1 1 h e o r i e.
922. Franz Deuhicke. VI, 104. M. 20,â.
Es ist sehr erfreulich, daĂ sobald nach Erscheinen der vierten
lĂ€ge, eine neue â unverĂ€nderte â nötig wurde; ist dies doch
beste Beweis dafĂŒr, daĂ auch weitere Kreise die Bedeutung
er kurzen, aber inhaltsreichen Abhandlungen erkannt haben.
ist1 sehr zu wĂŒnschen, daĂ gerade die praktischen Aerzte, die
fjÀrzte, die die Kinder heranwachsen sehen, nicht mehr die
en verschlieĂen gegenĂŒber der Tatsache, daĂ auch die Kinder
^Sexualleben haben, daĂ Störungen dieser Entwicklung â
Shische Traumen â fĂŒr die ganze weitere Entwickelung des
sehen von der gröĂten Wichtigkeit sind. Lurje.
ert Moll: Behandlung der HomosexualitÀt,
loch emi sch oder psych i seh ? Abhandlungen aus dem
gbiete der Sexualforschung. Bd. III, Heft .">. A. Marcus und
/Webers Verlag, Bonn, 1921.
I>ie Steinachschen Forschungsergebnisse haben in der wissen-
tlichen und Laienwelt betrÀchtliches Aufsehen erregt. Auch
Behandlung der HomosexualitÀt schien durch sie auf eine
tlich neue Grundlage gestellt. In mehreren FĂ€llen wurden in
Tat Hodentransplantationen mit gĂŒnstigem Erfolg ausgefĂŒhrt.
Aussetzung fĂŒr das Gelingen waren die von Steinach ange-
menen spezifischen VerÀnderungen in den Hoden Homosexuel-
und deren Behebung durch ein normales Generationsorgan. â
allzu hoch gespannten Erwartungen sucht Moll, einer der
en Kenner des Gebiets, auf das richtige MaĂ zurĂŒckzufĂŒhren,
e die Steinachschen Ergebnisse zu leugnen, zeigt er, daĂ ein
[Ă€bschlagender Beweis fĂŒr die operative Heilung der Homosexu-
it noch nicht erbracht sei. Auf der andern Seite legt er unter
nringung interessanter Kasuistik dar, daĂ die psychische Be-
dlung fĂŒr die BekĂ€mpfung der HomosexualitĂ€t speziell in der
des undifferenzierten Geschlechtstriebs, nicht zu entbehren sei.
lie Hauptgefahr sei darin zu sehen, daà die HomosexualitÀt
eingeborene Disposition, der nicht beizukommen sei. aufgefaĂt
|e.
Niemand wird sich den gewichtigen Argumenten Molls, die in
Wicher und eindringlicher Weise vorgetragen werden, ver-
leĂen können. â Allerdings muĂ auch dabei klar hervor-
Sben werden, daĂ die eine Art der Behandlung die andere"
Haus nicht ausschlieĂt. Wenn man sich vorstellt, daĂ eine
der Bedingungen der HomosexualitÀt die zentrale Einstellung
ist, so kann man den gĂŒnstigen Erfolg der Psychotherapie wohl
\ erstehen. Andererseits ist auch begreiflich, daĂ die Hormone
des Iransplanlierten normalen Hodens das Gehirn im Sinne der
mĂ€nnlichen Triebrichtung beeinflussen. A. MĂŒnser.
Conrad Stein, Privatdozent fĂŒr Ohrenkrankheiten an der Univer-
sitÀt Wien: Diagnostik und Therapie der Ohren-
krankheitert. Ein Hilfsbuch fĂŒr den praktischen Arzt.
Bonn 1922. A. Marcus u. E. Webers Verlag (Dr. jur. Alberl
Ahn). 276 S. Preis brosch. 48.â M., geb. 55.- M.
Stein will âden BedĂŒrfnissen des NichtSpezialisten enge an
gepaĂt, ausschlieĂlich praktische Winke aus der Ohrenheilkunde
bieten". Um dieses Ziel zu erreichen, schildert er nicht Krank-
heitsbilder, sondern geht von den Symptomen aus und fĂŒhrt bei #
jedem Symptom vor Augen, durch welche verschiedene Ur-
sachen dasselbe ausgelöst sein kann. Seinen ersten, diagnosti-
schen, Teil zerlegt er in die Unterabteilungen: Ohrenschmerzen,
OhrenfluĂ, Schwerhörigkeit, Subj. Hörempfindungen, Hörstörungen
anderer Art, Schwindel und Gleichgewichtsstörungen, Schwellung
der Weichteile, Fieber, Kopfschmerzen, Zerebrale Erscheinungen
FazialislÀhmung, AbduzenslÀhmung, Sprachstörungen. Diese '
Abschnitte sind mit À u à er sler Anschaulichkeit und
Klarheit dargestellt und die bei der Einteilung des Stoffes
unvermeidlichen Wiederholungen sind bei der Zweckbestimmung
des Buches sicher von Nutzen. FĂŒr die Praktik von groĂer
Wichtigkeit ist auch, daĂ Verf. ĂŒberall den Zusammenhang der
Erscheinungen am Ohre mit Allgemeinerkrankungen im Auge
behalten und dargestellt hat. In einem grundlegenden Punkt
weicht meine Anschauung allerdings weit von der des Verf.
ab. Stein versucht in seinem Buche, dem praktischen Arzt, der,
wie in der Einleitung gesagt wird, âotoskopisch unvollkommen
oder gar nicht geschult ist, jene Krankheitserscheinungen be-
kanntzugeben, die ihm auch ohne (resp. bei nicht verlĂ€Ălicher)
SpiegelfĂŒhrung die Diagnose krankhafter VorgĂ€nge im Ohre zu
vermitteln imstande sind". Er unternimmt diesen Versuch, weil
er glaubt, daĂ bei weitem die meisten Aerzte beim Hinaustreten in
die Praxis nicht genĂŒgend otoskopisch geschult sind. In diesem
Punkte bin ich vollstÀndig des Verfassers Ansicht ich glaube
aber, daĂ diesem Fehler nur durch grĂŒndliches Studium der
TrommelfellverÀnderungen und der Technik der Otoskopie ab-
geholfen werden kann, daĂ aber eine ohne Besichtigung der dem
Auge zugÀnglichen Teile des Gehörorganes betriebene Ohrenhei-
lkunde unbedingt mehr Schaden als Nutzen stiften wird, selbst
wenn man dem praktischen Arzt, wie Stein das tut, auf alle
Gefahren und auf die Grenzen des Könnens hinweist. â Der zweite
Teil, der die Therapie des Praktikers behandelt und dement-
sprechend sehr richtiger Weise auf Beschreibung der Ope-
rationsmethoden und anderer rein spezialistischer Dinge ver-
zichtet, zeigt dieselben VorzĂŒge der Darstellung wie der erste
Teil. Mit groĂem Geschick unterzieht sich Verf. der schwierigen
Aufgabe, auch hier die Stoffeinteilung des ersten Abschnittes bei-
zubehalten. Die empfohlenen therapeutischen MaĂnahmen halten
sich offenbar eng an die in der Wiener UniversitÀtsklinik ge-
ĂŒbten, und es muĂ bei der Bestimmung des Buches als Vorteil an-
gesehen werden, daĂ der Verf. ganz bestimmte Anweisungen gibt,
nach denen sich der Praktiker auch wirklich richten kann. Viel-
leicht hĂ€tte man wĂŒnschen können, daĂ der Verf. bei der Wichtig-
keit der Therapie den fĂŒr den Kinderarzt so wichtigen und so
auĂerordentlich hĂ€ufigen VerĂ€nderungen an der Bachenmandel
als Aetiologie der akuten und chronischen MittelohrentzĂŒndungen
einen etwas breiteren Baum gegönnt hÀtte.
Wegen seiner K 1 a h r h e i t und GrĂŒndlichkeit
halte ich das Buch fĂŒr den Praktiker, der zu oloskopieren ver-
steht, fĂŒr einen vortrefflichen und sehr empfehlens-
werten Ratgeber; den Arzt, der die Otoskopie nicht
beherrscht, kann das Werkchen, zusammen mit einem Atlas und
mit praktischer Hebung bei Diagnostik und Therapie von Ohren-
krankheiten sehr fördern. Auch der Student wird es zur Er-
gÀnzung von Kurs und Kolleg mit Nutzen verwenden.
Max Meyer, WĂŒrzburg.
Guillain, G. Laroche et P. Lechelle. La reaction du, Ben join
Colloidal et les reaction s colloidales du liquide
cephalo-rachidien. Paris 1922. 146 Seiten. Preis: 12 frs.
(Die Benzoeharzsolreaktion und die Kolloidreaktionen des Liquor
cerebrospinalis.)
Besprechung der Technik von Goldsolreaktion nach
Lange, Mastixsolreaktion nach E m a n u e 1 und der Ber-
linerblaureaktion nach Kirchberg und deren Modifi-
kation e.n, sowie kritische WĂŒrdigung der damit erhaltenen Ergeb-
nisse. Eigene Erfahrungen und die Zusammenstellung der in der Lite-
öbö
Buchbesprechungen
40. Jahrg. â Nr. 35/i
ralur niedergelegten Urteile fĂŒhren die Verfasser zu dem SchluĂ, daĂ
die Deutung der ĂŒoiasolreaktiou nach Lange zahlreichen
lirtĂŒniern unterliegt, dali jene weder fĂŒr Paralyse noch ĂŒberhaupt fĂŒr
die Syphilis des Zentralnervensystems sichere Ergebnisse liefert. âDie
Uo.dsoireaktion ist sicher von groĂem theoretischen Interesse,' aber sie
bietet, vom praktischen Standpunkte aus technische Schwierigkeiten.
Der Hauptnachteil der Reaktion liegt in der Möglichkeit, Golusoie von
stets gleichem Flockungswert herzustellen, die untereinander vergleich-
bare werte ergeben". â Auch die Mastixsolreaktion vermochte
die Verfasser in monatelanger NachprĂŒfung nicht zu befriedigen,
^wenn auch die Herstellung des Sols wesentlich einfacher ist, ais die
des Goldsols, so macht es doch auch hier Schwierigkeit, Sole von glei-
chem Flockungswert zu erhalten. Das Ablesen der Resultate ist in
den mittleren GlÀsern schwierig und meist subjektiv. Die erhaltenen
. Kurven sind nicht typisch. Klinisches Untersuchungsergebnis und
Liquorbefund ergeben mit der Mastixreaktion keine ausreichende
Uebereinstimmung. â In verstĂ€rktem MaĂe sollen solche Nachteile der
Berlinerblaureaktion anhaften. Diese wird deshalb ab-
gelehnt.
Der zweite umfangreichere Teil des Buches ist der von den Verfas-
sern ausgearbeiteten Liquoruntersuchungsmethode mit Benzoe-
harzsol gewidmet. Die Herstellung des Sols, zu der Mandelbenzoe
aus Sumatra erforderlich ist, gestaltet sich ebenso einfach, wie die Tech-
nik der gesamten Reaktion, die in ihrer einfachsten Modifikation nur
5 GlĂ€ser, einschlieĂlich einer Kontrolle, und mit 1 ccm Liquor er-
fordert. Die Ablesung des Resultats macht keinerlei Schwierigkeiten
. und gibt eindeutige Ergebnisse, die nach dem Vorgange Langes
in Kurvenform oder Zahlenreihen ausgedrĂŒckt werden. Die Hauptbe-
deutung der Reaktion liegt auf dem Gebiete der Diagnose aller Formen
der Syphilis des Zentralnervensystems und seiner HĂ€ute, wo die Re-
aktion absolut typischen Kurvenverlauf und in 83% aller FĂ€lle von
Syphilis (Paralyse, Tabes, Lues cerebrospinalis) Uebereinstimmung mit
der Wa Re zeigte, wÀhrend 11% positive Wassermannsche Reaktion
bei negativer Benzoeharzreaktion und 6% negative Wa Reaktion bei
positiver Benzoeharzreaktion boten. Es wird aber hervorgehoben,
daà die B. R. keine Möglichkeit an die Hand gibt, zwischen den ein-
zelnen Formen der Syphilis des Cerebrospinaltraktus zu unterscheiden,
wie dies Lange mit seiner Reaktion irrtĂŒmlicher Weise tun zu kön-
nen glaube. Hingegen soll die Reaktion ĂŒber das Studium des Krank-
heitsprozesses (akut, subakut?) Auskunft geben und der Prognostik
wertvolle Dienste leisten. â AuĂerdem wird eine Reaktion vom nie-
ningitischen Typus unterschieden, deren Nachweis allein zwar keines-
wegs die Diagnose einer tuberk. Meningitis, wohl aber meist den Aus-
schluĂ einer Syphilis des Zentralnervensystems gestatten soll. â FĂŒr
die eitrigen Meningitiden ist die Reaktion nicht brauchbar. Nerven-
krankheiten nicht syph. Aetiologie, u. a. auch Encephalitis lethargica,
ergaben bei insgesamt 200 FĂ€llen mit Ausnahme einer Multiplen Skle-
rose, einer Myelitis acuta und zwei FĂ€llen von Epilepsie immer ne-
gative Reaktion. âą
Zusammenfassend stellen die Verfasser auf Grund eigener Versuche
und zahlreicher anderer (ausschlieĂlich französischer) Kliniker und Se-
rologen die bedeutende Ueberlegenheit der Benzoeharzreaktion gegen-
ĂŒber den bisher gebrauchten Liquorkolloidreaktionen fest und begrĂŒn-
den dies mit der einfachen Technik, leichter Ablesbarkeit und der Kon-
stanz der Resultate.
Der Versuch, das Wesen der Reaktion durch physikalisch-chemische
Methoden zu klÀren, ist den Verfassern nicht, gelungen. Sie kommen
zu dem allgemeinen SchluĂ: ânach diesen Versuchen scheint das ecMe
Albumin in der Benzoeharzreaktion keinen flockenden EinfluĂ zu
haben, den vielmehr die Globuline in Verbindung mit den Salzen ĂŒber-
nehmen. Diese haben, könnte man sagen, dabei lediglich die Aufgabe
einer Beize, in dem sie durch Gegenwart von positiven, zweiwertigen
Ionen, die Entladung der1 elektronegativen Benzoeharzmicellen be-
gĂŒnstigen".
T h o e n e s (Leipzig).
Karl J a sp er s : S t r i n d b e r g u n d van G o g h. Ernst
Bischer Verla«, Leipzig, 1922. VIII, 131. Mark 45,â.
WĂ€hrend man sich bis vor noch nicht langer Zeit begnĂŒgte,
reiri descriptiv die Merkmale der verschiedenen Geisleskrank-
heiten festzulegen, ohne sich zu bemĂŒhen, tiefer in ihre Psycho-
logie einzudringen, ist durch die Arbeiten der ZĂŒricher Schule
eine Wandlung in der Betrachtungsweise eingetreten: man sucht
die Erscheinungen, die bei den verschiedenen Geisteskrankheiten
manifest werden, vor allem bei der groĂen Gruppe der Schizo-
phrenien, z u verstehe n. Ein Weg zum VerstÀndnis dieser
Kranken geht davon aus, daĂ wir aus den Arbeiten geistig
Hochstehender, die sich selbst gut beobachten können und die
FĂ€higkeil haben, ihre Erlebnisse aufzuzeichnen, einen Einblick
in die sonst meist schwer zugÀngliche Psyche dieser Kranken
gewinnen. Vor kurzem hat erst Storch (TĂŒbingen) uns eine
ausgezeichnete Pnlhographie von Strindberg geliefert und jetzt
macht Jaspers den Versuch, an Hand der Werke von Strindb«
van Gogh, Höeldexlin und Swedenborg, ihr kĂŒnstlerisches Sei
Ten in Beziehung zu ihrer geistigen Erkrankung zu bringen,
zeigen, wie durch den Ausbruch der Krankheit sich die Persönli
keit und damit der Charakter ihrer Werke, schlieĂlich ihre ga
Weltanschauung Ànderte. Das Interessanteste bringt Jaspers
den SchluĂkapileln: die Beziehung der Schizophrenie zum W
und zur Kultur der Zeit, wÀhrend in vergangenen Jahrhunder
die abnormen Persönlichkeiten, die einen groĂen EinfluĂ
ihre Umgebung ausĂŒbten, Hysteriker waren, ist es eine {
fÀllige Tatsache, daà heute eine Reihe schizophren geworde
Menschen durch W erke aus der schizophrenen Zeit eine Wirki
haben. â r In feiner Weise versteht es Jaspers, ohne irgendwel
Werturteile fÀllen zu wollen, die Entwicklung dieser Persönli
keiten darzulegen. Nicht nur fĂŒr den Psychiater, sondern
jeden gebildeten Menschen und speziell fĂŒr den Arzt bietet die
Buch eine FĂŒlle anregender Gedanken; es ist eine Verkennt
der Tatsachen, wenn von literarischer Seite protestiert w
gegen eine derartige Betrachtungsweise Strindbergs, da ger
durch diese Arbeil die Psyche Sirindbergs â und damit auch s
Werk â viel tiefer erfaĂt wird, als wenn man rein vom Ă€sthetis
wertenden Standpunkt sich mit dem Dichter beschÀftigt.
L u r j i
Dannemann, Friedrich: Aus der W e r k s t a 1 1 g r o Ă e r F (
scher. 4. Auflage. Leipzig. W. Engelmann. 1922.
Wfr nehmen jede Gelegenheit wahr, unseren groĂen M
nern DenkmÀler zu errichten oder sie mit allerlei GedÀchtnisre
und dergl. zu feiern. Aber sie selbst zu Worte kommen zu las*
dem zu lauschen, was sie der Wissenschaft, ihrem Volke,!
Menschheit zu sagen hatten; das fÀllt uns nicht ein. Wir jagen
rolationspressenarliger Geschwindigkeit immer dem Neuesien!
Allerneuesten! â nach und vergessen ganz, daĂ in der Vergang
heit Geister gesprochen hatten, an denen gemessen die gewalHj
GröĂen zu PygmĂ€en zusammenschrumpfen. So ganz leicht ist e:
freilich nicht,, sich mit historischen GröĂen zu unterhallen. T
grĂŒndige Gelehrsamkeit, geniale Konzeptionen und ungewoh
Sprachen halten wie Stacheldrahtverhaue manche ab, sich
Werke zu bemĂŒhen, welche wie SchlĂŒssel zum VerstĂ€ndnis lan|
oft ĂŒber Jahrhunderte hin sich erstreckender Vorstellungsreil
dienen.
Da ist es ein wahrhaftes Verdienst von Dannemann, 3
er eine stattliche Anzahl von maĂgebenden, weltbeherrscheni
Naturforschern reden lĂ€Ăt, indem er die Quintessenz ihrer E
deckungen aus ihren Werken herauszog. Von Aristoteles bis
Heinrich Hertz hören wir die bahnbrechenden MÀnner mit ih
eigenen Worten in flĂŒssigem Deutsch. Das ist von hohem R.
Die Jugend kann daraus die Begeisterung schöpfen, wie eiser
Fleill auch mit bescheidenen Mitteln GroĂes erreichen kann, i
der Erwachsene lernt aus dem Nachdenken jener Genies, j
ein offenes Auge oft durch scheinbar kleine Beobachtungen bl
artig zu ganz neuen Wahrheiten gefĂŒhrt wird, wenn es nicht al
sehr von den mythischen Vorstellungen seiner Zeit umnebelt"
und daĂ die eigentliche schwere Arbeit in der Ausbildung i
DurchfĂŒhrung der Erfindung â(W. Siemens)" besteht. âDie 1
sung habe ich, nun muĂ ich noch sehen, wie ich dazu komn
(GauĂ.) Hat Raffael in der Schule von Athen uns die groJ
Philosophen bildlich vorgefĂŒhrt, so fĂŒhrt Dannemann uns.
groĂen Naturforscher redend vor. Möge ihm ein ebenso gro
Erfolg beschieden sein wie dem Meisler von F'rbino!
Butt ersaci
Haeckel, Ernst: Indische Reisebriefe. 6. Aufl., Leipzig;
F. Köhler 1922. â 186 Seiten. Mk. 90,â.
Ich erinnere mich noch deutlich des Eindrucks, welchen Haec
indische Reisebriefe bei ihrem ersten Erscheinen hervorriefen,
meines GlĂŒcks, als ein freundlicher Zufall einen Teil des Manuskr
in meine Handschriftensammlung fĂŒhrte. Inzwischen hat sich
vieles geÀndert. Aber die Unmittelbarkeit und frische Dan
lung ĂŒben heute wie einst ihren ganzen Zauber auf den L<
aus. Denn Haeckel war ebenso KĂŒnstler wie Forscher; das kor
auch in den 4 Aquarellen von seiner Hand zum Ausdruck, welche
Buch schmĂŒcken. Indessen H. war keineswegs ein weltfremder Gel«
ter. SĂ€tze wie: âFreilich, was an der Spree nicht blĂŒht, das darf a
in Indien nicht existieren" (S. 134) zeigen, daĂ er sich auf Mensc
und Völker ebenso gut verstand, wie auf Pflanzen und Tiere.
Das Wunderland Ceylon ist uns gegenwÀrtigen Deutschen
schlössen. Aber BĂŒcher wie das von Haeckel und das Ă€hnliche
Konr. Guenther (EinfĂŒhrung in die Tropenwelt 1911) tragen
.auf den FlĂŒgeln der Phantasie dorthin und erweitern unseren Gesic
kreis, als ob wir dort gewesei wÀren.
ButtersackÀ
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, öerlin W 50
Verlag von HANS PUSCH, Berlin SW 46, Wilhelm- Sira&e 26 / Fernsprecher: LĂŒizow 9057
Nr. 37/38 Berlin, den 27. September 1922 40. ) ahrgang
Dar Verlag behĂ€lt »ich das ausschlieĂliche Reoht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutztritt ver.
Aus der Poliklinik fĂŒr Lungenleiden (Dr. Felix Baum) und dem
Faboratoriuni Schumann, Berlin.
BeitrÀge zur Serodiagnose der aktiven
Tuberkolose.
Von F. Baum und M. Schumann.
Die Versuche, Sera von Graviden und infektiösen Kran-
ken mittels thermischer oder chemischer Reize zur Ausflockung
' zu bringen sind mannigfach bekannt (Sachs, Oettingen
u. a.). Zuletzt hat Daranyi in der D. med. W. Nr. 17,
; 1922 eine Ausflockungsmethode*) beschrieben, welche die
[KolloidlabilitÀt des Serums bei toxischen, durch Zellzer-
^setzung in den Geweben bedingten KrankheitsfÀllen beweisen
[soll. Er hat diese Methode bei 4t0 FĂ€llen angewendet. Die
[-Resultate der ausgezeichneten Arbeit D a r a n y i s, die zwei-
fellos die Grundlage fĂŒr zahlreiche weitere Versuche bilden
[wird, erschienen so verlockend, daĂ wir uns zu einer Nach-
prĂŒfung bei bis jetzt 197 FĂ€llen entschlossen. Von diesen
l waren 52 Tbk-FĂ€lle mit positivem Bazillenbefund, 41 bazillen-
[ freie aktive Tuberkulosen, 38 FĂ€lle von Tbk. im Stadium des
L,immunisierten Infekts", 2mal Pertussis, 12mal akute Bron-
ichitis, 5 klinisch gesunde GraviditÀten, 1 Angina follikularis,
jfl akute Nephritis, 55 suspekte FÀlle aus tuberkulösem Milieu.
Wir können die Daranyischen Angaben im wesent-
lichen bestÀtigen. Tuberkulosefreie FÀlle (Anaemie, Pertussis,
i Angina, Nephritis, Bronchitis, GraviditÀt) reagierten negativ
*) Daranyis Vorschrift lautet: â0,2 cem Serum wird mit
11,1 cem verdĂŒnntem Alkohol vermischt, gut aufgeschĂŒttelt und 20 Min.
Sin ein Wasserbad von 60 Grd. C. getaucht. Dann werden die Röhrehen
fcbei Zimmertemperatur aufbewahrt und '/*, 1, 2, 3 und 24 Std. nach der
â ErwĂ€rmung mit freiem Auge, ohne zu schĂŒtteln, in schiefer Lage ge-
Fgen einen dunklen Hintergrund (Plafond) abgelesen. Dabei wird eine
\ in "... und 1 Std. auftretende Flockung mit + + + + , eine in 2 Std.
ÂŁmit ++ f, eine in 3 Std. mit + + , eine in 24 Std. mit+, und wenn
nach 25 Std. die Reaktion homogen bleibt, dann diese mit â bezeichnet.
lAls Alkohol nehme man 96% igen, welchen man mit 2%iger Koch-
salzlösung verdĂŒnnt, da bei Verwendung von destilliertem Wasser keine
f Flockungen entstehen. Eine 2% ige Kochsalzlösung kann man aus einer
? 10% igen Na Cl-Stammlösung, welche haltbarer ist, immer frisch her-
^stellen. Die AlkoholverdĂŒnnungen mĂŒssen immer frisch gemacht wer-
fden. Zu 1 cem Alkohol nahm ich 4,1 cem 2% ige "Na Cl-Lösung. Ich
" arbeitete mit geprĂŒftem, genau 96%igem Alkohol und mit einem Ther-
mometer, bei welchem der 60. Ord. C. mit einem PrÀzisionsthemo-
I meter aus Jenenser Glas verglichen wurde. Da es aber nicht innner
â möglich ist, mit genau 96%igem Alkohol und mit PrĂ€zisionsthermo-
' metern zu arbeiten, (gewöhnliche Thermometer zeigen manchmal auch
eine Differenz von 2 Grd. C.) ist es notwendig, die zu gebrauchende
: Alkohol VerdĂŒnnung einmal auszutarieren. Es werden zu 1 cem Alko-
hol steigende Mengen: 3,8, 3,9, 4,0, 4,1, 4,2 cem usw. 2%iger NaCl-
Lösung hinzugesetzt und die Reaktion mit diesen VerdĂŒnnungen bei
ÂŁ4â5 negativen Kontrollseren ausgefĂŒhrt. Bei den weiteren Versuchen
f.ist die niedrigste VerdĂŒnnung, wo die normalen Sera nach 24 Std. alle
" noch negativ reagieren, zu verwenden. Zu dieser Titrierung bewÀhren
Esich vorzĂŒglich von gesunden weiblichen Individuen stammende Sera,
Eda diese auch physiologisch etwas höhere SerumlabilitÀt haben als
[die von MĂ€nnern. Dieser Unterschied 4st aber unbedeutend im Ver-
f hÀltnis zu der Erhöhung bei aktiven Krankheitsprozessen. WÀhrend
â der ErwĂ€rmung und Aufbewahrung verdunstet der Alkohol einiger-
kmaĂen. Um dies zu verhĂŒten, wĂ€hlt man zu der Reaktion lange (10
Ibis 12 cm) Eprouvetten mit engem Lumen (8 â 9 mm). Die Sera werden
Miicht inaktiviert, weil sich die Flockung hierdurch deutlich abschwÀcht.
rDiese dĂŒrfen auch keine Verunreinigungen (Blutkörperchen, bakterielle
^TrĂŒbungen) enthalten. Manche Sera sind normalerweise etwas opak.
I Dies stört aber die Reaktion nicht, da nicht TrĂŒbungen, sondern nur
Ider Agglutination Àhnliche Flockungen als positiv gelten. Aeltere
f-Sera als 24 Std. nach der Blutentnahme untersuche man nicht, weil in-
Siolge der Autolyse sich die Menge der Abbauprodukte vermehrt, wo-
Edurch die Teilchen stabilisiert (Herzfeld und Kling er) und
; die Reaktion deutlich schwÀcher werden".
oder nur schwach positiv. Auffallend war der stark positive
Ausfall bei schwerer Phthisen mit positivem Bazillenbefund.
49 von 52 FĂ€llen reagierten positiv mit + + + + bis + + .
von diesen reagierten unbehandelte FĂ€lle meist mit + + ++,
in Behandlung befindliche + + âą
Negative Reaktion Negative Reaktion Positive Reaktion Positive Reaktion
ohne Lupen- m i t Lupen- ohne Lupen- m i t Lupen-
belrachlung belrachtung betrachtung betiachtung
Bei drei klinisch und röntgenologisch
sichergestellten aktiven Tuberkulosen mit
amtlich bestÀtigtem, positivem Bazillen-
befund fiel die Reaktion negativ aus. Zwei
von diesen waren unbehandelt, einer (mit zahlreichen Kaver-
nen in beiden Oberlappen) war mehrere Wochen vor der
PrĂŒfung mit Krysolgan behandelt worden (6 Injektionen von
0. 025 . 0,15). Ein technischer Fehler war ausgeschlossen.
Denn erstens richteten wir uns auf das genaueste nach den
Daranyischen Vorschriften und zweitens hatten gleich-
zeitig mehrere andere Sera deutlich positiv reagiert. Wegen
dieser 3 Versager haben wir versucht, die Daranyische
Methode folgendermaĂen zu modifizieren:
1. 5 ReagenzglÀschen (wie sie seit neuerer Zeit bei der Wa.
R. verwendet werden), etwa 7 cm lang und 1 cm breit, wer-
den mit folgenden Serummengen gefĂŒllt:
I. 0,5 cem, II. 0,4 cem, III. 0,2 cem, IV. 0,1 cem, V.
0,08 cem. In jedes GlÀschen werden 2,75 cem des von D a -
ranyi vorgeschriebenen Alkoholkochsalzgemisches**) hin-
zugefĂŒgt, zur Vermeidung der Alkoholverdunstung mit
Gummistopfen verschlossen und dreimal vorsichtig, ohne
zu schĂŒtteln, umgewendet (wie beim Extrahieren).
2. Wasserbad von .60 Grad '/.âą Stunde lang. Wir haben die
Zeit lĂ€nger gewĂ€hlt, da es sich um gröĂere FlĂŒssigkeitsmen-
gen handelt (vgl. Originalwassermann und Mikroreaktion
**) 1 cem genau 96%igen Alkohols (Kahlbaum) + 4,1 cem
2%iger frischer Na Cl-Lösung.
56S
Junius: Augenheilkunde
40. Jahrg. â Nr. 37/38.
«
C. S. E n g e 1). Das untere Thermometerende darf den Bo-
den des Wasserbades nicht berĂŒhren.
3. Vorsichtige Herausnahme der Röhrchen aus dem Bade und
Beobachtung wÀhrend der nÀchsten 4 bezw. nach 24 Std.
Lupenbeobachtung gegen Tages- bezw. homogenes kĂŒnst-
liches Licht (siehe Abbildung).
a) Ausflockung im Röhrchen V oder IV (kleinste Serum-
men^e) = stark positiv.
b) Ausflockung im Röhrchen III (mittlere Serummenge)
= positiv.
c) Ausflockung im Röhrchen I oder II = schwach
positiv.
Stark positiv reagierten schwere Tbk.-FĂ€lle (exsudative,
kavernöse, ulzeröse, pneumonische Formen, einschlieĂ-
lich der 3 oben beschriebenen Daranyi sehen
Versager).
Positiv reagierten mittelschwere FÀlle (z. B. azinöse
Formen).
Schwach positiv reagierten leichte Hilustuberkulosen,
beginnende Spitzenkatarrhe und einige nicht tuberkulöse In-
fektionen.
Zwei tbk.-verdÀchtige Gravide reagierten schwach positiv
(Unterbrechung der GraviditÀt war daher nicht indiziert), die
ĂŒbrigen Graviden (ohne Tbk.-Verdacht) negativ.***)
Wir haben uns zur Veröffentlichung unserer Versuche,
die natĂŒrlich noch nicht als abgeschlossen gelten können und
fortgesetzt werden mĂŒssen, deshalb schon jetzt entschlossen,
weil wir ĂŒberzeugt davon sind, daĂ sie einen kleinen weiteren
Fortschritt auf dem vorerst noch schmalen, von Daranyi
zuerst beschrittenen Wege bedeuten.
Von gröĂter Wichtigkeit wird die Beantwortung folgen-
der Frage sein: Welche . positiv reagierenden Sera stammen
von aktiven Tuberkulosen, welche von anderen toxischen
Prozessen?
Tierversuche darĂŒber sind im Gange. Wir werden spĂ€-
ter davon berichten.
Augenheilkunde.
(Uebersicht aus dem 1. Halbjahr 1922.)
Von Prof. Dr. Junius-Bonn.
In einer Arbeit âRotgrĂŒnblindheit als Erb-
eigenschaft" zeichnet Ingolf S c h i ö t z (1) noch einmal in
besonders klarer Weise (nach einem Vortrag in Christi-
a n i a) die groĂen Linien der Vererbungsgesetze, wie wir sie
auf Grund der Erkenntnisse der letzten Jahre sehen. Die
RotgrĂŒnblindheit ist als Paradigma einer Erbeigenschaft vor-
zĂŒglich geeignet. Die tiefen Kenntnisse des Verf. ĂŒber den
Gegenstand, die er auf Grund des Studiums der Original-Mit-
teilungen aus der Weltliteratur und eigener reicher Er-
fahrungen, die in der Univ. - Augenklinik Christi-
a n i a gesammelt wurden, sich verschallte, machen ihn zu
einem besonders geeigneten Interpreten in dieser Frage. Auf
die Einzelheiten soll hier nicht eingegangen, nur der SchluĂ-
satz hervorgehoben werden, âdaĂ angeborene RotgrĂŒnblind-
heit immer und ausnahmslos als rezessiv-geschlechtsgebun-
dene Eigenschaft vererbt wird, und daĂ bis jetzt noch kei ti e
Ausnahme dieses unbeugsamen Prinzipes nachgewiesen ist."
Wer in einer lebhaften Schilderung sieh ĂŒber die âGene",
die Holle der Chrom osen bei der Vererbung, domi-
nante und rezessive E r 1> m e r k m a 1 e orientieren
will, Dinge, ĂŒber die in letzter Zeit viel geschrieben ist, die
aber doch vielleicht nicht jedem Praktiker gelÀufig wurden,
obgleich sie jetzt fĂŒr jede Disziplin von gröĂtem Interesse
sind und auch die Geschlechtsbestimmung uns in neuem
Licht sehen lassen, sei die Mitteilung des Verfassers,
Probleme kurz und klar darstellt, ganz besonders empfohlen,
***) Nach unserer Modifikation kommt es also im Gegensatz zur
Dar anyi sehen Methode nicht so sehr auf die Zeit der Ausflockung
nach dem Wasserbade an, wie auf den Grad der Serumver-
dĂŒnnung. Bei je stĂ€rkerer VerdĂŒnnung (IV und V) ein Fall aus-
flockt, um so schwerer ist er.
der immer an dem konkreten Fall der RotgrĂŒnblindheit diese
zumal sie an leicht zugÀnglicher Stelle veröffentlicht ist und
wohl auch Sonderabdrucke vom Verf. gern abgegeben werden.
Eine Mitteilung ĂŒber t r a u m a t i s c h e und nicht-
traumatische rezidivierende Epithel-
erkrankung de r Hornhaut veröffentlichte Sa -
lus(2)-Prag. (Nach einem Vortrag in der Deutschen
Ophthalm. Gesellschaft in der Tschechoslowakei er-
weiterte Mitteilung.)
Wie allgemein bekannt, kommt es nach Verletzung der
Cornea durch geringere Traumen nicht immer zur rest-
losen Wiederherstellung des normalen Zustandes, sondern es
bleibt Lockerung des HornhautgefĂŒges an der ehemals ver-
letzten Stelle zurĂŒck mit Neigung zu Entartung der Deck-
zellen und rezidivierender Erosion bei erneuter Einwirkung
von SchÀdigungen geringster, oft gar rÀcht genauer zu eru-
ierender Art, ein sehr lĂ€stiger Zustand, den der Arzt fĂŒr
die Praxis und Unfallbegutachtung kennen muĂ. Verf. weist
nun auf Grund von vier klinischen FĂ€llen eigener Beob-
achtung, welche seltene, in der Fachliteratur mitgeteilte ein-
schlÀgige Beobachtungen zu ergÀnzen geeignet scheinen, dar-
auf hin, daĂ es neben der traumatischen rezidivierenden
Erosion eine klinisch identische Erkrankung gibt, die ohne
vorangegangene LĂ€sion auftritt. Ihre Kennzeichen sind im
einzelnen: Lokalisation nach abwÀrts von der Hornhautmitte.
HĂ€ufig doppelseitiges Auftreten, dann symmetrische
Erkrankungsherde. Verlauf: Meist schwerer und langwieriger
als die traumatische Form. AnfÀlle mit Blasenbildung, die
bei letzterer selten sind, kommen hĂ€ufiger zur Beobachtung. â
Die Erkrankung ist in beiden Gruppen von FĂ€llen nach Verf.
als vasomotorisch-trophische Neurose des
Kornealepithels anzusehen. Das Trauma ist auch in der an
Verletzungen sich anschlieĂenden Gruppe von FĂ€llen nicht
Hauptursache, sondern nur das auslösende Moment
bei vorhandener vasomotorischer Uebererregbarkeit. â Bei
der traumatischen Form genĂŒgt meist die friedliche
Behandlung. Bei der spontanen Form ist operatives
Vorgehen zu empfehlen, wobei Abtragung des gesamten
Epithels bis zum Limbus und - Pinselung der frei-
gelegten Hornhaut mit Aqua chlori als wirksam sich
erwiesen hat.
Die Parazentese, d. h. die Ablassung des Inhaltes
der vorderen Augenkammer zu therapeutischen Zwecken ist
schon immer an geeigneter Stelle gern in der augenÀrztlichen
Praxis verwendet. Sie ist, aseptisch ausgefĂŒhrt, unschĂ€dlich,
wirkt wrohl im âumstimmenden" Sinne, wie manche andere
Heilmittel. G r u n e r t (3) (Bremen) will, nach Dar-
legungen auf der diesjÀhrigen Tagung der D. Ophthalm. Ges.,
das bisher sehr beschrÀnkte Anwendungsgebiet sehr erweitert
wissen, sprach ĂŒber ausgesprochene Parazentese kuren., die
er mit Erfolg durchfĂŒhrte, um die von ihm angenommene
therapeutische Wirkung: HyperÀmie des gesamten Augapfels
bis in die tiefsten Teile der Ader- und Netzhaut, auĂerdem
Anlockung von Schutzstoffen, auszunutzen. Nach G r u n e r t
eignen sich fast alle widerstrebenden Krankheiten des inneren
Auges zu dieser Behandlung. Es wurde das in der Aus-
sprache ĂŒber die Frage als zu optimistisch empfunden. Aber
der Wert der Mitteilung liegt wohl darin, auf den Heileffekt
des Verfahrens an sich hingewiesen zu haben. Die Methode
kann ĂŒberhaupt nur in der Hand des sehr erfahrenen Thera-
peuten mit Nutzen geĂŒbt werden. Die Kritik des wirklichen
Erfolges ist naturgemÀà schwer, z. B. fĂŒr die von anderer
Seile gemachte Mitteilung, daĂ man Tuberkulose der Iris
durch reichliche Parazentese allein (bis zu dreimal an einem
Tage!) zur Heilung bringen konnte. Es mag solche FĂ€lle
geben, sie beweisen aber nicht den Wert der Heilmethode,
bezeugen höchstens ihre UnschÀdlichkeit.
Das allgemeines Interesse verdienende Krankheitsbild der
Keratitis scrophulosa (phlyctaenulosa) i n -
terstitialis, welche bei der enormen Zunahme skrophu-
löser Krankheiten ĂŒberhaupt neuerdings an Bedeutung ge-
winnt, behandelt Kruse (4), Seine Mitteilung ĂŒber nekro-
tisierende PhlyktÀnen ist an dieser Stelle erwÀhnt.
40. Jahrg. â Nr. 37/38.
Junius: Augenheilkunde
(Diese Zeitschr. 1921, Nr. 24/25.) Tiefe Infiltrationen auch
der Hornhaut auf skrophulöser Grundlage sind natĂŒrlich seit
langer Zeit bekannt und beschrieben. Weniger1 gewĂŒrdigt
sind Infiltrationen auf dieser Grundlage, welche in der Tide
der Hornhaut heginnen, dauernd vollstĂ€ndig oder ĂŒber-
wiegend interstitiell bleiben und sieh im Gewebe zurĂŒck-
bilden können. In den LehrbĂŒchern ist bisher kaum ge-
nĂŒgend hierauf hingewiesen. Man sieht folgendes: Neben den
allbekannten skrophulösen AeuĂerungen einschlieĂlich ober-
flÀchlicher Keratitis und PhlyktÀnen bildet sich zuweilen
ganz tief in der Hornhaut, zentral oder exzentrisch ein In-
filtrat, welches bald deutlich gelb wird, schnell wÀchst, mit-
unter auch mit anderen gleichartigen Infiltraten zusammen-
flieĂt, ohne daĂ es dabei jedoch zur Einschmelzung der Horn-
haut kommt (was diagnostisch zu beachten ist!). Das Horn-
hautgewebe quillt aber auf. Man muĂ genau zusehen, um es
eben nicht mit einer Eiterung zu verwechseln, zumal ein
kleines Hypoyom in der vorderen Augenkammer vorhanden
sein kann. Der ProzeĂ kann sich rein interstitiell abspielen.
Es kann aber auch spÀt zu einer Lockerung und geringen
AbstoĂung des Epithels kommen. In jedem Falle ist der in-
dolente Charakter der ganzen Affektion auffÀllig und spricht
auch seinerseits gegen HornhautgeschwĂŒr. Vaskularisation
von der Peripherie her, âin Epaulettenfonm" pflegt einzusetzen,
aber auf die Peripherie beschrÀnkt zu bleibenj derweilen die
Infiltration in der Mitte wieder einschrumpft. Alles spielt sich
aber immerhin viel schneller ab, als bei der Keratitis paren-
chymaiosa (nur mit luetischen Prozessen im zeitlichen Ver-
lauf allenfalls vergleichbar!). Die ganzen Erscheinungen
können, so bedrohlich sie zunÀchst erscheinen, sich weit-
gehend zurĂŒckbilden, wenn entsprechende Behandlung lokal
und allgemein erfolgt. Aetiologisch sehen wir noch nicht
klar. Die Annahme, daĂ schuhweise vom Randschlingennetz
her Tuberkelbazillen in die Mitte der Hornhaut hineinge-
langen könnten, hat jedenfalls viele Schwierigkeiten gegen
sich. Um ein eigenbewegliches Virus kann es sich nach Auf-
fassung der Freiburger Univ. -Klinik (Prof. A x e n f e 1 d)
! nicht handeln. Analog erscheinende VerhÀltnisse bei der
Lepra können nicht zum Vergleich herangezogen werden. So-
lange der Begriff der Skrophulose noch hypothetisch ist, muĂ
die Deutung dieser eigenartigen Hornhautprozes.se eine offene
Frage bleiben.
BezĂŒglich der Pupillenphiinomene im epilep-
tischen Anfall ist eine Beobachtung von Herr-
in a n n (5) (D. psychiatr. Univ.-Klinik P r a g) bemerkenswert.
Er stellte â zunĂ€chst mit Sicherheit fĂŒr den rinden-epilepti-
schen Anfall â fest, daĂ der Eintritt der Pupillen-
> t a r r e n i c h t a .u f b e i d e n A u g e n g 1 e i c h z e i t i g er-
folgt, sondern, daĂ ein Auge dem anderen folgt. Ferner, daĂ
heim RĂŒckgang der Pupillenstarre auch ein ungleichzeitiges
Nachlasse^ eintritt. Die Erscheinungen waren deutlicher bei
Beginn als bei Nachlassen des epileptischen Anfalles. Bei
einem anderen Kranken wurde, nachdem nach abgeklungenem
Anfall das BewuĂtsein schon zurĂŒckgekehrt war, gleichzeitig
mit der Lichtstarre Fehlen der Konvergenzreaktion nachge-
wiesen. Auch die Konvergenzreaktion kehrte ungleichzeitig
wieder.
B i o 1 o g i s c h e D i a g ir o s e d e r g ö n o r r h o i s c h e n
Iritis, Bartels (6) (Dortmund) empfiehlt bei Àtiolo-
gisch-zweifelhaften FÀllen von Iritis eine intravenöse Injek-
tion von 0,1 bis 0,2 cem Arthigon. Er sah eine lokale Augen-
reaktion und hohes Fieber noch in FĂ€llen auftreten, bei denen
eine Gonorrhoe zum Teil Jahrzehnte zurĂŒcklag. Auch der
therapeutische Erfolg befriedigte.
Die K u t an i m p f u n g n a c h P o n n d o r f fĂŒr
augenÀrzlliche Zwecke fand 'in Rindfleisch (7) (Wei-
mar) einen neuen BefĂŒrworte]'. Vor der Versammlung der
Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft 1922 trug er vor,
daĂ er aus einem Skeptiker zu einem Freunde der Methode ge-
worden sei. Die Aussprache mit 350 AnhÀngern der Methode,
3 die sich in Weimar im November 1921 versammelten, veran-
laĂte ihn zur Aufnahme des Verfahrens. Die Erfolge waren
I gut. Skrophulose widerspenstige Lid-Bindehaul-Hornhaut-
entzĂŒndiungen bieten ein gĂŒnstiges Feld. Auch Keratitis
parenchymatös^ tuberkulösen Ursprunges, ferner gewisse
Iritiden und Chorioditiden (bei negativem Wassermann). Die
Moglichkeil der ambulanten Behandlung, die Gefahr-
losigkeit der Methode empfiehlt nach Verfasser die Anwen-
dung des Verfahrens fĂŒr den Praktiker. Eine geeignete Tech-
nik ist Vorbedingung jeden Erfolges.
In der Aussprache traten verschiedene erfahrene Prak-
tiker f ii r das Verfahren ein, insbesondere Francke-
Naumburg (frĂŒher Hamburg). Von anderer Seite (Engel-
brecht) wurde hervorgehoben, daĂ die Ponndorf-Methode
zwar im wissenschaftlichen Sinne ein ârohes" Verfahren dar-
stelle. Die Erfolge sind aber bei exsudativer Diathese und
Skrophulose bei Kindern besser als die mit den bisherigen
Behandlungsverfahren. Weniger gĂŒnstig sind die Ergebnisse
bei Erkrankungen der Uvea.
Jung (Köln) wies darauf hin, daĂ, wenn man die
Tuberkulösen vor einem Rezidiv schĂŒtzen will, jahrelang
das Tuberkulin in den Körper eingefĂŒhrt werden muĂ, wie
es Petrus chky in seinem Verfahren angegeben hat.
Dieses ist gewissermaĂen ein VorlĂ€ufer des Ponndorf-
Verfahrens. Das Mittel wird einfach in die Haut eingerieben.
Anfangsdosis: 1 : 100. Die PrÀparate sind von der Handels-
gesellschaft Deutscher Apotheker zu beziehen. Milchinjek-
tionen werden von anderen Praktikern bevorzugt. I g e r s -
heimer wies auf folgendes hin: Man kann den Organis-
mus nur dadurch schĂŒtzen, daĂ man ihn vorher tuberku-
lös macht. Das ist also ein zweischneidiges Schwert. Die
ImmunitĂ€tsverhĂ€ltnisse spielen eine groĂe Rolle.
Cords (Köln) empfahl unter gewissen Voraussetzungen
die Entfernung der Rachenmandel bei Skrophulösen.
Nowak (W i e n) teilte auf Grund der groĂen Erfahrun-
gen der Wiener 1. Univ. -Augenklinik mit, daĂ die Exstir-
pation zwar gĂŒnstig zu wirken scheint, aber nur in einem
Teil der FĂ€lle.
Alle Fragen der besten Behandlung der Augen-Skrophu-
lose bleiben demnach noch in FluĂ.
In diesem Zusammenhang werden auch die folgenden
Mitteilungen interessieren.
In der Berliner Univ. -Augenklinik wurden im Verlauf
von Wi Jahren 34 FĂ€lle verschiedener Formen der Augen-
tuberkulosc nach Friedmanns Vorschriften mit dessen
Mittel behandelt. Meisner (8) berichtete hierĂŒber vor der
Versammlung der I). Ophthalm. Ges. 1922 in Jena. Bei der
groĂen Verschiedenheit in der Schwere der Erkrankungen
und dem vielfach ĂŒber Jahre sich erstreckenden Verlauf der
Augentuberkulose, der die Beurteilung der Wirkung aller
Heilmittel erschwert, ist ein endgiltiges Urteil ĂŒber das
F r i e d m a n n - Mittel nicht abzugeben. Offenbare SchÀdi-
gungen wurden nicht gesehen. Von Vorteil gegenĂŒber der
Injektionskur mit Tuberkulinen anderer Art, die sich ĂŒber
Monate erstrecken muĂ, ist die einmalige Anwendung.
Trotzdem ist Verfasser geneigt, bei den Formen ch-roni-
s c h e r Uveitis und Sklerokeratitis die alte Behandlung vor-
zuziehen. (Alt- Tuberkulin). Dagegen hÀlt er bei ganz
Iiis c h e r knötchenförmiger Iritis und frischer Chorio-
ditis disseminata und bei den, der bisherigen Therapie
Irolzenien schweren Formen der konglobierten Iris- ;ni
Z i 1 i a r k ö r p e r - T u b e r k ulos e der Kinde r einen
Versuch mit dem F r i e d m a n n - Mittel fĂŒr gerechtfertigt.
Keinesfalls sollte aber auch hierbei die spezifische örtliche
und allgemein-physikalische Behandlung vernachlÀssigt
werden.
In der Aussprache wurde etwas wesentlich anderes zur
Sache nicht geltend gemacht.
Stock (9) (TĂŒbingen) hat die Untersuchungsergehnisse
von Kabel und Voflrath (Path. -Institut Jena), nach
denen Silizium einen gĂŒnstigen EinfluĂ auf die Tuber-
kulose zu haben scheint (bei Porzellanarbeitern in ThĂŒrin-
gen und auch bei Versuchstieren beobachtet!) als Grundlage
fĂŒr Versuche beim Menschen benutzt. Nachdem Tierversuche
ihm ergeben hatten, daà bei Kaninchen die tuberkulösen
Herde dadurch schneller eingekapselt zu werden scheinen,
570
Junius: Augenheilkunde
40. Jahrg. â Nr. 37/38.
wurde Silistren (ein Silizium-PrÀparat) auch bei Uveal-
tuberkulose des Menschen benutzt. Die Erfolge waren er-
mutigend. Sonnen- und andere Bestrahlungen und Tuber-
kulinkuren sind daneben voll durchzufĂŒhren.
GegenĂŒber der von unbefriedigten Therapeuten geĂ€uĂer-
ten Ansicht, daĂ Tuberkulin kein wirksames Mittel bei der
Augentuberkulose sei, faĂt Martin Görlitz (10) (Abt. f. âą
Augenkranke des M a r i e n - Krankenhauses Hamburg)
noch einmal in groĂen ZĂŒgen die dort geĂŒbte T u berku -
Ii n - Therapie zusammen, die ihm nicht mehr entbehr-
lich erscheint. Lieber 6 ' ausgesuchte lehrreiche klinische
FĂ€lle wird berichtet. G e s a m t - U r t e i 1 : Das Ziel unserer
Behandlung muĂ sein, eine Lokalreaktion zu erreichen, in der
die Vorbedingungen einer wirksamen Resorption der Krank-
heitsprodukle zu liegen scheinen. Diese soll sich aber höch-
stens Ă€uĂern in Zunahme der Injektion des Auges oder der
sichtharen EntzĂŒndungsprodukte, die in der Fortsetzung der
Kur nicht irre machen dĂŒrfen, denn sie sind oft gerade Vor-
lÀufer einer schnellen spÀteren Resorption. Nur stÀrkere All-
gemeinreaktion, welche zum Abbrechen der Kur zwingt, ist zu
vermeiden. Denn lange fortgesetzte, dem Individuum angepaĂte
Behandlung ist Vorbedingung des Erfolges. Die Heilwirkung
beruht nicht auf Immunisierung, sondern auf der Herd-
reaktion und seiner HyperÀmie (U h 1 e n h u t h 1922). Die
aus der Erfahrung wiedergegebenen Einzelvorschriften fĂŒr
die Behandlung, die aber fĂŒr Therapeuten lesensweit sind,
können hier nicht besprochen werden. Tuberkulinhehandlung
ist Heil k u n s t des einzelnen Arztes.
Die Kutanbehandlung nach Ponndorf wird als die
mildeste Tuberkulinkur gĂŒnstig fĂŒr geeignete FĂ€lle, d. h. die
bei gewöhnlicher Behandlung nicht ausheilenden
âs k r o p h u 1 ö s e n" Augenleiden beurteilt. Die Furcht, da-
mit unkontrollierbare Mengen von Tuberkulin in den Körper
zu bringen, wird nicht geteilt. Die Haut ist ein Haupt-
Immunisationsorgan (insbesondere auch nach den Ergeb-
nissen der Hamburg-Eppendorf er Forschungen).
Von den eigentlichen Tuberkulinen wird vom Verfasser die
Bazillenemulsion zurzeit bevorzugt, weil sie die ge-
ringsten Temperaturreaktionen hervorbringt, am stÀrksten zu
wirken und am meisten vor Rezidiven zu schĂŒtzen scheint.
Aber auch Alt- und Neu- Tuberkulin werden verwendet.
Ein Wechsel des Mittels ist hÀufig angezeigt. Alles kommt
auf den besonderen Fall und seine beste Erfassung an. Einen.
Fortschritt sieht Verfasser in der Kombination der
T u b e r k u 1 i n b. ehandlungmit d e r i n t r a v enösen
Anwendung von K r y s o 1 g a n (S c h n a u d i g 1). Es
scheint dem Tuberkulin neue AngriffsflĂ€chen zu schaffen. â
Negativer diagnostischer Ausfall der Tuberkulinreaktion be-
sagt nichts gegen die Natur des Augenleidens, wenn das
klinische Bild Anhaltspunkte dafĂŒr bietet, ebenso wie posi-
tiver Ausfall der diagnostischen Reaktion noch nicht besagt,
daĂ auch das Augenleiden tuberkulöser Art sein muĂ. Ge-
rade diagnostisch tuberkulin-n e g a t i v e FĂ€lle geben oft gute
Heilresultate. Die schwersten destruktiven FĂ€lle von Tuber-
kulose des Ziliarkörpers und der Sklera, bei denen Neigung
zum Durchbruch der BulbushĂŒllen und zu gröĂeren hyper-
plastischen Wucherungen besteht, bieten keine Aussicht fĂŒr
die Injektionsbehandlung. DaĂ aber Tuberkulin eines der
wertvollsten Mittel gegen die Augentuberkulose vieler Formen
ist, möchte Verfasser auf Grund reicher praktischer Erfahrun-
gen gegenĂŒber abweichenden Meinungen festgehalten wissen.
â Auch, diese Arbeit kann nur beim Studium des Originals
in ihrem Wert fĂŒr die Praxis erfaĂt werden. Sie enthĂ€lt
viele kleine, aber praktisch sehr wichtige Bemerkungen und
Hinweise.
Erfahrungen ĂŒber die Heilwirkung der Glas-
k ö r p c r a b s a u g u n g teilte Maria R o s e n s t e i n (11) mit.
Verfasser hat bei 42 infektiösen und nichtinfektiösen Glas-
körpertrĂŒbungen, die zuvor auf andere Weise vergeblich be-
handelt waren, nach der Methode von z u r N e d d e n den
Glaskörper abgesaugt. Bei allen Kranken besserte sich das
Sehvermögen erheblich. Der Glaskörper war immer ver-
flĂŒssigt, was die Absaugung erleichterte. SchĂ€dliche Folgen,
insbesondere Netzhautablösung wurden nicht beobachtet.
Nach jedem Eingriff war der Fundus des Auges stark hyperÀ-
misch. Diese HyperÀmie wird als ein Heilfaktor angesehen.
Zur Technik der Glaskörperabs augung
machte zur Nedden (12) selbst neuerdings noch einige
Mitteilungen. Menge: Bei Iridochorioidilis und spontanen
Glaskörperblutungen begnĂŒgt man sich zunĂ€chst mit 0,2 cem,
bei Ă€lteren TrĂŒbungen muĂ mehr entnommen werden, bis zu
0,7 als Höchstgrenze, im Mittel 0,5 ccm. Wiederholung der
Absaugung: frĂŒhestens nach drei Wochen. Bei Infektion des
Glaskörpers ist die Absaugung in kĂŒrzeren zeitlichen Ab-
stĂ€nden zu wiederholen. Kaliber der KanĂŒle: je nach' Be-*
schaffenheil des Falles. Am hĂ€ufigsten kommen KanĂŒlen von
0,6 â 0,7 mm Kaliber (doch auch dĂŒnnere bis zu 0,3 ccm) in
Betracht. Der direkte Einstich durch die Sklera soll die
Regel sein. Sklerals c h n i 1 1 e kommen nur im Ausnahme-
fall in Betracht (bei stark herabgesetzter Tension des Auges
zur Schonung von Aderhaut und Netzhaut). Bei Aphakie kann
man vom Hornhautlederhautrand aus durch das Pupillarge-
biet hindurch zum Glaskörper gelangen. â Bei Verwendung
dickerer KanĂŒlen muĂ ein kleiner Einstich mit der Lanze dem
Einstich vorausgesandt werden.
lieber einen Fall von d o p p e 1 s e i t i g e r N e u r i l i s
optica wÀhrend der Laktation mit tempo-
rĂ€rer Erblindung und gĂŒnstigem Ausgang
nach 1 1- 1 À g i g e r Amaurose berichtet R. Meiling-
hb ff (13) (GĂŒtersloh). Die FĂ€lle sind sehr selten. Es
handelte sich um eine 30-jahrige Frau (primipara). Etwa
acht Wochen nach der Geburt trat das Augenleiden auf. Die
wenigen bekanntgegebenen FÀlle werden zur Erörterung her-
angezogen. Es wird festgestellt, daĂ das von Groenouw
auf 29K Jahre berechnete Durchschnittsalter fast genau auf
den Fall paĂt, desgleichen die Bevorzugung der achten
Woche fĂŒr die Zeil des Auftretens der Krankheit. Von den
möglichen Ursachen war Rheuma, Tub., Lues auszuschlieĂen,
desgleichen Gehirntumor, Myelitis, multiple Sklerose. Es
bleiben nur schĂ€digende EinflĂŒsse bei der Laktation zur Er-
klĂ€rung ĂŒbrig, die in die Gruppe der endogenen, d. h. histio-
genen Auto-Intoxikationen hineingehören (EiweiĂzerfalls-
gifte), fĂŒr die der N. opticus besonders empfindlich zu sein
scheint. s , .â
Tuberkulöse Papillitis. Bartels (14) (D o r t-
m u n d) konnte fĂŒnf FĂ€lle von tui>erkulöser EntzĂŒndung des
Sehnervenkopfcs mit Blutungen und weiĂen Plaques beob-
achten (mehrfach doppelseitig). Die SehschÀrfe verfiel in
wenigen Tagen hochgradig, besserte sich aber unter Tuberku-
lin â und allgemeiner Behandlung in einigen Monaten
wieder bis fast zur Norm. Viermal entstand in der Macula -
gegend wÀhrend der Genesung eine typische Sternfigur bei
normal bleibendem Nierenbefund. Einmal entstand drei
Wochen nach der Papillitis eine tuberkulös« Iritis, die aber
mit der Papillitis ausheilte.
Auf der diesjÀhrigen Tagung der Deutschen Ophthalm.
Gesellschaft wurde von Greeff-Berlin (15) auch die
Frage der tabischen S e h n ervenatrophie und
i h r e B e h a n d 1 u n g erneut erörtert. Bekanntlich liegen die
Dinge in der Praxis so, daà man hÀufig ganz schnellen Verfall
des Sehvermögens auf einem bislang noch sehtĂŒchtigen Auge
erlebt. Wenn nun vorher mit Quecksilber, Salvarsan usw. be-
handelt wurde, so lag â , nicht nur fĂŒr den Patienten â die
Vermutung nahe, daà diese Behandlung geschÀdigt habe. Der
Grundsatz galt daher ziemlich allgemein: Bei tabischer Seh-
nervenschÀdigung keine Hg-Behandlung. Salvarsan mit
Vorsicht, möglichst nur JodprÀparate. Nun sieht man aber
auch denselben rapiden Verfall eines sehtĂŒchtigen Auges,
wenn keinerlei Behandlung vorausging.
Auf Grund mancher wissenschaftlichen Erfahrungen
trat auch Zweifel daran hervor, ob die Tabes wirklich Dege-
neration, Metasyphilis oder eine entzĂŒndliche SpirochĂ€ten-
Erkrankung darstellt. Der gegenwÀrtige Standpunkt erfahren-
ster Autoren ist wohl der, daĂ die FĂ€lle nicht einheitlich
liegen. Die Tatsache besteht, daĂ, was hier interessiert,
SpirochÀten in Chiasma und C. geniculatum gefunden sind.
Aber: Die SpirochÀten sind verschieden und auch die be-
iO. Jahrg. â Nr. 37/88.
.Inn ins: Augenheilkunde
r> ; i
troffenen Individuen. Degeneration geht wohl nebenher.
Praktisch liegt die Sachlage nun so: GroĂe Kliniken, haben
unbefriedigt von dein bisherigen Laufenlassen der Dinge, und
nicht beirrt von den oben erwĂ€hnten BefĂŒrchtungen, in g u t
ausgewÀhlten FÀllen, also vor allem bei Kranken, die nur
Erscheinungen am Sehnerv, sonst aber nichts erweislich
Krankhaftes am Körper erkennen lieĂen, Quecksilber und
Salvarsan wieder mit Vorsicht, aber doch mit der nötigen Kon-
sequenz angewendet. Die Krgebnis.se sprechen unbedingt da-
fĂŒr, daĂ eine aktive Therapie dieser Art bei einem Teil der
FĂ€lle am Platze ist. Voraussetzung fĂŒr den Praktiker sollte
sein, die Verantwortung mit einem erfahrenen Augenarzt zu
teilen und den Patienten ĂŒber das Risiko, aber auch ĂŒber die
möglieben Heilaussichten vor Beginn einer derartigen Be-
handlung zu informieren, und nur mit seinem EinverstÀnd-
nis zu verfahren.
Das Thema Sehnerv und Nasennebenhöhlen
war im letzten Jahre öfter Gegenstand der Aussprache in ge-
meinsamen Sitzungen der FachÀrzte beider in Betracht
kommenden Disziplinen in den angesehensten wissenschaft-
lichen Vereinigungen der Welt, also eine Frage des allge-
meinsten Interesse. Ks ist das schon im letzten Referat an die-
ser Stelle erwÀhnt. Prof. J. v a n derHoewe-Leiden (16)
(Holland), ein anerkannter Kenner der Materie gibt in einer
neuesten Mitteilung noch einmal eine Zusammenfassung
seiner Erfahrungen und des gesamten gegenwÀrtigen
Wissens. (Erweiterte Mitteilung nach einem Vortrag zur
Eröffnung der post graduate course for ophthalmology und
Oto-Laryngology in P h i 1 a d e 1 p h i a vom 19. Oktober 21.)
Die Arbeit, klar und kurz geschrieben, gibt jedem,' der Be-
hl innig darĂŒber wĂŒnscht, möglichst vollkommenen Auf-
schluĂ. Hier ist nur in Stichworten hervorzuheben, wie er
die Arbeit einteilt: 1. Diagnose der Sehnerven-
entzĂŒndung: AuĂer den ĂŒblichen, nicht zu verkennenden
Zeichen (Stauungspapille, Papillitis, Atrophie und Neuritis
refrobulbaris), die dem erfahrenen Okulisten natĂŒrlich keine
Schwierigkeiten machen können, kommen Gesichlsfeldstö-
i imgen verschiedener Art in Betracht, die atypisch und
vielgestaltig sein können (konzentrische EinschrÀnkung,
parazentrales Skotom, Ringskotom und als besonders ver-
dĂ€chtig Erscheinungen von Zentralskotom und VergröĂe-
rung des sog. blinden Fleckes). Die SchluĂfolgerung ergibt
sich aller vorerst noch: Der Augenarzt hat aus dem Augenbe-
fund allein keinen Angriffspcnkt, um die Ursache der
Neuritis retrobulbaris daraus zu bestimmen, d. h. von sich
ans eine Nebenhöhlenerkrankung als vorliegend zu erachten.
2. Di agnosederNeb e n h ö h 1 e n e r k r a n k u n g. Dan.
Mackenzie sagt (1920): Die Abwesenheit von jedem Symptom
einer Erkrankung innerhalb der Nase genĂŒgt nicht, um
Sinusitis von der Diagnose auszuschlieĂen. Verf., der diesen
Autor zitiert, schlieĂt sieh ihm an mit der SchluĂfolgerung:
Der Rhinologe kann nicht mit absoluter GewiĂheit bestim-
men, daĂ ein Patient keine Sinuserkrankung hat. 3. Z u -
s a m menhang zwischen Erkrankung des Seh-
nerven und der Nebenhöhlen: Nur wenige FÀlle
sind zur geeigneten Autopsie gekommen. Drei wichtige histo-
logische Befunde besitzen wir aber. Aus ihnen und den klini-
schen Erfahrungen wissen wir, daĂ die anatomische Dispo-
sition von groĂem EinfluĂ auf die Entstehung der Sehnerven-
erkrankung im Laufe einer NebenhöhlenafTektion werden
kann (Onodis Untersuchungen) ferner, daĂ eine kranke
Nebenhöhle den Sehnerv in Mitleidensehaft ziehen kann
durch direkte Fortleiturig der EntzĂŒndung, durch Druck,
ausgeĂŒbt durch die WĂ€nde der diktierten Höhlen, wohl auch
durch Toxine, Oedem, Stauung. â Wir mĂŒssen unterschei-
den: Reparable Sehnervenaffektionen, welche viele
Monate bestehen können. Toxisches Oedem, leichtere EntzĂŒn-
dung, Stauung, leichter Druck) und irreparable Seh-
BervenÀnderungen durch Degeneration und Atrophie' von
Sehnervenfasern, verursacht durch dieselben Noxen. â
I. B e b a n d 1 u ii g : Ist die âąNebenhöhlenerkrankung mani-
fest, so muĂ sie natĂŒrlich behandelt werden. Verf. rĂ€t seiner-
seits zunÀchst konservative Behandlung, nur nötigenfalls
Operation. Ist aber kein Zeichen fĂŒr Sinusiiis zu linden, so
sind zunĂ€chst multiple Sklerose (angeblich in 50 â 70 Proz.
Ursache von retrobulbÀrer Neuritis), Lues, Tuberkulose,
Diabetes, Rheumatismus u. a. nach Möglichkeit auszuschlie-
Ăen. Verf. steht dabei auf dem Standpunkt: So lange ein
Patienl nur eine Seh nerven af f ektion, sonst aber
keine auf multiple Sklerose verdÀchtigen Erscheinungen
aufweist, hat er fĂŒr das augenĂ€rztliche Urteil kei nc M. Ski.
Einen anderen Standpunkt einzunehmen, wÀre, wie manche
traurige klinische Erfahrung dem Okulisten zeigt, gefÀhrlich.
Alles ĂŒbrige muĂ in intimer Zusammenarbeit mit dem
Rhinologen vereinbart und unter Mitwissen des zu informie-
renden Patienten entschieden werden. Zu beachten ist dabei
die Erfahrung der Praxis: Oeffnung der Nebenhöhlen gibt
bisweilen, auch wenn keine Erkrankung der Nebenhöhlen
Schleimhaut gefunden wird, vorĂŒbergehende oder andauernde
Besserung des Sehnervenleidens. Ableitung durch Blutung
oder Aenderung des Lymphslromes sind dabei wohl wirkende
Ursachen, so daĂ der Eingriff wie eine Blutentziehung wirkt.
Zum SchluĂ wird eine interessante Betrachtung ĂŒber die
Skotome und den Faserverkauf im Sehnerven gegeben, auf
die aber aber hier nicht eingegangen werden kann.
Kortikale Erkrankung der SehsphÀrc nach Enze-
phalitis letharg" ica, also eine Lokalisation des
Krankheitsprozesses im Bereich der kortikalen SehsphÀre, ist
auffallend selten beobachtet trotz der sonstigen Mannigfaltig-
keit der Symptome. Es sind wohl nur fĂŒnf FĂ€lle von
Hemianopsie bei E. lethargica in der Literatur be-
richtet worden. A. J e Ă (17) (GieĂen), hatte Gelegenheit,
einen Fall von kortikaler Erblindung nach E. 1.
mit ungĂŒnstigem Ausgang zu sehen. Nach dem Befunde
mĂŒssen die Rindenbezirke der linken Pyramidenbahn oder
diese selbst und beide Occipitallappen vorzugsweis befallen
gewesen sein, eine nach den allgemeinen Erfahrungen höchst
ungewöhnliche Lokalisation. Die Einzelheiten des Falles
mĂŒĂten im Original eingesehen werden.
C. H. Sattler (18) (Königsberg) macht darauf
aufmerksam, daĂ bei Anwendung von Perhydrol-
I ö s u n g zur Blutstillung bei Operationen in
der Nachbarschaft des Auges Vorsicht geboten ist.
Wasserstoffsuperoxyd wird von den AugenÀrzten auch in ver-
schiedener Weise therapeutisch verwertet z. B. in 10-prozent.
Lösung auf widerstrebende oberflÀchliche Hornhautge-
schwĂŒre bestimmter Formen. Es wirkt Ă€tzend, vor allem auf
die kokainisierte Hornhaut, wie ein Operationserlebnis
zeigte und experimentelle Versuche an Kaninchen bestÀtigten.
â Die therapeutische Wirkung des Wasserstoffsuperoxydes,
die von manchen gerĂŒhmt wird, z. B. von Pagen Stecher
fĂŒr gewisse Formen der HornhautgeschwĂŒre u. a. bleibt bei
vorsichtiger Anwendung davon natĂŒrlich unberĂŒhrt.
Einen Fal von sog. fulminier ender Erblin-
dung, die bei einem Kinde in der TĂŒbinger Univ. Augen-
klinik beobachtet wurde, schildert Seheerer (19). Die
FÀlle sind sehr selten; A. v. GrÀfe hat das Krankheitsbild
âągezeichnet (1866), das aber auch heute noch wenig geklĂ€rt
ist. Es bandelt sieh um Folgendes: Vorwiegend Kinder
zwischen drei und acht Jahren erblinden innerhalb weniger
Stunden oder Tage völlig. Objektiv zeigen die Augen dann
weite lichtstarre Pupillen und eine alle Stadien der EntzĂŒn-
dung bis zur Stauungspupille darstellende Sehnervenscheibe,
seltener einen normalen Augenhintergrund. Jede Therapie
bleibt wirkungslos. Im Lauf von Wochen kehren aber Pu-
pillenreaktion und Sehvermögen wieder. Letzteres kann so-
gar normal werden, behÀlt aber meist SchÀdigungen des
peripheren oder zentralen Gesichtsfeldes. Auch endgiltige
Erblindung ist beobachtet. Ein neuer Fall dieser Art wurde
nun klinisch gesehen (3-j. Knabe). Das Bewerkenswerte an
dein Falle war, daĂ auĂer HintergrundsverĂ€nderungen (Un-
scharfe Pupillen, enge NetzhautgefĂ€Ăe, eigenartige tumor-
Ă€hnliche Bildung an der Netzhaut peripher) auch hintere
Synechien und flottierende GlaskörpertrĂŒbimgen bestanden.
â Nach fĂŒnf Tagen lösten sich die Synechien spontan, die
Pupillenreaktion kehrte wieder, die GlaskörperverÀnderungen
572
Junius: Augenheilkunde
40. Jahrg. â Nr. 37/38.
und die Netzhautbildung verschwanden. Nach zwei weiteren
Monaten waren auch die SehnervenverĂ€nderungen zurĂŒck-
gehildet und das Sehvermögen anscheinend wiederherge-
stellt. Die Ursache wurde nicht geklÀrt. Das Kind hatte
wegen blassen Aussehens und Wurmverdachtes ein Mittel, an-
scheinend Santonin, erhalten. Wurmeier (Askaris)
wurden auch im Stuhl gefunden. Es scheint aber doch kein
Medikamentschaden vorgelegen zu haben. Die allgemeine
Meinung geht dahin, daà in diesen FÀllen alltÀgliche Infek-
tionskrankheiten, auch solche des Darms mit der Folge von
Autointoxikationen, EinfluĂ auf Entstehung der, wie gesagt,
ganz seltenen Erkrankung der Augen haben mĂŒssen. FĂŒr die
Therapie sind daher MaĂnahmen zu empfehlen, die eine Ent-
giftung des Darmes und allgemeine Anregung des Stoffwech-
sels zum Zweck haben, darunter auch parenterale EiweiĂ-
Injektionen.
Ueber die Erfahrungen der Chirug. Station des Allg.
Krankenhauses St. Georg in Hamburg bezĂŒglich Tumoren,
Pseudotumoren und Fremdkörper der Orbita
Ă€uĂerte sich Ringel (20). Ueber vier lehrreiche FĂ€lle wird
eingehend berichtet: Einmal wurde durch schnelle Ent-
wicklung der Protrusio bulbi der dringende Verdacht auf
malignen Tumor erweckt. Bei der Operation ergab sich ein
kavernöses HÀmangiom. Es wurde volle Heilung
erzielt. Im zweiten Fall ergab sich an Stelle des vermuteten
Tumors ein Ostitis fibrosa der Slirnhöhlengegend, die
erfolgreich beseitigt wurde. In einem dritten Falle war eine
Pat. mit Kopfschmerzen, Ptosis, OculomotoriuslÀhmung er-
krankt. Dazu trat Protrusio b'ulbi und Abnahme des Sehver-
mögens. Das Röntgenbild lieà einen geringen Schatten in der
oberen inneren Orbita erkennen. Eine Operation wurde
wegen Verdachtes auf retrobul b À r e n Tumor vorge-
nommen, eine Geschwulst aber nicht gefunden. Alle Er-
scheinungen gingen spĂ€ter zurĂŒck. Die Ptosis wurde durch
einen besonderen Eingriff beseitigt. Es handelte sich um einen
der seltenen FĂ€lle von Pseudotumor, die der chirurgi-
schen Beachtung empfohlen werden. Der vierte Fall bietet
nichts hier ErwÀhnenswertes. Aus allen Erfahrungen geht
aber hervor, daĂ der EntschluĂ zu einem frĂŒhzeitigen opera-
tiven Eingriff (Operation nach Krönlein) fast immer ge-
rechtfertigt ist. Vor allem sollte man mit Strahlenbehandlung
keine Zeit versÀumen.
Das Thema: Pathogenese und Behandlung der
Sehstörungen nach Blutverlusten behandelte
A. Terson (21) ausfĂŒhrlich in einem Bericht fĂŒr die Pa-
r i s e r Ophthalmologische Gesellschaft. Hier soll nur auf
einige Leitgedanken des Verfassers eingegangen werden: Die
Seltenheit der Beobachtung von Erblindung nach Blutver-
lust im Weltkriege, die öfter zu beobachtende Einseitigkeit
der Erblindung, die verschiedenen Formen der SchÀdigung
des Sehorgans und die Gesamtheit der klinischen Beobach-
tungen weisen nach Verf. darauf hin, daĂ Blutleere allein
das Krankheitsbild nicht zu erklÀren vermag, wie sehr auch
die retinale IschÀmie im Vordergrunde stehen mag. Denn
weder das Sinken des Blutdruckes im allgemeinen, noch des "
Druckes in den Netzhautarterien, noch die zuweilen vorhan-
dene VerÀnderung des Blutbildes weichen in diesen FÀllen
von Sehstörung von dem Befunde ab, den man auch sonst
nach groĂen Blutverlusten sieht, ohne daĂ eine Sehstörung
eintritt. Es ist daher auch an die Mitwirkung toxischer Mo-
mente und einer persönlichen Ursache (= Disposition) zu
denken. Die gleichzeitig vorhandene Steigerung der Körper-
wÀrme gibt vielleicht einen Fingerzeig nach dieser Richtung
hin. Es muĂ auch auffallen, daĂ gerade Blutungen in den
Darm und die groĂen Körperhöhlen öfter Sehstörungen zur
Folge haben. Resorption von zerfallendem BluteiweiĂ ist
dabei leichter verstÀndlich, als nach Blutung aus den Ex-
tremitÀten.
Eine Autointoxikation wie beim anaphylaktischen
Sc hock ist denkbar, zumal die Erblindung in vielen FĂ€llen
( ist Tage oder Wochen nach dem Blutverlust einsetzt. Oef-
lere Wiederholung der Blutung, wenn auch in weniger groĂer
Menge, schadet erfahrungsgemÀà mehr als einmaliger starker
Blutverlust. HÀufigster Termin des Eintrittes der Sehstörung
zwischen 3. und 16. Tag.
FĂŒr die Behandlung werden empfohlen: Bluttransfu-
sionen oder reichliche Serumeinspritzungen subkutan. Ter-
son faĂte das Ergebnis der Aussprache in einem SchluĂwort
zusammen: Die IschĂ€mie der GefĂ€Ăe am Augenhintergrund
kann nicht die einzige Ursache in der Pathogenese der in
Frage kommenden Affektion sein. Weitere Forschungen
sind erforderlich.*)
Die âVerkupferung" des Auges. HierĂŒber sam-
melte A. J e s s (22) (GieĂen) Erfahrungen. Erst der Krieg
hat derartige VerÀnderungen hÀufiger werden lassen. Die
deletÀre Wirkung von reinem Kupfer im Auge ist allgemein
bekannt. Verletzungen durch KupferhĂŒtchen im Frieden,
wie sie namentlich auch bei Kindern vorkamen, die unvor-
sichtig spielten, fĂŒhrten meist zum Verlust des betroffenen
Auges, waren jedenfalls auch bezgl. Erregung von sympathi-
scher EntzĂŒndung des zweiten Auges mit besonderer Vorsicht
von vornherein zu beurteilen. In der Kriegszeit sind nun
aus Rohstoffmangel und anderen GrĂŒnden hĂ€ufig messing-
artige Legierungen des Kupfers zu GranatzĂŒndern, ZĂŒnd-
kapseln von Handgranaten und Minen verwendet worden.
Die Wirkungen von abspringenden kleinsten Kupfersplitter -
chen dieser Art, die, oft kaum l>eachtet, ins Augemnnere
gelangten, ist milder; die Verletzungen erschienen zunÀc hst
harmlos. J e s s weist nun aber nach, daĂ derartige Augen
zwar viel langsamer, aber doch ziemlich sicher spÀt zu
Grunde zu gehen pflegen (durch innere EntzĂŒndung, TrĂŒbung
des Glaskörpers usw.). Jede Verletzung auch dieser Art ist
also vom Arzt als ernst zu beurteilen und dem Okulisten
zuzufĂŒhren. Das Auftreten von einer sc hillernden Erscheinung
an der Linse, grau-grĂŒne sonnenblumartige TrĂŒbung,
die im auffallenden Licht zuweilen sichtbar wird, wird als
ziemlich sicheres Zeichen der Anwesenheit von Kupfer im
Augeninnern gewertet. Sie darf aber nicht abgewartet wer-
den, wenn andere Anhaltspunkte fĂŒr die Möglichkeit einer
Kupferverletzung des Auges schon sprechen. Operative frĂŒhe
Behandlung kann in Betracht kommen.
Diese Art von Scheinkatarakt, d. h. eine nur bei "seitlicher
Beleuchtung des Auges sichtbare zentrale, in diesem Falle
blau-graue TrĂŒbung der Linse (Linse bei Durchleuchtung
voll - sonnenblumartige vollkommen klar!) hat ge-
legentlich auch noch eine andere Bedeutung. Stoffwechsel -
Störungen der Linse liegen aber immer zugrunde. S i e m e r-
1 i n g und O 1 o f f (23) berichteten neuerlich ĂŒber einen Fall
von sog. Pseudosklerose (nach C. W e s t p h a 1 -
StrĂŒmpell) und doppelseitiger Scheinkatarakt, die der
nach Verletzung durch Kupfersplitter Àhnlic h aussah. Diese
Krankheit, frĂŒher als Neurose aufgefaĂt, ist wahrscheinlich
als eine juvenile Lebercirrhose aus noch unbe-
kannter Ursache aufzufassen. Es besteht dabei eine RĂŒck-
wirkung auf bestimmte Teile des Zentralnervensystems und
einige Abschnitte des Sehapparates. Bisher war nur eine
Hornhau tverĂ€nderung beobachtet (brĂ€unlich-grĂŒne, ring-
förmige TrĂŒbung in den tiefsten Schichten der Cornea â sog.
Fleischerscher Ring), zu dem nun in einem neubeob-
achteten Falle die LinsenverÀnderung (doppelseitig!) hinzu-
kam. Beide Symptome sind diagnostisch wichtige kleine
Zeichen.
Das eigentĂŒmliche Krankheitsbild der L o c h b i 1 d u n g
an der Stelle des feinsten Sehens in der Macula der
Netzhaut durch Traumen von auĂen her, ist den Fach-
Àrzten bekannt und infolge der Kriegstraumen hÀufiger be-
obachtet, als in Friedenszeiten, wo es eine RaritÀt darstellte.
Hier interessiert, daĂ ein chinesischer Arzt T. M. L i (24), von
der Medizin-Schule in Peking) einen bisher einzigartigen
Fall d o p p e lseitiger Erkrankung dieser Art durch eine
*) FĂŒr deutsche Leser wird es erwĂŒnscht sein, bei diesem
AnlaĂ auf die beiden bedeutendsten Arbeiten der letzten Jahre
/um Thema aus unserem Lande hinzuweisen: Die Abhandlungen
von Frdr. Pincus (1919) und M. Görlitz (1920), welche die
gleichen Fragen auf Grund klinischer Erfahrungen und patholo-
gisch-anatomischer Befunde eingehend behandelt und auch neue
Gesichtspunkte geltend gemacht haben.
10. Jahrg. â Nr. 37/38.
S t a n (1 e a t' r :i g e n und soziale M e di z i n
Verletzung beobachten konnte. Es handelte sich um einen
Soldaten, der beim FuĂballspiel vom Bai] gerade ins Gesicht
mit groĂer Gewali getroffen wurde. Die besondere Gesichts-
bildung der Chinesen (flache Nase, leicht vorstehende AugenÀ
niedriger Knochenrand in der Gegend der Augenbrauen), be-
gĂŒnstigte wohl das Zustandekommen der eigenartigen SchĂ€di-
gung, die allemal eine starke SchÀdigung des zentralen Seh-
vermögens zur Folge hat. Es gibt auch spontan entstandene
KrankheitsfÀlle dieser Art, die aber nur die FachÀrzte inter-
essieren.*)
Einen Vorschlag zur Behandlung der bei SchĂŒlern nicht
ganz seltenen Verletzung der Augen mit Tinte
(meist durch Einspielten einer tintengefĂŒllten Schreibfeder)
macht A. Bourgeois (25). Da Ausschabung nicht zum
Ziel fĂŒhrte, versuchte er, nach dem Vorbild der WĂ€schereien
Eau de Javel zum Entfernen von Tintenflecken aus Stoffen
zu benutzen, dieses Mittel auch am Auge (Hornhaut). Bei '
sehr vorsichtiger örtlicher Anwendung war die Beaktion nicht
groĂ, die Umgebung wurde nicht unerwĂŒnscht mitgeĂ€tzt.
Der Erfolg bezgl. Entfernung des Tintenstriches war ein voller.
Zur Frage der SchÀdigung des Auges durch
Methylalkohol berichtete Schieck (26) (Halle)
ĂŒber drei neue lehrreiche klinische Beobachtungen. Bemer-
kenswert sind die allgemeinen Erörterungen, die er daran
knĂŒpft. Allgemein bekannt sind einzelne VergiftungsfĂ€lle
geworden, z.B. die Massenvergiftungen im Berliner
Asyl fĂŒr Obdachlose in der Weihnachtswoche 1911 und ein
Vorfall im Kriege, bei dem 200 Soldaten diesen Alkohol als
Schnaps getrunken hatten, aber nur 50 davon erkrankten.
Bekannt ist ferner aus verschiedenen LĂ€ndern, daĂ in ein-
zelnen Gegenden die Bewohner regelmĂ€Ăig reinen Holzgeist
zu trinken pflegen, aber nur BauschzustÀnde wie nach Methyl-
alkohol davontragen, ohne SchÀdigung des Sehorgans. Die
Wirkung ist uns also noch rÀtselhaft. Von den ErklÀrungs-
möglichkeiten kommt insbesondere in Betracht: Nach
Schmiedeberg liegt die Vergiftungsgefahr nicht in der
Besorption des Methylalkohols selbst, sondern in der Amei-
sensÀure, die bei der Oxydation des M. A. entsteht und
unter UmstÀnden lÀngere Zeit als solche im Körper verbleibt.
(Mit dem 4. Tage erscheinen nach M. A. -Vergiftung gröĂere
Mengen AmeisensÀure im Harn. Die Ausscheidung hÀlt einige
Zeit an.) Die auffallenden Unterschiede in der Wirkung des
. Giftes werden möglicherweise verstÀndlicherer durch eine
Differenz in der Verdauung des M. A. und durch das ver-
schieden lange Verweilen der AmeisensÀure im Körper (z. B.
Trinker, elende Personen). Damit wĂŒrde die immer wieder
gemachte Erfahrung in Einklang stehen, daĂ die verderbliche
Wirkung fĂŒr das Sehorgan selten schnell nach dem GenĂŒsse
eintritt, meistens in SchĂŒben nach Tagen oder Wochen.
Warum nun gerade Sehnerv und Netzhaut befallen werden,
ist verstÀndlicher. Wenn auch im groben die SchÀdigung
(ies Sehnervenstammes auffÀllig wird, so sprechen doch
klinische Zeichen dafĂŒr, daĂ das zur Makula fĂŒhrende Seh-
nervenbĂŒndel und der ganze Aufnahmeapparat in der Netz-
haut zuerst und hauptsÀchlich befallen werden. Dieses sind
die Teile, welche funktionell am meisten in Anspruch ge-
nommen werden, daher den gröĂten Stoff umsatz haben und
nach der Edingerschen Aufbrauchtheorie am meisten ver-
letzlich sind. F. Schanz hat noch ein anderes Moment
hervorgehoben. Er glaubte nachweisen zu können, daà der
Methylalkohol erst auf dem Umwege der erhöhten âSensibi-
lisierung" der Netzhautelemente gegen Licht zur Wirkung
kommt und durch eine Art Ueberblendung diese feinen Ele-
mente zum Erliegen bringe. Tatsache der klinischen Beob-
achtung ist es auch fĂŒr S c h i e c k , daĂ sehr auffĂ€lligerweise
diese am Sehnerv geschĂ€digten Kranken 'stark ĂŒber Blen-
dungserscheinungen klagen, obgleich sie schwachsichtig
sind. In jedem Fall scheint es ihm empfehlenswert, das be-
*) FĂ€lle von doppelter Lochbildung spontanen Ur-
sprunges sind mehrfach berichtet. Vgl. W. Reis, Zur Aetio-
I o gi e u n (I (; e n e s c d er L o c h b i 1 d u n g i n d e r M a c n 1 a
lutea. Zeilschr. f. Aughkd. 15. 191(1 und Th. Leber: Zer-
reiĂungen und Lochbildungen in der Netzhaut.
Handbuch der ges. Augenhkd., 2. Auflage, 1916. (Bd. VII, 2 HĂ€lfte.)
troffene Auge mit Laicht abschl uĂ zu behandeln, was
auch fĂŒr verminderten Aulbrauch von Stoffen, die zur Funktion
nötig sind, nur gĂŒnstig wirken kann. Von L u m b a I p u n k-
t i o n e n wie sie Z e t h el i u s und W c r s e n**) sowie Frdr.
P i n k n s aus anderen Erfahrungen heraus empfohlen haben,
verspricht sich Verfasser keinen wirksamen Erfolg.
Standesfragen und soziale Medizin.
Wirtschafts- und Medizinalstatistik.
Dem Hefte Nr. 10 der vom Statistischen Redchsamt heraus-
gegebenen Zeitschrift âWirtschaft und Statistik" entnehmen wir
einige den Mediziner interessierende Angaben. Der Lebenshal-
lungskostenindex ist von August 1921 bis April 1922, wenn man den
Index fĂŒr 1913/1914 mit 100 annimmt, gestiegen vonl 1045 auf 3175,
d.h. etwa auf das 3fache. Der amtliche Brotpreis in Berlin ist
von August 1921 bis April 1922 von 366 (Pf. f. 1 kg) gestiegen auf
760, d.h. auf etwas mehr als das Doppelte. In Nr. 24/25 d. Z.
hatten wir gegenĂŒber dem BeschluĂ der Leipziger Aerzte, den
Brotpreis als Zuschlagsindex zu verwerten, vor diesem Index ge-
warnt, weil der Brotpreis nicht selten durch behördliche MaĂ-
nahmen beeinfluĂt ist. Die obigen Angaben beweisen, daĂ unsere
Warnung nicht unberechtigt ist, denn der, Brotpreisindex verlÀuft
nicht parallel zu dem Lebenshaltungsindex.
Die Geburtenziffer der deutschen GroĂstĂ€dte im ersten Viertel-
jahr 1922 weist eine Verminderung von 2,4 v. H. der Bevölkerung
gegenĂŒber der gleichen Zeit des Vorjahres nach. Immerhin ist
sie nicht geringer als die der beiden letzten Monate des Jahres
1921. Die Sterbezahl in dem gleichen Zeitraum war groĂen
Schwankungen unterworfen. Sie betrug im Durchschnitt 16,9
v. H. gegen das Vorjahr, eine Zunahme von 2,7. Leider ist die
Statistik der Todesursachen nichts weniger als einwandfrei
Denn wenn z. B. die Sterbetafel einzelne Abteilungen ĂŒber Tuber-
kulose, LungenentzĂŒndung, Influenza und Krankheiten der
Atmungsorgane enthÀlt, so weià jeder Mediziner, daà er mit einer
solchen Differenzierung nichts anfangen kann. Ebenso fraglich
sind die Versuche der hohen Sterblichkeit zu erklÀren. Es mutet
nicht genĂŒgend wissenschaftlich an, die Vorkommnisse vorzugs-
weise auf die TemperaturverhÀltnisse zu beziehen. Wissen wir
doch, welchen EinfluĂ auf die Sterblichkeit nicht nur Epidemien,
wie z. B. .Influenza, an sich, sondern auch die Art ihres Auf-
tretens, Komplikationen und Nachkrankheiten ausĂŒben.
Alexander.
Die Wahlen zur Aerztekammer.
Die Neuwahlen fĂŒr die preuĂischen Aerztekammern werden
den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend, Anfang Novem-
ber in allen Teilen des preuĂischen Staates vor sich gehen. Der
vorgeschriebene, dreijÀhrige Turnus ist nur einmal wÀhrend des
Krieges unterbrochen worden; die Neuwahlen werden sich dies-
mal unter leider verÀnderten VerhÀltnissen vollziehen. Sie
fallen naturgemÀà aus in allen abgetretenen Gebieten, die, es sei
nur an Danzig, Oberschlesien, Posen und WestpreuĂen erinnert,
eine Reihe hervorragender Kollegen zur Mitarbeit entsandt haben.
Auch eine anderweitige Gruppierung hat sich infolgedessen mehr-
fach als notwendig erwiesen. Einen kleinen Zuwachs haben wir
dadurch zu verzeichnen, daĂ der Gebietsteil von Pyrmont an
PreuĂen gefallen ist. Er ist dem Wahlbezirke Hannover zuge-
teilt worden. In Berlin haben die Vorbereitungen zur Wahl be-
gonnen. Aller Voraussicht nach werden die örtlichen Standes*
Organisationen und die Gruppe der Standesvereine sich auf eine
gemeinsame Wahlliste einigen. Alexander.
Bewertung von Ă€rztlicher und VerwaltungstĂ€tigkeit fĂŒr
Krankenkassen.
In einem Aufsatz der Berliner Aerztekorrespondenz Nr. 17
gibt Herr Dr. Th ei 1 h a b e r eine dankenswerte Zusammen-
stellung der Ausgaben fĂŒr Ă€rztliche Behandlung und fĂŒr Verwal-
tungszwecke an der Hand des Rechnungsabschlusses der Allge-
meinen Ortskrankenkasse Berlin. Diese Kasse ist eine der
gröĂten und bestfundierten Kassen Deutschlands und kann den
Anspruch einer sorgsamen FĂŒhrung ihrer GeschĂ€fte erheben.
Folgende Daten erscheinen fĂŒr unsere Zwecke besonders wert-
voll. Auf die Mitglieder berechnet stellt sich
**) Vgl. diese Zeil schrill 1921 Nr. 24/25, Referat ĂŒber Augen-
heilkunde.
Ans den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 37/38.
1916 1919 1920
der Beitrag auf âą 51,3 100 240 M.
die Ausgabe fĂŒr die Aerzte auf 5,4 10,7 28,6 M.
die Ausgabe fĂŒr Krankengeld 13,4 35,6 88,0 M.
die Ausgabe fĂŒr persönliche Verwaltungen 5,5 14,01 31,8 M.
Daraus ergibt sich, daĂ die Kosten fĂŒr die Aerzte nicht im
VerhÀltnis zu den persönlichen Verwaltungskosten gewachsen
sind. Die nackten Zahlen beleuchten aber die Situation noch nicht
einmal genĂŒgend, denn die Vergleichsobjekte sind keineswegs
kommensurabel. Einmal gehört die TÀtigkeit der Aerzte durch-
weg zu den höheren Dienstleistungen), wĂ€hrend dies fĂŒr die Ver-
waltungsbeamten in viel geringerem MaĂe zutrifft. Sodann sind
die Ă€rztlichen VergĂŒtungen von jeher unter dem Existenzniveau
bemessen gewesen, was bei den Beamten nicht der Fall war. So-
dann sind vorn den Ă€rztlichen Einnahmen mindestens 25 â 30 %
Werbungskosten in Abzug zu bringen, die bei den Beamten so gut
wie ganz fortfallen. Und endlich kommen die persönlichen Vor
teile der Beamten, die in Begrenzung der Arbeitszeit, Urlaubs -
gewÀhrung, Vorsorge gegen Krankheit und InvaliditÀt bestehen,
in Frage, die dem Kassenarzt nicht gewÀhrleistet sind. Man sollte
meinen, daà die KassenvorstÀnde, wenn man ihnen an der Hand
ihrer eigenen Zahlen einen Spiegel vorhÀlt, sich den Argumenten
fĂŒr eine auĂergewöhnliche Erhöhung der Ă€rztlichen Honorare
nicht verschlieĂen können. Alexander.
Die GrĂŒndung von PraktikerverbĂ€nden.
Die Bildung fachÀrztlicher Vereinigungen und die Feststel-
lung von Richtlinien fĂŒr die Bezeichnung als Facharzt ist in
erster Linie die Folg© der VertrÀge der Kassen mit den Àrzt-
lichen Organisationen. Es war notwendig hier Klarheit zu
schaffen und einem MiĂbrauch vorzubeugen, der fĂŒr Kranke,
Kassen, aber auch fĂŒr die Gesamtheit des Standes einwurzeln
konnte. Neben diesen BedĂŒrfnissen haben auch unsere wirtschaft-
lichen Gesichtspunkte gemeinsame BerĂŒhrungsflĂ€chen, so Ein-
kauf, Verkehrsfragen, GebĂŒhrenordnung. Nicht in Frage kam
das kollegiale oder wissenschaftliche VerhÀltnis zu den Prak-
tikern, denn hier muĂten hĂŒben wie drĂŒben; die gleichen Richt-
linien gelten. Im allgemeinen sind diese Scheidungsgrenzen
innegehalten worden und um sie nicht zu vertiefen, waren die
Ă€rztlichen wirtschaftlichen Organisationen bemĂŒht, die Fachver-
einigungen als Gruppen in die Organisation einzugliedern und sie
von einer selbstÀndigen BetÀtigung ihrer Interessen möglichts fern
zu halten. Wo dies gelungen ist, arbeiten Praktiker und Fach-
arzt Hand in Hand und betÀtigen sich dieselben an den
gegenseitigen Interessen. Wo es aber nicht gelungen ist, machle
sich recht bald ein Widerstreit der kollegialen Interessen be-
merkbar. Besonders in Orten, in denen die Organisation ihren
Sitz nicht hatte oder wohin ihr EinfluĂ nicht reicht, ist das
gegenseitige VerhĂ€ltnis nicht immer ideal und fĂŒhrt zu Hand-
lungen unlauteren Wettbewerbes. Abgesehen von der Fach-
gruppierung ĂŒberhaupt haben gerade diese Vorkommnisse zu
dem Rufe nach Bildung von PraktikerverbĂ€nden gefĂŒhrt. Wird
diesem Rufe Folge geleistet, so kann die Folge nur die einer
Oppositionsstellung gegen die Fachkollegen sein, und dann wÀren
wir glĂŒcklich wieder zu der Zerrissenheit gelangt, die uns Jahr-
zehnte lang verhindert hat, die gemeinsamen Interessen nach
auĂen zu vertreten. Dies kann nur eine einzige Organisation.
Wenn sie richtig geleitet ist, muĂ sie imstande sein, den BedĂŒrf-
nissen der Praktiker und Fachgenossen in gleicher Weise ge-
recht zu werden. Jede itio in parten erweitert die Kluft, anstatt
sie einzuebben. Deshalb wÀre es wohl getan, wenn die Kollegen
dem Rufe nach PraktikerverbÀnden keine Folge leisten, sondern
sich bemĂŒhen, die Fachvereinigungen, wenn sie SeitensprĂŒnge
machen, auf den richtigen Weg zu leiten.
Alexander.
Zusammenarbeit der Gemeinden und der VersicherungstrÀger
in der sozialen Hygiene.
An dem Beispiele Kölns erörtert Prof. Krautwig in der Zeit-
schrift fĂŒr soziale Hygiene vom April 1922, in welcher Weise eine
planmĂ€Ăige Zusammenarbeit der interessierten öffentlichen Kor-
porationen erfolgen kann. An der Arbeitsgemeinschaft beteiligt
sind die Landesversicherungsanstalt der Rheinprovinz, die Kran-
kenkassen und das stÀdtische Gesundheitsamt von Köln. Ein
seit lange bestehender Verein, der âVerein zur Verpflegung Ge-
nesender" verrichtet mit Hilfe des stÀdtischen Gesundheitsamts
und der L. V. A. C. fĂŒrsorgeĂ€rztliohe Bezirke fĂŒr Lungenkranke,
die ĂŒber 60 FĂŒrsorgerinnen verfĂŒgen. Die L. V. A. erkennt das
Kölner GesundheitsfĂŒrsorgeamt als Nachuntersuchungsstellc an.
Die NachprĂŒfung erfolgt dĂŒrch die StadtĂ€rzte des Amtes. Die
BĂŒros der beteiligten Korporationen grenzen aneinander, so daĂ
die schnelle Abfertigung möglich ist. Durch finanzielle Unter-
stĂŒtzung seitens der Stadt ist dem Verein auch die FĂŒrsorge fĂŒr
nichtversicherte Bevölkerungskreise, fĂŒr den kleinen Mittelstand
ĂŒbertragen. Ein zweites gemeinsames Gebiet umfaĂt die Kinder-
hilfe. Diese wird erreicht zum gröĂten Teil durch den Ausbau
der Familienversicherung seitens der Krankenkassen. Auch hier
wird fĂŒr die Mitbeteiligung nicht versicherter Familien durch
stÀdtische Beihilfe Sorge getragen. In Betracht kommt Schul-
speisung und die Entsendung in lÀndliche ErholungsheilstÀtten
fĂŒr Schulkinder, die durch die SchulĂ€rzte vermittelt werden und
die Zuwendung von Milch und StÀrkungsmitteln an Kleinkinder
unter Mitwirkung der KassenÀrzte.
Hier ist eine groĂzĂŒgige Arbeitsgemeinschaft auf dem Ge-
biete der öffentlichen FĂŒrsorge durchgefĂŒhrt, die durch ihre
praktische Handhabung unbedingt Nutzen stiften muĂ. wenn sie
vereinheitlicht gleichartige, bisher gesondert gefĂŒhrte Einrich-
tungen und bedingt hierdurch Ersparung von Kosten und gerechte
Verwendung der Mittel. Besonders anzuerkennen und zu loben
ist, daà der Staat, Stadt und öffentlich-rechtliche Einrichtungen
um des groĂen Zieles wegen von ihren Gerechtsamen opfern
und die BĂŒrokratie aus der Verwaltung verschwindet. Man sollte
annehmen, daĂ dieser Versuch auch anderweitig durchgefĂŒhrt
werden könnte, wie â ja wenn die Eigenbrödelei zu Grabe ge-
tragen wird. Wichtig wÀre dann noch die Beteiligung von Ein-
richtungen der freien LiebestÀtigkeit. Ob es je gelingen wird,
eine solche Arbeitsgemeinschaft, wie es geplant ist, gesetzlich
festzulegen, steht dahin, durchfĂŒhrbar ist sie mit und ohne Gesetz.
Alexander.
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften
Klinische Wochenschrift, Berlin.
6. Mai 1922, 1, Nr. 19.
Neue Untersuchungen ĂŒber IsohĂ€magglutinine. V e r % & r. 929.
Deir derzeitige Stand der Vitaminlehre mit besonderer BerĂŒcksichtigung ihrer
Bedeutung fĂŒr die klinische Medizin. Stepp. 931.
Beziehungen der Influenzaagglutinine zur Klinik der Grippe. Gott-
schalk. 935.
Dit'ferentialdiagnose der Lungentuberkulose vermittels der Bestimmung der
Sedimentierzeit der Erythrocyten. GrÀfe. 937.
EinfluĂ der Kollapstherapie der Lungentuberkulose auf Form und Wachstum
des Thorax.. U h v c r r i c h t. 938.
^Mechanische Behandlung der Rachitis. Frosch. 940.
Mikrocapillarbeobachtungen ĂŒber die Wirkung einiger GefĂ€Bmittel. M o o g
und»A m b r o s i u s. 944.
Die Sauerstoffzehrung der roten Blutkörperchen dei Graviden. D ehec k e\
und R ĂŒ b e r g. 947. ;
Intrakardiale Injektion. Herlitzka. 949,
Doppelimmunisierung mit Euglobulin und Albumin (dargestellt aus demsel-
ben Blutserum). D o e r r und B e r g e r. 949.
Bakterienflora, des DĂŒnndarms und des Coeeums bei Erwachsenen unter nor-
malen und pathologischen VerhÀltnissen, van der Reiss. 950.
Mitteilung eineis 'Falles von amyostatischem Symptomenkomplex nac«h Sal-
varsan. Matzdorff. 951.
âFehlerquellen bei der Diagnose der thorakalen und abdominalen Tuberkulose
im KindesaJter. K 1 e i n s e h m i d t. 952.
Zur mechanischen Behandlung der Rachitis. FĂŒr die
Behandlung der Rachitis bilden intern-pĂ€diatrische MaĂnah-
men, die in der Verabreichung einer geeigneten DiĂ€t â insbe-
sondere vitaminhaltiger Nahrungsmittel â Phosphor-Lebertran,
grĂŒndlicher Hautpflege sowie reichlicher Zufuhr von Luft und
Licht bestehen, die Grundlage. Sie werden in vorteilhafter Weise
durch mechanische Behandlung ergÀnzt. Massage, aktive und pas-
sive Gymnatsik, methodische MuskelĂŒbungen. BĂ€der und manuelle
redressierende MaĂnahmen. â Mitteilung entsprechender FĂ€lle.
Fehlerquellen bei der Diagnose der thorakalen und
rihdominalen Tuberkulose im Kindesalter. Die Initialerschei-
I). Jahrg. â Nr. 37/38.
Aus den neuesten Zeitschriften
075
linken der Tuberkulose sind .dem Kinde zumeist nicht an-
uselien. â Subjektive Beschwerden: BlĂ€sse. Appetitlosigkeit, Mat-
gkeit, Abmagerung. Objektive Zeichen der eingetretenen [nfek
on : Fieber, lĂ€nger dauernder Husten, Hauttuberkulide. â Bei
er physikalischen Untersuchung der Thorax ist darauf hinzu-
weisen, daĂ das AtemgerĂ€usch ĂŒber der rechten Spitze schon in
er Norm vielfach hinter und schÀrfer klingt als links. Harl
Ă€ckigc Bronchialkatarrhe sowie einseilige Bronchitis sprechen
urchaus nicht immer, wie hĂ€ufig angenommen, fĂŒr Tuberkulose,
ironische Lungeninfiltrationen nichttuberkuloser Natur sind
eim Kinde nicht selten. â Ein unentbehrliches Hilfsmittel fĂŒr die
Jrkennung der Lungentuberkulose ist die Tuberkulindiagnostik,
ei es als sukutane oder intracutane Injektion oder als Culan-
eaktion. Das Röntgenbild ist erst in zweiter Linie zu verwerten,
âșie Spulumuntersuchung darf niemals vergessen werden.
A. MĂŒnze r.
Medizinische Klinik, Berlin.
7. Mai 1922, 18, Nr. 19.
Kutane Diphtherietoxinrcaktion. Cierny, Ad. 587.
"âąfrSerumtherapie der Diphtherie. F r i e d e m a u u , U. 588.
I Untersuchung von Kantharidcnblaseii. B u s c h k e , A. 583.
Pblogetische Leukozytoseltherapie. Fischer, 0 . 594.
Trypaflavinbehandlung der chron. Urticaria. Strassen, 0. 597.
t Vitanol. Bruck, F. 597. ,
. EinfluĂ der Erkrankungen a\if die Adrcnalinbildung in den Nebennieren.
P e i s e r , B. 597.
«fMeningitis im SĂ€uglings- und Kindesalter. B 1 ĂŒ h d o r n , K. 601.
f Erkrankungen der Harnröhre. P o r t n c r , P. 603.
i FĂ€lle von sogenannten âtraumatischen" Neurosen. En gel, H. 604.
Serumtherapie der Diphtherie. Besonders französische und
merikanische Autoren, aber auch Pospischill in Oesterreich,
jfckart und Fritz Meyer in Deutschland, Bie in Kopenhagen,
mpfehlen Einzeldosen von 30 000 bis 40 000 I-E, Gesamtdosen von
00 000 bis 200000 I-E. Bingels Standpunkt, daĂ Leerserum (nor-
lales Pferdeserum) in seiner Heilwirkung dem Antitoxin-haltigen
erum gleichwertig sei, wurde bei NachprĂŒfungen an der StrĂŒm-
elschen Klinik und von Feer widerlegt. Die ErklÀrung der
lingelschen Ergebnisse liegt in der allzuniedrigen Dosierung
2 â 3000 IE) des Diphtherieserums. F. kann wegen des hohen
erumpreises die ganz groĂen Dosen nicht verabreichen; er gibt
hne RĂŒcksicht auf das Alter in leichten FĂ€llen 3000 bis 4000 IE,
nd bei mittelschweren 6000 bis 8000 IE intramuskulÀr; in
chweren FĂ€llen und bei Larynxkomplikationen 20 000 IE intra-
enös als erste Dosis, die nur bei SÀuglingen unter einem Jahre
twas geringer gewÀhlt wurde. Bei den toxischen FÀllen werden
m zweiten Tage 10 000 IE, an den folgenden je 5000 bis 6000 IE,
to infolge des schweren Verlaufes postdiphtherische LĂ€hmungs-
rscheinungen zu befĂŒrchten sind, drei Wochen hindurch noch
Ă€glich 1000 IE verabfolgt. Nachteilige Folgen kamen nie zur Be-
bachtung, dagegen darf eine intravenöse Injektion selbst nach
Hehreren Jahren ohne Gefahr eines schweren Kollapses nicht
Wiederholt werden.
F. unterscheidet bei schweren DiphtheriefÀllen die ödematöse
'orrn mit starkem Oedem des Rachenringes, hochgradiger
)rĂŒsenschwellung sowie Schwellung des umgebenden Gewebes
ind die nekrotische Form mit ulzerierenden Rachenprozessen.
>ie âödematösen" FĂ€lle, die sonst sehr infauste Prognose haben.
:önnen durch groĂe Serumdosen meist gerettet werden.
Die. Statistik des Autors umfallt 3421 FĂ€lle, von denen aller-
lings eine ganze Reihe kleine Dosen erhielt, mit einer MortalitÀt
on 6 %, die unter BerĂŒcksichtigung dtr wirklich mit groĂen
)osen behandelten FĂ€lle auf 4,3 % herabsinkt. Anderweitige
[rankenhausstatistiken schwanken zwischen 11 und 15 % Sterb-
fchkeit. Die Anwendung der groĂen Serumdosen scheint SpĂ€t-
ode an LĂ€hmungserscheinungen und HerzschwĂ€che zu verhĂŒten.
?. fordert vom Staate und von den groĂen Serumfabriken im
nteresse der Volksgesundheil Verbilligung der hohen Einzeldosen
'on etwa 20 000 IE.
Meningitis im SĂ€uglings- und Kindesalter. Da Kernigsches
Seichen und Nackensteifigkeit bei der Meningitis des FrĂŒhkindes-
Iters oft fehlen, mĂŒssen zur Diagnose andere Hilfsmittel heran-
gezogen werden. Neben dem verÀnderten, somnolenten Wesen
ind der Ueberempfindlichkeit ist bei noch genĂŒgend groĂer
Fontanelle deren vermehrte Spannung und Vorwölbung /.u ver-
werten. Auch die grelle Stimme, Erbrechen, eingesunkener Leib.
KrÀmpfe und LÀhmungen, besonders der Augennerven, auch
Stauungspapille sind kennzeichnend.
Das verlĂ€Ălichste Unterscheidungsmitlel zwischen der tuber-
kulösen, epidemischen, citrigen und serösen Form ist die Lumbal
punktion, deren Technik sowie die Untersuchung des Lumbal-
punktates genau beschrieben werden.
Zur Behandlung der Pneumokokken-Meningilis empfiehlt B.
Optocbln und Pncumokokkenserum, gegen die Meningokokken-
bezichungsweise Streptokokken Meningitis die entsprechenden
Sera und zwar intralumbal an drei bis vier aufeinanderfolgenden
Tagen. Nach AbfluĂ von 10 -20 ccm Liquor- lĂ€Ăt man ebensoviel
körperwarmes Serum oder 2 pro mille Oplochin-hydrochlor. lang-
sam einflieĂen, dann fĂŒr einige Stunden Erhöhung des unteren
Bettendes. Wiederholte Lumbalpunktion wirkt zumindest sub-
jektiv sehr gĂŒnstig. Gegen Kopfschmerzen 0,05 0,3 Pyramidon,
gegen das Erbrechen 4â10 gtt einer Atropinlösung 1 : 1000, gegen
KrĂ€mpfe Chloralhydrat. Daneben heiĂe BĂ€der, feuchte Packungen,
ausreichende ErnÀhrung und besonders Wasserspeisung, Haut-
und Augenpflege, wenn nötig Schlundsonden- oder rektale Nah-
rungszufuhr.
Bei Hydrozephalie ist Lumbal- oder Ventrikel punktion, unter
UmstÀnden Balkenstich zu versuchen.
Prognose: quoad vitam bei der serösen Form von der Grund-
krankheit abhÀngig, sonst quoad vitam el quoad sanationem cöm-
pletam infausta. Low (Döberitz).
14. Mai 1922, 18, Nr. 20.
âGeburtsleitullK ohne vaginale Untersuchung. Kupfer berg, H. 617.
Differenzierung von SpirochÀta pallida und SpirochÀta Cunicull Im Kaninchen.
K o 1 1 ei , W., und R u p p e r t , F. 620.
«frMenstruationsstörungen bei lungenkranken Frauen. G u t h , E. 622.
Deutung des gespaltenen ersten Herztones. Sachs, H. 6Jj.
Askaridenintoxikation. W e b e r , E. 626.
Lijrnosulfit-Inhalationen. G i e s b e r t , R. 626.
*J*Xeosilbersalvarsan. H a n n e in a n n , Fr. 627.
Scabisapou. L e w iusk i. 628.
Graswechseluntersuchung beim Menschen. L i e b e s n y , P. 628.
Erkrankungen der Harnröhre.. P.o t t n e r , P. 632.
Traumatische Neurosen. Engel, H. 634.
H. Kupferberg: Geburtsleitung ohne vaginale Untersuchung.
Trotz Semmelweià sterben jÀhrlich noch etwa 12 000 Frauen an
Kindbettfieber. Anzuschuldigen sind: Zunahme der eitrigen und
septischen Erkrankungen im allgemeinen, Wohnungsnot, WĂ€sche-
mangel, Vermehrung der Geschlechtskrankheiten und die Entsitt-
lichung (Aborte).
Zur Prophylaxe empfiehlt K. die Àrztliche Geburtsleitung ohne
vaginale Untersuchung. Eine exakte vaginale Exploration zwei
bis drei Wochen vor der Niederkunft macht eine spÀtere innere
Untersuchung ĂŒberflĂŒssig. Intra partum geben die vier Ă€uĂeren
Leopotd-Zweifel-Schullzeschen Handgriffe ĂŒber den voraussicht-
lichen Geburtsverlauf und ĂŒber das Fortschreiten der Geburl
NollstĂ€ndigen AufschluĂ. Einen wichtigen AufschluĂ gibt auch
die Messung des gröĂten Leibesumfanges im Vergleiche zum
gröĂten Oberschenkelumfange, ferner das Abhorchen der kind-
lichen Herztöne und die Art und der Ort des Wehenschmerzes.
Zur AusfĂŒhrung der rektalen Untersuchung rĂ€t K., den mit
einem Gummifingerling bekleideten Zeigefinger durch ein geloch-
tes, taschentuchgroĂes, in Sublimat- oder Lysollösung getauchtes
LeinenlÀppchen zu stecken, um die Finger sicher vor Verunreini-
gung mit Kot zu schĂŒtzen. Diese Untersuchung ist jederzeit
schnellstens ausfĂŒhrbar und ermöglicht in Verbindung mit den
vier Ă€uĂeren Handgriffen vollstĂ€ndige Orientierung ĂŒber alles
Wissenswerte.
Am SchlĂŒsse der sehr lesenswerten Arbeit gibt der Autor noch
einige wertvolle diagnostisch-therapeutische Winke. Bei Inversio
uteri empfiehlt er vor Abstreifung der Plazenta Beckenhochlage-
rung und T-Verband, zur Vermeidung eines neuerlichen schweren
Schocks erst nach 1 â 2 Tagen Reposition. Statt ĂŒberflĂŒssiger
Beckenausgangszangen rÀt K. den Kristellerschen oder Ritgen-
schen Handgriff oder den von ihm 1913 in der âDeutschen medizi-
nischen Wochenschrift" veröffentlichten: âMit fuĂwĂ€rts gerichtetem
Gesicht zur Linken des KreiĂbettes stehend umgreift man nun mit
der rechten Hand von auĂen den rechten Oberschenkel der Frau,
mit der linken Hand ebenso den linken Oberschenkel und preĂt
nun mit rechter Axilla und rechtem Muse, pectoral. maj. den fun-
<lus uteri wĂ€hrend der PreĂwehe beckenwĂ€rts".
Zur Entwicklung von Armen und Kopf bei Beckenendlagen ist
der sogenannte âMĂŒllersche Handgriff" anzuwenden. Die manuelle
Plazenta-Lösung lĂ€Ăt sich mittels! des Credeschen Handgriffes
576
Aus den neuesten Zeitschrilten
40. Jahrg. â Nr. 37/38.:
nach Gebastonscher AuffĂŒllung der Nachgeburt (von der Nabel-
vene aus 200â300 Gramm steriles Wasser einlaufen lassen) fast
immer vermeiden. Vor vaginaler Untersuchung und intravaginalen
oder intrauterinen Eingriffen in den ersten acht Tagen des
Wochenbettes warnt K. SchlieĂlich zwei praktische RatschlĂ€ge:
Wird man abends zu einer KreiĂenden in der Eröffnungsperiode
gerufen, so kann man durch eine Laudanon-, Morphin- oder
Narkophinspritze die Geburt bis zum Morgen verzögern; gegen-
teilige Wirkung erzielen HypophysenprÀparate oder Chinin.
E. Guth: Menstruationsstörungen bei lungenkranken Frauen.
Auf Grund seiner Beobachtungen an 210 Frauen und MĂ€dchen
zwischen 16 und 64 Jahren nimmt G. eine Menstruationsdauer von
3 .bis 4 Tagen als normal an. Chronische Vergiftungen, AnÀmie
und Chlorose vermehren und verlÀngern die Monatsblutung, akute
Infektionskrankheiten (Cholera, Scharlach, Abdominaltyphus) fĂŒh-
ren zur Amenorrhoe. Analog zeigen 3/. der lungenkranken Frauen
und zwar die an chronischer Tuberkulose leidenden, verlÀngerte
Menstrualblutung, die relativ frischen Erkrankungen normalen
Typus, die fiebernden und akut exazerbierten FĂ€lle VerkĂŒrzung
oder Ausbleiben der Blutungen. PrÀmenstruelle oder menstruelle
Temperatursteigerungen sind prognostisch ungĂŒnstig, gĂŒnstig ist
eine AbkĂŒrzung der frĂŒher langen Blutung.
Fr. Hanemann: Neosilbersalvarsan. Neosilbersalvarsan, von
Kolle in Form eines stabilen Metallsalvarsans chemotherapeutisch
aktiviert, hÀlt sich in Röhrchen eingeschmolzen unverÀndert, ist
mit ichthyolbrauner Farbe sehr leicht löslich und ist chemisch
so weit stabilisiert, daà es sich auch in Lösung bei Luftzutritt
innerhalb einer Stunde nicht zersetzt.
Die Lösung ist einwandfrei, wenn bei mikroskopischer Unter-
suchung mit starker VergröĂerung das Gesichtsfeld leer erscheint.
Als Lösungsmittel dient 0,4 % redestillierte NaCl-Lösung in einer
Menge von 40 â 20 ccm. Gegeben wurden 12 Einspritzungen mit
einer Gesamtmenge von 4,1â5,7 g. Anfangsdosis: 0,2â0,35 sonst
durchschnittlich 0,45 bei Frauen, 0,5 bei MĂ€nnern.
Bei Kombination mit Hg-PrÀparaten wird die Wa-R an-
scheinend schneller negativ.
Unter 905 Einspritzungen an 154 Kranken 1 Kollaps, 2 Ikterus,
8 Salvarsanexantheme bzw. Dermatitiden, kein Todesfall, keine
BeeintrÀchtigung des Wohlbefindens oder der ArbeitsfÀhigkeit. In
% der FĂ€lle nach 12 Injektionen negativer Wassermann. Neosilber-
salvarsan kann dem allgemeinen Praktiker empfohlen werden.
Low, (Döberitz).
Zentralblatt fĂŒr innere Medizin.
15. April 1922, 43, Nr. 15.
âEin einfacher Apparat zur mĂŒhelosen Herstellung von mikroskopischen
feuchten DauerprÀparaten., K o v À c s , N. 249.
Ein einfacher Apparat zur mĂŒhelosen Herstellung von mikro-
skopischen feuchten DauerprÀparaten. Wenn man eine gewöhn-
liche, nicht zu dĂŒnnwandige Eprouvette am Ă€uĂersten Teil der
Kuppe vorsichtig ĂŒber einer Gasflamme erwĂ€rmt und gleich-
zeitig vom Innern der Eprouvette aus mittels einer dĂŒnnen PrĂ€-
parier- oder Stricknadel ganz an der Seite der Kuppe auf die-
selbe einen leichten Druck ausĂŒbt, so bildet sich daselbst eine
AusstĂŒlpung. Diese wird nun durchbohrt» wobei nur zu beachten
ist, daĂ das Bohrloch nicht mehr als 1 mm Durchmesser hat. Falls
die Oeffnung etwas zu groĂ geworden ist, lĂ€Ăt sie sich in der
Flamme wieder einschmelzen. Die so umgearbeitete Eprouvette
wird mit der EinschluĂmasse gefĂŒllt und diese behufs gleich-
mĂ€Ăiger Verteilung flĂŒssig gemacht; beim folgenden Erstarrungs-
prozeĂ soll das Paraffin die WĂ€nde möglichst gleichmĂ€Ăig aus-
kleiden, was durch Drehen der schief gehaltenen Eprouvette ohne
weiteres möglich ist. Eine Abbildung veranschaulicht die neue
Methode. Wern. H. Becker.
Zeitschrift fĂŒr physikalische und diĂ€tetische Therapie,
einschl. Balneologie und Klimatologie.
April 1922, 26, Heft 4.
âlieber dein Muskelrho imatismus. II. G ol d g c h n e i il e r. 121 â 126.
Ueber die W!xkungen der physikalischen â speziell balneo- und klima-
tologLschen â Therapie, hei Stoffweehselerkrankung. StrauĂ. 126â131.
Die Keilsche Badeanstalt in Halle mit ihrem Kur- und Badebetrieib. M a 1 âą
tin , .VI f. 131â138.
Ueber den Muskelrheuniatismus. âEs gehört zu den schwie-
rigsten Aufgaben, zu bestimmen, was man als rheumatische Af
fektion bezeichnen soll." Auf diesen Satz des groĂen Klinikers'
W und er lieh von 1856 ist auch 1922 die Arbeit Goldschei-
de r (vergl. Heft 3) gestimmt. Mit groĂem Scharfsinn sucht er
sich der schon von Cruveilhier abgelehnten Vorstellung von
lhomme fragmente zu entziehen, welche im Verfolg minutiöser
histologischer Forschungen den Organismus in ein Mosaik fein
sÀuberlich differenzierter Gewebsarten zerlegte und nun in einer
davon die sedes morbi des seligen Morgagni suchte. Gold-
scheid er bringt das auf diese Weise fertig, daĂ er von patho-
logisch-histologischen VerĂ€nderungen absieht und den âMuskel^
iheumatismus" in eine allgemeine TiefensenisdbilitÀt (de»
Knochen, Gelenke, Faszien, Sehnen, Nerven und Muskeln) aufj
löst. Die Muskeln sensu striotiori sind am wenigsten beteiligt.'
In erster Linie handelt es sich um eine Hyperalgesie der Nervei*
und Nervenenden Die Myalgie wÀre dann nur eine Irradiations4
erscheinung. Die Bedeutung der Subcutis streift er nur. Aul
die von Froriep 1843 und neuerdings von S t i c k e r wieder-*'
erwĂ€hnte ârheumatische Schwiele" geht er nicht weiter ein.
Dagegen lehnt er die Gelose-Theorie von Schade ab. Die
Therapie muĂ die krankhaft ĂŒberempfindliche Substanz beseitigen
und wieder normale ReaktionsverhĂ€ltnisse herbeifĂŒhren: dazu
dient Hyperaemie, Massage, Bewegungsbehandlung; immer soll'
eine Kaltwasserprozedur die Kur abschlieĂen.
Buttersack. 1
Zeitschrift fĂŒr die gesamte Neurologie und Psychiatrie, Berlin.
25. April 1922. 76, Heft 1/2.
Bild und Gedanke. A 1 1 e r s . R. ].
Zur Krage nach der Wahrnehmung der Schailrichtung. A 1 1 e r s . Ii. uu$
B e n e s i , O. 18.
â Der periphere und zentrale Vestibularapparat hei der multiplen Sklerose.
Fischer, B. 42.
Be trage zur Pathologie und Therapie der RĂŒckenmarkstiimorcii, (Röntgen»
thera.pie, Tumorzellen im Liquor, Anordnung der Sens ilrlitÀtsfasei n im
Seitenstrang, Bedeutung der Bauehreflexe. Fischer, O. 81.
Zur Frage des cerebralen und des âhalbseitigen" Fiebers. Fische rl
O. 131.
âs.vmtomatologic der Tumoren des linken SchlĂ€fclappens. Herr m a n n ,
G. 145.
Das Vorkommen abnormer, regenerierter Markfasern in dem Meningen det
Ruckenmarkea. Hirsch. E. 152.
âDas Problem der progressiven Paralyse. J a h n e 1 , F. 166.
Hamolysinreaktion des Liquor cerebrospinalis mit besonderer BerĂŒcksichti-
gung der FrĂŒhsyphilis. Kafka. V. 183.
Geschlechtliche Hörigkeit des Weibes als Verbrechenursache. Kalmus,.
E. 191.
âWiahnbildung. L b w y , M. 206.
Preshyophrene Sprachstörungen. R n i n h o 1 d , J. 220.
CorticaJe Sciisibilitatsstörungen. S i 1 1 i g, O. 265.
Der periphere und zentrale Vestibularapparat bei der multip-
len Sklerose. Der Nystagmus vestibulĂ€ren Charakters ist eine fĂŒr
die multiple Sklerose typische Erscheinung (67 %), wÀhrend der
undulatorische Nystagmus selten ist; der Nystagmus ist in der'
Mehrzahl der FÀlle horizontal und rotatorisch und hÀufig mit dem
vertikalen kombiniert. Der Nystagmus beim Blick nach rechts
ist hÀufiger als der nach links, der vertikale nach oben hÀufiger als
der nach unten. Seitliche Kopfneigung ruft meist eine VerstÀr-
kung des der Neigung entgegengesetzten spontanen Nystagmus
hervor. Spontanes Vorbeizeigen ist meist nur passager (28 %),
am hÀufigsten ist Vorbeizeigen nach innen im Schnllergelenk,
namentlich links; eine Beziehung des spontanen Vorbeizeigens be-
steht weder zu Ataxie noch zu Intenlionstremor, wÀhrend das
hÀufige Zusammentreffen von Vorbeizeigen und Adiadochokinese
auf einen Zusammenhang hinweist. Romberg besteht in 67 %
der FÀlle, am hÀufigsten Schwankungen nach links. Beziehungen
zwischen SchwindelanfÀllen und StÀrke des spontanen Nystagmus
bestehen nicht, indem auch bei Fehlen des letzteren heftigste Be-
schwerden auftreten können. Der kalorische Nystagmus ist etwa
in der HÀlfte der FÀlle ganz normal, in 31,5 % krÀftiger als nor-
mal, selten von geringerer IntensitÀt oder fehlend. Die experi-
mentellen Zeigereaktionen sind in der Mehrzahl der FĂ€lle nor-j
mal; die experimentellen Fallreaktionen waren in 94 % der Falls j
typisch. Als Begleiterscheinungen des experimentellen Nystag-J
ir.us treten in 70% der FĂ€lle Klagen ĂŒber Schwindel und t'ebcl-
keil auf, anscheinend proportional der StÀrke des experimentellen]
Nystagmus. Augenmuskelparesen wurden in ,">8 % der FĂ€lle Del
(buchtet; die vestibulÀre Reizung derselben wies in 6 Fallen auf
supranukleÀren Silz der LÀsion hin. In einem Fall trat statt des
kalorischen Nystagmus eine Deviation der Augen auf: dabei
waren die spontanen Blickbewegungen auffallend verlangsam!
SupranukleÀre Blickparese
Hl Jahrg. â Nr. 37/38.
Aus den neuesten Zeitschriften
577
Zur Symptomatologie der Tumoren des linken SchlÀfen-
lappens. Das Symptom der amnestischen Aphasie ist ein Lokal-
svmptom. Vor allen sprachlichen Funktionen ist die Wortfindung
von einem gegebenen Begriff aus die empfindlichste und wird am
ehesten geschÀdigt. Dementsprechend findet sich bei SchlÀfen-
lappcntumoren nicht selten als erstes Symptom die amnestische
Aphasie auch bei verschiedenartiger Lokalisation derselben,
offenbar als Ausdruck von Nachbarschaftswirkungen. Eine beson-
dere Bedeutung gewinn! aber das Symptom als unmittelbare Herder-
scheinung, die man auf die mittlere Partie der 3., evtl. teilweise
. auch der 2. SchlÀfenwindung beziehen kann. Dies kommt be-
sonders in Frage in Fallen, in denen der Tumor von der SchÀdel-
basis aus in den SchlÀfenlappen hinaufwÀchst oder sieh in den
genannten Windungen entwickelt. In einem hier mitgeteilten Tu-
Biorfall hat die Reihenfolge des Auftretens der Symptome: Am-
nestische Aphasie, Paraphasie, senorische Aphasie, im Verein
mit den jeweiligen Fernsymptomen eine genaue Lokaldiagnose
'innerhalb des SchJÀfenlappens ermöglicht.
Die Reihenfolge: Amnestische Aphasie. Paraphasie und evtl.
spater einsetzende Worttaubheit neben den allgemeinen Tumor-
symptomen entspricht einem in den tiefsten Abschnitten des lin-
ken SchlÀfenlappens sich entwickelnden Tumor.
Das Problem der progressiven Paralyse. Es werden die ver-
schiedenen Theorien ĂŒber die Entstehung der Paralyse, die Ur-
sachen der Latenzzeit zusammengestellt und gezeigt, daĂ auch die
immunbiologischen ErklÀrungsversuche nicht befriedigen, daà wir
ĂŒber die Beziehungen des Krankheitserregers zum paralytischen
. Krankheitsvorgang bisher im Grunde nichts wissen.
Leber Wahnbildung. Hinsichtlich der Genese sind zwei groĂe
Gruppen von Wahnideen zu unterscheiden: 1. Die groĂe Gruppe
der wahnhaften Ideen Jaspers, die oberschwelligkatathymen,
die ĂŒberwertigen, die primĂ€r aus bewuĂtem Affekt geschalteten
Wahnbildungen bei pathologischen Erlebnisreaktionen und patho-
logischen Charakterentwicklungen im Sinne von Wilma nns,
einschlieĂlich der Wahnbildungen der Manischdepressiven:
Wahnbildungen aus primĂ€rem WahnbedĂŒrfnis, d. h. aus ober-
schwelligem Affekt. 2. Die groĂe Gruppe der symbolisierenden
Wahnbildungen aus SymbolbedĂŒrfnis als KompromiĂ- und Er-
satzbildungen im Sinne Freuds: -die unterschwellig-katathyme,
die larvierte EntĂ€uĂerung verpönter Regungen in Wahnform bei
- Bilanzierungs- und AbschluĂunfĂ€higkeit eines unfertigen, oder
widersprochenen Denkens; auch der hypochondrische Wahn und
der körperliche Beeinflussungswahn gehört wohl dazu, soweit
I er nicht rein somatisch-halluzinatorisch erzeugt ist (paraphrene
\ und schizophrene Wahnideen). Dazwischen 3. die kleine und sel-
tene Gruppe des echten Wahnwahrnehmens und Wahneiiebens:
aus VerÀnderung der Ichgerich tetheit, d. i. des intentionalen
meinenden Aktes und Projektion dieser AktverÀnderung auf die
'gemeinten GegenstÀnde. W. Misch (Berlin).
Deutsche Zeitschrift fĂŒr Nervenheilkunde, Leipzig.
MĂ€rz 1922, 73, Heft 5â6.*
Ein Fall von akuter multipler Sklerose, betiinjrt durch den KntzĂŒtidungs-
prozeĂ einer Encephalitis lethargita. Bill, E. 261.
âZur Kenntnis der StrangentĂ€rtung des RĂŒckenmarks bei perniziöser VnĂ€iuie
Theenes, F, 280.
âZur Lehre von den âzentral entstellenden Schmerzen". HĂ€user, A. :wi.
Einteilung der Unfallneurosen. Horn. 1'. 312.
âą$*., Hysterisches Oedein". B o 1 t e n , G. C. .119.
Zur Kasuistik aufsteigender LĂ€hmungen. K 1 feit., O. 829.
âSchwere parorysmale LĂ€hmung sĂ€mtlicher Glieder als Brotverfeiffuagserschoi-
nung (Bariumintoxika.tion) und deren Pathogenese. Higier, H. 344.
Studien ĂŒber GefĂ€Ăreflexe bei Erkrankungen des Zentralnervensystems.
D e n n ijf , H. 350.
Zum (iesetz der LÀhmungsty pen. S c Ii w a b , (). :t«9.
Zur Kenntnis der Strangentartung des RĂŒckenmarks bei per-
niziöser AnÀmie. Es werden zwei FÀlle mitgeteilt, von denen
beim ersten die perniziöse AnÀmie erst bei der Obdukution nach-
gewiesen und eine sekundÀre aufsteigende Degeneration der Klein-
hirnseitenstrÀnge gefunden wurde, wahrscheinlich infolge einer Un-
terbrechung der von den Glarkeschen SĂ€ulen kommenden nach den
&eitenstrÀngen ziehenden Fasern in dem ausgiebig zerstörten Areal
der PyramidenseitenstrÀnge, die von oben nach unten zunehmend,
reichlich fleckig herdförmigen Faserausfall zeigten. Im zweiten
ball, der ebenfalls klinisch nicht eindeutig als perniziöse AnÀmie
jSharakterisierl war und bei der Sektion1 die fĂŒr Perniziosa lypi-
sehen VerĂ€nderungen vermissen lieĂ, bestanden herdförmige Ver-
inderungeli in den Hinter- und VorderstrÀngen, auf Grund deren
1 ' :' âą
sekundÀre Strangdegeneration eingetreten war, so daà das typi-
sche Bild der SpinalverÀnderungen bei l'unikulÀrer Myelitis ent-
stand. Verf. neigt auf Grund dieser Beobachtungen zu der Ar
sieht, daà es sich bei diesen FÀllen nicht um eine primÀre Syslem-
degenerÀtion handelt, sondern bekennt sich zu den Anschauungen
Hennebergs; nach dem die VerÀnderungen als akute PÀren-
chymdegenerationen toxischer Genese aufzufassen sind, die da auf-
treten, wo die Versorgung durch die toxisch ebenfalls geschÀdig
ten GefĂ€Ăe am schlechsten ist.
Zur Lehre von den zentral entstehenden Schmerzen. Bei < Inem
Fall von Hypernephrom machte eine in der rechten hinteren Zen
Ii alwindung nahe der Falx gelegene Metastase heftige Schmerzen,
die umschrieben lokalisiert strumpf-, manschettenartig im oberen
Drittel des Oberschenkels Àhnlich manchen hysterogenen Zonen
auftraten, ohne daà SensibilitÀtsstörungen bestanden. Es gehl
daraus hervor, daĂ auch von dem letzten Endpunkt sensibler Bah-
nen zentral Schmerzen ausgelöst werden können. Es muà also
stets bei örtlichen und vagen unklaren Schmerzerscheinungen an
zentrale, eventuell- Bindenprozesse gedacht werden.
Vom âhysterischen Oedem". Dem ,, hysterischen Oedem",
worunter Verf. die ganze Reihe der neurogenen Oedeme versteht,
liegt eine Vasomotoreninsuffizienz zu Grunde, die angeboren ist
und zugleich die Ursache zu einer Verlangsamung des Stoff-
wechsels und dadurch von leichter chronischer Autointoxikation
bildet. Dieser Faktor spielt bei der Entstehung des Oedems eine
sehr groĂe Rolle, sowohl bei den mehr permanenten Formen
Trophödem, hysterisches Oedem, neuropathisches Oedem) wie bei
dem flĂŒchtigen (angioneurotischen) Hautödem. Die Vasomotoren-
insuffizienz ist uni- oder pluriglandulÀren Ursprungs und beruht
auf einer leichten Funktionsreduktion der SchilddrĂŒse oder des
chromaffinen Systems.
Schwere paroxysmale LÀhmung sÀmtlicher Glieder als Brot-
vergiftungserscheinung (Bariumintoxikation) und deren Patho-
genese. In Warschau wurde 1921 eine groĂe Anzahl von Vergif-
tungen beobachtet, die auf den GenuĂ von Brot zurĂŒckgefĂŒhrt
wurden, das einerseits deutliche Spuren von VerfÀlschung mit
schweren anorganischen Salzen (kohlensaurem Barium) erkennen
lieĂ, anderseits durch den Gehalt von faulenden, schimmelnden
KartoffellÀppchen verdÀchtig war. Der Verlauf der Erkrankung,
die in einigen FÀllen unter KrÀmpfen letal endete, war gewöhnlich
der, daĂ sich schon nach y, bis 2 Stunden UebelkeitsgefĂŒhl, Druck-
schmerz im Epigastrium, GesichtsblÀsse, gefolgt von Erbrechen
oder Durchfall einstellten. Es bestand Kribbeln im Gesicht und
eine Art peinlichen Ziehens und ZusammengeschnĂŒrtseins der
Haut, besonders in Stirn- und Nasengegend, seltener an den HĂ€n-
den; dabei bestand fast konstant Bradykardie und harter Tills,
seltener undeutliches Sehen, auf leichte Akkpmodalionsparese
zurĂŒckfĂŒhrbar. In einem Fall wurde eine ĂŒber 24 Stunden anhal-
tende vollstÀndige schlaffe LÀhmung sÀmtlicher ExtremitÀten mit
Aufhebung der elektrischen Erregbarkeit sowie Akkomodations-
pÀrese beobachtet. In der Umgebung dieses Kranken sollen ganz
gleichverlaufende FĂ€lle von z. T. nur wenige Stunden anhaltender
ExtremitĂ€tenlĂ€hmung aufgetreten sein. Es ist zu vermuten, daĂ
es sich um eine Bariumintoxikation handelte.
W. Misch (Berlin).
Tuberkulose-FĂŒrsorge-Blatt.
9, Heft 5.
âTuberkulose und Kleingarten. Bielefeldt.
Die Anforderungen an den TuberkiuloseJursorgearzt. .7 À nicke.
âHat die subkutane Tuberkulinprobe fĂŒr die Feststellung der Behandlungs-
bediirftigkeit einer beginnendem Lungentuberkulose und im Dienste
der TuberkulosebekĂ€mpfung durch die FĂŒrsorgestcllen einen entschei-
denden Wert? .1 a n k e r.
Tuberkulose und Kleingarten. Bielefeldt sieht in der
Bewirtschaftung der KleingÀrten ein starkes Kampfmittel und
Heilmittel der Tuberkulose. âDenn die unglĂŒcklichen Tuber-
kulösen und ihre Familien in den GroĂ- und MittelstĂ€dten WĂ€ren
dem Untergange geweiht, wenn ihnen nicht in dem Kleingarten
ein guter Freund und eine wesentliche Hilfe erwĂŒchse." Wer
seinen Patienten von den gesundheitsfördernden VorzĂŒgen eines
Kleingartens ĂŒberzeugen will, dem empfehle ich das lustige
BĂŒchlein: âFamilie Hahnekamp und ihr Freund Schnurrig" (Verl.
A. Jansen, Hamburg-Berlin).
Hat die subkutane Tuberkulinprobe fĂŒr die Feststellung der
BehandlungsbcdĂŒrftigkeit einer beginnenden Lungentuberkulose
einen entscheidenden Wert? Junker legt mit Recht dem posi-
578
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 37/38.
tiven Ausfall dieser Probe keinen entscheidenden Wert bei, viel-
mehr muĂ sich die Feststellung der BehandlungsbedĂŒrftigkeit
einer beginn enden Lungentuberkulose auf die Deutung und ge-
genseitige AbwÀgung eines ganzen Komplexes klonischer Fak-
toren, gewonnen aus Anamnese. Lungenbefund und Reaktion
des Ăllgemeinkörpers. Michaelis (Bitlerfeld).
Zeniralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
20. Mai 1922. 49. Nr. 20.
Rektumprolapsoperation. S u il e e k. ww.
Beziehungen der KnoehengefĂ€Ăe zur akuten Osteomyelitis. NuĂbaum. 7;;G.
Diffuse Peitonitls. )U 1 n a r. 701 .
^Verpflanzung der NebenschilddrĂŒse. M a d I e n e r. 708;
InstruinenteHe Notizen. B i r c Ii e r. 706.
Ueber die Verpflanzung der NebenschilddrĂŒse im allge-
meinen und als Mittel gegen Paralysis agitans im besonderen.
Die Hauptschwierigkeit bei der hf/inopiasuschen Uebertragung
von Epithelkörperchen liegt in der sicheren Erkennung dieser
kleinen Organe; sie sind hÀufig gar nicht zu finden, andrerseits
erweisen sich oft als solche angesprochene Gebilde mikro-
skopisch als etwas anderes. Unter lfi GewebsstĂŒckchen, die Ver-
fasser als Epithelkörperchen entfernte, befanden sich nur 5, die
mikroskopisch als solche identifiziert werden konnten; 6 waren
accessorische SchilddrĂŒsen. 3 LymphdrĂŒsen. 1 FettklĂŒmpchcn
Es sollte also keine NebenschilddrĂŒse transplantiert werden, die
nicht durch das Mikroskop zweifelsfrei als solche erkannt ist. -
AuĂer in mehreren FĂ€llen von postoperativer Tetanie hat Verf.
die Ueberpflanzung eines Epithelpörperchens in einem Teil von
Paralysis agitans ausgefĂŒfhrt, deren Aetiologie von manchen
Autoren in einer Störung der inneren Sekretion gesucht wird.
Einem 52 jÀhrigen Patienten, der mit 7 Jahren an P. a. litt und
seit 3 Jahren fast ganz hilflos war, verpflanzte er ein Epithel-
körperchen in die Bauchmuskulatur. Bald nach der Operation
t-rat eine deutliche Besserung (Nachlassen der Muskelstarre) ein,
die nach 3 Wochen ihren Höhepunkt erreichte; nach 6 Wochen
war aber der alte Zustand wieder zurĂŒckgekehrt. â Verf. nimmt
keinen spezifischen EinfluĂ der Operation an, sondern nur eine
psychische Wirkung. K. Wohlgemuth (Berlin).
27. Mai 1922. 49, Nr. 21.
^Injektionsepithelisierung. B e s c b k e. 730.
âąHleus. Hiifcr. 733.
âŠfrililzbestraiilung. W a s s o r t r ĂŒ d i n g e r. 734.
Beseitigung des' Anus praeter, v. S e y ei, 737.
âBeziehungen der Leistenhernie zur Harnblase. FUrcK-e n. 738.
Belloeciue-Katheter. N e u d ii r f e r. 740;
Infolge von Knebeln entstandenes Corpus mobile. Linde. 741.
Unterbindung der A. tihialis. Spanne r. 745.
Injektionsepithclisierung nach Pels-Leusden. Zur Epitheli-
sierung granulierender WundflÀchen hat Pels-Leusden folgendes
Verfahren angegeben: An der Entnahmestelle (meist Ober-
schenkel) wird das Stratum corneum der Haut gröĂtenteils mit
einem gewöhnlichen Skalpell abgekratzt. Bei weiterem Kratzen
tritt Blut und Serum aus und mischt sich mit dem Epithel zu einem
Brei. Dieser Brei wird gleich vom Messer aus in eine (zu diesem
Zweck besonders konstruierte) Spritze gefĂŒllt und direkt in die
Granulationen hineingespritzt. Der besondere Vorzug dieser
Methode vor anderen (Thierseh, Braun) liegt vor allem in dem
Umstand, daĂ selbst die schwierigsten Ulcerationen in kĂŒrzester
Zeit in ganz saubere GranulationsflÀchen verwandelt werden.
Die Verschieblichkeil und die WiderstandsfÀhigkeit der neuen
Haut ist sehr groĂ.
Beitrag zur Diagnose des Ileus. Die mit Gas und FlĂŒssigkeit
gefĂŒllten Darmschlingen sind gute Schalleiter und vermitteln da-
her dem auskultierenden Ohr gul den Puls der Aorta abdominalis.
An 3 FĂ€llen von Ileus zeigt Verfasser, daĂ sogar die lokale Dia-
gnose des Darmverschlusses mit diesem Hilfsmittel gestellt wer-
den kann.
Milzbestrahlung und Blutgerinnung. Leber den Wert der
Röntgenbestrahlung der Milz zur Beschleunigung der Blutgerin-
nung herrschen sehr verschiedene Ansichten. Bei einer Beihe ver-
schiedenartiger Operationen ' Slrumeklomie. Salpingektomie.
Gurettage) konnte Verfasser keine wesentliche Beeinflussung der
Blutgerinnungszeil nach der Bestrahlung feststellen.
Beziehungen der Leistenhernien zur Harnblase. Verfasser
macht darauf aufmerksam, daĂ bei der Operation der indirekten
Leistenhernie am Bruchsackhals relativ hĂ€ufig ein StĂŒck Blasen-
wand angetroffen wird (unter 83 FÀllen 11 mal). Die sorgfÀltigste
AbprÀparierung des Bruchsacks in diesem Blasenzipfel ist not-
wendig, da erstens nur die restlose Exstirpation des Bruchsacks
vor Rezidiven schĂŒtzt, und zweitens eine Verletzung der Blase
ein Ă€uĂerst unangenehmer Zufall mit sehr hoher MortalitĂ€ts-
ziffer ist. K. Wohlgemuth (Berlin).
Dermatologische Wochenschrift.
6. Mai 1922. Nr. 18.
leber gewerbliche Formalindermatitiden und -Ekzeme. B. Obajej.
âstellen Karbunkel und Furunkel eine klinische) Einheit dar? Joseph
S e h ĂŒ t z.
^(âąonnrrhochehnndlung mittels Impfungen nach Ponndorfs Methode. Eduard
Well m an n.
Stellen Karbunkel und Furunkel eine klinische Einheit dar?
Karbunkel und Furunkel sind zwar Àtiologisch derselben Her-
kunft, sie sind aber klinisch und prognostisch total und nicht nur
etwa graduell verschieden. WĂ€hrend der Furunkel an jeder
Stelle des Körpers und in jedem Alter des Patienten vorkommt,
entsteht ein Karbunkel erst nach dem 10 Jahre und sitzt nur im
Nacken. Es beginnt im Gegensatz zum Furunkel gleich am
ersten Tage mit erheblichen örtlichen Schmerzen und Allgemein-
beschwerden, die in typischer Weise durch jede Kongestion wie
Essen etc. vermehrt werden. Bereits in den ersten Stunden trifft
man den charakteristischen harten, wrallartigen Rand, der selbst
dann weiterschreitet, wenn, der Eiter guten AbfluĂ hat. Di
rein chirurgische Therapie wird am besten im Operationssaal
vorgenommen, da die Infiltralionsanacsthesic kaum durchzufĂŒhren
ist, und daher stets eine Allgemeinnarkose notwendig wifd. in der
sehr energisch vorgegangen werden muĂ, da der Eingriff sonst
nicht genĂŒgt und wiederholt werden muĂ. Die Nachbehandlung
zieht sich stets ĂŒber Wochen und Monate hinaus. Im Gegen-
satz dazu ist beim Furunkel eine chirurgische Behandlung nur
selten notwendig; in den wenigen FĂ€llen, in denen sie erforder-
lich ist, genĂŒgt eine kleine Erweiterung der Oeffnung, wĂ€hrend
der bisweilen angewandte Kreuzschnitt hierbei stets ĂŒberflĂŒssig
ist und nur unnötige, hĂ€Ăliche Narben verursacht.
Gonorrhoebehandlung mittels Impfungen na« h Ponndorfs
Methode. Die perkutane Einverleibung von Gonargin Nr. III bis
. Nr. V analog der Ponndorf-Impfung hat auf den Verlauf der Go-
norrhoe keinen EinfluĂ. Dagegen kann sie als Provokations-
melhode neben anderen Methoden brauchbarerweise angewandt
werden. Bab (Berlin).
13. Mai 1922. Nr. 19.
Ileus nudle mit Metastase nbildung und SeptikopyÀmie. Robert Arn Statt!
âŠHeber die endokrine Wirkung und die praktische Bewertung des Thalliums
A. B u s c h k e und Bruno P e i s e ri
«Sm;>u' PsoriasisfÀlle. A r t h u r .1 o r d a n.
Leber die endokrine Wirkung und «Iii praktische Bewertung
des Thalliums. Durch VerfĂŒttern von Thallium an Ratten werden
Wachstums- und Entwicklungshemmungen hervorgebracht sowie
gelegentlich Fehlen des Hodens und Adrenalinmangel in den-
Nebennieren, also Zeichen gestörter Funktion des endokrinen
Ringes. Auch die bei lokaler Anwendung des Thalliums ent-
stehende lokale Alopecie ist wahrscheinlich auf direkte SchÀdigung
sympathischer Nervenendigungen im Follikelapparat zu beziehen,
denn in allen FĂ€llen wurde stets ein starker Ausfall der Kopf-
haare beobachtet, der selbst dann auftrat, wenn lokal die Alopecie
ausblieb.
150 PsoriasisfÀlle. 1. macht darauf aufmerksam, daà die
jĂŒdische Rasse ganz besonders fĂŒr Psoriasis praedisponiert ist.
Bab (Berlin).
Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen.
29, Heft 2.
â l'eber den diagnostischen Pneumothorax. S f a Ii 1 . Ii. IĂŒ9.
Beitrag zur Köhlerschen Erkrankung des II. Motatarso-Phalangealgelenkf s.
Valentin, B. 173.
Duodena1 Stenose infolge alter Peritonitis tuherculosa. II o e b s t o I t c r . K.
176.
Zur Entwicklungsgeschichte der Vorrichtungen zur Erzeugung hochgespannter
elektrischer ströme fĂŒr den Betrieb vön Röntgenröhren. Zacher. F. 179.
*H>as Foramen supratroehloare humeri. s <âą h i n z . Hl R. 193.
Zur röntgenologischen Differentaalfliagnose zwischen Hernia diaphragwiatic*
und Eventratio diaphiagmatica und zur rechtsseitigen Eventratio dia-
phiagmatica. Freud. ,7. und E. II o r n e r. 201
l eber eine 1 rrrunisquelle bei der Röntgenaufnahme der obersten Halswirbel
durah den offenen Mund, d ej Quervain. F. 209.
Scheinbare Spaltbildung der WirbeJkorper in der Adoleszenz. Hahn. 0/21(3
Ein Vorschlag zur Charakterisierung der Röntgenstrahlungen. S t a u n i g .
K. 212.
10. Jahrg. â Nr. 37/38.
Aus den neuesten Zeitschriften
571)
Kin neues Trodiosko|i. Ii o r r n z. 210.
Zum Ausbau der s po k t runn-t rix- ln> n Kichungsmclliode. Fritz, 0. 2!*.
Das Milliamperemetor als Mali dar StrahlungsintensitĂ€t. V t i t â /. . o. 223.
Zur Entladung in der Lllicnfeldröhre. Fritz. O. 228.
Zur Encrgievertoilung im Bremnflccka. F r i t z , O. 280.
I " Zur Homogenisierung der Kntladung in der LilionfcldrĂŒhre. F ritz, U. 2,13,
Zur Aetiologic des Kaskadenmagens. F 0 i B I y . R. und A. F r i e d. 237.
«frZur Frage des Studentenuntorrichtes in der medizinischen Röntgenologie.
Weber, Eug. 240.
Ein einfache.« Verfahren zur Herstellung von riuriOzeichiiungcn von Original-
röntgenplatteu und deren zeichnerischer Wert. B e t t m a n 11. 246.
leb er den diagnostischen Pneumothorax. St ah] macht
"darauf aufmerksam, daĂ man die Anlegung eines Pneumothorax
sehr gut zu differentialdiagnostischen Zwecken verwenden könne
und in speziellen Fallen auch mĂŒsse, da eventuell nur hierdurch
die Feststellung der vorliegenden Krankheit möglich sei.
I>hs Foramen supratrochleare hĂŒmeri. Die Wand /.wischen
'ĂFossa olecrani humer i und Fossa coraeoidea humeri ist nor-
malerweise sehr dĂŒnn; in nicht seltenen FĂ€llen ist sie ge-
schwunden und es hat sich eine Perforationsöffnung- gebildet:
roramen supratrochleare humeri; so daĂ eine Kommunikation
/.wischen Fossa olecrani und Fossa coraeoidei entsteht. Beim
Kinde unter 7 Jahren wurde es nie beobachtet. Das Auftreten"
eines Foramen supratrochleare bedeutet eine Erweiterung des
Bewegungsumfanges des Ellenbogengelenkes. Sein familiÀr-here-
ditÀres Vorkommen wurde konstatiert. Im Anschluà an supra-
kondvlÀre Frakturen des Humerus scheint durch Störung des
Ossifikalionsprozesses gelegentlich ein kleines rudimentÀres ein-
seitiges Foramen supratrochleare zu resultieren.
Zur Frage des Studentenunterrichts in medizinischer Rönt-
genologie. Der ordentliche Professor der medizinischen Rönt-
genologie der Kiewer UniversitĂ€t zeigt uns in einem ausfĂŒhr-
lichen Programme wie eingehend und tief die Studenten in Kiew
in die Röntgenologie eingefĂŒhrt werden. Wenn derartiges wirk
lieh in Moskau, Petersburg und Kiew eingefĂŒhrt und auch wirk-
lich frequentiert wird, dann wird es endlich Zeit, daĂ wir â das
Volk der Denker â diese Fortschritte der Sowjeiregierung auch
bei uns zur Geltung bringen. Michaelis (Bitterfeld).
Klinische MonaisblĂ€iier fĂŒr Augenheilkunde.
MĂ€rz 1922.
$Ein Fall ron doppelseitigem indolenten KandfurcbengesehwĂŒr der Hornhaut
(Dystrophia marginalis corneae) mit traumatischer Entbindung; der Linse
auf beiden Augen durch den Patienten selbst. V h t h 0 f f . W. 289.
Ueber den experimentellen Nachweis des FlĂŒssigkeitsabflusses aus der vor-
deren Augenkammer des lebenden Tieres bei normalem und subnormalem
Augeindrucke. Seidel. E. 291.
Kokain-Alkoholinjektiou am Ganglion sphenopalatiimm. E 1 s C h n i g, A. 295.
Zur Stumpfbildung nach operativer Entfernung des Auges. H a n s s e n, R.
â p: âą 800.
I 4>Doppplkatarnkt entfernt aus einem Auge. M À r q u e z. 305.
I 4*Tuberkulin bei Augcnerkrankungen. Goerlitz. M. 306.
âą Die klinische Bedeutung des optischen Drchnystagnius. O h m . J. .123.
⹠<J»Da.« Verhalten der Augen im .Schlafe. I' i e t r 11 s k y , F. 3.V>.
Ueber IschÀmie, der Netzhaut. K u h i k, J. 361.
Doppelseitige Neuritis optica wÀhrend der Laktation mit temporÀrer Er-
blindung und gĂŒnstigem Ausgang links nach I I tagiger Amaurose.
Meiling hoff, R. 371.
Eine seltene MiĂbildung des inneren I.idwinkels. P i c h 1 e r . A. 378.
Ein Fall von doppelseitigem indolenten RandfurchengeschwĂŒr
der Hornhaut (Dystrophia marginalis corneae) mit traumatischer
Entbindung der Linse auf beiden Augen durch den Patienten
selbst. Das Wesentliche des einzig dastehenden Falles ist in der
Ueberschrift gesagt. Die Keratitis bestand jahrelang. Durch
einen unvorsichtigen StoĂ mit dem Finger ins Auge, stöĂt sich
infolge ZerreiĂens der verdĂŒnnten Randteile der Hornhaut erst die
jjLinse der rechten und nach 12 Jahren auf gleiche Weise des
Rinken Auges ab. Die Hornhauterkrankung ist seit vielen Jahren
bekannt. Sie befÀllt das spÀtere Lebensalter.
Doppclkatarakt entfernt aus einem Auge. Nach regelrechter
Entbindung einer getrĂŒbten Linse durch einfache Extraktion blieb
die Pupille durch eine trĂŒbe Masse weiter dunkel. Bei Druck
auf die Hornhaut kam ein zweiter Star zu Tage. Es waren zwei
'Plankonvexe Linsen verbunden durch die flache OberflÀche.
Diese Trennung der Linse wurde durch eine frontale FlÀche her-
beigefĂŒhrt in zwei Abschnitten, einem "vorderen und einem hinte-
ren. Die FĂ€lle sind sehr seilen, aber nicht unbekannt.
Tuberkulin bei Aug ener krank ungen. Dem Tuberkulin komml
ein groĂer Heilwert bei tuberkulösen Augenerkrankungen zu.
fc. hat entweder nur nach Sonndorf geimpft oder mit verschiedenen
TuberkulinprÀparaten eingespritzt. Unangenehme Nebenwirkun-
gen lassen sich durch vorsichtige Dosierung vermeiden Siels
muĂ wie bei allen Behandlungsarten individualisier! werden Man
kommt bei dem einen Kranken besser mit Alttuberkulln, bei dein
anderen mit Neutuberkulin oder Bazillenemulsion vorwÀrts; bei
manchem fĂŒhrt erst ein Wechsel der PrĂ€parate zum Ziel, be-
sonders auch beim Auftreten von BĂŒck fĂ€llen. Oft fĂŒhrl die ver-
hĂ€ltnismĂ€Ăig einfache Impfung nach Ponndorf ZU einem guten
Ergebnis. - Die Möglichkeit einer Auslosung in Lokalreakliom n
an unerwĂŒnschter Stelle, z. B. an der Lunge, besieht bei jede:
Art von Tuberkulinbehandlung. Deshalb sollen nur solche FĂ€lle
dieser Behandlung unterzogen werden, bei denen neben der ört-
lichen Indikation, also dem erhofften Nutzen am Auge auf die
Möglichkeit weiterer örtlicher Reaktionen (denen Gefahr gewöhn-
lich gering ist!) mit in Kauf genommen werden kann. Dahin ge-
hört nicht die skrophulöse Augenerkrankung, die im allgemeinen
auch ohne diese spezifische Therapie ausheilen. Sollte sie doch
aus bestimmten GrĂŒnden angezeigt sein, dann empfiehlt sich das
Verfahren nach Ponndorf. Im allgemeinen lĂ€Ăt sich sagen, daĂ
man bei jeder Art von Tuberkulinbehandlung dieselben Erfolge
und dieselben MiĂerfolge haben kann, ebenso bei jeder Art von
angewandtem TuberkulinprÀparat. Je stÀrker die lokale Reaktion
an der Impfstelle bei dem Ponndorfschen Verfahren, um so star-
ker die Wirkung auf das Augenleiden. Eine nochmals mehrere
Monate nach der Heilung festgesetzte Impfung scheint geeignet,
den Dauererfolg zu befestigen. Vor den TuberkulinprÀparaten be-
vorzugt G. die Bazillenemulsion. Sie macht die geringste Tempe-
raturreaktion, sie wirkt am stĂ€rksten â scheint am meisten vor
BĂŒckfĂ€llen zu schĂŒtzen. Man darf sich durch anfĂ€nglich schein-
bare MiĂerfolge nicht abschrecken lassen, in der Behandlung fort-
zufahren. Die Technik der Anwendung, die niemals Schablonen,
haft gehandhabt werden darf, spielt eine groĂe Bolle. Im allge-
meinen wird folgendermaĂen vorgegangen: 1/B00 mg der Trocken-
substanz bei Bazillenemulsion, möglichst '2â .'1 Einspritzungen
zwischen die SchulterblÀtter, jedesmal in 1j600, spÀter 1 und
schlieĂlich V10 mg steigend; bei Temperatursteigung nach acht
Tagen noch einmal dieselbe Dosis; erst steigen, wenn diese reak-
tioneller vertragen ward. Im allgemeinen nicht ĂŒber 1 mg hinaus-
gehen. Diese Dosis dann zunÀchst alle acht Tage, dann alle 1 1
Tage und schlieĂlich mehrere Monate lang alle vier Wochen. â
RegelmĂ€Ăige Gewichtskontrolle ist wichtig;. bei stĂ€rkerer Ab-
nahme ist die Kur zu unterbrechen oder aufzugeben. - Ein groĂer
Fortschritt ist die gleichzeitig durchgefĂŒhrte intravenöse Ein-
spritzung von Krysolgan.
Das Verhalten der Augen im Schlafe. Die Hornhaut ist im
Schlafe hĂ€ufig trĂŒbe. Die TrĂŒbung wird durch abgestoĂene Epi-
thelien vermischt mit Konjunktivalsekret hervorgerufen. â Die
am hÀufigsten beobachtete Schlafstellung der Augen ist die Diver-
genz nach oben. â Im Schlafe bewegen sich die Bulbi und zwar
oft einzeln und ungleichsinnig. Auch radförmige Bewegungen
treten auf. â Die Enge der Pupillen im Schlafe ist ein Gradmesser
fĂŒr dessen Tiefe. Bei SĂ€uglingen unter 3 Monaten ist die Pupille
im tiefsten Schlafe deutlich weiter als bei Erwachsenen. Die bei
Erwachsenen im Augenblicke des Erwachens plötzlich auftretende
starke Pupillenerweiterung ist bei SĂ€uglingen langsamer und
weniger ausgiebig. Die Lichtreaktion ist umso deutlicher, je
oberflÀchlicher der Schlaf ist, ebenso die Reaktion auf sensible
und akustische Beize. Bei lÀngerem Beobachten tritt ein Schwan-
ken der Pupillen ein. Enslin (Berlin-Steglitz).
Zeitschrift fĂŒr soziale Hygiene, FĂŒrsorge- und Krankenhaus-
wesen.
3, Nr. 11.
â Was können wir fĂŒr Deutschland den schwedischen Erfahrungen mit der
Lex veneris entnehmen? Haustein.
âąfrDie Untersuchung«- und UcberwaehungsĂ€rzte der Gewerbeordnung.
H a n a u e r.
Wird uns diei Meldepflicht fĂŒr Tuberkulose in ihrer BekĂ€mpfung weiter-
bringen? P a e t s c h.
Nachruf fĂŒr Professor Blaschko. C h 0 j 6 s.
Was können wir fĂŒr Deutschland den schwedischen Er-
fahrungen mit der Lex veneris entnehmen? Die namenlose
Meldung aller in Behandlung kommender Geschlechtskranker hat
keinen Vorteil und hat nur statistisches Interesse. Eine Er-
fassung der Infektionsquellen wird fĂŒr gröĂere StĂ€dte immer
illusorisch bleiben. Wir mĂŒssen uns darauf beschrĂ€nken, eine
Meldepflicht derjenigen Kranken einzufĂŒhren, die ihre Behand-
lung vernachlÀssigen.
Die Untersuchungs- und UeberwÀchungsÀrztc der Gewerbe-
ordnung. Nachdem Hanauer alle Betriehe angefĂŒhlt hat,
580
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 37/38.
welche einer gesetzlichen Àrztlichen Untersuchung und Ueber-
wachung unterstehen, beleuchtet er die â seiner Ansicht nach â
bestehenden MĂ€ngel des heutigen Fabrikarztsystems. Seine Vor-,
wĂŒrfe gegen die oft recht undankbare TĂ€tigkeit dieser Kollegen
sind in ihrer vorgebrachten Allgemeinheit vollstÀndig unzu-
treffend, er begeht den Fehler, vereinzelte bedauerliche Vor-
kommnisse zu verallgemeinern; soweit ich es beurteilen kann,
betreffen diese Vorkommnisse wohl Kollegen, welche nur neben-
amtlich die Untersuchung der Arbeiter ausfĂŒhrten; Kassenlöwen,
welche mit der bekannten Fixigkeit ihre hundert Patienten in
der Sprechstunde erledigen. Es muà den FabrikÀrzten eine voll-
stĂ€ndig â nach oben sowie nach unten â unabhĂ€ngige Stellung
gesichert werden; dies kann nur durch staatliche Anstellung er-
folgen, wodurch auch die Besoldnngsfrage sich erledigt, sowie
die E-ntlassungs- bezw. die Altersversorgungsfrage. Denn in-
folge der kurzfristigen AnstellungsvertrĂ€ge schwebt immer ĂŒber
diesen Kollegen das Damoklesschwert der Entlassung; sie haben
in der FabriktÀtigkeit ihre besten Jahre verbracht und finden
dann schwer eine entsprechende TĂ€tigkeit. Eine baldige gesetz-
liche Regelung dĂŒrfte sich in nĂ€chster Zeit nicht umgehen lassen.
Michaelis (Bitterfeld).
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
11. Mai 1922, 52, Nr. 19.
Neurologische Skizzen. V e r a g u t Ii . 0. 44."i.
âDigitalis und intravenöse Strophanthintherapio. Staub. H. 417.
Differentialdiagnose der Fettembnlie des Gehirns. T o b 1 e r , J. 452.
PrĂŒfung der SehschĂ€rfe. Strebet', I. 45fi.
âErsatz der DĂŒhrsentaniponade. S c h r e i b e r , E, 4;">8.
»
Ueber Digitalis und intravenöse Strophantin-Therapie. Die
Indikationen zur Strophantin-Therapie sind nur aus der allge-
meinen Kenntnis der Wirkung der Digitaliskörper heraus richtig
zu beurteilen.
Aus den AusfĂŒhrungen des Verfassers geht hervor, daĂ kleine
Dosen, wie sie vorwiegend therapeutisch gebraucht werden, vor-
nehmlich Herzwirkung, gröĂere Dosen (ĂŒber 0,5 mg intravenös)
daneben ausgesprochen vasokonstriktoriscbe Wirkung ausĂŒben.
Das gilt besonders fĂŒr die amorphen Strophantine, welche ĂŒber-
haupt die fĂŒr die Praxis gĂŒnstigeren PrĂ€parate darstellen. Die
Resorption peroral. zugefĂŒhrter Digitaliskörper erfolgt ausschlieĂ-
lich im Darm. Bleibt ein DigitalisprÀparat lange im Magen liegen,
so wird seine Wirksamkeit durch die Verdauungsfermente herab-
gesetzt. Die einzelnen DigitalisprĂ€parate sind gegenĂŒber den Fer-
menten verschieden resistent. So wird z. B. die Wirkung des
wasserlöslichen Strophantins im Magen erheblich abgeschwÀcht
und die orale Medikation ist deshalb wenig erfolgreich.
Wenn wir zur intravenösen Therapie Herzkranker greifen,
so tun wir es meist der schnellen Wirkung wegen; hierfĂŒr kommt
einzig Strophantin in Betracht. Die Herzwirkung der Digitalis-
körper tritt erst ein, wenn eine gewisse Menge im Herzmuskel
gespeichert ist, wÀhrend Strophantin momentan nach dem Ein-
bringen einer genĂŒgenden Dosis in den Kreislauf zu wirken be-
ginnt. Wie Gottlieb nachwies, kann auch die intravenöse Digi-
talisanwendung brecherregend wirken. Strophantin zeigt diese
zentrale Wirkung nicht oder nur in geringem Grade. Strenge
Indikationen fĂŒr intravenöse Strophantininjektionen sind die
akute HerzschwÀche und die Herzinsuffizienz, die DigitalisprÀpa-
rate oral und intravenös nicht vertragen. Allzu Aengstliche be-
schrÀnken sich auf diese beiden Anwendungsgebiete.
FĂŒr die Dosierung des Strophantins ist es wichtig zu wissen,
ob der Patient in den beiden dem Anfall . voraufgehenden Tagen
Digitalis bekommen hat. In "letzterem Fall soll die Dosis nicht
mehr als 0,3 mg betragen, darf aber im Verlauf von 12 â 24
Stunden wiederholt werden, wenn sich keine Intoxikalions-
erscheinungen, z. B. Bigeminie, zeigen.
Strophantin kumuliert wie jedes DigitalisprÀparat, nur we-
niger stark, deshalb sollen 0,5 mg nicht mehr als 3 Tage hinter-
einander gegeben werden. Bei herzkranken Nephritikern soll
man kleine Dosen, im Anfang vielleicht 2 mal tÀglich 0,2 mg,
nicht ĂŒberschreiten, da eine Ueberempfindlichkeit der Nieren-
gefĂ€Ăe anzunehmen ist und eine vasokonstriktorische Wirkung
die erwĂŒnschte Diurese verhindern wĂŒrde. Die Aortitis luetica
mit Herzinsuffizienz lĂ€Ăt sich sehr gut mit kombinierten Sal-
varsan-Strophantininjektionen behandeln. Arythmien sind allge-
mein durch Digitalis wenig beeinfluĂbar.
Zur Technik der Injektion gehört ein tadelloses». Instrumen-
tarium. Die Reizwirkungen der paravenösen Injektionen sind
fĂŒr den Arzt wie fĂŒr den Patienten gleich unangenehm.
Held (Berlin).
Revue Medicale de la Suisse Romande, Lausanne-Genf.
April 1922, 42, Nr. 4.
âWirkung von Chinin und Chinidin auf das Herz. Turrettini, G. 209*
âSyphilis hereditaria tarda heim Erwachsenen. Du Bois, Ch. 219.
Besserung von GlycÀmie und Glycosurie beim Dia-betiker infolge von Lumbal- '
ptunktion. B i c k e 1 , G. 231.
âDarminvagination durch Darmparasiten. Duiunt, R., und K o e C h 1 i n ,'
H. 233.
âBeitrag zum Studium der Amöbenhepatitis. Morin, J. 23 j.
Kongenitale Herzerkrankungen; klinische' Diagnose. Saloz, Ch. 243. 1
Chinin und Chinidin in ihrer Wirkung auf das Herz. Die An*
Wendung des Chinins bei der totalen Arythmie geht auf einen Zu-
fall zurĂŒck. Ein Patient von Wenckebach teilte ihm mit, daĂ 1 g
Chinin ihm regelmĂ€Ăig seine Herzkrisen coupierte. Wenckebach
ĂŒberzeugte sich von der Richtigkeit dieser Beobachtung und sah
den Erfolg des Chinins nunmehr bei einer Reihe anderer Patien-
ten sich bestÀtigen. Seitdem ist das Chinin und sein Isomer, das
Chinidin, von einer groĂen Zahl von Aerzten angewandt worden.
Seit mehreren Jahren bemĂŒht sich die experimentelle Medizin, die
Wirkung des Chinins auf das Tierherz zu prÀzisieren. Auf Grund
persönlicher Untersuchungen, ebenso wie auf den Erfahrungen
anderer basierend, hÀlt Verf. die genannten Medikamente nur dort
fĂŒr angebracht, wo der Herzmuskel ausreichend resistent ist. Das
Chinin setzt vor allem die KontraktilitÀt des Herzens herab, was
seinen Ausdruck findet in der Verminderung der Pulsamplitude
und in einer leicht festzustellenden Senkung des arteriellen Blut-
drucks. Da bei Patienten mit Vorhofflimmern hÀufig keine Herz-
insufficienz besteht, so kann man bei ihnen die Chininkur einlei-
ten, ohne daĂ Herztonika voraufgegangen sind. Ist der Zustand
des Myokards zweifelhaft, so muà selbstverstÀndlich der Anwen-
dung des Chinins der Gebrauch von herzkrÀftigenden Mitteln vor-
aufgehen, um die bestmöglichen Zirkulationsbedingungen zu schaf-
fen. In der gleichzeitigen Verabreichung von Chinin und Digitalis
besteht ein gewisses Risiko, denn beide Alkaloide haben eine
negative Wirkung auf die LeitfĂ€higkeit des Hisschen BĂŒndels.
Diese parallele Wirkung kann zum Herzblock fĂŒhren. Chinin
bzw. Chinidin sind die einzigen bisher bekannten Mittel, die das
Vorhofflimmern zu unterdrĂŒcken imstande sind. Am wirksamsten
ist die Kur dort, wo das Flimmern noch nicht lange besteht. MiĂ-
erfolge beziehen sich meist auf solche Pat., bei denen die Aryth-
mia perpetua schon lange besteht und bei denen die Störungen des
Herzens zweifellos schon zu anatomischen VerĂ€nderungen gefĂŒhrt
haben. Abgesehen von den ausgezeichneten Resultaten bei der
Arythmia perpetua verdient das Chinin in geringerer Dosis in die
Therapie aller AeuĂerungen von Uebererregbarkeit des Herzens
aufgenommen zu werden.
Syphilis hereditaria tarda beim Erwachsenen. Die praktischen
Tatsachen und Ergebnisse der vorliegenden Studie lassen sich
folgendermaĂen zusammenfassen: Die Syphilis hereditaria tarda
ist hÀufiger als man vermutet. Sie manifestiert sich zu einem be-
liebigen Lebensabschnitt, ohne indessen stets diejenigen Stigma te
zu tragen, die man als klassisch bezeichnet hat. Bis zum Moment
ihres Erscheinens kann der Gesundheitszustand des TrÀgers unge-
trĂŒbt sein, sodann aber tĂ€uscht sie eine vorgeschrittene Syphilis
vor. Leider trÀgt die Serumreaktion, die meist negativ ist, dann
auch nicht zur KlĂ€rung der Diagnose bei. FĂŒhrt eine peinlich
genaue Anamnese nicht zu ihrer Aufdeckung, so bleibt oft nur der
therapeutische Effekt als vollgĂŒltiger Beweis fĂŒr das, worum es
sich gehandelt hat. Von allen Medikamenten wirkt das Salvarsan
am besten und am schnellsten, doch wirft die Heilwirkung dessel-
ben kein Licht auf die intime Natur der syphilitischen Manifesta-
tionen.
Darmparasiten als Ursache der Imagination; kasuistischer
Beitrag. DaĂ auch ein Parasit, im vorliegenden Falle Ascaris,
eine Darminvagination verursachen kann, darauf ist schon mehr-
fach in der Literatur hingewiesen worden. Die Verff. teilen den
hierhergehörigen Fall mit und fĂŒgen, an Hand des Operationsbe-
fundes, noch einige Bemerkungen ĂŒber den Mechanismus des Zu-
standekommens hinzu.
Beitrag zum Studium der Amöbenhepatitis. Mitteilung eines
Falles, der aus verschiedenen GrĂŒnden der Veröffentlichung wert
zu sein scheint. In der Anamnese fehlte die Dysenterie, die Darm-
symptome zu Beginn der Hepatitis, Amoeben und Cysten im Stuhl,
der von harter Beschaffenheit war. Die LeukocytenzÀhlung wir
diagnostisch nicht verwertbar. Dagegen lenkte die VergröĂerung
der Leber, ihre Druckempfindlichkeit, die durch Röntgenbild fest- 1
gestellte herabgeminderte Beweglichkeit des Zwerchfells und die I
Urobilinurie die Aufmerksamkeit auf dieses Organ; aber derl
40. Jahrg. â
Nr. 37/38.
Aus den neuesten Zeitschriften
:,si
scharl' lokalisierte Schmerz, der die Stelle der Probepunktion be-
sliinml, fehlte; allerdings tritt dieser Schmerz hauptsÀchlich in den
Badostadien auf, wenn es sich um einen rentablen AbszeĂ handelt.
Die Wahrscheinlichkeitsdiagnose w inde bestÀtig! durch den thera-
Kutischen Effekt. Angesichts eines Kranken, der sich in LĂ€ndern
aufgehalten hat, wo die Amöbenruhr herrscht, muh man also heim
Auftreten langdauernden Fiebers an eine Amoehenhepatitis den-
ken, selbst wenn alle charakteristischen Symptome der Infektion
fehlen. Der therapeutische Beweis durch das sal/.saurc Kundin
â das spezifische Medikament der Amoebenerkrankung â ge-
stattet dann, die Diagnose zu bestÀtigen oder sie fallen zu lassen.
Held (Herlin).
Nederlandsch Tijdschrift voor Geneeskunde.
4. Marz 1922, 1, Nr. 9.
lieber die Behandlung der Netzhaut-Ablösung mit kochsalzarmer DiÀt.
Marx. E. 834.
âąHeber die Diagnosei und Prophylaxe der Diphtherie. Facce Schacffer.
K~' N. J. M. 841.
t Ueher die Gerinnung des Blutes in der Brusthöhle. Herwerden, M. A.
van. 847.
; Die Krankenhauspflege der Tuberkulosekranken. Wort m a n n, J. L. C. 849.
Ueber die Diagnose und Prophylaxe der Diphtherie. Bisweilen
ist der bakteriologische Befund nicht in Uebereinstimmung mit
den klinischen Erscheinungen. So wurden in einem Falle keine
Bazillen gefunden, wÀhrend die Krankheit doch Diphtherie war
und nach Anwendung des Heilserums heilte. In der Prophylaxe
sind wir oft zu streng. Die BazillentrÀger und die gesunden Leute,
die/ mit dem Kranken in Kontakt gewesen sind, brauchen nicht
streng isoliert zu werden, sondern sie mĂŒssen sich nur in acht
nehmen. Enneking (Amsterdam).
wiedci- normal. Wir wissen, daĂ der Ausgang einer akuten lym-
phatischen LeukÀmie immer tödlich ist.
E n neking 'Amsterdam).
Mospitalslidende. #
1. MĂ€rz 1922, Nr. 9.
âąHeber den EinfluĂ der Belegungen auf die Temperatur besonderi bei
Tuberkulösen. (SchluĂ.) w u r 1 1 e n und Holte u.
Ueber den EinfluĂ der Bewegungen auf die Temperatur, be-
sonders hei Tuberkulösen. Selbst bei kurzdauernden Bewegungen
wurden oft Temperatursteigungen sowohl bei Normalen als bei
Tuberkulosen konstatiert; die letzten bekamen hĂ€ufiger gröĂere
und in der Begel auch lÀngerdauernde Temperatur-Steigungen
als die Normalen. Als Diagnoslicum hat die Probe Bewegungs-
temperatur keinen Wert, da sie ein sehr launenhaftes PhÀno-
men ist.
8. MĂ€rz 1922, Nr. 10.
âŠM'eher die Vaceraebehandlung bei Infektion der Hainwege. W ttlff , Ove.
Ueber die Vaccincbehandlung bei Infektion der Harnwege.
Von 1911â1920 sind an âBigshospitalets'- Abt. C. 100 Patienten
mit infektiösen Leiden in den Harnwegen mit Vaccine behandelt.
45 % wurden geheilt, 39 % besserten sich, und IG % blieben un-
verÀndert.
15. MĂ€rz 1922, Nr. 11.
Untersuchungen ĂŒber den Rauminhalt der Lungen II. L u n d s g a a r d ,
Chr. und Schierb eck, Kn.
Dystrophia elastica follicularis thoracis Ojaevus elasticus Lewandowsky)
W i t h". Carl und Kissmeyer, Arne.
11. MĂ€rz 1922, 1, Nr. 10.
BeitrĂ€ge zur Pathologie der ersten LĂbeiLswdcheu. C. de Lange und J.
C. Schippers. 950.
4*Die qualitative und quantitative anatomische Diagnose der Lungentuberku-
lose. Brachhorst, W. 964.
Die qualitative und quantitative anatomische Diagnose der
Lungentuberkulose. Es ist sehr schwierig, sich aus dem rönt-
genologischen Befund eine gute Vorstellung zu machen von den
pathologischen Prozessen in der Lunge. Die Untersuchungen von
GrĂ€ff und KĂŒpferle werden besprochen, die ihre Aufnahmen
kurz vor dem Tode der Patienten gemacht haben und diese nach-
her studiert und mit den pathologisch-anatomischen PrÀparaten
verglichen haben. Als erste Folge der tuberkulösen Infektion
können wir zwei Fonmen unterscheiden, nÀmlich den produktiven
und den exsudativen ProzeĂ, die spĂ€ter in VerkĂ€sung, Induration
und Zirrhose ĂŒbergehen können. Diese verschiedenen tuber-
kulösen VerĂ€nderungen kann man nun mit groĂer Wahrschein-
lichkeit auf der Platte feststellen. Man darf natĂŒrlich auch der
Köntgenologie nicht eine allzu groĂe Wichtigkeit zuerkennen. Sie
ist ein ausgezeichnetes Hilfsmittel neben den anderen klinischen
Untersuchtungsmethoden. Enneking (Amsterdam).
18. MĂ€rz 1922, 1, Nr. 11.
âJriido-Cyklltis tuherculosa" und Sarkoid nach Boeck. A. .1. de Parange-
B u Ii z e 1. 1061.
[et das Vcstibular-Organ ein Gleichgewichtissinn? F. II. Q u i x. 1071.
Ein einfacher Kolorimeter fĂŒr klinische Diagnostik. .1. d e II a a n.
Schutz-Impfungen gegen Diphtherie. L. A. W e s b y. 1082.
25. MĂ€rz 1922, 1, Nr. 12.
Erforderungen in der Kenntnis' der TrĂŒpenkrankheiten. W. Tb. de Vogel.
1157.
âąH-ymphatischcs Blutbild bei einer akuten Infekjrion. .1. S n a p p e r, R.
R y k e n s und A. F e r m e n. 1168.
Die Malaria. L. A. Filier. 1172.
Lymphatisches Blutbild bei einer akuten Infektion. Nur
wenige FĂ€lle sind bekannt, in welchen eine akute Infektion un-
bekannter Art durch ihre ausgesprochene Lymphocytose den Ein-
druck einer akuten lymphatischen LeukÀmie macht. Ein 23 jÀh-
riges MÀdchen erkrankt plötzlich mit Kopfschmerzen und Fieber.
Man findet eine Pharyngitis mit leichten LymphdrĂŒsenschwellun-
tpn am Halse und nach einigen Tagen eine Angina lacunaris,
aber ohne nekrotische VerÀnderungen. Die Patientin zeigte 25 000
Leukocyten mit 85 % Lymphocyten; leichter Ikterus und geringe
Leberschwellung. Das Fieber war in den ersten 14 Tagen hoch,
sank dann lytisch, und ein Monat nach dem Anfang der Krankheil
wai die Patientin vollkommen geheilt und das Blutbild war
22. MĂ€rz 1922, Nr. 12â14.
Ueber Ileus infolge gewisser angeborenen MiĂbildungen. D a h 1 - I v e r s e n.
12. Mai 1922, Nr. 15.
«|»Ueber Ileus infolge gewisser angeborenen MiĂbildungen. (SchluĂ.) Dahl-
1 v e r s e u.
Ueber die Stellung des Röntgen-Rohrs. W o I f f A a g e r s e.
Ueber Ileus infolge gewisser angeborenen MiĂbildungen an
dÀnischen FÀllen beleuchtet. Der Verfasser hat im ganzen 36
veröffentlichte dÀnische FÀlle gesammelt; bei 29 sind die Occlu-
sions-Symptome gleich nach der Geburt oder in den ersten
Lebensmonaten aufgetreten, wÀhrend bei 7 die Symptome erst
von den 3 â 56 Jahren begonnen sind. In der ersten Gruppe wurde
nur einer bei der Operation gerettet; es handelte sich um ein
11 Tage altes Kind mit Altresia infrapapil. duod. cong. bei dem
eine Duodeno-enteroanastomosis anterior angelegt wurde (das
Kind ist jetzt 6 Jahre alt und ganz normal). In der 2. Gruppe
genasen 2 bei Operation, ein 6jÀhriges MÀdchen mit Stenosis
duod. cong. und ein 20jÀhriges Weib mit Betroposition des Colons.
In 10 FĂ€llen war die Stenose bei Kompression von auĂen aufge-
treten; bei dfen restierenden saĂen die VerĂ€nderungen im Darm-
rand: 14 FĂ€lle Maren Duodenalstenosen oder Atresien, 7 FĂ€lle
DĂŒnndarmsatresien und 3 FĂ€lle waren Retroposition des Colons.
Die meisten von den Kindern starben binnen 14 Tagen, aber meh-
rere wurden doch viel Àlter, der Àlteste SÀugling war beim Tod
7 Monate alt.
19. April, 26. April 1922, Nr. 16â17.
Ueber Fibroadenom.-!, mammae ben MĂ€nnern. Rud. Holser.
3. Mai 1922, Nr. 18.
2 FĂ€lle von Krankheit des RĂŒckenmarks mit besonderem Verlauf. N e e 1
Axel.
Ein Fall von Ruptura intraperitoncalis vesicae nach Expression in Puer-
perium. Zachoriae.
P o v 1 Hertz (Kopenhagen).
El Siglo medico, Madrid.
22. April 1922, 69, Nr. 3567.
Cajal, seine Persönlichkeit, sein Werk, seine Schule. C o r t e z o .
C. M. 421.
Diagnostische Bedeutung der verschiedenartigen Schmerzen und ihre Bedeu-
tung als Grundlage fĂŒr chirurgische Eingriffe. Salazar. R. A. 424.
âInjektionen von sterilisierter Milch in der Therapie. M a r i n A 1 1 1 a t . M.
428.
GegenwÀrtiger Stand der Lehrei VOU der inneren Sekretion. Maranon.
Y. und P o s a d i 1 1 o. 431.
Buchbesprechungen
40. Jahrg. â Nr. 37/38.
Injektionen von sterilisierter Milch in der Therapie. Ver-
fasser berichtet ĂŒber 300 FĂ€lle von Keratitis der verschiedensten
denese, die von ihm mit sehr gutem Erfolge mit Injektionen -
intramuskulĂ€r, subkutan oder subkonjunktival â von sterili-
si^ter Milch in Dosen von höchstens 4 rem behandelt wurden.
Lurje.
29. April 1922, 69, Nr. 3568.
Cajal, seine Persönlichkeit, sein Werk, seine .Schul*. Cortezo', CM. 449.
^Behandlung der Dakryozystitis mit JoddÀmpfen. P e d r a j a. 453.
Hkignost/ische Bediiutung der verschiedenartigen Schmerzen und ihre Be-
deutung als Grundlage FĂŒr chirurgische Eingriffe. Salazar, R.A. 453.
Injektionen von sterilisierter Milch in der Therapi«. Mari n A m a t , M. 45C.
GegenwÀrtiger Stand der Lehre von der inneren Secretion. M a r a fi 0 n Y
Posadillo, D.G. 459.
Verbesserung des Gesundheitszustandes in Spanien. Antufiano. L.M. 463.
Behandlung der Dakryoeystitis mit JoddÀmpfen. Verlasser
berichtet, daĂ er in vieicn FĂ€llen von Dakryoeystitis, bei denen
man sonst zur Exstirpation des TrÀnensackes hÀtte schreiten
mĂŒssen, mit Behandlung mittels JoddĂ€mpfen volle Heilung er-
zielt habe. Lurje.
6. Mai 1922, 69, Nr. 3569.
Klinische Chirurgie. Fort »ein, X. B. 477.
Mastoiditis hei einem Kind von 7 Monaten. B a r a j n s . .1. M. 47».
Injektionen von Milch in der Therapie. M a r i u A m a t . M. 482.
GegenwÀrtiger stand der Lehre von der inneren Sekretion. M a ra n o n 'i
Posadillo. 485.
Verbesserung des Gesundheitszustandes in Spanien, M u-n » /. A h t n n a n <>.
1.. 489.
13. Mai 1922, 69, Nr. 3570.
Cajal. sein W erk und seine Schule. C n r t e z o . C. M. :>0G.
l'cher einen Fall von akuter Osteomyelitis. Cejudö; .1. \. 506.
Ileus und Lagerung nach Trendelenburg. C a r ra SCO, .T. 511.
Injektionen von sterilisierter Milch in der Therapie.. M a r i D A m a t . M. MS.
GegenwÀrtiger Stand der Lehre von der inneren Sekretion. M a rann n V
I" O s ;| (l i | lo. 516.
Rivista Ospedaliera, Rom.
31. Januar 1922, 12, Nr. 2.
â Maligne Endokarditis mit langsamem Veirlauf. Alessandxi, 0. 21.
Fraktur der Diaphyse des Radius mit Luxation der Ulna. Ott. I. 29.
^Einfache Behandlung der Pleuritis puruleuta beim Kinde. R a n u c, c i , F. 33.
Ueber Endocarditis lenta. Im ersten Abschnitt der Arbeil,
die in der folgenden Nummer fortgesetzt werden soll, werden
vier FĂ€lle von Endocarditis lenta ausfĂŒhrlich beschrieben.
Heber eine einfache Behandlungsmethode der Pleuritis puru-
lenta bei Kindern. Verfasser empfiehlt in allen FĂ€llen von
eitrige)' Pleuritis im Kindesalter die Vornahme einer Rippen-
resektion mil anschlieĂender Injektion flĂŒssiggemachter steriler
Vaseline in die Pleurahöhle. Das innerhalb des Körpers wieder
hartwerdende Medikament wird vom Organismus gut vertragen
und verhindert den Kontakt zwischen den PleurablĂ€ttern, so daĂ
das Zustandekommen von AdhÀsionen verhindert wird. Die Eiter-
bildung' hört bald nach der Einverleibung der Vaseline auf. In
vier FÀllen hat das Verfahren innerhalb kurzer Zeit zur völligen
Heilung gefĂŒhrt. F. Kann er.
Paris medicale.
29. April 1922, 12. Nr. 17.
I In nmphroditismus und seine Verschiedenheiten. M 0 u c Ii 8 t. 345. % .
âŠFrĂŒhdiagnose des Uteruskrebses. S i c e d e y. 351.
.âKitragenitale, Bubonen bei weichem Schanker. U a i â i > und L * c a » -
s e y n e. 356.
FrĂŒhdiagnose des Uteruskrebses. Die ganze Prophylaxe liegt
in der richtigen Interpretation der initialen Blutungen, die Aerzte
und Frauen mĂŒssen wissen, daĂ Krebs in jedem Alter und bei
jedem Gesundheitszustand vorkommen kann, es ist besonders auf
Blutverluste zu achten, die auĂerhalb der Regel die Neigung
haben hĂ€utiger und lĂ€nger zu werden und schlieĂlich anzu-
dauern.
Fxtragenitale Bubonen bei weichem Sehanker. Im ganzen
sehr selten, hauptsÀchlich an den Fingern, namentlich am Zeige-
finger, v. S c h n i z e r.
The Lancet, London.
13. Mai 1922, 202, Nr. 5150.
Moderne Untersuchungsmethoden de« Herzens. Har r is , .1. 831.
Adrenalin beim Stokes-Adam'schen Syndrom. Phear. A. G. und Par-
kinson, J. 933.
^Schwierigkeiten beim SĂ€ugen der Kinder. CametOĂŒ, IL C. 9.'S(i.
Subakute und chronische Arthritis: d is Blutbild bei Gicht. M u u r D .
M. H. 93«.
Was ist Stottern V K u m s e y , IL S. .1. 960.
Schwierigkeiten beim SĂ€ugen der Kinder. Verf. bespricht die
verschiedenen Ursachen, warum Kinder nicht sÀugen wollen.
Diese Ursachen sind: Mangelnder Appetit /.. B. bei Infektionen oder
Intoxikationen; Dyspnoe (Nasenkatarrh, Bronchitis, Pneumonie,.
Atelektase, Herzfehler usw.), lokale VerÀnderungen in Mund und
Lippen (Hasenscharte, Fazialisparalvse. Ranula usw. . Geburt«
Iraumen (Gehirnblutung, Knochenfrakturen am Kopfe), schwere
SchlÀfrigkeit und nervöse Reizbarkeit.
Koopman (Haag). .1
Buchbesprechungen.
Romberg, Ernst: Lehrbuch der Krankheiten des
Herzens und der BlutgefĂ€Ăe. 3. Auflage. Stuttgart 1921..
F. Enke. 765 Seiten.
WĂ€hrend wir eine ganze Anzahl vorzĂŒglicher Einzeldar-
stellungen aus dem Gebiet der Pathologie des Hei zens und der Ge-
fĂ€Ăe haben, ist die Zahl der LehrbĂŒcher der Herz- und GefĂ€Ăkrank-
heiten nicht gerade groĂ. Unter den vorhandenen nimmt das*
Romberg' sehe Buch wohl unbestritten den ersten Rang ein.
Die erste Auflage hatte das Verdienst, die erste zusammen-
fassende Verarbeitung der von der Curschmann'schen Schule aiM
fĂŒhrender Stelle geschaffenen neuen Erkenntnisse von der Be4
deutung des Herzmuskels nicht nur bei Klappenfehlern, sondern
darĂŒber hinaus bei einer FĂŒlle von Kreislaufstörungen anderen
Ursprungs zu bringei. In der neuen Auflage sind die Fortschritte
auf diesem Gebiet, wie sie nicht zum wenigsten der Schule des
Lehre von den Rhythmusstörungen des Herzens hat diesmal eine
eingehendere BerĂŒcksichtigung gefunden. Einen besonderen Vor-:,
Verfassers izu verdanken sind, verwertet worden. Aber auch die,
zug des Buches bildete von jeher die sorgfÀltige, auf Kritik und*
Erfahrung begrĂŒÂ»dete Darstellung der Behandlung. H. Vogt.
Victor Klein. Krankheit. Vererbung u n d E h e. Eine"
medizinisch-sozialwissenschaftliche Studie mit bes. BerĂŒcksichJ
tigung des Geschlechtslebens.. Leipzig und Wien. 1921.
Klein stellt in volkstĂŒmlicher Weise die wichtigen Fragen
dar, die sich aus dem Stande der Vererbungslehre und der Rassen-^
hygiene fĂŒr das Geschlechtsleben ergeben. Er gibl zunĂ€chst ein«
Uebersicht ĂŒber die GrundzĂŒge der Vererbungslehre und ihrert
Anwendung auf den Menschen. Dann erlÀutert er die einzelnen^
Krankheilen und bespricht die Wechselbeziehungen zwischen
Krankheit, Vererbung und Geschlechtsleben. SchlieĂlich werden
rassenhygienische und soziologische Fragen im Widerstreit derij
Tagesmeinungen dargestellt.
Es ist sehr wĂŒnschenswert, daĂ sich auch der Laie mit die-^
sen so wichtigen Fragen vertraut macht, das vorliegende Buch]
wird ihm dabei von Nutzen sein. Die Beziehungen zwischen Ehej
und Krankheit, die den Hauptteil des Buches bilden, werden ein^
dringlich und klar geschildert. Der theoretische Teil im Beginne"
des Buches leidet daran, daĂ mancherlei Dinge als sicher hingen
stellt werden, ĂŒber die noch durchaus nicht das letzte Wort ge-}
sprochen ist. Die SchlĂŒsse, die Klein aus seinen Anschauungen
zieht, gehen manchmal recht weit und werden vielfach Wider-
spruch erregen. Im allgemeinen aber ist zu wĂŒnschen, daĂ das'
Buch von denen gelesen wird, fĂŒr die es bestimmt ist. Leider
pflegen die Kreise, die es nötig hĂ€tten, keine groĂen literarischen J
Neigungen zu haben.
An Einzelheilen, denen widersprochen werden muĂ, sei er-
wÀhnt, daà Klein Farbenblinde von der Fortpflanzung aus-À
schlieĂen will (S. 34), daĂ er den Skorbut fĂŒr eine Infektions-«
krankheit mit unbekanntem Erreger hÀlt (S. 71) und daà er Bron-3j
ehialasthma mit Rachitis in ursÀchlichen Zusammenhang bringt j
(S. 87). A. Peip.er, Berlin.
Ludwig Pineussen: Mikromethodik: Verlag Georgl
Thieme, Leipzig, 1921. Pr. Geh. 14.40 M. 116 S. mit 19 Abb.>j
Das BĂŒchlein enthĂ€lt in kurzen und klaren Angaben die ge-
brĂ€uchlichen Mikromethoden fĂŒr das medizinisch-chemische La-
boratorium (Harn, Blut, Gasanalyse und Bestimmung der H-Ionen-^
konzentration). Es ist zur schnellen Orientierung sehr- geeignet ^
und kann fĂŒr jeden, der auf diesem Gebiete arbeitet, warm empfoh-)
len werden. F. L o e w e n h a r d t (Charlottenburg-Westend).
ortschritte der Medizin
Die Wochenschrlfl des prekkjtlscl\erk Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von HANS PUSCH, Berlin SW4Ă, Wilhelm-Sfra&e 20 / Fernsprecher: LĂŒtzow 9057
Nr. 39/40 Berlin, den 11. Oktober 1922 40. Jahrgang
Dar Vorlag behĂ€lt sieh das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist var.
Die Kohlenoxydvergiftung.
Von Dr. Paul M i c h a e Ii s - Bitterfeld. ^
Wohl niemals sind so zahlreiche FĂ€lle von Kohlenoxyd-
svergiftungen vorgekommen, wie in den letztverflossenen
' ren, und auch jetzt noch hören wir aus den Tages-
itungen last tÀglich von neuen Opfern dieses tötenden
ases. Eine Statistik ĂŒber die HĂ€ufigkeit der TodesfĂ€lle
"zw. Erkrankungen durch dieses Gas gibt es z. Zt. nicht;
ach das neuerschienene Buch von Lew in: âDie Kohlen -
xydvergiftung" kann hierĂŒber nichts Bestimmtes berichten.
Dieses klassische Werk L e w ins, wrelches unser ge-
mtes Wissen ĂŒber diese Vergiftimg zusammenfaĂt, wird
r alle kĂŒnftigen Arbeiten, wie auch fĂŒr die vorliegende, die
undlage bilden.
Jedenfalls sind gerade die TodesfÀlle erschreckend
hÀufig, ist doch auch die Entstehungsmöglichkeit eine selten
hĂ€ufige. L e w i n fĂŒhrt das Vorkommen des Kohlenoxyd-
gases in folgenden FĂ€llen an: Ofengase, Gase aus glimmen-
den Balken und Schlacken, Leuchtgas, offene Kohlenfeuer
zur Heizung, offene Kohlenfeuer im Gewerbe, offene Koks-
körbe, Vergiftung bei der Herstellung von Koks und Holz-
kohle, Vergiftung durch kohl enoxydhalti gen Staub, offene
Oefen in MetallgieĂereien, Vergiftung durch Kohlenoxyd in
chemischen Betrieben, Vergiftungen durch Rauch, Brand-
gase, Vergiftung durch Abgase bei Benzin- und Petroleum-
motoren, Hinderungen im Entweichen der Heizgase durch
Gegenwirkungen oder VerschluĂ des Abzugsweges, Hin-
derungen im Gasabzug durch atmosphĂ€rische EinflĂŒsse,
falsche Wege durch Undichtigkeiten oder DurchlÀssigkeiten
in Heizvorrichtungen, konstruktive Fehler in der Heizanlage
hezw. des Rauchabzuges, UnglĂŒcksfĂ€lle bei Dauerbrandöfen
und Oefen ohne Abzug, Giftigkeit von Gasen der Mineralöl-
und Harzdestillation, Hochofengase, Wassergas, Generatoren-
gas, Mischgas, Gasvergiftung durch Zelluloidexplosion, Ver-
giftungen durch Sprengstoffgase, Kohlenoxydvergiftung in
Minen und bei anderen Sprengungen, Schlagende Wetter,
Kohlenoxydvergiftung durch Kriegs-Sprengstoffe.
Das Kohlenoxyd ist ein brennbares Gas, welches sich
durch seine Geschmack-, Geruch- und Farblosigkeit aus-
zeichnet; es weist 57,13 % Sauerstoff und 42,87 % Kohlenstoff
auf. Es ist schwerer als die atmosphÀrische Luft.
Der Kohlenoxydgehalt, welcher in den oben erwÀhnten
Verbrennungsgasen enthalten ist, ist verschieden. So enthÀlt
der Lokomotivrauch bis zu 3,6 %; Kohlendunst aus Stein-
kohlen 0,62 %, aus^ Braunkohlen 28,56 %; die Auspuffgase der
Benzinmotoren 3,7%; das Leuchtgas 3% Kohlenoxyd. In-
teressant ist die Zusammensetzung des Zigarrenrauches.
Nach Habermann liefert 1 g kĂŒnstlich verrauchte Zigarre
bei verschiedenen Sorten im Mittel: Havanna 13,1 cm2,
Kuba 13,6 cm2, Portoriko 19,3 cm2, Virginia 17,4 cm2; 100 g
Zigarettentahak â normal geraucht â ergibt 4124 cm2
Kohlenoxyd. Die Explosionsgase der Sprengstoffe enthalten
26 bis 33 % dieses Gases.
DaĂ die Giftigkeit unseres Gases schon in den frĂŒhesten
Zeiten bekannt war, geht aus zahlreichen Stellen der alt-
römischen und altgriechischen Schriftsteller hervor.
Römische Imperatoren benutzten es, um sich von unlieb-
samen Mahnern zu befreien; zu Selbstmordzwecken diente es
fiĂŒher wie auch jetzt.
Worauf beruht nun die hohe Giftigkeit des Kohlen-
oxyds? Das Kohlenoxyd geht mit dem HĂ€moglobin eine
schwer trennbare Verbindung ein, es bildet sich das Kohlen-
oxydhÀmoglobin; seine AffinitÀt zum HÀmoglobin ist etwa
das 200 fache des Sauerstoffs. Hierdurch ist es leicht er-
klÀrlich, daà schon kleinste Mengen Kohlenoxyd schnell und
leicht im Blute gebunden werden. Das Blut erhÀlt infolge-
dessen eine kirschrote Farbe und bĂŒĂt seine normalen Funk-
tionen ein. Wir beobachten dann einen ausgesprochenen
Sauerstoffmangel. Ein Zerfall der roten Blutkörperchen
findet nicht statt. Die Ausscheidung erfolgt dann, wenn auch
nur langsam, durch die Lungen. Die Schnelligkeit dieser
Ausscheidung ist sehr verschieden, im Anfange der Ver-
giftung erfolgt diese relativ schnell. In einem schweren
Falle hat man schon nach 6 Stunden eine völlige Ausschei-
dung feststellen können.
Hier spielt, wie ja bei allen Erkrankungen, die persön-
liche Disposition und Konstitution eine groĂe Rolle.
AuĂerdem wirkt auch das Kohlenoxyd sicher direkt auf
das Zentralnervensystem; auch soll es gerade hier zu Bildung
von Blutgerinnseln Veranlassung geben.
Wie können wir im Blute das Kohlenoxyd nachweisen?
Als bester Nachweis auf chemischem Wege hat sich folgende
Methode erwiesen:
Man verdĂŒnnt das Blut 1 : 4 und fĂŒgt ihm die dreifache
Menge einer eihprozentigen Tanninlösung hinzu. Es tritt eine
Rosa- bis KirschrotfÀrbung auf, welche nach 24 Stunden am
deutlichsten ist.
Kohlenoxyd in der Luft, lĂ€Ăt sich mit Hilfe von Palla-
diumpapier nachweisen. Bei 0,5 °/oo Kohlenoxydgehalt bildete
sich sofort ein glÀnzend-schwarzes HÀutchen; noch Mengen
von 0,1 °/oo lassen sich so nach etwa 3 Stunden nachweisen.
Der spektroskopische Nachweis im Blute beruht darauf,
daà das KohlenoxydhÀmoglobin 2 Absorptionsstreifen
zwischen den Frauenhoferschen Linien D und E zeigt. Der
helle Zwischenraum zwischen beiden Streifen ist schmÀler
als beim normalen Blut. Da durch die einfache Beobachtung
mit dem Spektroskop diese feinen Unterschiede nur schwer
erkennbar sind, so bedient man sich eines Reduktionsmittels,
Wie des Schwefelammoniums.
Andere Methoden können hier als weniger genau und
umstĂ€ndlich ĂŒbergangen werden.
Schon geringe Mengen Kohlenoxyd in der Luft wirken
schĂ€dlich. So rufen 0,15 â 0,2 %, der Atemluft beigemischt,
recht bedrohliche Vergiftungserscheinungen hervor. 0,37 %
fĂŒhrten nach 2 Stunden zum Tode. Ist 4â5 % etwa 30 Mi-
nuten lang eingeatmet, â es sind dann etwa 7 % des HĂ€mo-
globins durch KohlenoxydhĂ€moglobin ersetzt â so tritt der
Tod sicher ein.
Das klinische Bild der Kohlenoxydvergiftung ist ein
recht wechselndes. Betrachten wir zunÀchst einen typisch
ve rl auf enden Ver g i f t ungsf a 1 1 :
Als erste warnende Zeichen, wie sie L e w i n aufzÀhlt,
stellen sich ein: Unlust zum Essen, Ekel vor Speisen, Druck
am Magen und den Praecardien, brennendes GefĂŒhl an der
Gesichtshaut, zumal der Backen, bisweilen auch bei Kohlen-
dunst- und Rauchvergiftungen: Husten, AtigentrÀnen,
Nasenlaufen, ferner Brausen vor den Ohren, stÀrkeres Pul-
sieren der Temporalarterien, allgemeine Unruhe, AngstgefĂŒhl.
Zittern im Körper und in den Armen, Flimmern und
584
Michaelis: Kohlenoxydvergiftung
40. Jahrg. â Nr. 39/40.
Schwarzweiden vor den Augen, Störungen in der Empfin-
dung mit anÀsthetiscnem Charakter, Druck oder Klopfen in
den SchlÀfen, Schwere und Eingenommensein des Kopfes
oder ein ZangengefĂŒhl um denselben, und vor allem, fast
konstant, Kopfschmerzen in der SchlÀfen- oder noch hÀufi-
ger in der Stirngegend, die auch intermittieren und so stark
werden können, daà sie nach den Angaben von Vergifteten
den Kopf auseinanderzutreiben scheinen. Seltener sind
Schmerzen im RĂŒcken, allgemeine Gliederschmerzen oder
Schmerzen in den Kniescheiben. Ziemlich konstant ist
Schwindel, nicht oft entstehen Gehör- und Gesichtshalluzi-
nationen. Ferner kommen vor: Beklemmung beim Atmen
oder das GefĂŒhl des Luftmangels ohne Dyspnoe und ge-
legentlich auch ein retrosternaler oder ein unertrÀglicher
Schmerz in der Herz- und Magengegend. Der Puls wird
schneller, kleiner, auch unregelmĂ€Ăig. Bei manchen stellt
sich Schlummersucht, bezw. ein GefĂŒhl der Ohnmacht oder
BetÀubung bei blassem, fahlem Gesicht ein, auch ziemlich oft
Uebelkeit und Erbrechen und gelegentlich SpeichelfluĂ.
Hieran schlieĂt sich das Stadium der LĂ€hmung, sodaĂ
es dann dem VerunglĂŒckten nicht mehr möglich ist, aus der
Gefahrzone zu entrinnen. Ist es doch gar nicht so selten,
daĂ wir den VerunglĂŒckten direkt vor der rettenden TĂŒr oder
dem Fenster liegen sehen. Die LÀhmung hat es ihm unmög-
lich gemacht, das Schloà zu öffnen. Hierbei schwindet das
BewuĂtsein bald.
An dieses Stadium sieht man sich das Stadium dei
motorischen Erregung anschlieĂen. Starkes Zittern, klonische
KrÀmpfe, welche sich zum Tetanus steigern. können, Opisto-
tonus, Trismus treten auf.
In diesem Stadium habe ich nicht selten psychische Er-
regungszustĂ€nde â sowohl leichtester als auch schwerster
Art â hinzutreten sehen, oft mit lebhaftem Rededrange.
Das Stadium der Dyspnoe bildet den SchluĂakt dieser
Tragödie. WÀhrend die Gesichtsfarbe im ersten Stadium rot
oder blÀulich-rot verfÀrbt zu sein pflegt, gewinnt jetzt das
Gesicht eine cyanotische Farbe; es wird gedunsen, die Backen
blasen sich oft auf. Schaum tritt vor den Mund, die Pupillen
verlieren ihre ReaktionsfÀhigkeit, die Reflexe erlöschen. Die
Asphyxie nimmt bis zum Tode zu. Charakteristisch ist, daĂ
die HerztÀtigkeit lÀnger anhÀlt als die Atmung.
Alle diese geschilderten Symptome finden wir selten in
einem Fall vereint. Die Prodom alsymptome können voll-
stÀndig fehlen. Der Betreffende kann so schwer reagieren,
daà er sofort hinfÀllt und stirbt.
Die Prognose ist mit Vorsicht zu stellen. Es kann in
jedem Stadium wieder vollstÀndige Genesung eintreten. An-
dererseits können auch leichtere FÀlle, welche anscheinend
glatt abgeheilt sind, noch nach Tagen und Wochen mit töt-
lichem Ausgange enden. Insbesondere ist daran zu erinnern,
daà noch nach lÀngerer Zeit Pneumonie und bei einem be-
sonders disponierten Individuum Tuberkulose auftreten
kann.
DaĂ eine Unfallneurose sich anschlieĂen kann, und zwar
recht hÀufig, brauche ich wohl nicht zu erwÀhnen.
Haben wir im Vorstehenden ein Allgemeinbild der
Kohlenoxydvergiftung gegeben, so wollen wir im folgenden
noch etwas bei den einzelnen Symptomen verweilen.
An der Ă€uĂeren Haut sehen wir Oedeme und Aus-
schlÀge auftreten, in der Art ihrer Entstehung noch unge-
klÀrt.'
Ausgedehnter sind Erscheinungen am Respirations-
traktus. Blutungen aus Nase und Lungen können wir nicht
selten beobachten. Kehlkopf und Trachea bieten die Zeichen
der EntzĂŒndung; Glottisoedem tritt hinzu, wie auch crou-
pöse Membranbildung.
Der Katarrh der Luftwege kann bis in die feinsten
Bronchiolen sich fortsetzen und zu schwerem Asthma fĂŒhren.
Lungenoedem ist nicht selten.
Nicht als ZufÀlligkeiten können wir die relativ hÀufig
auftretenden Pneumonien bezeichnen, welche eine besonders
schlechte Prognose haben, wenn sie einen tuberkulösen
Menschen befallen. Andererseits muĂ man sich hĂŒten, bei
einem Manne, welcher nach einem Kohlenoxydunfalle an
Lungentuberkulose erkrankt, immer diesen Unfall Àtiologisch
verantwortlich zu machen und immer die Lungentuberkulose
als Unfallfolge zu bezeichnen.
Als HerzschÀdigung kennen wir Tachykardie und Puls-
unregelmĂ€Ăigkeit erwĂ€hnen, Herzbeschwerden ohne objek-
tiven Befund dĂŒrften oft psychogen sein?
Als Störungen des Magen-Darmkanals sind Erbrechen
und unfreiwilliger Stuhlabgang zu erwÀhnen, ebenso Blutun-
gen in Magen- und Darmschleimhaut.
NierenschÀdigungen schwererer Art sind nicht mit
Sicherheit auf das Kohlenoxyd zurĂŒckzufĂŒhren.
Zu erwÀhnen ist ferner hepatogener Ikterus und der
Diabetes, »dessen genaueres Entstehen noch völlig unge-
klÀrt ist.
Die Störungen am Gesamtnervensystem sind recht zahl
reich. Die schon erwĂ€hnten Kopfschmerzen sind Ă€uĂerst
variabel, bald treten sie sofort nach dem Einatmen des Gases
ein, bald auch erst nach verschieden langer Zeit.
Neuritis und Neuralgie in den peripheren Nerven â
einfach oder multipel â zeigen das gleiche Verhalten.
HyperÀsthesie, Hyperalgesie sind selten, AnÀsthesie wurde
hÀufiger beobachtet.
Bekannt ist die MuskelschwÀche, das LÀhmungsartige
GefĂŒhl in den ExtremitĂ€ten, welche die UnglĂŒcklichen noch
an der rettenden TĂŒr oder dem Fenster befĂ€llt Bei den aus-
gesprochenen LĂ€hmungen ist wohl in den meisten FĂ€llen
eine zentrale Gehirn -RĂŒckenmarkslĂ€sion anzunehmen. Ana-
tomisch hat man Erweichungsteile im Gehirn und RĂŒcken-
mark gefunden.
Es kann eine typische Hemiplegie â meist rechts â
eintreten; viel seltener sind FĂ€lle von Paraplegie.
Im Gegensatz zu diesen LĂ€hmungen mit ihren Folge-
zustÀnden beobachtet man auch schwere Zittererscheinun-
gen gleich der multiplen Sklerose mit Intensionstremor,
ferner fibrillÀrc Zuckungen an einzelnen Muskelgruppen,
sowie im Bereich einer ganzen ExtremitÀt.
SchlieĂlich seien noch die klonischen und tonischen
KrÀmpfe, Bilder einer Chorea und Epilepsie erwÀhnt.
Was nun die Vergiftungserscheinungen an den Sinnes-
organen betrifft, so sei folgendes hervorgehoben:
Nystagmus und LĂ€hmungserscheinungen der Augen-
muskulatur als Folgekrankheit ist nicht selten, ferner Er-
weiterung der Pupillen, Pupillenstarre, Ungleichheit der Pu-
pillen, paradoxe Pupillenreaktion, sowie Accommodations-
störungen. Die Herabsetzung des Sehvermögens ist eine schon
lange bekannte Folgeerscheinung, desgleichen Blutungen in
der Retina.
Am Ohr macht sich Ohrsausen. Ohrenschmerzen und
Herabsetzung des Gehörs geltend.
Geruchs- und Geschmacksstörungen sind keine seltenen
Erscheinungen.
Tief eingreifend sind die Störungen, welche wir am
Zentralnervensystem beobachten. Der Eintritt der BewuĂt-
losigkeit sowie die AnÀmie wurden bereits oben erwÀhnt:
motorische und sensorische Aphasie werden relativ selten
beobachtet.
Die klinisch" interessanten Kohlenoxydpsychosen können
â als allgemein bekannt â nur gestreift werden.
Wir beobachten ausgesprochene manische Erregungs-
zustÀnde mit Halluzinationen und TobsuchtsanfÀllen. Diese
können sowohl im Begiime der Vergiftung als auch spÀter
noch (bis 12 Tage nach dem UnfÀlle) auftreten. Haben diese
ErregungszustÀnde im allgemeinen eine gute Prognose, so
kann dies von den DepressionszustÀnden nicht gesagt werden.
Krankheitsbilder Àhnlich der Korsakowschen Krankheit,
ausgesprochene, meist unheilbare Demenz, Pseudoparalyse,
gleichend der Paralysis progressiva, sowie Erscheinungen
einer multiplen Skieröse, sehen wir als Folgen der Kohlen-
oxyd vergi f tun g auftreten.^
Haben wir bei der akuten Form der Kohlenoxydvergif-
tung ein scharf umschriebenes, wohl charakterisiertes, wenn
auch sehr variables Krankheitsbild, so zeigt die chronische
tirimme: Bismogenol 585
40. Jahrg. â Nr. 39/40.
Form dieser Vergiftung ein wenig charakteristisches Aus-
sehen. In Betracht kommen alle die Arbeiter, welche in den
oben charakterisierten Betrieben beschĂ€ftigt sind, auĂerdem
rlĂ€tterinnesn, KĂŒchenpersonal, Schneider, Heizer, Gruben-
arbeiter, Laboratorimnschemiker und Àhnliche Berufe.
Die Befallenen klagen nur ĂŒber Kopfschmerzen, Ohren-
Busen, Schwindel, Uebelkeit, Erbrechen, Appetitmangel und
SchwÀche in den Gliedern. Verschieden hoher Grad von
Chlorose und AnÀmie kann konstatiert werden. Die bis-
weilen festgestellte Albuminurie ist Àtiologisch noch nicht
vollkommen geklÀrt. Das Auftreten allgemeiner nervöser
â rscheinungen braucht nach den obigen AusfĂŒhrungen nicht
nĂ€her begrĂŒndet zu werden.
Als Therapie der Kohlenoxydvergiftung hat sich folgen-
des bewÀhrt:
Zuerst bringe man den VerunglĂŒckten in frische Luft.
Leichtere FĂ€lle von BewuĂtlosigkeit reagieren prompt auf
mechanische Haut- und Schleimhautreize. BegieĂen mit
kaltem Wasser, riechen von konzentrierter EssigsÀure,
kĂŒnstliche Atmung, Sauerstoffzufuhr mit Pulmotor und
Inhalat. -Apparat haben mir in zahlreichen schweren FĂ€llen
ausgezeichnete Dienste geleistet; daĂ natĂŒrlich auch Ver-
sager vorkommen, darf diese Methode nicht verwerfen lassen.
In schwersten FĂ€llen soll sich . ein AderlaĂ mit folgender
Kochsalzinfusion anschlieĂen.
Die Muskelstarre, besonders der Trismus, löst sich nach
einer kurzen Aethernarkose dauernd.
Alle anderen Gegenmittel â Ă€lteren und jĂŒngeren
Datinns â haben die praktische Probe nicht bestanden.
Aus dem UniversitĂ€ts-Laboratorium fĂŒr Warenkunde,
Hamburg.
Allgemeines ĂŒber Bismogenol.
Von Dr. Cl. Grimme,
Vorstand der chemischen Abteilung.
Die Einreihung des Wismutmetalls in die Reihe der
Antiluetica erregt sicherlich allgemeines Interesse, zumal
diese neue Therapie zum Teil schon recht erfreuliche Erfolge
aufzuweisen hat.
Ich hatte Gelegenheit, das neue Wismut-PrÀparat Bis-
mogenol*) nÀher zu studieren, sowohl in seiner Ursubstanz
Ăls auch in der gebrauchsfertigen Injektionsform. Erstere
erkannte- ich als amorphes, fĂŒhlloses Pulver, welches frei
war von scharfen Kristallkanten. Ich erwÀhne dies letztere
Tatsache, weil infolge dieses Vorzuges mechanische Reizun-
gen bei Injektionen vermieden werden. Der Gehalt an metal-
lischem Wismut belief sich auf 58â59 %. In chemischer Be-
ziehung spreche ich das Bismogenol als Bismutbyl - Verbi n-
dung einer OxybenzoesÀure an. Infolge besonderer Lagerung
des Wismut-Restes (Bismuthyl == BiO) und bedingt durch
den Fabrikationsgang ist die Verbindung eine so komplexe
und voluminöse, daà diese Tatsache sicherlich dazu beitrÀgt,
gute VertrÀglichkeit zu erzielen.
In toxikologischer Beziehung stellt Bismogenol eine
völlig ungiftige Verbindung dar.
Die: gebrauchsfertige Injektionsform ergab bei makro-
skopischer PrĂŒfung eine fein verteilte emulsionsartige Masse
Ohne Bindungsmittel. Als TrÀger war bestes Olivenöl nach-
weisbar, das durch ein besonderes Verfahren entsÀuert ist,
so daà auch hierdurch jegliche Reizwirkung unmöglich ist.
Meines Erachtens hat das Bismogenol vor der Tartrat-
â erbindung der Franzosen (PrĂ€parat Trepol) groĂe VorzĂŒge.
Im Vergleich zu der spezifisch schweren und kristallinischen
Wismut-Form des Trepols kommt dem Bismogenol unstreitig
die amorphe und voluminöse Eigenschaft auĂerordentlich zu-
statten.
Hoffentlich ist es der deutsehen Wissenschaft vergönnl,
auf dem jĂŒngst beschriltenen neuen Wege rĂŒstig fortzu-
schreiten. Nach den *mir vom Verfasser der Arbeit ĂŒber
*)Hersteller: E. Tosse & Co., Hamburg.""
k : "
Bismogenol-Anwendung zur VerfĂŒgung gestellten Unterlagen
ist das neue PrÀparat Bismogenol selir wohl imstande, in
der neuen Therapie eine Hauptrolle zu spielen.
Ăberoiick ĂŒber die geschichtliche Entwicklung
der Hsycaiatrie im klassischen Altertum.
Von relix Keinhard, DĂŒsseldorf
FĂŒr prĂ€historische leiten, deren ZustĂ€nde wir im Wesent-
nuien aus ĂŒenen uer Heutigen primitiven erschhenen, ist es
typisen, uan, wie ane inneren Krankheiten, so besonders aie
ueisie&iaanAiieuen, iur uamonenweik, âbesessenneif, gehal-
ten weruen. nntspiecnend ist aie merapie aoergiauoiscn una
mystisch una verwendet nur gelegentlich aucn ernpiriscne Mit-
tel. Aunanena ist aas vorkommen in vivo trepanierter bena-
aei in anesten runastatten; sie sind zeugen, oan in frĂŒher
urzeit der Mensen den rvopi seines Mitmenscnen wegen
Kopisciimerzen, wanrscneiniiui aDer auch wegen ueistessto-
rungen (tpuepsie z. ö.) operativ zu öttnen wagte. â Die irren
wurden von /primitiven voiKern im angemeinen rĂŒcksichtsvoll,
ânĂŒman", benandelt.
in den alten orientalischen Kulturstaaten, wie Babylon
und Ăgypten, entwickelten sien neben den der Lnmitiven ana-
logen, aamonistischen Anschauungen die Anlange wissen-
scnaniicner betracntungsweise. in beiden Landern galt als
bitz der ueistesKrankneiten das Merz, da man giauote, uan" die
âbeete" sien vom nerzen aus ais Blut (Babylon; oder Luit
»Ăgypten) durch die Adern bewege.
in onechenland herrschte der Glaube an Besessenheit
auch noch in historischer z.eit; rieilung brachte die LhtsĂŒn-
nung ourch zauderkundige Magier, an neingen Urten, auich
mester und Mystenenkuite. Griechenland ist aber zugleich
die Wiege der abendlÀndischen Wissenschaft, die in gerader
Linie dorther stammt. Die Àlteste Blute oer praktischen wis-
senschaftlichen Medizin, der nippokratismus (rirppocrates
lebte von 40U â Sit v. Our.) braente auch sogieien eine völlig
geistig neie, wissenschaftliche Auffassung uer ueisteskrankhei-
ten. uas ist das grone Verdienst des nippokratismus in der
oeschichte der Psychiatrie â die Lrkenntnis, daii auch die
Geisteskrankheiten, wie alle Krankheiten, natĂŒrliche VorgĂ€nge
sind, nicht mehr und nicht weniger göttlich ooer nichtgottheh
ais jede andere Krankheit. Mit scharfer Ablehnung aller
superstitiösen Ătiologie und lherapie wird das im hippokra-
tischen Korpus ausfĂŒhrlich, mit aller Deutlichkeit und ohne
jede Konzession ausgesprochen (bes. in âHeil. Krkh."). Es ist
geradezu eine Àrztliche Weltanschauung, acr der Hippokratis-
mus mit dieser Erkenntnis und ihrer VerkĂŒndigung die Bahn
gebrochen hat. Alles Erkranken, auch das psychische, ist ein
rein naturgemĂ€Ăes Geschehen, aber niemals irgend eine Stö-
rung der Ordnung der Natur durch wie auch immer beschaf-
fene ĂŒbernatĂŒrliche KrĂ€fte. Wie natĂŒrliche VerhĂ€ltnisse die
Krankheiten heilen, so erzeugen auch natĂŒrliche Ver-
hĂ€ltnisse die Krankheiten. So kann man das berĂŒhmte Hippo-
kratische Wort, vovgoov yvoug i^goi, sinngemÀà erweiternd,
umschreiben. Geisteskrankheit ist gleich Körperkrankheit;
Störungen der SÀfte und QualitÀten des Körpers sind ihre Ur-
sachen. Das ist allgemeine Ăberzeugung der âAsklepiaden";
die Frage aber, was denn der âGeist", wenn er nichts DĂ€moni-
sches, UbernatĂŒrliches ist, eigentlich sei, gebiert in Griechen-
land zum ersten Male ein heiĂes Ringen um Erkenntnis des
innersten Wesen der Natur und des Menschen, ein Ringen,
aus dem auch die AnfÀnge der wissenschaftlichen Psychologie
erwuchsen.
Zwei Begriffe hatten zur Zeit beginnender Wissenschaft
Mythologie und Volks Vorstellung entwickelt: die vom Körper
und Körperstoffe verschiedene, schattenhafte âPsyche", die
nach dem Tode als selbstÀndiges Wesen, aber ziemlich be-
wuĂtlos, im âReiche der Schatten" weitervegetiert, im leben-
digen Menschenleibe aber, auĂer im Traume, sich durchaus
inaktiv verhÀlt; daneben den 'h'fiug = Begriff, die fetisch-
istisch gefÀrbte FunktionsfÀhigkeit aller Organe, allen Kör-
Reinhard: Entwicklung der Psychiatrie im klassischen Altertum
40. Jahrg. â Nr. 39/40.
pergewebes, durch die das GefĂŒhl in das âFleisch" des ganzen
Körpers, das Sehen in die Augen, das Denken, FĂŒhlen und
Wollen aber, also die âseelischen" Funktionen des lebendigen
Menschen, in das Zwerchfell verlegt werden.
Der wissenschaftlich denkende Grieche neigte von vorn-
herein dem ĂŒ-vfiög- Begriffe zu: es war ihm einleuchtend, daĂ
das Geistige eine Eigenschaft aller Materie, und die materielle
Bewegung das Wesen dieses Geistigen sei bezw. offenbare.
Ein Rest des Psyche-Begriffes erhielt sich einzig vielleicht in
dem Bestreben, einen bestimmten, Stoff als spezifischen
Seelen- und Weltenstoff zu finden, wobei man auch bald auf
die Luft, als das Analogon der âhauchartigen" Psyche verfiel.
In der frĂŒhesten medizinischen Wissenschaft traten
schlieĂlich zwei Ansichten hervor und einander gegenĂŒber:
die, von Empedokles inaugurierte, von der Blutseele mit dem
Herzen als Zentrum, der die knidische Schule sich anschloĂ,
und die durch Diogenes von Apollonia populÀr gewor-
dene, von der Luftseele mit dem Sitze im Gehirn, von alters-
her koische Doktrin. Das Gehirn zuerst als Seelensitz, als
Zentralorgan aller geistigen TÀtigkeit erklÀrt zu haben, ist
die wissenschaftliche Tat des alten Arztes A 1 k m a e o n von
Kroton (za. 500 v. Chr.). SpÀter bekehrten sich unter dem
Zwang der allgemeinen wissenschaftlichen Anerkennung auch
die jĂŒngeren Knider zur âPneumaseele", belieĂen aber das
Herz als Zentrum. â Das ist in groben Umrissen die wissen-
schaftliche Psychologie, auf deren Boden z. Zt. des H i p p o -
k r a t e s, ja, man kann wohl sagen das ganze klassische
Altertum hindurch, Psychiatrie betrieben wurde.
Die koische Schule hat das Verdienst, alle Zeit den Grund-
satz vertreten zu haben: Das Gehirn ist das Organ der Geistes-
tÀtigkeit, und Geisteskrankheiten sind daher Gehirnkrankheiten.
Schriften dieser Schule sind es auch, in denen sich zweifellos
als Folge des durch die stÀndige Voranstellung exakter Kran-
kenbeobachtung geschÀrften klinischen Blickes die besten Be-
schreibungen einiger Zustandsbilder echter Psychosen finden.
Das ist in der hellenischen Medizin selten, da man â wohl
durch die Entschiedenheit, mit der man an der rein somatischen
Natur der geistigen Störungen als Errungenschaft festhielt â
reine Psychosen, primÀre Hirnstörungen, und psychische
Symptome bei primÀr anders bedingten Krankheiten noch
nicht scharf sonderte.
Sprachstörungen, Halluzinationen, Delirien und sonstige
BewuĂtseinsstörungen werden, namentlich von den Koern in
der ihnen gelÀufigen Weise, hinsichtlich ihrer, hÀuptsÀchlich
prognostischen, Beziehungen zu allen möglichen sonstigen,
somatischen Symptomen abgehandelt. â Bis in die neueste
Zeit hinein Jiat die Medizin zwei Krankheitsschilderungen
als selbstĂ€ndige âPsychosen" mitgeschleppt, deren Aufstellung
der Konfundierung von psychischer Grundkrankheit und psy-
chischem Symptom entsprungen ist, den Lethargus, einen so-
porösen Zustand beliebiger Ătiologie, und die Phrenitis, im
wesentlichen das Bild schwerer agitierter Fieberdelirien, wie
sie namentlich bei Pneumonien, Abdominaltyphus, schweren
Malariaformen u. a. vorkommen können. â Auch die Epilep-
sie wurde ihrem Wesen nach den ĂŒbrigen Geistesstörungen
gleichgestellt, galt doch gerade sie den Koern als eine ausge-
sprochene Affektion- des Gehirns durch kalten Schleim, den
Knidiern aber, entsprechend ihren psychologischen Anschau-
ungen, als Affektion ihres supponierten Seelenstoffes bezw.
-Sitzes. Ja, gerade dieses Leiden mit seinem, wenn auch nur
vorĂŒbergehenden, doch totalen BewuĂtseinsschwund und den
sinnlos zappelnden, rasenden Gliederverrenkungen scheint den
Griechen als Seelenstörung Kat' dxtfp gegolten zu haben, wie
auch die Benennung âheilige Krankheit" andeutet. Grund-
sÀtzlich in derselben Weise wird auch die Apoplexie als Stö-
rung der âZentralorgane" angesehen und Ă€tiologisch (Potus
usw.) und klinisch (Kreuzung!) gut erfaĂt.
Bei dieser rein somatischen, pathologischen und klini-
schen Krankheitsauffassung gelang den Flippokratikern nur
einio-ermaĂen die Herausarbeitung zweier Krankheitsbilder,
die echte Fsychosen im modernen Sinne darstellen; es sind
das die beiden, durch ihre GegensÀtzlichkeit und ihre extremen
Erscheinungen selbst der laienhaften Beobachtung als Typen
auffallenden Bilder der Manie und Melancholie â die âTob-
sucht" und die âSchwermut". Erstere reprĂ€sentiert den un-
ruhigen, aktiv erregten abnormen Seelenzustand, letztere die
tieftraurige und Àngstliche, passive Niedergeschlagenheit: die
extreme normale Freude und Traurigkeit oder im Sinne der
griechischen Temperamentenlehre die extremen Grade des
vereinigten cholerischen und sanguinischen, bezw. melancholi-
schen und phlegmatischen Temperamentes. Da nirgends im
Korpus eine zusammenhÀngende Darstellung grundsÀtzlicher
psychiatrischer Gesichtspunkte oder psychiatrischer Systematik
gegeben wird, sondern nur gelegentlich psychische Krankheits-
erscheinungen unter den gewöhnlichen Bildern innerer Krank-
heiten erwÀhnt oder eingereiht werden, so lassen sich auch
keine scharf umrissenen Typen dieser beiden Krankheiten her-
ausschÀlen, ja, es ist sogar wahrscheinlich, daà die Hippokra-
tiker selbst unter den beiden Formen noch nicht durchaus Ein-
heitliches begriffen. Am meisten noch nÀhert sich die Melan-
cholie dem modernen Begriff. â Von den ĂŒbrigen psychischen
Erkrankungen im modernen Sinne gilt prinzipiell dasselbe:
nirgends hört man etwas von einer geschlossenen Sondergruppe
der âPsychosen" innerhalb der Gesamtheit der inneren Leiden,
wo aber gelegentlich ein reines psychisches Krankheitsbild
gegeben wird, ĂŒberrascht, namentlich bei den Koern, die
Sicherheit, mit der der Àrztliche Beobachter das Charakteris-
tische des Zustandsbildes erfaĂt hat; so vor allen bei den, lei-
der nur ganz wenigen, schönen Beschreibungen, die die mo-
derne Systematik als Zwangsirresein und akute Demenz be-
.zeichnen wĂŒrde, und einigen anderen.
Die psychiatrische Therapie ist bei den Hippokratikern
noch wenig charakteristisch, symptomatologisch bedient man
sich der ĂŒblichen Mittel und Methoden; medikamentös spielt
seit altersgrauer Zeit der Helleborus eine Rolle. WĂ€hrend er-
zÀhlt wird, daà schon die Pythagoreer (Pythagoras lebte
zwischen 600 und 500 vor Christi), die freilich in der Heil-
praxis der Mystik stark ergeben waren, und auch Demo-
k r i t o s (ca. 470â370 v. Chr.) die Musik als Heilmittel fĂŒr
Seelenkranke rĂŒhmten, hören wir von den Hippokratikern
nichts ĂŒber psychische Irrenbehandlung, vielleicht eine be-
greifliche, einseitig ĂŒbers Ziel schieĂende Reaktion der gerade
jung errungenen freien Einstellung gegen alles Mysteriöse.
An den grundsÀtzlichen psychiatrischen Anschauungen
der Hippokratiker wurde das ganze Altertum hindurch fest-
gehalten, wie ja die ganze antike griechische, die hellenistische
und die römische Medizin nur eine Ausgestaltung der hippo-
kratischen in die Breite und Tiefe ist. Wohl werden mit
Wachsen der realen Erfahrungen die Krankheitsbilder schÀrfer
erfaĂt, auch wechselnde Versuche zu systematischer Eintei-
lung auf der Grundlage theoretischer Vorstellungen ĂŒber das
pathologische Geschehen sowohl, wie an Hand der Zusam-
mengehörigkeit der klinischen Bilder versucht, aber das We-
sentliche, die rein somatische Natur der Geistesstörungen,
wird dauernd festgehalten, die Abneigung, ihnen irgendwelche
Sonderstellung im System der inneren Krankheiten einzurÀu-
men, erst gegen Ende der Antike nur teilweise ĂŒberwunden.
Die Dogmatik nach Hippokrates bringt nichts we-
sentlich Neues; das Pneuma wird allgemein als Seelenstoff
anerkannt, doch der Seelensitz schwankt noch, sodaĂ von den
beiden gröĂten Philosophen der Zeit, Aristoteles (384
bis 322) sich fĂŒr das Herz, P 1 a t o n (427â347) fĂŒr das Hirn
entscheidet. Letzterer Ă€uĂerte auch einige selbstĂ€ndige Ge-
danken ĂŒber geistige Krankheiten; bei seiner starken dichteri-
schen und mystischen Veranlagung unterscheidet er die mysti-
sche Ekstase von der krankhaften. Er nÀhert sich bereits einer
Sonderauffassung der seelischen Störungen als Störungen
ohne nachweisbares somatisches Korrelat, wenn er ihre Ver-
wandtschaft mit den Leidenschaften und Lastern betont. AuĂer-
dem betont er aber auch den Zusammenhang von körperlicher
und geistiger Gesundheit im Sinne des âmens sana in corpore
sano". Die psychische Behandlung hebt er, der Kenner pytha-
goreischer Weisheit und Praxis, hervor und preist als beste
DiÀtetik der Seele und Prophylaktikum gegen geistiges Er-
kranken die BeschÀftigung mit Musik und Philosophie.
40. Jahrg. â Nr. 39/10.
Standes fragen und soziale Medizin
587
IP- Die Alexandriner, H e r o p h i 1 o s und Erasistra-
jlt os (beide zwischen 300â200 v. Chr. lebend), sind bedeut-
j! sam als die ersten und sogleich grundlegenden Bearbeiter der
!?fAnatomie und Physiologie des Nervensystems. Man sucht
den Seelensitz im Gehirn, kann ihn natĂŒrlich nicht finden und
schwankt zwischen GroĂ- und Kleinhirn, HirnhĂ€uten, -Win-
dungen und -Ventrikeln. Reeller war die exakte Erkenntnis der
Nerven durch ihre definitive Abtrennung von Sehnen und Ge-
fĂ€Ăen, so wie die Unterscheidung von Empfindungs- und Be-
wegungsnerven.
Asklepiades (geb. 120 v. Chr.), der die hellenisti-
j sehe Medizin ca. 90 v. Chr. nach Rom brachte und zum ersten
! Male den atomistischen Materialismus konsequent als grund-
; legende Theorie der Heilkunde ausbaute, der Vater der Àrzt-
j liehen Sctu^le der Methodiker, stand natĂŒrlich streng auf dem
Standpunkte, Geisteskrankheit ist Körperkrankheit. Im Gegen-
satz zu der hippokratisch-dogmatischen Periode schwinden
: mit Asklepiades alle Betrachtungen ĂŒber SĂ€ftedyskrasien
) und Pneuma-Anomalien aus der Pathologie und höchstens der
ĂŒbermĂ€Ăig aktive Zustand des allgemeinen Körpertonus, der
| Status striktus oder die Spannung, und andererseits der ĂŒber-
mĂ€Ăig passive, der status laxus oder die Schlaffheit der Ge-
webe, gelten als Einteilungsprinzip; der Vorteil dieses, schon
von den alexandrinischen Empirikern auf dem Boden der phi-
losophischen Skepsis vorbereiteten Standpunktes war die desto
sorgfÀltigere BeschÀftigung mit der Klinik der Krankheiten,
einschlieĂlich der Therapie. Des Asklepiades unge-
wöhnliches VerstĂ€ndnis fĂŒr das BedĂŒrfnis der lebendigen
Praxis lieĂ ihn auch zum ersten Male neben der somatischen
den hohen Wert der psychischen Behandlung der Geistes-
kranken erkennen. Individualisieren, diesen echt hippokrati-
schen Grundsatz, betÀtigte er, der sonst den Hippokrates
so sehr verachtete, da er ihn mit seinen dogmatischen SchĂŒ-
lern verwechselte. Der groĂe Wert aller hygienisch-diĂ€teti-
schen MaĂnahmen gerade fĂŒr Nerven- und Geisteskranke v/ar
ihm klar: Massage, BÀder, SpaziergÀnge, warme und kalte
Abreibungen wandte er an, wÀhrend er den bei den Kollegen
beliebten AderlaĂ verwarf; auch um die Auswahl der Speisen
-und die Regelung des Beischlafes kĂŒmmerte er sich. Durch
die spezifisch psychische Therapie hoffte er die Zwangsmittel,
die die damalige psychiatrische Praxis noch nicht entbehren
zu können glaubte, möglichst einschrÀnken zu können. Er
berĂŒcksichtigte die Wirkung einer hellen oder dunklen Um-
gebung auf die kranke Psyche, versuchte die Seele durch Mu-
sik und Gesang gĂŒnstig zu beeinflussen usw. Freilich, zur
völligen Aufgabe der Zwangsmittel konnte auch er sich noch
nicht entschlieĂen. (SchluĂ folgt.)
Standesfragen und soziale Medizin.
Erhöhung der SĂ€tze der PreuĂischen GebĂŒhrenordnung.
Die preuĂische GebĂŒhrenordnung vom 15. MĂ€rz 1922 sieht im
§ 13 der Allgemeinem Bestimmungen einen Ausschuà vor, Welcher
in jedem Vierteljahr, erstmalig im September 1922, nachprĂŒft,
ob die GebĂŒhrensĂ€tze dem jeweiligen Teuerungszustand
entsprechen. Die 4 Àrztlichen Mitglieder des Ausschusses werden
vom Aerztekammeraussch>uĂ ernannt, 3 weitere' stellen die Ver-
sicherungstrĂ€ger, und ein. viertes der Minister auĂer dem Vor-
sitzenden. Die sprunghafte Teuerung hat es zuwege gebracht,
daĂ der Septembertermin fĂŒr die Sitzung des Ausschusses nicht
innegehalten werden konnte. Die Sitzung fand schon am 30. Juni
Statt, und zwar unter Zubilligung von 5 Mitgliedern fĂŒr den
KammerausschuĂ und von 4 fĂŒr die VersicherungstrĂ€ger. Eine
Einigung konnte in dieser Sitzung noch nicht erzielt werden.
'Auch nicht in einer zweiten Sitzung am 14. Juli. Das letzte Wort
hatte sodann der Minister fĂŒr Volkswohlfahrt, der unter dem
20. Juri die Verordnung herausgab, wonach vom 1. Juli 1922 ab
Zu den SĂ€tzen der GebĂŒhrenordnung ein Teuerungszuschlag von
45% tritt. > Von sonstigen Aenderungen, ist noch die Zusammen-
setzung des Ausschusses zu erwÀhnen, die in dem Sinne erfolgte,
daĂ sich der AusschuĂ in Zukunft zusammensetzt aus einem vom
Minister zĂŒ ernennenden Vorsitzenden, aus vier von den groĂen
HauptverbÀnden gewÀhlten Vertretern der Reichversicherungs-
trÀger, aus einem von Minister zu bestimmenden Mitgliede, ferner
aus 5 vom AcrzlekarnmcrausschjuĂ zu benennenden Aerzten.
Der groĂe Fehler der GebĂŒhrenordnung besteht darin, daĂ (Iii-
SĂ€tze den Ereignissen nachhinken. Die neubcstimmlen GebĂŒhren
sind durch die sprunghafte Teuerung der letzten Wochen lÀngst
ĂŒberholt, der Teuerlingszuschlag ist also lĂ€ngst veraltet. Tritt
nun, was allerdings nicht zu erwarten ist, eine ErmĂ€Ăigung des
Lebenshallungsindex ein, dann ist zu befĂŒrchten, daĂ der AusschuĂ
oder der Minister diese, und nicht die vorangegangene Teuerung
zur Festsetzung der GebĂŒhren verwertet. Dadurch gehen uns
Werte verloren, die fĂŒr den kĂŒmmerlichen Haushalt des Arztes
nicht ohne Bedeutung sind. Bichtiger wÀre die automatische Re-
gulierung nach dem Monatsindex, wie das vielfach schon jetzt
fĂŒr die kassenĂ€rztlichen Honorare und fĂŒr die ortsĂŒbliche Rege-
lung der Privathonorare gilt. Alexander.
Das Rote Kreuz in der Krankenpflege.
Das Rote Kreuz hat angesichts der vollstÀndigen VerÀnde-
rung und des Abbaus des deutschen HecressanitÀtswesens seine
ursprĂŒnglichen Ziele, nĂ€mlich die FĂŒrsorge fĂŒr die Verwundeten
und die Vorsorge fĂŒr die dazu nötigen Einrichtungen auf ein
MindestmaĂ reduzieren mĂŒssen. Es hat zwar stets in Friedens-
zeiten auch in allen Zweigen der Wohlfahrtspflege eine segens-
reiche TĂ€tigkeit entfaltet, doch erschien diese mehr als eine
nebenamtliche. Nun hat das Rote Kreuz seit dem Frieden ver-
sucht, sich auf die öffentliche Wohlfahrtspflege mehr als bisher
umzustellen, aber innerhalb der Reihen der Organisation ent-
standen Differenzen und Abbröckelurigen. Da nun das A b -
zeichen des Roten Kreuzes staatlich geschĂŒtzt war, entstand
die Gefahr, daĂ die dissentierenden Elemente, besonders auf dem
Gebiete der Krankenpflege, mit dem staatlichen Schutze
MiĂbrauch trieben. Auf Grund dessen hat sich eine neue Verein-
barung ĂŒber die Erteilung der Erlaubnis zum Gebrauche des Ab-
zeichens fĂŒr die freiwillige Krankenpflege als notwendig er-
wiesen. Der Reichsminister des . Innern hat deshalb im Einver-
nehmen sÀmtlicher Landesregierungen angeordnet, die Erlaubnis
nur denjenigen Vereinen einschlieĂlich der Ritterorden und geist-
lichen Orden zu erteilen, welche sich im deutschen Reiche der
Krankenpflege widmen und durch eine Bescheinigung des Reichs-
ministeriums des Innern nachweisen, daĂ sie zur UnterstĂŒtzung
des amtlichen SanitÀtsdienstes bei öffentlichen NotstÀnden und
bei inneren Unruhen zugelassen sind. Zur Entscheidung ĂŒber die
Zulassung sind folgende GrundsÀtze aufgestellt: Die Vereinigung
hat sich zu verpflichten, im Bedarfsfalle zur UnterstĂŒtzung des
amtlichen SanitÀtsdienstes mindestens die HÀlfte ihres Personal ,
zur VerfĂŒgung zu stellen. Die Vereinigung muĂ mindestens 10
Mitglieder und einen Vorstand haben,, der der Ortspolizeibehörde
und dem zustÀndigen beamteten Arzt einwandsfrei erscheint. Die
Mitglieder mĂŒssen unbescholten sein. Das Personal muĂ körper-
lich leistungsfÀhig und technisch vorgebildet sein durch min-
destens einjÀhrige PflegetÀtigkeit in einem Krankenhause und
eine besondere PrĂŒfung. Die Vereinigung hat fĂŒr Wiederhol'rings-
kurse Sorge zu tragen. Sie hat die Dienstkleidung zu stellen.
Alexander.
Der Bayrische Aerztetag (LandesÀrztekammer).
Auch der 4. Bayrische Aerztetag, der am 8. und 9. Juli in
NĂŒrnberg abgehalten wurde, hatte eine ĂŒber die lokalen Ver-
hÀltnisse hinausragende Bedeutung. Nach dem vorliegenden Be-
richt hatten besonders die neue Standesgerichtsordnung
und der Stand der A e r z t e v c r s o r g u n g lebhaftes Interesse
erweckt. Bayern entbehrt noch einer gesetzlich festgelegten staat-
lichen Standesorganisation. Die bayerischen Aerztekammern. die
auf Wahlen der Bezirksvereine aufgebaut sind, sind zwar vom
Staate anerkannt, haben aber keine Zwangsbefugnisse, insbes.
kein auf die Gesamtheit der Aerzte zutreffendes Umlagerecht, und
keine mit staatlichen Hoheitsrechten ausgestaltete Ehrengericht s-
barkeit. Da die Aussichten, dieses Ziel zu erreichen, gering zu
sein scheinen, ist nun eine alle Bezirksvereine bindende St an
desgerichtsordnung von kundiger Seite ausgearbeitet und
vom Aerztetage beschlossen worden. Die Gerichtsverfassung ist
bis in die kleinsten Einzelheiten durchgefĂŒhrt, und betrifft das
Vermittlungs- und das eigentliche Ehrengerichtsverfahren. Letzte-
rem fehlt natĂŒrlich die Pflicht der Zeugenaussage und der Slraf-
befolgung durch diejenigen Kollegen, die auĂerhalb der Bezirks-
vereine stehen, und das sind meist diejenigen, die durch das Ver-
fahren am ersten getroffen werden sollen. Es fehlt auch das
Recht der Beeidigung. Ob hiernach es nicht mehr opportun ge-
wesen wÀre, auf die Ordnung zu verzichten und den Staat immer
und immer'wieder zu einer gesetzlichen Regelung zu drÀngen, sei
dahingestellt. MerkwĂŒrdigerweise ist gerade dieser Weg fĂŒr die
Versorgung der Aerzte eingeschlagen worden.. Nach eingehen-
den Beratungen hat man sich entschlossen, den Staat um eine
588
Standesfragen und soziale Medizin
40. Jahrg. â Nr. 39/40.
Zwangsversicherung aller bayerischen Aerzte anzugehen und das
Ministerium scheint nicht abgeneigt zu sein, diesen Weg zu be-
treten. Hiermit wird ein neuer Typ der Versicherung geschaffen
werden, nÀmlich der der Zwangsversicherung der freien Berufe.
Die staatliche Zwangsversicherung des Reiches hat bisher be-
wuĂt nur die unselbstĂ€ndigen StĂ€nde in seine Sozialversicherung
einbezogen und die freien Berufe ausgeschlossen, weil vorausge-
setzt wurde, daĂ deren Mitglieder, sei es als Einzelpersonen, sei
es von Standeswegen, die notwendigen Vorkehrungen selbst tref-
fen werden. Mit der Zwangsversicherung eines bestimmten Be:
rufes wĂ€re der allgemeinen Volksversicherung TĂŒr und Tor ge-
öffnet. Das gibt zu denken. Auf Einzelheiten des Entwurfes,
der in seinen GrundzĂŒgen auf dem Aerztetag vorgetragen wurde,
hier einzugehen, erscheint verfrĂŒht, solange der staatliche Entwurf
nicht veröffentlicht ist. Alexander.
Der WĂŒrttembergische Aerztetag in Ulm.
Der WĂŒrttembergische Aerztetag in Ulm bot eine Reihe inter-
essanter Erörterungen ĂŒber Standesfragen, die weit von Bedeutung
ĂŒber die Landesgrenzen hinausragen. Ein deutscher Aerzte-
tag findet in diesem Jahre nicht statt. Die GrĂŒnde fĂŒr diese Zu-
rĂŒckhaltung mögen stichhaltig sein; die Gefahr ist aber nicht von
der Hand zu weisen, daĂ durch das AufblĂŒhen der Landesorgani-
sationen der Gedanke des Zusammenschlusses der deutschen
Aerzteschaft allmĂ€hlich verblaĂt. Es verdient deshalb hervorge-
hoben zu werden, daĂ der so heftig als partikular istisch ver-
schriene preuĂische Aerztestand trotz seiner weit ausgebilde-
ten örtlichen Organisationen noch keinen eigenen Aerztetag besitzt.
Neben einer erfreulichen Regelung der Kassenarztfrage und
dem Berichte ĂŒber das Gedeihen der neuen Versorgungskasse
weckte das gröĂte Interesse das Thema der Ă€rztlichen
Niederlassungsmöglichkeiten, weil der gefaĂte Be-
schluĂ frei von allen lokalen Tendenzen in groĂzĂŒgiger Weise den
Interessen der gesamten deutschen Aerzteschaft Rechnung trÀgt.
Der BeschluĂ lautet: Der W. A. V. verlangt vom Leipziger Ver-
band, daĂ durch gleichmĂ€Ăige EinfĂŒhrung der organisierten freien
Arztwahl, durch Aufhebung der Karenzzeit und durch Errichtung
von Wohlfahrtseinrichtungen ĂŒberall im Deutschen Reich Ă€hn-
liche Bedingungen geschaffen werden wie sie WĂŒrttemberg fĂŒr die
Niederlassung von Aerzten hat. Zur Erreichung dieser Ziele er-
wartet der W. A. V. die rascheste DurchfĂŒhrung der Reorganisa-
tion des L. V. und Schaffung eines Reichsarbeitsnachweises, der
mittelst einer periodisch wiederkehrenden Statistik ĂŒber die Be-
zirke mit freier Arztwahl und mit fixiertem Kassenarztsystem,
ĂŒber das kassenĂ€rztliche Durchschnittseinkommen, sowie ĂŒber die
Arztdichte ein Rild ĂŒber die wirtschaftliche Lage der Aerzte an
die einzelne Gaue gibt. Der Vorstand des W. A. V. wird ermÀch-
tigt, nach § 2 Z 10 a des WĂŒrttembergischen LandesĂ€rzteverlnmes
an Orten, an welchen durch UeberfĂŒllung mit Aerzten die Existenz
der insherigen Aerzte bedroht ist. fĂŒr neuzuziehende Aerzte im
EinverstÀndnis mit dem L. V. eine Wartezeit festzusetzen.
Hiermit ist der Theorie und Praxis in gleicher Weise Rech-
nung getragen. Fraglich ist nur, ob die Vorbedingungen fĂŒr die
erfolgreiche AusfĂŒhrung nach Lage der VerhĂ€ltnisse in abseh-
barer Zeit erfĂŒllt werden können. In Rezug hierauf sind berech-
tigte Zweifel, soweit ganz Deutschland in Frage kommt am Platz.
Noch ist der L. V. in seinen Einzelorganisationen nicht genĂŒgend
ĂŒberall gefestigt, noch fehlt die Möglichkeit, ĂŒberall die freie
Arztwahl durchzufĂŒhren. Ganz im argen liegt die richtige Aus-
bildung der Arbeitsnachweise und ganz unmöglich ist infolge-
dessen die gleichmĂ€Ăige, den BedĂŒrfnissen entsprechende Ver-
teilung der Aerzte ĂŒber Stadt und Land. Erfreulich aber ist, daĂ
trotz dieser Hindernisse den alten LadenhĂŒtern: numerus clausus
und Karenzzeit der LaufpaĂ gegeben ist.
Zur rechten Zeit erschien in den letzten Tagen ein Rechen-
schaftsbericht des Leipziger Verbandes. Den allgemeinen
Forderungen, wie sie in Ulm aufgestellt worden sind, schlieĂt er
sich rĂŒckhaltlos an, aus dem* Rericht ĂŒber den Stand des Orga-
nisationswesens ergibt sich jedoch, daĂ die Verwirklichung der
Forderungen noch recht viel zu wĂŒnschen ĂŒbrig lĂ€Ăt. Auffallend
ist, daĂ der L.V. die Reorganisation der Stellenvermittlung
mit keinem Worte erwÀhnt, und doch ist er beinahe der Eckstein
fĂŒr alle MaĂnahmen zur DurchfĂŒhrung der anderen Forderungen.
Alexander.
Luftbadkuren fĂŒr Kinder.
In einem Aufsatze der Deutschen Medizinischen Wochen-
schrift Nr. 22 berichtet Frau Dr. JEdinger ĂŒber Erfolge halb
tÀgiger Luftbadkuren bei Kindern. Die seit 15 Jahren bestehende
Einrichtung in Frankfurt a. M. bezweckt; schwÀchliche Kinder
wÀhrend 6 Stunden auf einem frei gelegenen Platze der Ein-
wirkung von LuftbÀdern auszusetzen. Die Kinder erhalten auch
eine nahrhafte Mahlzeit, werden auĂerdem abgewaschen und ge-
duscht. Die Eingewöhnung an die Luftströmungen-bei unbeklei-
detem Körper erfolgt leicht. Die Kur dauert mindestens
4 Wochen, ĂŒber etwaige VerĂ€nderungen entscheidet der Y, r
trauensarzt. Die Erfolge bei Rachitis, Skrophulose, Blutarmut
und Dyspepsie waren sehr gute, obwohl die Gewichtszunahme
im Durchschnitt nicht mehr als 1 Kilo betrÀgt.
Es verdient hervorgehoben zu werden, daà die FreiluftbÀder
auch fĂŒr Erwachsene ein sehr wirksames Anregungsmittel,
und zwar im Sommer und Winter, darstellen. Die Indikationen
mĂŒssen Ă€rztlich gestellt werden, in Frage kommen insbesondere
solche Personen, die berufsmĂ€Ăig vom GenuĂ frischer Luft abge-
schnitten sind. Die DurchfĂŒhrung ist höchst einfach, sie kann
selbst in der Wohnung durchgefĂŒhrt werden, nötig ist nur ein
weit geöffnetes Fenster bei absoluter Dunkelheit und Vorkehrung
fĂŒr Luftströmung. Neben anderen Vorteilen bedingt diese prl
mitive Kur einen erfrischenden Schlaf und erspart Narkotika.
Alexander. 1
Badekuren nach dem Reichsversorgungsgesetz.
Die Reichsverwaltung hat eingehende Richtlinien heraus-
gegeben, von denen wir einige wegen ihres allgemeinen In-
teresses anfiih.en. Die Kuren dĂŒrfen nur in bestimmten Kurorten
und LungenheilstĂ€tten durchgefĂŒhrt werden. Die Kur darf nur
bei solchen Leiden gewÀhrt werden, die auf eine Dienst- oder
KriegsdienstbeschĂ€digung zurĂŒckzufĂŒhren sind. Voraussetzung ist;
daĂ entweder das Rentenverfahren abgeschlossen oder wenigstens
die DienstentschÀdigung festgestellt ist. Voraussetzung ist,
daĂ andere Behandlungsverfahren keinen genĂŒgenden Erfolg
halben oder in absehbarer Zeit erwarten lassen. Gewohnheits-
kuren sind nicht gestattet. FĂŒr die Auswahl des Kurortes sin|
nur Ă€rztliche Gesichtspunkte maĂgebend. Badekuren werden
grundsĂ€tzlich nur fĂŒr 4 Wochen bewilligt. VerlĂ€ngerungen sinfl
nicht zu genehmigen, da bei einer grĂŒndlichen AusnĂŒtzung der
Kurmittel die Wirkungen in der Regel sich nicht mehr steigern
lassen und ein weiterer Erfolg kaum erzielt werden kann (? Ref.V
Es folgen dann noch Anweisungen ĂŒber die Jahreszeit def
Kuren, ĂŒber kurgemĂ€Ăe Lebensweise, ĂŒber Art der Unterbringung
ĂŒ. dgl. Alexander, i.
Stellung des Kreisarztes zur FĂŒrsorge.
In der Hauptversammlung des PreuĂischen Medizinal-
beamtenvereins stellte der Berichterstatter ĂŒber dieses Thema
mehrere LeitsÀtze auf, von denen einige hier Platz finden mögert:
1. Die Wahl des Leiters des GesundheitsfĂŒrsorgewesens in GrofÂŁ
und MittelstĂ€dten muĂ sich ausschlieĂlich nach den örtlichen
VerhĂ€ltnissen und BedĂŒrfnissen richten; es ist aber auch hieu
nach den Erfahrungen der Praxis möglich, den staatlichen
Medizinalbeamten im Nebenamt mit der Leitung zu betrauen!
2. Der Kreisarzt ist in den Landkreisen der gegebene Leiter deg|
Kreiswohlfahrtsamts oder des selbstÀndigen Kreisgesundheits-
amts, sei es in der Form des nebenamtlichen Kreiskommunal-'
arztes, sei es lediglich als Leiter des FĂŒrsorgewesens, Berater
und Mitarbeiter des Kreisausschusses bezw. des Kreiswohlfahrts-
amts. 3. Tn Landkreisen ist zur ausĂŒbenden FĂŒrsorge auf allen
Gebieten in erster Lijiie der praktische Arzt berufen, erst in
zweiter Linie kommt die Anstellung von hauptamtlichen FĂŒr-
sorgeĂ€rzten in Frage. 4. An der praktischen FĂŒrsorge soll sich
der Kreisarzt prinzipiell nur in beschrÀnktem Umfange neben
anderen Aerzten beteiligen, und zwar auch in solchen Kreisen, in
denen er an und fĂŒr sich in der Lage wĂ€re, erstere allein zu
leisten. 5. Der Kreisarzt bat mit der Aerzteorgnnisation seines
Kreises in allen prinzipiellen FĂŒrsorgeangelegenheiten enge
FĂŒhlung zu halten.
Diesen LeitsÀtzen kann man unbedingt zustimmen. Sie
wandeln die goldne MittelstraĂe, fragen dem praktischen Be4
dĂŒrfnisse und der Neuheit der Einrichtung Rechnung und unter-
scheiden sich dadurch vorteilhaft von der Stellungnahme des
WĂŒrttembergischen Landesausschusses und der
dortigen AmtsÀrzte, welche die unbedingte Uebertragung des ge-
samten FĂŒrsorgewesens an die AmtsĂ€rzte fordern.
Alexander. 1
Ib. Jahrg. â Nr. 39/40.
Aus den neuesten Zeitschriften
589
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften
Medizinische Klinik, Berlin.
21. Mai 1922, Nr, 21.
Bio kongenitale .Pylorusstenose. Borchardt, M. 6.r>l.
Wundbehandlung. Sonntag. 605.
Kombinierte Arzncibehandlung der Kopfschmerzen. K ion k a . II. 8S7.
l'eber pleuroperikardiales Reiben. Frey, K. 659.
M utti plo Mutdriisenskleirose. Hochs tetter, F. S6l.
L'eber Frauklinisation. H*orwitz, E. 66-1.
Ein Fall von kongenital angelegter Pneumatocele parotidis. R u d i c h, J. 6BR.
âŠEine einfache Methode zum Nachweise pathologischer BĂŒirubinamie.
V o g 1 , A. und Zins, B. 667.
Erkrankungen der Harnröhre. P o r t n e r , E. 669.
Ueber die Behandlung bösartiger GeschwĂŒlste mit einer von Vitamin freien
Kost. Wo 1 f f , W. 670.
Kombiniertc Arzncibehandlung der Kopfsehmerzen. Die gegen
Kopfschmerz verwendeten Substanzen wirken auf die HirngefĂ€Ăe
teils erweiternd, teils verengernd. Bei gleichzeitiger Anwendung
mehrerer solcher Mittel tritt keine summative Wirkung gleich
t sinniger oder subtraktive Wirkung entgegengesetzter Komponenten
tauf, sondern Potenzierungen nach der einen oder anderen Seite.
SalizylsÀure in Form des gut löslichen Natrium salicylicum zeigte
im Tierversuche vorwiegend gefĂ€Ăerweiternde Wirkung, ebenso
âșdas Antipyrin als ein Pyrazolon-Derivat und das Koffein. Das
an1 Stelle des schwer löslichen Phenazetins verwendete Pheno-
n Collum hydrochloricum erzielte eine Verengerung der HirngefĂ€Ăe.
Die Kombination der geprĂŒften Arzneistoffe ergab teils Er-
weiterung, teils Verengerung der intrakraniellen GefĂ€Ăe. Es ist
anzunehmen, daĂ verschiedene Menschen, und auch die gleichen
Menschen bei verschiedenen KrankheilszuslÀnden auf die einzel-
nen und kombinierten Vasomotorenmittel ungleich reagieren. Es
muĂ in der Praxis als das ZweckmĂ€Ăigste erscheinen, zur Be-
kÀmpfung der Kopfschmerzen Arzneien möglichst aus allen ange-
fĂŒhrten Gruppen zusammenzusetzen. Solche Kombinationen sind:
das Overlach'sche MigrĂ€nin, die âGelonida antineuralgica" von
I Goedecke und Co., die Treupelschen Tabletten, die Comprettae
Phenacetini compositae (M. B. K.) und die Helontabletten.
Einfache Methode zum Nachweise pathologischer Biliru-
bi nÀmie. Etwa Y> cem möglichst klares Blutserum wird in einem
' kleinen! flachen UhrschÀlchen mit der doppelten- Menge 20 % Tri-
chloressigsÀure gefÀllt, der sich bildende dicke Niederschlag
Isofort mit einem GlasslĂ€bchen gleichmĂ€Ăig verrĂŒhrt und durch
ein kleines Faltenfilter filtriert. Das Filter mit dem FilterrĂŒck-
stande wird durch gelinde ErwÀrmung in einem PorzellanschÀl-
chen in wenigen Minuten getrocknet und zeigt bei positivem Aus-
fall der Probe, abhÀngig von der Bilirubinkonzentration, von
bellem GrasgrĂŒn bis zum sattesten BlaugrĂŒn reichende GrĂŒnfĂ€r-
bung, bei negativem Ausfalle gelbliche bis schmutzig weiĂe Farbe.
Die Probe ist viel empfindlicher als die v. d. Bergh'sche kolori-
gietrische Methode (Azobilirubinwerte von 1:400 000â1:800 000
noch positiv), lĂ€Ăt sich mit dem Serum oder Exsudate noch nach
Tagen anstellen und ermöglicht, die getrockneten und durch
dĂŒnne Kollodiumschicht auf dem Filter fixierten FilterrĂŒck-
stÀnde im Verlaufe einer Erkrankung jederzeit miteinander zu
vergleichen. Low (Döberitz).
28. Mai 1922, Nr. 22.
âŠBehandlung der Myopie. E I s c h n i g , A. 683.
Wundbehandlung. Sonntag. 685.
Tonusschwankungen bei der Reizkörpertherapie. Glaser, F. 68J.
Sulfoxylatsalvarsanbehandlung der Syphilis. Fabry, J. «90.
âŠBedeutung o-oher Blutdruckwerfe. K i s c Ii . V. 691.
Syphilis-Kalomelölbchandlung. MĂŒller, E. 694.
Kohlenbogenlichtbcbandlung des Lupus. Fried. A. 695.
TastlÀhmung. H i 1 b ei I. 697.
Keuchbustenbchandlung mit Aetherinjektionen. Reim, 688.
Röntgentiefendosierung. N a g e 1 s c h in i d t , F. 698.
Bioskopische Methoden. Munterm. F. 698
Erkrankungen der Harnröhre. P o r t n e r , E. 700.
Was muĂ der praktisch» Arzt ĂŒber die Ursachen und die Be-
handlung der Myopie wissen? Die Ursache der Myopie liegt in
der angeborenen Disposition zum abnormen GröĂenwachstume
des Alices (âa iiffeborene Disposition zum erworbenen Staphyloma'
posticiun", Schnabel). Die angeborenen Formen des Staphyloma
posticum zeigen sowohl dominante als rezessive, als auch ge-
schlechtsgebundene HereditÀt. Elschnig halt viele FÀlle von Myo-
pie fĂŒr in der Kindheit bereits aufgetretenes, milde verlaufendes
oder abortives Glaukom. Der Akkomodationskrampf ist nicht als
Ursache der Myopiezunahme anzusehen.
Im spĂ€teren Alter kann Myopie durch KrĂŒinmungszunahme
der Hornhaut (Keratokonus) sowie jenseits des 40. Lebensjahres
durch die gerade im myopischen Auge nicht so seltene Sklerosie
rung der Kristallinse (Kernsklerose, Kernstar, Katarakta bru-
mseeiis und nigra) erworben werden, ferner durch Diabetes.
Myope bis etwa 8 Dioptrien und schon von etwa 0,75 Dioptrien
angefangen sollen, wenn sie durch GlÀserkorreklur annÀhernd
normale SehschÀrfe erzielen, ein die ganze nachweisbare Myopie
voll korrigierendes Glas stĂ€ndig fĂŒr Ferne und NĂ€he tragen.
Myope, die Staphyloma' posticum haben, deren SehschÀrfe
holz des korrigierenden Glases vermindert bleibt, bekommen ein
schwÀcheres Nahglas und ein nur annÀhernd voll korrigierendes
Glas fĂŒr die Ferne.
Biei Neigung zu Strabismus divergens sind PrismenglÀser, bei
periodischem Divergenzschielen Operation zu empfehlen. Schwan-
kende Myopie ist auf Diabetes verdÀchtig.
Die Zunahme der Myopie sucht E. durch abendliche Pilokar-
pin-EintrĂ€ufelungen (2 â 3mal wöchentlich) zu verhindern.
Bei 16 bis 18 Dioptrien rÀt E. zur Linsenextraktion nach
Fukala.
Bemerkungen zur diagnostischen und prognostischen Bedeu-
tung hoher Blutdruckwerte. Bei mittelkrĂ€ftigen und mittelgroĂen,
40 â 45jĂ€hrigen MĂ€nnern ist ein systolischer Blutdruck von 140 mm
Hg, bei krÀftigen Sportsleuten auch 150 mm Hg noch normal, bei
MĂ€nnern ĂŒber 50 Jahren 15.0 mm Hg als Maximaldruck anzusehen.
Bei Frauen bis zum Klimakterium und bei Jugendlichen ist ein
systolischer Blutdruck ĂŒber 130 mm Hg nicht mehr physiologisch.
VorĂŒbergehende Hypertonien sind physiologisch nach phy-
sischer oder psychischer Anstrengung, ErregungszustĂ€nden, FlĂŒs-
sigkeits- oder Nahrungsaufnahme. Bei UebermĂŒdung tritt Blut-
drucksenkung ein.
Bei akuter hÀmorrhagischer Glomerulonephritis muà der ge-
steigerte Blutdruck als FrĂŒhsymptom gewertet werden. Plötzliche
Blutdrucksenkung bei bestehender Erkrankung ist prognostisch
sehr ungĂŒnstig.
Auch bei schmerzhaften KrankheilszustÀnden kommen oft
erhebliche Blutdrucksteigerungen vor. Ebenso nach manchen
Arzneimitteln wie Adrenalin, Digitalis und Pituitrin.
Die PubertÀts-Blutdrucksteigerungen sind auf inkretorische
EinflĂŒsse zurĂŒckzufĂŒhren, eine reine klimakterische Hypertonie
ist unwahrscheinlich. Auch der Basedow und die Pal'schen
âGefĂ€Ă-Krisen" (UrĂ€mie, Eklampsie, Angina pectoris usw.), fer^
ner Stauungen im Pfortadepgebiete gehen meist mit Blutdruck-
erhöhung einher. Beine ânervöse" Hypertonien gibt es kaum.
Dauernde Hypertonien kommen bei Aorteninsuffizienz, Herz-
block (Adams-Stockes-Morgagnische Krankheit), chronischer Ne-
phritis und bei den Nephrosklerosen vor; bei letzteren bis
340 mm Hg.
Bei der âessentiellen" Hypertonie, dĂŒrfte es sich um eine
renale Affektion handeln. Bei Nephrosen weist der Blutdruck im
Gegensatze zu den Nephritiden regelmĂ€Ăig niedrige Werte auf.
Bei atheromatösen Prozessen der Aorta ĂŒbersteigt der systo-
lische Bltudruck lfiO â 170 mm nur selten, bei Arteriosklerose der
peripheren GefĂ€Ăe sind Werte von 180 bis 200 mm Hg nicht selten.
SchlieĂlich gibt es auch Formen des Bronchialasthma und
Diabetes mellitus, bei denen dauernde Hypertonien beobachtet
werden. L ö w , Döberitz.
Deutsche Medizinische Wochenschrift, Leipzig.
12. Mai 1922, 48, Nr. 19.
âą{âąPorphyrinurie mit und ohne Koliken. S n a p p e r. 619.
Ueber den Blutdruck bei der Dyspnoe der Herzkranken. F r e h s e. 621.
âąMDas neue Wundstreupuder âAlbertan" (ein Jodoformersatz). BrĂŒning. 622.
âąJ^Keilturnen mit schulturnbefreiten und asthenischen Kindern. Kohl-
rausch. 623.
lieber AU- und Neosilbersalvarsan. H ĂŒ b n e r und M a r r. 624.
TMc klinische Bedeuturig der Weiolihrodtschon ..einfachen Liquorreaktiori"
(Sublimatreaktion). Götz. 626. ,
â Akut entstandene Pylorusstenose nach Benzol Vergiftung. Hetzer. 627.
Ueber die Behandlung der hÀmolytischen AnÀmie mit Elektroferrol.
Steinbrink. 628.
Aas deu neuesten Zeilschriften
40. Jahrg. â Nr. 39/40.
âDie rigorose AbfĂŒhrbehandlung der Dysenterie, insbesondere durch medi-
kamentös erzeugten osmotischen Traussudationsstrom in den Darm.
Hausmann. 628.
Porphyrinurie. Die akute Porphyrinurie kommt toxisch als
Folge von chronischer Sulfonal-, Trional- "und Bleivergiftung
vor, auch angeboren mit Ueberempfindlichkeit fĂŒr Licht, mit
Blasen- und Narbenbildung und Porphyrin im Skelett. Es können
dabei heftige Bauchkoliken auftreten, und nach einigen solchen
unter neuritischen Erscheinungen der Tod. Verfasser nimmt an,
daà in solchen FÀllen eine chronische Vergiftung zunÀchst die
retroperitonealen Nervengeflechte schÀdigt, wodurch in den
Leberzellen der Blutfarbstoff zu Porphyrin statt zu Gallenfarb-
stoff abgebaut wird. Tritt diese Vergiftung auch auf das ĂŒbrige
Nervensystem ĂŒber: Exitus. Beschreibung zweier FĂ€lle mit kon-
tinueller Porphyrinurie ohne Koliken, aber mit den genannten
retroperitonealen VerÀnderungen.
Albertan. Ein billiges, unschÀdliches, geruchloses Wund-
slreupulver mit ausgezeichneten desodorierenden und absor-
bierenden Eigenschaften.
Heilturnen. Es ist ein grober Fehler, asthenische Kinder
vom Schulturnen zu befreien, ohne eine geeignete Gymnastik an
dessen Stelle treten zu lassen, wleil damit ihre Körperbeschaffen-
heit gĂŒnstig zu beeinflussen ist.
Akut entstandene Pylorusstenose nach Benzolvergiftung.
Entwicklung in 13 Tagen aus einer einfachen akuten Gastritis
nach Einnahme einiger Schluck reinen Benzols. Patient unter-
hĂ€lt bzw. steigert die Erscheinungen durch eine unvernĂŒnftige
DiÀt.
Die rigorose AbfĂŒhrbehandlung der Dysenterie. Die einzig
rationelle Behandlungsmethode. Mit 15 â 20 g Natrii Sulfurici
Sicci 1 â 3 mal wird vollstĂ€ndigste Entleerung des Dickdarmes
erfĂŒllt, durch gewaltige Transsudaten, dadurch DauerspĂŒlung
unter Aufhebung des Spasmus der Darmmuskulatur. Vor der
ersten Glaubersalzgabe eine krÀftige Dosis Kalomel. Kein
Opium, ĂŒberhaupt keine Stopfmittel, ebenso nicht die ĂŒberflĂŒssi-
gen Adstringentien. Bolus und Tierkohle sind unsicher, auch
ĂŒberflĂŒssig bei Glaubersalz. Atropin: ein vorzĂŒgliches symp-
tomatisches Mittel. Durch Einschaltung einiger Hungertage wird
der Krankheitsverlauf abgekĂŒrzt. Klysmen sind im akuten Sta-
dium zwecklos. Da die Erfolge der Serumtherapie unsicherer
sind, als die der AbfĂŒhrbehandlung, ist davon abzusehen.
v. Schnizer.
19. Mai 1922, 48, Nr. 20.
âDie Vitamine in der ErnĂ€hrungsbehandlung bei Kinderkrankheiten.
Schiff. 051.
Vererbung und Konstitution. Bauer. 653.
Ueberempfindliehkeitsversuebe an Bakterien. Schnabel. 654.
âZwei Falle von chronischem Hydrozephalus bei Kindeirn. Cassel. . 655.
Zur Kropffrage. M i e s b a c h. 657.
Die multiple Neuritis in und nach dem Kriege. Knap p. 659.
Ein geheilter Fall von HomosexualitÀt durch Hodentransplantation.
Pfeiffer. 660. ⹠«J
Palliativverfahren bei Heufieber. Dietsch. 662.
Entwicklungsmcchianik und praktische Medizin. II. E 1 1 i s c h. 662.
Chirurgische RatschlĂ€ge fĂŒr den Praktiker. XIX.: Gallensteine und Magen-
geschwĂŒr. Ledderhose. 664.
Kursus der gynÀkologischen Technik. III. Intrauterintechnik der Diagnose
und Therapie. Freund. 666.
Die Vitamine in der ErnÀhrungsbehandlung bei Kinderkrank-
heiten. Ihre Bedeutung fĂŒr die SĂ€uglingsernĂ€hrung ist noch gar
nicht abzusehen, da die Grundlagen der ganzen Lehre noch nicht
feststehen. Es ist noch nicht entschieden, ob es sich bei der För-
derung des Kalkansatzes durch Vegetabilien um Vitaminwirkung
handelt, Man darf jedenfalls Hypothesen nicht fĂŒr bare MĂŒnze
nehmen, sonst entsteht, wie Abderhalden richtig bemerkt, nur
Verwirrung und Unsicherheit.
Zwei FĂ€lle von chronischem Hydrozephalus bei Kindern.
Im ersten Falle, einem einfachen chronischen Hydrozephalus,
wurde durch Lumbalpunktion (2560 cem in 41 Sitzungen) ein ganz
befriedigendes Kesultat erreicht.
Im zweiten Falle, einem chronischen syphilitischen Hydro-
zephalus, trat die VergröĂerung des Kopfes erst spĂ€t, im 9. Mo-
nat ohne sonstige Erscheinungen der Lues auf. Hier hat die
spezifische Behandlung auch hinsichtlich der Intelligenz recht Er-
freuliches gezeitigt. v. Schnitzer.
MĂŒnchener medizinische Wochenschrift.
12. Mai 1922, 69, Nr. 19.
Uebcr den funktionellen Begriff Disposition und den morphologischen Begriff
Konstitution vom medizinischen Standpunkte aus. Hering. 691.
Nystagmusproblem. Cords. 693.
Intravenöse Normosalinfusion in der Chirurgie. B r ĂŒ 1 1. 696.
Allgemeine Gesichtspunkte fĂŒr die SchmerzbetĂ€ubung in der operativen
Chirurgie. Schmidt. 697.
Die Anwendung der LokalanÀsthesie bei sÀmtlichen gynÀkologischen Opera-
tionen. F r i g y e s i. 699.
Erfahrungen mit dir Kiellandsehen Zange. Zimmermann. 700.
Orale Behandlung und Prophylaxe der Trypanosomenkrankheiten mit ..Bayer
205". Mayer. 702.
Zur Klinik der Periarteriitis nodosa. Brinkmann. 703.
Einige Bemerkungen zur Kapillaranalyse des Magensaftes nach Holmgren.
Lasch. 705.
âBlasendrainage mit Troikart. N a t h e r. 706.
Unerwartete Wiederbelebung eines scheinbar totgeborenen Kindes. Klein.
707.
Ein Fall von erfolgreicher Pfropfung des Nervils hypoglossus auf den Nervus
fac^lis. Schmidt. 708.
DurchfĂŒhrung des Ueberganges vom Dunkel- zum Hellfelde mit dem Spiegel-
kondensor fĂŒr Dunkelfeldbeleuchtung der Firma Leitz in Wetzlar.
Rock. 709.
Entsteht bei der Mischspritze nach Linser kolloidales Hg.? Förster. 709.
Das Wesen der Konstitutionsanomalien â in eigener Sache. M a t h e s. 709.
âBehandlung der weiblichen Gonorrhöe mit Zelluloidkapseln nach Pust.
L ö b er . 710.
Zur Blasendrainage mit dem Troikart. Nach Verf. ist es
ĂŒbertrieben, die Blasenpunktion wegen ihrer Gefahren von vorn
herein zu verwerfen. Sie stellt ein geringeres Risiko fĂŒr den
Pat. dar als die Blasenruptur, wenn der Arzt "sich zu einem
gröĂeren Eingriff als mit dem Troikart aus Ă€uĂeren oder inneren
GrĂŒnden nicht entschlieĂen kann. Allerdings hat baldmöglichst
dann die offene Freilegung der Blase zu erfolgen, deren Dring-
lichkeit proportional 1. zur Dauer der Harnverhaltung, 2. zur
Dilatation der Blase, und 3. zur InfektiositÀt des angetroffenen
Harns steigt.
Zur Behandlung der weiblichen Gonorrhoe mit Zelluloid-
kapseln nach Pust. (Artikel Pust M. m. W. 42, 1921.) Nach Er-
fahrungen Verf. ist die Anwendung der Pustschen Zelluloid-
kapseln bei nichtgonorrhoischem Zervikalkatarrh zu empfehlen:
bei Gonorrhoe waren keine Erfolge zu verzeichnen.
F. Loewenhardt (Charlottenburg-Westend .
19. Mai 1922, 69, Nr. 20.
Diabetes in moderner Beleuchtung. H e i b e r g. 731.
lieber Aufgaben, Hilfsmittel und Erfolge der Urologie. P f 1 a u m e r. 733.
âZur intravenösen Salizylthejapie. H e r z f e 1 d. 735.
âBehandlung der Lues mit Neosilbersalvarsan. Z e 1 1 e r. 737.
Die Cyarsal-Misehsj>ritze in der ambulanten Frauenpraxis. O c 1 z e , R. 738.
Beitrag zur Operation des Mastdarmkrebses. Köhler. 738.
Hypophysenbestrahlungen bei Hypophysentumoren und bei gynÀkologischen
Erkrankungen hypophysÀren Ursprungs. B 1 u m b e r g. 739.
âKieselsĂ€uretherapie der kindlichen Tuberkulose. K 1 a j e und Budde. 741.
Pepsinbehandlung bei Leukoplakie und anderen Verhornungsprozepsen in der
Mundhöhle sowie ihre Anwendung bei Hals-, Nasen- und Ohrenkrank
heiten. Traut mann. 742.
Albusol, ein neues PrÀparat zur Proteinkörpertherapie. S i g 1. 743.
Apochin, eine Verbindung von AzetylsÀure und Chinin." May", W. 745.
Adonigen, ein neueres Herzmittel. N o o r d e n , v. 745.
Ein Fall von Zungenstruma. Zehner. 747.
Drei FĂ€lle von extragenitaler Lues. Schardon. 748,
Kontrastspeise im Bronchialbaum. Förster. 748.
Methodik der Vererbungsstatistik mit besonderer BerĂŒcksichtigung des Ge-
bietes der Psychiatrie. Weinberg. 748.
Zur intravenösen Salizyltherapie. Empfehlung der Anwen-
dung des Attritins (17,5 % Natrium-Salizylikumlösung mit Cof-
feinzusatz) in Einzeldosen von 4 cem, mit dem in vielen FĂ€ll n
gute Erfolge erzielt wurden. (Als Kezept ist zu empfehlen: Natr.
salicyg. 4,7, Coffein 0,2 Aq. ad. 30,0; hiervon 5 cem pro Dosis.
Ref.)
Die Behandlung der Lues mit Neosilbersalvarsan. Nss. ist
an Wirksamkeit auf manifeste mische Erscheinungen dem Neo-
salvarsan gleichwertig, dem Silbersalvarsan hinsichtlich der-
Schnelligkeit des Verschwdndens der luischen Symptome wohl
etwas unterlegen. Die Beeinflussung der Seroreaktion ist beson-
ders im FrĂŒhstadium als durchaus gĂŒnstig zu bezeichnen. Dias
Nss. wird gut vertragen und seine Anwendung bietet technisch
keine gröĂeren Schwierigkeiten.
Zur KieselsÀuretherapie der kindlichen Tuberkulose. Die
KieselsÀure leistet bei Behandlung der Lungentuberkulose, zumal
der produktiven Formen, gute Dienste ohne schÀdliche Neben-
wirkungen. Empfehlung des Silistrens (Leverkusener Farben-
fabrikat) (=r 18â20 % Si O,: 2â3 X tgl. 10 Tr. in Wasser V Verff.
warnen vor der VernachlĂ€ssigung der ĂŒbrigen geeigneten Be-
handlungsmethoden und bezeichnen die Anpreisung der Guajacol-
40. Jahrg. â Nr. 39/40.
Aus den neuesten Zeitschriften
â eselsĂ€ureverbindungen als Heilmittel der Tuberkulose, als irre-
fĂŒhrend und geradezu gefĂ€hrlich.
F. Loewenhardt (Charlotfenburg-Westend).
26. Mai 1922, 69, Nr. 21.
Boiicbt Uber 26(1 Fftlle von primÀrem Karzinom der Mundschleimhaut.
K ii t t n c r. 771.
Weshalb ist bei tiefer Narkose das ausflieĂende Blut dunkel gefĂ€rbt? Rost
und E 1 1 i n g o r. 772.
Nachbehandlung der Osteomyelitis mit dem Luft abschlieĂenden Verband
nach Bier. H o f m a n n. 773.
âą{»Ph Bedeutung der Senkungsprobe der roten Blutkörperchen fĂŒr die progno-
stische Beurteilung der chronischen Lungentuberkulose. Dreyfus und
II 0 O h t. 775.
Wirkung des Sauerstoffmangels in gröĂeren Höben beim Fliegen. Noltc-
â n i us. 776.
Das Vorkommen einer ephemeren Roseoea beim RĂŒckfallficber. 0^ 1 1 i n -
15 er und Halbreich. 778.
I Punktion des prÀvertebralen Abszesses. Schede. 779.
> Rotation der Wange. Esser. 780.
! Ueber die âSprache" der Bienen. F r i e s c h , v. 781.
SensibilitÀt und Sensibilisierung in der Strahlentherapie. V o 1 t z. 782.
Immuniliquor-Transfusion bei Meningitis cerebrospinalis. Thomas. 783.
<*>Seinfölpriessnitz als Ersatz des Heubnerschen Senfwickels und der Noeg-
gerath-Meitzschen Senfboluspackung. Rohr. 784.
Behandlung des endemischen Kropfes. G r a s s e. 785.
Ein Fall von vollkommener Luxation der LendenwirbelsÀule durch Unfall.
Förster. 786.
Appendizitis bei Situs inversus. Franke. 78C.
Zwei Falle von chronischer ankylosierender Wirbelversteifung. Brenn-
s o h n. 787.
Ueber die Bedeutung der Senkungsprobe der roten Blut-
körperchen fĂŒr die prognostische Beurteilung der chronischen
Lungentuberkulose. Die Senkungsprobe ist ein Hilfsmittel zum
riusschluĂ einer auf Grund unsicherer Untersuchung irrtĂŒmlich
angenommenen Lungentuberkulose. FĂŒr die Prognose einer
Lungentuberkulose ist sie verwertbar, da sie der Bösartigkeit
Jes anatomischen Prozesses parallel geht. AnfÀnge chronischer
Lungentuberkulose bieten geringe Sedimentierungsbeschleuni-
gung. Zirrhötische Prozesse haben Werte von ca. 100 â 160 Min.,
jxsudative ca. 15 â 30 Min. Senkungszeit. Produktive Formen
sind als gutartig anzunehmen, wenn sich Mittelwerte finden oder
bei lÀngerer Beobachtung die Sedimentierungszeit ansteigt (aus-
zuschlieĂen sind seröse Pleuritiden im Verlauf der Tbc). Kaver-
nöse Prozesse zeigen stÀrkere Beschleunigung als die ent-
sprechenden Formen ohne Höhlenbildung. Eine interkurrierende
Erkrankung im Verlauf der Tuberkulose beeinfluĂt die Senkungs-
probe wie eine akute Verschlimmerung. Beim Abklingen der
Erkrankung folgte, falls keine Verschlimmerung der Tbc. erfolgt
st. Wiederanstieg zu den frĂŒheren Werten.
Der SenfölprieĂnitz als Ersatz des Heubnerschen Senfwickels
ind der Noeggerath-Mertzschen Senfboluspackung. Empfehlung
Ă€es vom Verf. angegebenen SenfölprieĂnitz, der eine Modifikation
der Senfboluspackung ist. Wirkung die gleiche wie bei den beiden
ihderen Methoden; exakte Dosierbarkeit, absolute UngefÀhrlich-
keit und bedeutend billigerer Preis als VorzĂŒge. Methodik:
i Tropfen Senföl auf 100 g Wasser, das fĂŒr den PrieĂnitz be-
stimmte Leinentuch hierin gleichmĂ€Ăig ausdrĂŒcken; Dauer der
Packung 3 â 4 Min. fĂŒr SĂ€uglinge und fĂŒr Ă€ltere Kinder.
F Loewenhardt (CharlottcnburgV
Wiener medizinische Wochenschrift.
13. Mai 1922, Nr. 20.
Chirurgische Behandlung der Magen- und Darmblutungen. Finsterer
H. 845.
âŠVarizen deis ligamentum latum. D i t t e 1 . G. 849.
âŠUeber Rektal narkosq und deren Anwendung. Hörner, E. 851.
Die Anaphylaxie in ihrer Beziehung zu Störungen des Verdauungs-
apparates. (SchluĂ.) Pick. E. P. 858. /
Die rationelle! Behandlung der chronischen Obstipation. Bodenstein,
Y-. 869.
Erfahrungen ĂŒber Novatropin in der Augenheilkunde. S t i a s n y. 87.
Varizen des ligamentum latum, eine ektopische Schwanger-
schaft vortÀuschend. Neben dem graviden Uterus konnte ein
linksseitiger im Verlauf der Schwangerschaft wachsender Tumor
getastet werden, welcher bei der Laparotomie sich als ein Paket
erweiterter Venen im lig. latum erwies. 4 Wochen nach Unter-
brechung der Schwangerschaft war das Varixpaket verschwunden.
Ueber Rektalnarkose und deren Anwendung. Einen Tag vor
der Operation AbfĂŒhrmittel oder Irrigation. Am Tage der Ope-
ration DarmspĂŒlung; subkutane Morphium-, Skopolamin- oder
Pantoponinjektion; 15 Min. spÀter Einspritzung einer Aether-Oel-
lösung ins Beklum: 2 cm3 Aether pro narkosi und 1 cm3 ol. oliv,
toro Kilogramm Körpergewicht (maxim 120 â 150 g Aether, 60
bis 70 g Oel). Nach entsprechenden Tierversuchen wurde die
Bcktalnarkose bei 83 Operationen mit sehr zufriedenstellendem
Eriolg angewendet. Narkosewirkung nach 30- 40, mitunter schon
nach 10 Minuten, Dauer I 3 Munden. Bei ungenĂŒgender Wirkung
reichen wenige cm» Aether mittels Maske aus, um Narkose y.u
erzielen. Heu Ă (Wien).
20. Mai 1922, Nr. 21.
Die nervöse und humorale Beeinflussung der Vordauungstiiriglieit.
B i e d I , A. 885.
âșMleber eine leicht herstellbare HiwciĂmilch «'»d ihre therapeuti-ebe An-
wendung. Moll, L< «90.
'âŠlieber Operative Myombehandlung. Bemerkungen zur gleichnamigen Ar-
beit Th." Mjeholilsch in Nr. 15 und 17 dieser Wochenschrift. Liter a -
turaussch u à der Wiener R ö n t g e n v e r e i n i g u n g. 896.
Chirurgische Behandlung der Magen- und Darmblutungen, (Forts.)
Finsterer, H. 896.
Ueber eine leicht herstellbare Eiweillmilch und ihre therapeu-
tische Anwendung. Das Bezept fĂŒr % 1 der Moll'schen EiweiĂ-
milch lautet: % 1 Vollmilch + X 1 Wasser + 2 g Calc. lactic, lang-
sam erhitzen, bis Gerinnung eintritt. Topf in der KĂ€lte stehen
lassen. Nach einer Viertelstunde Molke durch ein Seihtuch ab-
gieĂen. KĂ€seklumpen auf ein feines Haarsieb bringen und in das
erste GefÀà zurĂŒckpassieren. Auf das passierte Gerinnsel gieĂt
man X 1 Molke, 1/8 1 Vollmilch, 3/8 1 Wasser und fĂŒgt 15 g Mehl,
am besten Maismehl, zu. Unter intensivem BĂŒhren oder Schlagen
aufkochen. NĂ€hrwert " 500 Kai. pro 1 1. Bei 4 % Zuckerzusalz
Gleichnahrung. Indikation: ZufĂŒtterung bei Dyspepsie der Brust-
kinder und bei FrĂŒhgeborenen, besonders aber bei Dyspepsie
(Dystrophie) des kĂŒnstlich genĂ€hrten Kindes. Bei stark gestörten
Kindern empfiehlt es sich, neben der EiweiĂmilch bald 1 â 2 Mehl-
mahlzeiten einzuschalten. MiĂerfolge lassen sich verringern, wenn
man vor der Verabreichung milchhaltiger Nahrung nach der
12 stĂŒndigen TeeditĂ€t einige wenige Tage milchlose Kost ein-
schaltet (Beis- oder Kakespudding). Zusatz von Calc. lact. (1 g
pro Yn 1 Vollmilch) bewÀhrt sich auch bei gewöhnlichen Milch-
mischungen als antidyspeptische MaĂnahme. Bei gröĂeren Ge-
wichtsabnahmen und toxischen Erscheinungen gelingt die Bepa-
ration am besten mit Frauenmilch-Kuhmolkegemisch (2 : 1), oder
Molke mit Pudding. EiweiĂmilch kann, in solchen FĂ€llen mit-
unter schĂ€digend wirken. Schaltet man das Kasein fĂŒr einige
Tage aus, so wirkt es spÀter wieder als Therapeutikum.
Ueber operative Myombehandlung. Entgegen der Behauptung
von Micholitsch wird die Böntgenbehandlung, welche percentuell
mindestens ebenso gute Besultate gibt wie die Operation, als die
Methode der Wahl bezeichnet. BeuĂ (Wien).
Zentralblatt fĂŒr innere Medizin.
13. Mai 1922, Nr. 19.
âŠUeber Blutnachweis mit Pyramidon. F o r t-w a. e n g 1 e r , A. 313.
Ueber Blutnachweis mit Pyramidon. Die Pyramidonprobe
erwies sich in allen einschlÀgigen FÀllen und bei den verschie-
densten Untersuchungsobjekten als zuverlÀssig. Sie wurde als
Schichtprobe ausgefĂŒhrt, indem man die Pyramidonlösung ĂŒber
die mit Eisessig angesĂ€uerte FlĂŒssigkeit schichtete, und Vor-
sichtig Wasserstoffsuperoxyd zuflieĂen lieĂ, wobei im Falle
einer positiven Beaktion ein lila Bing entstand. FĂŒr den Stuhl
erwies sich als geeignetes Extraktionsverfahren die Extraktion
mit neutralem Aether, den man vom Stuhle abgoĂ und abdunsten
lieĂ. Der in Wasser aufgenommene BĂŒckstand bildete dann das
Substrat, in welchem sich die Beaktion leicht und eindeutig :UI"
stellen lieĂ. Wem. H. B e c k e r.
Deutsches Archiv fĂŒr klinische Medizin, Leipzig.
21. Februar 1922, 138, Heft 5 und 6.
âŠEnergometrisChe Untersuchungen ĂŒber die Wirkung des Adrenalins auf den
Kreislauf, nebst Bemerkungen ĂŒber den Wanddruck der Arterien.
Hotz. 257.
âŠUeber Austauschvorgange zwischen Blut und Geweben. Bauer und
A s c h n e r. 270.
Endothelhyperplasie als Systemerkrankung des himatopoetischen Apparates
(zugleich ein Beitrag zur Kenntnis der Splenomegalie.) Goldschmid
und I s a a c. 281.
âŠUrohilin. Adler. 309.
âŠDer EinfluĂ deir Nahrungsaufnahme auf den Bluthllirubingehalt. Meyer
und KnĂŒpfte r. 321.
Herkunft der im strömenden Blut hei Endokarditis lenta vorkommenden
Endothelien. HeĂ. 330.
âŠHarnsĂ€ureigehalt des Blutes hei Erkrankungen der Niere im Vergleich zum
Reststickstoff und" Kreatinin. K r a u Ă. 3<0.
Akute Monocyten- und StanimzellenleukÀmien. F r e h s e , E. und II e n n i g.
353.
âŠDie Beurteilung der Knoehenmarksfunktion bei AnĂ€mien. R o e s s i n g h. 367.
592
Ans den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 39/40.
Energometri^che Untersuchungen ĂŒber die Wirkung des
Adrenalins auf den Kreislauf, nebst Bemerkungen ĂŒber den
Wanddruck der Arterien. Verf. sucht mit Hilfe der energo-
metrischen Methode von Christen die unter Wirkung von
Adrenalin-Injektionen beim Menschen eintretende Blutdruck-
steigerung an der Art. brachialis zu analysieren. Höchstwirkung
tritt bei seinen Kindern in 10 â 30 Min. ein. Die Befunde Ă€lterer
Autoren werden z. T. bestÀtigt, z. T. durch eingehendere Messun-
gen erweitert; und zwar zeigt sich das Pulsvolumen lange Zeil
vergröĂert, der Blutdruck sowie der Wanddr'uck der Arterien
kehren nach anfĂ€nglicher Steigerung bald zur. Norm zurĂŒck, die
Pulsfrequenz steigt an (nur bei struma-kranken Kindern kommt
es zu einer Pulsverlangsamung'), es findet eine Zunahme der
Bruttoenergie, und Leistung statt, der diastolische Druck sinkt
in den meisten FĂ€llen.
In ausfĂŒhrlichen Darlegungen analvsiert Verf. die Brutto-
energie, die sich aus ca. 18% Energie des Wanddrucks und der
Nettoenergie zusammensetzt. Die Schwankungsbreite der erste-
ren bei der Zunahme betrĂ€gt ungefĂ€hr 30â80%.
Die Blutdrucksenkung in der Diastole kommt nach seiner
Ansicht durch vermehrten AbfluĂ von Blut nach dem rechten
Herzen zustande, wobei eine passive Dilatation der GefĂ€Ăe, viel-
leicht auch die UnterstĂŒtzung durch eine aktive Komponente, nicht
auszuschlieĂen sind.
Ueber AustauschvorgÀnge zwischen Blut und Geweben: Der
EinfluĂ der Diuretica. Die Untersuchungen, die zur weiteren
KlĂ€rung dieser Frage fĂŒhren sollen, bauen sich auf Versuchen
auf, bei denen nach intravenöser Verabreichung des Diureticum
der EiweiĂgehalt des Serums mit dem Pulfrichschen Eintauch-
refraktometer, der NaCl-Gehalt nach der jodometrischen Methode
von McLean und van Slyke bestimmt wurde.
Theocin, Theophyllin und Euphyllin zeigten ein? FiweiĂ-
zunahme, also Bluteindickung, infolge Beeinflussung des FlĂŒssig-
keitsaustausches an den Kapillarendothelien der Gewebe. Bei
den beiden ersteren fand eine initiale Zunahme des NaCl-Gehalfs
im Serum statt, die mit, der Abnahme in der GewebsflĂŒssigkeit
ĂŒbereinstimmte: bei Enohvllin trat Hn Kochsalzverarmung des
Serums ein. Ganz anders wirkte Diuretin, das vor allem eine
HydrÀmie verursachte, bei fast gleichbleibendem NaCl-Gehalt. Tm
Gegensatz zu Volhard und Spiro fanden Verf. keinen unmittel-
baren Zusammenhang zwischen der extrarenalen Wirkung der
Diuretica und dem diuretischen Effekt ĂŒberhaupt. Auf das Zu-
standekommen der extrarenalen Wirkung wird auch nicht nÀher
eingegangen, nur an der Tatsache festgehalten und die Ver-
mutung ausgesprochen, daĂ es sich dabei um eine SDezifisch
sekretorische Beeinflussung der Kanillarendothelien oder des
nervösen Begulationsapparates handele.
Wie den Purinkörpern. wird auch dem Strophantin und
Cnlo>mel eine extrarenale Wirkung zugesprochen, wobei die
EiweiĂ- und NaCl-Werte ein schwankendes Verhalten zeigen
können, das nicht von der extrarenalen Wirkung der Substanzen,
sondern auch von dem EiweiĂ- und NaCl-Gehalt des Blutes und
der Gewebe, nebst anderen Momenten abhÀngig ist.
Ueber Urohilin. Aussehend von den Uebcrlegunsen. daĂ
.â ine verwertbare quantitative Bestimmung des Urobilingehnlts
im Urin und Stuhl auf groĂe Schwierigkeiten stöĂt, da 1. eine
fĂŒr die Klinik möglichst einfache und genaue Methode fehlt
2 die Urobilinausscheidung Ă€uĂerst mannigfaltig ist. 3. sowohl
im Stuhl als auch im ITrin dieser Farbstoff auftritt. 4. die ein-
zelnen Urinnortionen im Laufe des Tages verschiedenen Gehalt
zeigen, und 5. diese Gallenfarbstoffe nicht nur als Urohilin. son-
dern z. T. auch als Bilirubin ausgeschieden werden, wurden mit
Hilfe einer Modifikation der SchleĂingerschen Probe Bestimmun-
gen vorgenommen, wobei StÀndardlösunfen von verschiedenem
VerdĂŒnnungstirade- als Vergleich sobjekt dienten.
Nach sehr ausfĂŒhrlicher Beschreibung der Methodik bei
Urinuntersuchungen geht Verf. auf die Technik der Urobilin-
hestimmung im Stuhl, Duodenalsaft und Blut ein. Besonders im
Duodenalsaft fand er unter natbolosrischen VerhÀltnissen eine
Vermehrung des Urobilins, die das 146 fache des "Normalen er-
reichen konnie. â Weitere Abhandlung soll folgen.
Ueber den EinfluĂ der Nahrungsaufnahme auf den Blut-
bilirubingehalt. Unter Benutzung der Ehrlichschen Diazoreaktion
haben die Verff. den Wechsel des Bilirubin geh alt s durch die
Nahrungsaufnahme untersucht. Fast 200 Personen wurden in den
Kreis der. Betrachtungen gezogen und besonders an Gesunden
interessante Feststellungen gemacht. Bei diesen trat innerhalb 3
2 â 5 Stunden eine Abnahme des Bilirubingehalts ein, die nach
8 Stunden wieder einer Zunahme Platz machte. Bei Nahrungs- i
enthaltung trat im Laufe des Tages eine Zunahme des Bilirubins
ein. Diese ist besonders dadurch zu erklÀren, daà die Gallen-
sekretibh ins Duodenum nach der Nahrungsaufnahme erheblich-
gefördert wird und daher die Leberzellen das Bilirubin aus dem -9
Blut aufnehmen können oder weniger ins Blut sezernieren. Einzig j
die ZufĂŒhrung von einem Liter Wasser hat sich ohne EinfluĂ
auf das Blutbilirubin erwiesen.
Bei Personen mit LeberschĂ€digungen zeigte eine groĂe Zahl ]
normales Verhalten, ein Teil weist nach der Nahrungsaufnahme
eine Zunahme des Blutbilirubins auf, was wohl darauf zurĂŒck-
zufĂŒhren ist, daĂ das aus dem Darm wieder resorbierte Bilirubin
die geschÀdigte Leber passiert. Dies wurde auch bei Diphtherie,
Scharlach, Typhus und kruppöser Pneumonie beobachtet.
Der HarnsÀureerehalt des Blutes bei Erkrankungen d<*r Niere
im Vergleich zum Reststickstoff und Kreatinin. Mittels der kolo-
rimetrisehen Methoden von Folin und Denis wurde in dem Harn-
sÀuregehalt des Blutes ein guter Indikator gefunden, der die BeS
Erteilung der Nierenerkrankungen erleichtert und die Bestimmung!
der ĂŒbrigen N-Komponenten erĂŒbrigt. Besonders bei den Nephri-"
tiden trat eine Erhöhung des U-Wertes wesentlich frĂŒher ein und]
blieb in der Ausheilungsperiode lÀnger bestehen als die Erhöhung
des Harnstoff- und Kreatiningehaltes sowie des BeststickstoffesJ
Das Vorkommen einer U-Vermehrung im Blut bei Nenhroscn,
genuiner Schrumpfniere und Hvpertonien ohne NierenschÀdigun-
gen wurde ebenfalls geprĂŒft und fĂŒr die Beurteilung der Prog-
nose wertvolle Befunde erhoben.
Die Beurteilung d«r Knochenmarksfunktion bei AnÀmien. An
einer kleinen Anzahl FĂ€lle wird die Sauerstoff.zehrung der Ery-
throevten festgestellt und mittels der- vitalen FĂ€rbung die ge-
tĂŒnfelten roten Blutkörperchen zahlenmĂ€Ăig bestimmt. Die Be-
sĂŒltate lassen eine gewisse Einheitlichkeit z.T. noch vermissen,
doch erscheinen die Versuche nachprĂŒfungswert, wenn auch die
Bestimmung der O-Zehrung ziemliche Schwierigkeiten bereitet.
Liebenow (GieĂen). \
Psychiatrisch-Neurologische Wochenschrift.
8. April 1922. 24, Nr. 1-2.
Wissenschaftliche Neuorientierung: in der Anstaltspsvrhiatric. Fuchs I
W. 5.
âPer derzeit:ge Stand der ErnĂ€hrung in den Irrenanstalten. Brest er, J. 8.J
Der derzeitige Stand der ErnÀhrung in den Irrenanstalten.
Diese wichtige Frage wird von dem Herausgeber der Zeitschrift
angeschnitten, soll zu einer möglichst vielseitigen Aussprache
fĂŒhren â eine Anzahl Anstalten sind mit einem Fragebogen be-
dacht worden â und setzt sich noch durch die folgenden Nummern
fort. Wem. H. Becker.
Jahrhuch fĂŒr Kinderheilkunde, Berlin.
April 1922, 98, Heft 1/2,
âStudien ĂŒber Oxyuriasis. Heubner, O., 1.
Hypokolasie. Karger, P. 22.
Die zeitliche Bedingtheit des Endothel-Symptoms (Kumpel T.eed» im SÀug-
lingsalter. H o f f m a n. n , P. 39.
âZur Kenntn;s des Vorstadiums der Barlowsehen Krankheit. Nassau. E.
und Singer. M. J. 4*.
AVeitere BeitrÀge zur Nierenfunktion im SÀuglingsalter. Stransky. E.
und Kochmann. R. 88.
Die Blutzusammensetzung bei GewichtsstĂŒrzen im SĂ€uglingsalter. B A 1 i n t.
A. und Peiper, A. 74.
âWeitere Indikationen zur BreiverfĂŒtternng bei SĂ€uglingen. Epstein. B. 85.
Studien ĂŒber Oxyuriasis. Heubner war selbst an Oxyuren
erkrankt und benutzte diese Gelegenheit fĂŒr eingehende Unter-
suchungen. Die Erkrankung verlief in SchĂŒben von 6â 7 wöchent-
licher Dauer, deren Wiederholung durch das jedesmalige Auf-
treten einer neuen Generation bedingt war. Wahrscheinlich
nimmt diese neue Generation von im Darm abgesetzten Eiern
ihren Ausgang und ist nicht durch zufÀllige Selbstinfektion be-
dingt. Die Behandlung hat daher die Aufgabe, die neue Gene-
ration womöglich vor ihrer völligen Entwicklung zu treffen und
zu vernichten. Die mehrtÀgige Zufuhr von .frischgewiegten
ZwiebelgewÀchsen vor einer Wurmkur bildet eine wirksame
UnterstĂŒtzung. Von einer Heilung der Oxyurenkrankh'eit sollte
nicht gesprochen werden, wenn die völlige Wurm- und Wurm-
eifreiheit nicht 2 Monate lang durch fortlaufende Beobachtung
gesichert ist.
40. Jahrg. â Nr. 39/40.
Ans den neuesten Z e 1 1 s c h r i f I e n
Zur Kenntnis das Voretadiumfl der Barlow'sehen Krankheit.
Vor Ausbruch der eigentlichen Barlow'sehen Krankheil fin-
den sich oft kleinste Hautblutungen, besonders im Gesicht.
Nierenbjutungcn und blutiger diphtherischer Schnupfen. Sie sind
die Zeichen einer Angiodvstrophic. Ein weiteres Zeichen des la-
tenten Skorbuts ist die Appetitlosigkeit. Wichtig sind ferner
recidivierende Fiebersteigerungen, fĂŒr die die klinische Unter-
suchung nicht immer einen krankhaften Befund nachweisen kann.
Eine Senkung der ImmunitÀt (hÀufigere Infekte) und der Resi-
stenz (mehr Fiebertage, höhere Durchschnittstemperatur'), be-
gleiten den latenten Skorbut. Gewichtszunahme und LĂ€ngenwachs-
tum werden hÀufig gestört. Das Vorstadium bis zum Ausbruch
der Krankheit dauert 1 â 3 Monate. Es fĂ€llt in die Halhjahrs-
wende des SĂ€uglings. Es empfiehlt sich daher, vom 4. Lebcns-
monat ab antiskorbutische Nahrungsmittel zu geben. âą
Weitere Indikationen zur BreivcrfĂŒtterunc bei SĂ€uglingen. Die
BreiverfĂŒtterĂŒng vor der eigentlichen Milchmahlzeit wurde nr-
snrĂŒnglich zur Behandlung des habituellen Erbrechens der
SĂ€uglinge empfohlen. Verfasser wandte sie nun auch erfolgreich
bei schlecht gedeihenden Brustkindern, exsudativer Diathese und
Neuropathie an. auĂerdem in solchen FĂ€llen, wo nicht genĂŒgend
Muttermilch vorhanden war. â . A. P e i p e r (Berlin).
Dermaiologische Wochenschrift.
20. Mai 1922. Nr. 20.
BeitrÀge zur experimentellen Pharmakologie des mÀnnlichen Genitales.
Alfred Perutz und Erwin Taifner.
I'eher den Weiteren Verlauf der Hannoverschen Mikro5porieep:demie.
Oustav S t n m p k e.
27. Mai 1922, Nr. 21.
Wind- und KĂ€lteurtikaria bei Lues hereditaria. Riehard W a g n e r.
âŠErfahrungen mit der Triibungs-Flockungsreaktion naeh Dold. F. Jacob-
s soh«.
Erfahrungen mit der TrĂŒbungs-Flockungsreaktion nach Dold.
Die Doldsche Beaktion, die lediglich eine modifizierte Sachs-Georgi
Beaktion ist, hatte angeblich den Vorteil, eine FrĂŒhablesung zu er-
möglichen â etwa 4 Stunden nach Anstellung der Reaktion. Diese
Absicht wird nicht ganz erreicht, da die Besultate nach 4 Stun-
den noch nicht endgĂŒltig sind, und da vielmehr noch hĂ€ufig in den
nĂ€chsten 12 Stunden TrĂŒbungen der bis dahin klaren Seren ein-
treten. Im ĂŒbrigen scheinen die Besultate der Doldschen Beak-
tion denen der Wa. R. gleichwertig, denen der Sachs-Georgi ĂŒber-
legen zu sein. Bab (Berlin).
Zeitschrift fĂŒr die ges. experim. Medizin, Berlin.
27, Heft 3/4.
âŠCalciumgehalt des Blutes bei der Guanidinvergiftung. Bayer, R. 118.
Funktionelle Eigenschaften der BlutgefĂ€Ăe isolierter Organe. Krakow. 1S7.
âDesinfektionsleistung von Akridiniumfarbstoffen. Langer. H. 174.
⊠AustiauscbvorgÀnge zwischen Blut und Gewebe. Bauer, .T.. und A s c h -
n e r , B. 191.
Pharmakologie des Strontium. C o r u 1 1 a , H. und G r a s s h e i m , K. IIS.
âŠStörungen- der Adrenalinbildung in den Nebennieren. P e i » e r , B. 2J4. '
Calciumgehalt des Blutes bei der Guanidinvergiftung. Die
Untersuchungen liefern einen interessanten Reitrag zur Te-
ta niefrage. Guanidinvergiftung fĂŒhrt bei Kaninchen, Katzen
und Meerschweinchen bereits nach einer Stunde zu einer deut-
lichen Verarmung des Serums an Calcium-Ionen. Die Ergebnisse
bilden eine RestÀtigung der Theorie von Noel Paton und
seinen Mitarbeitern (Quarterly journ. of physiolog. 1917), die die
Tetanie durch AnhÀufung von Guanidin in der Zirkulation er-
klÀren, entstanden durch den Ausfall einer normalerweise von
den Epithelkörperchen ausgehenden Stoffwechselregulation. Verf.
stellt sich die Entstehung der Kalziumverarmung folgendermaĂen
vor: Durch die ĂŒbermĂ€Ăige Zufuhr von Guanidin, das die Epithel-
körperchen zu Kreatinin verarbeiten mĂŒssen, sind sie mit dieser
Funktion so ĂŒberbĂŒrdet, daĂ sie ihrer anderen Aufgabe, der
Kalziumregulation nicht entsprechen können.
Dcsinfektionsleistung von Akridiniumfarbstoffen. Aus diesen
Untersuchungen seien besonders die Erfahrungen ĂŒber das F 1 a -
v i c i d erwÀhnt. Dieses tötet nach kurzer Einwirkung in starker
VerdĂŒnnung Raktericn ab. (Staphylokokken in 1 h in VerdĂŒnnung
bis 1 : 1000000.) Die Wirkung auf gramnegalive Razillen ist ge-
ringer als auf gi -ampositive; am deutlichsten ist die Wirksamkeit
auf Eitererreger und Diphtheriebazillen. Die ĂŒberlegene Wirkung
des Flavizids im Reagensglas tritt auch im Tierversuch deutlich
hervör. Noch in einer VerdĂŒnnung von 1:100000 werden die
durch intramuskulÀre Injektion lebender Staphylokokken erzeug
len lokalen Eiterungen unterdrĂŒckt, bezw. die bereits entstan-
denen zur Ausheilung gebracht". Die bei subkutaner Injektion
auftretenden Reizerscheinungen fallen bei intravenöser Einver-
leibung fort. Rei Kaninchen hetrÀgt die Dosis letalis 0,03 pro kg
Körnergewicht; die therapeutische Dosis betrÀgt 1 3 ( 5) mg
pro Kilo.
AustausehvorgÀnge zwischen Blut und Gewebe. In I orl
Petzung frĂŒherer Arbeiten Wurden die BlutverĂ€nderungen nach
subkutaner Injektion von BlutdrĂŒsenextrakten untersuchl Be
stimmt wurde Refrakfoureterwert. EiweiĂkonzentration. Koch-
salzgehalt des Serums, ferner Blutdruck. Pulszahl, Ervthrocytc.n-
zahl usw. Adrenalin (1 mg Tonogen) verursacht hÀufig Ver-
Ă€nderungen der EiweiĂkonzentration im Blutserum. Die Arl der
KonzentrationsĂ€nderung fEindickung oder VerdĂŒnnung) ist nicht
abhÀngig von der nach der Adrenalininjekfion verflossenen Zeit.
Schwankungen der Ervthrozvtenzahl gehen nicht immer parallel,
sie sind auch unabhÀngig von den Schwankungen des arteriellen
Blutdruckes. Beziehungen zwischen Kochsalzschwiankungen im
Serum zu den Schwankungen des EiweiĂgehaltes lassen sich nicht
feststellen, auch nicht Beziehungen zu arteriellen BlutdruckÀnde-
rungen. Rei der Mannigfaltigkeit der Anariffspunkte und Wir-
kungen des Adrenalin im Organismus,- bei der individuell diffe-
renten Bereitschaft. Reaktionsart und ReaktionsgröĂe der ein-
zelnen Organe, ist eine gleichartige Wirkung des Adrenalins auf
Blutkonzentration und Kochsalzaehalt des Rlutes gar nicht zu
erwarten. Geringer und undeutlicher ist die Wirkung von Hypo-
physenexfrakt und anderen RlutdrĂŒsenextrakten.
Störungen der Adrenalinbildung in den Nebennieren. Unter-
sucht wurde der Adrenalingehalt menschlicher Nebennieren (158
FĂ€llet von Individuen verschiedenen Alters. Es ergab sich die
auffallende Tatsache, daĂ der Adrenalingehalt um mehr als %
unter den in frĂŒheren Zeiten gefundenen Durchschnittswert ge-
sunken ist. (Rei Kindern noch stÀrker als bei Erwachsenen.')
Hierdurch ist auch fĂŒr die Nebenniere der Reweis einer schweren
FunktionsschÀdiaung durch die schlechte ErnÀhrung der Kriegs-
und Naehkriegszeit erbracht Die durch UnterernÀhrung bedingte
SchÀdigung der Nebennierenfunktion muà ebenso wie die der
Funktionen anderer innersekretorischer Organe die gesamte
Körnerverfassung schwer beeintrÀchtigen. Sneziell die SchÀdi-
gung des chromaffinen Svstems dĂŒrfte in einer allgemeinen TT- -
absetzung der WiderstandsfÀhigkeit und Energie sich geltend
machen. Lehndorff (Wien).
Zeitschrift fĂŒr Ohrenheilkunde und fĂŒr die Krankheiten der
Luftwege.
1922, 82, Heft 1-4.
Ein neues Eabyrinthmodell des menschlichen Gehörorgans. Riehen-
mann, F. 1.
Nekrotisierende EntzĂŒndung in dflr linken N.-isenhĂ€lfte. der linken Kiefer-
höhle und dem linken , Sieblieim mit septischer Neuritis der rechten
Nervus trochlearis und der motorischen Nerven de* Gaumensegels
Arndt, Georg. 5.
âŠUrobillinogennaehweis im Harn (Ehrlichsche A ldehydprobel als Hilfsmittel bei
der Erkennung von Hirnblutleitererkrankungen im Verlaufe eitri-
ger MitMelohrentzĂŒndurigen. Lange. J. 9.
Zur Klinik der Kondyloideenthrombose. G r o o S , Fritz. 1».
âŠlieber die, Behandlung der Verengerung des Kehlkopfes mit der BrĂŒgse-
mannschen Bolzenkaniile. Eich, A. J6.
Uebclr den Oesophagusmund und seine Spasmen. Beck, Karl. S7.
4<Ziir BekÀmpfung der Kokainvergiftung. Mayer, Karl. 4?.
Findet sich die Macula neglecta auch beim Menschen? Sakai, K. !>0.
âŠDie Gefahren der operativen Freilegung des Sinus. L e i c. h s e n r i n g. U.
Neue Untersuchungen zur Otosklerosenfrage. M a n a s s e , P a u 1. 76.
lieber das Anwendungsgebiet des Kehlkopfkugelvcrfahrens. M u c k, Dr. O. 97.
⊠Beitrag zur Genese der Nasenrachenfibrome. Gussow, Dr., M. 10».
SchuĂfraktur des Feilsenhe:ns mit EiterTerha.ltung im Zusammenhang mit
La.ndryseher Paralyse. Bloedhorn, Dr., E. 113.
Zur Mechanik des Drelinysltlagmu«. ('em »eh, A..T. und Kesten-
baum. 117.
Eine neue Spritze fĂŒr submuköse Injektionen zur AnĂ€stbesieirung des
Ohres, der Nase und deT Mundhöhle. Mii 1 I e r , Fried. 125.
Felix Semon f Nekrolog. Eicken, ('. von. ISO.
Urobilinogennachweis im Harn (Ehrlieh'schc Aldehydprobe)
als Hilfemittel bei der Erkennung von Hirnblutleitererkrankungen
im Verlaufe eitriger MittelohrentzĂŒndungen. Eine vermehrte
Urobilinogenausscheiduing im Harn wird beobachtet bei Leber-
erkrankungen, die mit ParenchymschĂ€digungen verknĂŒpft sind,
sowie bei Krankheiten, die mit erhöhtem Rlutzerfall im Körper
einhergehen. Unter diesen Gesichtspunkten ist eine vermehrte
Urobilinogenausscheidung im Harn denkbar auch bei infektiösen
594
Aas den neuesten Zettschriften
40. Jahrg. â Nr. 39/40.
Hirnblu Heiter erkrankungen im Verlauf« von akuten und chro-
nischen Mittelohreiterungen, namentlich : wenn diese mit
Thrombenbildung und so mit starkem Blutzerfall verbunden sind.
Verf. hat in einer Reihe von FĂ€llen mittels der Ehr Men-
schen Aldehydprobe entsprechende Harnpriifungen vorgenommen
und zwar erstens bei solchen Erkrankungen des Ohres, die kli-
nisch eine Miterkrankung der . Hirnblutleiter bestimmt aus-
schlieĂen lieĂen, und zweitens hei solchen, bei denen wahr-
scheinlich oder sicher eine infektiöse Hirnblutleitererkrankung
bestand. Das Ergebnis war fast regelmĂ€Ăig negatiyer Ausfall
der Aldehydprobe bei FĂ€llen der ersten, und umgekehrt posi-
tiver Ausfall bei FĂ€llen der zweiten Art. Hiermit scheint ein
ursÀchlicher Zusammenhang zwischen Hirnleitererkrankung und
vermehrter Urobilinogenaaisscheidung im Harn möglich, ja wahr-
scheinlich. âą â , â , . . ' âą X
Ueber die Behandlung der Verengung des Kehlkopfes mit
der BrĂŒggemannschen Bol.zenkanĂŒle Zur mechanischen Be-
ll andlung der narbigen Kehlkopf Stenosen dienen vorzĂŒglich die
Thost'sohe BolzenkanĂŒle, bezw. die T-KanĂŒle mit ihren ver-
schiedenen Modifikationen. Eine Vereinigung beider stellt die
BrĂŒggemann' sehe BolzenkanĂŒle dar^ ĂŒber deren Gebrauchs-
fÀhigkeiten Verf. berichtet. Hiernach sind in 3 FÀllen schwer-
ster Narbenstenose des Kehlkopfes mittels des angegebenen In-
strumentes schöne Dauererfolge erzielt worden bei leichter und
bequemer Anwendung der KanĂŒle.
Zur BekÀmpfung der Kokainvergiftung. Ein vollwertiger
Ersatz des therapeutisch so unentbehrlichen, jedoch in seiner
Anwendung nicht gefahrlosen Kokains ist bisher noch nicht ge-
funden worden. Um so mehr ist eine zweckmĂ€Ăige Behandlung
eingetretener Vergiftungen zu erstreben. Die Vergiftung selbst
Ă€uĂert sich zunĂ€chst in Flimmern vor den Augen, PrĂ€kordial-
angst, Uebelkeit, BlÀsse; ferner kommen Exaltationen, ja epi-
leptiforme KrĂ€mpfe, schlieĂlich allgemeine LĂ€hmungen und LĂ€h-
mung des Atemzentrums und damit TodesfÀlle vor. Verf. gibt
auf Grund von Tierversuchen und Erfahrungen an Kokainver-
giftungen folgende therapeutische VorschlÀge an: 1. Nach bezw.
bei eingetretener Kokainintoxikation ist die Anwendung von Mor-
phium zu vermeiden. 2. Galcium ist ein Antagonist des Kokains
und wirkt im Tierversuch entsprechend. Verf. rat beim Men-
schen 5â10 cem einer lO'proz. Lösung vorsichtig intravenös zu
injizieren.
Die Gefahren der operativen Freilegung des Sinus. Auf
Grund der Beobachtungen an mehreren FĂ€llen von Sinusthrom-
bose im AnschluĂ an Operationen, bei denen ein, allerdings ge-
wöhnlich nur geringer Teil des Sinus sigmoideus (z. B. bei der
Radikaloperation) freigelegt wurde, werden die Gefahren solcher
Sinuseröffnung erörtert. Die scheinbar unwesentliche Ver-
letzung hat verhĂ€ltnismĂ€Ăig oft ganz auĂerordentlich
schwere Folgen gezeitigt: in sechs von 17 bisher fest-
gestellten Fallen kam es zum Exitus letalis infolge
schwerster Infektion; aber auch in den ĂŒbrigen 11 FĂ€llen
trat eine erhebliche Verzögerung des Krankheitsverlaufes â es
handelte sich gewöhnlich um Ohrerkrankungen, die eine Radi-
kaloperation erforderten â sowie Komplikation desselben und
weiter notwendig werdende Eingriffe ein. Zur Vermeidung der
beschriebenen unangenehmen Operationsfolgen wird empfohlen,
zunÀchst von ausgedehnten WeichteilnÀhten, besonders im Ge-
riete des freigelegten Sinus, abzusehen. Ferner wechsele man
den Verband frĂŒhzeitig, um etwaigen Sekretstauungen vorzu-
beugen. Vor allem ist jedoch die zufÀllige Sinusfrei] egung mög-
lichst auszuschlieĂen, und wenn es doch dazu gekommen sein
sollte, dies Ereignis nicht als belanglos zu betrachten.
Beitrag zur Genese der Nasenrachenfibrome. Die Nasen-
rachenfibrome zeigen eine Reihe bemerkenswerter Eigenschaften,
die in der vorliegenden Abhandlung, z. T. an der Hand patholo-
gischer PrÀparate besprochen werden. ZunÀchst ist fast aus-
schlieĂlich das mĂ€nnliche Geschlecht befallen, vermutlich auf
Grund der entwicklungsgeschichtlichen Tatsache, daà der mÀnn-
liche SchÀdel sich zu einer Zeit noch weiterentwickelt, in der
der weibliche bereits sein Wachstumsende erreicht hat. Weiter-
hin beschrÀnken sich die Nasenrachenfibrome auf die Entwick-
lungsperiode vom 10. â 25. Lebensjahr. Alle bisherigen ErklĂ€-
rungsversuche dieses Umstandes stimmen darin ĂŒherein, daĂ
hier eine irregeleitete Entwicklung des SchÀdels vorliege. Die
auffallende Tatsache einer RĂŒckbildungsfĂ€higkeit der in Frage
stehenden Tumoren soll ihren Grund vornehmlich in einer
hyalinen Entartung der GeschwulstgefĂ€Ăe, bezw. des Geschwulst-
parenehyms haben, wie B a 1 1 o zuerst angegeben hat und wie
es auch durch die Untersuchungsbefunde der Breslauer Uni-
versitÀtsklinik bestÀtigt scheint; Die Frage nach dem Ent-
stehungsort der Nasenrachenfibrome erfÀhrt durch die Mit-
teilung eines beobachteten Falles eine weitere Beleuchtung: bier-
nach scheint der ursprĂŒngliche Sitz der GeschwĂŒlste die Fibro-
cartilago basilaris zu sein. Zum SchluĂ wird empfohlen, das
nach der Operation noch vorhandene Tumorgewebe mittels kom-
binierter Radium-Röntgenbestrahiung zum Absterben zu bringen,
um ein Nachwachsen zu vermeiden. L. Frosch - Berlin.
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
18. Mai 1922, 52, Nr. 20.
âDie Basier Pockenepidemie von 1921 unter besonderer BerĂŒcksichtigung der
Verbreitung der Pocken durch Fliegen. H u n z i k e r , H. und Reese
â H. 469.
Neurologische Skizzen. Veraguth, O. 476.
âMitteilungen ĂŒber Erfahrungen mit âTebecin" gegen Tuberkulose, H a e b e r -
1 l n , A. 478.
Beitrag zum akuten mechanischen Magen- und DuodenalverschluĂ Bau-
m a n n , E. 479.
Die Basler Pockenepidemie von 1921 unter besonderer Be-
rĂŒcksichtigung der Verbreitung der Pocken durch Fliegen. Ob
wohl die mitgeteilten Beobachtungen sich nur ĂŒber eine relativ
kleine Epidemie erstrecken, so ergeben sich doch aus ihnen
einige wichtige epidemiologische Tatsachen. Der Umstand, daĂ
unter 45 Erkrankungen trotz genauester Nachforschung in 21
FĂ€llen keine Erkrankten, keine Mittelspersonen und keine Ge-
brauchsgegenstĂ€nde als UebertrĂ€ger eruierbar waren, fĂŒhrte
dazu, die Frage zu prĂŒfen, ob nicht Fliegen die Verbreitung der
Seuche verursachten. Die Verff. sind geneigt, diese Ueber-
tragungsart als Ă€uĂerst wahrscheinlich anzunehmen. Aus diesem
Grunde sollte kein Absonderungsspital fĂŒr Pocken ohne Fliegen-
fenster sein. Ferner bestÀtigte sich im Verlaufe der Epidemie
in sehr deutlicher Weise die lÀngst bekannte weitgehende Schutz-
wirkung der Impfung. Von praktischer Wichtigkeit fĂŒr die
DurchfĂŒhrung der sanitĂ€tspolizeilichen MaĂnahmen bei Pocken
ist schlieĂlich die Tatsache, daĂ keiner der gemeldeten FĂ€lle
sich im Inkubationsstadium, wÀhrend der Prodromo und wÀh-
rend des kleinpapulösen Stadiums des Exanthems als ansteckend
erwies, trotzdem es sich um eine recht virulente und gefÀhr-
liche Form echter Pocken handelte.
VorlĂ€ufige Mitteilungen ĂŒber Erfahrungen mit Tebecin. Die
Suspension bisher unbekannter Neuformen des Bazillus, wie sie
das Tebecin des Wiener Arztes D o s t a 1 darstellt, ist eine Vak-
zine, die mit den Tuberkulinen der alten Aera gar nichts gemein
hat. Offenbar ist Dostal durch seine âbiologische" Methode dem
erstrebten Ziel viel nÀher gekommen als seine VorgÀnger; denn
nach Ansicht des Verf. hat das PrÀparat bei Tuberkulose aller
Art erstaunlich viel Erfolge aufzuweisen. Die subkutanen In-
jektionen â meist am L Unterarm ausgefĂŒhrt â wurden meist
mit 0,1 cem Tebecin begonnen, um in Intervallen von 5 bis
10 Tagen allmÀhlich bis auf 1,0 cem zu steigen. Die Injektionen
wurden ca. 3 â 4 Monate durchgefĂŒhrt, um dann ebensolange zu
unterbleiben. WĂ€hrend der Dauer der Kur ist genaue Kontrolle
der Temperatur geboten. Bei der ambulatorischen Behandlung
muà man sich auf kleine Dosen beschrÀnken, doch bringt die
langsame Wiederholung derselben hier auch den Erfolg.
Bei DrĂŒsentuberkulose verkleinerten sich die DrĂŒsen schnell,
erweichte kamen rasch zur Abszedierung; auch Knochenfisteln
schlössen sich unter Tebecinbehandlung in ĂŒberraschend kurzer
Zeit. - âą
Verf. möchte dem Mittel, das ihm gute Dienste geleistet, Ein-
gang in die Schweiz verschaffen, wo seine Verwendung bisher
noch nicht bekannt.
Ersatz der DĂŒhrssentamponade. Verf. empfiehlt ein Mittel
zur Anwendung, das nicht nur bei atonischen Blutungen nach
Geburten und Kaiserschnitten wertvolle Dienste leistet, sondern
das auch bei parenchymatösen Blutungen mannigfachen Ur-
sprungs und der verschiedensten Organe es dem Arzte ermög-
licht, prompte Hilfe zu leisten. Es handelt sich um die wohl-
bekannte Solutio aluminii subacet. tartarici. Ein mit Watte ar-
miertes AkiminiumstĂ€bchen, in eine 20 â 30%ige Lösung von
essigsaurer Tonerde getaucht und in das Cavum uteri eingefĂŒhrt,
bewirkt unmittelbar Kontraktion und Blutstillung. Das Ver-
fahren hat vor der DĂŒhrssentamponade den Vorzug, daĂ es viel
schneller und leichter von jedem Geburtshelfer ohne groĂen
Apparat ausgefĂŒhrt werden kann und man sich ĂŒber die Wirkung
sofort orientieren kann und nicht erst abwarten muĂ. wie bei
der Tamponade, ob nicht nach deren DurchtrÀnkung die Blutung
40. Jahrg. â Nr. 39/40.
Aas den neuesten Zeitschriften
695
von neuem beginnt, auch fĂŒllt die spĂ€tere Entfernung der Tam-
ponnde weg und der AbfluĂ der Lochien ist von Anfang an
unbehindert. Verf. sah genug schwere und schwerste Atonien,
bei denen er sein Verfahren als lebensrettend erproben konnte,
darunter Falle unter so miĂlichen VerhĂ€ltnissen* bei denen eine
DĂŒhrssentamponade kaum möglich gewesen wĂ€re. Die offizinelle
Losung der essigsauren Tonerde ist keimfrei, da in derselben
keine Mikroben gedeihen und fast unbegrenzt haltbar. Bei
extragenitalen Blutungen leistet das Mittel ebenfalls wertvolle
Dienste, doch sind die persönlichen Erfahrungen des Verf. hier
weniger zahlreich. Deshalb erwÀhnt er nur kurz, daà das
Mittel bei einem Fall von Prostatektomie mit guter Wirkung
angewendet wurde, ferner 2 mal intern bei profaner Magen-
blutung. Held (Berlin).
Ugeskrift for Laeger.
Nr. 13, 30. MĂ€rz 1922.
lieber Uaesionen an den Nerven der OberextremitÀt. Abrtbamsen,
Harald.
Dysreguiation und ihre Bedeutung. Bisgaard, Axel.
Nr. 14, 6. April 1922.
D'Herelles Princip. Pock-Steen.
âZwei seltene FĂ€lle von multiplen Ureter-Konkrementen. Wegge, Kai.
âą âRöntgenologische Untersuchungen ĂŒlier die Eut.lcerungszcit des Magens in
Ruhe und unter Bewegung bei .magengesundeii Menschen. Als- Nie 1-
s e n , A a g e.
Zwei seltene FĂ€lle von multiplen Ureter-Konkrementen. Bei
zwei Patienten^ (55 und 16 jÀhrigen MÀnnern), die Schmerzen
bei Urinierung gehabt hatten, wurden bei Röntgenaufnahme
zahlreiche gröĂere und kleinere Konkremente, den ganzen
rechten Ureter ausfĂŒllend, konstatiert.
Röntgenologische Untersuchungen ĂŒber die Entleerungszeit
des Magens in Ruhe und unter Bewegungen bei magengesunden
Menschen. Der Verfasser hat 10 MĂ€nner und 10 Frauen nach
dem Einnehmen von 300 g ReismehlgrĂŒtze + 100 g Baryum sul-
fur. untersucht und konstatierte: 1. DaĂ der Magen sich schneller
bei Bewegung als in Ruhe entleert. 2. DaĂ die Frauen den Magen-
inhalt sowohl bei Bewegung als in Ruhe etwas langsamer als die
MĂ€nner entleeren. 3. DaĂ der Magen selbst in Ruhe binnen fĂŒnf
Stunden sich entleert hat.
13. April 1922, Nr. 15.
Rontgen-Therapie bei Morbus Basedowii. Fischer, J. F.
Zwei eigentĂŒmliche Röntgenbilder des Magens mit unsicherm Auslegen.
BorbjÀrg, Axel.
âExanthem von gefĂ€rbtem Pelzwerk hervorgerufen. Rasch, C.
Exanthem von gefÀrbtem Pelzwerk hervorgerufen. Der
Verfasser hat in den letzten zwei Monaten das Exanthem,, das
immer vom Nacken rund um den Hals und den untersten Teil des
Gesichts bis zum Kinn sich ausdehnte, beobachtet. Das Exan-
them war bald erythem- bald ekzemÀhnlich und oft stark juckend.
Die Patienten (im ganzen 9) waren alle jĂŒngere Damen; und bei
nÀherer Untersuchung zeigte es sich, daà sie alle einige Wochen
oder Monate vor dem Auftreten des Exanthems neue MĂ€ntel, alle
mit derselben Art von braunem Pelz besetzt, bekommen hatten,
sehr wahrscheinlich mit âUrsol" (Paraphenylendiamin), das
eine sehr reizende Wirkung auf die menschliche Haut hat, gefÀrbt.
Pool Hertz (Kopenhagen).
Acta Medica Scandiinavica, Stockholm.
4. April 1922, 56, Nr. 3.
âPositive Wassermann-Reaktion, â aktive Syphilis. Hess Thayseu,
- Tb. E. 195.
Ein Fall von Embolus in der Valvula mitralis mit plötzlichem Tod. Batk-
m a n n , A. 225.
Positive Wassermann-Reaktion â aktive Syphilis. Verfasser
prĂŒft an 283 Syphilitikern die Wassermann-Reaktion nach, d. h.,
er forscht, ob mit Abklingen oder schwÀcher werden der Er-
scheinungen immer die Reaktion StÀrkeverÀnderungen zeigt. Er
konnte JĂŒr diese Annahme keine völlig gleichbleibenden Ergeb-
nisse finden, d. h., die fnfektion mit offenen klinischen Erschei-
nungen zeigte keinen stÀrkeren positiven Ausfall, als die mit
abklingenden oder ohne Symptomen. Er leitet auf Grund seiner
Untersuchung ab, daĂ die positive Wassermann-Reaktion nicht
immer das Zeichen einer demnÀchst aktiv in Erscheinung tre-
tenden Syphilis ist, vielmehr ist z. B. bei FĂ€llen, die 25 Jahre
zurĂŒckliegen, ein positiver Befund der Reaktion auf eine nicht
aktive Syphilis im: klinischen Sinn in der Mehrzahl der FĂ€lle be-
zogen werden muĂ. Ob und wie weit die therapeutischen MaĂ-
nahmen dadurch beeinfluĂt werden sollen, gibt Verfasser nicht an.
tf Cordes (BerlinV
Verhandlungen der Aeiv.legescllschai 1, Upsala.
Neue Folge, Bd. 27, Hell 1 und' 2.
Aufzeichnungen von einer Studienreise un die UuivcntiUHskiiidrrklinik in
Wien. W'allgren, Arvid.
Ein Fall von Poröse ceröbrale. M ö r t D e r g , Anttl.
âDer Arzt als BazillentrĂ€ger bei Poftomyetttta! Wallgtea, Arvid.
Ueber die ErnÀhrungslehre Pirquets. W'allgren, Arvid.
Weiterer Beitrag zur Kenntnis der Chemie der HomogcntisinsĂŒuro, II, III.
M ö r n e r , Carl Th.
Ein Fall von bilateraler, vollstÀndiger Uretcrverdopplutiic "iit multlpoU)
NierengefĂ€Ăen bei einem menschlichen Embryo von 290 mm Stand-
höhe. J o n s s o n , Klön.
Ein Hirusektions- und Prilparationsmethodo. Syk, Ivan.
âUeber Gasbazilienkomplikationcu bei Typhus abdominalis. Ekvall, S.
Der Arzt als BazillentrÀger bei Poliomyelitis? Verl, berichtet
ĂŒber eine nosokomiale Infektion, die, wie er annimmt, durch seine
Person als BazillentrÀger zustande gekommen ist. Er war wÀh-
rend einer kleinen Epidemie am Epiderniespital tÀtig und nahm
unmittelbar nach seinem Abgang den Dienst an der Klinik iĂŒr
innere Erkr. und Kinder auf. 17 Tage spÀter erkrankte ein
l^jÀhr. Knabe an letzterer Klinik an Poliomyelitis, der bereits
seit 5 Monaten wegen Tuberkulose auf dieser Abteilung lag.
Hausinfektion war ausgeschlossen, und auch die Pflegerinnen
waren auch auĂer Haus nicht mit Poliomyelitiskranken in Be-
rĂŒhrung gekommen. WĂ€hrend der letzten 3 Wochfti hatte kein
Besuch das beti\ Krankenzimmer betreten, und' zu dem Knaben
selbst war seit Monaten keim Besuch von auĂen 'gekommen. Vf.
glaubt nicht an die Möglichkeit, daà der Knabe schon bei seiner
Aufnahme infiziert gewesen und daĂ die Krankheit 5 Monate bei
ihm latent geblieben wÀre. Verf. betont ferner, daà er mit dem
Kinde selbst noch nicht in nĂ€here BerĂŒhrung gekommen war,
was zeigen wĂŒrde, wie elektiv das Virus oder die Disposition fĂŒr
diese Krankheit sein kann.
Ueber Gasbazillenkomplikationen bei Typhus abdominalis.
Fall von Typhus abdominalis, bei dem wÀhrend des Ulzerations-
stadiums eine Komplikation mit Gasödem eintrat. Es brach am
18 Tage des Typhus aus, nach 3 Tage vorausgehenden Zeichen
einer Gasbazillensepsis. Die Sepsis war wahrscheinlich durch
, eine Lymphangitis in der NĂ€he der groĂen typhösen Ulzerationen
des Darms veranlaĂt, die Ulzerationen dĂŒrften das Durchdringen
der Gasbazillen vom Darmkanal befördert haben. Das Gasödem
ging vom Oberschenkel aus, rĂŒhrte wahrscheinlich von einem
metastatischen ProzeĂ her. Keine Ă€uĂere Verwundung, keine In-
jektion vorausgegangen. Tod 12 Stunden nach OedemeintriĂŒ.
Erreger Bazillen vom Welch-Fraenkel'schen: Typus. Die Typhus-
diarrhöe wird nicht von anaeroben Gasbazillen hervorgerufen, sie
fördert jedoch das Wachstum dieser Bazillen, die fĂŒr das Ent-
stehen des Meteorismus und der Ulzerationen eine groĂe Rolle
spielen dĂŒrften. Die typhösen DarmverĂ€nderungen beförderten
die Gasbazilleninflammalion der Darmwand, die ohne Perfora
tion von den Gasbazillen durchdrungen werden kann. Auch auf
diesem Wege, nicht nur durch Perforation, kann Peritonitis her-
vorgerufen werden. Die typhösen Ulzerationen dĂŒrften die Ent-
stehung einer GasbazillenÀmie fördern. Diese kann dann septische
Symptome und Metastasen geben, von denen aus sich Gasödem
entwickeln kann, wenn die Bazillen im Blut auch nicht immer
Symptome verursachen.
Dem Wachstum der anaeroben Gasbazillen im Darmkanal, un-
ter denen die des Welch-Fraenkel'schen Typus in den meisten #
FĂ€llen die Komplikationen verursachen, kann man durch geeig-
nete DiÀt entgegenwirken. Vf. betont die Notwendigkeit hÀufiger
LageverÀnderung des Pat. und die Wichtigkeit besonderer Vor-
sicht bei Injektionen. Popper (Stockholm).
27, Heft 3 u. 4.
Seved Ribbing, Nekrolog. Petrin, Gustav.
Einige endokrine Gesichtspunkte bezĂŒglich des Seelenproblemcs. H a m m a r.
J. Aug.
Vier FĂ€lle von âPfĂ€hlung". Ein weiterer Fall von âPfĂ€hlung". HĂ€gg-
8 t r ö m , P.
âUeber Diphtherie-ImmunitĂ€t und Schicks Reaktion. E k w a 1 1 , 8.
Wilhelm Geschwind, Nekrolog. Quensel, U.
âStudien ĂŒber die Weil-FeĂŒx'sche Reaktion. N Ă€ s 1 u n d , Carl.
Ueber DiphtherieimmunitÀt und Schicks Reaktion. Nach
einer Uebersicht des Standes unserer Kenntnisse ĂŒber die ein-
schlĂ€gigen Fragen berichtet Verf. ĂŒber eigene Versuche an 109
FĂ€llen (Diphtheriepatienten, Pat. unter Observation, Pflegerinnen
und andere Personen). Alle Individuen mit klinischer Diptherie,
die kein Serum erhalten hatten^ zeigten positive, diejenigen, die
Serum erhalten hatten, negative Reaktion. Unter 30 Bazillen-
59b
Buchbesprechungen
40. Jahrg. â Nr. 39/40\
trÀgern ^darunter allerdings mehrere Rekonvaleszenten) 37%
positive Schickreaktion. Verf. schlieĂt aus seinen Beobachtungen
ĂŒber den Verlauf der Reaktion, daĂ die StĂ€rke derselben nicht
nach ihrer FlĂ€chenausdehnung, sondern nach ihrem EntzĂŒn-
clungsgrad beurteilt werden mĂŒssen. Die Untersuchung ist am
besten 72 Stunden nach Anstellung der Probe vorzunehmen. Re-
konvaleszenten mit schwÀcherer Schickreaktion scheinen rascher
bazillenfrei zu werden, als solche mit stÀrkerer Reaktion.
Studien ĂŒber die Weil-Felixsche Reaktion. (Die spezifische
und konstant auftretende Agglutination des \\ eil-Felixscnen bak-
teriumtypus Proteus-x 19 durch das Serum von Fleckfieber-
kranken.; Eingehende Besprechung der Literatur und der Hypo-
thesen ĂŒber diese Reaktion. Eigene (auf der Ambulanz des
schwedischen roten Kreuzes in Minsk ausgefĂŒhrte Versuche des
Verf. suchen die Frage zu beantworten, ob andere Antikörper
gegen dieses Bakterium im Fleckfieberserum vorkommen oder
nicht. Als Resultat derselben ergibt sich, daà es nicht möglich
war, das Vorkommen von spezifischen Immunkörpern gegen
Proteus-x 19 im Serum von Fleckfieberkranken nachzuweisen,
weder durch Bakteriotropin, resp. durch Ăpsoninuntersuchungen,
noch durch Bakterizidieversuche. â Bei der anschlieĂenden Dis-
kussion ĂŒber das Wesen, der Reaktion kommen die Verf. zum
SchlĂŒsse, daĂ die bei der Weil-Felixschen Reaktion wirksamen
Agglutinine mit groĂer Wahrscheinlichkeit gegen das Virus des
Fleckfiebers gerichtet sind und nicht durch die «Gegenwart von
Proteus-x 19 im" Körper hervorgerufen werden. Die Agglutina-
tion von Proteus-x 19 durch Fleckfieberserum ist also als fleck-
fieberspezifisch und nicht als proteusspezifisch zu betrachten.
Dagegen kann man nicht entscheiden, ob die Weil-Felixsche Re-
aktion als ein ParaglutinationsprozeĂ aufzufassen ist oder nicht;
dazu seien unsere Kenntnisse in den hierhergehörigen Fragen
zu gering. Popper (Stockholm).
The British Journal of Children's Diseases, London.
Januarâ MĂ€rz 1922, 19. Nr. 217â219.
Symptome bei chronischen Herzkrankheiten. S u t h e r i a n d , (i. A. 1.
Harninkontiuenz. Thompson, A. R. 10.
Ein Fall von Erythroedem (âPink Disease"): und das Problem der Aerodynie
(âEpidemisches Erythem"). W eher, F. P. 17.
Dermato-Polyneuritis (Aerodynie, Erytbroedem). T h u r » f i e 1 d , H. und
Paterion, D. H. 27.
Akuter DarmverschluĂ durch eingedicktes Mekonium. Hughes. E. K. 32.
Buchbesprechungen.
Uhlmann (Bern): Lehrbuch der Pharmakotherapie.
Mit einem Anhang: Arzneidispensierkunde von R.
Burow. Leipzig bei F. C. W. Vogel. 450 Seiten, 100 M..
geb. 120 M.
Dieses neue pharmakologische Lehrbuch ist ein Mittelding
zwischen den RezepttaschenbĂŒchern nach Art des Rabow und
den alten, ausfĂŒhrlicheren LehrbĂŒchern. Es bringt vor jedem
Kapitel nur eine kurze, aber ausreichende Erörterung der Wir-
kungsweise der einzelnen Arzneimittelgruppen und lĂ€Ăt dann die
Medikamente mit kurzer Charakteristik folgen. In dieser Form
erscheint es als ein brauchbares und zeitgemĂ€Ăes Lehrbuch, das
gewiĂ seinen Weg machen wird. Sein Wert wird noch dadurch
erhöht, daĂ es auch ein Kapitel ĂŒber pharmazeutische Technik
bringt, und daĂ es ferner die Pharmakopoen des ganzen deut-
schen Sprachgebietes (deutsche, österreichische und schweize-
i ische) berĂŒcksichtigt.
Es wĂ€re nur zu wĂŒnschen gewesen, daĂ sich die KĂŒrze der
Darstellung auch auf die Medikamente erstreckt hÀtte, die es in
einer VollstÀndigkeit bringt, die wirklich nicht nötig ist, weder
fĂŒr den Praktiker, noch fĂŒr den Studenten. Wenn die pharmako-
logische Wissenschaft nicht auf âWollblumen" und âWegerich'',
âGrassamen", âQueckenwurzel" und andere gleichwertige âHeil-
mittel" verzichten zu können glaubt, so sollte sie sie doch we-
pigstens nur im Kleindruck und an möglichst versteckter Stelle
wuchern lassen. Birk.
K. Nieny: Die Versorgung und AusrĂŒstung der Ampu-
tiert en in der Marine. Heft 3 der âMarineĂ€rztlichen Kriegs-
erfahrungen". Jena, Verlag von Gustav Fischer, 1921.
Das III. Heft der âmarineĂ€rztlichen Kriegserfahrungen" gibt in
anschaulicher Weise einen Ueberblick ĂŒber die Ă€rztliche Versorgung
Amputierter der Deutschen Flotte im Marinelazarett Hamburg. Die
AusfĂŒhrungen des Verfassers gewinnen noch besonders an Interesse,
namentlich fĂŒr den nicht speziaiĂ€rztiichen Praktiker durch aie chi ono-
logische Schilderung des allmÀhlichen Entstehens und Ausbaues der
seit I9i5 im Marinelazarett Hamburg angewandten Prothetik, die an-
fÀnglich verschiedenen Schwierigkeiten (fehlen ausgebildeten Arbetts-
personals, Materialmangel usw.) unterlag. Ein weiterer Vorzug der
Arbeit liegt in der sachlichen Kritik der eingeschlagenen Mabnahmen,
die sich nicht scheut, MiĂerfolge und MĂ€ngel derselben zu erwĂ€hnen,
die zum Teil ĂŒbrigens nur anderwĂ€rts beobachtetes bestĂ€tigen; z. b.
die UnzulÀnglichkeit der Armprothese, deren dauernde Benutzung
verhĂ€ltnismĂ€Ăig selten gefunden wird. Auf genaue Einzelheiten des
Inhalts naher einzugehen, wĂŒrde zu weit fĂŒhren. Die mitgeteilten lat-
sachen decken sich gröĂtenteils, namentlich was die chirurgische Ver-
sorgung der StĂŒmpie usw. angeht, mit den auch sonst gemachten Er-
fahrungen, wie denn naturgemÀà ein Unterschied zwischen der Pro-
thetik bei Landheer und Marine nicht bestehen dĂŒrfte. Als prinzipiell
wichtig seien folgende Forderungen des Verfassers erÀwhnt: be-
lastungsfĂ€hige StĂŒmpfe in jedem rall, ferner Hilfsprothesen sofort nach
erfolgter wundheilung des Stumpfes, schlieĂlich energische und bal-
digste EinĂŒbung der Amputierten mit ihren Prothesen.
L. Frosch (Berlin).
Liesegang, Raphael Ed. : BeitrÀge zu einer Kolloidchemie
des Lebens (biologische Diffusionen). 2. Auflage, Dresden und
Leipzig, 1h. Steinkopff, 1922, 39 S. Mk, 10,â.
Kolloide, Gallerte, Gele spielen eine immer gröĂere Rolle. Da
liegt es nahe, das neue Wissen auch auf die VorgÀnge des Lebens an-
zuwenden im AnschluĂ an frĂŒhere Versuche mit der Statik, Chemie,
ElektrizitÀt, Energetik usw. Was Liesegang an Analogien be-
zĂŒglich der Diffusion, KalkniederschlĂ€ge, Schichtungen, Membranwir-
kungen usw. zwischen Gelatineschichten und histologischem Aufbau
bringt, ist in der Tat ĂŒberraschend. Aber vorlĂ€ufig wirkt das Aus-
malen der unzÀhligen, sich durchkreuzenden, verschlingenden, verstÀr-
kenden, aufhebenden, ewig bewegten Prozesse mehr verwirrend als
klÀrend. Der teilnehmende Zuschauer kann noch nicht erkennen, wie
des RĂ€tsels Lösung gefunden werden könnte, zumal ja â was Verfasser
nicht einmal berĂŒhrt â TemperaturĂ€nderungen das ganze Spiel tief-
gehend beeinflussen dĂŒrften.
Immerhin sind diese Studien beherzigenswert fĂŒr jeden, der da
* meint, mit seinem Partialwissen den SchlĂŒssel der Erkenntnis in HĂ€n-
den zu halten.
Buttersack.
Achard: L'encephalite lethargique. Paris 1921. J. P.
Baillere&Fils. 324 Seiten.
Auf Grund einer groĂen Reihe klinisch mustergĂŒltig beobachteter
FĂ€lle sowie unter grĂŒndlicher BerĂŒcksichtigung der ins Riesenhafte
angewachsenen internationalen Literatur entwirft Verf. ein klassisch
zu nennendes Bild der Encephalitis lethargica. Von einer genauen Be-
schreibung der einzelnen Symptome ausgehend, fĂŒhrt er zu einer höchst
anschaulichen Schilderung der verschiedenen rormen und Verlaufs-
arten. Hierbei' wird eine schematische Einteilung auf Grund eines
fĂŒhrenden Symptoms (somnolente, myoklonjsche, choreatische, athe-
totische Form) abgelehnt, da im einzelnen Fall hÀufig entweder gleich-
zeitig oder nacheinander im Verlauf der Krankheit die verschiedenen
typisch fĂŒr die Encephalitis lethargica; fĂŒr diese Tatsache scheint der
Symptome zur Beobachtung gelangen. Der rasche Wechsel der Er-
scheinungen, das Proteusartige, Unberechenbare, erscheint geradezu
histologische Befund eine ErklÀrung zu liefern: die lymphocytÀre Um-
scheidung der kleinsten GefĂ€Ăe fĂŒhrt zu Zirkulationsstörungen in ver-
schiedenen Gebieten des in erster Linie befallenen Mittelhirns. Der
ProzeĂ ergreift sprunghaft bald dieses, bald jenes GefĂ€Ăterritorium
und bedingt bald diese, bald jene Reiz- oder Ausfallserscheinung. Die
SchÀdigungen sind reparabel, es kommt im Gegensatz zur Poliomye-
litis akuta kaum zu schweren, endgĂŒltigen Laesionen der Nervenele-
mente; daher das Fehlen bleibender LĂ€hmungen, das nur vorĂŒber-
gehende Erlöschen der Reflexe. Auch die entgegen den ersten An-
gaben von Economos zur Beobachtung kommende Lymphozytose im
Liquor zeigt diesen wechselnden Charakter, was bei der Differential-
diagnose gegen Meningitis von Bedeutung sein kann. Die Abgren-
zung gegen andere ebenfalls im Mittelhirn zu lokalisierende patholo-
gische Proresse wird sehr ausfĂŒhrlich erörtert. Der betreffende Ab-
schnitt bildet einen kurzen AbriĂ der Neurologie des Mittelhirns; ein-
leitende Bemerkungen ĂŒber die normale Anatomie und Physiologie der
dort lokalisierten Zentren erleichtern dem nicht speziell neurologisch
Vorgebildeten das VerstĂ€ndnis der. ĂŒbrigens hervorragend klar darge-
stellten Materie. Der Verlauf des Leidens, insbesondere die hÀufig zur
Beobachtung kommenden NachschĂŒbe bis tief in die Rekonvaleszenz
hinein, die hÀufigen psychasthenischen ZustÀnde im Gefolge der
Krankheit fĂŒhren Verf. zu der Annahme, daĂ das noch unbekannte,
mit dem Grippeerreger nicht zu identifizierende Virus sehr lange im
Gehirn virulent bleibt. Das Studium des fesselnd und elegant ge-
40. Jahrg.â
Nr. 39/40.
11 u c h h e s p r e c h u n g c 11
507
»chriebeuen Werkes kann auf* WÀrmste empfohlen werden. Das um-
fangreiche Literaturverzeichnis verdient besonders hervorgehoben zu
werden.
Wolff (Hamburg).
S. Freud. Ueber Psychoanalyse. FĂŒnf Vorlesungen.
Verlag Franz Deuticke, Leipzig und Wien. 19*22. t>. Auflage,
f-' 62 Seiten. 16 M.
Als Freud im Jahre 1909 diese Vorlesungen zur 20jÀhrigen
GrĂŒndungsfeier der LniversilĂ€t in Woroester hielt, war er bei unsi
in Deutschland auch nicht anerkannt, im Gegenteil, er wurde von
den offiziellen Vertretern der Wissenschalt auts heftigste be-
fehdet, wahrend das Ausland seine Bedeutung schon frĂŒh erkannt
hatte. Im Laufe der Jahre hat er nun auch bei uns ĂŒberall Aner-
kennung gclunelcn, und die neuen Erkenntnisse, die er uns gegeben
hat, bilden die Grundlage einer ganz neuen Betrachtungsweise,
ohne die die moderne Psychiatrie nicht mehr zu denken ist. In
diesen Vorlesungen gibt Freud in gedrÀngter Ueber sieht die i
Hauptpunkte seiner Lehre, so daĂ sie vganz besonders geeignet
sind, Kollegen, die nicht die Zeit haben, sich mit gröĂeren SpeziaJ-
werken zu befassen, einen Einblick in die Psychoanalyse zu
geben. L u r j e.
Max Kauffmann: Die BewuĂtseinsvorgĂ€nge bei Sug-
gestion und Hypnose mit drei Mguren, darunter einer far-
bigen. Carl Marhold, Halle a. S., 1921. â 36 S.
So greifbar auch die Ergebnisse der Hypnose und Suggestion vor
unsern Augen stehen, so schwierig ist es, in ihr Zustandekommen hin-
einzuleuchten. Der Verfasser des vorliegenden BĂŒchleins hat sich die
Aufgabe gestellt, die Bewur.tseinsvorgÀnge bei Hypnose und Suggestion
zu erlÀutern. Er trifft hiermit auf ein Problem, dessen Lösung die
gröbten Schwierigkeiten bietet. Eine grundsĂ€tzliche Annahme fĂŒr die
ErklÀiung der in Rede stehenden VorgÀnge ist das Vorhandensein eines
UnterbewuĂtseins. In ihm ist unser ganzes Innenleben, sind Vorstel-
lungen, GefĂŒhle, Phantasie, Triebe aufgespeichert, in ihm spielen sich
auch die VorgĂ€nge der Hypnose und Suggestion ab. Ihm gegenĂŒber
steht das Wachbewubtsein, das BewuĂtsein der AuĂenwelt. Die Ge-
samtheit der BewuĂtseinsvorgĂ€nge wird schematisch in einzelnen Be-
wuĂtseinskreisen dargestellt; und zwar in der Weise, daĂ das Waeh-
bewuĂtsein in den Ă€uĂersten Kreis, die unbewuLten VorgĂ€nge in die
Inneukreise verlegt werden. Es wird ein mÀnnlicher Typus, ein kind-
licher und ein Greisentypus der BewuĂtseinsvorgĂ€nge aufgestellt. Zum
VerstĂ€ndnis der AusfĂŒhrungen des Vei fassers gehört das Studium der
beigegebenen Figuren.
âą Man wird dem Autor unbedingt darin recht geben, daĂ fĂŒr die
Genese hypnotischer VorgĂ€nge die Annahme eines besonderen BewuĂt-
seinszustandes erforderlich ist. Ob man diesen als UnterbewuĂtsein
bezeichnet, ist gleichgĂŒltig. â Dabei sind ĂŒbrigens unbewuLte Vor-
gĂ€nge ebenso gut als psychische zu werten wie bewuĂte. Der Verfasser
wehrt sich mit vollem Hecht dagegen,- daĂ man nur das BewuĂte als
psychisch auffaĂt.
Die Einteilung in verschiedene BewuĂtseinskreise ist gewiĂ didak-
tisch von Nutzen und bringt als Arbeitshypothese manchen Vorteil,
Aber es wird sich wohl der eine oder andere gegen das Schematisie-
ren seelischer VorgÀnge wehren. Denn nirgend ist je ein feineres We-
ben und geheimnisvolleres Walten als gerade in der Psyche. Ein indi-
viduelleres Geschehen als das seelische gibt es nicht. Jedoch wird man
gegenĂŒber diesem mehr Ă€uĂeren Einwand das wichtige Fazit der vor-
liegenden Arbeit, die Gliederung der verschiedenen BewuĂtseinsstu-
fen, nicht unterschĂ€tzen dĂŒrfen.
A. MĂŒnzer.
Hans Theodor Sanders: Hypnose und Suggestion, Stuttgart,
t- â Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde. 1921/77 S.
Das namenlose Leid, das der Krieg ĂŒber uns gebracht, hat den
Hang zur Mystik im Volk geweckt, und allerorten sehen wir die Nei-
gung zur BeschĂ€ftigung mit der ĂŒbersinnlichen Welt sich ausbreiten.
Die Probleme des Hypnotismus, Okkultismus und Spiritismus lenken
die Aufmerksamkeit weiter Kreise auf sich, und mancher, der frĂŒher
diesen Bestrebungen völlig ferngestanden, wird heute in den Strudel
mithineingezogen. â Leider haben aber, die gegebene Situation aus-
nĂŒtzend, eine ganze Reihe von gewissenlosen Spekulanten sich des in-
teressanten Forschungsgebietes bemÀchtigt; Wanderhypnotiseure durch-
ziehen das Land, Spiritisten und Okkultisten aller Schichten veranstal-
ten ihre Sitzungen, und die kritiklose Menge schaut erstaunt auf. die
Wunder, die sich vor ihren Augen entfalten. â Da ist es nur zu be-
grĂŒĂen, wenn ein Fachmann zu rechter Zeit die Feder ergreift und in
geschickter, leicht faĂlicher und anregender Weise dem Laien die Be-
deutung und das Wesen der Hypnose klar macht. Das vorliegende
BĂŒchlein erfĂŒllt durchaus seinen Zweck und kann jedem, der sich ĂŒber
die schwebenden Fragen orientieren will, empfohlen werden.
A. MĂŒnze r.
Beyer, Wilh. (Pforten N.-L.) Gibt es Heilungen von
körperlicher K r a n k h e i l durch Geisteskraft'/
Carl Hilter Verlag, AlthoinaĂ bei Breslau. 1921. 19 S.
Nur mit Wehmut kann man diese kleine BroschĂŒre lesen.
Nicht als ob an der Wirksamkeit dessen, was man so gemeinhin
Geist nennt, gezweifelt werden sollte. Allein, wenn man schon
Heilungen durchl Geisteskraft als âselbseriebte Tatsachen, an
denen mich nichts irre machen kann", als Novum in die Me-
dizin einfĂŒhren will, darf man sich nicht mit summarischen, dog
malisch gehaltenen AusfĂŒhrungen begnĂŒgen; man muĂ vielmehr
den konkreten Fall so ausfĂŒhrlich als möglich berichten. Aber
gerade davon findet sich nichts bei Beyer. Wir erfahren, v. ... ..
einen geistigen Heiler, einen HellfĂŒhler kennen gelernt hat,
welcher ohne RĂŒcksicht auf Entfernung und dazwischen liegende
körperliche Hindernisse (âdurch verschlossene TĂŒren und dicke
WĂ€nde hindurch"; seinen Patienten aufspĂŒrt, âeinerlei, ob er im
.Nebenzimmer sitzt, wie wenn er sich in Amerika beiludet", und
vermittelst seiner Helioda heilt. Wie es kommt, daĂ der Hell
fĂŒhler von allen den vielen toten und lebendigen Körpern, welche
zwischen ihm und dem gerade angemeldeten Kranken liegen,
unaffiziert hindurchfĂŒhlt und âauch nicht zu wissen braucht, wo
sich der Betreffende aufhÀlt, den er untersucht", erfahren wir
leider nicht; nicht einmal die drahtlose Telegraphie wird zu illu-
strierendem Vergleich herangezogen. GegenĂŒber solchen Un-
vorstellbarkeiten betont Beyer, daĂ der HellfĂŒhler eben nur den
geistigen Gehalt fĂŒhlt. Indessen, so ganz stofflos geht es eben
doch nicht ab. Der HellfĂŒhler fĂŒhlt die âKrankheits oder Me-
dizin-Gifte als scharf oder brennend oder dumpf oder weich oder
hart in den verschiedensten Abstufungen und Mischungen", kann
sogar âbei Kindern und Enkeln, die selbst nie krank waren, das
von den Voreltern ererbte Krankheitsgift herausfĂŒhlen".
Auch die Therapie bewegt sich in recht materiellen Gleisen.
âIst Krankheit jede Verunreinigung des Körpers (!) mit ihm
Hemden Bestandteilen, die die Durchstrahlung mit Lebenskraft
mehr oder weniger beeintrÀchtigen, so ist dementsprechend der
Genesungsvorgang ein ReinigungsprozeĂ durch Abstrahlen und
Ausscheiden der eingedrungenen Fremdstoffe". Da schimmert
unverkennbar die Lehre des Hippokrates von der Eukrasis und
der Dyskrasis hindurch.
Beyer macht sich zum Propheten des HellfĂŒhlers Carl
H u l e r, welcher âin kommenden Tagen von der dann herrschen-
den Lehrmeinung als einer der gröĂten gefeiert werden wird".
Ob diese Prophezeiuung von Beyer stammt oder ein Produkt
hellseherischer KĂŒnste ist, bleibt unentschieden, ebenso, ob dieser
CarlHuter identisch ist mit dem Verleger der BroschĂŒre.
Buttersack.
A. Weil: Se x u a 1 r et or m und S e x u a 1 w i s s e u s c h a f t.
Verlag Julius PĂŒttmann, Stuttgart. 1922. 284 Seiten. 165 M.
Im vergangenen Herbst fand in Berlin die erste Tagung fĂŒr
Sexualreform auf sexuahvissenschaftlicher Grundlage statt; ein-
berufen war sie durch das Institut fĂŒr Sexualwissenschaft (Leiter
Dr. Magnus Hirschfeld). Diese Tagung hatte schon dadurch
eine besondere PrÀgung, daà zum ersten Male nach dem Kriege
viele auslĂ€ndische Gelehrte â darunter auch aus den ehemals
feindlichen Landern â anwesend waren; darĂŒber hinaus aber
von Bedeutung war es, daĂ hier zum ersten Male ein Gebiet in
aller Oeffentlichkeit vom wissenschaftlichen Gesichtspunkte aus
behandelt wurde, das bisher von der offiziellen Wissenschaft
wenig Beachtung gefunden hatte. Jetzt liegen die dort gehaltenen
VortrÀge im Drucke vor, so daà es auch einer breiteren Masse
möglich ist, sich ĂŒber dies Gebiet zu orientieren. Gerade der
praktische Arzt wird sich hier an Hand der VortrÀge von L.ip-
s c h ii l z - Dorpat und B i e d 1 - Prag ĂŒber den augenblicklichen
Stand der Lehre von der inneren Sekretion und ihrer Beziehung
/ u den sexuellen Trieben unterrichten können; aber nicht nur
diese mehr fachwissenschaftliche Frage â das ganze weite Ge-
biet der Sexualreform ist auf dem KongreĂ von berufenen Ver-
tretern behandelt worden, so daĂ uns Aerzten, die neben dem
Beruf nicht viel Zeit haben, mit andern â nicht minder wichti-
gen â Fragen des tĂ€glichen Lebens sich zu beschĂ€ftigen, Gelegen-
heit geboten ist, in kurz gedrÀngter Fassung alles Wissenswerte
dieses groĂen Gebietes kennen zu lernen. Aus dem reichen In-
halt nenne ich nur einige wenige Themen, die dort behandelt wur-
den: Die klinischen Wirkungen der Vasoligatur (Dr. Peter
S c hm idt - Berlin»); Kulturelle und eugenische Sexualmoral (Dr.
von E h renfei s - Prag ; Das psychophysische Problem in der
Sexualpathologie (Dr. S c h w a r z - W ien); SexualitÀt und Gesetz-
gebung (Juslizrat Dr. W e r t h a u e r - Berlin); Recht und sexuelle
Minderheiten (Dr. Kurt H i 1 1 e r - Berlin). Die psychologischen
Ursachen fĂŒr die abnehmende Fruchtbarkeit der berufstĂ€tigen
598
Buchbesprechungen
40. Jahrg. â Nr. 39/40T
Frau (E. Brauer- Hamburg). Das Problem der Strafbarkeit
tier Abtreibung (Justizrat Dr. R o s e n t h a 1 - Breslau). Die
SexualitÀt des Kindes (Dr. A. K r o nf e 1 d - Berlin). Jugendliche
Zeugen in Sexualprozessen (Döring- Leipzig). L u r j e.
rlaczek: Das Geschlechtsleben der Hysterischen. Bonn
A. Marcus und E. Webers Verlag.
Seltsame Anschauungen ĂŒber das Wesen der Hysterie waren im
klassischen Altertum verbreitet W ie abenteuerlich mutet uns heute z.
b. der Glaube an den im Körper herumwandernden und nach sexuener
uefnedigung sich sehnenden Uterus an! .Wenn nun auch so naiv-kind-
liche Aulfassungen seit den Zeiten der (Jalen ĂŒberwunden sind (b i n s -
wauger), so hat man doch bis in neuere Zeiten hinein in der Geni-
talsphÀre den Ursprung des Leidens gesucht, Eine wie einschneidende
bedeutung die f reud sehen Arbeiten der SexualitÀt zuerkennen, ist ja
allgemein bekannt. Allerdings ist dieser gewio einseitige Standpunkt
durchaus nicht Allgemeingut der Wissenschaft geworden, und gerade
die Forschungen der letzten Jahre sind unaulĂ€ssig bemĂŒht gewesen, das
Problem von allen Seiten anzupacken und durchzufĂŒhren. â So wert-
volle SchĂ€tze aber auch unser Graben und SchĂŒrfen zu l Ă€ge gefördert,
die Hysterie bleibt deshalb doch noch fĂŒr uns immer die rĂ€tselhafte
bpinx, die sie von jeher gewesen.
wenn wir uns nun auch in kritischer WĂŒrdigung der Sachlage nicht
entschlieĂen können, die .SexualitĂ€t als das Zentrum, von dem aus sich
die hysterischen Erscheinungen ausbreiten, anzuerkennen, so wird doch
kein unbefangener Beobachter leugnen können, daà das Geschlechtsleben
beim Hysteriker eine bedeutsame Rolle spielt und daĂ viele hysterische
Manifestationen mit der SexualitÀt in ursÀchlichem Zusammenhang ste-
hen. TagtÀglich begegnet der Arzt diesen Beziehungen und wertet sie
als lĂ€ngst Bekanntes. Das ĂŒberreiche Material, das aus Praxis, klini-
scher Beobachtung, forensischer Begutachtung und historischer Ueber-
lieferung quillt, hat P 1 a c z e k gesammelt, gesichtet, durch seine eige-
nen wertvollen Erfahrungen ergĂ€nzt und in flĂŒssiger Darstellung dem
Leser dargeboten. Voller Interesse folgen wir den AusfĂŒhrungen des
vielbewanderten Autors. Wir lernen die Mannigfaltigkeiten der Pseu-
dologia phantastica kennen, wir schauen hinein in die seltsamen Bezie-
hungen; zwischen Geschlechtsleben einerseits und Stehltrieb, Kauftrieb,
Brandstiftungstrieb andrerseits, wir vertiefen uns in die Lebensge-
schichte einer Lina Hau, Marguerite Steinheil, Antonie v. Schönebeck
u. a., und ĂŒberall und immer wieder sehen wir die dominierende Stel-
lung der SexualitÀt, ihre tief einschneidende und umformende Gestal-
tungskraft. Den ZusammenhÀngen zwischen Hexenwahn und Ge-
schlechtsleben gilt ein eingehendes Kapitel. Und die Erörterungen ĂŒber
das Geschlechtsleben der Hysterischen in forensischer Beziehung be-
leuchten grell die verwickelten Aufgaben, denen sich der Neurologe und
Psychiater vor Gericht gegenĂŒber sieht.
P 1 a c z e k hat hier ein wirklich lebensvolles Werk geschaffen, aus
dem wir reiche Belehrung schöpfen. Gewià gehört die Hysterie zu den
interessantesten Wissensgebieten der Medizin ĂŒberhaupt, und man fin-
det immer etwas Neues, wenn man nur sucht. Aber ein planloses Um-
herirren auf diesem weiten Felde bringt uns nicht weiter. Hingegen
kann uns ein so straff gegliedertes und anschaulich geschriebenes Buch
wie das vorliegende ĂŒber das in Betracht kommende Thema wohl orien-
tieren, sein Studium bringt wirklichen Nutzen.
Das Gesamtproblem âHysterie" ist freilich noch lĂ€ngst nicht gelöst.
Dazu ist vielleicht unsere Zeit noch nicht reif. Gibt es ĂŒberhaupt eine
Kra.ikheit âHysterie" oder gibt es, wie viele wollen, nur eine hyste-
rische Reaktionsweise? Wer vermöchte das heute mit Sicherheit zu
entscheiden! Vorerst gilt es im Kleinen zu schaffen, unverdrossen und
rastlos, Steinchen auf Steinchen zu setzen, bis einstmals der mÀchtige
Bau fest gegrĂŒndet stehen wird.
A. M ĂŒ n z e r.
Dr. <B. Goldberg, Leipzig. Kleine Urologie. Verlag von Curt
Kabitzsch. 1922.
Das Buch will den Praktiker ĂŒber alle urologischen Fragen
orientieren, die in der Sprechstunde vorkommen, ohne auf Theo-
rien oder Beschreibung klinischer Operationen einzugehen. Der
erste Teil des Buches gibt -die Technik der urologischen Unter-
suchungs- und Behandlungsmethoden, wÀhrend der zweite Teil
die urologischen Erkrankungen â ziemlich im Telegrammstil
und infolgedessen etwas schematisch â selber behandelt. Gold-
berg gibt nur in eigener Praxis gesehenes und erprobtes, eine
BeschrĂ€nkung, die fĂŒr die Absicht, in) der das Buch geschrieben
ist, von Vorteil ist. Der Preis stellt sich auf 70 bzw. 88 M., und
ist fĂŒr heutige VerhĂ€ltnisse bescheiden zu nennen. Dr. B a b.
Dr. F. Thedering: Haarkrankheiten und Glatze.
Ihre VerhĂŒtung und Behandlung mit Licht und
Röntgenstrahlen. FĂŒr Aerzte und Laien dargestellt.
Preis: M. 88. Oldenburg i/O./Berlin. 1922. Verlag: Gerhard
Stalling.
Thedering sucht durch sein Buch Aerzte und Laien davon zu
ĂŒberzeugen, daĂ die Glatze, die nicht nur eine kosmetische, son-
dern auch eine allgemein gesundheitliche Bedeutung hat, verhĂŒtet
werden kann und muĂ. Ihre Grundursache ist die vom Vater
ererbte Anlage zur Seborrhoe; diese wird wahrscheinlich durch
einen parasitĂ€ren Erreger verursacht, durch unzweckmĂ€Ăige
Kopfbedeckungen, die die AusdĂŒnstung des Kopfes verhindern,
begĂŒnstigt, und macht sich bereits am Ende des ersten Jahr^
zehntes als Schinnenbildung bemerkbar. Schon in dieser Zeit
muà die prophylaktische Behandlung mit Höhensonne kombiniert
mit Röntgen beginnen. Diese Behandlung â unterstĂŒtzt von 20 %
Thigenol-Glycerineinreibung â ist gleichfalls geeignet, mĂ€Ăigend
Haarausfall und daraus resultierender Glatzenbildung Einhalt
zu gebieten. Bei dem Skepticismus, der im allgemeinen der Be-
handlung von Haarausfall bei Aerzten und Laien der Therapie
entgegengebracht wird, wirkt der Optimismus, mit dem das Buch
geschrieben ist, aufrĂŒttelnd. Das Buch erfĂŒllt daher vollkommen
seinen Zweck, die Aufmerksamkeit von Laien und Aerzten auf die
Bedeutung und Behandlung dieses weit verbreiteten Leidens zu
lenken. Dr. B a b. 1
Neuburger: âDie Wiener ^Medizinische Schule im
V o r m À r z". Rikola-Verlag, Wien 1921.
Eine wĂŒrdige Fortsetzung gibt der tĂ€tige Rikolaverlag seiner
Sammlung von Aerztebiographien in dem neuerschienenen Bande
âDie Wiener Medizinische Schule im VormĂ€rz". Prof. Neubur-
gers kundige Hand hat es meisterlich verstanden, aus verstaub-
ten und schon halb vergessenen Briefen, TagebĂŒchern und Reise-
schilderungen SchÀtze zu heben, die in bunter Ordnung von allen
Seiten Licht ausstrahlen auf die im Dornröschenschlaf liegende
Wiener Medizinische Schule in der Zeit des Biedermeier und des
VormÀrz, in der Epoche zwischen den Ruhmestagen der Àlteren
und jĂŒngeren Wiener Schule. DaĂ dieses Interregnum nicht gĂ€nz-
lich bar jeder tĂŒchtigen Leistung, daĂ auch in ihm verdienstvolle |
MĂ€nner wirkten, wenngleich sie vom Geist der Zeit befangen und
gehemmt, ihre VorgÀnger wie van Swieten, St oll, Peter
Frank, Valent. v. Hilden brand nicht erreichen konnten,
geht aus diesen teils warmherzigen, teils scharf kritisierenden
Berichten der Zeitgenossen impulsiver und unbefangener hervor,
als es je ein noch so unparteiischer Geschichtsschreiber hÀtte auf-
zeichnen können. Menschliche SchwÀchen, Àrztliche Sorge und
GĂŒte, kleinliches Bureaukratentum, Diktatur und Nepotismus
andererseits groĂzĂŒgige Förderung wissenschaftlicher Probleme,
das AufblĂŒhen der Augenheilkunde unter Beer und JĂ€ger,]
Dokumente aus der Cholerazeit und Berichte ĂŒber die erste Ver-
sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Wien ziehen in
buntem Wechsel an unserem Auge vorĂŒber, bis die aufgehende
Sonne der jungen Wiener medizinischen Schule unsere Blicke auf
MÀnner wie Rokitansky, Skoda, Hebra, K o 1 le t s« h ka
und SemmelweiĂ lenkt. âą
An dem mit sechs Bildnissen hervorragender Aerzte aus-
gestatteten Werke wird, auch der gebildete Laie seine Freude |
haben. M a s s u r (Berlin), c
M.Roth (Oldenburg): AufsÀtze zur Geschichte der
Medizin im Herzogtum Oldenburg. Ad. Littmann.
1921. 352 Seiten.
âDie Geschichte der Medizin eines Landes ist nur ein StĂŒck
seiner "Kulturgeschichte", sagt der Verfasser im Vorwort. Das
ist fĂŒrwahr richtig; drum wird der nicht bodenstĂ€ndige Kultur-
historiker mit besonderem Behagen die liebevolle Schilderung
des âRiarMeratmts" und die âVolksmedizin" in Oldenburg lesen.
Wir, die wir in dem immerhin engen Ausschnitt der Vorstel-
lungen unserer damaligen Wissenschaftsphase leben, erkennen
daraus mit Erstaunen, wie grĂŒndlich verschieden der Ideenkreis
unserer UrgroĂvĂ€ter bezw. unseres Landvolks von dem unserigen
ist. Man könnte versucht sein, jenen mit dem ewig gleichen I
Niveau des Meeres zu vergleichen, auf welchem die Wellen der)
Wissenschaften wie Wellen dahineilen.
Es ist bedauerlich, daĂ so wenige eine Ahnung haben von
dem Geistesleben, in dem wir alle letzten Endes wurzeln, und
noch viel weniger ein VerstÀndnis und eine Art von Verehrung
fĂŒr die Weltanschauung unserer sog. einfachen Leute; und doch
stellt sie die BrĂŒcke dar zu dem primitiven Denken in einer
kaum auszudenkenden prÀhistorischen Vergangenheit. Viel-
leicht haben gerade die Oldenburger das Erbe der Ur-Indo-
germanen, bezw. der Ellerbeckleute, treu bewahrt. Mehr in die
neuere Zeit fĂŒhren die AufsĂ€tze ĂŒber einzelne Aerzte (Gram-
berg, Goldschmidt, SchĂŒĂler) und Krankenanstalten:
alle sind mit leicht flĂŒssiger Feder geschrieben. Buttersac k.%
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrlfi des prakllschen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von HANS*PUSCH, Berlin SW4Ă, Wilhelm -Strafte 20 / Fernsprecher: l.ĂŒtzow 9057
Nr. 41/42 Berlin, den 25. Oktober 1922 40. Jahrgang
Dir Vorlag behĂ€lt »ich das ausschlieĂliche Recht der VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der OriginalbeitrĂ€ge innerhalb der gesetzlichen Schutztrist ver.
Lokalisten und Generalisten.
Von Dr. v. Criegern, Oberarzt der Inneren Abteilung des
StÀdtischen Krankenhauses in Hildesheim.
"Wenn man die Neurotiker einteilt in Congenrwde und Er-
schöpfte, so hat man eigentlich bereits alles gesagt. Man hat
vor allem zum Ausdruck gebracht, daĂ jede Einteilung nicht
auf einem fundamentalen Unterschiede beruht, sondern nur
auf einem graduellen, daĂ mithin die Veranlagung alles be-
deutet: sie kann bei dem einen so stark sein, daĂ sie sich un-
abhĂ€ngig von Ă€uĂeren Ursachen selbst unter den gĂŒnstigsten
VerhÀltnissen durchsetzt, wÀhrend bei anderen erst ein ge-
wisser Verlust von KrÀften nötig ist, um ihr zum Durchbruch
zu verhelfen. Die Erschöpfung kann vorĂŒbergehend oder
dauernd sein, sie kann auf Sperrung des Ersatzes oder auf
Steigerung des Aufbrauchs beruhen, das bedeutet hier keinen
einschneidenden Unterschied. Diese Einteilung zeigt zu-
gleich, daà zwischen beiden Gruppen scharfe GegensÀtze nur
auf den FlĂŒgeln bestehen, wĂ€hrend in der Mitte ein flieĂen-
der Uebergang stattfindet, und dasselbe findet sich bei jeder
anderen Gruppierung und muĂ daher im Folgenden immer
wieder begegnen.
Von einem anderen (phÀnomenologischen) Gesichts-
punkte aus pflegt man in der Praxis die Neurotiker in Noso-
phrone und Somatiker zu ordnen. Als Nosophrone vereinigen
wir diejenigen, deren Denken und Klagen sich um Krank-
heitszustĂ€nde bewegt, fĂŒr welche ihnen jede körperliche Ver-
Ă€nderung fehlt. Im Gegensatz zu ihnen stehen daher die
Somatiker, bei denen neben der allgemeinen Neurose ein
somatisches Leiden nachweisbar ist.
Die Nosophronen zerfallen in die beiden Unterabteilungen
der Nosophilen und der Nosophoben. Die Nosophilen voll-
ziehen die Flucht in die Krankheit im allgemeinen aus dem
BedĂŒrfnis nach Schonung und VerhĂ€tschelung. AeuĂerlich
besehen, bedingen da die sozialen UmstÀnde anscheinend
groĂe Unterschiede; wir treffen hier die Hysteriker aus
BeachtungsbedĂŒrfnis, die Rentenneurotiker, die Schul-
end BerufsschwÀnzer, die FamilienpflichtenschwÀnze-
rinnen, die verflossenen MilitÀrsimulanten, die Justizsimulan-
ten und StrafflĂŒchter e tutti quanti. Die Nosophoben dagegen
sind die eigentlichen malades imaginaires; sie möchten von
ihrem Leiden geheilt sein, so die Tabophoben, die Phthi-
seophoben, die Syphilidophoben. (Nur nebenbei sei bemerkt,
daĂ die sonst so verdienstlichen aufklĂ€renden VortrĂ€ge ĂŒber
sexuelle Hygiene eine neue SpezialitÀt der Nosophobie ge-
bracht haben: junge MĂ€dchen, die sich auf die Station fĂŒr
Geschlechtskranke aufnehmen lieĂen, ohne Veranlassung dazu
zu haben, indem sie fĂŒrchteten, ein chlorotischer Fluor könne
durch Infektion auf dem Abort entstanden sein.) â So gegen-
sÀtzlich sich die Nosophoben und Nosophilen auch auf dem
Papier ausnehmen, die Praxis lehrt, daĂ die Nosophobie oft,
die Nosophilie wenigstens mitunter in ihr Gegenteil ĂŒber-
gehen, letztere dann, wenn der Simulant schlieĂlich selbst
glaubt, was er andere glauben machen wollte und er nun die
Geister, die er rief, nicht mehr los wird. Aber auch das lehrt
die Praxis, daà beide AusprÀgungen der Nosophronie am
besten gedeihen, wenn wenigstens der Anflug eines körper-
lichen Leidens mitwirkt, und so haben wir den Uebergang zu
den Somatikern gewonnen.
Diese sind das eigentliche Kreuz des Arztes und ihre
richtige Behandlung und, gegebenenfalls, Begutachtung, hat
von jeher als PrĂŒfstein der Ă€rztlichen Reife gegolten. Auch
bei den Somatikern unterscheidet man zweckmĂ€Ăig wieder
zwei gegensÀtzliche AusprÀgungen, die Lokalisten und die
Generalisten. Die Namen sollen bereits besagen, daĂ die
Lokalisten von einem geringfĂŒgigen örtlichen Leiden aus ner-
vös werden, dasselbe âĂŒberbewerten", wie man auch sagt, und
nur durch die erfolgreiche Behandlung der Lokalaffektion
gesund zu machen sind, wÀhrend die Generalisten ein orga-
nisches Leiden, das oft genug recht ernst sein kann, hinter
einem Strauchwerk allgemeiner und fortgeleiteter Beschwer-
den verbergen. So kann es vorkommen, daĂ sie lange in
Ă€rztlicher Behandlung stehen, ihre Klagen aber den Arzt
s*ets von ihrem organischen Leiden fortleiten; alles andere
bringen sie vor, nur das nicht, was ihrem Leiden entspricht
â bemerken sie es nicht oder wollen sie es verschleiern? â
so daà dasselbe erst spÀt, oft zu spÀt entdeckt wird. Bei beiden
Arten der Somatiker können alle Organe in Betracht kommen:
Auge, Ohr, obere Luftwege, auch die SchilddrĂŒse, (denn nicht
alle nervösen Beschwerden bei Kropfigen sind innersekreto-
risch bedingt), seltener die tiefen Luftwege, Herz und GefĂ€Ăe,
recht hÀufig Verdauungsorgane, Gallenwege, Generations-
organe und untere Harnwege.
Die beiden Reihen von Einzelbildern der Somatiker, die
wir eben betrachtet haben, sagen uns etwa folgendes: der
Nichtneurotiker reagiert auf eine Erkrankung seines Körpers
in einer Form, die grundsÀtzlich durch die Besonderheit der
gesetzten VerÀnderungen bedingt ist, also krankheitsspezifisch,
(wodurch ja ĂŒberhaupt erst die Diagnose von Krankheiten aus
den subjektiven Symptomen ermöglicht wird). Die Reaktion
des Somatikers entspricht dagegen seiner Neurose, sie ist neu-
rosespezifisch; es ist gleichgĂŒltig, was vorliegt, es fĂŒhrt bei
dem Lokalisten zur peripheren Perseveration, beim Genera-
listen zur Allgemeinreaktion. (Vergleichbar ist etwa das
physiologische Verhalten peripherer Nerven, welche sowohl
mechanisch, als elektrisch, als thermisch und endlich che-
misch reizbar sind: nur von der Art des betroffenen Nerven
hÀngt es ab, ob als Endeffekt eine Muskelzuckung oder ein
LichtphÀnomen hervortritt). Die Konsequenz dieser Auf-
fassung verlangt weitgehende Aehnlichkeit der Symptomen-
bilder selbst bei Nosophronen und Somatikern, die bekannt-
lich am zwingendsten wird, wenn die Ă€uĂere Situation, unter
der die Auslösung erfolgt, die gleiche ist: Trauma, Renten-
Kampf, Haft, Heimweh, Schulweh, Kriegsfurcht usw. FĂŒr
Begutachtungszwecke kommt ja freilich wenig auf die genaue
Differenzierung der Neurose an, um so mehr fĂŒr die Behand-
lung: denn ein Somatiker muĂ anders angepackt werden als
ein Nosophroner, ein Lokalist anders als ein Generalist. Man
sieht ohne weiteres, die hier entwickelte Anschauung gewÀhrt
einen tieferen Einblick in die vorliegende Neurose, als es die
Einteilung lediglich nach den Ă€uĂeren Veranlassungen tun
könnte. Noch mehr: bei jedem organisch Kranken muà sich
der Arzt klar werden, ob er einen Neurotiker vor sich hat oder
nicht; im letzteren Falle genĂŒgt einfache Behandlung lege
artis, im ersteren bedarf es eines Mehr fĂŒr die Neurose, um den
Patienten zufrieden zu stellen.
Lokalisten reagieren also ĂŒberwertig auf ein geringfĂŒgiges
(zumeist lokales) Leiden. Zwei StraĂenpassanten bekommen
je ein Staubkörnchen aus der gleichen Esse ins Auge. Der
eine gewöhnt sich an den Reiz, die TrĂ€nenflĂŒssigkeit spĂŒlt
den Fremdkörper von selbst hinaus, spÀtestens wÀhrend der
nÀchsten Nacht. Der andere aber kann ohne Àrztliche Hilfe
600 v. Criegern, Lokalisten und Generalisten. 40. Jahrgang â Nr. 41/42.
nicht fertig werden: ja sogar am Tage nach der Entfernung
durch den Arzt kommt er wieder und bittet um etwas Cocain,
weil ihn der Reiz noch zu sehr stört. Oder: der dankbare
Patient mit dem Rachenkatarrh: er ist schon bei ""vielen
Aerzten gewesen, keiner hat ihm den quÀlenden Husten be-
seitigen können: jedesmal der Zuletztkonsultierte ist der rich-
tige Mann: er hat genau die empfindliche Stelle touchiert!
Solche Erfolge verfĂŒhren nun leicht zur UeberschĂ€tzung des
Zusammenhanges von Eingriff und Wirkung, wie z. B. bei
der Trigeminusneuralgie. In einer ganzen Anzahl von FĂ€l-
len weicht sie der zahnÀrztlichen Behandlung; aber dann be-
gegnen uns doch wieder Kranke, die alle in Betracht kom-
menden ZĂ€hne geopfert haben, und nun doch durch die fort-
bestehende Neuralgie dazu getrieben werden, sich eingreifen-
den und lebensgefÀhrlichen Operationen zu unterwerfen.
Man kann diesen Faden noch fortspinnen, indem man
manche Nasen-, Ohren- und Tonsillenerkrankungen mitein-
bezieht. Noch lehrreicher sind vielleicht die Patienten mit
Hernia epigastrica, Fibrom oder Lipom der linea alba, ĂŒber-
schnappender Rippe, hakenförmig eingebogenem Schwert-
fortsatz u. dgl. In der Mehrzahl erhebt man diese Befunde
nebenbei, in einer Minderzahl bilden sie den Ausgangspunkt
hartnÀckiger Beschwerden, die nicht eher weichen, als bis
das Ăebel operativ entfernt ist. Staunend betrachtet man
dann die Narbe, und fragt sich, inwiefern man dieser einen,
so wesentlich gĂŒnstigeren EinfluĂ auf das Wohlbefinden zu-
trauen soll, als der frĂŒheren AbnormitĂ€t. Aber wehe, wenn
man 'nicht bedenkt, daĂ man Lokalisten vor sich hatte, und
bei anderen den Eingriff vornehmen lĂ€Ăt: völliger MiĂerfolg
wird das Ergebnis sein. Auch manche chronisch entzĂŒnd-
lichen ZustÀnde der Bauchhöle reihen sich hier an: manche
peritonischen Verwachsungen werden gelöst, die bei
anderen Patienten vsymptomlos bleiben, und neue strittige
Krankheitsbilder erwachsen auf diesem Boden, z. B. das der
primÀr-chronischen Appendicitis. Gastroptosen und Entero-
ptosen werden mitunter durch die Behandlung glÀnzend
wieder hergestellt, wÀhrend recht oft kein Erfolg erzielt wird.
DaĂ man im gĂŒnstigen Falle eben Lokalisten vor sich ge*
habt hat, beweist die groĂe Anzahl der symptomlos be-
stehenden Eijigc w<iideser Jturi <$ei > âą Die Behandlung mancher
LageverÀnderungen der GebÀrmutter nimmt heute lÀngst
nicht mehr den breiten Raum ein, wie noch vor 25 Jahren: es
hat sich ebenfalls gezeigt, daĂ vorwiegend nur den Loka-
listinnen damit geholfen werden konnte. Hierher gehören
auch die nicht so seltenen Kranken, denen ein ganz falsch
sitzendes Bruchband die örtlichen Beschwerden dennoch tat-
sĂ€chlich nimmt; Leute, die von âweiten" Strikturen Be-
schwerden haben, die erst nach örtlicher Behandlung ver-
schwinden, wÀhrend solche doch meistens ganz anstandslos
vertragen werden. SchlieĂen wir die Reihe ab; denn um sie
zu vervollstĂ€ndigen, dĂŒrften wir kein Gebiet der Medizin
auĂer Betracht lassen!
Aber was soll diese Erörterung ĂŒberhaupt? Soll sie die
Behandlung der einschlÀgigen Kranken bekÀmpfen? Nein,
durchaus nicht! Sondern sie soll zutreffendenfalls zu der
Betrachtung anfegen, ob wir einen Lokalisten vor uns haben
oder nicht. Das können wir recht gut entscheiden, wenn wir
bedenken: das vorliegende Leiden muĂ eines sein, das bei der
Mehrzahl de*r Menschen keine oder nur ganz geringfĂŒgige
Beschwerden macht: der Kranke muĂ ein Neurotiker sein, der
dasselbe ĂŒberwertig und besonders nachhaltig empfindet.
Der Uebergang zur reinen Nosophilie drÀngt sich auf, und
zeigt, in welcher Richtung Fehlgriffe zu befĂŒrchten sind:
Nosophilie wĂŒrde jede eingreifende Behandlung kontraindi-
zieren. Auch den Arzt selbst soll diese ErwĂ€gung vor ĂŒber-
wertigen Ideen schĂŒtzen, vor der naheliegenden Autosug-
gestion, daĂ es sich im Erfolgsfalle um ein zu wenig be-
achtetes Krankheitsbild sui generis gehandelt habe; die Ge-
schichte der Medizin kennt Beispiele genug fĂŒr diese Ge-
fahr!
Im Gegensatz zu den eben betrachteten stehen die Gene-
ralistcn, also Neurotiker, die keine organspezifischen, sondern
nur allgemein-nervöse Beschwerden von solchen Leiden be-
kommen, welche bei der Mehrzahl der Menschen ganz ein-
deutige Funktionsstörungen hervorrufen. Auch hier gehen
wir vom AlltÀglichen aus. ⹠Bei gar nicht so wenigen Men-
schen meldet sich der Hunger nicht in seiner gewöhnlichen
Weise, sondern sie reagieren mit Kopfschmerz, GĂ€hnen, Zer-
streutheit u, dgl. und mĂŒssen erst von ihrer Umgebung darauf
aufmerksam gemacht werden* wo es ihnen eigentlich fehlt. â
Wenn sich jemand auf dem Marsche fuĂkrank lĂ€uft, soll er
das örtlich empfinden; aber in jedem Regimente waren Leute
zu beobachten, die statt dessen Stimmungsumschlag, Abspan-
nung und AufsÀssigkeit zeigten und ihren Schaden erst zu
ihrem Erstaunen im Quartier bemerkten. â Eine Dame be-
kommt in Gesellschaft Abgeschlagenheit, RĂŒckenschmerz,
Gereiztheit; örtliche Empfindungen hat sie nicht; erst eine
zufÀllige Veranlassung, unbeobachtet die Blase zu entleeren,
lĂ€Ăt ihre frĂŒhere Stimmung und Frische wiederkehren. â
Der rein psychogene Charakter dieser Reaktionen liegt auf
der Hand; der Vergleich drÀngt sich auf mit den trivialen re-
gionÀren AnÀsthesien und HypÀsthesien der Hysterischen; es
handelt sich offenbar um dasselbe, um hypÀsthetische Zonen,
die den Krankheitsherd decken, ja, vielleicht von ihm hervor-
gerufen werden. Verfolgen wir das an einigen typischen So-
matikern, z. B. einem Patienten, der jahrelang an Kopf-
schmerz und Leistungsminderung leidet und schlieĂlich
durch die Korrektion des âlatenten" Höhenschielens dauernd
geheilt wird. Der gewöhnliche Mensch empfindet doch
Fusionsstörungen als solche des Sehvermögens, wenn er auch
ĂŒber die Art derselben sich meist keir.° Vorstellung wird
bilden können; das pathognomonische bei unserem Neuro-
tiker liegt eben darin, daĂ er an ein Augenleiden nicht ein--
mal denkt, sondern nur Allgemeinbeschwerden hat. Nun er-
innern wir uns noch der vielen âlatenten", d. h. durch Ver-
nachlĂ€ssigung der Beachtung entrĂŒckten, durch Gewöhnung
als nebensÀchlich gewerteten Erkrankungen der Nase und
des Ohres, von denen besonders die SchulÀrzte zu sagen
wissen! Doch auch die inneren Organe kommen in Betracht
z. B. gegen Ende der Periode des landwirtschaftlichen Hoch-
betriebes organische Herzfehler auf dem Boden ĂŒberstan-
dener Rheumatismen. Sie klagen nicht ĂŒber Herz-
klopfen, Kurzatmigkeit u. dergl., sondern ĂŒber RĂŒc ken -
imd Kopfschmerz, ErmĂŒdbarkeit am Tage, Schlaflosig-
keit des Nachts, Appetitlosigkeit und MagendrĂŒcken, so daĂ
man beim Zuhören eher an die Magensonde denkt als an
das Stethoskop. Dann die FĂ€lle der latenten Magenleiden!
Nur ein Beispiel fĂŒr viele. Eine Hysterica mit allerhand
Allgemeinbeschwerden und psychischen Erregungen wehrte
sich heftig gegen die mittels Magensonde gestellte Diagnose:
Magenkrank sei sie bestimmt nicht, sie vertrage die schwer-
sten Speisen; nur wenn sie ihre Nerven haben, bekÀmen ihr
auch ĂŒie leichtesten nicht. Eine schwere Influenzapneumo-
nie ergab die Gelegenheit zur Autopsie: ein groĂes tiefes
MagengeschwĂŒr an der kleinen Curvatur hatte nur noch eine
dĂŒnne Serosaschicht zwischen sich und dem Pankreas gelassen. -
Die Gallenleiden: Da erinnere ich mich sogar eines hochver-
ehrten, wohlerfahrenen Kollegen, der Brom schluckte, ehe ihn
die geduckte Hand des Chirurgen von seinem Gallenstein
befreite. Unter den beginnenden noch in kompletten Harn-
verhaltungen aus mechanischen Ursachen finden sich gleich-
falls nicht ganz wenige hierher gehörige FÀlle. Auch auf gynae-
kologischem Gebiete erwartet uns eine reiche Ausbeute; gab
es doch einmal eine Zeit, in der die Hysterie ihren Namen
empfing, im Sinne von Generalisation bei latenten Frauen-
leiden. Und von der SexualsphÀre wollen wir nicht Ab-
schied nehmen, ohne einer hÀufigen Ursache des gesteigerten
Sexualismus und eventuell allgemeiner Neurose zu ge-
denken: der banalen Balanitis und Vulvitis, deren Beziehung
zur Allgemcinreaktion meist ĂŒber den Umweg âpsychischer" j
Masturbation oft genug verkannt wird. Diese Uebersicht soll,
aus demselben Grunde, wie die der Lokalisten, nur lĂŒcken-
haft sein, jeder Arzt kann sie leicht vervollstÀndigen.
Aul der Hand liegt die Verwandtschaft der Generalisten
mit den Erschöpften ĂŒberhaupt; denn fĂŒr die Verbrauchtheit ^
ist es gleichgĂŒltig, ob sie auf allgemeinen oder örtlichen Ur- ,
40. Jahrgang â Nr. 41/42.
Mull, RiĂpilzvergiftungen.
<>()!
Sachen beruht. FĂŒr den Arzt bedeuten aber die GenerĂ€listen
eine gewisse Gefahr; sie sind organisch Kranke, aber sie dis-
simulieren gewissermaĂen ihre Krankheit und eröffnen da-
mit die Möglichkeit, dieselbe zu ĂŒbersehen. Ueble Erfah-
rungen in dieser Richtung können dann umgekehrt dazu
fĂŒhren, daĂ man alle Neurotiker fĂŒr Somatiker, und zwar fĂŒr
Generalisten hÀlt und viel unnötige diagnostische und the-
rapeutische Arbeil verschwendet. Aus der FrĂŒhzeit der Ent-
wicklung der SpezialitĂ€ten fĂŒr Verdauungskrankheiten und
der fĂŒr Herzkrankheiten lassen sich genĂŒgend Beispiele da-
fĂŒr finden. Das ist wohl verstĂ€ndlich, wenn man die So-
matiker von den einfach organisch Kranken dadurch schei-
det, daĂ man eine von der Mehrzahl abweichende Reaktion
auf die Krankheit als Kennzeichen verlangt, eine ĂŒberwertige
bei den Lokalisten, eine psychogen-hypaesthetische bei den
Generalisten. Beide können sie Objekt der Lokaltherapie
sein, und zwar erfolgreiches.
Kurz zu gedenken ist noch die Verwendbarkeit der ab-
normen ReaktionsfÀhigkeit in der Therapie. Verbrauchte
und Neuropathien werden oft von geschickten Therapeuten
dadurch ĂŒber Wasser gehalten, daĂ ihnen eine harmlose
organische Sache in den Vordergrund gerĂŒckt wird, z. B. die
Regelung des Stuhlganges. Wie dieselbe bei einiger Sorgfalt
meist zu erreichen ist, so bildet sie eine befriedigende Ab-
lenkung. Bei einer Gerichtsverhandlung gegen einen Laien-
praktiker, einen ausgeprÀgten Neuropathien, hörte ich die
liier interessierende Autobiographie: er sei immer nervös und
unbrauchbar gewesen, bis schlieĂlich ein Arzt herausgefun-
den habe, daĂ das alles gar nicht an den Nerven gelegen '
habe, sondern am schlechten Stuhlgang. Der Mann habe
zwar recht' gehabt, ihm aber doch nicht helfen können
(âwegen der naturwidrigen Gifte der Schulmedizin"). So
habe er die Sache selbst in die Hand genommen, habe erst .
sich seihst (ânaturgemĂ€Ă") geheilt, dann andere beraten und
sei so Krankenheiler geworden. Gerade auf die naturgemĂ€Ăe
Regelung des Stuhlganges werde noch viel zu wenig Gewicht
gelegt; er weise alle seine Patienten darauf hin usw. usw.
Dem pikanten Reiz dieser völlig unbewuĂt gegebenen Patho-
graphie konnten sich auch die Nichtmediziner in jener Ver-
handlung nicht völlig entziehen. Umgekehrt vermag ja auch
die Psychotherapie mitunter bei entsprechend veranlagten
Organisch-Kranken eine nachhaltige Ablenkung von ihrem
unheilbaren Leiden zu erreichen. Also hat von jeher die
Praxis gewuĂt, die vorhandene Anlage auszunutzen, und im
Neurotiker, je nachdem den latenten Lokalisten oder Gene-«
ralisten zu erwecken.
Wesentlich neues hat diese kleine Studie nicht bringen
können, aber wertvolles alte von einem besonderen Gesichts-
punkte aus betrachten sollen. Wer sich viel mit Begutach-
tung zu beschÀftigen hat, wer in den Fachzeitungen die Erfin-
dung neuer Behandlungsmethoden und die Kreirung neuer
Svmptomenkrankheiten verfolgt, wird den Nachweis auf
diese ZusammenhĂ€nge von Zeit zu Zeit fĂŒr angebracht
halten. Dem Kranken ist es wesentlich, daĂ er als Generalist
nicht der Behandlung seines organischen Leidens verlustig
geht, dem Arzte, daà er bei GlÀnzenden Heilerfolgen, durch
Beseitigung von sonst bedeutungslosen Leiden nicht einer
UebersehÀtzung solcher verfÀllt, sondern bedenkt, ob er
nicht nur zufÀllig einem Lokalisten aufgeholfen hat. Denn
I er soll wissen, was er tut, und auf seinem hindernisreichen
Wege nicht noch die cappa d'oro (Inferno XXIII, 61) falsch
J gedeuteten Eigenerfahrungen tragen.
Aus der inneren Abteilung des Stadt. Krankenhauses in
Hildesheim. (Oberarzt Dr. v-o n C r i e g e r n.)
Ueber RiĂpilzvergiftungen.
Von Dr. W i 1 Ii e t m M ull.
Obwohl in der letzten Zeit in der mykologischen wie in
der klinischen Literatur BeitrĂ€ge ĂŒber RiĂpilzv6rgiftungen
erschienen, sind die beiden FĂ€lle, die wir im Sommer 1921
beobachteten, doch der Veröffentlichung wert, da sie ein
m. W. bisher noch nicht beschriebenes Symptom neben den
bereits gelÀufigen Vergiftungserscheinungen darboten.
Am 4. 7j 1921 erkrankt das Ehepaar Hr. aus Ilildesheim etwa
% Stunden nach dem GenuĂ von tags zuvor auf dein Galgenberg
gesammelten filzen, die der Ehemann, der angeblich Pilzkenner
ist, fĂŒr Champignons hielt. Bei beiden setzen die Erscheinungen
stĂŒrmisch ein mit starken, besonders am Kopf auftretenden
SchweiĂen, SpeichelfluĂ, SchĂŒttelfrost, LeibkrĂ€mpfen und Durch-
fall, bei groĂem SchwĂ€chegefĂŒhl. Der sofort gerufene Arzt gibt
Apomorphin, Atropin und Coffein. Bei der Aufnahme wird fol-
gender Befund erhoben: Frau Br. klagt ĂŒber verschleierte Augen,
Durchfall und wundes GefĂŒhl im Leib. Sensorium frei. Maut sehr
feucht. Pupillen reagieren etwas trÀge. Lungen und Herz ohne
Besonderheiten Puls 70, regelmĂ€Ăig, weich Diffuse Druckemp-
findlichkeit des ganzen Leibes. Urin: kein EiweiĂ, kein Zucker,
Sediment: ohne Besonderheit. Mageninhalt: reagiert alkalisch,
enthĂ€lt Blut. Es bestehen Menses. Sofort MagenspĂŒlung und
Oleum Bicini. Danach starke wÀssrige Entleerungen, in denen
reichlich unverdaute, grĂŒnlich gefĂ€rbte Pilzreste schwimmen.
Stuhl enthÀlt Blut. Am 5. 7. leidliches Befinden. Noch geringe
Sehstörungen, Leibschmerzen und DurchfĂ€lle. In den StĂŒhlen
ist makroskopisch Blut vorhanden. 14. 7. Trotz Styptol dauern
die Menses schon 13 Tage lang sehr heftig an, erst nach Ergotin
stehen die Blutungen. GynÀkologische Untersuchung: normale
Genitalorgane, Abort liegt nicht vor. 20. 7. Gutes Allgemein-
befinden. Auf Wunsch Entlassung. Hat noch mehrere dĂŒnne Ent-
leerungen am Tage. Katheterurin: kein EiweiĂ. Sediment: einige
Erythrocyten. Mageninhalt nach ProbefrĂŒhstĂŒck: GesamtaciditĂ€t:
6 cem, freie SalzsÀure fehlt.
Herr Br., 65 Jahre alt. Ist sehr erregt und verÀngstigt, hat
OhnmachtsgefĂŒhl und stöhnt ĂŒber Leibschmerzen. Ist am ganzen
Körper naĂ von SchweiĂ. Pupillen eng, reaktionslos, ĂŒbrige Re-
flexe ohne Besonderheiten. HĂ€nde und FĂŒĂe kĂŒhl. Tremor der
Beine. Ueber den Lungenunterlappen feuchter Katarrh. Atmung
beschleunigt, 26 in einer Minute. Herz: ohne Besonderheit. Ar-
terienrohr rigide. Puls 68 in einer Minute. Blutdruck: 160 mm.
Quecksilber (nach Riva-Rocci) Leib: eingezogen, stark gespannt,
dnickschmcrzhaft. Urin: Spur EiweiĂ, kein Zucker, Sediment:
Cvlinder, Erythrocvten. Therapie wie oben. 5. 7. P. noch sehr
unruhig-. 7. 7. Gutes Allgomeingefinden. Die Funkt jonsnrĂŒfung
der Nieren ergibt: mangelhafte KonzentrationsfÀhigkeit und
mĂ€Ăige Koehsalzretention; die Zulage von 10 g Kochsalz wirkte
diuretisch. 20. 7. Entlassung. Urin: kein EiweiĂ, Sediment: Erv-
throevten. 2 Cylinder. Mageninhalt nach ProbefrĂŒhstĂŒck: Gesamt-
aciditÀt 56 cem, freie SalzsÀure 38 cem.
Die aus den Faeces isolierten Pilzreste wurden von der
Pilzbestimmungsstelle in Hildesheim als Inocybe late-
r a r i a â ziegelroter R i Ă p i 1 z â identifiziert. Die Dia-
gnose wurde von Prof. Falck, dem Leiter des mykologi-
schen Institutes der Forstakademie in Hannoversch-MĂŒnden
bestÀtigt*). Die Inocybe lateraria wird von Ricken folgen-
dermaĂen beschrieben: Hut geglĂ€ttet-faserig, zuletzt lĂ€ngs-
rissig trocken, glockig gewölbt, 4 â 8 cm Durchmesser,
fleischig. Stiel: faserig gestreift, öfter mit gerandeter Basis,
kurz, voll, 2 â 8 cm lang, 5â13 mm dick. Lamellen: weiĂ,
zuletzt otivbraun, mit weiĂer Schneide, gedrĂ€ngt ver-
schmÀlert angeheftet. Fleisch: rötet gleichfalls, Geruch nicht
aufdringlich. Spören': fast nierenförmig 10 â 12/6 â 7/'.
Durch den GenuĂ dieses Pilzes, der von Mitte Mai bis
Anfang Juli mit Vorliebe in BuchenwÀldern wÀchst, er-
kranken alljÀhrlich zahlreiche Menschen, die ihn mit
Champignons und MaischwÀmmen verwechseln, was bei
den Jugendformen möglich ist. Lange Zeit war die Frage "
strittig, ob die Inocybe ĂŒberhaupt zu den Giftpilzen zu zĂ€h-
len sei, aber die zahlreichen Beobachtungen, die auĂer vielen
teils schweren Erkrankungen bisher nur einen Todesfall
melden (Aschersleben) haben diese Frage endgĂŒltig geklĂ€rt.
Das klinische Bild der Inocybever giftung ist: 1. sehr
schnelles Auftreten der Vergiftungserscheinungen im Gegen-
satz zu KnollenblÀtterschwammvergiftungen, die erst nach
zehnstĂŒndiger Inkubationszeit sich bemerkbar machen.
2. Starker SpeichelfluĂ. 3. Schwitzen, SchĂŒttelfrost, heftige
LeibkrÀmpfe und DurchfÀlle. 4. Nachlassen der Sehkraft.
Diese Symptome sind nur dieser Pilzart eigen und so cha-
rakteristisch, daĂ daraus allein schon die Diagnose gestellt
werden kann. Das wirksame Prinzip der Inocybe scheint
*)Es ist mir eine angenehme Pflicht, FrÀulein Clara Grobe,
der Le iterin der Pilzbestimmnngsstello in Ilildesheim sowie Herrn
Prof. Falck fĂŒr die werfvolle UnterstĂŒtzung durch exakte
Diagnosenstellung auch an dieser Stelle meinen Verbindlichsten
Dank auszusprechen.
602
Lippert, Erfahrungen mit Duploferrin.
40. Jahrgang â Nr. 41/42/
Muskarin zu sein, wie Fahrig durch Experimente an
Fröschen und Katzen feststellte. Er benutzte zu seinen Ver-
suchen eine Lösung, von der 1 ccm der Lösimg 1 g frischer
Pilzsubstanz entsprach. Durch subkutane Injektion von
0,1 ccm der Lösung erzeugte er bei Fröschen Puls verlang -
samung und vorĂŒbergehenden Herzstillstand; durch 0,7 ccm
einen Herzstillstand von 68 Minuten, der durch einen Tropfen
einer 1 promilligen Atropinlösung sofort behoben wurde. Bei
Katzen kam es nach Injektipn von 0,1 ccm zu SpeichelfluĂ,
SchweiĂausbruch, Pupillenverengerung, WĂŒrgbewegungen,
Durchfall und Dypsnoe. Alle Erscheinungen lieĂen allmĂ€h-
lich nach und verschwanden nach 3 Stunden. Bei 0,6 ccm
dieselben Erscheinungen, die nach 10 Stunden zum Tode
fĂŒhrten. Die Injektion von 1,5 ccm fĂŒhrte schon nach 13 Mi-
nuten zum Tod durch AtemlÀhmung. Behandelte man die
Tiere vorher mit Atropin, so vertrugen sie die mehrfach
tödliche Dosis, ohne zu erkranken. Nach Fahrig enthalten
100 g frische Pilze der Gattung Inocybe 366 mg reines Mus-
karin, das heiĂt der Muskaringehalt des RiĂpilzes ist zwan-
zigmal so groĂ,- als der des Fliegenpilzes. AuĂer Muskarin
enthÀlt die Inocybe anscheinend keine andern Giftstoffe, ins-
besondere kein Muskaridin (Pilzatropin), das rauschÀhnliche
ZustĂ€nde mit Pupillenerweiterung hervorruft, die ja fĂŒr
Fliegenpilzvergiftungen so charakteristisch sind. Cholin und
Neurin dĂŒrften höchstens in so geringen Mengen vorkommen,
daĂ sie durch den Tierversuch nicht nachweisbar sind. Die
Sektion der vergifteten Tiere ergab auĂer entzĂŒndlichen Ver-
Ă€nderungen des Magen-Darmkanals keinen besonderen Be-
fund.
Unsere beiden FĂ€lle zeigten das klassische Bild der
Inocybevergiftung. AuĂerdem konnten wir die von Fahrig
im Tierexperiment festgestellte Pulsverlangsamung auch
klinisch beobachten â 68 bezw. 70 SchlĂ€ge in der Minute bei
der hochgradigen Erregung und trotz der vorausgegangenen
Darreichung von Atropin! â und eine Neigung zu HĂ€mor-
rhagien feststellen, die sich beim Manne in einer hÀmorrha-
gischen Nephritis, bei der Frau in einer 13 Tage dauernden
Menorrhagie zeigte. Von HĂ€morrhagien. auĂerhalb des Ma-
gen-Darmkanals wurde m. W. bisher noch nicht berichtet.
Bei der Frau handelte es sich nicht um die xAuslösung einer
Blutung, sondern um die VerstÀrkimg der bestehenden
Menses, wobei auch das Alter der, Frau (Beginn des Klimak-
teriums) eine Rolle spielte. Beim Manne konnte nicht sicher
entschieden werden: war es eine durch das Gift der Inocybe
verursachte hÀmorrhagische Nephritis oder war die HÀ-
maturie nur die Antwort der arteriosklerotischen Niere des
Hypertonikers auf eine stattgehabte Noxe? Immerhin zwingen
uns diese Beobachtungen, in Zukunft bei RiĂpilzvergiftun-
gen solchen HĂ€morrhagien mehr als bisher unsere Aufmerk-
samkeit zu schenken.
Ich fasse zusammen: 1. Die Inocybearten, insbesondere
der ziegelrote RiĂspilz â Inocybe lateraria Rickenii â sind
giftig. Die Vergiftungen fĂŒhren nur selten zum Tode, da die
Erscheinungen so schnell auftreten, daĂ eine energische
Therapie noch Erfolg hat.
2. Die Symptome sind: schnelles Auftreten, Speichel-
fluĂ, SchweiĂe, SchĂŒttelfrost, LeibkrĂ€mpfe, DurchfĂ€lle, Seh-
störungen, HÀmorrhagien des Magen-Darmkanals und an-
derer besonders disponierter Organe. Kein spontanes Er-
brechen. Pulsverlangsamung.
3. Der wirksame Bestandteil ist Muskarin, dessen Menge
zwanzigmal so groĂ ist, als die im Fliegenpilz enthaltene.
4. FĂŒr die Therapie ergibt sich aus den Tierversuchen
die Wirksamkeit des Atropins. DaĂ durch MagenspĂŒlungen,
Brech- und AbfĂŒhrmittel noch gewaltige Mengen unverdauter
Pilze herausbefördert werden können, konnten wir bei
unsern FĂ€llen sehen. Eine energische Anwendimg dieser
Mittel ist also durchaus am Platze.
Zum SchluĂ noch eine Anregung! Die schweiĂtreibende
Wirkung des Pilzes ist so enorm, daĂ man nur wĂŒnschen
möchte, diese QualitÀt therapeutisch zu verwerten. Dazu
bedarf es allerdings noch sorgfÀltiger experimenteller Ar-
beiten in geeigneten Instituten.
Literatur.
1. Fahrig: Archiv fĂŒr experimentelle Pathologie und Pharma-
kologie. Band 88. Heft 5 und 6. 1920.
2. Meusburger. Pilz- und KrÀuterfreund. 1920. Heft 8/9.
3. Port. MĂŒnchener medizinische Wochenschrift. 1921. Nr. Ml.
4. Ricken. Vademecum fĂŒr Pilzfreunde. 2. Auflage. 1920.
Aus dem Frauengenesmigsheim Zitzschewig der Allg.
Ortskrankenkasse Dresden.
Erfahrungen
mit Duploferrin in der Rekonvaleszenz.
Von Dr. W. Lippert, Leiter der Anstalt.
Duploferrin ist eine EiseneiweiĂ-Doppelverbindung
vegetabilischen Ursprungs, in der sich das Eisen maskiert,;
d. h. in organischer Bindung, befindet. Dadurch ist ein$
leichte Resorption und Assimilation durch die blutbildenden
Organe ermöglicht. AuĂer dem an NucleinsĂ€ure und EiweiĂ
gebundenen organischen Eisen enthÀlt es noch Eisen in an^jj
organischer Form, das, soweit es nicht resorbiert wird, die.
blutbildenden Organe zu erhöhter TÀtigkeit anregt.
Die Duploferrintabletten (Hersteller Johann A. WĂŒlfing,
Chemische Fabrik, Berlin SW 48) enthalten je 0,0065 g
Eisen und 0,005 g NucleinsÀure.
Ich habe dasselbe bei 20 Frauen und MĂ€dchen in dem
von mir geleiteten Frauengenesungsheim der Allgemeinen^
Ortskrankenkasse Dresden in Zitzschewig angewandt uncö
bin, um das Resultat vorwegzunehmen, mit den dadurch:
- erzielten Erfolgen sehr zufrieden. Das Aussehen der Kranken,
wurde ein wesentlich frischeres, da sich schon nach wenigen
Tabletten der Appetit hob. Nach vierwöchiger Kurl
konnte eine Gewichtszunahme von 7 â 15 Pfund festgestellt
werden. Der HĂ€moglobingehalt des Blutes stieg in dieseijj
kurzen Zeit um 10 â 30 % und betrug am Ende der Kur in"
der Mehrzahl der FĂ€lle 90 â 100 %. Auch eine wesentliche
Vermehrung der roten Blutkörperchen konnte festgestellt
werden und betrug die Zunahme 4 â 500 000. Besondere
VorzĂŒge des Duploferrins sind sein angenehmer Geschmackl
und seine gute Bekömmlichkeit; sÀmtliche Patientinnen
nahmen das PrÀparat sehr gern. Es stellten sich keinerlei
Magenbeschwerden ein, trotzdem einige Patientinnen vorher
Erscheinungen eines anĂ€mischen MagengeschwĂŒrs gezeigt^
hatten. Ein ungĂŒnstiger EinfluĂ auf die ZĂ€hne wurde
gleichfalls in keinem Falle beobachtet.
Die 20 MĂ€dchen und Frauen â Rekonvaleszenten der
Allgemeinen Ortskrankenkasse Dresden â gehörten den ver-
schiedensten Berufen an. Es waren Kontoristinnen, Schnei-
derinnen, VerkÀuferinnen, Friseusen, Köchinnen, Arbeite-
rinnen der Chokoladen-, Zigaretten- und Kartonnagen-
branche und 1 Aufwartefrau. Die meisten litten an ausge-
sprochener AnÀmie, Chlorose, sekundÀrer AnÀmie nach
Abort und Leiboperationen, MagengeschwĂŒr, Neurasthe-
nie, Morb. Basedow, und anÀmischen Herzbeschwerden.
Das Alter betrug 16 bis 29 Jahre, nur eine Àltere
Frau von 54 Jahren befand sich darunter. Wenn auch
sicherlich schon die lÀndliche Ruhe, die gute Luft, die zweck-
mĂ€Ăige Verpflegung fĂŒr die meist abgearbeitete Patientin
ĂŒberaus nĂŒtzlich war, so lĂ€Ăt sich trotzdem ein erheblicher
Teil der objektiven Besserung auf die gleichzeitige regel-
mĂ€Ăige Darreichung des Duploferrins zurĂŒckfĂŒhren.
HierfĂŒr fĂŒge ich einige besonders beweiskrĂ€ftige Krau-
kengeschichten ein:
1. Frl. L., Arbeiterin, 28 Jahre alt: Anaemie, Asthma. Bei j
Beginn der Kur sehr blasses Aussehen, Gewicht 48,2 Kilo, Hae-J
moglobingehalt des Blutes 65 %, Zahl der roten Blutkörperchen!
3 800 000. Erfolg nach vierwöchiger Darreichung von Duploferrin:
Aussehen viel frischer, KrÀftezustand bedeutend gehoben, Gewicht:
52 Kilo, Haemoglobin 90 %, rote Blutkörperchen 4 300 000.
2. Frl. H., Kontoristin, 27 Jahre alt: SekundÀre Anaemie nach'
Fehlgeburt. Gewicht 48 Kilo, Haemoglobingehalt 70 %, rotel
Blutkörperchen 4100 000. Nach vierwöchiger Kur sehr gebesser- j
tes Wohlbefinden, Gewichtszunahme 3,1* Kilo, Haemoglobin 100" %,{
rote Blutkörperchen 4 500 000.
3. Frl. R., NÀherin, 28 Jahre alt: Operierte Bauchhöhlen-i
Schwangerschaft, Gewicht 60 Kilo, Haemoglobingehalt 80 %, rote]
Blutkörperchen 4 000 000. Nach vierwöchiger Kur bedeutend!
40. Jahrgang â Nr. 41/42.
Reinhard: Entwicklung der Psychiatrie im klassischen Altertum.
003
besseres Aussehen und Wohlbefinden, Gewichtszunahme 10 Pfd.,
] 'Haemoglobingehnll 100 %, rote Blutkörperchen 4400000.
4. Frl. D., Kontoristin, 1!) Jahre alt: Morbus Basedowi. Ge-
wicht 50 Kilo, HÀmoglobin 70%, rote Blutkörperchen 4 000 000.
Nach vierwöchiger Kur Tachykardie wesentlich gebessert, Ge-
wĂŒhl 53,5 Kilo, HĂ€moglobin 90%, rote Blutkörperchen 4 350 000.
5. Frl. II., Köchin, 28 Jahre alt: Magenulcus, AnÀmie, Unter-
leibsleiden. Gewicht 55 Kilo, HÀmoglobin 60 %, rote Blutkörper-
chen 3 700 000. I>er Magen nahm das Duploferrin ohne jedes Ge-
fĂŒhl von DrĂŒcken oder AufstoĂen an, so daĂ nach Beendigung
der Kur nach 4 Wochen das Gewicht 59 Kilo betrug, HĂ€moglobin-
gehalt 90%, rote Blutkörperchen 4 200000.
Die Darreichung der Duploferrin-Tahletten geschah in
der Weise, daĂ jedesmal nach den 3 Mahlzeiten in der ersten
Woche 2 Tabletten, in der 2. und 3. Woche je 3 Tabletten,
und in der vierten Woche wieder je 2 Tabletten verabreicht
wurden. Irgendwelche BeschweftuTi oder Nachteile wurden
â nicht beobachtet, auch der empfindlichste Magen, der z. B.
Schwarzbrot und Kartoffeln nicht vertragen konnte, nahm
das PrĂ€parat, ohne DruckgefĂŒhl zu erzeugen, gut auf.
Nach diesen Erfahrungen ist das Duploferrin, das ĂŒbri-
gens noch den Vorteil der relativen Billigkeit besitzt, als ein
Mittel zu empfehlen, das bei vielen anÀmischen und chlo-,
rotischen ZustĂ€nden â primĂ€ren und sekundĂ€ren â in
kurzer Zeit das Allgemeinbefinden sichtlich hebt und auch
objektiv eine bedeutende Besserung des Blutbildes zur Folge
"hat.
Uberblick ĂŒber die geschichtliche Entwicklung
der Psychiatrie im klassischen Altertum.
Von Felix Reinhard, DĂŒsseldorf.
(SchluĂ.)
Die gleichen GrundsÀtze entwickelte der Methodismus
weiter, unterstĂŒtzt durch die reiche Erfahrung, die die groĂen
VerhÀltnisse des Römerreiches zu sammeln erlaubten, und
durch die therapeutische Erfindungsgabe der immer mehr um
sich greifenden reinen Empirik der Krankenbehandlung. Die
Sorge fĂŒr geeignete Lagerung des Kranken ging bis zur Ver-
ordnung des Umhertragens in einer SĂ€nfte und der Unter-
bringung Schlafloser in hÀngenden, schaukelnden Betten. Man
sorgte fĂŒr frische, von schĂ€dlichen und belĂ€stigenden Ge-
rĂŒchen freie Luft und Fernhaltung jeglichen LĂ€rmes von der
Umgebung des Kranken. Man gab Vorschriften ĂŒber die Art
des Inhaltes der beruhigenden oder erheiternden Reden, die
etwa bei dem Kranken angebracht waren, fĂŒhrte nötigenfalls
auch Weib und Kind ans Lager, des Patienten, um heilsam auf
sein GemĂŒt zu wirken. Freilich behielt man sich fĂŒr bestimmte
FĂ€lle immer noch die Zwangsbehandlung vor, absichtliches
Erschrecken des Kranken, absichtliches Betrunkenmachen; ja,
Titus Aufidius, z. Zt. Neros lebend, hielt sogar das
Auspeitschen in gewissen FĂ€llen fĂŒr zulĂ€ssig und heilsam.
Fesseln der Kranken, auch Festbinden im Bett, war bei groĂer
Unruhe ganz allgemein und galt sogar als besonders human,
da es Selbstverletzungen der Patienten verhĂŒtete. Die Prin-
zipienlosigkeit in der Wahl des Heilsamen macht sich schon
bei dem BegrĂŒnder der methodischen Schule, T h e m i s o n,
darin bemerkbar, daà er den Arzneitrank unter UmstÀnden
unter Gebet reichen lĂ€Ăt, eine spĂ€ter ĂŒbel ausgeartete Kon-
zession an die Geistesverfassung der Masse.
Ein echter Vertreter der Zeit der Methodik, Empirik und
Eklektik, und zwar ein Vertreter ihrer guten Seite, ist der kurz
nach Christi Geburt literarisch medizinsch tÀtige Nichtarzt
C e I s u s ; er verschmÀhte auch das Gute theoretischer wis-
senschaftlicher Arbeit nicht. Sein Werk ist eine eingehende"
Zusammenstellung des Besten aus Klinik und Therapie der
Vergangenheit und Gegenwart, ohne wesentlich Neues zu
bringen. Die psychische Therapie der Irren bewerfet auch er
hoch, hĂ€lt aber Zwangsmittel, selbst einige ĂŒberraschend dras-
tische, bisweilen fĂŒr unumgĂ€nglich.
Ein Fortschritt in der Psychiatrie des Altertums, der ge-
radezu einen WendepunkT bedeutet, ist an das Wirken des
GröĂten der Methodiker, Soranos, (100â150 nach Chr.
ca.) geknĂŒpft. Und zwar war das ein Fortschritt nach zwei
Seiten, in der Therapie und in der KrankhcitsaiilTassimg. In
der Irrentherapie lehnt Soranos als erster jede Art von
Zwangsbehandlung grundsÀtzlich ab! Damit hatten die
Alten den modernen Standpunkt erreicht, der in gleicher Weise
der Kritik des humanen wie wissenschaftlichen Denkens ge-
nĂŒgt. Ganz modern ist auch, was er an die Stelle der Zwangs-
mittel setzt: die Isolierung des Kranken unter Aufsicht ge-
schulter WĂ€rter; im ĂŒbrigen aber dringt er auf weitestgehende
BerĂŒcksichtigung der IndividualitĂ€t des Erkrankten. Das
Neue, das Soranos in der Krankheitslehre leistete, besteht
darin, daà er als erster die selbstÀndige Existenz eines rein
psychischen Erkrankens erkannte und seine klinischen Er-
scheinungsformen festzustellen suchte. Es ist fĂŒr die Konti-
nuitÀt des menschlichen Erkennens charakteristisch, daà sich
ihm dabei die beiden uralten, vom VolksbewuĂtsein eigentlich
immer als die beiden einzigen und entgegengesetzten Formen
der âVerrĂŒcktheit" bezeichneten Bilder der Manie und Me-
lancholie auch als die beiden wissenschaftlich berechtigten
klinischen Sonderformen aufdrÀngten. Zur Manie rechnete er
auch die âfixen Ideen" und die âNarrheit" schlechthin; die
Melancholie bringt auch er, in der Theorie doch noch keines-
wegs frei von der somatischen Betrachtungsweise auch der
Psychosen, mit Störungen der Verdauung in Zusammenhang!
Uralte Nachwirkung der Idee' von der âSchwarzgalligkeit" als
einem Milzleiden.- Durch die AutoritÀt Soranos' und auch
G a 1 e n s bĂŒrgerte sich die Ăberzeugung von sympathischen
Beziehungen zwischen den Unterleibsorganen und â nament-
lich depressiven â Störungen des Seelenlebens erneut und
festwurzelnd fĂŒr alle Folgezeit in der Medizin ein. Die Lehre,
daĂ Manie und Melancholie die beiden Grundformen des psy-
chischen Erkrankens seien, schwand seit Soranos nicht
mehr aus der Psychiatrie.
Mit den Pneumatikern, deren BlĂŒte in die ersten eineinhalb
vorchristlichen Jahrhunderte fÀllt, kommt, als Reaktion gegen
den reinen Utilitarismus der Empirik und Methodik, wieder
die Krankheitstheorie zur Geltung; Spekulationen ĂŒber SĂ€fte
und Pneuma sollen wieder zur Einsicht in das pathologische
Geschehen und zur Abgrenzung der Krankheitsformen auch
in der Psychiatrie verhelfen. Wesentlich Neues leistet man
damit nicht, einzig breiter und theoretischer wird die wissen-
schaftliche Erörterung; in der Therapie aber sind die Pneu-
matiker vernĂŒnftigerweise Eklektiker.
Auch Galen (130â204 n. Chr.) bringt nicht grund-
sÀtzlich Neues; in sein medizinisches PrunkgebÀude verarbeitet
er das gesamte Wissen und Können seiner Zeit auf Grund der
wiedergeborenen Pneumato-Humoraltheorie unter dem Ge-
sichtspunkte einer allgemein in der Natur verwirklicht ge-
dachten göttlichen Teleologie. Das reale Wissen vom Nerven-
system hat sich natĂŒrlich in den seit der Zeit der ersten Ale-
xandriner verflossenen Jahrhunderten gemehrt. Die Hirn-
substanz ist das Organ der Seele, des Denkens, Empfindens
und Bewegens; in den Nerven wie in BĂ€chen strömend, ĂŒbt
das, in Herz, Leber und Hirnventrikeln dreifach differenzierte
Pneuma unter Direktion des Hirns die geistigen und lebendi-
gen Funktionen an allen Stellen des Körpers aus. Das RĂŒcken-
mark ist bloĂer Leiter der Empfindung und Bewegung, der
Sympathikus Nerv der Bauchorgane. Auch G a I e n s Klinik
und Pathologie der psychischen Krankheiten haben nichts
Originelles; auch er betont die Möglichkeit, daà Geistesstö-
rungen, z. B. âSchwindel", der ihm im allgemeinen als pri-
mÀre Hirnaffektion gilt, bisweilen sekundÀr vom Magenmund
aus entstehen können. Im echten hippokratischen Geiste sind
die Arbeiten des Pneumatikers A r e t a e u s (ca. 100â150 n.
Chr.) gehalten. In der Ătiologie der Psychosen berĂŒcksichtigt
er eingehend Temperament, soziale Stellung, Beruf und geis-
tige BeschÀftigung; an der sympathischen Verbindung von
Geist und Abdomen hÀlt auch er fest. GrundsÀtzliche Be-
deutung fĂŒr die Psychiatrie hat er aber dadurch, daĂ er als
erster Melancholie und Manie als zwei bloĂ verschieden sich
Ă€uĂernde Formen des gleichen pathologischen Grundvor-
ganges, der seinen Sitz in den Hypochondrien habe, bezeichnet.
Die Melancholie ist ihm diese Grundform alles psychischen
Erkrankens, die das klinische Bild der Manie, Epilepsie, des
604
Standesfragen und soziale Medizin
40. Jahrgang â Nr. 41/42.
Blödsinns, von KrampfanfÀllen und HemmungszustÀnden zei-
gen kann. Sein Standpunkt ist also nicht nur das Vorbild der
modernen Lehre vom manisch-depressiven Irresein, sondern
auch des der Moderne ebenfalls nicht fremd gebliebenen Ge-
dankens einer einheitlichen Grundform alles psychischen Er-
krankens, der psychischen Einheitskrankheit. â In Konse-
quenz seiner streng hum oralpathologischen Anschauungen
vom rein körperlichen Bedingtsein der seelischen Störungen
vernachlĂ€ssigt Aretaeus â gleich den Hippokratikern â
die psychische Therapie der Irren. Andererseits aber tritt er
dem exzessiven âHelleborismus", der in der arzneifrohen Zeit
der letzten römischen Epoche in der Psychiatrie wieder Mode
geworden war, entgegen. GroĂen Wert legt er dagegen auf
hygienisch-diĂ€tetische MaĂnahmen, Aufenthalt in schöner Ge-
gend, Seereisen, Therm engebrauch usw.
Aus der nach^alenischen Zeit ist noch Poseidonios
(ca. 350 â 400 n. Chr.) hervorzuheben wegen seiner I ehre von
der Lokalisation der einzelnen geistigen âVermögen" â Ver-
stand, GedĂ€chtnis, Phantasie â in verschiedenen Hirnteilen,
die im Mittelalter sehr lanp-e in Geltung war. â Klinisch ist
dieser Autor beachtenswert wegen seiner gut gesehenen bei-
den tvpischen Zustandsbilder der âheiteren" und âzornigen"
Manie.
Damit war es mit der wissenschaftlichen Medizin und also
auch der Psychiatrie der Antike zu Ende, so sehr zu Ende,
daĂ Poseidonios als wissenschaftliches Glaubensbe-
kenntnis ausdrĂŒcklich die Ansicht betonen muĂte, DĂ€monen
besĂ€Ăen keine Macht ĂŒber den Menschen und machten ihn
nicht geisteskrank. Auch Caelius Aurelianus (ca.
450 â 500 n. Chr.), einer der letzten wissenschaftlichen Ar-
beiter der Antike, der sich dem S o r a n o s, insbesondere
auch in der Lehre von den beiden psychischen Krankheitstypen
Manie und Melancholie, anschloĂ, bewies âwissenschaftlichen
Mut", indem er Amulette und Inkantationen der Magier als
nutzlos aus der Therapie der Geisteskrankheiten verwies.
Denn in der Zeit der sterbenden Antike war âdie Luft von
solchem Spuk so voll", daĂ Mystik und Aberglaube geradezu
als die ânatĂŒrliche" Anschauungsweise galt. Des sind zwei
tvpische Schriften aus dem untergehenden römischen Imperium
Zeugen, die des Serenus Sammonicus (gest. 210 n.
Chr.) und des Marcellus E m p i r i c u s (410 n. Chr.). Diese
beiden Autoren haben die geistigen Errungenschaften eines
Jahrtausends schon zum groĂen Teil vergessen und vermen-
gen, bezw. verwechseln selbst bereits medizinische Wissen-
schaft mit medikasterndem Volks- und Aberglauben. Ihre Fort-
setzung aber, die hauptsÀchlich in einer Aufbewahrung be-
stand, fand die klassische Medizin in Byzanz.
Standesfragen und soziale Medizin.
Sozialversicherung oder Versorgung.
Die uferlose Ausdehnung der Grenzen der Krankenversiche-
rung, die in diesen Tagen auf ein Einkommen von 200 000 Mark aus-
gedehnt worden ist und Bevölkerungskreise einbegreift, die ĂŒber
die ursprĂŒnglichen Grundlagen der Sozialversicherung weit hin-
ausragen, hat verschiedentlich zu ErwÀgungen Anlaà gegeben, ob
nicht am besten die Versicherung durch eine Versorgung zu er-
setzen ist. Der Unterschied liegt darin, daĂ die Versicherung die
Beteiligung des Versicherten an den Kosten seiner Versicherung
wenigstens teilweise erfordert, wÀhrend die Versorgung aus-
schlieĂlich aus Staatsmitteln erfolgt, die aus Besteuerung der All-
gemeinheit bestritten werden mĂŒĂten. Damit wĂ€re glĂŒcklich die
Frage der Sozialisierung in die Praxis umgesetzt. DaĂ sich der
Aerztestand im eigensten Interesse gegen diese Verallgemeine-
rung zur Wehr setzen wĂŒrde, ist sonnenklar und braucht an dieser
Stelle nicht nĂ€her ausgefĂŒhrt zu werden. GlĂŒcklicherweise er-
heben sich aber auch gewichtige Stimmen aus dem Lager der nicht-
Àrztlichen SachverstÀndigen gegen diese utopistischen Ideen. In
der Zeitschrift fĂŒr die gesamte Versicherungswissenschaft fĂŒhrt
Prof. Moldenhauer die fundamentalen Unterschiede zwischen
Versicherung und Versorgung ins Feld. Die Versicherung ist
gegrĂŒndet auf den Gedanken der Selbsthilfe. Der einzelne muĂ.
wenn auch zwangsweise, durchdrungen werden von der Pflicht,
fĂŒr sich und seine Angehörigen gegen die WechselfĂ€lle des
Lebens Vorsorge zu treffen. UeberlĂ€Ăt er dem Staat die Sorge
um seine Zukunft, so verliert er den Trieb zum Schaffen und
zum Fortschritt. Die StaatsfĂŒrsorge ist durch Verwaltung und
Schematisierung teurer als die Versicherung, die jeden einzel-
nen zur Sparsamkeit erziehen sollte. Durch die individuellen
Formen der Versicherung kann auch den BedĂŒrfnissen der Ver-
sicherungsarten besser Rechnung getragen werden. Die Ver-
sicherung nach MaĂgabe der Höhe der Leistungen reizt zur An-
spannung der KrÀfte an; dementsprechend hat der deutsche Ver-
ein fĂŒr Versicherungswissenschaft sich in seiner
Mehrheit dahin ausgesprochen, daĂ an dem Versicherungsprinzip
und der Sozialversicherung festzuhalten sei. Der Reichsarbeits-
minister hat im Hauptausschusse des Reichtages sich dahin aus-
gesprochen, daà bei den heutigen wirtschaftlichen VerhÀltnissen
sich nicht ĂŒbersehen lasse, was der Gesamtwirtschaft und den
öffentlichen KrÀften zugemutet werden kann.
Diese Absage an eine Sozialversorgung schlieĂt nicht aus,
daĂ die Sozialversicherung nicht mit verwandten Gebieten der
einzelnen Versicherungsgebiete und mit den gleichen Aufgaben
der staatlichen kommunalen und privaten Wohlfahrtspflege Hand
in Hand gehen und in Form einer Arbeitsgemeinschaft
veranker^ werden kann. Auch die Beteiligung einzelner Zweige
der. Sozialversicherung an den Aufgaben der öffentlichen Wohl-
fahrtspflege empfiehlt sich nicht nur, sondern ist auch durch Ge-
setz schon vorgesehen. Bekannt ist ja die vorbeugende TĂ€tigkeit
der Kranken-, Invaliden- und Angestelltenversicherung an der
BekÀmpfung der Tuberkulose und Geschlechtskrankheiten und
deren Beteiligung an der Wochen- und SĂ€uglingsfĂŒrsorge. Auf
diesem Gebiete bewegt sich auch die Anregung von Gottstein
in der Zeitschrift fĂŒr soziale Hygiene, wonach die Krankenkassen
sich an der Schulgesundheitspflege beteiligen mögen.
In WĂŒrttemberg und in Köln untersteht die AusfĂŒhrung der vom
Schularzt fĂŒr erforderlich gehaltenen gesundheitlichen MaĂnahme
den Krankenkassen. Die Schulzahnpflege erfreut sich vielfach
schon der Mitwirkung der Krankenkassen. Gottstein wĂŒnscht nun,
daĂ die vom Schularzt auserlesenen UeberwachungsschĂŒler, die an
AnfÀngen gefahrdrohender Krankheiten leiden, den Krankenkassen,
die Familienhilfe gewĂ€hren, zur Behandlung ĂŒberwiesen werden.
Alexander.
Der Achtstundentag in der Krankenpflege.
In einem lĂ€ngeren Aufsatz in der Zeitschrift fĂŒr soziale Hy-
giene bespricht Becker die SchÀdigungen, die in den Bres-
lauer KrankenhÀusern durch den Achtstundendienst herbei-
gefĂŒhrt worden sind, und macht VorschlĂ€ge fĂŒr die kĂŒnftige Re-
gelung der Frage. Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen
der Schwestern und des niederen Ileilpersonals gegenĂŒber den
VorkriegsverhÀltnissen ist nötig. Bei den Schwestern ist eine Be-
grenzung der Arbeitszeit nicht möglich, ebensowenig eine sche-
matische Festsetzung der Dienstbereitschaft. Als EntschÀdigung
soll ein jÀhrlicher Urlaub von 4 Wochen gewÀhrt werden, neben
guten WohnungsverhĂ€ltnissen und guter Verpflegung. Zu wĂŒn-
schen wÀre die Abschaffung der Halbnachtwachen und die Be-
freiung von grober Nebenarbeit. FĂŒr WĂ€rter und WĂ€rterinnen
ist eine zehnstĂŒndige, durch zweistĂŒndige Mittagspause unter-
brochene Arbeitszeit, zu empfehlen. Zur Erleichterung der Ar-
beit bedarf es der Vermehrung des Personals. Von groĂem
Werte ist die GewÀhrung eines freien Nachmittags in der Woche,
sowie eines jÀhrlich vierwöchigen Erholungsurlaubs. Die An-
stellung des Personals sollte zunÀchst nur auf Y% Jahr zur Probe
erfolgen. Die Ausbildung in der Krankenpflege muĂ in die
Dienstzeit eingerechnet werden. Alexander.
Reiehsgesetz fĂŒr Jugendwohlfahrt.
Nach lebhafter Diskussion in der Ăffentlichkeit und nach
langen, eingehenden" Beratungen der gesetzgebenden Körperschaf-
ten ist am 9. Juli das Gesetz fĂŒr Jugendwohlfahrt verabschiedet
worden. Die Bestimmungen des Gesetzes waren deshalb viel
umstritten, weil einmal mit gegebenen lokal eingebĂŒrgerten Ver-
hĂ€ltnissen gerechnet werden muĂte und die Aufgaben der Jugend-
pflege bei ihrer Vielseitigkeit in die verschiedensten Gebiete der
öffentlichen Wohlfahrt eingreifen. Eine kurze AufzÀhlung der
Aufgaben des Jugendamtes wird diese Vielseitigkeit beweisen und
gleichzeitig den Zusammenhang mit der öffentlichen Gesundheits-
pflege dartun. Das Jugendamt hat zur Aufgabe: Schutz der
Pflegekinder, Mitwirkung im Vormundschaftswesen, FĂŒrsorge fĂŒr
hilfsbedĂŒrftige Minderbemittelte, Mitwirkung bei der FĂŒrsorge-
erziehung und Jugendgerichtshilfe, bei der Beaufsichtigung der Kin-
derarbeit, bei der FĂŒrsorge fĂŒr Kindei^aisen, in der Jugendhilfe
bei den Polizeibehörden, Berufsberatung, Mutterschulz vor und
nach der Geburt, Wohlfahrt der SĂ€uglinge, Wohlfahrt der Klein-
40. Jahrgang â Nr. 11/12.
KongreĂberichte
005
Hnder, Wohlfahrt der Schulkinder auĂerhalb des Unterrichts,
wohlfahrl der schulentlassenen Jugend. Man ersieht aus dieser
JufzÀhlung, welche Wichtigkeit die Aufgaben der Jugendpflege
fĂŒr die öffentliche Gesundheil besitzen. Nichtsdestoweniger ist den
Aerzten als den TrÀgern der Gesundheitspflege keine Rolle im
Gesotz zugewiesen, weder fĂŒr die Verwaltung noch fĂŒr die Durch-
fĂŒhrung, und es hat erst geharnischter Vorstellungen bedurft, um
die fakultative Bestimmung in das Gesetz zu bringen, daĂ, wenn
ĂŒr einen Bezirk ein Gesundheitsamt besteht, diesem die
fĂŒr (
gesundheitlichen Aufgaben ĂŒbertragen werden können. Diese
VernachlÀssigung hygienischer Erfordernisse, hat schon jetzt zu
der Absonderlichkeit gefĂŒhrt, daĂ die FĂŒrsorgeabteilung fĂŒr SĂ€ug-
linge, an der viele Aerzte mitwirken, nicht selten nicht von einem
Arzt, sondern von Laien geleilet wird, daĂ zur Berufsberatung
zwar Techniker und PĂ€dagogen, aber nicht Aerzte zugezogen
werden u. dgl. m. Sollte die weise Lchrmeislerin,. die Praxis
hier nicht Wandel schaffen, so wird das Gesetz recht bald ver-
bessert werden mĂŒssen. Alexander.
Hundertjahrfeier Deutscher Naturforscher und
Aerzte, Leipzig, 17. bis 24. September 1922.
Berichterstatter: Dr. L. Pincussen (Berlin).
\' L
Nachdem bereits am Sonnabend und Sonntag Sitzungen des
Vorstandes und des wissenschaftlichen Ausschusses stattgefunden
hatten, wurde am Montag, den 18. IX., der KongreĂ offiziell er-
öffnet.
Den BegrĂŒĂungsansprachen v. StrĂŒmpells, der Vertreter
des Staates, der Stadt, der Behörden und der Deputationen folgte
die offizielle Eröffnungsrede des Ersten Vorsitzenden der Gesell-
schaft, Prof. M a x P 1 a n c k (Berlin). Trotz alles Schweren, das uns
der Krieg gebracht hat, sind uns doch kostbare GĂŒter bewahrt ge-
blieben: Die deutsche Einheit, die deutsche Arbeit und vor allem
der Glaube an Deutschlands Zukunft. Eine Gesundung unseres
Volkes und eine Wiederherstellung der allgemeinen Wohlfahrt ist
nicht denkbar ohne eine sorgfÀltige Pflege der reinen Wissen-
schaft. Gerade in Deutschland verdankt die Industrie, die Land-
wirtschaft, die Heilkunde ihre reichen Erfolge in sehr wesent-
lichem MaĂe dem Umstand, daĂ sich eine selbstĂ€ndige, von wirt-
schaftlichen Interessen nicht gebundene Wissenschaft entwickeln
konnte. Es darf nicht vergessen werden, daĂ z. B. die Wullen
der Funkentelegraphie, die Röntgenstrahlen, die Methoden der
Stickstoffgewinnung, der Milzbrandbazillus und viejes andere aus
den verschiedenen Gebieten in rein wissenschaftlichen Forschungs-
instituten entdeckt wurde. Man muĂ daher immer von neuem
sowohl der breiten Ăffentlichkeiten als auch vor allem den ver-
antwortlichen Stellen im Reich und in den LĂ€ndern das Gewissen
dafĂŒr schĂ€rfen, daĂ der Betrieb der reinen Wissenschaft fĂŒr
ein Kulturvolk wie das deutsche genau ebenso zu den Lebens-
notwendigkeiten gehört, wie die Arbeit in den Fabriken und in
den Bergwerken. Ein Versagen der Wissenschaft wirkt auf den
Volkskörper zwar nicht unmittelbar akut, wie eine Ă€uĂere Ver-
letzung, sondern wie ein schleichendes, aber deshalb um so ge-
fÀhrlicheres Gift. Was bisher seitens der Regierung geschehen
ist, ist durchaus anzuerkennen, doch reicht es bei weitem nicht
aus. Die Wissenschaft ist international, daran kann kein Krieg
und kein Völkerhaà etwas Àndern; in ehrlich entgegengestreckte
HĂ€nde werden die deutschen Gelehrten einschlagen, sie denken
â aber durchaus nicht daran, an solchen Stellen um Zulassung zu
werben, wo man vermeint, besser ohne sie auszukommen.
Die erste allgemeine Sitzung hatte als Thema die RelativitÀts-
theorie, ĂŒber die v. L a u e (Berlin) vom Standpunkt des Physikers,
Schlick (Kiel) vom Standpunkt des Philosophen referierte. Es
sei bemerkt, daĂ ein von einer Anzahl von Physikern, darunter
Lenard (Heidelberg) unterzeichnetes Flugblatt gegen die Wahl
der RelativitÀtstheorie als Verhandlungsthema protestierte, da sich
eine groĂe Zahl von Fachgelehrten der Theorie durchaus ablehnend
gegenĂŒber stellen. â Wie v. Laue (Berlin) ausfĂŒhrte, handelt
es sich bei der RelativitÀtstheorie um Fragen, welche so alt sind
wie die Physik ĂŒberhaupt. Die Antwort auf die Frage, ob es
fĂŒr die fortschreitende Bewegung eine absolute Geschwindigkeit
gibt, beantwortet sich logisch sehr leicht, und zwar im nega-
tiven Sinne. Die Angabe einer Geschwindigkeit muĂ stets die
AngÀbe enthalten, in bezug worauf diese Geschwindigkeit ge-
messen wird, so daĂ rein logisch betrachtet eine absolute Ge-
schwindigkeit ohne Sinn erscheint. Es wÀre jedoch physikalisch
denkbar, daà man aus VerÀnderungen des bewegten Körpers auf
absolute Bewegung und Geschwindigkeit schlieĂen könne. Man
hat zum VerstÀndnis der Ausbreitung des Lichtes und der elektro-
magnetischen Erscheinungen auch im leeren Raum zu der Hypo-
these des sogenannten âAethers" gegriffen, und man hat nun
auch versucht, die Geschwindigkeit bewegter Körper, besonders
der Erde, gegenĂŒber diesem Aether festzustellen. Alle Versuche
in dieser Hinsicht sind gescheitert. Die RelativitÀtstheorie macht
die Annahme des Aethers ĂŒberflĂŒssig. Ihr Hauptprinzip ist das,
daĂ sie eine Bevorzugung irgendeines Bezugssvstemes gegenĂŒber
irgendwelchen anderen grundsĂ€tzlich ausschlieĂt; so gibt es
auch keine absolute Geschwindigkeit, sondern nur Geschwindig
keil lĂŒr ein bestimmtes Bezugssystem. Die spezielle Relativi-
⹠tÀtstheorie hat allgemein Anerkennung gefunden. Bedeutend
gröĂer sind die Schwierigkeiten mit der allgemeinen RelativitĂ€ts-
theorie, die sich besonders auch mit dem RĂ€tsel der Schwerkraft
KONGRESSBERICHTE
befaĂt. Hier bestehen freilich noch groĂe Schwierigkeiten und
viele Divergenzen. Zum mindesten bewÀhrt sie sich aber als eine
starke Triebkraft fĂŒr die Forschung. Der Philosoph M. Schlick
(Kiel) schildert darauf, wie die Theorie zwar als physikalische
entstand, daĂ sie aber auch philosophisch von erheblicher Trag-
weite sei: wer dies leugnen wolle, verkenne vollstÀndig, daà die
physikalische und philosophische Betrachtungsweise ineinander
ĂŒbergehen, sobald sie sich der Bearbeitung der höchsten allge-
meinen Grundbegriffe der Phsik zuwenden. In diesem Sinne
unterwirft die RelativitÀtstheorie die fundamentalen Begriffe des
Raumes, der Zeit und der Substanz einer kritischen Zergliede-
rung und dringt damit in die Philosophie ein. Es geht durch-
aus nicht an, die moderne RelalivilÀtslehre einfach als eine Fort-
setzung und natĂŒrliche Konsequenz philosophischer RelativitĂ€ts-
gedanken zu betrachten. Die philosophischen Tendenzen, von
denen Einstein ausgeht, und die in der RelativitÀtstheorie
zum Ausdruck kommen, liegen in der Richtung des sogenannten
Positivismus, der Philosophie der reinen Erfahrung, die von den
âDingen" vollstĂ€ndig absieht und an deren Stelle als letztes
Element des Weltbildes die beobachteten Geschehnisse und Er-
eignisse selbst setzt. Die Zeit der Trennung von Philosophie und
Naturforschung ist vorĂŒber: die Natur forschung ist wieder philo-
sophisch geworden und die Philosophie findet sich auf den Boden
der exakten Forschung zurĂŒck. Das ist nicht in letzter Linie der
Einsteinschen Theorie zu danken.
In der Sitzung der Medizinischen Hauptgruppe am Montag
nachmittag wurde die Wiederherstellungschirurgie behandelt. Als
Erster berichtete A. Bier (Berlin) ĂŒber Regenerationen, ins-
besondere beim Mensehen. WĂ€hrend wir bisher schon wuĂten, daĂ
bei niederen Tieren zerstörte Organe sich wieder neu bilden kön-
nen, wurde bis vor kurzem angenommen, daĂ der Mensch und
das höhere SÀugetier keine Organe wiederbilden kann; abgesehen
von kleinen Ausnahmen trÀte eine Heilung nur durch Narben-
bildung ein. Bier hat in langjÀhrigen Versuchen nachweisen
können, daà es auch beim Menschen wirkliche Wiederherstellun-
gen gibt, wenn die Vorbedingungen dazu gegeben sind. Es gelang
ihm, groĂe LĂŒcken in Sehnen, Knochen, Bindegewebe und Muskeln
durch vollstÀndig formgleiche und leistungsfÀhige Neubildungen
zu ersetzen; auch Schleimbeutel und Gelenke konnten neu ge-
bildet werden. Die beiden Bedingungen fĂŒr das Gelingen sind
erstens die Schaffung und Erhaltung der LĂŒcke, in die das Organ-
stĂŒck hereinwachsen kann, und zweitens die Schaffung von rege-
nerationsfördernden Reizen, zugleich die Fernhaltung von Störun-
gen seitens der AuĂenwelt, wozu auch abgestorbene Körperteile
gehören. Unter diesen Bedingungen können die von den ver-
letzten Organen ausgehenden Reize, von Bier Regenerations-
hormone genannt, in Wirksamkeit treten. Eine groĂe Rolle
kommt der Metaplasie zu. So kann unter dem EinfluĂ des form-
bildenden Reizes, der von dem Rest der zerstörten Sehne aus-
geht, sich aus dem zarten Unterhautzellgewebe richtiges Sehnen-
gewebe bilden. Durch die Untersuchungen Biers wird die
Theorie von der Entstehung gewisser neuer Gewebe durch grob
mechanische EinflĂŒsse hinfĂ€llig. Eine Ueberlragung der For-
schungen auf die Praxis darf vorlÀufig nur mit Vorsicht ge-
schehen. An vielen Lichtbildern und Röntgenaufnahmen werden
die erzielten Regenerationen demonstriert. Zum SchluĂ stellte
Bier die Forderung auf, daĂ man bezĂŒglich der alten Anschauung
ĂŒber Vernarbung recht bald umlernen mĂŒsse.
Als zweiler Referent sprach L e x e r (Freiburg) ĂŒber Trans-
plantation und Plastik. Ausgehend von den Untersuchungen von
March and, den er als GrĂŒnder der Lehre von der Transplan-
tation und Plastik bezeichnete, schilderte er, unterstĂŒtzt durch eine
groĂe Reihe ausgezeichneter Bilder, besonders Röntgenaufnah-
men, die Erfolge in der Heilung von Defekten verschiedenster
Art. Er zeigte, wie es gelingt, selbst groĂe Knochendefekte zur
Heilung zu bringen, durch Ueberpflanzung von Knochenteilen des-
selben Individuums, durch Autotransplantationen. So konnten
groĂe Defekte des Humerus durch Transplantation eines StĂŒckes
Tibia mit Periost vollstÀndig repariert werden: Röntgenbilder
zeigten anschaulich die verschiedenen Stadien des Prozesses, bis
zuletzt ein fast ganz normaler, kaum von anderen zu unter-
scheidender Knochen resultierte. Neben diesen Knochentransplan-
tationen, die z. B. auch beim Kiefer ausgezeichnete Resultate er-
gaben, zeigte Lexer auch die Erfolge der Ueberpflanzungen von
Muskeln, Ersatz fehlender Muskeln durch andere, z. B. des Bizeps
<>06
KongreĂberichte
40. Jahrgang â Nr. 41/42.
durch Muskulatur der Brust, Reparation von GesichtslÀhmungen
durch Muskelumpflanzung, endlich auch die etappenweise er-
folgende Reparation schwerer und komplizierter Gesichlsver-
letzungen. Solche Herstellung gelingt nur aus eigenem Material;
irgendwelche Fremdkörper fĂŒhren niemals zu Heilungen, im
Gegenteil hÀufig zu schweren und schwierig reparablen SchÀdi-
gungen Endlich wurde noch die Wiederherstellung von Gelenk-
funktionell geschildert. Beide VortrÀge fanden reichen Beifall.
Der Vormittag des 19. IX. brachte in der zweiten allgemeinen
Sitzung die Behandlung der Vererbungslehre durch Johannsen
(Kopenhagen), Meisenheim er (Leipzig) und Lenz (MĂŒn-
chen). Johannsen gab in seinem Vortrag: Hundert Jahre
der Vererbungsforschung einen historischen RĂŒckblick.
Vor hundert Jahren beherrschte die Naturphilosophie das natur-
wissenschaftliche Denken. Die Auffassung war ungefÀhr die in
Goethes âWahlverwandtschaften". Das Kind Ă€hnelt nicht den
Eltern, sondern den Personen, deren Bilder jedem der Eheleute
intensiv vorgeschwebt haben. Damals fanden sich wirkliche
Erfahrungen nur bei den TierzĂŒchtern. Langsam erst fing die
Medizin dann an, die wissenschaftliche Vererbungslehre rationell zu
berĂŒcksichtigen. Johannsen bespricht dann kurz die Ar-
beiten Hofackers, skizziert die Leistungen Darwins,
H a e c k e 1 s und kommt ĂŒber W e i s m a n n und Mendel bis zu
den Arbeiten der neuesten Zeit von Correns und Tschermak.
Er gelangt zu dem Ergebnis, daĂ fĂŒr die groĂe Frage der Ent-
stehung der Arten, die Evolution, die Vererbungsforschung fast
nichts Positives zuwege gebracht hat. Dagegen hat sie etwas
sehr wichtiges Negatives geleistet; sie hat den Boden von unrich-
tigen Vorstellungen gereinigt, die schon vom Altertum her-
stammen und die noch vielfach in den Köpfen spuken. Sie hat
eine vernichtende Kritik geĂŒbt, sowohl an dem Darwin sehen
Selektionsgedanken wie an den Lamarck sehen Gedanken einer
allmÀhlich eintretenden erblichen Fixierung der durch Anpassung
der Individuen fĂŒr ihre Lebenslage erworbenen Eigenschaften.
Meisenheim er (Leipzig) sprach ĂŒber Ă€uĂere Erschei-
nungsform und Vererbung. Die moderne Lehre von der
Vererbung der Ă€uĂeren Erscheinungsformen ist gegrĂŒndet auf das
ZĂŒchtungsexperiment, das in Rassen- und Artkreuzungen die
gegensÀtzlichen Merkmale verschiedener Rassen und Arten im
Wechselspiel zueinander setzt. Diese Merkmale können sich bei
der Vererbung dreifach verschieden verhalten. Es können beide
Merkmale gleichwertig nebeneinander treten in der Mosaikver-
erbung, sie können in ihrem Vererbungswert ungleichwertig sein
im Dominanztypus der Vererbung, sie können sich gegenseitig aufs
innigste durchdringen in der intermediÀren Vererbung. Der
Schwerpunkt der modernen Erblichkeitsforschung liegt in dem
Studium der nÀchstfolgenden Tochtergeneration. Hier sind zwei
Möglichkeiten zu unterscheiden. Die eine umfaĂt die Regeln der
Mendel sehen Vererbung, beruhend auf einer stÀndigen Lösung
oder Spaltung der in der ersten Tochtergeneration zusammen-
getretenen Erbanlagen, die zweite fĂŒhrt zur Bildung eines kon-
stanten unlöslichen Mischtypus beider gegensÀtzlicher Anlagen.
Ersterer Vererbungstypus erscheint völlig geklÀrt in seinem Ver-
laufe bei Rassenkreuzungen, letzterer ist vielfach umstritten und
wird im besonderen unter Zuhilfenahme der Theorie von der
Wirkung gleichsinniger Faktoren ebenfalls auf Mendel sehe
SpaltungsvorgĂ€nge zurĂŒckgefĂŒhrt, was eine stark angreifbare
Hypothese darstellt. Spaltung und Nichtspaltung werden in ihrem
gegensÀtzlichen Wesen vor allem verstÀndlich bei Zugrunde-
legung der Annahme, daà die Chromosomen die TrÀger der Ver-
erbungssubstanz sind. Es lassen sich dann die Erscheinungen
der Spaltung der Erbanlagen leicht durch die VorgÀnge bei der
Geschlechtszellenbildung und Befruchtung erklĂ€ren, und es lĂ€Ăt
sich durch sie auch die Möglichkeit der Nichtspaltung der gleichen
Anlagen verstehen. Es muĂ Aufgabe kĂŒnftiger experimenteller
Forschung sein, diese GegensÀtze in ihrem VerhÀltnis völlig zu
klÀren.
Als letzter Referent sprach Lenz (MĂŒnchen) ĂŒber die Ver-
erbungslehre beim Menschen. Die menschliche Erblich-
keitslehre grĂŒndet sich neben AnalogieschlĂŒssen auf die Erfahrun-
gen an Tieren und Pflanzen, vor allem auf statistisch-genealogische
Tatsachen. Die Geltung des Mendel sehen Gesetzes ist auch fĂŒr
den Menschen sichergestellt. Ebenso ist es zweifellos, daĂ es auch
beim Menschen eine Vererbung erworbener Eigenschaften nicht
gibt, lieber die erbliche Beschaffenheit von Kindern können wir
heute bereits Voraussagungen machen. Eine Entartung von innen
heraus gibt es nicht, auch kein von selbst auftretendes Altern
einer Rasse. Dagegen kann die Erbmasse durch Ă€uĂere EinflĂŒsse,
so durch Gifte, wie den Alkohol, geschÀdigt werden. -Die un-
genĂŒgende Fortpflanzung der TĂŒchtigen im Volke bedroht die
TĂŒchtigkeit unserer Rasse und den Bestand unserer Kultur. Um-
gekehrt ist es auch möglich, die Menschheit nicht nur vor Ent-
artung zu bewahren, sondern sie auf eine noch nie erreichte
Höhe zu fĂŒhren. Nötig sind fĂŒr diese Fortsein ittc staatliche For-
schungsinstitute fĂŒr Rassenbiologie. Aus diesem Grunde bekĂ€mpft
der Redner scharf die geplante Aufhebung des v. Luschan sehen
Institutes fĂŒr Anthropologie in Berlin.
Die Sitzung der naturwissenschaftlichen Haupt-
gruppe brachte zunÀchst einen Vortrag von Johannes
W a 1 1 h e r (Halle) ĂŒber Fortschritt und RĂŒckschritt im Lauf der
Erdgeschichte. Der geologische Aufbau der Erdrinde mit den
in ihnen erkennbaren Resten vorzeitlichen Lebens gibt einen
Ăeberblick ĂŒber ungefĂ€hr 800000 000 Jahre, wĂ€hrend die darunter-
liegenden Schichten mit einer gleichen MÀchtigkeit von ungefÀhr
20 km infolge UmÀnderungen in dieser Beziehung nicht mehr
analysierbar sind; aus diesem Grunde ist die Àlteste Lebwelt einer
Untersuchung nicht zugÀnglich. Die Fauna des Cambrinus besteht
aus hochentwickelten Gruppen, die zum groĂen Teil am Ende
dieser Àltesten Periode ausgestorben sind, wÀhrend einige Arten
zur nachfolgenden Silurzeit ĂŒberleiten. Hier tritt uns eine völlig
neue Tierwelt entgegen, die sich ohne Unterbrechung durch die
ganze folgende Erdgeschichte verfolgen lĂ€Ăt, wenn natĂŒrlich auch
bestÀndig Aenderungen stattfinden. Die von Darwin vermute-
ten 1 ebergÀnge zwischen den einzelnen Arten existieren nicht.
Auch ein Fortschritt von niederen zu höheren Formenkreisen lĂ€Ăt
sich bei der Lebewelt im Laufe der Weltgeschichte nicht er-
kennen. Anders verlÀuft die Entwicklung der Athropoden und
Wirbeltiere, die in den UrwĂŒsten der Devonzeit gezwungen wur-
den, den Schritt vom Leben im Meere zur Besiedelung des Fest-
landes zu unternehmen. Hier sehen wir eine fortlaufende Reihe
bestÀndig höher organisierter Formenkreise, die mit den Amphi-
bien und Reptilien beginnen, welche die Fauna der Mittelzeit be-
herrschen, und mit den SÀugetieren enden, welche ihre höchste
BlĂŒte am SchluĂ der Kreideperiode entfalten. Besonders inter-
essant ist, daĂ die wieder in das Wasser zurĂŒckwandernden Rep-
tilien und SĂ€ugetiere das Stelzbein der Landtiere wieder ver-
lieren und fischĂ€hnlich werden, um meist nach kurzer BlĂŒte
auszusterben. Verschieden ist das Schicksal der in die Luft auf-
steigenden Flugsaurier und Vögel. WÀhrend die ersteren verhÀlt-
nismĂ€Ăig bald ausstarben, erreichen die Vögel eine stĂ€ndig zu-
nehmende Differenzierung. Ganz langsam entwickeln sich die
SĂ€ugetiere. Erst mit der Entwicklung der BlĂŒtenpflanzen und der
groĂzĂŒgigen VerĂ€nderung der Ozeane und Kontinente und den
damit geschaffenen neuen Existenzbedingungen entfaltete sich die
ĂŒberraschende BlĂŒtezeit der SĂ€ugetiere, und zwar in zahlreichen
parallel emporsteigenden Linien, die dann wÀhrend der Folgezeit
durch bestÀndige Selektion ausgejÀtet und ausgelesen wurden.
Charakteristisch ist die Entwicklung, welche wÀhrend der dilu-
vialen Schneezeit dem Zweig des SĂ€ugetierstammes aufgezwungen
wurde, der aus tierischen Ahnen zum Menschengeschlecht fĂŒhrt.
WĂ€hrend der gröĂten Ausdehnung der Eisdecke erscheinen die
ersten feuerhĂŒtenden Promethiden, deren Aehnlichkeit mit den
heutigen Australiern sehr groĂ ist, aus denen dann die Entwick-
lung bis zu der heutigen Kulturhöhe erfolgt.
G. Hellmann (Berlin) sprach darauf ĂŒber Deutschlands
Klima. Untersuchungen ĂŒber das Klima sind bekanntlich sehr
alt: schon Hippokrates kannte die medizinische Wichtigkeit
des Klimas. Hellmann hat das dichte Netz von meteorologi-
schen Stationen Deutschlands benutzt, um die Ergebnisse von 30
- Jahren aus 300 Stationen mit seinen Mitarbeitern zu einem zu-
sammenhĂ€ngenden Bilde, einem groĂen klimalologischen Atlas,
zu verarbeiten. An Hand von Diagrammen, welche diesem Atlas
entnommen sind, fĂŒhrte der Redner die Hauptergebnisse seiner
Untersuchungen vor. BezĂŒglich der Himmelsbewölkung zeigte er,
daà fast wÀhrend des ganzen Jahres das mittlere Deutschland
zwischen der mittleren Elbe und der mittleren Oder geringere
Bewölkung zeigt, als die östlich und westlich anstoĂenden Land-
schaften. BezĂŒglich der zeitlichen VerhĂ€ltnisse ergab sich, daĂ
der Himmel im Dezember bis Februar am heitersten in den
bayerischen Alpen ist, im Mai und Juni an der hinterpommer-
schen KĂŒste. Letztere Tatsache ist auch in das BewuĂtsein des
Volkes ĂŒbergegangen: Teile der Kreise Lauenburg, BĂŒtow und
Rummelsburg fĂŒhren im Volksmund den Namen: das blaue LĂ€nd-
chen. Was die NiederschlagsverhÀltnisse anbelangt, so befinden
sich regenarme Gebiete hauptsÀchlich im mittleren und östlichen
Norddeutschland. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, schwankt
die jÀhrliche Zahl der Niederschlagstage zwischen rund 150 im
sĂŒdlichen Oberrheintal und 205 in Nordwestdeutschland. Di
Klimaschwankungen sind in Deutschland, besonders im ostdeut
sehen Binnenland infolge seiner Lage, ziemlich erheblich. FĂŒr
einzelne Orte Mittel- und Nordeuropas, besonders fĂŒr Wien ist
nachgewiesen, daà bis ungefÀhr zur Mitte des vorigen Jahrhun
derts die Winter durchschnittlich kÀlter und die Sommer wÀrmer
gewesen sind, daĂ also das Klima eines groĂen Teils von Europa
ozeanischer geworden ist.
Darauf hielt Sven Hedin seinen Vortrag ĂŒber das Hoch
land von Tibet und seine Bewohner. Er schilderte das abfluĂ
lose Hochland; an Hand zahlreicher Lichtbilder gab er einen
Ăeberblick ĂŒber den physiognomonischen und orographischen
Bau dieses Landes, seine Entstehung durch Faltungen und He
bung der Falten, wodurch das sĂŒdliche Grenzgebirge, der Hima
laya, entstanden ist. Parallel damit verlaufen andere Faltungen
eine groĂe Zahl von Seen ohne jeden AbfluĂ finden sich daselbst
ferner ĂŒber 150 gröĂere und viel zahlreichere kleinere Becken
und endlich 1000 ganz kleine Seen, die sÀmtlich im Austrocknen be
griffen sind. Viele Anzeichen sprechen dafĂŒr, daĂ manche der
in den Gebirgsspalten sich hinziehenden TĂ€ler frĂŒher einmal von
mĂ€chtigen flieĂenden Wassermassen erfĂŒllt waren. Die gegen
wĂ€rtige Austrocknungsperiode hĂ€lt Hedin fĂŒr vorĂŒbergehend
er glaubt, daĂ es sich um periodische Klimaschwankungen
handelt.
40. Jahrgang â Nr. II 12.
Aus den neuesten Zeitschriften
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften
Medizinische Klinik, Berlin.
4. Juni 1922, Nr. 23.
SĂ€uglings-Magoii-Dnrmorkrankungon. Kcuss, A. 717.
SterilitÀt der Frau. S c h m i d t , H. If. 722.
Ulkus-Initial-KrÀuipfe. Jonas, S. 723.
Quee.ksilbersalioylat âDepogen". Kall m n n n , K. 725.
HautâIuiopf iocher.. S a c Ii s , E. 727.
âŠSchwcinerotlauf beim Menschen. 6 e s t e w i t z. 729.
Linimentum anticatarrhale Petruschky. G r o s s m a n n , F. 729.
Zur Frage der Gicht. G u d z e n t. 730.
Entgegnung hierzu. B r u g s c h , Th. 730.
Tuberkelbazillennachwcis. Meyer, K. und Kitschen, E. 730.
Beeinflussung des endokrinen Systems durch Thallium. Bus <âą h k e , A.,
und Peiser, B. 731.
^âșSĂ€uglingskrĂ€mpfe. BlĂŒhdorn, K. 733.
Erkrankungen der Harnröhre. Portner, E. 734.
Schweinerotlauf beim Menschen. Schweinerotlauf beim Men-
schen bleibt im allgemeinen lokal und heilt in den meisten FĂ€llen
bei Anwendung Ă€uĂerer Mittel, wie KĂŒhlsalben, Thiol. liquid,
usw. Wenn nicht, injiziert G. 6 ccm Schweinerollaufserum sub-
cutan in Brust oder Arm. In einem Falle trat darnach ein Exan-
them auf, das vielleicht als Serumreaktion aufzufassen war.
SÀuglingskrÀmpfe. In der ersten SÀuglingszeit kommen haupt-
FÀchlich organisch bedingte KrÀmpfe vor: bei Meningitis, Hirn-
und Hirnhautblutungen, GehirnmiĂbildungen, Embolien, Throm-
bosen, Hydrozephalie und akuten enzephalitischen Prozessen.
Nach den ersten drei Lebensmonaten sind spasmophile KrÀmpfe
hĂ€ufiger, die besonders im Winter und FrĂŒhling bei kĂŒnstlich ge-
lahrten, rachitischen und meningitischen Kindern auftreten. Pa-
thognomonisch sind StimmritzenkrÀmpfe und manifeste Tetanie.
Andere Krampfformen sind die initialen KrÀmpfe im Beginne
fieberhaft-infektiöser Erkrankungen und die terminalen ante exi-
tum, die toxisch-infektiö ser Natur sein dĂŒrften; auch bei ungenĂŒ-
gender AbdĂŒnstung oder allzu reichlicher Wasserabgabe werden
infolge WÀrmestauung KrÀmpfe beobachtet.
Behandlung: Als krampfstillendes Narkotikum Chloralhydrat
rektal 0,07â0,1 pro dosi und Lebensmonat. Rezept fĂŒr ein halb-
jÀhriges Kind: Sol. Chloralhydrati 1,0:100,0. D. S. Die HÀlfte zum
Klystier. Bei ausbleibender Wirkung nach kurzer Zeit zu wie-
derholen, unter UmstÀnden Lumbalpunktion. Zur Beseitigung
weiterer Krampfgefahr wird dem noch bewuĂtlosen Kinde 0,2
Magnesium sulfur. pro kg Körpergewicht in 8% Lösung subcutan
oder intramuskulÀr, dann Kalk in folgender Verschreibung in
fallenden Dosen gegeben: Rp. Calcii chlorati sicci 10,0, Liqu.
ammon. anis. 2,0, Gummi arab. 1,0, Saccharini qu. s., Aqu. ad 200,0.
M; D. S. 8- bis 3mal tÀglich 10 ccm. Bei gleichzeitiger Darreichung
von Lebertran kann man die Kalkariwendung rasch verringern.
ErnÀhrung nach dem jeweiligen Zustande; Vermeidung von Milch
ist ĂŒberflĂŒssig. Daneben Licht und Sonne, im Winter kĂŒnstliche
Höhensonne. Prophylaktisch sollen im Winter alle, besonders
rachitische SĂ€uglinge auf Latcnzsymptome der Spasmophilie
(FazialisphÀnomen) untersucht und gegebenen Falles durch
zweckmĂ€Ăige ErnĂ€hrung, Lebertran und Kalk (Messerspitzen-
weise Calcium phosphor. tribas.) geschĂŒtzt werden.
11. Juni 1922, Nr. 24.
Beziehungen der Geburtshilfe und GynÀkologie zum Kriege und zu den
KriegsvorhÀltnissen. Mayer, A. 749.
«frlnjektionsbehandlung der HÀmorrhoiden. Boas, I. 753.
Umfrage ĂŒber Proteinkörpertherapie. 750.
*Das Wesen und 'Ue physikalische Behandlung des Muskelrheumatisniu.s.
Tobias, E. 760.
InitialkrÀmpfe des Dlkus. Jonas. S. 761.
âBehandlung von akuten FingerentzĂŒndungen. Henrichs. R. 704.
Neuere Anschauungen ĂŒber Atombau und chemische Bindung. Lies che,
m. O. 765.
Prakt. Fragen der Geburtshilfe. Runge, E. 767.
Injektionsbehandlung der HĂ€morrhoiden. Injiziert wird
96% Alkohol in einer Menge von 10 bis 20 Tropfen in dite intra-
rektalen Knoten. Die Heilung erfolgt durch aseptische Throm-
bose, dabei manchmal Fieber bis 40 Grad, selten Proktitis oder
Blutungen. Rezidive sind möglich. Technik: Vorbereitung durch
AbfĂŒhrmittel und SeiferjiwassereinlĂ€ufe mit Lysoform. Kniebrust-
lage, Rasieren, Jodtinkturanstrich, örtliche BetÀubung mit 0,.r> "/,
Novokain-Suprarenin-Lösung. Eine halbe Stunde spÀter exlra-
anale Entwicklung der Knoten durch Ansaugung mit Bier'schen
SaugnÀpfen. Injektionen in die Kuppen sÀmtlicher Knoten, wobei
die KanĂŒlenspitze zur Vermeidung von Nekrosen und Eiterungen
keine Spur von Alkohol enthalten darf. Rasche Reposition 'Ii i
Knoten mit flĂŒssigem Paraffin, Bettruhe, flĂŒssige Kost, ev. Opium.
Am 4. â 5. Tage Oeleinlauf und Magnesia oder Bitterwasser. Nach
dem ersten Stuhl fĂŒr einige Stunden Verlassen des Bettes, am
7. â 8. Tage erster Spaziergang. Bei Blutungen infolge Ansaugens
einige Tage vor der Injektion wiederholte Rektaleinspritzungen
von 10 ccm Calc. chlorat. cristall. 10:200. Knotenprolaps, Ein-
klemmungscrscheinungen und inlraanale Knoten indizieren
ebenso wie Blutungen radikale Behandlung.
* Das Wesen und die physikal. Behandlung des Muskelrhcu-
matismus. Eine prÀzise Definition des Muskelrheumatismus ist
sehr schwer zu geben; Schmidt spricht von einer Neuralgie der
sensiblen Muskelnerven, die er â bei prĂ€disponierender Ursache
der ErkĂ€ltung â auf Infektion zurĂŒckfĂŒhrt und in die hinteren
Wurzeln verlegt. Goldscheider hebt als gemeinsames Symptom
verschiedener peripherischer ReizzustÀnde, bedingt durch allge-
meine oder örtliche KÀlteschÀdigung oder durch konsekutive In-
fektion, die Myalgie hervor. Bittorf fand als objektives Zeichen
Eosinophilie des Rheumalikerblutes.
Als Ursache werden ErkÀltungen, SchwÀchezustÀnde, Ueber-
anstrengungen und verschiedene Erkrankungen angefĂŒhrt.
Die Behandlung soll womöglich ursÀchlich sein. Bei allge-
meiner Anwendung empfiehlt T. trockene Hitze im Kaslenbad, bei
örtlicher feuchte WÀrme; letztere bei Lumbago und Torticollis
als Dampf dusche mit Massage. Daneben unter UmstÀnden: Blau-
licht, Fango- und MoorumschlÀge, Diathermie, schottische Wasser-
duschen und Faradisation.
Behandlung von akuten FingerentzĂŒndungen. Bei oberflĂ€ch-
lichen EntzĂŒndungen in LokalanĂ€sthesie oder Bausch Einschnitt
an der Stelle gröĂter Druckschmerzhaftigkeit, bzw. Erweichung,
Ruhigstellung, feuchter Verband, SeifenlaugenbÀder.
Bei tiefsitzenden, volaren Prozessen zunÀchst kleine mediane
Inzision, bei Erfolglosigkeit baldigst seitliche Schnitte nach Klapp
und Bier'sche Stauung. Ein"allfÀlliger Sequester ist nach völliger
Lösung mit Schonung der Sehne und der Knochenhaut durch seit-
liche Inzision zu entfernen. Bei Gelenkspanaritien frĂŒhzeitige
Kapselspaltung. Hauptziel der Behandlung ist Erhaltung der
Sehne. Wichtig ist Offenhalten der Einschnitte. H. rĂ€t zu SpĂŒ-
lungen mit Hydrogen. peroxyd. und warnt vor Sublimat, Jodoform
usw. Bei mazerierter Haut weiche Zinkpaste, sonst keine Salben-
verbĂ€nde. Schon bei Abklingen der EntzĂŒndung aktive und passive
Bewegungen. Aehnlich sind die weniger gefÀhrlichen dorsalen
Prozesse zu behandeln. Hohlhand- und Vorderarmphlegmonen
sind dem Chirurgen zu ĂŒberweisen. Low (Döberitz).
MĂŒnchener Medizinische Wochenschrift.
2. Juni 1922, 69, Nr. 22.
KĂŒnstliche ein- und doppelseitige LĂ€hmung des Zwerchfells. Krön. 807.
Vorbeugende Salvarsanbehandlung. S c h ö n f e 1 (1. 811.
Tntravenij.se Mentliol-Eukalyptol-In.jektioncn bei Tuberkulose und der Ein-
fluà intravenöser Oelinjektionen auf das Lungengewebe. Fischer. 814.
FamĂŒiengesehiohtliche Erhebungen in Kreisen gelernter Industriearbeiter
Mittelfrankeus. W eichardt und Steinbacher. 816.
SchnrttfĂŒhrungen in der struktiven Chirurgie. Esser. 818.
Der Kropf im SĂ€uglingsalter. Hamburger. 819.
DarmzerreiĂung durch eigenhĂ€ndige Reposition eines freien Leistenbruches.
Hilgenrcincr. 820.
Ein neues direkt zeigendes und registrierendes RöntgenstrahleinmeĂgerĂ€t
(Siemens-Röntgon-Dosismesser.) J a e g e r. , 821.
Verbreitung der Lungentuberkuloseinfektion auf dem Lande. S a n d r o c k.
824.
Erfahrungen mit der Kiellandsehen Zange. S À n g e r. 824.
Wiener klinische Wochenschrift.
4. Mai 1922, Nr. 18.
Die Spaltlampenmikroskopie und die Augenspiegelunteirsuchung im roten
Licht. L auber, H. 407.
Zur Pathogenese der Lebcrcirrhose. (SchluĂ.) Clivostck. 408.
Intrauterine KcimliugsschÀdigung. Greil, A. 412.
Aas den neuesten Zeitschriften
40. Jahrgang â Nr. 41/42.
«HJeber das Verhalten des Blutzuckers nach Einnahrae von Galaktose.
Kahler, H. und Machold, K. 414.
«frBlutverÀnderungein bei Stenosen der oberen Luftwege. K r a à n i g, M. 417.
Praktische Erfahrungen ĂŒber die Bedeutung der kolloidalen Benzoeharz-
reaktiou im Liquor cerebrospinalis. M r a s , P. 417.
Fleckfiebergeiahr. E e d e r , J. 418.
Ueber das Verhalten des Blutzuckers nach Einnahme von
Galaktose. Nach Einnahme von 40 g Galaktose stieg der Blut-
zuckergehalt bei gesunden Individuen um höchstens 0,03 %, bei
Morbus Basedowi bis zu 0,08 % Differenz, ebenso bei Nieren-
orkrankungen. Bei Leberkrankheiten, besonders Cirrhosen, Hepa-
titis luetica und malignen Tumoren wurde gegenĂŒber dem
NĂŒchternwert eine Differenz von 0,05 â 0,12 % festgestellt. Die
Blutuntersuchung hat bei Lebererkrankungen viel hÀufiger ein
positives Ergebnis als die Harnuntersuchung. Das Ausbleiben
pathologischer Galaktosurie- bei bestehender hochgradiger âGalak-
tosaemie" dĂŒrfte durch eine Funktionsstörung der Niere zu er-
klÀren sein. Pathologische Galaktosurie ohne stark erhöhten
Blutzucker wert, findet man dort, wo keine ausgesprochene Leber-
schĂ€digung, sondern nur eine geringfĂŒgige konstitutionelle Ano-
malie der Leberfunktion anzunehmen ist.
BlutverÀnderungen bei Stenosen der oberen Luftwege. Bei
6 FÀllen verschiedener, lÀngere Zeit bereits bestehender Stenosen
wurde ausnahmslos eine Erhöhung der Erythrozytenzahl gefunden
Die Ursache dĂŒrfte in der verminderten O- Aufnahme liegen; viel-
leicht haben wir in diesen AnpassungsvorgÀngen eine Art Selbst-
hilfe der Natur zu erblicken. R e u Ă (Wien).
11. Mai 1922, Nr. 19.
Die Tuberkulose des Aligses. D i in m e r , F. 431.
Ueber Urochromogenausseheidung bei Frauenkrankheiten. K 1 ai t e u . E.
435.
Ueber die Einwirkung einiger Diuretica auf das Fibrinogen. Kollert, V.
und Starlinger, W. 439.
âŠâŠâŠDie Behandlung der Myoklonien und des Parkinsonschen Symptomen-
komplexes nach Encephalitis epidemica mit intravenösen Injektionen
von eigener LumbaiflĂŒssigkeit. P i t i c a r i n , J. 441.
Zur Arbeit von Saxl u. Sehen: Ueber Ausscheidung von Farbstoffen durch
den Magensaft und die Galle. R o s e n t h & 1 / F. und v. F a I U <âą n-
hausen, M. 442.
Bemerkungen zu den AusfĂŒhrungen von F. Rosenthal und M. Freih. v.
Falkenhausen. Saxl. P. und Schorf, D. 444.
Die Behandlung der Myoklonien und des Parkinsonschen
Symptomenkomplex nach Encephalitis epidemica mit intravenösen
Injektionen von eigener LumbaiflĂŒssigkeit. 10 cm! mit Rekord-
spritze extrahierter LumbaiflĂŒssigkeit werden unverzĂŒglich in die
Kubitalvene injiziert. Wiederholung nach je 5 â 7 Tagen, 4 â 7 In-
jektionen. Gute Erfolge; bedeutende Besserung meist schon nach
der 1. Injektion. R e u Ă (Wien).
18. Mai 1922, Nr. 20.
Die Proteinkörpertherapie und Vakzinebehandlung. Bussen. B. 451.
Arsenwirkung, Arsengewöhnung und Aesenvergiftung. Uli ra a n n . K. i.v,.
Ueber die Erzeugung von inapparenten zu aktiver ImmunitĂ€t fĂŒhrenden
immunisierten Meerschweinchen.
Miriuu. B r u -
Fleckfieberinfektionen heil passiv
Weil, E. und Brcinl, F.
âąJttJeiber die Behandlung gonorrhoischer Komplikationen mit
n a u e r , St. R. 459.
<$*Ein prophylaktischer Kunstfehler. Stein, L. 461.
Das Ionometer. Christiansen, J. 461.
Ueber die Behandlung gonorrhoischer Komplikationen mit
Mirion. Die Behandlung mit intramuskulÀren Mirioninjektionen
ist bei subakuten FĂ€llen indiziert, bei ganz frischen FĂ€llen kon-
traindiziert, bei ganz veralteten ohne Erfolg. Es wird empfohlen,
akute FĂ€lle einer kurzen antiphlogistischen Lokalbehandlung und
dann einer Vakzinetherapie zuzufĂŒhren, welcher mehrere Mirion-
injektionen von 5 cm3 Mirion nachgeschickt werden.
Ein prophylaktischer Kunstfehler. Bei einem 3 jÀhrigen Kinde
wurde gegen das Stottern von einem Arzt empfohlen, die fehler-
haft ausgesprochenen SĂ€tze so lange wiederholen zu lassen, bis
sie richtig ausgesprochen wĂŒrden. Dieses durchaus kontra-
indizierte Verfahren fĂŒhrt dazu, daĂ das klonische Stottern nach
kurzer Zeit deutlichen Tonus aufwies, wie er sonst erst nacli
Jahren eintritt. Man soll sich einem stotternden Kind gegenĂŒber
eines langsamen Sprechtempos befleiĂigen; jede wie immer ge
artete Korrektur ist zu vermeiden.
ReuĂ (Wien).
Zentralblatt fĂŒr innere Medizin.
20. Mai 1922, Nr. 20.
^âșDie Adrenalinblutdrucksreaktion bei Hypertonisteu. K y 1 i n , E. 329.
Die Adrenalinblutdrucksreaktion bei Hypertonisten. Fort-
setzung der Unter suchiungen, wie sie in Nr. 22, 1921 desselben
Zentralblattes besprochen. Verfasser fand, daĂ bei Patienten, die
an benigner Nephrosklerose leiden, sich eine paradoxe Adre-
nalinreaktion und Ausbleiben der sonst ĂŒblichen subjektiven
Beschwerden ergab. W e r n. H. Becker.
Monatschrift fĂŒr Fsychiatrie und Neurologie, Berlin.
MĂ€rz 1922, 51, Heft 3.
âZur Kenntnis der LagegefĂŒhlsstörungen an der Hand bei der Zerebralen
Hemiplegie. Redlich, E. 125.
SehuĂverletzungen der peripheren Nerven. K r a m e r , F. 129.
Hydranenzephalie. P a g e 1 , W. 161.
Pathologisch-anatomischer Befund des Falles von Beitrag zur Lokalisation
der bilateralen Apraxie, der Gesichts- und Spreehmuskulatur auf Grund
eines lÀngere Zeit hindurch beobachteten Falles. Stanojevic, L. 188.1
Zur Kenntnis der LagegefĂŒhlsstörungen an der Hand bei der
zerebralen Hemiplegie. Bei Hemiplegien können LagegefĂŒhls-
slörungen an der Hand bestehen, die erst nachweisbar sind, wenn
man die Hand auf die RĂŒckseite des Körpers bringt, die aber bei
der gewöhnlichen Haltung der Hand vor der Brust, auch wenn
die Augen geschlossen werden, nicht vorhanden sind. Es ist dies
so zu erklÀren, daà in Stellungen der Hand, die meist unter Kon-
trolle des Gesichtssinns stehen, das LagegefĂŒhl bei leichten Störun-
gen noch ausreicht, daĂ aber dort, wo diese Hilfe fehlt, schon
die leichteste Störung des LagegefĂŒhls einem deutlichen, nach-
weisbaren Defekt bedingt. W. Misch (Berlin .
Jahrbuch fĂŒr Kinderheilkunde, Berlin.
Mai 1922, 48. Heft 3/4.
Hauptpigment "hei Kindern und menschlichen Föten. G o n n e 1 1 a . 4L 123.
EiweiĂ-Verdauung beim SĂ€ugling. Heller, O. 129.
Untersuchungen ĂŒber die IntensitĂ€t der Herztöne im Kindesaltcr mit Hilfe
des BocKschen Differenthalstethos"kops. Kaulen, G. 141.
Die Stellung der Ruhr unter den ErnÀhrungsstörungen im Kindesalter. <
Piltz, G. 153.
Der EinfluĂ des Atropins auf die renale Wasser- und Knchsalzausscheidung '.
beim Kinde. S t o b o z i a n u , H. 176.
Die sympathische Darmneurose der SĂ€uglinge. S t a r g a r d t e r. 189.
Die regulatorische Dysfunktion des thermogenetischen Apparates hei miĂ-j
bildeten Neugeborenen. Mader, A. 195.
Das Vorexanthem bei Masern. Nöthen, F. S. 211.
Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
3. Juni 1922, 4<J, Nr. 22.
âąffVaricenbehandluHg. L o t h e i Ă e n. 77B.
^âąVerschluĂ der Duodenalfistel nach Magenresektion. Kelling. TT».
Arthrodese bei Gelenktuberkulose. NuĂbaum. 780.
RegenerationsfÀhigkeit des Colon ascendens. de Gironcoli. 782.
Spanbildung nach ATbee bei Spondylitis tuberculosa. G ö r r c s. 784.
<f»Singultus bei Harnretention. S c h o e n. 785.
Zur Varicenbchandlung. Verfasser empfiehlt das Verfahren
von Schiassi (Bologna): Die V. saphena wird dicht vor der Ein-,
mĂŒndung in die V. femoralis durch einen kleinen Schnitt frei-
gelegt, zwischen Klemmen durchtrennt und das proximale Endei
sofort' abgebunden. Zweiter Schnitt zur Freilegung der Saphena'
je nach Ausdehnung der Varicen am oberen Ende des Unter-'
schenkeis oder oberhalb der Knöchel. In das zentrale Ende
dieses tieferen Schnittes wird eine Lösung von Jod 1,0, Kai. jodat
1,1, Aqu. dest. 100,0 eingespritzt, bis sie am oberen Ende wieder
herauslÀuft. Dann wird oben und unten abgebunden. Einwick-
lung des Beins mit elastischer Binde. Heilung in etwa acht!
Tagen.
VerschluĂ der Duodenalfistel nach Magenresektion. 12 Tage
nach ausgedehnter Magenresektion wegen Carcinom trat eine
Duodenalfistel auf. Nachdem diese 6 Tage bestanden hatte und.
alle anderen ErnÀhrungsversuche gescheitert waren, legte Ver-
fasser eine Jejunumfisiel 1 m aboralwÀrts von der Flexura;
duodeno jejunalis an. Durch diese wurde Patient mit Tropf-
klistieren' ernÀhrt, die in der Hauptsache aus Mehlsuppe be-
standen und denen zur Verminderung der Pankreassekretion Na-,
triumkarbonat zugesetzt war. Nach 12 Tagen Heilung der
Duodenalfistel.
SingĂŒMus bei Harnretention infolge Prostatahypertrophie. Be
einem 80jÀhrigen Mann trat plötzlich aus voller Gesundheit ei
Ă€uĂerst heftiger Singultus auf, der zunĂ€chst durch keinerle
MaĂnahmen zu beheben war. Er schwand sofort nach Entleerung
der Blase durch Katheterismus (Prostatahypertrophie).
K. Wohlgemuth (Berlin).
10. Jahrgang â Nr. 41/42.
Ans den neuesten Zeitschriften
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
25. Mai 1922, 52, Nr. 21.
Behandlung der Ozaena mit submucĂŒsen P^iraifin-Injektioneu. Bau in -
KĂ€rtncr, Ch. 490.
Beitrag zur DifferentialdiaKiiosc der retiopharynjrealen GeschwĂŒlste. B ti c h-
m a n n , E. 492.
Ein Psammom des Siebbeins und der KeilbeinliĂŒlile. Eicken, t. 405.
Behandlung der l'hoanalatresie. Elmiger, U. 497.
Kongenitale Stenose dct Oesophagus. Frey. G. 498.
FĂŒnf Jahre Oto-Rhino-Chirurgio im Salemspital. Haag, H. 498.
Knoelienbildunjr am GerĂŒst der Nase, mit fast völligem VerschluĂ der Nasen-
höhlen als SpÀtfolge der Lues. H o p m a n n , E. 604.
Diagnose und Therapie der Zenker'schen Oesophagus resp. Hypopharrni^
divertikel. H u g , Th. 505.
Die primĂ€ren bösartigen GeschwĂŒlste des Mittelohres. J u n o d , A. 510.
Wirkung der SÀuren als örtliche Aetzmittel. Mayer, K. 514.
Kasuistik. der Brouchoskopie. Minder, E. 515.
Intranasale Encephalocclen. Nager, F. R. 516.
Fremdkörper der Speiseröhre, diagnostiziert und eutfernt mit Hilfe der Oeto-
phagoskopie. Oppikofer, E: 519.
AurikulÀrci Komplikationen bei einer Grippe-Epidemie. Röeh, M. E. »18.
Ueber Struma maligna oesophagi et tracheae. Ruppanner, E. 533.
Die Diagnose des Empyems der Warzenzellen (Mastoiditis) und ĂŒber die sog.
genuine (primÀre) und sekundÀre Otitis media. Schlittler, E. 535.
Casuistischer Beitrag zum plastischen Wiederaufbau dei Laryngotrncheal-
rohrs. Schmidt, Ch. 539.
Zur Tamponade der Nase. Schmidt, Ch. 540.
Die Nasenrachenfibrome. S t u d e r , W. 541.
Ueber Vagus-Facialis- und Acustieus- Verletzungen. Ulrich. K. 545.
Revue M^dicale de la Suisse Romande, Laueanne-Genf.
r Mai 1922, 42, Nr. 5.
^Klassifikation und Thera.pic des Diabetes mellitus. L a b b 6. J7S.
4"Epileps'e und ihre Behandlung. Machon, F. 283.
«^Funktionsstörung der Leber und die Salicylatprolie. Roch, M. 291.
Driisenerkfankung syphilitischen Ursprungs. Golay. J. 296.
Elektrolvt!sche Behandlung (Tontophorese) in der Ophthalmologie. F i-e 1 1 a,
* P. »98.
Klassifikation und Therapie des Diabetes mellitus. Auf Grund
einer phvsiopathologischen Untersuchungen teilt Verf. den DiÀ-
tstes in 2 Gruppen ein: 1. Diabetes ohne Acidosis mit reiner
llörung des Kohlehydratstoffwechsels, 2. Diabetes mit Acidosis,
vobei auch der EiweiĂ- und Fettstoffwechsel mit gestört sind.
Kirch den Toleranzsrad miĂt man die GröĂe der glvkoregulatori
chen Störung. Derselbe hÀlt sich bei ein und demselben Patienten
nonate- ja selbst jahrelang auf der gleichen Höhe, kann aber durch
ntercurrente Krankheiten, besonders, wenn solche die Leber an-
keifen, vorĂŒbergehend oder auch dauernd herabgesetzt werden.
Seim Diabetes mit Azetonbildung betrÀgt die ausgeschiedene
'uckermenee tÀglich mehrere hundert Gramm, bisweilen sogar
«ehr als 1000 g, sie schwankt je nach der Menge der zugefĂŒhrten
[ohlehydrale, ist aber immer gröĂer als dieselbe. In diesen FĂ€llen
lat der Körper völlig die FÀhigkeit verloren, die Kohlehydrate
ler Nahrung und der eigenen Gewebe zu verbrennen; hier erreicht
lie glykogene Störung ihr Maximum.
Die benigne Form des Diabetes zeigt sich bei Fettleibigen als
â "olge jahrelanger UeberernĂ€hrung; HyperglykĂ€mie und Glykos-
rie sind bei ihnen reduzierbar. Die schwere Form ist bisweilen
ereditĂ€r, entwickelt sich in successiven SchĂŒben und treibt rasch
inem verhÀngnisvollen Ende zu. Zur Störung: des Kohlehvdral-
toffwechsels gesellt sich eine solche des Fett- und EiweiĂstoff-
vechsels und ein Zustand von Acidosis. Die diÀtetische Behand-
ung ist die einzig wirksame, wobei aber jeder Fall streng zu indi-
idualisieren ist. Die EinschrĂ€nkung der Kohlehydrate gilt fĂŒr
franke mit wenig ausgeprÀgter Acidosis. Milchkuren geben gute
iesultate bei vorĂŒbergehenden Acidosen. vermehren aber die
rlykosurie. Dasselbe tun die Kartoffelkuren. Die von Noorden
mpfohlene Haferkur leistet zuweilen gute Dienste bei den vom
!oma bedrohten Patienten. GemĂŒsekuren alkalisieren den
)rganismus und befriedigen in Mengen von 12 â 1500 g pro Tag
en Appetit; man kann sie durch Feltbeigaben verstÀrken oder
Ich durch geringe Beigaben von Eiern, KĂ€se, Milch ein bischen
tickstoff reicher machen; jedenfalls sind sie eine ausgezeichnete
irundlage fĂŒr eine DiĂ€t. VorĂŒbergehende Hungerkuren können
if Patienten^ die von Corha bedroht sind, einen guten EibfluĂ
aben; zu hantige Wiederholung schadet. Auf die diÀtetische Be-
andlung reagieren nicht nur Erwachsene, sondern auch Kindel',
bwolil der jugendliche Diabetes doch) in so schlechtem Ansehe, i
teht. Den Optimismus amerikanischer Autoren, welche an die
(öglichkeil einer' völligen Heilung glauben, teilt Verfasser nicht,
fach dem heutigen Stand unserer Kenntnisse können wir hoch-
tens die Schwere der Erkrankung mildern.
Beitrag zur Epilepsiebehandlung, Aul der Suche nach einer
Behandlungsart, die der Bromthcrapio ĂŒberlegen ist, wandte Verf.
bei einer Reihe von Epileptikern Kaliumboricumtartrat an. Be-
vorzugt waren jene Kranken, die trotz jahrelanger Broinbehand
hing unvermindert viel AnfÀlle aufwiesen. Leider sah er die
Hoffnungen, die er, durch frz. Autoren angeregt, auf dieses Medi-
kament gesetzt halte, nicht erfĂŒllt. Dagegen erzielte Verf. einen
RĂŒckgang der nervösen Symptome, wenn er bei bestehender
HyperaciditÀt ein Alkali, vorzugsweise Natriumeitrat gab. Fan-
den sich neben der HyperaciditÀt auch anormale Mengen Aceton,
flĂŒchtige FettsĂ€uren und Ammoniak, sa wurde die Menge der zu-
gefĂŒhrten Fette gekĂŒrzt, Schokolade und Eier aus dein DiĂ€tzettel
gestrichen. Die Acidosis, die sich bei der AcelonÀmie des jugend-
lichen Alters feststellen lĂ€Ăt, wird auch bei der kindlichen Spas-
mophilie angetroffen, ebenso bei einer Beihe nervöser ZustÀnde
im Gefolge von Schwangerschaft, Infektionskrankheiten, Syphilis,
Diabetes, kurzum bei allen jenen Erkrankungen, bei denen die
Nierenfunktion insufficient wird. Der wohltĂ€tige EinfluĂ, den die
ZufĂŒhrung von Alkalien in den genannten FĂ€llen ausĂŒbt, erklĂ€rt
zugleich die guten Besultate gewisser Mineralwasserkuren.
Klinische Erfahrung hat schon lange zu der Ueherzeugung gefĂŒhrt,
daĂ die sogenannte essentielle Epilepsie keine Einheit ist, sondern
nach Aetiologie, Entwicklung und oft auch nach Symptomatologie
recht verschieden. Neben Epilepsien traumatischen Ursprungs
gibt es solche auf Grund von LÀsionen nervöser Zentren im Ge-
folge von Syphilis, Scharlach, Typhus usw., d. h. LĂ€sionen entzĂŒnd-
licher Natur, deren Entwicklung oft noch begĂŒnstigt wird durch
gewisse angeborene MiĂbildungen oder durch AlkoholhereditĂ€t,
die gerade bei der Epilepsie eine wichtige Rolle spielt. Unter
dem EinfluĂ von Giften, die im Organismus kreisen, kommt es
zu Krisen, wobei die Wirkung auf die Nervenzellen wesentlich
abhÀngt vom Fehlen oder Vorhandensein gewisser chemischer
Substanzen. Die Manifestationen der Epilepsie setzen fast immer
vor dem 20. Lebensjahr ein, d. h. zu einer Zeit, wo die DrĂŒsen
mit innerer Sekretion auf der Höhe ihrer TÀtigkeit stehen. Es
besteht die Meinung, daà unter dem Einfluà von Störungen endo-
kriner DrĂŒsen der gesamte Stoffwechsel leidet, toxische Abfall-
stoffe sich ansammeln, deren Folgeerscheinung dann die Epilepsie
ist. Diese Auffassung gewinnt sehr an BealitÀt, wenn man be-
obachtet, daĂ ĂŒbererregte Kranke in einem Zustand verharren,
der jeder Behandlung trotzt ĂŒnd dann durch eine Krise in zauber-
haft schneller Weise davon befreit werden. Diese Àngstlich er-
wartete Krise stellt sich als eine wohltÀtige Entladung dar, eine
Art katalytische Wirkung, deren Mechanismus wir hoffentlich
noch einmal aufdecken werden.
Bei der Behandlung von Anstaltskranken sind folgende Fak-
toren von groĂer Wichtigkeit: die Trennung von der Familie,
die Anstaltsdisziplin, die Erziehung zur Arbeit, eine Art von
Massensuggestion, der wohltÀtige Einfluà der persönlichen
Leitung, die frugale wohl abgemessene DiÀt. Es sind besonders
die Hystero-Epileptiker, die auf diese Faktoren gut ansprechen.
Was bisher mit der medikamentösen Beeinflussung der Enilepsie
geleistet wurde, ist und bleibt symptomatisch; daher bleibt die
Forderung bestehen, dasjenige herauszusuchen, was sich gegen die
Ursachen des Uebels richtet. Davon sind wir bisher noch entfernt.
Das Problem der Leberinsufficienz und die Salicylatprobe.
Die Hauplfunktionen der Leber sind folgende: 1. die gallen-
erzeugende, 2. die glykogenetische, 3. die proteolytische, 4. die zir-
kulatorische. Als weniger wichtig kann man beiseite lassen: die
thermogenetische Funktion, die Wirkung auf den Schwefel-Eisen-
Fettumsatz, die Fibrinogenbildunff, die HĂ€matolvse und die HĂ€ma-
topoese, die Abwehr von Infektionen usw. Bemerkenswert ist,
daĂ trotz der vielseitigen Arbeiten, die sie verrichtet, die Leber-
zelle physiologisch wenig differenziert ist. Hat die Leberinsuffi-
cienz einen betrÀchtlichen Grad erreicht, so tritt dem Arzt jenes
bekannte Krankheitsbild des Ikterus gravis entgegen. Die Be-
handlungsmöglichkeiten sind dann gleich Null, die Prognose
Ă€uĂerst schlecht, die Diagnose zwar leicht, aber ohne groĂes prak-
tisches Interesse. Viel wichtiger wÀre es, die Leberinsufficienz
in ihrem Beginn zu erkennen. Viele FunktionsprĂŒfungen, die den
Anspruch erheben, sich mit der Leber' ausschlieĂlich zu befassen,
leiden darunter, daĂ die Leber eingeschaltet ist zwischen dem
Verdauungstrakt, der absorbiert, und der Niere, welche aus-
scheidet. Der Verf. hat eine Substanz gefunden, die bei groĂer
Einfachheit der Anwendung und völliger UnschÀdlichkeit doch
brauchbare Besultate geliefert hat. Er geht dabei folgender- -
maĂen vor: Eine Stunde nach dem* 1. FrĂŒhstĂŒck fĂŒhrt er 0,04 g
salizylsaures Natron ein und prĂŒft den zwischen 9â11 Uhr und
610
Aas den neuesten Zeitschriften
40. Jahrgang â Nr. 41 42;
den von 11â3 Uhr gelassenen Urin. Der Urin wird tropfenweise
einer einprozenligen Eisenperchlorirlösung zugesetzt. Eine vio-
lette Farbwolke, die sich beim Kontakt der beiden FlĂŒssigkeiten
bildet, zeigt den positiven Ausfall an. Eine normale Leber ist
imstande, die Gesamtmenge des Salicylats zurĂŒckzuhalten oder
mir so kleine Mengen durchzulassen, daĂ sie die Farbreaktion
nicht beeinflussen. Erkrankte Lebern lassen soviel von der
eingefĂŒhrten Substanz passieren, daĂ die Farbreaktion im Urin
bald deutlich wird. Held (Berlin).
Ugeskrift for Laeger.
20. April 1922, Nr. 16.
Zwei FĂ€lle von Gastritis chronica gravis bei Operation verifioiert.
BorbjÀrg, Axel.
âRöntgentherapie hei Mb. Basedowii (SchluĂ). Fischer, I F.
Röntgentherapie bei Mb. Basedowii. Der Verfasser hat im
ganzen ca. 500, sowohl schwere als leichtere FĂ€lle von Mb. Base-
dowii, mit Röntgenstrahlen in Serien behandelt. In 4/s der FÀlle
ist entweder ein vollstÀndiger Wegfall aller Symptome oder eine
langdauernde Besserung konstatiert. In keinem Fall Ver-
schlimmerung. Die Tachycardie wird im allgemeinen am wenig-
sten von der Röntgenbehandlung beeinfluĂt.
27. April 1922, Nr. 17.
Untersuchungen ĂŒber CholelithiasLS. Hansen, S v e n d.
4. Mai 1922, Nr. 18.
Studien ĂŒber Tuberkulosekost. Hindhede, M.
Methode zu Microchlorbestimmung in Blut. I v e r s e n Povl und
Schierbeck, N. J.
11. Mai 1922, Nr. 19.
âUeber das VerhĂ€ltnis zwischen der Form des Thorax und Form und Lage
des Magens. FĂ€he r , K n u d.
Ueber das VerhÀltnis zwischen der Form des Thorax und der
Form und Lage des Magens. Zur Beurteilung der Thorax-Form
. a >. 100
ist ein neuer Indexe (der epi^astrische Index) r ange-
geben; b ist der LĂ€ngen- Abstand zwischen dem untersten Rand
des Proc ensiformis und dem Umbilicus; a ist der Abstand
zwischen den zwei Kurvaturen an einer Querlinie durch den
Mittelpunkt von b gemessen. Bei Röntgenuntersuchungen wird ge-
zeigt, daĂ Form u. Lage des Magens im wesentlichen Grad bei
MĂ€nnern und bei Frauen, die nicht geboren haben, von der Form
und den Demissionen des Thorax und der daraus folgenden Form
des Bauches bestimmt werden. Mit groĂer Thoraxweite und
groĂem epigastrischem Index folgt ein kurzer und hochliegender
Magen; mit schmalem Thorax und kleinem epigastrischem Index
folgt eine lange Magenform, die tief in den Bauch reicht. Bei
Frauen, die geboren haben, macht sich ein anderer Àtiologischer,
ein rein exogener, ⹠oft sehr dominierender Faktor geltend, nÀm-
lich der Mangel an der UnterstĂŒtzung des Magens in der Bauch-
höhle wegen der Schlaffheit der Bauchdecke. Dieser Faktor
wird eine VerlÀngerung des Magens bewirken. In derselben
Weise können Abmagerung zur VerlÀngerung und starkes Zu-
nehmen des Fettpolsters zur VerkĂŒrzung und Heben des Magens
beitragen.
18. Mai 1922, Nr. 20.
Ein Respirationsapparat zur klinischen Bestimmung des menschlichen Ener-
gieumsatz. K r o g h . Arnold.
25. Mai 1922, Nr. 21.
Ueber die Schicksche Reaktion und aktive Immunisierung bei Diphtherie.
J.u u 1 , L. .
âKonstantes Verschwinden von orthotischer Albuminurie wĂ€hrend der Gra-
viditÀt. iS y 1 v e s t , E i n a r.
Konstantes Verschwinden von orthotiseher Albuminurie wÀh-
rend der GraviditĂ€t. WĂ€hrend 3 GraviditĂ€ten vom 19. â 27. Jahre
verschwand das Albumen im Harn, aber es zeigte sich gleich
wieder nach der Geburt. Die Albuminurie, die zum 1. Mal kon-
statiert war als die Patienten 10 Jahre alt war, war immer vom
orthotischen Typus. Pool Hertz (Kopenhagen).
El siglo medico, 'Madrid.
20. Mai 1922, 69. Nr. 3571.
Die praktische AusnĂŒtzung der Streustrahlung in der Tiefenthe'iapie.
R a t e r a. 537.
Paraplegie nach Grippe, hervorgerufen durch umschriebene seröse Menin-
gitis. Lafora, G. R. r.10.
âDie einsilbige Antwort als Symptom der Paralyse. Montesino, V. D. 542.
Die Injektion von sterilisierter Milch in der Therapie. Marin Amat,
M. 542.
GegenwÀrtiger Stand der Lehre von der inneren Sekretion. M a r a ii o n Y
P o s a d i 1 1 o . D. G. 545.
Die einsilbige Antwort als Symptom der Paralyse. Verfasserl
macht darauf aufmerksam, daĂ als FrĂŒhsymptom der Paralys«
oft auf Fragen, die mit einer Bejahung oder einer Verneinung!
beantwortet werden mĂŒssen, mit einem einfachen ja oder nein ge>l
antwortet wird (im spanischen si oder no) anstatt, wie es alli
gemein bei allen StĂ€nden ĂŒblich ist: Ja, Herr resp. nein, Herr (Sa
.seĂŒor resp. No senor). Lurje. |
27. Mai 1922, 69, Nr. 3572.
Cajal, seine Persönlichkeit, Ăein Werk, seine Schule. Cortezo, C. M. 562^
âDie Autovaccine bei der Kataraktoperation. Catresana, B. 565.
Die praktische Ausnutzung der Streustrahlung in der Tiefcntherapiâą
Eatera. 568.
Di« Injektion von sterilisierter Milch in der Therapie. Marin Amat, ifl
571.
âParaplegie nach Grippe, hervorgerufen durch umschriebene seröse MeninJB
gitis. Lafora, G. R. 572.
GegenwÀrtiger Stand der Lehre von der innereai Sekretion. Maratio n4
P o s a d i 1 1 o , D. G. 574.
Die Autovaccine bei der Kataraktoperation. Verfasser be-S
richtet ĂŒber 25 FĂ€lle von Kataraktoperationen, bei denen er zur
VerhĂŒtung von Infektionen und nachfolgender Panophthalmitial
eine Behandlung mit Autovaccine anwandte. Es waren dies alles
FÀlle, bei denen schon lÀnger eine Conjunktivitis bestand und in
dem Sekret Streptokokken, Pneumokokken usw. gefunden wuri
den. Die Behandlung bestand darin, daĂ eine Autovaccine her-1
gestellt wurde; dann erfolgten 7 Injektionen subkutan; zuersfl
0,5 cem (50 Millionen Keime) die nĂ€chsten Male um 2 â 3 Teilstriche^
steigend, in AbstĂ€nden von 2 â 3 Tagen. Unmittelbar im AnsehluĂr
an die 7. Injektion wurde operiert. Der Erfolg war, daĂ miĂ
Ausnahme von 2 FĂ€llen â die allerdings auch nicht nach diese»
Vorschrift behandelt waren und bei denen eine leichte EntzĂŒn-
dung eintrat â alle reaktionslos heilten.
Paraplegie nach Grippe hervorgerufen durch umschriebene
seröse Meningitis. Frau von 35 Jahren erkrankt im Februar 192(8
an Gripp«. Beim Aufstehen aus dem Bette kann sie nur mit Hilfet
eines Stockes gehen; auch verspĂŒrte sie eine HyperĂ€sthesie des!
unteren Teiles des Rumpfes und der Beine. Die SchwÀche in den
Beinen nahm zu, so daà sie von April 1920 an nicht mehr laufe»
konnte. Dann machte sich auch Urinretention bemerkbar. Sie
bekam ParĂ€sthesien in den Beinen und den FuĂsohlen und da«
linke Bein schwoll an. Sie hatte starke Schmerzen in der Regio*
lumbosacralis, dagegen keine in den Beinen. Im MĂ€rz 1921 kam-"
sie zur Behandlung.
Die neurologische Untersuchung ergab: gesteigerte PatellarS
reflexe, besonders links, ebenso gesteigerte Achillessehnenreflexei
FuĂklonus links. Keine pathologischen GroĂzehen- und FuĂ^«
sohlenreflexe, HyperÀsthesie, entsprechend den Wurzeln dors."
12, lumb. 1-3, sacr. 4 und 5. Keine Dissoziation der SensibilitÀt^
Lumbalpunktion, bei der 20 cem Liquor abgelassen wurden.^
13 Tage spÀter hatten die Schmerzen sehr nachgelassen, Patellar-*
reflex rechts normal, links nur noch wenig gesteigert. Die hypeng
Ă€sthetischen Zonen sind kleiner geworden. Die Kranke kann|
etwas das linke Bein bewegen. 5 Tage spÀter erneute Punktion:
es wurden 15 cem Liquor abgelassen. 10 Tage spÀter: normal^
SensibilitÀt. Urinretention verschwunden. Bewegung der Beine?
besser, linker Patellarreflex noch etwas gesteigert. Einige Tage
spÀter fÀngt Patientin an zu gehen; im August 1921 völlig wieder^
hergestellt. Verfasser schreibt die Heilung der Lumbalpunktion
zu. Lurje.
Archivos Esparioles de Pediatria, Madrid.
MĂ€rz 1922, 6, Nr. 3.
âEncephalitis epidemica und jugendliche Chorea. A 1 f a r o , G. A. 130.
Hypernephrom bei einem Kinde. Juaristi und Airaiza. 142.
Toleranz des Kindes gegen Suprarenin. S o 1 e r , B. 147.
Encephalitis epidemica und jugendliche Chorea. Zu den FĂ€l-
len von Encephalitis sind auch die sporadisch auftretenden FĂ€lle:
von Chorea electrica, Chorea Dubini und von der konvulsiveâą
Form des Gehirntyphus zu rechnen. Weiter auch die fieberhaften!
FÀlle von Chorea. Die Chorea von Sydenham ist eine leicht«
Encephalitis mit der Hauptbeteiligung des Corpus striatum.
Lurje.
II Policlinico, Rom, Sezione Pratica.
24. April 1922, 29, Nr. 17.
Ueber den EiweiĂabbau in der ZerebrospjnalflĂŒssigkeit. A i e 1 1 o , G. 037.
Teno-Synovial-Zysten und Tuberkulose. Antongiovanni, G. B. 5ĂŒM
âUeber einen schweren Fall von eitriger Gonokokkenarthritis. B a s i 1 i o , 5f«B
544.
40. Jahrgang â Nr. 41/42.
Aus den neuesten Zeitschriften
lieber einen schweren Fnll von eitrigem <*onoknkkcnrlieuma-
tismus. Arthritis gonorrhoica des carpo-radial Gelenkes mit
schwei- eitrigem Verlauf, daran anschlieĂend septische Allge-
Uneininfcktion. Trotz AusrÀumung des Gelenks langdauernde
RĂŒckfĂ€lle und erst nach Monaten Heilung. Cordes (Berlin).
1. Mai 1922, 29, Nr. 18.
Dio auf Asthma beruhend«
der Kinder. S q u a r ti,
âŠUeber zwei Falle pleurigencr AsthmaanfĂ€lle
Pleuritis. Baccaranl, U. 060.
âŠSeltene .nervöse Begleiterscheinungen bei Malaria
G. 571.
Ueber zwei FÀlle pleurigener AsthmaanfÀlle. Dio auf
Asthma beruhende Pleuritis. Zwei heftige AsthmaanfÀlle im
AnschluĂ einer Probepunktion der Pleura wegen Pleuritisver-
dacht. Warnung der Vornahme einer solchen bei Asthmakranken.
Wenig bekannte nervöse Begleiterscheinungen bei Malaria
der Kinder. Die verschiedenen Formen der Malaria verschonen
Kinder jeglichen Alters nicht. Es zeigen sich dabei eklamptische
lind comatöse AnfÀlle, ebenso von den Meningen ausgehende Er-
scheinungen in Form des Meningismus, sowie der Meningitis.
»Verfasser belegt seine AusfĂŒhrungen mit FĂ€llen. Die Therapie
ist die gebrÀuchliche. Cordes (Berlin).
8. Mai 1922, 29, Nr. 19.
Die unspezifische Protointherapie in Praxis und Theorie. B e 1 f a n t i, S. 601.
Kasuistik der Patellarfrakturcn. Tessier, G. 609.
15. Mai 1922, 29, Nr. 20.
âŠDie unspezifische Proteintherapie in Praxis und Theorie. B e 1 f a n t i, S. 637.
Interne Behandlung hei LeberabszeĂ durch Amoeben. F a I z i , O. 648.
âŠVereinfachung und praktische Gestaltung der Indikanuntersuchung dos
Urins. S e b a s t i a n i , V. 653.
Die unspezifische Proteintherapie in Praxis und Theorie.
Die Proteine, hauptsÀchlich bakteriellen Ursprungs, sind vor-
treffliche Waffen in den HĂ€nden dessen, der sie zu gebrauchen
versteht. Sie genĂŒgen aber nicht immer den Anforderungen.
Es ist nötig zu wechseln, um dasjenige zu finden, das fĂŒr den
betreffenden Fall das nĂŒtzlichste und sich best bewĂ€hrende ist.
Eine Vereinfachung und praktische Gestaltung der Indikan-
untersuchung im Urin. SchlÀgt vor, an Stelle der reinen Salz-
sÀure die im Handel befindliche gewöhnliche zu verwerten, und
land bei deren Bewertung durchaus eindeutige Resultate.
Die SalzsÀure wurde vor Benutzung mit mindestens 2 pro
Mille pulverisierten Rost oder EisenspÀnen versetzt. In letzterem
Falle mĂŒssen mehrere Tage vor Anwendung des Reagens ver-
gehen. Man mischt V3 Urin mit % der Lösung und wartet 5 bis
10 Minuten und fĂŒgt alsdann 2â3 cem Chloroform unter
SchĂŒtteln zu. Nach der Waschung vor dem Eisenchlorid erscheint
das Chloroform blau oder violett. Cordes (Berlin).
La Clinica Pediatrica, Modena.
4, Nr. 1.
Osteosarkom des Wadenbeins. B e r g a m i n i , Mi l.
Statistisches ĂŒber Poliomyelitis anterior acuta in Italien.
11.
H i m o n i n i . 11.
Rivista Ospedaliera, Rom.
15. Februar 1922, 12, Nr. 3.
âŠEndocardltis lenta. Alessandri, C. 61.
..âŠIndikationen zur diagnostischen Cystoskopie. Pirondini, E. 59.
Ueber Endokarditis lenta. Im AnschluĂ an vier in der vorigen
Nummer veröffentlichte FÀlle bespricht der Autor zunÀchst die
Geschichte der Endokarditis im allgemeinen und geht dann auf
den Symptomenkomplex der Endokarditis lenta im besonderen
ein: Allgemeine vage Schmerzhaitigkeit in den Gelenken und in
der Muskulatur, rapid fortschreitende und schwere AnÀmie, an-
haltendes remittierendes oder intermittierendes Fieber ohne
SchĂŒttelfrost, teils spontan, teils auf Druck schmerzhafte Milz,
sahireiche Komplikationen (Embolien, Pleuritiden, Pneumonien,
Nephritiden) und die Anwesenheit des Streptokokkus viridans im
Blute.' Der Tod tritt nach einem bis zwei Jahren, oft schon
innerhalb von vier bis sechs Monaten ein. Ueber die spezifische
Bedeutung des SchotlmĂŒllerschen, Streptokokkus besteht noch
ceine Einigkeit, da es auch maligne Endoka rditiden von schleichen-
lem Verlaufe gibt, die durch andere Keime verursacht werden
cönnen. Alessandri schlĂ€gt deshalb fĂŒr alle FĂ€lle, in denen dieser
Vlikroorganismus mit Bestimmtheit nachgewiesen werden kann,
lie Bezeichnung vor: âEndokarditis maligna subacuta vom Slrep-
okokkus viridans."
Die DringUchkeitsindikationea der diagnostischen CystöBkopie.
Bei HĂ€maturien ohne sonst igen klinischen Befund, ohne mikro-
skopische Pyurie oder Zylindruric bilde! die Cystoskopie ein wert-
volles "diagnostisches Hilfsmittel. Freilich ist eine einwandfreie
Technik erforderlich und die Vermeidung diagnostischer InlĂŒmer.
So können Blutgerinnsel in der Harnblase dem UngeĂŒbten Ulzera-
tionen oder gar Tumoren vortÀuschen Bei der Kombination von
Cystoskopie mit Ureterenkalheterisnius ergeben sich die folgenden
fĂŒr die Beurteilung der HĂ€maturie entscheidenden Möglichkeiten:
1. Die Cystoskopie ist negativ, der Kalhelerismus beider Ure-
teren ergibt eine einseitige renale HĂ€maturie;
2. Die Cystoskopie ist negativ, und der Kalheterismus beider
Ureteren ergibt eine beiderseitige renale HĂ€maturie.
3. Die Cystoskopie ermittelt einen ausreichenden Grund fĂŒr
die HĂ€maturie.
4. Man sieht eine leichte HĂ€maturie aus der Halsgegend am
Cystoskop allein bei negativem Befund des Ureterenkatheterismus.
L. K a n n e r.
Paris niedicai.
6. Mai 1922, 12, Nr. 18.
Die ErnÀhruugskraukheiten 1922. Linossier u. Mourd. 361.
Der infantile Diabetes und seine Behandlung. L a b b e. 371.
Einige Bemerkungen ĂŒber die Behandlung des schweren Diabetes.
B 1 u in. 378.
Das Gleichgewicht in der DiÀt. Anwendung auf den Diabetes. B i e r r y
u, Eethcry. 381.
âŠKindliche Fettsucht und endokrine DrĂŒsen. Lereboullet. 386.
Kindliehe Fettsucht und endokrine DrĂŒsen. Der thyreogenen
und hypophyseogenen Fettsucht mit mangelhafter Genitalentwick-
lung . steht die epiphysĂ€re gegenĂŒber mit rapidem Wachs-
tum frĂŒhzeitiger abnormer Entwicklung der Genitalien und
Zunahme des Haarwuchses. Neben den Symptomen eines Hirn-
tumors kann dabei allerdings die Fettsucht vollkommen fehlen,
sie scheint sekundÀrer Natur zu sein, indem die Alteration der
ZirbeldrĂŒse auf den dritten Ventrikel und damit auf die darunter-
liegende Hypophyse ĂŒbergreift. Ebenso selten ist die adrenale
Fettsucht, die sich von den anderen lediglich durch frĂŒhzeitige
abnorme Genitalentwicklung und allgemeine Hypertrichose unter-
scheidet. Genitale Fettsucht: bei kleinen Knaben nach Mumps
oder als Folge der Syphilis und der Tuberkulose, wenn sich eine
bilaterale Atrophie des Hodens entwickelt oder nach zufÀlliger
oder freiwilliger Kastration, auch nach Kryptorchismus. HĂ€ufi-
ger bei MÀdchen in der NÀhe der PubertÀt, wenn die normal ein-
gesetzte Regel plötzlich ausbleibt. In fast all diesen FÀllen sind
stets mehrere innere DrĂŒsen beteiligt vielleicht manchmal unter
PrĂ€donĂŒnanz der Thyreoidea oder der Hypophyse. AuĂerdem
spielen noch andere Faktoren mit: exzessive ErnÀhrung, sitzende
Lebensweise, HereditÀt, dann toxische, infektiöse, so die Tuber-
kulose namentlich die chirurgische, die angeborene Syphilis. End-
lich spielt noch der nervöse Faktor mit. Die myxödematöse Idiotie
weist nach Brissaud auf das Gehirn hin als groĂes trophisches die
WachstumsphÀnomene dominierendes Zentrum. Dies kann auch
bei allen Hydrocephalen angezogen werden. Man weiĂ jedoch
noch wenig hierĂŒber. Hinsichtlich der Diagnose: die allgemeine
Fettsucht ist im Gegensatz zur endokrinen diffus, lĂ€Ăt HĂ€nde und
FĂŒĂe grazil, wĂ€hrend letztere mehr zirkumskript ist: subclavicu-
lÀre Pseudolipome mit Schmerzen, was allerdings auch bei der
diffusen Form vorkommen kann. Endokrinen Ursprungs ist auch
die Lipodystrophia progressiva (obere Körperpartie bleibt mager).
Sonst sind die einzelnen Erscheinungen von Seiten der einzelnen
DrĂŒsen zu berĂŒcksichtigen. Therapie: Opotherapie, daneben
J, P, spezifische Behandlung, wo nötig.
Am SchlĂŒsse.
Nach Clouet ist die Behandlung der Gicht leicht. Es genĂŒgt:
% Pfund GleichgĂŒltigkeit, ebensoviel EntschluĂ, davon mit dem
Saft Geduld eine Infusion. Kein ProzeĂ, viel Frohsinn, 2 Unzen
Geselligkeil mit 2 Drachmen Bewegung, keine Sorge, kein Neid,
S gute Gramm -Ergebenheit, keine neue Meinung. Das ganze
mischen und davon nach GutdĂŒnken morgens und abends mit einem
SchlĂŒckchen Wein, wirst Du damit dem Arzt ein Schnippchen
schlagen. v.Schnitzer.
Lyon Medical, Lyon.
25. MĂ€rz. 1922, 131, Nr. o.
âŠArthrodese der HĂŒtte bei chronischer nicht tuberkulosei- Arthritis. Du-
rand, M. 235.
612
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrgang â Nr. 41/42.
Die Arthrodese der HĂŒfte bei gewissen chronischen, nicht-
tuberkulösen Arthritiden. Gewisse chronische, nicht tuberkulöse
Arthritiden der HĂŒfte können infolge der auftretenden Schmer-
zen und der FunktionsuntĂŒchtigkeit, die sich danach einstellt, eine
operative Behandlung rechtfertigen. Wenn man entschlossen ist,
bei solchen Kranken die Befreiung von ihren ernsten Störungen
durch Ankylosierung zu erreichen, so kann man versuchen, diese
Ankylose durch Arthrodese zu bewirken. Verfasser hat dieses
Verfahren bei einem 55 jÀhrigen Manne angewandt, der seit
seinem 24. Lebensjahre durch eine chronische Arthritis in fort-
schreitendem MaĂe behindert wurde. Konservative Behandlung
hatte ihm keine Erleichterung gebracht; auch die Ruhelage
brachte die Schmerzen nicht zum Verschwinden. Das Resultat
der Arthrodese, deren Technik ausfĂŒhrlich beschrieben wird, wai-
in jeder Beziehung befriedigend: der Kranke ĂŒbt heute den Be-
ruf eines KohlentrÀgers aus. Held (Berlin).
10. April 1922, 131, Nr. 7.
Technik der »wei«*atig*n Prostatektomie. G a y e t , G. 181.
The British medical Journal, London.
6. Mai 1922, Nr. 3201.
Behandlung der Paralyse bei Kindern. Jones, R. 705.
EinfluĂ der Industrie auf die Gesundheit. G r e e n w o o d. 7Ă8.
âŠDer Wert der Vakzinbehandlung des Keuchhustens. Paterson, D., und
Smellie, J. Jf. 713.
Arteriovenöses Aneurysma, behandelt mit Unterbindung der linken A. subcla-
via. Noon, C. 714.
ron den Bergh's Gallenfarbstoffprobe. Me. Nee, J. W. 716.
âAetherextrakt von Erdbeeren bei der Spruebehandlung. C a s t e 1 1 a u i , A.
und Bowening, K. C. 718.
Hydrone'phrose durch aberrierende Art. renalis. B e v e r s , E. 0. 718.
Der Wert der Vakzinbehandlung des Keuchhustens. Verf.
haben eine Anzahl Kinder mit einem gemischten Vakzin aus
Keuchhusten und Pfeiffers Influenzabazillen und Pneumokokken
behandelt. Die Injektionen sind ziemlich schmerzhaft und der
Effekt so minimal, daĂ die Verf. empfehlen, diese Behandlung
nicht anzuwenden. Ohne Vakzin geht es ja gerade so gut.
Aetherextrakt von Erdbeeren bei der Spruebehandlung.
Frische Erdbeeren werden mit x/ân des Gewichtes absoluten Alko-
hols verrieben und filtriert; das Filtrat wird mit Aether wÀhrend
einigen Tagen extrahiert; der Aether wird in Vacuo ĂŒber P205
abgedampft und der Rest mit etwas StÀrke oder Laktose gemischt.
Man erhÀlt dann eine rote Masse, die intensiv nach Erdbeeren
riecht. In einigen FĂ€llen von Sprue hatte die Verabreichung die-
ser Masse einen guten Erfolg. Da aber noch ganz vereinzelte
FĂ€lle auf diesem Wege behandelt sind, betrachten Verf. ihren
Aufsatz als eine vorlÀufige Mitteilung. K o o p m an , Haag.
13. Mai 1922, Nr. 3202.
âŠDas Humoralsyndrom bei Gicht. Chauffard, A. 745.
Pyelographie. K i d d , T. 748.
Der EinfluĂ der Industrie auf die Gesundheit. G t e â â > \v o Ă d. 752.
Aneurysmen der Brustaorta. E r a n n i n g , J. 758.
Eine modifizierte Whiteheadsche HĂ€morrhoidenoperatiou. O ' C o n o r, J. 759.
Das Humoralsyndrom bei Gicht. Wenn man bei Hunden den
HarnsÀuregehalt des Blutes in der Vena portae und hepatica
I estimmt, findet man, daĂ nur, wenn die Tiere eine purinreiche
Nahrung erhalten, die Vena portae mehr HarnsÀure enthÀlt, als
das Blut in der V. hepatica. Chauffard glaubt, daĂ bei Gicht
eine Funktionsstörung der Leber vorliegt, und daà die Leber
die HarnsĂ€ure, die ihr aus dem Darme zugefĂŒhrt wird, nicht
verarbeiten kann, also daĂ eine Insuffizienz der Urikolyse in der
Leber besteht. Es gibt nicht nur eine groĂe Menge HarnsĂ€ure
im Blute, sondern auch in den Geweben. (Gudzents Uratphistechie
wird natĂŒrlich nicht erwĂ€hnt. Die ganze betrĂ€chtliche deutsche
Gichtliteratur scheint dem Verf. unbekannt zu sein.)
K o o p m a n (Haag).
The Lancet.
20. Mai 1922, 202, Nr. 5151.
Ein Fall von intermittierendem, komplettem Herzbloek, wahrend 12 Jahren
beobachtet. Russell Wells, S, und Wiltshire, H. W. 984.
Acht Falle von Laesionen des His'schen BĂŒndels. Fangeres Bishop.
L. 987.
Cardiospasmus. Scott. G. E. 988.
âEine Methode zur Behandlung von Abszessen. K e 1 1 o e k , T. H. 990.
Ein Fall von latentem Abszess im SchÀdel. Uasto, M., und O w e'n', S. A.
992.
Neuritis, durch ein Pulshorlpge verursacht. S t o p f o r d. 993.
Eine Methode zur Behandlung von Abszessen. Im allgemeinen
öffnet man den Abszess im tiefsten Punkt. Verf. empfiehlt dagegen,
den Abszess so hoch wie nur möglich zu öffnen und zu drainieren
und durch diese Oeffnung die Höhle wiederholt mit einer anti-
septischen Lösung zu fĂŒllen. Wenn man Streptokokken oder
Staphylokokken findet, soll man eine Flavinlösung 1:1000 verwen-
den, aber nicht lĂ€nger als 6 â 7 Tage, da sonst die Heilung ver-
langsamt wird. K o o p m a n , Haag.
27. Mai 1922, 202, Nr. 5152.
âSyphilis in der allgemeinen Praxis, d ' A r e y P o w e t. 1085.
âSchilddrĂŒse und weibliehe Beckcnergane. AV i 1 s n n , C. M. und 1> o u r n c'i
A. W. 1038.
Prognose bei der Zuckerkrankheit. Lyon, D. M. 104a.
Aneurysma suhclaviae mit Halsrippen. Moore, C. A. 1045.
Die Blutversorgung des Xucl. dentatus im Kleinhirn. S h e 1 1 s h e a r . J.
L. 1046.
Syphilis in der allgemeinen Praxis. Verfasser hat eine ĂŒber-
aus groĂe Erfahrung. Es ist ihm aufgefallen, daĂ viele FĂ€lle von
Syphilis verkannt werden, weil der Arzt meint, die Person oder
die Stellung des Kranken mache Syphilis unwahrscheinlich. Weiter'
wird die Syphilis oft verkannt, wenn eine sehr lange Latenz
zwischen Infektion und Svmptomen besteht. AuĂerordentlich
hÀufig sieht man das bei der heriditÀren Svphilis. Diese Kranken
haben oft gar keine Erscheinungen, bis ein kleines Trauma mit
einemmal eine sehr schwere Erkrankung hervorruft. Auch ganz
unbedeutende Infektionen können eine latente Lues zum Ausbruch
bringen.
SchilddrĂŒse und weibliche Beekenorsane. Bei der Stoffwechsel-
Untersuchung der Schwangeren findet man in vielen, aber nicht in
allen FÀllen einen erhöhten Grundumsatz. In vielen FÀllen ver-
schwindet diese Steigerung des Stoffwechsels sehr bald nach der
Geburt, aber es gibt FĂ€lle, wo der Stoffwechsel sehr lange er-
höht bleibt. In diesen FÀllen findet man oft Menorrhagien und
Ueberfunktion der SchilddrĂŒse. Es gibt FĂ€lle von Menorrhagien^
wo keine gvnÀkoloeische Erkrankungen gefunden werfen und wo
keine einzige Behandlung hilft. Nur wenn man die SchilddrĂŒse
mit X-Strahlen behandelt, hören die Blutungen auf. Man sieht dann
auch den erhöhten Grundumsatz, wenn dieser besteht, zur Norm
zurĂŒckfallen. Koopman (Haag).
The Journal of Neurology and Psychopathology, Bristol.
1922. 3. Nr. 9.
âUeber Kausalgie und verwandte schmerzhn.fte ZustĂ€nde, die entsteh
durch Verletzung peripherer Nerven. Carter.
âHemmung und Erregung im Zentralnervensystem. Graham Brow
âPsychopathologie und die Theorie der psychopathischen Vererbung.
" S u t t y.
âBetrachtungen ĂŒber die Behandlungen der spastischen Paralyse. G. Gor
d o n.
âErythromela!g;e, Causalgie und verwandte ZustĂ€nde. S. C e 1 1 y.
Suggestion, Autosuggestion und Psychoanalyse. William Brow n.
Kausalsrie und verwandte schmerzhafte ZustÀnde, die ent-
stehen durch Verletzung peripherer Nerven. Unter Causalgi
(Thermaleie"! versteht man einen Ă€uĂerst schmerzhaften Zustan
der nahezu völlig beschrÀnkt ist auf die sensoTisch^n Gebiete de
Nervus medianus und Ischiadicus. Es werden 6 FĂ€lle unter 30"
untersuchten Nervenverletzungen zusammengestellt. Leichte
VerÀnderungen von Nervenschmerzen kommen aber bedeute
hĂ€ufiffer vor. Die Causalgie schlieĂt sich meistens an unvollstĂ€n
dige Nervenunterbrechung und ausgedehnte Narbenbildung in de
NĂ€he des Nerven an. Die Symptome sind Ă€uĂerst heftiger brennen-
der unertrÀglicher Schmerz im Fuà oder in der Hand, besonders bei
der leichtesten BerĂŒhrung, Unmöglichkeit das Glied zu benutzen.
HĂ€ufiger leichte Paresen in einzelnen Muskelgrupnen und Muskel-
atrophie, besonders infolge UntÀtigkeit, vereinzelt auch Muskel-
kontrakturen, Vasomotorische VerÀnderungen sind stets in erheb-
licher Ausdehnung vorhanden, vermehrte SchweiĂsekretion, tro-
phische VerÀnderungen besonders an den NÀgeln. Knochen und
Haut. SensibilitĂ€tsverĂ€nderunsen besonders auf leichte BerĂŒh-
rung und Schmerz. Die Glieder waren zum Teil sehr heiĂ, in
anderen FÀllen ganz kalt. Sehnenreflexe meist etwas erhöht. Die
Ursache dieser Causalgie ist eine intraneurale und perineurale
Sklerose, durch welche afferente Impulse der Subcortex und der
Cortex zugefĂŒhrt werden, die efferente Reaktionen auslösen, vaso-
dilatorischen, sekretorischen und trophischen Charakters, welche
40. Jahrgang â Nr. 41/42.
Buchbesprechungen
dann sekundÀr als Schmerz empfunden werden. Die Ursache, dall
fiur im Nervus ischiadicus und medianus die schweren Erschci-
tungen ausgelöst werden, beruht wahrscheinlich auf der innigen
.Verbindung von sympathischen Fasern mit diesen Nerven. Die
Behandlung der Causalgie ist nur erfolgversprechend Ihm chirur-
gischem \ orgehen. Resektion des erkrankten Abschnittes mit se-
kundÀrer Naht zeitigt die besten Erfolge. Alkoholinjektionen sind
nur von vorĂŒbergehenden Besserungen begleitet, ebenso Neuro-
lyse. Sehr gute Abbildungen sind der ausfĂŒhrlichen Arbeit bei-
gegeben.
Hemmung und Erregung im Zentralnervensystem. Die Frage,
ob Reizung und Hemmung in antagonistischen Aiuskein bei Bewe-
gungen in vollkommen gleicher \Veise erfolge, wie Sherringlon
Beinte, beantwortet B. nach Untersuchungen an geeigneten Indi-
viduen dahin, dal) der Hemmungsimpuls bei starker beugung grö-
Ăer ist als solcher bei leichter beugung und. umgekehrt, so daĂ
also mit der IntensitÀt der Bewegung einerseits aer Hemmungs-
impuis wĂ€chst, andererseits der beiz fĂŒr Beugung nachlĂ€Ăt.
Psychopathologie und die Theorie der psychopathischen Ver-
erbiuig. S. betont den Wert, der Vererbung bei Geisteskrankheiten.
Betrachtungen ĂŒber die Behandlungen der spastischen Paral-
yse. G. wendet sich gegen die wahllose Applikation von Elektri-
zitÀt und Massage bei Nervenkrankheiten besonders bei spasti-
scher Paralyse, zumal nach den neueren Theorien gerade der Mus-
kellonus bei spastischen Zustanden sehr gesteigert ist und durch
ElektrizitĂ€t das Gegenteil vom gewĂŒnschten Effekt erzeugt wird.
:Er empfiehlt dagegen iĂŒr die angespannten Muskeln geeignete
Schienen, um die atonischen Muskeln zu entlasten. Weiterhin ha-
lben sich ihm ausgezeichnet heiĂe BĂ€der bewĂ€hrt, in welche die
Patienten in liegender Stellung gebracht werden, entsprechend
unterstĂŒtzt am köpf, Rumpf und HĂŒften. In diesem Bade machen
sie geeignete Uebungen, können nach einigen Sitzungen meist im
bade schon laufen mit leichter LnterstĂŒtzung, da das Schwerge-
wicht dem Körper genommen ist. Auch die aligemeine FÀhigkeit
zu laufen stellt sich dann völlig wieder her. Besonders gute Er-
folge hat er bei disseminierter Sklerose gesehen.
Erythromelalgie, Causalgie und verwandte ZustÀnde. Die
.Erkrankung bstand in hochgradiger Schmerzhaftigkeit, Cyanose
und trophischen Störungen in HĂ€nden und FĂŒssen nach lĂ€ngerer
KĂ€lteeinwirkung bei abgeschnĂŒrten Gliedern. Durch Suggestiv-
behandlung und Hypnose wurden die Schmerzen in den HĂ€nden
und Beinen nahezu gehoben. G. Dorn er (Leipzig).
Buchbesprechungen.
Zappert, Julius. Krankheiten des Nervensystems im
Kindesalter. Leipzig 1922. Georg lhieme. 152 Seiten.
Preis geh. 36 Mark.
Das erste Heft der von Schwalbe herausgegebenen âDiagno-
stischen und therapeutischen IrrtĂŒmer und deren VerhĂŒtung" in der
Kinderheilkunde liegt vor. Neben den HirnhautentzĂŒndungen werden
die Heine-Medin sehe Krankheit, chronische Gehirnkrankheiten,
Epilepsie und Spasmophilie und psychogene Erkrankungen im Kindes-
alter abgehandelt. Die reiche persönliche Erfahrung des Verf. ist dem
Buche sehr zugute gekommen und zahlreiche Beispiele legen beredtes
Zeugnis fĂŒr die vorzĂŒgliche Beobachtung Zapperts ab. Die teil-
weise sehr schön wiedergegebenen Bilder erhöhen den Wert des
Buches. Warum der Inhalt allerdings in Vortragsform wiedergegeben
wird, ist nicht recht einzusehen, desgleichen muten die fast durchweg
etwas langschweifigen und ĂŒberflĂŒssigen Einleitungsworte bei den wie-
dergegebenen Krankengeschichten etwas eigentĂŒmlich an.. Mit Aus-
nahme dieser, als Schönheitsfehler wirkenden Kleinigkeiten ist das
Buch flott geschrieben und wird sich sicherlich viele Freunde erwerben.
K À c k e 1 1 (Hamburg).
Ăcholz-Grcgor. Anomale Kinder. III. Aufl. S. Karger. 1922
VII; 312 Seiten. Geh. 72 M., geb. 96 M.
Dieses Buch, das fĂŒr Aerzte und Erzieher geschrieben ist,
muĂ unter diesem Gesichtspunkte natĂŒrlich vieles in auch dem
Laien fasslicher Form bringen. Trotzdem darf man es nicht als
«in sogenanntes âpopulĂ€r-wissenschaftliches" Buch betrachten â
sondern es genĂŒgt in jeder Hinsicht wissenschaftlichen An-
sprĂŒchen. Es werden zuerst leicht faĂlich die einzelnen Abarten
der anomalen Kinder geschildert, um dann zu dem wichtigsten
Teile: der Behandlung ĂŒberzugehen; auf reiche Erfahrung ge-
stĂŒtzt, sind die AusfĂŒhrungen Gregors durchaus anzuerkennen
und haben sich in praxi vielfach bewÀhrt. Besonders dankenswert
ist es, daĂ Verfasser sich ausfĂŒhrlich mit der sozialen FĂŒrsorge -
â diesem wohl wichtigsten Teile â beschĂ€ftigt hat und alles
Wissenswerte in klarer Form bietet. L u r j e.
Gertrud BĂ€umer u. Lili Droescher: Von der Kinderseele.
BeitrÀge zur Kinder psychologie aus Dich-
tung und Biographie. 4. Auflage. R. VoigtlÀnder-
Verlag, Leipzig.
Die Verfasserinnen haben mit groĂem VerstĂ€ndnis alle psy- -
chologischen VorgÀnge im Kinde beobachtet und feinsinnigst aus
dem Besten der Literatur geschöpft. Ein reiches Material aus
dem Leben des Kindes steht zur VerfĂŒgung, so daĂ es nutzbrin-
gend zu verwerten ist. Eltern, Lehrer und Erzieher sollen das
Buch lesen; es ist eine Bereicherung fĂŒr alle.
E 1 s e S o 1 m s.
O. Mönkemöller: Die geistigen KrankheitszustÀnde
des Kindesalters. B. G. Teubner. Aus Natur und
Geisteswelt. Bd. 505.
In knapper Form wird das ganze Gebiet dargestellt und
jedem, der mit der Jugend in BerĂŒhrung kommt, den Eltern, Leh-
rern, Richtern, selbst dem nicht fachbeschlagenen Arzt wird
W issenswertes, aber nur zu oft nicht Beachtetes gesagt. Das 127
Seiten umfassende Buch dĂŒrfte den Vergleich mit jedem anderen,
das den gleichen, heute besonders zeitgemĂ€Ăen Stoff behandelt,
besLehen und kann sogar Scholz-Gregors klassischen âAnomalen
Kindern" an die Seite gestellt werden. Held.
MĂŒller, Erich. Briefe an eine Mutter. 2. und 3. durchges.
Auflage. Stuttgart 1922. Ferd. Enke. 329 Seiten. Preis geh.
60 Mark.
Die allgemein verstĂ€ndlichen âRatschlĂ€ge fĂŒr die ErnĂ€hrung von '
Mutter und Kind, sowie die Pflege und Erziehung des Kindes" haben
sich im Laufe der Jahre einen gioĂen Leserkreis erworben und sind
ĂŒberall gut aufgenommen worden. Die vorliegende neue Auflage be-
rĂŒcksichtigt alle neueren Erfahrungen auf diesem Gebiete, die an den
entsprechenden Textstellen hineingearbeitet sind. Richtige und sach-
gemĂ€Ăe ErnĂ€hrung, Pflege und Erziehung des Kindes sind durchaus
noch nicht so Allgemeingut des Volkes geworden, wie es wĂŒnschens-
wert erscheint und wenn das Buch hier mithilft, bestehende Unwissen-
heit zu beseitigen, so erfĂŒllt es damit seine vornehmste Aufgabe. Die
klare, fĂŒr den Laien leicht verstĂ€ndliche Darstellung der Materie, die
Einteilung in kurze, in sich abgeschlossene Kapitel und die BerĂŒck-
sichtigung und Darlegung auch von scheinbar nebensÀchlichen Dingen
verdienen besonders hervorgehoben zu werden. Das Buch gibt jedem
Ratsuchenden bereitwilligst Auskunft und kann nicht nur Eltern, son-
dern auch Aerzten zum Studium bestens empfohlen werden.
K À c k e 1 1 (Hamburg).
Krasemann, Erich: SĂ€uglings- und Kleinkinderpflege in Frage
und Antwort. Verlag von Georg Thieme, Leipzig. 1922. Preis:
15 Mark. 2. verbesserte Auflage.
Die Tatsache, daĂ das kleine Buch nach knapper Jahresfrist
in zweiter Auflage erscheint, beweist am besten, daĂ es in den
Kreisen, fĂŒr die es bestimmt ist, bei den SchĂŒlerinnen der SĂ€ug-
lingspflegeschulen sich schnell eingebĂŒrgert hat; die Form des
Compendiums in Frage und Antwort hat ohne Zweifel groĂe
mnemotechnische VorzĂŒge, allerdings begĂŒnstigt gerade diese
Form das gedankenlose Auswendiglernen in hohem MaĂe; diese
Gefahr kann nur dadurch beseitigt werden, daĂ die Examina-
toren gerade an den Anstalten, an denen das Buch benutzt wird,
sich davor hĂŒten, bei den PrĂŒfungen sich an die Fragen des
Compendiums zu halten. Inhaltlich ist das Buch nur zu empfeh-
len. Der Abschnitt ĂŒber Kochrezepte und Desinfektionsmittel
ist auch zum Nachschlagen in der Praxis der ausgebildeten SĂ€ug-
lingsschwester sehr brauchbar. W o 1 f f (Hamburg).
v. Pirquet. Pe'idisi-Tafel. Wien und Leipzig 1921. Jos.
Safar. Preis 3 Mark.
Die Tafel ermöglicht es ohne den jetzt sehr teueren Rechenschieber
schnell und fehlerfrei aus Gewicht und Sitzhöhe Pelidisi nach Art
einer einfachen Logaritmentafel zu bestimmen und abzulesen und kann
Aerzten, die nach dem Pirquet sehen System zu arbeiten wĂŒnschen,
nur wÀrmstens empfohlen werden.
KĂ€ckell (Hamburg).
614
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrgang â Nr. 41/42.
Jenseits von Beruf und Amt.
Offener Brief von Medicus pater an Medicus
filius et Medicus gener.
Von Dr. K. D.
(SchluĂ.)
Wer von der klinischen KrankenhaustÀtigkeit in die pri-
vatĂ€rztliche TĂ€tigkeit ĂŒbertritt, ist in mancher Beziehung recht
verwöhnt und wird sich vor mancherlei UmstÀndlichkeiten
und Schwierigkeiten gestellt sehen, die er zuvor nicht gekannt
hat. Wenn Du in Deinen KrankensÀlen Visite machst, herrscht
Ruhe und Aufmerksamkeit. Im Privathaus wirst Du Dir das
gegen bellende Hunde, schmetternde Kanarienvögel, lÀrmende
Kinder oder aufgeregt hin und her rennende Angehörige oft
erst erkĂ€mpfen mĂŒssen. Wenn Du Dich zur Untersuchung
Deines Kranken anschickst, kann die Sache kritisch werden.
ZunÀchst wird sich beim Herantreten an das Bett zu Deiner
Ueberraschung hÀufig ein heller, lauter Glockenton verneh-
men lassen. Wisse, daĂ ein gewisses unentbehrliches Ge-
fĂ€Ă, fĂŒr dessen Inhalt Du Dich hĂ€ufig zu interessieren hast,
genau da zu stehen pflegt, wo Du mit Deiner Stiefelspitze
unter das Bett stoĂest. Eine ganz besondere Störung pflegt
sich allerdings nur im Winter zu ereignen. In dem Augen-
blick nÀmlich, wo Du die physikalische Untersuchung der
Brust beginnst, zwingt eine innere Notwendigkeit eine der
umstehenden Personen, mit groĂem GerĂ€usch und Geklapper
den Ofen zu schĂŒren. Mit einem gewissen ingrimmigen Hu-
mor habe ich diesen Vorgang als Ofenreflex den sonst in der
Medizin bekannten Reflexen angereiht. Zum Zweck der Un-
tersuchung wirst Du Dir dann den Kranken zunÀchst nÀher
zu Dir an den Bettrand heran bitten mĂŒssen, denn es fehlt
ihm jede Empfindung dafĂŒr, daĂ sich der untersuchende Arzt
unmöglich ĂŒber die halbe oder die ganze Breite des Bettes hin-
wegbĂŒcken kann. MerkwĂŒrdigerweise ist diese Empfindung
bei ihm so gering entwickelt, daĂ Du diese Bitte allermeist bei
jedem weiteren Besuch wiederholen muĂt. Wenn Du dann
den Patienten noch aufforderst, sich gerade auf den RĂŒcken zu
legen, so hat das eine merkwĂŒrdige Wirkung, die ich nur als
Kontrastwirkung auffassen kann. Er wird nÀmlich, soweit' es
sein Zustand erlaubt, unter allerhand schnellenden Bewegun-
gen Anstalten machen, sich in höchst unbequemer Weise in
Brust-Bauchlage zu begeben. Wenn Du ferner Deinen Kran-
ken aufforderst, fĂŒr die Brustuntersuchung das Hemd oder was
gr sonst im Bett an hat, zu öffnen, so wirst Du einen höchst
merkwĂŒrdigen Geschlechtsunterschied konstatieren können.
MÀnner pflegen das Aufknönfen in der Reihenfolge von oben
nach unten vorzunehmen, Frauen umgekehrt von unten nach
oben. Dabei lassen die letzteren stets zunÀchst den obersten
Knopf zu. Offenbar klammert sich ihr naturgemÀà stÀrker
ausgeprĂ€gtes SchamgefĂŒhl gleichsam symbolisch an diesen
obersten Knopf, der das Gewand am Hals noch zusammen-
hĂ€lt. Wenn Du dann glĂŒcklich so weit bist, nach beendeter
Untersuchung der Mutter oder der Gattin Deines Patienten
Deine Verordnungen zu erlÀutern, so darf es Dich nicht ner-
vös machen, wenn sie Dir weglaufen will', weil ausgerechnet
jetzt die Milchfrau oder der Kohlenmann, oder der BriettrÀger
mit einem eingeschriebenen Brief kommt oder weil ihr plötz-
lich einfÀllt, daà ein Kochtopf, den sie auf dem Herdfeuer
stehen hat, ĂŒberlaufen könnte.
SchlieĂlich noch etwas aus der Sprechstunde. Wenn sich
hier ein Patient zur Untersuchung entkleidet, so wird er sich
hĂ€ufig zunĂ€chst bemĂŒhen, sich mit Brust und Armen nach
oben aus dem Hemd heraus zu zwÀngen. Erst wenn er merkt,
daĂ das ohne ZerreiĂungsgefahr nicht geht, wird er, so wie
er das beim abendlichen Auskleiden sicher immer macht, das
Hemd nach oben ĂŒber den Kopf streifen. Bei dieser Gelegen-
heit pflegen dann einige Hemdknöpfe sich aus ihren Knopf-
löchern zu lösen und prasselnd auf den Boden zu fallen. Ver-
möge der ihnen innewohnenden TĂŒcke des Objekts, vielleicht
auch durch eine noch unerforschte Kraft angezogen, rollen
sie unter die Möbel. Dein Patient wird sich nun auf die Knie
niederlassen, um die Entflohenen wieder zu greifen. In all-:
gemeiner Hilfsbereitschaft wirst Du geneigt sein, dasselbe zu|
tun und mit einem Lineal oder sonstigen lÀnglichen Gegen4
stand unter den Möbeln nach den AusreiĂern zu fischen. Tul
das lieber nicht, ich rate Dir dringend ab; vielmehr hat sich;
mir folgendes Verfahren durchaus bewÀhrt. Man halte sich
in einer bequem greifbaren Schachtel einen kleinen Vorrat sol-
cher Hemdknöpfe parat. Der Vorrat ergÀnzt sich immer wie-3
der von selbst durch die Exemplare, welche beim Reinmachen{
im Sprechzimmer zu Tage gefördert werden. Wenn Du dann;
Deinem Klienten zum Ersatz fĂŒr die verlorenen Deinen Vor-]
rat zur Auswahl ĂŒberreichst, so wird er ob Deiner fĂŒrsorg-!
liehen Aufmerksamkeit tief gerĂŒhrt sein. Du selbst aber sparst^
Zeit und schonst Deine Hosen.
In einem Punkt ĂŒbrigens scheint der Krieg fĂŒr uns eine
Besserung herbeigefĂŒhrt zu haben. Seitdem auch die âgnĂ€-J
dige Frau" und zwar nicht zu ihrem Schaden genötigt ist, inj
ihrem Haushalt selbst tÀtig mit anzugreifen und seit mancherlei!
ToiletteumstĂ€ndlichkeiten weggefallen sind, lĂ€Ăt man una
nicht mehr so oft warten. Das ist so zu verstehen: wenn man!
frĂŒher zu einem Krankenbesuch in ein sogenanntes vornehmes*
Haus kam, so wurde man in die gute Stube gefĂŒhrt und die^
dienstbare Zofe pflegte mit verschmitzt-ironisch lÀchelnder^
Miene zu sagen: âdie gnĂ€dige Frau lĂ€Ăt bitten, einen Augen-]
blick Platz zu nehmen, sie zieht sich gerade an" â und das
zu jeder beliebigen Zeit am Tage. Wenn ich mir dann wÀh-^
rend dieses manchmal recht langen Augenblicks die mir lÀngs^
bekannten Bilder in -der guten Stube betrachtete, legte ich miil
oft die Frage vor: Welch' schwere Schuld mag doch die?
Aermste auf sich geladen haben, daĂ sie dazu verurteilt istj
sich von morgens bis abends immerzu aus- und anziehen zu]
mĂŒssen. Eine hĂ€rtere BuĂe kann ich mir kaum denken. Dieses]
Problem zu ergrĂŒnden, ist mir nicht gelungen. Der Krieg mit
seinen Folgen scheint es erfreulicherweise aus der Welt ge-j
schafft zu haben.
Du siehst also, mancherlei kleine, teils, störende und Àr-J
gerliche, teils amĂŒsante Vorkommnisse, die geeignet sind, unSj
in der Tugend der Geduld zu ĂŒben und unsere Nerven ab->
zuhÀrten.
Ich merke zu meinem Schrecken, daĂ sich meine Weih-i
nachtsepistel zu einer ganzen Abhandlung ĂŒber dies und das
und sonst noch einiges ausgewachsen hat. Es tut einem ja-
manchmal selbst gut, Dinge, die man in Gedanken mit sich]
herumgetragen hat, sich einmal von der Seele zu schreiben.
Wenn mein Bericht auch die Schattenseiten unseres Berufes
gestreift hat, so geschah es jedenfalls nicht, um Dir die Freude
an ihm zu verderben. Im Gegenteil. Du wirst Dich ja auch
an meinen Standpunkt erinnern, den ich gegenĂŒber Deiner er-
klÀrten Absicht, Medizin zu studieren, seiner Zeit einnahm.
Ich sagte Dir damals: âich rate Dir dringend davon ab. Du
hast ja die Beschwernisse dieses harten Berufes tagtÀglich vor
Augen. Tust Du es trotzdem, so soll es niemand mehr freuen
wie mich". Dabei hatte ich von vornherein die feste Zuver-
sicht, daĂ Du kein Nur-Arzt werden wĂŒrdest. Dein lebhaftes
Interesse und VerstĂ€ndnis fĂŒr andere Gebiete, fĂŒr Natur, Kunst,'
Musik und Literatur werden Dich davor bewahren, im Beruf
unterzugehen. Und als höchstes Gut besitzest Du in einer
köstlichen HĂ€uslichkeit â ich darf auch noch beifĂŒgen, inv
beiderseitigen Elternhaus â ein allezeit offenes Refugium von
allen MĂŒhen und VerdrieĂlichkeiten des beruflichen Alltags.
So dĂŒrfen wir getrost Deiner Zukunft entgegensehen.
Mit herzlichen WĂŒnschen fĂŒr frohe Weihnachtstage
Dein allezeit getreuer Vater.
Fortschritte der Medizin
Die Woctiensctirlfl des pralcllscheii Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von HANS PUSCH. Berlin SW4Ă, Wilhelm - Stra&e 20 / Femsprecher: LĂŒtzow 9057
Nr. 43 44 Berlin, den 9. November 1922 40. Jahrgang
Dir Verlag befallt sich das aiusoWwBliohe Recht 4er VervielfÀltigung und Verbreitung der Originalbeitrige innerhalb der gesetzlichen Schutztritt ver.
BeitrÀge zur Therapie
und Prophylaxe im SÀuglings» und Kindesalter.
Von Dr. Wilhelm Ko elzer
Kinderarzt f. d. stÀdt. Waisenpflege, Braunschweig.
i. lieber die zuweilen ungĂŒnstige Wirkung auch kleiner
Mehlgaben hei erkranktem SĂ€uglingsdarm.
Die einlachen Mehle orfreuten sich frĂŒher in der Behand-
lung der akuten Darmerkrankungen des SĂ€uglings der gröĂ-
ten Beliebtheit. Nicht zu Unrecht, da -in sehr zahlreichen
leichteren fieherlosen Erkrankungen mit DurchfÀllen das
einlache Fortlassen der Milch und die Darreichung einer
dĂŒnnen Mehlabkochung genĂŒgte, um sehr schnell die krank-
halten Erscheinungen zum Schwinden zu bringen. Diese
Verordnung ist daher auch jetzt noch derart populÀr, daà im
Publikum sehr hÀufig die akuten Darmstörungen auf diese
Art ohne Zuziehung eines Arztes mit Erfolg behandelt wer-
den, wobei allerdings oft die falsche Auffassung mit unter-
lÀuft, daà eine Mehlabkochung um so besser stopfend wirke,
je dicker sie sei, ein Irrtum, von dem sich jeder Arzt leicht
ĂŒberzeugen kann. Ferner wird ein wichtiger Fehler oft von
Laien und zuweilen auch von Aerzten dadurch gemacht, daĂ
Her Mehrabkochung Zucker statt allenfalls Saccherin zuge-
setzt wird, wodurch der Erfolg oft ausbleibt.
Wenn nun auch die zuckerfreie 2 â 3 prozentige Mehlab-
kochung eine sehr oft erfolgreiche Verordnung darstellt, so
ist sie dennoch keine eigentliche Heilnahrung; ihre heilende
Wirkung beruht in der Hauptsache auf der Nahrungsent-
Ejehung, indem es natĂŒrlich fĂŒr den kranken Darm eine ganz
auĂerordentliche Entlastung bedeutet, wenn er statt z. B.
|50 gr Milch, 25 gr Mehl, 30 gr Zucker in einem bezĂŒglich
des Salzgehaltes oft ungĂŒnstigen Medium und vielleicht noch
mannigfacher Beikost nunmehr nur 25 gr Mehl, gekocht in
Wasser, zu verarbeiten hat, was in â hierbei allerdings nicht
allein maĂgebenden â Kalorien berechnet eine. Verminderung
des Nahrungsangebots auf höchstens den 6 ten Teil darstellt.
Banz auffallend spĂ€t aber hat man erst die groĂen Gefahren
Erkannt, welche dem SĂ€ugling bei Behandlung von Ver-
dauungs- und ErnÀhrungsstörungen durch eine zu lange
Nahrungsentziehung oder UnterernÀhrung, also durch den
Hunger, drohen, und es ist eine der gröĂten Errungenschaften
der Kinderheilkunde, daĂ wir jetzt gelernt haben, auch bei
krankem Darm nach möglichst kurzer Nahrungsentziehung
so schnell als möglich eine ErnÀhrung von solcher Zu^-
sauunensetzung (durch EiweiĂmilch u. A.) zu geben, daĂ
nicht nur durch eine ausreichende Nahrungszufuhr die
schwere Gefahr des Hungers vermieden wird, sondern auch
der kranke. Darm und die Allgemeinstörung in genĂŒgend
schneller Zeit dabei "ausheilen können. Die Àrztliche Kunst
besteht also nicht mehr darin, durch Hunger zu heilen, son-
dern darin, die Heilnahrung ihrer QualitÀt und besonders
auch ihrer QuantitÀt nach so festzusetzen, daà einerseits der
Toleranz des kranken Darms Rechnung getragen wird, an-
dererseits aber eine möglichst genĂŒgende WeiterernĂ€hrung
der Körperzelten dabei durchgefĂŒhrt wird. Seitdem sind
lĂ€nger dauernde Verordnungen dĂŒnner Mehlabkochungen
aus der Therapie der Darnierkrankungen des SĂ€uglings ver-
schwunden, oder sie sollten es wenigstens sein, und man be-
kommt sie nur dann noch zu Gesicht, wenn ein Arztjn irr-
tĂŒmlicher alter Anschauung in ĂŒbertriebener Furcht vor der
verschlimmernden Gefahr eines Milchzusatzes so behandelte,
oder wenn Eltern bei unbehandelten SĂ€uglingen aus ahn
ĂŒchem Gedankengang heraus verfuhren.
Die frĂŒher einmal von manchen Autoren vertretene An-
schauung, daĂ die Mehle fĂŒr den SĂ€ugling und besonders in
ersten Monaten ganz abzulehnen seien, muĂ als widerlegt und
irrig bezeichnet werden; im Gegenteil sind die Mehle ein
sehr wertvolles Hilfsmittel als Zusatz zur SĂ€uglingsnahrung
und können auch in den ersten Monaten schon mit Erfolg
verwendet werden, jedoch ist dann wegen der noch be-
schrĂ€nkten VerdauungsfĂ€higkeit fĂŒr dieselben eine gröĂere
Vorsicht, besonders bezĂŒglich der. Dosierung, am Platze.
Die Mehlabkochungen galten nun im allgemeinen als ein
relativ harmloses Nahrungsmittel bei erkranktem Darm.
Wenn die Mehle auch ein gÀrfÀhiges Material darstellten, so
daà besonders bei zu starker Dosierung eine schÀdliche Wir-
kung durch vermehrte GÀhrung und SÀurebildung möglich
war (Czzerny, Finkelstein u. a.), so war es andererseits doch
eine feststehende Tatsache, daà sehr hÀufig die akuten Darm-
störungen bei gesundheitlich nicht wesentlich geschwÀchten
SĂ€uglingen bei Anwendung 2 â 3 prozentiger zuckerfreier
Mehlabkochuhgen â noch etwa 6 â 12 stĂŒndiger Teepause â
schnell abheilten, d. h. daĂ die StĂŒhle in 1 â 2 Tagen selten
und gebunden wurden, und ein vorsichtig gesteigerter Milch-
zusatz dann glatt und ohne RĂŒckfall vertragen wurde. (Solche
FÀlle sah man allerdings in der Privatpraxis hÀufiger als in
der Klinik, da in letzterer durchweg schwerere FĂ€lle behan-
delt wurden, bei denen akute Darmerscheinungen meist nur
ein Teilbild einer chron. ErnÀhrungsstörung waren, und die
Reparation somit von ganz anderen Voraussetzungen be-
herrscht wurde.) In jenen leichten akuten FĂ€llen aber lag
die Sache also durchweg so, daà die GÀrfÀhigkeit des Mehls
n i c h t schÀdlich wirkte und die schnelle Heilung der
Störung nicht beeintrĂ€chtigte. Eine dĂŒnne zuckerfreie Mehl-
abkochung bleibt also durchweg fĂŒr den erkrankten Dann
ein harmloses, schonendes Nahrungsmaterial, das aber we-
gen der damit verbundenen UnterernĂ€hrung nur fĂŒr ganz
kurze Zeit (etwa 1 â 2 Tage) verordnet werden darf und aus
gleichem Grunde bei schon bestehender HungerschÀdigung
sogar als ausschlieĂliche Nahrung kontraindiziert sein kann.
Ich habe nun einige Beobachtungen machen können, bei
denen kleine Mehlgaben als ausschlieĂliche Nahrung nicht
nur auffallend schlecht von dem erkrankten Darm vertragen
wanden, sondern sogar â bei einem Teil der FĂ€lle â der un-
vermittelte Uebergang zu ein Drittel Milch ohne Zucker sich
ĂŒberlegen zeigte und eine schnelle Besserung und Heilung
erzielte. Diese FĂ€lle erschienen mir aus zwei GrĂŒnden mit-
leilenswert. Erstens verdient es unsere Aufmerksamkeit, daĂ
man mit der sonst als harmlos angesehenen Darreichung
einer dĂŒnnen zuckerfreien Mehlabkochung ausnahmsweise
auch einmal ungĂŒnstig wirken und einen Darmkatarrh ge-
radezu fortzĂŒchten kann. Zweitens mĂŒĂte bei der Beurtei-
lung einer ungĂŒnstigen Wirkung von Milchmehlmischungen
dem Faktor Mehl mehr Beachtung geschenkt werden, wÀh-
rend man durchweg geneigt ist, den schÀdigenden Faktor in
anderen Nahrungsbestand teilen zu suchen. Es erscheint mir
dies von besonderer praktischer Bedeutung bei der Beurtei-
lung der Buttermehlnahrung, deren oft auflallend gĂŒnstige
Erfolge bei FÀllen, die mit den gewöhnlichen Milchmischun-
gen nicht gedeihen wollten, ich durchaus bestÀtigen kann.
Ich glaube, daĂ die oft beschriebene Durchkreuzung des Er-
folges durch Darmstörungen mehr, als man bisher annahm,
durch den hohen Mehlgehalt bedingt sein kann.
016
Kölzer, BeitrÀge zur Therapie.
40. Jahrg. â Nr. 43/44.
uie beobachteten FĂ€lle sind folgende:
r all 1: A. S., 4 iUon. all, zartes hiM, Gew. 5630, Haut elwas
\se±k, Gesamteinuruck sonst nicht ungunstig. Vor 8 lagen mit
starken iHirchlalien (etwa 10 mal tgl.; erkrankt. Vom Arzt
waren 25 g llaiermeiu aul 1 1 Wasser mit Saccharin verordnet.
Die nach 'l lagen zum Arzl wiederbestellle Mutter ging nicht
wieder hin, sonĂŒern gab die Mehlahkochung 8 Tage weiter. Am
13. 6. 1914 war der Stuhl noch 0 â 7 mal tgl., dĂŒnn, z. T. spritzend.
Ther.: absichtlich um ermittelter Uebergang zu 750 g, A Milch
und Saccharin. 15. ĂŒ.: StĂŒhle 3 â 4 igl. ĂŒĂŒnnbreiig. i'her.: 1 1,
Vi Aiiich und Saccharin. 17. 0.: Stuhl 1 â 2 tgl., uickhreiig. Ther.:
dieselbe. 20. 13.: Stuhl gebunden, 1 â 2 tgl. Aul Steigerung dkl
AJiich und Zusatz von NĂ€hrzucker kein RĂŒckfall, Erholung und
befriedigende Gewichtszunahme.
Fall 2: Gerhard L»., geb. 23. 0. 1921. Seit 15. 9. (6 Tagen)
stark durchfĂ€ltige StĂŒhle, durchschnittlich 6 mal tgl. Kind bekam
seil 5>i> Tagen nur Hafermehlsuppe, 4 gehÀufte Teelöffel (28 g)
auf 1 1 Wasser. Am 21. 9. 21 Gew. 4360, zierliches Kind (klein, s
Geburtsgewicht;, Leib ganz wenig aufgetrieben, am Körper nur
geringe Zeichen von Wasserverlusl. Ther.: unvermittelt Ueber-
gang zu 800 g, Vi Milch und Saccharin ohne Mehl. 23. 9.: Inner-
halb 2 Tagen 3 StĂŒhle, Stuhl heule gebunden. Ther.: 1 1, MS Milch
und Saccharin, ab 26. 9.: 400 Milch, 600 Wasser. 28. 9.': Stuhl gut
geblieben, 1 â 2 mal tgl. Weitere Steigerung und ZusĂ€tze gut vci
tragen.
Fall 3: Ursula M., gel). 30. 10. 1920. Seit 8 Tagen Ăâ 8 mal
tgl. WĂ€sserige StĂŒhle, kein Erbrechen; bekam ebenso lange 45 g
Hafermehl auf 1 1 Wasser ohne Zucker. 26. 5. 1921: Gew. 7600.
Kein wesentlicher Wasserverlust, Leib nicht deutlich aufge-
trieben. Ther.: 24 Sfd. 1 1 A Milch (ohne Mehl und Zucker;,
dann 1 1 A Milch. 28. 5.: Stuhl seltener und nicht mehr so dĂŒnn,
dĂŒnnbreiig. Ther.: dieselbe. 1. 6.: Seit gestern Stuhl gebunden,
bleibt auf Steigerung der Milch und Zulagen in Ordnung.
F a 11 4: Ilellmut H., geh 11. 8. 1918, Zwilling. Seit 10 Tagen
DurchfÀlle, etwa 15 mal tgl., Erbrechen etwa 6 mal tgl., bekam
1 1 3 % ige Mehlabkochung ohne Zucker. 18. 7. 1919: Gew. 7810.
Haut etwas schlaff, Leib etwas eingesunken; im ganzen kein
schwerkranker Eindruck. Ther.: zweistdl. 2 EĂl. 'A Milch ohne
Mehl, ohne Zucker, bei 12 stĂŒnd. Nachtpause; 19. 7.: ab mittags:
zweistĂŒndl. 3 EĂl. dasselbe; 20. 7.: 600 g A Milch und Saccharin,
5 mal 120 g. 21. 7.; Stuhl normal, kein Erbrechen. Stuhl bleibt
auf weitere Steigerung normal.
Fall 5: Herbert K., geb. 5. 4. 1913. Seil 24. 6. 1913 wegen
vermehrter, etwas dĂŒnner StĂŒhle Nahrungseinsc'hrĂ€nkung bis auf
350 entfettete Milch, 550 Wasser, 20 g Knorr's Hafermehl und
Saccharin. 29. 6. 1913: Gew. 5060. StĂŒhle dĂŒnn, brĂ€unlich, 2 bis
4 mal tgl. LeLb nicht aufgetrieben. AUgemeinzusfand wenig ge-
stört. Von 4 Uhr nachm. ab Milch ausgesetzt. 20 g Knorfs
Hafermehl, 800 g Wasser und Saccharin, 5 mal tgl. 160 g, 9 Std.
Nachtpause. 30. 6. StĂŒhle unverĂ€ndert, werden nachmittags noch
elwas dĂŒnner und hĂ€ufiger, in 6 Std. 3 mal, Leib wird etwias auf-
getrieben. Ther.: Mehl aussetzen, von 6 Uhr nachm. ab 175 Milch,
500 Wasser und Saccharin, 5 mal 135 g, nach 24 Std. 250 Milch,
500 W?asser. 1. 7.: Stuhl seltener und besser, dĂŒnnbreiig. 3.
In 24 Std. 1 dĂŒnnbreiiger Stuhl. Ther.: 300 Milch, 600 Wasser.
4. 7.: Stuhl dickbreiig. 5. 7.: dasselbe. 11,% Milch. 7. 7.: Stuhl
dickbreiig, 1â2 mal tgl., Gew. 5090 g. 400 Milch, 600 W7asser.
10. 7.: Stuhl dickbeiig bis gebunden, bleibt unter Steigerung der
Milch mit NĂ€hrzuckerzusatz gut. Erholung. 17. 7.: Gew. 5210 g.
2. 8.: Gew. 5530 g.
F a 1 1 6. Horst K., geb. 23. 8. 1919. Seit 14 Tagen stark durch-
fĂ€llige StĂŒhle, 5 â 7 mal tgl. Kind bekam in ersten 4 Tagen Hafep-
schleim und Reisschleim, etwa 5 % ig, mit Saccharin, ohne Besse-
rung der StĂŒhle; dann 3 Tage 800 g derselben Nahrung und 200
Milch, ebenfatls ohne EinfluĂ; dann seit 7 Tagen 1 1 3,5 % igö
Weizenmehlabkochung und Saccharin.
21. 4. 1920 (Beginn der Behandlung): Stuhl nach wie vor
dĂŒnn, etwa 6 mal tgl., z. T. spritzend, Menge durchschnittlich
nicht reichlich. Gew. 7230 g, angegriffener Gesamteindruck, Leib
elwas eingesunken, deutlicher Wasserverlust, besonders am Ab-
domen, Haut der ExtremitÀten wTelk. Ther.: 15 g Larosan, % I
Milch, % 1 Wasser und Saccharin. Nach 3 Std. noch ein dĂŒnner
Stuhl, nÀchster Stuhl erst nach weiteren 26 Stunden, gebunden.
Am 2. Tag Oedeme, bes. der Unterschenkel, die in 2 Tagen wieder
zurĂŒckgehen. Stuhl bleibt gebunden, auf Nahrungszulage und
Larosaneutziehung (am 6. Tage) kein RĂŒckfall, schnelle Erholung.
'Fall 7. GĂŒnter W., geb. 18. 7. 1918. SchwĂ€chliches Kind,
Gew. 6300 g. Kind war vor 7 Tagen mit starken DurchfÀllen
ohne Erbrechen erkrankt. Bei Milchentziehung und Darreichung
einer dĂŒnnen zuckerfreien Mehlsuppe waren die StĂŒhle schnell
besser geworden. Seit 3 Tagen war bei breiigen StĂŒhlen (2â 3 mal
igi.) 1 1 A Milch + 20 .Weizenmehl ohne Zucker und Saccharin
gegeben worden. 31. 7. 1919: StĂŒhle wieĂŒer dĂŒnner und hĂ€uliger,
c â /mal, etwas schleimig. Ther.: Fortlassen des Mehls,
1 1 A Milch und Saccharin. Hieraul werden die S>lĂŒnle in 2 Tagen
wieder seltener (3 mal tgl.) und dickbreiig, naen weiteren 5 Tagen
gebunden und bieiuen auf Nahrungszulage gul.
Fall 8. Walter K., geb. 14. 3. 1919, war am 20. 7. 1919 mit
heftigen DurchfÀllen (etwa 20mal tgl.; erkrankt. Kralliges Kind,
Gew. 7340 g. Nach 42 stĂŒndiger Miichpausc (6 Std. Tee, dann
3 % Mehlabkocbung und Saccharin) war schnelle Besserung er*
tolgt. Bei' steigendem Milchzusalz bis zu 330 Milch, 670 Wasser,
20 Weizenmehl und Saccharin, tritt ein Stillstand in der Besse-
rung ein. StĂŒhle sind am 28. 7. noch 5 mal tgl., dĂŒnnbreiig,
liier.: Mehl weglassen. 330 Milch, 070 Wasser und Saccha-
rin; 30. 7.: Stuhl breiig, 2 â 3 mal tgl. Ther.: dieselbe. 1. 8.: Stuhl
gut, Gew. 7590 g Auf Milchsteigerung und allmÀhliche Zulagen
bieibt Stuhl und Gesamlzustand gut. 3. 9.: Gew. 8290 g.
F a 1 1 9. Reinhard B., geb. 18. 7. 1921, ZwillingskinĂŒ, etwu
3 Mon. mit Zwiemilch, dann kĂŒnstlich ernĂ€hrt. Bis zur Erkran-
kung gut gediehen, normales Gewicht.
Am 15. 12. 1921 mit DurchfÀllen (6 mal tgl.) ohne Erbrechen
erkrankt. Nach 36 Std. Milchentziehung (6 Std. Tee, 30 Std. 2 %
.Mehlabkochung und Saccharin) schnelle Besserung. 17. 12.: 15 g
Larosan, A 1 Milch, % 1 W:asser und Saccharin. 18. 12.: Stuhl
gebunden, 1 mal in 24 Std. 19. 12.: Stuhl gebunden. 15 g Larosan,
y, 1 Milch, V, 1 Wasser und Saccharin. 21. 12.: Stuhl gut, ge-
bunden, 1â2 mal tgl. 15 g Larosan, lA 1 Milch, A 1 Wasser, 20 g
Weizenmehl und Saccharin. 22. 12.: Stuhl dĂŒnner, wechselnd,
hÀufiger, z. T. zerfahren. Nach Weglassen des Mehls wird Stuhl
sofort wieder gebunden und gut. Auf allmÀhliche Larosan-
enlziehung und Milchsleigerung bleibt Stuhl gul. SpÀtere ZusÀtze
gut vertragen.
Die Durchsicht der 9 FĂ€lle ergibt, daĂ auch geringe
Mehlgaben zuweilen beim kranken Dann ungĂŒnstig wirken
können. Sie können die Reparation verschleppen, und sie
können den ungĂŒnstigen Status quo im Darme, der die
dĂŒnnen StĂŒhle verursacht, auch einmal â wenn auch aus-
nahmsweise â kĂŒnstlich geradezu weiterzĂŒchten. Als Er-
klĂ€rung scheint mir am wahrscheinlichsten zuzutreffen, daĂ
die dĂŒnnen Mehlabkochungen zuweilen in ihren bakteriellen
und fermentativen Umwandlungen einen gĂŒnstigen NĂ€hr-
boden fĂŒr die Verursacher der krankhaften Zersetzungen und
GĂ€hrungen (Bact. coli und andere GĂ€hrungserreger) sein
können. Dies kann so ausgesprochen der Fall sein, daà so-
gar eine A Milch trotz 1,5 % Milchzucker das Aufhören der
GĂ€hrungen beschleunigen kann (Wirkung des EiweiĂ-
gehalts?). Dabei möchte ich betonen, daà ich die A Milch
hierbei mehr experimenti causa angewandt habe und sie
keineswegs fĂŒr eine sonst angezeigte Therapie halte; man
kann ebensowohl von ihr auch eine Verschlimmerung sehen,
und ich habe diese auch wiederholt gesehen. Zur wirksamen
Behand'ung stehen uns geeignetere Nahrungsmischungen
zur VerfĂŒgung. Immerhin aber gibt es FĂ€lle, in denen â be-
sonders bei stĂ€rkerer Mitbeteiligung des Magens â z. B. die
Behandlung mit EiweiĂ- oder Larosanmilch Schw iei igkeiten
macht, und dann verdienen m. E. stÀrkere me hl freie
MilchverdĂŒnnungen, eventl. mit anderen ZusĂ€tzen, mehr als
bisher die Aufmerksandveit des behandelnden Arztes. Jeden?
falls erscheint es mir beachtenswert, daĂ das Mehl nicht so
harmlos ist, als man gemeinhin annimmt, und daĂ bei
Schwierigkeiten in der Beseitigung der GĂ€hrungen und
DurchfÀlle das Mehl in der Nahrung mehr als bisher unsere
Aufmerksamkeit verdient, wÀhrend man sonst durchweg^ ge-
neigt war, den schÀdigenden Faktor in einem anderen Nah-
rungsbestandteil zu suchen.
Interessant war es mir, daĂ Bessan und B o s s e r t
in ihrer Arbeit ĂŒber die Bakteriologie des DĂŒnndarms und
Ascension der Bakt. der Coli- und lactis aerogenes-Gruppe
(Jahrb. f. Kinderheilk.) 2 FÀlle bei schwer hungergeschÀdig-
ten SÀuglingen erwÀhnen (Fall 30 u. 31), bei denen trotz 10-
resp. 28tĂ€giger UnterernĂ€hrung mit dĂŒnnen Schleim- oder
Mehlabkochungen sich immer noch durchfĂ€llige StĂŒhle
fanden. Sie werfen die Frage auf, ob es eine FĂ€ulnis-
dyspepsie ex inanitione gibt, als Folge einer EiweiĂ-
zersetzung durch FĂ€ulnis der Darmsekrete. Ich glaube, daĂ
diese DurchfÀlle allein durch das Mehl, oder den Schleim
10. Jahrg. â Nr. 43/44.
Doli. Johann Baptista Morgagni,
ĂlHverĂ€ndert unterhalten wurden; das Wasser der StĂŒhle
stammt z. T. von der infolge vermehrter Peristaltik mangel-
haften Eindickung des Darminhalts, z. T. aus den GefĂ€Ăen
der Darmwand, die durch die bakteriellen GĂ€hrungen (im
DĂŒnndarm, ohne FĂ€ulnis) zur Transudation gereizt wurden.
(Forlsetzung folgt.)
Nucleogen zur UnterstĂŒtzung der Behandlung
von Hauterkrankungen.
Von Dr. Eugen Ostwald, Haularzl, Herlin.
Bekanntlich spielt die ErnÀhrung und der gesamte Stoff-
wechsel bei der Entstehung und Behandlung verschiedener
Hauterkrankungen hÀufig eine sehr wichtige Rolle. Ja, wir
wissen, daĂ es eine ganze Reihe von Dermatosen gibt, die
einzig und allein auf irgendwelche Störungen im Stoff-
wechselhaushalt des menschlichen Organismus zurĂŒckzu-
fĂŒhren sind.
Ich habe nun, angeregt durch die gĂŒnstigen Erfolge,
die man auf anderen Gebieten der Medizin mit Nucleogen ge-
macht hat, versucht, dieses PrÀparat, das stets als sehr be-
kömmlich geschildert wurde, regelmĂ€Ăig bei solchen Haut-
erkrankungen zu geben, bei denen es darauf ankam, den All-
gemeinzustand des Patienten zu heben und eine Anregung
des Gesamtstoffwechsels und der Blutbeschaffenheit zu er-
zielen. »
Da wir ja in der Dermatologie bei sehr vielen Erkran-
kungen an sich Arsen in irgend einer Form zu geben gewohnt
sind, und dies oft auch in Kombination mit Eisen zu ver-
ordnen pflegen, bot sich gerade in dem Nucleogen, das so-
wohl Arsen wie Eisen und auĂerdem auch Phosphor enthĂ€lt,
ein sehr geeignetes und bequemes Mittel fĂŒr die Behandlung.
Das Nucleogen wird in Tablettenform in den Handel ge-
bracht. Jede Tablette enthÀlt lt. Angabe der Hersteller
0,0012 g Arsen und 0,05 g Eisennucleinat, eine Verbindung,
in der das Eisen an die phosphorhaltige NucleogensÀure ge-
bunden ist, und die ca. 15 % Eisen und ca. 7 % Phosphor
enthÀlt.
Im ganzen habe ich 30 Patienten lÀngere Zeit mit Nu-
cleogen behandelt, gab bei einzelnen Patienten natĂŒrlich das
PrĂ€parat nur als unterstĂŒtzendes Mittel, wĂ€hrend es bei
einigen ganz allein ohne irgendwelche Ă€uĂere Therapie ge-
geben wurde. Ich beschrÀnke mich darauf, nur summarisch
die Resultate der Behandlung mitzuteilen, ohne dabei die
ganzen Krankengeschichten wiederzugeben und die bei sÀmt-
lichen FĂ€llen zu beobachtende Besserung des Blutbildes im
einzelnen aufzufĂŒhren.
Bei 9 FĂ€llen von sehr starkem Haarausfall, der teils auf
anĂ€mische ZustĂ€nde und UnterernĂ€hrung zurĂŒckgefĂŒhlt
werden konnte, teils in vorausgegangenen mehr oder weniger
schweren Erkrankungen seine Ursache hatte, konnte ich eine
auffallende Hebung des Allgemeinbefindens beobachten und
damit auch eine sehr schnelle Besserung des Haarausfalls.
Den gleich guten Erfolg erzielte ich bei einer Furunkulose
mit starker Abmagerung und starkem Gewichtsverluste und
einer Akne indurata des RĂŒckens. Auch bei einem Fall von
Herpes progenitalis bei einer Patientin, bei der sich auĂer-
dem noch Symptome einer hochgradigen NervositÀt fanden,
konnte ich sehr schnelle Heilung beobachten. Eine DrĂŒsert-
' tuberkulöse der HalsdrĂŒsen besserte sich gut, wĂ€hrend drei
FĂ€lle Erythema pernio der Unterschenkel zwar alle Gewichts-
zunahmen, aber keine wesentliche Besserung des Erythems
zeigten. Nicht sehr befriedigend waren auch die Erfolge
die die Nucleogenbehandlung bei Psoriasis vulgaris und bei
zwei FĂ€llen von ausgedehntem Liehen ruber planus. Diese
FĂ€lle waren allerdings anfangs nur mit Nucleogen behandelt
worden, ohne jede Lokallherapie. Als dann spÀter auch zur
Salbenbehandlung ĂŒbergegangen wurde und diese gemeinsam
mit den Nucleogengaben durchgefĂŒhrt wurde, trat allerdings
sehr schnelle RĂŒckbildung der Efflorescenzen, besonders bei
den PsoriasisfÀllen auf. Besonders bemerkenswert war hier-
bei noch, daĂ es sich in 4 FĂ€llen um Patientinnen gehandelt
hat, die vordem von anderer Seite schon lange behandelt
worden waren und bei denen damals die interne Ai senbehainL
lung abgebrochen werden muĂte, da sie Arsen in keiner Form
hatten vertragen können, wÀhrend sie jetzt Nucleogen 0, 7
und 8 Wochen lang nehmen können, ohne ĂŒber die gering-
sten Beschwerden zu klagen.
Ganz besonders gute Resultate wurden mit Nucleogen
bei der Behandlung der Verrucae planae juveniles erzielt. Es
wurden insgesamt 10 FĂ€lle behandeil und zwar hier stets
immer unter Fernhaltung jeglicher anderen Therapie. In
allen FĂ€llen trat schon nach einigen Tagen eine deutliche
RĂŒckbildung der Efflorescenzen auf, die so schnell weitere
Fortschritte machte, wie man es bei der sonst ĂŒblichen As.-
Darreiehung fast nie beobachten kann. Auch hier trat mit
der Hebung des Allgemeinbefindens auch eine starke Ge-
wichtszunahme ein, in einem Falle im Verlauf von 0 Wochen
um 7 Pfund.
Zusammenfassung.
Im Nucleogen bietet sich uns ein wertvolles PrÀparat dar,
daĂ infolge der Hebung des Allgemeinbefindens und Besse-
rung des Blutbildes einerseits und infolge seiner bequemen
Darreichungsweise und seiner guten VertrÀglichkeit anderer-
seits sehr geeignet erscheint, in der Dermatologie zur Unter-
stĂŒtzung der lokalen externen Therapie eine Rolle zu spielen.
Johann Baptista Morgagni, der BegrĂŒnder
der pathologischen Anatomie als Wissenschaft
und seine VorlÀufer Bonet, .Wepfer u. Schenk.
Von Geh. Hofrat D r. D o 1 1, Karlsruhe.
Es gewÀhrt einen eigenen Reiz, sich einmal zur Abwechs-
lung in Àlteres medizinisches Schrifttum zu vertiefen und damit
zugleich zu einem genaueren VerstÀndnis der Geistes- und Ge-
schmacksrichtung einer bestimmten Zeitepoche zu gelangen.
Als persönliches Andenken an einen verstorbenen Kollegen
ging aus dessen Bibliothek eine hervorragend schöne Ausgabe
von Morgagnis berĂŒhmtem Werk: De sedibus et causis
morborum in meinen Besitz ĂŒber. Dies gab mir die Ă€uĂere
Veranlassung zu eingehenderer BeschÀftigung mit dem Be-
grĂŒnder der pathologischen Anatomie, wie man Morgagni
zu bezeichnen pflegt, und wies den Weg zu seinen in der
Ueberschrift genannten VorgÀngern. Die BeschÀftigung mit
jenen MÀnnern nötigt uns Bewunderung und Hochachtung
ab vor ihrem enormen FleiĂ, ihrer Genauigkeit und PĂŒnkt-
lichkeit, wie vor ihrem redlichen Ringen nach Klarheit und
Wahrheit zumal im Hinblick auf ihre unzureichenden Grund-
lagen und ihre mangelhaften Hilfsmittel. Vielleicht ist es auch
unserer da und dort etwas superklugen und neunmalweisen
Gegenwart ganz nĂŒtzlich als eine Mahnung zur Bescheiden-
heit daran erinnert zu werden, daĂ es auch frĂŒher schon kluge,
kritische und vorurteilslose Köpfe gegeben hat.
Joh. Bapt. Morgagnis oben erwÀhntes Werk: De
sedibus et causis morborum per Anatomen indagatis â ĂŒber
Sitz und Ursachen der Krankheiten erforscht durch die Ana-
tomie â erschien erstmals i. J. 1761. Es war des Verfassers
Lebenswerk, denn derselbe stand damals schon im 79ten Le-
bensjahr. Das Jahr 1761 ist noch durch eine andere GroĂtat
in der Medizin denkwĂŒrdig, nĂ€mlich durch die Erfindung der
Perkussion. In demselben Jahr gab der Wiener Arzt Leopold
Auenbrugger (geb. 1722, gest. 1809) seine kleine Schrift
heraus: Inventum novum ex percussione thoracis humani ut
signo obstrusos interni pectoris morbos detegendi. Doch
habent sua fata libelli! Morgagnis Werk fand sofort
ĂŒberall Bewunderung und Anerkennung und wurde in die
deutsche, englische und französische Sprache ĂŒbersetzt.
Auenbruggers Schrift dagegen blieb unbeachtet. Selbst
an direkter MiĂgunst und verkleinerndem Neid hat es ihrem
Verfasser nicht gefehlt. Die Perkussion fand erst allgemeine
WĂŒrdigung durch Nikolaus Corvisart (geb. 1755, gest.
1821), den Leibarzt Napoleons des L, der im Jahre 1808
Adenbruggers Arbeit mit ZusÀtzen und Anmerkungen
618
Doli. Johann Baptista Morgagni.
40. Jahrg. â Nr. 43/44.
versehen, ĂŒbrigens unter ausdrĂŒcklicher Wahrung von dessen
PrioritÀt, in französischer Sprache neu herausgab.
Die mir vorliegende Ausgabe von de sedibus et causis
morborum, 3 BĂ€nde in GroĂquart in hervorragend schönem
und sauberem Druck und mit kĂŒnstlerischem Buchschmuck ist
vom Jahre 1779. Der Verlagsort ist Ebrodunum (= Yverdon)
in Helvetia. In diesem am Neuenburg er See gelegenen StÀdt-
chen, sonst auch bekannt als Wohnsitz des PĂ€dagogen
Pestalozzi, befand sich eine Verlagsdruckerei von euro-
pĂ€ischem Ruf. Sie war i. J. 1762 von dem italienischen FlĂŒcht-
ling Fortune Barthelemy de F e 1 i c e begrĂŒndet. Im Auftrag
dieser Verlagsfirma wurde diese Neuauflage durch den waadt-
lÀndischen Arzt Simon Andree Tissot (geb. 1728, gest.
1797) besorgt. Tissot war wÀhrend einiger Jahre, bis
1785, Professor der Medizin in Pavia gewesen und prakti-
zierte dann als Arzt in Lausanne. Sein Nachfolger auf diesem
Lehrstuhl wurde der wohl bedeutendste Arzt seiner Zeit und
der BegrĂŒnder der Medizinalpolizei und der Hygiene als Wis-
senschaften Johann Peter Frank (geb.- 1745, gest. 1821)*)
Als Einleitung der von ihm besorgten Ausgabe gibt Tis-
sot eine ausfĂŒhrliche: âHistoria vitae et operum JB. Mor-
g a g n i." Wir entnehmen derselben kurz Folgendes: Mor-
gagni ist geboren am 25. Februar 1682 in Forum Livii
(Forli im Kirchenstaat). Kaum 7jÀhrig, verlor er seinen Va-
ter, und seine Mutter leitete mit groĂer Umsicht und Sorgfalt
die Erziehung ihres einzigen Kindes. Der Knabe war von
zarter Konstitution und seinem jungen Leben drohten zwei
schwere Gefahren: einmal ein heftiges Fieber und sodann der
Sturz in einen Kanal. Durch die mutige Tat eines Mannes,
der ihm in das Wasser nachsprang, wurde er vom Tod des
Ertrinkens gerettet. Auf der Akademie" seiner Vaterstadt er-
hielt er Unterricht in Sprachen und in schönen Wissenschaf-
ten. Mit 16 Jahren bezog er zum Studium der Medizin die
Hochschule zu Bologna. In dem klassizistisch-poetisierenden
Stil jener Zeit, dem wir noch mehrfach begegnen werden, be-
zeichnet diese der Chronist T i s s o t als celebrem artis Macha-
onicae nutricem. M a c h a o n war bekanntlich Arzt im Heer
der Griechen vor Troja. Der junge Student tritt dort alsbald
in Beziehung zu den TrĂ€gern berĂŒhmter âNamen: M a 1 p i g h i,
Sandrio, Albertini und vor allen zu Antonio Maria
V a 1 s a 1 v a (geb. 1666, gest. 1723). Der letztere, jedem Me-
diziner bekannt durch den sog. V a 1 s a 1 v a sehen Versuch,
n. die sinus Valsalvae, war sein Lehrer in der Anatomie und
blieb ihm zeitlebens ein hochgeschÀtzter vÀterlicher Freund.
Im Jahr 1701, also mit 19 Jahren, erwirbt sich Morgagni
mit groĂer Auszeichnung den Doktorgrad der Medizin und
der Philosophie. Weiterhin wurde er Assistent und Prosektor
bei V a 1 s a 1 v a und unterstĂŒtzte diesen bei der Fertigstellung
seines berĂŒhmten Werkes vom Jahr 1705 ĂŒber das Gehöror-
gan: De aure humana tractatus, in quo integra ejusde.n auris
fabrica multis novis inventis et iconismis illustrata describitur.
Hier fndet sich auch ĂŒbrigens erstmals der Nachweis, daĂ bei
halbseitigen LÀhmungen und KrÀmpfen der ursÀchliche Er-
krankungsherd im Gehirn stets in der entgegengesetzten Seite
lokalisiert ist. Nebenbei trieb Morgagni lateinische und
griechische Sprachstudien und beschÀftigte sich mit Poesie,
Botanik, Geometrie, Hydraulik, Mechanik und Astronomie.
Sein erstes selbstĂ€ndiges Werk verfaĂte er mit 24 Jahren
i. J. 1706. Sein Titel lautet: Adversaria (â Handbuch) ana-
tomica prima. Es handelt de larynge vicinisque partibus, de
viis lacrymalibus et de foemineis generationis organis. Die
nÀchsten 2V2 Jahre setzte Morgagni seine Studien in Ve-
nedig und Padua fort. Er beschÀftigte sich hier besonders mit
der Zergliederung von Tieren, insbesondere Fischen, und be-
trieb auĂerdem chemische, pharmazeutische und physikalische
Studien. Sodann in seine Heimat Forli zurĂŒckgekehrt, wid-
mete er sich der Àrztlichen Praxis und gewann in kurzer Zeit
groĂes Ansehen, sodaĂ er auch von Ă€lteren Aerzten hĂ€ufig zu
Konsilien gebeten wurde. Sein Biograph Tissot rĂŒhmt von
ihm, er sei aufmerksam in der Beobachtung, vorsichtig in der
*) Dr. Johann Peter Frank, ein Lebensbild, von Hofrat Dr. K.
Doli 1909.
Prognose, glĂŒcklich in der Therapie gewesen â in observando,
attentus, in praedicendo cautus, in curando felix. Auf die
Dauer wurde ihm jedoch die Àrztliche TÀtigkeit zu anstren-
gend und so entschloĂ er sich gerne, Ende 1711 einem Ruf
nach Padua auf den Lehrstuhl der theoretischen Medizin zu
folgen als Nachfolger des V a 1 1 i s n e r i u s, der nach Bo-
logna berufen war. Antonio V a 1 1 i s n i e r i, geb. 1661, gest.
1730, ein SchĂŒler des Malpighi, hat sich als mikrosko-
pischer Forscher einen Namen gemacht. Er war zuerst Arzt
in Scandiano, dann seit 1700 Professor der theoretischen Me4
dizin in Padua, seit 1712 in Bologna. Bekannt ist er auch
durch entwicklungsgeschichtliche Arbeiten, in denen er u. a|
die Bedeutung des Eies fĂŒr die Entwicklung der Frucht aus-v
einandersetzt. Auch stammen von ihm wertvolle BeitrÀge zur
Entomologie und Botanik. Ihm zu Ehren ist eine Pflanzenart
aus der Familie der Hydrocharideen (FroschbiĂ) vallisneria
benannt.
Am 16. April 1712 hielt Morgagni in Padua in latei-
nischer Sprache seine Antrittsrede. Sie handelte von der rich-
tigen Vorbildung zum Studium der Medizin und von der rich-
tigen Ausbildung in derselben. Dieses Thema war also auch
frĂŒher schon aktuell. So sprach auch J. P. F r a n k in seiner
Antrittsvorlesung in Göttingen am 25. Mai 1784: De insti-
tuendo ad praxim medico.
In Padua, wo M o r g a g n i bis an sein Lebensende ver-
blieb, entfaltete er eine reiche schriftstellerische TĂ€tigkeit. Seine
sÀmtlichen Werke aus den verschiedensten Gebieten, insbeson-
der aus dem der normalen und der pathologischen Anatomie,
sind am SchluĂ der Tissot sehen Biographie einzeln aufge-
fĂŒhrt. Die meisten von ihnen sind in Form von Briefen an
zeitgenössische Aerzte, Anatomen und SchĂŒler abgefaĂt. So
auch die Krönung und Zusammenfassung seiner literarischen
TĂ€tigkeit, sein Hauptwerk de sedibus et causis morborum in
70 Briefen.
In breiter AusfĂŒhrlichkeit berichtet dann noch Tissot
ĂŒber die literarischen Fehden, in die M o r g a g n i mit seine»
Kollegen B i a n c h i undM a n g e t u s verwickelt war. Eben-
so sind eine Reihe auslÀndischer Akademien erwÀhnt, die ihn
zu ihrem Mitglied ernannten. Auch sonst hat es ihm an An-
erkennung bei Lebzeiten nicht gefehlt. Im Jahr 1763 ehrte
ihn seine Vaterstadt Forli durch Aufstellung seiner Marmor-
bĂŒste in einem öffentlichen GebĂ€ude. Neben einer schwung-
vollen Widmungsinschrift war dort folgendes Distichon als
Epigramm zu lesen:
Hic est ut perhibent doctorum corda virorum
Primus in humani corporis historia.
Dieser ist, wie es die Herzen der lebenden Gelehrten be-
zeugen, der erste in der Beschreibung des menschlichen
Körpers.
Ueber Morgagnis Persönlichkeit erfahren wir Fol-
gendes: In seiner Lebenshaltung liebte er Einfachheit und
RegelmĂ€Ăigkeit. Auch seine Therapie bevorzugte das Ein-
fache und UngekĂŒnstelte. Er lebte ja in der blutigsten Ader-
laĂzeit, hat andere hĂ€ufig damit behandelt und ausgiebige
Blutentziehungen am Hinterkopf durch Schröpfköpfe bei ge-
wissen bedrohlichen Gehirnerscheinungen neuerdings wieder
empfohlen (Epist II. 10). Es wird aber ausdrĂŒcklich von ihm
berichtet, daĂ er an sich selbst niemals einen AderlaĂ vorneh-
men lieĂ. Wir werden diesem eigentĂŒmlichen Zug noch bei
einem seiner VorlÀufer (W e p f e r) begegnen.
Morgagni hatte 15 Kinder: 3 Söhne und 12 Töchter.
Ein Sohn starb im Knabenalter, 4 Töchter als kleine Kinder.
Ein Sohn starb als verheirateter Mann und hinterlieĂ seinem
Vater noch die Sorge fĂŒr mehrere Enkel. Der dritte Sohn
trat in die Gesellschaft Jesu ein und die noch ĂŒbrigen 8 Töch-
ter gingen ins Kloster. Morgagni wird geschildert als
groĂer, stattlicher Mann von freundlichem und heiterem Ge-
sichtsausdruck, als blondhaarig und blauÀugig. Nach W o 1 tj
mann: âDie Germanen und die Renaissance in Italien"
(1905) war Morgagni, wie noch eine groĂe Reihe her-
vorragender Italiener jener Zeiten, KĂŒnstler, Gelehrte, Staats-
mÀnner, nach körperlichen Merkmalen und nach der Ablei-
tung ihrer Namen zu schlieĂen, germanischer (langobardi-
scher) Herkunft. Der Name Morgagni soll sich von dem
deutschen Morgan d, Mor gante herleiten. So ist ja
auch noch aus spaterer Zeit fĂŒr Italiens Bismarck, den Grafen
Ca vö u r (1810â 1861) durch Treitschke die Abstam-
mung von einem deutschen Richter namens Benz, der mit
Barbarossa nach Italien gekommen war, nachgewiesen.
Morgagnis Todestag ist der 5. Dezember 1771 . Er
erreichte also das hohe Alter von ĂŒber 89 Jahren. Sein in
Kupfer gestochenes Brustbild, in feierlicher Amtstracht mit
mĂ€chtiger AllongeperĂŒcke ist der oben erwĂ€hnten Ausgabe
Vom Jahr 1779 vorgeheftet.
Wenden wir uns nun zu einer kurzen Betrachtung seines
Hauptwerkes: De sedibus et causis morborum. Der Verfas-
er bezeichnet es als dessen Aufgabe, die anatomischen VerÀn-
derungen jeder Art und jeden Grades in allen und in jeden
Krankheiten zu schildern. Dabei tritt ĂŒberall das Bestreben
hervor, die in der Leiche festgestellten, von der Norm ab-
weichenden Befunde mit den wÀhrend des Lebens beobachte-
ten Krankheitserscheinungen in richtige Beziehung zu setzen.
Morgagni verfÀhrt dabei vorsichtig und kritisch, wenn es
ihm naturgemÀà auch nicht immer gelingt, bloĂe Leichenver-
Ànderungen von wÀhrend des Lebens entstandenen richtig zu
trennen. Die Anordnung des Stoffes in den insgesamt 70
Briefen ist derart, daà von jedem Fall zunÀchst eine kurze
Krankheitsschilderung, hĂ€ufig von ĂŒberraschender PrĂ€gnanz
und Anschaulichkeit gegeben wird. Dabei ist zu bedenken,
daà es sich bei dem völligen Mangel fast aller Untersuchungs-
rrethoden immer nur um Symptomdiagnosen, nicht um Be-
funddiagnosen handelt. An den Krankheitsbericht schlieĂt
sich der Sektionsbericht, wobei die PĂŒnktlichkeit und einge-
hende Genauigkeit der Autopsien vollste Bewunderung er-
weckt. Als drittes folgt dann eine eingehende kritische Betrach-
tung unter GegenĂŒberstellung von 1 und 2, und ausgiebigster
Bezugnahme auf andere Autoren. In dieser Weise abgehan-
delt sind neben FĂ€llen eigener Beobachtung noch solche sei-
nes Lehrers V a 1 s a 1 v a und einiger befreundeter Aerzte.
Das ganze Werk ist in 5 BĂŒcher eingeteilt. Das erste
handelt von den Krankheiten des Kopfes, das zweite von denen
der Brust, das dritte von denen des Bauches. Das vierte be-
faĂt sich mit chirurgischen Affektionen und mit solchen, die
sich auf den ganzen Körper beziehen. Das fĂŒnfte endlich ent-
hÀlt ErgÀnzungen zu den vier ersten.
Jedes der fĂŒnf BĂŒcher ist in schwungvoller Widmung
einem hervorragenden Mediziner zugeeignet. Darunter sind
drei Deutsche, ein EnglÀnder und ein Franzose, auffallender
Weise kein italienischer Landsmann, vielleicht deshalb, weil
Morgagni, wie schon erwÀhnt, mit seinen italienischen Fach-
genossen vielfach in erbitterter literarisch-wissenschaftlicher
Fehde lag. Auch sonst fĂ€llt bei Durchsicht der angefĂŒhrten
Autorennamen ein auĂerordentlicher internationaler Zug der
damaligen medizinischen Wissenschaft auf. Dies trifft be-
sonders auch fĂŒr das spĂ€ter noch zu besprechende Sepulchre-
tum des Bonetus zu. Die Gelehrten der KulturlÀnder Eu-
ropas sehen wir in lebhaftem brieflich-literarischem Verkehr
unter einander. Was heute die Kongresse sind, war damals
der briefliche Gedankenaustausch. Und es ist nicht zu ver-
kennen, daĂ die BrĂŒcke, die diesen Verkehr erleichterte, der
Gebrauch des Lateinischen als internationaler Gelehrtensprache
war.
Die drei Deutschen, denen Morgagni durch Widmung
je eines Buches Ehre erweist, sind Trew (Treu), Schrei-
be r und Meckel.
Christ. Jak. Trew (Treu), geb. 1695, gest. 1769, Arzt,
Anatom und Botaniker in NĂŒrnberg, war Mitglied, spĂ€ter
Senior und Dekan des Collegium medicum, d. h. der obersten
Gesundheitsbehörde der freien Reichsstadt NĂŒrnberg.
Joh. Friedr. Schreiber, geb. 1705, gest. 1760, ge-
burtig aus Königsberg, war in russischen, zuerst militÀrÀrzt-
lichen Diensten, dann Lehrer der Anatomie und Chirurgie an
der Hospitalschule (Chirurgenschule) in St. Petersburg.
Joh. Friedr. M e c k e 1 d. Ae., geb. in Wetzlar 1714, gest.
in Berlin 1774. Er war daselbst Professor der Anatomie, Ge-
burtshilfe und Botanik und ist bekannt als der Entdecker des
Ganglion sphenopalatinum (Ganglion Meckelii) und des
Ganglion submaxillare.
Der Franzose ist Petrus Senac, geb. 1693, gest.
1770, Leibarzt des Königs von Frankreich (I udwigs
XV.), bekannt durch ein Werk ĂŒber die pathologische
Anatomie und Physiologie des Herzens: âTraite de la struc-
ture du coeur, de son action et de ses maladies" (Paris 1749).
Als Beweis fĂŒr den kritischen Geist, der auch dieses Werk aus-
zeichnet, sei eine AeuĂerung aus demselben ĂŒber das vielum-
strittene Kapitel der Herzpolypen angefĂŒhrt. Das Zitat ist
dem spÀter genauer angegebenen Buch von W i c h m a n n
entnommen: âII arrive quelquefois que les Polypes sont flot-
tants, et queleurs surface est unie; il paroit donc, que de tels
polypes s'ils se formoient dans des corps vivants, pourroient
tres souvent changer de place, boucher les grandes arteres,
s'opposer À l'entree du sang dans les ventricules et par conse-
quent deranger le pouls; reste a savoir, si cescon-
jectures sont confirmees par quelque fai t".
Die Frage von der pathologischen Bedeutung der beweglichen
Kugelthromben, wie man sie dann nannte, ist auch spÀter
noch erörtert worden. W. Hertz hat ihnen in einer Ab-
handlung: âUeber Ă€ltere Thrombenbildungen im Herzen" (D.
Archiv f. KHn. Med. Bd. XXXVII) Àhnliche Eigenschaften und
Wirkungen, wie sie Senac vermutete, zugeschrieben. Da-
gegen spricht ihnen v. Recklinghausen in einer Er-
widerung in demselben Band des Archivs eine wesentliche
und selbstÀndige pathologische DignitÀt ab.
Endlich der EnglÀnder William B r o m f i e 1 d , geb.
1712, gest. 1792, chirurgischer Leibarzt des Königs von Eng-
land (Georgs II.). Sein bekanntestes Werk nennt sich Sylla-
bus anatomicus. Aus dem Widmungsbrief ersehen wir noch,
daà ein Sohn dieses EnglÀnders Bromfield bei Mor-
gagni studierte, in seinem Haus verkehrte und bei ihm zum
Doktor der Medizin und der Philosophie promovierte. Auch
dies ein Zeichen damaliger wissenschaftlicher InternationalitÀt.
Es mag hier erwĂ€hnt werden, daĂ von den vielen SchĂŒlern
Morgagnis nur einer es zur BerĂŒhmtheit gebracht hat.
Das ist Antonio Scarpa, geb. 1752, gest. 1832. Er war
Anatom und Chirurg in Pavia und verfaĂte mit 20 Jahren
(1772) sein berĂŒhmtes Werk: âDe struetura fenestrae rotundae
auris et de tympano secundario anatomicae observationes".
Er ist auĂerdem bekannt durch die Entdeckung des Nervus
nasopalatinus und die Beschreibung des nach ihm benannten
Dreiecks an der Vorderseite des Oberschenkels.
Um von dem wissenschaftlichen Gehalt von Morgag-
nis de sedibus et causis morborum einigen 'Betriff zu geben,
mö^en wenige Beispiele kurz angefĂŒhrt werden: Eine von
Valsalva stammende Beobachtung (Epist. I 2) ist in freier
Uebersetzung des Wesentlichen die folgende: Ein 13jÀhriger
Knabe, hervorragend begabt, dessen Schwester und Bruder
an Phthise gestorben waren, wÀhrend er selbst, ein Jahr zuvor
an einer EntzĂŒndung der linken Lunge gelitten hatte, wird von
Kopfschmerzen ĂŒber den Au.^en befallen. Auch diese schmerz-
ten und sonderten eine klebrige FlĂŒssigkeit ab. Am folgenden
Tag deliriert er. starrt die Umstehenden an, erbricht schleimige
Massen. Darauf wird er plötzlich von Konvulsionen befallen,
aus denen er in einen soporösen Zustand verfÀllt. Mehrfach
wird er noch von KrÀmpfen, verbunden mit erschwerter
Atmung durchrĂŒttelt. Endlich stirbt er. Aus dem Sektions-
bericht sei angefĂŒhrt: In der Brust war die rechte Lunge mit
der Pleura nicht verwachsen. Aber in ihrem oberen Teil,
nach dem SchlĂŒsselbein zu, enthielt sie einen Knoten (tuber-
culum). von der ungefĂ€hren GröĂe einer WalnuĂ, in der
kleine HohlrĂ€ume si>h befanden, angefĂŒllt mit einer Materie,
die nach Farbe und Weichheit der Marksubstanz des Gehirnes
glich und von hier hÀtte vielleicht, wenn der Knabe lÀnger
gelebt hÀtte, die Krankheit, der seine Geschwister erlegen
waren, ihren Anfang genommen. Die linke Lunge aber, die,
wie erwĂ€hnt, vor einem Jahr eine EntzĂŒndung durchgemacht
hatte, war am RĂŒcken mit der Pleura verwachsen. â Als der
SchÀdel geöffnet war, fand sich die harte Hirnhaut auf der
Seite der blutfĂŒhrenden GefĂ€Ăe dunkel verfĂ€rbt.
(Fortsetzung folgt.)
620
AuskĂŒnfte der Arzneimittelkommission.
40. Jahrg. â Nr. 43/44.
AuskĂŒnfte der Arzneimittelkommission der D. Ges. f. i. Med.,
unterstĂŒtzt vom D. Aerztevereinsbunde.
1. Anfrage eines Arztes ĂŒber das âWassersuchtpulver
Nephrisan".
Antwort der A. -K.
Nephrisan besteht angeblich aus Extract. Ononidis, Cort. Sam-
buci, Scilla maritima, Arum maculatum, Natr. sulfuric. und bicar-
honic. Indiziert soll es sein bei Aszites, allgemeinem Hydrops
und Folgen von Nephritis. Die diuretische Wirkung des Mittels
ist auf Grund dieser Zusammensetzung verstÀndlich. Ihre Be-
obachtung einer Herzexzitation ist eine sehr richtige, da das Gly-
kosid Scillain (Scillatoxin, Scillaren) in der Meerzwiebel zu den
Körpern der Digitalinreihe gehört und die Scilla bereits das Herz-
mittel der alten Aegypter gewesen ist. Sie werden aber mit
anderen Diuretizis besser fahren, weil die Scilla nieren-
reizend wirkt.
2. Anfrage eines Arztes ĂŒber das Olpe-Heilverfahren bei
Asthmaleidenden.
Antwort der A.-K.
Die Toko-Marah-PrÀparate, die als spezielle Heilmittel
gegen Asthma bezeichnet werden-, sind in keinem der Àlteren und
neueren HandbĂŒcher erwĂ€hnt. Ein sehr erfahrener Regierungs-
apotheker hat nie davon gehört. Da keine Deklaration gegeben
wird, muĂ das Heilverfahren als ein geheimes bezeichnet werden.
Die Anpreisung ist ĂŒbertrieben und irrefĂŒhrend. Dabei ist nicht
ausgeschlossen, daĂ das Heilverfahren bekannte Mittel gegen I
\sthma verwendet und Erfolg haben kann.
3. Anfrage eines Arztes ĂŒber die Verwendbarkeit des Mittels
Herniol.
Antwort der A.-K.
Extrakte von Herniaria glabra (Herniol) sind ebenso wie-
Extr. Uvae ursi auĂer bei Blasenkatarrhen bei Cholelithiasis
verwandt worden. Eine Einwirkung auf die Konkretionen ist]
ausgeschlossen, die gĂŒnstige Beeinflussung der lilhogenen i
Katarrhe zweifelhaft.
4. Anfrage eines Arztes ĂŒber das mit âriesenhafter Reklame
vertriebene Mittel Gichtosint".
Antwort der A.-K.
Die Zusammensetzung der Gichtosintsalbe ist folgende: Salizyl-"
sÀuremethylester, Menthol, Kampfer, Borax, Ichthyol. Die]
Gichtosintseife ist eine nach SalizylsÀuremethylester riechende
Toilettenseife. Die Gichtosinttabletten bestehen aus 70 Prozent!
Chlornatrium, Natriumsulfat, Natriumkarbonat, Kalziumkarbonat,
Magnesiumsalz und Spuren eines Lithiumsalzes. Die Salbe hat]
wegen des Mesotangehalts einen Schein von Berechtigung, die^
Tabletten wohl kaum.
Die Auskunftsstelle der A.-K. unter Leitung von Prof. Dr.
Holste- Jena, Neugasse 23, erteilt jedem deutschen Arzte unent-^
geltliche Auskunft ĂŒber Arzneimittel.
KON G RE SSBERI CHTE
Hundertjahrfeier Deutscher Naturforscher und
Aerzte, Leipzig, 17. bis 24. September 1922.
fS -MuĂ)
Berichterstatter: L. Pincussen (Berlin).
Der 21. IX. brachte im Rahmen der verschiedenen Chemischen
Abteilungen im Auditorium maximum der UniversitÀt vier be-
deutende VortrĂ€ge ĂŒber die Beziehungen der physikalischen
Chemie zu den anderen Naturwissenschaften. Die Sitzung wurde
eingeleitet von Wilhelm Ostwald, der auĂerdem In sein
spezielles neues Arbeitsgebiet die messende Farbenlehre, ein-
fĂŒhrte, deren Ergebnisse uns ganz neue Perspektiven eröffnen.
WĂ€hrend die Farbenlehre frĂŒher eine qualitative Lehre war, ist
sie nun, durch die Forschungen Oslwalds, zu einer quan-
titativen geworden, die uns erlaubt, an Hand der von ihm aul-
gestellten Farbentafeln jede Farbe durch gewisse Symbole ein-
deutig zu bezeichnen. (Diese Erfahrung ist, wie hier bemerkt
sei, bereits auf die Pathologie und Histologie von Christeller
und Poll ĂŒbertragen worden.) Nach O s t w a 1 d haben wir nicht
mehr 6, sondern 8 Hauptfarben anzunehmen; gelb, kreĂ (die
Orangefarbe der Kresse), rot, veil (das Violett des Veilchens),
ublau (Ultramarinblau), eisblau, seegrĂŒn und laubgrĂŒn. Jede
Farbe ist genau bestimmt durch den Farbton, ihren WeiĂgehalt
und ihren Schwarzgehalt. Die Zahl der möglichen Farben gehl
in die Millionen, und so war es unbedingt nötig, eine Normung
einzufĂŒhren, welches Problem von O s t w a 1 d restlos gelöst
wurde. Die Grundlage ist das Fechnersche Gesetz, das die Grund-
lage jeder Normung ĂŒberhaupt ist.
S v a n t e A r r h e n i u s (Stockholm) sprach ĂŒber die physi-
kalischen GesetzmĂ€Ăigkeiten bei den kosmisch-chemischen Vor-
gÀngen. WÀhrend etwa 1000 Millionen Jahren beherbergt die
Erde Organismen. WĂ€hrend dieser Zeit muĂ auch die Sonne
ziemlich unverĂ€ndert zur AuĂenwelt WĂ€rme gestrahlt haben.
Aeltere Versuche, diese enorme WÀrmestrahlung verstÀndlich zu
machen, gaben ungenĂŒgende Resultate. In der letzten Zeit sind
zwei Energiequellen nÀher untersucht worden, welche die Er-
klÀrung dieses PhÀnomens geben könnten. Die eine ist die
Wiedervereinigung der Elektronen mit den positiven Atomkernen,
wodurch der WÀrmeverlust der Sonne wÀhrend J000 bis 2000 Mil-
lionen Jahren gedeckt werden könnte. Die zweite ist die Ge-
wichtsabnahme des Wasserstoffs bei seiner ZusammenschlieĂung
zu schwereren Atomen nach der Proutschen Hypothese. Bei der
Annahme, daĂ die Sonne ursprĂŒnglich nur aus Wasserstoff be-
standen hĂ€tte, wĂŒrde diese Energiequelle den jetzigen WĂ€rme-
verlust wÀhrend vieler Milliarden Jahre ersetzen können; man
muĂ annehmen, daĂ der gröĂte Teil dieser Zeitspanne bereits ab-
gelaufen ist. â Die Hypothese, wonach die Stei ne ihre Temperatur
bei WĂ€rmeausstrahlung erhöhen können, ist nicht richtig, sodaĂ
die Russell-Eddingtonsche Theorie von den Riesen- und Zwerg-
sternen erheblich modifiziert werden muĂ. Die Wiederauf-
speicherung der strahlenden Energie in den sehr niedrig tempe-
rierten Gasnebeln geschieht dagegen unter Ausdehnung und Ab-
kĂŒhlung. Nach der Theorie von Seeliger ist hiermit die
Bildung neuer Sterne verknĂŒpft, indem leuchtende oder dunkle
Sterne in die Nebclmasse hereinwandern.
Viktor Moritz Goldschmidt (Kristiania) sprach ĂŒber
den Stoffwechsel der Erde. Unter dem EinfluĂ der Schwerkraft;
ist das verschiedenartige Material der Erde in konzentrischem
Schalen angeordnet. Die innerste Schicht besteht aus einem
metallischen Kern, wahrscheinlich aus Nickel-Eisen. Es folgte
dann eine hauptsÀchlich aus Sulfiden und Oxyden des Eisens be-'
stehende Schale, darauf eine innere und eine Ă€uĂere Silikatschicht.
Die Stoffsonderung in ihnen wird durch die Kristallisationsbahnen^
von SilikatschmelzflĂŒssen geleitet. In groĂen Tiefen bilden sich]
besonders dichte Kristallarten: so gehört auch der Diamant zw
den Bildungen groĂer Tiefen. Im ganzen betrachtet, fĂŒhrt der;
Stoffwechsel der Erde zu einer stÀndig fortschreitenden Son-j
derung, zu einer chemischen Differenzierung des Erdballes.
W. Nernst (Berlin) behandelte in seinem Vortrag die An-"
Wendungen der Quantenlehre auf photochemische Prozesse. Aus
den Untersuchungen der letzten Jahre hat sich ergeben, daĂ das"
Einsteinsche photochemische Aequivalenzgesetz nur prinzipiell
als absolut gĂŒltig anzusehen ist. Der photochemische ProzeĂ
stellt einen Uebergang eines Stoffes in eine energiereichere Form ;
dar. PrimÀr bewirkt das Licht lediglich eine Aufnahme von!
Energie; die daran anschlieĂenden Prozesse haben mit dem Licht,
direkt nichts mehr zu tun, sondern sind reine Dunkelreaktionen.
Was die VorgÀnge in der photographischen Platte betrifft, sol
ergibt sich aus den Untersuchungen, daĂ wir bei weitem noch:
nicht das Maximum der Empfindlichkeit erreicht haben, und daĂ,
wir bei Auswertung der neuen Versuchsergebnisse erheblich!
mehr erreichen können. Unsere besten photographischen Platten]
haben nur den 600. Teil der möglichen Empfindlichkeit. Jn Zu-i
kunft ist eine unmittelbare PrĂŒfung der Platten möglich. Nernst]
geht dann speziell auf die Anwendung der Quantentheorie bei der
photographischen Platte ein und ventiliert die Schwierigkeiten inj
dieser Beziehung.
In einer gemeinsamen Sitzung einer Reihe chemischer und
medizinischer Abteilungen wurde zusammenfassend der jetzigem
Stand der Fermentlehre behandelt. Als erster sprach W i 11-
s t Ă€ 1 1 e r (MĂŒnchen) ĂŒber die Gewinnung von Enzymen. In ein-
dringlicher Art legte er die" Schwierigkeiten dar, zu reineren]
EnzymprĂ€paraten zu gelangen, und geiĂelte scharf die von!
manchen Seiten ausgesprochene Ansicht, daĂ die Natur der Fer-j
mente uns bereits bekannt sei, sodaĂ wir sie schon bestimmten
Gruppen einordnen können. Vor allem wandte er sich gegen die.
Ansicht, die Enzyme einfach als Kolloide, zu reklamieren. Der;
Weg, der uns zu einer genaueren Kenntnis der Fermente fĂŒhrend
kann, ist nach WillstÀtters Meinung, wenigstens zunÀchst]
einmal, der rein chemische. Wir mĂŒssen versuchen, wie es den
Vortragende ja in seinen Arbeiten gezeigt hat, die zunÀchst mit"
zahlreichen Ballaststoffen belasteten Fermente mehr und mehr
von diesen zu befreien und zu gleicher Zeit die Wirksamkeit der
so erhaltenen PrÀparate dauernd zu kontrollieren. Auf diese
Weise gelangt man bei exakter Arbeit zu PrÀparaten, derenl
Wirkung die der AusgangsprÀparate um das Vielhundertfache;
ĂŒbersteigt. Auf diesem Wege muĂ weiter geschritten werden: era
bringt uns vielleicht einmal schlieĂlich das reine Ferment.
v.-Euler (Stockholm) sprach ĂŒber Ergebnisse und Ziele der:
allgemeinen Enzymeheinie. Alle Beobachtungen und Messungen
an Enzymen mĂŒssen sich auf die Kinetik der Enzymreaklionl
40. Jahrg. â Nr. 43/44.
KongreĂ berichte
621
StĂŒtzen. FĂŒr diese Untersuchungen ist eine grĂŒndliche chemtsch-
nrÀparative Vorbereitung, Reinigung und Anreicherung des
Enzvmmaterials von auĂerordentlicher Bedeutung. Durch physi-
kalisch-chemische Messungen konnte eine angenÀherte Beziehung
zwischen absolutem Enzymgehall und absoluter Wirksamkeit auf-
gestellt werden. Euler erörtert dann die Ziele, welche sich aus
den neuen Ergebnissen und Methoden fĂŒr die Physiologie er-
leben. So kann im Gebiet der Mikrobiologie das Problem der
Anpassung und VariabilitÀt exakt angegriffen werden. An Er
^einrissen aus dem Stockholmer Laboratorium zeigte der Redner
Art und Bedingung des zeitlichen Verlaufes von Anpassung und
Fnzvmbildung.
C. Neuher g (Berlin") begann seinen Vortrag ĂŒher Ergeb-
nisse der neueren GĂ€rungsforschung mit der Feststellung, daĂ das
Jahr 1922 auch fĂŒr die GĂ€rungsforschung eine JubilĂ€um szeit be-
deute, da gerade vor 100 Jahren Döb bereiner die bedeutungs-
volle Beziehung zwischen Alkohol und Azetaldehyd auffand und
A v o g a d r o die richtige Formel des Weingeistes entdeckte.
Vor 50 Jahren stellte W i s 1 i c en u s fest, daĂ die Kohlenhydrate
die Quelle aller Muskelkraft und aller energetischen Leistunsen
Bilden. Die Frage nach dem Umsatz der Zuckerarten ist ein
Zentralproblem der Biochemie. Die Forschungen ĂŒber den
Kohlenhydratumsalz sind zum groĂen Teil an Mikroorganismen,
besonders an der Hefe, studiert worden. In 100 jÀhriger Arbeit,
die besonders an die Namen Gay-Lussac, Liebig.
Pasteur und Biichne r anknĂŒpft, wurden die qualitativen
und quantitativen Prozesse bei der GĂ€rung geklĂ€rt, ohne daĂ
jedoch ĂŒber den eigentlichen Chemismus des GĂ€rungsvorganges
etwas bekannt geworden wÀre. Die weiteren Forschunsen sind
zum groĂen Teil dem Vortragenden zu verdanken. Er zeigte zu-
erst, daĂ durch ein besonderes Ferment, die Karboxylase. Brenz-
traubensÀure von der Hefe ebenso wie Zucker vergoren wird.
Abwechselnd finden Oxydationen und Reduktionen am Zucker-
molekĂŒl statt. Durch das sogenannte Abfangverfahren wurde als
Zwischenstufe Azetaldehyd festgestellt unter gleichzeitiger
Bildung von Glyzerin. An diese zweite GĂ€rungsform schlieĂt
sich eine dritte an, die bei Gegenwart von Alkalien verlÀuft: der
Zucker zerfÀllt in EssigsÀure, Glvzerin, Alkohol und Kohlen-
sÀure. Eine vierte GÀrungsmöglichkeit ist in der Bildung von
RuttersĂ€ure gegeben, einer Reaktion, die gleichfalls ĂŒber die
Stufe der BrenztraubensĂ€ure und des Azelaldehvds fĂŒhrt. Endlich
konnte noch eine fĂŒnfte VersĂ€rungsmöglichkeit festgestellt
werden, indem durch ein von Neuberg und Hirsch ont
decktes Ferment Karboligase, das sich gleichfalls in der Hefe
findet, das bei der GĂ€rung entstehende Azetaldehvd an zugesetzte
fremde Aldehyde zu Produkten mit lÀngerer Kohlenstoffkette se-
bunden wird. FĂŒr alle GĂ€rungswege ist die Azetaldehydstufe
charakteristisch: von hier ab geht die weitere Umsetzung ver-
schiedene Wege, teils zu tieferen, teils zu höheren Produkten.
Als letzter Redner sprach Wieland (Freiburg) ĂŒber den
Mechanismus der OxvdationsvorgÀnge.
In einer kombinierten Sitzung der Chirurgischen Abteilung;
mit anderen Sektionen sprach H. Schade (KieP ĂŒber die Be-
deutung der physikalischen Chemie fĂŒr die Chirurgie. Nach einem
Ueberblick ĂŒber die Grundbegriffe der kolloidalen Lösungen
skizzierte er die praktischen Beziehungen, die fĂŒr den Chirurgen
von Wichtigkeit sind. Der erste BerĂŒhrungspunkt war vor unffe-
fÀhr 20 Jahren die Kryoskopie des Harnes und des Blutes zwecks
Indikationsstellung zur Nephrektomie. Die Ansichten ĂŒber den
Wert der Methode waren bekanntlich sehr geteilt, und der Kamnf
wurde in beiden Lagern mit groĂer Hitze gefĂŒhrt. Es stellt sich
jetzt heraus, daà die Wahrheit ungefÀhr in der Mitte liest. Auch
bei normalem Gefrierpunkt des Blutes kann eine erhebliehe se-
samte Insuffizienz der Nieren vorhanden sein, indem das Plus
an osmotischem Material durch Aufnahme ins Bindegewebe oder
durch HydrÀmie verdeckt ist. Anderseits braucht eine Gefrier-
punklserhöhung ĂŒber f â 0,59 noch keine strikte Gegenindikalion
zu Nephrektomie zu bedeuten, da bei Kreislaufstörungen im
Nierengebiel, z. B. bei groĂen Tumoren im Leibe, bei Nierenstein-
koliken wĂ€hrend des Anfalls der Gefrierpunkt weit ĂŒber 0,60 an-
steigen kann. Die Kryoskopie behÀlt trotzdem ihren Wert, sie ist
jedoch durch andere Methoden zu ergÀnzen, so durch gleich-
zeilige Bestimmung des EiweiĂgehaltes mit Hilfe der Refrak-
tometrie. Besonderes Interesse verdient die Methode von
E-lfeldt, die Blutkryoskopie wÀhrend der Volhardschen
Wasser- und DĂŒrstbelastung durchzufĂŒhren.
Vortragender streift dann die, Wichligkeil der Kolloidchemie
fĂŒr den ProzeĂ der Wundheilung und gehl dann auf die Reden
hing der physikalischen Chemie fĂŒr die EntzĂŒndung ein, im
wesentlichen auf Grund der Versuche von Eden. Das funda-
mentale physiko-chemischc Kennzeichen der EntzĂŒndung ist die
lokale Steigerung des Gewebsstoffwechsels. Hier ist der oxy-
dative Abbau erheblich gesteigert, die Zahl der Lösungs-
teilchen im EntzĂŒndungsherd nimmt zu und damit der osmotische
Druck. Dieser kann enorme Höhen erreichen: im Eiter der
akuten EntzĂŒndung wurde Gefrierpunktserniedrigung bis /i â 1,4
gefunden. Vom Zentrum zur Peripherie findet sich ein steiles
osmotisches GefÀlle. Die Wege, welche die Therapie beschreitet,
erzielen einen Ausgleich dieser VerhÀltnisse. Wird bei der In-
zision der Zentralherd der Stoffwechselsteigerung aus dem Ge-
webe entfernt, so versiegt wie mit einem Schlage die Quelle des
schÀdlichen Zustromes und das Blut kann mit Leichtigkeit das
osmotische Gleichgewicht wiederherstellen und die damit Hand
in Hand gehende Azidose zum Schwinden bringen. In ganz ent-
gegengesetzter Weise wirkt die llypcrÀmiebchandlung, die von
der Peripherie her die erforderliche Entlastung bringt und auf
diese Weise eine Nivellierung der physiko-chemischen Störung
erreicht. Auf beide Weise kann der âosmotische und ionische
Stausee" des EntzĂŒndungsherdes reguliert werden. Ein weiteres
den Chirurgen sehr interessierendes Problem isl das der Gewebs-
quellung, auch die Bildung und Lösung von AdhÀsionen lassen
sich kolloidchemisch definieren und diese Kenntnis lĂ€Ăt sich fĂŒr
praktische Methodik ausbauen.
Die Entstehung der Steine der 'lalle und der Niere i-,1 durch
die physikalische Chemie in ihren HauptzĂŒgen geklĂ€rt, sodaĂ
sich aus der Struktur des Steines gute RĂŒckschlĂŒsse auf die Be-
dingungen zur Zeit seines Entstehens und Wachsens gewinnen
lassen. Besonders interessiert noch die Bruchfestigkeit der
Knochen, die vor allem auf dem kolloiden GerĂŒst aufgebaut ist,
wĂ€hrend die anorganische Substanz nur fĂŒr die HĂ€rle, nicht aber
fĂŒr die Festigkeit maĂgebend ist. Die ElaslizitĂ€t d^s Knochens
ist eine Funktion seiner kolloiden Natur; sie ist vollkommen nur
bei völlig normalen VerhÀltnissen und wird schon bei leichten
EntzĂŒndungen stark gestört, sodaĂ als Ergebnis Deformierungen,
bisweilen sehr langsam sich ausbildende, entstehen. Zum SchluĂ
streift der Redner noch kurz die Beziehungen der physikalischen
Chemie zur Desinfektion, zur LokalanÀsthesie, zur Narkose, so-
wie zu manchen therapeutischen Eingriffen, z. R. der- Magnesium-
therapie bei Tetanus.
In einer gemeinsamen Sitzung âUeber Elektrolytwirkungen im
Organismus" sprach zuerst Wo. Ostwald (Leipzig) ĂŒber Kol-
loide und Elektrolyte, indem er die Wechselwirkung
dieser beiden Klassen unter besonderer BerĂŒcksichtigung der
Kolloidchemie beleuchtete.
Als zweiter Redner sprach R. H ö b e r (Kiel) ĂŒber die
Wirkungen der Ionen an physiologischen GrenzflÀchen. Er gab
ein Bild von den Theorien der physiologischen Ionenwirkungen,
das sich in den letzten -drei Jahrzehnten im AnschluĂ an die
Theorie von Arrhenius herausgebildet hat. Wir wissen heule,
daĂ kein Organ unseres Körpers, ĂŒberhaupt kein Lebewesen,
normal reagieren kann, wenn nicht die richtige lonenmischung
vorhanden ist, daĂ schon kleine Abweichungen zu erheblichen
Störungen Anlaà geben können. Beispiel swreise stören schon
geringe Abweichungen des Kalium- oder Kalziumgehaltes die
HerztÀtigkeit ganz erheblich. Als TrÀger elektrischer Ladungen
sind die Ionen der wesentliche Faktor bei der Beizung durch elek-
trischen Slrom, anderseits ist ihre Bewegung Ursache fĂŒr die
Hervorbringung elektrischer Ströme.
Zur Entfaltung ihrer Wirkung brauchen die Ionen nicht in
die Zellen einzudringen; sie treten mit der OberflÀche der Zellen,
der physiologischen GrenzflÀche in Aktion. Aus der Tatsache,
^laĂ die Zellen selbst TrĂ€ger elektrischer Ladungen sind, und daĂ
diese mit denen der Ionen in Wechselwirkung treten, resultieren
LadungsverÀnderungen, die sich z. B. bei Blutkörperchen in
A ggl u I i na I i on ser scheinungen Ă€uĂern können. Hierzu gehört auch
die neuerdings viel studierte Erscheinung der Senkungsgeschwin-
digkeit der Blutkörperchen bei der Schwangerschaft. Ferner er-
geben sich aus der Wechselwirkung von Ionen und Zellgrenz-
flÀchen die bioelektrischen Ströme, eine Erscheinung, welche man
modellmĂ€Ăig durch Verbindung von Salzen mit âOelen", wasser-
unlöslichen Substanzen nachahmen kann. Endlich wird durch eine
Aenderung der normalen Ionenmischung eine Aenderung der
DurchlÀssigkeit der an diese Mischung grenzenden ZelloberflÀche
hervorgerufen, was natĂŒrlicherweise eine Aenderung des Stoff-
wechsels zwischen Zellinnerem und Zellumgebung zur Folge hat.
Bei der auĂerordentlichen Bedeutung, welche diesen Studien fĂŒr
die Erkenntnis der GrundphÀnomene des Lebensprozesses zu- '
kommt, ist es heule eine Hauptaufgabe der Physiologie, die Er-
gebnisse der physikalischen Chemie der Zellphysiologie nutzbar
zu machen.
Als driller sprach Spiro (Basel) ĂŒber die Wirkung der
Ionen auf die Zellen und Gewebe. Die Wichtigkeit der Arrhenius-
schen Theorie lĂ€Ăt sich auch am Tierversuch in sehr einfacher
Weise zeigen. Von den im Organismus hauptsÀchlich vorkom-
menden Stoffen ist in den letzten Jahren eigentlich von allen
eine ausgesprochene Wirkung festgestellt worden, in dem Sinne,
daĂ jeder dieser Elektrolyte im Organismus eine spezielle Bolle
zu spielen scheint. Besondere Aufmerksamkeit ist den Ionen des
Wassers geschenkt worden. Man hat die Wirkung der Ionen als
Synergismen und Antagonismen aufgefaĂt, Vorstellungen, an
denen grundsĂ€tzlich Kritik geĂŒbt werden muĂ. Der Organismus
besitzt Regulationsvorrichtungen, um Verteilung und Ausschei-
dung der Elektrolyte zu regeln. Ferner kommt ihm das Ver-
mögen zu, die Ionen teilweise in komplexe Körper ĂŒberzufĂŒhren
und sie damit auszuschalten. Praktisch wichtig ist die Lehre von
dem 'Zusammenwirken der Ionen, dem sogenannten Ionengleich-
gewicht fĂŒr die Herstellung von NĂ€hrböden, NĂ€hrlösungen usw.
geworden. Andererseits fĂŒhrt auch eine RrĂŒcke zur Klinik, indem
die Bedingungen pharmakologischer Wirkungen hierdurch einer
exakteren Analyse zugÀnglich wurden. Die rein physikalisch-
chemische Vorstellung reicht fĂŒr die Lösung des Problems der
SpezifitĂ€t zwar nicht aus, sie muĂ aber allen Annahmen ĂŒber
reversible pharmakologische Wirkungen zugrunde gelegt werden.
l>22
KongreĂberichte
40. Jahrg. â Nr. 43/44.
AnschlieĂend sprach Martin Mayer (Hamburg) ĂŒber das
neue Trypanosomenheilmittel Bayer 205 und seine Bedeutung fĂŒr
die chemotherapeutische Forschung. (Der Vortrag ist in D. m. W.
Nr. 39 erschienen.)
Der 22. IX. brachte eine gemeinsame Sitzung der Pathologi-
schen, Anatomischen, Inneren, Chirurgischen und Röntgenologi-
echen Gruppe ĂŒber das Thema Ulcus duodeni.
Als erster sprach v. Bergmann Frankfurt): Er gab eine
EinfĂŒhrung in die Materie sowie eine Uebersicht ĂŒber Dia-
gnostik und Therapie vom Standpunkt der In-
neren Medizin.
Als zweiter sprach Georg R. Gruber (Mainz) ĂŒber die
Pathologische Anatomie. Das peplische Duodenalge-
schwĂŒr ist absolut hĂ€ufiger, als man frĂŒher auf Grund anatomi-
scher Feststellungen annahm. Es steht an HĂ€ufigkeit dem Ma-
gengeschwĂŒr nur wenig nach, tritt auch bisweilen vereint mit
dem MagengeschwĂŒr auf und findet sich bei allen Altersklassen,
jedoch in zunehmender Zahl bei zunehmendem Alter. Die Ge-
schwĂŒre des Zwölffingerdarms haben ihren Sitz ganz ĂŒberwie-
gend in dem oberen QuerstĂŒck, und zwar knapp hinter dem
Magenpförtner an der RĂŒckwand. WĂ€hrend diese vielfach unbe-
merkt getragen werden, machen die selteneren GeschwĂŒre der
Vorderwand in der Regel ernstere Krankheitssymptome. Sie sind
spontan ebenso leicht heilbar wie die MagengeschwĂŒre; auch die
Komplikationen des Duodenalulkus sind nicht hÀufiger und
ernster als die des Magens. Zu katastrophaler Blutung fĂŒhren
sie selten. Krebsbildung auf dem Boden eines GeschwĂŒres kommt
fast nicht in Frage. FĂŒr die Entstehung kommen auĂer der pep-
tischen Wirkung des Magensaftes ErnÀhrungsstörungen der
Duodenalschleimhaut in Frage auf Grund von Zirkulationsstörun-
gen verschiedener Art. Prognostisch ist das DuodenalgeschwĂŒr
nicht anders zu beurteilen als das peplische MagengeschwĂŒr: es
ist durchaus nicht bösartiger als dieses. Die AusfĂŒhrungen von
Akerlund (Stockholm) und Haudek Wien) ĂŒber die Rönt-
gendiagnostik befaĂten sich mit dem Spezialstudium des
Bulbus, dem eine auĂerordentliche Wichtigkeit zukommt. Das Lo-
kalstudium gibt eine Möglichkeit fĂŒr das bessere VerstĂ€ndnis un-
geklÀrter Fragen, so der initialen HypermotilitÀl, der paradoxalen
Retention, der Hungerschmerzeh und der PeriodizitÀt der sub-
jektiven Beschwerden. Vortragende haben fĂŒr diese Unter-
suchungen eine besondere Technik ausgebildet. Eine Reihe von
Bemerkungen zur Diskussion geben weitere Einzelheiten zu der
behandelten Frage.
W e i g e 1 d t (Leipzig) zeigte die W i r k u n g der L u f t e i n-
blasung in den W i r b e 1 k a n a 1 nach dem Bingelschen
Verfahren. In einer groĂen Reihe von FĂ€llen konnten Ge-
schwĂŒlste und andere VerĂ€nderungen festgestellt werden, deren
Diagnose sonst nicht möglich war.
Aus der Physiologischen Sektion ist ein Vortrag von Win-
ter st ein (Rostock' ĂŒber die Physiologie der Totenstarre zu
erwÀhnen. Einige Zeit nach dem Aufhören des Blutkreislaufes
tritt bekanntlich eine allgemeine Muskelstarre auf, die sich spÀter
wieder löst. Von den frĂŒher aufgestellten Theorien hat sich keine
als stichhaltig erwiesen; neue Forschungen sprechen dafĂŒr, daĂ
es sich um einen Vorsang handelt, der der Muskelkontraktion
fast identisch ist: es bildet sich hier wie da MilchsÀure, die zu
einer Quellung der Muskelfasern infolge Wasseraufnahme und
damit zu einer Zunahme der Spannung fĂŒhrt. Dieser ProzeĂ ist
bei der Totenstarre sehr stark ausgeprÀgt: der erheblichen Span-
nungszunahme folgt mit einer Lösung der Struktur der Muskel-
fasern sodann eine Lösung der Starre.
Ein schönes zusammenfassendes Bild ĂŒber die physiologische
Umformung von EiweiĂkörpern gab der Referat Vortrag von A.
Kos sei (He<delb"rg\ der infolge Abwesenheit des berĂŒhmten
Physiologen von F. v. MĂŒller mit manchen ZusĂ€tzen, die der
Denkweise MĂŒllers entsprechen, verlesen wurde. AnschlieĂend
daran referierte Knoop (Freiburg) ĂŒber oxvdativen Abbau und
wechselseitigen Umbau der HauptnÀhrstoffe unter besonderer Be-
tonung des von ihm gefundenen, wenn auch nicht allgemein an-
erkannten Prinzipes der Ă Oxydation beim Abbau der aus dem
EiweiĂmolekĂŒl und aus anderen Substanzen hervorgegangenen
FettsÀuren. Ueber die Lehre vom Farbensehen auf Grund neuerer
Untersuchungen referierte v. II e Ă (MĂŒnchen). Er ging von der
Blau-gelb-Unterwertigkeit aus, von der UebergÀnge zur totalen
Farbenblindheit fĂŒhren. Seine AusfĂŒhrungen', die von K r i e s
'Freiburg) scharf angegriffen wurden, gipfelten, was das Prak-
tische anbetrifft, darin, daĂ die Untersuchungen auf FarbentĂŒch-
tigkeit nach der Methode von S t i 1 1 i n g und Nagel ganz wert-
los sind, daĂ ebenfalls die PrĂŒfung mit dem Anomaloskop und
die perimetrischc Untersuchung ganz zwecklos sind. Hof mann-
(Bonn;) referierte auf Grund eigener Versuche ĂŒber die Grund-
lagen der egozentrischen (absoluten) optischen Lokalisation und
gab sehr interessante Einzelheiten ĂŒber die Orientierung im
Baum, indem er die egozentrische Lokalisation als einen Spezial-
fall hinstellte. In der gleichen Sitzung sprach Kohlrausch
(Berlin) ĂŒber die Acquivalenz der Farbschwellen. Schanz
^Dresden), von verschiedenen Seiten scharf angegriffen, ĂŒber
biologisch" Lichtwirkungen, unter anderem auch ĂŒber eine
Theorie des Sehens auf der Grundlage des Hallwachs-Fffektes
Endlich zeigte Pincussen (Berlin), daĂ die vielumstrittene
Lichtwirkung auf Fermente (Diastase, Urease), abhÀngig von
einer Reihe von Faktoren ist, deren vielleicht wichtigster die
Wasserstoffionenkonzentration ist. Den gröĂten schĂ€digenden
EinfluĂ ĂŒbt das Licht auf die Fermente bei einer Reaktion aus.
die fĂŒr ihre Wirkung sonst die gĂŒnstigste ist.
Die Pharmakologische Sektion brachte unter anderem eine
Mitteilung von Gottlieb (Heidelberg) ĂŒber die Wirkung der
Digitalis. Auf Grund von Froschversuchen konnte er zeigen, daĂ
bei Gaben von therapeutischen Dosen eine Anreicherung der
Digitalissubstanzen im Herzen stattfindet, und zwar in wirksamer
Form, woraus eine langdauernde Wirkung resultiert.
In der Pharmazeutischen Sektion erörterte Thoms (Berlin
die chemische Vererbung in Pflanzenfamilien an Beispielen aus
der Familie der RautengewĂ€chse. In den BlĂŒten und FrĂŒchten
der Vertreter dieser Familie finden sich spezifische chemische
Bestandteile â Ketone und Kumarinderivate â , sodaĂ die Ver-
wandtschaft schon dadurch offensichtlich ist. Aehnliche Bestand-
teile finden sich auch in nahestehenden Familien, z. B. in den
Orangen, BergamottefrĂŒchten und Zitronem. Die Erforschung
dieser VerhĂ€ltnisse ist chemisch von groĂer Wichtigkeit, insbe-
sondere auch, wie weit Ă€uĂere EinflĂŒsse, wie Klima, Licht, Luft
und BodenverhÀltnisse hierbei eine Rolle spielen.
Die innere Sektion brachte u. a. einen Vortrag von G u d z e n I
(Berlin) ĂŒber BeitrĂ€ge zum Gichtproblem, in welchem der
Vortragende seine Ansicht ĂŒber die ZurĂŒckhaltung der Harn-
sÀure in den Geweben durch neue Versuche erweiterte. Dresel
(Berlin) sprach ĂŒber experimentelle Untersuchungen ĂŒber die
zentrale Regulation des Blutdruckes und Blutzuckers. Wird der
Hirnstamm des Kaninchens zwischen verlÀngertem Mark und den
subthalamischen vegetativen Zentren durchschnitten, so tritt
neben der Störung der WÀrmeregulation eine Störung sowohl
der Regulation des Blutzuckers wi" des Blutdruckes ein. Die
Vaguspulse werden primÀr vom Blutdruckregulationszentrum im
Zwischenhirn und nicht, wie bisher angenommen, vom Vagus-
zentrum in der Medulla oblongata ausgelöst. Ferner winde
gezeigt, daà die Höhe des von den subthalamischen Zentren regu-
lierten Blutdruck- und Blutzuckerspiegels vom Striatum aus ein-
gestellt wird.
Pincussen (Berlin) sprach ĂŒber das Verhalten der Harn-
sĂ€ure im Blut und Harn und zeigte, daĂ die mit der ĂŒblichen
Methodik im Blute nicht nachweisbare HarnsÀure ganz ver-
schieden gebunden sein kann, und daĂ sie je nach der Bindung
durch verschiedene Mittel, z. B. Fermente oder Sinn en, in Freiheit
gesetzt werden muĂ. Ueber das Verhalten des Reststickstoffes
im Blute bei der Reizkörpertherapie sprach Locwe Leipzig .
Unmittelbar nach der Injektion fand sich ein deutlicher Anstieg
des Reststickstoffs, der aber nach einiger Zeit wieder abklang.
Die Schwierigkeiten, welche bei der Deutung der VerÀnderungen
des Reststickstoffs sich ergeben, wurde in einer kurzen Dis-
kussionsbemerkung von IL StrauĂ Berlin beleuchtet. II ein.
(Erlangen) sprach ĂŒber die Giftigkeit des Pfeifentabaks, des
Zigarren- und Zigarettenrauches. Der Nikotingehalt der Ziga-
retten ist verhĂ€ltnismĂ€Ăig am gröĂten: FĂŒr die Giftwirkun"
kommt vor allem die Resorption des Nikotins in Frage, die l>e'
dem sogenannten Lungenrauchen weitaus am gröĂten ist. Z
dem gleichen Thema gehört ein anderweitig gehaltener Vortrag
von Sattler (Königsberg), der bei Sehstörungen durch Tabak-
und Alkoholvergiftung erweisen konnte, daĂ die Mehrzahl de
Patienten selbstgebauten, nur einfach getrockneten Tabak ge-
raucht bezw. gekaut hatten, der ungefÀhr die doppelle Meng
Nikotin wie der richtig zubereitete Handelstabak enthÀlt. Aue
er hÀlt das Einatmen des Rauches in die Lunge und auch sonstig
unhygienische Art des Rauchens fĂŒr besonders schuldig an den
Vergiftungen. Piorkowski (Berlin) sprach in der Derma to»
logischen Abteilung ĂŒber ein neues Prinzip der Gonorrhoetherapie
mit Hilfe einer Kombination von Kobalt- und Eisensalzen unte
Zusatz von sauerstoffabgebenden Verbindungen.
Ein reichhaltiges Programm wies die Sektion fĂŒr Tierheil
kuhde auf. v. 0 s t e r t a g (Stuttgart) sprach ĂŒber ..Die Tier
heilk unde und der Wiederaufbau'". Er schilderte, wi
die Tierheilkunde als Helferin der tierhaltenden Landwirtschaff
deren Erzeugung vor allem durch veterinĂ€rhygienische MaĂ
nahmen und durch die kurative TĂ€tigkeit des einzelnen Ar/1
steigern könne. Durch Lockerung des VeterinÀren Grenzschutz^
wÀhrend des Krieges seien die BeschÀlseuche und die Lungen-
seuche in das Deutsche Reich eingeschleppt worden, und di
Tollwut habe eine Verbreitung erlangt wie nie zuvor. Dcshal
mĂŒsse der Grenzschutz wieder straffer gehandhnht werden. Di
Fleischbeschau-Gesetzgebung mĂŒsse die Erhaltung möglichs
allen Fleisches anstreben, das fĂŒr die menschliche Gesundhei
nicht direkt nachteilig sei. Solange es in Deutschland ein
Fleischnot gĂ€be, mĂŒssen die Auslondsfleischbesehaubestimmun
gen in so entgegenkommender Weise gehandhabt werden, wi
es der Schutz der menschlichen Gesundheit zulasse. Von de
wiederaufbauenden TÀtigkeit des Tierarztes erwÀhnte der Redne
das planmĂ€Ăige operative Vorgehen gegen die SterilitĂ€t de
Rinder, durch das mehr als 50% der Tiere der Zucht erhalle
werden können, den Gebrauch zuverlÀssiger Impfstoffe gesfe
Seuchen, die Ausmerzung der mit offener Tuberkulose behaftete
Rinder, die DurchfĂŒhrung hygienischer und anderer MaĂnahme
gegen das seuchenhafte Verkalben und Verfohlen und gegen viel
andere Krankheiten.
40. Jahrg. â
Nr. 43/44.
Referate
623
l.ĂŒhrs (Berlin") berichtete ĂŒber die ansteckende Blutarmut
der Pferde, eine leider jetzt auch in Deutschland auftretende ver-
heerende Seuche, die wahrscheinlich durch stechende Insekten
ĂŒbertragen wird, und zwar nicht nur durch den Stich des In-
sektes, sondern auch vor allem durch Futterinfektionen. Bei der
Schwierigkeit der Diagnose vor allem ist es unbedingt notwendig,
Heil und Schutzsera, die vom Pferde stammen, weilgehendst zu
prĂŒfen.
In der am 20. IX. abgehaltenen GeschÀftssitzung wurden die
Wahlen fĂŒr den Vorstand und den wissenschaftlichen AusschuĂ
Vorgenommen, /.um stellvertretenden Vorsitzenden wurde W. Iiis
(Berlin) gewÀhlt, als Ort der nÀchsten Versammlung 1(t'2l wurde
Innsbruck in Aussicht genommen. Di° Grsell*cnafl beschloĂ
ferner, sich in zwei Eingaben an das Beichsininisleriiim des
Innern, zu wenden. In der einen wurde die Notwendigkeit betont,
die der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft bereits ge-
wahrte UnterstĂŒtzung in einem der neuerdings eingetretenen
Qeldentwertung entsprechenden VerhÀltnis zu erhöhen. In der
anderen empfiehlt die Gesellschaft aufs wĂ€rmste jede MaĂregel,
die geeignet erscheint, die Wirksamkeil der Beichszenli ale fĂŒr
naturwissenschaftliche Berichterstattung zu immer weiterer Eni
faltung zu bringen.
REFERATENTEIL
Aus den neuesten Zeitschriften
Medizinische Klinik, Berlin.
18. Juni 1922, Nr. 25.
Rheumat «miis und Erkaltung. Rods, IC. 78:i.
Beziehungen der Geburtshilfe und GynÀkologie zum Krieg und zu den
KricgsyorhÀltnissen. M a y e r , A. 787.
âKĂŒnstliche M uskclerscblaffung. Moser, IC. 791,
Artenenhinpen, Epitheleinlagen, verschlieĂbarer Anus praenaturalis und Re-
ser\ eknorpel In der stfuktiven Chirurgie. Esser. .1. F. 8. 79.1.
InitialkrĂ€inpfe des Ulcus. Jonas, S. 79Ă.
â Erfahrungen mit Verodigcn. P 1 e n g e . K. 79s.
âWirkung des Humagsolan Zuntz. S e h a r 1 a in . 79s.
Waasermannaches Aggregat. Otto und W i n k 1 e r. 799.
Praktische Kragen der Geburtshilfe. R u n g e , E. R00.
KĂŒnstliche Miiskelersehlaffung. Moser empfiehlt Ihm Gelenk-
kontrakturen Einspritzungen von Novokain oder Eukain in die
Muskulatur. Sie erleichtern oft betrÀchtlich die Redression bei
Klump- und SpitzfĂŒĂen usw. Die im Gefolge narbiger und arthro-
gener Kontrakturen oft auftretenden spastischen MuskelverkĂŒr-
Sungen lassen sich durch intramuskulÀre Eukaineinspritzun:; n
innerhalb weniger Minuten auffallend bessern. Bei Frakturen
laĂt sich durch die Muskelersehlaffung oft von der Extensionsbe-
hnndlung absehen, bei Luxationen von der Narkose. Auch bei
angeborener Htittverrerikung, bei schwierigen BauchdeckennÀhten,
bei klonischen GesichlskrÀmpfen nach SchÀdelfraktur und zur
PhrenikuslÀhmung bei posloperativem Singullus hat M. die
% % Eukain-Injektionen mit Erfolg angewendet, ebenso bei Pylo-
rospasmus. Durch parametrane LeituagsanÀsthesie des Uterus
wird die Erweiterung des Zervikalkanales sehr erleichtert. PrÀ-
sakralanÀsthesie erzeugt gleichzeitig durch Lösung der Darm-
spasmen Heilung oder Linderung bei chronischer Stuhlverstop-
fung. âAkut entzĂŒndliche Erkrankungen bilden keine Gegenan-
zeige gegen die Injektionen."
Erfahrungen mit Verodigen. Menge empfiehlt auf Grund
seiner Erfahrungen bei ZustÀnden schwerer Herzdekompensation
âąunzureichende Diurese, Atemnot, Oedeme, Pulsus irregularis
perpetuus) Digitalis in Form der Böhringerschen Verodigen-Ta-
bletten, deren jede 0,1 Fol, Dig. tilr. entspricht. Die Kumulations-
und Nebenwirkungen sind gering. Dosis: WĂ€hrend der ersten
2â3 Tage je 3 Tabletten, dann 3, spĂ€ter 2 halbe Tabletten.
Wirkung des Humagsolan Zuntz. Bericht des 61jÀhrigen
Autors ĂŒber erfolgreiche Selbstversuche mil dem Mittel.
Low (Döberitz
Deutsche medizinische Wochenschrift, Leipzig.
26. Mai 1922, 48. Nr. 21.
Die Bedeutung der tuberkulösen Allergie fĂŒr das KiitzĂŒndungsproblrm und
die I'roteinkörpcitherapio. Ziel e r. (185.
Erwiderung auf Zielers Bemerkungen. .Seile r. «8«.
â Uetrachtungen eines alten Praktikers ĂŒber .Salvarsan und Quecksilber.
K r o m a y e r. 086.
Anatomisch-physiologische Grundlagen der Bogenunterteilungen des Zwerch-
fells im Röntgenbilde. Thomas. 688.
âZur Behandlung der EungengangrĂ€n mit besonderer BerĂŒcksichtigung der
Salvarsantherapie. 1' e e m ö 1 1 e r. fi!)0.
â llcnzbkaltuhorkulose mit Perforation in die Blase. Reh. 692.
Die multiple Neuritis in und nach dein Kriege. Knapp. 692.
Ganglion der Nervenscheide des N. ulnaris. zum'Busch. 694.
âVereisung bei Staphylokokkenlnfektlonen. B o e k e n h e 1 nie r. Hin.
â Ueher die antipyretische Wirkung des Dulcius. T a s c h o n b o r g. 695.
Hin einfacher, wenig hekannter Leukozvtennachweis im Harn, T a n u e n-
b a u m. 695.
â Die Behandlung der Anginen mit Argaldun. Schlesinger. 696.
I'eher einige Verwendungsmöglichkeiten von Quarzglas und Bergkristull
im bakteriologischen Laboratorium. .1 u n g e b 1 u t. 696.
Xouo Gedanken' zur Therapie des Karzinoms. Wulff. 697.
Betrachtungen eines alten Praktikers ĂŒber Salvarsan und
Quecksilber. Das Hg beseitigt die syphilitischen Erscheinungen
schneller und sicherer als einfache diĂ€tetische MaĂnahmen, folglich
ist es ein Fehler, wenn man aus irgendwelchen unsubstanzierten
theoretischen ErwÀgungen heraus Hg nicht verwendet. Das
gleiche gilt fĂŒr Salvarsan. Also, falls nicht besondere Kontraindi-
kationen vorliegen, in jedem Syphilisfalle sowohl Hg wie Salvar-
san, und zwar in hÀufigen kleinen Dosen und zeitlich getrennt,
so daĂ die Hgkur der Salvarsankur vorangeht oder umgekehrt.
Wesentlich ist. nicht möglichst viel Hg oder Salvarsan zu
geben, sondern mehrere Wochen hindurch eine möglichst gleich-
mĂ€Ăige Wirkung beider in einer erfahrungsgemÀà zum raschen
Verschwinden der Syphilis fĂŒhrenden StĂ€rke zu erzielen. Des-
halb Schmierkur besser als die intravenösen Injektionen. Die
modernen intravenösen Mischinjektionen sind kontraindiziert.
Zur Behandlung der LungengangrĂ€n mit besonderer BerĂŒck-
sichtigung der Salvarsantherapie. Die frĂŒheren internen Metho
den wiesen eine MortalitĂ€t von 75 â 80 % auf, die die chirurgische
Behandlung auf etwa die HĂ€lfte herunterdrĂŒckte.
Feberraschende Erfolge gab das Salvarsan aber nicht immer.
Es hilft, wenn die Symptome rasch durch die Injektionen beein-
fluĂt werden, sonst liegt Verdacht auf einen Fremdkörper vor.
Die embolischen FĂ€lle scheiden- fĂŒr die Salvarsanbehandlung
aus. Am besten zu bceiitflussen ist damit die broncliogene diffuse
GangrĂ€n, die auch operativ recht ungĂŒnstig liegt.
Ileozökaltuberkulose mit Perforation in die Blase. UnverzĂŒg-
liches operatives Eingreifen und ausgedehnte Besektion in allen
FÀllen tuberkulöser DÀrmerkrankungen ohne fortgeschrittene
Lungentuberkulose, wenn Fieber und DurchfÀlle vorliegen. Mög-
lichst kurze Operationsdauer. Röntgenliefehbesltahlung nur, wenn
kein hohes Fieber vorliegt, auch bei starken DurchfÀllen, aber so-
fort aussetzen, wenn nach zwei Bestrahlungen die DurchfÀlle nicht
sistieren und das Allgemeinbefinden sich nicht hebt.
Vereisung bei Staphylokokkeninfektionen. Bei Furunkel.
Karbunkel (Schutz der Umgebung durch WattekrÀnz) rasches
Kupieren der Infektion, AbstoĂen der nekrotisch gewordenen Teile.
Vorteilhaft namentlich im Gesicht, wo Inzisiönen oft zur Allge-
meininfektion fĂŒhren. Oft starke Reaktion âą Fieber, SchĂŒttelfrost âą.
dann auffallend rasche Besserung. Schindle Heilung, keine Narben.
Ueber die antipyretische Wirkung des Duleins. Dieses hoch-
bestĂ€ndige Ersatzmittel fĂŒr Sacharin, ein naher Verwandter des
Phenacetin hat keine antipyretische Wirkung in den zum SĂŒĂen
verwandten Gaben.
Die Behandlung der Anginen mit Argaldun. Eine Synthese
von SilbereiweiĂ mit Hexamelhylenlelramin. Anwendung in 10 %
Stammlösung zum Bepinseln oder Betupfen oder als Gurgelwasser
0,3â 0,5 %. Basche Entfieberung nach 1â2 Tagen, rapides Schwin-
den der BelÀge oft schon nach 24 Stunden, geringe SchÀdigung
des Allgemeinbefindens. v. Schnize r.
Wiener klinische Wochenschrift.
25. Mai 1922. Nr. 21.
â Zur Therapie des Kardiospasmus und der Karrliostertose (Oesophago-Gastro-
anastomose). F i n s t e r e r , II. -171.
âZu Funktionsnaehu eis und FunktionsprĂŒfung der SchilddrĂŒse. StĂ€r-
linge r , F 473.
QU
Aas den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 43/44.
âUeber Echinokokkenanaphylaxie. Botteri, J. H. 473
Ein Fall von Scheinkatarakt nach Kupfersplitterverletzung. Hinge r, A. 474.
â Leber den ursĂ€chlichen Zusammenhang der Gallensteine mit dem Gallen-
blasenkrebs, v. A 1 d o r , L. 475.
Zur Frage der tuberkulotoxisckem Meningitis. Bemerkungen zu dör Arbeit
von Dr. N. Blatt in dieser Wochenschrift 1922, Nr. 15. Hersch-
mann, H. 478.
Arsenwirkung, ArsengewöhnĂŒng und Arsenvergiftung. (Forts.) U 1 1 -
mann, K. 479.
Zur Therapie des Kardiospasmus und der Kardiostenose (Oeso-
phago-Gastroanastomose). Mitteilung zweier durch Operation ge-
heilten FĂ€lle von z. T. narbiger, z. T. hypertrophischer Kardio-
stenose. Es werden die Vorteile des von Heyrovsky einge-
fĂŒhrten operativen Verlahrens dargelegt.
Zu Funktionsnachweis und FunktionsprĂŒfung der SchilddrĂŒse.
Bestimmungen des Fibrinogenspiegels im SchilddrĂŒsenarterien-
und -venenblut. Bei hyperfunktionellen DrĂŒsen Verminderung des
Fibrinogens, bei Hypothyreose umgekehrtes Verhalten.
Ueber Echinokokkenanaphylaxie. Mit HytatidenflĂŒssigkeit
lĂ€Ăt sich leicht eine Sensibilisierung hervorrufen, welche nach
8â10 Tagen durch intrakutane Impfung leicht nachweisbar ist.
Bei echinokokkenkranken Menschen ist die Intrakutanreaklion
eine imposante; zuweilen handtellergroĂe Bötung und Schwellung
der Haut." TemporÀre Anergie hauptsÀchlich bei Vereiterung des
Echinokokkus. Mit Hilfe der Intrakutanreaktion gelingt es mit-
unter ganz kleine Zysten zu diagnostizieren. Durch subkutane In-
jektion von 100â200 cc Serum eines Echinokokkenkranken lĂ€Ăt
sich die Anaphylaxie passiv ĂŒbertragen. Eine Desensibilisierung
gegen die Intrakutanreaktion lĂ€Ăt sich durch intravenöse Injek-
tion erreichen, wenn dieselbe einen leichten Chock ausgelöst hat.
Ueber den ursÀchlichen Zusammenhang der Gallensteine mit
dem Gallenkrebs. Ueber Jahre und Jahrzehnte sich erstreckende
Beobachtungen (an 300 FĂ€llen von chronischer Cholelithiasis)
sprechen dagegen, daĂ zwischen Steinen und Krebs irgendein ur-
sÀchlicher Zusammenhang besteht. Reuà (Wien).
1. Juni 1922. Nr. 22.
Moderne Therapie der Frakturen und Luxationen. E \v a 1 d , C. 493.
Ueber Wesen und Ursache der Leukozytosen. Holler, G. 497.
âEin latentes Pleuraempyem mit akuten Peritonealerseheinungen. Gold-
schmidt, W. 499.
âŠâŠÂ«Ein Fall von Little'scher Krankheit nach Kaiserschnitt. Tauber, K. 499.
âUeher ein neues Symptom bei Lungen- und Pleuracrkrankungen. F r ö -
sclels, F. und S t o c k e r t , F. G. 500.
Arsenwirkung-, Arsengewöhnung und Arsenvergiftung. (SchluĂ".) Ull-
m an, K. 502.
Ein latentes Pleuraempyem mit akuten Peritonealerseheinun-
gen. 59jÀhr. Mann, unter den Symptomen einer Perforationsperi-
tonitis erkrankt; Operation: alte Adhaesion, Erweiterung des Co-
lon asc, keine Peritonitis, Wahrscheinlichkeitsdiagnose Knickungs-
ileus. Obduktion (nach einer Woche) ergibt rechtsseitiges Pleu-
raempyem.
Ein Fall von Little'scher Krankheit nach Kaiserschnitt.
2850 g schweres Kind. Typische Sectio cervicalis transperitone-
alis nach plötzlich eingetretener Verlangsamung der kindlichen
Herztöne. Keine Asphyxie. Am Tage nach der Geburt wurde all-
gemeine Starre festgestellt, welche in den folgenden Tagen zu-
nahm. Liquor cerebrospin. leicht gelb gefÀrbt. Es muà eine, be-
reits in der Eröffnungsperiode eingetretene intrakranielle
Blutung angenommen werden. Die Starre ging im Lauf "des ersten
Jahres vollkommen zurĂŒck.
Ueber ein neues Symptom bei Lungen- u. Pleuracrkrankungen.
Bei mehreren FĂ€llen von Pneumonie und Pleuritis konnte fest-
gestellt werden, daĂ vom Patienten ausgesprochene Vokale beim
Auskultieren mit andern verwechselt werden; es klingt z. B. U
wie I, O wie E. Die verschiedenen FĂ€lle verhalten sich nicht
gleich. Das Symptom dĂŒrfte durch das Entstehen und Ausfallen
von Teiltönen (Formanten) zu erklĂ€ren sein, und wĂ€re als âFor-
mantensymptom" zu bezeichnen. ReuĂ (Wien).
Wiener medizinische Wochenschrift.
27. Mai 1922. Nr. 22.
AnĂ€sthesierungsmethoden in der Chirurgie des praktischen Arztes. BĂŒ-
d i n g e r . K. 925.
Eine seltene VarietÀt von Mumps epidemica. Schwarzkopf, E. 933.
Die nervöse und hormonale Beeinflussung der VerdauuugssĂ€fte. (SchluĂ.)
B i e d 1 , A. 935.
^Chirurgische Behandlung der Magen- und Darmblutungen. (SchluĂ.)
Finsterer, H. 940.
Chirurgische Behandlung der Magen- und Darmblutungen.
Verfasser tritt mit Entschiedenheit fĂŒr die FrĂŒhoperation ein, lehnt
jedoch die Operation auch bei schwerer Anaemie vorgeschritte-
ner FĂ€lle niemals ab. ReuĂ (Wien).
Psychiatrisch-Neurologische Wochenschrift.
20. Mai 1922, Nr. 7/8.
Die Krankheiten des Denkens. Begriffe und Einteilung. P k n d y , K. <a
Ueber die UnschĂ€dlichmachung der sogenannten âgeisteskranken" Ver-
brecher. A d 1 e r , A. 46.
Einseitiger Intentionstumor als einziges Residuum einer zerebralen Kinder-
lÀhmung. J a k o b i. 47.
Der derzeitige Stand der ErnÀhrung in den Irrenanstalten (Fortsetzung).
B r e s 1 e r , J. 48. âą
3. Juni 1922, Nr. 9/10.
â BeitrĂ€ge zur Psychologie der Aussage. Rittershaus, E. 59.
Was bringt die neue preuĂische GebĂŒhren-Ordnung vom 15. MĂ€rz 1922 den
Neurologen und Psychiatern? R e i n , O. 65.
Zur Anwendung des Sperrgesetzes auf die Besoldung der beamteten Irren-
Ă€rzte. Becker, W. 69.
BeitrĂ€ge zur Psychologie der Aussage. AnfĂŒhrung mehrerer
FĂ€lle, in denen meist Aussage gegen Aussage stand. Besprechung
der Frage interessanter ErinnerungstÀuschungen.
W e r n. H. Becker.
17. Juni 1922, Nr. 11/12.
âșâŠâŠBegutachtung eines Falles von Encephalitis lethargica unter besonderer Be-
rĂŒcksichtigung der Differentialdiagnose. G o t t h n 1 d. 71.
âZur Frage der Chininbehandlung von progressiver Paralyse und Tabes.
P f i s t c r. 76.
FlĂŒstersprache. S ĂŒ n n e r . P. 77.
Begutachtung eines Falles von Encephalitis lethargica unter
besonderer BerĂŒcksichtigung der Differentialdiagnose. ZunĂ€chst
Darlegung des Falles nach Vorgeschichte und eigener Beobach
tung bis zum Exitus des Patienten.
Zur Frage der Chininbehandlung von progressiver Paralyse
und Tabes. Erwiderung auf Adlers in der gleichen Wochen
schrift gegebenen Anregung. Verfasser erinnert daran, daĂ wir
oft massenweise Chinin reichen, z. B. den Kolonialtruppen, und
trotzdem keine geringere MorbiditÀt an Lues zu konstatieren
war, auch kein milderer Verlauf etwa. Wem. II. Becker.
Zentralhlatt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
13. Mai 1922, 46, Nr. 19.
âKarzinom und Schwangerschaft. W o 1 f f , F. 743.
âBeitrag zur Frage der W'achstumsschnelligkcit des Uterus-Karzinom
Forst, W. 747.
50 Geburten in Hypnosei. Heberer. H. 749.
âAnschwellung und Ausdehnung des Warzenhofes wĂ€hrend der Schwanger-
schaft, ihre Entstehung und ihr klinischer Wert. Sfamani, P. 752
Zur Aetiologie der ektopischen Schwangerschaft. Poorten, G. 756.
Ist die Wirkung des Kollargols und Elektrokollargols auf seinen Geha
an Schutzkolloid zurĂŒckzufĂŒhren? Böttner. A. 760.
âBemerkungen ĂŒber den EinfluĂ der Lebensmittel auf die Entstehung d
Eklampsie und Albuminurie. Ruiz-Contreras, J. Ma. 764.
Karzinom und Schwangerschaft. Zur KlÀrung der Frage, o
die Schwangerschaft den GebĂ€rmulterkrebs in gĂŒnstigem oder un
gĂŒnstigem Sinne beeinfluĂt, hat Verf. das Karzinommaterial de
Breslauer Aller-Heiligen-Hospitals durchgesehen und kommt zu
folgendem SchlĂŒĂ: Die Schwangerschaft scheint nur eine unter
geordnete, vielleicht sogar gar keine Rolle bei der Entwicklung
des Uterus-Karzinoms zu spielen. Es wurden anscheinend gan
gleichartige FÀlle beobachtet mit völlig entgegengesetztem Aus
gang, so daĂ man weder von einem gutartigerem noch von eine
bösartigerem Verlauf des Karzinoms in der Schwangerschaf
sprechen kann. Wenn zusammenfassende Statistiken zu dem Er
gebnis gelangen, daĂ bei der Kombination von Karzinom un
Schwangerschaft die gĂŒnstigen FĂ€lle ĂŒberwiegen, so muĂ man b
denken, daà Frauen mit Blutungen wÀhrend der Schwangerscha
oder im Wochenbett viel eher einen Arzt oder eine Hebamme z
Rate ziehen, so daĂ man wohl annehmen kann, daĂ Karzinom
in diesem Lebensabschnitt in einem noch frĂŒhen Zeitpunkte e
kannt werden und darum eine gĂŒnstigere Prognose bieten.
Beitrag zur Frage der Wachstumsschnelligkeit des Uteru
Karzinoms. Bei einer 49 jÀhrigen Frau, die nach 2 jÀhriger Men
pause wieder blutete, wurde wegen Karzinom-Verdachtes ein
Abrasio und eine Probeexzision auf der blutenden Portioerosio
gemacht, die jedoch keinen Anhaltspunkt fĂŒr Karzinom ergĂ€be
Die Frau wurde genau weiter beobachtet. Etwa 6 Wochen na
40. Jahrg. â Nr. 43/11.
Aus den neuesten Zeitschriften
dieser Untersuchung war weder palpatorisch noch Im Spekulum
etwas karzinomverdÀchliges festzustellen. Einige Tage spÀter
traten erneute Blutungen auf und 4 Wochen nach der letzten
Untersuchung war die Portio in einen fast faustgroĂen, höcke-
rigen, bröckligen Tumor umgewandelt, der zum Teil auf die
Scheide uberging, und dessen mikroskopische Untersuchung ein in
Zerfall begriffenes Platten-Epithel-Karziriom zeigte. Der Tumor
halle also y\\ seiner Entwicklung höchstens die Zeit von 4 Wochen
gebraucht. Der weitere Krankheitsverlauf erwies die besondere
Bösartigkeit der Geschwulst, die man nach der Schnelligkeit des
Wachstums vermutet halle.
Anschwellung und Ausdehnung des Warzenhofes wÀhrend der
Schwangerschaft, ihre Entstehung und ihr klinischer Wert. S. laĂt
seine Befrachtungen in folgenden SĂ€tzen zusammen: 1. Die An-
schwellung des Wrarzenhofes hÀngt weder von einer ödematösen
Infiltration, noch von anderen analogen UmstÀnden ab. Diese,
sowie die gröĂere Ausbreitung an der OberflĂ€che sind von der
BrustdrĂŒsenhypertrophie abhĂ€ngig. 2. Die diagnostische Bedeu-
tung der Anschwellung des Warzenhofes und der vermehrten Aus-
dehnung ist erheblich fĂŒr die Schwangerschaftsdiagnose (falls
man imstande ist, das Stillen, die Menstruation "usw. auszu-
schlieĂen). 3. Die Anschwellung und Ausdehnung des Warzen-
hofes an seiner OberflÀche haben auch einen prognostischen Wert,
da sie ihre Herkunft einer intensiven hypertrophischen TĂ€tigkeit
der BrustdrĂŒse verdanken. TatsĂ€chlich können wir daraus den
SchluĂ ziehen, daĂ die Funktion der BrustdrĂŒse wĂ€hrend der
Laktationsperiode sehr reichlich sein wird.
Bemerkungen ĂŒber den EinfluĂ der Lebensmittel auf die Ent-
stehung der Eklampsie und Albuminurie. WĂ€hrend man in
Deutschland das Abnehmen der Eklampsie in den letzten Kriegs-
jahren der geringeren Aufnahme von Fett zuschreiben zu mĂŒssen
glaubte, ist Verf. auf Grund seiner Beobachtungen der Ansicht,
daà eine möglichst geringe Aufnahme von stickstoffhaltigen
Nahrungsmitteln (Fleisch, Eier) den besten Schutz gegen die
Eklampsie und die Albuminuria gravidarum bildet. WĂ€hrend er
in der Privatpraxis immer eine gröĂere Anzahl von Eklampsien
und Albuminurien feststellen konnte, fand er in der Poliklinik,
die von den Àrmsten Frauen der Bevölkerung aufgesucht wird,
diese Erkrankung fast garnicht. Der Unterschied in der Er-
nÀhrung der poliklinischen Frauen und derjenigen der gulgestell-
ten Klassen bestand jedoch nicht in der kleineren Aufnahme von
Fett, sondern in der auĂerordentlich geringen Zufuhr von Fleisch
und Eiern bei den Armen. Als mit dem Ende des europÀischen
Krieges auch in Spanien eine enorme Steigerung der Löhne ein-
setzte, und dadurch die ErnÀhrung der unteren Bevölkerungs-
schichten eine bedeutend bessere und reichlichere wurde, konnten
auch bald in dem poliklinischen Material sowohl Eklampsien wie
Albuminurien beobachtet werden. Speyer (Berlin).
20. Mai 1922, 46, Nr. 20.
âGehört die Kielland'sche Zange in die Hand, des praktischen Arztes? Hoff-
mann, K. 786.
«MJebcr die Berechtigung des Rates zum Pritventivverkehr iji einem Fall von
idiopathischer amaurotischer Idiotie. Sachs, E. 789.
Zur Varikokele des ligamentum latum. J a h r e i s s , R. 795.
âLieber Kriegsneugeborene. David, M. 795.
Die therapeutische und prophylaktische CbhiinumsprltssunK der Brustwarzen.
(Ein Beitrag zur praktischen Stillpropaganda und zur VerhĂŒtung der
puerperalen Brustinfektionen). K r i t z 1 e r , H. 802.
Gehört die Kiellandsche Zange in die Hand des praktischen
Arztes? In Nr. 9 des Zentralblattes hatte Meumann (Leipzig)
vor Anwendung der Kicllandschen Zange in der Allgemeinpraxis
gewarnt. Dem tritt Verf. auf Grund seiner an 94 FĂ€llen ge-
machten gĂŒnstigen Erfahrungen mit der Kiellandschen Zange
entgegen. Er glaubt danach, die Zange fĂŒr die Praktiker als
alleinige Zange empfehlen zu dĂŒrfen. Voraussetzung ist
natĂŒrlich, daĂ man sich vorher ĂŒber die Anlegung sowie die
Wirkungsweise dieser Zange genau unterrichtet hat. H. empfiehlt
deshalb, die Kiellandsche Zange an allen geburtshilflichen Lehr-
instituten in den Lehrplan des geburtshilflichen Operationskursus
aufzunehmen.
Uebcr die Berechtigung des Rates zum PrÀventivverkehr in
einem Fall von idiopathischer amaurotischer Idiotie. Die seit
1881 bekannte und nicht so ganz selten beobachtete Erkrankung
tritt meist im 1. Lehensjahre auf, gehl mit progressivem Zerfall
der geistigen FÀhigkeilen, des Sehvermögens und der Muskel-
kraft einher und fĂŒhrt in der Regel im Verlaufe des 2. Lebens-
jahres /.um Tode. Die Erkrankung tritt fast stets hei Kindern
jĂŒdischer Eltern auf und kann ohne jede erkennbare. Ursache
mehrere Kinder derselben Familie befallen. Ein Teil der Kinder
derselben Ehe kann jedoch vollkommen gesund sein. Die Aelio-
logie der Erkrankung isl unbekannt. Pathologisch-anatomisch
stellt sich der ProzeĂ als eine ausgebreitete Degeneration des
gesamten Zentralnervensystems dar mit sekundÀrer Atrophie der
davon ausgehenden Gehirn und BĂŒekcnmarksnerven. Soll der
Arzt in solchem Falle die Eltern vor weiterer Nachkommen-
schaft warnen? Verf. verneint die Frage, empfiehlt vielmehr,
unter genauer Klarlegung der VerhĂ€ltnisse â unter Hinweis auf
die Möglichkeit, daĂ sich das MiĂgeschick wiederholen kann, daĂ
aber auch die Möglichkeit besteht, gesunde Kinder zu be-
kommen â es dem Wunsch der Eltern zu ĂŒberlassen, wie sie
sich verhalten. Besteht allerdings groĂe Furcht vor weiterer
Nachkommenschaft, so isl der Arzt berechtigt, RaischlÀge zu
geben, wie weitere Kinder zu verhĂŒten sind.
Ueber Kriegsneugeborene. Zur KlÀrung der trotz vielseitiger
Bearbeitung nicht abgeschlossenen Frage, ob die mangelhafte
ErnÀhrung der Mutter einen Einfluà auf die körperliche Ent-
wicklung der Frucht ausĂŒbt, hat Verf. das Material der 2. Unl-
versilĂ€ls-Frauen-Klinik in Budapest einer genauen PrĂŒfung
unterzogen und kommt zu folgenden Ergebnissen: 1. Die Zahl
der FrĂŒhgeburten ist im Kriege nicht gewachsen. 2. Die Zahl
der Totgeborenen hat sich wÀhrend des Krieges kaum verÀndert.
3 Im Kriege wurden nicht mehr Knaben geboren, als es dem
FriedensverhÀltnis entspricht. 4. Die Sterblichkeit der Neuge-
borenen in den ersten Lebenstagen vergröĂerte sich nicht. 5. Die
Körpermasse der Neugeborenen zeigen im Durchschnitt wÀhreno
des Krieges eine Abnahme, die sich in den letzten 3 Kriegsjahren
steigerte. Die Abnahme ist an den Knaben ausgeprÀgter. Die
gröĂte Abnahme besteht im Gewicht (3 â 3,75 %), in zweiter Reihe
in der LĂ€nge (2,5 â 3,2 %) und ist am wenigsten im Kopfumfange
(0,9 %) ausgesprochen. 6. Die Verminderung der MaĂdurch-
schnitte ist nicht durch die VerkĂŒrzung der Schwangerschaft be-
dingt. Wir haben es also mit einer, wenn auch nur geringen
Verkleinerung der Kinder zu tun, die sicherlich in der Haupt-
sache auf die mangelhafte ErnĂ€hrung der MĂŒtter zurĂŒckzu-
fĂŒhren ist. Speyer (Berlin).
27. Mai 1922, 46, Nr. 21.
Hypnose in der Geburtshilfe und GynÀkologie. Siemerl ing, E. 83!.
Ueber Hypnosegeburten und Hypnonarkose. Hirstein, F. 843.
^Phloridzinglykosurie und SchwÀngerst- ha l'tsdiagnose. Zondek. B. 851.
Ist die Bezeichnung ,,Hypomochlion" in der Lehre vom Geburtsmechanismus
berechtigt? Meyer-B ĂŒ egg, H. 853.
^Ueber Ursache und Bedeutung des physiologischen Ascites beim Weibe.
N o v a k , J. 854.
âŠâŠâŠZwei Drillingsgehurten. Beobachtung einer Geburtspause von 4 Tagen
8 Stundein. U t h m ö 1 1 e r, A. 859.
Phloridzinglykosurie und Schwangerschaftsdiagnose. Schon
in den ersten Schwangerschaflswochen tritt eine VerÀnderung im
Kohlehydratestoffwechsel auf, die sich in einer erhöhten Neigung
zur alimentĂ€ren und zur Phloridzinglykosurie Ă€uĂert. Die Glykos-
urie kann zur Schwangerschaftsdiagnose verwertet werden.
Die optimale Dosis, die die empfindliche Niere der Schwangeren
bereits! zur Hergabe von Zucker veranlaĂt, ist 2 mgr Phloridzin.
Die Glykosurie nach dies'er Dosis weist mit Wahrscheinlichkeit
auf eine Schwangerschaft hin, wÀhrend der negative Befund eine
GraviditĂ€t ausschlieĂt. Nach den Untersuchungen des Verf. ist
die Reaktion nur bei vollstÀndig erhaltenem Placentarkreislauf
zu verwerten; bei Abort fÀllt die Probe negativ aus; aus dem-
selben Grunde ist die Reaktion fĂŒr die Diagnose der Extrauterin-
graviditÀt mit Vorsicht zu gebrauchen.
Ueber Ursache und Bedeutung des physiologischen Ascites
beim Weibe. Daà man bei Frauen hÀufig eine mehr oder weniger
Teichliche Menge freier FlĂŒssigkeit im kleinen Becken vorfindet,
die nicht durch Erkrankungsprozesse der Bauch- oder Becken-
organe bedingt sind, legt Verf. die Annahme nahe, daĂ der frisch
gesprungene Follikel und das junge Corpus luteum einen Reiz
auf das Peritoneum ausĂŒben und es zu einer FlĂŒssigkeitsabson-
derung veranlassen. Verf. glaubt, daĂ dieser FlĂŒssigkeitserguĂ
eine bedeutungsvolle Rolle bei der Aufnahme des Eies in die
Tube und1 bei dessen Fortbewegung in derselben spielt.
Zwei Drillingsgeburten. Beobachtung einer Geburtspause von
4 Tagen 8 Stunden. I. Fall: Bei einer 26 jÀhrigen I para wird
wegen starker Albuminurie und Eklampsiegefahr in der
686
Aas den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 43/44.
36. Schwangerschaftswoche die FrĂŒhgeburt durch Blasenstich
eingeleitet. Nach 48 Stunden wird wegen Fieber die Entbindung
kĂŒnstlich vollendet, das erste Kind mit der Zange entwickelt, das
zweite nach Wendung am FuĂ extrahiert. Bei der darauf vorge-
nommenen manuellen Lösung der Placenta wird eine 3. Blase ge-
fĂŒhlt, diese gesprengt und ein 3. Kind herausgeholt. II, Fall:
38 jÀhrige VI para. Das erste Kind wurde spontan geboren;
da die Wehen danach vollkommen aufhörten, wurde abgewartet.
Erst nach 4 Tagen und 8 Stunden wird das 2. Kind in hoher Ăe--
sichtslage mit der Zange entwickelt und ist vollkommen lebehs-
frisch. Die Betastung des Leibes ergibt, dal! noch ein 3\ Kind
vorhanden ist. das nach Sprengung der Blase gewendet und extra-
hiert wird. Das Kind ist mazeriert, anscheinend schon lÀnger
abgestorben. Auch im ersten Fall starb das letzte Kind am
10. Tage p. p. Die beiden ersten Kinder sind in beiden FĂ€llet!
am Leben geblieben. Speyer (Berlin;.
3. Juni 1922, 46. Nr. '22.
^Perforation des lebenden Kindes oder extraperitonealer Kaiserschnitt,
n e r . (). 882-.
*r»er Kaiserschnitt am wehenlosen Uterus. P r i n 7. i 11 g , O. 600.
Einige interessante angeborene MiĂbildungen; Kilo r h r 0 c k .
âą{âșBeitrag zur VerhĂŒtung postoperntiver AdhĂ€sibnsbildĂŒng. t? I c k 1
Isoliert torquiertc normale Tube. M i c h e t , B. B05',
Ein Fall von zirkulĂ€rem ScFieldenriĂ. K e s i 1 y . K. (nu.
K ii s I
X.
F.
SUR.
Perforation des lebenden Kindes oder extraperitonealer
Kaiserschnitt. Bis Marz d. J. wurde an der Breslauer Lniversi-
lÀts-FraUenklinik 200 mal der extraperitoneale Kaiserschnitt aus-
gefĂŒhrt, Dieses OperationsjubilĂ€um gibt K. Veranlassung, die
i eistungsfĂ€higkeif der Operationsmetkode nachzuprĂŒfen: insbc>
sondere prĂŒft er die« Frage, ob die Operation die Perforation" des
lebenden Kindes entbehrlich gemacht hat. In der Klinik wurde
jedenfalls seit EinfĂŒhrung der extraperitonealen Schnittentbindung
kein lebendes und auch kein anscheinend schwer gefÀhrdetes
Kind mehrl perforiert. Von den 200 operierten MĂŒttern sind 2 an
peritonealer Sepsis gestorben. Aber auch bei der Perforation
kommen TodesfĂ€lle vor und zwar dann, wenn die KreiĂende be-
reits schwer infiziert ist. In solchen Fallen heilt eben weder der
extraperitoneale Kaiserschnitt noch die alsbaldige Entbindung mit
Perforation des Kindes. â Von den lebend aus der Klinik ent-
lassenen Wöchnerinnen hat keine durch die Operation eine
«lauernde SchÀdigung davongetragen. Zwar traten in einigen
FĂ€llen Hernieabildungen im Bereiche der Narbe auf, verursach-
ten aber den Frauen keine nennenswerten Beschwerden. Nebcn-
verletzungcn der Harnwcge kamen wohl in einzelnen FĂ€llen vor.
Wurden jedoch durch spÀtere Operationen sÀmtlich wieder zur
Heilung gebracht. â Was die Kinder anbelangt, so stellt fĂŒr sii
der extraperitoneale Kaiserschnitt keinen schwerer wiegenden
griff dar als eine typische Beckenausgangszange. Manchmal ist
es allerdings nicht leicht zit entscheiden, wie weit die SchÀdigung
ilcs Kindes schon vorgeschritten ist, und deshalb ist auch bei
ungĂŒnstigem Ausgang fĂŒr das Kind die Indikationsstellung fĂŒr
die Operation doch zu rechtfertigen.
Der Kaiserschnitt am wehenlosen Uterus. Die meisten Opera-
teure fĂŒhren den Kaiserschnitt erst dann aus, wenn schon richtige
Wehen vorausgegangen sind, die den Mutlermund etwas eröffnet
liaben, weil erstens das Loehialseerel besser abflieĂen kann und
zweitens die Gefahr der Alonie viel* kleiner ist. An der von
Baisch geleiteten Stuttgarter Frauenklinik wurde jedoch in zahl-
reichen FĂ€llen der Kaiserschnitt mit bestem Erfolge ausgefĂŒhrt,
loch ehe Wehen eingetreten waren. DaĂ bei Komplikationen wie
vorausgegangene Myomenuctealion, frĂŒherer Kaiserschnitt und
Placenta prĂ€via ein möglichst frĂŒhzeitiger Eingriff im Interesse
der Mutter notwendig ist, isl ohne weiteres klar. Aber auch
bei anderen Indikationen, wie beim engen Becken und beim ., pro-
phylaktischen Kaiserschnitt ' nach Martius, bei denen von vorn-
herein die Notwendigkeit des Kaiserschnittes feststand, wurde in
einigen FĂ€llen am wehenlosen Uterus operiert. Die gefĂŒrchtelen
Komplikationen sclnvere Atonie und Lochialverhaltung â
wurden niemals beobachtet. Es wird empfohlen, im Augenblick
der Eröffnung des Uterus 2 cem Hypophysin intravenös und gleich-
zeitig 2 cern Seeacornin intramusculĂ€er zu injizieren. Die VorzĂŒge
der Operation dĂŒrfen natĂŒrlich nicht dazu verleiten, die Strenge
der Indikation zum Kaiserschnitt an sich irgendwie zu mildern.
Beitrag zur VerhĂŒtung postoperativer AdhĂ€sionsbildung.
Verf. empfiehlt vor völligem SchluĂ des Peritoneums Y>â 1 Liter
etwa 39° C warme, sterile, physiologische Kochsalzlösung bei leich-
ter Reckenhochlagerung in das Epigastrium einzugieĂen. Er hat
in 11 FĂ€llen, von den 7 schwere. Verwachsungen zeigten, bei den
Nachuntersuchungen niemals Klagen gehört, die darauf schlieĂen
lieĂen, daĂ neue Verklebungen entstanden seien, auch niemals
bimanuell nachweisbare AdhÀsionen gefunden. (Da Beschwerde-
freiheit nicht Freibleiben von AdhĂ€sionen bedeuten muĂ, sind Er-
folge schwer zu beurteilen. Bef.)). Speyer (Berlin).
Monatsschrift fĂŒr Geburtshilfe und GynĂ€kologie, Berlin.
Mai 1922, 57; Heft ffc
âŠHXe Zange am nachfolgenden Kopf. NĂŒrnberger, L. :iĂ;>.
Ein Beitrag zum Kapitel der Blascnhcmicn und Fremdkörper in der Blase.
E-llerbroek. N. 341.
â Synthetische ErsatzprĂ€paratc des Mutterkorns.
Z o ii d e k , B.
Die Zange am nachfolgenden Kopf. In dem historische» Teil
seiner ausfĂŒhrlichen Arbeit schildert Verf.; welch Schicksal die
von Snellie inaugurierte Methode der Zange, am nachfolgenden
Kopf gehabt hat, speziell wie sie in Deutschland durch die AutoritÀt
der Schrödcrschen Schule im Laufe der letzten Jahrzehnte zu
Gunsten manueller Handgriffe verlassen und erst in allerletzter
Zeit durch Dnderlein wieder in Erinnerung gebracht wurde. Im
klinischen Teil werden die ausgezeichneten Erfolge an der MĂŒn-
ehenef und Hamburger Klinik mitgeteilt Und genaue Bichllinicn
fĂŒr* die Methode angegeben. Verf. hĂ€lt die* Zange am nachfolgen-
den Kopf dann fĂŒr indiziert, wenn die manuellen Methoden nicht
sicher oder nicht rasch genug die Entwicklung eines lebenden
und unverletzten Kindes gestalten. Von den Schwierigkeiten
seitens des Geburtsobjekles sind es vor allem die Deflexion des
Kopfes und die Rotation des Kinnes nach vorn, bei denen die
Zangenapplikation ratsam erscheint. Die von der Geburtsbahn
ausgehenden Schwierigkeiten sind leichte Verengungeil deirj
Bcekeneingangs und Beckenausgangs sowie. Weichteilschv ierlg-
keiten. â Die Zange soll in jedem Falle von Beckenendlage schon
steril bereilliegen. Sie wird stels unter dem Kinde angelegt.
Ueber synthetische ErsatzprÀparate des Mutterkorn;». Die
biologischen Untersuchungen mit Tenosin und Sekakornin er
gaben qualitativ gleiche Wirkung. Quantitativ erwies sich das
Sekakornin doppelt so slark wie das Tenosin (Versuch am Frosch-
herz). Die Untersuchungen am ĂŒberlebenden Meerschweinchen»
Uterus zeigten quantitativ beim Sekakornin und Tenosin die
gleiche Wirkung. Beim Tenosin war die Reaktionszeit etwas
kĂŒrzer. Jona s.
Archiv fĂŒr GynĂ€kologie, Berlin.
Mai 1922, 116, Heft 1
âą{"Beitrage zur Kenntnis und zur ehirurgischeu Behandlung der puerperalun
Gasbrandinfektion des Uterus (Pbysometra). r o n BrĂŒll, H. l.
âą{»Chirurgische Behandlung der Geburten bei engen Becken. W o 1 1 i) e r ,
Anton,
Ueber ZĂ€hne in Ovarialteratomen. S t ei n h o ÂŁ t , Julius. 53.
âąJ»FunktionsprĂŒfuug der Leber in Gravidiatc, sub partu, im Wochenbett und
bei Eklampsie. â Ein Beitrag zur Frage der Scbwangerscbaftsleber.
W a 1 t h a r d , B. 68.
«{âșHumoralpathologischc Studien zu den Einwirkungen kolloidalen Silber»
⹠(Dispargen) und der Preglschcn Jodlösung bei puerperalscptisehcn Pro
zesseu. Mahnert, A._ und Saut n ei , A. 98.
. Untersuchungen ĂŒber OvarialhĂ€matoine. Runge, Plans. 116.
âą{âșUeber die Bedeutung des Aneurysmas der UteringefĂ€Ue nach der Beobach-
tung eines Aneurysma arteriovenosum der A. und Vena uterina infolge
Fliegerbomben Verletzung. 129.
Kann eine Schwangerschaft ĂŒber aui! Tage dauern? Zweifel, Erwin. 14
âą{âąUcbcr d?n Metranoikter als Dilatationsinstrument und seine anatomisch*
Wirkungsweise. Stephan, Siegfried. 161.
Ueber die Cei vLxtorsion des myoniatösen Uterus. E 1 1 e n b r o e k , M. 171*
Interpositio vejameutosa funiculi umbilicalis, eine bisher ĂŒbersehene X.Uicl-
schnuranomalie, ,ihrc Entstehung und klinische Bedeutung. Ottow
176.
Bemerkungen zu der \rbcit von X. TemesvÀry: Ueber ein junges mensch-
liches Ei in situ, in diesem Archiv, Bd. 110. S. 184â198. v o n M ö 1 1 B n â
d o r f . W. 180.
BeitrÀge zur Kenntnis und zur chirurgischen Behandlung der
puerperalen Gasbrandinfektion des Uterus (Physometra). Be-
sonders bei kriminellem Abort findet sich hÀufig puerperale In-
fektion durch den Fraenkelschen Gasbrandbazillus. In die Blut-
bahn tritt er oft vorĂŒbergehend ohne ernstere Folgen, befallt er
aber den Uterus, so entsteht Physometra mit ungĂŒnstiger Pro-
gnose. Klinisch zeigt sich Cyanose und namentlich peritonitisclu
Symptome, die zu chirurgischem Vorgehen berechtigen. Ir
Cervixabstrich findet man leicht den Bazillus, der Uterus zeit
zuweilen Gasknistern. Ist der Uterus nicht befallen, so kann manj
ihn belassen und nur ausgiebig drainieren, andernfalls exstirpiert
man. Von C so behandelten FĂ€llen wurde einer geheilt. Verf.
möchte das chirurgische Vorgehen bei solchen FÀllen immerhir
in ErwÀgung gezogen wissen.
40. Jahrg. â Nr. 43/44.
Aus den neuesten Zeitschriften
ti'27
< liirurgisehe Behandlung der Geburten bei mg» in Heekin.
Die relative Indikation zu cnirurgischt r tnendigung uer Gjimri
Iriti jetzt mehr in den Vordergrunu. uer klnssiscne ivaiserscnnill
Dei engem Becken ist einzusenranken und der zervikale als UK
Operation Uer Zukunlt anzuseilen. Die extra- und die trans-
Ăpritoneaie Methode hallen sieh die \\age, Verl. neigt .(was
mein zur transperitonealtn, die ihm auch hei nicht reinen 1- allen
ei>enso gute hesuitate gao wie ĂŒie extraperitoneale. Die Ver
Regung des Schnittes in die Cervix ist besser, weil das hinströmen
von i terusinhall in die Bauchhöhle leichter zu vermeinen ist, die
Lerdonisierung aer \\untlilÀche besser gelingt und keine
AdhÀsionen zwischen Narbe und Bauchfell entstellen. Aus der
Statistik ist als wesentlich zu entnehmen: Der klassische Kaiser-
schnitt mit 44 FĂ€llen hatte 0% mĂŒtterliche MortalitĂ€t, der extra
peritoneale mit 33 FĂ€llen 3%, der transperitoneale mit 12 FĂ€llen
G %, kindliche ĂŒberall o %. Den beckenerweiternden Operationen
stehen zu viele Nachteile entgegen.
FunktionsprĂŒfung der Leber in graviditate, sub partu, im
Wochenbett und bei Eklampsie. (Beitrag zur Frage der Sehwan-
gerschaftsleber.) In der GraviditÀt ist der Blutzuckergehalt
normal, eher tief, Traubenzucker wird restlos gespeichert, aul
Injektion von Adrenalin zeigt sich keine Abw eicnaing vom \ er
halten bei Nichtschwangeren. Urobilin ist in der zweiten HĂ€lfte,
der Schwangerschalt hÀufig vermehrt. Best-N ist nicht erhöht.
Nur die Vermehrung des IroLilins deutet auf Leberinsuffizienz.
Aber unmittelbar vor, unter und nach der Geburt Àndern sich die
VerhĂ€ltnisse. Der Blutzuckergehalt steigt sĂŒb partu ĂŒber die
Norm, die Leber spricht in dieser Zeit auf Adrenalin nicht gm
an. Injektion bewirkt keine vermehrte AusschĂŒttung, es kann
sogar weniger ausgeschieden wrerden als in der Zeit vor der In-
jektion. Kurz vor der Geburt wird also die Leber zunehmend
insuffizient, der Begriff der Schwangerschaftsleber besteht so
nach zu recht, er ist aber zeitlich eng zu begrenzen.
Humoralpathologische Studien zu den Einwirkungen kolloi-
dalen Silbers (Dispargen) und der Preglsehen Jodlösung bei
puerperalseptisehen Prozessen. Der Cholesteringehalt des Blutes
ist bei puerperalseptischen Prozessen erhöht, wÀhrend allerdings
bei fieberhaften Erkrankungen wie Malaria, Typhus, Scharlach,
Erysipel die meisten Autoren im Blut Lipoidminderung fanden.
Es ist anzunehmen, daĂ die Lipoidvermehrung bei der Puerperal-
sepsis giftablenkend wirken soll. Da nun auch Dispargen und
Preglsche Jodlösung den Cholesteringehalt des Blutes vermehren,
gehen sie in der gleichen Richtung wie die Natur. Die Injektion
dieser Lösungen bewirkt einen Reiz und dieser löst Abwehr-
reaktion des Organismus aus. Es kann aber auch nebenher noch
an eine spezifische Wirkung von Silber und Jod gedacht werden
Die Erfahrungen der Verff. grĂŒnden sich auf Behandlung von
35 fiebernden Wöchnerinnen, von denen 25 Dispargen und 10
Preglsche Jodlösung erhielten. Durch Wiederholung konnte eine
Steigerung der Wirkung nicht erzielt werden.
I eher die Bedeutung des Aneurysma der UteringefÀltc muh
der Beobachtung eines Aneurysma arterio-venosum der A. und
Vena uterina infolge Fliegerbombenverletzung. Seillich vom
Uterus fand sich eine hĂŒhnereigroĂe Schwellung, die stark pul-
sierte, das vordere Scheidengewölbe vorwölbte und wegdrĂŒckbar
war. Die Pulsation war synchron mit dem Herzschlag. Schwirren
und Reiben waren bei vaginaler, noch mehr bei rektaler Unter-
suchung feststellbar. Wegen Gefahr der VergröĂerung und SchĂ€-
digung des Ureters erfolgte Entfernung mitsamt dem Uterus
lieber den Metranoikter als Dilatationsiustrument und seine
ĂŒ natomische Wirkungsweise. Verf. beschreibt ein ursprĂŒnglich
von Schatz konstruiertes und jetzt wieder an der Rostockcr
Klinik seit 2'A Jahren erprobtes Instrument zur Erweiterung des
graviden Uterus. Es besteht aus einer Stahlfeder mit kreisförmig
gebogenem Kopf und zwei Branchen, die geschlossen in die
Cervix eingefĂŒhrt werden und sich durch die Federkraft all-
mÀhlich von einander entfernen,' so etwa wie wenn man zwei
Finger spreizt. .Die Cervix wird infolgedessen in physiologischer
Weise erweitert, indem der innere Muttermund etwas mehr, der
Ă€uĂere etwas weniger dilatiert wird. Zu diesem Vorzug tritt der
weitere eines ungehinderten Abflusses im Gegensatz zu der Be
hinderung desselben bei Dilatation durch Laminar ia oder Cer-
vixtamponade. (Es muĂ jedoch darauf geachtet werden, daĂ das
Instrument völlig in die Cervix eingefĂŒhrt wird, damit sich nicht
seine Spitzen vor dem orificium internum in die Wand der Cervix
einbohren.) . Kuhn (MĂŒnchen).
Dermatologische w ochenschrift
3; Juni 1922, Nr. 22.
Schleimhaut- und BlutbilrierhesoiKlerhelten bei DÀrlericbei Dermal»»«.
Skiatz, Ernst.
Die Kricchkrankheit (Creeping Disease) QaatropbMoaii cutis. Bor-
s 0 «' , 8, l..
Neue Erfahrungen in tlei Behandlung niH Neosilbersalvftrsan, Weiter,
Hannes.
10. Juni 1922, Nr. 23.
«HJeiber die Blutkörpercheiisenkungsgeschwindigkeit P <⹠n u y . WaHber.
Neuere Forschungen ĂŒber die kongenitale KnochcnayphUis. Pick. Ludwig.
Ucbcr die Blutkörperehcnsenkungsgesehw indigkeit. FĂŒr die
Senkungsgeschwindigkcil sind in erster Linie das Plasma, in
zweiter die Blutkörperchen von Bedeutung. Bei Lues ist zwar
hÀufig eine Senkungsbeschleunigung vorhanden, doch ist sie nicht
so regelmĂ€Ăig, daĂ sie zur Differentialdiagnose herangezogen
werden könnte. B a b Berlin).
17. Juni 1922, Nr. 24.
Soormykose der Haut. Rayka, Edmund.
Liehen ruber pemphigoides. T r y b , A.
4*15ebandlung der Scabies mit AmeisensiiurcdÀmpfcn. R n t h in an n , Ste-
phan, S c h À f f e r, Jean und W e s t c r h c r g.
Behandlung der Scabies mit AmeisensÀuredÀnipfen. Die Pa-
tienten werden in abgedichtete HolzkÀsten gesetzt, in denen
ameisensĂ€uregetrĂ€nkte TĂŒcher hĂ€ngen. Die Methode zeichnet sich
besonders infolge von WĂ€scheersparnis durch ihre Billigkeit und
daneben durch ihre Sauberkeit aus, ist jedoeb infolge der verhÀlt-
nismĂ€Ăig groĂen Zahl von Recidiven noch unbefriedigend; sie
verdient jedoch wegen der genannten VorzĂŒge weiter probiert
und ausgebaut zu werden. Bab (Berlin).
24. Juni 1922, Nr. 25.
Ichlyosis congenita sive t'oetalis. Jordan. A.
Ein Fall der Fox-Fordyceschen Krankheit. Walter, Franz.
âą{âąKritische Bemerkungen zum Gesetzentwurf zur BekĂ€mpfung der Ge-
schlechtskrankheiten. II e 1 b a n c o , Ernst.
Kritische Bemerkungen zum Gesetzentwurf zur BekÀmpfung
der Geschlechtskrankheiten. Delbanco verlangt Slrafbestimmun-
gen fĂŒr den Arzt, der der Meldepflicht nicht nachkommt, da diese
sonst illusorisch wird, ferner wendet er sich dagegen, daĂ ĂŒber
S .'ttil Abs. G â âwer gewerbsmĂ€Ăig Unzucht treibt und die zur
Ueberwachung der gewerbsmĂ€Ăigen Unzucht erlassenen Bestim-
mungen ĂŒbertritt" â die Reglementierung bestehen bleibt, die ein
grausames, unhaltbares System bedeutet, das in hygienischer Be-
ziehung mehr Schaden als Nutzen bringt. Bab (Berlin).
BetrÀge zur patholog. Anatomie u. z. allg. Pathologie. Jena.
1922, 70, Heft 2.
â Herkunft der Phagozyten in der Einige. WestUUeS, H.
-{âąEn bisher unbekanntes eisenhaltiges Pigment in der menschlichen
Milz. K r a n s , E. J. 234..
âZur HamosideroseJragc. A r a s s e r , U. 24«.
Experimentelle Atherosklerose der Aorta beim Meerschweinchen. A n i t.s c h-
k o w , N. 26f>.
Die Stadien der Sublimatuiere des Menschen. Nakata. T. 282.
Wachstum des SchÀdels unter physiologischen und pathologischen Ver-
hÀltnissen W e i n h o l d t . H e d d a. 311.
Malaknplakie der Harnblase. Oestreich. R. .147
Herkunft der Phagozyten in der Lunge. Versuche an Kanin
eben und Meerschweinchen, denen verdĂŒnnte Tusche und Karmin
in verschiedener Variation intraveuös oder intratracheal injiziert
wurde, ergaben, daĂ die Hauptmasse der phagozytierenden Zellen
Alveolarepithelien und nicht Ilisticzyten sind. Durch Phagozytose
werden die Zellen nicht nur in ihrer Funktion gehemmt, sondern
aueh in ihrer VitalitÀt geschÀdigt.
Ein bisher unbekanntes Pigment in der menschlichen Milz. In
der Milz eines von mit Röntgenbestrahlungen behandelten Falles
von lymphatischer LeukÀmie wurde ein bisher noch nicht be-
schriebenes hellgrĂŒnes Pigment gefunden, das sich bei
mikrochemischer Untersuchung als Eisenphosphat (rein oder in
lockerer Bindung) erwies. Dieses Pigment fand sich bisher nur
in der Milz und nur unter bestimmten pathologischen Bedingungen.
Untergang des Milzgewebes durch anÀmische Nekrose, HÀmo--
rhagie und Atrophie.
628
Aas den neuesten Zeltschriften
40. Jahrg. â Nr. 43/44.
Zur HĂ€mosiderosefrage. Durch neue Untersuchungen wird
die Wahrscheinlichkeit, daĂ es sich bei der HĂ€mosiderose um
Eisenoxyd handelt, gestĂŒtzt auf Grund zahlreicher histologischer
Untersuchungen von Milzlumoren wird folgende Einteilung der
Milzhyperplasien aufgestellt:
f. Einfache Hyperplasien.
f. physiologischen, (bei der Verdauung),
2. defensiven.
a) akut.
1. follikulÀr (Diphtherie),
1. pulpös-mycloisch (Sepsis), reticuloendothelial (Recur-
rens, Syphilis);
b) chronisch (Malaria, Banti).
L ehn dor f f (Wien).
Zeitschrift fĂŒr urologische Chirurgie, Berlin.
12. Juni 1922, 9, Heft 3.
«S»Zur Pneumoradiographie des Nierenlagers. Boeminghaus. 51.
«^Angeborene BÀnder und Klappen der hinteren Hannöhre. Giingar. 75.
Tuberkulöse Erkrankung kongenital abnormer Nieren. Reil. 82.
Doppelbildungen des Nierenbeckens und Harnleiters. Hryntscbak. 87.
Subkutane ZerreiĂung der Vena, cava inlt R o s e n s t e i n. 102.
Leukoplakie des Nierenbeckens. Kraul. 117.
Zur Pneumoradiographie des Nierenlagers. Die von Ro-
senstein angegebene Luftaufblasung des Nierenlagers (Pneu-
moradiographie) zur röntgenologischen Darstellung dieses Organs
hat Verf. in 38 FĂ€llen angewandt und empfiehlt diese Methode
als einen absolut harmlosen, einfachen und fĂŒr die Diagnostik
sehr werlvollen Eingriff. Durch Leichenversuche stellte Verf.
lest, daĂ das eingeblasene Gas nicht eine einzige groĂe Gasblase
darstellte, sondern sich in der Art eines interstitiellen Emphysems
verbreitete. â Das Einstechen der KanĂŒle ist bei guter Chlor-
Ă€thylvereisung nicht schmerzhaft. Nach Einblasen von 200 bis
300 com Sauerstoff klagen die Patienten ĂŒber ein schmerzhaftes
SpannungsgefĂŒhl, das sich bald mildert. Im allgemeinen genĂŒgen
300â100 cem Gas zur Darstellung normaler Nieren. Beschwerden
nach beendeter Untersuchung sind im allgemeinen unbedeutend.
In einigen FĂ€llen war ein subkutanes Emphysem am Hals am
nÀchsten Tage vorhanden. Einmal erlebte Verf. einen schweren
Zwischenfall durch Sauerstoffembolie ins rechte Herz; kĂŒnst-
liche Atmung und Herzmassage konnten den Patienten noch
retten. Anatomische Betrachtungen zeigen, daĂ nur eine abnorme
GefĂ€Ăversorgung an diesem UnglĂŒcksfall Schuld sein kann, da
normal verlaufende GefĂ€Ăe bei der Technik des Verf.s nicht ge-
troffen werden können. â Kontraindiziert ist die Methode bei
akut entzĂŒndlichen oder eitrigen Prozessen im Nierenlager.
Hauptanwendungsgebiet sind Tumoren, MiĂbildungen, Lage-
anomalien und Steinbildungen der Niere.
Angeborene BÀnder und Klappen der hinteren Harnröhre.
Ein 40 jĂ€hriger Mann klagt ĂŒber erschwertes Urinieren. Urin
und Prostata normal. Katheterismus unmöglich. Urethroskopie
ergibt eine breite kompakte GewebsbrĂŒcke in der hinteren Harn-
röhre, die von der Gegend des SamenhĂŒgels zur oberen Wand
der Harnröhre zieht. Kaustische Zerstörung unter Leitung des
Endoskops. Katheterismus gelingt nunmehr leicht. â 2 Ă€hnliche
FĂ€lle werden noch kurz beschrieben. â die meisten MiĂbildungen
der hinteren Harnröhre, die beschrieben sind, stellen klappen-
artige Gebilde dar. Man erklÀrte sie meist als persistierende
Reste normaler, im embryonalen Leben vorgebildeter Organe
(MĂŒllerscher und Wölfischer Gang?). Verf. glaubt eher, daĂ es
sich um Wachstumsstörungen handelt.
K. Wohlgemuth (Berlin).
Klinische MonatsblĂ€tter fĂŒr Augenheilkunde.
April -Mai 1922, 68.
«fr Das histologische Bild der KupfertrĂŒlmng der Linse, ein Beitrag zur Frage
der LiiLsencrniilirung. Jesu, A. 433.
Detter knötchenförmige Erkrankung der Bindehaut durch Raupenhaare mit
tiefen VerÀnderungen in der Haut. Mit 3 Textabbildungen. Mar-
c o t t y , A. H. 443.
Detter einen Hpaltlampenbefund an den Hornhautnerven hei einem Fall
von degencrativer llornhautverÀnderung. Er aap», E. 448.
ĂŒeber einen Fall von postlentikulĂ€rer Blutung. M a n s , R. 450.
Ueber die doppelseitige TrochlearislÀhmung. F r e y t a g . Th. G. 452.
Zur Frage der experimentellen Hal«nympathikusreizung. W ö 1 f f 1 i n , E. 4(i0.
Ueber einen Fall von angeborenem Fehlen des Musculus dilatator pupillae
selbst oder seiner Inncrvierung. Saupc, K. 464.
âąfrZur Pathogenese des Glaukoms. Levinsohn, G. 471.
Ueber die pathologisch-anatomischen VerÀnderungen der juvenilen rezidi-
vierenden Netzhai.tglaskorperblutung. Mit 2 Textabbildungen., Sil-
g a u u m a , S. 481.
Netzhnutblutungcn bei eiueip Falle von essentieller Thrombopenie.
Schal], ÂŁ. 486.
«fr-SchÀdigungen des Auges durch Licht, van der Hoeve, J. 492.
«frRotgrĂŒnblindheit als Erbeigenschaft. Schiötz, I. (Kristiania). 49S.
Ueber die Initialstadien des Naphthalinstares im Kan.inchenauge. Spielt
die Iris eine Rolle bei der Ausbreitung des Stares im vorderen Linsen-
kortex? Lindberg, G. J. 527.
â ^Klinisch-bakteriologische Studien ĂŒber den Pneumokokkenkatarrh. P i 1 -
1 a t , A. 533.
Streptococcus mucosus, als Erreger einer chronischen ulzerösen Konjunk-
tivitis. Fischer, E. 553.
Zur Frage der Plastik mit einem wandernden Stiel. F i 1 a t o w , W. 557. \
âZur Vererbung der Myopie. .1 a b 1 o n s k i , W. 560.
Kurze Bemerkungen ĂŒber SehnervenschlĂ€ngeluug und Myopiegenese. L e - \
v i n s o h u , G. 574.
Ueber Entrundung der Hornhaut und angeborene Irisanomalien. Trieben-
stein, O. 578.
Zur Frage von den schematischen und reduzierten Augen. Wcrbitikjr,
K. W. 588.
«frUeber die TrĂ€nenflĂŒssigkeit. v. R ö 1 1 h , A. 598.
Blennorrhoe der Tr&neniöhrchen. Hoitasch, B. «1)5.
Ueber einen geheilten Fall von hochgradigem kongenitalen Enophthalmus
mit Retraetio bulbi. C laus e n , W. fi07.
Bemerkungen zur Arbeit O. Lindenmeyers âUeber Exophthalmus inter-
mittens mit angeborener Jugularisstenose". Enroth, E. 613:
Zur Indikation der Blliotschen Skleraltrepauation. v. Lieber mann,;
L. 614.
Kaustische Resektion der Tarsalbindehaut bei Conjunctivitis vernalis
v. L i e b e r m a n n , L. 617.
Bemerkung zu meiner Arbeit âDie Tarsektomie und ihr Heilwert bei
Trachom und Trichiasis". Feigenbaum, A. 617.
Eine neue Operation gegen Entropium (ohne Belastung der Lidhaut, Be-
merkungen Uber Tarsektomienaht. Raubitschek, E. 618.
Beitrag zur Elliot-Operation. Ticho (Jerusalem). 624.
Zwei FĂ€lle von Pilzkonkrementeu im TrĂ€nerirĂŒhrchen. Ginzburg, J. 623.
Ein Beitrag zum Bilde des Zystizerkus subretinalis. S c h w a r z k o p f ,
G. 632.
Urkunde ĂŒber Ă€lteste Ă€gyptische AugenĂ€rzte. W ö 1 f ÂŁ 1 i n , E. 635.
Zur Haarnaht. Merz-Weigandt, Chr. 637.
Die Dreirillenbrille. W e c k e r t. 638.
Das histologische Bild der KupfertrĂŒbung der Linse. Die
Arbeit ist deshalb von allgemeiner Bedeutung, weil sie Hinweise
auf die LinsenernÀhrung gibt. Der Fall beweist nÀmlich eindeutig,
(was von anderer Seite bestritten wird) daĂ auch durch die vor-
dere Linsenkapsel ein stÀndiger Diffusionsstrom in die Linse
eindringt und daĂ vor allem das Pupillargebiet der vorderen
Kapsel fĂŒr die Aufnahme von FlĂŒssigkeiten und diffusiblen Stoffen
in Betracht kommt. Er zeigt weiter, wie das Linsenepithel eine
auswĂ€hlende und schĂŒtzende Wirkung gegenĂŒber den von vorn
eindringenden Stoffen ausĂŒbt und schĂ€dliche wenigstens fĂŒr lĂ€n-
gere Zeit zurĂŒckhĂ€lt, so daĂ sie im subkapsulĂ€ren Spalt ange-
reichert werden.
Zur Pathogenese des Glaukoms. L. unterscheidet 4 Ursachen
fĂŒr das Zustandekommen eines Glaukom. 1. die eigentlich patho-
genetische Hierher rechnet er besonders die Ueberschwemmung
der vorderen AbfluĂwege mit den zertrĂŒmmerten Zell-Leibern
des hinteren Pigmenlepithels. Diese Theorie hat durch die Unter-
suchungen an der Spaltlampe eine neue StĂŒtze bekommen. 2. die
disponierenden Ursachen, Hierher gehören alle AffektioneiL bei
denen der Zerfall des Irispigmentes besonders hÀufig beobachtet
wird (Diabetes, Lues, Hesterochronia). 3. die auslösenden Ur-
sachen: psychischer Affekt, vielleicht infolge der dabei oft aut-
tretenden Pupillenerweiterung. 4. die unterstĂŒtzenden Ursachen:
die örtliche Blutverteilung und besonders die Blutbeschaffenhei t.
StÀrkerer Salzgehalt des Blutes setzt den intraokularen Druck
wesentlich herab. Auch SchilddrĂŒse und Hypophysis wirken aui
den Augendruck ein.
SchÀdigungen des Auges durch Licht. Die SchÀdlichkeit des
normalen Lichtes wird oft ĂŒbertrieben. Andererseits ist nicht zu
bestreiten daĂ Alterstar und vielleicht auch Netzhautverande-
rungen durch die ultravioletten Strahlen des Tageslichtes und der
Beleuchtungsquellen verursacht werden können. Vollige tern-
haltung der ultravioletten Strahlen ist unnötig und vielleicht
schĂ€dlich. Es wird genĂŒgen, die Augen nur dann zu schĂŒtze»,
wenn sie mehr als gewöhnlich dem Einfluà dieser Strahlen aus-
gesetzt sind.
RatgrĂŒnblindheit als Erbeigenschaft. Auf Grund eigener, sehr
genauer Untersuchungen und unter sorgfĂ€ltiger NachprĂŒfung aller
bisher veröffentlichter StammbĂ€ume kommt Verf. zu dem SchluĂ,
daĂ angeborene l^lgrĂŒnblindheil immer und ausnahmslos als eine
rezessiv-geschlechtsgebundene Eigenschalt vererbt wird und daĂ
bis jetzt noch keine Ausnahme dieses unbeugsamen 1 rinzips
nachgewiesen worden ist.
R). Jahrg. â Nr. 43/44.
Aus den neuesten Zeitschriften
Klinisch-bakteriologische Studien ĂŒber den Pneumokokken?
katarrh. Die Pn.katarrhe sind* â wenigstens in Wien - viel
hÀufiger, als bisher angenommen wurde (22 % aller Irischen Ka-
tarrhe). Es gibt klinisch ganz leichte Pn.katarrhe, die der Unter-
suchung wegen der geringen subjektiven und objektiven Erschei-
1 nungen sehr leicht entgehen, besonders bei Kindern. Die charakte-
I ristischen VerĂ€nderungen (gelblich eingescheidete BlutgefĂ€Ăe auf
der sonst blassen Bindehaut, leine Schleimschimmer, fast fehlende
Sekretion) sind im Alter weniger deutlich. Klinisch leichte FĂ€lle
Beigen bakteriologisch oft massenhaft Pneumokokken, wÀhrend
ganz schwere FÀlle gelegentlich nur spÀrlichen Pn.befund auf-
weisen. Die bakteriologische Diagnose hÀngt besonders vom Er-
krankungslage ab; den besten Erfolg verspricht sie zwischen dem
1 1. Tage. Die Pn.-Conjunktivitis ist gutartig; selten fĂŒhrt sie
»zur Mitbeteiligung der lieferen Teile. Unverwertbar fĂŒr die bak-
I teriologische Diagnose ist nur das Wachstum auf normalen Epi-
thclzellen. Im Sekret finden sich Pn. auch bei anderen Binde-
haut-EntzĂŒndungen und sind oft schon verschwunden, wĂ€hrend
sie an der Bindehaut des Augapfels noch reichlich zu finden sind.
Kulturelle ZĂŒchtung ist werllos, weil auch saprophytĂ€r vorhandene
SrPn. angehen und so eine falsche Diagnose vortÀuschen können.
âą Zur Vererbung der Myopie. An Hand einer sich ĂŒber 4 Gene-
rationen erstreckenden Ahnentafel wird die Erblichkeit der hoch-
gradigen Kurzsichtigkeit wahrscheinlich gemacht. Ein zweiter
^Stammbaum lĂ€Ăt die hochgradige Kurzsichtigkeit als rezessives
Merkmal erkennen. AuĂerdem zeigt dieser Stammbaum eine merk
wĂŒrdige Verbindung der Kurzsichtigkeit mit dem weiblichen Ge-
sehiecht (geschlechtsgebunden"). Die Erkrankung ist mit hoch-
gradiger Wahrscheinlichkeit als rezessives Leiden gemÀà den
iMendelschen Lehren vererbt.
Uebcr die TrĂ€ncnflĂŒssigkeit. Der Brechungsindex der aut
denselben Reiz hervorgerufenen TrĂ€nenflĂŒssigkeit bewegt sich in
breiten Grenzen bei denselben wie bei verschiedenen Individuen.
Dieser Unterschied beruht mit gröĂter Wahrscheinlichkeit auf
der Beimischung mit verschiedener Menge Ăindehautabsonderung.
Wenn die Proben bei blutleerer Bindehaut genommen werden, so
-ist das Ergebnis einheitlicher; der Index im Durchschnitt niedriger.
Es kommt nĂ€mlich last nie die Absonderung der TrĂ€nendrĂŒse
in Betracht.
Der Brechungsindex jener Proben, die nach verschiedenen
Reizen genommen werden, ist auch ziemlich verschieden, die Durch-
schnittswerte decken sich aber ganz auffallend. Es ist also das
auf verschiedene Reize hervorgerufene TrĂ€nendrĂŒsensekret sonst
gesunder Augen chemisch unverÀndert.
E u s 1 i n (Berlin-Steglitz).
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
1. Juni 1922, 52, Nr. 22.
; .«tCxeiiietjscife Bedeutung des Nervensystems fĂŒr Organerkrankunsgen
Oswald, A. 553.
Refraktometrische und viscosimetrische Untersuchungen am Blutseruni.
R o Ii r e r , F. 555.
«^Bulbus Scillae. Mark walder, J. 560.
i Pharmakologie der Scilla. Jenny, E. 562.
Pneumothoraxapparatc. Frey, II. 564.
Zur Frage der geographischen Verbreitung und poliklinischen Behand-
lung der Epilepsie. W y r s c h , J. 565.
Die genetische Bedeutung des Nervensystems fĂŒr die Organ-
pkrankungen. In der Pathologie spielt das Nervensystem eine
weil gröĂere Rolle, als man gemeiniglich anzunehmen pflegt;
nicht nur fĂŒr die funktionellen Erkrankungen, sondern auch fĂŒr
die Organleiden. Schon beim einfachen EntzĂŒndungsprozeh
Kommt dem Nervenapparat eine genetische Bedeutung insofern zu,
als die begleitende HyperÀmie auf einer Vasodilatalion beruht.
Menschen, die durch anhaltende geistige und körperliche Er-
mĂŒdung geschwĂ€cht sind, neigen leicht zu katarrhalischen
EntzĂŒndungen, die der örtlichen Behandlung trotzen. Wohl abei
genĂŒgt es, dem N. S. Ruhe zu verschaffen, um diese Katarrhe
zum Seilwinden zu bringen.
Als weiteres Organleiden mit nervöser Grundlage wÀre das
|Jlcus ventriculi und duodeni zu nennen. Die groĂe Mehrzahl
der Befallenen sind Vagotoniker. In das gleiche Gebiet gehört
die Colitis, ferner wÀren die Frostbeulen zu nennen. Auch bei
ler Raynaudschen Krankheit sind die primÀren Störungen im
Nervenapparat zu suchen. Sehr Lehrreich ist, daĂ im Verlaul
eilirr Hemicranie echte flerpeseffloreszenzen auftreten können.
Diese sind rein neurogenen Ursprungs; man denkl sie sich als
durch Sensibilisierung der GefÀBnerven entstanden. Der Herpes
zoster, der Herpes simplea der Hanl sind genetisch ebenfalls an
die MitwiTkung des N.S. gebunden.
Eine. Erscheinung, die heute auch in der Laienwelt viel Be-
fehl ung findet, ist das ĂŒbermĂ€Ăige LĂ€ngenwachstum unter der
heuligen Jugend. Ks liegl nahe, dasselbe so zu erklÀren, dal)
infolge Ueberreizung, resp. Sensibilisierung des Nervensystems
die WachstumsdrĂŒsen einen stĂ€rkeren Effekt auslösen. Insofern
ist dieses ĂŒbermĂ€Ăige Wachstum nicht etwa als Verbesserung
der Hasse zu bewerten, sondern als auf ('.rund einer Minder-
wertigkeit im vegetativen N.S. entstanden zu denken.
Den Einfluà des N.S. auf die OrgamtÀtigkeit sehen wir sehr
deutlieh bei den sogen. Stoffwechselkrankheiten, dem Diabetes
mellitus zuvorderst. Es ist allgemein bekannt, daĂ der Diabe-
tiker nach psychischen Alterationen mehr Zucker ausscheidet
als bei ruhigem Verhallen. Wir haben Grund, anzunehmen, daĂ
der ganze Metabolismus unter dem unmittelbaren EinfluĂ des
N.S. steht.
Die gemachten Darlegungen erklÀren uns, warum viele der
herangezogenen Leiden durch lokale Behandlung nicht geheilt
werden; wÀhrend die Ruhiglegung des N.S. oft Wunder wirkt.
Diese Behandlungsweise ist erfolgreich, weil sie kausal ist.
Hierauf zu achten, ist Aufgabe des Arztes.
Ueber Bulbus Scillae. In unserer Zeit steht die Meerzwiebel,
eines der Àltesten Herzmittel, das uns die Geschichte der Heil-
kunde ĂŒberliefert, als Arzneimittel nicht mehr in hohem Ansehen.
â Bestenfalls widerfĂ€hrt ihr das Schicksal, als untergeordnete Be-
gleitsubstanz in den verschiedensten Arzneikomponenten unter-
gebracht zu werden. Im Jahre 1918 inaugurierte F. Mendel
bewuĂt und systematisch die Herztherapie durch ausschlieĂliche
Verwendung von Scilla, und zwar durch Darreichung der ge
trockneten Rohdroge. Auf Grund seiner Erfolge, besonders bei
digitalisrefraktÀren Herzen gelangte Mendel zum Postulat einer
spezifischen Scillawirkung auf die diastolische Phase und auf
diesem Wege zu einer Besserung des darniederliegenden Kreis-
laufs und der Diurese. Auch der Verf. konnte feststellen, daĂ in
Bulbus Scillae, mit einem gebrĂ€uchlichen MaĂstĂ€be gemessen,
sehr groĂe Wirksamkeiten enthalten sind. Diese Wirksamkeit
im Verein mit einer spezifischen Eigenart der qualitativen Wir-
kung drÀngt dazu, Bulbus Scillae als therapeutischen Selbst-
zweck anzuerkennen. Nachdem es weiter gelungen ist, das wirk-
same Herzglykosid in Form von Scillaren vollkommen frei von
Ballaststoffen aus der Meerzwiebel zu isolieren, sind die Vor-
aussetzungen geschaffen fĂŒr eine rationelle konsequente Therapie
mit Bulbus Scillae, denn dadurch ist ein rein glykosidisches PrÀ-
parat zugÀnglich geworden, und es entfÀllt damit die letzte
Möglichkeit, daà die MiserabilitÀt der bisher im Handel befind-
lichen Galenika einer reellen Scillatherapie noch lÀnger den Weg
versperrt. 'Held (Berlin).
Schweizerische Medizinische Wochenschrift, Basel.
8. Juni 1922, 52, Nr. 23.
VerstÀrkte Durchblutung tÀtiger Organe. Fleisch, A. 581.
Eine einfache Urobilinbestimmungsmethode. Herzfeld, E. 585.
Pap il litis mit Ausgang in Atrophie bei TĂ€nia solium. â Diagnose des sub-
retinalen Zystizerkus. Strebel, J. 586.
Spiitresultate der Unterbrechung der Schwangerschaft gefolgt von Kastra-
tion wessen Lungentuberkulose. H o c bedien, W. 588.
Kl siglo Medico, Madrid.
10. Juni 1922, 69, Nr. 3574.
Cajal, seine Persönlichkeit, sein Werk, seine Schule. Cortezo, C. M.
Die parenterale Protciukörpcrthcrapic hei Erkrankungen des VcrdauungS-
apparates. Ii o s e 1 1 , J, M .
Ueber UrÀmite, (Jedem und seine Behandlung. Schlayer.
Antitoxische Sera. M a r za 1 , T.
GegenwÀrtiger Stand der Lehre von der inneren Sekretion. M a r a n o n Y
P o s a d i 1 1 o . D. G .
17. Juni 1922, 69, Nr. 3575.
Cajal, seine Persönlichkeit, sein Werk, seine Schule. Cortezo, C. M,
Nephrektomie bei beginnender Nierentuberkulose. Martin, A. P.
Hyperchlorhydrie bei mangelnder Ovarjaltiitigkeit. B e r m e j i 1 1 o , M.
Die parenterale Proteintherapie bei Erkrankungen des Verdauungsapparates.
R o s e 11 , J. M.
GegenwÀrtiger Stand der Lehre von der inneren Sekretion. MarÀfion y
P 0 s a (1 i 1 1 o.
630
Buchbesprechungen
40. Jahrg. â Nr. 43/44.
Buchbesprechungen.
jakob KlÀsi: lieber die Bedeutung und Entstehung der
Stereotypien. ADhanĂŒumgen aus aer i\eurOiĂŒgie, rsycmatne,
r-sjchoiogie und ihien Grenzgeoieten. Heft Ib. bei im 19/.Z, venag
S. tvarger.
in uer Psychiatrie ist in den letzten Jahren ein rastios Suchen und
i ĂŒi sehen, ein unablĂ€ssig SchĂŒrten und ^uaoen. i\och ist es nicht lange
her, dao wir uns mit dem einfachen registrieren der klinischen Eiscnei-
liihigen begnĂŒgten. Galt es doch ĂŒbernaupt zue/st einmal, das Seiende
zu erfassen, die ZusamenhÀnge zu erkennen und die Krankheitse.nhei-
ten zu schaffen. Aber kaum war man uoer das Schauen und Einteilen
hinaus, da erhob sich schwer und dringend die trage nach dem wie
und "warum. Man suchte in das Wesen der Erscheinungen sich zu
vertiefen und sie «nserem VeistÀndnis nÀher zu bringen, vie.es, was
wir bei unseren Kranken beobachten, scheint auf den ersten blick so
sinnlos und jeder Vernunft bar, daà man an einer ErklÀrung wohl ver-
zweifeln möchte, und doch zeigt die vorliegende Studie ĂŒber die
Stereotypien, daà auch dem scheinbar UnverstÀndlichsten ein tieferer
Sinn innewohnt.
Den Untersuchungen des Autors liegt ein Material von 31 genau
durchgearbeiteten FĂ€hen zu Grunde. Ais wichtigstes Ergebnis ist die
i eststeilung zu betrachten, daĂ die Stereotypien durchweg sinnvoll
begrĂŒndet sind. Sie slellteu sich entweder als Ăbwehrhandlungen
gegen Halluzinationen der Körperempfindimg heraus, oder es han-
delte sich um Harmonien zur rieschwörung von SinnestÀuschungen
oder zur BekrÀftigung oder Versinnbildlichung einer Weihe oder Bur.e,
schlieĂlich waren sie als Ueberbleibsel frĂŒherer Bei ufsbewegungen
bezw. anderer Handlungen, die auf die Wirklichkeit abzielten, zu deuten.
Diese sehr wertvollen Resultate waren nicht mĂŒhelos zu gewinnen,
sondern sind nur einer zĂ€hen und unermĂŒdlichen Exploration zu ver-
danken.
Immer deutlicher drÀngt sich uns die Einsicht auf: nicht ein
wirres, zusammengewĂŒrfeltes Durcheinander sind die Erscheinungen
der Geisteskrankheit, sondern sie entspringen nur einer âVerrĂŒckung"
des Niveaus, auf welchem das Individuum steht, einem von Grund aus
verĂ€nderten Denken, FĂŒhlen und "Wollen. Wir als" Gesunde können
uns niemals in eine solche Anschauungsweise einfĂŒhlen, aber es ge-
lingt doch â wie die AusfĂŒhrungen des Verfassers zeigen â sie un-
serem VerstÀndnis nÀher zu bringen.
A. MĂŒnze r.
J. H. Schultz. GesundheitsschÀdigungen nach Hyp-
nose. Sammlung zwangloser Abhandlungen auf dem Gebiete der
Nerven- und Geisteskrankheiten. Neue Folge, Heft 1. Carl Marhold,
zweckt, ĂŒber ^die nach Hypnose auftretenden Gesundheitsstörungen
sichere AufschlĂŒsse zu gewinnen. Eine Zusammenstellung der be-
richte, die von Irrenanstalten, Irren- und Nervenkliniken, NervenÀrzten
usw. einliefen, ergab ĂŒber 100 GesundheitsschĂ€digungen nach Hypnose;
Verlagsbuchhandlung, 1922.
Verfasser legt die Ergebnisse einer Sammelforschung vor, die be-
charakteristischer Weise fallen diese fast sÀmtlich den Laienschauhyp-
nosen oder hypnotischen Laienzirkeln zur Last. Klinisch handelt es
sich der Hauptsache nach um hysterische und schizophrene Psychosen.
Die AusfĂŒhrungen des Verfassers verdienen unten uns Aerzten die
aufmerksamste Beachtung. Wir können garnicht oft und eindringlich
genug unserem Publikum vor Augen fĂŒhren, daĂ die Hypnose einen
ernsten Eingriff bedeutet, dessen AusfĂŒhrung nur dem Berufenen
gebĂŒhrt, der aber, in unrechtmĂ€Ăige HĂ€nde gelegt, nicht wieder gut-
zumachenden Schaden anrichtet.
Daà hier auf gesetzlichem Wege etwas erreicht wird, ist vorlÀufig
noch zweifelhaft. Deshalb gehört um so mehr der Arzt auf den Plan;
sein Mahnruf darf nicht wirkungslos verhallen.
A. M ĂŒ n z e r.
M. Vaerting: Physiologische Ursachen geistiger
Höchstleistungen bei Mann und Weib. Bonn 1 922, A.
Marcus und E. Webers Verlag.
Das schöpferische Arbeitsvermögen unterliegt Schwankungen. Bei
der Frau beginnt die produktive LeistungsfÀhigkeit etwa 14 Tage
nach Einsetzen der Menstruation und erreicht im Praemenstruum ihren
Höhepunkt, beim Manne nach dem normalen und nicht zu hÀufigen
Sexualverkehr sowie in geringerem Grade nach Pollutionen. Die
höchste ProduktivitÀt fÀllt hiernach in eine Zeit, in der, wie die Erfah-
rung lehrt, die Libido nach befriedigtem Geschlechtstrieb auf ein Mini-
mum herabgesetzt ist. â Die Ursache fĂŒr diese Schwankungen ist in
Wirkungen der inneren Sekretion zu suchen. Bei der Frau spielt hier-
bei das Corpus iuteum die Hauptrolle; seine Reifezeit fÀllt gerade in
die Periode der gesteigerten LeistungsfÀhigkeit. Beim Manne sind es
die reifenden Keimzellen selbst, deren Hormone die geistige Leistungs-
fÀhigkeit beherrschen.
Dies der ExĂakt aus den AusfĂŒhrungen des Verfasseis. â Ich
giauoe, da., man Sie nicht ohne eiheonchen Widerspruch hinnehmen
wird. LÀ\A sien wiiklich eine GegensÀtzlichkeit zwischen Geschiecms-
tueb und pioduktiver ^eistungsfanigkeit konstituieren.-' Man mag ja
zugeoen, dan nach der t-efneoigung des Iriebes aas Arbeitsvermögen
sich steiget. Das ist a^er weniger ins Gewicht fallend ais die iat-
sache, dao geistige FtoduktivitÀt mit rege entwickeltem Geschlechts-
tneo fast stets nand in Hand geht. Ja, man könnte versucht sein zu
sagen, daĂ gerade der stark entwickelte Irieb eine der Ursachen fĂŒr
hochwertige ueisiesarbeit sei. In diesem Sinne sprechen die vom
Vei fasser fĂŒr seine eigene l heorie ins Feld gefĂŒhrten Phasen gestei-
gerter ProduktivitÀt. Die PubertÀt, der Brautstand, die Höchstleistung
der Genies bis zum 30. Lebensjahre. â Warum zu der fernliegenden
ErklĂ€rung greifen, dao bei verringerter AusĂŒbung der SexualtĂ€tigkeit
die innere bekretion der KeimdrĂŒsen begĂŒnstigt sei und hierdurch ltue
Wirkungen entfalte? Ist es nicht viel natĂŒrlicher zu sagen, daà ÀuĂere
und innere Sekretion Hand in Hand gehen, daà also unter dem mÀchtig
anwachsenden Triebe auch das geistige Leistungsvermögen gefördert
wird?
Die Hypothese von einer den Keimzellen selbst zukommenden in-
neren Sekretion scheint mir nicht gerechtfertigt. Es liegt kein AnlaĂ
vor, die bisher den interstitiellen Zellelementen vindizierten Funktionen
auf die Keimzellen zu ĂŒbertragen.
SchlieĂlich glaube ich, daĂ bei einer Erörterung der physiologi-
schen Ursachen fĂŒr geistige. Höchstleistungen das Zentralorgan nicht
auĂer Acht gelassen werden darf. Seit Gall wissen wir von der
Existenz eines zerebralen Geschlechtstriebes. Bringt man ĂŒberhaupt
einmal die GenitalsphÀre mit der geistigen Arbeitsleistung in Zusam-
menhang, so darf die zerebrale Einstellung nicht auĂer Acht gelassen"
werden.
A. M ĂŒ n z e r.
Prof. Stock (TĂŒbingen). Augenheilkunde: Erkrankungen
der Iris, der Linse und des Glaskörpers. Diagnostische
und therapeutische IrrtĂŒmer und deren VerhĂŒtung. Leipzig 1921
Georg T hi e m e.
Aus den fesselnden und klar geschriebenen AusfĂŒhrungen, die dem
Praktiker wertvolle Fingerzeige geben, sei hier folgendes hervorge-
hoben. Der graue Reflex auf der Pupille ist bei alten Leuten nicht im-
mer gleich Altersstar. Oft wird ein Glaukoma simplex (d. h. ei
Glaukom ohne entzĂŒndliche Erscheinungen) fĂŒr einen gewöhnlich
Altersstar gehalten. Hier schĂŒtzt vor IrrtĂŒmern nur die Gesicht
leldprĂŒfung (nasale Einengung beim Glaukom!) Die seni
Makulaerkrankung, deren Feststellung durch den Augenspiegel tu
immer leicht ist, wird ebenfalls durch die GesichtsfeldprĂŒfung (zentral
Skotom) diagnostiziert. â Beim Auftreten von Kurzsichtigkeit na
dem 30. Lebensjahre denke man stets an Diabetes; die Myopie i
in diesen FĂ€llen das erste Zeichen einer beginnenden diabetischen Li
sentrĂŒbung. â Einseitige LinsentrĂŒbung lĂ€Ăt immer an Komplikatio
im Auge (Iritis) denken. â Heilung des Altersstars ohne Operati
ist nicht möglich, denn die abgestorbenen Linsenzellen, die die U
sache der TrĂŒbung sind, können nicht wieder lebendig werden. D
Möglichkeit eines Stillstandes ist nicht ganz ausgeschlossen. Der S
ist vielleicht keine Krankheit, sondern eine physiologische Alterse
scheinung. Operiert soll nicht erst werden, wenn der Star reif i
sondern wenn das Sehvermögen nicht mehr ausreicht (also abhÀngi
von der BeschĂ€ftigung). â Bei Iritis nicht mit Anwendung von 1
Atropin zögern, weil sonst Verwachsungen und als deren Folgen -1
kundÀrglaukome eintreten können. Bei rheumatischer Iritis am best
eine Stunde nach nicht geringer Salicyldosis Atropin eintrÀufeln.
Bei akuter Iritis ist an Syphilis, bei chronischer an Tuberkulose
denken. Nach durchbohrender Verletzung, die mit chronischer Uvei
tis verbunden ist, besteht stets die Gefahr einer sympathischen EntzĂŒ
dĂŒng des anderen Auges. Mit einer anderen Entstehungsursache fĂŒr sy
pathische Ophthalmie ist nicht zu rechnen. Ein Auge, das erblind
ist, (d. h. kein Lichtschein) oder bei dem der Lichtschein falsch pr
jiziert wird, ist zu entfernen, ganz besonders, wenn der Aug
stumpf gereizt und schmerzhaft ist. Die Inkubationszeit der s
pathischen Ophth. betrÀgt 14 Tage nach Auftreten der Uveitis. E'
spÀter auftretende ist nicht mehr als Unfallfolge zu betrachten! °
starken Kopfschmerzen, auch in Verbindung mit âGrippe", ist sJ
an Glaukom zu denken. ProdromalanfÀlle von Glaukom kommen
des Abends (Pupillenerweiteruig â Zirkulationsstörung!) â
körpertrĂŒbungen sind nicht selten die Ursache diagnostischer Irrtum
da sie oft diagnostiziert werden, wenn sie nicht vorhanden sin
(âFliegende MĂŒcken"!) TrĂŒbungen sind beim Durchleuchten mit d
Planspiegel leicht als dunkle Wolken oder FĂ€den zu sehen. Sta
Kurzsichtige haben stets erst feine TrĂŒbungen, die als formlos an
sehen sind. Beim Normalsichtigen bedeuten sie fast stets einen En
zĂŒndungsprozeĂ â Ziliarkörper â sind somit das Zeichen ein
schweren Erkrankung.
E n s 1 i n (Berlin-Steglitz).
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, berlin W 50
Verlag von HANS PUSCH, Berlin SW4Ă, Wilhelm - Stra&e 20 / Fernsprecher: LĂŒtzow 9057
Nr. 45/46 Berlin, den 25. November 1922 40. Jahrgang
Dar Verlag bebalt sieb das ausschlieĂliche RĂ€cht dar VervielfĂ€ltigung und Verbreitung der Originalbeitrage innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist ver.
Aus dem Strahlentherapeutischen Institut Dr. Jean und
Dr. Elsa Kottmaier- Mainz.
Die Röntgenbehandlung von Ohren-, Nasen-
und Kehlkopfkrankheiten.
Von Dr. Jean Kottmaier.
Abgesehen von rein Ă€uĂerlichen Erkrankungen (Rhino-
plegma) und von Leiden tuberkulöser Natur, wird von der
therapeutischen Wirksamkeit der Röntgenstrahlen auf dem
Gebiet der Ohren-, Nasen- imd Kehlkopfkrankheiten
so gut wie kein Gebrauch gemacht. Trotz der gĂŒnsti-
gen Erfahrungen, die man mit der Heilwirkimg der
Röntgenstrahlen auf anderen Gebieten tausendfach ge-
macht hat, werden die Röntgenstrahlen bei analogen
chronischen Erkrankungen des in Rede stehenden Spe-
zialgebietes kaum herangezogen. Es ist dies um so merk-
wĂŒrdiger, als die jetzt ĂŒbliche Therapie mancher dieser
oto-, rhino- und laryngologischen Erkrankungen keineswegs
so ideal vollendet ist, daĂ man nicht streben muĂte, sie
rationeller zu gestalten. Man denke nur beispielsweise an die
hyperplastischen Prozesse des lymphatischen Rachenrings.
Die allbekannte SensibilitÀt dieser Gewebsart gegen Röntgen-
strahlen wird kurativ nicht ausgenutzt. Freilich muĂ die
Hyperplasie des Rachenrings als eine mehr oder weniger
konstitutionelle Veranlagung betrachtet und demgemÀà vor-
nehmlich immer auch -allgemein behandelt werden. Aber
die pathologische Natur des lymphatischen Gewebes wird
durch das lokale chirurgische Vorgehen zweifellos weit
weniger beeinfluĂt, als durch die Einwirkung der Röntgen-
strahlen auf jede kranke Zelle. Zwar fĂŒhren Ringmesser,
Tonsillotom oder Conchotom meist ohne Gefahr rasch zum
Ziele, aber wie oft ist dieses nur vorlÀufig. Wie hÀufig sind
zum Beispiel bei buchtigen Gaumenmandeln Nachoperationen
nötig, wenn man nicht vorzieht, die ganze Mandel ihrer
physiologischen Bestimmung durch gÀnzliche Entfernung zu
entziehen. Anders die Röntgenstrahlen! Zwar arbeiten sie
nicht so schnell, aber sie wirken rationeller. So wenig man
alle hypertrophisch gewordenen Mandeln ein Objekt der
Röntgenbehandlung sein werden, so sicher wird man sagen
dĂŒrfen, daĂ sie bis jetzt nur deshalb so hĂ€ufig dem Messer
verfielen, weil eben keine zweckmĂ€Ăigere Behandlung ĂŒblich
war. Warum wohl wunden die Röntgenstrahlen therapeutisch
bei den Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten bis jetzt
so auffĂ€llig ignoriert? Vielleicht fĂŒrchtete man das bisweilen
aufgetretene Kehlkopfödem, vielleicht hielt man auch die
Applikationstechnik fĂŒr schwierig oder unangenehm. SchlieĂ-
lich hat man wohl auch den hemmenden Einfluà der Rönt-
genstrahlen aus das Wachstum von Haaren und Knochen
gescheut, besonders da es sich hÀufig um jugendliche Pa-
tienten bandelt. Aber alle diese GrĂŒnde sind nicht stich-
haltig. Geht man nicht perical vor, sondern bestrahlt man
unter geeigneter Schwerfilteruno und unter Verwendung
passender Tuben die ProjektionsflÀche der Mandeln auf den
aufsteigenden Unterkieferast, so fÀllt die BelÀstigung des
Patienten wÀhrend der Bestrahlung weg. Behandelt' man
ferner jeweils immer nur eine Seite mit kleinen Dosen und
in gehörigen ZeitabstÀnden, so vermeiden wir nicht nur die
reakliven Oedeme, sondern, wenn wir im Ganzen jeder Haut-
stelle nflm mehr wie deines Hauterythems zumuten, auch
jede dauernde SchÀdigung des Haar- und Knochenwachs-
tums.
Die Röntgenbehandlung der Hyperplasie des lymphati-
schen Rachenrings erscheint deshalb noch besonders ange-
ln acht, weil bekanntlich hÀufig alle 4 Mandeln gemÀà ihrer
histologischen Einheit zugleich chronisch verÀndert sind.
Indem wir in solchen FĂ€llen noch vom Nacken aus be-
strahlen, unterwerfen wir den ganzen Rachenring dem Ein-
fluà der Röntgenstrahlen. Nebenbei treffen wir dann auch
noch jene praevertebralen, vergröĂerten DrĂŒsen, wie sie so
hÀufig beim Status lymphaticus vorkommen. Es sei noch
erwĂ€hnt, daĂ natĂŒrlich die Mitbestrahlung des RĂŒckenmarks
mit seiner geringen SensibilitÀt gegen Röntgenstrahlen
durchaus bei den in Betracht kommenden Strahlenmengen
bedeutungslos ist. Als einziger Nachteil der Röntgenbehand-
lung ist ihre Dauer eventl. ĂŒber viele Wochen zu werten.
Auf der anderen Seite liegen die Ă€uĂeren Vorteile dieser Be-
handlung klar zutage. Ist die erste Scheu ĂŒberwunden, so
werden wir im Gegensatz zu den eventl. öfteren operativen
Eingriffen nur selten immer wieder mit seelischen Emotionen
unserer meist jugendlichen Patienten rechnen mĂŒssen. Auch
sind die Indikationen der Röntgenbehandlung der Raehen-
ringisgebilde weiter gesteckt, wie die der chirurgischen
Methoden. Chirurgische Kontraindikationen wie HĂ€mo-
philie, schwere AnÀmie und Chlorose, wegen der Nach-
blutungen gefĂŒrchtet, sind fĂŒr die Anwendung der Röntgen-
strahlen bedeutungslos. Bei akuten EntzĂŒndungen an den
Mandeln oder im Rachen wind man selbstredend nicht be-
strahlen, wÀhrend Zahnkaries und Zahnfisteln, die einen
chirurgischen Eingriff im Munde unerwĂŒnscht machen, fĂŒr
gewöhnlich keine Gegenanzeige fĂŒr Röntgenbehandlung sind.
Nach dieser Methode gelang es mir, bei einer Anzahl
hyperplastischer Gaumenmandeln normal erscheinende Ver-
hĂ€ltnisse, besonders bei Jugendlichen, herbeizufĂŒhren.
Eine Ă€hnliche gute Wirkung der Röntgenstrahlen dĂŒrfen
wir m. E. bei den hypertrophischen Erkrankungen der
Nasenschleimhaut mit ihren Folgen erwarten. Die erfolg-
reiche Behandlung der Rhinitis hypertrophica mit ihrer
hĂ€aifigen Mundatmung ist fĂŒr den Gesamtkörper von gröĂter
Bedeutung. Nun sind die chirurgischen Methoden bei den
höheren Erkrankungsgraden keineswegs immer leicht aus-
fĂŒhrbar und sicher wirkend. Denn es ist in manchen FĂ€llen
schwer zu erkennen, welche Teile der Schleimhaut normal
und welche abnorm geschwollen sind; ferner sieht man recht
hÀufig als Folge therapeutischer Eingriffe Verwachsungen
zwischen Muschel und Septum, (die nur wieder durch aus-
gedehnte Resektionen am Septum dauernd zu beseitigen sind':
Eine weitere Crux der Rhinitis hypertrophica bezw. der
Nebenhöhlenaffektionen sind die hÀufig rezidivierenden
Nasenpolypen, welche bekanntlich meist an den 'Aus-
mĂŒndungsstellen der Stirn- und Kieferhöhlen ihren Ursprung
nehmen. Gelingt es, nach Entfernung der Nasenpolypen
durch Röntgenbehandlung das Ursprungsgebiet, die hyper-
trophische Schleimhaut durch Herabsetzung der kapillÀren
Blutversorgung (Strahlenwirkung) grĂŒndlich zu beeinflussen,
so kann eventl. das Sekret der betreffenden kranken Nasen-
nebenhöhle dauernd frei abflieĂen, die erste Vorbedingung
eines konservativen Erfolges. Ein Versuch mit wiederholten
kleinen Dosen von Röntgenstrahlen erscheint durchaus er-
folgversprechend und ungefÀhrlich, wie mir ein an Rhinitis
hypertrophica leidender Patient, der wegen Akne rosacea be-
strahlt werden muĂte, bewies.
Auf dem Gebiete der Erkrankungen des Ohres dĂŒrften
sich vorzĂŒglich manche FĂ€lle von chronisch-infiltrativem
632
Kölzer, BeitrÀge zur Therapie.
40. Jahrgang. â Nr. 45/46.
Tubenversrhluà ebenso zur Röntgenbehandlung eignen wie
jene chronischen Schwellungen der Tubenwand, die ihren
pharyngealen Teil in ein dauernd offenstehendes Rohr ver-
wandeln. Die Bestrahlungen, die mit kleinen wiederholten
Dosen in der Gegend der Ă€uĂeren Ohröffnungen vorge-
nommen werden, sind fĂŒr das Gehörorgan gefahrlos.
Es ist auf diesem etwas vernachlÀssigten Gebiet erforder-
lich, daà Hausarzt, Spezialarzt und Röntgenologe in gemein-
samer Arbeit zusammenwirken, damit auch auf dem Spezial-
gebiet der Erkrankungen von Ohren, Nasen und Hals die
segensreichen Wirkungen der Röntgenstrahlen unseren
Patienten zugute kommen können.
BeitrÀge zur Therapie
und Prophylaxe im SĂ€uglings= und Kindesalter.
Von Dr. Wilhelm K o e 1 z e r
Kinderarzt f. d. stÀdt. Waisenpflege, Braunschweig.
(SchluĂ)
2. Ein Fall von lebensrettender Wirkung der Kochsalz-
infusion bei einer toxischen, mit mĂ€Ăigem Wasserverlust
durch den Darm komplizierten GefĂ€ĂschwĂ€che bei einem
SĂ€ugling.
Ulrich K., geb. 14. 3. 1921, bekam 4 Mon. Brust, dann Zwie-
milch, seit kurzem nur kĂŒnstlich genĂ€hrt mit % 1 Milch und Bei-
kost. Vater Jurist, nervöse Eltern, in Familie des Vaters sollen
tbc. Erkrankungen vorgekommen sein, ein Bruder des Vaters
leidet an Lungentbc.
Am 20. 9. 1921 Beginn der Behandlung. Seit einigen Tagen
Husten, Fieber und etwas dĂŒnne StĂŒhle, 2â3 mal tgl. Kind
Vi Jahr alt, Gew. 7050 g, ein wenig blaĂ und etwas zart, Mus-
kulatur und Fettpolster aber sonst gut, Haut prall. Kein schwer-
kranker Eindruck. Darmtemp. 38,2, P. 130, Atm. 30, Lunge ver-
streut bronchit. GerÀusche, Schall und Atmung normal, 1. h. unten
etwas feines Rasseln und an einer Stelle Knisterrasseln. Stuhl
dĂŒnn bis dĂŒnnbreiig, hell, gelbweiĂlich, in 24 Std. 3 mal. Hals,
andere Organe o. B. Diagnose: Bronchitis mit vereinzelten
kleinen bronchopneumonischen Herden, vielleicht Grippe,
Darmkatarrh (vielleicht rein infektiösen Ursprungs). Ther.: Bett,
zeitweise PrieĂnitz, Bad 28°, falls Temp. abends ĂŒber 38,5,
Senega 1 : 100, 3 stdl. 1 Teel., 6 Std. Tee, dann 18 Std. 4 stdl.
170 g 2,5 % Weizenmehlabkochung und Saccharin, dann Y\ 1 Milch,
% 1 Wasser, 20 Mehl. 21. 9.: T. mg. 37,7, ab. 38,3. Stuhl seltenei
und besser. 22. 9.: T. mg. 39,0, ab. 38,8., Stuhl seit 18 Std. 1 mal,
gebunden. Lunge auch r. h. u. etwas feines Rasseln, sonst im
wesentlichen ungeÀndert, P. 150, Atm. 40. Kind etwas blasser,
krÀnkerer Gesamteindruck. Nahrung: % 1 Milch, Y< 1 Wasser,
25 Mehl. 23. 9.: Nacht war unruhig. Kind nimmt heute schlecht
Nahrung, höchstens 30â50 g auf einmal, so daĂ Mutter aus
eigenem Antrieb 3 stdl. kleine Mengen Vollmilch gibt. Nachm.
etwa 4 Uhr zeigt das Kind auf einmal auffallenden Durst. Die
Mutter lĂ€Ăt sich dazu verleiten, dem Kinde etwas ĂŒber 250 g
Vollmilch auf einmal zu geben, die dasselbe mit auffallender Gier
trinkt. Y\ Std. spÀter wird ziemlich die ganze Nahrung wieder
ausgebrochen, zugleich erfolgt ein sehr reichlicher, stark
wÀsseriger Stuhl, der erste an diesem Tage; von dann ab tritt
ein kollapsartiger Zustand ein, der zunÀchst nicht wieder ver-
schwindet. Ich sehe das Kind erst abends gegen 8 Uhr: schwer-
kranker Eindruck, auffallende BlÀsse, balonierte Augen. Ab-
domen ein wenig eingesunken, beim Streichen ĂŒber die etwas
schlaffe Haut des Abdomens entsteht eine feine Runzelung' der-
selben (Zeichen von Wasserverlust), der Turgor der ĂŒbrigen Maut
zeigt keine deutliche VerÀnderung. T. 38,5 (mg. war 38,2), Atm.
40, oberflĂ€chlich mit relativ vergröĂerter Pause. P. 150, etwas
schwach und klein. Herz keine deutliche VerÀnderung, Herztöne
leise, keine Cyanose, ExtremitĂ€ten ein wenig kĂŒhl. Sejisorium
erscheint frei, Pupillen reagieren ein wenig trÀge, Facialis nega-
tiv, Patellarreflex normal. Auffallender Dursf, der in den letzten
Stunden gegebene Tee wird sehr gierig getrunken. Erbrechen
oder Stuhl ist von 4 â 8 Uhr nicht mehr erfolgt. Warmes Bad
war nachm. gemacht. Ol. campt, fort. subc. 0,5, Digalem 3 stdl.
3 Tropfen; schwarzer Tee mit Saccharin bis mehrere EĂl. stdl. â
Am nÀchsten Morgen 8 Uhr ist das Bild nicht geÀndert, Kind hat
ab und zu etwas geschlummert, T. 38,2, P. 1(50 wie gestern, Atm.
40 ebenso, BlÀsse und halonierte Augen unverÀndert, Gesichts-
ousdruck etwas Àngstlich, unruhige Bewegungen. Kein Erbrechen
und kein Stuhl erfolgt, Herz- und Lungenbefund derselbe, auf-
fallender Durst unvermindert, FĂ€ltelung bei Streichen ĂŒber Haut
des Abdomens dieselbe (Falte bleibt nicht stehen). Ther.:
Campherinj., Kochsalzinfusion. Nahrung 3 % Mehlabkochung. Die
um 11 Uhr ausgefĂŒhrte subkutane Infusion von 225 g 0,6 % Koch-
salzlösung fĂŒhrt in 2 Std. zu vollkommener VerĂ€nderung des
Bildes. Der Durst verschwindet vollkommen, die Gesichtsfarbe
des Kindes wird besser, der Puls ist nach 4 Std. 120, krÀftiger,
die Herzaktion besser, die Atmung wird ruhiger . und gleich-
mĂ€Ăiger, 32, das Kind macht wieder einen leichten kranken, nicht
gefÀhrdeten Eindruck, keine Unruhe mehr, ExtremitÀten wÀrmer,
nachm. erfolgt tieferer Schlaf. Mittags etwas dĂŒnner Stuhl. Be-
fund bleibt gĂŒnstig. Temp. sinkt am 27. 9. zur Norm, der krank-
hafte Lungenbefund verschwindet innerhalb 8 Tagen. Vom 25. 9.
ab Yi Milch mit Larosanzusatz. Heilung des Darms innerhalb
6 Tagen. Urin o. B. Alsbald gute Erholung. Verdacht auf Tuber-
kulose ergab sich weiterhin nicht, Pirquet konnte noch nicht aus-
gefĂŒhrt werden.
Der Erfolg der Kochsalzinfusion war in diesem Fal
ein derart schneller, und die gefÀhrliche Lage wurde .
radikal beseitigt, wie man es wohl nur selten zu Gesicht
bekommt. Das Krankheitsbild bot bemerkenswerte Zug
Wenn auch der gefÀhrliche Zustand durch einen alimentÀre
Faktor ausgelöst wurde, so lĂ€Ăt sich das Bild doch nicht a
rein alimentÀr toxisch bedingt deuten. Dagegen spreche
die zu geringen vorausgegangenen Magendarmerscheinungen
(2 Tage vorher normaler Stuhl ohne Erbrechen), ferner die
schnelle Entleerung der schÀdlichem Nahrung durch Er-
brechen, das nur einmalige Auftreten eines stÀrkeren Durch-
falls, ferner die Einleitung der Verschlimmerung durch
schlechte Nahrungsaufnahme und der plötzlich auffallend
gesteigerte Durst vor EinfĂŒhrung der schĂ€dlichen Nahrung,
endlich auch der zu prompte Erfolg der Kochsalzinfusion.,
Andererseits ist eine alimentÀr-toxische Mitwirkung (vaso-
motorisch) als Teilfaktor als möglich zugegeben. Der
Wasserverlust spielte in dem Bilde sicher eine groĂe Rolle;
und dennoch könnte er allein den schweren Zustand nicht
verursachen; dazu war er im ganzen zu gering. Als Haupt-
ursache muĂ vielmehr eine toxische, durch die Allgemein-
infektion des Körpers von der Lunge und z. T. auch vom Darm
aus bedingte GefĂ€ĂschwĂ€che angenommen werden, wie sie*
von den Forschungen der inneren Medizin (N a u n y n ,
Romberg, PĂ€Ăler u. a.) zuerst klinisch und experi-
mentell erwiesen worden ist. Einer solchen GefĂ€ĂschwĂ€che
entspricht da* obige klinische Bild, dafĂŒr sprechen besonders
die starke BlÀsse, der kleine schwache Puls und die Art der
Dyspnoe: Atmung beschleunigt, oberflÀchlich, aber frei, nicht
mĂŒhsam. GewiĂ kann auch das Herz geschĂ€digt gewesen
sein, aber gegen eine richtige HerzschwÀche sprechen das
Fehlen von C3^anose, von Stauungserscheinungen, von nach-
weisbaren VerĂ€nderungen am Herzen, von mĂŒhsamer
Atmung. Bei der typischen, bei Infektionskrankheiten auf-
tretenden GefĂ€ĂschwĂ€che, deren Auffassung als SchĂ€digung
des vasometrischen Zentrums experimentell gestĂŒtzt ist, sam-
melt sich das Blut in den schlaffen Arterien, besonders
denen des Abdomens, das Herz schlÀgt fast leer, der Zustand
gleicht dem der Ohnmacht; man sprach vergleichsweise von
einem Verbluten 'des Körpers in seine eigenen GefĂ€Ăe. FĂŒr
die Diagnose GefĂ€ĂschwĂ€che spricht auch besonders in
obigem Falle die sehr prompte Wirkung der Kochsalz-
infusion; denn gerade diese ist bei der toxischen GefĂ€Ă-
schwÀche ein oft ausgezeichnetes und schon erprobtes Mittel.
ErklÀrt wird die Wirkung dadurch, daà durch die Ver-
mehrung der Blutmenge es gelingt, den brachliegenden, in
den Arterien ungĂŒnstig und unverwertbar gespeicherten An-
teil des Blutes dem Herzen und dem Gesamtkreislauf wieder
zuzufĂŒhren. In dem mitgeteilten Falle wurde die Wirkung
der GefĂ€ĂschwĂ€che wesentlich durch den vom Darm aus-
gehenden Wasserverlust verschlimmert, indem die Blut-
menge hierdurch noch mehr eingeengt und vielleicht auch
die Giftkonzentration im Blute erhöht wurde. Möglic herweise
wirkte ferner ein alimentÀrer toxischer Faktor summierend.;
Unsere Kenntnisse ĂŒber die toxische GefĂ€Ăschw^che, %ö\
wie auch die oft sehr gĂŒnstige BekĂ€mpfung durch Infusionen'
von Kochsalz- oder Ringerscher Lösung (wie auch dureffi
40. Jahrgang. â Nr. 45/46.
Kölzer, BeitrÀge zur Therapie.
Adrenalin u. a.) sind in die Praxis noch nicht sehr einge-
drungen. Die GefĂ€ĂschwĂ€che wird oft als HerzschwĂ€che
Bedeutet; die BekÀinpfungsmittel der letzteren können dann
aher sehr wohl versagen. Die Anwendung von Kochsalz-
infusionen gegen Wasserverlust bei Infektionskrankheiten
ist schon lange gebrĂ€uchlich, bei GefĂ€ĂschwĂ€che dagegen ersl
neueren Datunis. Der obige Fall erschien mir milteilcnswcrt,
da gerade bei Kindern mit ihrem labileren Nervensystem die
Gei'Ă€ĂschwĂ€ehe mehr als bisher die allgemeine Beachtung
verdient. Komplikationen mit Wasserverlust durch gleich-
zeitige Darmerkrankung sind durchaus hÀufig. In manchen
FĂ€llen kann ein auffallender Durst oder bei Kindern in
ziemlich gutem ErnÀhrungszustand die feine Runzelung der
Haut des Abdomens beim Streichen ĂŒber dieselbe einen Hin-
weis fĂŒr den Wasserverlust und fĂŒr die Indikation zur sub-
kutanen Infusion geben.
3. Zur Prophylaxe der Coli-Cystitis und Pyelitis.
Eine Erörterung ĂŒber die Prophylaxe der Cystitis und
Pyelitis lĂ€Ăt naturgemÀà zuerst die Frage nach ihrer Aetio-
logie aufwerfen. Es wurden verschiedenartige Erreger der
EntzĂŒndung gefunden; jedoch ist man sich einig, daĂ das
Bacterium coli weitaus am hÀufigsten der Urheber ist.
Daraus folgt, daĂ die Infektion meist vom Darm aus erfolgt.
WĂ€hrend man nun frĂŒher allgemein annahm, daĂ die Infek-
tion der Blase durch das Bacterium coli von auĂen erfolge,
ist spÀter öfter die Infektion durch die Blutbahn sicher nach-
gewiesen und auch diejenige auf dem Lymphwege als mög-
lich erwiesen worden; einige Autoren neigen sogar dazu, die
Infektion auf dem Blutwege als die hÀufigste anzusehen.
Die Auffassung einer durchweg stattfindenden Infektion von
auĂen her stĂŒtzt sich besonders darauf, daĂ fast nur MĂ€d-
chen von der Coli-Cystitis und Pyelitis befallen werden
sollten, ein Satz, der nach neueren statistischen Erhebungen
eingeschrĂ€nkt werden muĂ. Es ist aber sehr auffallend, daĂ
Heubner bei seiner groĂen Erfahrung und in Ueberein-
stimmung mit anderen Autoren frĂŒher in seinem Lehrbuche
das fast ausschlieĂliche Erkranken von MĂ€dchen an Cystitis
und Pyelitis angab, wÀhrend einige neuere statistische Auf-
stellungen ĂŒber 25 % Knaben (Finkelstein, Metten -
heim, A. Meyer), K o w i t z sogar bei 40 FĂ€llen 42,5 %
Knaben fanden. Dieser Widerspruch ist schwer zu deuten;
vielleicht kann der Grund fĂŒr den groĂen Prozentsatz Kna-
ben bei letzteren Statistiken an einem gesundheitlich sehr
ungĂŒnstigen Material der Betreffenden liegen, bei welchem
eine Infektion der Blut- oder Lymphbahnen vom Darm aus
wohl hÀufiger sein kann; vielleicht spielen auch endeinio-
logische Faktoren eine Rolle. Ob aber ein solches relatives
ZurĂŒcktreten der Erkrankungen der MĂ€dchen auch fĂŒr die
Privatpraxis und fĂŒr alle die FĂ€lle, welche aus guter Ge-
sundheit heraus oder bei gutem Gesamtzustand nach kurzer
Erkrankung mit DurchfÀllen von der Pyelo-Cystitis wie von
einer akuten Infektionskrankheit befallen werden, aufrecht
zu erhalten ist, möchte ich doch stark bezweifeln. Ich selbst
habe nicht den Eindruck gewonnen. Ich habe die mir noch
zugĂ€ngigen Aufzeichnungen der letzten Jahre ĂŒber meine
FĂ€lle von Pyelo-Cystitis aus der Privatpraxis nachgesehen
und fand unter 50 FĂ€llen nur 3 Erkrankungen bei Knaben.
Ich habe daher die Auffassung, daĂ die Cysto-Pyelitis in der
Privatpraxis ganz vorwiegend nur MÀdchen befÀllt, und bin
daher auch â unbeschadet eines öfteren Vorkommens der
Infektion vom Blut- oder Lymphwege aus â nach wie vor
der Meinung, daà die Infektion weitaus am hÀufigsten ihren
Weg von auĂen her von der Urethra aus ascendierend
nimmt. Zugegeben sei aber, daĂ der Prozentsatz sich in
Kliniken mit ungĂŒnstigem Material im Sinne der höheren
Beteiligung der Knaben etwas verschieben kann. Ich selbst
kann mich auch von frĂŒher her einer Erkrankung von
Knaben nur als eines seltenen Vorkommnisses zu entsinnen.
DaĂ beim Zustandekommen einer Cysto-Pyelitis eine andere
schwÀchende Erkrankung oder eine ErkÀltung eine Rolle
mitspielen kann, ist eine Sache fĂŒr sich.
Die Frage nach der Entstehung ist nun bezĂŒglich der
Möglichkeit einer Prophylaxe sehr wichtig. Bei einer Ent-
stehung der Krankheit durch Infektion vom Blut- oder
Lymphwege aus wÀre eine direkte Prophylaxe kaum mög-
lich; bei einer Infektion von auĂen her dagegen ist eine
wirksame Prophylaxe in den meisten FĂ€llen sehr wohl denk-
bar, indem es gelÀnge, die infizierenden Stuhlentleerungen
von der Urethra fern zu halten. Es wird deshalb auch in
den Anweisungen fĂŒr SĂ€uglingspflege darauf aufmerksam
gemacht, daĂ man besonders bei MĂ€dchen die BerĂŒhrung des
Stuhls mit der Urethra verhindern mĂŒsse, und daĂ man
deshalb auch nur von vorn nach hinten wischen solle. Es
verdient weiterhin betont zu werden, daĂ der abwaschende
Schwamm ĂŒberhaupt nicht mit der Schleimhaut der Vulva
in BerĂŒhrung kommen soll; ein etwa notwendiges Aus-
waschen derselben geschieht am besten mit besonderem
Wattebausch (beste Verbandwatte). Auch wÀre meines Er-
achtens beachtenswert, daĂ die SĂ€uberung von Stuhl nie im
Bade geschehen darf, sondern daĂ das Kind grĂŒndlich vom
Stuhl gereinigt wird, bevor es ins Bad gesetzt wird.
Ich halte nun ferner eine einfache praktische Anweisung
fĂŒr vorteilhaft, die mir fĂŒr die Prophylaxe in der Praxis
wertvoll erscheint. Jeder Kinderarzt wird bei dem Entklei-
den der SĂ€uglinge zur Untersuchung oft gefunden haben, daĂ
zufĂ€llig gerade vorhandene dĂŒnne StĂŒhle die Vulva und ihre
Umgebung, ja zuweilen die Bauchhaut bis fast in Nabelhöhe
stark verunreinigt hatten. Es kommt dies durch das Durch-
ziehen der .Windeln, auch wenn diese beim Anlegen um die
Beine gelegt wenden, und ferner duch die starken Schenkel-
bewegungen des SĂ€uglings. Ich gebe daher stets die An-
weisung, daĂ bei dĂŒnneren StĂŒhlen die un-
teren Zipfel der dreieckig gefalteten Windel
nicht zwischen den Beinen durchgezogen
werden sollen, sondern einfach nach unten zu liegen
bleiben. Dies hat sich mir praktisch bewÀhrt, und die Ge-
fahr der Verunreinigung der Vulva wird dadurch wesentlich
verringert. Ich wĂŒrde es fĂŒr richtig halten, wenn diese An-
ordnung auch in die LeitfĂ€den fĂŒr SĂ€uglingspflege aufge-
nommen wĂŒrde. DaĂ die Windel bei DurchfĂŒhrung der An-
ordnung etwas lockerer liegt, ist ohne Belang; zur Not kann
man die oberen zusammengelegten Zipfel aneinander be-
festigen.
Die Anordnung wĂŒrde nicht nur fĂŒr dĂŒnne StĂŒhle
Geltung haben, sondern auch dann, wenn dĂŒnnbreiige oder
salbenartige StĂŒhle so voluminös sind, daĂ eine Verunreini-
gung der Vulva zu fĂŒrchten ist. Besonders beachtenswert
sind auch die dĂŒnnen StĂŒhle der Brustkinder, da die Coli-
Cystitis durchaus nicht selten bei ganz jungen SĂ€uglingen
(MĂ€dchen) auftritt, die nur die Brust bekommen. Man kann
nach Analogie der Ergebnisse von Tierversuchen wohl auch
annehmen, daĂ bei den â immerhin etwas pathologisch â
gesteigerten GĂ€hrungen bei manchen Brustkindern, deren
Ausdruck eben die dĂŒnnen StĂŒhle sind, auch die Virulenz
des Bact. coli erhöht wird.
(Nebenbei möchte ich bemerken, daà die Anordnung, die
Windel nicht zwischen den Beinen durchzuziehen, sich mir
praktisch auch sehr gut bei starkem Intertrigo bewÀhrt hat,
besonders dann, wenn breite rote Streifen an der InnenflÀche
der Haut der Oberschenkel den EinfluĂ der WTindel kenn-
zeichnen.)
Ob sich die obige Anordnung zur VerhĂŒtung der Coli-
Cystitis und Pyelitis oft wirksam und wesentlich erweist,
kann ich natĂŒrlich nicht beweisen; bei den SĂ€uglingen, bei
denen die Anordnung durchgefĂŒhrt winde, habe ich zu-
fÀllig noch keine Cystitis auftreten sehen, jedoch will das
selbstverstÀndlich noch nicht viel besagen. Ein derartiger
Beweis fĂŒr die Wirkung der MaĂnahme wĂ€re auch wohl
schwer zu fĂŒhren; jedenfalls stellt die Anordnung ein Hilfs-
mittel dar, um die Verunreinigung der Urethra mit Stuhl
einzuschrĂ€nken, sowohl quantitativ als bezĂŒglich der HĂ€ufig-
keit; die Verunreinigung g a n z zu vermeiden, wird allerdings
schwerlich gelingen.
4
Kölzer, BeitrÀge zur Therapie.
10. Jahrgang. â Nr. (5/ 16.
4. Die BrustdrĂŒsenschwellung des Neugeborenen und die
VerhĂŒtung ihrer Vereiterung.
In den LehrbĂŒchern der SĂ€uglings- und Kinderkrank -
heiten (Heubner, Finkelstein Aufl. 1921, Feer u. a.)
wird geraten, die BrustdrĂŒsenschwellung der Neugeborenen
ganz in Ruhe zu lassen. Eine dementsprechend« Anweisung
ist auch in die LeitfĂ€den fĂŒr Kinderpflege ĂŒbergegangen.
Bei stÀrkerer Schwellung wird ein Schutzverband mit Watte
empfohlen, um eine schĂ€dliche Verletzung von auĂen her
zu verhĂŒten. H e n o c h lobte frĂŒher sehr das Auflegen eines
ölgetrÀnkten WÀttebausehs bei starker Schwellung als von
ganz auffallender Wirkung; diese Wirkung rĂŒhrte vielleicht
davon her, daĂ das in die AusfĂŒhrungsgĂ€nge der DrĂŒse etwa
eindringende Oel die beginnenden entzĂŒndlichen Verklebun-
gen noch löste und dadurch der gestauten Milch noch AbfluĂ
verschaffte. Uebereinstimmend wird aber gegenwÀrtig das
Auspressen der geschwollenen DrĂŒse als schĂ€dlich ver-
worfen; es nĂŒtze nichts, da es erst recht den Anreiz zur
Wiederansammlung des Sekrets gebe; besonders in Laien-
hand sei es abei sogar gefÀhrlich, indem durch die
Quetschung und Verletzung der MilchgÀnge das empfindliche
und gereizte Gewebe geradezu erst zur Vereiterung gebracht
wĂŒrde. Dabei geben alle Autoren zu, daĂ bei einfach ab-
wartendem Verfahren ab und zu mit einer Vereiterung der
Schwellung gerechnet werden muĂ, die dann dtur'ch Inzision
zu behandeln ist.
Ich kann auf Grund meiner Beobachtungen die obige
Auffassung der Autoren nicht teilen, und möchte in folgen-
dem auseinandersetzen, daĂ die von einem Arzt ausgefĂŒhrte
m Expression der Milch aus der geschwollenen DrĂŒse hei rich-
tiger Technik, bei Vorsicht und groĂer Sauberkeit ein durch-
aus brauchbares Verfahren darstellt, um der Vereiterung vor-
zubeugen.
Der Ablauf der BrustdrĂŒsenschwellung und der Hergang
bei ihrer Vereiterung ist folgender: Kleine Ansammlungen
von Milch werden durchweg entweder nach auĂen entleert
oder ohne sichtbare Reaktion resorbiert. Bei gröĂeren An-
sammlungen, bei denen sich die DrĂŒsenschwellung tumor-
artig vorwölbt, tritt bald eine schmerzhafte Empfindlichkeil
ein. Bemerkenswert ist, daĂ die Ausdehnung der DrĂŒse durch
die gestaute Milch ganz unverhĂ€ltnismĂ€Ăig viel gröĂer ist,
als dies bei Milchstauung in der Mamma der Erwachsenen
vorkommt. Die Empfindlichkeit kann allein durch die Deh-
nung der MilchgĂ€nge bedingt sein; auĂerdem ist aber auch an-
zunehmen, daĂ dieUeberdehnung einen gewissen entzĂŒndlichen
Reiz nach Art eines Traumas setzt. In vielen FĂ€llen tritt
nun durch den Druck der gestauten Milch eine allmÀhliche
Entleerung derselben nach auĂen und eine Resorption des
nicht entleerten Restes ein. In weiteren zahlreichen FĂ€llen
hört die Entleerung nach auĂen auf; gleichwohl verkleinert
sich die starke Schwellung allmÀhlich durch Resorption unter
Hinterlassung eines mehr oder weniger harten Knotens, der
dann auch mit der Zeit verschwindet. In einigen â wenn
auch verhĂ€ltnismĂ€Ăig wenigen â FĂ€llen aber, in denen eben-
falls eine Absonderung nach auĂen zum mindesten tagelang
vor der sichtbaren entzĂŒndlichen Infiltration vermiĂt wird,
tritt Vereiterung ein. In diesem vollkommenen oder bei ge-
ringfĂŒgiger zeitweiser Entleerung doch fast vollkommenen
AbschluĂ der gestauten, auf die Umgebung drĂŒckenden Se-
krets sehe ich das wesentliche Moment, welches das Gewebe
der Vereiterung zufĂŒhrt. Mögen die ersten Schwierigkeiten
fĂŒr die Entleerung des Sekrets in dem Bau der AusfĂŒhrungs-
gĂ€rige der DrĂŒse oder in einer weiterhin sich ergebenden,
die GĂ€nge komprimierenden Druckwirkung des Inhalts be-
grĂŒndet sein, so ist fĂŒr den weiteren Verlauf doch die An-
nahme berechtigt, daĂ die relativ erhebliche Sekretmenge
Ă€hnlich einem Fremdkörper einen EntzĂŒndungsreiz fĂŒr die
Umgebung setzt und dadurch auch zu einer entzĂŒndlichen
Verklebung der AusfĂŒhrungsgĂ€nge fĂŒhrt, die den AbschluĂ
nach auĂen vollenden hilft. DaĂ eine Sekretmenge von solch
relativer GröĂe dann vereitern kann, ist nichts Auffallendes,
wenn man sich der Vereiterungen unter viel komplizierteren
VerhÀltnissen erinnert (z. B. Kephalhaematom, Eiterung nach
traumatischer SchÀdigung ohne Haulverletzung). Bei der
BrustdrĂŒsenschwellung ist aber die BerĂŒhrungsmöglichkeit
mit Eitererregern von vornherein durch die Verbindung mit
der HautoberflÀche gegeben. Nun möchte mancher wohl
sagen, daà es sich stets nur um eine zufÀllige Infektion mit
virulenten Eitererregern handle. Die Möglichkeit ist in ver-
einzelten FĂ€llen und besonders dann, wenn vorher schon
Eiterungen am Körper bestanden, nicht abzustreiten. In den
meisten FĂ€llen aber und namentlich dann, wenn es sich um
gesunde SĂ€uglinge mit intakter Haut handelt, halte ich â
in Uebereinstimmung mit neueren Anschauungen ĂŒber das
Zustandekommen der Gewebsinfektion â die GewebsschĂ€di-
gung fĂŒr das primĂ€re und glaube, daĂ es sich um fakultative
Eitererreger handelt, d h. solche, die normaler Weise im ge-
sunden menschlichen Gewebe keine Eiterung erzeugen, die
dagegen im geschÀdigten Gewebe sich gern ansiedein und
vermehren und dabei eine steigende Virulenz erwerben. Die
BrustdrĂŒse des Neugeborenen wĂŒrde also trotz der unver-
meidbaren Anwesenheit von Eitererregern â von oben er-
wĂ€hnten Ausnahmen abgesehen â nicht eitrig infiziert
werden, wenn nicht die gestaute Milch bei Versagen der Re-
sorption eine GewebsschÀdigung erzeugte. Bei dieser Hinde-
rung der Resorption ebenso wie bei der GewebsschÀdigung
spielt sicher die durch die Schwellung und den Druck er-
zeugte Verschlechterung der Blut- und Lymphzirkulation
in der Umgebung eine Rolle.
Tritt die obige Deutung des Hergangs bei der Ver-
eiterung der BrustdrĂŒsenschwellung zu, so mĂŒĂte es gelingen,
die Vereiterung zu verhĂŒten, indem man frĂŒhzeitig genug die
gestaute Milch aus der DrĂŒse entfernte, und ich möchte gleich
Vorwegnehmen, daĂ nach meinen Erfahrungen eine Ver-
hĂŒtung auf diesem Wege bei richtiger Technik tatsĂ€chlich'
gelingt (s. unten). Zur Entleerung der DrĂŒserischwellung
steht uns â leider â nur die Expression zur VerfĂŒgung;
ein wenig erfreuliches Mittel, weil es immer einen gewissen
traumatischen Reiz erzeugt. Gelingt die Expression mĂŒhelos
unter ganz leichtem Druck, wobei sich die Milch meist in
dĂŒnnem Strahl entleert, so ist eine SchĂ€digung nicht zu be-
fĂŒrchten. Ist aber â wie oft bei lĂ€nger bestehenden starken
Schwellungen â die Expression schwierig, so daĂ sich die
Milch bei stÀrkerem Druck nur langsam in kleinen Tropfen
entleeren lĂ€Ăt, so ist sie sicher eine zweischneidige MaĂ-
nahme, die bei schlechter DurchfĂŒhrung schaden und die
Vereiterung sogar begĂŒnstigen kann. Wenn ich trotzdem
die Expression auch fĂŒr diese FĂ€lle empfehle, so ist deshalb,
weil ich bei der von mir angewandten Technik bei keinem
einzigen solcher FĂ€lle eine Vereiterung habe nachfolgen
sehen. Es ist dazu nötig, daà man nur soviel Druck an-
wendet, wie gerade nötig ist, und daà man langsam und
schonend verfÀhrt, auch wenn eine Viertelstunde benötigt
wird. Die Entleerung muĂ soweit erfolgen, daĂ eine wesent-
liche Entspannung erfolgt. Es ist oft vorteilhaft, die DrĂŒs|
nach der Tiefe zu zu umfassen und dann von unten her einen
Druck auszuĂŒben, wobei die Haut in Gegend der AusfĂŒbJ
rungsgĂ€nge der DrĂŒse etwas gespreizt wird. Ueber die wich-
tige Frage der Wiederholung der Expression s. unten«
Ich möchte hier noch folgende Einzelvorschriften anfĂŒgen.
Die Expression soll nur durch einen Arzt erfolgen. Der Arzl
muà die HÀnde sorgfÀltig waschen und kurz desinfizieren:
das Desinfektionsmittel ist zum SchluĂ wieder mit abge
kochtem Wasser (oder allenfalls Leitungswasser) zu errt
fernen. Die Brust des SĂ€uglings ist mit abgekochtem Wasser
(oder Leitungswasser) mittels Wattebausch (beste weiĂe
Watte) abzuwaschen; ein Desinfizienz ist nicht am Platze
WĂ€hrend der Expression ist zu starke EntblöĂung oder Ab
kĂŒhlung zu vermeiden. Ein Verband nachher ist zu wider
raten (wegen eventuell ungĂŒnstiger Wirkung der .trockenen
WÀrm»).
Nun zur Frage der Wiederholung der Expression. Die
Meinung, daĂ die Expression nichts nĂŒtze, weil sieh die An-
sammlung doch schnell wieder neu bilde und daĂ auch eine
vermehrte Milchbildung und VerlÀngerung der Absonderung
erzielt wĂŒrde, kann ich nicht teilen. In den meisten FĂ€lle
f
40. Jahrgang. â Nr. 45/46.
Doli. Johann Baptisla Morgagni.
pflogt die Ansammlung die frĂŒhere StĂ€rke nicht wieder zu
erreichen. Im ĂŒbrigen kommt es auch hierbei ailf die Tech-
nik an. Eine gewisse Stauung in der DrĂŒse ist vorteilhaft,
um die Absonderung zum Versiechen zu bringen; deshalb
pflege ich die Expression erst nach 6 Tagen zu wiederholen.
Ein lĂ€ngeres Abwarten wĂŒrde aber die Gefahr der Vereite-
rung wieder nĂ€her zu rĂŒcken, deshalb halle ich es nicht fĂŒr
ratsam, lÀnger zu warten. Ich bin mit der Methode der Ex-
pression mit 6tÀgigcn Intervallen stets gut ausgekommen,
und erinnere mich nicht, mehr als 4 Expressionen gebraucht
zu haben. Meist war die Sache mit 1â3 Expressionen er-
ledigt.
Ich möchte noch erwÀhnen, wie die von mir beobachte-
ten â keineswegs seltenen â eitrigen Mastitiden bei Neu-
geborenen zustande kamen, die vorher nicht Àrztlich behan-
delt waren. Ein Auspressen der BrustdrĂŒsenschwellung
durch Laien ist im braunschweigischen Gebiet nicht ĂŒblich,
und ich erinnere mich daher keines Falles, in dem die Ver-
eiterung dadurch bedingt gewesen wÀre. Dagegen findet
man hier hĂ€ufig die abscheuliche â auch von Hebammen
empfohlene â Methode, ein Milchpflaster aufzukleben, wo-
durch natĂŒrlich der AbschluĂ nach auĂen und die EntzĂŒn-
dung besonders begĂŒnstigt werden. Die Vereiterang fand am
hÀufigsten in diesen FÀllen statt. HÀufig aber auch fand ich
die Vereiterung in solchen FĂ€llen, in denen die DrĂŒsen ganz
in Ruhe gelassen waren.
Ich habe die Expression mit der oben angegebenen Vor-
sicht und mit 6 tÀgigen (oft auch 7 tÀgigen) Intervallen in
einer Reihe von Jahren in schÀtzungsweise mehr als 200
FĂ€llen angewandt und habe bei diesen FĂ€llen kein einziges
Mal eine Vereiterung gesehen. Ich will keineswegs bestrei-
ten, daĂ bei schwieriger Entleerang der DrĂŒse doch wohl
einmal eine Vereiterung vorkommen kann, doch muĂ meines
Erachtens der Prozentsatz der Erkrankungen ganz auffallend
niedriger sein als bei den FĂ€llen, die man unbehandelt lĂ€Ăt.
Ich habe es deshalb gewagt ein schon diskreditiertes Ver-
fahren mit besserer Technik nochmals als empfehlenswert
hinzustellen; es wĂ€re erwĂŒnscht, wenn das Verfahren noch-
mals eine systematische NachprĂŒfung an einem SĂ€juolings-
heim erfĂŒhre.
Johann Bapttsta Morgagni, der BegrĂŒnder
der pathologischen Anatomie als Wissenschaft
und seine VorlÀufer Bonet, Wepfer u. Schenk
Von Geh. Hofrat D r. D o 1 1, Karlsruhe.
(SchluĂ)
Als diese aber von der sog. crista galli abgelöst wurde, er-
goĂ sich eine geringe Menge eitrigen Serums. Und da, wo die
Sehnerven verlaufen, kam etwa eine Unze klaren Serams zum
Vorschein. Das ganze Gehirn wurde gesund befunden, nur die
ungewöhnliche GröĂe der Glandula pinealis fiel auf. Die daran
sich anschlieĂende kritische Deutung des Falles, den wir wohl
als tuberkulöse Basilarmeningitis ansprechen dĂŒrfen, lĂ€Ăt noch
die UnzulÀnglichkeit damaliger pathologischer Einsicht er-
kennen. Der Begriff des Tuberkels in unserem Sinne, wie er
erst durch Laennec im Anfang des 19. Jahrhunderts auf-
gestellt wurde, existiert noch nicht. Klinisch gekannt war
nur die Phthisis, die allgemeine Abzehrung, verbunden mit
Husten, Auswurf und Fieber. Das ursÀchliche VerhÀltnis
zum Tuberkelknoten war noch völlig unklar. Die Epikrise
lĂ€Ăt auch die Frage offen, ob das Exsudat an der Gehirnbasis
Ursache oder Folge der Konvulsionen und des Sopors ge-
wesen sei. SchlieĂlich wird noch im Hinblick auf die unge-
wöhnlich groĂe ZirbeldrĂŒse und die hervorragende Intelli-
genz des Knaben darauf hingewiesen, daĂ von Vielen dieser
Hirnanhang fĂŒr den Sitz des Verstandes (sedes animae
( cogitantis) gehalten werde. Alles in allem ein Beispiel dafĂŒr,
i daĂ auf manchen Gebieten der Erkenntnis pathologischer Vor-
i gÀnge doch noch enge Grenzen gezogen waren.
Unter den Kopfkrankheiten des ersten Buches werden
auch die Augenkrankheiten abgehandelt. Hier ĂŒberrascht die
bessere Anschauung von mancherlei feineren VerhÀltnissen.
So weist Morgagni darauf hin (Epist. XIII. 19), daĂ im
kurzsichtigen Auge der Abstand der Linse von der Netzhaut
gröĂer und im weitsichtigen Auge kleiner sei als in der Norm.
Sodann bestreitet er die alte Auffassung, daĂ die Katarakt der
Linse vom HerabflieĂen â daher die Bezeichnung Katarakt â
einer eingedickten FlĂŒssigkeit aus dem Gehirn in das Auge
herkomme (Epist. XIII. 14). Vielmehr erklÀrt er die Bildung
des grauen Stares durch einen auf ErnÀhrungsstörung beru-
henden AustrocknungsprozeĂ, wodurch sie undurchsichtig
werde, wie dies bei der extrahierten Linie auch der Fall sei.
Die mouches volantes, die culices, wie er sie nennt, hÀlt er
fĂŒr kleine, im humor aqueus schwimmende Körperchen (Epist.
XIII. 14). Ebenso wie das Wort Katarakta beruht auch die Be-
zeichnung Katarrhus bekanntlich auf der alten Vorstellung vom
HerabflieĂen flĂŒssiger Materien aus der SchĂ€delhöhle bezw.
vom Gehirn her in andere Körperteile. Morgagni spricht
sich darĂŒber in seinem 15ten Brief aus. Er betont, daĂ aus-
schlieĂlich der Wirbelkanal mit der SchĂ€delhöhle in offener
Verbindung stehe und verweist die Auffassung der Alten, daĂ
FlĂŒssigkeiten aus dem cavum cranii auĂerdem in die Augen,
die Ohren, Nase, Mund, Brust, Bauch und in die Gelenke ge-
langen können, in den Bereich der Fabel. Am lÀngsten hat
sich diese Vorstellung fĂŒr die katarrhalische Absonderung aus
der Nase gehalten. Sie beruhte darauf, daĂ am skelettierten
SchÀdel die lamina cribrosa tatsÀchlich als ein durchlÀssiges
Sieb erscheint. Noch heute fragt uns gelegentlich ein Àngst-
licher Patient, ob denn der viele Schleim, den seine Schnupfen-
nase produziert, nicht aus dem SchÀdel stamme, zumal wenn
er dabei von Kopfschmerzen geplagt ist. Der Franzose spricht
heute noch vom rhume de cerveau. Morgagni weist dem-
gegenĂŒber nach, daĂ am Lebenden das Siebbein membranös
fest verschlossen ist. Die Rolle, welche die Nebenhöhlen der
Nase bei Eiterungen aus derselben spielen können, war da-
mals schon bekannt und gewĂŒrdigt. Wie Morgagni er-
wÀhnt, verstand man es, Medikamente in dieselben, speziell die
Kieferhöhlen einzubringen, und zwar ging der Weg dazu
durch die ZahnfĂ€cher â per evulsorum dentium alveolos
(Epist. XIV. 22).
In welch groĂem Abstand die anatomische Be-
urteilnng der klinischen vorausgeeilt war, zeigt sich
namentlich bei den Herzkrankheiten. So wird der ana-
tomische Befund bei einer angeborenen Pulmonalstenose
(Epist. XVII. 12 und 13) durchaus zutreffend und anschaulich
geschildert. Ebenso finden die zu Lebzeiten beobachteten Er-
scheinungen, insbesondere die allgemeine Zyanose, ihre rich-
tige ErklÀrung. Des weiteren ein Fall von Mitralstenose
(Epist. XVII. 13), bei dem auf die fehlende Dilatation und Hy-
pertrophie des linken Ventrikels im Gegensatz zu der Erwei-
terung und Muskelverdickung der vor dem stenosierten Ostium
gelegenen Herzteile mit Nachdruck und unter voller WĂŒrdi-
gung der ursÀchlichen pathologisch-physiologischen Zirkula-
tionsverhĂ€ltnisse hingewiesen wird. Auch der dĂŒnne schwache
Puls (exiles debilesque pulsus), der an dem betreffenden Kran-
ken beobachtet war, wird zutreffend erklĂ€rt. Kaum fĂŒhlbarer
Puls (Epist. XXIV. 2) und die Unmöglichkeit auf der linken
Seite zu liegen, wird hervorgehoben bei einem Kranken, des-
sen Sektion ein serös-eitriges Exsudat im Herzbeutel ergab.
Daneben fanden sich dicke und feste VerwachsungsstrÀnge
zwischen Herz und Herzbeutel. Die dadurch geschaffene hem-
mende Wirkung auf die Herzbewegung und auf die ganzen
ZirkulationsverhÀltnisse wird auch in der Epikrise vollauf
gewĂŒrdigt.
Sehr kleine Pulse (pulsus humillimi) wurden auch beob-
achtet bei einem Kranken (Epist. XXIV. 18). dessen Sektion
eine anschaulich beschriebene Stenose des Aortenostiums auf-
deckte. Die Epikrise gibt die richtige ErklÀrung, daà jeweils
nur eine verringerte Menge Blutes durch das verengerte
Ostium (per viam, a valvulis angustiorem factam) in die Aorta
ĂŒbertreten konnte.
Doli, Johann Baptiste Morgagni.
40. Jahrgang. â Nr. !,"> Iii.
Sehr anschaulich ist auch die Beschreibung (Epist. XXIV.
16) von Sklerose der Koronararterien und ihrer Aeste, von
Verknöcherung der Aortenklappen und von hochgradiger Ver-
kalkung der Aorta und anderer groĂer Arterien, ein Befund,
der bei einem an eingeklemmtem Bruch verstorbenen alten
Mann erheben wurde. Die sklerotische Kranzarterie wird
treffend mit einen dĂŒnnen Schilfrohr mit seinen quergestellten
verdickten Knoten verglichen.
Wie Morgagni auch auf die BeschÀftigung als Ur-
sache von Zirkulationsstörungen achtete, mag folgender Satz
beweisen (Epist. XVIII. 4): âdie Schuster, wie auch andere
sitzende Handwerker beugen die groĂen unteren ArterienĂ€ste
nicht nur an einer Stelle zum Winkel und beharren in dieser
Beugestelung, sondern je mehr sie sich auĂerdem nach vorne
bĂŒcken, drĂŒcken sie ihren Unterleib und die mit Speise und
Trank angefĂŒllten Eingeweide, durch diese auch das Zwerch-
fell zusammen, so daĂ die Blutbewegung durch den Unterleib
und den Thorax behindert wird."
Geradezu klassisch zu nennen sind die Betrachtungen, die
Morgagni ĂŒber die Pulsation der Vena jugularis ext. -an-
stellt (Epist. XVIII. 9 ff). Er möchte damit die Frage klÀren, ob
diese Pulsation wirklich ein pathognomonisches Zeichen (Sig-
num pathegnomonicum) sei fĂŒr die Erweiterung des rechten
Herzens. ZunĂ€chst macht er sich klar, daĂ in ĂŒbermĂ€Ăig er-
weiterten Venen deren Klappen die RĂŒckstauung des Blutes
nicht mehr aufhalten können. Er macht auch darauf aufmerk-
sam, daĂ man die von der Art. carotis ĂŒbertragenen ErschĂŒtte-
rungen nicht fĂŒr eine Pulsation der darĂŒber liegenden Vena
jugularis ext. halten dĂŒrfe. Er weiĂ auch, daĂ bei Fingerdru^k
auf die Vene unter normalen VerhĂ€ltnissen â ut circumitionis
sanguinis requirunt leges â wie es die Gesetze des Blutum-
laufes erheischen, der zentralwÀrts gelegene Teil derselben
.abschwellen, der peripberwĂ€rts gelegene anschwellen muĂ.
Er weiĂ ferner, daĂ bei heftigen Inspirations- und Evspira-
tiousbewegungen ein wechselndes Ab- und Anschwellen (tur-
gentia quaedam alterna) der JugulÀrvenen stattfindet. Man
mĂŒsse deshalb darauf achten, ob dies mit der Atmung" oder mit
dem Puls korrespondiere. Es rrĂŒsse auch festgestellt werden,
ob der Venenpuls mit dem Arterienpuls zeitlich zusammen-
falle oder nicht. Im ersteren Falle mĂŒsse er von der Kontrak-
tion der rechten Kammer, im letzteren von der des rechten
Vcrhofes fĂŒr diesen Herzte-) wird stets die Bezeichnung
auricula gebraucht â herrĂŒhren. Er zieht dann folgerichtig
den SchluĂ, daĂ im ersteren Fall d h bei fiemhzeitr er Veren-
und Arterienpulsation eine SchluĂunf?higkeit der Trikusoidal-
klappe, bedingt durrb Erweiterung des re°Men Herzens vor-
liegen mĂŒsse. Dabei lĂ€Ăt er nur d*e Möglichkeit offen, daĂ
auch eine besonders heftige ErschĂŒtterung der s"hluĂfshir>eu
Trikuspidalis bei der KĂ€tnfrerkcntraktion eine rfi kJaufi^e
Welle in der jugularis externa erzeugen könne SchlieĂlich
merkt er noch an. daĂ bisweilen airb bei blerhsĂŒ'Titipen MĂ€d-
chen eine auffallende Halsvenenpulsatk n beobachtet werde,
welche nHit auf einem organischen Herzleiden beruhe â
quae in organico vitio cordis necdu.m ^onsistat.
Man findet bisweilen der sog. Adam-Stokesschen Krankheit
noch den Namen Morgagnis beigefĂŒgt. So spricht Franz
Kisch in einer Abhandlung: ..Pemerkungen zur diagnosti-
schen und prognostischen Bedeutung hoher Blutdruckwerte"
(Med. Klinik 1922, Nr. 22) von Adam-Stokes-Morgagnis^ber
Krankheit. Dies geschiebt mit vollem Pe^bt. Denn es unter
lie^t keinem Zweifel daĂ Morgagni mehrere zu diesem
merkwĂŒrdicen Krankheitsbild ? ebörige FĂ€lle richtig beobach-
tet hat. Er beschreibt die auĂerordentliche PuJsverlang-
san-ung bis auf 22 SchlÀge herab und die ementi'nnlichen hÀu-
fig auftretenden ZufĂ€lle von Ohnmacht mit BewuĂtseinsverlust
intercentio senSuum omnium und mit epilepsieartigen
krampfhaften Bewegungen - - motibus convulsivis. Der am
eingehendsten geschilderte Fall von IS Monaten Dauer findet
srh in F.nist. I XIV. 5. Dem Kranken ''ĂŒnditrten sich die
AnfĂ€lle durch eine Art Aura an. Fr hatte dabei das GefĂŒhl
eines von den Hvnochondrien aufsteigenden Panrhes â sensus
fumi quasi cuiĂŒsdam ab Hypochondriis ascendentis. Auch von
Krehl werden fliese auraartigen Vorboten in Gestalt von
eigentĂŒmlichen Geruchs-, Geschmacks-, Gehörs- und Tast-
empfindungen erwÀhnt. -(Die Erkrankungen des Herzmuskels
und die nervösen Herzkrankheiten in Nothnagels Handbuch,
Bd. XV 1, S. 352.) Bei dem Kranken Morgagnis konnte
jeweils von den Aerzten bei zunehmender Pulsverlangsamung
das Eintreten eines Anfalles vorhergesagt werden. Als einzi-
ges Mittel, welches einigermaĂen Linderung zu schaffen ver-
mochte, rĂŒhmt Morgagni den lĂ€n er fortgesetzten Ce-*
brauch von Opium. Eei der Sektion fand sich lediglich Dila?
tatien des Herzens und der Aorta. Morgagni ĂŒberlegt
sich sofort, daà darin eine ErklÀrung der PulsverlangsamrnJ
und der anderen ZufÀlle nicht gefunden werden könne, c'enrft
er habe viele wesentlich erheblichere Erweiterung en gesehen,
bei denen nrbts derart auftrat. Es mĂŒsse also noch etwas
anderes dabei im Spie'e sein und obwohl ia fĂŒr ihn der Begriff
des Herzblocks noch nicht existiert, fĂŒhrt ihn doch eine richtige
Vorahnung" zu der Annahme, es mĂŒsse noch irgend eine SchĂ€-
dig ung der das Flerz versorgenden Nerven dabei vorliegen.
Aus der. AngefĂŒhrten geht hervor, daĂ Morgagni
vermöge seiner scharfen Beobachtungsgabe und auf Grund
seiner I eichenbefunde vom Blutkreislauf unter normalen und
pathologischen VerhÀltnissen sehr gute Kenntnisse hatte. Wie
kĂŒmmerlich war es dagegen mit der diagnostischen Erkenntnis
dieser Dinge am Krankenbett bestellt. Das diagnostische
RĂŒstzeug, speziell fĂŒr Hie Erkrr^kungen der Brustorgane
beschrÀnkte sich auf die Beobachtung des Aussehens des Kran-
ken, der von ihm eingenommenen Lare und Stellung, seiner.
Atmung, seines Hustens und seines Auswurfs unter eingehen-
der Verwertung seiner subjektiven Empfindungen und Klagen.
Dazu kam noch die Beachtung dessen, was Ă€uĂerlich von der
HerztÀtigkeit des Kranken wahrnehmbar war. Dabei wurde
gelegentlich auch von der Pa'pation Gebrauch gemacht. So
ist es Morgagni nicht entgangen, daĂ in einem Fall, den
er im XVI. Brief unter Nr. ?0 schildert, der HerzstoĂ, den er
palpatorisch â manu admota â feststellte, viel frequenter war
als der Radialpuls. Eine ErklÀrung dieses PhÀnomens wird
nicht versucht. Die PrĂŒfung des Pulses war ja ĂŒberhaupt eine
auĂerordentlich feine und differenzierte. Sie verlor sich in
weitgehenden Spitzfindigkeiten, fĂŒr die uns heute das Ver-'
stÀndnis, "ielleicbt auch die Geduld und FÀhigkeit abgehen.
Erst durch Laennecs berĂŒhmtes Werk ĂŒber die mittelbare
Auskultation vom Jahr 1819 und durch die schon erwÀhnte
Neuherausgabe von Auenbruggers Novum inventum durch
Corvisart im Jahre 1808 trat hier ein Umschwung ein.
Eine nur einigermaĂen verlĂ€Ăliche Diagnostik auf dem Gebiet
der Herz- und Lungenkrankheiten gab es vorher nicht.
Wie es mit der klinischen und anatomischen Diagnostik
der I.ungenphthise zu Morgagnis Zeiten bestellt war, mö-
pen noch zwei kasuistische Mitteilungen aus seinem XXII. Brief
Nr. 14 und 15 in gekĂŒrzter Uebersetzung zeigen: âEin Musi-
ker hatte vor drei Jahren Blutspeien, woran Husten mit katar-
rhalischem Auswurf sich anschloĂ. Nach vielen Monaten
kehrte der Bluthusten wieder, worauf der Auswurf reichlicher,
konsistenter und von schlechterer Beschaffenheit wurde. Per
Kranke konnte leicht auf beiden Seiten liegen*) und hatte keine
Brustschmerzen. Der Husten war in der Nacht und nach dem
Essen besonders lÀstig. Die Atmung war erschwert nament-
lich bei Bewegung. Dazu kam starker Durst und Magenbe-
schwerden nach den Essen. Endlich NachtschweiĂe, Art-
schwellung der FĂŒĂe und DurchfĂ€lle."
Aus dem Sektionsprctokoll: ,.Die Lungen waren bei die-
sem Menschen mit vielen Knoten (tuberculis) angefĂŒllt. Der
Oberlappen der linken Lunge, besonders in seinem oberen
Teil nach dein Sternum zu, war Ă€uĂerlich hart, enthielt innen
ein gröĂeres GeschwĂŒr, in dem dickbreiiger Eiter sich befand.
Endlich in der rechten Brusthöhle ein halbes Pfund seröser
*) Auf diesen hĂ€ufig erwĂ€hnten Punkt wurde groĂŒe âą diagnostischer
Wert gelegt. Die Unmöglichkeit auf der rechten oder linken Seite zug
liegen, wurde als Zeichen einer dort lokalisierten l ungenerkrankun«^
oder einer Peripuaimonie (Pleuritis mit Exsudat) gedeutet. Bekanntlica
'st das Zeichen unsicher. Kranke mit groĂem Pleuraexsudat habe«
sogar meist weniger Beschwerden, weun sie auf der kranken Seit«
liegen.
Jahrgang. â
Nr. I.") Il>.
Doli. Johann Baplista Morgagni.
«37
! lĂŒssigkeit, ebensoviel im Herzbeutel. Dieses perikardiale Se-
Kim verflĂŒchtigte sich ganz, als man es auf das Feuer setzte,
bis auf ein kleines HĂ€utchen am Grund des GefĂ€Ăes." Also
hier wie auch an anderen Stellen, der Versuch, KörperflĂŒssig-
keiten physikalisch-chemisch zu untersuchen. AngefĂŒhrt ist
hier auch noch eine Bemerkung von V a 1 s a 1 v a. daĂ er bei
den Phthisikern, die er seither seziert habe, die Erkrankung
und Zerstörung im oberen Teil der Lunge angetroffen habe.
Der zweite Fall: âEine etwa 20 Jahre alte öffentliche
Dirne hatte schon mehrere Monate an schleichendem Fieber,
Husten, Auswurf von schlechter Beschaffenheit und allgemei-
ner Abmagerung gelitten. Sie klagte ĂŒber Schmerz in der lin-
ken Brustseite, auf der zu liegen ihr sehr beschwerlich war.
Sie wurde von Atemnot gequÀlt. Dazu kam ein Blutsturz,
dem sie nach zwei Tagen erlag". Aus dem Sektionsprotokoll:
âDie rechte Lunge war nur wenig adhĂ€rent. Beide Lun-
gen waren voll von harten, weiĂlichen Knoten (tuberculis), die
drĂŒsigen Gebilden tĂ€uschend Ă€hnlich sahen. Beide Lunken
waren im oberen Teil ihrer Oberlappen schwer verÀndert. Die
rechte enthielt nach dem Brustbein zu eine groĂe eitergefĂŒilte
Höhle, die linke dagegen, mehr seitlich, eine harte Substanz
von der Ausdehnung einer gröĂern Birne, Ă€hnlich verhĂ€rtetem
Pankreasgewebe und in deren Mitte ein kleines, eitergefĂŒlltes
GeschwĂŒr."
Beobachtungen aus dem Bereich der Tierpathologie wur-
den von den Aerzten damals mit groĂem Eifer verfolgt. So
wird z. B. von Morgagni folgende Beobachtung des Val-
salva angefĂŒhrt (Epist. I. 6): Dieser bemerkt zufĂ€llig, daĂ
von einer Schafherde ein Tier sich abseits von den andern hÀlt,
daà es sich hÀufig um sich selbt dreht, und daà es sich jedem
Versuch, seinen Kopf zu berĂŒhren und zu betasten, Ă€ngtslich
entzieht. V a 1 s a 1 v a kauft das Tier und findet bei der Sek-
tion in seinem Gehirn eine groĂe Zyste, wohl das Produkt
eines Zystizerkus. Zum Vergleich damit und im AnschluĂ
daran wird ein Fall des B o r e 1 1 u s*) angefĂŒhrt. Ein MĂ€d-
chen hatte an andauerndem, heftigem Scheitelkopfschmerz ge-
litten Bei der Sektion fand sich im Gehirn ein Hohlraum, der
2 Pfund (?) klarer FlĂŒssigkeit enthielt.
In spÀterer Zeit hat namentlich I. P. F r a n k auf den gro-
- Ăen didaktischen Wert einer vergleichenden Menschen- und
Tierpathologie hingewiesen. Aus dem Jahr 1780 haben wir
von ihm die Beschreibung**) einer tierischen MiĂgeburt und in
einer akademischen Rede vom Jahre 1790 âde morbis pecu-
duin a medentibus nequaquam praetervidendis" entwickelt
er die GrundzĂŒge dieser wichtigen Disziplin. Man hat ihm
das Verdienst zugeschrieben, als erster und bahnbrechend auf
diesem Gebiet wie auch auf dem der experimentellen Pharma-
kologie und Toxikologie vorgegangen zu sein. Das ist nach
dem, was oben aus Morgagni angefĂŒhrt wurde und was
spĂ€ter noch aus des Bonetus Sepulchretum anzufĂŒhren sein
wird, nicht zutreffend. Er hat in diesen Disziplinen zahl-
reiche und eifrige VorgÀnger gehabt.
Morgagni war unstreitig ein kritischer Kopf. Man
merkt bei ihm ĂŒberall das ernste Bestreben, auf Grund objek-
tiver Befunde mit alten Vorurteilen und mit alten IrrtĂŒmern
aufzurÀumen. Die Herzpolypen, concretiones polyposae,
spielten in alten Sektionsberichten eine groĂe Rolle. So wur-
den die Fibringerinnsel genannt, die sich in den Herzhöhlen
und in den groĂen GefĂ€Ăen fanden. Man glaubte, daĂ sie
wÀhrend des Lebens schon vorhanden gewesen seien und sah
in ihnen die Ursache schwerer Herz- und Zirkulationsstörun-
gen. Der Polypus cordis galt fĂŒr eine eigene Krankheit und
fĂŒr eine hĂ€ufige Todesursache. So glaubte u. A. auch Rous-
seau an einem Herzpolypen zu leiden. H. V i e r o r d t
nennt in seinem Buch: Medizinisches aus der Geschichte (TĂŒ-
bingen 1010) diese Affektion die gewöhnliche Herzkrankheit
jenes Zeitalters. Nach demselben Autor wurde noch bei der
Konigin Luise von PreuĂen (gest. 1810) durch die Aerzte
*) B o r e I 1 u s - B o r e 1, geb. 1620, gest. 168«, hatte in Montpellier
promoviert und war Arzt in Chartres, spÀter in Paris.
**) In Reinhards mediz. Wochenblatt fĂŒr Aerzte, WundĂ€rzte
uik! Apotheker (I. Jahrg.).
Heim und H u f e 1 a n d als besonderes Sektionsergebnis ein
derartiger Herzpolyp festgestellt. Ja phantasiehegabte Obdu-
zenten sahen in solchen weiĂlichgelben und lĂ€ndlichen Gebil-
den sogar mit Augen, Ohren und einem RĂŒssel ausgestattete
WĂŒrmer. Morgagni fragt (Epist. XXIV. 23 ff.) dazu spöt-
tisch, wozu sie wohl Augen gebrauchten, da doch ihr Aufent-
haltsort stockfinster war, oder ob ihnen dort vielleicht
ein LebensflÀmmchen (Vitalis flammula) geleuchtet habe.
Jene WĂŒrmer seien nichts anderes gewesen als fadenför-
mige Gerinnsel, am einen Ende rĂŒsselförmig verjĂŒngt. Die
Augen und Ohren seien vorgetÀuscht worden durch kleine
Partikel dunklen Blutes, die ihnen da und dort anhafteten.
Morgagni wundert sich mit Rclit darĂŒber, daĂ die Aerzte
nicht schon lange durch die tĂ€glich am AderlaĂblut beobach-
teten Gerinnungserscheinungen darauf gekommen seien, daĂ
jene sog. Herzpolypen nur im ruhenden und erkaltenden Blut,
also als Leichenerscheinung sich bilden können. Uebrigens
macht Morgagni einen richtigen und grundsÀtzlichen Un-
terschied zwischen frei in den Herzhöhlen und den groĂen
GefĂ€Ăen liegenden Gerinnseln und zwischen festhaftenden,
wÀhrend des Lebens enstandenen Auflagerungen, dem, was
man heute Herzthromben nennt.
In einem interessanten Buch, in dem wertvolle differen-
tialdiagnostische BeitrĂ€ge enthalten sind: âIdeen zur Dia-
gnostik" von Johann Ernst W i c h m a n n, Königl.*) GroĂ-
britann. Leibmedikus (Hannover 1794) wird der Versuch ge-
macht, den Herzpolypen als eigenes und selbstÀndiges Krank-
heitsbild aufzustellen. Es wird dabei zwischen falschen und
echten Herzpolypen richtig unterschieden und nur fĂŒr die letz-
teren, also fĂŒr die Thrombenbildung im Herzen, die differen-
tialdiagnostische Unterscheidung von der echten Angina pec-
toris versucht. WĂ€hrend deren symptomatologische Schilde-
rung oder der BrustbrĂ€une, wie sie damals auch hieĂ, eine
ganz vorzĂŒgliche ist, gelingt naturgemÀà die Abgrenzung der
durch den sog. Herzpolypen angeblich hervorgerufenen Er-
scheinungen von denen der allgemeinen Herzinsuffizienz nicht.
Wie wir von W i c h m a n n erfahren, stammt die erste Be-
schreibung der Angina pectoris aus dem Jahre 1772 von dem
englischen Arzt H e b e r d e n. Der Name ist bekannt durch
die nach ihm benannten gichtartigen Knoten an den Fingern.
Jene Veröffentlichung findet sich in den Medical transactions
published by the colleg oF physic. in London, Bd. 2, S. 59.
Ueber die Àtiologische Rolle der Koronarsklerose bei der An-
gina pectoris war man sich damals noch keineswegs klar.
Heb erden selbst hielt sie fĂŒr eine Nervenkrankheit und ein
anderer englischer Arzt namens Butter (1791) fĂŒr eine auf
das Zwerchfell versetzte Gicht.
Bekanntlich legte man frĂŒher auf die Beobachtung von
Art und Schnelligkeit der Gerinnung und der Fibrinabschei-
dung im AderlaĂblut groĂen Wert. SĂŒeziell die sog. Crusta in-
f'ammatoria spielte eine groĂe Rolle. Johannes MĂŒller
sayt in seinem Handbuch der Physiologie des Menschen vom
Jahre 1838 (S. 102) darĂŒber folgendes: âBei Schwangeren,
Wöchnerinnen, im akuten Rheumatismus und in EntzĂŒndun-
gen, ĂŒberhaupt aber, wenn das Blut langsamer gerinnt, senken
sich die roten Körperchen öfters schon vor dem Gerinnen
unter das Niveau der-FlĂŒssigkeit; da nun aber doch die ganze
A^asse gerinnt, so ist der obere Teil des Gerinnsels weiĂ, Crusta
inflammatoria, der untere rot." In jĂŒngster Zeit scheint ja die
Feststellung der Senkungsgeschwindigkeit der roten Blutkör-
perchen klinisch-diagnostische Bedeutung zu gewinnen. Schon
Johannes MĂŒller hat dahingehende Beobachtungen ange-
stellt. Er berichtet darĂŒber auf S. 108 und 109 seines oben
angefĂŒhrten Handbuches. Es drĂ€ngt sich da die Vermutung
auf, ob nicht doch in jenen alten und primitiven Feststellungen
am AderlaĂblut schon ein gewisser richtiger Kern enthal-
ten war.
Morgagnis gesunde und seiner Zeit vorauseilende
Kritik zeigt sich auch in der Scabiesfrage. In seinem 55. Brief,
*) König Georg III., 1760--1820. Hannover war seit 1714 in Per-
sonalunion hui GroĂbritannien.
8
Doli. Johann Baptista Morgagni.
40. Jahrgang. â Nr. 45/46.
Absatz 4 ff., stellt er ausfĂŒhrliche Betrachtungen ĂŒber dieselbe
an. Die Scabies hat ja ihre eigene merkwĂŒrdige Geschichte.
Diese ist zugleich ein Beispiel dafĂŒr, wie schwer manchmal
festgewurzelte Lehrmeinungen auszurotten sind. Die KrÀtz-
milben waren den arabischen Aerzten schon bekannt. Mor-
gagni zitiert von ihnen die folgende Beschreibung des Abin-
zoar.*) âEs sind lausartige WĂŒrmchen â Syrones pede-
celli â von den Arabern assoabat genannt, welche unter der
Cutis an den HĂ€nden und an den Beinen hinkriechen und
v\ assergefĂŒllte BlĂ€schen, in denen sie sich verbergen, hervor-
rufen. Nach deren Eröffnung kriechen so kleine Tierchen
(animalcula tarn parva) hervor, daà sie kaum mit dem schÀrf-
sten Auge wahrgenommen werden können."
Die Worte Syrones (an anderer Stelle auch Sirones) und
pedecelli bieten der Uebersetzung und Deutung einige
Schwierigkeiten. Da sie in keinem der mir zugÀnglichen la-
teinischen und griechischen WörterbĂŒcher zu finden sind,
wandte ich mich an die Heidelberger UniversitÀtsbibliothek
und erhielt von dort die folgende dankenswerte Auskunft: Zu
Syrones sagt das alte Universallexikon von Zedier**), Bd. 41,
S. 1078: Syrones siehe: Reitliesen und Bd. 31, S. 407 unter
Reitliesen Sirones, Sirenes, Cirones, Chirones, Seurn sind
BlĂ€tterlein, welche in der hohlen Hand und auf den FuĂsohlen
auffahren und inwendig ein kleines WĂŒrmlein, fast wie eine
Laus, unter ihrem HĂ€utlein liegend haben. Das WĂŒrmlein
wird auch Reitlicae und im Lateinischen Acarus genannt. Der
Oberbibliothekar, Herr Dr. F i n k e, fĂŒgt dem persönlich noch
bei: âMir ist erinnerlich, daĂ im ElsaĂ EiterpfĂŒtzchen (Eiter-
blÀschen) vom Volke Sirele genannt werden". Bei Mor-
gagni sind mit dem Ausdruck Syrones nicht nur die er-
zeugten BlĂ€schen, sondern auch ĂŒbertragen die sie hervor-
rufenden Tierchen gemeint. Dies geht unzweideutig aus
einer anderen Stelle hervor, wo von ihrem Aussehen bei Be-
trachtung unter dem Mikroskop (microscopii auxilio) die
Rede ist. Es heiĂt hier von ihnen: âSie boten das Bild von
Schildkröten dar â Sirones testudinum effigies repraesentar-
unt". Das Wort pedecellus, das sich in dieser Schreibweise
nirgends nachweisen lĂ€Ăt, dĂŒrfte von pediculus, die kleine
Laus, abzuleiten sein. In dem Romanischen-Etymologischen
Wörterbuch von Meyer-LĂŒbke (Heidelberg. 1911) ist
ĂŒbrigens pedicellus mit KrĂ€tzmilbe ĂŒbersetzt.
Jedenfalls wurde im 16. und 17. Jahrhundert das soge-
nannte Milbengraben, d. h. die mechanische Entfernung der
Milben in Frankreich und in Deutschland von Laien geĂŒbt.
Trotzdem hat niemand ernstlich gewagt, an der alten Lehr-
meinung von der Entstehung der KrÀtzekrankheit auf konsti-
tutioneller Grundlage und von der GefÀhrlichkeit ihrer Ver-
treibung durch bloĂe Ă€uĂerliche Mittel zu rĂŒtteln. Durch
den KrÀtzeausschlag sollten angeblich schÀdliche SÀfte aus-
geschieden werden und man fĂŒrchtete, durch dessen Beseiti-
gung ihrem ZurĂŒckschlagen auf innere Organe Vorschub zu
leisten. Ganz Àhnlich verhielt es sich auch mit der plica po-
lonica, dem Weichselzopf. Morgagni war nun. einer der
âąwenigen Aerzte seiner Zeit, die von der parasitĂ€ren Entste-
hung der Scabies ĂŒberzeugt waren Er beschreibt einen Fall,
wo er die aus den HautblÀschen entfernten Tierchen (animal-
cula) selbst lebend unter dem VergröĂerungsglas gesehen hat.
Er tritt der Auffassung, daà die KrÀtzmilben aus der FÀulnis,
also durch eine Art von generatio aequivoca entstehen könn-
ten, ausdrĂŒcklich entgegen. DaĂ sie vermöge ihrer groĂen
Fruchtbarkeit sich rasch vermehren, ist ihm wohl bekannt,
ebenso 1 ihre gewöhnliche Uebertragungsweise durch Bett-
wÀsche und Kleider.
DaĂ es trotz alledem noch bis in die Mitte des 19. Jahr-
hunderts gedauert hat, bis der Glaube, es liege der KrÀtze-
krankheit nicht die Milbe, sondern eine SchÀrfe der SÀfte zu
Grunde, endgĂŒltig ausgetilgt war, ist von K u Ă m a u 1 in
seinen âJugenderinnerungen eines alten Arztes" (Seite 217)
6) Abinzoar, auch Avcnzonr, geb. 1113, gest. 1162. aus
P<'n(aflor bei Sevilla. Sein voller Name ist:" Abd-el-Malik Abn
Merwan i b n Z o h r.
**) Halle und Leipzig: Bd. 31 vom Jahr 1742, Bd. 41 vom Jahr
1744.
mit dem ihm eigenen feinen Humor dargelegt. Warum war
wohl dieser Glaube von einer so unglaublich zÀhen Lebens-
kraft? Theorien haben diese Eigenschaft manchmal in her-
vorragendem MaĂe, und jener Glaube war eine HauptstĂŒtze
der nicht umzubringenden Hutnoralpathologie alten Stils.
Diese brach im BewuĂtsein der Aerzte hauptsĂ€chlich auch
und erst dadurch zusammen, daĂ ihr jene HauptstĂŒtze ge-
nommen wurde.
SchlieĂlich sei noch ein Blick auf Morgagnis sons-
tige anatomische Arbeiten geworfen. Sie sind in einem statt-
lichen Quartband unter der Bezeichnung: Adversaria ana-
tomica omnia zusammengefaĂt. Eine Editio nova et aueta
derselben vom Jahre 1741 stand mir aus der Karlsruher Lan-
desbibliothek zur VerfĂŒgung. Sie ist gedruckt in Leyden
(Lugduni Batavorum) bei Johannes Arnoldus Langerak.
In sauberem Kupferstich zeigt das Titelblatt ein PortrÀtme-
daillon Morgagnis. Er ist im jugendlichen Alter von
36 Jahren dargestellt, hier im Profil und gleichfalls in Amts-
tracht und PerĂŒcke. Darunter ein zweites Medaillon mit
einer allegorischen Darstellung. Der jugendliche, lebhaft
schreitende Gelehrte wird von einer weiblichen Gestalt, ver-
mutlich einer Verkörperung der anatomischen Wissenschaft,
an der Hand gefĂŒhrt. In ihrer freien erhobenen Linken hĂ€lt
sie ein Seziermesser. Den Beiden voraus schwebt ein kleiner
geflĂŒgelter Genius, der auf dem rechten Arm ein Buch trĂ€gt
und mit der linken Hand einen Oberschenkelknochen schwingt.
DarĂŒber die etwas unklare Ueberschrift: Primus Ego In Pa-
triam.
Der Band enthÀlt im ganzen 6 Adversaria (Abhandlun-
gen), von denen sich jede aus einer groĂen Anzahl von Anim-
adversiones d. h. Untersuchungen oder Beobachtungen zu-
sammensetzt. Der Inhalt erstreckt sich ĂŒber groĂe Teile der
menschlichen (und tierischen) normalen Anatomie, daneben
noch mancherlei, was in das Gebiet der pathologischen Ana-
tomie und der Physiologie gehört. Dazwischen ist wissen-
schaftliche Korrespondenz mit Fachgenossen eingestreut
Ueberall tritt auch hier das eifrige Bestreben hervor, alte Irr-
tĂŒmer aufzudecken und auszumerzen. Den sechs Abschnitten
sind Kupfertafeln angefĂŒgt, welche in sauberer AusfĂŒhrung
und guter, naturgetreuer Wiedergabe anatomische PrÀparate
darstellen.
Als Anhang enthÀlt der Band dann noch in schwung-
voller lateinischer Rede eine Abhandlung ĂŒber Ă€rztliche Vor-
bildung und Ausbildung mit dem Titel: Nova Institutionum
medicarum Idea, Medicum perfectissimum adumbrans â
neue Idee des medizinischen Unterrichts mit der Darstellung
des vollendeten Arztes. Aus den mancherlei vortrefflichen
Lehren und RatschlÀgen, die dem angehenden Arzt hier auf
den Berufsweg mitgegeben werden, seien nur zwei SĂ€tze her-
ausgehoben: âNon vetustatem, non novitatem, non consue-
tudinem admirari et sequi, sed unam, ubi ubi fuerit, veritatem"
â nicht Altes, nicht Neues, nicht Hergebrachtes bewundern
und befolgen, sondern allein die Wahrheit, wo immer sie auch
sei, und ferner: âsed domina Natura est" â doch die Natur
ist die Herrin. In diesen zwei AussprĂŒchen ist der ganze
Morgagni begriffen. Der vielzitierte Satz: Man soll die
FÀlle nicht nur zÀhlen, sondern auch wÀgen, soll auch von
Morgagni stammen. Ich habe ihn in seinen Schriften, so-
weit sie mir zugÀnglich waren, indessen nirgends feststellen
können. Er sollte als Motto, man könnte auch sagen als
Warnungstafel vor jeder statistischen Zusammenstellung sei-
nen Platz haben.
Morgagni bezeichnet in der Vorrede und auch sonst
an vielen Stellen seines Werkes de sedibus et causis morborum
dieses als Fortsetzung, ErgÀnzung und Verbesserung von
B o n e t s Sepulchretum. Wir mĂŒssen diesem daher eine kurze
Betrachtung widmen. Sepulchretum heiĂt BegrĂ€bnisplatz
oder Friedhof. Das Wort ist also eine ĂŒbertragene Bezeich-
nung fĂŒr eine Sammlung pathologisch-anatomischer Beob-
achtungen und Befunde. Auch spÀter noch waren derartige
literarische Titel beliebte Mode. So lautet die Ueberschrift
von I. P. Franks Doktordissertation, die er im Jahre 1766
40. Jahrgang. â Nr. 45/46.
Doli. Johann Raptista Morgagni.
der medizinischen FakultĂ€t in Heidelberg vorlegte, âde cunis
infantum" (cunae = die Wiege). Der Inhalt derselben handelt
âde educatione infantum physica", ist also eine DiĂ€tetik des
ersten Kindesalters. Der volle Titel des Sepulchretums lautet:
Sepulchretum sive Anatomia Practica ex Cadaveribus Morbo
Denatis proponens Historias et Observationes Omnium Hu-
mani Corporis Affectuum, ipsorumque Causas reconditÀs re-
velans (reconditus = verborgen, revelare = aufdecken).
Der Verfasser Theophilus Bonetus, geb. 1620, gest.
1689, der als Pfadfinder des topisch-pathologisch-anatomischcn
Forschens und damit als VorlÀufer Morgagnis bezeichnet
wird, stammte aus einer französisch-schweizerischen Arzt-
familie. Er hatte das tragische Schicksal, an Hydrophobie
zu sterben. Die erste Ausgabe seines Sepulchretum erschien
in Genf im Jahre 1673. Mir liegt aus der Karlsruher Landes-
bibliothek eine spÀter, im Jahre 1700 in Lugdunum (Lyon)
bei C r a m e r und Perachon gedruckte, von Joh. Jak.
Mangetus*) vermehrte und verbesserte Auflage vor. Es
sind zwei dicke, mit mancherlei kĂŒnstlerischem Buchschmuck
ausgestattete FoliobÀnde. Im ersten Band findet sich vor.
dem Titelblatt ein Bildnis des Verfassers in Kupferstich. Er
ist dargestellt im faltigen Talar des Gelehrten mit mÀchtiger
kunstvoll gekrĂ€uselter AllongeperĂŒcke. Die rechte Hand fĂŒhrt
ĂŒber einem aufgeschlagenen Buch die Schreibfeder, die linke
hÀlt ein Stundenglas. Durch ein halbgeöffnetes Fenster, das
einen Ausblick auf eine Phantasielandschaft gestattet, schaut
ein menschliches Gerippe als Sensenmann herein.
Das Sepulchretum enthÀlt nur wenige Beobachtungen
von Bonetus selbst. Es ist in der Hauptsache ein Sam-
melwerk, in dem das dem Verfasser erreichbare, seit dem
Anfang des 16. Jahrhunderts publizierte pathologisch-anato-
mische Material zusammengetragen ist. Als Zeugnis fĂŒr den
FleiĂ und die Belesenheit des Verfassers sei hervorgehoben,
daĂ das Verzeichnis der zitierten Autoren 470 Namen an-
fĂŒhrt und daĂ die Gesamtzahl der Beobachtungen (Observa-
tiones) 2934 Nummern umfaĂt. Von einer selbstĂ€ndigen kri-
tischen Betrachtung, wie wir sie bei Morgagni fanden,
ist hier allerdings weniger zu spĂŒren. Ebenso bringt es der
Charakter als Sammelwerk mit sich, daĂ alter Unsinn und
alter Aberglauben in nicht geringer Menge hier zusammen-
gehÀuft sind. Interessant sind die beiden BÀnde vor allem
aber als Dokumente zeitgenössischer Geistes- und Geschmacks-
richtung. In ihrer antik-poetischen Ausdrucksweise und ihren
vielen Beziehungen zum klassischen Altertum sind sie echte
Kinder ihrer Zeit, der des Humanismus und der Renaissance.
Es war die Epoche, die auch auf naturwissenschaftlichem
und medizinischem Gebiet schon manche Fessel mittelalter-
licher Dogmatik und Scholastik gesprengt hatte.
Auf eine etwas schwĂŒlstige, mit allerhand antik-klassi-
schen AnfĂŒhrungen gespickte Vorrede folgt ein merkwĂŒrdiges
<apitel: Monitoria et Hortatoria Clarissimorum Virorum. Es
;ind, vielfach in ĂŒberschwĂ€nglichem Stil und in schwungvollen
Zersen abgefaĂte Dank- und Anerkennungsschreiben hervor-
ragender Fachgenossen, denen der Verfasser Probebogen des
Sepulchretum ĂŒbersandt hatte, so wie der moderne Schrift-
teller an befreundete Kollegen Separat- AbzĂŒge verschickt.
Vus der verschiedensten Herren LĂ€nder sind diese Dank-
chreiben eingelaufen: aus Heidelberg, Augsburg (Augusta
l'indelicorum), Basel, Paris, Padua, Mömpelgard (Montbel-
j ardum), London, DĂ€nemark, Lyon (Lugdunum Gallorum),
j/letz (Diviodunum), Leyden (Lugdunum Batavorum) Turin
Augusta Taurinorum), Schaffhausen (Scaphusium) und Frank-
jrt. Als auch heute noch bekannte Verfasser solcher Dank-
chreiben seien nur B a u h i n (Basel), Bartholinus (DĂ€-
emark) und P e y e r (Paris) genannt. Wir haben hier wie-
er ein Zeichen fĂŒr die weitverzweigten internationalen Be-
iehungen, in denen die damalige Gelehrtenwelt untereinander
tand. Wir finden dafĂŒr den bezeichnenden Ausdruck Res-
*) M a n g e t u s - M a ng e t, Jean Jacques, geb. 1652 in Genf, gest.
> Jahre alt 1742. Er hatte 1678 in Valence (Dauphine) promoviert und
bte als Arzt in Genf. Er ist der Verfasser mehrerer groĂer Saminel-
erke, die fast alle Zweige der Heilkunde umfassen.
publica literaria, Gelehrtenrepublik, auch Respublica medica,
Aerzterepublik gebraucht. Am Kopf dieses Kapitels findet
sich ein merkwĂŒrdiges Motto: ârumpantur ut ilia Codro".
Es ist die zweite HĂ€lfte eines Hexameters, offenbar ein Zitat.
Woher, konnte ich nicht feststellen. Möchten dem C o d r u s
die GedĂ€rme platzen â nĂ€mlich aus Neid. C o d r u s war
ein schlechter Dichter, Neider und Verkleinerer des V e r g i 1.
Bonetus wĂŒnscht also damit offenbar in verblĂŒmt-freund-
licher Weise allen, die ihm den Erfolg seines Werkes miĂ-
gönnen, daà sie vor Neid platzen möchten.
Auch aus dem Sepulchretum mögen einige ausgewÀhlte
Beispiele Schlaglichter auf den Stand und den Geist der da-
maligen Medizin werfen. Die 44. Observatio handelt unter
der symptomatischen Sammelrubrik vom Bauchschmerz (De
ventris dolore) von einer Tubenschwangerschaft. Der Fall
spielte in Paris im Mai 1638. Seiner Beschreibung liegt die
Beobachtung der königlichen LeibÀrzte Petrus S e g u i n u s
und P. Y v e 1 i n zu Grunde. Die betreffende Kranke war
die LeibweiĂzeugwĂ€scherin der Königin (lotrix linteorum
eubiculi Reginae). Sie kam bis in den 7. Monat der Gravidi-
tÀt, nachdem sie 4 Monate lang von Leibschmerzen gequÀlt
war. Dr. Y v e 1 i n wurde gerufen, als sie eines Morgens
von den heftigsten KrÀmpfen befallen wurde. Dieser Arzt
wuĂte nichts Besseres, als bei der in VerblutungskrĂ€mpfen lie-
genden Patientin einen AderlaĂ anzuordnen, damit nicht, wie
er sich ausdrĂŒckt, in dem plethorischen Körper durch jene
heftige Anspannung ein GefÀà platzen möchte. Der AderlaĂ
wurde noch aufgeschoben bis zur Ankunft des gleichfalls
gerufenen Dr. Seguinus. Inzwischen entzog sich aber
die Kranke der weiteren Hilfe der Beiden durch schleunigen
Tod. Bei der Obduktion fand sich in der Bauchhöhle eine
groĂe Menge Blut. Nachdem dasselbe mit einem Schwamm
entfernt war, wurden die inneren Genitalien nachgesehen. Die
linke Tube prÀsentierte sich als ungewöhnlich ausgedehnt, und
als dieselbe eröffnet war, kam ein wohlausgebildeter, mehr wie
2 Monate alter, in einer fleischigen HĂŒlle eingebetteter Foetus
zum Vorschein. Dieses Wunder (istud prodigium) wurde, so
heiĂt es zum SchluĂ, der Königin und dem ganzen könig-
lichen Hofstaat vorgezeigt. Die Königin war die Gemahlin
Ludwigs XIII. geb. Infantin Anna von Oesterreich. Sie be-
fand sich damals, wie leicht festzustellen, selbst etwa im 5.
Schwangerschaftsmonat, denn der Dauphin, der spÀtere Lud-
wig XIV. ist am 5. September 1638 geboren.
Wie aus Webster: âEktopische Schwangerschaft" (Edin-
burgh) zu entnehmen ist, wurde im Jahre 1604 erstmals eine
einwandfreie TubargraviditÀt beobachtet. Sie ist beschrie-
ben von Joh. R i o 1 a n u s in seiner Anthropographia und
Osteologia, Paris 1626. Riolanus, geb. 1580, gest. 1657,
war Professor der Anatomie und der Botanik in Paris. Er
hat sich dadurch einen wenig rĂŒhmlichen Namen gemacht, daĂ
er die Lehre vom Blutkreislauf, welche Harvey (geb. 1578,
gest. 1657) in seiner 1628 erschienenen Schrift: Exercitatio
anatomica de motu cordis et sanguinis in animalibus nieder-
gelegt hatte, heftig bekÀmpfte. Als Curiosum ist von ihm
noch zu erwÀhnen, daà er zweimal, in den Jahren 1641 und
1642, durch Sectio alta an Blasensteinen mit GlĂŒck operiert
wurde.
Im dritten Buch, Sectio XXI, § 24 wird die Krankenge-
schichte des KurfĂŒrsten Friedrich III., genannt der Fromme
von der Pfalz und bei Rhein aus dem Hause Pfalz-Simmern
(Regierungszeit 1559â1576), des Nachfolgers Ott' Heinrichs,
gegeben Aus den gut beobachteten und anschaulich beschrie-
benen Einzelheiten ist zu entnehmen, daĂ der reichlich kor-
pulente, 62jĂ€hrige KurfĂŒrst an einem Herzleiden mit asthma-
tischen Beschwerden, mit unregelmĂ€Ăigem und ungleichem
Puls, schlieĂlich mit Hydrops anasarca und Ascites gestorben
ist. Aus dem Sektionsbericht ist Folgendes von Interesse:
âDas Herz enthielt in seinen beiden Höhlen eine lĂ€nglich-
runde weiche, weiĂgelbliche zĂ€h-biegsame, erwĂ€rmtem Kno-
chenmark Àhnliche Masse. Von der Dicke eines Fingers, war
*) Deutsch von Eiermann, Berlin 1896.
<uo
40. Jahrgang. â Nr. 45/46.
sie, mit einigen AnhÀngseln versehen, im rechten Herzen 7
(Quer) Finger lang, im linken wesentlich kĂŒrzer. Es ist sehr
wahrscheinlich, daĂ die an diesen Stellen enthaltene Substanz
die Ursache war der ungleichen, ungeordneten und aussetzen-
den Pulse, vielleicht auch des Herzklopfens, das ihn hÀufig
quĂ€lte." Wir haben hier also wieder die alte irrtĂŒmliche
Auffassung von der Bedeutung der agonal und postmortal ent-
standenen Fibringerinnsel im Herzen.
Der § 10 des 4. Buches, Sectio X gibt eine mÀrchenhafte
Geschichte: ,,Als in Benivent viele Menschen an einer unbe-
kannten Krankheit starben, sezierten endlich die Aerzte eines
der Opfer. In seinem Gehirn fanden sie einen kurzen brom-
beerfarbenen Wurm, den sie mit den verschiedensten wurm-
tötenden Mitteln nicht umbringen konnten. SchlieĂlich
kochten sie RettichstĂŒcke in Malvenwein, wodurch der Wurm
abstarb. Und mit diesem selben Mittel heilten sie dann alle
an dieser Epidemie Erkrankten." Eingebildete und wirkliche
WĂŒrmer spielten ja in der alten Pathologie eire hervorragende
Rolle.
Tabakrauchen und Schnupfen war damals schon sehr
im Schwange. Offenbar um die SchÀdlichkeit dieses Lasters
darzutun, wurden nun höchst phantasievoĂŒe und abenteuer-
liche Sektionsbefunde bei Rauchern und Schnupfern (Tabaci
sugi und Tabaci pulverem per nares" attrahentes) erhoben.
Zunge, Luftröhre und Arterien waren von Ruà schwarz ge-
fÀrbt, das Gehirn ausgetrocknet und zusammengeschrumpft,
ein ander Mal wird es als russig schwarz bezeichnet (Lib. IV.
Sect. XL Observ. L). Es kann hier nachgeholt werden, daĂ
Morgagni (Epist. I, 8, 9 und 15) die Möglichkeit, es könne
Tabakrauch oder Schnupftabak in die SchÀdelhöhle gelangen,
aus frĂŒher erwĂ€hnten GrĂŒnden lebhaft bestreitet.
Von besonderem Interesse sind im 4. Buch von B o n e t s
Sepulchretum niedergelegte Berichte ĂŒber Vergiftungen, so
z. B. durch VipernbiĂ und mit Schierlingswurzel (Conium
maculatum s. Cicuta aquatica und terrestris). Die Observatio
III. lib. IV. Sectio X. gibt die eingehende und genaue
Schilderung einer Schierlingsvergiftung bei sieben Kindern,
die auf einer Wiese von der Wurzel genossen hatten. Zwei
davon erlagen der Vergiftung. Im AnschluĂ daran wird ĂŒber
toxikologische Versuche berichtet. Diese Versuche an Tieren,
- zum Teil sind es Vivisektionen - - ĂŒber die ausfĂŒhrliche
Protokolle wiedergegeben sind, erstrecken sich auf Schlangen-
(Vipern)gift, Schierlingsgift (Ccnium maculatum), Aconit
(Aconitum Napellus, Eisenhut), sog. Kokkelskörner (von Me-
nispermum cocculus, Kckkulin-Pikrotoxin), Nux vomica
(Strychnin), Veratrum album (weiĂe NieĂwurz-Veratrin), bit-
tern Mandeln (BlausÀure), Nikotin, endlich auf anorganische
Gifte wie Antimon, Arsenik, Quecksilber und manches andere.
Als Versuchstiere wurden benutzt Hunde, Wölfe, Katzen, Tau-
ben, Störche, Frösche, Schlangen, Eidechsen und Schnecken,
Kaninchen und Meerschweinchen, so weit ich feststellen
konnte, noch nicht.
Ein im Sepulchretum hÀufig zitierter GewÀhrsmann ist
Job. Jak. W e p f e r. Er ist nicht Kompilator wie B o n e t ,
sondern eine durchaus selbstÀndige und originelle Persönlich-
keit. Er ist geboren in Sehaffhausen (Scaphusium) in der
Schweiz i. J. 1020. Er studierte 8 Jahre lang in Basel und in
StoĂburg und hielt sich dann noch 2 Jahre an italienischen Uni-
versitÀten auf. Zum Doktor der Medizin promovierte er in
Basel im Jahre 1047 und fand dann Anstellung als Stadt-
physikus in seiner Vaterstadt. Er blieb derselben auch treu
bis zu seinem Tode im Jahre 1005. Neben seiner amtlichen
TĂ€tigkeit ĂŒbte er eine ausgedehnte Ă€rztliche Praxis aus und war
namentlich als gewiegter Diagnostiker weit und breit ge-
schĂ€tzt. Er legte groĂen Wert auf DiĂ€tvorschriften und war
ein Apostel der MĂ€Ăigkeit gegenĂŒber den Freuden der Ta-
fel, denen ja in jener Zeit ausgiebig gehuldigt wurde. Merk-
wĂŒrdigerweise wird auch von ihm wie von Morgagni
berichtet, daĂ er an sich selbst niemals efrwn AderlaĂ vor-
nehmen lieĂ. Noch als 71jĂ€hriger (im Jahre 1691) unterzog
er sich den Beschwernissen einer Reise zum Herzog Karl
Friedrich von WĂŒrttemberg, den er an einer schweren Krank-
! eit erfolgreich behandelte. Auch wurde sein Rat und seine
Hilfe in Anspruch genommen bei einer schweren Fieberepide-
mie, von der die Truppen des Kaisers Leopold ergriffen waren.
Diesen Strapazen war der alternde Mann nicht mehr ge-
wachsen. Er kehrte als Kranker in seine Heimat zurĂŒck. Er
litt schwer an Atembeschwerden und an wassersĂŒchtigen An-
schwellungen und stellte an sich selbst die Diagnose auf Ver-
kalkung der Aorta. Einer letztwilligen Bestimmung ent-
sprechend wurde die Sektion seiner Leiche vorgenommen.
Seine Diagnose fand sich bestÀtigt.
Die vorstehenden Daten aus seiner Lebens- und Krank-
heilsgeschichte sind entnommen seiner Lebensbeschreibung,
die seinen , Observationes medicc-practicae de affectibus Ca-1
pitis internis et externis" rrit der Ueberschrift âMerroria
Wepferiana" vorangestellt ist. Diese Observationes sind nach
ra'hgelassenen Schriften W e p f e r s, darunter auch brief-
liche Konsultationen, im Jahre 1720 von seinen beiden En-
keln, die gleichfalls Aerzte waren, Bernhard und Georg Mi-
chael Wepfer, herausgegeben. Diese Memoria Wepferiana
enthÀlt auch eine Abbildung von W e p f e r s Aorta, auf der
zahlreiche und ausgedehnte Kalkeinl?gerungen und Atherom-
geschwĂŒre zu sehen sind. Von den letzteren sagt die dabei
stehende Besch reibuntr, daĂ sie ânon citra ruptionis peri-
( ulum" gewesen seien â daĂ ihre Ruptur gedroht habe. Auch
W e p f e r s Bildnis fehlt hier nichi. Es ist ein ausdrucksvolles
Gesicht mit Vollbart und mÀchtigem kahlem SchÀdel ohne
PerĂŒ'ke, das den Eindruck groĂer PortrĂ€tĂ€hnlichkeit macht,
im Gegensatz zu den frĂŒher erwĂ€hnten Bildnissen von M o r-
" a p n i und B o n e t, die glattrasierte Gesichter unter mÀch-
tigen kĂŒnstlichen LockengebĂ€uden zeigen. ErwĂ€hnenswert
ist noch eine feingestochene Vignette auf dem Titelblatt der
Observationes als der Ausdruck damaligen poetisch-symboli-^
sierenden Gesclurackes. Sie trÀgi als Ueberschrift die Worte:
Concordia cordis et oris â Uebereinstimmung von Herz und
Mund, und unten folgendes Distichon:
Persea fert cordis fruetus, folia aemula linguae
O tttinÀm in cunetis haec bene juneta forent.
Der Pfirsich trĂ€gt FrĂŒchte Ă€hnlich dem Herzen und
BlÀtter, Àhnlich der Zum e
O daĂ doch in allen Dingen diese beiden wohl vereint
sein möchten.
In der Mitte ist ein Bauin abgebildet, der an einem Ast
eine Pfirsichfrucht und ein ebensolches Blatt trÀgt. Darunter
eine Schale mit denselben GegenstĂ€nden angefĂŒllt, im Hinter-
grund eine bergre Landschaft.
Ein Anhang enthÀlt eine kleine interessante Sammlung
von Rezepten. Irn Vergleich mit der darraligen ist unsere
heutige Rezeptur ein recht kĂŒmmerliches GewĂ€chs. FĂŒr die
UmstÀndlichkeit unserer Àrztlichen Vorfahren in diesem Punkt
diene als Beispiel eine Vorschrift fĂŒr AbfĂŒhrpillen, die neben
Aloe und Rhabarber noch 28 andere Ingredienzien anfĂŒhrt.
Mehr noch wie auf den obigen Observationes beruht
W e p f e r s wissenschaftliche Bedeutung auf einem kleinen
Werkchen, das er im Jahre 1058 herausgab. Dieses wie das
vorhergehende war mir aus der Karlsruher Landesbibli' thek
zugÀnglich. Sein Titel lautet: Observationes anatomicae ex
tadaveribus eorum, quos sustulit Apoplexia, cum exercitatione
de ejus loco affecto. Das Werkchen enthÀlt sehr gute Unter-
suchungen ĂŒber den Bau des Gehirns, insbesondere auch ĂŒher
die Verteilung seines GefĂ€Ăsystems. Die Krankengeschichten
zeichnen sich durch groĂe Anschaulichkeit, die Gehirnsektio-
nen durch groĂe Genauigkeit aus. Die Gehirnzysten hat
Wepfer als Residuen frĂŒherer Blutungen richtig erkannt.
Die Blutung aus dem Ohr wĂŒrdigt er als Syrrptom der SchĂ€-
delbasisfraktur. Die Lockerung der SchÀdelnÀhte und das
Einsinken der groĂen Fontanelle als Signum mali ominis bei
SĂ€uglingen ist ihm bekannt. SchlieĂlich noch eine KuriositĂ€t:
Wepfer erwÀhnt eine von den TierÀrzten in der Schwei/
geĂŒbte Methode, um Zystizerken im Gehirn von Schafen nach-
zuweisen. Sie bestand in der Perkussion des SchÀdels mit
einem Hammer.
Auch auf dem Gebiet der experimentellen Toxikologie hat
sich Wepfer hervorragend betĂ€tigt. Versuche ĂŒber das
Doli, Johann Baptiste Morgagni.
MI
10. Jahrgang. â Nr. 45/46.
Schierlingsgift sind niedergelegt in seiner Schrift: Cicutae
aqnaticae historia et noxae. Dieselbe ist abgedruckt im Se-
pulchretum Lib. IV, Sect. X, Obsery. III. AuĂerdem hat er
noch Mitteilungen aus der Botanik, Zoologie und Chemie her-
aus« egeben.
Als vierter und Ă€ltester möge nun noch ein sĂŒddeutscher
1 andsmann, Johannes Schenck, den Reigen beschlieĂen,
nachdem wir uns seither mit einem Italiener und zwei Schwei-
zern beschĂ€ftigt haben. Es gibt ĂŒber ihn eine historisch-me-
dizinische Skizze von Dr. Rudolf M a i e r , Professor der all-
gemeinen Pathologie, pathologischen Anatomie und der
Staatsarzneikunde und damaligem Prorektor der Albert-Lud-
wigs-UniversitÀt Freiburg i. Br. vom Jahre 1878. Die Ab-
handlung ist enthalten in dem Programm zur Feier des Ge
burtsfestes des GroĂherzogs Friedrich I. von Baden. Johann
Schenck von Grafenberg, ist geboren im Jahre 1531.
Von Grafenberg ist nicht etwa eine Adelsbezeichnung, son-
dern gibt seinen Geburtsort an. Grafenberg ist ein kleines
StĂ€dtchen im wĂŒrttembergischen Oberamt NĂŒrtingen. Seine
Studien machte Schenck in TĂŒbingen und wurde dort
Laureatus im Jahre 1555. Nach absolvierten Studien prak-
tizierte er in StraĂburg, bis ihm nach etwa 5 Jahren die Stelle
als erster Stadtarzt und Physikus in Freiburg im Breisgau
ĂŒbertragen wurde. In dieser Stellung verblieb er bis zu
seinem im Jahre 1598 erfolgten Tod. Schenck hatte meh-
rere Söhne (wie viele ist nicht bekannt), von denen ein Teil
den Beruf des Vaters ergriff. Der Àlteste derselben, Johann
Georg, ist nÀchst de n Vater am meisten bekannt geworden.
Er gab neben eigener schriftstellerischer TĂ€tigkeit die Werke
seines Vaters heraus, sowohl die schon edierten als auch Viele,
die beim Tode des Vaters als Manuskripte vorhanden waren.
Schenck genoĂ als tĂŒchtiger Arzt und als Gelehrter
und Schriftsteller groĂes Ansehen. Um seine MitbĂŒrger
machte er sich hervorragend verdient wÀhrend der schweren
Pestepidemien, die Freiburg in den Jahren 1564, 76, 83, 92
und 94 heimsuchten. Seine Grabschrift nimmt darauf Bezug
in dem Distichon:
^ Pestiferos morbos sanavit Schenckius, ingens
arti asclepiadum sie tulit auetor opem.
Er entwickelte einen unermĂŒdlichen Sammeleifer und
war von einer ungewöhnlichen Belesenheit und I iteratur-
kenntnis. Sein Sohn nennt ihn einen librorum heluo et magna
bibliotheka - Schwelger in BĂŒchern und groĂe Bibliothek.
Schenck besaĂ eine Sammlung wertvoller Manuskripte
alter und Àlterer medizinischer Schriftsteller, darunter auch
7 arabische Handschriften.
Der volle Titel seines Hauptwerkes lautet: Observatio-
num iredicafĂŒm, rararum, novarum, admirabilium et mon-
strosarum volumen. Es kann kurz bezeichnet werden als
eine Zusammenstellung Her wichtigsten seit H i p p o k r a -
tes veröffentlichten Beobachtungen ĂŒber die Krankheiten der
einzelnen Körperteile. HinzugefĂŒgt sind viele eigene Beob-
achtungen und solche befreundeter Aerzte. Dabei ist den pa-
thologisch-anatomischen Befunden besondere Aufmerksamkeit
gewidmet. Also ein weitgestecktes Programm! Dem ent-
spricht auch der Umfang des Werkes. In der mir aus der
Karlsruher I andesbibliothek zur VerfĂŒgung stehenden Aus-
gabe aus den Jahren 1589 bis 1597 umfaĂt es 7 OktavbĂ€nde.
Es ist eingeteilt in 6 BĂŒcher, von denen das dritte 2 BĂ€nde
fĂŒllt. Das erste Buch handelt vom Kopf des Menschen, das
I zweite von den im Thorax enthaltenen Organen, das dritte
1 in seinem ersten Teil von den der ErnÀhrung dienenden Or-
j ganen des Unterleibes, in seinem zweiten von Leber, Milz,
I Nieren und Harnblase, das vierte Puch von den mÀnnlichen
B Ă€nd weiblichen Geschlechtsorganen, das fĂŒnfte von den Ă€uĂe-
Ijfen Teilen (GliedmaĂen, I laut, GeschwĂŒlste, Wunden, Kno-
I glicnbrĂŒche), und das sechste ĂŒber die Fieber, epidemische,
I pestartige und ansteckende Krankheiten. Die spÀteren Aus-
I gaben enthalten noch ein 7. Buch de venenis ĂŒber Vergif-
| hingen. Als GewĂ€hrsmĂ€nner sind ĂŒber 500 Autoren zitiert.
I In dem jedem Buch vorangestellten Catalcgus Autorum wer-
I den sie eingeteilt in Griechen, Römer (Latini veteres), Araber,
iiatinobarbaren, JĂŒngere (Recentiores) und Gemischte (Mixti).
Das aus diesen Quellen Geschöpfte wird gröĂtenteils
kritiklos wiedergegeben und so kann es uns nicht wundern,
wenn eine Menge von Unsinn, Aberglauben und Altweiberge-
schichten da kunterbunt aufgetischt werden. Als Kind seiner
Zeit steht Schenck noch auf dem Boden der durch Ga-
1 e n ausgearbeiteten Humoralpathologie. Seine biologische
Auffassung bewegt sich im Sinne des sog. Animismus. So
sagt er in der Vorrede zum ersten Buch (de capite humano):
Est enim in capite rationalis animae sedes, juxta Piatonis et
Caleni sent entiam, qua intellectus, cognitio, sensus motusque
continentur, quorum ope universa corporis nostri respublica
gubernatur. Andererseits findet sich wieder manche ĂŒber-
raschend gute Beobachtung und ErklÀrung. So werden in
Observ. 54 und 55 nach P a r e u s (Ambroise Pare, geb.
1510, gest. 1590, der âVater der modernen Chirurgie") Bei-
spiele von sog. Gegenfissuren bei SchÀdelverletzungen ge-
bracht, ferner in den Observ. 55 â 57 solche von Bruch und
Fissur der lamina interna eines SchÀdelknochens bei unver-
sehrter Ă€uĂerer Lamelle..
Aus eigener Beobachtung und narh der von Dona-
t h s*) beschreibt Schenck (Lib. III, Obs. 97) sehr anschau-
lich zwei FĂ€lle von E^pyema necessitatis, die zur Heilung
kamen. Im zweiten Fall wurde die spontane AbszeĂöffnung
erweitert und durch Einlegen einer silbernen KanĂŒle offen ge-
halten. Nach Versiegen der Eiterun? â auch Medikamente
waren durch die Oeffnung eingespritzt worden â wurde die
KanĂŒle weggelassen und die Oeffnung schloĂ sich von selbst.
Die in solchen FĂ€llen, namentlich bei iutrendlichen Personen
sehr rasche und völlige Erholung ist mit den folgenden prÀg-
nanten Worten wiedergegeben: puer impinguatus. pristinnam
sanitatem non solum reeepit. sed et habitum r- eliorem adeptus
est - - der Knabe wurde dirk und rund und gewann nicht
a"ein seine frĂŒhere Gesundheit wieder, sondern erlanrte eine
bessere körperliche Beschaffenheit.
Obs. XU. im 3. Buch, erste Abteilung belehrt uns, daĂ
man der Unwegsan-keit der Speiseröhre damals sr'hon durch
EinfĂŒhren eines Rohres (Schlundsonde) zu begegnen wuĂte
und daĂ man flĂŒssire Nahrungsmittel durch dasselbe eingoĂ.
Aus den Obs. 15 und 17 desselben Buches erfahren wir, daĂ
NÀhrklystiere bei UnfÀhigkeit zu schlucken von alters her
im Gebrauch waren. Man benutzte dazu Milch mit Eigelb
oder Eier in Wein gekocht. . DaĂ man sich dieser Methode
als eines nur fĂŒr beschrĂ€nkte' Zeit ausreichenden Notbehelfes
bewuĂt war. beweist folgender SchluĂsatz: Habemus ergo,
cum gula est obturata, modum ut homo servetur, etia*rsi per
aliquod dies deglutire non possit â Wir haben also, wenn
der Schlund verschlossen ist, ein Verfahren, den Menschen zu
erhalten, auch wenn er einige Ta<'e nicht schlucken kann. Es
wird noch erwÀhnt, daà dieses Verfahren schon dem Cor-
nelius C e 1 s ii &**), ferner dem frĂŒher schon erwĂ€hnten arabi-
schen Arzt Abinzoar und den Mauritanischen Aerzten be-
kannt gewesen sei.
In der Obs. 102 desselben Buches schildert Ba u hin***)
kurz und treffend eine Perforationsperitonitis, die er im
Jahre 1566 beobachtete: âDie 18 Jahre alte Frau eines Arztes,
noch hie menstruiert, Hie viele Monate zuvor an Quartan-
fieber erkrankt gewesen war, hatte eine groĂe Milz. Der Leib
schwoll ihr etwas an wenn sie auch ĂŒber nichts zu klagen
hatte, so daĂ es zweifelhaft war, ob sie schwanger sei. Am
*) Donatus Marcellus, Leibarzt des FĂŒrsten von Mautua, lebte
in der zweiten HĂ€lfte des 16. Jahrhunderts. Sein Hauptwerk âde me-
diana historia" (158b) ist bemerkenswert durch eine darin enthaltene
begeisterte Lobrede auf den Wert der Leichenöffnungen.
Cornelius Cel su s lebte in Rom um die Zeil von Christi Ce-
burt. Er ist der Verfasser des berĂŒhmtesten medizinischen Werkes de"
römischen Literatur in 7 BÀnden.'
***) Caspar B a u h i n. geb. 1560, gest. 1624, ist das bekannteste
Glied einer Basier Ae'\zte- und Naturfor'scherfamĂŒe von 6 Oenerat'onen.
Im Jahr '57Q, a'so 10 Jahre alt, fand und beschrieb er die nach ihm be-
nannt? Iliocoecalklappe. Er war Professor der Anatomie und Botanik
in Basel und sein Verdienst auf ersterem Gebiet beruht vor allem in der
EinfĂŒhrung eine - zweckmĂ€Ăigeren Nomenklatur besonders bei den Mus-
keln, die zum Teil heule noch im Gebrauch ist. Er wÀhlte deren Be-
nennungen weniger nach ihrer Funktion als nach ihrem Ursprung und
Ansatz.
042
Doli, Johann Baptiste Morgagni.
40. Jahrgang. â Nr. 45/46.
25 Oktober befiel sie ein heftiger Schmerz am linken Schul-
terblatt, sie konnte sich kaum bewegen, fieberte, klagte ĂŒber
Schmerzen in den Hypochondrien, besonders links, bekam Er-
brechen und AufstoĂen, der Leib schwoll mĂ€chtig an, es stellte
sich plötzlich Atemnot ein, bisweilen knirschte sie (?) mit den
ZĂ€hnen (dentibus stridebat), die Weichen waren schmerzhaft,
sie verlangte nach GetrÀnke, das sie selten verschmÀhte. Die
KrĂ€fte gingen rasch zurĂŒck und sie starb in der FrĂŒhe des 29.,
stets bei klarem BewuĂtsein. Bei der Leichenöffnung fand
sich in der Bauchhöhle viel mit Speiseresten vermischte FlĂŒs-
sigkeit und in der Magenwand eine fingerdicke Oeffnung an
seinem mittleren Teil, nach dem Fundus zu, wo sich das Epi-
ploon mit dem Magen verbindet auf der linken Seite nach dem
Kolon zu. Das Epiploon, die dritte Haut des Magens (ven-
triculi tunica tertia â damit dĂŒrfte der PeritonealĂŒberzug ge-
meint sein), die Haut der Leber (hepatis tunica â deren Peri-
tonealĂŒberzug) und das ligamentum suspendens waren eitrig.
In den Obs. 142â155 wird drc Ruhr (Dysenteria) abge-
handelt. Der Abgang von membranösen Massen mit Blut
und Eiter und der charakteristische Tenesmus waren wohl be-
kannt, ebenso der nicht seltene Ausgang in chronische Colitis.
Die VerÀnderungen der Darmschleimhaut durch tiefgehende
GeschwĂŒrsbildungen waren durch Sektionen festgestellt.
Bei einer in Obs. 92 (Lib. III., Sekt. 2) wiedergegebenen
Leichenöffnung fand sich eine fast die ganze Bauchhöhle aus-
fĂŒllende Milz von 23 Pfund Gewicht und eine 11 Pfund
schwere vergröĂerte Leber. Da dabei auch das Blut auf-
fallend hellweiĂlich (subalbidus) befunden wurde, dĂŒrfte der
Fall unschwer als LeukÀmie zu deuten sein.
Besonders eingehend wird in den Obs. 268 â 292 das
Blasensteinleiden behandelt, das damals ungewöhnlich hÀu-
fig gewesen zu sein scheint. Ueber die mögliche Entstehung
der Blasensteine aus herabgewanderten Nierenkonkrementen
war man sich völlig klar, auch der hÀufig schichtweise Auf-
bau der Steine blieb nicht unbeachtet.
Als chirurgische Eingriffe wurden der Dammschnitt, der
Bauchschnitt und die Extraktion nach intravesikaler ZertrĂŒm-
merung, letztere vorzugsweise bei Frauen, geĂŒbt. Von uner-
wĂŒnschten Operationsfolgen werden die Inkontinenz und die
Urinfistel erwÀhnt. Mehrfach wird von Steinen berichtet, die
in eine Haut eingeschlossen gewesen seien und sich dadurch
dem Nachweis durch den Katheter entzogen. Es dĂŒrfte sich
dabei um Divertikelsteine gehandelt haben. Leiden und Tod
durch Blasensteine wird als das qualvollste bezeichnet, was
einem Menschen zustoĂen könne.
Mehrere der hierhergehörigen Krankengeschichten und
Sektionsbefunde beziehen sich auf hervorragende Persönlich-
keiten. Bekanntlich litt auch Martin Luther an schweren
Steinbeschwerden (Nierenkoliken). So fand sich bei dem am
5. Mai 1525 verstorbenen (geb. 1463) Friedrich III., dem
Weisen, KurfĂŒrsten von Sachsen, ein ungewöhnlich groĂer
Blasenstein neben einem groĂen Konkrement im rechten Nie-
renbecken, der mit einem spitzen Fortsatz in den Blasenhals
hineinragte. Der Bericht stammt von seinem Chirurgus Joh.
T r a u t m a n n. Bei dem Bruder (Albertus) des Hierony-
mus Savonarola*) fanden sich 10 taubeneigroĂe Blasen-
steine. Sie wurden in Gold gefaĂt als perpetuum monumen-
tum aufbewahrt, und es wird von ihnen hervorgehoben, daĂ
sie, auf den Boden geworfen, wie BĂ€lle zurĂŒckgesprungen
seien. Es dĂŒrften also harte Oxalatsteine gewesen sein.
Aus eigener Beobachtung berichtet S c h e n c k ĂŒber
Philipp Engelbrecht von Engen (im badischen Hegau)
Philippus Engelbrechtus Engentinus. E mg e 1 b r e c h t
war Magister der freien KĂŒnste in Wittenberg â poeta sui
temporis celeberrimus â , wie ihn S c h e n c k nennt, und kam
von dort als Nachfolger Caspar B a 1 d u n g s nach Freiburg.
Er war ein eifriger AnhÀnger und Förderer der Reformation.
Im Jahre 1528 muĂte er sich in StraĂburg dem Steinschnitt
unterziehen. Dabei fand sich ein mehr wie 4 Unzen schwerer,
*) Savonarola, Girolamo, geb. 1452 zu Ferrara, Dominikaner-
mönch und BuĂprediger, VorlĂ€ufer der Reformation, im Jahre 1492 in
Florenz als Ketzer verbrannt.
glatter und harter Blasenstein von ungewöhnlicher Gestalt.
Seine Entfernung gelang bei der Operation nicht und der
Kranke starb bald danach. Seine in lateinischen Distichen ab-
gefaĂten Grabschriften im Chor der Marienkirche zu Kilch-
ofen*), die Schenk widergibt, sind ein interessantes Do-
kument damaligen Geschmacks. Als Todesursache sind darin
seine Harnbeschwerden und seine kleine Blase angefĂŒhrt, die,
aufgeschnitten, sich geweigert habe, den harten Stein herzu-
geben. Der SchluĂ lautet:
Quem mare nec tellus, ignis nec pestifer aer
Sustulit, at talis, quem tibi pingo, lapis.
Den weder Meer, noch Erde, noch Feuer, noch verpestete
Luft dahinraffte, sondern ein solcher Stein, den ich Dir bild-
lich darstelle. Darunter war sein Blasenstein in natĂŒrlicher
Form und GröĂe abgebildet mit der Inschrift: Philippi En-
gentini, Poetae celeberrimi, vesicae lapidis, effigies, und seine
LĂ€nge, Breite und Dicke noch besonders dargestellt.
S c h e n c k gibt diese Abbildungen auf Seite 485 (Lib. III,
2) wieder und danach lassen sich die betr. MaĂe zu 7,8, 5,6
und 3,7 cm feststellen. Es fĂ€llt einem da unwillkĂŒrlich als
GegenstĂŒck eine Tiroler Grabschrift ein von derber UrwĂŒch-
sigkeit. Sie lautet:
Hier ruht der Pfarrer Rain,
Er litt am Gries und Stein,
Er war von je ein schlechter Brunser**),
Wanderer bet' fĂŒr ihn ein Vaterunser.
FĂŒr den GynĂ€kologen von Interesse sind die Obs. 291
bis 302 des '4. Buches, in denen der GebÀrmuttervorfall und
die Anwendung von Pessaren besprochen wird. Man ver-
wendete als solche FadenknĂ€uel oder leere WallnĂŒsse mit
Wachs ĂŒberzogen. Die Obs. 302 berichtet von einer Frau,
die 14 Jahre lang ein kugelförmiges, mit Wachs ĂŒberzogenes
StĂŒck eines gebrannten Ziegels als Pessar bei sich trug. Als
dasselbe schlieĂlich sehr schlimme EntzĂŒndungserscheinungen
hervorrief, konnte es nur mit MĂŒhe entfernt werden. Auch
ringförmige Pessare wurden benutzt, die man aus der Wurzel
der Waldrebe sich zurechtschnitt und die in eine Mischung
von Wachs, Harz und Terpentin zuvor eingelegt wurden.
B a u h i n lieĂ derartige Ringe auch aus Silberdraht (ex filo
argenteo rotundo) anfertigen. Als zweckmĂ€Ăige Lagerung
zum ZurĂŒckschieben der vorgefallenen GebĂ€rmutter und zum
Einbringen des Pessars wird angegeben: die Kranke ist (mit
dem Oberkörper) tief zu legen mit erhöhtem Steià und Ober-
schenkeln und zurĂŒckgebeugten Beinen â also Steinschnitt-
lage. Dieselbe Position war auch bei der Geburt und Ent-
fernung der Nachgeburt ĂŒblich. Obs. 303 â 306 handelt von
der operativen Entfernung des prolabierten Uterus bei Ver-
eiterung oder Brand. Welche Rolle dabei die Inversio Uteri
â der wie ein Sack umgestĂŒlpte Uterus â totus uterus in
modum sacci inversus â spielt, war wohl bekannt.
Daneben wird aber auch gelegentlich ohne jede kritisch
Anmerkung der krasseste Blödsinn aufgetischt, so in der
Obs. 161, die de Partu numeroso â von den Mehrgeburte
handelt. Wenn hier nicht nur von Zwillings- und Drillings
geburten, sondern sogar von FĂŒnf-, Sechs- und Zwölflingen,
die sogar lebensfÀhig gewesen sein sollen, berichtet wird, s
ist das der GlÀubigkeit des Lesers doch etwas viel zugemute
Den Vogel schieĂt aber eine glĂŒckliche Mutter in der Gegen
von Krakau ab, die im Jahre 1270, am 20. Januar, 36 lebend
Knaben auf einmal zur Welt bringt. Auch der Name d
trefflichen Dame wird der Nachwelt nicht vorenthalten. Si
hieĂ Margarita und war die Gattin des Grafen V i r b o s 1 a '
Von besonderem Wert fĂŒr die Geschichte der Seuche
und ansteckenden Krankheiten ist dann das sechste Buch. D
*) Kilchofen, auch Kilchoven, ist das heutige Dorf Kirchhofe
bei Freiburg. Im DreiĂigjĂ€hrigen Kriege am 19. Januar 1633 wurd
das Dorf samt Kirche und Schloà von den Schweden vollstÀndig zer
stört. Dreihundert BĂŒrger, welche das SchloĂ verteidigten, wurde
niedergemacht. Ihre SchÀdel, zum Teil mit den Spuren der tödlich
Verletzungen waren noch bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts l
einer dem Erzengel Michael geweihten Kapelle aufgeschichtet. (K o 1
Lexikon von dem GroĂherzogtum Baden, Karlsruhe 1814).
**) Brunsen, ein sĂŒddeutscher Volksausdruck fĂŒr Pissen.
pĂ. Jahrgang. Mr. -15/40. Slandesf ragen und sozial« Medizin R48
Ii». Jahrhundert war ja dann schwer heimgesucht. Wechsel-
fieber, typhöse Fieber, Beulenpest, Pocken, Masern, der hos
artige SchweiĂfriesel, sog. englischer SchweiĂ, Influenza, der
Flecktyphus, damalf ungarische Krankheit genannt, epidemi-
sche Pleuropneumonien (Grippepneumonien?) haben damals
in Furopa wiederholt und in groĂer Ausdehnung gehaust
Dazu kamen dann die chronisch verlaufenden: Aussatz, Sy-
philis, Ergotismus (Kriebelkrankheit) und Skorbut. FĂŒr die
: meislen dieser Krankheiten fnden sich bei Sehen c k inter-
essante und wertvolle Belege. Aus dem Vielen kann nur Eini-
ges herausgegriffen werden. In der Obs. 159 erwÀhnt er
die Pestepidemie in Freiburg vom Jahre 1564, die fast ein Vier-
tel der BĂŒrgerschaft dahinraffte. Die Krankheit trat hĂ€ufig
unter heftigem Nasenbluten auf, so daĂ im Anfang ihre wahre
Natur verdeckt wurde. Dabei sei der Tod oft so schnell ein-
getreten, daĂ kein anderes Symptom zur Entwicklung kam.
In besonders bösartigen Epidemien sollen bisweilen Menschen
ohne vorherige Krankheitszeichen, wie vom Blitz erschlagen
oder wie durch ein raschwirkendes Gift plötzlich gestorben
sein. DaĂ dies nicht sehr ĂŒbertrieben ist und daĂ es tatsĂ€ch-
lich in wenig Stunden tötlich verlaufende FÀlle von sog. Pestis
sicerans fibt, bestÀtigen neuere einwandfreie Beobachtungen
fVergl. MĂŒller und Poch: âDie Pest" im 5. Band von
Nothnagels spez. Path. und Ther., S. 264).
Die~t)bs. 142 â 180 bringen sehr n eikwĂŒrdige Notizen
ĂŒber das lange Haften des Pestkentag iums an Gebrauchsge-
genstÀnden. So soll in einem Fall durch eine Matratze, auf
der ein Pestkranker gelegen hatte, andere Male durch Kleider
von Pestkranken oder durch Seile, mit denen Pestleichen be-
stattet wurden, noch nach Jahren die Ansteckung vermittelt
worden sein. Nach neueren zuverlÀssigen Feststellungen
kann allerdings das Pestvirus an Kleidern und Aehnliche.il, zu-
mal wenn sie fest verpackt sind, eine Reihe von Wochen in-
fektionstĂŒchtig bleiben. Da aber die WiderstandsfĂ€higkeit des
Pestbazillus eine relativ geringe ist und da er keine Dauer-
formen bildet, dĂŒrften jene angefĂŒhrten langen ZeitrĂ€ume wohl
auf Beobachtung sfehlern beruhen (Vergl. Nothnagel
1. c, S. 85). Die Therapie bei der Pest ist hier natĂŒrlich ein
sehr dunkles Kapitel. Bei ihrer völligen Ohnmacht spielt die
Anpreisung von allerhand Wundermitteln eine groĂe Rolle.
Ebenso verhÀlt es sich mit der Prophylaxe. Es wurde das
Tragen von Amuletten empfohlen. Einige rĂŒhmten das Rie
chen an Böcken. Andere priesen den Gestank toter Hunde
oder den Pulvergeruch beim Abfeuern schwerer GeschĂŒtze.
Dem lag natĂŒrlich die Vorstellung zugrunde, daĂ die Luft die
Ansteckung vermittle. Man wollte eine in derselben enthal-
tene SchĂ€dlichkeit durch eine stĂ€rkere, sinnfĂ€llige ĂŒbertĂ€uben.
In auffallendem Gegensatz hierzu ergibt die Durchsicht
der Obs. 243, welche vom Skorbut handelt, wie von alters
her der Mangel an- frischen, nicht irgendwie konservierten
oder verdorbenen Nahrungsmitteln als Ursache dieser Krank-
; heit genau bekannt war. Dem entsprechend ist auch die Be-
handlung eine durchaus rationelle, indem sie neben sonstiger
zweckmĂ€Ăiger DiĂ€t vorzugsweise auf die Zufuhr frischer
Pflanzenkost abhebt.
In den vorstehenden AusfĂŒhrungen konnten nur kurze
und fragn. entarische Flinweise auf den reichen und interessan
teu Inhalt der Werke von Morgagni, B o n e t, W e p f e r
und S c h e n c k gegeben werden. Wer sich einmal in diese
ergiebigen Fundgruben merkwĂŒrdiger Einzelheiten unter Ue-
berwindung der Sprachschwierigkeiten, welche die spÀte La-
tinitÀt nicht selten bietet, und der Sprödigkeit des vielfach mit
behaglicher Breite vorgetragenen Stoffes vertieft hat, den
lassen sie so rasch nicht wieder los. Ueberblickt man die
Leistungen der vier Autoren vergleichend, so bilden sie eine
Aufsteigende Entwicklung aus erstarrter und unfruchtbarer
Scholastik zu der unvoreingenommenen Kritik naturwissen-
schaftlicher Denk- und Betrachtungsweise. Dabei war die
Zeit, in der jene vier Aerzte lebten, das Ib., 17. und 18. Jahr-
hundert still-geruhsamem Gelehrtentum Ă€uĂerlich sicher nirht
gĂŒnstig. Es sei nur an die mit seltener und aufregendster Ur-
bitterung mit den Waffen des Geistes und mit den Schwert
gefĂŒhlten ReligionskĂ€mpfe im 16. und an die furchtbare Ka-
tastrophe des '30jÀhrigen Krieges im 17. Jahrhundert erinnert.
Selbst die letztere, die sich in ihren Folgen nur mit denen des
letztverflossenen Weltkrieges vergleichen lĂ€Ăt, hat das Geisles-
lebeif der europÀischen Kulturvölker namentlich auch in ihren
internationalen Beziehungen, auf die in unseren AusfĂŒhrungen
mehrfach aufmerksam gemacht wurde, nicht auszutilj en ver-
i. ocM Mögen wir daraus fĂŒr unsere trĂŒbe Gegenwart iiost
und Hoffnung schöpfen.
Standeslragen und soziale Medizin.
Erhöhung der Versicherungsgrenze und der Grundlöhne fĂŒr
die Krankenversicherung.
Mit Wirkung vom 22. September 1922 ist die Verdienst;
grenze fĂŒr die der Versicherung unterliegenden, nicht zu den
mit dem Hauspersonal zÀhlenden Beamten und Angestellten auf
204000 Mark erhöht worden. Dementsprechend sind vom
1. Oktober die fĂŒr die BeitrĂ€ge und Leistungen maĂgebenden
Grundlöhne auf 500 Mark erhöhl worden. Die Ortskrankenkasse
Berlin hat jetzt 20 Lohnstufen, der Beilrag sehwankt von 0,15 bis
35 Mark fĂŒr den Arbeitstag, das Krankengeld von 3 bis 250 .Mark
lĂ€glieh. Der Werl freier Station wird angesetzt fĂŒr Angestellte
auf 1800 Mark, fĂŒr gewerbliche Arbeiter und Dienstboten auf
1500 Mark, fĂŒr jugendliche Arbeiter und Lehrlinge auf 1200 Mark
monatlich. Dementsprechend muĂten auch die Ă€rztlichen Standes
Organisationen in eine Bewegung zugunsten einer Erhöhung der
GebĂŒhren eintreten. Durch Schiedsspruch ist am 21. Oktober ein
Teuerungszuschlag von 225 % der SĂ€tze der preuĂischen GebĂŒhren-
ordnung Festgesetzt worden, den der Leipziger Verband an-
genommen hat, wÀhrend die ErklÀrung der Kassen noch aus-
sieht. Der Satz entspricht bei weitem nicht den heutigen
Teuc rungsverhĂ€l Ini ssen und1 mĂŒĂte immer zu niedrig bleiben, so-
lange die FriedenssÀtze, die den damaligen VerhÀltnissen absolut
nicht entsprachen, zur Grundlage genommen wĂŒrden. Die Not
der Aerzte ist umso bedrohlicher, weil die Auszahlung der er-
höhten Honorare durch die Kassen in vielen FÀllen zu spÀt,
monatelang nach der Leistung erfolgt. Die Kassen sind momentan
notleidend, weil sie die erhöhten Anforderungen an den Betrieb
nicht rechtzeitig vorgesehen hatten und die Erhöhung der Grund-
löhne, die Erhöhung der. BeitrÀge erst in gegebener Zeit nach sich
zieht. Wenn jedoch die Kassen erklÀren, daà sie vor einem
Abgrund stehen und ihre Existenz gefÀhrdet ist, so ist das tine
arge Uebertreibung, da sie meist ĂŒber erhebliche Reserven und
Sachwerte verfĂŒgen. Ohne Zweifel verfolgen diese t'ebertreibun-
gen den Zweck, die Aerzte einzuschĂŒchtern und die Gesetzgebung
zu MaĂnahmen zu bewegen, die ihnen ein bedeutendes l e-ber-
gv wicht ĂŒber die Ă€rztliche Bewegung verschaffen sollen. Hierhin
gehört auch das Verlangen nach Ausschaltung der Àrztlichen
Behandlung in natura und ihrem Ersatz durch unzureichende
Barleistungen. Hoffentlich werden sich die Aerzte durch Schlag-
worte wie Wiederherstellung der Àrztlichen Berufsfreiheit nicht
betören lassen und zur ZertrĂŒmmerung ihrer Organisation die
Hand bieten. S. Alexander.
Aerzfliche Erholungsheime.
Auf dem WĂŒrttembergischen Aerzletage hat Herr Dr. Riess die
Anregung gegeben, fĂŒr erholungsbedĂŒrftige Kollegen StĂ€tten be-
reitzustellen, in denen Aerzte und deren Angehörige Unterkunfl
finden können. Es wurde dem VerbÀnde Vollmacht gegeben, die
Erwerbung eines eigenen Heims in die Wege zu leiten. Es ist
nicht unmöglich, dal' ein geschlossener Verband, wie der
WĂŒrttembergische, der ĂŒber bedeutende Mittel verfĂŒgt und auch
die Versicherung der Aerzte kraftvoll fordert, zumal in einem
Lande, wo Grund und Boden und Verpflegung noch zu erschwing-
lichen Preisen zu erlangen ist, dieser gewiĂ wĂŒnschenswerten
Idee naher treten kann. FĂŒr den grölleren Teil Deutschlands
ist sie der Kosten wegen unausfĂŒhrbar. Deshalb verdient ein ein-
facher Plan des Antragstellers ernstere BerĂŒcksichtigung, nĂ€m-
lich Aerzle auf dein Lande oder- in kleineren LandstÀdten dazu zu
bewegen. Aerzte oder deren Familien bei sieh aufzunehmen. Das
braucht und sollte nicht ohne Ersatz der Kosten geschehen,
die von dein NutznieĂer oder in FĂ€llen der BedĂŒrftigkeit von
einer Àrztlichen Organisation unschwer aufgebracht werden
wĂŒrden, da sie sich nicht hoher stellen wĂŒrden als der Lebens-
unterhalt am stÀndigen Wohnsitz. Die Vermittlung solcher Er-
644
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrgang. â Nr. 45/46.
holungsstÀllen könnte durch den Arbeitsnachweis des Leipziger
Verbandes oder durch lokale Vermittlungsbureaus erfolgen. In
Berlin ist die Bildung einer Organisation fĂŒr Entsendung schwĂ€ch-
licher Arztkinder in der Bildung begriffen, die ihre TĂ€tigkeit in
obigem Sinne leicht erweitern könnte. Hervorzuheben ist, daĂ
solche ErholungsstÀtten nicht auf völlig Unbemittelte beschrÀnkt
werden dĂŒrfen, denn auch der Arzt mit mittlerem Einkommen ist
nicht mehr imstande, die Kosten einer Sommerreise fĂŒr sich und
die Seinigen zu erschwingen. S. Alexander.
Not der Aerzte.
In einer feierlichen Kundgebung hat am 14. Oktober die
Aerztekammer Berlin-Brandenburg die Not der Aerzte klargelegt
und der Oeffenllichkeit eine Schilderung der Folgen geliefert, die
bei Fortdauer oder Verschlimmerung der jetzigen VerhĂ€ltnisse fĂŒr
die Gesundheitspflege eintreten wĂŒrden. In acht SĂ€tzen wurden
die Nachteile von Vertretern Àrztlicher Kunst und Wissenschaft
geschildert und durch eingehende Darlegungen begrĂŒndet. Der
erste Satz betont die Notwendigkeit einer ausgiebigen Erhöhung
der Honorare, die bisher mit der Teuerung nicht gleichen Schritt
gehalten haben; daĂ eine angemessene RĂŒcksichtnahme auf min-
derbemittelte Kreise, insbesondere auf die Angehörigen des ver-
armten Mittelstandes genommen wird, ist selbstverstÀndlich. Der
zweite Satz befaĂt sich mit der UnzulĂ€nglichkeit der Kassen-
honorare. Die zugrundegelegten MindestsĂ€tze der preuĂischen
GebĂŒhrenordnung stehen in einem krassen MiĂverhĂ€ltnis zur
Teuerung, indem die Aerzte im 3. Quartal 1922 gegenĂŒber einer
80 fachen Teuerung nur das 13 J4 fache der MindestsÀtze in der
Vorkriegszeit erhielten. DaĂ die Aerzte auf dem Lande nicht
besser daran sind und besonders unter der Verkehrsnot zu leiden
haben, beweist der dritte Satz. Nicht minder groĂ ist die Not der
Krankenanstalten. AuĂer der Verteuerung der sachlichen Be-
triebskosten hat die EinfĂŒhrung des Achtstundentages fĂŒr das
Pflege- und Wartepersonal und die Erhöhung der GehÀlter, die
meist höher sind als die der Aerzte, geradezu verheerend gewirkt.
FĂŒr Minderbemittelte, falls sie nicht versichert sind, ist die Be-
nutzung des Krankenhauses kaum noch erschwinglich. In gleicher
Weise ist, wie Satz 5 ausfĂŒhrt, die Aufrechterhaltung der Privat-
kliniken gefÀhrdet. Und doch ist sie notwendig im Interesse der
Fortbildung der Aerzte, im Interesse der leidenden Menschheit,
soweit sie ein VertrauensverhÀltnis zu bestimmten Aerzten be-
ansprucht, in FĂ€llen von Epidemien' bei UeberfĂŒllung der öffent-
lichen KrankenhÀuser. Satz G behandelt die Gefahren, die der
medizinischen Wissenschaft, Satz 7 die Gefahren, die der
Ă€rztlichen Fortbildung drohen. Beide stehen vor einem Zusammen-
bruch, wenn nicht gröĂere öffentliche Mittel bereitgestellt werden.
Wenn es noch eines Beweises fĂŒr die Verarmung der Aerzte be-
dĂŒrfte, so lieferte diesen der Vorsitzende der UnterstĂŒtzungs-
kasse der Kammer bei BegrĂŒndung des Satzes 8. Die Unter-
stĂŒtzungssummen sind gegen das Jahr 1914 um das FĂŒnffache
gestiegen, aber sie reichen bei weitem nicht aus, um auch nur die
allerdringendsten BedĂŒrfnisse zu decken.
Die Kammer nahm von diesen eingehenden Darlegungen
ohne Debatte Kenntnis, ist doch ein Einwand nicht möglich.
Hoffentlich wird durch eine Anfrage im Reichstage eine Aus-
sprache daselbst ermöglicht werden, wie der Not abgeholfen
werden kann. Bei dieser Gelegenheit wird auch die ungeheuerliche
Verteuerung des Fernsprechers und die aus . ihr sich ergebende
Gefahr fĂŒr die Volksgesundheit berĂŒhrt werden mĂŒssen. Die
Aerzte sind nicht mehr in der Lage, die Kosten des Fernsprechers,
der doch wesentlich zum Nutzen des Publikums dient, auf-
zubringen. S. Alexander.
REFERATENTEIL
Deutsche Medizinische Wochenschrift, Leipzig.
2. Juni 1922, 48, Nr. 22.
âŠM7eber Hypertonien. K ĂŒ 1 b s , 717.
Zur Operation des Oesophagusdivertikels. K ö n i g. 719.
2Y2 Jahre zurĂŒckliegende Heilung eines Oesophaguskarzinoms nach
Radiumbestrahlung. Beck. 720.
Ueber die Vergleiehbarkeit von Lungenröntgeuosraminen. Peltason. 721.
>}*Zur Röntgenbehandlung der Hypophysistumoren. Kontschalowsky
und Eisenstein. 722.
Vorkommen und Bedeutung der Gitterfasern bei syphilitischen und anderen
Hautkrankheiten. Ein Beitrag zur ErklÀrung der HÀrte des PrimÀr-
aifek'fes. Z u r h e 1 1 e. 724.
Volvulus des gesainten DĂŒnndarms. Hey 111 a n n. 725.
Frakturheilung und Pseudarthrose. Z 0 n d e k. 727.
Kieferankylosen und ihre Behandlung. Bocken Ii eimer. 729.
Die Kanipfcrtherapie der Enuresis. P o t o t z k y. 730.
Zur Technik der intravenösen Salvarsan-Novasurolinischung. B a b. 731.
Ueber Hypertonien. Material 288 FÀlle, nÀmlich 172 MÀnner,
116 Frauen. Objektiv: Blutdruckwerte nicht unter 170â180 mm Hg,
im Urin kein EiweiĂ, keine Formelemente im Zentrifugal. Sub-
jektive Beschwerden: bei etwa 1/5 keine. Sonst Herzklopfen,
Kurzatmigkeit, Schlaflosigkeit, Druck im Kopf, Blutungen aus
Nase, HĂ€morrhoiden. In sehr wenigen FĂ€llen stenokardische An-
fĂ€lle. Im Vergleich zu frĂŒheren Untersuchungen scheinen diese
Hypertonien zuzunehmen. Sie sind verbreiteter in den Kreisen
der Gebildeten, als bei den Arbeitern. Aetiologisch wichtig sind
psychische Erregungen des Klimakterium (Syphilis, Nikotin).
Zur Röntgenbehandlung des Hypophysistumoren. Vor dem
ultimum refugium der eine sehr hohe MortalitÀt aufweisenden
Operationen empfiehlt sich ein Versuch mit Röntgenbehandlung.
Aber nicht die heute beliebte Intensivtherapie, die schÀdlich
wirkt: es ist zum mindesten zweifelhaft, ob das Gehirn Röntgen-
strahlen gegenĂŒber unempfindlich ist. Die Adenome der Hypo-
physis sind jedenfalls stark sensibel. Ueberdosierung fĂŒhrt zu
Gehirnreizung. Beschreibung eines Falles.
v. S c h n i z e r.
Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
10. Juni 1922, 49, Nr. 23.
Interessanter Brief Langenbecks. K ĂŒ 1 1 n e r. 826.
»KTlierapiei des MagengeschwĂŒrs. O r a t 0 r. 827.
WundschluĂ oder Drainage nach Kropfoperation? P r 0 p p i n g. 829.
âŠFrage des Narkotikums, v. d. Porten. 830.
SauerstoffĂŒllung der Hiruventrikel. JĂŒngling. 833.
LeitungsanÀsthesie der unteren ExtremitÀt. Wiedhopf. 836.
GrundsĂ€tzliches zur kausalen Therapie des MagengeschwĂŒrs.
Untersuchungen an 300 MagenresektionsprÀparaten haben gezeigt,
daĂ die ĂŒberwiegende Zahl der Magenulcera in der âMagen-
straĂe" am Anfang und Ende der pars pylorica (des âMagen-
motors") gelegen sind. Dieser Sitz erklÀrt sich aus einer Summe
miatomisch-funktioneller Bedingungen, im wesentlichen einer
Muskelwirkung. Die in letzter Zeit hÀufig in verschiedenen
Formen vorgeschlagene âExcision der MagenstraĂe" ist daher
nicht zu empfehlen. Die wichtigste Forderung fĂŒr jede Therapie
ist Ruhigstellung oder Ausschaltung des Magenmotors, der pars
pylorica. Die bewÀhrteste Methode ist die Resektion nach
Ăillroth I.
Zur Frage de9 Narkotikums. Verfasser stellt folgende For-
derungen auf: 1. Genaues Vertrautsein des Narkotisierenden mi
der Theorie und Praxis der Narkose. 2. Fort mit dem reine
Chloroform! Chloroform zu Narkosezwecken soll in den Apo-
theken nur in Mischung mit Aether (mindestens 1 : 1) abgegebe
werden. 3. ChlorĂ€thyl darf zur Vollnarkose ĂŒberhaupt nicht ge
braucht werden. â Am bebten ist die Chloroform-Aether -Misch
narkose im VerhÀltnis 1 : 3 bis 1:1.
Wohlgemuth (Berlin).
17. Juni 1922, 49, Nr. 24.
âNavikulare Fraktur. S c h i n z. 857.
Einfacher Hebeapparat. Schönbauor. 862.
Peptische GesdrwĂŒrsbildung im Jejunuin. HolzweiĂig. 864.
Navikulare-Fraktur mit Höhlenbildung. Frakturen des Kahn
beins sind ziemlich hĂ€ufig. Die BrĂŒche des Kahnbeinkörper
(intraartikulÀre Fraktur) heilen stets unter Bildung eine
Pseudarthrose, im Gegensatz zu den AbriĂfrakturen der Tuber
sitas vom Körper (extrakapsulÀre Fraktur), die oft knöcher
heilen. Der Grund fĂŒr die Pseudarthrosenbildung bei der erst
Form ist vielleicht in dem Eintreten von SynovialflĂŒssigkei
zwischen die Bruchenden zu suchen. Bisher hat keine Art de
Therapie eine knöcherne Heilung erzielen können.
K. Wohlgemuth (Berlin).
40. Jahrgang. â Nr. 45/46.
Aus den neuesten Zeitschriften
616
Zcutralhlntt fĂŒr GynĂ€kologie, Leipzig.
10. Juni 1922, 46, Nr. 23.
lieber einen Fall von Ueoisehiopagus und ĂŒber die formnlgenrtisehe Be-
deutung: <\ps einseitigen NalielarterienmangelH bei MiĂbildungen.
Meyer, R. 930.
âąfl'eber postoperative AdhĂ€sionen in der Bauchhöhle. M a y c r , A. 940.
Erfahrungen mit der Pregl'schen Jodlösung b. Laparotomien. V o g t . R. 947
Erfahrungen mit Bazillosan. H a 11 a k , F. 949.
Die Ursache des unstillbaren Erbrechens in der Schwangerschaft. K a u -
z e 1 ,' F. 951.
<i*Soll man einen eitrigen .Adnextumor operieren oder nicht? Katz, G. 9.V).
Ucber postoperative AdhÀsionen in der Bauchhöhle. Um sich
ein Urteil zu bilden, wie oft nach inlraperilonealen Eingriffen
AdhÀsionen entstehen, hat Verf. eine Zusammenstellung von
60 Relaparotomien der letzten Jahre gemacht, wobei es sich
fast immer um gynÀkologische Eingriffe gehandelt halte. Das
Ergebnis war, daà in 87 % der FÀlle) AdhÀsionen gefunden wur-
den, und zwar zeigten die zum ersten Mal auĂerhalb der Klinik
operierten FÀlle ohne Ausnahme Verwachsungen, wÀhrend bei
den in der Klinik zum ersten Mal operierten in 65 % Verwachsun-
gen sich bildeten. Den Unterschied zwischen Klinik und Nichl-
klinik erklÀrt Verf. durch mangelnde Asepsis, weniger exakte
Blutstillung und Peritonisierung der StĂŒmpfe. Diese 3 Faktoren
spielen sicherlich zur VerhĂŒtung der postoperativen AdhĂ€sionen
eine groĂe Rolle. An sonstigen Mitteln zur Vermeidung post-
operativer AdhĂ€sionen werden angefĂŒhrt: i. Verzicht auf den
Jodanstrich der Bauchdecken â Verf. hat gegen den Jodanstrich
keine Bedenken; 2. EingieĂen von Humanol â ein abschlieĂendes
Urteil ĂŒber den Wert ist vorerst nicht möglich; 3. Pneumoperi-
toneum â Verf. hĂ€lt es nicht fĂŒr ausgeschlossen, daĂ die Ein-
blasung von Luft die AdhÀsionsbildung verhindern kann, besitzt
aber noch keine eigenen Erfahrungen. â Die Diagnose der posl-
operativen AdhÀsionen ist nicht leicht, aber durch Röntgenauf-
nahmen vom Pneumoperitoneum wesentlich gefördert worden. â
Soll man einen eitrigen Adnextumor operieren oder nicht?
Verf. tritt entschieden fĂŒr die operative Behandlung eitriger Ad-
nextumoren ein. Er teilt 3 FĂ€lle mit, die alle das gleiche Bild
zeigen, langes Krankenlager mit mehr oder weniger intensiver
konservativer Behandlung, die jedoch zu keinem Besultat fĂŒhrte.
Erst die Laparotomie brachte in relativ kurzer Zeit endgĂŒltige
Heilung. Verf. operiert auch im akutem Stadium, sowie bei frisch
exazerbierten FÀllen, wenn es die UmstÀnde erfordern, stets mit
gutem Erfolge. Speyer (Berlin).
17. Juni 1922, 46, Nr. 24.
âŠHeilerfolge und Wirkungsweise der intravenösen Therapie bei der un-
komplizierten weiblichen Gonorrhoe. Gauss, C. J. 977.
âŠPrinzipielles zur Behandlung der Retroversio-flexio uteri, v. J a s c Ii k e ,
R. Th. 986.
âŠZerreiĂung der GebĂ€rmutter unter der Geburt ohne ersichtliche Ursache.
Schwab, M. 989.
Zur Frage der Trichomonaskolpitis. Stephan, S. 992.
Seltenere Kasuistik. Hof bauer, I. 994.
Zur Verbesserung der Wundvereinigung mit Hecffs Klammern. Hellen-
I _ d a 1 1 , H. 999.
Heilerfolge und Wirkungsweise der intravenösen Therapie bei
der unkomplizierten weibliehen Gonorrhoe. Mitteilung der Er-
fahrungen, die ini einem vom Verf. wÀhrend des Krieges im be-
setzten Gebiet geleiteten Frauenlazarelt gemacht wurden. Es win -
den bei 135 gonorrhoischen Frauen Versuche mit verschiedenen
intravenös gegebenen Mitteln gemacht; die Untersuchungen be-
zogen sich nur auf die unkomplizierte, offene Schleimhaut-
gonorrhoe der Urethra und des Uterus; komplizierte Gonorrhoe-
fÀlle (Pyosalpinx) wurden ausgeschlossen. Folgende Mittel wur-
den verwandt: a) zur Vaccinelherapie: 1. Gonargin, 2. Gono-
tropin, 3. Autovaeeime; b) zur chemotherapeutischen Behandlung:
1. Collargol, 2. Silber-Kupfer, 3. Gold-Quecksilber. Die Unter
suchungen ergaben, daĂ es entgegen der bisher fast allgemein
vertretenen Ansicht möglich ist, alKein mit den verschiedenen
(Spezifischen Vaccinen, resp. den chemotherapeutischen Mitteln
die offene Schleimhautgonorrhoe der Frau zu heilen. Die ver-
schiedenen angewandten Mittel können, nach dem Erfolg beurteilt,
als ungefÀhr gleichwertig angesehen werden. Bei allen Methoden
zeigten die akuten FĂ€lle die geringste (55,1 %), die subakuten eine
etwas bessere (63,3%), die chronische die beste (80%) Heil-
wirkung. Das Gonargin scheint die gröĂte» Heilwirkung zu haben
(durchschnittlich 73 %). Die Behandlungsdauer schwankte zwischen
5 und 12 Wochen (durchschnittlich 6 â 7 Wochen). Von wesent-
lichen Nebenwirkungen war nur die Autovaccine frei; bei allen
»anderen Mitteln traten Kopfschmerzen, Fieber, Uebelkeit auf, am
meisten heim Collargol. Verf. versucht zum SchlĂŒsse, die Wir-
kungsweise der Intravenös erzielten Heilerfolge zu erklÀren.
Prinzipielles zur Behandlung der Retroversio-flexio uteri. Diel
unkomplizierte mobile Retroversio-flexio uteri bedarf hÀufig gar
keiner Behandlung. Ist aber eine Behandlung notwendig, wie bei
SterilitÀt oder habituellem Abort, so lehn! Verf. die Alexander
Adamssche Operation ab, weil er eine genaue Inspektion der
Bauchhöhle wegen der auĂerordentlich oft bestehenden Komplika-
tionen von Seilen des Darmes usw. fĂŒr den Dauererfolg der Ope-
ration fĂŒr unbedingt erforderlich erachtet. Die vom Verf. bevor
zĂŒgte Methode nach Dolcris-Schaula gibt vorzĂŒgliche Resultate.
ZerreiĂung der GebĂ€rmutter unter der Geburt ohne ersicht-
liche Ursache. Bei einer gesunden ZweitgebĂ€renden mit groĂem
Becken und normalem Kinde in SchĂ€dellage zerreiĂt die GebĂ€r-
mutter 9 Stunden nach Geburtsbeginn, bei weder besonders
hÀufigen, noch besonders krÀftigen oder schmerzhaften Wehen,
und ohne daĂ sich ein Konlraklionsring ausgebildet hatte. Der
herausgeschnittene Uterus erweist sich als normal. Kurz vor der
ZerreiĂung war eine Injektion von 2 Ampullen Pituglandol ge-
macht worden. (Es wÀre daran zu denken, ob nicht doch die
Buptura uteri damit zusammenhÀngen könnte. Bef.)
Speyer (Berlin).
24. Juni 1922, 49, Nr. 25.
»^Pneumoperitoneum. P a r t s c h. 905.
Drainage nach Cholezystcktomie. Hollenbach. 907.
Peri jbolezystitische AdhÀsionsstenose des Duodenum. Gl all. 909
âŠEmpyembehandlung. Schlesinger. 912.
âŠPeriarterielle Sympathektomie. B r ĂŒ n i n g und F 0 r s t e r. 913.
Zur Indikation des Pneumoperitoneum. Die Anlegung eines
Pneumoperitoneum (Luftaufblasung der Bauchhöhle) ist von
groĂer Wichtigkeit bei der Beurteilung der Frage, ob ein Milz-
tumor operabel ist oder nicht. Die Schwierigkeit dieses Ein-
griffes ist abhÀngig von dem Grade der Verwachsungen des
oberen Pols mit dem Zwerchfell. Diese Verwachsungen können
röntgenologisch nach Anlegung eines Pneumoperitoneum sehr
gut dargestellt, und somit eine aussichtslose Laparotomie even-
tuell unterlassen werden.
Zur Empyembchandlung. Bei der ĂŒblichen Art der Empyem-
bebandlung ist die plötzliche Druckschwankung im Thoraxraum
durch das schnelle AbflieĂen des < Exsudats fĂŒr geschwĂ€chte
Kranke ein höchst gefÀhrliches Moment. Verf. macht daher nur
eine feine Stichöffnung in die Pleura und tamponiert die
Wunde, sodaà der Eiter langsam heraussickert. Wenn nötig,
kann die Oeffnung nach 24 Stunden erweitert, werden; dann sind
die intrathorakalen DruckverhÀltnisse schon den verÀnderten Be-
dingungen angepaĂt.
Die periarteriellc Sympathektomie in der Behandlung der
vasomotorisch-trophisehen Neurosen. Die vasomotorisch-trophi-
schen Neurosen (Reynaudsche GangrÀn, AkroparÀsthesie, Ery-
thromegalie, Sklerodermie usw.) sind als Folgen eines Beiz-
zuslandes des Sympathikus anzusehen. Diese Erkrankungen, die
oft jeder Behandlung spotten, können geheilt werden durch Aus-
schaltung des Sympathikus, durch periarterielle Sympathektomie.
Mitteilung eines Falles von Akroparaesthesie der rechten Hand
â die Hand war völlig unbrauchbar geworden â , der ĂŒber 1 Jahr
mit allen erdenklichen Mitteln erfolglos behandelt war; nach Ent-
blöĂen der Art. bracchialis in der Achselhöhle von ihrer Adven-
titia auf eine Strecke von etwa 8 cm trat im Verlauf von 4 Mo-
naten völlige Heilung ein. K. Wohlgemuth (Berlin).
Zeitschrift fĂŒr ImmunitĂ€tsforschung, Jena.
11. Mai 1922, 34, Heft 3.
Lieber das Verhalten der Profeine, Fermente, Toxine und Sera gegen
Adsorption mittels ĂluTniniumhydroxyd. R a le u s in , A. M. 155. .
Der EinfluĂ der Alkalttnt auf die Wirksamkeit der Chininalkaloide.
Michaelis, L., und Dem 1. y , K. G. 194.
BeitrĂ€ge zur Frage der unspozifisclien Beeinflussung der ImmunkĂŒrperbil-
dung. Hajos, K., und Sternberg, F. 218.
^^HlÀmagglutininvermehrung und HÀmagglutiuntion fordernde Wirkung bei
~ menschlichen Seren. Meyer, K. 229.
Das Verhalten der Hammellilutinimunscra gegenĂŒber den Lipoiden aus Orga-
nen vom heterogenetraehen Typus. Ueher antigene Eigenschaften von
Lipoiden. Meyer, K. 235.
Das Wesen der Tuberkulinrcaktion. Zitier, K. 240.
Analyse des PrÀzipltationsphÀnomens mit Hilfe der anaphylaktischen Reak-
tion unter BerĂŒcksichtigung der Konkurrenz der Antigene. 1. 11 s i 11 âą
Ii 11 Ii I , M. 246.
646
Ans den neuesten Z e 1 t s c h r i f t e n
40. Jahrgang. â Nr. 45/46.
Zeitschrift fĂŒr physikalische und diĂ€tetische Therapie ein-
schlieĂlich Balneologie und Klimatologie.
XXVI. Band, 1922, Heft 5.
Der heutige Stand der Lehre von der inneren Sekretion. R e m u s , I. 169.
âEinfluĂ des Saccharin» auf einige Fuuktion des Verdauungsapparates und
der Nieren. Katsumi, Haramaki (Sagaken). 183.
âDer klinische Wert des Carnolacthns. Lcwin, C. 187.
Proteinkörpertihera.pie, Esophylaxie und Wildbader ThermalbÀder. Gni-
n o w. 189.
Der EinfluĂ des Saccharins auf die Magensaftbildung. Die Ver-
weildauer im Magen, sowie auf die Harnausscheidung ist =. u.
Nur bei Hunden, denen 2 %, Lösungen in Mengen von 100, 150,
200 ccm gegeben wurde, wurden kleine Abweisungen beobachtet.
Allein 7 â 28 g Saccharin nimmt ja kein Mensch.
Der klinische Wert des Carnolactins eines neuen NÀhrprÀpa-
rates (Firma Fries u. Cie., Probsteierhagen in Holstein) ist vor-
trefflich, weil es gleichzeitig ein EiweiĂnĂ€hrprĂ€parat und ein
Slomachicum darstellt. Indikationen: Tuberkulöse, Krebskranke
mit SubaziditÀt, AnÀmieen, Appetitlosigkeiten, Rekonvaleszenz.
Der Preis kommt nicht mehr in Betracht, seitdem Fleisch, Eier,
Milch usw. an sich schon unerschwinglich teuer geworden sind.
Dr. Buttersack.
Acta Medica Scandinavia, Stockholm.
22. April 1922, 56, Nr. 4.
âPsychotechnik des Klavierspiels. Tigerstedt, R. 334.
âArterien der Niere und der Blutdruck. W a 1 1 g r e n , A. 356.
Das schwedische Staats-Institut fĂŒr Rassen-Biologie. Lundborg, H. 371.
Zur Methodik des Mendelismui in Bezug auf den Menschen. F e d e r 1 e y .
H. 393.
âErblichkeit und perniziöse AnĂ€mie. M u s t e 1 i n , O. 411.
âPerniziöse AnĂ€mie mit ungewöhnlichem Remissionsstadium. Wille-
b r a n d , E. A. v. 419.
DĂŒnndarmstrikturen und perniziöse AnĂ€mie, Darmresektion. Heulen-
g r a c h t , E. 432.
Kappillarstudien bei perniziöser AnÀmie und einigen anderen Blutkrank-
heiten. Hisinger-JÀgerskiö'ld, E. 443.
Versuche mit der Sachs-Georgi-Reaktion an BothrioccphalustrÀgern.
Becker, G. 453.
Chronische Magenkrankheiten. Ehntröm. R. 461.
Die Rolle des Geschlechts in der Aetologie der Appendizitis. Back-
mann, W. 478.
Beitrag zur Frage von dem Diabetes renalis. Johnsson, A. 485.
Aetiologie der transitorischen Refraktionsabnahme bei Diabetes mellitus.
E n r o t h , E. 500.
Wassermangel der Gewebe und Ausscheidung von Azetonkörpern. E h r -
ström, R. 507.
âHerzfrequenz und Minutenvolumen. Tigerstedt, C. 510.
Zur Kenntnis der Akromegalie. S a 1 i z m a n , F., und O 1 i n , 3. 523.
Zur Psychotechnik des Klavierspiels. Versuche ĂŒber die
Schnelligkeit, resp. die feineren Bewegungen der Hand beim
Klavierspiel unter Zuhilfenahme einer Klaviatur mit elektrischen
Signalen und Taktmesser. Die Bewegungen der Finger ver-
laufen weniger gleichmĂ€Ăig als die der Hand. Das kleinste ge-
fundene ZeitmaĂ fĂŒr eine willkĂŒrliche Bewegung war 0,03 Se-
kunden. Verfasser hofft' auf den angestellten, nur noch nicht
ausgefĂŒhrten Versuchen zu zeigen, wie auch das Klavier spiel
Gegenstand psychotechnischer Untersuchung sein kann.
Die Arterien der Niere und der Blutdruck. Verfasser betont,
wie schwierig die Frage vom Blutdruck und den Arterien der
Niere ist und gibt auf Grund seiner Untersuchungen der Ueber-
zeugung Ausdruck, daà die sog. primÀren Hypertonien stets oder
beinahe stets auf einer organischen Verengerung der feinen
Nierenarterien beruhen, und auch, daĂ es keineswegs erwiesen
ist, daà die Arterolensklerose in der Niere im VerhÀltnis zur
Hypertonie das PrimÀre ist.
Erblichkeit und pernieiöse AnĂ€mie. Bericht ĂŒber eine Fa-
milie, in der drei Generationen (Mutter, Tochter und Enkelin)
pernieiöse AnÀmie zeigten. Verfasser hÀlt die Erbanlage von
dominanter Natur und abhÀngig von mehr oder wenig ver-
schiedenen Erbfaktoren.
Pernieiöse AnÀmie mit ungewöhnlichem Remissionsstadium.
Bei einer Frau mit Morbus Biermer blieb das Krankheitsbild; die
Patientin lebt noch. Das anfĂ€ngliche Bild, das typisch war fĂŒr
pernieiöse AnÀmie Ànderte sich im Laufe der Zeit in das einer
einfachen AnÀmie. Verfasser sieht mit Zadek das Zustande-
kommen in einem vorĂŒbergehenden völligen Versagen der Toxin-
quelle. Als Ursache denkt er sich eine verschiedene biologisch-
funktionelle ReaktionsfÀhigkeit des Einzelin dividnums der hypo-
thetischen Noxe gegenĂŒber.
Herzfrequenz und Minutenvolumen. Das Minutenvolumen
des Herzens ist bei genĂŒgend zur VerfĂŒgung stehender Blutmenge
in den zentralen Venen unabhÀngig von der Schlagfrequenz. Bei
Ueberschreiten dieser Grenzen nach oben oder unten nimmt das
Minutenvolumen ab, grundlegend hierfĂŒr ist die begrenzte FĂ€hig-
keit des Herzens, sich in der Diastole zu erweitern.
Cordes (Berlin).
Finska LÀkaresÀllskapets Handlingar, Helsingfors.
MĂ€rz-April 1922, 64.
Zur Kenntnis der sogenannten Xanthosarkome der Sehnenscheiden. K r o
g i u s , A. 102.
Die chronischen Magenkrankheiten. Ehrström, R. 122.
Die Arterien der Niere und der Blutdruck. Wallgren, A. 138.
Wassermangel der Gewebe und Ausscheidung von Azetonkörpern. E h r -
ström, R. 152.
Die PÀdiatrie als selbstÀndige medizinische Disziplin. P i p p i n g , W. 155.
âDie Influenza in Helsingfors in den Jahren 1918 â 1921. Sundelius, H. 172.
Die Influenza in Helsingfors in den Jahren 1918 â 1921. Verf.
bringt zwei Tabellen, die auf Grundlage der. Mitteilungen des
stÀdtischen Gesundheitsamtes das Vorkommen der Influenza in
Helsingfors veranschaulichen. Die Tabelle I zeigt das Auftreten
der Influenza in den verschiedenen Monaten der Jahre 1918
bis 1921, die Tabelle II wiederum in den einzelnen Wochen des
Jahres 1918 â 1921. Die Anzahl der FĂ€lle von epidemischer Enze-
phalitis wĂ€hrend des Winters 1920 â 1921 finden sich in Tabelle II
besonders angegeben.
Verf. gibt ferner eine kurze Darstellung der eigenartigen
Symptomatologie der Influenza wÀhrend der Jahre nach 1918,!
wo die Krankheil in ihrer pandemischen Form auftrat. U. a.
macht er in dieser Darstellung die Auffassung geltend, daĂ die
âSchlafkrankheit", die epidemische Enzephalitis, als eine spe
zielle Lokalisation des Influenza-Virus im zentralen Nerven
system anzusehen sei.
Verhandlungen der Schwedischen Aerztegesellschaft,
Stockholm.
Bd. 48, Heft 1.
âMorbus Basedowii. diagnostische und prognostische Geskihts^Mink
A. T r o e 1 1 , Stockholm.
Ucber Twort-d'Herelles PhÀnomem. Hilding Bergstrand.
Ein Fall von Kiefertumor. R'olf Roman.
Morbus Bascdowi. diagnostische und prognostische Gesichts-
punkte. Die meisten Patienten mit mĂ€Ăigen thyreotoxischen,
Symptomen zeigten eine adenomatöse Struma, die meisten hoch^
gradigen FĂ€lle des Materials eine diffuse Struma. Die Pat. mil
diffuser Struma, die zur Operation kamen, waren relativ jungj
durchschnittlich 34 Jahre, Symptome durchschn. seit 5 Jahren]
Thyreotoxische Adenome kamen zur Operation an Pat., dia
ca. 10 Jahre Àlter waren, die Symptome halten durchschnittlich
durch 14 Jahre bestanden. Bei diffusen Strumen meist ein er-i
höhter Blutdruck und herabgesetzte Kohlehydrat-T oleranz, bei
thyreot. Adenomen wurden diese Symptome in der Regel nichH
konstatiert. â Die Pat., die Hyperthyreodismussymptome aufl
wiesen, haben im allgemeinen positive Adrenalinreaktion gel
zeigt, d. h. nach subkut. Inj. von 0,5 mg mit einer absoluten
Steigerung von Puls- und Blutdruckkurve von mindest 10 (15) W
des Grundwertes reagiert. Absolut verlĂ€Ălich fĂŒr die Diagnosa
Hyperthyreodismus ist aber die Adrenalinprobe nicht. Ein«
pharmakodynamische /Reaktion auf eine erhöhte ErregbarkeiF
autonomer Nervengebiete (Vagus) oder auf einen Vagotonus
konnte Verf. bei Versuchen mit Pilokarpin und Pituitrin nicht
nachweisen. Auch war auf pharmakologischem Weg kein mar-
kanter Antagonismus zwischen s. g, sympathicotonen und \-.\iin
tonen KrankheitszustÀnden nachzuweisen. Eine strenge Ei
leilung der BasedowfĂ€lle in diese beiden Gruppen lĂ€Ăt sich ni
durchfĂŒhren. Doch ist es berechtigt, eine gewisse Gruppieru
des thyreotoxischen Symptomenkomplexes (Alter des Pa
Dauer und IntensitÀt der Symptome, Blutdruck und Kohlehydr
toleranz sowie Morphologie der Struma) vorzunehmen: di
nicht nur vom diagnostischen, sondern auch vom prognostisch
Gesichtspunkt. Mindestens ein groĂer Teil der vom ehirurgi
operativen Standpunkt ominösen BasedowfÀlle ist unter den P
zu finden, die einen fĂŒr ihr Alter sehr hohen Blutdru
und eine diffuse Struma haben. Nach den Ergebniss
des klinischen Studiums muĂ man annehmen, daĂ an
tomische VerĂ€nderungen in der SchilddrĂŒse eine wcsentli"'
Rolle fĂŒr die Entstehung der Symptome spielen. So wie m
vom klinischen Standpunkt von gemischten Krankheitsform
sprechen kann (wenn sie auch aus ZweckmĂ€ĂigkeitsgrĂŒnden si
ofl nach den zwei klinischen Syndrombildern gruppieren lasse
so sprechen auch die pathologisch-anatomischen Untersuchung
stark dafĂŒr, daĂ sich beim Morbus Basedowi oft nicht blo
Hyperthyreodismus, sondern auch Dysthyreodismus findet.
Popper (Stockholm).
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrift des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER, Berlin W 50
Verlag von HANS PUSCH, Berlin SW4Ă, Wilhelm-Sira&e 20 / Fernsprecher: Liitzow 9057
Nr. 47 48 Berlin, den 9. Dezember 1922 40. Jahrgang
Dir Vorlag behÀlt sieb das aussoniieBliche Recht 4er VervielfÀltigung und Verbreitung der Originalbeitrage innerhalb der gesetzlichen Schutzfrist ver.
Der Entwurf zu dem preuĂischen
Tuberkulosegesetz.
Schon bei Gelegenheit der Beratung des Gesetzes ĂŒber die Be-
mpfung ĂŒbertragbarer Krankheiten war die Einbeziehung der
ronischen ĂŒbertragbaren Krankheiten zur Diskussion gestellt
>rden. Die Reichsgesetzgebung beschrĂ€nkte sich schlieĂlich auf
»nahmen gegen die pandemischen Seuchen und ĂŒberlieĂ die Be-
mpfung der akuten, mehr endemischen Erkrankungen der Lan-
sgesetzgebung. Von den chronischen ĂŒbertragbaren Krankheiten,
Ă€besondere der Tuberkulose und den Geschlechtskrankheiten
jnle es ganz still, weil die Unmöglichkeit, die Kranken und ihre
Igebung zu erfassen, offen zutage lag. Erst der Krieg mit
inen FolgezuslÀnden, die eine furchtbare Ausbreitung dieser
Ekskrankheiten herbeifĂŒhrten, lieĂ den Gedanken einer aktiven
»kĂ€mpfung auf dem Wege gesetzlicher MaĂnahmen wieder in
n Vordergrund treten. Die Frucht dieser ErwÀgungen ist der
n veröffentlichte Entwurf. Man merkt auch ihm deutlich die
hwierigkeiten an, die einer, strengen DurchfĂŒhrung im Wege
}hen. Die wichtigste Bestimmung ist die Anzeigepflicht. Jede
steckende Erkrankung und jeder Todesfall an Lungen- und Kehl-
pftuberkulose ist anzeigepflichtig. Anzeigepflichtig ist der Arzl
er, sofern kein Arzt zugezogen ist, der Haushaltungsvorstand,
fort taucht die Frage auf, welche Erkrankung ist ansteckend?"
t ein Arzt zugezogen, so wird die Frage zwar nicht sicher,
er in vielen FĂ€llen, besonders in FĂ€llen von positivem Bazillen-
fund zu beantworten sein. Sie ist aber hÀufig auch von dem
âązt nicht zu beantworten, wenn der Befund negativ ist. Wird
n der Arzl zur Erhebung des Befundes in jedem Falle zur Unter-
chung des Sputum verpflichtet sein? Und wenn kein Arzt zu-
zogen ist, welche Kriterien hat der Haushaltungsvorstand
r das Bestehen einer Ansteckungsgefahr, ja auch nur fĂŒr das
stehen einer Lungenerkrankung ĂŒberhaupt? § 2, 3, 4, die vom
ohnungswechsel Erkrankter, von der Anzeigepflicht der Kran-
nhÀuser, von der Ausgabe von Meldkartcn handeln, geben zu
merkungen. keinen AnlaĂ. § 5 bestimmt, daĂ die FĂŒrsorgestellen
[Ănahmen im Benehmen mit den behandelnden Aerzten zu tref
i haben. So wĂŒnschenswert die DurchfĂŒhrung dieser MaĂnahme
re, so schwer dĂŒrfte sie in Wirklichkeit sein. Man denke sich
! TĂ€tigkeit des vielbeschĂ€ftigten Kassenarztes der GroĂstadt,
e soll hier dieses Benehmen hergestellt, wie soll der be-
idelnde Arzt an der DurchfĂŒhrung der FĂŒrsorgemaĂnahmen,
recht umfangreich und kompliziert sind, beteiligt werden? Ist
ne FĂŒrsorgestelle vorhanden, so soll der beamtete Arzt das
lehnten mit dem behandelnden Arzt herstellen. Der beamtete
zt mit der FĂŒlle seiner bisherigen AmtsgeschĂ€fte und seiner
ten Aufgaben! Die Bestimmung ist von der sehr richtigen Er-
gung ausgegangen, daĂ der behandelnde Arzt bei der FĂŒrsorge
den Kranken und seine Umgebung nicht ausgeschaltet wer-
darf, leider aber wird die rauhe Wirklichkeit mit den guten
âąSĂ€tzen nur selten in Einklang zu bringen sein. Und nun noch
i bescheidene Anfrage Wer entlohnt den Arzt fĂŒr die MĂŒhe-
.tung, falls er sich an der FĂŒrsorge beteiligt? Die Kosten, die
ch die AusfĂŒhrung des Gesetzes durch den beamteten Arzt ent-
ten, sollen nach § 10 der Staatskasse zur Last fallen, ĂŒber die
kung der Kosten, die durch den behandelnden Arzt entstellen,
weigt das Gesetz. Uebernimmt der Staat nicht auch diese
ten, dann dĂŒrfte ein anderer, der zahlungspflichtig wĂ€re, kaum
inden sein_â und der Arzt hat das Nachsehen. § 9 u. 10 handeln
der Desinfektion und der dadurch entstehenden Kosten, § 11
lÀlt die Strafbestimmungen. Bestraft wird, wer die Anzeige-
cht âschuldhaft" unierlĂ€Ăt. Da, wie oben ausgefĂŒhrt, der Laie
selten in der Lage sein dĂŒrfte, die ansteckende Natur der Er-
lkung zu erkennen, so wĂŒrde er bei Unterlassung der Anzeige
It schuldhaft handeln/also straffrei sein. Aus alledem ist er-
tlich, daà eine wirksame BekÀmpfung der Tuberkulose auf
I Wege des Entwurfes kaum erhofft werden darf. Wird er
jlz, so wird dieses die Zahl der kleinen Mittel gegen den furchf-
!n Feind der Menschheit um eines vermehren und muĂ als
solches anerkannt und verwertet werden; groĂen Illusionen wer
den sich auch seine Verfasser kaum hingeben. Alex a n d e r.
Das Arbeitsnachweisgesetz.
In Nr. 17 dieser Zeitschrift vom 15. September 1921 hatten wil-
den Entwurf eines Arbeitsnachweisgesetzes zu einem Berichte
benutzt und hierbei die Frage erörtert, ob dieses Gesetz die
Aerzteschaft berĂŒhrt und welche Nutzanwendung wir gegebenen-
falls aus ihr ziehen könnten. Es wurde darauf hingewiesen, daĂ,
obwohl die Frage der Arbeitsvermittlung wesentlich die gewerb-
lichen Kreise trifft, auch der Aerztestand nicht unbeteiligt bleibt,
einmal deshalb, weil er dieser Vermittlungsmöglichkeit dringend
bedarf und sodann, weil der Gesetzentwurf zweifellos auch unsere
Einrichtungen mit umfaĂt. Indem wir in Betracht der Einzelheiten
auf den genannten Aufsatz verweisen, möchten wir hier kurz
unsere Beziehungen zu dem nun verabschiedeten Gesetz klarlegen.
Der Entwurf unterschied von der Gemeinde zu errichtende und
ihrer Aufsicht unterstehende Arbeitsnachweise von solchen nicht
gewerbsmĂ€Ăigen fĂŒr wirtschaftliche Vereinigungen und
von nicht gewerbsmĂ€Ăigen sonstigen (Arbeitsnachweisen ge-
meinnĂŒtziger Vereine und Behörden). Von diesen Kategorien
wĂŒrde der Stellennachweis des Leipziger Verbandes zu den wirt-
schaftlichen Nachweisen, andere wie der des GeschÀftsausschusses
des Berliner Ă€rztlichen Standesvereins zu den gemeinnĂŒtzigen zu
rechnen sein. Der Entwurf verlangte nun, daĂ, soweit der Reichs-
arbeitsminister nicht Ausnahmen zulĂ€Ăt, die erste Kategorie
innerhalb einer Frist von 2 Jahren als Fachabteilung auf den
allgemeinen Arbeitsnachweis ĂŒbergeht, wĂ€hrend die zweite Kate-
gorie zwar dem Landesarbeitsamt untersteht und einigen Be-
stimmungen des Gesetzes unterworfen ist, im ĂŒbrigen aber ihre
eigene Verwaltung behÀlt und von der Gemeinde unabhÀngig
ist. Das Gesetz hat diese Zweiteilung beseitigt. § 44 bestimmt,
daĂ die nicht gewerbsmĂ€Ăigen Arbeitsnachweise, die nicht Ar-
beitsnachweisÀmter im Sinne des Gesetzes sind, der Aufsicht des
Landesamts unterstehen, in dessen Bezirk sie ihre TĂ€tigkeit aus-
ĂŒben. Das gibt die Möglichkeit, die Stellenvermittlung des Leip-
ziger Verbandes so auszubauen, daĂ sie den Bestimmungen des
Gesetzes genĂŒgt und nicht der Gemeindeverwaltung zu unter-
stehen braucht. Hauptbedingung ist die Dezentralisation, denn
wenn die Arbeitsnachweise von den LandesÀmtern beaufsichtigt
werden sollen, mĂŒssen soviel Arbeitsnachweise vorhanden sein
wie LandesĂ€mter, d. h. nach § 16 im allgemeinen fĂŒr LĂ€nder, Pro-
vinzen oder andere gröĂere Bezirke je eins. Diese Teilung, die
unbeschadet eines weiteren Zusammenschlusses und gemeinsamer
Richtlinien eintreten muĂ, liegt auch im Interesse des Standes,
denn nur auf Grund genauester Kenntnis oder der BedĂŒrfnisse
kann die Vermittlung zu einer gerechten Verteilung der Aerzte
fĂŒhren, auf die auch die Kassen mit Recht groĂes Gewacht legen.
Fraglich ist, ob die LandesÀmter noch weitere Vorschriften
machen, die das Gesetz fĂŒr die öffentlichen ArbeitsĂ€mter macht,
z. B. die paritÀtische Zusammensetzung des Verwaltungsaus-
schusses, die Unentgeltlichkeit der Vermittlung und die Auf-
bringung der Kosten. Sollte der Leipziger Verband an seinem
zentralistischen System festhalten, so wÀren die Aerztekammern
oder andere lokale Standesorganisationen geeignete TrĂ€ger fĂŒr
die Errichtung von ArbeitsĂ€mtern und fĂŒr die Aufbringung
der Mittel.
Im ĂŒbrigen bietet das Gesetz, welches am 1. Oktober 1922 in
Kraft getreten ist, keine wesentlichen Aenderungen gegen den
Entwurf. S.Alexander.
648
Standesfragen und soziale Medizin
40. Jahrg. â Nr. 47/41
Die Milchnot in Berlin.
Die unzureichende Menge und schlechte Beschaffenheit der
Milch fĂŒr Kinder hat in Berlin einen solchen Grad erreicht, daĂ
sich die pĂ€diatrische Abteilung des Vereins fĂŒr innere
Medizin veranlaĂt gesehen hat, mit ihren Forderungen an die
Oeffentlichkeit zu treten. .Sie fordert WiedereinfĂŒhrung der frĂŒhe-
ren Reinlichkeit bei der Gewinnung und dem Transport der SĂ€ug-
lingsmilch sowie Beachtung der bereits bestehenden gesundheils-
polizeilichen Vorschriften, Verbot der konservierenden ZusÀtze.
BekÀmpfung der MilchverfÀlschung, besonders der Entrahmung.
Auf die Folgen der dauernden Verminderung der Milchmengen
wird hingewiesen. Empfohlen wird die Bereitstellung guter
Trockenmilch, die bei knapper Milchversorgung zweckmĂ€Ăig ist.
Reich, Staat und Gemeinden mĂŒssen auf einen erschwinglichen
Preis der Milch hinwirken. Alexander.
KriegsheilbÀder.
In einem Rundschreiben fordert ein Syndikat, welches unter
dem Ehrenprolektorat des Feldmarschalls v. Hindenburg steht,
zur Zeichnung von Aktien behufs GrĂŒndung einer Aktiengesell-
schaft auf, welche den Zweck verfolgt, den Erwerb und Betrieb
zu bewirken von HeilbÀdern, HeilstÀtten, Sanatorien und ande-
ren Anlagen in Nord-, Mittel- und SĂŒddeutschland, die bei mĂ€Ăigen
Preisen auch den Minderbemittelten Genesung bringen sollen. Das
Syndikat, dem auch fĂŒhrende MĂ€nner der Ă€rztlichen Wissenschaft
zur Seite stehen, hofft, daà nicht nur den KurgÀsten mit ihren
Familien zu billigen Preisen im Sommer oder Winter Unterkunft,
Verpflegung, Erholung und fachkundige Behandlung finden, son-
dern daà auch die AktionÀre eine gute Verzinsung ihres Anlage-
kapitals erhalten.
Es wĂ€re ein Ziel, aufs innigste zu wĂŒnschen.
S. Alexander.
Geheimmittel.
FĂŒr die Zwecke des Umsatzsteuergesetzes hat der Reichsrai
folgende Definition des Begriffes Geheimmiltel gegeben. Unter
Geheimmittel sind Stoffe oder Zubereitungen zu verstehen, die zur
VerhĂŒtung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder
KörperschÀden aller Art, zur Vermehrung oder Verminderung
körperlicher Leistungen oder zur Förderung oder Erleichterung
der Geburt bei Menschen oder Tieren bestimmt sind, wenn 1. ihre
Bestandteile nach Art und Menge dem Erwerber gegenĂŒber ge-
heim gehalten werden oder 2. die Mittel in der vorgeschriebenen
oder ĂŒblichen Anwendung geeignet sind, gesundheitsschĂ€dlich zu
wirken, insbesondere auch dadurch, daĂ sie von dem Gebrauch
geeigneter Heilmittel oder Àhnlicher Hilfe abhalten, oder 3. als
Mittel zur Ausbeutung oder zur IrrefĂŒhrung durch die Art ihrer
AnkĂŒndigung oder Anpreisung dienen können.
Nicht als Geheimmittel sind solche Zubereitungen oder Stoffe
anzusehen, die in das Arzneibuch fĂŒr das deutsche Reich auf-
genommen sind und unter der dort angewandten Bezeichnung an-
geboten werden, sowie diejenigen, die in der medizinischen
Wissenschaft und Praxis als Heilmittel allgemeine Anerkennung
gefunden haben. Alexander.
Die Indexziffern fĂŒr einige wichtige Lebenshaltungskosten.
Die bisher der amtlichen Statistik zugrunde liegenden Kosten
fĂŒr die Lebenshaltung betrafen in erster Linie die ErnĂ€hrungs-
kosten, erst in den letzten Monaten ist der Versuch gemacht, auch
andere unentbehrliche Lebenshaltungskosten fĂŒr den Index zu ver-
werten. FĂŒr uns Aerzte haben diese Feststellungen den besonde-
ren Wert, weil sie Kosten betreffen, die. soweit sie fĂŒr Berufs-
zwei kr tatsÀchlich verausgabt worden sind, als sogenannte
âWerbungskosten" fĂŒr die Zwecke der Reichseinkommensteuer von
dem Berufseinkommen abgezogen werden können. Es handelt
sich um die Preise der Heiz- und Leuchtstoffe und um die Mieten.
Die Ausgaben fĂŒr Heizung und Beleuchtung, die. im Juli 1921 eine
12,8fache Steigerung aufwiesen, sind im Mai 1922 auf das 44fache
gestiegen. Die Mietspreise sind durchschnittlich nur um das
.'dache gegen die Friedenszeit gestiegen, offenbar in Folge
gesetzlichen Zwangsbestimmungen. Nach dem neuen Reicl
mietengesetz ist aber auch fĂŒr die Mieten eine wesentliche Stc
gung zu erwarten, da alle Steuern, Abgaben und sonstigen W|
bungskosten fĂŒr das GrundstĂŒck der Miete zugeschlagen werde
Wenn deshalb fĂŒr die kassenĂ€rztlichen Honorare und GebĂŒhre
Ordnungen ein Zuschlag nach MaĂgabe der Reichsindexziffer
âąin "Aussicht genommen ist, so darf der Fehler nicht unberĂŒcfi
sichtigt bleiben, der darin liegt, daĂ in der Indexziffer eine A|
zahl wichtiger Lebensunterhaltungskosten nicht enthalten ist
Alexander.
Die WeiterfĂŒhrung der Kinderspeisung.
Nach einem Bericht der MinisterialrÀte Dr. Pokrants
König vom preuĂischen Wohlfahrtsministerium ist die sogenanr
QuĂ€kerspeisung auf den Deutschen ZentralausschuĂ fĂŒr
Auslandhilfe E. V. als Beauftragten der Kinderhilfskor
mission und des Rcichsministers fĂŒr ErnĂ€hrung und Landwir
schaft ĂŒbergegangen. Dem AusschuĂ gehören Vertreter
amerikanischen Spender, der deutschen Behörden der freien Woli
fahrtspflege, der Lehrerschaft, der Aerzteschaft und der fĂŒr
DurchfĂŒhrung geschaffenen Mittelstellen der LĂ€nder an. Unt
diesen stehen die Speisungsorte, in denen die Gemeinden die Traf
der Speisung sind. FĂŒr die Speisung kommen wesentlich Schi
kinder in Betracht. Die Schulspeisung bezweckt die GewÀhri
einer Zusatzmahlzeit. Die Auswahl der Kinder erfolgt dui
Aerzte, und zwar erfolgt die Aussonderung durch die Vorausws
und die engere Wahl. Die Vorauswahl erstreckt sich auf
Schulkinder. Sie geschieht durch Aufnahme der Vorgeschich
Messung, Gewichtsfeststellung und Besichtigung. Hierbei werd
die Kinder in drei Gruppen geteilt: in solche, die nicht spei
bedĂŒrftig sind, in solche, bei denen eine Zusatznahrung erwĂŒns
ist, und im Gewicht und ErnĂ€hrung durch Krankheit zurĂŒ
gebliebener Kinder. Ein bestimmtes System als Grundlage fĂŒr
Beurteilung der Körperbeschaffenheit der Kinder ist nicht \<
geschrieben. Falls nicht alle drei Gruppen gespeist werdH
können, findet eine engere Auswahl statt. Alexande raJ
Entscheidungen des Reichsversicherungsamts.
Der Unfall eines Arbeiters auĂerhalb der BetriebsstĂ€tte J
einer Betriebsversammlung, die vom Betriebsrat eine
gewerblichen Betriebes einberufen ist. gilt nicht als Betrica
unfall im Sinne des § 544 RVO., weil die Teilnahme an der Ver
Sammlung höchstens als geschÀftsleitende TÀtigkeit, die nicht be
triebstechnischen Zwecken dient und daher unversichert ist, an
gesehen werden könnte.
WĂ€hrend der ganzen Zeit, fĂŒr die eine Wöchnerin Wochen
geld nach § 195a, Nr. 2, RVO. bezieht, sind fĂŒr sie nach § 38
Abs. 2 der RVO. KrankenkassenbeitrÀge nicht zu entrichten
gleichgĂŒltig, ob sie arbeitsunfĂ€hig im Sinne des § 182, Nr. 2 a
ist oder nicht.
Da der Wochengeldbezug sich auf mehrere Wochen erst
ist demnach die Wöchnerin trotz etwaiger BeschÀftigung
Entgelt von der Beitragspflicht befreit.
Die Schwestern vom Roten Kreuz sind nicht inval
versicherungspflichtig.
Aus der BegrĂŒndung entnehmen wir: WĂ€hrend der Aus-
bildung sind die Schwestern von niederen Diensten befreit, sie
sind den Vollschwestern nachgeordnet und ĂŒben keine selbstĂ€ndige
TĂ€tigkeit aus. AuĂer freiem Unterhalt beziehen sie nur ein
Taschengeld, sie sind daher mangels Bezugs eines Barlohnes ver-
sicherungsfrei. Die Vollschwestern besitzen eine höhere,
auf selbstÀndigem Denken beruhende Verantwortlichkeit, ihre
TĂ€tigkeit reiht sie in den Kreis der Angestellten in gehobener
Stellung ein. Sie unterliegen der Angestelltem ersiehcrung. In
diese Gruppe gehören die Stationsschwestern. Pflege und Ge-
meindeschwestern. Die fĂŒr ihre MĂŒhewaltung gezahlte (iel)ĂŒhr
wird an das Mutterhaus abgefĂŒhrt. Die Schwestern erhalten auĂer
freier Station Geldvergiitungen. die ĂŒber den Begriff des Taschen-
geldes und ĂŒber die Grenze von 2000 Mark hinausgehen. Sie u
liegen demnach der Angestelltenpflicht. S. Alexande;
a. a. 0.
.1 reckt,
âUta-
JO. Jahrg. Nr. 47/48 Aus den neuesten Zeitschriften i;i i
REFERATENTEIL
Deutsche Medizinische Wochenschrift, Leipzig.
9. Juni 1022. 48, Nr. 23.
âDie VerhĂŒtung n&s Kindbcttfiebers. '/. w e i f e 1. 7Ă€9
roher Erfolge der Strahlenbehandlung des Uteruskollumli&i'ziuonu.
Zweite 1. 762.
Zur Aetiologie der Psoriasis. B e t t in a n n. 762.
âAtypische FĂ€lle von eitriger Peritonitis, festgestellt zuerst durch ihr Blut-
biid. S O i 1 1 i n g. 764.
âUeber Temperatur und Schlaf. L i n d i g. 7fiö.
Zur Frage der Salvarsaiideimatitis. H e j n. 767.
âVersuehe mit Rivanol bei Gonorrhoe und Pyodermien. Bibers tein. 7ii9.
âZum Kohlenhydratstoffwechsel der Leberkranken. II. Die alimentĂ€re
HypoglykÀmie und fil-ykosuiie. II e t o u y i. 770.
Zur lirĂŒhdiagnose der fistula gastro-colica. A r o n s. 771.
Zur Serumbehandlung primÀrer und sekundÀrer AnÀmien. Wettere r. 772.
Röntgenologische Fortschritte mit der Kadio-Sile*.- Apparatur. Schoe n. Y73.
Die VerhĂŒtung des Kindbettfiebers. Wer seine HĂ€nde mit
Streptokokken- und Staphylokokkeneiter in BerĂŒhrung gebracht
hat, kann durch kein Desinfektionsmittel seine HĂ€nde wieder so
reinigen, da'Ă er bald darauf wieder eine geburtshilfliche oder
gynÀkologische Operation unternehmen darf. Also keinen Eiter be-
rĂŒhren oder Gummihandschuhe. Die HĂ€lfte der schweren fieber-
haften Erkrankungen des Wochenbetts kommt bei solchen Frauen
âąyon sterilen Handschuhen beim Touchieren, mehr Untersuchung
hallen und nicht mehr genĂŒgend lange prophylaktisch gespĂŒlt
werden konnten. Dagegen wiesen die mit SpĂŒlungen prophylak-
tisch Behandelten (lCh-17 Tage lang) in 90â93 % sowohl hin
sichtlich des Verlaufs des Wochenbetts als hinsichtlich Ausstrich-
prÀparat und Kulturproben normale VerhÀltnisse auf. Auch der
vorzeitige Blasensprung, wenn er ĂŒber 2 Stunden dauert, kann
in dieser Hinsicht bedeutungsvoll werden. Endlich Gebrauch
\ on sterilen Handschuhen beim Tauchieren, mehr Untersuchung
per rectum. Bisher starben alljĂ€hrlich mehrere Tausend MĂŒtter
an einer vci hĂŒtbaren Krankheit, weil die Vorschriften fĂŒr die
Hebammen die hÀufigste Gelegenheit zum Anstecken unbeachtet
lassen.
Atypische FĂ€lle von eitriger Peritonitis. Der prinzipielle
Gebrauch des Blutbildes hat eine wichtige diagnostische und
prognostische Bedeutung. Das Blutbild wird instruktiver durch
EinfĂŒhrung der Klasse der Jugendlichen, die bei Fehlen von
Myelocyten den mehr oder weniger akuten Charakter des Pro-
zeses und seine Verschlimmerungen gut illustrieren und die
Mitbeachtung der anderen Zeilen das Ganze auf eine breitere
Basis stellt.
Ucber Temperatur und Schlaf. Die kausale Verquickung von
Temperatur und Schlaf, als Reaktion durch parenterale EiweiĂ-
zufĂŒhr ausgelöst, ist in dem Sinne, daĂ der Schlaf durch die
Temperatur bedingt wĂŒrde, abzulehnen. Beide Erscheinungen sind
als selbstÀndige, einmal neben-, einmal nacheinander ablaufende
ProteiiikörperreakĂŒohen aufzufassen.
Versuche mit Rivanol bei Gonorrhoe und Pyodermien. Ri-
vahol ist zu empfehlen. Zur Behandlung der Gonorrhoe der
mÀnnlichen Harnröhre (Injektionen, Irrigationen, Guyon'sche
Einspritzungen), sowie bei verschiedenen Pyodermien (Impetigo
contagiosa, Ekthyma, posl scabiem, bei der Pyocyaneusinfektion
der Ulcera cruris).
Zum Kohlehydratstoffwecb.se] der. Leberkranken. Die pero-
rale Zufuhr von 100 gr Dextrose fĂŒhrt auch beim Gesunden zu
einem Anstieg des Blutzuckers. Bei verschiedenen Lebererkran-
kungen isl diese Erhöhung viel stÀrker. Ein geringerer Anstieg
dies Blutzuckers spricht entschieden gegen eine Lebererkrankung
(unter 10 % ,. Die positiven FÀlle bei Gesunden können teilweise
auf eine durch den Krieg verursachte TolernnzschÀdigung, teil-
weise auf den individuell verschiedenen Funktionsgrad der Leber
ZUFĂckgefĂŒhrt werden. Beim Zustandekommen der alimentĂ€ren
Glykosurie ist auch der Zustand der Nieren von eminenter
Wichtigkeit. Sie ist also als spezifische Methode der Leber-
funktionsprĂŒfung zu verwerfen.
Zur FrĂŒhdiagnose der Fistula gastrocolica. Beschreibung
eines Falles. Bei Fell stuhlen ohne Sichersteilling bisher bekannter
Ursachen mit Magenierscheinungen (Schmerzen unabhÀngig vom
Essen), LJebelkeil nach dem. Essen, u, U. Magen-Darmblutungen,
(DurchfÀlle) isl an eine Fistula gastrocolica zu denken. Der
Kohleversuch (even.ll auch Karmin) stĂŒtzen die Diagnose. Auch
der Einhorn'sche Duodcnalschlauch, wenn er schon nach
kurzer Entfernung von der Zahnreihe im Rektum oder auĂerhalb
d< sselben erscheint.
Zur Serumbehandlung primÀrer und sekundÀrer AnÀmien.
W e t t e r e r macht, ausgehend von seiner Serumbehandlung des
Karzinoms, den recht plausibeln Vorsehlag, die Tuberkulosen
mit Serum zu behandeln undzwar nicht mit artgleichen, son-
dern mit dem gesunder krÀftiger Outsider. Die verschiedene
WiderstandsfÀhigkeit gegen Tuberkulose beruht letzten Endes
mit auf der individuell verschiedenen ehemischen Beschaffenheit
des Blutserums, ebenso wohl auch die Vererbung der Dis-
position zur Tuberkulose. Er hÀlt auch andere AnÀmien, die der
Erschöpfung nach Syphilis, die bei Chlorose fĂŒr zugĂ€nglich dieser
Behandlung.
v. S c h n i z e r.
16. Juni 1922, 48, Nr. 24.
lieber DigetÀlisstof fe und Digitalismedikamente. S t r mi Ii. 791.
Ueber die Aufnahme von Quecksilberchlorid und Trypaflavin durch Bakterien
und Körnerzellen. H a Ii u und Ii e m y. 793.
âUeber die ,,lipnklspaltende" Funktion der Lymphozyten. A » c Ii o f f und
Kami y a. 794.
Ueber die MĂŒgliciTke ten weiterer Vereinfachungen meiner TrĂŒbungareaktion.
Do ld. 797.
â Appendizitis und Gonorrhöe, die beiden hĂ€ufigsten Ursachen der chronischen
EntzĂŒndungen der Tuben und Ovarien. M u e 1 1 e r. 798.
Darmruptur bei Selbstrepositio eines eingeklemmten Bruche». S e Ii in i d t.
800.
Ein Beitrag zur primÀren Eungenaktinomykose. L i e h t e r f e 1 d. 801.
Weiterer Beitrag- zu NovokainschÀdeu. Decker. 802.
Rivanol als granulationsliemmendes Mittel. BlaĂ. 803.
âUeber ungewöhnlich lokalisierte extragenitale PrimĂ€raffekte. M IUI e r , O.
803.
âUeber âfSultobadin", ein neue« Schwefelprap.arat zur Herstellung von BĂ€dern.
6 t ĂŒ m p k e.~ 804.
Die Nebenwirkungen des Xeosalvarsans und ihre BekÀmpfung unter be-
sonderer BerĂŒcksichtigung- des Suprarenins. K o i n h a r d - E i c Ii e 1 -
b a u in. 804.
Salvarsan bei chirurgischen Eingriffen in sepltischen Wunneu. (i e y e r. 806.
Ueber die lipoidspaltende Funktion der Lymphozyten. Die
Voraussetzung . von Wassermann und Berget, daĂ die Makro-
phagen von den echten Lymphozyten abstammen, isl bis jetzt
nicht bewiesen. Auch ihre Annahme, daĂ den echten Lymphozyten
eine phagozytÀre FÀhigkeit zukÀme, ist nicht zu stutzen. Viel-
mehr bleiben die dies ablehnenden Anschauungen Matschuckoffs
und Ehrlichs bestehen. Auch wenn man die Makrophagen (Hislio-
zyten) ohne weiteres mit den Lymphozyten identifizierte, wie die
obigen Forscher, so ist doch von einer spezifischen Reaktion der-
selben auf lipoide Antigene keine Rede.
Appendizitis und Gonorrhoe, die beiden hÀufigsten Ursachen
der chronischen EntzĂŒndungen der Tuben und Ovarien. Die
chronische Appendizitis ist ein eminent langwieriges, oft aus der
ersten Lebenszeit stammendes Leiden, das alie Bauchorgane
schÀdigen und das ganze Allgemeinbefinden in schwerster Weise
beeintrÀchtigen kann, ja dlie Entwicklung der Kinder hemmen,
die Heilung anderer Krankheiten erschweren kann. Beginn der
Erkrankung durch Obstipatio chronica, Ruhr, SĂ€uglingsdiarrhoe
im Sromanum, als Kolitis dann durch Querdarm und Colon
aszendems ins Typhtan und in den Vermis vondringend, wird die
EntzĂŒndung durch das Exsudat auf alle Bauchorgane ĂŒbertragen.
Man bat also nicht die lokale EntzĂŒndung eines entbehrlichen,
wenn auch nicht ganz funktionslosen Organs vor sich, sondern
ein groĂes Krankheitsbild, das den gesamten Körper dauernd
»chÀdigt. Der akute Ausfall ist nur eine lebensgefÀhrliche Steige-
rung der an sich stets ernsten Erkrankung. Auch SterilitÀt kann
daraus entstehen. Aehnliches gilt von der Gonorrhoe. FĂŒr die
Diagnose drei Punkte: McBĂŒrna ĂŒber dem Typhlon, Lanz ĂŒber
dem Ausgang der Vermis, KĂŒmmell 2 cm unter und rechts vom
Nabel.
Im allgemeinen isl aber jeder Druckschmerz im unteren
1 echten Abdomen verdÀchtig auf Appendizitis wie auf Oophoritis.
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 47/48
Nach KĂŒmmell sind die o klassischen Punkte nicht selten schmerz-
los. Viel hÀufiger liegen die Schmerzen in den empfindlicheren
Adnexen, namentlich hei der Periode. Die Frage, Appendizitis
(oder Gonorrhoe) oder Oophoritis, ist also diagnostisch falsch
gestellt, es sind nicht zwei Krankheiten, sondern meist nur eine.
Darmruptur bei Selbstreposition eine* eingeklemmten
Bruches. Di« unblutige Reposition einer eingeklemmten Hernia
- Beschreibung eines fatalen Falles â ist im allgemeinen mit
weit gröĂeren Gefahren verknĂŒpft, als eine rechtzeitige Hernio-
tomie und deshalb besser zu unterlassen.
Weiterer Beitrag zu NovokainschÀden. Totalamaurose nach
50 cem einer 1 % Losung, die nach 5 Tagen ohne Folgen wieder
schwand. Bei bestehenden oder frĂŒheren Gehirnerkrankungen ist
Novokain in erhöhtem Grade gefÀhrlich, nur dann indiziert, wenn
Allgemeinnarkose absolut kontraindiziert ist.
t 'â '
Ueber ungewöhnlich lokalisierte extragenitale PrimÀraffekte.
Einer an der Nasenspitze infolge AusdrĂŒcken eines Pickels durch
den infizierten Ehemann, dann bei zwei BrĂŒdern am Daumen mit
unbekannter Entstehungsursache, und ein recht schwer verlaufen-
der Fall bei dem der linke Zeigefinger infolge eines schlecht
heilenden GeschwĂŒrs, eben des PrimĂ€raffektes, amputiert worden
war- . âą \ _ _ ' .J. ~ijft.
Ueber Sulfobadin: EnthÀlt in einem sehr schwefelreichen
Lösungsmittel ein geschwefeltes Oel, das mit dem Lösungsmittel
in chemische Verbindung tritt (Helfenberg). Ersatz fĂŒr Solutio
Vlemingkx. VorzĂŒge: Wird angenehm empfunden, ohne Geruch
und W annenbeschmutzung, von guter Wirksamkeit und billig.
Indikation: Postskabiöse und chronische Ekzeme, Impetigo,
Akne, Pruritus, Psoriasis, Liehen ruber, Dermatitis, herpetiformis,
Pemphigus. v. S c h n i z e r.
' Zentralblatt fĂŒr Chirurgie, Leipzig.
1. Juli 1922, 49, Nr. 28.
Autoplastische Knoehenverpflanzung bei Ex.articula.tio coxae. t. S tu Ii e ii âą
r a u c h. 938.
^PeritonealverschluĂ ohne Kanalnaht oder Bassini beiun Leistenbruch?
H'offmann. 939.
Sterilisation des Elfenbeins. B a b. 943.
Peritonealversehluà ohne Kanalnaht oder Bassini beim schrÀ-
gen Leistenbruch? Der schrÀge Leistenbruch ist stets angeboren
und bedingt durch einen mehr oder weniger unvollkommenen Ab-
schluĂ des Processus vaginalis pertonei. Bei der Operation legt
Verfasser keinen \\ ert auf âdie Wiederherstellung des Leisten-
kanals durch eine systematische Naht" wie bei Bassinis Methode;
es genĂŒgt nach seiner Meinung das Auslösen des Bruchsacks bis
zum Uebergang in das parietale Peritoneum, Abtragen des Bruch-
sacks und sorgfĂ€ltigen PerUoiH'alverschluĂ; es ist groĂes Gewicht
darauf zu legen, daĂ kein Bruchsacktrichter zurĂŒckbleibt und daĂ
die Gebilde des Samenstrangs weit abprÀparierl werden. Vor die
Peritonealnaht wird am inneren Leistenring eine einzige StĂŒtz-
naht gelegt. Diese Methode genĂŒgt nicht nur bei Kindern, sondern
auch bei Erwachsenen. Verfasser hat kein eigentliches Becidis
beobachtet, wohl aber in 2 % der FĂ€lle das Auftreten eines ge-
raden Leistenbruchs an der Operationsstelle. Er empfiehlt daher
noch eine VerstĂ€rkungsnaht der Externusaponeurose ĂŒber der
ganzen LĂ€nge des Leistenkanals hinzuzufĂŒgen.
K. Wohlgemulh (Berlin .
Acta Chirurgica Scandinavica, Stockholm.
29. April 1922, 54, Nr. 5.
âșMĂŒ'trograde DUnndarminYagination nach Gastroenterostomie. L u n d b e r g,
S. 423.
Hematom in der Schirde des Musculus Rectus Abdominis. P e r m an. E. 43-t.
«HJeber Kindeschirurgie. J o h a n s s o n , S. 4i5.
âąMOin Fall von spontaner Harnblasenruptur, geheilt ohne Operation.
Aars N i c o 1 a y s e n . X. ;"i07.
DĂŒnndarminvagination naeh Gastroenterostomie. Als haupt-
sĂ€chlichstes Moment fĂŒr die Erkrankung glaubt Verfasser mit an-
dern eine Antiperistaltik annehmen zu sollen, glaubt indes auf
Grund der wenigen bekannten FĂ€lle keine SchlĂŒsse ziehen zu
dĂŒrfen, betont nur, daĂ auf die Komplikation bei der chirurgi-
schen Behandlung der MagengeschwĂŒre RĂŒcksicht genommen
werden muĂ.
l'eber Kinderchirurgie. Verfasser berĂŒcksichtigt in ausfĂŒhr-
licher, reichlich mit Abbildungen versehener Arbeit hauptsÀch-
lich die dem Kindesalter vorbehaltenen chirurgischen Erkran-
kungen, so Geburtsanomalien usw.
Ein Fall von spontaner Harnblascnruptur geheilt ohne Ope-
ration. Genau geschilderter Fall einer Spontanruptur in eigent-
lichem Sinne, deren Ursache in Störungen der Blasenfunktion
zentralnervösen Ursprungs und luetischer Natur zu suchen ist.
Heilung auf konservativem Wege. Bei derselben eine solche
Harnstoffretention im Serum, daĂ nach allgemeiner urologischer
Ansicht eine schwerwiegende Kontraindikation gegen einen
gröĂeren operativen Eingriff geltend gemacht werden kann.
Cordes (Berlin).
El siglo Medico, Madrid.
S. Juni 1922, 69, Nr. 3573.
Cajal, seine Persönlichkeit, sein Werk, seine Schule. Cortezo, CM.
â ^Organisation einer Gesellschaft zur Verbesserung der geistigen Gesundheit
in Spanien und zum Schutz der Geisteskranken. S a n z , E. F.
Klinische Studien ĂŒber Elektrotherapie in der Augenheilkunde. S a n -
c h e z . I?.
Die praktische Ausnutzung der Streustrahluug in der Tiefentherapie.
Chaul.
Injektionen von sterilisierter Milch in der Therapie. Marin A in a t , M.
GegenwÀrtiger Staad der Lehre von der inneren Sekretion. Marafion Y
P o s a d i 1 1 o , G.
Organisation einer Gesellschaft zur Verbesserung der geisti-
gen Gesundheit in Spanien und zum Schutz der Geisteskrankhei-
ten. Verfasser tritt energisch fĂŒr Bildung einer Gesellschaft im
oben genannten Sinne ein und fĂŒhrt als Vorbilder die schon in
anderen LĂ€ndern bestehenden Gesellschaften an. In den Ver-
einigten Staaten besteht eine Gesellschaft, deren erste Tat die
Schöpfung mehrerer Institute zur Behandlung von Geisteskrank
heiten war, und zwar folgender: KrankenhĂ€user fĂŒr akute, heil-
bare geistige Erkrankungen: Anstalten fĂŒr Alkoholiker und an-
dere Toxikomanien; Sanatorien fĂŒr Neurotiker usw. Die hervor-
stechendste Eigenschaft dieses Systemes ist die Verteilung der
Kranken in verschiedene Gruppen und die gesonderte Behandlung
derselben. Eine weitere wichtige Einrichtung ist die psychiatri-
sche Beratungsstelle fĂŒr Leichtkranke, die keine Krankenhaus-
behandlung benötigen; ferner FĂŒrsorge fĂŒr die in den Irrenan
stalten Untergebrachten und Schutz und "Beratung derselben beim
Eintritt in das bĂŒrgerliche Leben. In Frankreich wurde 192
eine Gesellschaft gegrĂŒndet, die 9 Kommissionen umfaĂt; di</>
befassen sich mit den Geisteskrankheiten im allgemeinen: mit dem
Alkoholismus; den Schulen; der professionellen Arbeit; den anti-
sozialen Individuen; der Verteilung der Geisteskranken; der Bei
hilfe bei der Gesetzgebung; bei Heer und Flotte: der psychiatri
sehen Unterweisung; der Organisation und Propaganda und
wissenschaftlichen Untersuchungen. In England besteht eine Ge
Seilschaft mit folgenden Zielen: Untersuchung ĂŒber die Natur un
die Ursache der geistigen Erkrankung: Untersuchung der gegen
wĂ€ltigen FĂŒrsorge und Behandlung der Kranken; Untersuchun0
der am meisten aussichtsreichen Behandlungsmethoden; FĂŒr-
sorge fĂŒr die individuelle Freiheit: Verminderung der Ausgabe
der IrrenhĂ€user: Unterweisung der BevölkerĂŒng ĂŒber geistig
Erkrankungen und deren Behandlung. In Belgien besteht ein
Gesellschaft mit folgenden Zielen; Erziehung und Unterweisun
der normalen und der anormalen Kinder; Behandlung und Er-
ziehung der Anormalen und der Psychopathen; VerhĂŒtung vo
Verbrechen; Organisation der IrrenhĂ€user: Aulsicht ĂŒber ent
Lassene Psychopathen, Verbrecher und Vagabunden: Ausseht!
fĂŒr berufliche Beratung; Schöpfung von psychiatrischen Bera
tungsstellen. In Àhnlicher Weise gibt es noch in anderen Staate
Organisationen. Verfasser schlÀgt nun vor. in Spanien ebenfall
eine Gesellschaft mit folgenden Zielen zu grĂŒnden: Schulz de
geistig Erkrankten; Beform der IrrenhÀuser; Schaffung offen
lieber Beratungsstellen; Vervollkommnung der FĂŒrsorge fĂŒr d'
Geisteskranken; Vermehrung der Unterrichtsinstitute; Anor
nung, daĂ die Psychiatrie PrĂŒfungsfach an den UniversitĂ€ten wir
L u r j e.
La Pediatria Kspanola, Madrid.
31. MĂ€rz 1922, 2.. Nr. 114.
Das Vorgehen ton Beck und von Hacker zur Behandlung angeboren!
Hypospadie. Ar quell* da, k. Ii. 63.
âŠ{âșVerschiedene FĂ€lle von kindlicher Hysterie. ( avengt. S. 66
Tuberkolom de« Kleinhirns. O p s a 1 0 . E. HO.
Ein merkwĂŒrdiger Fall von hereditĂ€rer Syphiilis. Pajares, J.V.
Verschiedene FĂ€lle von kindlicher Hysterie. Ve
fasser berichtet ĂŒber 10 FĂ€lle, von denen folgende interessier-
dĂŒrften: Kind von sieben Jahren, das im ersten Lebensjahre au
schlieĂlich mit Milch ernĂ€hrt wurde, als dann mit anderer Na
rung begonnen werden sollte, widerstrebte das Kind und da df
10. Jahrg. â Nr. 47/18
Aus den neuesten Zeitschriften
Eltern sehr indolent waren, hatte es bis zur Aufnahme in die
Klinik ausschlieĂlich von Milch gelebt. In der Klinik weigerte
es sich zuerst, irgend welch andere Nahrung zu sich zu nehmen,
als es aber zwei Tage gehungert hatte, begann es am dritten
Tage zu essen und war nach wenigen Tagen geheilt. Kind von
12 Jahren, das wegen BettnÀssen in die Klinik kam; kurze Zeit,
nachdem es geheilt entlassen war, kam es erneut zur Aufnahme,
wegen hysterischen Erbrechens. Verfasser macht im AnschluĂ
au diesen Fall darauf aufmerksam, daà BettnÀssen oft ein hy-
sterisches Symptom .sei. L u r j e
II. Polielinico, Rom, Seaione pralle*.
22. Mai 1922, 2», Nr. 21.
âŠIntermediĂ€rer Stoffwechsel hei Athrepsie und Ernabrungsstörung-en. D«
Villa, S. und Aiello. G. «73.
Seltene Lokalisation einer Ecbinokokkentytte. Baccarlni, L. «7».
Seltene Lokalisation des Echinokokkus. Romano, G. 878.
Singultus-Epjdemie all Aequiralent der Influenza. Buffona, F. Mi.
Meterorismus bei Peritonitis. C e r i o 1 i , A. 883.
Untersuchungen ĂŒber den Zwischenttoffweehsel bei Atrophie
und den verschiedenen UnterernÀhrungszuatÀnden. Die Unter-
suchungen ergaben Vermehrung des Blutzuckers, die Verfasser
als durch Leber- und PankreasschÀdigungen infolge Unter-
ernÀhrung bedingt ansahen. Auch ist bei den gleichen Patien-
ten der Reststickstoff vermehrt, was auf eine intra- oder extra-
renal gelegene toxische Vermehrung der EiweiBabbauprodukte
oder ebensolche Zellprodukte bezogen wird. Neben dieser Hyper-
glykÀmLe kann an Endstadien dieser KrankheitszustÀnde eine
HypoglykÀmie vorkommen. Cordes (Berlin).
29. Mai 1922, 28, Nr. 22.
âŠDie Beziehungen zwischen Asthma bronchiale und Lungentuberkulose.
B u f a 1 i n i , E. 709.
âŠEpidemische inguino-crurale LymphdrĂŒsenerkrankung. Sali, A. 717.
Klinischer Beitrag zur Studie ĂŒber die Beziehungen de§ Bron-
chial- und des tuberkulösen Bronchialasthmas. Das wirkliche
Entstehen des Asthma bronchiale durch Tuberkulose hÀlt Verf.
nicht fĂŒr bewiesen. Gleicherweise auch nicht das Entstehen
eines anaphylaktischen Asthmas. Andererseits finden sich frei-
lich hÀufig beim Asthma bronchiale irgendwelche spezifischen
LĂ€sionen der Luftwege von latentem Charakter, aber auch hier
entsteht Asthma nur bei PrÀdisposition.
Ueber 20 FĂ€lle von der LeistendrĂŒse mit epidemischer Ver-
breitung. Es handelte sich um eine von den ĂŒbrigen Leisten-
di ĂŒsenentzĂŒndungen wesentlich verschiedene, sehr schmerzhafte,
hypoplastische subakute EntzĂŒndung, fĂŒr die sich immer der
gleiche Erreger ergab. Die FĂ€lle traten epidemisch auf. Die
Krankheit dauerte 3â4 Monate, ging immer in Heilung aus.
Cordes (Berlin).
5. Juni 1922, 2», Nr. 23.
âŠChinidin bei Vorhofflimmern, .Sebastiani, A. 741.
Chirurgische Behandlung der primÀren Epitheliome der Finger. M » n n * ,
A. 753.
Bas Ranzigweiden der Butler. F i 1 i n p i n 1 , A. 755.
Chinidin bei Auricularflimmern. 10 FĂ€lle von Auricular-
flimmern, die zur Norm zurĂŒckgefĂŒhrt wurden durch Chinidin-
gaben. Im Elektrocardiodiagramm zeigten sich die allmÀhlichen
Wirkungen des Mittels. Bei einem Fall entstand eine Embolie,
sonst keine bei Nebenerkrankungen. In einem Fall ein RĂŒckfall.
Cordes (Berlin).
Rivista di Clinica Pediatrica, Florenz.
MĂ€rz, 1922, 20, Nr. 3.
⊠MilchsÀure« Natrium in der Behandlung der Azetonintoxikation. Modi-
gliani, E. 129.
Zwei FĂ€lle Ton kongenitaler Ptosis. Squarti, G. 148.
âŠDarminvagination geheilt durch manuelle Taiis Tom Rektum aus.
I a c e, h i a , P. 159.
Das milchsaure Natrium in der Behandlung der Azetonvergif-
tung in der Kindheit Das milchsaure Natrium wirkt bei AcetonÀ-
mie gĂŒnstig, weil es auch in groĂer Menge gut vertragen wird,
weil es ein normaler Bestandteil des Blutes ist, der wahrschein-
lich in der SĂ€urevergiftung abnimmt, weil es sehr rasch oxydiert
und in Natriumbicarbonat umgewandelt wird, weil es einerseits
die SĂ€uren neutralisiert und andererseits die Oxydationen be-
gĂŒnstigt und so die Azetonbildung hemmt. Bei AnfĂ€llen von
cyklischem Erbrechen mit AcetonĂ€mie wirkt es~ abkĂŒrzend (bis
30 g tÀgl.); auch kann man weiteren AnfÀllen vorbeugen, wenn
man jedem Monat durch eine Woche tÀglich 10g verabreicht; da-
bei muà fettarme DiÀt eingehalten werden. Man kann es auch
selbst herstellen, durch Mischen von gleichen Teilen einer
10 %igen MilchsÀurelösung und einer 7.r> %jgen Natriumbicarbonat-
lösung.
Ein Fall von C'oloninvagination, durch Taxi« vom Rectum
geheilt. Ein neunmonatiges Kind erkrankte plötzlich mit heftigen
Koliken und Erbrechen; der Stuhl war fÀculent, mit Blut ge-
mischt (auf Einlauf). Temp. normal. Rektal war ein invaginiertes
DarmstĂŒck als vorspringender, kurzer Zylinder deutlich zu tasten.
In verschiedenen Taxisversuchen gelang es, das Darmstuck
immer weiter zurĂŒckzuschieben und endlich die Invagination zu
lösen. Das Kind wurde geheilt. Tezner (Wien).
La Pediatria, Neapel.
15. April 1922, 30, Nr. 8.
âŠTyphus- und Parathyphusbazillen in der ZerebrospinalflĂŒssigkeirt. (I a r o -
n i a , G. und Auricchio, L. 337.
âŠKlinische und pathologisch-anatomische Studien bei epidemischer Enzepha-
litis im KindesaJter. M e n s i , E. 343.
Ein Fall von Parrotscher Pseudoparalyse. Castorina, G. 356.
Untersuchung der FĂ€zes beim KiindÂŁ. V a g 1 i o , R. 359.
Die Anwesenheit von Typhus und Paratyphusbazillen im Liquor.
Es gelingt in 93 % aller FĂ€lle, Typhus-, respektive Paratyphus-
bazillen aus dem Liquor zu zĂŒchten bei Formen mit und ohne
nervöse Erscheinungen vom 8. bis zum 30. Tage; daraus ist er-
sichtlich, daĂ der Typbusbazillus allein nicht geeignet ist, bei
Eindringen in den Liquor eine Meningitis zu erzeugen. Die
Liquorkultur gelingt öfter als die Blutkultur, weil in den Liquor
weniger bakterienschĂ€digende Antikörper ĂŒbergehen und auĂer-
dem der Liquor selbst nach 24 stĂŒndiger BebrĂŒtung ein An-
reicherungsmittel der Bakterien darstellt; die Methode ist fĂŒr die
Praxis zu empfehlen.
Klinische und anatomisch-histo-pathologische Studien zur
kindlichen Encephalitis epidemica. Es bestand der amyostatische
Komplex, der sich in unsicherem Stehen und schwankendem
Gang Ă€uĂerte, dabei eine Hypertonie, die in Steifheit des Ganges,
in krampfhafter Beugung des linken Unterarms usw. zum Aus-
druck kam, eine linksseitige Hemiparese mit Athetose und Ba
binsky, dabei aber normale Reflexe, ein Symptomen-
komplex, auf den Verfasser schon wiederholt hingewiesen hat;
von d. Trias n. Economo war nur der negative Liquorbefund
â vorhanden; dazu bestand psychomotorische Erregung und Schlaf-
losigkeit. Das Kind starb nach kurzer Zeit. Die Sektion ergab
eine diffuse HyperÀmie, der mikroskopische Befund eine Me-
ningoencephalitis (Blutungen und perivaskulÀre Infiltrate in der
grauen Substanz); die Beteiligung der Rinde und der Meningen
erklÀrt die psychomotorische Erregung; die Athetose und die
amyostatischen Erscheinungen sind auf LĂ€sionen des Corpus
slriatum zurĂŒckzufĂŒhren: die linksseitige Hemiparese entweder
auf LĂ€sion des Linsenkernes allein (nach Minga zzini) "odier
auf Kompression der Pyramidenbahn durch das benachbarte
entzĂŒndliche Oedem; so ist auch der positive Babinsky zu er-
klĂ€ren. Die Encephalitis im Kindesalter ist ĂŒberaus vielgestaltig;
eine Einteilung in verschiedene Formen hat keinen Sinn.
Tezner (Wien).
1. Mai 1922, 30, Nr. 9.
Beitrag zur Kenntnis der Aetiologie und Pathogenese der splenischen Anae
mien dets Kindesalters. De Stefano, S. 385.
Leber die hÀmoklasische Krise von Widal in der klinischen Pathologie.
M i » a s i . M., und Aiello, G. 408.
Paris meĂŒical.
13. Mai 1922, 12, Nr. 19.
âŠNifcritoide viszerale Krisen nach intravenösen Injektionen von 914. Gou-
gerot. 393.
⊠Indikationen und Schwierigkeiten bei den Ruhekuren und der KrÀftigung der
abgemagerten Dyspeptiker. M o u t i e r. 397.
âŠKontrolle der intrachealen Injektionen mittels Oleum jodetum und
X-Strahlen. Forytier u. Leroux. 403.
Nitritoide viszerale Krisen. Man nimmt gewöhnlich an, daĂ
sie nur den Kopf betreffen: Rötungen und Oedeme im Gesicht, an
den BindehÀuten, im Kehlkopf usw. und die Eingeweide nur in-
sofern berĂŒhren, als sie die Ursprungsstellen ihrer Nerven er-
regen. Aber die vasodilatatorischen Chockerscheinungen können
auch die Eingeweide selbst und zwar in einem höheren Grade
Aus den neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 47/48
unter recht schweren Erscheinungen treffen. Die cephale Krise
kann schwach oder stark sein, in der Hauptsache ist der Uterus
und die Plazenta betroffen: Kleine Blutungen, Kontraktionen,
Abort. 2 FĂ€lle. Dann eine pseudorheumatische Form, die wenige
Minuten nach der Injektion auftritt, erst eine leichte cephale
Krise, dann etwa 5 Minuten nach der Injektion Schmerzen in allen
gröĂeren Gelenken, nach \lA Stunden Schwellung in Knie- und
Handgelenken, die 2 Tage anhalten. Gichtische Belastung. Nach
8 Tagen bei der 2. Injektion dieselben Erscheinungen von Seiten
der Gelenke.
Bei einem 15jÀhrigen traten sie in der Form einer Radikulitis
und Paraplegie auf. In einem weiteren Falle bei einem Tuber-
kulösen (SyphilophoDen) traten mit der Krise starke Schmerzen
in der Nierengegend und eine 12 Stunden anhaltende HĂ€ma-
turie auf: Iiier war die Niere der locus minoris resitentiae.
Indikationen und Schwierigkeiten bei den Ruhekuren und der
KrÀftigung der abgemagerten Dyspeptiker. Alle Affektionen
des Verdauungstraktus können zu Ptose und Abmagerung fĂŒhren.
Alle diese Kranken sind mehr oder weniger Psychopathen. Meist
sind es junge Frauen, bei denen wiederholte Geburten, gemĂŒt-
liche ErschĂŒtterungen mitspielen, bei jĂŒngeren MĂ€nnern rasches
Wachstum und das Examen, bei Àlteren die Sorge und Hast des
GeschÀfts. Ursachen des Abmagerns: Abgesehen von den ma-
teriellen Stenosen eine unzweckmĂ€Ăige DiĂ€t. Die meisten halten
verschieden essen und weniger essen, DiÀt halten und abmagern
fĂŒr Ă€quivalent. Auch die Aerzte trifft dabei insofern eine Schuld,
als sie keine genauen Instruktionen geben. Sie vergessen ge-
wöhnlich, daà der normale Erwachsene meist zu viel, der Dys-
peptiker zu wenig iĂt. Meist sind die Beschwerden der Ptose
die viszerale Hypolonie die Ursachen, die oft recht plötzlich
auftreten können. Psychisch liegen meist Àsthetische oder pho-
bische GrĂŒnde vor. Hauptzweck: Fettansetzen. Schwierig, weil
die meisten Dyspeptiker unbelehrbare Skeptiker sind, vergeblich
schon viele Heilungsversuche oft unternommen haben und schwer
zu einer Kur fern vom Haushalt zu bringen sind. BekÀmpfung
des Gemeinplatzes: Bettruhe schwÀcht (nur die Krankheit), der
psychischen Hindernisse, die oft einer Kur im Wege stehen
(Eifersucht), von vorn herein eine genĂŒgende LĂ€nge der Kur
verabreden und vorher mit allen Mitteln Neubildungen und son-
stige in Betracht kommende Krankheiten ausschlieĂen, sind wich-
tige Punkte. VollstÀndige Isolierung, in den ersten Wochen
Bettruhe (Lesen oder Nadelarbeiten, aber nicht zu viel Briefe
schreiben). Nach der Mittagsmahlzeit bis zur 2. Viertelstunde
einschlieĂlich decubitus abdominalis, weil dies selbst beim ato-
nischsten Magen Kontraktionen auslöst. Medikamente: Keine
Hypnotica, Malz, Pepsin, Natrium citricum mit Vorsicht, ebenso
tonische Injektionen, u. U. Bismuth, Kaolin, Eserin. Zwei
wöchentliche WÀgungen, aber unter keinen UmstÀnden dem
Kranken das Gewicht verschweigen. Im Anfang bei Frauen oft
Heimweh, was eine weitere Abnahme, jedenfalls keine Zu-
nahme voraussetzen kann. Auch Langeweile, Schlaflosigkeit oft
Folgen der Nahrung (AlpdrĂŒcken), mangelhaftes Essen Er-
brechen können dieselbe Wirkung ausĂŒben.
Kontrolle der intratrachealen Injektionen mittels oleum jo-
datum und X-Strahlen. Die Verfasser haben die Methode Sicardv,
die HohlrÀume der Lunge besonders bei Bronchien durch intra-
tracheale Injektionen eines 40 % Jodöls radiographisch sicht-
bar zu machen, nachgeprĂŒft. Dieses Jodöl (Lipiodol) ist völlig
unschÀdlich und schon sehr kleine Mengen sind auf dem Schirm
sichtbar. Die Dosis betrÀgt 10 cem, die Technik ist nach ihrer
Ansicht sehr einfach, fĂŒr jeden erlernbar. Man kann beide Lun-
gen gleichzeitig oder auch nur eine injizieren. Bis jetzt ist ihnen
allerdings nur die Injektion der unteren Lappen gelungen.
v. S c h n i z e r.
25. Mai 1922, 12, Nr. 20.
Die Kr.inkhrit der Leber, des Pankreas und der Milz. (JahresĂŒbersicht.)
Chabrol. 408.
âDiagnose der gastrischen Manifestationen der Lithiasis. II a r i e r. 42ö.
Fernfolgen der Lithiasisoperationen. M a t h i e u. 428.
Diagnose der gastrischen Manifestationen der Lithiasis. Magen
und Gallenblase gehören physiologisch zusammen. Wenn sich
der erstere entleert, kontrahiert sich letzterer, bei Steinen mit
Schmerzen. Gallensteine beeinflussen auch den Magen: Verwach-
sungen, Druck auf Zweige des Pneumogastricus, Reizung der
IMasennerven und damit des Plexus solaris, Störungen der Ent-
leerung, der Sekretion. Typisch ist die Lokalisation der Schmer-
zen in der Magengrube und die Manifestation der Lithiasis durch
gastralgische und dyspeptische Symptome.
Man unterscheidet die vorĂŒbergehenden schmerzhaften Krisen
gastrisch orientiert, sehr hĂ€ufig, plötzlich 3 â 4 Stunden nach der
Mahlzeit, ohne Grund oder nach einer Erregung oder ErmĂŒdung
ohne objektive Symptome, auch wenn der heftige Schmerz mit
Nausea und Erbrechen vorbei ist, ein Aequivalent der Leberkolik.
Dann dyspeptische Störungen als Folge der Steine, bald sofort
nach der Nahrungsaufnahme oder wÀhrend der Verdauung auf-
li elend als GefĂŒhl der Schwe.e, der Schwellung, des Ziehens im
Magen, also lediglich die Erscheinungen einer Hyperaesthesia
gastrica. Seltener Erscheinungen eines Cardiospasmus oder als
Empfinden der SĂ€ure, des Brennens, von Eruktationcn mit groĂer
Empfindlichkeit im Epigastrium, was nach 3â4 Stunden ver-
sehwindet. Oder 5 â 6 Stunden nach der Mittags- oder Abendmahl-
zeit als Schmerzen ausstrahlend in Schulter und RĂŒcken. Manch-
mal findet man auch kontinuierliche zeilweise exazerbierende
Scmmerzen und endlich oft gleich nach dem Einsetzen der Schmer-
ze n Erbrechen, eventuell das Bild einer ulzerösen Stenose.
Die Diagnose ist manchmal schon allein durch die Anamnese
gegeben, oft suggeriert sie eine Schwellung am unteren Leber-
rand.
Charakteristisch ist das dyspeptische Syndrom: hÀufig nÀcht-
liches Auftreten der Schmerzen, die bei tiefen Einatmungen, Er-
schĂŒtterungen, ErmĂŒdungen zunehmen, nach gewissen Speisen
(Eiern) vor der Regel 2â3 Tage. All dies ist aber inkonstant
und deshalb ohne absoluten Wert.
Wichtig ist aber der typische Schmerz ĂŒber der Gallenblase,
wenn noch andere Anzeichen fĂŒr diese Affektion sprechen. So
Murphys Zeichen: Schmerzhafte Respiration, wenn man den
Zeigefinger in die Blasenregion bohrt; Ramond. Verminderung
des vesikultÀren GerÀusches an der Basis der rechten Lung<>.
Leichtes Fieber wÀhrend der AnfÀlle, Urin: Pigment, Gallensalze,
ziemlich Urobilin. â In der Anamnese spielen das hereditĂ€re
Moment und der Typhus eine groĂe Rolle.
Die Chemie des Magens gibt keinen sicheren AufschluĂ. La-
tente HÀmorrhagien können bei Lithiasis vorkommen, aber die
Regel bildet Blut im Stuhl dabei nicht. Dagegen ist Hyperchole-
slcrinaemie regelmĂ€Ăig. Die Radiologie gibt auch keine direkt
pathognomonischen Anzeichen. Wichtig ist der palpatorische
Schmerz unter dem Schirm.
Sehr hĂ€ufig ist die Diagnose auf Wahrscheinlichkeit gegrĂŒndet,
oft ist eine Cholelithiasis von einem Ulcus pyloroduodenalis
klinisch nicht zu unterscheiden. v. Schnizer.
27. Mai 1922, 12. Nr, 21.
Antrittsverlegung in der Klinik der Geisteskrankheiten. Claude. 433.
Ueber das Problem der Zyanose und den Begriff der Pneu-
monose. Die eigentliche, primÀre Ursache der Zyanose ist die
Vermehrung des reduzierten HĂ€moglobins in der Volumeinheit.
Es werden die verschiedenen Bedingungen erörtert, unter denm
es zum Anstieg der Werte des reduzierten HĂ€moglobins, meĂbar
am Sauer stoff SĂ€ttigungsdefizit, kommen kann. Ausgehend von de
Beobachtung an schweren GrippefĂ€llen, bei denen es im FrĂŒh-
sladium. bei intaktem Kreislauf, bei Fehlen von Bronchopneu-
monien zu einer deutlichen Zyanose kommen kann, wurde durc
Tierversuche die von Brauer gemachte Annahme zu erhÀrten
gesucht, daà es eine toxische SchÀdigung der Alveolarepitheli m
gibt, gewissermaĂen ein Vorstadiium des Oedems, die zu eine
Krschwerung des Gasaustausches fĂŒhrt. (Pneumonose.) In
einigen wenigen Versuchen mit Chlorinhalationen glaubt Verf.
eine StĂŒtze dieser Annahme sehen zu können.
Klima totherapie im Krankenhaus. Die vermehrte, intensivere
Sonnenbestrahlung stellt den allen klimatotherapeutischen Be-
strebungen im Kampf gegen die Tuberkulose gemeinsamen
Faktor dar. In der Tiefebene gelingt es, durch Bestrahlung mit
der gewöhnlichen Bogenlampe, die im Gegensatz zur âkĂŒnstliche ~
Höhensonne" auch die fĂŒr die vermehrte Durchblutung der Hau
wesentlichen langwelligen Strahlen enthÀlt, die Blutregeneratioi
gĂŒnstig zu beeinflussen. Es scheint, daĂ die Luft, die man \o
einer Bogenlampe absaugt, eine Ă€hnliche Wirkung auszuĂŒbe
vermag, wie sie durch Bestrahlung erzielt wird. Die Wirkun
der natĂŒrlichen Sonnenstrahlung kann auch bei kalter Witterun
ausgenutzt werden, wenn man die Kranken in Liegehallen, di
vorn und oben mit Glasscheiben aus Uviolglas geschlossen sind
unterbringt.
v. Schnizer.
3. Juni 1922, 12, Nr. 22.
Die Infektionskrankheiten 1922. D o p t e r. AM
»Hmpfung per os. Bcsrcdka. 460.
Die Infektionskrankheiten in RuĂland in den letzten Jahren. Dopter. 463
40. Jahrg. â Nr. 47/18
Aus den neuesten Zeitschriften
âąfrriisospirocliĂ€tcn-Syinbioso und Dysenterie, il 0 I. n v e r g ii c. 4t>7 .
âŠBeitrag z.ur pathologischen Anatomie des Mumps. U e v o 1 o Ii o n. \V o r in ?
uud Di'lalc«. 471.
⊠Heilung der Grippe durch subkutane Injektionen von Rekouvaleszentenblut.
Si m i c i. 474.
âŠKrankheitserscheinungen bei ZelluloHlarboItOrt). Ii a i m e, A n a s s e - L a-
f o u t und F e i 1. 477.
, â Impfung per »s. Praktisch durchgefĂŒhrt, indem man 123G
Einwohnern eine Pille aus Gallo mit einem Gemisch von Typhus-
Paralyphus A- und B-Bazillen (durch Hitze abgetötet) gab. In
keinem Falle, auch nicht bei Schwangeren oder Menstruierenden,
traten irgendwelche Nebenerscheinungen ein, die so dramatisch
aufzutreten pflegen bei der subkutanen Impfung. Ks gibt also
fĂŒr diese Art der Impfung keine Gegenindikation, die erreichte
Immunital Isl zum mindesten gleich der durch die subkutane
Methode erreichten. Man kann also auch Kranke (Nephritiker,
Hepatiker, Pulmoniker) ohne irgend welche Nachteile impfen.
Die so erreichte ImmunitÀt ist strikt lokal, d. h. intestinal, ohne
Anteilnahme irgendeines andtren Organes dabei.
Fiiso-SpirochÀten-Symbiosen und Dysenterie. Nicht jeder in-
testinale SpirochÀtose entspricht einer Recto-Colon-Lokalisation
mit Fuso-SpiroehÀtcn-Symbiose. Wohl war dies der Fall bei
4 FÀllen chronischer Amöbendysenteriker, die Verfasser be-
obachtet hat. Die Bedeutung der intestinalen SpirochÀtosen ist
noch nicht klar. Die Recto-Colon-LĂ€sionen mit Fuso-Spirillen-
Infektion stellen zweifellos nur eine der vielen .ModalitÀten des
intestinalen SpirochÀtosen dar.
Beitrag zur pathologischen Anatomie des Mumps. Beschrei-
bung des seltenen Falles, daĂ im Verlaufe des Mumps durch
das Virus von den Submaxillar- und SubtingualdriĂŒsen aus eine
starke Leukozytenreaklion zu einem entzĂŒndlichen bis zum Kehl-
kopf fortschreitenden Oedem fĂŒhren kann.
Heilung der Grippe durch Rckonvaleszentenblut. Es werden
einem 4 â 5 Tage schon fiebei freien Grippekranken, der Ă€hnliche
Erscheinungen und Komplikationen aufweist, wie- der zu be-
handelnde, 10â20 cem aus der Vene entnommen und in das Zell-
gewebe des Abdomens, der Oberschenkel oder der Glutaei unter
den entsprechenden VorsichtsmaĂregeln injiziert, und zwar
tÀglich, solange als die Hyperthermie besteht. Material an
schweren, komplizierten FĂ€llen: 20 genasen. Die gĂŒnstige
Wirkung tritt fast sofort ein: Temperaturabfall, gute Beein-
flussung des AllgemeJinzustandes, gĂŒnstige Wirkung auf die
Lungenkomplikationen und auf die anderen Organe. Verminde-
rung der Dyspnoe und der pleuralen Komplikationen, Vermehrung
der Diurese.
Krankheitserscheinungen bei Zelluloidarbeitern. Man findet
Kopfschmerzen infolge des Kampfergeruchs, aber meist nur im
Anfang. Wichtig isl aber eine toxische Eosinophilie, verursacht
durch Azeton und Amylumazetat, das auch in der Filmindustrie
verwandt wird und die dem professionellen Benzinismus gleich-
zustellen ist. Diese Eosinophilie könnte zu diagnostischen Irr-
tĂŒmern fĂŒhren bei intestinalen Parasiten oder Hydatiden-Cysten,
die zufÀllig bei solchen Arbeitern auftreten könnten.
v. S c h n i z e r.
16. Juni 1922, 12, Nr. 23.
âŠZona und Fazialisparalyse. W o r ni s und de L a v p r g i n. 481.
Serodiagnostik der Tuberkulose mittels des BesredkÀ'sehen Antigen'«.
I c h o k. 485.
Resektion der 2 Knochen des Vorderarms ohne Kjiochennaht bei VerkĂŒrzung
der Sehnen der Fingcrbeuger durch IschÀmie. fS o n 1) e y r a u. 490.
Zona und Fazialisparalyse. Die Zosterdnfektion entsteht
wenigstens auf der Basis einer gewissen Anzahl sogenanntei
Fazialisparalysen infolge ErkĂ€ltung. Dabei ist zu bemerken, daĂ
das vollstÀndige Genioulatumsyndrom, die Manifestation des
Zosters bei der Fazialisparalyse, die Hörslörungen, die charak-
teristische BlÀscheneruption auf der Schleimhaut und dem Tegu-
ment im Bereich des VII. Nerven ziemlich selten ist. HĂ€ufiger
ist das unvollstÀndige Syndrom: Lediglich die motorische Affek-
tion des Fazialis, die episodisch hinzutritt zu einer Zosteraffek-
tion, in einem nÀheren oder entfernteren Gebiet: die Trigeminus-
Fazialis-, die Zervico-Facialis-eone oder die Zona À distance.
Die charakteristische Eruption kann sich auf die Zungen
oder velopalatine Sehieimhaui beschrÀnken, wo die BlÀschen
rasch welken oder ulzerieren, sich sekundÀr infizieren und in
nichts mehr an ihre wahre Natur erinnern. Dann kann die Àtio-
logische Diagnose sehr schwer sein. Das komplette Geniculatum-
syndro.ni isl leicht zu diagnostizieren: Neuralgien. Hörslörungen,
Eruption in der Ramisay-Hunt'schen Zone (einem Teil der inneren
Ohrmuschel) mil Ausdehnung hinter die Ohrmuschel auf die
Zunge und die Mandeln. Liegen keine Hauleruptionen vor, so isl
immer nach den BlÀschen im Gehörgang, au! dei Mundschleim
haut oder nach dyphagisohen Erscheinungen als ihre Folge EU
forschen. Uebrigens ist die Fazialisparalyse fast immer von Sen
sibililÀtsstörungen (Otalgie . von Schmerzen in der Gegend des
Ohres oder der Orbila, von an oder hyperÀsthetischen Erschei-
nungen begleitet. Das Lumbalpunklal hat eine diagnostische Be-
deutung, vermehrte Lymphozystose, Hyperalbuminose, Hyper
glycorrhachie die immer in klaren FĂ€llen zu linden sinn.
v. SC'h n i z e i
La Presse medicale, Paris.
29. MĂ€rz 1922, Nr. 25.
âŠDi« Fette in der ErnĂ€hrung und Behandlung der Diabetiker. Physiologisch«
ErklÀrung der Erfolge von Entziehungskuren. M a i g n o n . F. 2fl'>.
âŠTraumatische Ophthalmoplegien. T e r r i c ii . F. -'1)7.
âŠSchmerzhafter fcnueissus anterior der Tibia. F e u t e t a i s , p. 27n.
Die Fette in der ErnÀhrung und Behandlung der Diabetiker:
Physiologische Interpretation der Wirkung der Fastentherapie.
Die groĂen Richtlinien fĂŒr die Fettherapie in der Behandlung des
Diabetes bestehen im "wesentlichen
1. im mehr oder weniger vollstĂ€ndiger UnterdrĂŒckung der
Kohlehydrate in der ErnÀhrung.
2. Reduktion des alimentÀren Eiweià auf das zur Reparation
des Organverbrauches nötige Minimum.
3. " Ersatz der Kohlehydrale durch ein leicht assimilierbares
Fett (Emulsionierte und zum Teil saponierte Oele; nötigen
falls Naturöle).
1 Erhaltung der normalen HarnsĂ€ure durch ZufĂŒhrung von
Natrium bicarb.
Das Resultat bestand immer im raschen Verschwinden des
Zuckers und des Azetons, Wiederherstellung der Muskelkraft und
Potenz, Hebung des Allgemeinzustandes.
Eine Kontraindikation besteht bei schwerer Pankreaserkran
kung, wenn der Organismus nicht imstande ist, das Fett zu ver-
werten.
Betreffs der Fastentherapie erklÀrt Labbe. daà bei FÀllen
ohne UnterernÀhrung HyperglykÀmie, Glycosurie und Acidose
unterdrĂŒckt wird und meist ganz verschwindet; bei FĂ€llen mit
UnterernÀhrung aber die Glykosurie und Acidose nur vermindert,
die GlykĂ€mie ebenfalls, aber nicht auf das NormalmaĂ zurĂŒck-
fĂŒhrt; das erklĂ€rt sich daraus, daĂ die Kohlehydrate garnicht
verbrannt werden, der Energiebedarf also durch das EiweiĂ be-
stritten wird, das bei seiner Desintegration Glukose ergibt, die der
Organismus nicht verbrennt und die Glykosurie unterhÀlt.
Die traumatischen Ophthalmoplegien. Verf. rechnet unter die
Ophthalmoplegien nur die multiplen Paralysen der motorischen
Augennerven oder wenigstens zweier Augenmuskeln, die von zwei
verschiedenen Nerven inneviert werden. Die Symptomatologie isl
verschieden, je nach dem Orte des Traumas und dem Sitz der
LÀsion. Bei LÀsion der OrbitawÀnde oder der Muskeln tritt selten
eine wirkliche Ophthalmoplegie auf, sie betrifft meist nur den
Levalor palpebrae und den Rectus superior. Bei LĂ€sion des
Trichterdaches tritt hÀufig eine totale Ophthalmoplegie ein, da
durch die issura orbit. rup. die meisten Augennerven eintreten.
Es besteht totale Unbeweglichkeit des Bulbus, Ptsis, AnÀthesie
der Cornea, Conjunktiva, des oberen Lides , 'und der Frontalregion*.
Bei intrakraniellen LĂ€sinen besteht meist auĂer MuskellĂ€hmungen
Exophthalmus mit Pulsationen, die dem Puls isochron sind. Kern-
lnsionen infolge von Blutungen sind prognostisch gĂŒnstig, da sie
mit der Resorption der Blutung zu verschwinden pflegen. Tritt
Diabetes auf, weist dieser meist auch eine KernlÀsion auf.
Schmerzhafte Apophysitis auf der Vorderseite der Tibia. Die
röntgenologische Untersuchung eines Falles von Schlatterscher
Krankheit ergab, daĂ nicht nur die rechte Tuberositas Tibiae, an
der sich infolge eines Falles mehrfach Schmerzen zeigten, anormal
vergröĂert war, sondern daĂ auch die linke Seite, an der weder
Trauma noch Schmerzen gewesen waren, dieselbe VergröĂerung
aufwies. Es handelt sich also, wie schon öfter beschrieben ist.
um eine Entwicklungsstörung der Tuberositas, die sich im Wachs-
tumsalter hÀufig durch Schmerzen kenntlich macht und bei der
ein Trauma nur eine sekundÀre Rolle in der Aetiologie spielt
1-1 a b e r.
(>r>4 Aus den neuesten Zeitschriften
La Presse Medicale, Paris.
5. April 1922, Nr. 27.
âŠSyndrome lies Corpus striatum syphilitischen Ursprungs heim Greise
Lbermitte, J. und Cora'il, L. 289.
⊠Wert der Salvaneschischen Methode hei Orchitis. G ar r i"e à , E. 292.
Die Syndrome syphilitischen Ursprungs im Corpus striatum
beim Greise. Bei Beobachtung eines Falles von Parkinson bei
einem Mann von 72 Jahren, der zur Autopsie kam, fanden sich
betrÀchtliche ZellverÀnderungen im Globus pallidus und vor allem
in den groĂen Zellen des Striatum, Reduktion an Zahl und GröĂe,
pigmentÀre Atrophie, lipoide Degeneration. Im Pallidum besteht
eine Gliawucherung, im r. Nucheus caudatus stellenweise voll-
stÀndiger Ausfall des Markfasernetzes und der Nervenzellen.
Zugleich bestand eine astrocytÀre und fibrillÀre Gliareaktion mit
Infiltration von StÀbchenzellen. Die VerÀnderungen gingen auch
auf den Luyschen Körper und Locus niger ĂŒber. Daneben aber
fanden sich, abweichend von dem ĂŒblichen Befund, Alterationen
des GefĂ€Ănetzes, Fibrohyaline, Wandverdickung und Rundzelleu-
infiltration, alles VerÀnderungen, die nur syphilitischer Natur
sein können. Ein 2. Fall bestÀtigte die Beobachtung, daà die
Syphilis nicht nur das GefĂ€Ănetz, sondern auch Hirnteile von
ganz speziellem Bau, Funktion und chemischer Zusammen-
setzung wie das Corpus striatum angreift.
Der Wert der Methode von Salvaneschi bei der Prophylaxe
der Orchitis nach Mumps. Um Orchitiden nach Ohraffektionen
vorzubeugen, hat Salvaneschi mit ausgezeichnetem Erfolge anti-
diphtherisches Serum injiziert. Auch bei bereits eingetretener
Orchitis hat sich die Methode bestens bewÀhrt; sie brachte so-
wohl unmittelbare wie anhaltende Besserung, auch sind spÀter-
hin keine Atrophien beobachtet worden, die Wirkung soll auf
einer Verhinderung der Hyperleukozytose beruhen, die sich bei
Eintritt von Komplikationen in der Parotis bildet, bei gleich-
zeitiger Vermehrung der roten Blutkörperchen. Die Beobach-
tungen, die Cheinisse in Paris gemacht hat, bestÀtigen die obigen
guten Erfahrungen nicht in demselben MaĂe; die Statistik zeigt
ungefÀhr dieselben Resultate mit und ohne Behandlung, dagegen
besteht" immer bei der Serumanwendung die Gefahr der Ana-
phylaxie, die allerdings bei strikter Indikation zur Therapie
nicht in Betracht zu ziehen ist. Habe r.
8. April 1922, Nr. 28.
âŠChronische Appendizitis; Wichtigkeit der radioskopischen Untersuchung.
Laroche, G., B r o d i n . P., und R o n n e a u x , G. 297.
Bemerkungen zur Technik der Hornionhohandlung. besonders der Crural-
Hernien. R i e h a r d , A. Sin.
âGefahren des Hypophysanextrakts in der Geburtsheilkunele. Cheinisse,
L. 302.
Kritische Betrachtung ĂŒber chronische BlinddarmentzĂŒndung:
die Wichtigkeit der radioskopischen Untersuchung. Allgemeine
und funktionelle Symptome haben keine besondere diagnostische
Bedeutung. Wichtig sind dagegen 2 Erscheinungen, die Defense
musculaire und der lokale Schmerz bei der Palpation. Da aber
erstere bisweilen fehlt und letzterer bei der sehr verschiedenen
Lage der Eingeweide oft schwer zu deuten ist, muĂ unbedingt
die radiologische Untersuchung zu Hilfe gezogen werden. Wird
mehrere Male ein Schmerzpunkt gefunden, der genau an der Basis
des Wurmfortsatzes oder in seiner unmittelbaren Nachbarschaft
liegt und sich bei 'wechselnder Lage mit ihm verschiebt, so ist
dies als markantestes Zeichen einer chronischen Appendicitis
zu bewerten.
Die Gefahren in der Geburtshilfe durch Hypophysenextrakt.
AuĂer schweren Uterusrupturen sind vor allem Kontrakturen,
Tetanisationen, ZerreiĂungen des Halses, vorzeitige Loslösung
oder Incarceration der Placenta als Folge der Anwendung von
Hypophysenextraklen beobachtet worden, in einem Fall, wo
keinerlei Kontra-Indikation bestand, sogar 2 eklamptische An-
fÀlle nach einer Injektion von 1 ccm. Einer Statistik von Lumdell
zufolge kommen auf 1293 Geburten 34 TodesfÀlle des Foetus und
41 FĂ€lle schwerer Asphyxie. Amerikanische Autoren hallen die
Anwendung des Mittels nur bei Haermot rhagien post partum fĂŒr
angezeigt. Haber.
12. April 1922, Nr. 29.
Kann die Steinachsche Operation die VerjĂŒngung de» tierischen Organismus
herbeifĂŒhren? Marinesco, G. 309.
âŠDynamische Zeichen der Aortensklerose. M o u g e o t . A. 311.
âŠProlongierte PneumokokkenseptikĂ€mien. L o u b et und R is c xi 314.
Vier dynamische Zeichen der Aortensklero9c und ihr physio-
pathologischer Mechanismus. Mit Hilfe des Instrumentariums von
40. Jahrg. â Nr. 47/48
Pachon gelang es dem Autor, noch vor dem Erscheinen der
klinischen Symptome die Sklerose der Aorta deutlich zu machen.
Sie Ă€uĂert sich in dem plötzlichen und raschen Ansteigen der
Pulswelle, in der starken Steigerung des Differentialdruckes ge-
messen am Humerus, in der relativen systolischen Hypertension
der unteren ExtremitÀten und in dem radio-femoralen Asynchro-
nismus durch vorzeitigen Femoralpuls, der 0"O44 betrÀgt. Die
ErklÀrung der Erscheinungen sieht Verf. in der Tatsache, daà die
sklerosierte Aorta nicht wie die normale einer Kautschukröhre,
sondern einer Stahlröhre vergleichbar ist, deren Ausdehnungs-
fÀhigkeit vermindert, die ElastizitÀt dagegen erhöht ist.
Beitrag zum Studium langdauernder Pneumokokken-Septi-
kÀmien. Die Anwesenheit des Pneumokokkus im Blut lange nach
dem Beginn der Erkrankung, ist eine interessante Erscheinung
dieser SeptikÀmien, die indessen vom Organismus gut vertragen
werden, weil sie in der Regel ohne weitere Folgeerscheinungen
abheilen. Der Allgemeinzustand .bleibt relativ gut, trotz der
erhöhten Temperatur und der deutlichen Zeichen von ToxÀmie wie
Myocarditis, Splenomegalie, Albuminurie. Dagegen fehlen im Ver-
lauf langdauernder SeptikÀmien die Symptome der starken Viru-
lenz des Pneumokokkus wie die Purpura. Den Hauptgrund fĂŒr
den gutartigen Verlauf erblickt Verf. darin, daĂ keine viscerale
Lokalisation der Pneumokokken eingetreten ist und ihre Natur
nur durch die Blutkultur nachzuweisen ist. Auch ist diese Form
ler Erkrankung meist durch einen langsamen und schleichenden
Beginn gekennzeichnet. Haber.
15. April 1922, Nr. 30.
⊠Die Alhuminosc des Serums der Karzinomkranken. I. o e p e r . M. 321.
Vago-Sympathicus und Anaphylaxie in den naroxystischen Krisen der Manie
und Epilepsie. Tincl. J. und Santenoise, D. 321.
âŠWeiche und harte Bestrahlung in der TheTapie des Iteruskarzinoms.
Lac. assagne. A. 323.
VorĂŒbergehende und dauernde ImmunitĂ€t. Marmorek, A. 324.
Ueber Albuminose im Serum von Karzinoniatösen. Die Be-
obachtung, daĂ im Serum Karzinomatöser das Globulin ĂŒber-
wiegt, findet sich besonders bei langsam wachsenden Tumoren mit
geringer Metastasenbildung. Nach der anaphvlaktischen Reaktion
stimmten die zirkulierenden Albumine mit denen des Tumors ĂŒber-
ein. Verf. gelangt zu der l'eberzeugung, daĂ die Albumine nicht
durch Leberinsuffizienz hervorgerufen sind, da sie sich erstens
auch bei Nieren-, Magen- oder Lungenkrebs finden, und zweitens
die Radiotherapie die Menge bedeutend vermehrt. Diese Ver-
mehrung muĂ den Tumormassen entstammen, die durch die Be-
strahlung zur Einschmelzung gelangen. Verf. tritt damit der
\nsicht Filinskis entgegen, der allein die Leber fĂŒr die Globulin
Vermehrung verantwortlich machen will.
Ueber weiche und harte Radiumbestrahlung beim Uterus-
Karzinom. Die völlig abweichenden Beobachtungen zweier
Tutoren, von denen der eine nach Bestrahlung einen nichfslerili-
sierten Krebs mit GefĂ€Ănekrosen fand, der andere dagegen di
Zerstörung des Tumors bei normalem Zustand des gesunden
Gewebes, erklÀrt Verf. im ersten Falle durch die kaustische Wir-
kung der Ă- und weichen y-Strahlen bei ungenĂŒgender Aussendun
harter y-Strahlen; im zweiten Falle waren die weichen Strahlen
durch adÀquate Filtration vollstÀndig absorbiert, nur die elektiv
Wirkung der harten Strahlen ist intensiv genug, um das Krebs-
Gewebe total zu zerstören. Es handelt sich also darum, ein
Technik zu finden, die bei Exclusion der kaustischen Strahlen die
elektive Wirkung einer sinngemÀà filtrierten Bestrahlung reali
siert. Habe r.
19. April 1922, Nr. 31.
Ein neues Verfahren fĂŒr Anus iliacue. (' u n i o , B. .".33.
⊠Das hulbÀre Syndrom hei akuter Intoxikation durch intraorhitale Inie
fcjonen von Kokain. M o u t i e r . F. und Cl u e r i n . A. 335.
Das bulbÀre Syndrom bei akuter Kokainvergiftung durch intr
orbitale Injektionen. Bei zwei FĂ€llen schwerer Kopfneuralgie
wurde durch intraorbitale Kokaininjektionen ein Syndrom hervor
gerufen, das den experimentell erzeugten BulbÀrsymptomen voll
stÀndig gleicht: Delirien, Agitation, Loquacitas, Angstschwei
BlÀsse, Pulsbeschleunigung, motorische Störungen vom Zitter
bis zum Tetanus, Pupillenerweiterung, Schwindel und Atem
Störungen, die zum Collaps fĂŒhren. Der Reihe nach werden zu
erst die Hemisphaeren, dann das RĂŒckenmark, zuletzt der Bulbu
ergriffen. Dieser ist in der Exitationsperiode, wenn die sensiblen
RĂŒckenmarkszellen paralysiert sind. Von den beiden Gegenmitteln
Sauerstoff und Aether ist der letztere bei weitem wirksamer un
schneller. Die Dosen mĂŒssen wiederholt gegeben werden un
können 30â35 ccm betragen. Das Cheyne-Stokessche PhĂ€nome
wird durch beide Medikamente nicht beeinfluĂt. Haber.
10. Jahrg. â Nr. 47/48 Ans den neuesten Zeitschriften <,:,,-,
La Presse Medicale, Paris.
22. April 1922, Nr. 32.
âŠA njipliylaiif bei Ipecacuanha; DbsensU>ilA.tion »uf subkutanem B'fg».
N i (1 a I . P., A Ii i a h a m 1 , P. und J ol t rs in , Bd. 341.
Krkonstitutiou der Oberlippe bei Frauen. D ul 0 U r m-6 n t 6 1 , 344.
Ist Quecksilber ein Heilmittel der Syphilis? C be i n 1 s s e . I.. MB.
Anaphylaxie bei Ipecacuanha; Desensibilation auf stibcuta-
ncin Wege. Die bekannte Ueberenipfindlichkeit gegen Ipecacuanha
zeigte sich bei 2 Beobachtungen, von denen der erste Patient an
heftigem Schnupfen und schweren AslhmaanfÀllen litt, sobald er
mit der Droge als Apotheker zu tun hatte; beim 2. Patienten trat
jedesmal ein Ekzem nur im Gesicht auf; dabei bestand bei beiden
Fallen die charakteristische haemoklasische Krise wÀhrend der
AnfÀlle, ebenso erwies sich die CutÀnreaktiqn sowohl mit Pulver
wie mit der Mazeration stark positiv. Die Desensibilation ge-
lang in beiden FĂ€llen mit subkutanen Injektionen minimaler Dosen
von Ipecacuanha, die einige Wochen lang ansteigend zur Heilung
fĂŒhrten. Im ersten Falle wurde wĂ€hrend der Kur Belladonna
gegeben, da die AsthmaanfÀlle sich zunÀchst eher steigerten, bis
sie im weiteren Verlauf ganz verschwanden. Haber.
26. April 1922, Nr. 33.
Resektion des cerricotbpracalen Syuipathicus. .Tonnen c u . Th. 3SS.
âŠDie C'oniuren des cardio-vaskulĂ€ren Medianschattens im Röntgenbild won
Torn gesellen. i> e I Ii e r m . L. und Ohaperon. R. S58.
Die Konturen des cardio-vaskulÀren Mediansehattrns im Rönt-
genbild von vorn gesch n. Der rechte Kontur des normalen Schat-
tens im Röntgenbild von oben nach unten besteht aus dem rechten
brachio-cephalischen Venenstamm, der Vena cava sup., dem rech-
ten Herzohr und der Vena cava inf. Den linken Rand des Median-
schaltens bildet von oben nach unten der sterno-vertcbrale
Schatten, der Aortenhalbkreis, der Anfangsteil der Aorta desc,
die Arteria pulm., der linke Ventrikel. Die AortenkrĂŒmmung
ist also nur im Niveau des Endteiles sichtbar. Die Messung
des Frontaldurchmessers der KrĂŒmmung ist illusorisch, da sie
immer den Durchmesser der Vena cava sup. mit umfaĂt, nur im
schrĂ€gen Durchmesser erhĂ€lt man ein genaues MaĂ.
Die retrosternalgelegene^Korta ascendens ist, entgegen der
meist herrschenden Ansicht, in Frontalstellung nicht zu sehen.
Haber.
29. April 1922, Nr. 34.
âŠRetro-Oesopfrageal-Phlegmone. t; u i s c z . .1. 36;>.
âŠWirkung des Adrenalins auf das Leukt>!iyteiibilcl bei Myelosen, (i o 1 a , .1.
366.
PigmentĂ€re Cirrhose und HĂ€rnochromatose. H n u i I 1 a r d . .1. .'Â«ĂŒi.
Ueber die Retro-Oesophageal-Phlegmone. Verf. konnte die
verhĂ€ltnismĂ€Ăig seltene Erkrankung hei drei Kindern beobachten.
Der Beginn ist schleichend, wenig oder keine Temperatur, allmÀh-
lich zunehmende Dyspnoe, Dysphagie und verÀnderte rauhe und
erstickte Stimme. Die direkte Laryngoscopie oder nach erfolgler
Tracheotomie die Trachcoscopie ergibt ein Abweichen der hinteren
Tiachealwand in der subglottischen Region, der tief eingefĂŒhrte
Finger fĂŒhlt die Fluktuation. . Nach Eröffnung des Abszesses, die
selbstverstÀndlich im Liegen bei hÀngendem Kopf erfolgt oder
sich sofort an die Tracheotomie anschlieĂt, sehr schnelle Besse-
iiing. Die Ursache ist in einer Vereiterung der praevertebralen
DrĂŒsen zu suchen, wenn nicht ein Fremdkörper vorliegt, was bei
dem sehr jugendlichen Aller der Kinder selten ist.
Die Wirkung des Adrenalins auf das Leukocytenbild bei den
Myelosen. Bei der myeloischen Leukaemie zeigt sich nach Adrena-
lininjektion eine starke Vermehrung der myeloischen Leukocyten,
die sich, wie in normaler Weise in der Milz und den LymphdrĂŒsen
vollzieht. Die Wirkung erklÀre sich durch die Reaktion des
Adrenalins auf die glatte Muskulatur der betreffenden Organe und
ist um so weniger ausgesprochen, je mehr eines derselben seine
normale histologische Struktur beibehÀlt, wie z. B. bei den aleu-
kÀmischen Myelosen. Das Adrenalin, durch das vor allem die
jug1 ndlichen Formen mobilisiert werden, ist daher ein wertvolles
Mittel zur Differt ntialdiagnostik zwischen den FĂ€llen von Myelose
und aleukÀmischer Lymphadenose, die hÀufig grolle Schwierig-
keiten verursacht. Habe r.
3. Mai 1922, Nr. 35. '
⊠Der muköse Typus des Gallenblascnhydrops durch Verschluà des Ductus
cysticus. Daniel, ('. und R a b e s , A. 377.
Betrachtungen ĂŒber die l'ottscjie Krankheit; Klassische und chirurgische
Behandlung. Borrel, E. 378.
Der muköse Typus des Gallenblasenhydrops durch VerschluĂ
dem Ductus cysticus. Beim Hydrops der Gallenblase, hervor-
gerufen durch VerschluĂ des Ductus cysticus. sind zwei Typen
zu unterscheiden, der Iranssuelative oder seröse Typ und der
sekretorische oder muköse Typ. Ersterer ist charakterisiert
durch skleröse VerÀnderungen der Blase und einer transsudat
artigen FlĂŒssigkeit; letzteres durch katarrhalische EntzĂŒndungen
der Schleimhaut mit muköser Sekretion. Jener beruht auf Àlteren,
dieser auf frischen LĂ€sionen der Schleimhaut. Beide Formen
reprÀsentieren Anfangs- und Endstadium desselben pathologi-
schen Prozesses und können selbstverstÀndlich auch in allen
Zwischenstadien auftreten. Haber.
6. Mai 1922, Nr. 36.
âŠColloidoklasie und endokrine DrĂŒsen. W i d a 1 , F., A h r a rn i , P. und
d"e G e n n e s , L. 385.
⊠Die radiculÀre Verteilung des Xaevus und des \'itili«-r>. Klippel, U. und
W eil. M. P. 388.
KisenprÀparate in der Therapie. Che i n isse , L. 3iiu.
Colloidoklasie und endokrine DrĂŒsen. Die Beobachtung einer
Kranken mit AsthmaanfÀllen bei gleichzeitiger hÀmoklasischer
Krise zeigte einen engen Zusammenhang dieser Erscheinungen
mit den Funktionen der endokrinen DrĂŒsen. Die AnfĂ€lle be-
gannen mit dem Auftreten der Menses im 14. Lebensjahr und
verschwanden beim Aufhören derselben im 37. Lebensjahr; dafĂŒr
traten die deutlichen physischen und psychischen Symptome des
Myxödems auf bei kleiner, nicht schmerzhafter SchilddrĂŒse.
Störungen der DrĂŒsen mit innerer Sekretion bewirken also auch
eine Störung im vagosympathischen Apparat. Es tritt eine
coltoidoplasmatische InstabilitÀt ein, die zu den anaphylakti sehen
PhĂ€nomenen fĂŒhrt. Dauernd fortgesetzte Organotherapie fĂŒhrte
in dem angegebenen. Falle zur Heilung.
Die radiculÀre Verteilung des Naevus und des Vitiligo.
Zwischen Naevus und Vitiligo besteht eine nahe Verwandt schalt.
Beide können als sekundÀre Erscheinungen nach anderen Er-
krankungen oder durch Druck und andere mechanische Beize
entstehen, was durch die willkĂŒrliche Lokalisation angezeigt
wird; beide können aber auch nervösen Ursprungs sein una
lassen dann eine klar systematisierte Topographie erkennen, die
auf eine LĂ€sion der Wurzeln hinweist. Bei einem Z;Ur Autopsie
gelangten Falle konnte man an der Grenze zwischen unterem
Hals und oberem Brustmark eine schwarz pigmentierte peri-
ependymÀre Zone sehen, die genau der Verteilung des Naevus
entsprach. Verf. nehmen an, daĂ der eigentliche Herd im Niveau
der hinteren Kommissur und der interkommissuralen Fasern
gelegen ist. Habe r.
10. Mai 1922, Nr. 37.
⊠Am no- Arsen-Phenol zur intramuskulÀren Behandlung der Syphilis. Jean-
seltne, E., Poniaret, M. und Bloch, M. :!97.
âŠRadiuniwirkung der Heilquellen und ihre Rolle in der Badekur, f â i s t e 1 -
n a u , R. und L o i s e 1 . P. 399.
Die H.uran ko« -Dohleschen Leukozyteukörperchen. A c c o y e r , H. 401.
Die Behandlung der Syplylis mit Amino-Arseno-Phenol auf
intramuskulÀrem Wege. Die Beobachtung an 150 FÀllen ergab,
daĂ das Amino-Arseno-Phenol ein haltbares, sterilisables, thera-
peutisch wirksames PrÀparat zur intramuskulÀren Behandlung
mit geringster toxischer Wirkung ist. Es eignet sich zur FrĂŒh-
bi handlung der Lues und kann in gröĂeren Dosen, als intravenös
möglich ist, gegeben werden. Patienten, die intolerant gegen die
intravenöse Behandlung sind, verlragen die intramuskulÀre ohne
Beschwerden. Die therapeutische Wirksamkeit sowohl auf die
Narbenheilung wie auf den Ausfall der Wa. B. ist bei beiden
Methoden die gleiche.
Die RadioaktivitÀt der Quellen und ihre therapeutische Wirk-
samkeit. Die RadioaktivitÀt des Gases ist immer der des Wassers
ĂŒberlegen, ist aber auch bei eia und derselben Quelle niemals
konstant; sie ist am stÀrksten bei Quellen, die in Talkesseln ge-
legen sind, wo die Emanation durch Konzentralion schweier wirti
p.ls che Luit. Als GetrĂ€nk betrĂ€gt die tĂ€gliche Dosis 200â500 ccm.
was 0,08â0,15 Millimicrocurie Emanation entspricht. Bei In-
halation wird diese Dosis bei einem Aufenthalt von 10 â 60 Mi
nuten tĂ€glich erreicht. HeiĂe HalbbĂ€der sollen 5 Minuten dauern
wobei der Kranke bis zur Taille im Wasser sitzt. Die Wirkung
besteht in Zersetzung der Purinkörper, Erhöhung der Ferment-
aktivitÀt, Vermehrung des HÀmoglobins und der Kernteilung.
Verbesserung des Stoffwechsels und der HarnsÀureausscheidung.
Es zeigt sich ferner eine deutliche Einwirkung auf die Neben-
niere und wahrscheinlich auch auf die anderen endokrinen
DrĂŒsen. Zur Behandlung eignen sich vor allem die Erkrankun
656
Referate
40. Jahrg. â Nr. 47/48
gen, bei denen das vago-sympathische Gleichgewicht gestört ist.
Die dabei charakteristische hÀmoklasische Krise verschwindet im
Laufe der Behandlung vollstÀndig. Haber.
13. Mai 1922, Nr. 38.
âDer gegenwĂ€rtige Stand der unilateralen, intra-thorakalen Chirurgie in der
freien Pleura. Duval, P. 409.
âDie Kalziumsalze bei Asystolie. Danielopolu, D.. D r a g a n.e s c o , !S.
und Copaceanu, P. 413.
Der gegenwÀrtige Stand der unilateralen intra-thorakalen
Chirurgie in der freien Pleura. Der totale unilaterale Pneu-
mothorax bei sehr groBer Oeffnung der Thoraxwand, mit voll-
stÀndigem Kollaps der ganzen Lunge durch Kompression, wobei
auch die Residaalluft entfernt wird, ruft keine Respiralions-
störungen hervor, sondern nur eine geringe Herabsetzung des
arteriellen Druckes, ohne den kardialen Rhythmus zu beein-
flussen. Die Respirationsstörungen treten nur bei Ventilation
der Pleura auf, hervorgerufen durch Alembewegungen des Hemi-
thorax und Hemidiaphragma bei unvollstÀndigem Lungenkollaps.
Sie verschwinden sofort, sobald dieser, am besten mil Hilfe
feuchtwarmer Kompressen, eingetreten ist. Allgemeinnarkose mit
Aether.
Die Kalziumsalze bei Asystolie. Die Beobachtungen haben
ergeben, daĂ das Kalzium bei der Behandlung der Asystolie dem
Digitalis und Strophantin nicht ĂŒberlegen ist, sondern noch den
Nachteil hat, die BlutgerinnungsfĂ€higkeit zu erhöhen. GĂŒnstige
Resultate ergeben dagegen eine Verbindung beider Therapien
In einigen FĂ€llen, wo Steophantin allein unwirksam blieb, trat
sofort ein augenfÀlliger kardiotonischer Effekt ein, nachdem vor-
her Kalzium gegeben war. Diese klinischen Beobachtungen decken
sich vielleicht mit den experimentellen von Loewi. daĂ der
Aktionsmechanismus beider Mittel verschieden ist, und zwar in
dem Sinne, daĂ das Kalzium das wahre Cardiotonikum ist, das
Digitalis nur die Sensibilisierung des Herzens fĂŒr das Kalzium
bewirkt. Haber.
ist die Applikation des Medikaments von HautausschlÀgen be-
gleitet. Man wird in der Regel mit Verabreichung von 0,2 g
beginnen; 0,4 g Luminal ist bereits als hohe Dose zu betrachten.
Das Hauptindikationsgebiet fĂŒr seine Anwendung bilden die
FĂ€lle von genuiner Epelipsie. A. MĂŒnzer.
17 Mai 1022, Nr. 30.
âGedanken eines Praktiker.« ĂŒber Syphil's^Behanrlluuf
Urnen. L
421.
Betrachtungen eines Praktikers ĂŒber die .Behandlung der
Syphilis. Nach reiflicher ErwÀsung der verschiedensten Me-
thoden kommt Verf. zu dem SchluĂ, im Anfangsstadium der
Syphilis eine Serie möglichst starker intravenöser Injektionen
von Arsenobenzol zu machen und diese eventl. mangels eisener
Uebung einem Spezialisten anzuvertrauen. Bleibt die Wa.R.
nesativ, so genĂŒgt nach einiger Zeit eine Serie intramuskulĂ€rer
Injektionen eines ArsenprÀnarates oder eine Quecksilbertheranie.
Viele Kollegen bestehen jedoch auf alle FĂ€lle nach einer Pause
von 5 â 6 Wochen auf einer zweiten Kur' analog der ersten. Wir
empfehlen diese nur bei SekundÀrerscheinungen oder positiver
Wa. B., danach erfolst dann Quecksilberkur oder intramuskulÀre
Arsenkur. Dieselbe ist auch bei alter Lues angezeigt, wo es sich
nicht mehr darum handelt, möglichst schnell und krÀftig vorzu-
gehen. Je mehr man sich vom PrimÀrstadium entfernt, um so
individueller werden die Indikationen, fĂŒr die sich keine Regeln
mehr fixieren lassen. Haber.
L' Encephale.
April 1022, Nr. 4.
Die Heteraesthesie bei der direkten RĂŒckenmarkerschĂŒtterung. L b e r -
mitte, I.. und Corn il , I.. 201.
âąfrDie Erblichkeit in der Nachkommenschaft eines Polygamen. M i g n o t . R
212. %-i<r'~ -»V
Untersuchungen ĂŒber dir Rolle der ..Ko:nnlexe:' bei den Krankheitserschei-
nungen der Irren. Hink o \v s k i . E. 219.
âZur Behandlung der Epilepsie mit Luminal. D i v r y. 228.
Die Lipoide in der Pathologie der Nerven- und Geisteskrankheiten. B i a n -
e i n i . H. 234.
Die Erblichkeit in der Nachkommenschaft einer Polygamen.
Ein junger Franzose, der in der Mitte des 18. Jahrhunderts in einer
der Antillen landete, nahm eine schwarze Sklavin des Landes
zur GefĂ€hrtin. Aus ihrer Verbindung entsproĂte ein Sohn, der
exquisit polygam veranlagt war. Er ging zwei rechtmĂ€Ăige Ver-
bindungen ein und hatte auĂerdem sieben Nebenfrauen. Die Lebens-
geschichte ihrer Nachkommen ist genau bekannt und wurde von
dem Verfasser hinsichtlich ihrer GesundheitsverhÀltnisse ein-
gehend geprĂŒft. Unter den 151 Gliedern der Familie befinden
sich 26 anormale Individuen, wĂ€hrend die ĂŒbrigen völlig gesund,
und einige unter ihnen sogar hervorragend begabte Menschen
waren.
Zur Behandlung der Epilepsie mit Luminal. (SchluĂ). Luminal
entfaltet eine schnellere Wirkung als Brom.; es ist auch, da eine
einmalige Gabe am Tage genĂŒgt, leichler zu nehmen. Bisweilen
Aus den verschiedenen Sondergebieten.
Innere Medizin.
E. C. Levine und H. N. Segall: Reaktion nach Bluttrans-
fusion. (Surgery, Gvnecology and Obstetrics, 35. Nr. 3, Sep-
tember 1022, S. 313.)
Wiederholt trat nach Aethernarkose und nachfolgender Blut-
transfusion Agglutination der roten Zellen des Spenders ein. wenn
auch vor der Narkose die beiden Blutarten vertrÀglich gewese
waren. Vielleicht sind Lipoide im Blut die Ursache, vielleich
Aenderungen in dem kolloidalen Zustand des Blutes infolge de
Adners, Àhnlich wie der Wassermann hei Blutentnahme kurz nacl
den Mahlzeiten infolge kolloidaler Aenderungen unzuverlÀssi
wird. Ferner zeigte sich bei wiederholten Bluttransfusionen, da
Blut, das erstmals vertragen wurde, spÀter schwere Reaktion aus
löst. Grund liegt vermutlich darin, daĂ die ursprĂŒnglichen isoag-
glutinierenden und isohÀmolysierenden Eigenschaften des EmpfÀn-
gerblules durch Transfusion vermutlich geÀndert werden. Es so1
daher vor jeder Transfusion direkte und indirekte PrĂŒfung vor
g< nominell werden. K u h n.
Gustav Pallin: Bluttransfusion bei C h o 1 a e m i e. (Act
Chirurgic.a Scandinavica, 55, Heft 2.)
Die Gefahr der Nachblutung bei den Operationen an de
Gallenwegen ist bekannt. Verf. teilt einen Fall mit, in dem er
frĂŒheren Beobachtern folgend, bei einer schweren Blutung di
Bluttransfusion mit gutem Erfolge angewandt hat.
A. MĂŒnze r.
Martin, W. Uebcr den Wert der Blutiranfusion f
den Urologen. The Jour. atUrology. Nr. 2, August 19
FĂŒr den Urologen hat besonders die prĂ€operative Bluttrans
fusion eine groĂe Bedeutung, sieht er doch hĂ€ufig ausgeblutet
schwer anÀmische Patienten, bei denen ohne prÀoperative Blu
transfusion auf einen gĂŒnstigen Erfolg der Operation gar nie'
zu rechnen wÀre, die daher hier erst die Vornahme der Op
ration ermöglicht. Postoperativ dient sie dazu, SchwÀchezustÀnd
Blutdrucksenkungen und vor allem Infektionen des Harntraktu
jeglicher Art und Ursprunges zu bekÀmpfen. Bab (Berlin).
Carl Voegtlin. Die Grenzen der intravenösen M e d i
ka tion. (.Tourn. of the Amer. Med. Assoc. 79, Nr. 6, Aug. 19
S. 421.)
Die Anwendung der intravenösen Injektion hat einen solc
Umfang angenommen, daà es zeitgemÀà und wichtig ist, einm
den wirklichen Wert dieser Behandlungsform und ihre Grenz
nÀher zu betrachten.
Historisch betrachtet geht die intravenöse Injektion der su
kutanen voran. Die moderne Anwendung begann mit der En
deckung Baccelis, daĂ Chinin, in die Blutbahn direkt eingefĂŒh
die Malaria besser bekĂ€mpft als auf dem Umwege ĂŒber die inter
Medikation. Ihm folgte Crede mit der Injektion colloidaleri
Metalle bei SepticÀmie, aber mehr als dies beides hat die intraj
venöse Salvarsantherapie zur Popularisierung der intravenöse«
Injektionen beigetragen. Man ĂŒbersieht dabei scheinbar absieht!
lieh, daà der intravenöse Weg hauptsÀchlich zur Vermeidung des
Schmerzes und der lokalen Beaktion gewÀhlt wurde und nichT
wegen der gröĂeren Wirksmakeit. Man ist also berechtigt,
Frage zu stellen: gibt es ĂŒberhaupt Drogen, die unter bestimmte:
Bedingungen intravenös nachhaltiger als auf anderem Wege wid
ken? Jawohl, und zwar Chinin bei maligner Malaria, Strophantin
in gewissen HerzfÀllen, Diphtherieantitoxin bei schwerer Diphthe?
rie. Hier ist die intravenöse Einverleibung ein unbedingtes En
fordernis. An dieser Stelle ist auch die Kochsalzinjektion bef
schwerer Haemorrhagie zu nennen.
Neben den VorzĂŒgen dĂŒrfen dfe Nachteile der intravenös«
Darreichung nicht unerwĂ€hnt bleiben. UnerwĂŒnschte Reaktioneaj
lassen sich durch langsames Injizieren vermeiden, der Abwehrt
mechanismus des Blutes und der Gewebe tritt dann in Kraft, wi
bei raschem EinflieĂen nicht geschieht. Es ist ferner zu berĂŒcla
sichtigen, wie viel von dem gleichen Medikament der Patient vffll
her per os genommen hatte.
t
ten
40. Jahrg. â Nr. 17/18
Referate
65?
Verfasser ist nicht der Ansicht, daV die intravenöse Zufuhr
von Drogen den andern Methoden so sehr viel ĂŒberlegen ist, er
wĂŒnscht sogar, daĂ wir in die Lage kĂ€men, auch das Salvarsan
subkutan zu geben, was zur Vereinfachung der Syphilisbehand-
lung sicherlich erheblich beitrĂŒge, Held (Berlin).
Bernhard Zondck: Tiefenwirkungen bei thermischen
Behandlungsmethoden. (Klinisch« Wochenschrift, 1922,
Nr. 35.)
Verf. seigt durch eingehende tiefenthermometrische Messungen,
daĂ durch Ă€uĂere Applikation thermischer Beize sowoni
WĂ€rme- wie KĂ€ltereize - - die Temperatur tiefer gelegener Organe
wesentlich beeinfluĂt wird, eine sehr wichtige Feststellung fĂŒr
unsere therapeutischen MaĂnahmen. A. MĂŒnze l.
Karl Frik : Eine wesentliche Verbesserung der
Durchleuchtungstechnik der Lungenspitzen.
(Klinische Wochenschriff, 1922, Nr. 39.)
In allen FĂ€llen, in denen man bei der Durchleuchtung der
Lungenspitzen kein klares Bild bekommt, muĂ man versuchen,
den Muse, sternocleidomastoideus wegzudrÀngen, gerade durch
ihn wird hĂ€ufig das Spitzenbild verschleiert. A. MĂŒnz er.
John, H. und Gibbon, M. D.: Die konservative B e h a n d
lung chronischer Empveme. (The Amer. Journ. of
the Med. Sciences, 163, Nr. 4, April 1922, S. 469.)
Mittels WismutfĂŒllung wurde röntgenologisch die GröĂe der
Empyemhöhle festgestellt und das Empyem mit Dakinseher
Lösung behandelt. 5 FÀlle mit Röntgenbildern. Gute Heilerfolge
in vier FĂ€llen, bei einem Rezidiv. Der Patient muĂ so gelagert
sein, daà bei der Blutung sicher die ganze Höhle benetzt wird.
Loewenhardt (Charlottenburg-Westend).
MĂŒller-Dcham. lieber die Therapie der Pneumonie.
(Wien. Med. Wochenschrift, Nr. 41, Oktober 1922, S. 1688)
Verf. empfiehlt in dem fĂŒr den Praktiker sehr lehrreichen
Fortbildungsvortrag u. a. die Verabreichung von Optochin, jedoch
nur1 wÀhrend der ersten beiden Krankheitstage und nur unter be-
stimmten. Kautelen: Tagesdosis 1 â 1,2 g in Einzeldosen von
0.2 â 0,25 g; Gesamtmenge nicht ĂŒber 3 â 1 g; ausschlieĂlich Milch-
diÀt; Aussetzen des Mittels bei den geringsten Augen- oder
Ohrensymptomen. In jedem Fall Darmentleerung; je nach den
UmstÀnden Digitalis, besonders bei vorher krankem, hyper-
trophischem Herzen, Diginurat und Àhnliche PrÀparate, kein Di-
gnlen. Chinin 1 g pro die. Als Herzmittel Kampfer, bei ve-
nöser Stauung AderlaĂ (400 â 600 cem, besonders bei drohendem
Lungenleiden; bei toxischen Symptomen ev. 20â160 ccm. Serum
[Pneumokokken- oder Normnlserum). BeuĂ (Wien).
Rolfe Floyd, M. D.: Organisation pneumonischer
Exsudate. (The Amer. Journ. of the Med. Sciences, 163.
Nr. 4, April 1922, S. 527.)
Bei der Untersuchung von zahlreichen PneumoniefÀllen
konnten hÀufiger Pfropfe in den Alveolen gefunden werden, die
im Anfangsstadium der Organisation sich befanden. Verf. glaubt,
daĂ die Fibroblasten aus Zellen hervorgehen, die in dem An-
fangsexsudat vorhanden sind, besonders bei Anwesenheit von
Fibrin und unabhÀngig von der Vaskularisation. Schon am
5. Tage hat er solche gestreckten Zellformen gefunden. Die
relative HÀufigkeit dieser herdförmigen Organisation bei lobÀrer
Pneumonie wĂŒrde die nicht selten zu beobachtende Böntgen-
schattertbildung erklÀren, die nach 3 Wochen noch beobachtet
wird und sich dann allmÀhlich aufhellt.
Loewenhardt (Charloltenburg-WestendV
S. Iglauer: Das Pneumoperitoneum als Hilfsmittel
bei der Diagnose des Cardiospasmus. (New Yörk
medical Journal, 115, Nr. 12, Juni 1922, S. 745.)
In einem Fall von starker Dilatation des Oesophagus infolge
von totaler Unwegsamkeit der Cardia, in dem die Gastrostomie
ausgefĂŒhrt werden muĂte, ergab die Böntgenuntersuchung nach
vorheriger Einblasung von Sauerstoff in die Bauchhöhle das Be-
stehen von AdhÀsionen zwischen dem linken Leberlappen und
dem subdiaphragmatischen Teil des Oesophagus, auf die Verf.
den VerschluĂ der Cardia zurĂŒckfĂŒhren möchte. Nach wieder-
holten SpĂŒlungen des diLatierten Oesophagus und Dehnung der
Cardia mit Bougies trat Heilung ein; Verf. erörtert die Möglich-
keit, daà die Lufteinblasung in die Bauchhöhle zu diagnostischen
Zwecken die bestehenden Verwachsungen zwischen Leber und
Speiseröhre gelockert hat und auf diese Weise zur Heilung bei-
getragen haben könnte. Wolff (Hamburg).
Kniest Dwight Chipman: B edĂŒrfnisse u ndForde r u n g e n
in der Dermatologie. (The Journ. of the Amer. Assoc,
79, Nr. 6, Aug. 22, S. 119).
FĂŒr den Dermatologen gibt es noch eine Menge erforschens-
werter Gebiete. Z. B. ist die Molle der Pilze bei 1 lauterkrankungen
noch keineswegs geklÀrt. Auf der Suche nach Àtiologischen Fak-
toren sehen wir eine Reihe von Möglichkeiten vor uns, die vor-
urteilslos zu sichten, unsere Pflicht ist. Bei jeder Dermatose un-
bekannten rjtsprungs verdienen folgende Punkte Beachtung: Herd-
inl'eklion, sympathisches Nervensystem, endokrine DrĂŒsen, gestör-
ter Stoffwechsel. I'roteinkörpersensilisation. Die Pflichten des
Dermatologen beziehen sieh auf den Pal. selbst, auf die Gesell-
schaft und auf den Àrztlichen Beruf. Dem Pat, ist er exakteste
Diagnosenstellung und Aufdeckung eventueller ZusammenhÀnge
zwischen Haut- und inferen! Erkrankungen schuldig. Die Ge
Seilschaft soll er durch AufklÀrung davor bewahren, der Kur-
pfuscherei in die HĂ€nde zu fallen; denn diese Gefahr ist gerade
bei Fragen der Kosmetik sehr groĂ. Und schlieĂlich soll er
durch Zusammenarbeit den Konnex mit den ĂŒbrigen Zweigen der
Medizin wahren. Held (Berlin).
lohn, H. und Arnett, M. D.: Milz- und LebervergröĂe-
rung bei Endokardiiis. (The Amer. Journ. of the Med.
Sciences, 168, Nr. 4, April 1922, S. 590.)
286 Autopsiebefunde. MilzvergröĂerung ist ein wichtiges,
oft ĂŒbersehenes diagnostisches Symptom fĂŒr die akute und
chronische Endokarditis. Sie wurde im Verein mit Leber-
schwellung bei allen an chronischer oder akuter Endokarditis
Gestorbenen gefunden, jedoch hÀufig auch bei chronischen Herz-
krankheiten und bei Streptokokkeninfektionen ohne Beteiligung
des Herzens. F. Loewenhardt (Charlollenburg-Westend).
O. Kleinschmidt: Ueber Phlebalgia ischiadica und
Ischias. (Klin. Wochenschrift, 1922, Nr. 35.^
Es ist oftmals schwierig, zwischen einer echten Ischias und
varikösen Erkrankungen inner- oder auĂerhalb des HĂŒftnerven zu
unterscheiden. Differentialdiagnostisch ist folgendes wichtig: bei
der Phlebalgia ischiadica beginnen die Schmerzen meist distal und
allmÀhlich; sie treten auf im Stehen, langsamen Gehen und werden
durch schnelles Gehen gebessert, durch Hochlagerung werden sie
beseitigt; daher nachts keine Schmerzen. Bei der Ischias setzen
die Schmerzen zentral und meist plötzlich ein. Durch schnelles
Gehen werden sie vermehrt, ebenso durch Hochlagerung; nachts
sind sie besonders heftig. FĂŒr die Phlebalgie ist der Nachweis
anderweitiger Varioen bedeutungsvoll, -fĂŒr die Ischias derjenige
von neuritischen Erscheinungen. â Mitteilung zweier FĂ€lle von
Phlebalgia ischiadica. A. MĂŒnzer.
Hummel, H.: Knochenmark und Blutbild in ihrer Be-
ziehung zuraplastischen AnĂ€mie. (WĂŒrzburg, Univers.-
Kinderklinik.) Zeitschr. f. Kinderheilk., Bd. 32, S. 285â291.
Bei einem Fall von aplastischer AnÀmie, der an einer Sepsis zu
Grunde geht, versucht H., sich ein Bild zu machen von der Art der
Knochenmarkserkrankung. Es wird dabei berĂŒcksichtigt, daĂ nicht
nur die regeneratorische TĂ€tigkeit des Markes sondern auch der Aus-
schwemmungsmechanismus gestört sein kann. In seinem Fall nimmt
H. auf Grund seiner klinischen und pathologisch-anatomischen Be-
funde in Anlehnung an die Theorien Eppingers an, daĂ eine Ein-
schrÀnkung der Bildung nur bei den roten B. K., bei dem myeloischen
System und den PlÀttchen dagegen eine Störung des Ausschwem-
mungsmechanismus anzunehmen ist.
Schall (TĂŒbingen).
G. Fahr und E. Ronzone: Zirkulatorische Kompen-
sation fĂŒr die unzureichende FĂ€higkeit des
Blutes in schweren AnĂ€mien genĂŒgend Sauer-
stoff zu transportiere n. Arch. of int. med. Bd. 29,
H. 3, 1922, S. 331.
Bei schweren AnĂ€mien ist als Kompensation fĂŒr die unzu-
reichende Sauerstoffzufuhr das Herzminutenvolumen bedeutend
vermehrt (in einem Falle von Anaemia perniciosa bis zu 250 %)
Die ViskositĂ€t des Blutes ist herabgesetzt, die HandgefĂ€Ăe sind
stark verengt, der Pulmonarkreislauf verstÀrkt.
L. Farmer L o e b.
I'isenmenger, E. Verbesserte H e r z m a s s a g e und
kĂŒnstliche A t m u n g. Wien. Med. Wochenschrift, Nr. 32,
August 1922, S. 1334.
Beschreibung eines Pumpapparates, durch welchen genau do-
sierte intraabdominale und inlralhorakale Druckschwankungen
erzeugt werden können. Er wird verwendet bei asphyktischen
Referate
40. Jahrg. â Nr. 47/48
ZustÀnden, bei LungenblÀhung, Asthma, enteroptotischen Zu-
stĂŒnden, zur Herzmassage bei Herzinsuffizienz oder zu prophy-
laktischen HeizĂŒbungen, bei Blutstauung in den inneren Organen,
bei pleuritischen und intraabdominellen AdhÀsionen.
ReuĂ (Wien).
Ettorre. Die SpÀt er folge der Behandlung spasti-
scher LÀhmungszustÀnde. (Archivio di OrtopediÀ,
Heft 3, 1922.)
Die groĂangelegte, mit zahlreichen Bildern und Kranken-
geschichten versehene Arbeit, setzt sich das Ziel, Klarheit zu
bringen in die Bewertung der verschiedenen Behandlungsarten.
Blutige und unblutige Methoden werden miteinander verglichen.
Die Operationen am Muskel werden denen an den Nerven gegen-
ĂŒbergestellt und mit den Wirkungen der Försterschen Opera-
tion (Durchschneidung der sensiblen RĂŒckenmarkswurzeln) ver-
glichen. Aus den interessanten und nĂŒtzlichen Untersuchungs-
ergebnissen erhalten wir ungefÀhr folgendes Bild:
Die subkutane Penotomie leistet die besten Dienste bei Ad-
duktionskontrakturen der HĂŒfte. Hier ist sie die Operation der
Wahl. Zur Sehnenverpflanzung eignen sich am besten der
M. ext. hallucis longus oder der M. ĂŒb. ant. bei spastischen
KlumpfĂŒĂen leichteren und mittleren Grades. Die Nachbehand-
lung muĂ sehr exakt durchgefĂŒhrt werden. Plastische Sehnen-
verlÀngerungen kommen nur in Frage, wenn die passive Kor
rektur nicht mehr möglich ist, oder wenn psychische GrĂŒnde
einer Stoff eischen Operation entgegenstehen. Diese Operation
wiederum (Resektion motorischer Nervenbahnen) leisten ausge-
zeichnete Dienste, wenn die Kontraktur in Narkose noch aut
korrigierbar ist, sie also hauptsÀchlich aus spastischen KrÀften
gespeist wird, wĂ€hrend echte VerkĂŒrzungen noch nicht vorhanden
sind. Die Arthrodese darf nur in seltenen FĂ€llen Verwendung
finden, wenn hochgradige Verschlimmerungen die letzten tat-
sÀchlich funktionierenden Muskelfasern zerstört haben und ein
Gelenkgleichgewicht auf andere Weise nicht zu erzielen ist. Rein
konservative Therapie eignet sich nur fĂŒr FrĂŒhfĂ€lle.
Debrunner .Berlin).
Mattauseh, F. KieselsÀurebehandlung der chroni-
schen Lungentuberkulose. (Wien. Med. Wochen-
schrift Nr. 41, Oktober 1922, S. 1670.)
Versuche mit Si 1 i s t r e n (Bayer u. Co.). GĂŒnstige Beein-
flussung des Appetits, der Mattigkeit, Besserung des klinischen
Bildes, Nachlassen der katarrhalischen Erscheinungen. Zu emp-
fehlen als unterstĂŒtzendes Mittel der spezifischen Behandlung.
ReuĂ (Wien).
E. E. Larson, D, F. Wein, L. G. Rowntree: Untersuchungen
ĂŒber Diabetes insipidus, Wassergleichgewichl
und W a s s e r i n t o x i k a t i o n. Arch. of'int. med. Bd. 29,
H. 3, 1922, S. 306.
In 15 FĂ€llen von Diabetes insipidus lag 4 mal Lues, einmal
Hirntumor, einmal Hypophysentumor vor; in den ĂŒbrigbleiben-
den FÀllen konnte kein Àdiologischer Zusammenhang mit einer
anderen Erkrankung ermittelt worden. â Pituitrin erzielte in
allen FĂ€llen auffĂ€llige Wirkung. Der gĂŒnstige EinfluĂ (Beseiti-
gung des quĂ€lenden DurstgefĂŒhles) trat sofort ein und hielt
ĂŒber Perioden von einigen Stunden bis zu 4 â 5 Tagen an. Hista-
min wurde in 3 FĂ€llen ohne jede Wirkung angewandt. Lumbal-
punktion, in 6 FĂ€llen, und antiluetische Behandlung, in 4 FĂ€llen
versucht, waren ohne sichtbaren EinfluĂ. Von einer BeschrĂ€n-
kung der FlĂŒssigkeitszufuhr wird abgeraten, da diese âEnt-
ziehungskuren" auĂerordentlich qualvoll und keinerlei gĂŒnstigen
EinfluĂ auf den Krankheitsverlauf ausĂŒben. â Experimentell er-
gab sich, daĂ das Blutvolumen nach Pituitringaben nicht ver-
mehrt ist. Eine ErklĂ€rung fĂŒr den Wirkungsmechanismus des
Pituitrin beim Diabetes insipidus zu finden, gelang den Ver-
fassern nicht. In sehr interessanten Tierversuchen konnte durch
subkutane Piluitrininjektionen unter gleichzeitigen groĂen Wasser-
gaben der Tod unter Intoxikationserscheinungen herbeigefĂŒhrt
werden. Auch hierfĂŒr war eine eindeutige ErklĂ€rung nicht zu
linden. C. Farmor Loeb (Berlin).
N. Aage Nielsen : Ueber die Wahl zwischen innerer
und chirurgischer Behandlung beim u 1 c u s ven-
l r i c u 1 i und du o d e n i. (Acta Chirurgien Scandinavica. 55,
Heft 2.)
Die akute Uleus-Blutung ist fĂŒr gewöhnlich mit inneren
Mitteln zu behandeln. Ueber die Gefahr einer spÀteren letalen
Blutung bei den gewöhnlichen UlcusfÀllen gehen die Ansichten
auseinander. In denjenigen UlcusfÀllen, bei denen eine tödliche
Blutung aufgetreten ist, deckt die Sektion hÀufig frische
SchleimhautlĂ€sionen auf. Bei jĂŒngeren Individuen ist die Gefahr
solcher Blutungen gering, das Gegenteil gilt in vorgerĂŒcktem
Alter. â Die freie Perforation muĂ chirurgisch angegangen
werden. Die Gefahr der Perforation beim ulcus im allgemeinen
ist nicht sehr groĂ. Bei den meisten Patienten, die an Perforation
zugrunde gehen, hat das ulcus wahrscheinlich nur "ganz kurze
Zeit 'bestanden und ist schnell in die Tiefe gedrungen, so daĂ die
Bildung der schĂŒtzenden Perigastritis adhaesiva noch nicht
möglich war. A. M ĂŒ n z e r.
Joseph, S. und Diamond, M. I).: Beobachtungen ĂŒber di
Heilbarkeit des MagengeschwĂŒrs. (The Amer
Journ. of the Med. Sciences, 163, Nr. 4, April 1922, S. 548.)
Bericht ĂŒber 14 FĂ€lle intern geheilter Ulcera ventriculi oh
Rezidiv bis 4}4 Jahre nachher. Theoretische Erörterungen d
Frage der definitiven Heilung. Besprechung der Indikation zu
chirurgischen Behandlung. Nichts wesentlich neues.
Loewenhardt (Charlottenburg-Westend).
W. C. Quinby. Die Erkennung der Erkrankunge
des Nieren-Blasentractus. (The Bost. Med. u. Sur
Journ. 187, Nr. 7, S. 229.)
Blut- oder Eiterbefunde im Urin sind fĂŒr den Urologen vo
gröĂter Wichtigkeit; ihrer Provenienz nachzugehen, muĂ da
Ziel seiner diagnostischen BemĂŒhungen sein. Auf die Ergebnis
der endoskopischen und cystoskopischen Untersuchung dĂŒrf
wir uns verlassen, vorausgesetzt, daà der Untersucher das nötig
MaĂ von Erfahrung besitzt. In der Differenzierung zwische
benignen und malignen BlasengeschwĂŒren ist das cystoskopisc'
Ergebnis manchmal nicht eindeutig. Indessen, wenn man bedenk
daĂ alle Blasenneubildungen zum mindesten potentiell mali
sind, und seine EntschlieĂungen danach einrichtet, so wird ma
sich der Gefahr eines Irrtums kaum aussetzen. Mit skeptische
Auge- sind alle Schalten auf der Röntgenplatte, die man als Ste:
deuten könnte, solange zu betrachten, bis anderweitige Ma
nahmen bewiesen haben, daĂ der in Frage stehende Schatten si
wirklich innerhalb des Nierenblasentrakts befindet. Die Erge
Risse der pyelographischen Betrachtung sind von der gröĂt
Bedeutung, da eine falsche Auslegung derselben zu den Seite
heilen gehört.
Zusammenfassend kann man sagen, daĂ unsere diagnostisch
Hilfsmittel heul weit genug gediehen sind, um eine rein explor
torische Operation ĂŒberflĂŒssig zu machen.
Eine Anzahl von Krankengeschichten mit Wiedergabe d
Röntgenbefundes unterstĂŒtzen die theoretischen Erörterung
des Verfassers. Held (Berlin).
Joseph L. Baer: Ein Beitrag zum Problem d
Nephritis und Nephrose in der Zeit der Schwan
gerschaft. (The Journ. of the Amer. Med. Assoc. 79, Nr.
August 22, S. 622
Nephritis und Nephrose sind getrennte, wohlabgegre
Nierenerkrankungen, die verschiedene Teile des Nierenmechani
mus betreffen und die bei verschiedenem Befund auch verschiede
Behandlung erheischen. NierenfunktionsprĂŒfung und Capillar
skopie sind genau so wichtig wie Urinanalysen und Blutdruc
messungen und sind notwendig, um Nierenerkrankungen in d
Schwangerschaft zu klassifizieren und die Behandlung dana
tinzurichten. Die Schwangerschaftsniere steht in der Mi
zwischen Nephritis und Nephrose und muĂ sich in der Beha
hing nach dem Typ richten, dem sie am meisten Àhnelt. Schwa
gerschaftspyelitis ernsteren Grades kann gegen Pyonephrose a
gegrenzt werden durch den Nachweis der intakten Nierenfunkti
Eklampsie scheint auf einem Placentargift zu beruhen, das ei
Toxikose des Gehirns bewirkt, die von der nephrotischen UrÀm
ganz verschieden ist. Letzterer fehlt das Fieber, das die Eklamp-
sie stets begleitet. Held (Berlin).«
Husler: Zur F r a g e d e r I m p e t i g o n e p h r i t i s. (Klinische
Wochenschrift, 1922, Nr. 37.)
An der Existenz einer Impetigonephritis besteht kein Zweifel
Die Erkrankung betrifft vorwiegend die ersten 10 Lebensjahr«
Es ist nicht richtig, hier diphtherische SchÀden bezw. Mischinfek-
tion mit Diphtherie anzunehmen. Therapeutisch ist in erster Linie
eine peinliche Behandlung der Haut erforderlich. A. MĂŒnze«
Kotisehet, G.: Nephrolvsis und Ăreterolysis. (Thft
Journ. of Urology, Nr. 2, Aug. 1922).
Mit Nephrolvsis bezeichnet Rovsing die operative Loslösung
der Niere von Verwachsungen und Verklebungen; die analoge
Operation am Ureter wird daher zweckmĂ€Ăig mit Ăreterolysis
10. .Jahrg. â Nr. 47/48
Heferate
659
bezeichnet. Die primÀre Ursache ist meist eine Infektion des
parenchymatösen Nierengewebes, die sich aul die Nierenkapsel
fortpflanzt, hier EnlzĂŒnelungserschcinungen hervorruft, die zu
narbigen Verwachsungen und Schrumpfungen fĂŒhren. Das Krank
beitsbild solcher Nieren- oder Ureter Verwachsung Ă€uĂert sich in
dumpfen, oder attakenweis auftretenden Schmerzen in der Nieren
Kegend, die mit erhöhtem Blutdruck aher normalen Urinbefund
cinhergehen, der höchstens im Schmerzanfall einige Zylinder oder
rote Blutkörperchen zeigt Palpatorisch und radiologisch kann
die Verlagerung der Niere bei Abwesenheit von Tumoren und
Steinen â nachgewiesen werden. Bei Verzerrung des Ureters giht
das Böntgenbild besonders gute AufschlĂŒsse, da ein eingefĂŒhrter
Ureterenkatheter hier deutlich die Verlagerung desselben zeigl
Auch das Cystoskop zeigt charakteristische Krankheitserschei-
nungen. WĂ€hrend bei normalen Nieren die AusstoĂung des Urins
in die Blase auf beiden Seiten im gleichen Bythmus geschieht,
pflegt bei Verlagerung der Niere und des Ureters auf der er-
krankten Seite eine ungewöhnlich lange Pause der Ausscheidung
mit heftigen Expressionen zu wechseln. B a b (Berlin).
George Gilbert Smith. Die Behandlung des Blasen-,
c a r c i n o m s. (Boston Med. und Surg. Jourm 187, Nr. 3, S. 87!)
Verf. fĂŒhrt den Nachweis, daĂ alle Blasentumoren â von
wenigen Aharten, wie Fibromen, abgesehen â potentiell als
malign gelten mĂŒssen. Die Vorbedingung fĂŒr eine erfolgreiche
Behandlung ist das frĂŒhzeitige Erkennen mit dem Cystoskop.
Selbst den geringsten Blasenheschwerden ist nachzugehen, bis
man ihre Ursache erkannt hat. Die Behandlung besteht in Pul-
beration, Bestrahlung mittels EinfĂŒhrung von Radium, Excision
des Tumors, totaler Cystektomie oder in hoffnungslosen
FĂ€llen â Cauterisation und permanenter suprapubischer Drai-
nage! Die chirurgischen Erfolge beim Blasencarcinom sind noch
wenig befriedigend, Besserung ist nur durch FrĂŒhdiagnose zu
erwarten, der sich in manchen FĂ€llen radikale Behandlung, in
anderen zweckmĂ€Ăige Verwendung von Badium anzuschlieĂen hat.
Held (Berlin).
John Homans. V a r i k ö s e V enen u n d U 1 c e r a ; Me-
thoden der Diagnose und der Therapie. (Boston
Med. u. Surg. Journ. 187, Nr. 7, S. 258.)
Variköse Beinvenen sind klappenlose, oberflÀchliche Venen,
dre ihre FĂ€higkeit eingebĂŒĂt haben, bei aufrechter Körper-
haltung das Blut zum Herzen zu transportieren. Die Veran-
lassung liii' < ine Vnrixbildung ist gewöhnlich schwere körper-
liche Arbeit oder Entbindungen. Die Klappen können durch Phle-
bitis zerstört worden sein, in diesen FÀllen ist das weiche Ge-
webe der Beine mehr oder weniger entzĂŒndet oder narbig ver-
Àndert. Selten und ohne bekannte Ursache kommen variköse
Venen im jugendlichen Alter vor. Fast immer zeigl sich die
V. saphena magna betroffen Tiefer gelegene Venen sind fast
nie \ varikös und treten vikariierendfĂŒr die geschĂ€digten oberflĂ€ch-
lichen Venen ein. Variköse Ulcera kommen dadurch zustande,
daà die von varikösen Venen durchsetzte Haut gewöhnlieh
schlecht ernÀhrt ist, dann aber zu Traumen und Infektionen neigt.
Der ĂŒbliche Typ der gewundenen varikösen Vene ist durch ge-
eignete Operation leicht zu heilen. Ulcera sind mehr oder we-
niger radikal zu behandeln, je nachdem variköse perforierende
Venen vorhanden sind oder fehlen, ferner nach dem Grad der In-
fektion und Induration in der Umgebung des I leus Die Diagnose
âpostphlebitischcr Varix" stellt man aus der Anamnese, aus dem
Vorhandensein kleiner sklerosierter Venen und in vorgeschrit-
tenen FĂ€llen aus der diffusen Induration und dem Oedem der
Wade; gewöhnlich ist ein Ulcus damit verbunden, das pah
liativer Behandlung unzugÀnglich isl und fast immer Fxcision
erfordert. Operationen dieser Art sind schwierig, auch bleibt
die Dauer des Heilungsverlaufs hinter dem einfachen Typ der
oberflĂ€chlichen VarikositĂ€t zurĂŒck. Akute Phlebitis sonst nor
maier Venen, wie sie bei Typhus und im Puerperium vorkommt,
erfordert konservative Behandlung. Lange Schonzeit ist dabei
unvermeidlich. Betrifft die akute Phlebitis Venen, die bereits
varikös verÀndert sind, so ist Excision die gegebene Therapie.
Held (Berlin).
Peers u. Shipman: Die Behandlung de r l u b e r k u 1 ö s e n
L a r y n g i t i s «n il Chaulmoograöl. (The Journ. of the
Amcr. Med. Assoc. 79, Nr. t>. Aug. 1922, S. 161.)
Intralaryngeale Anwendung einer 10 -20% igen Lösung von
Chaulmoograöl in Olivenöl kann die Schluckbeschwerden einer
Vorgeschrittenen KehlkopflÀsion erleichtern, zum mindesten
temporÀr. Andererseits kann durch diese Behandlungsart der
/Ulgemeinzustand eines Fiebernden Patienten ungĂŒnstig beeinfluĂl
werden. Daher isl das Chaulmoograöl solange mil Ă€uĂerster Voi
sieht zu verwenden, bis wir ĂŒber seine lokale und allgemeine
Wirkung genauere Kenntnisse besitzen. Held (Berlin).
Morrow, Walker, Miller; Erfahrungen mil Derivaten
des C h a u 1 m o o g r a (') l s bei der Behandlung Lep-
röser. (Journ. of Nie Amer. Med. Assoc. 7!), Nr. 0, Aug. 1022,
S. 134.)
Das Chaulmoograöl hat schon von jeher den Huf eines aus
gezeichneten Heilmittels bei der Behandlung der Lepra. Aber die
perorale Darreichung scheiterte an Magenstörungen und an der
zu langsam sich entfaltenden Wirkung. Daher sind seil einigen
Jahren BemĂŒhungen im Gange, es durch Mischung mit Ă€ndert)
Substanzen fĂŒr die subkutane oder intramuskulĂ€re Injektion ge-
eignet zu machen. Im Jahre 1920 wurde experimentell gezeigt, daĂ
das Chaulmoograöl Substanzen enthÀlt, die in vitro eine stark
bactericide TĂ€tigkeil entfalten und zwar geht diese besonders
von den FettsÀuren derselben aus, die eine geradezu spezifische
Wirkung auf den Bac. leprae besitzen.
Die in S. Francisco behandelten LeprafÀlle zeigten nach
intravenöser Injektion des Aclhylesters des Chaulmoograöls
keine Besserung, was man vielleicht auf. Bechnung des Alters der
Patienten und der Vorgeschritlenheit der Erkrankung setzen
darf. Dagegen wird von einer Lepra Station auf Honolulu be-
richtet, daĂ sowohl bakteriologisch wie klinisch Heilungen erzielt
werden, besonelers natĂŒrlich bei jĂŒngeren Individuen im Anfangs-
stadium. Im vorgerĂŒckten Stadium muĂ man die Behandlung
mindestens 3 Jahre lang fortsetzen. Nur ganz veraltete FĂ€lle
zeigten sich der Behandlung gegenĂŒber refraktĂ€r.
Verfasser ergÀnzt seine Mitteilungen durch beigegebene
Krankengeschichten und Illustrationen. Held (Berlin).
Schönfeld, A. Zur Kenntnis der Sauerampferver-
giftung. Wien. Med. Wochenschrift, Nr. 32, August 1922,
S. 1338.
Vergiltung bei einem 12jĂ€hrigen Knaben, welcher anlĂ€Ălich
einer Wette mit Kameraden groĂe Mengen Sauerampfer zu sich
genommen halte. Symptome: Temperatursteigerung, Darrn-
blĂ€hung mil Obstipation oder Diarrhöen und Koliken, entzĂŒnd
liehe VorgÀnge in den Nieren, Störungen der Harnsekretion, Beiz-
wirkungen auf das Zentralnervensystem, Störungen des Herz-
rhytmus. Die Erscheinungen sind zum gröĂten Teil durch Oxal-
sÀure hervorgerufen. Therapeutisch scheinen magnesiumhaltige
WĂ€sser und Bauchmassage von gĂŒnstiger Wirkung zu sein. Der
mitgeteilte Fall endete mit Genesung, doch ist die Prognose
zweifelhaft. Reu'Ă (Wien).
K iiMiarfyeilk undte.
^osenstern, j.: FrĂŒhgeburtenstigmata. (Berlin, Kinderasyl.)
Zeitschr. f. Kinderheilk., Bd. 32, S. 129â161.
Nach einer umfassenden Zusammenstellung der primÀren und se-
kundĂ€ren Störungen, die bei FrĂŒhgeburten zur Beobachtung gelangen,
bespricht Verf. einige bisher weniger beachtete sekundÀre Stigmata.
ZunÀchst weist er auf die HÀufigkeit des Megacephalus hin, der sich
bei unreifen, frĂŒhgeborenen Kindern fast regelmĂ€Ăig findet; er setzt
im Lâ 3. Lebensmonat ein und errreicht im 6.-8. seinen Höhepunkt.
Es findet sich dabei immer ein erhöhter Lumbaidruck, bedingt durch
eine relative VergröĂerung des Gehirns, ohne daĂ sich ein Hydroce-
phalus feststellen lÀ; t. Auch mit Rachitis hat das hier besprochene
Symptom nichts zu tun. Weiter wird eine charakteristische VerÀnde-
i ung des anfĂ€nglich mageren âgriesgrĂ€migen" Gesichtes der FrĂŒhge-
burt beschrieben. Zwei Typen werden unterschieden, das âFroschge-
sicht" bei mageren Kindern mit abnorm groĂen Saugpolstern, Glotz-
augen, groĂem Mund und dicker Zunge, verbunden mit adenoidem Ha-
bitus und das âPuppengesicht" mit abnormer Fettablagerung an Kinn
und Wange und dadurch mangelnder Modellierung. Seltener wird
eine Störung der Körperproportion beobachtet, die in einem gedrunge-
nen Habitus und einer mehr oder weniger ausgesprochenen Mikromelie
besteht. Zum Schluà werden noch nervöse Störungen, die sich be-
sonders in WutanfĂ€llen und Hypertonie Ă€uĂern, erwĂ€hnt. Alle diese
FiĂŒhgeburtenstigmata finden sich nur bei frĂŒhgeborenen, unreifen Kin-
dern und fehlen bei den rein untermassigen fast immer; je unreifer das
Kind, desto ausgesprochener die Stigmata. Sie verschwinden spontan,
meist im Verlauf des ersten Jahres. Als Àtiologisches Moment denkt
Verf. an eine Hypofunktion, der den harmonischen Aufbau des Kör-
pers regelnden endokrinen DrĂŒsen.
Schall (TĂŒbingen).
!
Referate
40. Jahrg. â Nr. 47/48
Julius H. HeĂ: FrĂŒhgeburten. (The Journ. of the Amer.
.Nied. Assoc. 79, Nr. 7, Aug. 1922, S. .552.)
Verfasser gruppiert die lrĂŒhgeborenen Kinder nach den de
Sichtspunkten, wie sie fĂŒr den Chirurgen von Interesse sind:
l. Kongenitale MiĂbildungen des Foets auf Grund intrauterine
Störungen, 2. pathologische VerhÀltnisse, die sich bei oder kurz
nach der Geburt herausbilden, 3. ErnÀhrungsstörungen in den
ersten Lebensmonaten, die zu sekundÀren Komplikationen am
Knochen-, Muskel- oder Nervensystem fĂŒhren.
Linter die 1. Gruppe fallen: Cephalocele, Spina bifida, Klump-
luĂ, HĂŒftluxationen, Hasenscharte, Wolfsrachen, amniotische Ab-
schnĂŒrungen, Chondrodystrophie, Osteogenesis imperfecta.
Yfppö glaubt, daĂ 30 % der TodesfĂ€lle frĂŒhgeborener Kinder
in den ersten Lebenstagen auf inlracranielle blutungen zurĂŒck-
zufĂŒhren sind, sei es, daĂ diese Blutungen prĂ€natal erfolgt sind
und zur vorzeitigen AusstoĂung gefĂŒhrt haben, sei es, daĂ Ge-
Imrtstraumen auslösend gewirkt haben. Bei frĂŒhreifen Kindern
ĂŒberwiegen die Ventrikularblutungen, TentoriumzerreiĂungen und
subdurale HĂ€morrhagien, wie sie bei ausgetragenen Kindern
vorkommen, sind seltener anzutreffen. GlĂŒcklicherweise gehören
geistige Störungen als Folgeerscheinungen zu den Seltenheiten,
wahrscheinlich deshalb, weil die relative SchÀdelweichheit dem
Gehirn gestaltet, sich dem vermehrten inlracraniellen KrĂŒck an-
zupassen. Der megacephale Kopf des frĂŒhreifen Kindes hat zum
llydrocephalus keine Beziehung; er kommt dadurch zustande, daĂ
SchÀdel- und Körperwachstum nicht gleichen Schritt mitein
:uider hallen, Bei FrĂŒhgeburten sind Frakturen, Epiphysen
lösungen, PlexuslÀhmungen hÀufiger als bei ausgetragenen
Kindern anzutreffen. Infolge der UnfÀhigkeit dieser Kinder,
Schmerz zu Ă€uĂern, können diese SchĂ€den lĂ€ngere Zeit unbemerkt
bleiben. In zweifelhaften FÀllen greife man lieber zum Röntgeno
gramm. Bei allen FrĂŒgeburlen besieht eine mangelhalle Kalk
lelention und daher eine PrĂ€disposilion fĂŒr Rachitis; nur eine
sehr sorgfĂ€ltig ausgewĂ€hlte ErnĂ€hrung kann verhĂŒten, daĂ sie
einen gröĂeren Umfang annimmt. Ein konstantes Symptom ist
lerner die sehr deutliche und frĂŒhe HĂ€moglobin-Verarmung, die
ihren Höhepunkt im 3. oder 4. Monat erreicht; man mag sie als
hypoplastischen Zustand ansehen, der aus einer Insuffizienz des
hÀmatopoetischen Systems resultiert. Eisen und Arsen in Form von .
i et r . carb. saccharat. und Liquor, kal. arsenicos. sollen pro-
phylaktisch schon in den ersten Lebenswochen gegeben werden
Auch die Spasmophilie befĂ€flt FrĂŒhgeburten hĂ€ufiger als aus-
getragene Kinder. Das Interesse der OrthopÀden an der Tetanie
bezieht sich auf sekundÀre Komplikationen, wie intracranielle
und mlraspinale HÀmorrhagien im Anschluà an KrÀmpfe, sowie
ul Frakturen und DeformitÀten nach tonischen Carpopedal
-pasmen. Solche DeformitÀten erheischen allgemeine diÀtetische
und medikamentöse Behandlung, lokal Redressement und Ruhig-
»(ellung. Skorbut bleibt in latenten FÀllen meist unerkannt.
Komplikationen wie Epiphysenlösung und inlracapsulÀre Blutung
nachen chirurgische wie diÀtetische Behandlung erforderlich.
Held (Berlin)
Ambrozic, M.: Zur Frage der Nahrungsbemessung bei
untergewichtigen SĂ€uglingen. â Zugleich eine Ver-
gleichsstudie zwischen der H e u b n e r sehen und der Pirquet-
schen Dosierungsart. (Wien, Reichsanstalt fĂŒr Mutter- und SĂ€ug-
lingsfĂŒrsorge.) Zeitschr. f. Kinderheilk, Bd. 32, S. 247â270.
WĂ€hrend bei der Heubner sehen Formel der Nahrungsbedarf
eine Funktion der Körpermasse darstellt, geht Pirquet vom Quadrat
der Sitzhöhe, also einer FlĂ€che aus. A. prĂŒft die Leistungen beider
Nahrungsbemessungen an klinischem Material. Er wÀhlt dazu gut ge-
deihende SĂ€uglinge, bei denen andere Faktoren wie Konstitution oder
Krankheit möglichst gleich null zu setzen sind, und vergleicht die Zahl
der tatsÀchlich genossenen Nahrungsmenge mit den nach Heubner
und Pirquet errechneten Zahlen. Je nach dem ErnÀhrungszustande
des Kindes weichen diese mehr oder weniger von einander ab. hs
ergibt sich weiter, daĂ sich das untergewichtige, im Wachstum zurĂŒck-
gebliebene Kind mehr dem Nahrungsbedarf eines normalen gleich langen
als dem eines normalen gleich alten Kindes .nĂ€hert. Im ĂŒbrigen stimmt
die Pirquet sehe Formel, gegen die verschiedene theoretische Ein-
wendungen gemacht werden, besonders auch bei untergewichtigen Kin-
dern besser mit der tatsĂ€chlich genossenen Nahrungsmenge ĂŒberein,
als der Heubner sehe Energiequotient. Am SchluĂ findet sich eine
Berechnungstabelle der Nahrungsmengen in Non und Kalorien, be-
zogen, auf das Quadrat der Sitzhöhe.
Schall ( 1 ubingen).
Frassetto, F. : Ueber die gesetzmĂ€Ăigen Beziehun g'e n
zwischen Gewicht und LĂ€nge beim Kinde von
der Geburt b i s zum 6. L e b e n s j a h r e. (La Clinica
Pediatf. 4, Heft 8, S. 305).
Aus den Resultaten seiner Studien, die er an 2 Diagrammen
darstellt, glaubt Verf. folgendes Gesetz ableiten zu können: Die
Beziehungen zwischen Gewicht und LĂ€nge bei Kindern bis zum
6. Lebensjahre lassen sich bei beiden Geschlechtern in einer
fragmentierten Linie darstellen: dieselbe besteht aus gradlinigen
Segmenten von verschiedener LĂ€nge, proportional den Wachs
lumsperioden, wÀhrend welcher die Beziehungen zwischen den
Variationen der LĂ€nge ĂŒnd den entsprechenden Variationen d r
Gewichte konstant bleiben. Held (Berlin .
A. Bassler und J. R. Lutz: Bacillus acidophilus; seine
sehr begrenzte Bedeutung bei Darmstörungen.
( The Journ. of the Amer. Med. Assoc. 79, Nr. 8, August 22, S. 607).
Bac. acidophilus ist ein normaler Bewohner des menschlichen
Darmkanals; bei Brustkindern ist er zugleich mit dem Bac. bifidus
der HauplreprÀsentanl der Darmflora, B. coli zeigt sich nur bei
kĂŒnstlich genĂ€hrten Kindern.
Man ist geneigt, an eine therapeutische Wirkung des Bac. aci-
dophilus zu glauben, indem man ihm die Kraft zuschreibt. Bact.
coli zu verdrÀngen und FÀulnisvorgÀnge im Darm hintanzuhalten.
Diese Ansicht wird vom Verf. widerlegt. Der beste Beweis
fĂŒr die ganz temporĂ€re. Wirkung liegt schon darin, daĂ wenige
Tage nach Sistieren der Verabreichung von Bac. acidophilus das
bakterielle Stuhlbild genau dasselbe wie vor seiner Anwendung
ist. Das gleiche' Resultal LĂ€'Ăl sich mit ein paar Teelöffeln Milch-
zucker erreichen, nicht anders wie kostspielige Bakterienprapa-
ratc steigert er das Wachstum des Bac. acidophilus.
H e 1 d .Berlin).
Kopdoff und Cheney: Bemerkungen zur therapeuti-
schen Wirk u n g des B a c i 1 1. a c i d o p h i 1 u s - M i 1 c h
und des Milchzuckers. (The Journ. of the Med. Amer.
Assoc. 79, Nr. 8, August 1922, S. G09).
In FĂ€llen von chronischer Obstipation, ebenso wie bei Diar-
rhoe hat die Zufuhr von Milch, die mit Bac. acidophilus angesÀuert
war, und von Milchzucker wesentliche Erleichterung gebracht und
zwar be*i geistig Gesunden wie bei psychisch Abnormen.
Unter Bac. acidophilus-Milch und Milchzucker Àndert sich elie
Danmilora, aber der relative Prozentsatz grampositiver StÀbchen
ĂŒberschreitet selten 70 %. 3 Tage lang bleibt die Acidophilus-
Vollmilch genieĂbar, dann erfolgt ein AciditĂ€tsanstieg, der den
Geschmack stark beeintrÀchtigt. Held (Berlin), j
L. F. R e 1 1 g e und H. A. C h e p 1 i n : B a c i 1 1 u s a c i d o p h i 1 u s
und seine therapeutische Anwendung. Arch. of int.
med. Bd. 29, H. 3, 1922, S. 357.
Bacillus acidophilus erzielte sehr gute Resultate in der Be-
handlung chronischer Obstipation und Diarrhoe. Die beste Appli-
kationsart ist als âBacillus acidophilus-Milch. **) Die DurchfĂŒh-
rung der Behandlung dĂŒrfte aber wohl nur im Rahmen einer
Klinik möglich sein, da der Patient unter stÀndiger Kontrolle
sein muà und hÀufige bakteriologische Untersuchungen des Falles
notwendig sind. L. Farmer Loeb.
W. Lasch: Ueber die Bedeutung und den Wert von NĂ€hrklistier
beim SĂ€ugling. (Klin. Wochenschrift, 1922, Nr. 39.)
Es gelingt, bemerkenswerte Mengen von Kohlehydraten rekt
zu verabreichen und der Verwertung im Stoffwechsel zuzufĂŒhre
DemgemÀà ist in ailen FÀllen, in denen sich die orale Zufu"
der Kohlehydrate beim SĂ€ugling verbietet, die Anwendung vo
Zuckerklistieren angezeigt, wodurch ein Teil der schweren G
fahren des kompletten Hungers abgewendet wird.
A. MĂŒnzet^
W .Caylord u. M. D. Graves: Die Rolle konzentrierte
Mehlmilchmischung bei SĂ€uglingen. The Am
Journ. of the Med. Sciences. 163. Nr. 4, April 1922. S. 576.)
Heilung eines sieben Wochen alten SÀuglings mit hartnÀckig
Pylorospasmus durch konzentrierte Milchmehlnahrung ohne F
und durch Entziehung sonstiger FlĂŒssigkeit. Dieser konzentriert
flĂŒssigkeitsarmen Nahrung wird eine stark antispasmodische "W
kung zugeschrieben. Auch sonst ist sie bei Mangelhaftigkeit
FlĂŒssigkeitsresorption zu empfehlen. Eventuell Möglichkeit d
differentialdiagnoslischen Verwendung bei Indikationsstellu
zum chirurgischen Eingriff. FĂŒr ein Kind unter 6 Monaten
nĂŒgt der Zusatz von 2â3 EĂlöffel Mehl, zur Normalnahrung
auf y3 eingekocht wird. Nahrungsmenge 60â75 Kalorien p
Pfund Körpergewicht.
L o e w e n h a r d t (Charlottenburg- Westend
**) Bai-. acidupliilus Tablerti'ii oder Pulver sind unbrauchbar.
10. Jahrg. â Nr. 47/48
Referate
Th. S. Gullen: W eile r e B e m e r k im g e n ii 1) e r N a b e 1 c r-
k rankungen. (Johns Hopk. Univ. Hosp.) (Surgery, Gyne-
cology and Obstetrics, 35, Nr. 3, September 1922, S. 257.)
Durch Verunreinigung des Nabels entsteht Tetanus der Neu-
geborenen, woran z. B. in China bei der armen Bevölkerung !">() %
der Neugeborenen zugrunde gehen. Verf., der ĂŒber Nabelerkran-
kungen eine Monographie geschrieben, fand sowohl einfaches
Granulationsgewebe, als Polypen, insbesondere auch solche
omphalomesenterischer Herkunft, ferner, syphilitische Condylome,
jedoch nur bei Erwachsenen. Blauschwarze NabelverfÀrbung bei
mageren Frauen ist Zeichen rupturierter TubargraviditÀt. Selten
sind kongenitale atheromatöse Nabelzysten sowie kongenitale
Nabeladenome aus Uterusschleimhaut, glatter Muskulatur und
Bindegewebe, sekundÀres Nabelkarzinom bei Magen-, Darm- so-
wie Rektumkarzinom, amniotischer Nabel, wobei die Haut um den
Nabel durch Amnion ersetzt ist. K u h n.
E. Gohrbandt: Warum sollen K i n d e r h e r n i e n operiert
werden? (Klin. Wochenschrift, 1922, Nr. 37.)
Die Statistik aus der Hildebrandischen Klinik, die 352 Kinder-
hernien umfaĂt, zeigt eine postoperative MortalitĂ€t - 0 1 Hier-
aus wird die Berechtigung hergeleitet, die Kinderhernie, ganz
gleich in welchem Alter, alsbald zu operieren. Es ist falsch, noch
lÀnger zu warten, weil durch etwa eintretende Komplikationen
die Arbeit des Chirurgen betrÀchtlich, erschwert wird.
A. M ĂŒnze r.
- R. Belbeze: Behandlung der kindlichen Grippe mit-
tels Terpentin- Injektionen (Collobiase). (Lyon
Med. Nr. 12, S. 526.)
Verfasser spricht der Anwendung des Terpentins in kolloi-
daler Form eine Ă€uĂerst rasche und sichere antiinfektiöse Wirkung
zu und teilt aus seinen Grippejournalen einige FĂ€lle mit, bei denen
wenige Terpentin-Injektionen À 1 cem besonders sinnfÀllig die
Entfieberung und die AbkĂŒrzung der schweren Krankheitserschei-
nungen herbeifĂŒhren. Held (Berlin).
W. W. Roblee: Das Diphtherieproblem. (California
Journal of mediane. Bd. XX, 20, Nr. 8, August 1922, S. 260.)
Warme Empfehlung der Immunisierung mit dem Toxih-
Antitoxingemisch nach Behring bei allen nach Schick positiv
reagierenden Kindern. Bericht ĂŒber eine auf "diese Weise be-
herrschte Schulepidemie. Im ĂŒbrigen strenge DurchfĂŒhrung der
Isolierung der Diphtherierekonvaleszenten und der BazillentrÀger
bis zum Nachweis der Bazillenfreiheit. Wölfl' (Hamburg \
del Diestro, J. <;.: Ueber mit s ch a r 1 a c h a r t i g en
Symptome n e i n h e r g e Ii e n d e n R h e u m a l i s m u s.
(Archfves Espauoles de Pediatria, 6, Nr. 7, Juli 1922.)
Fall 1: Kind, von 12 Jahren erkrankt mit Fieber. Kopf-
schmerzen, allgemeiner Mattigkeit, nach einigen Tagen Pharyn-
gitis, scharlachartiges Exanthem, Schmerzen in beiden Hand-
gelenken und im linken Knie: Zunge belegt. In den nÀchsten
Tagen geht das Exanthem ĂŒber den ganzen Körper, die Schmerzen
befallen alle Gelenke; das Fieber hÀlt an, Tachykardie, unregel-
mĂ€Ăiger Puls. Schwellung des Jinken Knies und des rechten
FuĂknöchels, leichtes systolisches GerĂ€usch. Urin ohne EiweiĂ,
andauernd Fieber. Innerlich Salizyl; sofortige Besserung. Keine
Abschuppung. Fall 2: Kind von 6 Jahren, erkrankt plötzlich mit
-Fieber, Erbrechen, Pharyngitis; am nÀchsten Tag scharlachartiger
Ausschlag, der ĂŒber den ganzen Körper gehl; nach 3 Tagen
Schmerzen in den Knöcheln und in der Blinddarmgegend. Nach
einigen Tagen leichte Desquamation,' nur an der BrĂŒst; systo-
lisches GerĂ€usch. Fieber gleichmĂ€Ăig hoch: Urin ohne EiweiĂ
Nach Salizyl rasche Besserung. Lurje (Frankfurt a. M.)
Schiff u. Eliasberg: B e o b a c h lang e n ĂŒ b e r d e n 1kl e r u s
simplex bei Kindern. (Klin. Wochenschrift, 1922, Nr. 38.)
Auch bei Kindern Iral in den letzten Jahren eine auffallende
HÀufung von Ikteruserkrankungen auf. Beginn plötzlich mit Fie-
ber und Durchfall oder mehr schleichend mit Stuhlverstopfung,
Mattigkeit, Erbrechen und Anorexie. Im Prodromalstadium hÀufig
Acetonurie. Stets VergröĂerung der Leber, vielfach Milz palpabel.
Verlauf in allen FĂ€llen gutartig. Auffallende Divergenzen traten
bei der Untersuchung der Blutsera auf Gnllenfarbsloff auf. In
allen FĂ€llen, die vom Oktober 1921 bis Januar 1922 beobachtet
wurden, war indirekte D i a z o r e a k t i o n vorhanden, wÀh-
rend die Sera nach dieser Zeit ausnahmslos die direkte Re-
aktion zeigten. A. M ĂŒ n z e r.
V. Eickstein und E. Rominger: Beil i 8 g e /. u r I' h ysiol Qgi c
u n d P a t h ö 1 0 g i e d e r A I m u n g i m K 1 n de 9 a 1 1 e r.
3. Mitteilung. Ueber Schlafmittel im SĂ€uglingg-
alt e i' u n d i h i- e \Y i r k u n g auf d i e A I m u n g. Archiv
fĂŒr Kinderheilkunde. 70. Bd. 1921. S. 1.
Als Bedingung fĂŒr die ZuverlĂ€ssigkeil eines Schlafmittels
isl zu verlangen: 1. Itascher Eintritt und genĂŒgende StĂ€rke der
Wirkung, möglichst ohne vorausgehendes Excitalionsstadiuni.
2. Keine zu rasche Zerstörung bezw. Ausscheidung des Mittels,
d. h. genĂŒgend lange Wirkung. 3. Keine zu langsame Ausschei-
dung, die mit oder ohne Benommenheit zu Cumulation fĂŒhrt,
l. Keine schÀdlichen Nebenwirkungen auf lebenswichtige Zentren
oder andere Organsysteme. Aus der Erfahrung, daĂ der Ai
mungslyp (in sehr feines Reagens fĂŒr die Tiefe des Schlafes
darstellt, wurde eine schon frĂŒher von den Autoren benutzte
Methode der Atmungsregistrierung zur Beurteilung der Wir-
kung verschiedener Schlafmittel verwandt. Der LĂ€hmung des
Atemzentrums geht oft eine âReiz-Atmung" voraus, die sich in
einer Steigerung des absoluten Atemvolumens zeigt. Danehen
geben Singultus und exspiratorische Dyspnoe Hinweise auf be-
ginnende Störungen. Der ausgesprochene Kollaps geht mit Ver-
kleinerung des Atemvolums einher. C h 1 o r a 1 h y d r a t, 0,5 â 1,0
per Clysma, wirkt schnell und zuverlÀssig, es können aber auch
bei dieser Dosierung Atmungskollapse eintreten, besonders bei
dyspeptischen Kindern, bei denen die Resorptionsgeschwindig-
keit erhöht zu sein scheint. Urethan, 1,0 â 3,0 per Klysma, ist
unzuverlÀssig, aber frei von atemstörenden Wirkungen. II e -
xl o n a 1 , 0,5 â 1,0 per Klysma, ist recht zuverlĂ€ssig, es kommt
ihm sogar eine spezifiscb atemerregende Wirkung zu. Es zeigt
eine groĂe Wirkungsbreite, ist etwas weniger zuverlĂ€ssig wie
Chloral, aber viel ungefÀhrlicher. Besonders geeignet isl es in-
folge seiner atmungsfördernden Eigenschaften bei ZustÀnden,
die mit einer Neigung zu Atemstörungen einhergehen! Lumi-
na 1 - N a t r i u m, 0,05â0,15, subkutan ist weniger sicher, wenn
auch ungefÀhrlicher, als Chloral. Es kann zu schweren At-
milngskollapsen kommen. Bei KrĂ€mpfen zweckmĂ€Ăig, wo Chlo-
ral zu gefÀhrlich erscheint. Als Beruhigungs- und Schlafmittel
is! es ungeeignet, da es kumulative Wirkung besitzt und nicht
ungefÀhrlich ist. P. Karger.
Kundratitz, N.: B e i t r À g e z u r Z y s t o p y eli t i s i m K i n d e s-
alter. Wien. .Med. Wochenschr., Nr. 34/35, Aug. 22, S. 1441.)
Es werden einige FĂ€lle von Zystopyelitis bei Kleinkindern
und gröĂeren Kindern (nur MĂ€dchen) mitgeteilt, welche unter
dem Bild eines Typhus, einer Meningitis, Appendicitis oder Grippe
Verliefen. Neben Urotropin und Salol bewÀhrte sich eine Trocken-
diĂ€t (150 â 200 g FlĂŒssigkeit) bei SĂ€uerung des Harns durch Phos-
phorsÀuredarreichung besser als die bekannte Durchschwem-
mungskur. Wichtig ist die Behebung einer etwaigen Obstipation.
Reu Ă (Wien).
Thomas, J., Gilbert u. Tanner, Ch. O.: St ei n e d e r Ha r n w ege
bei. Kindern. (Tbc Journ. of Urology, Nr. 2, August 1922.)
Steinbildung im Harntraktus von Kindern isl sehr hÀufig und
tritt bereits Ausgang des SĂ€uglingsalters auf. Die Ursache ist
gewöhnlich eine Infektion der Niere. Die Krankheitserscheinungen
gleichen vollkommen denen bei Erwachsenen, nur muĂ man be-
rĂŒcksichtigen, daĂ der kindliche Ureter stark erweiterungsfĂ€hig
isl. Die Diagnose geschieht durch Urinuntersuchung, Palpalion,
Röntgenaufnahme und Cystoskop; Ein operativer Eingriff ist nur
bei Feslklemnumg und hierdurch bedingten Beschwerden not-
wendig, sonst soll man abwarten. Im gegebenen Fall ist die
Prognose des operativen Eingriffes gĂŒnstig zu stellen.
B a b (Berlin ).
Tal La ferro Clark ( Washington ): Die Er n À h r u n g d e r Schul-
kinder. (Journ. of the Amer. .Med. Assoc. 79, Nr. 7, Aug. 1922,
S. 519.) *
Angesichts der wechselnden und alarmierenden Prozentzahlen
ĂŒber UnterernĂ€hrung ist es wichtig, ifestzustellen. ob Unter-
ernÀhrung als pathologische EnititÀt aufzufassen ist, als eine
Störung, die frĂŒher nur nicht beachtet wurde, und die eine
Revision unserer ErnÀhrung in beziig auf QuantitÀt, QualitÀt,
Auswahl und Zubereitung verlangt, oder ob die stark wechseln-
den Zahlen 'nicht auf der Anwendung ungenauer Standardwerte
beruhen. Bei der Beurteilung des ErnÀhrungszustandes sprechen
eine Menge Faktoren mit; die Standardtabellen berĂŒcksichtigen
aber zumeist nur LÀnge und Gewicht im VerhÀltnis zum Alter.
2 Standardswerte haben in der letzten Zeit viel Beachtung gefunden:
Pirquets Pelidisi-Index und Dreyers AbschÀtzung der körper-
lichen Eignung. Pirquets Index grĂŒndet sich auf das VerhĂ€ltnis
663
Referate
40. Jahrg. â Nr. 47/18
des Gewichts zur Sitzhöhe, und zwar soll bei einem normal er-
nÀhrten Kinde das VerhÀltnis von Gewicht in Grammen mal 10,
dividiert durch die 3. Potenz der Sitzhöhe in Zentimetern gleich
100 sein. Das System erweist sich nĂŒtzlich bei der Speisung
groĂer Gruppen von Kindern, bei der Anwendung auf Einzel-
kinder zeigt sich, daĂ es sich zu sehr auf theoretische Voraus-
setzungen grĂŒndet.
Dreyer, Professor der Pathologie in Oxford, der bei der
Auswahl der Kandidaten fĂŒr den Flugdienst, eingehende Studien
ĂŒber Vitalkapa zitĂ€l gemacht hat, stellt eine zirkumskripte Be-
ziehung zwischen dieser und gewissen KörpermaĂen auf. Er
drĂŒckt die VitalkapazitĂ€t als Funktion dieser MaĂe aus und hat
eine Reihe von Tabellen fĂŒr beide Geschlechter ausgearbeitet,
auf denen das Gewicht in Beziehung gesetzt wird zu Sitzhöhe,
Brustumfang und VitalkapazitÀt. UnterernÀhrte Kinder sind die
gegebenen AnwÀrter auf Waldschulen, wo man durch Abstufung
von Arbeit und Ruhe, durch ausgewÀhlte ErnÀhrung ihrer
körperlichen UnzulÀnglichkeil nachhelfen kann. WÀgen und
Messen gehören zu jeder körperlichen Untersuchung, die Ur-
sachen eines Gewichtsslillstandes oder der Abnahme mĂŒssen
unmittelbar ergrĂŒndet werden.
Dem SchulfrĂŒhstĂŒck gebĂŒhrt weitgehende Aufmerksamkeit,
besonders in lÀndlichen Bezirken, wo die Kinder nach langen
Wegen bereits erschöpft eintreffen und eine frugale Mahlzeit
mitbringen, die den ganzen Tag vorhalten soll. Abgesehen von
der nachteiligen Wirkung auf die Gesundheit, kann man auch
von einem unterernÀhrten Kinde keine normale geistige Leistung
verlangen. Held (Berlin).
E. V. Me Collum, Nina Sinimonds, P. U. Shipley und E. A. Park:
Untersuchungen ĂŒ b e r experimentelle Rachitis.
XXII. Die bei der Vorbereitung von Tieren zur Untersuchung
des antiraehilischen Effekts einzelner Nahrungsstoffe zu erfĂŒl-
lenden Bedingungen. (Bulletin of the Johns Hopkins Hospital,
Baltimore. 33, Nr. 378, August 1922, S. 29(3.)
Bei der Zusammenstellung der Kostform fĂŒr Tiere, an denen
die antirachitische Wirkung bestimmter Nahrungsstoffe geprĂŒft
werden soll, mĂŒssen, um FehlschlĂŒsse zu vermeiden, die Bestand-
teile der Nahrung in vollkommener Weise den Anforderungen ent-
sprechen, die Verff. auf Grund ihrer umfangreichen Versuche fĂŒr
notwendig erachten. Die benutzten Getreidekorner mĂŒssen von
einwandfreier Beschaffenheit sein, die Keime dĂŒrfen keine dunkle
\ erfÀrbung zeigen, die als Folge von bakterieller Zersetzung unter
Bildung toxischer Substanzen zu betrachten ist. die Eiwei'Ăstoffe
mĂŒssen in rationeller Weise gereinigt sein, wozu das Auswaschen
mit Alkohol unzweckmĂ€Ăig ist (Verff. wenden zu diesem Zweck
wiederholte Auswaschungen mit destilliertem Wasser unter Zu
salz von 0,2 Prozent EssigsÀure an); die anorganischen Salze
mĂŒssen durch ad hoc vorgenommene Analysen auf ihre absolute
Reinheit geprĂŒft werden (Verff. sind durch eigene Erfahrungen
sehr skeptisch gegen die Angabe âchemisch rein" auf den Etiketten
amerikanischer chemischer Fabriken geworden); bei der Verwen-
dung von Vitamin-haltigen Extrakten aus Weizenkeimen muĂ stets
ein etwaiger Gehalt an Vitamin-A berĂŒcksichtigt werden. Es wird
nachgewiesen, daĂ minimale Abweichungen in der Zusammen-
setzung der benutzten Kost zu sehr ausgesprochenen VerÀnde-
i ungen des histologischen Bildes fĂŒhren. In den Versuchen zeigte
sich ferner, daĂ Kalziumlaktal im Vergleich zu Kalziumkarbonat
(ine weniger vollwertige Quelle des fĂŒr das Wachstum der Kno-
chen notwendigen Kalks ist. Im ĂŒbrigen bestĂ€tigen die Versuche
die frĂŒheren Ergebnisse der Autoren;, betreffend die' Wichtigkeit
des richtigen VerhÀltnisses des Kalziums zum Phosphor in der
Nahrung zur VerhĂŒtung von rachitischen Wachstumsstörungen.
Wolff (Hamburg).
McCollum, Simmonds, Shipley und Park: Studien ĂŒber ex-
perimentelle Rachitis. Journ. of Biol. Chem. Band
50. 1922. Heft 1. S. 5.
Ratten, deren Nahrung genĂŒgende Mengen Phosphor, aber
ungenĂŒgende Mengen Oalzium enthielt, bekamen in der einen
Gruppe Lebertran, in der anderen Butterfett. Es wurden hier-
bei durch Gaben von 1 % Leberiran bessere Erfolge erzielt als
mit 10â20 % Butterfett. War Calcium in genĂŒgender Menge
vorhanden, so reichten allerdings schon 3 % Butterfett aus, um
die Tiere in gutem Allgemeinzustand zu erhalten. Bei einem
Ca-Gehalt, welcher die HĂ€lfte der optimalen Menge betrug, war
der Unterschied zwischen Lebertran und Butterfett kaum noch
vorhanden, Die Verf. glauben, aus ihren Versuchen sehlieĂen
zu können, daà im Lebertran eine Substanz im Ueberfluà vor-
handen ist. welche im Butterfett nur in geringen Mengen vor-
kommt, und die einen gĂŒnstigen EinfluĂ auf die Knochenbildung
trotz Ca-Mangel ausĂŒbt. â Die Verf. ma-chen auf noch unver-
öffentlichte Versuche aufmerksam, bei denen sie Àhnliche Wir-
kungen durch Sonnenbestrahlung erzielten.
L. Farmer L o e b.
Hess, Ungor und Pappenheimer: Ueber experi-
mentelle Rachitis bei Britten. (III. Mitteil.) Journ.
of. Biol. Chem. Bd. 50, 1922, H. 1, S. 77.
Die Entstehung von Rachitis bei Ratten, denen eine unzu-
reichende Menge Phosphor bei genĂŒgender Calcium-Zufuhr verab-
folgt wurde, konnte durch kurzdauernde Sonnenbestrahlung ver-
hindert werden. Ratten, die bei gleicher DiÀt im Dunkeln gehalten
wurden, wurden stets rachitisch. L. Farmer Loch.
E.V. McCollum, N. Simmonds, J. E. Becker und P. G. Shipley:
Untersuchungen ĂŒber experimentelle Rachi-
tis. XXI. Experimenteller Beweis der Existenz
eines die Kalkahl agerung begĂŒnstigenden V i -
l a m i n s. J. of biological Chemistry, Bd. 53, p. 295, August 1922.
Lebertran verliert nach lÀngerer Erhitzung unter Sauerstoff-
zufuhr die FĂ€higkeit, die durch Mangel an Vitamin-A entstandene
Keratomalazie zur Heilung zu bringen, wÀhrend er nach der so
vorgenommenen Erhitzung noch immer die bekannte^ den Kalk-
ansatz bei rachitischen Tieren befördernde VVirkyng besitzt. Diese
Tatsache beweist, daĂ das antirachitische Vitamin nicht mit dem
die Keratomalacie heilenden Vitamin-A identifiziert werden darf.
Zu demselben SchluĂ fĂŒhrt die Beobachtung, daĂ KokusnuĂöl,
das keinerlei Keratomalazie heilende Wirkungen hat, eine deut-
liche antirachitische Wirkung Zeigt, wenn auch in wesentlich ge-
ringerem MaĂ als Lebertran. Butterfett ist viel reicher an
Vitamin-A als an der den Kalkstoffwechsel regelnden Substanz,
die sich in den Fischtranen in besonders reichlicher Menge nach-
weisen lĂ€Ăt. Verf. erörtern die Möglichkeit, daĂ das durch diese
rntersuchungen nachgewiesene vierte Vitamin sich nur durch
das Fehlen oder Vorhandensein einer Seitenkette von den:
Vitamin-A unterscheiden könnte, ohne allerdings Beweise fĂŒr
diese Annahme bringen zu können. Wolff (Hamburg).
. Ide, T.: GefĂ€ĂverĂ€n der ungen bei Möller-Barlow scher
Krankheit. (Wien, Univers.-Kinderklinik.) Zeitschr. fĂŒr Kin-
derheilkunde, Bd. 32, S. 165â177.
Bei Untersuchung an vier FÀllen von Möller-Barlow fand
I. dreimal Wucherungen der GefĂ€Ăintima im Bereich der mittelgroĂen
Arterien, die vom Pathologen als Endarteritis obliteraus angesehen
werden. Vom Verf. wird an eine GefĂ€ĂschĂ€diguug durch irgendwelche
abnormen Stoffwechselsubstanzen oder eine Störung der BlutdrĂŒsen-
funktion gedacht. Ob die VerĂ€nderungen einen fĂŒr das Krankheitsbild
typischen Befund darstellen, wird offen gelassen. Beim experimentell
am Meerschweinchen erzeugten Skorbut fanden sich dieselben nicht.
Auf jeden Fall sollte das Interesse, das sich bisher dem Blutbilde zu-
wandte, auf den Zustand der GefĂ€Ăe ausgedehnt werden. Bei einem
der FĂ€lle fand sich ĂŒbrigens eine spontane GangrĂ€n beider FĂŒPe, die
als vasomotorische Slörung aufgefaĂt wird.
Schall (TĂŒbingen).
Redfield, A. C. und E. M. Bright: Die Wirkungen der Ra-
di u m s t r a h 1 c n auf den Stoffwechsel und auf das
W a c h s t u m von P f 1 a n z e n s a m e n. Journal of general
Physiölogy, Baltimore. 1. Januar 1922, p. 297.
Pflanzensamen, die der /^-Strahlung des Radiums ausgesetzt
waren, zeigen eine deutliche Vermehrung' der KohlensÀurepro-
duktion im Vergleich zu unbestrahlten Kontrollsamen; die Keim-
fÀhigkeit dagegen wird durch die Bestrahlung deutlich gehemmt.
Diese Tatsachen zeigen, daà es nicht angÀngig ist, einen Paralle-
lismus der Wirkungen der Strahlen auf Stoffwechsel und Wachs-
tum anzunehmen. Verfasser glauben die Entwicklungsstörnngen
und MiĂbildungen bestrahlter Embryonen durch diese Divergenz
in der Wirkung der Strahlen auf die Gewebe erklÀren zu sollen.
Wolff (Hamburg).
P ii v a 1 und D'A unoy: Experimentelle Unter-
suchungen ĂŒber Masern. I. Journ of Experim. Med.
Bd. 35, IL 2, 1922, S. 257.
Meerschweinchen zeigten spezifische Reaktion nach intraear-
dialer Injektion defibrinierlen Blutes von Masernkranken. Die Re-
aktion trat aber nur auf bei Verwendung von' Blut, das im Stadium
der Eruption entnommen wurde. Bei den Sektionen fand man
starke hĂ€morrhagische Nephritis. â Eine ZĂŒchtung des Er-
regers gelang nicht. L. Farmer L o e b.
Fortschritte der Medizin
Die Wochenschrlfi des praktischen Arztes
Redaktion: Prof. Dr. ARTHUR KELLER. Berlin W 50
Verlag von HAN S PUSCH. Berlin SW4Ă, Wilhelm -Stra&e 26 / Fernsprecher LĂŒtzow 9057
Nr. 49/50
Berlin, den 25. Dezember 1922
40. Jahrgang
Der Verlag befeilt steh das aiissokJisBliehe Resht der VervielfÀltigung und Verbreitung der Originalbeitrige innerhalb der gevetzliohen Schutzfrist »er.
Zur sicheren Handhabung der Pravaz-
Injektions- und Blutentnahmetechnik.
Von Dr. med. D r e u w - Berlin.
Bei den subkutanen und intramuskulÀren Injektionen,
lamentlich in die GLutÀen (Quecksilberinjektionen usw., bei
lenen man die Pravaznadel, um keine Schmerzen beim Eins-
tich zu machen, zweckmĂ€Ăig schnell und pfeilartig bis an
len Konus [AnsatzstĂŒck] der Nadel in das Gewebe hinein-
töĂt), kommt es nicht selten vor, daĂ die Nadel an der Ver-
»indungsstelle mit dem AnsatzstĂŒck (Löt-, Stanz- oder
ichraubstelle) abbricht und in die Muskulatur unter der
laut eindringt. Wem dieses UnglĂŒck einmal passiert ist, der
tat bei jeder Injektion ein GefĂŒhl der Unsicherheit und der
Lngst. Mir wurde neulich wieder von einem solchen Fall in
Westfalen berichtet. Im AnschluĂ daran war eine lang-
vierige und schwierige Operation erforderlich. Es sei be-
aerkt, daĂ solche ins Gewebe eingedrungene, abgebrochene
Jadeln fast immer groĂe Strecken weit im Körper wandern.
)iese das Ansehen des Arztes schÀdigende FatalitÀt wird ab-
olut und sicher verhĂŒtet durch die in Abbildung 1, 2 und 3
iargestellte Pravazolive. Sie besteht aus einem olivenartigen
Cnopf (a) von ca. Vi cm LĂ€nge, der durchbohrt ist und in
Lessen Durchbohrung die eigentliche Pravaznadel (b) ge-
teckt wird. Mittels des kleinen SchrÀubchens (c) kann die
)live an jeder Stelle der Nadel fixiert werden. Die Pravaz-
ilive gewÀhrt folgende Vorteile:
1. Ein Abbrechen der Nadel (Fig. 1)
n der Lötstelle ist bei Verwendung der Pravaz-
live fĂŒr den Patienten völlig ungefĂ€hrlich, da ein
[ineingleiten der abgebrochenen Nadel in die
luskulatur durch die festgeschraubte Olive ver-
indert wird.
2. Die Pravazolive ist fĂŒr jede Nadel
erwendbar, im Bruchteil einer Sekunde ver-
miebbar, auskochbar und daher steril.
3. Die zarte Lötstelle der Nadel wird vor
e m Abbrechen geschĂŒtzt, daher spart
tr Arzt a n A n s c h a f f u n g s k o s t en , ins-
;sondere bei V ^rwendung der Pravaz-Hut-
1 i v e (Fig. 3). Diese wird mit ihrer Aushöh-
tng d ĂŒber das vorspringende Ende des Konus (e)
ie ein Hut ĂŒber den Kopf gestĂŒlpt und zur Be-
stigung und VerstÀrkung der Nadel sowohl
littels der Schraube f am Konus e als mittels der Schraube g
i der Nadel selbst festgeschraubt, so daĂ die Nadel bei
irtem Gewebe (Infiltrate, insbesondere bei der zahnÀrzt-
;hen Technik), da sie völlig fest und. stabil wird, besonders
irwendibar wird.
4. Man kann die Pravazolive in jeder Höhe
er Nadel anschrauben, so daĂ man die Tiefe jeden
instiches genau nach Zentimetern berechnet abmessen kann,
weckmĂ€Ăig kann auf der Nadel selbst (Fig. 3) noch eine
entimeterskala eingraviert werden (Zentimeterpravaznadel).
5. Bei der Blutentnahme aus der Armvene,
B. fĂŒr die Wassermann-Reaktion, wird man, nachdem die
|oitze der Nadel in die Vene gedrungen und beim Ansaugen
lut in die Spritze gedrungen ist, sofort die Olive bis an die
aut heranschieben und schnell anschrauben. Dann ist es,
lbst wenn man die Nadel andrĂŒckt oder ansaugt, fast un-
Fig. 1
möglich, die Nadelspitze in die gegenĂŒberliegende Venenwand
zu stoĂen, oder sie durch eine ungeschickte Bewegung, oder
durch Zittern der Hand aus der Vene herauszuziehen. Der
Operateur bekommt daher ein GefĂŒhl der Sicherheit, die
Technik der Blutentnahme wird vereinfacht.
6. Um das Lumen noch besser zu treffen und ein An-
saugen des Blutes auf alle FÀlle zu gewÀhr-
leisten, verwende man die gebogene oder gerade durch-
löcherte Blutentnahme-Nadel (Fig. 2), an deren Spitze sich
5 â 6 seitlich angebrachte gröĂere Löcher befinden, so daĂ
beim Ansaugen auch dann noch Blut in die Spritze durch
diese Löcher gesaugt wird, wenn die Spitze der Nadel schon
durch die gegenĂŒberliegende Venenwand gedrungen oder
etwa zu weit zurĂŒckgezogen ist. SelbstverstĂ€ndlich kann die
gebogene Blutentnahmenadel auch ohne Durchlöcherung ver-
wandt werden, in jedem Falle zweckmĂ€Ăig mit der Pravaz-
olive und der Pravaz-Hutolive (Figur 2 und 3).
Fig 2
Fig. 3
Namentlich bei endovenösen Einspritzungen ge-
wÀhrt die Anwendung der beiden Oliven in Verbindung mit
der undurchlöcherten Blutentnahmenadel
ein absolutes GefĂŒhl der Sicherheit und der
Stabilisierung, da man sonst beim AndrĂŒcken des
Spritzen-Stempels allzuleicht die Nadelspitze in die gegen-
ĂŒberliegende Venenwand stoĂen kann.
7. Um eine bessere Verteilung der InjektionsflĂŒssigkeit
im Hautgewebe zu erzielen, verwende man die in Fig. 1 ab-
gebildete âPerforationspravaznadel".
Die bisherigen Bestrebungen, die Schmerzhaftigkeit bei
Injektionen herabzusetzen, waren hauptsÀchlich chemischer
Natur. So entstand eine Reihe von Hg-PrÀparaten, die viel-
fach nicht das hielten, was sie versprachen. Ich habe nun
versucht, auf rein physikalischem Wege dem Ziele zuzu-
streben, von dem Gesichtspunkte ausgehend, daĂ die
Schmerzen z. T. durch die plötzliche Verteilung des Hg-PrÀ-
parates an einer Stelle im Gewebe entstehen. Denn wenn man
mit einer gewöhnlichen Pravaznadel injiziert, so wird das
InjektionsprÀparat durch die Spitzenöffnung der Nadel an
einen einzigen Punkt im Gewebe suspendiert. Hierdurch wird
das Gewebe gewaltsam auseinandergedrÀngt, es findet ein
Druck auf die in der NĂ€he liegenden Nerven statt, die Resorp-
tion wird beeintrĂ€chtigt und die Infiltratbildung begĂŒnstigt.
WĂŒrde es gelingen, auf einen weiteren Raum so das Medi-
kament zu verteilen, so wĂŒrde ein Teil der erwĂ€hnten Um-
stÀnde wegfallen. Diese weiter gehende Verteilung wird nun
664
Dr. Thoma, Ueber Isapogen
40. Jahrg. â Nr. 49/50.
erreicht durch eine KanĂŒle (Abbild. 1), deren Spitze zuge-
lötet ist. Die InjektionsflĂŒssigkeit wird infolgedessen ge-
zwungen, durch etwa 5â10 feine Oeffnungen, die seitwĂ€rts
angebracht sind, nach allen Richtungen der Windrose ins Ge-
webe einzudringen und sich hier zu verteilen (Perfora-
tionspravaznadel).
In der Tat werden mittels dieser Methodik die Schmerzen
sowohl wÀhrend als nach den Injektionen herabgesetzt
(Morphium, Kampferöl usw.).
8. Zum SchlĂŒsse mache ich noch auf einen Pravaznadel-
Handgriff (Fig. 4) aufmerksam, der dann vielfach das Reini-
gen einer verstopften KanĂŒle gestattet, selbst wenn kein feiner
Metallfaden zum Reinigen vorhanden ist, insbesondere bei
derPerforationspravaznadel (Fig. 1). Die meisten
Verstopfungen der KanĂŒlen kommen so zustande, daĂ ein
Partikelchen aus der zu injizierenden FlĂŒssigkeit, z. B.
Hydrarg. salicyl., sich im Lumen der KanĂŒle festsetzt
(s. Fig. 4 k). Der Weg vom Konus bis zur Verstopfungsstelle
ist also passierbar und weit genug. Die verengte Stelle liegt
mehr nach vorne. LĂ€Ăt man nunmehr eine Vis a tergo ein-
wirken, so muĂ das verstopfende Partikelchen den schon
passierten Weg zurĂŒcklegen, d. h. es wird zurĂŒckgeschleudert.
Diese Vis a tergo ist nun sehr einfach zu erreichen. Man hat
nur nötig, wie es in Fig. 4 abgebildet ist, die KanĂŒle in die
mit der InjektionsflĂŒssigkeit b gefĂŒllte Pravazspritze umge-
kehrt einzufĂŒhren. Zwischen dem Pravazspritzenhals d und
der Ansatzstelle f der KanĂŒle wird etwas Watte g oder ein
von der Nadel durchstoĂenes StĂŒckchen Leder oder eines
Gummischlauches oder eines StĂŒckchen Tuches gebracht.
DrĂŒckt man nun mit Zeigefinger und Daumen der linken
Hand die Ansatzstelle f gegen den Hals d, so wird durch g
eine dichte Verbindung zwischen f und d hergestellt. Nun-
mehr wird durch Druck auf den Spritzenstempel h der
Kolben i vorwĂ€rts gedrĂŒckt und die im Innern der Pravaz-
spritze befindliche FlĂŒssigkeit b muĂ im Lumen der KanĂŒle
den umgekehrten Weg machen wie vordem, als das Partikel-
chen k sich einkeilte. Dieses wird dann in der Regel durch
den Druck der FlĂŒssigkeit im Innern der Pravazspritze in
die freie Passage f hinausgeschleudert.
Dieser Handgriff ist imstande, dem Arzte manche Un-
annehmlichkeit zu ersparen.
Welchem Praktiker ist es z. B. nicht schon passiert, daĂ
er zum Injizieren alles sehr schön vorbereitet hatte, nur ver-
sagte im letzten Moment die Spritze, da die KanĂŒle sich
durch ein kleines Partikelchen verstopfte und ein feiner Draht
zur Reinigung zufÀllig nicht vorhanden war, so daà der Pa-
tient entweder warten oder am anderen Tage wiederkommen
oder ein Besuch nochmals gemacht werden muĂte.
Die obigen Instrumente: I." die Pravazolive und die
Pravaz-Hutolive Fig. la und 3g), II. die Perforationspravaz-
nadel (Fig. 1), III. die Zentimeterpravaznadel (Fig. 3), IV. die
gebogene, seitlich durchlöcherte Blutentnahmenadel (Fig. 2),
V. die gebogene, seitlich nicht durchlöcherte Blutentnahme-
nadel (auch zur endovenösen Injektion), VI. die gerade, seit-
lich durchlöcherte Blutentnahmenadel werden hergestellt von
der âInjecta" Aktiengesellschaft, Abt. II, vormals Hohlnadel-
gesellschaft, Berlin SO 16, und sind durch jede Handlung
chirurgischer Instrumente zu beziehen.
n
n
;
Ueber Isapogen u. Salicyl-Isapogen âSchörholz/
Von SanitÀtsrat Dr. Thoma, Hamburg.
AlljĂ€hrlich wertferr"eine groĂe Anzahl chemischer mid
chemisch-pharmazeutischer Arzneimittel in den Verkehr ge-
bracht mit dem Erfolg, daĂ ein gröĂerer Teil nach geraumer
Zeit wieder verschwindet. Da nun aber die Einverleibung
eines wirklich brauchbaren PrÀparates in den Arzneischatz
fĂŒr den Arzt einen nicht zu unterschĂ€tzenden Vorteil be-
deutet, so lohnt sich die MĂŒhe reichlich, wenn es gelingt,
auf Grund der PrĂŒfung bezw. NachprĂŒfung die wirklich
guten Ergebnisse der Versuche weiteren Kreisen bekannt zu
geben.
Von der Firma J. SchĂŒrholz, Köln/Rhein, sind mir zwei
JodprĂ€parate zur VerfĂŒgung gestellt worden, von denen das
eine mit Isapogen bezeichnet, 6 % Jod und 6 % Kampher
enthĂ€lt, wĂ€hrend das andere Salicyl -Isapogen auĂerdem noch
15 % Acid. salicylicum enthÀlt. Beide PrÀparate stellen ein
klare, flĂŒssige Seife dar, von Honigkonsistenz, lassen sich in
kĂŒrzester Zeit durch Massage in die Haut einreiben ohne
Flecken an den HĂ€nden und der WĂ€sche zu hinterlassen und
sind mit Wasser abwaschbar. In allen FĂ€llen, in denen ich
diese PrÀparate anwendete, habe ich sehr gute, in vielen
FĂ€llen sogar ĂŒberraschende Erfolge gehabt. ZunĂ€chst nahm
ich auf Grund vorliegender FĂ€lle in der Praxis Versuche mi
Salicyl-Isapogen vor.
Ri. Le., 36 Jahre alt, Kaufmann. Starke Schwellung de
rechten Hand, UnfÀhigkeit dieselbe zu bewegen, heftige Schmerzen
bei BerĂŒhrung und Bewegungsversuchen, kein Fieber. Patient
hatte zuvor schon an 2â3 Stellen Schmerzen gehabt, die aber]
wieder verschwunden waren. Diagnose: Gelenkrheumatismus. Ein-
reibungen mit Salicyl-Isapogen, welche stĂŒndlich bis zur Trocken-]
heit der Haut vorgenommen wurden, vermehrten zunÀchst diel
Schwellungen und Schmerzen, sodaĂ der Patient am 2. Tage batj
von einer weiteren Behandlung mit Salicyl-Isapogen Abstand z«
nehmen. Nachdem aber am 3. Tage eine ĂŒberraschende Besse-!
rung durch Abschwellung und Nachlassen der Schmerzen eintrat)
wird die Behandlung weitere 8 Tage fortgesetzt mit dem Resultat]
daà tÀglich eine wesentliche Besserung^ nach Ablauf dieser Zeifl
eine vollstÀndige Heilung zu verzeichnen war.
Ka.' Jo., 45 Jahre alt, Schlosser. Schmerzen unterhalb der
HĂŒfte links bis zum Knie, besonders die Stelle schmerzhaft, wtj
der Ischiadicus heraustritt. Diagnose: Ischias. Auch in diesen!
Falle wurde stĂŒndlich mit Salicyl-Isapogen eingerieben und
LÀppchen mit dem PrÀparat getrÀnkt, aufgelegt. Da es sich unj
einen veralteten Fall handelte, muĂte die Behandlung etwa
14 Tage fortgesetzt werden, endete aber mit einem vollen Erfolg
und ist Patient frei von allen Schmerzen.
Lo. M., 46 Jahre alt, Privatim Heftige Schmerzen in d
linken GesichtshÀlfte. Die Untersuchung der ZÀhne ergab kein
Anhaltspunkt fĂŒr die Schmerzen. Diagnose: Trigeminusneuralgi
StĂŒndliche Einreibungen und UmschlĂ€ge mit S;ilicvl-Isnnogen
hatten den Erfolg, daà am nÀchsten Tage die Schmerzen bereits
etwas nachlieĂen. Am 9. Tage war Patientin ohne Schmer
und konnte als geheilt entlassen werden.
Ge. Tho., 50 Jahre alt, Kaufmann. Diagnose: Akuter Hexi
schuĂ. Patient liegt steif im Bett und kann sich nur unter heftig*
Schmerzen von einer Seite auf die andere bewegen. Die anfan
von mir vorgenommenen Einreibungen wurden spÀter von di
Frau des Patienten fortgesetzt. Bereits am folgenden Tage fĂŒhl^
Patient weniger Schmerzen und konnte sich auch schon etwa
wenn auch schwerfÀllig bewegen. TÀglich war eine auffallen
Besserung nach den Einreibungen zu verzeichnen. Am 10. Tas
war Patient frei von Schmerzen und konnte seiner BeschÀftige
wieder nachgehen.
Ru. Me., 51 Jahre alt, StraĂenkehrer. Heftige Schmerze
wechselnd an verschiedenen Körperteilen. Diagnose: MuskeB
rheumatismus. Die von mir verordneten Einreibungen mit Salicvl-
Isanogen werden von der Frau des Patienten (Masseuse^ sehr
grĂŒndlich und sehr gewissenhaft ausgefĂŒhrt, sodaĂ eine tĂ€gliche
Besserung festgestellt werden konnte. VollstÀndige Heilung nach
12 Tagen.
BezĂŒglich der Wirkung des Isapogen pur. konnte ich an
Hand zahlreicher FÀlle, die ich mit glÀnzendem Erfolge bei
handelte, gleich Kauenhoven und Schroeder fesB
stellen, daĂ das Isapogen bei Grippe,. LungenentzĂŒndung,
RippenfellentzĂŒndung, akuter und chronischer Bronchitis,
Asthma sowohl die Beschwerden und Schmerzen beseitigt,
als auch den Auswurf mit wenig MĂŒhe in groĂen Mengen
herausbefördert. Die absolute Reizlosigkeit des PrÀparates
gestattet eine tÀgliche und reichliche Verwendung desselben,
sodaĂ auf die innerliche Verabreichung von Jodsalzen und
sonstigen Expectorantien verzichtet werden kann, eine Tat-
40. Jahrg. â Nr. 49/50.
Dr. Wilhelm Fellbach, Ueber Salbenbehandlung
Sache, die nicht hoch genug bewertet werden kann, besonders
bei geschwÀchten und Àlteren Personen, bei denen die interne
Behandlung leicht zu Magen- und Darmstörungen Ver-
anlassung gibt. Das gleiche gilt auch von Salicyl-Isapogen
und kann auch bei Verwendung dieses PrÀparates von der
innerlichen Verabreichung von SalicylsÀurc und salicyl-
sauren Salzen abgesehen werden. Bemerken möchte ich noch,
daĂ ich in geeigneten FĂ€llen die Behandlung mit PrieĂnitz-
UmschlĂ€gen unterstĂŒtzte, und um eine rasche Ausscheidung
des Jod und der SalicylsÀure durch den Urin zu bewirken,
reichlich alkalische WĂ€sser, wie Faschinger, Emser, Seiter,
Wildunger, Roisdorfer oder Gerolsteiner verabreichen lieĂ.
Schmerzhafte, akute Schwellungen werden nach erfolgter
Isapogen-Einreibung mit essigsaurer Tonerdelösung gekĂŒhlt.
Bleiwasser und Sublimatlösung sind dagegen nicht zu ver-
wenden in Gemeinschaft mit Isapogen-Einreibungen.
Wie Kauenhoven sehr richtig betont, ist das An-
wendungsgebiet der Isapogen-PrÀparate ein ungemein reich-
haltiges, und haben meine kurzen AusfĂŒhrungen lediglich
den Zweck, die Herren Kollegen zu weiteren Versuchen an-
zuregen. Mein Urteil möchte ich dahin zusammenfassen, daĂ
die Isapogen-PrÀparate in ihrer resorbierenden Wirkung
unter allen mir bekannten Jod -PrÀparaten den ersten Platz
einnehmen.
Zum SchluĂ sei noch auf die Tatsache hingewiesen, daĂ
durch Ausschaltung interner Mittel, und wie erwiesen, durch
eine wesentliche AbkĂŒrzung der Krankheitsdauer bei Ver-
wendung der Isapogen-PrÀparate, diese trotz den an-
scheinend hohen Preisen sich in hervorragender Weise zur
allgemeinen Verwendung in der Kassenpraxis eignen, worauf
ich die Herren Kollegen noch besonders aufmerksam machen
möchte. San. -Rat Dr. Thoma.
Ueber Salbenbehandlung bei Cervixkatarrhen
und Pseudoerosionen.
Von .Dr. Wilhelm F e i 1 b a c h - Bad Homburg v. d. H.
Von der gĂŒnstigen Einwirkung der Kamillosansalbe auf
Schleimhautaffektionen und zwar solche mit und ohne Epi-
thelverluste, bei Erkrankungen der Nasen- und Mundhöhle,
bei entzĂŒndlichen Prozessen am After usw. habe ich mich
in einer groĂen Anzahl von FĂ€llen ĂŒberzeugen können. Wie
bei Affektionen der Ă€uĂeren Haut besticht auch hier die leb-
hafte Anregung der Granulation, die flotte Epithel isierung
nach raschem RĂŒckgang der entzĂŒndlichen Erscheinungen.
Es lag nahe die Einwirkung der Kamillosansalbe auf die so
hĂ€ufigen EntzĂŒndungserscheimungen an der Portio zu studie-
ren. Gehen doch hier EntzĂŒndungsvorgĂ€nge mit Epithelver-
Ă€nderungen eigner Art, mit Erosionen bzw. Pseudoerosionen
Hand inHand. Nachdem ich eineAnzahl vonFĂ€llen mitlrriga-
tionen mit Lösungen von Kamillosanum liquidum behandelt
hatte ohne nennenswerten Erfolg, ging ich dazu ĂŒber, die
Kamillosansalbe anzuwenden. Dabei lergab sich sofort die
Schwierigkeit, daà der fettige Arzneikörper der durch die vor-
handenen und selbst nach Wegtupfen rasch wieder ausge-
schiedenen Schleimmassen an einer direkten Einwirkung auf
die Schleimhaut gehindert wird. EinfĂŒhrung eines mit Salbe
beschickten Tampons wĂŒrde diesen Umstand nicht beseitigt
haben und war auch aus anderen GrĂŒnden nicht ratsam. Ich
versuchte daher dem Uebelstand dadurch zu begegnen, daĂ
ich die Salbe durch ErwĂ€rmen verflĂŒssigte .und in der er-
wÀrmten Uterusspritze zum Teil in den unteren Portioab-
schnitt einbrachte, zum Teil auf und um den Muttermund,
unmittelbar auf die Erosionen deponierte. Der Erfolg dieser
Therapie war zwar unverkennbar, stand jedoch hinter dem
iiner anderen Applikationsweise zurĂŒck. Diese bestand
darin, daĂ ich zwischen die Enden eines stumpfen Muskel-
lakens oder in das Lumen einer KĂŒrette eine etwa kirsch-
« rngroĂe Menge der Kamillosansall>e brachte, das Instrument
lann (im Speculum) unmittelbar vor die Portio fĂŒhrte und
um mit einer gut erwÀrmten Uterussonde die Salbe gewisser-
maĂen in situ verflĂŒssigte und durch sanfte Gleitbewegungen
sit innig mit dem Schleim mischend, teils in die Cervix, teils
auf die Erosionen und deren Umgebung auftrug. Dies Ver-
fahren wiederholte ich je nach der Schwere des Falles zwei -
mal tÀglich bis eimnal wöchentlich. Am Abend vor der
Behandlung lieĂ ich eine Irrigation mit einer adstringieren-
den bzw. desinfizierenden Lösung vornehmen. In vielen FÀl-
len trat nach (5 bis 8 Behandlungen Heilung ein.*) Andere
Ă€ltere vernachlĂ€ssigte FĂ€lle mit groĂen Erosionen und hefti-
ger Sekretion beanspruchten lÀngere Behandlung, jedoch
blieb der Erfolg mit einer Ausnahme in keinem Falle aus.
(Bei dieser handelte es sich um tiefe Einrisse der Cervix post
partum; er wird operativ angegangen werden.) Jedenfalls
scheint die Kamillosansalbe in der beschriebenen Weise an-
gewandt ein brauchbares Mittel zur Behandlung der oft hart-
nÀckigen Cervixkatarrhe und Pseudoerosionen zu sein.
Worauf die Heilwirkung im einzelnen beruht, werden syste-
matische Untersuchungen ergeben mĂŒssen. Jedenfalls ist es
von Wichtigkeit, daĂ die erwĂ€rmte verflĂŒssigte Salbe innig
mit dem Sekret gemischt wird. Nur so vermag sie unmittel-
bar auf die Schleimhaut einzuwirken. Ob das Kamillosan
primÀr die Umwandlung des Zylinderepithels in Platten be-
gĂŒnstigt- oder ob diese Umwandlung sekundĂ€r durch Beein-
flussung der EntzĂŒndung durch die Salbe erleichtert wird,
ob schlieĂlich chemische VerĂ€nderungen des Sekretes, des-
infizierende EinflĂŒsse usw. eine Rolle spielen, steht einst-
weilen dahin.
DaĂ die. Kamillosansalbe bei dieser Behandlungsmethode
eine Ausnahmestellung einnimmt, beweist die vergleichs-
weise Anwendung anderer Salben, teils neutraler, teils
solcher als Vehikel von Arzneistoffen (Jchtiyol, Jod usw.).
Die Erfolge mit diesen reichen an die Heilerfolge der Kamillo-
sansalbe nicht heran.
Nervöse Erscheinungen auf innersekreturischer
Basis bei der Frau
und deren Behandlung mit Ovobrol.
Das GemĂŒtsleben des Weibes wird in erster Linie durch
die Funktion der Ovarien reguliert, mangelhafte Funktion
oder Funktionsausfall rufen infolgedessen schwere Störungen
des Nervensystems bei der Frau hervor. Diese Störungen
sind einer Therapie mit endokrinen PrÀparaten zugÀnglich,
sodaà OvarienprÀparate seit lÀngerer Zeit bereits mit bestem
Erfolg hiergegen angewendet werden. Es ist nur zu beachten,
daĂ die Therapie mit PrĂ€paraten aus den endokrinen DrĂŒsen
verhĂ€ltnismĂ€Ăig lange dauert, ehe die Wirkung in Erschei-
nung tritt, sodaĂ die Patientinnen in vielen FĂ€llen die Kur
vorzeitig aufgeben. Dieser Uebelstand lĂ€Ăt sich durch gleich-
zeilige Medikation eines Sedativums .abhelfen.
In glĂŒcklicher Weise wurde dieser Gedanke auf An-
regung von Guttmann in die Praxis umgesetzt, indem
das bewÀhrte OvarienprÀparat Ovoglandol mit Bromnatrium
kombiniert wurde, und zwar in Form von BouillonwĂŒrfeln,
die im Sedobrol bereits so groĂen Anklang gefunden haben.
Ovobrol wird nach Art des Sedobrol gegeben, am
besten dreimal tĂ€glich je ein WĂŒrfel zu Bouillon mit kochen-
dem Wasser bereitet. Eventuell kann allmÀhlich bis zu
dreimal tĂ€glich je zwei WĂŒrfel gestiegen werden. Plötzliche
gröĂere Dosen werden nicht ohne Reaktionserscheinungen
vertragen (siehe unten). In allen FÀllen wurde das PrÀparat
*) Die Sekretion lieĂ nach, die Erosion verkleinerte sich zu-
sehends und verschwand schlieĂlich. Bisher d. h. seit 8 Monaten
habe ich einmal Recidiv gesehen.
Literatur: von Dr. Gustav Löffler, Frankfurt a. M. (In-
tern. Aerztl. Centrai-Anzeiger),
von dem Allg. Krankenhaus, Herrn Prof. Dr.
Bode. (MĂŒnchener Medizinische Wochenschrift),
von Dr. med. W. Feilbach, Bad Homburg.
(Westdeutsche Aerztezeitung.j
im
als im Geschmack sehr angenehm gefunden. Die Indikation
fĂŒr Ovobrolbehandlung scheint mir dort gestellt, wo sich
psychische und nervöse Störungen mit Erkrankungen des
Genitalapparates kombinieren, und zwar ganz besonders bei
solchen Hysterien und bei Ausfallserscheinungen.
Hierzu ist zu bemerken, daĂ ich bemĂŒht war, eine sug-.
gestive Beeinflussung der P. wÀhrend der Ovobrolkur mög-
lichst auszuschalten. Zu diesem Zweck besuchte ich die P.
bei LĂ€ngeren Kuren nur etwa jede zweite bis vierte Woche.
Da die nervösen und psychischen Störungen keine andere
medikamentöse Behandlung erfuhren, kann man wohl mit
Recht die Heilresultate dem Ovobrol zuschreiben. Die erste
Wirkung des PrÀparats war durchschnittlich schon nach
4â8 Tagen zu merken. Scheinbar kann Ovobrol ohne jede
Störung lange Zeit hindurch gegeben werden. Nur muĂ" man
bei lÀnger dauernden Kuren nach je zwei Wochen je vier
ovobrolfreie Tage einschalten. Diese Anordnung ist erforder-
lich, um dem Auftreten einer Urticaria vorzubeugen. Bei den
vier zuerst behandelten FÀllen trat nÀmlich ein Quaddel -
ausschl. auf, einmal zessierten auch die Menses, nach-
dem vier Wochen hindurch unentwegt Ovobrol genommen
war. Diese Erscheinungen gingen jedoch in allen FĂ€llen
nach durchschnittlich ötĂ€gigem Aussetzen völlig zurĂŒck.
Nachdem daraufhin nach je 14 Tagen je 4 Tage mit den
Ovobrolgaben ausgesetzt wurde, traten auch bei diesen FĂ€llen
keinerlei Reaktionserscheinungen mehr auf. In allen FĂ€llen
lobten die Kranken besonders die beruhigende und schmerz-
lindernde Wirkung des Ovobrol. Sie âfĂŒhlten" angeblich die
Heilwirkung des PrÀparates. Im allgemeinen handelt es sich
bei den von mir behandelten Kranken um chronische (meist
hysterische) Beschwerden, auf welche das PrÀparat eine
ganz hervorragende Wirkung hatte. Im Durchschnitt muĂ
man mit einer vierwöchigen Kur rechnen, zuweilen genĂŒgt
eine Behandlung von 14 Tagen; mitunter kann auch das
PrÀparat lÀngere Zeit mit gutem Erfolg genommen werden.
Im Februar 1921 begann ich mit der Ovobrolbehand-
lung bei einer sehr schweren Hysterie, nachdem Suggestiv-
behandlung und andere Sedativa nach einem nur ganz vor-
ĂŒbergehenden Erfolg eine Verschlechterung des Zustandes
nicht hatten aufhalten können. Bei diesem sehr einleuch-
tenden Fall mit absoluter Steifigkeit, Trismus, Stupor, Par-
Àsthesien, anÀsthetischen Zonen, Globus, Ovarie, unregel-
mĂ€Ăigem Zittern der Arme, Fehlen von Cornea!- imd
Rachenreflex, LĂ€hmungserscheinungen der Beine, starker
SuggestibilitÀt, Stenokardie, Schlaflosigkeit, Retrofiexio,
uteri, Senkung machte sich die Ovobrol Wirkung schon nach
5 Tagen bemerkbar.
Unter Vermeidung jeder suggestiven Beeinflussung be-
gann ich in diesem Fall die Ovobrolkur mit zunÀchst dreimal
tĂ€glich je 1 WĂŒrfel, steigend auf dreimal tĂ€glich 2 WĂŒrfel,
spĂ€ter zweimal tĂ€glich 2 WĂŒrfel, schlieĂlich abends 2 und
1 WĂŒrfel. (Daneben bei Behandlungsbeginn Digalenkörnchen
wegen Herzinsuffizienz.) Nachdem etwa in den ersten vier
Tagen das MiĂtrauen der Pat. gegen das neue Medikament
ĂŒberwunden war, trat eine ĂŒberraschende Wendung zur
Besserung ein. Als erster Fortschritt trat nÀchtlicher Schlaf
(acht Stunden) in Erscheinimg; die Ursache ging merklich
zurĂŒck; ParĂ€sthesien verschwenden etwas langsamer; die
LĂ€hmungserscheinungen waren innerhalb 14 Tagen beseitigt.
Schon nach 8 Tagen konnte die Pat., die ein Vierteljahr
hatte gefĂŒttert werden mĂŒssen, allein und ohne jede Hilfe
essen. Im Laufe des nÀchsten Monats machte die Besserung
allmÀhliche, aber stetige Fortschritte. Nach vierwöchiger
Ovobrolkur ging es mit Eilschritten vorwÀrts. Pat. fing an
â zunĂ€chst an Stöcken â zu gehen. Anfang des zweiten
Monats sah ich sie bereits ohne Hilfe gehen, und nach acht
Wochen traf ich sie schon bei leichter Hausarbeit, fĂŒnf
Monate spÀter bereits bei leichter Feldarbeit. Nach zehn-
monatiger Ovobrolverabreichung (immer mit den viertÀgigen
Pausen nach zwei Wochen!) konnte die Behandlung mit
dem Erfolg abgebrochen werden, daĂ die Pat. sich voll-
kommen wohl fĂŒhlte und jede Arbeit verrichtete. Dieses
Wohlbefinden hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten.
Aehnlich, nur in viel kĂŒrzerer Zeit, verliel die Wirkung
des Ovobrol hei den ĂŒbrigen FĂ€llen.
Nach diesem Erfolg wendete ich bei allen Hysterien, die
verbunden waren mit irgend welchen pathologischen \ er-
Ă€nderungen am Genitalorgan (Adnexitis, Parametritis, Fluor
albus, LageverÀnderungen usw.) Ovobrol an mit dem Erfolg,
daĂ in 10 solchen FĂ€llen alle Beschwerden, wie Sensationen
im Unterleib, groĂe AnfĂ€lle, allgemeine Unruhe, Schlaf losig -
keit, ParÀsthesien usw., theatralisches Wesen prompt zurack
gingen. Auch der objektive Befund Ànderte sich zum Nor-
malen; ob allein durch die Lokaltherapie oder auch unter
Mitwirkung des Ovobrol bleibe dahingestellt. Jedenfalls
mĂŒssen doch wohl die Wirkungen auf das Nerven-
system und die Psyche mit Recht dem Ovobrol zuge-
schrieben werden. Schon nach 5 Tagen begann im Durch-
schnitt ein ruhiges Wesen die Theatralik zu ersetzen; es
stellten sich guter Schlaf und Arbeitslust ein, Ovarie schwand
und fehlende Corneal- und Rachenreflexe traten wieder auf.
Bis nach etwa 14 bis 30 Tagen die ArbeitsfÀhigkeit der oft
jahrelang krÀnkelnden Frauen wieder hergestellt war.
Den EinfluĂ des Ovobrol bei psychischen Alterationen
beweist eine Melancholia levissima, kombiniert mit Appen -
dicitis und Adnexitis dextra. Hier glaubte ich sofort gröĂere
Dosen geben zu sollen und begann mit dreimal tĂ€gĂŒcb
2 WĂŒrfeln, wodurch nach 18 Tagen die schon eingangs er-
wÀhnte starke Urticaria und das Zessieren der Menses auf-
trat. Wie oben erwÀhnt, wurde aber nach kurzer Pause
Ovobrol in steigenden Dosen (Einschleichen!) gut vertragen.
Nach zweimonatlicher Behandlung hatte die Frau die alte
Lebensenergie, Ruhe und Schlaf. Eine gleichzeitig be-
stehende Struma hatte sich sehr verkleinert; eine Er-
scheinung, die ich auch der endokrinen Wirkung des
Ovobrol zuschreiben möchte.
Eine Pat. mit Dysmenorrhoe konnte vom Ovobrol nicht
ganz entwöhnt werden, weil sie behauptete, die Schmerzen
seien fast ganz geschwunden, ohne Ovobrol aber könne sie
nachts wÀhrend der Menses nicht schlafen. Sie nimmt nocl
jetzt (nach 1K> Jahren) â aber nur wĂ€hrend der Menses
zweimal tĂ€glich 1 WĂŒrfel Ovobrol mit dem Erfolg eine
guten Schlafes. Bei dieser Pat. konnte durch Lagekorrektu
des retroflektierten Uterus die Dysmenorrhoe zunÀchst nicht
beseitigt werden. Diese wurde erst, wie der ebenfalls anfangs
bestehende allgemein nervöse Erschöpfungszustand, di"
Arbeitsunlust, die Mattigkeit nach achtwöchiger Ovobrolku
behoben.
Auch auf mit pathologischem Befund am Genilalorga
(in meinem Fall Retrofiexio) verbundene Herzneurose wirkt
Ovobrol hervorragend, indem nach schon fĂŒnf Tagen ein
merkliche Beruhigung eintrat, nach 5 Wochen nur noc1
leichtes Herzklopfen bei schwerer Arbeit ayftrat. Die Herz
angst ist auch nach Absetzung des Ovobrols nicht wiede
aufgetreten.
Auf Schmerzen bei LageverÀnderungen, die nach Lage-
korrektur nicht schwanden, hatte Ovobrol in kurzer Zeit
Heilwirkung, indem in den drei behandelten FĂ€llen die Be-
schwerden nach 1 â 2 Originalpackungen aufgehört hatten.
Bei einem seit mehreren Wochen bestehenden (keine
Gravida!) chronisch nervösen Erbrechen war Ovobrol schon
nach drei Tagen von heilendem Einfluà (dreimal tÀglich
1 WĂŒrfel). Nach 2 Originalpackungen konnte das PrĂ€parat
mit dem Erfolg abgesetzt werden, daĂ die seit Monaten etwa
dreistĂŒndlich, 12 Stunden vor der Ovobrolkur aber alle
2 Minuten brechende, sehr abgemagerte Frau bei auĂer-
ordentlichem Appetit völlig gesundete. Genitalbefund: Retro-
fiexio.
Vielleicht am auffallendsten war die Ovobrolwirkung bei
einer Frau mit typischen Ausfallserscheinungen nach
Uterusamputation mit einseitiger Kastration. Sie wurde be-
handelt mit dreimal tĂ€glich 1 WĂŒrfel Ovobrol. Nach einer
Woche bereits war eine Besserung bemerkbar. Nach vier
Wochen bestand vollstÀndige Beschwerdefreiheit. Seit da-
mals braucht Ovobrol nicht mehr gegeben zu werden, da das
Wohlbefinden seit jetzt dreiviertel Jahr bestehen blieb.
10. Jahrg. â Nr. 49/50.
Dr. KKrcher, Ein Beitrag
66?
Ich nehme an, daà in allen diesen FÀllen das ursÀch-
liche Moment zu dm nervösen Störungen in der Genital -
Pathologie zu finden sei. In einem Fall, in dem die be-
stehende Hysterie zeitlich nach der diagnostizierten Reto-
llexio uteri zu Erscheinungen gefĂŒhrt hatte, wurde Ovobrol
nicht vertragen. Es traten Erscheinungen auf Àhnlich wie
im Klimakterium. Statt Ovobrol wurde Sedobrol mit Erfolg
perordnet. Es bleibe dahingestellt, ob die ĂnertrĂ€glichkeit
des Ovobrol in diesem Falle darauf beruhe, daĂ die Hysterie
sich hier nicht mit einer Dysfunktion der Genitalien
kombinierte. Vielleicht ist sie als Folge einer ĂŒberstandenen
sehr schweren und langen Allgemeinerkrankung anzusehen.
HierfĂŒr spricht die Tatsache, daĂ die Relroflexio schon
jahrelang ohne jedes hysterische Symptom bestanden hatte.
Dagegen wurde in allen anderen FĂ€llen, besonders bei
chronischen Dysmenorrhöen, Unterleibsschmerzen, Fluor
albus usw. das Ovobrol Ă€uĂerst gern genommen, da es sehr
bald nach der Verordnung seine Wirkung auf die ange-
nehmste Weise ausĂŒbte. Zusehends erholten sich alle diese
behandelten FĂ€lle auf die Ovobrolgaben. Im ganzen wurden
19 Patientinnen behandelt. Im allgemeinen wird man drei-
mal tĂ€glich einen WrĂŒrfel verordnen und mit 2 â 3 Packungen
auskommen.
In allen von mir behandelten FÀllen waren die nervös-
psychischen Störungen kombiniert mit einer VerÀnderung
am Genitalorgan; und zwar handelte es sich zehnmal um
falle von Hysterie; einmal um Melancholia levissima; ein-
mal um Dysmenorrhoe; zweimal um Schmerzen bei GebÀr-
mutterverlagerung, die durch Lagekorrektur nicht hatten ge-
hoben werden können; einmal um Ausfallerscheinungen
nach Kastration; einmal um unstillbares Erbrechen bei
Retroflexio oder GraviditÀt. In zwei FÀllen erwies sich die
Einwirkung des Ovobrol Ă€uĂerst gĂŒnstig, auf die bei Frauen
so hÀufigen leichteren nervösen ErschöpfungszustÀnde.
Auffallend war die schnelle Wirkung bei Hysterie und bei
den durch Kastration, bedingten Ausfallserscheinungen.
Auf Grund meiner kurz skizzierten Erfahrungen stelle
ich die Indikation fĂŒr Ovobrolbehandlung bei allen psy-
chischen und nervösen Störungen, die mit
gleichzeitig bestehenden pathologischen
VerÀnderungen am Genitalapparat möglicher-
weise im Zusammenhang stehen.
Dr. Harald Runze,
GroĂ-Leuthen, Kreis LĂŒbben N/L.
Ein Beitrag zur âtherapeutischen Anwendung
des âHellsicol"
(frĂŒher Syrupus compositus âHell")*).
Von Dr. med. Max KĂ€rcher,
\ Spezialarzt fĂŒr innere und Nervenleiden, Kaiserslautern.
Bereits vor dem Weltkriege wurde meine Aufmerksam -
:eit durch Professor Hoffmann - Heidelberg auf die
iberaus gĂŒnstigen Heilwirkungen des Syrupus Golae compos.
Hell", besonders bei der Behandlung von funktionellen
Jervenleiden und dyspeptischen ZustÀnden, hingelenkt. Seit
iniger Zeit wurde die Indikationsstellung in der Anwendung
ieses PrÀparates, daà neuerdings unter dem wortgeschÀtzten
»amen âHellsicol" gefĂŒhrt wird, bedeutend erweitert. Die
ahlreichen Grippeepidemien, die in den letzten Jahren in
)ehr und minder schwerer Form die verschiedensten LĂ€nder
eimsuchten und auch in Deutschland starke Verheerungen
nr-ichteten, haben den Gedanken nahegelegt, in dem zuweilen
?cht ausgedehnten und noch zu Besorgnissen AnlaĂ gebenden
ekonvaleszenzstadium dieser Affektion zu einem Mittel zu
reifen, das neben appetitanregenden Reizen und tonisieren-
en EinflĂŒssen auf Stoffwechsel, Bhitzirkulation, und
ervensystem -auch gĂŒnstige Wirkungen .gegenĂŒber den all-
âą) âHellsicol" (Syr. Colae comp. âHell") wird von der
Hell & Comp. A.-G. in Troppau hergestellt und in den Handel
âą.bracht.
gemeinen nervösen Reiz- und Erschlaffungssymptomen gel-
tend macht. Unter den krankhaften Erscheinungen, die sich
sogar in den Leichteren Verlaiufsformen der Grippe, im Re-
konivaleszenzstadiiuin hÀufig noch bemerkbar machen, möchte
ich hier nur kurz erwÀhnen: allgemeine Nervenunruhe,
Schlaflosigkeit, groĂe Mattigkeit und Arbeitsunlust, Be-
nommenheit, Kopfschmerzen, Kreuz schmerzen, nervöse Herz-
beschwerden, ĂŒberhaupt alle möglichen neuritischen Reiz-
imd Schmerzsymptorne, besonders Schmerzen in den Schien-
beinen, Gelenkschinerzen. Die schweren Knochen- und Ge-
lenkaffektionen, die zu Vereiterungen, Ankylosen usw. fĂŒhren
können, ĂŒbergehe ich absichtlich, da diese doch meist von
vornherein chirurgische Behandlung nötig machen.
Es hat sich nun gezeigt, daĂ zair Behandlung der vorer-
wĂ€hnten ZustĂ€nde und Komplikationen das âHellsicol" ein
Ă€uĂerst brauchbares PrĂ€parat darstellt. Ich selbst habe in
einer groĂen Anzahl von Grippeerkrankungen, namentlich
wĂ€hrend der letzten zwei Jahre regelmĂ€Ăig âHellsicol" ver-
ordnet und zwar einige Male sogar schon zu Beginn der Er-
krankung, wo ich eine appetitanregende, roborierende, ver-
dauungsbef ordernde und nervenberuhigende Einwirkung
konstatieren konnte, meistens jedoch wartete ich erst die
initialen und sekundÀren Krankheitserscheinungen ab, die
ich im wesentlichen mit Antipyrin, Expektorantien und
Serumtherapie bekÀmpfte, um dann erst in der Rekon-
valeszenz mich des âHellsicols" zu erinnern. Hier leistete
dasselbe allerdings vorzĂŒgliches, wie die meisten Kranken
rundweg zugaben. Der Schlaf wurde gebessert, Kopf-, Ge-
lenk-, Kreuz- und Gliederschmerzen schwanden rasch, auch
die oft vorhandene psychische Depression wich einer eupho-
rischen Verfassung. Besonders auffallend waren die gĂŒn-
stigen, Ionisierenden Einwirkungen auf die VerdauungstÀtig-
keit und die Steigerung des Appetits, was bald ein frischeres
Aussehen des Patienten zur Folge hatte. In einigen FĂ€llen
nahm ich die Gelegenheit wahr zu einer öfteren Bestimmung
des HĂ€moglobingehalts und konnte durchweg eine Zunahme
des HĂ€moglobins, vereinzelt sogar um 20 bisi 30 % ĂŒber den
Ausgangswert ermitteln. Es lĂ€Ăt sich zusammenfassend
jedenfalls sagen, daĂ eine HauptdomĂ€ne fĂŒr eine auĂer-
ordentlich vorteilhafte Wirkung des âHellsicols" das Rekon-
valcszenzstadium der Grippe bildet.
Angeregt durch meine gĂŒnstigen Erfahrungen mit dem
âHellsicol" in diesen FĂ€llen, ging ich dazu ĂŒber, dasselbe noch
in FĂ€llen von Neurasthenie besonders in Verbindung mit
AnÀmie und Verdauungsstörungen, ferner bei Herzneurosen,
hei nervösen Blasenstörungen und Impotenz, bei verschiedenen
LÀlnnungszustÀnden, besonders auf hysterischer Basis, bei
Magendarmatonie und bei dyspeptischen Beschwerden zu ver-
ordnen. FrĂŒher hatte ich bei vielen funktionellen Nerven-
leiden nicht selten Brom, Arsen, Baldrian und bei gleich-
zeitigem Status anaemieus auch Eisen ordiniert. BromprÀ-
parate, ebenso Arsen und Baldrian, in der verschiedensten
Kombination und Medikation, haben mich oft schon ent-
tÀuscht, sogar, wenn diese Mittel, was in der Privatpraxis
nicht selten auf Schwierigkeiten stöĂt, subkutan oder intra-
muskulÀr angewandt werden, wie dies ja beim Arsen beson-
ders in der Form des Natrium kakodylicum geschieht. Hier-
zu kommt, daà auch bei den verschiedensten ErsatzprÀpa-
raten des Broms Nebenerscheinungen wie Stuhlverstopfung,
Kopfschmerzen und Hautreizsymptome selten mit Sicherheit
auszuschlieĂen sind. ArsenprĂ€parate wirken, wrenn nicht
subkutan oder intramuskulÀr appliziert, oft schÀdlich auf die
Verdauungsorgane, fĂŒr EisenprĂ€parate allein oder in Ver-
bindung mit Arsen gilt Àhnliches, ihre Wirkung ist auch oft
völlig unzureichend.
Alle diese Fehler vermeidet nun das âHellsicol", welches
auĂer Strychnin nitr. Extr. colae fluid., Natrium glycerino-
phosphoricum, Chininumferrooitricum enthÀlt, d. h. das
Eisen in einer fĂŒr die therapeutische Wirkung sehr vorteil-
haften chemischen Bindung. Besonders bei reinen Nerven-
leiden, bei nervösen Magendarmleiden, bei Herzneurosen, bei
Magen -Darmatonien, bei LÀhmungszustÀnden auf nervöser
Basis und bei nervösen AnÀmien kann ich auf Grund ein-
608
40. Jahrg. â Nr. 49/50.
gehender und nunmehr zweijÀhriger Versuchsreihen das
âHellsicol" gar nicht genug empfehlen. Weit entfernt davon,
therapeutischer Enthusiast zu sein, kann ich mich hier wirk-
lich nur lohend Ă€uĂern, zumal meine Patienten selbst mir
wiederholt versicherten, daĂ ihre Beschwerden bald ver-
schwunden seien; besonders in die Augen springend war die
Zunahme des Appetits und des Körpergewichts und die
frischere Gesichtsfarbe, m. E. groĂenteils auf der von mir
nachgewiesenen Vermehrung des HĂ€moglobingehalts be-
ruhend. Auch Nachlassen der ErmĂŒdungssymptome und
Verbesserung des Schlafes konnte ich sehr hÀufig wahr-
nehmen. Bei der Behandlung der psychischen Impotenz hat
mir auĂer elektrotherapeutischer Beeinflussung das âHell-
sicol" auch mitunter sehr gute Dienste geleistet. SchlieĂlich
möchte ich noch eine zwar nicht gefÀhrliche, aber sehr
lÀstige Affektion nennen, die besonders bei Kriegsteilnehmern
oft in Erscheinung trat, es ist dies die sogen. Pollakisurie,
das ofte Urinlassen, welches auf kongestiven ZustÀnden der
Blasenschleimhaut in Verbindung mit Status neurasthenicus
beruhen soll. Mit Faradisieren, Galvanisieren, Balneotherapie,
WĂ€rmeapplikationen in verschiedenster Form lassen sich
hier Besserungen erzielen; ich verordnete auĂerdem noch das
âHellsicol" und glaube hier auch, bestimmt gĂŒnstige Einwir-
kungen gesehen zu haben. Freilich muà man das PrÀparat
hier oft lÀngere Zeit verordnen. Auch die manchmal recht
schweren neurasthenischen AngstzustÀnde chronischer Go-
norrhoiker bilden neben der spezifischen Behandlung ein
gĂŒnstiges Feld fĂŒr die Anwendung des âHellsicols".
Auf Grund meiner zahlreichen und eingehenden Beob-
achtungen glaube ich demnach, mit groĂer Berechtigung, das
âHellsicol", besonders auch wegen seiner zweckentsprechenden
Zusammensetzung und seines verhĂ€ltnismĂ€Ăig noch billigen
Preises, bei den verschiedensten nervösen und anÀmischen
ZustÀnden, sowie bei nervösen Verdauungsbeschwerden, ner-
vösen Herzleiden, Blasenstörungen, ferner im Rekon-
valeszenzstadium von Infektionskrankheiten wie z . B der
Grippe u. a. den Kollegen angelegentllichst empfehlen zu
dĂŒrfen.
REFERATENTEIL
La Presse Medicale, Paris.
20. Mai 1922, Nr. 40.
*J*Radiothe lapie der Sehstörungen infolge Tumoren der Apophyse. Ter-
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âDie moderne Behandlung der Malaria und die Sterilisation durch intra-
vnöse Injektionen ^on Chinin. G e n e v r i e r, 431.
Thrombostase des Herzens. Latcmb :i c h Ă r. 13-'.
Die Radiotherapie der visuellen Störungen iniolge von Hypo-
physentumoren. Die Beobachtung von 10 FĂ€llen von Hypophysen-
tumor mit visuellen Störungen ergab, daà von den 3 gebrÀuch-
lichen Behandlungsmethoden durch gemischte DrĂŒsenextrakte,
Quecksilber- oder Röntgenbestrahlung die letztere die besten Er-
folge zeitigte, soweit, daà sogar das vollstÀndig geschwundene
Sehvermögen in einigen FÀllen wiederhergestellt wurde, die An-
wendung geschieht am besten von den SchlÀfengruben und der
unteren Stirnpartie in der NĂ€he der Nasenwurzel aus. Die Dosis
einer Sitzung betrÀgt 5 Einheiten, unter Benutzung eines Alumi-
niumfilters von 1 mm Dicke. Bei Akromegalie ist Bestrahlung nur
im Beginn der Erkrankung angebracht; einmal bestehende Er-
scheinungen bleiben unbeeinfluĂt.
Die moderne Behandlung der Malaria und die Sterilisation
durch intravenöse Chinininjektionen. Die Kur gestaltet sich fol-
gendermaĂen:
M orgens:
I, 3., 6. Tag 1,20â1,40 g intravenös
2., 4., 5., 7. Tag 1 gr per os 10 centigr. Na cacod. subcutan
8., 9.. 10. Tag 10 oentigr. Na cacod. subcutan
II. , 12. Tag 1 g per os 10 centigr. Na cacod. subcutan
1R. â 16. Tag 10 centigr. Na cacod. subcutan
17., 18. Tag 1 g per os 10 centigr. Na cacod. subcutan
Abends:
1. â 7. Tag 1 g per os 10 centigr. Na cacod. subcutan
8. â 10. Tag 10 centigr. Na cacod. subcutan
11. â 12. Tag 1 g per os 10 centigr. Na cacod. subcutan
13. â 16. Tag 10 centigr. Na cacod. subcutan
17. â 18. Tag 1 g per os 10 centigr. Na cacod. subcutan
Die Kur muĂ sofort beginnen, da auch Minuten kostbar sind. Als
Lösung wird Chin. hydrochl. vorwandt, 1,20-1,20 g in 1,20 arti-
ficiellem Serum gelöst. Haber.
24. Mai 1922. Nr. 41.
Cardio-\askul;ire Wirkungen der Uehercxtraktc R o g it. H. 1*1.
<J*Lösung der pleuralen AdhÀsionen mittels Koehfrcouenzsfrom bei Paeutno-
tboraxbehandlung. Hervc. M. 4*6.
Babinskis PhÀnomen. B y c h 0 w s k i , Z. H7.
Lösung der pleuralen AdhÀsionen mittels Hochfrcauenzstrom
bei Pneumothoraxbehandlung. Die Anwendung des elektrischen
Funkens oder der Elektrocongulation hal den Vorteil. Blutungen
zu vermeiden, durch Entwicklung von Ozon die Tuberkulose zia
heeinflussen und ist leicht zu dosieren. Verf. hal dazu ein be-
sonderes Endoscop konstruiert das aus 2 Teilen besieht, einem
kleinen Trokart mit der elektrischen Sonde, und einem Endoscrop.
mit dessen Hilfe man die Sonde leitet. Beide verursachen nur
2 kleine Punktionsöffnungen. Zur Lösung eignen sich die ziem-
lich schmalen, begrenzten AdhÀsionen, die sich oft nach den ersten
Gasinjeklionen einstellen und einen vollstÀndigen Oollaps der'
Lunge verhindern. H a 1) f r.
The Journal of Urology, Baltimore.
April 1922. 7. Nr. 4.
âEinseitige atrophische Pyelonephritis. William F. B r a a s e h.
Studien ĂŒber Physiologie und Pathologie des Ureters. Wm. C. Q u i u b y.
âlieber den EinfluĂ salin» scher Purgantten auf die Absorption und Exeretion
von Phenolsulphophtnli lin. David J. Macht.
Pncumopyelographio. (VorlĂ€ufiger Berieht ĂŒber Technik und Ergebnisse.]
Samuel A. T h o m p s o n.
Auflösung; von Steinen im Nierenbecken und Ureter. Bube rt C. B r y a n
und P*. I). l'aldwcH.
Chirurgische Infektjonen der Blase. J. N. Bake r.
Die Giftigkeit des Chlorkaliums bei experimenteller Nephritis. Frank I'.
IT n d e r h i 1 1 und Boy C. Ferguson.
Sigmaniere. A. H y m a n n.
Saligenin ein Lokalanacsthetieum bei der Cyetoskople des Mannes. Artbu
D. Hir s chfeider und A . E. W ei t h a II und G ilbert J. Thomas
Darstellung einer Vorrichtung zum Halten von GlÀschen bei der Ureterer
Untersuchung. Charles S. Lc y.
Billiger Anfbevrahrungskasten fĂŒr Uretereukatheter. Emma C. Seh rĂŒder.
Steril isaitor fĂŒr Irrigatoren-AnsĂ€tze. Arthur B. C e c i 1.
%
Einseitige atrophische Pyelonephritis. Die einseitige atro-
phische Pyelonephritis ist aetiologisch, klinisch und pathologisch
von der doppelseitigen chronischen Pyelonephritis zu trennen. Im
Gegensatz zu dieser ergreift sie fast nur Frauen in der 4. Lebens-
dekade. Sie beginnt mit einseitigen dumpfen Schmerzen in der
Nierengegend, die nur kĂŒrzere Zeit andauern, jedoch auch in meh-
reren Attacken auftreten können; bisweilen besteht gleichzeitig
Urindrang, dagegen wird SchĂŒttelfrost, Fieber, Haematurie nie be-
obachtet. Pathologische Bestandteile finden sich nicht im Urin,
auĂer vereinzielten Leukocyten. Die Urinmenge ist von normaler
QuantitÀt. Zystoskopisch ist die Blase fast gar nicht krankhaft
verÀndert, nur an der betreffenden Ureterenöffnung finden sich
bisweilen mehr oder minder deutliche Zeichen einer chronischen
Infektion: dagegen findet man bei der funktionellen Nieren-
prĂŒfung die Menge des sezernierten Urin der kranken Niere be-
deutend geringer als die der gesunden Seite. Besonders deutlich
ist die verringerte TĂ€tigkeit der atrophischen Niere bei der Phc-
nolsulphophtaleinprobe zu erkennen und hier gar nicht zu ver-
kennen. Röntgenologisch sind das Nierenbecken und die Nieren-
kelche hÀufig verschmÀlert. Differentialdiagnostisch kommen
Verdopplung des Nierenbeckens, weite Striktur des unterer. Ure-
lers und chronische Nierentuberkulose in Frage. ^Die heraus,sye-
nommene Niere fÀllt durch ihre Kleinheit auf, 3 : 5 cm, ihr Gewicht
betrÀgt etwa 58 g, sie ist von derber Konsistenz so wie bei
Arteiosklerose, die OberflÀche ist glatt, nicht eingezogen, die
verdickte Kapsel ist leicht abziehbar. Mikroskopisch ist eine Atro-
phie des funktionellen und eine Hypertrophie d«s StĂŒtzgewebes
40. Jahrg. â Nr. 49/5«.
Aus den neuesten Zeitschriften
669
festzustellen. Die Affektion ist wahrscheinlich auf einen primÀren,
septischen Infarkt â von den Tonsillen oder ZĂ€hnen ausgehend â
ZurĂŒckzufĂŒhren. Die Therapie besteht in der operativen Ent-
fernung der atrophischen Niere, die infolge ihrer Kleinheit wÀh
irnd der Operation hÀufig nur schwer gefunden wird. Die Dauer-
resultate sind Ă€uĂerst gĂŒnstig.
Ucber den EinfluĂ salinischer l'urgantien auf die Absorption
und Excretion von Phenolsulphophtaloin. Auf Grund vielfacher
Untersuchungen an Doggen, Kaninehen und Menschen kommt M.
ZU dem Resultat, daĂ das oral oder subkutan eingefĂŒhrte Phenol-
sulphophtalein durcli saliniscbe AbfĂŒhrmittel eine Verzögerung
seiner Ausscheidung erfÀhrt. Bab (Berlin).
The Kitasato Archives of Experimental Medicine.
Oktober 1920, 4, Nr. 1.
Die Leukocyfen bei der Influeniza mit besonderer BerĂŒcksichtigung ihrer
aetiologischen Bedeutung. Y a b e , S. 1.
lieber die Seruimfestigkeit der RecurremsspiroehÀten und die Heilung dieser
Krankheit. Tcyoda. 10.
The Kitasalo Archives of Experimenlal Medicine.
MĂ€rz 1021, 4, Nr. 2.
âąfrKinei Studie ĂŒber die Wutscbutzimpfung bei Hunden und die Ergebnis«« ihrer
praktischen Anwendung. U m e n o . L. und D v i , T. 89.
Die Leukoeyten bei der Influenza mit besonderer BerĂŒcksichtigung ihrer
Ă€tiologischen Bedeutung. â (SchluĂ.) â Yabe. 6. 109.
Uebei die Kultur deg Lcprabacitlus. Kohda. K. 14t.
(Jeher den Lebenslauf des Faciolopsis Buski. Nakagawa, K. 159.
Eine Studie ĂŒber die Wutschutzimpfung bei Hunden und die
Ergebnisse ihrer praktischen Anwendung. Der Schutzstoff wurde
aus dem Gehirn und RĂŒckenmark eines mit dem fixierten Virus
geimpften Kaninchens gewonnen. â Mit der prophylaktischen
Impfung der Hunde wurden sehr gute Ergebnisse erzielt.
A. MĂŒnze r.
The Urologie and Cutaneous Review, St. Louis\
Mai 1922, 26, Nr. 5.
âHautkrankheiten in Siam. Ralph W. Mendelson.
Pseudoxanthoma elastieum. Abbildungen und Birichl. B i n d f o r d
Throne u. H e r m a n Goodman.
4 FĂŒlle von Epidermophyton inguinale mit ungewöhnlichem Sitz. N o a h E
A r o n s t a m.
Die Behandlung der Prostaiiihypertrophie. Moritz P o r o s z.
Fall von angeborener Jffierenatrophie. Louis Rene Kaufmaun.
Ein instruktiver Fall von Nierentumor. H. Ernett Paul.
Nierentuberkulose. Eimer HeĂ.
Die Behandlung- der Gonorrhoe des Mannes. Frank Glenn.
Die Wirksamkeit gegen SpirochÀten bei Arsphenamin, Neoarsphenamiu und
Natrium Arsphenamin. B r u e e M a e a 1 1 u m.
Hautkrankheiten in Siam. Hautkrankheiten kommen in Siam
vielfach vor, bieten jedoch dem Spezialisten im allgemeinen nichts
Neues. Sehr hÀufig ist das Ulcus tropicum, dessen Erreger sicher
nicht die Spiroschaudinnia Prowazek ist, da diese Spirochaete auch
auf den verschiedensten anderen Ulcerationen gefunden wird.
HÀufig ist die Frambösie, die jedoch bei Kindern nur selten be-
obachtet wird. Lepra und HautabszeĂ kommen vielfach vor, von
tropischen Krankheiten Elephantiasis und die verschiedenen For-
men der Tinea. Auch Neubildungen trifft man gar nicht selten
bei den Eingeborenen an, besonders Lippencarcinome, die oft
einen ungeheuren Zerfall hervorrufen, und wahrscheinlich durch
das dauernde Belelkauen verursacht werden. Bab (Berlin).
The American Review of Tuberculosis, Baltimore.
Februar 1922, 5, Nr. 12.
Nachruf fĂŒr B. Childs Paterson. 931.
Thomas Willis und nein Werk .,Dc Phthisi Pulmonjiri". S'-n o w Miller.
W. 934.
Brehmer und Dettwciler. Ihre Behandlung der Lun
hörn, M. y:«o.
4»Kachektisehee oder Endödem bei Lungentuberkulose
M a r k e 1 , C. 973.
âŠ!'âą'> her Diagnose der Lungentuberkulose. Stewart. D. A. 681.
â VerhĂŒtung der TuberkuloseĂŒbertragung durch Erkenntnis der hĂ€ufigen In-
fektion Im schulpflichtigen Alter. Krause, A. K. 994.
Terminales oder kachektiscb.es Oedem im Verlaufe der Lun-
gentuberkulose. Die terminalen Oedeme bei der PhtlĂŒsis lassen
Ii ei Gruppen unterscheiden :eine kardiale, eine renale und eine
igonale Gruppe. Bei der kleinen kardialen Gruppe kann das
)edem die rapide auftretende Anasarka der akuten Nephritis vor-
Ă€uschen. oder aber es beginnt schleichend mit einer Ansehwel-
jentubcrkulose.
n u b o l f . W
King-
S. und
lung in der Knöchclgegcnd, um sich dann allmĂ€hlich ĂŒber den
ganzen Körper auszubreiten. Die renale Gruppe tritt meist in den
langjÀhrigen chronisch fibrösen FÀllen mit anscheinend latenten
LungcnlÀsioncn auf. Die charakteristische NierenverÀnderung
besteht in einer Herdsklerose. Die agonale Oedemgruppe ist wahr-
scheinlich verursacht durch vorzeitige metabolische VerÀnderun-
gen in den Geweben selbst. Die Nieren zeigen sekundÀre Funk
tionsstörungen.
Einige Betrachtungen ĂŒber die Diagnose der Lungentuber-
kulose. Verf. bespricht kurz den diagnostischen Wert der ver-
schiedenen zur VerfĂŒgung stehenden Mittel fĂŒr die Erkennung der
Lungentuberkulose. Er wĂŒrdigt die Bedeutung einer richtigen
Anamnese, der einzelnen Krankheitssymptome (Husten, Auswurf,
Temperaturerhöhungen, Verhalten von Puls- und Blutdruck, Appe-
titlosigkeit und allgemeine KörperschwÀche), er streift ferner die
Komplikationen (Pleuritis, Tuberkulose des Kehlkopfs, der Haut),
geht dann auf die Rolle der Perkussion und Auskultation ein und
beleuchtet schlieĂlich die enorme Wichtigkeit der röntgenologi-
schen und der Sputumuntersuchung. Die Tuberkulin-Reaktion hat
nur einen beschrÀnkten Wert. Nicht minder wichtig als alles
dies sei die Feder; jeder Befund mĂŒsse sorgfĂ€ltig eingetragen
werden, nicht allein zur Ermöglichung einer spÀteren Ver-
gleichung, sondern auch zum Zwecke der Gewinnung einer klaren,
prÀzisen Ausdrucksweise.
Die Vorbeugung der Tuberkulose auf Grund der Beziehung
der kindlichen Infektion zur Tuberkulose der Erwachsenen. Aus-
gehend von der Tatsache, daĂ die Infektionen des Kindesalters zu
den Hauptursachen der Tuberkulose der Erwachsenen gehören,
tritt der Verf. fĂŒr eine grĂŒndliche schulĂ€rztliche Behandlung durch
erfahrene, mit der Materie in vollem Umfange vertraute, ange-
messen bezahlte Aerzte ein. Zu bekÀmpfen sind vor allem Ma-
sern, ErkÀltungen, Keuchhusten und Diphtherie, Tonsillitis und
Halsschmerzen. Kranke ZĂ€hne, hypertrophische Mandeln und
adenoide Vegetationen im Nasenrachenraum spielen noch beute
eine groĂe Rolle im Kindesalter, ihre BekĂ€mpfung gehört mit in
den Rahmen der TuberkuloseverhĂŒtung. Bei der phlyktĂ€nulĂ€ren
Konjunktivitis sind endlich nicht nur die Augen allein, sondern
der ganze kindliche Körper zu behandeln. L. Kann er.
The Boston Medical and Surgical Journal, Boston.
20. April 1922, 186, Nr. 16
Der praktische Arzt und seine Stellung zur wissenschaftlichen Forschung.
Lee, R. J. 523.
âŠâŠÂ«Fall von rezidivierendem beiderseitigem Pneumothorax. H arw e s , 3. B. 52S.
' âGegenwĂ€rtige Anschauungen ĂŒber die Behandlung der Pyelitis. G r a h v i 1 1 e
Crabitrce, E. 530.
Ein Fall von rezidivierendem beiderseitigen Pneumothorax.
Verf. teilt einen Fall von rezidivierendem bilateralen spontanen
Pneumothorax mit, an dem mehrere Punkte beachtenswert sind:
1. Der linksseitige Pneumothorax erzeugte Schmerzen, die an
Angina und Neuritis der linken Schulter und des Armes denken
lieĂen, der rechtsseitige erweckte den Verdacht auf Gallenblasen-
erkrankung. 2. Der gute Allgemoinzustand des Pat. in den Zeil-
rÀumen, die zwischen den Attacken lagen, und das Fehlen per-
manenter klinischer Anzeichen einer Lungentubeikulose, obwohl
solche wÀhrend und kurz nach den Pneumothoraxattacken deut-
lieh vorhanden waren. Die Einzelheiten der ausfĂŒhrlich mitge-
teilten Krankengeschichte, deren Beobachtungen sich ĂŒber meh-
rere Jahre erstrecken, hinterlassen den sehr ermutigenden Ein-
druck von einer Heilbarkeit der Tuberkulose.
Gesichtspunkte fĂŒr die Behandlung der Pyelitis. Das akute
Stadium der Pyelonephritis, das gewöhnlich prognostisch gĂŒnstig
ist. wird ĂŒbereinstimmend mit Bettruhe, leichter DiĂ€t, vermehr-
ter FlĂŒssigkeitszufuhr und Urotropin behandelt. Das Cystosko-
pieren in diesem Stadium gilt als kontraindiziert. Ist die Er-
krankung in ein chronisches Stadium getreten, so leistet Uro-
tropin auch hier gute Dienste; desgl. die Auswaschung des
Nierenbeckens mittels Silbernitrat und Mercurochrom. Dehnung
des Ureters hat sich in FĂ€llen nĂŒtzlich erwiesen, die mit Cystitis
cyslica und cystischer Degeneration der Ureterenschleimhaut ein-
hergingen. Bei Urelerstriktur war natĂŒrlich die Beseitigung der
Striktur die conditio sine qua non. Besteht eine Pyelitis lÀnger
als 2 Jahre, so ist der gesamte Urogenitaltraktus einer sorgfÀl-
ligen PrĂŒfung zu unterziehen, um so dem GrundĂŒbel auf die
Spur zu kommen. Die Fortschritte der Pyelographie haben uns
ĂŒber das relativ hĂ€ufige Vorkommen von Nierensenkung mit
Abknickung des Ureters belehrt. Fixation der Niere fĂŒhrt in
frĂŒhen FĂ€llen zur Heilung; hat die SchĂ€digung erst einen ge-
wissen Umfang angenommen, so ist aaich die Plastik gewöhnlich
erfolglos. Mittels der Pyelographie können auch kleine, wie
II
(j70 Aus den neuesten Zeitschriften
Kugelventile wirkende Steine nachgewiesen werden; mit ihrer
Entfernung ist zugleich die Quelle der Infektion beseitigt. Es
kann nicht genug betont werden, daĂ die Pyelitis nicht durch die
Anwesenheit oder Abwesenheit von Eiterzellen bestimmt wird,
sondern durch den Nachweis von Bakterien im Urin. Patienten,
die 2 oder 3 Attacken von Pyelonephritis ĂŒberstanden haben,
werden einer Reinfektion verdÀchtigt, wogegen de facto auch im
symptomlosen Intervall eine Goliinfektion des Urins bestand.
Held (Berlin).
The Journal of Nervous and Mental Disease, New York.
Januar 1922, 55, Heft 1.
âDer gegenwĂ€rtige Stand der epikritischen und protopathischen SensibilitĂ€t
und eine Methode fĂŒr das Studium der protopathischen Dissociation.
Byrne. I.
âEine zusammenfassende Studie ĂŒber endokrine Störungen und Geieiteskrank-
heiten. Lewes und D a w i e s.
âEpidemische Encephalitis, die; eine Myasthenia gravis vortĂ€uschte. Gross-
m a n. 33.
Der gegenwÀrtige Stand der epikritischen und protopathischen
SensibilitĂ€t und eine Methode fĂŒr das Studium der protopathischen
Dissociation. B. wendet sich gegen die Einteilung von Head in
Bezug auf epicritische und protopathische GefĂŒhlsqualitĂ€ten, da
diese GefĂŒhlsqualitĂ€ten nicht einfache, sondern schon Ă€uĂerst
komplizierte seien; und weiterhin die tiefe protopathische Ge-
fĂŒhlsqualitĂ€t von Head garnicht erwĂ€hnt werde, die hauptsĂ€ch-
lich in den Eingeweiden gefunden wird. Aus dem Studium bei
Tumoren und nach Unterbrechungen des RĂŒckenmarks muĂ man
schlieĂen, daĂ wenigstens 2 getrennte und anatomisch unterschie-
dene Systeme fĂŒr die Leitung von afferenten Impulsen vorhanden
sind. Das eine System, von ihm affektives System bezeichnet,
leitet die nicht genau lokalisierten, ungenau bestimmbaren Ele-
mente, wie allgemeine Schmerzempfindung, angenehme GefĂŒhle,
LageverÀnderung und das andere, von ihm kritisches System ge-
nannt, leitet die wohllokalisierten, kritischen und quantitativen
Elemente (SchĂ€rfe, GröĂe, Gestalt, WĂ€rme, Raumdifferenzen, ge-
naue Lage und passive Bewegungen). Das affektive System
endet im Thalamus opticus, das kritische System in der Hirnrinde.
Jedes dieser Systeme leitet auch von tiefergelegenen Zellen Ge-
fĂŒhlsqualitĂ€ten nach oben. So muĂte man unterscheiden ein ober-
flÀchlich-kritisches System, ein oberflÀchlich affektives System,
ein tiefes kritisches System und ein tiefes affektives GefĂŒhls
system. Jedes dieser 4 Systeme hat getrennte Leitungen zum
zentralen System. Zur Feststellung dieser 4 verschiedenen Ge-
fĂŒhlsqualitĂ€ten mĂŒĂte eine einheitliche Versuchsanordnung ge-
wÀhlt werden.
Eine zusammenfassende Studie ĂŒber endokrine Störungen und
Geisteskrankheiten. Genaue Beschreibung von 22 FĂ€llen von
Geisteskrankheiten, bei denen auf endokrine Symptome geachtet
wurde. Bei einer Anzahl von FĂ€llen konnten neben der Geistes-
krankheit auch endoerine Störungen festgestellt werden. Inwie-
weit letztere primÀr oder sekundÀr zur Geisteskrankheit stehen,
entscheiden die Autoren nicht. Bei einer ganzen Anzahl FĂ€lle
wurde eine herabgesetzte Funktion der Thyreoidea gefunden. In
diesen FĂ€llen wirkte eine Gabe von Thyreoidextrakten auch auf
die psychischen Krankheitssymptome gĂŒnstig ein. Deutliche
Zeichen von schweren innersekretorischen VerÀnderungen zeigten
nur wenige FÀlle, wÀhrend leichte Störungen bei den meisten
vorhanden waren. Therapeutisch beeinfluĂbar waren nur solche
mit ausgeprÀgten Erscheinungen. Besonders wertvoll zur Unter-
scheidung von Hyper- und Unterfunktion von DrĂŒsen zeigten
sich die PrĂŒfung auf Zuckertoleranz und die PrĂŒfung auf Funk-
tion der Thyreoidea. (Erstere durch Bestimmung des Blutzuckers
vor und nach Zuckerdarreichung, leztere durch Feststellung der
Pulsfrequenz vor und nach Darreichung von 0,1 Thyreoidin aus-
gefĂŒhrt.)
Epidemische Encephalitis, die eine Myasthenia gravis vor-
tÀuscht. Beschreibung von 3 FÀllen. Neben allgemeineren
Symptomen der Encephalitis lethargica (Doppelsehen, Inkontinenz
des Urins, Schwindel, GedÀchtnisschwÀche) bildeten slich aus
Unsicherheit im Gang und zunehmende, allgemeine Muskel-
schwÀche. Es fehlte dabei aber das typische, myasthenische Er-
mĂŒdungsphĂ€nomen und die myasthenische elektrische Reaktion.
In einem Falle konnte die Sektion gemacht werden, sie ergab
die typischen Zeichen einer Encephalitis, Rundzelleninfiltration
an den Lymphscheiden des Mesencephalons, der Medulla oblongata
und des RĂŒckenmarks. G. Dorn er (Leipzig).
40. Jahrg. â Nr. 49/50.
Bulletin of the Johns Hopkins Hospital, Baltimore.
Mai 1922, 33, Nr. 375.
âDie Entwicklung der menschlichen Rassen im Lichte der Hormonen-Theorie.
Reith, A. 155.
Die pharmakologische Wirkung des Adrenalins auf den Sphlncter pylori dos
Fötus. S h i p 1 e y , P. G. und B 1 a c k f a n, K. D. 159.
AnÀmie der Ratten bei defizienter Kost. H a p p , W. M. 163.
Eedcutung des Influenza-Bazillus. B 1 o o in f i e 1 d , A. L. 172.
âDas Tuberculum intercolumnare, ein bisher nicht beschriebener Hof i« der
Wand des dritten Ventrikels. Putnam, T. J. 181
Pseudomyxoma Peritonei. N o v a k , E. 182.
âHistamin als En'fczĂŒndungserregcr. Bloom, W. 185.
Behandlung nicht eingekapselter Hirntumoren durch extensive Resektion
kontagiösen Hirngewebes. Dandy, W. E. 188.
Spontangeburt durch schiefes, kontrahierte«, kyphotUches Tricnterbeeken.
Williams, J. W. 190.
Die Entwicklung der menschlichen Rassen im Licht der Hor-
montheorie. Auf Grund des Befundes einer vergröĂerten sella
turcica bei einem SchĂ€del, der eine groĂe Aehnlichkeit mit dem
NeandertalschÀdel aufwies, stellt Verf. die Theorie auf, daà der
Neandertalmensch eine Rasse darstellt, bei der es durch Hyper-
iunktion der Hypophyse zur Entwicklung derjenigen körperlichen
Merkmale gekommen ist, die fĂŒr die Akromegalie charakteristisch
sind. Ganz allgemein dĂŒrften die innersekretorischen DrĂŒsen wohl
bei der Frage nach der Entstehung der verschiedenen Rassen
eine hervorragende Rolle spielen. Verf. weist darauf hin, daĂ bei
der Akromegalie die Wachstumstörung im wesentlichen funk-
tionell zusammengehörige Körperteile ergreift, so am SchÀdel, die
mit der Kaufunktion in Zusammenhang stehenden Partien, sowie
die der Nackenmuskulatur als Ansatz dienenden Teile des Hinter-
hauptes. Die Hypophyse scheint durch ihr Hormon zu bewirken,
daĂ vermehrte Muskelarbeit von einer quantitativ angemessenen
Hypertrophie der verschiedenen Organsysteme beantwortet wird;
dieser hormonale Regulationsmechanismus ist bei der Akrome-
galie gestört.
Das Tuberculum intercolumnare, ein noch nicht beschriebenes
Gebilde in der Vorderwand des dritten Ventrikels. Verf. be-
schreibt ein in der Vorderwand des dritten Ventrikels gelegenes
Gebilde, welches in mancher Hinsicht den frĂŒher beschriebenen
Areae postremae des vierten Ventrikels zu entsprechen scheint
Es handelt sich um ein kleines, bis ein mm im Durchmesser be-
tragendes Knötchen, das zwischen den columnae fornicis in der
Höhe des oberen Randes der foramina Monroi unterhalb der Ver-
bindungsstelle der beiden seitlichen plexus chorioidei gelegen ist.
Mikroskopisch ist das Gebilde aus eigentĂŒmlich losem Gliagewebe
zusammengesetzt, es enthÀlt zahlreiche plumpe Capillaren; die
OberflÀche wird durch ein niedriges Endothel gebildet. Die Adven-
titia der Capillaren fÀrbt sich vital mit Trypanblau. Eine be-
stimmte Funktion des als tuberculum intracolumnare vom Verf.
bezeichneten Gebildes lĂ€Ăt sich nicht angeben.
Histamin als entzĂŒndungserregendes Agens. Die Tatsache,
daĂ der EntzĂŒndungsvorgang sich in gleicher Weise abspielt,
wenn er als Reaktion auf eine abakterielle GewebsschÀdigung
(Nekrose) oder als Antwort auf eine infektiöse SchÀdigung durch
eingebrachte Bakterien auftritt, legt die Annahme nahe, daĂ die
entzĂŒndungserregenden Substanzen eher dem zerstörtem Gewebe
als den Mikroorganismen entstammen. Verf. prĂŒfte experimentell
die Frage, ob das Imidazolaethylamin (Histamin), das sich durch
seine intensive Wirkung auf die Capillaren auszeichnet, entzĂŒn-
dungserregende Eigenschaften zeigt. Es wurde das Histamin
in physiologischer Kochsalzlösung Katzen intraperitoneal, sub-
kutan und intramuskulÀr injiziert, ferner wurde, um eine mög
liehst lokal begrenzte Wirkung zu erzielen, das Histamin in Kol
lodiumkapseln in das Gewebe eingebracht; endlich wurde in vitr
die chemotaktische Wirkung auf Leukozyten untersucht. In keine
dieser verschiedenen Versuchsanordnungen zeigte sich eine ent
zĂŒndungserregende oder positiv chemotaktische Wirkung des
Histamins im Vergleich zu Kontrollversuchen mit reiner Koch-
salzlösung. Wolff (Hamburg).
Endoerinology.
Januar 1922, 8, Nr. 1.
Ein spontaner Tetanieanfall wÀhrend einer paroxysmalen Polypnoe bei einem
neuraethenlschen Parienten in der Rekonvaleszenz nach endemischer
Enzephalitis. Leweil ys F. Barker u. Thomas Sprunt, P. 1.
âHypopituitarismus und seine Behandlung. L i s s e r , H. 15.
FrĂŒhere Beobachtungen Uber die Hypophyse. Harre y, G. und Beck,
H. G. 40.
âŠEinige Beobachtungen Uber den Wasser- und Salzstofrwechsel beim Dtab_ete§
mellitus. K o o p m a u. 48.
40. Jahrg. â Nr. 49/50.
Aus den neuesten Zeitschriften
âŠStudien ĂŒber Störungen der SchilddrĂŒse. HI. Weitere Studien ĂŒber die
pathologische und klinische Bedeutung diffuser Adenomatös!* der Thyreo-
idea. G o e t s c h , E. 59.
Verabreichung von Adrenalin bei byperthyreolMvohen Zustiindem. Ro-
g e r s , J. 78.
NebennierenvergröĂeming liei Kaninchen. Theodore, L. , Squier, L.
und G r a b f i c l d . t:. r. 85.
âŠDie Wirkung von Jod und .lodothyrin auf Salamanderlarven. I. Die Wir-
kung des Jods und Jodothyrlna auf die Metamorphose von Amhlystoma
maoulatum. Uhlcnhu.Ph, E. 102.
Hypopituitarisnws und seine Behandlung. Die verschie-
densten Formen innersekretorischer Störungen, die auf ein Ver-
sagen, eine Unterfunktion der Hypophyse zurĂŒckzufĂŒhren sind,
vvi rden in drei groĂe Gruppen eingeteilt: 1. den Levi-Lorain-
schen Typus mil Infant ilismus, charakterisiert durch ZurĂŒck-
bleiben im LĂ€ngenwachstum und Aplasie des Genitale aber ohne
7ettsucht. 2. den Fröhlich sehen Typus der dystrophia adi-
poso genitalis, welcher neben den Symptomen des ersteren noch
starke Fettsucht zeigt und 3. den Typus von Neurath-
Cushing, Steigerung des LĂ€ngenwachstums mit Aplasie des
ienitale und Fettsucht. â Aetiologisch konnten die mannigfaltig-
iten SchĂ€digungen der Hyphophyse nachgewiesen werden. â Lues,
Puberkulose, erbbiologisch bedingte Störungen der Funktion, Tu-
noren. â Die Prognose ist bei dem Stande unserer heutigen Organo-
herapie noch sehr ungewiĂ. In einzelnen FĂ€llen wurden durch
>rale Verabreichung glÀnzende Erfolge erzielt, wÀhrend andere
vieder ĂŒberhaupt nicht ansprachen. Von 6 FĂ€llen, welche den ver-
schiedensten Gruppen angehörten, wurden bei drei jugendlichen
Individuen keine Erfolge erzielt. Dagegen nahm Fall 5 (28 jÀh-
âąige Frau) bei tĂ€glich 10 grains (0.648 g Ref.) Hypophysenextrakt
Armour Company) und 14 Injektionen vor Vorderlapp.cn-
»xlrakten (Borrough u. Welcome) um acht Pfund ab bei einer
Verminderung des HĂŒftumfanges um 1,5 Zoll; psychisch war eine
rhöhte AktivitĂ€t bemerkenswert, eine Steigerung der Libido. â
âąall VI, der innerhalb eines Jahres um 60 Pund zunahm (18-
Àhriges MÀdchen) wurde sechs Monate lang mit wöchentlich
jinier Injektion Hypophysenextrakt und qralen Gaben von
'5 grains DrĂŒsen behandelt. Das Gewicht nahm hierbei um
.5 Pfund ab, der Taillenumfang um 2,5 Zoll, Brust- und HĂŒft-
imfang um je 1 Zoll. Subjekt IV wurde lebhafteres Wesen,
>essere Laune angegeben und von der Familie bestÀtigt. Da-
gegen trat die Menstruation nicht wieder ein. â Fall VII zeigte
benfalls trotz dreimonatlicher Behandlung (37jÀhrige Frau) mit
ichilddrĂŒsenextrakt kein Wiederauftreten der Periode, dagegen
etzten die Blutungen nach vierwöchentlichen Gaben von tÀglich
5 grains Vorderlappenextrakt regelmĂ€Ăig wieder ein, und das
(örpergewicht nahm um 25 Pfund ab â ein spezifischer und
;lĂ€nzender Erfolg. â Fall IX, 47 jĂ€hriger Mann vom Fröhlich-
chen Typus mit fehlendem Bartwuchs, infantilem Genitale. Nach
injÀhriger Verabreichung von B. u. W. Vorderlappenextrakt
is tĂ€glich 30 grains nahm das Gewicht ab, der Umfang ĂŒber
en BrĂŒsten um 3 Zoll, der HĂŒftenumfang um 4 Zoll. Gleich-
eilig stellte sich leichter Haarwuchs im Gesicht und an der
2gio pubis ein. Auffallend war die VerÀnderung der Haut, die
uerst weich, unelastisch, wachsartig und kalt war, nach der
herapie aber dĂŒnner und elastischer wurde. Psychisch ist zit-
ehmende Energie, gröĂere Geselligkeit bemerkenswert.
Einige Beobachtungen ĂŒber den Wasser- und Salzstoff-
echsel beim Diabetes mellitus. Es ist wiederholt die Frage
ifgeworfen worden, ob nicht gewisse Formen von Diabetes
sipidus (Veil unterscheidet eine hyper- und hypochlorÀmi-
he) dieselbe Entstehungsursache haben wie bestimmte Krank -
iilsbilder des Diabetes meSHtus). Verf. konnte verschiedene
alle der letzteren Erkrankung nachweisen, in denen der
asser- und Salzstoffwechsel groĂe Aehnlichkeit mit der hyper-
lorÀmischen Form der Diabetes insipidus aufwies, dagegen
nd er keine Erkrankungen beim Diabetes mellitus, welche der
irpochlorÀmie Àhnlich waren.
Weitere Studien ĂŒber die pathologische und klinische Bedeu-
tig diffuser Adcnomatosis der Thyreoidea. Viele FĂ€lle von
krankungen weiblicher Personen im Alter von 20â30 Jahren
t den folgenden Krankheitssymptonwn: MuskelschwÀche,
chter Erregbarkeit, Gewichtsabnahme, NervositÀt, leicht er-
;barem Puls mit geringer Tachykardie, Muskelzittern, ver-
hrlem SchweiĂausbruch, Erregbarkeit der Vasomotoren, De-
^ssionen und AngstzustÀnden, wurden bisher unter der
[ignose âNeurasthenie", beginnende Tuberkulose usw. behan-
i t. Die objektive Untersuchung ergibt auĂer diesen Symptomen
istens nichts Auffallendes auĂer einer starken Reaktion auf
i : Injektion von 0.5 cem Adrenalin 0.1 % (Goetsch Test), so
< \ dio Diagnose Hyperthyreoddismus meistens nur per exclu-
sionem gestellt werden kann. â Die histologische Untersuchung
solcher FĂ€lle ergibt bisweilen ein diffuses Adenom der Schild-
drĂŒse mii Vermehrung der interstitiellen epithelialen Zellen.
Atrophie Àlterer Kolloidfollikel und Neubildung kleinerer Acini,
welche von einem Rande K"i fÀrbbarer Epithelzellen umgeben
sind.
Die Wirkung von Jod und .lodothyrin auf Salamanderla rven.
Anorganisches Jod vermag nicht direkt die. Metamorphose bei
Amphibienlarven zu beschleunigen, sondern erst auf dem Um-
wege ĂŒber diei SchilddrĂŒse wird eine spezifische prganische
Verbindung erzeugt, welche (liest« inkretorischen Eigenschaften
besitzt. Zum Beweise werden FĂŒltcrungsversuche an Salaman-
dern angefĂŒhrt, die ohne Erfolg waren, da bei ihnen die Thy
reoidea wĂ€hrend des gröĂten Teils der Larvenperiode noch nicht
sezerniert im Gegensatz zu den Kaulquappen, die ja schon frĂŒh
auf SchilddrĂŒsen- und JodfĂŒllcrung reagieren.
A. Weil (Berlin).
Boston Med.-and. Lurg. Journal.
4. Mai 1922, 186, Nr. 18.
âTrockenmilch. Leary, T. 591.
âChronische GĂ€xungsdyspepsie. Jaukelson, .1. R. 597.
âSchwangerschaft und Geburt hei Frauen, die mittels Kaiserschnitt entbunden
haben. Williams, J. T. 599.
Kiefer-Sarkom. G i b b y , H. J. 602.
âDie Diphtherie-MortalitĂ€t in ihrer Beziehung zu fehlerhaften Kulturen. Scott
O'Keefc, E. 603.
Iniplantation des Ovariums. M e. ser, J. H. 604.
Trockenmilch. DaĂ in der Elimination des Wassers, das der
Milch ihren verderblichen Charakter verleiht, ein groĂer Vorteil
liegt, ist ohne weiteres ersichtlich. Der TrockenprozeĂ hebt die
Vermehrungsmöglichkeit von Bakterien in der Milch auf. All die
Kosten, die aus dem Transport flĂŒssiger Milch erwachsen, z. B. Ge-
friervorrichtungen, besondere Wagen, zerbrechliche GefĂ€Ăe, fallen
bei der Trockenmilch fort. Es kommt ferner in Wegfall die
öffentliche Ueberwachung der Versorgungsquellen und die labö-
ratoriumsmĂ€Ăige Untersuchung auf QualitĂ€t und Verunreinigung.
Die Neigung zur VerfÀlschung der Milch im Kleinhandel hört mit
der Verwendung pulverisierter Milch ebenfalls auf. Der heutige
Stand des Trockenverfahrens ermöglicht es dem Milchproduzenten,
die Milch an der Erzeugungsstelle einzudampfen und sich damit
bis zu einem gewissen Grade von Saisonforderungen unabhÀngig
zu machen, wodurch auch eine Verbilligung der Milch fĂŒr den
Verbraucher eintritt. Was heute gegen die allgemeine Verwendung
von Trockenmilch spricht, ist ihr Preis, was umso erstaunlicher
ist, als ja â wie oben gesagt â die Verteilung auf den Klein-
handel viel weniger kostspielig ist als bei der flĂŒssigen Milch.
Vielleicht ist die Reklame zur EinfĂŒhrung der Trockenmilch
Schuld an der Preiserhöhung, dann wĂŒrde die ausgedehnte Ver-
wendung automatisch zu einer Herabsetzung fĂŒhren. Der Arzt
sollte das Publikum auf die Vorteile hinweisen, die mit der Ver-
wendung von Trockenmilch verbunden sind; er soll aber auch die
Grenzen ihrer Anwendung kennen und bei ausschlieĂlicher Dar-
reichung von Trockenmilch mindestens ein antiskorbutisches
Agens, wie Orangensaft, hinzufĂŒgen. SchlieĂlich sollte er be-
denken, daĂ die aus Trockenmilch bereitete FlĂŒssigkeit einen ge-
nau so guten NĂ€hrboden fĂŒr Bakterien darstellt wie die frische
Milch, und daĂ sie deshalb nur in kleinen Mengen zum sofortigen
Verbrauch und unter peinlichen SauberkeitsmaĂnahmen herge-
stellt werden muĂ.
Chronische GĂ€rungsdyspepsie. Im Jahre 1901 beschrieben
StraĂburger und Schmidt einen Typ chronischer Diarrhoe, der
durch leichtgefĂ€rbte StĂŒhle von saurem Geruch und ebensolcher
Reaktion bei Anwesenheit reichlicher Mengen unverdauter StÀrke
bestimmt ist. Die klinische Erkennung dieses in Ablauf und
Symptomatologie selbstÀndigen Krankheitsbildes ist wichtig und
auch fĂŒr den praktischen Arzt von Bedeutung, weil er dadurch
ernsteren Folgeerscheinungen vorbeugen kann. Klinisch prÀsen-
tiert sich die GĂ€rungsdyspepsie als eine milde Colitis mit Be-
teiligung des angrenzenden Ileums; sie geht einher mit Hypermoti-
litÀt des gesamten Darmtrakts und einer gesteigerten Empfind-
lichkeit der DĂ€rme gegen die Produkte der GĂ€rung. Der Patient
klagt ĂŒber persistierende Diarrhoe und ĂŒber Meteorismus, der
durch Abgang von Flatus gemildert wird. Kolikartige Schmerzen
sind selten und verschwinden mit der Entleerung. Besteht der Zu-
stand lÀngere Zeit, so gesellen sich Schwindel, Kopfschmerzen,
Schlaflosigkeit, herabgesetzte LeistungsfĂ€higkeit dazu, schlieĂlich
entwickelt sich eine ausgesprochene Neurasthenie, von Cohnheim
als âEnterosthenie" bezeichnet. Die QuantitĂ€t der in den StĂŒhlen
672
Aus d«n neuesten Zeitschriften
40. Jahrg. â Nr. 49/50.
nachgewiesenen freien StĂ€rke ist ein Index fĂŒr den Grad der Er-
krankung, ihr Verschwinden ist ein prognostisch gĂŒnstiges
Zeichen. Die Behandlung ist vorwiegend diÀtetisch. Theoretisch
kommt es darauf an, die gÀrungserregenden Bakterien durch pas-
sende Nahrungsauswahl zu beschrÀnken und das Gleichgewicht
der Darmflora herzustellen. Die diÀtetische Behandlung beginnt
mit strenger oder teilweise eingeschrÀnkter Kohlehydratkarenz.
Alle anderen therapeutischen MaĂnahmen sind von sekundĂ€rer
Bedeutung. Magnes. sulf. soll man nur einmal im Beginn geben,
Adslringcntien sind zu vermeiden, Opium ist ausgesprochen schÀd-
lich. Tierkohle wirkt gĂŒnstig durch Gasabsorption. Belladonna
(oder Atropin) ist das Medikament der Wahl, wegen seiner
krampfstillenden und sekretionseinschrÀnkenden Wirkung. Be-
wÀhrt hat sich folgende Vorschrift: Extr. Bellad. 0.2, Bismuth.
salicyl. .r>,0, Calc, phosph., Carbi animal. aa 20,0, 3 X tgl. 1 Tee-
löffel nach der Mahlzeit. FÀlle, die durch Achylia gastrica kom-
pliziert sind, bedĂŒrfen natĂŒrlich besonderer Beachtung und lĂ€nge-
rer Behandlung.
ScliAvangerschaft und Geburt bei Frauen, die mittels Kaiser-
schnitt entbunden haben. Patienten, die einmal einen Kaiser-
schnitt durchgemacht haben, bedĂŒrfen zu weiteren Geburten stets
der Klinikaufnahme und der Ueberwachung durch einen geĂŒbten
Chirurgen. Da, wo die Indikation zum Kaiserschnitt eine bleibende
ist, wie bei engem oder deformiertem Becken, ist die Wiederholung
des Kaiserschnittes natĂŒrlich unbedingtes Erfordernis. War die
Indikation nur temporÀr, wie hei Placenta praevia, Eklampsie,
vorgefallenem Arm, beckenverengenden Neubildungen, dann sollte
die Patientin unter sorgfÀltiger Beobachtung möglichst per vias
naturales entbinden.
Die Diphtherie-MortalitÀt in ihrer Beziehung; zu fehlerhaften
Kulturen. Eine Verzögerung in der DiagnosensHlhm';. der Diphthe-
rie kann dadurch eintreten und verhĂ€ngnisvolle Folgen haben, daĂ
die bakterielle Untersuchung, obwohl lege artis angestellt, keine
verlĂ€Ălichen Resultate liefert. Die Schuld liegt dann nicht beim
Bakteriologen, sondern beim Praktiker, der den Abstrich nicht
richtig entnommen hat. Es ist auch noch viel zu wenig bekannt,
daà in 20 % aller FÀlle echter Diphtherie die PrimÀrkulturen
negativ sind, wogegen die nachfolgenden positiv ausfallen. Der
negative Befund darf also bei deutlichem klinischen Aspekt nicht
dazu verleiten, die Serum-Applikation unnötig lange hinauszu-
schieben. Held (Berlin).
The Journal of the American Medical Association, Chicago.
15. April 1922, 78, Nr. 15.
^Chronische infektiöse Arthritis. Billings, F., C o 1 e m a q . U. und
Hibbs, W. G. 1097.
âŠKMyotonia congenita kompliziert durch akute Cholezystitis. Morgan, W.
G. und Stuart, D. D. V. 1105.
âŠ{âąDiagnostischer Wert der Bestimmung der ritalen LuriR-enkapazitst hei Kin-
dern. Wilson, M. G., und Edwards, D. J. 1107.
Karotin-VerfÀrbung der Haut durch vegetabilische ErnÀhrung. Hlrotoshi
Hashimoto. 1111.
Ulnar-Paralyse durch Druckwirkung eines Gipsverbandes. L e.w i u , P. 1112.
Kongenitales DiTertikulum der Blase. I. e c o m p t e . R. M. 1113.
Perineale HĂŒftgelenksverrenkung. Campbell, W. C. 1115.
Das Elcktrogastrogramm. Alvarez, W. 0. iil6.
Infektiöser Ikterus im Staate Neivv York. Wads worth, A. Lau g-
worthy. H. V., S t e w'a r t . F. C, Moor e, A. C, und C o 1 m a n .
M. B. 1120.
Verteilung von Vitamin B. in Vegotabilien. O sh.o r n e- , T. B.. und M e n -
d e 1 , L. B. 1121.
Chronische infektiöse Arthritis. Auf Grund ihrer Unter-
suchungen halten die Verff. es fĂŒr erwiesen, daĂ in erster Linie
Streptokokkeninfektionen, die in der Mehrzahl der FĂ€lle sich
primĂ€r als HalsentzĂŒndungen dokumentieren, aetiölogisch in
Frage kommen. Es spielt neben diesem Infektionsweg die Viru-
lenz und die Menge der eingedrungenen Bakterien eine Rolle.
Verff. glauben, daà sich im Anschluà an die primÀre Infektion
eine Bakteriaemie entwickelt, in deren Verfolg die Bakterien in die
Gelenke eindringen und hier ganz bestimmte pathologische Ver-
Ă€nderungen hervorrufen. In den FĂ€llen," die Verff. systematisch
untersuchten, handelte es sich fast immer um nicht hÀmolysierende
Streptokokken von relativ geringer Virulenz. Die Ursache fĂŒr die
Transformation des Bindegewebes und die anderen pathologischen
VerÀnderungen muà noch Gegenstand weiterer Untersuchungen
sein. Therapeutisch sahen Verff. am meisten von diÀtetischen
MaĂnahmen und von WĂ€rmeapplikation, durch die die Blutzir-
kulation gut in Gang gehalten wird. In zahlreichen FĂ€llen wurden
autogene Vakzine und polyvalente Streptokokkensera angewandt,
beides ohne nennenswerten Erfolg.
Myotouia congenita, kompliziert durch akute Cholecystitis.
Bericht ĂŒber einen Fall von Myotonia congenita bei einem 7jĂ€hri-
gen Knaben. Die Krankengeschichte bietet nichts Besonderes.
Auffallend war, daĂ eine wesentliche. Besserung vom lfi. Lebens-
monat' bis zum 3. Jahre durch Verabfolgung von Thyroidintablet-
ten erzielt worden war, fĂŒr die Verff. eine ErklĂ€rung nicht geben
können. Da sich im Anschluà an eine Typhuserkrankung bei dem
Pat. eine Cholecystitis entwickelte, liegt die Frage nahe, ob zwi-
schen dieser und der Myotonie irgend eine Beziehung besteht.
Der diagnostische Wert der Bestimmung der vitalen Lungen-
kapazitĂ€t bei Kindern. Verff. benutzten fĂŒr ihre Untersuchungen
den von P e a b o d y angegebenen Spirometer. Es gelangten Kin-
der im Alter von 6 â 16 Jahren zur Untersuchung. Auf Grund der
Untersuchungen stellten sie einen Standardwert von 1,93 1, pro qm-
fest. Die vitale KapazitÀt wird von einer Tabelle abgelesen. Kna-
ben zeigten eine um 6 % gröĂere vitale KapazitĂ€t als MĂ€dchen, die
Kinder der farbigen Rassen hatten sÀmtlich niedrigere Werte.
Armut, schlechte soziale und hygienische VerhÀltnisse scheinen
auf die LungenkapazitÀt keinen Einfluà zu haben. Dagegen be-^
wirkt körperliche Bewegung eine Zunahme. WÀhrend wiederum;
UnterernÀhrung und Untergewichtigkeit keinen Einfluà auf die
vitale KapazitÀt haben. Eine Abnahme der KapazitÀt von 15 %
und mehr vom Durchschnittswert sollte zu weiterer physikalischer
und röntgenographischer Untersuchung Veranlassung geben.
K À c k e 1 1 (Hamburg'
The American Journal of Roentgenology, New York.
Mai 1922, 9, Heft 5.
âŠÂ«âąKöntgen- und Radium strahlen in der Diagnostik des Proslatakarzinom«
B u in p u s . H. C. 260.
âą^Röntgendiagnostik nichtschattengebendor Fremdkörper in den Lul'twesreĂ
Hanget, W. F. 288.
Praktisch brauchbare Röntgendiagnostik des Herzeus auf Grund \nn UuteM
suchungen an lOO normalen und pathologischen FĂŒllen. Holla. (».,
K a r s C h n e r , K e n n i c o t , R. H. 30ö.
Ein StĂ€nder fĂŒr Schutehandschube. van N u y s . R. G. 314.
Der gegenwÀrtige Stand der Röntgenticfentberapie in Europa. Stcwit H
W. H. 315.
âBehandlung von Di.phthericbaĂŒillentrĂ€geru mit Röntgenstrahlen. H i c k f »1
P. M. 319.
Röntgen- und Radiumstrahlcn in der Diagnostik des Prostata-
karzinoms. Die Lebensdauer beim unbehandelten P. betrÀgt un&
gefÀhr drei Jahre; bei einem Drittel diu- FÀlle treten, wie die
Röntgenuntersuchung zeigt, Knochenmelastasen auf. Bei atypi
schem P. mit Neigung zu FrĂŒhmetastasen sind hĂ€ufig irrtĂŒmlicĂ
KnochenverÀnderungen als Ostitis fibrosa gedeutet worden, da diis
KnochenverÀnderung meist nur als umschriebene Auftreibnng den
Knochens imponierte. Die Radiumbehandlung (lokale ApplikaS
tion mit emanationshaltigen Nadeln) vermag nur in groĂen Dose«
zu 3000â4000 Milligrammstunden Nutzen zu bringen; die erziel«
LebensverlÀngerung steht in direktem VerhÀltnis zur applizierte«
Dosis. Allerdings ist es bisher noch nicht 'gelungen, wie mikroS
skopische Untersuchungen beweisen, mit der Radiumbestrahlun«
alle Teile der Prostata gleichmĂ€Ăig zu durchstrahlen; als Ein!
fallspforten mĂŒssen Damm, Harnröhre und Mastdarm gewĂ€hlt
werden.
Röntgendiagnostik nichtschattengebender Fremdkörper in den
Luftwegen. Die Möglichkeit, daà jeder Fremdkörper in den Luft-
wegen u. U. den Tod des Patienten herbeifĂŒhren kann, spornt zum
Ausbau des Röntgenverfahrens zum Nachweis solcher Fremd-
körper an, um rechtzeitig eine Extraktion derselben vorzunehmen.
Die Zahl der nichtschattengebenden Fremdkörper, die gelegent-
lich aspiriert werden können, ist recht groĂ. Zum indirekten Nach-
weis gibt eine exakte Röntgenuntersuchung, die aus der Schirm
beobachtung und mindestens 2 Röntgenaufnahmen in tiefster E»
piration und Inspiration bestehen soll, wertvolle AufschlĂŒsse, vÂŁ
sich Verf. an 56 FĂ€llen ĂŒberzeugen konnte. VerĂ€nderungen â
der Zwerchfellbewegung, lokales und allgemeines Emphysem*
atelektatische VerÀnderungen umschriebener Bezirke, VerdrÀngung
des Herzens und Mittelschattens, Dirhtigkeitsunlerschiede de*
Lungenbildes sind Anhaltspunkte, die zusammen mit genauester,
Anamnese und klinischem Befund den Verdacht eines aspiriertet
Fremdkörpers bestÀtigen können.
Behandlung von DiphtheriebazillenfrÀgern mit Röntgenstrahlen.
Vom Standpunkt der öffentlichen Gesundheilspflege ist die Ver-
richtung der Diphtheriebazillen bei den sog. Diphtheriebazillen-
10. Jahrg. â Nr. 40/50.
Hefe rate
tigern von gröĂter praktischer Bedeutung. Bequemlichkeit der
Anwendung und Sicherheit des Erfolges lassen die Röntgenbe
prahlung als die Methode der Wahl erscheinen V er-
reichende Untersuchungen an einem gröĂeren Material
rgaben Spontanheilung bei 'M %, Heilungen nach lokaler
Behandlung mit Merkurochrom- und Gentianavviolettpinselung
n 68 %, Heilungen bei Rachendiphtherie mit Röntgen-
»estrahlung der Tonsillen in 80 %. Das so seine Ueber-
egenheit beweisende Röntgenverfahren sollte daher allgemein zum
frtschĂ€dlich machen von BazillentrĂ€gern in ausgedehnterem MaĂe
lerangezogen werden, zumal die Anwendung einfach und fĂŒr den
Ăatienten ohne. Unbequemlichkeiten vorgenommen werden kann.
Kautz (Hamburg).
'hc Journal of the American Medical Association, Chicago.
29. April 1922, 78, Nr. 17.
Chemische Forschuug in ihrer Beziehung zur Medizin. Chittenden,
R. H. 1273.
Ausbrechen von Botulismus in Cambridge, Idaho. W hite m n n . R. Tâ und
W i 1 k i n s o n . K. A. 1278.
^âą1. unsenabszesse. Moore, W. F. i-.»7!>.
Diagnose toii Gallenblasenerkrankungen. V i t e Ii 0 Ii e n e y . w. [281.
âŠMliMonathologiscbe Studie positiver Kutaureaktiouen. Sir i ekler, A. 1237.
\uatomie der Gonorrhöe beim Mann. Behandlung. B e 1 i i e 1 d , W. T. 1290'.
Lungenabszesse. Bericht ĂŒber die Ergebnisse einer Umfrage
iber die Entstehung von Lungenabszessen im AnschluĂ an Ton-
iillektomien? unter besonderer BerĂŒcksichtigung des Zeitpunktes.
:u dem die ersten Symptome auftraten, und der Lokalisation in den
-erschiedenen Lungenlappen. Darnach kamen im ganzen 202 FĂ€ll^
ron Lungenabszessen zur Beobachtung, die ersten Krankheits-
:rscheinungen traten im Durchschnitt 6 Tage nach der Operation
tuf. Die meisten FĂ€lle dĂŒrften durch Aspiration entstanden sein,
lierfĂŒr spricht die Zeit bis zur Entwickelung von Symptomen und
las Ergriffensein besonders der Unterlappen (60 %), wie man es
luch nach Fremdkörperaspiration zu sehen gewohnt ist. In 41 %
var der rechte, in 19 % der linke Unterlappen erkrankt. Auf
!500 â 3000 Tonsillektomien kommt 1 Fall von LungenabszeĂ. Eine
hfektion auf dem Blut- oder Lymphwege konnte nur ganz selten
eindeutig festgestellt werden. Die halbaufrechte oder aufrechte
-age der Pat. bei der Operation schĂŒtzt nicht, wie man UrsprĂŒng-
en angenommen hat, vor dieser Komplikation.
Histopathologische Stndie positiver Kutanreaktionen. Zur Er-
eugung von verschiedenen Hautreaktionen wurde einmal Alt-
uberkulin und Luetin, ferner ein von Strickler u. Goldberg
us Nahrungsbestandteilen gewonnenes, frĂŒher beschriebenes
CiweiĂprĂ€parat (food test) benutzt. Dieses âfood test" ruft auch
ine spezifische Reaktion hervor. Die Untersuchungen zeigen, daĂ
'roteinkörper, einerlei ob bakteriellen oder anderen Ursprungs,
jltan verimpft innerhalb gewisser Grenzen gleiche histologische
erÀnderungen hervorrufen. Diese sind durch mönonukleÀre
ellinfiltrationen im oberflÀchlichen Bindegewebe charakterisiert,
ur bei sehr starken Reaktionen kommt es zu polymorphkernigen
lfiltrationen in den tieferen Schichten. Dagegen wurden stets
olymorphkernige Infiltrationen bei der Luetinreaktion festge-
keilt. Kack eil (Hamburg
British medical Journal, London.
20. Mai 1922, Nr. 320.°..
8} niptomenlosc HĂ€maturie. Ii u r g e S 6 , A. H. 787.
M'rrn iöses Erbrechen wÀhrend der Schwangerschaft. Oldf i eld , C. 78!).
Gewöhnliche DiStlehler I. M e 1 1 a n b y , E. 790.
âșKalziummangel; seine Behandlung mit NebenschilddrĂŒse, G r " v e . W. Ii.
und V i n e s , H. W. C.
Herzkrankheiten und Beruf. M o o n , It. O. 7ĂŒ.'>.
Untersuchungen ĂŒber entgiftete Vakzine. T h o m s 0 n . D. und T Ii o m 6 o n
R. 796.
Bern in Incarceirata Inguin&lis directa. Ii o g h e s , E. K. 798.
Perniziöses Erbrechen wÀhrend der Schwangerschaft. Verf.
| rÀchtet diese Erscheinung als eine Neurose. Auch die sogen,
ischen FĂ€lle sind nicht toxisch, sondern fortgeschrittene Neu-
jen. Die beste Behandlung ist, die Kranke nach einem Kran
lhaus zu schicken und keine DiĂ€t zu verschreiben. Sie muĂ
es essen. Da« perniziöse Erbrechen ist niemals eine Indikation
n kĂŒnstlichen Abortus.
Kalziummangcl; weine Behandlung mit NebenschilddrĂŒse. Bei
onischen Toxaemien findet man immer eine Kalziumionarmut
i Blutes. Diese Erkrankungen sind ulzerös (Ulcus varicosum,
I leus vcnlriculi und dtiodeni, Erosion der Gervix uteri oder
eitrig (Sinuisitis nasalis, Tonsillitis, Pyorrhoea, Otitis media,
Bazillurie), oder nicht eitrig (rheumatische Arithritis, Arterio-
sklerose, Ekzem, Chlorose, Ischias). Auch einige andere Ki
krankungen gehören dazu (Menorrhagie, Prostalahypcrlrophic,
Urticaria). Alle diese Erkrankungen heilen nicht aus, solange
das Blut nicht wieder einen normalen Kalziumgehall hat Durch
Verabreichung von l'aralhyrcoidprÀparalen wird der Kalzium-
sloffwechsel viel schneller hergestellt als durch Einspritzung von
Kalziumsalzen. Koopman Ilaaj;
Aus den verschiedenen Sondergebieten.
Tuberkulose.
Esmond R. Long: Die Biochemie der Tuberkulose.
(Bulletin of the Johns Hopkins Hospital, Baltimore. 33, Nr. 377,
Juli 1922, S. 246.)
Tn Form eines zusammenfassenden Vortrages erörtert Verf.
die Ergebnisse der biochemischen Untersuchungen ĂŒber den Stoff-
wechsel und die Biologie des Tuberkelbazillus einerseits, ĂŒber
die durch die Ansiedlung des Kochschen Bazillus im Wirls-
organismus bedingten VerÀnderungen andererseits. Die Wieder-
gabe der einzelnen Tatsachen ist im Rahmen eines kurzen Re-
ferates nicht möglich. Von besonderem Interesse sind die Aus-
fĂŒhrungen ĂŒber die auffallende chemische Resistenz der tuber-
kulösen KÀsemassen intra vitami, die sich in der fehlenden oder
geringen Neigung zur Autolyse dokumentiert; Verf. weist auf die
Untersuchungen von Jobling und Peterson hin, die zeigen
konnten, daà die Seifen der ungesÀttigten FettsÀuren, wie sie im
kÀsigen Gewebe reichlich vorhanden sind, eine antiproteolytische
Wirkung ausĂŒben: auch im Tuberkelbazillus selbst finden sich
ungesÀttigte FettsÀuren, deren Seifen eine ihrer Jodzahl pro-
portionale antiproteolytische Wirkung haben. Die toxischen Wir-
kungen jdes tuberkulösen Prozesses sind zum Teil auf die spe-
zifischen Proteine des Erregers, zum Teil aber auch auf die als
fremdes EiweiĂ wirkenden Krankheitsprodukte zurĂŒckzufĂŒhren.
Wolff (Hamburg).
Villejcas Ranion. N a t ĂŒ r 1 i c h e I m m unitĂ€t bei d e r Tu-
berkulose. Revista de Tuberculosis. Jahrg. X. Nr. 110.
Februar 1922.
Der natĂŒrlichen Immunisierung des Organismus bei der Tu-
berkulose wirken folgende Momente entgegen: die groĂe Wider-
standsfÀhigkeit der Bazillen, ihre bindegewebige Isolierung im
Organismus, welche eine die Antikörperbildung anregende All-
gemeinreaktion verhindert, die die Bazillen umgebende Wachs-
hĂŒlle und von ihnen produzierte Schutzstoffe (Antiphagine),
welche den vom Organismus gebildeten Antikörpern Widerstand
leisten. AuĂerdem kommen noch MischfĂ€lle von Typushuman,
und bovin vor, solche, bei welchen verschiedene Bassen der glei-
chen Spezies nachweisbar sind und solche, bei welchen Misch-
infekfionen eine bedeutsame Rolle spielen.
Die Möglichkeit einer Immunisierung wird erschlossen: aus
der AbschwÀchung der Krankheit durch hereditÀr erworbene Re-
sistenz â wenn Tuberkulose auf eine bis dahin verschont ge-
bliebene Insel eingeschleppt wurde, so zeigte sie einen viel hef-
tigeren Verlauf â und aus Spontanheilungen. Die Existenz von
spezif. Schutzkörpern Praezipitine und Agglutinine wurde nach-
gewiesen, desgleichen ihr Uebergehen von der Mutter auf den
Eoetus.
Mensi. E.: U eher T u b e r k u I i n r e a k i i p n d er kutane n
Tuberkuloseherde, der natĂŒrlichen wie der
experimentellen. La Clinica Pediatrica. i. Heft 8,
S. 287).
Verf. faĂt seine Erfahrungen in nachstehenden SĂ€tzen zu-
sammen: Die Tuberkulinimpfung, an natĂŒrlichen oder experimen-
tellen Tuberkuloseherden ausgefĂŒhrt, â sei es, daĂ dieselben
progressiv oder vernarbt sind â löst allergische Reaktionen aus,
die den Köntrollimpfungen an Starke ĂŒberlegen sind. Und zwar
fÀlH die Reaktion umso intensiver aus, je lÀngere. Zeit seit der
ersten fnoculatiori verflossen ist. Wahrhaft bestimmend fĂŒr die
I
674
Referate
40. Jahrg. â Nr. 49/50.
Allergie ist der allgemeine Sensibilisationszustand des Organis-
mus. Von den 3 Faktoren der Allergie: Antigen, Antikörper und
Haut ist jene letztere nur das Medium, in dem sich die Vereinigung
des Antikörpers mit seinem Antigen vollzieht.
Held (Berlin).,
Ogawa: Versuche ĂŒber die Beziehungen der leich-
ten, nicht tuberkulösen RippenfellentzĂŒndung
zur tuberkulösen Pleuritis. (Klin. Wochenschrift,
1922, Nr. 39.)
Verf. schlieĂt aus Meerschweinchenversuchen, daĂ beim
Menschen tuberkulöse Pleuritiden sich hÀufig erst im Gefolge
leichter, nicht tuberkulöser EntzĂŒndungen entwickeln können:
daher bedĂŒrfen die letzteren seitens des praktischen Arztes einer
ernsten Beachtung und sorgfÀltigen Behandlung.
A. MĂŒnzer.
Thomas Köftler. Zur Bedeutung der tuberkulösen
Reinfektion. Archiv fĂŒr Kinderheilk. 70. B. 1921. S. 95.
FĂŒr die Reinfektion kommen nie massige, sondern nur hĂ€u-
tige Infektionen in Betracht. StÀndige Reinfektionen bewirken
beim Menschen eine Sensibilisierung im Sinne einer erhöhten Tu-
berkulinempfindlichkeit. Eine Zunahme der MorbiditÀt infolge
hÀufiger Reinfektionen kann bei Kindern nicht festgestellt werden.
Ueberhaupt steht praktisch die Reinfektion an Bedeutung weit
hinter der Erstinfektion zurĂŒck. P. Karger.
W. Storm van Leuwen u. H. Varekamp: Ueber die Tuber-
kulin-Behandlung des Asthma bronchiale. (Klin.
Wochenschrift, 1922, Nr. 37.)
In vielen FĂ€llen besteht ein Zusammenhang zwischen Tuber-
kulinĂŒberempfindlichkeit und Asthma. HĂ€ufig wird Asthma gĂŒn-
stig durch Tuberkulin beeinfluĂt, und zwar in den FĂ€llen, in denen
eine Ă€uĂere Ursache nicht aufzufinden ist. A. MĂŒnzer.
Comisso. Die Behandlung der Spondylitis im Ma-
rinehospital des Roten Kreuzes zu Valdoltra
(Triest). (Archivio die ortopedia, Heft 3, 1922.)
Die Behandlung ist rein konservativ und bedient sich der
in Sanatorien ĂŒblichen Mittel: Luft, Licht und gute ErnĂ€hrung.
Die Erfolge sind denen nach operativer Versteifung der Wirbel-
sĂ€ule (Albee) ĂŒberlegen. Debrunner (Berlin).
A . Raduleeeo: Die operative Wirbelversteifung als
Behandlungsmethode der tbc. Spondylitis. Re-
vue d'orthopedie, Juli 1922.
Der Autor sieht in der operativen Spondylitistherapie eine
glĂŒckliche Bereicherung des orthopĂ€dischen Heilmittelschatzes.
Die Krankheitsdauer wird wesentlich abgekĂŒrzt, weshalb vor
allem der unbemittelte Kranke groĂe Vorteile vom blutigen Ein-
griff hat. Die Operation selbst darf nicht als Heilfaktor be-
trachtet werden; sie bietet nur ein vorzĂŒgliches Mittel zur Ruhig-
stellung der WirbelsÀule. Debrunner (Berlin).
Ne wman, Sir George : Das Eingreifen des Staates bei
der Tuberkuloseprophylaxis. Revista de Tuber-
culosis. Jahrg. X. Nr. 109â110. Januar-Februar 1922.
Da bei der BekÀmpfung der Tuberkulose nebst rein medi-
zinischen Problemen auch soziale und ökonomische Fragen eine
wichtige Rolle spielen, so kommt es dem Staate selbst zu, die Ini-
tiative zu ergreifen, um so mehr, als er es am besten vermag, die
Einzelbestrebungen nutzbringend miteinander zu verbinden und
die VolksaufklĂ€rung durchzufĂŒhren. In diese Aufgaben haben
sich sinngemÀà die lokalen und zentralen Behörden zu teilen.
Die Aussichten auf eine erfolgreiche BekÀmpfung der Tuber-
kulose erscheinen nicht ungĂŒnstig, angesichts des Umstandes,
daĂ seit den letzten 70 Jahren in England die durch diese Krank-
heit bedingte Sterblichkeit eine stÀndige Abnahme aufweist,
welche vom Verf. auf die allgemeine Sterblichkeitsabnahme
einerseits, auf gebesserte hygienische Lebensbedingungen, durch
Kenntnisse der Aetiologie und Uebertragungsweise der Tuber-
kulose ermöglichte Prophylaxis, frĂŒhzeitige Diagnostik und
rationelle Therapie andererseits bezieht. AuĂerdem kann viel-
leicht auch eine gesteigerte ImmunitÀt der Bevölkerunng vor-
liegen. Von diesen Voraussetzungen ausgehend, muĂ demnach
zur erfolgreichen BekÀmpfung der Tuberkulose die allgemeine
WiderstandsfÀhigkeit der Bevölkerung gehoben und die Verbrei-
tung der Krankheit möglichst eingeschrÀnkt werden. Der eng-
lische Staat tut dies auf folgende Weise. Seit 1911 besteht eia
Gesetz, nach welchem der Staat und die Arbeitgeber die Ver-
sicherungsprÀmien zu zahlen haben, welche ermöglichen, daà die
Arbeiter im Falle der Erkrankung an Tuberkulose umsonst be-
handelt werden, event in eigenen HeilstÀtten, und im Falle der
ArbeitsunfĂ€higkeit unterstĂŒtzt werden. Des weiteren wird den
hygienischen Anforderungen der Betriebe besonderes Augenmerk
zugewendet. Seit 1918 besteht ein eigenes Gesetz, nach welchem
ebenfalls durch von den Arbeitgebern gezahlte PrÀmien die
durch Steinstaub gefÀhrdeten Arbeiter periodisch Àrztlich zu un-
tersuchen sind. Bei Feststellung einer LungenverÀnderung wird
dem Betroffenen eine angemessene EntschÀdigung ausgezahlt.
Prophylaktische Bedeutung kommt denjenigen MaĂnahmen zu,
welche dem Schutze der Mutterschaft und der Kindheit gewidmet
werden, und damit sich mit einer Reihe von Krankheiten wie Ma-
sern, Keuchhusten, Rachitis u. a. m. beschÀftigen, die im allge-
meinen fĂŒr die Tuberkulose prĂ€disponierend wirken. AuĂerdem
besteht die Ă€rztliche Aufsicht der Schulkinder; das diesbezĂŒgliche
Gesetz sieht im gegebenen Falle vor 1. eine Versetzung in eine
Freiluftschule, 2. in ein Erholungsheim oder 3. in eine Tuber-
kuloseheilstĂ€tte fĂŒr Schulkinder. Ferner obliegt der Ă€rztlichen
Schulaufsicht die Belehrung der Kinder ĂŒber Hygiene und Kör-
perkultur, die Kontrolle ihres ErnÀhrungszustandes, die Aufsicht
ĂŒber die Lehrlinge und die jugendlichen Angestellten. Nachdem
die Gefahr der Uebertragung der Rindertuberkulose auf Menschen
festgestellt worden ist, besteht in England die Anzeigepflicht fĂŒr
dieselbe, desgleichen das Verbot, infizierte Milch zu verkaufen.
Die EinschrĂ€nkung des Alkoholkonsums dĂŒrfte von indirekter
Wirkung sein, indem dadurch die Resistenz des Volkes gehoben
wird. Der Verbreitung der Krankheit wirken die MaĂnahmen
entgegen, welche die Isolierung und Behandlung der FĂ€lle von
offener Lungentuberkulose bezwecken und das freie Ausspucken
verbieten. SchlieĂlich ĂŒbernimmt der Staat die VolksaufklĂ€rung
und Belehrung in den die Tuberkulose betreffenden Fragen. â I
Was die direkte BekÀmpfung der Krankheit anbetrifft, so wurde
dieselbe eigentlich erst im Jahre 1908 durch die gesetzliche An-
zeigepflicht begonnen. Derselben folgten 4 Jahre spÀter Gesetze,
welche Ă€rztliche Hilfe allen Tuberkulosen ohne RĂŒcksicht auf
eine etwaige Versicherung zuwendete. In dieser Absicht wurden
HeilstÀtten errichtet, und den lokalen Behörden obliegt die Auf-
sicht ĂŒber ihre Kranken. Zu diesem Zwecke sollen in jedem Orte
Tuberkuloseambulanzen gegrĂŒndet werden, die gleichzeitig zur
Konsultation und Diagnose, als Mittelpunkt fĂŒr die Beobachtung
und Klassifizierung der FĂ€lle, fĂŒr Anwendung der Heilmittel, zur
Untersuchung der Umgebung des Kranken, Ueberwachung der in
Behandlung stehender Kranken und als Auskunft- und Propa-
gandÀstelle zu dienen haben.
Ein erfolgreiches Wirken der staatlich angestellten Tuber-
kuloseÀrzte hat zur Voraussetzung ein verstÀndnisvolles Zusam-
menarbeiten mit den ĂŒbrigen Kollegen. SchlieĂlich ĂŒbernimmt der
Staat die UnterstĂŒtzung der wissenschaftlichen Forschung.
Mona Adolf (Wien).
* * *
Dermatologie und Syphilis.
Ernest Dwight Chipmann: BedĂŒrfnisse und Förderungen
in der Dermatologie. (The Journ. of the Amer. Assoa,
79, Nr. 6, Aug. 22, S. 419).
FĂŒr den Dermatologen gibt es noch eine Menge erforschungs-
wertc-r Gebiete. Z. B. ist die Rolle der Pilze bei Hauterkrankungen
noch keineswegs geklÀrt. Auf der Suche nach Àtiologischen Fak-
toren sehen wir* eine Reihe von Möglichkeiten vor uns die vor-
urteilslos zu sichten, unsere Pflicht ist. Bei jeder Dermatose un-
bekannten Ursprungs verdienen folgende Punkte Beachtung: Herd-
infektion, sympathisches Nervensystem, endokrine DrĂŒsen, gestör-
ter Stoffwechsel, Proteinkörpersensitisation. Die Pflichten des
Dermatologen beziehen sich auf den Pat. selbst, auf die Gesell-
schaft und auf den Àrztlichen Beruf. Dem Pat. es er exakteste
Diagnosenstellung und Aufdeckung eventueRer ZusammenhÀnge
zwischen Haut- und inneren Erkrankungen schuldig. Die Ge-
sellschaft soll er durch AufklÀrung davor bewahren, der Kur-
pfuscherei in die HĂ€nde zu fallen; denn diese Gefahr ist gerade
bei Fragen der Kosmetik sehr groĂ. Und schlieĂlich soll er
durch Zusammenarbeit den Konnex mit den ĂŒbrigen Zweigen der
Medizin wahren. Held (Berlin), j
E. Lawrence Oliver. Quarzlichttherapie bei Haut-
krankheiten. (The Journ. of the Amer. Med. Assoc. 79,
Nr. 8, Aug. 22, S. 625.)
Quarzlicht leistet Gutes bei vielen Ulcera, besonders solchen,
die auf Grund verringerter Zirkulation entstanden sind. Beim
Naevus vasculosus und bei der Allopecia areata ist es ein wert-
40. Jahrg. â Nr. 49/50.
Referate
voller Heilfaktor; es wirkt unterstĂŒtzend bei Psoriasis und kann
bei lokalisiertem chronischem Ekzem mit Infiltration der Haut
»ich ebenfalls als nĂŒtzlich erweisen. Bei Akne vulgaris ist der er-
zielte Effekt oft nur temporÀr. Zeitweilige Besserung erfÀhrt der
Lupus erythematodes unter Quarzlichtbehandlung. Bei Lupus
Vulgaris steht der Erfolg nicht lest. Held (Berlin).
K. F. MĂŒller und II. it. Reese: U n s p ezi f is c h e T Ii e r a p i e
der gonorrhoischen Epididymitis. (The Urolog.
and Cutaneous Rev. 26, Nr. 9, Sept. 1922.)
Intrakutane Injektionen von Proteinkörpern, besonders von
Aolan, haben auĂer einer provozierenden Wirkung hei chronischer
Gonorrhoe auch einen erheblichen therapeutischen Wert und zwar
bei der Epididymitis gonorrhoica. Unmittelbar nach der Injek-
tion lassen die Schmerzen nach, und in ganz kurzer Zeit tritt aucĂŒ
eine Abschwellung des entzĂŒndeten Nebenhodens ein. Wird die In-
jektion frĂŒhzeitig gemacht, so bleibt auch keine Verdickung des
Nebenhodens wie sonst zurĂŒck. Vorbedingung fĂŒr den Erfolg ist,
daĂ die Injektion absolut sicher intrakutan geschieht, was ja
durch die Quaddelbildung leicht festgestellt werden kann. Der
ĂŒberraschend gĂŒnstige Erfolg kann nicht auf das Mittel zurĂŒck-
gefĂŒhrt werden, da es ja nur in ganz geringen Mengen zugefĂŒhrt
wird, sondern auf Erregung immunisatorischer Eigenschaften Oer
Haut. B a b (Berlin).
Burbi, L. Mitigalbe Handlung der Skabies. (Wien.
Med. Wochenschrift, Nr. 34/35, August 1922, S. 1458.)
GĂŒnstige Erfahrungen bei Skabies (auch Schnellkur), Se-
borrhoe, leichter Psoriasis, pyodermischen Prozessen.
ReuĂ (Wien).
Willy Engelhardt: Ein Beitrag zur ZuverlÀssigkeit
der Wassermanns c hen Reaktion fĂŒr die prak-
tische Diagnostik. (Klin. Wochenschrift, 1922, Nr. 35.)
Unter 1118 KrankheitsfÀllen zeigte die Wassermannsche Re-
aktion 47 mal Unstimmigkeiten mit der klinischen Diagnose bezw.
fĂŒhrte nicht zu deren KlĂ€rung. Das ist ein, fĂŒr den Praktiker
durchaus ermutigendes Resultat. A. MĂŒnzer.
M. Warren, H. Hewins und R. R. Acre: Sulfarsenol bei der
Syphilisbehandlung. (The Urologie and Cutaneous Rev.
26, Nr. 9, Sept. 1922.)
Sulfarsenol ist ein französisches ErsalzprÀparal des Salvar-
sans, das intravenös, subkutan und intramuskulÀr verabfolgt wer-
den kann, ohne Beschwerden oder Nebenerscheinungen hervorzu-
rufen. Bei intramuskulÀrer Darreichung ist das PrÀparat ebenso
«irksam als die deutschien intravenös verabreichten, nur scheinen
lie Spirochaeten bei dieser Verabreichungsari langsamer aus den
leweben zu verschwinden als hier; dagegen wird hier der Blul-
vassermann intensiver als dort verÀndert. Das Sulfarsenol ist
laher das ideale Mittel bei der Behandlung von Patienten mit
ngen Venen und bei Kindern. B a b (Berlin).
Hoch : Die Behandlung der Syphilis mit Bismut-
prÀparaten. (Klin. Wochenschrift, 1922, Nr. 38.)
Das Bismut ist ein zweifellos klinisch sehr wirksames, spiro-
hÀlicides Mittel. Im klinischen und bakterieiden Ileileffekt steht
s dem Salvarsan nahe, wenn es dasselbe auch nicht erreicht. In
lezug auf die Beeinflussung der Wa R. dagegen kommt es nichl
n das Salvarsan heran. A. MĂŒnzer,
ermann SchuĂlcr: Eine Methode zur intensiven Be-
handlung der kongenitalen Syphilis. (California
State Journal of Medicine, 20, Nr. 8, August 1922, S. 257.)
Verfasser empfiehlt folgendes Behandlungsscheima, mit dem
⹠sehr befriedigende Ergebnisse erzielt hat: 1. drei in AbstÀnden
in 48 Stunden vorzunehmende Neosalvarsaninjeklionen; die
osierung ist viel höher als im allgemeinen fĂŒr das Kindesalter
dich, ein Kind von 5 kg Körpergewicht erhÀlt 0,15 pro dosi,
inder mit einem Gewicht zwischen 10 und 15 kg erhallen 0,45,
âąlche mit einem Gewicht von 1(5 bis 25 kg 0,6 pro dosi; unan-
nehme Nebenwirkungen wurden nichl beobachtet; 2. wÀhrend
eier Wochen an je drei Tagen Inunklion von grauer Salbe (Dosis
nach dem Gewicht 2 bis \ g; 3. wie 1.; 1. wahrend der folgen-
n 4 Wochen Schmierkur wie unter 2.; nach einer Behandlungs-
use von 1 Wochen Blutuntersuchung nach Wassermann. Bei
gativem Ausfall wird die ganze Kur unter Weglassung der
feiten Salvarsanserie noch einmal wiederholt, das Kind kann
nn als gesund betraehtel werden, es muĂ allerdings regelmĂ€Ăig
nach Wassermann untersuch! werden. Die Sal varsaninjeklioncn
werden intravenös gemacht, entweder in die bei Àlteren Kindern
gul brauchbaren Cubitalvenen, oder bei jĂŒngeren Kindern in die
gestauten Jugularvenen. Zur Vermeidung von Mei curialismiis
empfiehlt Verl', die Darreichung von Schwefe] per os.
Wol rr (Hamburg .
Krott, H. Zur Frage der I o x i s c h e. n Salvarsan
derma ti Iis. Areh. f. Dermal, u. Svphil. III, Heft ls
August 1922.
Die Salvarsaudermatitis bietet kein charakteristisches Krank -
lieitsbild dar, das sieh von anderen Dermaliliden, z. B. der H{;
Dermatitis, unterscheidet; daher kann eine nach kombinierter 11^-
Salvarsanbehandlung auftretende Dermatitis nur durch genaue
Analyse des Falles auf das eine oder das andere Mittel zurĂŒck-
gefĂŒhrt werden. Die Dermaliiis kann durch jedes Salvarsan
prÀparat hervorgerufen werden, am hÀufigsten tritt sie nach
Silbersalvarsan auf, am seltensten nach dem Sublimat-Neosal-
varsangemisch. Therapeutisch ist ihr nur wenig beizukommen,
am meisten noch durch ausgiebigen AderlaĂ mit nachfolgender
Kochsalzinfusion. Nach ĂŒberstandener Dermatitis wird in eini
gen FĂ€llen Salvarsan weiterhin gut vertragen, wahrend in an
deren FĂ€llen schon kleinste Mengen eine neue Dermatitis aus-
lösen; es ist daher zweckmĂ€Ăig, gegebenen Falls durch kleine
Mengen eines anderen PrĂ€parates die VertrĂ€glichkeit zu prĂŒfen.
DaĂ diu'ch U eher stehen einer schweren Salvarsandermatitis der
Verlauf der Lues gĂŒnstig beeinfluĂt wird, wie es Busc h k e
und Freymann behaupten, ist wohl fĂŒr viele, aber nicht fĂŒr
alle FĂ€lle zutreffend. Bab (Berlin).
Satta. Die hereditÀr-luetischen deformierenden
Gelenkprozesse ( Archivio di ortopedia, Heft 3, 1922.)
Der hereditÀr-luetische deformierende Gelenkprozeà ist die
seltenste Affektion, unter deren Bild sich die vererbte SpÀt-
syphilis Ă€uĂert. Es handelt sich meist um monartikulĂ€re Erkran-
kungen, die von Zerstörungen der gelenkbildenden Gewebe be-
gleitet werden. Eine chronische proliferative Synovitis von gum-
mösem Charakter liegt dem Leiden zugrunde. Die klinischen
und röntgenologischen Symptome gestatten seine Abgrenzung
gegen die gewöhnliche Arthritis deformans. Die Epiphysenlinie
bildet kein Hindernis fĂŒr die Ausbreitung des Prozesses, so daĂ
die Herde zumeist sowohl die Epiphyse als auch Metaphyse und
Diaphyse ergreifen. Dadurch gewinnt man ein gutes diagnosti-
sches Merkmal zur Unterscheidung tuberkulöser, d. h. meist epi-
physÀrer und osteomyelitischer, d. h. diaphysÀrer Prozesse. Vor-
wiegend! ist das proximale Gelenkende langer Röhrenknochen
befallen. Was die HĂ€ufigkeit der verschiedenen Lokalisation n
anbetrifft, kommt an erster Stelle die Tibia, dann Schulter und
Ellenbogen. Die luetische Affektion zeichnet sich durch mÀch-
tige Neubildung von knöcherner Substanz aus, wÀhrend die
Tuberkulose mehr destruktiver Natur ist. Der Knochen isl vi r-
dickt, wÀhrend die Markhöhle ihre normale Weite behÀlt. Die
subjektiven Erscheinungen (Schmerzen, Functio laesa) sind ver-
hĂ€ltnismĂ€Ăig gering. Niemals sind die VerĂ€nderungen so all-
gemein und schwer wie bei der tabischen Arthropathie. Die Be-
handlung ist eine medikamentöse, antiluetische. Operative Ein-
griffe mĂŒssen als Kunstfehler gelten, da hĂ€ufig Knochennekrosen
sich anschlieĂen. Dagegen soll man freie Gelenkkörper auf
blutigem Wege entfernen. Eine richtige Behandlung ist imstande,
den ProzeĂ aufzuhalten, in leichteren FĂ€llen zu heilen.
De brunner (Berlin).
Woacgien, H. Ueber Ikterus nach S al v a r sa n b eha n (1
hing der Syphilis. Arch. f. Dermal, u. Syphil. 141, Heft I.
August 1922.
Ikterus bei Lues ist Ă€tiologisch auf diese zurĂŒckzufĂŒhren,
wenn er 1. gleichzeitig mit luischen Erscheinungen der Haut,
Schleimhaut oder mit einem positiven Wa auftritt, 2. wenn er
gleich bei Beginn der Kur entsteht, â hi^r ist er als Herx-
heimersche Reaktion der Leber aufzufassen â 3. wenn er beim
Luetiker auftritt, innerhalb von 2 Wochen keine Neigung zur
RĂŒckbildung zeigt und auf eine jelzt einsetzende Kur prompt
reagiert, und 4. wenn er elwa 2â4 Monate nach einer Salvarsan-
kur einsetzt; in diesem Falle ist er als Monorezidiv der Leb i
anzusehen. Lues isl dagegen als Àtiologischer Faklor auszu-
schalten, wenn der Ikterus 1. gegen Ende oder Mitte der Kur
auftritt, 2. wenn er sieh durch die spezifische Behandlung ver-
schlimmert, 3. wenn er wiederholt wÀhrend einer Kur od t
jedesmal nach einer Salvarsaninjeklion sich zeigt und 4. wenn
070 Referat« 40. Jahrg. â Nr. 49/50.
er bereils 2 â 3 Wochen oder erst spĂ€ter als 6 Monate nach Be-
endigung der spezifischen Behandlung ausbricht. Auf das Sal-
varsan als schuldiges Agens ist der Ikterus in den behandelten
FĂ€llen zurĂŒckzufĂŒhren, in denen er Mitte oder Ende einer Kur
im AnschluĂ an eine Salvarsaninjektion eintritt, ferner, wenn er
sich beim Fortsetzen der Behandlung verschlimmert und beim
Aussetzen sich bessert, und endlich, wenn er sich jedesmal nach
einer gröĂeren Dosis von Sa einstellt. Therapeutisch soll nur
der Ikterus mit sicher syphilitischer Ursache mit zunÀchst
kleinen Dosen von Hg + Sa angegangen werden, in den ĂŒbrigen
FÀllen empfiehlt es sich, bis zur KlÀrung der Pathogenese nur
symptomatisch zu behandeln. Ă a b (Berlin).
Innere SeKretion.
T. W. Tallquist: UnterernÀhrung und innere Sekre-
tion. (Acta Medica Scandinavica, 56, Heft 6.)
Nach einem kurzen RĂŒckblick auf die Oedemkrankheit, deren
ZusammenhÀnge mit der inneren Sekretion besprochen werden,
wendet sich Verf. der Besprechung des Morb. Basedow und des
Diabetes zu und weist auf die schon mehrfach erörterte Tatsache
hin, daĂ beide Krankheiten in der Kriegszeit sich wesentlich ver-
ringert haben. Er glaubt hieraus schlieĂen zu dĂŒrfen, daĂ unfrei-
willige UnterernÀhrung in gewissem Grade die Entstehung der
beiden genannten Krankheiten verhindert. Hinsichtlich der Aetio-
logie sowohl des Basedow wie des Diabetes wird im ĂŒbrigen be-
sonders der konstitutionelle Faktor hervorgehoben.
A. MĂŒnzer.
E. C. Cutler: Der EinfluĂ der Hypophyse auf die
Antikörper - Bildung. Journ. of Experiment. Med. Bd.
35, H. 2, 1922, S. 243.
Die nicht zu leugnende groĂe Bedeutung der DrĂŒsen mit
innerer Sekretion veranlaĂte den Verfasser zu untersuchen, ob
der Hypophyse eine Rolle bei der Antikörperbildung zu-
kommt (!?). Ausgedehnte Versuche ĂŒber Bazillen- Agglutination,
HĂ€magglutination und HĂ€molyse nach partieller Hypophysen-
exstirpation bei Meerschweinchen fĂŒhrten zu keinerlei verwert-
baren Ergebnissen. L. Farmer Loeb.
De Quervain: Ueber den respiratorischen Gas-
wechsel bei der Struma vasculosa im Kindes-
alter und nach Implantation von Kropfgewebe
bei Kretinen. (Schweiz. Med. Wochenschrift Nr. 38, S. 925.)
Zu den Mitteln, die zur Erforschung der pathologischen
Physiologie der SchilddrĂŒse fĂŒhren, gehört in erster Linie die Be-
stimmung des respiratorischen Grundumsatzes. Wohl war von
Friedrich MĂŒller auf die Erhöhung desselben bei Basedow auf-
merksam gemacht worden, ein Befund, der von Magnus-Levy
bestÀtigt wurde; klinische Bedeutung erhielten diese Beobach-
tungen aber erst dadurch, daĂ eine praktische Apparatur ge-
schaffen und der normale Grundumsatz bei beiden Geschlechtern
aufgestellt wurde. Verfasser bespricht die von Jaquet, Tissot,
Haidane und Benedikt angegebenen Apparate, vom denen der
erstere wegen seiner UmstĂ€ndlichkeit weniger fĂŒr den klinischen
Betrieb geeignet ist. -
Die chirurgische Klinik in Bern bedient sich eines Tissot-
schen Spirometers mit Gasanalyseapparaten nach Haidane und
hat mit dieser Apparatur auch bei ausgesprochenen Kretinen
gleichmĂ€Ăige Resultate erzielt. Held (Berlin).
Frank H'Doubler: Ueber den respiratorischen Gas-
wechsel bei der Struma vasculosa im Kindes-
alter und nach Implantationen von Kropf-
gewebe bei Kretinen. (Schweiz. Med. Wochenschrift
Nr. 38, S. 926.)
Verfasser faĂt seine Ergebnisse in folgenden SĂ€tzen zu-
sammen: Der respiratorische Grundumsatz ist bei den zur Unter-
suchung gelangten diffusen vaskulÀren Strumen des Vorpuber-
tÀtsalters nicht gesteigert, sondern ungefÀhr normal oder leicht
vermindert, auch da, wo auf Hyperthyreoidismus hindeutende
cardiovaskulÀre Symptome vorhanden sind. Ausgiebige Kropf-
resektion setzte den Grundumsatz in diesen FĂ€llen um durch-
schnittlich 17 % herunter. Die untersuchten Kretinen zeigen eine
Erniedrigung des Grundumsatzes von durchschnittlich â32%.
Bei der Aufstellung einer Altersskala fĂŒr den Grundumsatz können
die Standardwerte NormalwĂŒchsiger fĂŒr ZwergwĂŒchsige nicht
ohne weiteres verwendet werden. Untersuchungen ĂŒber diesen
Punkt sind noch erforderlich. Held (Berlin).
J. Dun«: Klinische Erfahrungen bei 840 Kropfope-
rationen mit besonderer BerĂŒcksichtigung der
Kropf-Recidive und Recidiv-Ope ratio» en.
(Schweiz. Med. Wochenschr. Nr. 37, Sept. 22, S. 901.)
Mit Bezug auf den Sita der Struma bestÀtigt sich die Erfah-
rung, daĂ der r. SchilddrĂŒsenlappen viel hĂ€ufiger vergröĂert ist
als der 1. und daĂ der 1. viel mehr Neigung zur substernalen Ent-
wicklung zeigt als der r. FĂŒr die AnĂ€sthesie bei der Strumektomie
beschrÀnkt sich Verf. auf die Leitungsunterbrechung am hinteren
Kopfnickerrande unter Verzicht auf die tiefe paravertebrale Lei-
tuagsanĂ€sthesie. FĂŒr das Weglassen der Drainage sprechen fol-
gende Momente: Die Drains verstopfen sich meist schon nach
relativ kurzer Zeit, wodurch die Ableitung illusorisch wird. Die
Gefahr einer sekundÀren Infektion ist bei einer drainierten Wunde
immer gröĂer1 als bei einer primĂ€r geschlossenen. Der primĂ€re
VerschluĂ bietet ferner die Chance des abgekĂŒrzten Heilungsver-
laufs und vermeidet mit Sicherheit die garnicht so seltenen Drain-
fisteln. Hat man den EntschluĂ zur drainagelosen Behandlung ge-
faĂt, so wird man der Blutstillung mehr Aufmerksamkeit als
sonst zuwenden. Gegen die Sickerblutung aus dem Stumpfrest
sucht man sich zu schĂŒtzen durch Kapselabdichtung, oder wenn
eine solche nicht zu erzielen ist, durch AnnÀhen der liefen Kropf-
muskelschicht auf den Stumpf.
WĂ€hrend man frĂŒher vielfach die HĂ€ufigkeit der Recidive
einfach nicht sehen wollte oder auch Zahlen von 58â64 % mit
erstaunlichem Gleichmut entgegennahm, sind jetzt Bedeutung und
Umfang der Kropfrecidive in den Vordergrund des Interesses ge-
rĂŒckt. Besonders aktuell ist die Frage, ob die weitgehende Einengung
des Kreislaufs durch Unterbindung aller 4 Arterien imstande ist,
die Rezidive einzuschrÀnken. Der Umstand, daà bei einer Halb-
seitenexcision die Recidivgefahr von den verschiedenen Autoren
so verschieden gewertet wird, fĂŒhrt zu der Feststellung daĂ die
geographisch bedingten Verschiedenheiten des Kropfmaterials die
ausschlaggebende Rolle spielen. So muĂ letzten Endes jeder
Operateur an der Hand seiner Resultate sich diejenige Operations-
methode selbst heraussuchen, die fĂŒr sein Kropfmaterial die
wenigsten Recidive gibt. FĂŒr die Schweiz liefert die Hemistrum-
ektomie bezĂŒgl. Recidive sehr schlechte Resultate. Auch bei fast
rein einseitiger Entwicklung des Kropfes genĂŒgt der einseitige)
Eingriff nicht, um die âKropf-Entwicklung des nichtoperierten!
Lappens zu hindern. Nach seinen vorlÀufigen Erfahrungen möchte
Verf. glauben, daĂ die 4-Arterienligatur das Recidiv zwar nicht
mit absoluter Sicherheit verhindert, aber weitgehend einschrÀnkt.
Die FĂ€lle von Tetanie nach Unterbindung aller Arterien halten
einer scharfen Kritik nicht stand. DaĂ Recidivoperationcn zu
den technisch schwierigsten und unerfreulichsten Eingriffen ge-
hören, ist bekannt. Nicht am wenigsten fĂŒrchtet sie der Pat. selbst I
und ĂŒberantwortet sich im Recidivfalle lieber dem Kurpfuscher als
dem Chirurgen! Es zeigt sich, daĂ das Recidiv nicht selten sich
erst viele Jahre nach der ersten Kropfoperation zu entwickeln]
beginnt. Dazu kommt die deprimierende Feststellung, daĂ es
Kropfgegenden und Kröpfe gibt, die operativ fast nicht unterzu-
kriegen sind, sich allen nicht ganz radikalen Eingriffen gegen-
ĂŒber rebellisch verhalten und immer wieder die Tendenz zu neuem
Wachstum zeigen. Die GrĂŒnde dieser Recidivbereitschaft kennen]
wir nicht; aber wir wissen wenigstens, daĂ der frisch operierte)
Pat. nicht einfach wieder in sein altes Kropf milieu entlassen wer-j
den darf, wo er den alten, kröpf erzeugenden EinflĂŒssen ausgesetzt!
ist. Die postoperative Kropfprophylaxe kann heut nicht mehr um-j
gangen werden, und es ist ein groĂes Verdienst von Roux undi
Kocher, darauf aufmerksam gemacht zu haben. Nur darf kein
MiĂbrauch getrieben und die Ă€rztliche Kontrolle nicht ausge-
schaltet werden. Held (Berlin)*
Bauer, J. Kalkstoffwechsel und innere Sekretion. I
Wien. Med. Wochenschrift, Nr. 34/35, August 1922, S. 1426.
Ausgezeichneter Ueberblick ĂŒber den derzeitigen Stand der
recht verwickelten Frage. Als gesichert wird folgendes ange-
fĂŒhrt: Rachitis und Osteomalazie sind sehr hĂ€ufig mit klinisch
nachweisbaren Funktionsstörungen oder brĂŒsken Funktions- .
Ă€nderungen des BlutdrĂŒsensystems verknĂŒpft, wobei Epithel-
körperchen, Thymus, KeimdrĂŒsen, wahrscheinlich aber auch Hy-
pophyse, SchilddrĂŒse und Nebenniere im Vordergrund der endo-
krinen Korrelationsstörung stehen können. Alle BlutdrĂŒsen be-
einflussen in mehr oder weniger ausgesprochener Weise den
intermediÀren Kalkstoffwechsel des Organismus, Epithelkörper-
chen und Thymus greifen in ihrer Wirksamkeit am Knochen-
gewebe selbst an, indem sie dessen AufnahmefĂ€higkeit fĂŒr Kalk-
salze fördern. R e u à Wien).
40. Jahrg. â Nr. 49/50.
Referate
«77
Chirurgie und GynÀkologie.
C. N. Chipnian. Narkosemittel und Lung e n a 1) s /. e Ii
nach Hals-, Nasenoperationen. (Journ. of the
Amer. Med. Assoc. 79, Nr. 7, Aug. 1922, S. 539.)
Operationsimethoden, die in unzweckmĂ€Ăiger Weise die Ton-
sillen zermalmen und den Pharynx mit dem kÀsigen, oft auch
dtrigen Material anfĂŒllen, sind dazu angetan, Lungenprozesse
zu erzeugen. Ist die Narkose tief, die Reflexe aufgehoben, so ist
die (iefahr der Aspiration gröĂer als bei leichter Narkose mit
erhaltenen Reflexen. Die Aspirationsgefahr wird ferner dadurch
vermehrt, wenn der Kopf sich in einer Ebene mit dem Körper
befindet; die . Operation soll am hÀngenden Kopf vollzogen
werden. Tonsillen und Pharynx sind vor der Operation mit einer
50%igen Jodtinktur anzupinseln. Blutungen sind durch Naht
oder Ligatur zu stillen, nicht durch Tamponade, die die AnÀsthe-
sie unnĂŒtz verlĂ€ngert. Besteht eine akute Tonsillitis oder Bron-
chitis, so ist mit einem operativen Eingriff am Hals oder an der
Nase unbedingt 8 Tage bis nach Abklingen der fieberhaften Er-
scheinungen zu warten. Held (Berlin).
Mandl, F.: F u Ă b a 1 1 v e r 1 e t z u n g en. (Wien. Med. Wochen-
schrift, Nr. 33, August 1922, S. 1380.)
Folgende Verletzungen wurden beobachtet: Schockerschei-
nungen nach StoĂ gegen den Bauch (meist harmlos); Haema-
tokelen und Praepulialhaematome, Othaematome; Kontusion und
Fraktur des Nasenbeins, Verletzungen der oberen ExtremitÀten
sind relativ selten: Luxation des Humerus, Radiusfraktur, Distor-
sion der Hand, Klavikularfraktur, Luxation des Daumens (wieder-
holt beobachtet). Der gewöhnliche Sitz der Verletzungen ist die
untere ExtremitÀt, besonders das Kniegelenk und die oberen zwei
Drittel des Unterschenkels. Man findet: subkutane Haematome,
Exkoriationen, zuweilen recht hartnÀckige Ulcera cruris, Tendo-
vaginitiden, Achillodynie, âBursitis anserina" (unterhalb des pes
anserinus), Muskelhaematome; Nervenerkrankungen sind selten
(âFuĂballerlĂ€hmungen"). Ferner findet man: traumatische Periost-
verdickungen, Schmerzen in der Gegend der Tuberositas tibiae
(sog. âSchlattersche Krankheit"), Frakturen des Metata rsus, der
Tibia und Fibula, hÀufig Distorsionen des Sprunggelenks. Am
wichtigsten sind die Affektionen des Kniegelenks: Distorsionen
mit folgendem GelenkserguĂ, Kontusionen, Luxation der Menisken,
BĂ€nderzerreiĂungen; Haemarthros; endlich der idiopathische
Hydrops genu. AusfĂŒhrliche Besprechung der Prognose und
Therapie. ReuĂ (Wien).
A. HĂŒbner: SuprĂ€pubischeoder perineale Prostat-
ektomie? (Klin. Wochenschr., 1922, Nr. 35.)
Die suprapubische Prostatektomie ist die Operation der Wahl.
Die perinale ist indiziert bei Àlteren Prostatikern, bei denen die
Frage der Potenz bedeutungslos ist, und in den FĂ€llen von Absze-
dierung und maligner Degeneration der Prostata.
A. M iinzor?
Bertram, M. und Bernheim, M. D.: Zungenaktinomykose.
(The Amer. Journ. of the Med. Sciences, 163, Nr. 4, April 1922,
S. 507.)
An Hand von drei eigenen und 35 LiteraturfÀllen kurze Be-
sprechung der Klinik und Therapie. Zur Diagnose am besten
Probeexzision des fraglichen Knotens. Therapie chirurgisch,
auĂerdem Jodkali in groĂen Dosen und Radium. Prognose
gĂŒnstig bei nicht zu weit fortgeschrittenen FĂ€llen.
Loewenhardt (Charlottenburg-Westend).
H. Schinz: Ein Beitrag zur Röntge nkastration beim
Mann. (Schweiz. Med. Wochenschrift Nr. 36, S. 886.)
Bei einem 34 jÀhrigen Manne wird eine Röntgenkaslration
vorgenommen. 3 Wochen nach der 1. und 8 Tage nach der 2. Be-
strahlung finden sich massenhaft leicht bewegliche Spermalozoen,
14 Tage nach der 3. Bestrahlung wenige unbewegliche Spermato-
zoen. Erst 3 Wochen nach der 5. Bestrahlung sind keine Sperma-
tozoon mehr auffindbar und bleiben nun vorlĂ€ufig fĂŒr 8 Monate
nicht mehr nachweisbar. Im AnschluĂ an diesen Fall wird die
GröĂe der Dosis und die AbhĂ€ngigkeit derselben von der Spermio-
genese erörtert und es werden ebenso wie bei der Frau drei
Stadien der Kastration festgelegt:
1. die temporÀre Sterilisation mit klinischer Oligo-Nekrosper-
mie nach Bestrahlung von mindestens 34 % H. E. D.
| 2. Die totale Aspermatogenese als Parallele zur Wintzschen
jExovulation mit dem klinischen Symptom des Azoospermie; nach
Bestrahlung von 60 % H. E. D.
3. Die Totalkastration mit Zerstörung sÀmtlicher Bestandteile
des Hodens und klinischen Ausfallserscheinungen, deren Dosis,
da beim Manne nicht erstrebenswert, noch nicht festgestellt ist.
Held (Berlin).
Henry S. Penn: R u p t u r d e s O varitlfflg mit ausge-
dehnter H a e m o r r h a g i c als Komplikation einer
akuten A p p e n d i c i t i s. (The Boston Med. u. Surg. Journ.
187, Nr. 5, S. 183.)
DaĂ Ruptur des Ovariums mit Blutungen verschiedenen
StÀrkegrades auch ohne eklopische Schwangerschaft vorkommt,
ist bekannt, doch ist die Aeliologie einer rein ovariellen Hae
morrhagie bisher noch hypothetisch geblieben. Obgleich theore-
tisch denkbar, ist die prÀoperative Diagnosestellung ein schwie-
riges Problem. Hauptsache ist das schnelle Erkennen, daĂ eine
innere Blutung vorliegt und ebenso rasches Eingreifen. In dem
mitgeteilten Falle ist die Ruptur des Ovars bei tder sonst ge-
sunden, akut an Appendicitis erkrankten jungen Frau wahr-
scheinlich durch einen vermehrten intraabdominellen Druck zu
erklÀren, der durch persistierendes Erbrechen zustande ge-
kommen war. Held (Berlin).
R. T. Frank: Krebs im Zervixstumpf, Metastase im
Wurmfortsatz. (Surgery, Gynecology and Obstetrics, 35,
Nr. 3, Sept. 22, S. 334.)
Ist wegen Uterusfibrom die supravaginale Hysterektomie in-
diziert, so soll stets vorher genau die Cervix auf Karzinom unter-
sucht werden. Bei Verdacht auf maligne Neubildung ist dann die
Totalexstirpation trotz etwas höherer MortalitĂ€t vorzuziehen. â
In der Appendix kann sich Metastase eines Cervixkarzinoms ent-
wickeln, die als solche sich durch die morphologische Ueberein-
stimmung ausweist. Kuhn.
(.'. J. Drueek: Die Gefahren der Operation der Mast-
darmfistel. (New York medioal Journal, 115, Nr. 12, Juni
1922, S. 757.)
Warnung vor mehrfachen Durchtrennungen des Spinkters,
die mit groĂer Wahrscheinlichkeit zu Inkontinenz fĂŒhren. Die
Gefahr der Inkontinenz hĂ€ngt nicht nur von der Art und GröĂe
des Eingriffs ab, sondern auch von dem Verhalten der Darm-
tÀtigkeit des Patienten vor dem Eingriff: ein durch einen Eingriff
gedehnter Sphinkter kann bei festem Stuhl durchaus kontinent
sein, wĂ€hrend er bei etwas breiigen StĂŒhlen schon insuffizient
ist. Im ĂŒbrigen nichts neues. Wolff (Hamburg).
Franz, R. Ueber frauen Àrztliche Erfahrungen mit
Argobol. Wien. Med. Wochenschrift, Nr. 32, August 1922,
S. 1358.
Argobol bewÀhrte sich bei sekundÀrer Reizvaginitis im Ge-
folge von Uterusgonorrhoe, bei nicht gonorrhoischem vaginalem
Fluor, bei Kolpitis simplex; Delegon (stÀbchen) bei Gonorrhoe
des Uterus und der Harnröhre. Reuà (Wien).
Thaler, H. Die Pathologie der Geburt in ihrer Be-
ziehung zum Wochenbettsfieber. Wien. Med.
Wochenschrift, Nr. 38/39, September 1922, S. 1554.
Nicht in dem einfachen Höhersteigenl der Eigenkeime liegt
die Hauptgefahr, sondern in der Kombination mit Keim- bezw.
Virulenzanreicherung oder der direkten Inokulation der Plazen-
tarstelle. Zur Umstimmung einer abnormen Scheidenflora wer-
den prophylaktische SpĂŒlungen mit Vi %iger MilchsĂ€urelösung
empfohlen. Das Bad, welches die Wanderung der Hautkeime in
die Geburtswege fördert, ist wÀhrend der ganzen Geburtszeit zu
vermeiden. Gegen die vaginale Untersuchung wird kein grund-
sÀtzlicher Einwand erhoben, doch ist sie tunlichst zu beschrÀnken.
Von Wichtigkeit ist ferner eine richtige Geburtsleitung, insbe-
sondere die richtige Leitung der Nachgeburtsperiode, die mög-
lichste Vermeidung der manuellen Plazentalösung, das ĂŒber-
flĂŒssige -Suchen nach EiweiĂresten. Empfehlenswert ist frĂŒh-
zeitiger energischer Sekalegebrauch im Wochenbett.
ReuĂ (Wien).
* * *
Ophthalmologie.
J. M. Patton und S. R. Gifford, Omaha (Nebraska): Eine eigen-
artige AugenentzĂŒndung bei Farmern (Agricultur
Conjunctivitis). (Am. Jour. of Ophthalmology, 5, Nr. 8 Aug. 22.)
Verf. berichten ĂŒber die klinischen und bakteriologischen Be-
obachtungen bei 6 FĂ€llen seltener Erkrankung. Es handelte sich
um schwere akute AugenbindehautentzĂŒndung, welche immer ein-
seitig blieb, aber mit enormer Schwellung der regionalen Lymph-
drĂŒsen sowie mit Nekrose der Haut an den Lidern und mit Mem-
678
Buchbesprechungen
40. Jahrg. â Nr. 49/50.
branbildung an der Lidbindehaut verbunden war. Auch die ober-
flÀchliche Hornhaut war immer mitbeteiligt und blieb dauernd ge-
schÀdigt. Die FÀlle, welche klinisch ein abgegrenztes Krankheits-
bild darstellen, wurden bei erwachsenen bzw. nahezu erwachsenen
Personen beobachtet, welche sÀmtlich im landwirtschaftlichen Be-
triebe beschÀftigt waren. Eine Mischinfektion war immer nach-
weisbar. Staphylokokken und Streptokokken (Diese nicht durch-
weg!) hauptsĂ€chlich aber ein anaerob wachsender, groĂer,
grampositiver Bazillus. Letzterem wird aeliologisch Bedeutung
beigelegt bzw. seinen Sporen, wenn auch die Infektionsart nicht
voll geklÀrt ist. Auch dem Beruf muà eine Bedeutung zukommen.
Eine Bundfrage bei praktischen Aerzten ergab, daĂ die Krankheit
im Staate Nebraska selten vorgekommen zu sein scheint. â
Die ganze Literatur ĂŒber nekrotische und membranöse Konjunk-
tivitiden wird zusammengesetzt und kritisch besprochen. Es muĂ
sich in den beobachteten FĂ€llen um eine Infektion eigener Art â
unter AusschluĂ von Diphtherie â gehandelt haben.
Junius (Bonn).
Greeff: UeberstenopÀischeBrillen und Apparate. Ar-
chiv f. Augenh. Bd. 90, H. 2 und 3, S. 147.
Unser Auge ist nicht das groĂe Wunderwerk der Natur, fĂŒr das es
in frĂŒheren Zeiten gehalten wurde, sondern mit mancherlei MĂ€ngeln
seines optischen Systems behaftet. Selbst das sog. deutliche Sehen ist
nur eine besondere Art des Sehens in Zerstreuungskreisen, gegen ein
gewisses MaĂ derer wir gleichgĂŒltig geworden sind Wo sie aber
durch Refraktionsfehler und UnregelmĂ€Ăigkeiten der brechenden Me-
dien resp. der Netzhaut ĂŒber dieses MaĂ hinausgehen, ist das Auge ge-
zwungen, sie bestmöglichst zu verkleinern. Das geschieht durch psy-
chische, akkomodative und konvergente Verengerung der Pupille und
deren teilweise Verdeckung durch Zukneifen der Lidspalte. Diesen
Zweck haben auch die seit altersher bekannten stenopÀischen Brillen
und Apparate.
Im folgenden gibt Verf. aus seiner prachtvollen Brillensammlung
einige interessante Beispiele solch primitiver Sehverbesserungsappa-
rate, durch deren enge Oeffnung abirrende Randstrahlen abgeblendet
werden und ein schÀrferes Bild auf der Netzhaut entworfen wird. Die
zu einem engen Rohr zusammengeballte Hand und Holzröhren mit
engem Spalt galten schon lange vor Christi Geburt als stenopÀische
Fernrohre. Gegen das Schielen wandte man im Mittelalter Masken und
Brillen an, die durch besonders angebrachte stenopÀische Spalten und
Löcher das schielende Auge in die Normalstellung bringen sollten.
Lochbrillen finden sich auch heute noch in den Optikerkatalogen. Sie
sind nutzlos fĂŒr den Schielenden, denn die Augen stellen sich dahinter
doch nicht gerade ein. Nur die Auskorrigierung des Brechungsfehlers
und, wenn diese erfolglos, die spÀte Operation können als kunstgerechte
Schielbehandlung gelten.
StenopÀische Lochsysteme in alten Ritterhelmen dienten dem besse-
ren Sehen der Kurz- und Schwachsichtigen, wie auch seit Anfang des
17. Jahrhunderts stenopÀische Brillen mit einem zentralen oder einer
Reihe von engen Löchern auf einer Blechplatte oder mit kĂŒrzeren oder
lĂ€ngeren Tuben, in die evtl. auch GlĂ€ser gesetzt wurden, fĂŒr Schwach-
sichtige in Gebrauch waren. Sie hatten aber den Fehler, das Gesichts-
feld sehr .einzuengen und zu dauernden Kopfdrehungen zu nötigen.
Deshalb fĂŒhrte man die Siebplatte ein, die spĂ€ter mehrfach modifiziert
wurde. Die neueste Schöpfung auf diesem Gebiet ist die Vereinigung
von stenopĂ€ischem Spalt mit Fernrohrbrille. â SchlieĂlich wird noch
auf stenopĂ€ische Brillen zum Schutz gegen ĂŒbermĂ€Ăige Belichtung, wie
sie z. B. die Eskimos tragen, auf stenopĂ€ische SchieĂbrillen und steno-
pÀische Schutzbrillen verwiesen, welch letztere sich besonders im Hoch-
gebirgskrieg gegen Steinsplitterung bewÀhrt haben.
Fr. W. M a s s u r (Berlin).
Gradle, S.: Doppelseitige Durchblutung der Horn-
haut. (Amer. Journ. of Ophthalmology, 5, Nr. 9, Sept. 1922.)
Bei einer 55 jÀhrigen Patientin waren nach vorderer Uveitis,
deren tiefere Ursache unklar blieb, vielfache Verlötungen
zwischen Iris und Linse (hintere Synechien) zurĂŒckgeblieben. Es
wurde ausnahmsweise an einem Tage an beiden Augen die
therapeutische Iridektomie vollfĂŒhrt. Die vordere Kammer
beider Augen fĂŒllte sich daraufhin mit Blut. FĂŒnf Tage spĂ€ter
war auch die Hornhaut bds. durchblutet, braun-rötlich verfÀrbt,
trĂŒbe. Bechts hellte sie sich spĂ€ter wieder auf, links nicht. Der
Augendruck blieb rechts regelrecht, links wurde er gesteigert ge-
funden. (Kleiner Irisvorfall als mögliche Ursache?) Links blieb
die Hornhaut dauernd trĂŒbe. SpĂ€ter trĂŒbten sich auch beide
Linsen (ErnÀhrungsstörung). Der Fall, welcher in seinen Einzel-
heiten nur augenÀrztliches Interesse bietet, aber sehr eigenartig
liegt, wird bezĂŒglich der Entstehung der Blutung unter Eingehen
auf die Literatur nÀher erörtert, jedoch nicht voll geklÀrt.
Junius (Bonn).
Buchbesprechungen.
Helferich: Atlas und GrundriĂ der traumatischen
Frakturen und Luxationen. 10. Aufl. J. F. Leh-
manns Verlag, MĂŒnchen, 1922. Gebd. 100 Mark.
Der Helferich 'sehe Atlas erscheint soeben in 10. Auf-
lage. Ein Werk wie dieses bedarf keines Lobes mehr. Das Buch,
das 1894 zum ersten Mal erschien, steht heute völlig aöf der Höhe
unserer neuesten Erfahrungen. Die Abbildungen sind vorzĂŒglich,
der knappe Text ist geradezu als klassisch zu bezeichnen. Die
weiteste Verbreitung unter FachÀrzten, Praktikern und Studen-
ten ist dem Buch auch weiterhin gewiT}.
K. Wohlgemuth (Berlin).
Fehling: Diagnostische und therapeutische IrrtĂŒmer
und ihre VerhĂŒtung in der Schwangerschaft. (Di-
agnostische und therapeutische IrrtĂŒmer und
deren VerhĂŒtung, Geburtshilfe, H. 3. Herausg. von
J. Schwalbe.) Leipzig, 1922, Georg Thieme. 22,50 M.
In klarer, ĂŒbersichtlicher Form werden die normale Schwanger-
schaft, die spezifischen Erkrankungen und die akzidentellen Erkran-
kungen in derselben besprochen, soweit diagnostische und therapeuti-
sche IrrtĂŒmer in Betracht kommen. Besonders wichtig fĂŒr den Prak-
tiker ist das Kapitel ĂŒber Blutungen. Sehr zu begrĂŒĂen und zu beher-
zigen ist die dringende Warnung des Verf. vor der Abortzange. â
Leider ist ĂŒber Ileus in der Schwangerschaft, der wohl auch schon zu
diagnostischen IrrtĂŒmern gefĂŒhrt hat, nichts gesagt. Das Buch wird
fĂŒr jeden Geburtshilfe treibenden Praktiker von groĂem Nutzen und
Wert sein.
K. Wohlgemuth (Berlin).
Chvostek. Ueber ErkÀltungskrankheiten. (Wien.
Med. Wochenschrift Nr. 41, Oktober 1922, S. 1652.)
FĂŒr die ErkĂ€ltungskrankheiten ist eine abnorme Körper-
konstitution eine conditio sine qua non. Dies vorausgesetzt, ist
an der ErkÀltung als Krankheitsursache nicht zu zweifeln. Dem
spezifisch auslösenden Moment der ErkÀltung entsprechen frei-
lich nicht ganz bestimmte, klinisch gut charakterisierte Erschei-
nungen; dieselben Erscheinungen kommen auch unter andern
Àtiologischen Einwirkungen zustande. Als ErkÀltungskrankheiten
im engeren Sinne gelten jene, bei welchen eine KĂ€lteidiosyn-
krasie bei Einwirkung abkĂŒhlender VorgĂ€nge zu Krankheits-
störungen an verschiedenen Organen fĂŒhrt. AuĂer der konsti-
tutionellen Empfindlichkeit kommt noch eine erworbene in Be-
tracht, die vielfach in ersterer fuĂt. Beflektorisch bedingte Aen-
derungen der Blutverteilung und nervöse EinflĂŒsse schaffen den
geeigneten Boden, auf dem sich anderweitige KrÀfte entfalten, wie
Bakterien und Giftstoffe. Bei Fehlen solcher exogener Faktoren
sind es im Körper normalerweise sich abspielende VorgÀnge
des Stoffwechsels, die unter den KĂ€lteeinwirkungen zur Geltung^
kommen; oder es genĂŒgen die VerĂ€nderungen der Zirkulation^
und die nervösen EinflĂŒsse an sich, um bei der besonderen Ver-J
fassung des Körpers zu VerĂ€nderungen des Gewebes zu fĂŒhren,,
die den Beiz ĂŒberdauern. B e u Ă (Wien).
Professor Dr. Otto Seifert (WĂŒrzburg) : Die Nebenwirkungen
der modernen Arzneimittel. II. Teil. Leipzig 1922. Ver-'
lag von Kurt Kabitzsch. Preis br. Mk. 50,â, gebd. Mk. 68.â.
Der Titel stimmt mit dem Inhalte nicht ganz ĂŒberein, denn nur bei
170 von den 269 aufgenommenen Arzneimitteln sind Nebenwirkungen
mitgeteilt. Unterscheidet sich von Riedels âMentor" nur durch we--
sentlich geringere Anzahl der berĂŒcksichtigten Arzneimittel und durch
die, allerdings unvollstÀndigen, Literaturangaben.
Low (Döberitz).
Professor E. Mannheim (Bonn) : PharmazeutischeChemie. IV.
UebungsprÀparate, mit 5 Abbildungen. Sammlung Göschen. Preis
9,â Mk. (Vereinigung wissenschaftl. Verleger Walter de Gruyter
& Co., Berlin-Leipzig).
ZunĂ€chst fĂŒr studierende Pharmazeuten und fĂŒr Apothekerprakti-
kanten zur Vorbereitung auf das Examen besonders geeignet, ist das
Buch aber nicht minder fĂŒr den PrĂ€medikus im Physikum und noch
mehr fĂŒr den selbst dispensierenden Landarzt von gröĂtem Interesse.
Die Apothekerpraktikanten werden die sehr zweckmĂ€Ăig gestellten
stöchiometrischen Uebungsaufgaben samt Lösung besonders dankbar
begrĂŒĂen. Sehr sympathisch ist die WiedereinfĂŒhrung eines fast frie-
densmĂ€Ăigen und ziemlich haltbaren Ă€uĂeren Gewandes der BĂ€ndchen.
Low (Döberitz).
40. Jahrg. â Nr. 1.
Jenseits
\ o n H e i ii I ii ,, ,| \
in I
XIII
Jenseits von Beruf und Amt.
Hygiene in der Tierwelt.
Von Dr. Th. Zell.
Von den im Berliner Zoologischen Garten befindliehen
lenenffa-Schimpansen wurde kĂŒrzlich belichtet, daĂ sie
einen Zuwachs durch die Geburt eines Kleinen erhallen
hatten. Das Benehmen der Mutter wurde hierbei von fach-
mÀnnischer Seite geschildert. Es war durchaus zweckent-
sprechend, so das AbbeiĂen der Nabelschnur, die Reinhal-
tung und das SĂ€ugen des Kleinen. Nach unseren Begriffen
ist die Reinigung durch die Zunge hygienisch nicht ganz
einwandfrei, aber bei Tieren, denen beispielsweise warmes
Wasser, Seife und Handtuch fehlen, ist sie ganz am Platze.
Wie wichtig die Zunge fĂŒr das Gedeihen der Jungen ist!
konnte man an einer Wölfin im Zoologischen Garten sehen
der die Zunge fehlte. SĂ€mtliche Junge von ihr starben, weil
sie ihnen die natĂŒrliche Reinigung durch das Belecken nicht
angedeihen lassen konnte.
Weder Geburtsarzt noch Hebamme, noch einen Kursus
m der Behandlung der Neugeborenen braucht das Tier, und
trotzdem werden die wichtigsten Lehren der Hygiene in-
stinktiv befolgt. Das gilt nicht nur auf dem Gebiete der
SĂ€uglingspflege, sondern ganz allgemein. Daher kommt es
auch, daĂ die unter natĂŒrlichen VerhĂ€ltnissen lebenden
iiere sich fast ausnahmslos einer ausgezeichneten Gesund-
heit erfreuen. Ohne jeden Unterricht befolgen sie die gewiĂ
nicht einfachen Lehren der Hygiene. Ja, man kann noch
einen Schritt weiter gehen und behaupten, daĂ die Tiere auf
diesem Gebiete uns Menschen in vielen Punkten weit ĂŒber-
legen sind.
Die schönsten GrundsÀtze der Hygiene
nĂŒtzen keinen
âą Ulierling, wem. das Material nichts taugt. Die Voraus-
setzung jeder Hygiene wÀre demnach, daà gesunde Nach-
kommenschaft und kein Kropzeug vorliegt. Das Tier han-
delt hiernach seit ewigen Zeiten, indem die KĂ€mpfe der
Nebenbuhler um das Weibchen dafĂŒr sorgen, daĂ nur starke
MĂ€nnchen sich fortpflanzen. Wie es bei uns auf diesem
Gebiete aussieht, bleibt wohl besser unerörtert. Je gröĂere
Macht das Geld gewinnt, desto eher bleibt das gesunde aber
arme Madchen sitzen, wĂ€hrend das kĂŒnstlich aufgepĂ€ppelte
nervöse Geschöpf mit dem groĂen Portemonnaie einen Mann'
erhalt. Unsere Gesetzgebung, die sich doch sonst mit ver-
hĂ€ltnismĂ€Ăig gleichgĂŒltigen Dingen befaĂt, bekĂŒmmert sich
um diese Grundlage der Volksgesundheit nicht mit einer
,luc Einsichtsvolle MĂ€nner haben diese GleichgĂŒltigkeit
lebhaft beklagt. D a r w i n macht darauf aufmerksam, daĂ
man die Wichtigkeit dieses Punktes bereits vor Jahrtausen-
den eingesehen hat. Bei dem Dichter Theognis, der 550 Jahre
vor Christi Geburt lebte, findet sich nÀmlich schon die Klage
daà wir bei den Haustieren die krÀftigsten zur Nachzucht
wÀhlen, dagegen bei der eigenen Wahl auf das Geld sehen
Der Vorsprung, den das wilde Tier dadurch erzielt daĂ
es nur gesunde Nachkommenschaft in die Welt setzt kann
vom Kulturmenschen niemals wieder eingeholt werden
Mit Sokrates glauben viele, daĂ es nur des Unterrichts
hedarf, um die Menschen zur Befolgung richtiger GrundsÀtze
zu veranlassen. Hiernach mĂŒĂten LeitfĂ€den der Hygiene
Wunder wirken. Es sei gestattet, hierzu ein groĂes Frage-
zeichen zu setzen, denn von dem Befolgen der GrundsÀtze ist
wenig zu merken. Auch in diesem Punkte ist uns wiederum
das fier uberlegen. Es liest und lernt keine SprĂŒche wohl
KASSEN - PACKU N G
NovopiN Fichtennadel bader
leichtlöslich â stark aromatisch â preiswert
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XIV
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 1.
aber befolgt es die Lehren der Hygiene. Und das ist doch
das Wichtigste.
Auf der Schulbank wurde uns beispielsweise der schöne
Spruch eingeprÀgt:
Arbeit, MĂ€Ăigkeit und Ruh',
SchlieĂen dem Arzt die TĂŒre zu.
Welcher Kulturmensch kann wohl von sich sagen, daĂ
er nach diesen Vorschriften lebt? Bei den Tieren werden da-
gegen diese GrundsĂ€tze weit besser berĂŒcksichtigt.
Der Volksmund hat ganz richtig ausgesprochen, daĂ
Liebe und ĂŒbermĂ€Ăiges Trinken den Menschen aufreiben.
Wie steht es damit in der Tierwelt?
Ausnahmen können die Regel nur bestÀtigen, und in der
Tat gibt es einige freilebende Tiere, die sich am Alkohol
berauschen. Brehm kann aus eigener Anschauung be-
richten, daà Paviane sehr verpicht auf das Àgyptische Bier
sind und daher leicht mit ihm gefangen werden können.
DaĂ Affen wie Elefanten gern einen guten Tropfen lieben,
ist ĂŒbrigens eine uralte Beobachtung. Von freilebenden
Tieren wissen wir mit Bestimmtheit, daĂ sich zahlreiche
Insekten ihren Tod durch den âSuff" holen. Man braucht
in einem Gartenlokal nur sein Glas Bier vor sich stehen zu
haben, um nach kurzer Zeit zu beobachten, daĂ sich Fliegen
und Wespen daran gĂŒtlich tun wollen. Gewöhnlich fallen
sie dann nach einiger Zeit in die FlĂŒssigkeit und mĂŒssen
eines elendiglichen Todes sterben, wenn man sie nicht her-
ausfischt.
Bei Insekten mĂŒssen demnach die Instinkte der MĂ€Ăig-
keit fehlen, wahrscheinlich deshalb, weil es bei ihrer riesigen
Vermehrung auf eine Handvoll nicht ankommt.
Dagegen kann man von SÀugetieren und Vögeln meines
Wissens nur Affen und Flughunde durch Alkohol fangen.
Vom Panther berichten es die Alten, weshalb die Bacchan-
tinnen mit Vorliebe auf ihm reiten. Ich habe aber in zoo-
logischen GĂ€rten niemals eine Vorliebe dieser gewandten
Katzen fĂŒr den Wein feststellen können. Von dem Flugfuchs
(jjteropus Edwarsi) schreibt Brehm: Sie sollen, wenn
man den Saft der Kokospalme auffÀngt, sich nach der durch-
aus glaubwĂŒrdigen Angabe der Eingeborenen daran gerade-
zu betrinken.
Auch der Gorilla soll sich nach Angabe der Neger an
einer einheimischen Frucht förmlich berauschen und dann
leicht erlegt werden können.
Es ist das alles, was ich von Alkoholkonsum bei wilden
Tieren angegeben gefunden habe. Bedenkt man, welches
Quantum Alkohol in Deutschland allein auf den Kopf der
Bevölkerung kommt, so wird man die Tiere im allgemeinen
als höchst mĂ€Ăig bezeichnen mĂŒssen.
Ein anderes Verderben des Menschen, seine UnmĂ€Ăig-
keit im geschlechtlichen GenuĂ, ist in der Tierwelt ebenfalls
so gut wie ausgeschlossen. Die Mehrzahl der Tiere hat eine
bestimmte Zeit, Brunst-, Ranz-, Rammel- usw. Zeit, in der
sie der Göttin Venus huldigt. WĂ€hrend der ĂŒbrigen Zeil
wird an den AltÀren- der Göttin nicht geopfert. W ie schon
wÀre es. wenn der Mensch sich hieran ein Beispiel nÀhme.
Auch hier sind es die Haustiere, die diesen gesunden In-
stinkt verloren haben. Zum mindesten sind sie hÀufiger zur
Begattung geneigt. So haben unsere Hauskatzen zweimal im
Jahre Junge, wÀhrend sich die Wildkatze nur einmal paart.
Es ist allgemein bekannt, daĂ der zweite Wurf unserer
Katzen im August niemals so krÀftig heranwÀchst wie der
erste im Mai. Denn den Augustkatzen fehlen die warmen
Sommermonate, die fĂŒr ihr Gedeihen von auĂerordentlicher
Wichtigkeit sind.
Unter den wildlebenden Tieren sind es wiederum merk
wĂŒrdigerweise die Affen, die wie der Mensch keine be-
stimmte Brunstzeit haben. Wenigstens sind die MĂ€nnchen
wahre Satyrn. Besonders die Paviane zeichnen sich auf
diesem Gebiete aus. Meisterhaft schildert sie unser Brehm.
In ihrer sinnlichen Liebe sind sie wahrhaft scheuĂlich. Die
Geilheit und Frechheit zeigt sich bei keinem anderen Tiere
in so abschreckender Weise wie bei ihnen. Ich möchte
sagen, daĂ die GröĂe ihrer Leidenschaftlichkeit erst hierbei
sich offenbare. Die MĂ€nnchen sind nicht bloĂ lĂŒstern auf
die Weibchen ihrer Art, sondern auf alle gröĂeren SĂ€uge-
tiere weiblichen Geschlechts ĂŒberhaupt. Es wird wiederholt
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und von allen Seiten versichert, daĂ sie zuweilen MĂ€dchen
rauben oder wenigstens ĂŒberfallen und miĂhandeln. DaĂ
sie MĂ€nner und Frauen sofort unterscheiden, habe ich hun
dertfach beobachtet, und ebenso, daĂ sie den Frauen durch
ihre Zudringlichkeit und UnverschÀmtheit im höchsten
Grade lÀstig werden können. Die MÀnnchen sind bestÀndig
brĂŒnstig, die Weibchen nur zu gewissen /eilen, alle 30 35
Tage etwa. Die Brunst zeigt sieb auch Ă€uĂerlich in hĂ€Ălicher
Weise: die Geschlechtsteile schwellen bedeutend an und er-
halten eine glĂŒhend rote Farbe; mau meint, daĂ das GesĂ€Ă
in bedenklicher Weise erkrankt sei.
Gefangene Paviane benehmen sich, wie ich hÀufig be-
obachten konnte, noch viel schlimmer. Es fehlen ihnen
eben die Feinde, die sie von ihren sinnlichen Gedanken ab-
bringen;
Auch die Orang-Utans haben eine ungewöhnliche Vor-
liebe fĂŒr Alkohol. Sie können sich direkt zu Tode trinken,
wie jener Orang-Utan Bobi, von dem sein Herr, der KapitÀn
des Schiffes, folgendes erzÀhlt: Leider machte ein unange-
nehmer Zufall dem Leben des schönen Tieres ein Ende, noch
ehe es Deutschland erreichte. Bobi hatte von seiner LagerstÀtte
aus den Kellner des Schiffes beobachtet, wÀhrend dieser
Rumflaschen umpackte, und dabei bemerkt, daĂ der Mann
einige Flaschen bis auf weiteres liegen lieĂ. In der Nacht
vernahm sein Herr ein GerĂ€usch in der KajĂŒte, als wenn
jemand mit Flaschen klappere, und sah beim Schimmer der
auf dem Tische brennenden Nachtlampe wirklich eine Ge-
stalt an dem Weinlager beschÀftigt. Zu seinem Erstaunen
entdeckte er in dieser seinen Orang-Utan. Bobi hatte eine be-
reits fast ganz geleerte Rumflasche vor dem Munde. Vor
ihm lagen sÀmtliche leere Flaschen behutsam in Stroh ge-
wickelt, die endlich gefundene volle hatte er auf geschickte
Weise entkorkt und seinem Verlangen nach geistigen Ge-
trĂ€nken völlig GenĂŒge leisten können. Etwa 10 Minuten nach
diesem Vorgange wurde Bobi plötzlich lebendig. Er sprang
auf StĂŒhle und Tische, machte die lĂ€cherlichsten Be-
wegungen und gebÀrdete sich mit steigender Lebhaftigkeit
wie ein betrunkener und zuletzt wie ein wahnsinnige!
Mensch. Es war Unmöglich, ihn zu bÀndigen. Sein Zu-
stand hielt ungefÀhr eine Viertelstunde an, dann fiel er zu
Boden; es trat ihm Schaum vor den Mund, er lag steif und
regungslos. Nach einigen Stunden kam er wieder zu sieb,
fiel aber in ein heftiges Xerven lieber, Welches seinem Leben
ein Ziel setzen sollte.
Auch in dem Wohlgefallen an narkotischen Dingen,
namentlich am Tabakrauch, dĂŒrften Alfen eine Ausnahme
bilden. Hund und Pferd als feinnasige Geschöpfe wenden
sich mit Ekel von den schwelenden TabakblÀttern ab. Alle
groĂen Affen scheinen dagegen sich sofort mit dein gröĂten
VergnĂŒgen eine Zigarre oder Zigarette in den Mund zu
stecken. Besonders Schimpansen erinnern daran, daĂ sie
wie die Wilden sofort alle Lasier der WeiĂen zu ĂŒbernehmen
bereit sind. Aber auc h unter den kleinen Affenarten gibt es
manche, die dem Teufel sofort die Hand zu reichen bereit
sind. So berichtet Schomhurgk von seinem Rollaffen
folgendes: Wird er mit Tabaksrauch angeblasen oder ihm
etwas Schnupftabak vorgehallen, so reibt er sich den ganzen
Körper unter wahrhaft wollĂŒstigen VerzĂŒckungen und
schlieĂt die Augen. Der Speiche] lĂ€uft ihm dabei aus dem
Munde; er fÀngt ihn aber mit den HÀnden auf und reibt ihn
dann ĂŒber den ganzen Leib. Manchmal ist der SpeichelfluĂ
so stark, daĂ der Affe zuletzt wie gebadet aussiebt; dann
zeigt er sich ziemlich erschöpft. Dasselbe EntzĂŒcken ruft
auch eine angerauchte Zigarre hervor, welche man ihm gibt,
und es scheint mir also, daĂ der Tabaksrauch in ihm ein
ziemlich wollĂŒstiges GefĂŒhl erregt. Tee, Kaffee, Branntwein
und andere erregende GetrÀnke bringen fast dieselben Er-
scheinungen hervor.
Unzweifelhaft machen also die Affen eine höchst un-
rĂŒhmliche Ausnahme in der Tierwelt, indem sie zu Exzessen
in geschlechtlichen Dingen sowie im GenuĂ von Alkohol und
narkotischen Dingen neigen. Diese Gefahren bestehen aber
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J
XVI
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 1.
mehr in der Theorie als in der Praxis. Der freilebende Affe
erfreut sich regelmĂ€Ăig einer guten Gesundheit und erreicht
ein ziemlich hohes Alter, weil ihm die Gelegenheit fehlt,
seinen unhygienischen Neigungen zu frönen. Er befindet
sich in der Lage eines Lebemannes in einem entlegenen
Neste, der solide sein muĂ, weil es keine Gelegenheit zum
Durchgehen gibt. Die sinnlichen Gedanken vertreiben ihm,
wie schon bemerkt wurde, die Raubtiere oder die Neben-
buhler und zum GenuĂ von Alkohol gelangt er nur in der
Gefangenschaft.
Ueberhaupt beachten alle wilden Tiere die MĂ€Ăigkeit in
einer so gewissenhaften Weise, daĂ sie uns als leuchtendes
Beispiel dienen können. Kein wildes Tier ĂŒberfriĂt sich,
wÀhrend es Haustiere hÀufig tun. Viele Pferde sind deshalb
geplatzt, weil sie an die HafervorrÀte gelangt sind. Da die
Einhufer eine Klappe vor dem Magen tragen, so können sie
sich in normalem Zustande nicht ĂŒbergeben.
Hierbei muĂ man berĂŒcksichtigen, daĂ alle Kaniden,
also Wölfe, FĂŒchse und Hunde, ihren Magen als Tasche be-
nutzen. Das Speien des Hundes hat also mit unserem Er-
brechen gewöhnlich nichts zu tun. Wie der Raubvogel sein
..Gewölle" ausspeit und sich nicht wohl fĂŒhlt, wenn es ihm
fehlt, so reiĂt der Wolf von dem erbeuteten Hirsch einen
groĂen Bissen ab und rennt damit in ein GebĂŒsch, um un-
belÀstigl von den Genossen sein Depositum von sich zu geben
und in Ruhe zu verzehren. So ekelhaft uns ein solches Ge-
baren ist, so hat das Tier von seinem Standpunkte aus
durchaus nicht gegen die GrundsÀtze der Hygiene gehandelt.
Schlangen treiben es nach unseren Anschauungen noch
toller. Sie verschlingen stets ihre Beute unzerstĂŒckelt und
befinden sich trotzdem sehr wohl dabei. Mit UnmĂ€Ăigkeit
hat diese Art des Fressens der Tiere nicht das mindeste zu
tun.
Von den groĂen Raubtieren, insbesondere Löwen und
Tigern, wissen wir ganz genau, daĂ sie eine groĂe Beute
nicht völlig auffressen, sondern aufhören, wenn sie genug
haben. Der Mensch handelt bekanntlich nicht immer so.
HyÀnen und Schakale könnten nicht die Schmarotzer an der
Tafel des Löwen sein, wenn dieser nicht regelmĂ€Ăig fĂŒr sie
etwas ĂŒbrig lieĂe.
Kommt das groĂe Raubtier am andern Tage, um reinen
Tisch zu machen, so sind die Ueberreste gewöhnlich ver-
zehrt. Sein Wiederkommen â worauf der JĂ€ger rechnet,
weshalb er sich in der NĂ€he ansetzt â beweist am besten,
daĂ es sich nicht deshalb entfernt hat, weil ihm das ZurĂŒck-
gelassene nicht mehr schmeckte.
Die Kaniden haben die Gewohnheit, wenn sie satt sind,
das ĂŒbrige zu vergraben. In zoologischen GĂ€rten sieht man
FĂŒchse oft stundenlang mit den Resten ihrer Mahlzeit um-
herlaufen, weil der Boden zum Einscharren zu fest ist.
Mit der MĂ€Ăigkeit der wilden Tiere scheint die Fang-
weise der Kondore in Widerspruch zu stehen. Sie erfolgt
dadurch, daà man die Vögel sich an toten Rindern voll-
fressen lĂ€Ăt, bis sie nicht mehr auffliegen können. Hierbei
muĂ man jedoch berĂŒcksichtigen, daĂ die Mehrbelastung
des Magens fĂŒr ein fliegendes Geschöpf von einer ganz an-
deren Bedeutung ist wie fĂŒr ein laufendes. Bei schlechten
Fliegern sieht man daher allgemein das Bestreben, sich bei
eiliger Flucht in jeder Hinsicht zu erleichtern. Stöbert man
einen Fasan auf, so erhÀlt man sicherlich aus der Höhe
einen GruĂ aus den hinteren Regionen. Der Reiher begnĂŒgt
sich nicht hiermit, sondern erbricht auch die erbeuteten
Fische, um besser fliegen zu können. Bei dem Kondor ist
nicht so sehr die Mehrbelastung gefÀhrlich wie der Umstand,
daĂ das verlockende Fleisch von dem hinterlistigen Men-
schen in einem Talkessel niedergelegt wird. Hier sind die
FlugverhĂ€ltnisse fĂŒr den Raubvogel so ungĂŒnstig, daĂ er nur
mit leerem Magen auffliegen kann. Deshalb kann er den
plötzlich anstĂŒrmenden Menschen nicht entwischen, zumal
ihm die FĂ€higkeit, sich sofort zu ĂŒbergeben, zu mangeln
scheint.
Wie steht es nun mit der Arbeit bei den wilden Tieren?
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40. Jahrg. â Nr. 1
Jenseits v o n H e r u f n n <1 A m !
XVII
Die Nötigung zur Arbeit, d. h. also in der Hauptsache
zur Bewegung mit Anstrengung aller Sinne wird bei den
Tieren durch eine ganze Reihe von MaĂnahmen erzielt.
Der wichtigste und hÀufigste Antrieb zur Bewegung ist
natĂŒrlich der Hunger. Aufgesammelte VorrĂ€te gibl es nur
bei einzelnen Tieren, und zwar unter ganz besonderen Um-
stĂ€nden. So sammelt der Hamster fĂŒr den Winter, ebenso
macht es das Eichhörnchen. Die Anzahl der höher organi-
sierten Tiere, die fĂŒr kĂŒnftige Zeiten sammeln, ist recht ge-
ring. Deshalb mĂŒssen uns auch in der kalten Jahreszeit die
von Insekten und Lurchen lebenden Vögel verlassen, weil sie
sonst bei uns verhungern mĂŒĂten. Von Raubtieren sammelt
wohl nur der Iltis VorrÀte, indem er Frösche in eine Höhle
trÀgt und durch Bisse bewegungsunfÀhig macht. Auch der
Dachs wÀre zu erwÀhnen, obwohl er nach seiner Lebens-
weise mehr ein Vegetarier ist.
Ererbte VorrÀte gibt es in der Tierwelt gar nicht, wie
denn wohl der Hauptunterschied zwischen Menschen und
Tieren nicht zum wenigsten darin besteht, daĂ die Tiere
keine Schulden haben und nichts erben. So schön und
ĂŒberzeugend der Ausspruch fĂŒr den Menschen ist, daĂ eine
Minute erben besser sei als ein Leben lang arbeiten, so be-
denklich ist er in hygienischer Hinsicht. Wieviel Menschen
sind nur deshalb frĂŒh in das Grab gelegt worden, weil sie
so viel geerbt hatten!
Das, was dem echten Philister ein Greuel ist, dieses
Leben ins Blaue hinein â âwie der Vogel auf dem Dach" â ,
ist in hygienischer Hinsicht jedenfalls viel richtiger, als das
Leben auf den vollen GeldsÀcken. So unangenehm ein bellen-
der Magen ist, so ist das Hungern unzweifelhaft viel ge-
sĂŒnder, als man gewöhnlich annimmt. Es kann kein Zufall
sein, daĂ die meisten Religionsstifter Fasttage eingesetzt
haben, da sie sicherlich die heilsame Bedeutung des Fastens
fĂŒr den menschlichen Körper frĂŒh erkannt haben. An Fett-
leibigkeit, Gicht und anderen Krankheiten der Vielesser wird
ein wildes Tier schwerlich erkranken.
Der Durst spielt in der Tierwelt eine viel geringere Holle
als beim Menschen. Wie wenig das bekannt ist, ersieht man
daraus, daĂ ausgerechnet das Kamel als wenig trinkendes
Geschöpf rĂŒhmend hervorgehoben wird. Dabei ist selbst
unter JĂ€gern bestritten, ob unser heimisches Wild âschöpft",
wie es in der JĂ€gersprache heiĂt. Denn Hirsche und Rehe
stehen in Gegenden, wo es weit und breit keinen Tropfen
Wasser gibt. Vom Kaninchen ist es sicher, daĂ es niemals
trinkt. Es begnĂŒgt sieh mit den Tautropfen, die sieh in der
NĂ€he seines Baues befinden.
Das Kamel bildet also gar keine Ausnahme, wie allge-
mein angenommen wird. Weit bessere Beispiele hÀtten wir
in unserer heimischen Tierwelt.
Aber nicht nur der Hunger zwingt das Tier zur IV-
wegung, sondern auch der oder die Feinde. Um ihnen zu
entgehen, mĂŒssen alle Sinne aufs sorgfĂ€ltigste angespannt
werden. Deshalb haben nur Haustiere HĂ€ngeohren, zum
Beispiel Hunde, Schweine und chinesische Katzen. Der
afrikanische Elefant lĂ€Ăt zwrar auch seine riesigen Ohren
gewöhnlich hÀngen, aber er kann sie nach Belieben auf-
richten, was unseren Haustieren unmöglich ist.
Feinde hat ein jedes Geschöpf â und wenn es auch nur
der Mensch wĂ€re, dieses gröĂte Raubtier, das unter der Sonne
lebt. Die Pflanzenfresser werden stÀndig von den Fleisch-
fressern verfolgt oder belauert. Die hundeartigen Raubtiere
hetzen seine Beute, bis sie gepackt ist, die katzenartigen ĂŒber-
fallen sie mit einem plötzlichen Sprunge. Aber auch die
Raubtiere untereinander stehen in bitterer Fehde. Die
gröĂeren vertreiben oder fressen die kleineren. Wo es Löwen
gibt, fehlen die BÀren, da der Löwe den BÀren in seinem
Revier nicht duldet. Der Wolf ist nicht der Freund des
Fuchses, wie es in der Fabel erzĂ€hlt wird, sondern friĂt ihn,
wenn er ihn erhaschen kann.
Selbst die stÀrksten Tiere haben wiederum untereinander
die grimmigsten KĂ€mpfe auszufechten, und zwar wegen
ihres Revieres. Es ist eine ganz falsche Vorstellung, als ob
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XVIII
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 1.
die âBodenfrage" in der Tierwelt keine Bolle spielte. Ganz
im Gegenteil werden von allen Tieren, die nicht gesellschaft-
lich leben, die Grenzen ihres Gebietes eifersĂŒchtig bewacht
und jeder Eindringling sofort wieder hinaus gejagt.
Der Schotte G o r d o n C u m m i n g, der ein vortreff-
liches Buch ĂŒber seine Jagden in Afrika geschrieben hat,
schildert eingehend, welche entsetzlichen KĂ€mpfe unter den
Löwen aus solchen AnlÀssen entstehen. Gewöhnlich wird
der unterliegende Teil zerrissen.
Noch heftiger sind die KĂ€mpfe, die unter den Neben-
buhlern um die Gunst des Weibchens stattfinden. Sie können
so ziemlich bei allen Tierarten beobachtet werden, wenn-
gleich es auch hier Ausnahmen giht, zum Beispiel bei den
FledermÀusen. Umgekehrt sind manche Tiere wegen ihrer
hartnÀckigen KÀmpfe aus solchen AnlÀssen bekannt, so zum
Beispiel die Hirsche. Der Brunfthirsch, der jeden Bivalen
angreift, der sich seinem Harem nÀhert, ist tausendfach ge-
schildert und gemalt worden.
Hunger, Feinde, Revier und Liebe sorgen also fĂŒr stĂ€n-
dige Bewegung in der Tierwelt und eine fortwÀhrende An-
wendung aller Sinne. Bei den Jungen, die von den Alten
behĂŒtet und ernĂ€hrt werden und fĂŒr die Liebe noch kein
VerstÀndnis besitzen, werden die notwendigen Bewegungen
durch die Spiellust hervorgerufen. HierĂŒber hat zum Bei-
spiel Professor Groos ein vortreffliches Buch geschrieben.
Selbst der GroĂstĂ€dter kann die Beobachtung machen,
daà sich junge Hunde auf BasenflÀchen sofort zum Spielen
anschicken. Das Spiel ist eben eine Vorbereitung zum Kampf
ums Dasein und fĂŒr die StĂ€rkung der Muskeln von der
gröĂten Wichtigkeit.
Wie glĂŒcklich ist doch die Tierjugend daran, wenn man
sie mit unserer Schuljugend vergleicht.
Auch die Alten sind, wenn sie sich gesĂ€ttigt fĂŒhlen und
in der NĂ€he keine Feinde lauern, zu einem Spiel sehr geneigt.
Bei Groos sind eine Menge Beispiele hierfĂŒr angefĂŒhrt.
Auch fĂŒr Ruhe wird in der Tierwelt in genĂŒgender
Weise gesorgt. Wie wir in dem Artikel ĂŒber den Schlaf der
Tiere nachzuweisen versuchten, spielt in der Tierwelt der
Schlaf nicht die Rolle wie beim Menschen. Trotzdem wird
bei schlafbedĂŒrftigen Tieren, also Tagaffen, Tagvögeln,
Höhlentieren usw. die Ruhezeit pĂŒnktlich innegehalten. Wir
sehen an unseren HĂŒhnern, wie zeitig sie den Stall auf-
suchen und sich davon durch nichts abhalten lassen. Ein
langes Aufbleiben oder gar ein Durchbummeln bis zum
andern Morgen gibt es in der Tierwelt bei Tagtieren nicht.
Daà bei Nachttieren die VerhÀltnisse anders liegen, ist in
dem erwÀhnten Artikel geschildert worden.
Die Forderungen der MĂ€Ăigkeit, Arbeit und Ruhe werden
also in der Tierwelt ganz sorgfÀllig beobachtet. Aber auch
den andern hygienischen Anforderungen wird im allge-
meinen Rechnung getragen.
Wegen der frischen Luit brauchen wir wohl kein Wort
zu verlieren. Fast alle Tiere sind in der beneidenswerten
Lage, fortwÀhrend in ihr zu leben. Wir armen Kultur-
menschen sind dagegen fast ausnahmslos zu Stubenhockern
verdammt. UnzÀhlige Krankheiten nehmen von dieser un-
natĂŒrlichen Lebensweise ihren Ursprung.
Man darf nicht einwenden, daĂ z. B. der Polwal eine
Stunde unter Wasser bleibt und deshalb mit sehr schlechter
Luft zufrieden sein muĂ. Solche Tiere sind genau wie die
Höhlenbewohner so gebaut, daà ihnen der Mangel an frischer
Luft keinen Schaden zufĂŒgt»
Ebenso kennt jedes Tier die ihm bekömmliche Nahrung.
NatĂŒrlich dĂŒrfen wir hierbei wieder nicht die Sache von
dem kleinen Schiebefenster des Menschen betrachten. Die
Kaniden sind z. B. von Haus aus Aasfresser. Deshalb friĂt
unser Hund verwestes Fleisch ohne Schaden, wÀhrend ihm
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er gewöhnlich :uis Furcht vor Splittern unbeachtet.
Ueber die fĂŒr uns passende Kleidung sind die Vertreter
der Wissenschaft noch immer nicht einig. Wie herrlich hat
es das Tier! Ohne zum Sehneider gehen zu mĂŒssen, wĂ€chst
ihm fĂŒr den Winter ein prĂ€chtiger lVlz. Zu Beginn der
wannen Jahreszeit fÀllt er wieder aus.
Wie unendlich das Tierkleid dem Menschenkleid ĂŒber-
legen ist, erfÀhrt man besonders auf der Jagd. Wir kommen
durchs ein DorilgebĂSCh entweder nicht durch-, oder unsere
Kleider werden zerrissen. Das Tier dagegen wird durch die
Dornen gekÀmmt und kommt schön gestrÀhlt wieder zum
Vorschein, ohne daĂ ihm der geringste RiĂ zugefĂŒgt wurde.
Alle freilebenden Tiere sehen sauber aus und beweisen
uns dadureh, daĂ sie groĂen Werl auf Reinlichkeit legen. Es
isl ganz falsch, auf das Haussehwein zu verweisen und es
den Kindern als abschreckendes Beispiel vorzufĂŒhren, weil
es in der PfĂŒtze liegt. Ein Wildsehwein wĂŒrde sieh eine
solche Stelle gewiĂ nicht aussuchen. Dagegen ist das Suhlen,
d. h. das SichwĂ€lzen in einem Schlammkessel, das BĂŒffel,
DickhÀuter, Wildschweine und auch Hirsche lieben, ein sehr
praktisches Verfahren. Dadureh befreien sich die Tiere von
den lĂ€stigen Insekten, auĂerdem bekommt ihre Haut ge-
wissermaĂen einen Schlammpanzer fĂŒr die nĂ€chsten Stun-
den. Affen und demnach auch Menschen brauchen sich
nicht zu suhlen, weil sie sich die Insekten selbst oder durch
einen Genossen absuchen lassen können.
Von einem Menschen, der sich nur oberflÀchlich wÀscht,
sagt man bekanntlich, er mache es wie die Katze. Es ist
richtig, daĂ sich unser Hinz ganz merkwĂŒrdig wĂ€scht, indem
er die Stellen, die er nicht belecken kann, mit der nassen
Pfote bearbeitet. Dazu hat er aber, wie mir scheint, die ge-
wichtigsten GrĂŒnde. Katzenhaare scheinen nĂ€mlich unter
dem Baden sehr zu leiden, weshalb Katzen höchst ungern
ins Wasser gehen, obwohl sie vortrefflich schwimmen
können.
W ie gern Vögel baden obwohl sie dadureh fĂŒr einige
Zeil ihr Flugvermögen beeintrÀchtigen ersieht man dar-
aus, daĂ seihst unsere Sperlinge an ziemlich kalten Tagen
ihr tÀgliches Bad nehmen.
Das Wasserbad genĂŒgt ihnen und vielen andern Vögeln
aber nicht. Sie nehmen obendrein noch ein Sandbad. Be-
sonders die HĂŒhnervölker befinden sich nicht wohl, wenn sie
nicht im Sand paddeln können.
Von den SĂ€ugetieren isl besonders der Elefant ein be-
geisterter AnhĂ€nger der SandbĂ€der. Mit seinem RĂŒssel wirft
er sich andauernd den trockenen Sand auf den RĂŒcken.
Wahrscheinlich kann er nur auf diese Weise den hohen
RĂŒcken beaibeilen.
Auch die SonnenbĂ€der sind in der Tierwelt Ă€uĂerst be-
liebt. Namentlich die Nachttiere sind ganz versessen auf
den GenuĂ einer reichlichen Bestrahlung, lĂŒden gehen sogar
ein, wenn man ihnen die Gelgenheit nimmt, sich an einem
Sonnenbad zu erfreuen.
DaĂ FĂ€kalien fortgeschafft werden mĂŒssen, ist den
Tieren sehr wohl bekannt. Man braucht nur einmal Vogel:
eitern zuzuschauen, die ihre Jungen fĂŒttern, und wird immer
wieder darĂŒber staunen mĂŒssen, mit welcher Sorgfalt der
Unrat entfernt wird. Da die Verdauung der Kleinen ge-
wöhnlich nichts zu wĂŒnschen ĂŒbrig lĂ€Ăt, so fĂ€llt ein groĂer
Teil der elterlichen TĂ€tigkeit auf die Beseitigung der Ent-
leerungen. Trotzdem wĂŒrde das ganze Nest einem stinken-
den Pfuhl gleichen, wenn nicht zwei UmstÀnde den Bestre-
hungen der Eltern entgegenkĂ€men. Die Jungen mit flĂŒssi-
gen Ausscheidungen erheben sich nĂ€mlich hinten ĂŒber den
Nestrand und schleudern ihren Unrat fort, diejenigen da-
gegen, deren Ausscheidungen fester sind, haben sie in eine
Blase gehĂŒllt, die von den Eltern mit leichter MĂŒhe in den
Schnabel genommen und fortgetragen werden kann.
Die eigenen Ausscheidungen meidet jedes Tier in-
stinktiv. Ein Hund, der mit Wonne fremde Exkremente be-
riecht, wird niemals sein eigenes Lager beschmutzen, wenn
Cupronat
Wirksames Rnthelminthihum and Darmdesinflziens.
eisenfropon
Organisches EisenprÀparat. eisen fest an eitueifj
gebunden. Gute Resorption und Assimilation.
Jodfropon
Jod fest an Ciroeif) gebunden, daher oon intensiver
Wirksamkeit bei guter VertrÀglichkeit.
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Itlalzfropon
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^ Heroorragendes KrÀftigungsmittel in der Rekonoaleszenz.
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vereinigt in sich
die entzĂŒndungshemmenden und aniibakteriellen Wirkungen
desChlorcalciums u. HexameihYlentetramins
und erhöhl
die Wirksamkeit dieser beiden anerkannten und
bewÀhrten Arzneimittel in der Behandlung von
akutes u. chronischen EntzĂŒndungen
der Blase, des merenbechens
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Literatur und Proben zu Diensten
Caldon-Gesellschafft m.b.H., Benin
BĂŒlowstr. 2â 4 I
1
XX
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 1.
man ihn festbindet. Die meisten Hufkrankheiten unserer
Pferde und Rinder rĂŒhren nur daher, daĂ man sie in ihrem
eigenen Unrat stehen lĂ€Ăt. Freiwillig wĂŒrden die Tiere das
niemals tun.
Hygienisch einwandfreies Wasser brauchen die meisten
Tiere nicht zu trinken, weil ihnen selbst schlechtes nichts
schadet. Bereits die Affen mĂŒssen in diesem Punkte viel
mehr vertragen können als der Mensch. Der Gorilla trinkt
z. B. aus den PfĂŒtzen Westafrikas und wird dabei ein alter
Knabe.
Eine Schulfrage und nun gar eine UeberbĂŒrdungsfrage
gibt es zum GlĂŒck in der Tierwelt nicht. Alles, was der
Kulturmensch mĂŒhsam erlernen und weswegen er die schön-
sten Jahre in stickigen Schulzimmern hocken muĂ, kommt
den Tieren in den Hals geflogen. Schwimmen können alle,
die es in ihrem Leben brauchen. Nur reine WĂŒstentiere wie
Dromedare und Felsenaffen wie Paviane ertrinken. Dagegen
kann das asiatische Trampeltier schwimmen, ebenso be-
finden sich unter den andern Affenarten ausgezeichnete
Schwimmer.
Fassen wir das Ergebnis am SchlĂŒsse zusammen. Das
unter natĂŒrlichen VerhĂ€ltnissen lebende wilde Tier beob-
achtet instinktiv die Hauptlehren der Hygiene. Selbstver-
stÀndlich richtet es sich nach den Lehren seiner Hygiene,
nicht etwa nach der des Menschen, wo diese anders ist. Viele
Tiere verzehren ohne Schaden Gift oder Aas, wÀhrend sie an
Dingen sterben, die uns unschÀdlich sind, z. B. Raubvögel
an Salz. Es lebt fortwĂ€hrend in frischer Luft. FĂŒr ge-
nĂŒgende Bewegung sorgen der Hunger und hĂ€ufig auch der
Durst, die Feinde und die Nebenbuhler. Die fortwÀhrenden
KĂ€mpfe zwingen zur Anstrengung aller Sinne. FĂŒr die
Jungen, die von den Alten behĂŒtet werden, wird die notwen-
dige Bewegung durch ihre Lust zum Spielen hervorgerufen.
Alle wilden Tiere sind ferner mĂ€Ăig, und zwar im Essen und
Trinken sowie in sexueller Hinsicht. Alkohol -und Narko-
tika werden fast von allen verabscheut. Die Ausnahmen sind
mehr von theoretischer als praktischer Bedeutung. Denn die
Affen, die zu sexuellen und sonstigen Exzessen neigen, haben
in der Freiheit keine Gelegenheit dazu. Nerven kennt das
wilde Tier nicht, weil die schlafbedĂŒrftigen Tiere niemals
eine Minute lÀnger aufbleihen, als nötig ist. Fast alle wilden
Tiere haben Sinn fĂŒr Reinlichkeit und BĂ€der und kennen
vielfach Sand- und SonnenbÀder. In der passenden Klei-
dung bleibt das Tier dem Menschen ein unerreichbares Vor-
bild. DaĂ FĂ€kalien fortgeschafft werden mĂŒssen, ist dem
Tiere instinktiv bekannt. Den Kopf braucht die Tierjugend
nicht anzustrengen, weil ihr alle Lehren angeboren sind.
Da sich bei den wilden Tieren nur die stÀrksten fort-
pflanzen, so ist es kein Wunder, daĂ sie sich einer ausge-
zeichneten Gesundheit erfreuen.
Ganz anders liegt die Sache, sobald der Mensch mit seiner
tÀppischen Hand in die Geschicke des Tieres eingreift. Haus-
tiere werden schrecklich von Seuchen heimgesucht, und zwar
um so mehr, je unnatĂŒrlicher sie leben. Namentlich bei
Rindern, Schweinen und Schafen kann man diese Beobach-
tung machen, bei denen Krankheiten niemals aufhören. Am
gesĂŒndesten ist noch der rasselose Dorfköter, weil er dem
Leben eines Wildhundes am nÀchsten kommt.
Seitdem wir in Deutschland die meisten Raubtiere aus-
gerottet haben, treten jetzt bei dem von uns behĂŒteten Wild
Krankheiten auf, die man frĂŒher nicht kannte.
Die hier geschilderte Hygiene in der Tierwelt ist daher
nur bei solchen Tieren uneingeschrÀnkt anzutreffen, die sich
noch in natĂŒrlichen VerhĂ€ltnissen befinden.
Den Stalltieren fehlt wie den Stubenhockern die frische
Luft, und das vom Menschen seiner Feinde ledig gemachte
und von ihm gefĂŒtterte Wild ist nicht etwa glĂŒcklicher,
sondern ungesĂŒnder geworden, da ihm die Arbeit, d. h. die
Bewegung fehlt. Sterben doch Hasen bald in der Gefangen-
schaft, falls man sie nicht tÀglich etwas hetzt.
Carl Blank Ben na Rh
Verbandpflastar-Fabrik
10. Jahrg. Nr. 2.
Jenseits v 0 n 15 fS I* II f ll u (1 A Hl I
XI
Jenseits von Beruf und Amt.
Die Zauberkraft des Auges.
Von Dr. S. Sei ig mann, Augenarzt, Hamburg.
Kein Organ des Körpers hat von jeher die menschliche
Phantasie so angeregt wie das Auge. Wunderbar genug sind
ja schon an und fĂŒr sieh die beiden hellen, glĂ€nzenden
kristallkugeln, die dem Antlitz Bewegung und Ausdruck ver-
leihen, mit deren Hilfe Wir lesen, schreiben und zeichnen
können, die es uns ermöglichen, die Formen und Farben der
AuĂenwelt wahrzunehmen, die uns den Einblick in das
innere Leben der Natur, in die eigenartige Mannigfaltigkeil
ihrer Erscheinungen eröffnen, die uns das Licht des Tages,
die Wunder des gestirnten Himmels, das Menschenleben und
seine Kraft, das Erdenweben und sein Gesetz, kurz, die ganze
GröĂe und Erhabenheit der Schöpfung zu zeigen vermögen.
Aber der lebhaften Volksphantasie genĂŒgen alle diese
Wunder noch nicht. Ein Organ, das solche unerklÀrlichen
Leistungen auszufĂŒhren vermag, muli nach Ansicht des
Naturmenschen auch imstande sein, noch gröĂere Zauber-
kĂŒnste zu vollbringen. Die Grenzen von dem, was das Volk
fĂŒr möglich hĂ€lt, und was wirklich möglich ist, gehen voll-
stĂ€ndig verloren. Wir brauchen uns darĂŒber nicht sonderlich
zu verwundern, denn der primitive Naturmensch hat natĂŒr-
lich keine Ahnung von der Anatomie und Physiologie des
komplizierten Sehorganes, und seine Beurteilung von dessen
Leistungen ist daher durch keine Sachkenntnis beeinfluĂt.
Er sieht den helleuchtenden Glanz der HornhÀutoberflÀche,
er beobachtet das unheimliche Augenleuchten bei vielen
Tieren, er bemerkt, wie bei starkem Druc k oder heftigem
Schlag auf das Auge ein feuriger Kreis erscheint oder Funken
aus dem Auge sprĂŒhen. Und dann isl sein Urteil fertig: Alle
diese Glanz- und Lichterscheinungen werden durch ein im
AĂŒgeninnern glimmendes Fe u e r hervorgerufen, das ;ms der
Pupille hervorleuchtet und das Sehen, die wunderbaren Seh
Leistungen ermöglicht. Dieser Auffassung von einer höchst
aktiven durch den Lichtgehalt des Augapfels hervorgerufenen
TĂ€tigkeit des Sehorgans huldigte aber nicht nur das Volk,
sondern auch die alten griechischen, arabischen und indi-
schen Naturforscher und Philosophen. So vergleicht z. B.
der Eleate Empedocles das Auge mit einer Laterne:
..Wie wenn ein Mann, um ins Freie zu gehen, sieli bereitel
die Leuchte,
Ăal5 sie die stĂŒrmische Nacht mit dem Scheine des Feuers
erhelle,
Und die La Lern' anzĂŒndet, die jeglichem Winde verschlossen.
Diese bewahre! das Feu'r vor dem Hauche der blasenden
Winde;
Aber das Lieht dringt durch; denn es isl um Vieles ja feiner.
Und es beleuchtet .den Boden mit nimmer ermĂŒdenden Strahlen.
Also lagert von HĂ€utchen umschlossen das ewige Feuer,
Von ganz feinen GewĂ€ndern umhĂŒllt, in der runden Pupille,
Diese verhegen die FĂŒlt ihm des rings anspĂŒlenden Wassel s.
Aber das Feu'r dringt durch; denn es ist um N ietes ja feiner.
Selbst spÀtere Naturphilosophen, wie B r u n o, lehrten
noch, daĂ das Sehen eine TĂ€tigkeit des ,, Nervengeistes" sei,
der zuerst mittels der vom Auge ausgehenden Strahlen sieb
nach auĂen hin verbreitet, und von den verschiedensten
(TrkhlorbuiylmaSons.iurrs Ammonium D. R. P.)
Frei von
wirkt stark herabsetzend auf die Erregbarkeit des Atmungsapparates, ohne den Blutdruck zu beeinflussen.
narkotischer und drastischer Nebenwirkung, keine Verstopfung,
daher auch bei SchwÀchlichen, Kindern und Àlteren Leuten In wirksamer Gabe gefahrlos anwendbar.
Indiköfionen:
Husten, Reizhusten, bei akuten und chronischen Luftröhren- und Kehlkopfkatarrhen, a ich tuberkulösen
Ursprungs, bei Lungen- u. BrustfellentzĂŒndungen, Keuchhusten in abklingendem Stadium, nervöser Husten.
Verordnung :
I Röhrchen Toramin-Tabletten (25 StĂŒck zirka 0,1 Toramin) oder 1 â 2 g Toramin pro die, in Mixtur
v»â mit aromatischen WĂ€ssern, Sirup, Expectorantien, auch Guajacol-Preparaten. »xv>â â x
Rezeplformeln, Literatur und Proben kostenfrei.
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Ferner empfohlen :
Tinct. Ferri Athenstaedt â Tinct. Ferri Athenstaedt arsenicosa â Athensa â Arsen-Athensa â Atfaensa-Tabletteo.
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Haemorrhoidal-ZĂ€pfchen â Acetonal-Haemorrhoidal-Salbe â Acetonal-Vaginal-Kapseln â Perrheumal
XII
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 2.
Empfindungen beseelter Objekten berĂŒhrt wird, und sich
dann wieder zusammenzieht.
Durch solche von Gelehrten und Laien vertretenen An-
sichten war der Boden bereitet fĂŒr den Glauben, daĂ es
Menschen gebe, deren Augen bei vollstÀndiger Dunkelheit
leuchten, und die dieses Licht als Laterne zu benutzen
pflegen. S u e t o n erzÀhlt, daà der Kaiser T i b e r i u s
durch ein aus den Augen ausgesandtes Licht des nachts zu
sehen gewohnt war. Dasselbe berichtet P 1 i n i u s. Diesem
Autor mĂŒssen auch die Albinos bekannt gewesen sein,
deren Pupillen bei Lichteinfall allerdings besonders schön
rot aufleuchten. Aber von dieser Tatsache erfahren wir
nichts, sondern wir bekommen nur die WundermÀr zu hören,
daĂ in Albanien Menschen mit hellen Augen und weiĂen
Haaren geboren werden, die des nachts besser sÀhen als am
Tage.
Leuchtende Augen wurden von allen Völkern ihren
Göttern und Helden zugeschrieben. Christus und Gott der
Vater kommen auf allen Bildern hÀufig mit Lichtstrahlen
vor, die aus ihren Augen aufschieĂen. Aus den Augen christ-
licher Heiligen leuchtete nach den Legenden ebenso ein Licht-
strahl, wie aus den Augen moderner Magnetiseure oder Hyp-
notiseure nach Aussage der Somnambulen Funken, Licht-
bĂŒschel oder Lichtströme.
Nach der Volksansicht kann dieses aus dem Auge drin-
gende Licht sogar zur Erleuchtung der Umgebung dienen.
So fand im Jahre 1883 einmal eine Gerichtsverhandlung statt,
in der der KlĂ€ger behauptete, er sei von einem Manne ĂŒber-
fallen worden, der ihm mit einem Stein einen Schlag aufs
Auge versetzt habe, und bei dem Lichtschein, der dabei aus
seinem Auge aufleuchtete, habe er den UebeltÀter deutlich
erkannt.
Noch weiter in der Benutzung der Feuerkreise als
dieser KlÀger ging bekanntlich in seiner eminenten Geistes-
gegenwart der Freiherr von MĂŒnchhausen, der, wenn er
nachts von BĂ€ren ĂŒberfallen wurde, sich nicht nur das zum
Jagdmanöver nötige Licht, sondern zugleich das Feuer fĂŒr
sein Gewehr aus den Augen schlug und von dieser Praxis nur
deshalb zurĂŒckkam, weil sie ihm schlieĂlich Augenschmerzen
verursachte.
Solche MĂŒnchhausiaden sind keineswegs lĂ€cherlich zu
nehmen. Sie spiegeln nur das wieder, was das Volk wirklich
denkt. Bei den primitiven Naturvölkern stehen solche An-
sichten noch heute in vollster BlĂŒte. So erzĂ€hlt ein Reisen-
der, als er in seinem Lager in Aequatorial-Afrika seine
Tabakspfeife mit einem Brennglase anzĂŒndete, gerieten die
Eingeborenen, die schon vorher durch seine Brille sehr be-
unruhigt waren, in gröĂte Angst und erzĂ€hlten dem Sultan,
daĂ der weiĂe Mann Sonnen in den Augen hĂ€tte, was daraus
hervorginge, daĂ er den Tabak durch seinen Blick entzĂŒnde.
Den indischen Fakiren wird die FĂ€higkeit zugeschrieben,
eine Kerze aus der Entfernung nur durch den Blick ihrer
Augen zu entzĂŒnden.
Mit dieser Lichtausstrahlung des Auges ist, ' Tie wir ge-
sehen haben, manchmal auch eine ĂŒbernatĂŒrlich gesteigerte
SehfĂ€higkeit verbunden. MerkwĂŒrdigerweise sind es
gerade kranke und minderwertige Augen, denen das Volk
solche zauberhaften Leistungen zuschreibt. So traute man
namentlich dem EinÀugigen einen besonders scharfen
Blick zu; daher auch das deutsche Sprichwort: âEin Auge
sieht oft mehr als zwei". Im Talmud kommt folgende
Sherlock Holmes -Geschichte vor, die fĂŒr den scharfen Blick
eines seines einen Auges Beraubten zeugt: Ein Athener, der
nach Jerusalem gekommen war, um daselbst eine gewisse
Geheimsprache zu erlernen, hatte nach dreieinhalb Jahren
seinen Zweck noch immer nicht erreicht. Er machte sich
daher auf die Heimreise, nachdem er sich vorher einen
Sklaven gekauft hatte. Bald bemerkte er, daĂ der Sklave
einÀugig sei, lieà sich aber damit beruhigen, daà man den
Geist und das scharfe Auge des Sklaven pries. Als er mit
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n). Jahn
Nr. 2.
Jenseits von Beruf und Amt
XIII
demselben die Stadl verlassen hatte sprach dieser zu ihm:
âHerr, laĂ uns eilen, damit wir jene Gesellschaft noch ein-
holen". ..Ist uns denn eine Gesellschaft voraus?" fragte der
Athener. âGewiĂ! Ja, ich kann dir sagen, daĂ ein weib-
liches Kamel uns vorausgeht, welches einÀugig und von
einem Zwillingspaare trÀchtig ist; es trÀgt zwei SchlÀuche
auf seinem RĂŒcken, den einen mit Wein, den anderen mit
bissig gefĂŒllt. Es ist höchstens vier Meilen vor uns, und sein
Treiber ist ein Heide." In der Meinung, daĂ der Sklave
seiner spotte, herrschte ihn der Athener an: âEinĂ€ugiges,
nackengebeugtes Volk, woher weiĂt du, daĂ das Kamel auf
einem Auge blind ist?" âMerkst du nicht, daĂ der Weg nur auf
der einen Seite abgeweidet ist, auf der anderen aber nicht?"
âWoher aber weiĂt du, daĂ das Tier mit Zwillingen trĂ€chtig
ist?" âWeil an der Stelle, wo es sich gelagert hat, der Ab-
druck der Leibesfrucht bemerkbar ist." âWoran erkennst du
die Last des Tieres?" âAn den Tropfen, die von den SchlĂ€u-
chen herabfallen; Weintropfen werden nÀmlich vom Staube
aufgesaugt, wÀhrend Essigtropfen gÀren und Blasen treiben."
âWoher weiĂt du, daĂ der Treiber ein Heide ist?" âEr hat
mitten auf der StraĂe etwas getan, was ein Jude abseits in
einem Winkel tun wĂŒrde." âWoher endlich weiĂt du, daĂ
die Gesellschaft höchstens vier Meilen Vorsprung hat?" âWeil
nur bis zu dieser Entfernung die FuĂtapfen von Kamelen
noch zu erkennen sind, bei gröĂerer Entfernung aber die
Spuren sich verwischen."
NÀchst dem EinÀugigen ist es der Schielende, der
dem Volksglauben nach ein besonderes Sehvermögen hat.
So glauben die Orang Belenda auf der Halbinsel MalĂ€ka, daĂ
der Schielende ein gröĂeres Gesichtsfeld hat als der Normal -
sehende. Aus diesem Grunde fĂŒrchten sie unter den Seelen
Verstorbener besonders den unsichtbaren âschielenden
Hantu". Derselbe ist durch die Stellung seiner Augen be-
fÀhigt, jede unbewachte Stelle des Hauses sofort zu sehen,
wenn einmal die Aufmerksamkeit etwas nachlĂ€Ăt, und er
benutzt diese Gelegenheit, um Hab und Cid zu beschÀdigen.
Auch AugenentzĂŒndungen sollen dem Volks-
glauben nach die SehschÀrfe bedeutend steigern. Die
Koreaner glauben, daĂ die mit Blattern behafteten Kinder
durch Vermittelung des Blatterngcistes in die Lage versetzt
werden, auf groĂe Distanzen zu sehen. D e 1 r i o erzĂ€hlt von
den spanischen Zahuris, deren Augen auffallend gerötet
sind. Mit diesen Augen sollten sie imstande gewesen sein,
alle unter der Erde verborgenen Dinge zu sehen. Sie enl
deckten damit Metall- und Wasseradern, verborgene SchÀtze
und selbst Leichen, die in SĂ€rgen unter der Erde vergraben
lagen, aber diese FĂ€higkeit hatten sie nur an zwei Wochen-
tagen, am Mittwoch und Sonnabend; an den ĂŒbrigen Tagen
versagten sie. Von einer gewissen Donna Pedegacha aus
Lissabon wird uns berichtet, daĂ sie die Gabe besessen habe,
das Innere des menschlichen Körpers zu durchschauen; nur
mit ihren Augen, und ohne die geheimnisvolle FĂ€higkeit
moderner Somnambulen und Hellseher.
Da solche scharfe Augen sehr erwĂŒnscht waren, versucht«'
man sie sich durch allerhand kĂŒnstliche Mittel und
Zauberprozeduren zu verschaffen. Die altcymrische Medizin
lehrt: âMan nehme Galle von einem Hasen, einem Huhn,
einem Aal und einem Hirsch mit frischem Urin und Geis-
blÀttern, schneide dann in eine Efeupflanze ein, mische alles
mit dem Saft, welcher herausquillt, koche schnell und gieĂe
es durch dĂŒnne Leinewand. Wenn es kalt ist, gieĂe etwas
davon in die Ecke des Auges, und es wird ein Wunder sein,
wenn derjenige, welcher es benĂŒtzt, die Sterne am Himmel
nicht sieht am Mittag, so wirksam ist dieses Mittel". Um fĂŒr
die Jagd ein besonders scharfes Sehvermögen zu bekommen,
zerquetschten die Ipurina oder Kangiti am Rio Purus (Ama-
zonas) eine intensiv nach ZitronensÀure riechende Knollen-
frucht (magarataki), wickeln sie in ein Blatt und gieĂen
Wasser darauf, welches durch ein kleines Loch abflieĂt und
ins Auge getröpfelt wird. Auch in Deutschland kennt man
Ă(ĂŒfĂuccqĂa//am/caJSc^ol^cefy//a//zy//au^ Urgtoppln, O/ea aetherea
^arnjcairclojcaö
w/nass/halenm
TĂ€bliken â = Char/offenourg u.Men Wi
XIV
10. Jahrg. â
Nr. 2.
solche Mittel: bald soll man sich das Blut einer Fledermaus
auf die Augenlider streichen, bald durch ein Tuch sehen, mit
dem mau einem Sterbenden den TodesschweiĂ abgewischt
hat.
Im letzteren Falle wird einem auch der Blick in die
geheimnisvolle Geisterwelt aufgetan. Der Glaube, daĂ
es Menschen gibt, die durch eine natĂŒrliche Anlage oder
durch kĂŒnstliche Mittel die FĂ€higkeit besitzen oder erlangen
können, geistersichtig zu sein, ist uralt und findet sich bei
vielen Völkern. In den indischen Veden wird ein Zauber
kraul, das geistersichtig macht, âdas Auge der vierĂ€ugigen
HĂŒndin" genannt. In der vedischen Religion galt nĂ€mlich
der vierÀugige Hund, d. h. ein Hund, der neben seinen Augen
zwei augenÀhnliche Flecke hatte, als ein Symbol feindlicher
MÀchte. Wer nach talmudischem Glauben die bösen Geister
sehen will, der nehme die Nachgeburt einer erstgeborenen
schwarzen Katze, die die Tochter einer erstgeborenen schwar-
zen Katze ist, verbrenne diese, zerreibe sie und gebe von der
Asche etwas ins Auge.
Der Malaye, der geistersichtig werden will, lĂ€Ăt sich einen
Beschwörungssaft aus Limonen, Ingwer und Pfeffer in die
Augen trÀufeln. Weniger schmerzhaft ist die in Deutsch-
land und in den nordischen LÀndern gebrÀuchliche Methode,
durch irgendein natĂŒrliches oder kĂŒnstliches Loch hindurch-
zublicken: man sieht dann, wie durch ein SchlĂŒsselloch in
ein geschlossenes Zimmer, in die Geislerwelt hinein. Ein
solches Loch kann auf die mannigfachste Art gebildet wer-
den: so sieht man durch die Pferdehalfter, das Zaumzeug, das
PferdegebiĂ, die Halskoppel, das Geschirr des Pferdes oder
unter dessen Bauch, durch das Nagelloch eines gefundenen
StĂŒckes eines Sarges, durch ein StĂŒck Papier, durch ein Ast-
loch, durch eins der Löcher eines Melkstuhles, durch die
Augenlöcher eines gefundenen Totenkopfes, durch die Kehle
eines Wolfes, durch einen Stein mit einem natĂŒrlichen Loch,
durch eine Oese von drei Haaren einer Wichtelfrau gebildet.
durch eine Egge, einen HemdsÀrmel, ein Sieb, durch die
Röhre eines Webstuhls, eine Haarlocke, ein Tuch, durch den
eigenen Arm oder den eines anderen. Hierzu kommt noch
der Blick durch die gespreizten Beine hindurch bei gebĂŒckter
Haltung.
Auch von einem anderen geistersichtigen Menschen kann
man diese Gabe erwerben, wenn man ihn mit dem linken
FuĂe auf den rechten tritt und ihm dann ĂŒber die linke
Schulter sieht, oder umgekehrt. Nach ostfriesischem Aber-
glauben haben auch Hunde und schwarze Schafe die Gabe
âquad zu sehen" und man kann sie von ihnen lernen. Wenn
der Hund heult, weil er irgendein ĂŒbernatĂŒrliches Wesen
sieht, so sehe man ihm zw ischen den Ohren durch und hebe
sein linkes Bein auf, oder man nehme ihn auf die Schulter
'und schaue so zwischen seinen Ohren hindurch.
Manche Menschen werden auch mit der FĂ€higkeit.
Geister sehen zu können, geboren, so Sonntagskinder, oder
Kinder, die am Donnerstage geboren, am Sonntag getauft,
oder in der Neujahrsnacht, oder am ersten Advent oder am
,29. Februar oder am ersten Sonntage nach Neujahr geboren
sind (Böhmen). Auch Kinder, die mit den FĂŒĂen zuerst zur
»Welt kommen, sind imstande, Gespenster und Geister zu
sehen (Pommern).
Durch das Hindurchblicken durch ein Loch kann man
(sich aber noch eine andere unheimliche FĂ€higkeit des Auges
verschaffen, nÀmlich das zweite Gesicht. So sieht
(man den gespenstischen Leichenzug als Vorspuk vor dem
iSterben eines Menschen. Auch andere Ereignisse, die oft in
'groĂer Entfernung gerade stattfinden, oder ein StĂŒck Zu-
'kunft wird vom Seher als gegenwÀrtiges Bild geschaut. In
,den meisten FĂ€llen ist diese Gabe aber angeboren. Die Augen
solcher Seher werden als wasserblau und klar geschildert, die
manchmal geisterhaft aufblitzen. In anderen FĂ€llen ist ihr
Blick durchdringend schneidend, oder sie schielen, oder ihre
Augenlider sind krampfhaft einwÀrts gekehrt.
Trypaf
-Verbandstoffe
u. den anderen ĂŒblichen antiseptischen Verbandstoffen auĂ:
zeichnen sich vor Jcdoform-
durch auĂerordentlich rasche Reinigung der Wunden;
durch gĂŒnstige Beeinflussung der Granulationsbildung;
durch vollkommene Reizlosigkeit;
durch Ungiftigkeit;
es tritt kein Verkleben der Verbandstoffe ein;
Jdiosynkrasien, wie sie bei Jodoform und anderen jodhaltigenAntiseptici»
hÀufig vorkommen, sind nie beobachtet worden;
sind vollkommen geruchlos.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Alleinige Hersteller und Lieferanten:
LĂSCHtlK & BĂMPER FAHR (RHEINLAND)
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40. Jahrg. â Nr. 2.
I c n s ( i l s \ 0 ii 1{ c i u f ,, ii (j \ in I
XV
Von solchen Leuten s;igl
11 ii 1 s h o f f:
Annette \ o n Droste
Kennst du die Blassen im Heideland
Mit blonden, flÀchsernen Haaren,
Mil Augen so klar wie ein Weihersrand
Die Hlil/.e der Welle fahren?
(). sprich ein Gebet, inbrĂŒnstig, echt,
\ ĂŒv die Seher der Nacht, das gequĂ€lte Geschlecht.
,Vorgesicht" (Vorlat, Voarweiling, FĂŒrweiling)
tigern
ist
Das âVorgesicht" (Vorlat, Voarweili
seinen TrĂ€gein aber keine âGabe", keine erfreuliche Eigen-
schaft, sondern lastet schwer auf ihrer Seele, es ist fĂŒr sie
eine Heimsuchung und BeÀngstigung. Es gibt Familien, in
denen es erblich ist, sonst haben es nur besonders âAuser-
\v.:.iitc". Der âSchichtige", âSchichter", âWieker", âSchicht -
kic.vi'i", âSpökenkiekerV, der das Vorgesicht hat, muH auch
wider seinen Willen hinaus, oder aus dem Bett aufstehen und
sich dahin begeben, wo er die Erscheinung wahrnehmen soll,
meist auf Kreuzwegen. Er kann sich auch selbst im Sarge
liegen sehen, und wenn er sich im Leichenzuge nicht siehl,
so liegt er wahrscheinlich im Sarge und muĂ sterben (West-
falen). Nur selten sieht man ein frohes Ereignis, wie einen
HochzeitSzug. In Ostfriesland können einige Leute bei be-
vorstehenden Pfarrerwahlen den kĂŒnftigen Pfarrer auf der
Kanzel sehen. In Tirol sehen Leute nach dem AbendlÀuten
manchmal LeichenzĂŒge: dann stirbt die Person, welche sie
unmittelbar hinter der Bahre gehen sehen; und in der Syl-
vester-Mitternacht sieht man die, welche im neuen Jahre
sterben, um den Altar zum Opfer gehen; wenn man seine
eigene Gestalt ohne Kopf dabei sieht, muĂ man selbst sterben.
Diese Sehergabe haftet in Tirol nicht bloĂ an der Person,
selbst wenn sie dieser selbst lÀstig ist, sondern gewisser-
maĂen auch an bestimmten Orten. In Zirl bei Innsbruck
sehen die Leute, welche in den nach dem Kirchhof hinaus-
sehenden HĂ€usern wohnen, in der Mitternaehtsstunde solche
LeichenzĂŒge, in denen sie die Personen erkennen, welche
nÀchsldein sterben weiden: deshalb werden diese Wohnungen
gemieden, und die Armen erhalten sie unentgeltlich. Auch
Pferden und Hunden wird das /.weile Gesicht zugeschrieben
Der Ausdruck âzweites Gesicht' halle ursprĂŒnglich wohl die
engere Bedeutung des Sehens eines DoppelgÀngers, wo
bei der Mensch sich selbst vor sich siebt. In diesem Falle
wird er im Laute eines Jahres sterben. In Tirol isl dieses
Doppelsehen in der Zeil von Weihnachten bis Neujahr. Ge1
wahrt jemand in Bobinen, wenn er in den Spiegel siehl.
neben seinem Gesichl noch ein anderes, so wird er ebenfalls
bald sterben. (Se. biU lolgli
Hamlet.
Neu Nohn- Dr. C 1 a u-sin a n n, Kerpen.
Ein Salz aus dem liebenswĂŒrdigen und an Spczialkennl
uissen reichen Aufsalz Dr. HĂ€richs ĂŒber E. T. A. Holl
mann (Nr. 287 X): âDie Medizin darf bewundern, mit welch
genialer Intuition Shakespeare in der Gestalt Hamlets ein
ganz bestimmtes Krankheitsbild darstellt", drĂŒckte mir wie-
derum einmal den Shakespeare in die Hand. Ich meinte
Hamlet zu kennen, aber Hamlet krank? ich konnte
mich nicht entsinnen; das war mir völlig fremd, und isl es
mir jetzt, nach der frisch erneuten LektĂŒre noch unklarer.
Sohle ich aber irren: Auch diese Abhandlung entstand âjen-
seits von Beruf und Amt" und man ist nie zu alt zu
lernen. Einstweilen aber sehe ich Hamlet anders. Leber
seine Ă€ u Ă e r e E r s c h e i n u n g finden wir im StĂŒck nur
wenig und doch genug AufklÀrung. ZunÀchst muà etwas
ausgerÀumt weiden. Die Königin sagl (im letzten Akt nach
lern zweiten Fechtelgang Hamlets mit Laertes): âUnser
Sohn ist fett und kurz von Atem". Hat auch kein Geringerer
als Goethe Hamlets Korpulenz als notwendig zu rechtfertigen
versucht, so neigen doch die neueren Shakespeareforscher
wohl mehr zu der Ansicht, daĂ hier ein Uebersetzungsfehler
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XVI
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 2.
vorliegt und daĂ das englische âfat" eine AbkĂŒrzung von
fatigued ist, so daĂ also die Meinung wĂ€re: âUnser Sohn ist
mĂŒde und hinter Atem". Der beschrĂ€nkte Raum hier ge-
stattet keine weitere Auseinandersetzung. Nur so viel möge
gesagt sein, selbst fĂŒr die Konstruktion des Krankheitsbildes
könnte eine solche (nicht unwichtige!) Bemerkung, weil
mit dem ganzen Charakter kontrastierend,
nur störend wirken: sie wĂŒrde der vielleicht schönsten von
Shakespeares Gestalten einen Zug von Faulheit auf verfettetem
Körperbau beruhend, aufdrĂŒcken. Der Allgemeinheit er-
scheint es anders: âEr ist beliebt bei der verworrenen Menge,
die mit dem Aug', nicht mit dem Urteil wÀgt" gesteht selbst
der König.
Anders auch klingen die Worte Ophelias (auch sie
glaubt an seinen Irrsinn):
âO, welch' ein edler Geist ist hier zerstört,
Des Hofmannes Auge, des Gelehrten Zunge,
Des Kriegers Arm, des Staates Blum und Hoffnung,
Der Sitte Spiegel und der Bildung Muster;
Das Merkziel der Betrachter â ganz ganz hin."
Hieraus sei zunÀchst nur das hergeleitet: Eine Tapfer-
keit, die in einer Zeit, wo alles auf der Todesverachtung
der Renaissance aufgebaut war, zwar selbstverstÀndlich ist,
aber von Shakespeare noch durch die Schilderung der Kost-
barkeit der den Wettpreis ausmachenden Waffen unter-
strichen wird und die auch Hamlet selbst mehrfach an den
Tag legt, so bei seiner ersten Begegnung mit dem Geist, wo
er sich mit Gewalt den HĂ€nden der Krieger entreiĂt, um dem
Geist aus dem Bereich der Menschen, gleichgĂŒltig wohin, zu
folgen; mehr aber liegt noch â dies ist der SchlĂŒssel zu
Hamlets Wesen â , in den Worten: âDer Sitte Spiegel und
der Bildung Muster". In einer immerhin durch Alkohol und
Syphilis angefaulten Zeit steht Hamlet, der ehemalige Wit-
tenberger Student (was, wie alles bei Shakespeare, auch nicht
ohne Bedeutung ist), da als das subtile, unbe-
stechliche Gewissen. Nur ein Mann von seiner
Selbstsicherheit konnte der Königin, seiner Mutter,
diesen entsetzlich klaren Spiegel vorhalten, wie er es in deren
Zimmer vermag, daĂ sie stöhnt: â0 sprich nicht mehr. Mir
dringen diese Worte in's Ohr wie Dolche!" Aus diesem
feinen Gewissen heraus, das nicht ohne absolute Klarheit,
dann aber furchtbar rĂ€chen wird â er kann ja den betenden
König töten, will aber nicht diesen Moment der Gnade aus-
nĂŒtzen â , sondern das gesprochene Todesurteil vollziehen:
âWann er berauscht ist, schlafend, in der Wut,
In seines Betts blutschÀnderischen Freuden,
Beim Spielen, Fluchen oder anderm Tun,
Das keine Spur des Heiles an sich hat â
Dann stoĂe ich ihn nieder!"
entsteht seine InaktivitÀt.
Seine Seele war von dem schwarzen Gedanken gequÀlt,
der jetzige König habe mit Hilfe der blutschÀnderischen
eigenen Mutter den geliebten Vater ermordet. Aber es fehlt
der Beweis! Der wird ihm durch den Geist des Vaters,
der ihm die Geschichte der Ermordung bis ins Kleinste er-
zĂ€hlt. Auch da noch zweifelt, grĂŒbelt Hamlet, muĂ zweifeln,
denn auch das kann noch Spuk eines bösen Höllengeistes
sein, bestimmt eine Seele ins Verderben zu ziehen, wie
mancher Held der griechischen Sage, durch das Schicksal
fiel. Alle, die mit ihm den Geist sahen, lĂ€Ăt er den denkbar
furchtbarsten Eid, stillzuschweigen, ablegen. Noch mehr
GewiĂheit will er haben, selbst eingestehen sollen die Ver-
brecher ihre Schandtat, und sollte er selber sich irrsinnig
stellen!
âDa mir's vielleicht in Zukunft dienlich scheint
Ein wunderliches Wesen anzulegen."
Alle glauben an seinen Wahnsinn. Der eitle und leere
SchwÀtzer Polonius glaubt, daà der Grund sei: Hamlet wÀhne
sich von Ophelia verstoĂen, er liefert auch gleich die Krank-
heitsgeschichte:
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40. Jahrg.â Nr. 2.
Jenseits von Beruf und Amt
XVII
âUnd er verstoĂen, um es kurz zu machen,
Fiel in 'ne Traurigkeit; dann in ein Fasten,
Drauf in ein Wachen; dann in eine SchwÀche,
Dann in Zerstreuung, und durch solche Stufen
In die VerrĂŒcktheit, die ihn jetzt verwirrt."
Das allerdings ist Hamlet! Kein Geistes-
umflorter, aber ein im tiefsten GemĂŒt Er-
schĂŒtterter. Traurigkeit und Ekel, die bei ihm körper-
liches Unbehagen bis zum Brechreiz loslösen (in seiner
Unterredung mit Horatio kurz vor der Kampfszene: âDu
kannst Dir nicht vorstellen, wie ĂŒbel es mir hier ums Herz
ist") haben ihm Appetit und Schlaf geraubt, auf die der
Körper bis zur Ohnmacht reagiert, sein Blick ist immer ab-
wesend, sein Wesen zerfahren und zerstreut: so erscheint er
seiner Umgebung als im Geiste umdĂŒstert; nur Horatio, dem
Vertrauten gegenĂŒber verschmĂ€ht er stets, seinen Kummer,
der ihm sonst Maske der VerrĂŒcktheit ist, zu verhehlen. Ihm
gibt er auch eine Probe seines GedÀchtnisses. Er
hat einmal die Schauspieler in der Stadt gesehen und kann
doch ganze Szenen des von ihnen gespielten StĂŒckes den
Mimen wörtlich rezitieren!
Zuweilen dÀmmert selbst dem blöden Hirn des Polonius,
der sonst hohl ist, wie ein leerer Schrank, einige Erkenntnis:
âIst dies schon Tollheit, hat es doch Methode."
Doch korrigiert er sich sofort selber:
âDies ist ein GlĂŒck, das die Torheit oft hat, womit es
der Vernunft und dem gesunden Sinne weniger gut gelingen
könnte."
Tief ist das Mitleid Ophelias mit dem armen Geliebten.
Aber selbst sie begreift den Blick nicht, mit dem er sie
durchbohrt hat, als wollte er in die tiefsten Tiefen ihrer
Seele dringen, sie weiĂ ja nicht, daĂ die ihm abgrundtief er-
scheinende Verruchtheit der eigenen Mutter ihn an allem
Edlen der Weiblichkeit verzweifeln lĂ€Ăt!
Ophelia: âMit einem Blick, von Jammer so erfĂŒllt.
Als war' er aus der Hölle losgelassen ....
Griff er mich bei der Hand und hielt mich fest,
Dann leimt' er sich zurĂŒck, so lang sein Ann
Und mit der andern Hand so ĂŒher'm Auge
Betrachtet er, so prĂŒfend mein Gesicht,
Als wollt' er's zeichnen Dann
LĂ€Ăt er mich geh'n, und ĂŒber seine Schultern
Den Kopf zurĂŒckgedreht, schien er den Weg
Zu finden ohne seine Augen; denn
Er ging zur TĂŒr hinaus ohn' ihre Hilfe
Und wandte bis zuletzt ihr Licht auf mich."
Sie versteht ihn auch da nicht, wo er sie vor dem
ganzen Hofe (in der Schauspielszene) auf die Stufe einei
Dirne herunterschleudert.
Königin: Komm hierher, lieber Hamlet, setz' dich zu mir!
Hamlet: Nein, gute Mutter, hier ist ein stÀrkerer Magnet.
Hamlet (zu Ophelia): FrĂ€ulein, soll ich in eurem SchöĂe
liegen?
Ophelia: Nein, mein Prinz.
Hamlet: Ich meine, den Kopf auf euern SchoĂ gelegt?
Ophelia: Ja, mein Prinz.
Hamlet: Denkt ihr, ich hÀtte erbauliche Dinge im Sinn?
Ophelia: Ich denke nichts.
Hamlet: Ein schöner Gedanke, zwischen den Beinen
eines MĂ€dchens zu liegen!
Ophelia: Was ist, mein Prinz?
Hamlet: Nichts.
Hamlet: O, ich wollte zwischen euch und eurem Lieb-
sten Dolmetscher sein, wenn ich die Marionetten nur tanzen
sÀhe.
Ophelia: Ihr seid spitz, gnÀdiger Herr. Ihr seid spitz.
Hamlet: Ihr wĂŒrdet zu stöhnen haben, ehe Ihr meine
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Ophelia: Immer noch besser und schlimmer!
Hamlet: So mĂŒĂt Ihr Eure MĂ€nner nehmen!
Hamlet hat Ophelien innig geliebt! .Selbst der
Heirat hĂ€tte, auch Ă€uĂerlich, nichts im Wege gestanden.
Königin (Blumen in das Grab streuend):
âDer SĂŒĂen SĂŒĂes, lebe wohl! Ich hoffte,
Du solltest meines Hamlet Galtin sein!
Dein Brautbett, dacht ich, sollt ich schmĂŒcken,
Nicht zu bestreu'n dein Grab!"
Als Laertes in gar zu lauter Trauer um die tote
Schwester in ihr Grab springt, springt, seines gröĂeren Rech-
tes auf die Tote sich bewuĂt, Hamlet ihm nach:
âIch liehe Ophelien! Vierzigtausend BrĂŒder mit ihrem
ganzen Maà von Liebe hÀtten nicht meine Summe erreicht!"
Aber vor Horatio entschuldigt er sich:
..DaĂ mit Laertes ich mich seihst vergaĂ!
Ich schÀtz' ihn gern.
Doch wirklich seines Schmerzes Prahlerei.
Empörte mich zu wilder Leidenschaft!'"
(PaĂt dieses T e m p e r a m e n l zu dem , Jetten" Hamlet?
Man halle die aufgeschwemmte bockige Geilheit des edlen
Sir John Ealstaff dagegen!)
Nur der König sieht klar durch Hamlets Verstellung hin-
durch. Er beschlieĂt daher Hamlets Tod auch das durch-
schaut Hamlet. Des Dramas Knoten ist geschĂŒrzt. Hamid
erwacht aus seiner LÀhmung. ZunÀchst ereignet sich ein
blutiges Intermezzo: Er ersticht den Polonius
âIn seiner wilden Wut" (erzĂ€hlt die Königin).
âDa er was hinterm Teppich rauschen hört,
BeiĂt er die Kling' heraus, schreit: eine Balle!"
âUnd tötet sie in seines Wahnes Hitze.
..Den ungeseh'nen. guten, alten Mann."
IrrtĂŒmlich, denn er meint den Konig getroffen
zu haben, a b e r o h n e B e u e, wie er vorher Bosenkranz
und GĂŒldenstern in den Tod geschickt hatte.
..Du klÀglicher, vorwitz'gcr Narr! Fahr' wohl;
Ich nahm dich fĂŒr neu Höheren. Nimm dein Los.
Du siehst, zuviel GeschĂ€ftigkeit ist miĂlich."
höhnt er dem Toten nach! Mit den TrÀumen Hamlet's ist es
aus. Er. der selber im groĂen Monolog ..Sein oder Nichtsein"
(an diese Stelle gehört der Punkt oder das Ausruf ungs-
zeichen. nicht hinter âdas ist hin die Frage", die Frage
kommt ja erst) gesagt hatte:
âSo macht Gewissen Feige aus uns allen.
Der angeborenen Farbe der EntschlieĂung
W ird des Gedankens BlÀsse eingekrÀnkelt."
Hier, wo es Zeit ist zu handeln, Hamlet kanns: ein Cesat
Borgia hÀtte es nicht energischer, impulsiver vermocht.
Hamlet hat sich, wenn er ja von sich abgeirrt war, wieder-
gefunden. So auch, seihst schon vom Tode an die Hand ge-
faĂt, ersticht er den König und genĂŒgt seinem Schwur und
seiner Bache und geht o h n e G e \v i s s e n s h i s s e i n d e n
Tod.
..Der liest ist Schweifen."
Ist dies nun ein K r a n k he i t sb i I d ? Audi nicht mit
einem Worte findet man es angedeutet. Man sieht nur einen
Menschen mit feinstem Gewissen. SelbstquĂ€lerisch, grĂŒbelnd
HUI so lange, bis seiner Seele Klarheit geworden ist, dann
aber auch rĂŒcksichtslos ĂŒber Leichen hinwegschreitend, wie
seine Zeil und des Dichters Meinung es verlangtes, Solche
Menschen sind keine Objekte fĂŒr den Arzt, auch nicht fĂŒr
die feinsten Psychologen unter ihnen, soweit sie als Aerzle
in Frage kommen. Wenn ihm jemand helfen konnte, so
war es nur ein Freund, aber auch die fielen aus. weil Ham-
lets Geist, GemĂŒl und Treue gegen sich selber sie ĂŒberragte
und deshalb abwies. Aul diesen Höhen ist es eisig einsam'
Irre ich aber, nun wohl, so tröste ich mich mit Goethe:
..Wir sÀmtlich, wie wir auch sind, können weder seinem
Buchstaben, noch seinem Geiste genĂŒgen." (Shakespeare und
kein Ende.)
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Jenseits von Beruf und Amt
XI
Jenseits von Beruf und Amt.
Die Zauberkraft des Auges.
Von Dr. S. Scligmann, Augenarzt, Hamburg.
(Fortsetzung und SchluĂ.)
Die Gabe des zweiten Gesichtes ist also alles eher als
angenehm fĂŒr den damit Behafteten. Viel erfreulicher ist es
dagegen, wenn man die FĂ€higkeit besitzt, jemanden zu er-
blicken, der die Kraft hat, sich selbst unsichtbar zu machen.
Dann hebt der Augenzauber die Zauberkraft des anderen
auf. So erzĂ€hlt Ptolemaios Ghennos, ein jĂŒngerer
Zeitgenosse Plinius des Aclteren, daĂ die Frau des Kan -
daules, Nysia, eine doppelte Pupille gehabt habe und ein
Ă€uĂerst scharfes Gesicht, weil sie im Besitz des Steines Dra-
kontites war, und deswegen den durch seinen Ring unsicht-
bar gemachten Gyges wahrnahm, als er durch die TĂŒr hin-
ausging. Der Bericht ist leider nicht ganz klar. Es geht
nicht deutlich daraus hervor, ob die doppelte Pupille nur ein
charakteristisches Zeichen der Nysia war, dem weiter keine
Bedeutung beizulegen ist, oder ob dieses Merkmal Beweis
einer ihr beigelegten Zauberkraft war, die Ptolemaios nicht
ausdrĂŒcklich anfĂŒhrt, weil er sie als selbstverstĂ€ndlich und
bekannt voraussetzt*), oder schlieĂlich, ob die doppelte Pu-
pille der Besitzerin, ebenso wie der Schlangenstein, eine ĂŒber-
natĂŒrliche SchĂ€rfe des Gesichts verleiht, die es ihr ermög-
lichte, den unsichtbaren Gyges wahrzunehmen.
*) AusfĂŒhrliches darĂŒber siehe in meinem soeben bei L.
Friederichsen & Co., Hamburg, erscheinenden Buche âDie
Zauberkraft des Auges und das Berufen".
In allen bisher erwÀhnten Fallen besieht die Zaubei
Wirkung des Auges in einer ĂŒbernatĂŒrlich gesteigerten Seh-
tÀhigkeit derselben. Nur der Besitzer eines solchen Auges
hat den Vorteil oder den Nachteil seiner Gabe. In anderen
FĂ€llen dagegen tritt die Zauberkraft des Auges
nach auĂen und wirkt auf andere Menschen und Objekte
ein.
Die einfachste und unschuldigste Form der vermeint-
lichen Blickwirkung eines Menschen auf einen anderen be-
steht in dem âFĂŒhlen" des Blickes. Ks wird nĂ€mlich be-
hauptet, daĂ manche Individuen, namentlich solche, die
einen âstarken Blick" haben, imstande seien, einen Menschen
zum Umsehen zwingen zu können, wenn sie ihn von hinten
eine Zeitlang fest ansehen. T i t c h e n e r (1898) gebĂŒhrt das
Verdienst, diese Behauptung bestritten zu haben. Er stellte
sogar Experimente an, um nachzuweisen, daĂ diesem Glauben
nichts Wahres zugrunde liege; wer im Theater oder im Kon-
zert still stehe oder sitze, sagte er, empfÀnde, wenn er den
Kopf lange still halte, nach gewisser Zeit ein unangenehmes
GefĂŒhl in der Nackengegend, und dieses GefĂŒhl beseitige er
dann durch eine leichte Drehung des Halses. Als Vorwand
fĂŒr diese Drehung wĂ€hle er das Sichumblicken, und hieraus
sei der Glaube entstanden, man fĂŒhle es, wenn man von
hinten angesehen werde. Titchener stellte seine Ver-
suche mit Personen an, die behaupteten, einen besonders
âstarken Blick" oder ein besonders âempfindliches GefĂŒhl"
zu haben. Im Gegensatz hierzu nahm nun vor einigen Jahren
Co over (1913) Àhnliche Experimente vor mit Personen, die
weder das eine noch das andere von sich behaupteten. Jede
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â â BH MĂNCHEN 25
*4
XII
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 3.
seiner zehn Versuchspersonen wurde 15 Sekunden hindurch
bei jedem einzelnen Versuche geprĂŒft und muĂte angeben, ob
sie wĂ€hrend dieser Zeit von rĂŒckwĂ€rts fixiert wurde. Im
ganzen wurden ungefÀhr 100 Versuche angestellt, von denen
,">0,2 Prozent ein richtiges Resultat ergaben. Also fast in
genau der Hallte aller FĂ€lle konnte die Versuchsperson
richtig angeben, ob sie von hinten her angeblickt worden sei
oder nicht. Coover zog daraus den SchluĂ, daĂ dieses Er-
gebnis der Wahrscheinlichkeit entsprÀche: wenn man blind-
lings rÀt, ob man angeblickt wird oder nicht, muà das Ver-
hÀltnis der richtigen Antworten zu dem der falschen das
gleiche sein. Titchener mit seinen besonders geeigneten
Personen, und Coover mit seinen Durchschniltspersonen
kamen also zu dem gleichen Ergebnis, daĂ dem âgefĂŒhlten
Blick" nichts TatsÀchliches zugrunde liege.
Nun bemÀchtigte sich die Tagespresse dieses Sensations-
stoffes. Die Laien fĂŒhlten sich bemĂŒĂigt, diese Experimente
zu kritisieren und nachzumachen, und so behauptete ein Mit-
arbeiter des Pariser âJournal des Debats", daĂ der Prozent-
salz von 50,2 eher f ĂŒ r das Vorhandensein eines âstarken
Blickes" oder das âempfindliche GefĂŒhl" spreche. Er fĂŒhrte
ferner an, daĂ die Versuchszeit von 15 Sekunden zu kurz sei,
und behauptete schlieĂlich, zu solchen Experimenten dĂŒrfe
man nur besonders geeignete Personen benutzen, aber keine
Durchschnittsmenschen, wie Coover es getan habe.
Diese Bemerkungen spornten jetzt einen Pariser Krimi-
nalbeamten dazu an. mit Bewilligung des Kommandanten in
einer Kaserne Proben anzustellen. Er postierte nach der
Reihe fĂŒnf Polizeiagenten, die ĂŒber einen solchen magneti-
schen Blick verfĂŒgen sollten, in einen gesperrten Raum und
lieĂ sie aus einem kleinen Fensterchen die Torwache fixieren.
Obwohl nun die betreffende Mauer nichts Sehenswertes bot
und bei diesem Fenster niemand vermutet wurde (?), blick-
ten von zehn Soldaten drei plötzlich in dieser Richtung und
entdeckten die Beobachter. Als sie gefragt wurden, was sie
veranlaĂt habe, sich umzusehen, antwortete der erste und
zweite, es sei ihnen vorgekommen, als starre sie jemand von
rĂŒckwĂ€rts an, wĂ€hrend der dritte sogar eine leichte Be-
rĂŒhrung verspĂŒrt haben wollte.
So interessant alle diese Experimente auch dem Laien
zu sein scheinen â den denkenden Arzt und Naturforscher
vermögen sie nicht zu befriedigen, weil die wissenschaftlichen
Voraussetzungen fehlen, die ĂŒberhaupt die Vornahme solcher
Versuche rechtfertigen. Die Möglichkeit einer Beein-
flussung eines Menschen durch das Auge eines anderen wÀre
ja nur dann gegeben, wenn von dem Auge irgend etwas aus-
gehen wĂŒrde, das auf andere Objekte einwirken könnte: das
Auge mĂŒĂte dann ein a k t i v e s Organ sein. Da dieses aber
nicht der Fall ist, vielmehr wir das Sehorgan nur als rein
pereipierendes passiv e s Organ zu betrachten haben, so
fehlt jede wissenschaftliche Berechtigung, Experimente, wie
die oben angefĂŒhrten, ĂŒberhaupt anzustellen.
Diejenigen, die es doch tun, gehen von dem weitver-
breiteten Volksaberglauben aus, daĂ das Auge mit den Seh-
strahlen auch noch eine andere Art von elektrisch-magne-
tischen Strahlen aussende, die im stÀnde seien, andere Men-
schen und Objekte zu beeinflussen. # Andere sprechen von der
Seele, die aus dem Auge herausleuchtet oder ausstrahlt, wie-
der andere von einer eigenartigen Nervenkraft, von âOd" und
in neuester Zeil sogar von RadioaktivitÀt des Auges.
Dieser hypothetischen Augenkralt schreibt man nun die
wunderbarsten Eigenschaften zu. Mit ihr soll man nicht nur
hypnotisieren können, sondern auch imstande sein. Men-
schen, Tiere und sogar Geister âbannen" und bĂ€ndigen zu
können. S t o 1 1 erzĂ€hlt von einem Fall aus einem zĂŒrche-
rischen Dorfe, wo ein als Zauberer bekannter Mann im Wirts-
haus von einigen jungen Leuten, die an seiner Kunst zwei-
felten, geneckt wurde. Er stand auf, blickte einen der
Spötter, der gerade sein Weinglas zum Munde fĂŒhren wollte,
an und sagte: âSo, ich werde jetzt hinausgehen, und bis ich
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âą10. Jahrg. â Nr. 3.
Jenseits von Beruf und Amt
Xlll
wiederkomme, kannst du dein Glas weder zum Munde
fĂŒhren, noch niedersetzen, sondern wirst es in der Hand be-
halten!" Danach ging er weg, und der Bezauberte blieb wirk
lieh, zum Staunen seiner Genossen, mit dem Glase in der
Hand sitzen, auĂerstande, es auf den Tisch zu stellen oder
ganz zum Munde zu bringen, bis ihm der zurĂŒckkehrende
Zauberer von seinem Bann erlöste.
Die Geschichte ist natĂŒrlich durchaus möglich, beruhl
aber nicht auf einer Zauberwirkung des bannenden Auges,
sondern nur auf Suggestion.
Von Suggestionswirkung kann allerdings nicht die Rede
sein in den zahlreichen Geschichten, in denen von mutigen
und beherzten MÀnnern erzÀhlt wird, denen es gelungen sein
soll, reiĂende Bestien, wie Löwen und Tiger, und wildge-
wordene Stiere und Hunde durch ihren bloĂen Blick zu
bannen, so daĂ sie von einem Angriff ablieĂen und sich so-
gar zur Flucht wendeten. Im steyrischen Oberlande können
auch Gemsen gebannt werden. Solche Gemsenbanner ver-
mögen, daĂ Gemsen, in die SchuĂlinie kommend, wie ange-
wurzelt stehen bleiben mĂŒssen, wobei ihnen die TrĂ€nen aus
Schmerz herabrollen. Etwas Aehnliches wird von den Hirschen
behauptet. Bei Preitenegg in KĂ€rnten lebte einst ein Zau-
berer, der eine besondere Macht in seinen Augen hatte. Am
glÀnzendsten bewies er diese Macht, als ein BÀuerlein, das
zu seinem Vieh auf die Alm ging, sie anzweifelte. Er wies
auf einen Waldschlag hinĂŒber, den nur ein seichter Graben
von den beiden trennte, und sah scharf hinĂŒber. Das BĂ€uer-
lein sah, wie ein Hirsch ĂŒber den Graben gelaufen kam und
etwa zehn Schritte vor ihnen auf die Knie fiel; wollte sogar
TrÀnen in seinen Augen bemerkt haben. Erst als der Zau-
berer den Blick vom Hirsche abwandte, lief er wieder wald-
ein
Wierus erzÀhlt von Menschen, die er gekannt habe, die
imstande waren, durch ihren bloĂen Blick die Ratten in
ihrem Laufe zu hemmen und sie zu zwingen, ihren Oi l nicht
zu verlassen, so daà sie mit Leichtigkeit ergriffen und gelötd
werden konnten. Leise, der Lehrer des blinden Dichters
Bfeffel, soll die schnellaufenden Eidechsen in Gegenwart voll
.")() Zöglingen durch seinen festen Blick und Willen zum Still-
slehen gezwungen haben, so daĂ er sie ergreifen konnte.
Auch auf dÀmonische Wesen wirkt ('('' Blick ein. Die
kellische Sage kennt einen Zwerg oder Gnom, dessen irische
Bezeichnung Leprec haun ist. Er fertigt den Feen Stiefel-
chen aus Tau und Spinngewebe, er ist hilfsbereit, wie ein
Kölner HeinzelmĂ€nnchen und trĂ€gt auĂerdem eine Börse bei
sich, die immer einen Schillin» enthÀlt, so oft man diesen
auch herausnimmt. Es bedeutet GlĂŒck, einen solchen Le-
prechaun zu fangen, aber der Lang ist nicht leicht; man muĂ
ihn mit dem Auge bannen, wie die Schlange den Vogel; lĂ€Ăt
man ihn, ĂŒber Wurzeln stolpernd und auf glatten Steinen
ausgleitend, nur eine Sekunde aus den Augen, so ist er spur-
los verschwunden. Noch im Jahre 1Ă08 berichteten die Tages-
zeitungen, daà bei Mullingar, dem HauptstÀdtchen der iri-
schen Grafschaft Westmealh, ein solcher Zwei» gefangen
worden sei.
NĂ€chst dem Menschen wird manchen Tieren ein solcher
bannender Blick zugeschrieben. Am bekanntesten ist der
lÀhmende Blick des Schlangenauges. Durch diesen sollen
nicht nur kleinere Tiere, wie Vögel, MÀuse, Frösche, Kröten,
Eichhörnchen, Hasen u. dgl. gelĂ€hmt werden; auch gröĂere
Tiere und sogar der Mensch sollen sich seinem EinfluĂ nicht
entziehen können. Der römische Geograph Pomponius
M e 1 a erzÀhlt von ungeheuren Schlangen in Klein-Asien, die
sich vor der Sonnenhitze in ein FluĂbett zurĂŒckziehen und
dort mit aufgesperrtem Rachen liegen, um die Vögel zu er-
beuten, die sie hoch aus der Luft zu sich herabziehen. In
modernen Reiscbeschreibungen finden wir hÀufig die Art
und Weise beschriebenen, wie die Schlange mit ihren Augen
internes ^ Indiziert in allen Stadien der Gonorrhoe und
Antinnnnrrhftirum ^ deren Folgezus-tÀnden sowie bei nervösen Be-
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XIV
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 3.
kleine Vögel fasziniert, die unruhig hin und her flattern
und nicht imstande sind, sich dem furchtbaren Banne durch
die Flucht zu entziehen; dabei geben sie gewöhnlich klÀg-
liche Töne von sich und stĂŒrzen sich schlieĂlich freiwillig
in den geöffneten Rachen ihres Feindes. Daher sagt
M i s t r a 1:
âAu regard de la serp degoulu lout-d'abord. Lis auco, . . .
(Die wilde Gans erstarrt, wenn Schlangenaug' erglĂŒht.)
Nach Diodor schauen die riesigen Schlangen Ăthi-
opiens dem von ihren Ringen umschnĂŒrten Elefanten mit
erhobenem Kopf in die Augen und blenden ihn mit ihren
Feuerblicken, wie mit Blitzen, daĂ er zu Boden stĂŒrzt und
ihnen zum FrĂ€Ăe wird.
Eine Àhnliche Faszinationskraft wie dem Schlangenauge
wird auch dem Auge vieler Raubvögel beigelegt.
Unter den SĂ€ugetieren ist namentlich der Wolf und die
HyĂ€ne gefĂŒrchtet. Von letzterer erzĂ€hlt schon P 1 i n i u s ,
daĂ sie imstande sei, jedes Tier, das sie dreimal anstarrt, an
seiner Stelle festzubannen, so daĂ es sich nicht mehr be-
wegen kann.
Die Zauberkraft des Auges geht aber noch weiter: sie
beeinfluĂt sogar leblose GegenstĂ€nde. So wird behauptet,
daĂ die âelektromagnetische" TĂ€tigkeit des Sehorganes im-
stande sei, die Magnetnadel des Kompasses abzulenken.
Bahr und KohlschĂŒlter berichten von einer Frau, die
durch ihren Blick die Magnetnadel in einer Entfernung von
einer halben Elle um 4" nach Westen deklinieren gemacht
habe und dieses dreimal mit gleichem Erfolge.
J o i r e konstruierte ein âStenometer", d. h. einen Appa-
rat, bei dem eine leichte bewegliche Nadel innerhalb einer
Glasglocke aufgehÀngt war. Er behauptete, diese Nadel durch
seinen Blick beeinflussen zu können.
Nach Reichenbach wirkt das aus dem Auge aus-
strömende âOdlicht" bewegend auf einen Pendel ein, und
nach Robiano geraten leichte Körper, z. B. ein Blatt
Papier, eine etwas lange Feder, gummiertes Taflet, Glas.
Metallplatten, die an einem Faden aufgehÀngt sind, bei stark
âNeururgischen" durch bloĂes Anblicken in Schwingung.
Voll will durch seinen Blick ein 5 â 10 g schweres Pendel
in Bewegung setzen können, bei schwererem Pendel (50 g)
sollte jedoch der Versuch nicht gelingen.
Wenn solche Dinge schon von Autoren behauptet wer-
den, die durchaus ernst genommen weiden wollen, so
brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn der Volksglaube
noch ganz andere Wunder behauptet. In der nordischen
Gull-Thörissaga wird von einer zauberkundigen Frau namens
Kerling erzĂ€hlt, die versperrte Schlösser durch den bloĂen
Blick zu öffnen wuĂte. Job. I ldephon sus kannte einen
Knappen Valentin, der, nach einer schweren Krankheit ge-
nesen, die Speisen, die man ihm vorsetzte, nur durch die
Kraft seines Blickes sogleich zerteilen konnte. In KĂ€rnten
erzÀhlt man sich von einem Manne, der einen so stechenden
Blick halte, daĂ sein Trinkglas in der Mitte entzweisprang,
als er einst in einem Wirtshause in dasselbe hineinblickte.
Weit verbreitet ist die Ansicht, daĂ Spiegel getrĂŒbt und
sogar durchlöchert werden können, wenn menstruieren d e
Frauen hineinstarren. Im Altertum waren es Metall -
spiegel, spÀter solche aus Glas. Der Grund dieser seltsamen
Anschauung ist, daĂ man die Menstruation als eine Absonde-
rung schlechter und verdorbener KörpersÀfte ansah. Diese
KörpersÀfte sollten das Blut dick und schwarz machen und
eine Art Blutdunst erzeugen, der wegen seiner Leichtigkeit
nach oben zu den höchsten Körperstellen steigt und aus den
Augen wie aus Glasfenstern als Lebensgeist, Dunst oder Ema-
nation ausströmt. Trifft nun ein solcher Blutdunst die Ober-
flĂ€che eines Spiegels, so verdichtet er sich auf ihm, friĂt ihn
an und zerstört ihn.
Es sind aber nicht nur Spiegel, die von solchem Blut-
(lunst beschÀdigt werden, sondern auch alle anderen mög-
Toramin
(TrlclilorbulylmĂlons aures Ammonium D. R. P.)
wirkt stark herabsetzend auf die Erregbarkeit des Atmungsapparates, ohne den Blutdruck zu beeinflussen. â Prei von
narkotischer und drastischer Nebenwirkung, keine Verstopfung,
daher auch bei SchwÀchlichen, Kindern und Àlteren Leuten In wirksamer Gabe gefahrlos anwendbar.
Indikafionen:
Husten, Reizhusten, bei akuten und chronischen Luftröhren- und Kehlkopfkatarrhen, auch tuberkulösen
Ursprungs, bei Lungen- u. BrustfellentzĂŒndungen, Keuchhusten in abklingendem Stadium, nervöser Husten.
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J
Jenseits v o n II e r n f u n <i A in I
XV
liehen Objekte, und selbst in die Augen eines anderen Men-
sehen vermag dieser Blutdunst einzudringen. Dann gelangt
er in das Blut und in das Herz dieser /.weiten Person, ver-
wundet dieses, verdickt sieh und verwandelt sieh wiederum
in Blut. Dieses fremde Blut aber alteriert das Blut des An-
geblickten und macht diesen krank. Wegen dieser verderb-
lichen Eigensehalt des Augendunstes oder der Augenstrahlen
bezeichnet man diese ganze Art der Augenwirkung als
bösen Blick. Und nicht nur menstruierende Weiber mit
ihren schlechten KörpersÀften haben einen solc hen bösen
Blick, sondern alle Mensehen, deren Seele durch irgend
eine böse Eigenschaft, wie Zorn, Eifersucht, Neid und der-
gleichen affiziert ist. Denn eine derartig verderbte Seele be-
einfluĂt den Körper und seine SĂ€fte und sendet aus den
Augen gleichsam vergĂŒtete Pfeile aus, die Menschen und
Tiere krank machen und leblose Dinge zu beschÀdigen ver-
mögen. Namentlich ist es der mehr oder minder verhĂŒllte
Neid, der die Seele und die Augenstrahlen beeinfluĂt, und
deshalb nennt man den bösen Blick auch den âneidischen
Blick" und die Augenstrahlen auch âNeidstrahlen". Spricht
nun der Neidische beim Betrachten eines begehrten Objektes
noch ein Lobeswort aus, findet er das Objekt âschön" oder
..vortrefflich", so her u f t oder beschreit er dadurch
dieses Objekt. Denn jede Bewunderung ist nach allgemeiner
Volksansicht nur der Ausdruck des Neides. âBöser Blick"
und âBerufen" gehören unzertrennlich zusammen. Das eine
ist ohne das andere nicht denkbar. In vielen LĂ€ndern braucht
man beim Anblick eines hĂŒbschen Kindes oder eines schönen
Pferdes u. dgl. nur zu sagen: âWelch hĂŒbsches Kind! oder
âWas fĂŒr ein schönes Pferd!", um sogleich in den Verdacht
zu geraten, dasselbe mit bösem Blicke angesehen zu haben.
Der Glaube an das âBerufen" oder âBeschreien" ist ja auch
bei uns âaufgeklĂ€rten" Deutschen so allgemein verbreitet, daĂ
selbst gebildete Leute sich scheuen, das Lob eines Menschen
zu verkĂŒnden, ohne dabei dreimal unter den Tisch zu
klopfen und ihr âUnberufen" oder âUnbeschrieen" auszu
sprechen. Welch inniger Zusammenhang dabei zwischen
dem âbösen Blick" und dem âBeuden" besteht, davon ahnen
allerdings die wenigsten etwas.
Nach einer anderen Auffassung ist der böse Blick etwas
höchst Reelles, nÀmlich ein (Iiis t, der umhergeht und
spricht, und der sich auf sein Opfer stĂŒrzt, um sein Fleisch
zu essen und sein Blut zu trinken. So sagt der böse Blieb
z. B. in einem armenischen Zauberspruch:
Ich gehe auf das krumme Gehörfl der roten Kuh,
Auf das groĂe Gehörn des schwarzen Muffels.
Auf «las Beil und seinen Griff,
Auf den Salomon (den König) und seinen Thron;
Auf das Kind in der Wiege,
Auf das Auge des Mannes, seinen Kopf und sein Lehen.
Auf das Auge des Weibes, ihre Brust und Ilaare.
Solche Geister des bösen Blickes, âBeschreiungsgcistei '
(urok) lauern nach sĂŒdslawischer Ansicht ĂŒberall herum.
Sie warten nur auf den Moment, wo ein mit dem bösen Auge
behafteter Mensch sie durch seinen Blick herbeiruft, um sich
auf ihr Opfer zu stĂŒrzen.
Viele Leute, deren Blick oder deren Lobeswort verderb-
lich wirkt, sehen aus wie alle anderen Menschen. Daneben
gibt es aber auch Individuen, die, wie der Volksmund sagt,
âgezeichnet" sind, denen die Natur einen Stempel aufgedrĂŒckt
bat, um sie sofort als âverdĂ€chtig" zu charakterisieren.
Körperfehler aller Art, aber auch Augenkrankheiten kenn-
zeichnen einen solchen UnglĂŒcklichen. Wer schielt, wer
einen Fleck auf dem Auge hat, wer entzĂŒndete rote Augen-
lider hat, wer einĂ€ugig ist, oder wessen Augenbrauen ĂŒber
der Nase zusammengewachsen sind, der ist in vielen LĂ€ndern
ohne weiteres des bösen Blickes verdÀchtig. Im Mittelalter
war es der Teufel, der zur Besiegelung des mit ihm einge-
gangenen Paktes seinen VerbĂŒndeten, den Hexen und Zau-
berern, ein derartiges Zeichen auf die Augen drĂŒckte. Die
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XVi
Jenseits von Beruf u n d A m t
40. Jahrg. â Nr. 3.
armen Menschen, bei denen die âHexenfinder" derartige
, .signa diabolica" fanden, waren unrettbar verloren: der
brennende Scheiterhaufen war das Universalmittel, dessen
sich die Henkersknechte bedienten, um Augenkrankheiten aus
der Welt zu schaffen.
Ks gibt wohl nur wenige I) ö s e Z a U b e r w i r k ĂŒngen,
die nicht im Laufe der Zeiten dem âbösen Auge" zuge-
schrieben worden sind. Nichts Lebendes, nichts Lebloses ent-
geht seiner Wirkung. Das Schöne und Gute hat am meisten und
frĂŒhesten zu leiden: das mĂ€nnliche Geschlecht ist in höherem
MaĂe betroffen als das weibliche: zarte Kinder mehr als das
widerstandsfÀhigere Aller. Alle möglichen K r a n k h e i t e n
werden auf das Konto des bösen Blickes gesetzt; sowohl akute
vorĂŒbergellende wie Kopfweh, verdorbener Magen, KrĂ€mpfe,
Ohnmacht, AugenentzĂŒndung, Syphilis, Impotenz, Unfrucht-
barkeit u. dgl., als auch schwere chronische Leiden, wie LĂ€h-
mungen, Schwindsucht, Herzfehler, geistige Umnachtung. Ja
sogar der Tod wird in vielen FÀllen dem bösen Blick zuge-
schrieben.
Wie auf den Menschen, so wirkt der Blick auch auf die
Haustiere. MilchkĂŒhe verlieren ihre Milch, oder dieselbe
wird blutig, klebrig, wÀsserig, unbrauchbar. Pferde, Kamele,
Maultiere werden scheu, sie sind nicht von der Stelle zu
bringen, sie straucheln und brechen sich ein Bein. Schweine,
HĂŒhner, Enten und sonstiges GeflĂŒgel werden auf Ă€hnliche
Weise verzaubert. Wenn der JĂ€ger kein Wild trifft, oder
wenn der Fischer keine Fische fÀngt, so ist er von dem bösen
Blicke irgend eines allen Weibes behext worden.
Pflanzen welken unter seinem deletĂ€ren EinfluĂ, sie
gehen ein oder liefern bittere, ungenieĂbare FrĂŒchte. Spiegel
zerspringen, Kronleuchter und Bilder fallen herab, Kleider
fangen an zu brennen, Steine zerspringen, Quellen versiegen,
ja selbst die Erde fÀngt an zu beben, Vulkane speien Feuer
und der Himmel kann zerbrechen: kurz die gesamte Natur ist
dem bösen Blick Untertan.
Dieser Aberglaube ist so alt wie das Menschengeschlecht.
UnzÀhlige Inschriften auf babylonischen und assyrischen
Keilschrifttafeln beweisen uns sein Vorkommen in jenen ent-
legenen Zeiten. In den indischen Veden, im persischen Zend-
Avesta, in mexikanischen Hieroglyphen-Inschriften ist eben-
sowohl davon die Rede, wie in der Edda und in der altnordi-
schen Saga-Literatur. Griechische und römische Schrift-
steller haben schon von diesem Glauben gesprochen und
Theorien zu seiner ErklÀrung aufgestellt. Zahlreiche Gegen-
stÀnde, Amulette und apotropÀische Bilder, die gegen diesen
Augenzauber gelragen wurden, und die bei Ausgrabungen
und in GrÀbern gefunden worden sind, beweisen uns, welche
groĂe Rolle der böse Blick im klassischen Altertum gespielt
hat.
Und diese Rolle spielt er noch heutigen Tages in vielen
LĂ€ndern'. Wer jemals im sĂŒdlichen Italien gewesen ist, der
weiĂ, welche Bedeutung dort dem mal'occhio zukommt.
Auf der PyrenÀischen Halbinsel gibt es kaum ein Kind, das
nicht durch irgend ein Amulett gegen den bösen Blick ge-
schĂŒtzt ist. Auf der Balkanhalbinsel werden TĂŒrken,
Griechen, Muhammedaner, Christen und Juden in gleicher
Weise durch den bösen Blick in ihrem Tun und Lassen
regiert. Dasselbe ist der Fall bei den Slaven, den Arabern
und Hindu. Der Wende, der Pole, der Russe, der Schotte, der
IrlĂ€nder fĂŒrchtet den bösen Blick ebenso wie der Maure und
Marokkaner, wie der Tatare, der Chinese und Tibetaner.
Indianer sind seinem Zauber ebenso unterworfen, wie afrika-
nische Eingeborene und SĂŒdseeinsulaner. Kurz, der Glaube
an den bösen Blick kehrt ĂŒberall in derselben Form und Ge-
stalt bei fast allen Völkern*) und zu allen Zeiten wieder,
selbst bei Nationen, die Jahrtausende und der halbe Erdball
coneinander trennen.
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.Icnsejts von Beruf und A in I
XVII
Neben dem bösen Blick gibt es auch einen g n l e n
Ălick, d. h. es existieren Menschen, deren Seele so vortreff-
lieh ist, daĂ die durch sie beeinfluĂten A.ugenstrahlen Heil
und Segen bringen. Bei der verschwindend geringen Menge
des Guten aber, das sieh im Menschen findet, spielt der gute
Blick im Gegensatz zum bösen nur eine sehr geringe Rolle.
Wer einen guten Blick hat. der kann die durch den bösen
Blick hervorgerufenen Leiden wieder aufheben. Ks gibt auch
gute Menschen, die wider ihren Willen den hosen Blick
haben; diese können den unfreiwillig verursachten Schaden
durch ein zweites Hinblicken wieder heilen. In Yannes
(Morbihan) konnte im Jahre 1M1 ein Organist Mr. Le heu
Brandwunden durch seinen Blick heilen. In Spanien nennt
man solche Leute âBenzedeiros". Im Isergebirge lĂ€Ăt man
neugeborene Kinder vielfach in den Stall sehen, weil man
glaubt, daĂ sie besondere GlĂŒcksbringer fĂŒr die Viehzucht
seien. Ein Fischer aus Neapel erzÀhlte von dem wohltÀtigen
Wirken des Auges das folgende: Zwei junge Fischer, von
Eifersucht entflammt, gingen mit Messern aufeinander los.
Aber â o Wunder â eine alle Frau saĂ dabei, blickte scharf
auf die Streitenden, und siehe da â keiner traf den anderen.
Das hat mit ihrem Auge das alte Weib getan!
Besprechungen.
Irance, K.: Bios, die Gesetze der Meli. 2 Bande mit
239 Abbildungen und Tafeln. MĂŒnchen 1021. Franz Hanf-
s t a ngl. M 150, 180 bezw. '200.
Kein Zweifel: Die UmwÀlzung, in der wir stehen, geht viel
tiefer, als wir gemeinhin annehmen. Die VerÀnderungen in i
Ilster- und intranationalen VerhÀltnissen drÀngen sieh uns mit
ungeheuerer Wucht auf: aber ungleich nachhaltiger sind die
Verschiebungen in unserem eigenen Geistesleben. Aus der be-
schaulichen Ruhe des wie ein Elternhaus wohlgeordneten alten
Staates sehen wir uns in die Brandung des losenden Lebens
hinausgestoĂen, jeden Moment gewĂ€rtig, daft uns die nĂ€chste
Welle verschlinge. Und das isl mit so neu und so ungewohnt,
daĂ wir die innere Unordnung null Unsicherheit nach auĂen
projizierend von einem allgemeinen Chaos reden, das doch in
Wahrheit in uns selber liegt
Die Notwendigkeit, sieh mil dem allem, bezw. mil sich scibsi
auseinanderzusetzen, macht sich immer mein geltend, Mil den
einzelnen Spezialkenntnissen ist da nichl viel anzulangen. Du
Horizont muà sieh weilen, und so sehen wir religiös« und philo-
sophische Versuche wie Pilze aus der Krd< schieĂen, die den
Mensehen den SchlĂŒssel des VerstĂ€ndnisses versprechen. Mo-
mentane Produkte der Ratlosigkeit, dĂŒrfte kaum einem davon
(ine lange Dauer beschieden sein.
Wesentlich anders gehl France vor. Wir mĂŒssen zunĂ€chst
die Gesetze der Well kennen lernen, wenn wir diese meistern
sollen. Und zu dem /.wecke fĂŒhrt er uns durch das ganze ge-
wallige Gebiet der belebten und unbelebten Natur, um diese Ge
setze zu demonstrieren. Nur mit Bewunderung kann man das
Werk in die Hand nehmen, welches auf 272 und 2SH Seiten so-
zusagen die naturwissenschaftliche Bibel dat stellt. Bs im ge-
wöhnlichen Sinn zu referieren, isl unmöglich. Die Frucht der
LektĂŒre isl âąnichl irgend ein memorierfĂ€higer Salz, sondern eine
Anleitung zum Denken: âDie meisten Mensehen können nur
mangelhaft denken; das ist das Uebel der Zeit. Aber es genĂŒgt
nicht, die Gesetze der Well zu kennen: man muĂ auch nach ihnen
leben". Dieses Leitmotiv kehrt immer wieder.
Am deutlichslen kommt vielleicht die praktische Quintessenz
von France' s AusfĂŒhrungen in diesen SĂ€tzen zum Ausdruck:
..Alle Leistungen bei Zelle, Pflanze. Tier und Mensch sind unter-
worfen den groĂen mechanischen Gesetzen, die ihnen Wirkung
und Dauer siehern, wenn sie befolgt werden, sie aber der Zer-
reibung und Haltlosigkeit ausliefern, wenn eine Vielheit sieh
anders zu regeln versuchte, als nach diesem Zusammenhangs-
schema, das nicht deswegen wirkt, weil es gut ist, sondern das
eben die einzige Möglichkeit isl, durch die eine gute Wirkung
zustande kommen kann" (II. S. LSG); und âWas nichl richtig lebt,
muĂ leiden. Umwell und Vererbung stehen dĂŒster da wie Voll-
strecker unerbittlicher RichtersprĂŒche, damit die Gerechtigkeit
der Well sich vollziehe an allem.'' (II. S. 287).
Wer auf Fachkenntnisse eingeschworen isl, wird diesem
Buch verstĂ€ndnislos gegenĂŒberstehen, es sei denn, daĂ ihn die
Trypaflavin-Verbandstoffe
zeichnen sich vor Jodoform- u. den anderen ĂŒblichen antieeptischen Verbandstoffen aus :
durch auĂerordentlich rasche Reinigung der Wunden;
durch gĂŒnstige Beeinflussung der Granulationsbildung';
durch vollkommene Reizlosigkeit;
durch Ungiftigkeit;
es tritt kein Verkleben der Verbandstoffe ein;
Jdiosynkrasien, wie sie bei Jodoform und anderen jodhaltigenAntisepticĂŒi
hÀufig vorkommen, sind nie beobachtet worden;
sind vollkommen geruchlos.
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XVIII Jenseits von Beruf und Amt 40. Jahrg. â Nr. 3.
hinreiĂende, an den Gesamtmenschen appellierende Darstellung in
seinen Bann zieht. Kolloidchemie und Weltprobleme, Relativi-
tÀtstneorie und Kunstgeschichte, seelische Erlebnisse und Welt-
mechanik, Vulkane und Zivilisation, um alle diese scheinbar
heterogenen Dinge schlingt France das Band der Synthese und
sucht auf dem Stufenbau der zahllosen Seinsformen und vermöge
der Selektion, der gröĂten Sparsamkeit bei gröĂter Leistung,
die uns als Harmonie erscheint, den Leser zu einer sich im
praktischen Leben bewĂ€hrenden Lebensweisheit zu fĂŒhren.
Ganz wundervoll ist die Ausstattung sowohl im Druck wie
in den Bildern. Wir Deutsche können ja dermalen nicht mehr
auf viele Dinge stolz sein; zu den wenigen aber gehört nach
Form und Inhalt R. France's Bios. Buttersa c k.
Kossinna, Gustaf: Die I n d o g e r m a n e n. I. Teil: Das indo-
germanische U r v o 1 k. (Mannus-Bibliothek Nr. 26),
79 Seiten mit 150 Textbildern und 6 Kartentafeln. Leipzig,
C. Kabitzsch 1921. â M. 22 bezw. 29.
Der denkende Arzt betrachtet den vor ihm stehenden Pa-
tienten nicht als ein isoliertes Gebilde, das mit der Oberhaut
völlig nach auĂen abgeschlossen wĂ€re. 0 1 1 o m a r Rosen-
bach hat uns gelehrt, daĂ durch diese scheinbare Isolierschicht
hindurch unaufhörlich Energieströme herein- und hinausdringen;
und genau so wie wir durch diese mit unabsehbaren rÀumlichen
Entfernungen dauernd in Verbindung stehen, so sind wir vermit-
telst unseres Erbgutes, unseres Keim-Plasma, mit unvordenk-
lichen Ahnenreihen verknĂŒpft. Was könnte lockender sein, als
diese Ahnenreihe möglichst weit zu verfolgen? Die Familien-
forschung hat diesen Weg eingeschlagen; allein schon nach ver-
hĂ€ltnismĂ€Ăig wenigen Generationen reiĂen die FĂ€den ab.
Nun kann man aber auch den umgekehrten Weg â aus der
Vorzeit zu uns Heutigen herab â verfolgen; und das tut Kos-
sinna, der Vertreter der vorgeschichtlichen ArchÀologie an
der Berliner UniversitĂ€t, im vorliegenden Heft. Seine AusfĂŒh-
rungen sind knapp und prÀzis gehalten, durch instruktive Bilder
und Karten verdeutlicht, so daĂ auch der Nichtfachmann sich
ein ungefÀhres Bild von dem Werdegang unseres Germanentums
machen kann. Ums Jahr 15000 v. Chr. sind den weichenden
Gletschern folgend die Bewohner des Oberrheins nach Norden
vorgedrungen und haben sich in dem Gebiet der heutigen Ostsee
angesiedelt. Als Reste sind die dem sogen, spÀten Magdalenien
synchronen GerÀte aus Renngeweihen, bezw. die langovalen
FeuersteingerĂ€te der Y o 1 d i a - Periode (â Eismeerstadium der
Ostsee) auf uns gekommen; in viel gröĂerer Anzahl Gebrauchs-
gegenstĂ€nde der A n c y 1 u s - Zeil, in welcher die Ostsee ein SĂŒfi-
wassersee wurde und an ihren Ufern Fischerei in allen Arten
getrieben werden konnte.
Aus der gemischt lang- und kurzschÀdeligen, aber durchweg
blonden Bevölkerung der D o b b e r t i n e r löste sich gegen 6000
v. Gh. eine Gruppe von LangschÀdeln' ab und siedelte sich an
der Kieler Bucht an: die Ellerbeckleute. Sie waren die
unternehmenderen und fortschrittlichen, machten groĂe Erobe-
rungszĂŒge gen Westen bis in die Dordogne hinein, erfanden die
Töpferei und gingen zu Ackerbau und Viehzucht ĂŒber, wĂ€hrend
die Dobber tiner â mehr konservativ in ihrer Entwicklung 'â
ihren BevölkerungsĂŒberschuĂ nach Norden, Nordosten und SĂŒd-
osten vorschoben, wo sie uns die Fatjanowo-Kultur (etwa im
Umkreis von Moskau) hinterlassen haben. Sie stellen die Vor-
finnen dar; dagegen dort, wo sie sich dauernd mit den Nach-
kommen der Ellerbecker mischten â in SĂŒdschweden, JĂŒtland
und Schleswig-Holstein, â entstanden am Ende der Steinzeil die
Germanen.
Ein zweiter Teil soll darlegen, wie im weiteren Verlaul die
Nordindogermanen Mittel- und SĂŒdeuropa eroberten und wie die
SĂŒdindogermanen â von ihrem Stammsitz in den LöĂgebielen
der Donau-TheiĂ-Ebene aus â in Vorderasien in die Geschichte
eingetreten sind.
Welch gewaltiges Völkerringen mag sich damals abgespielt
haben! Auch mit der lebendigsten Phantasie vermögen wir uns
davon kein Bild zu machen; kennen wir doch nur ein paar
SchÀdel, Feuersteine, Angelhaken, Beile und ganz wenige Hand-
zeichnungen gewissermaĂen als Kapitel-Ueberschriften erschĂŒt
ternder Völkerdramen. Allein fĂŒr den so geschulten Blick bilden
die Ereignisse unserer Zeit keineswegs mehr so unerhörte, ein-
zigartige, nie dagewesene Schrecken, wie sie wohl dem groĂen
Haufen erscheinen mĂŒssen. FĂŒr ihn fĂŒgen sie sich fast mit
historischer Notwendigkeit in den Ablauf unseres Volkstums ein.
und ihn erhebt die Kenntnis der Entwicklung ĂŒber die Sorgen
um die Gegenwart; denn die Vergangenheit enthĂ€lt den SchlĂŒssel
fĂŒr die Zukunft. Buttersack.
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40. Jahrg. â Nr. 4.
Jenseits von Beruf und Amt
XI
Jenseits von Beruf und Amt.
Der FuĂ.
âą Von A. De Nora.
Im Dorfe hieĂ man sie nur die âWilden". Ihr Hof lag
ganz allein und verloren im Walde, in einem weiten Staats-
forste, dessen hundertjĂ€hrige schwarzgrĂŒne Fichten in Reihen
gepflanzt waren, so daĂ sie wie eine Armee riesiger Soldaten
gegen die einsame Ansiedlung loszugehen schienen. Der
Hofname aber war nicht ĂŒbel gewĂ€hlt; man nannte den fast
im Holze vergrabenen Hof den âFuchsbau". Seine Besitzer
schrieben sich Rainer, und seit Jahrhunderten schon saĂ ihr
Geschlecht hier drauĂen in der Wildnis, still, zĂ€h, ver-
schlossen gegen Menschen und fremd der Welt, die jenseits
der dunkeln BĂ€ume lag.
Viele Forst- und RentamtmÀnner hatten schon versucht,
das Gut, dies versprengte StĂŒck Kultur in der Urwaldherr-
lichkeit ihrer Forsten aufzukaufen, um den Ring wieder
schlieĂen zu können. Denn wie ein grober, harter Pfahl
steckte es in dem Körper der Staatswaldung. Es schob sich
stumm und trotzig mit seinem derben Bauernleib her ĂŒber
ihren grĂŒnen Tisch, breit vorgelehnt, die braunen Acker-
streifen wie rauhe harte Arme vor sich hingebreitet, oder wie
eine Spinne Beine nach allen Seiten ausgestreckt.
Aber alle Ankaufversuche waren an dem harten SchÀdel
der Fuchsbauern gescheitert, die um keinen Preis sich von
der Heimat ihrer VĂ€ter wegbringen lieĂen.
Als der letzte Fuchsbauer, Ambros Rainer, vor fĂŒnfzig
Jahren starb, schien es fast, als wÀre nun endlich das Gut
zu erwerben. Ein Baumstamm hatte ihn erschlagen, und
seine Ehe, die erst sechs Jahre gewÀhrt hatte, war kinderlos
geblieben. Die Herren vom Fiskus schmunzelten und boten
der Witwe ein sehr schönes StĂŒck Geld, wenn sie abziehen
und den Hof dem Staate ĂŒberlassen wĂŒrde. Aber die junge
Frau sah sie groĂ an und sagte: âWarum? WiĂt ihr's so
gewiĂ, daĂ der letzte Rainer verschwunden ist von der Erde?
Sprecht in sieben Monaten wieder einmal vor!"
Und als sie in sieben Monaten vorsprachen, lag ein
neuer Rainer in der Wiege, sah die fremden Herren auch
groĂ an, sagte aber nichts als âBĂ€h, BĂ€h" wie ein junges
Lamm, und das Schmunzeln war wieder auf der Seite der
Fuchsbauern. Die Herren zogen mit langen Gesichtern ab,
und die BĂ€uerin rackerte sich mit den paar alten Ehehalten
und ihrem jĂŒngeren Bruder allein durch, zwanzig Jahre
lang, bis der kleine Ambros groĂ war und nun seinerseits
mitrackern konnte.
Um die Zeit, als diese Geschichte beginnt, war sie hoch
in den Siebzigern und saĂ nur noch am Ofen, um zu spinnen
oder StrĂŒmpfe zu stricken. Der Ambros aber war heut' ein
starker, breiter Mensch, mit einem Nacken wie ein Stier und
einem SchÀdel, dessen Stirne ebenfalls etwas von dem
massiven breiten Profil eines BĂŒffelschĂ€dels hatte.
Er hantierte auf dem Hofe und richtete einen der schwe -
ren Wagen zurecht, mit denen der Mist auf die Felder ge-
fĂŒhrt wird, wĂ€hrend Thomas, sein Ă€ltester Sohn, im Stalle
die Pferde anschirrte. Aus der halb offenen TĂŒr hörte man
das Klirren der Halfterketten und das âOeh, Oeh", womit
der Junge die Tiere zur Ruhe rief, indem er ihnen schwere
Kummete ĂŒber die HĂ€lse warf. Der Bauer hatte den Wagen
vor die Jauchegrube geschoben, um noch einige Schöpfeimer
ĂŒbers geladene Fuder zu gieĂen und hob ein paar Bretter ab,
mit denen die Grube gedeckt war. Er legte sie langsam zur
Hexal-Tabletfen (0,5) in Originalrollen mit 10
und 20 StĂŒck und in OriginalglĂ€sern mit 50 StĂŒck
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XII
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 4.
Seite und dann tauchte der an dem langen Holzstiel be-
festigte Eimer in die Oeffnung und stieg empor, wurde hoch
gehoben und entleerte seinen schmutzigen Inhalt, drei-, vier-
mal hintereinander mit der RegelmĂ€Ăigkeit von Wind-
mĂŒhlenflĂŒgeln, die auf- und niedertauchen. Inzwischen
spannte der Sohn die zwei Braunen an die Deichsel, und als
der Vater sah, daĂ alles fertig war, trat er zurĂŒck und be-
fahl âWeiter".
Die GĂ€ule zogen an.
Der Bauer aber stieĂ einen kleinen Schrei aus, was mehr
wie ein Fluch klang, und hob den linken FuĂ auf, der in
schwerem Lederstiefel steckte. An dem FuĂ, an der Sohle
des Stiefels hing eines der Bretter, wie ein Eisensplitter an
einem Magnet hÀngt. Ein Nagel hatte sich in den Stiefel
und durch das Leder hindurch in die FuĂsohle des Bauern
getreten, so daĂ er das ganze Brett daran emporzog. Mit
einem Faustschlag schlug er es los, humpelte auf den
Brunnentrog zu und entledigte sich dann im Sitzen des
Stiefels. StrĂŒmpfe hatte er keine an und konnte die Wunde
sogleich betrachten. Wie ein kleiner schwarzer Fleck auf
der harten, lederartigen Haut seiner Sohle sah sie aus, und
wenn nicht ein wenig Blut gesickert wĂ€re, wĂŒrde man sie
fĂŒr einen Schmutzflecken gehalten haben. Der Bauer
wischte das Blut mit der RĂŒckenflĂ€che seiner Hand ab und
hielt den nackten FuĂ unter die Brunnenröhre. KĂŒhl und
glitzernd rieselte das Wasser ĂŒber den groĂen, sehnigen,
braunen Körperteil, plÀtscherte in den Trog hinunter und
fÀrbte sich schwach von dem Rot, das nur in ein paar
Tropfen aus dem kleinen Stichloche quoll.
Als der Bauer sah, daĂ es aufgehört hatte zu bluten, riĂ
er ein BĂŒschel des mageren und feuchten Grases aus, das
unter dem Brunnen hervorwuchs, und legte es auf die
Wunde. Dann zog er den Stiefel wieder an, warf sich die
Mistgabel ĂŒber die Schulter und ging langsam, stetig und
fest dem Fuhrwerke nach. Manchmal spĂŒrte er einen kleinen
Schmerz, besonders bei den ersten Tritten, aber er verbiĂ ihn.
Als er fĂŒnfzig Meter gegangen, hatte sich jede Spur der
Verletzung fĂŒr sein GefĂŒhl verloren.
Er arbeitete schweigend auf dem Acker drauĂen neben
dem Sohn, der ebenfalls schwieg. Mit ihren Gabeln und
Hacken zogen sie den schweren, klumpigen DĂŒnger von dem
Wagen herunter, bis sich ein Haufen gebildet hatte, groĂ
genug, um die nÀchsten zehn Meter Boden zu decken, wenn
er ausgebreitet war. Dann trieben sie die GĂ€ule an und
zehn Meter weiter begann dasselbe Werk, immerfort, bis der
Wagen leer und das Feld mit den dunkeln, dampfenden HĂŒ-
geln wie mit RĂ€ucherkerzen besteckt war. Drei-, viermal so
hatten sie neue Ladung geholt, und wÀhrend der Junge im
Hofe den Wagen belud, hatte der Alte mit der breiten drei-
zackigen Gabel den Mist auseinander geworfen und ver-
rieben . . .
Sie waren mĂŒde, als sie endlich heimkamen.
Die Bauern zĂŒnden nicht gerne Licht an, wenn es nicht
sein muĂ. Beim Fuchsbauern ging man mit den Vögeln zu
Bett und erhob sich mit ihnen.
Als Ambros am nÀchsten Morgen erwachte, hatte er ein
sonderbar brennendes GefĂŒhl im FuĂ und seine Zunge war
trocken wie nach scharfem Tabakrauchen. Er wollte auf-
stehen, aber als er den Boden betrat, zuckte er zusammen
und spĂŒrte einen stechenden Schmerz. Jetzt erst erinnerte
er sich wieder des Nagels und der Verletzung, und da es
noch nicht hell genug war, zu sehen, wie die kleine Wunde
ausschaute, so streckte er sich nochmals auf sein Lager aus.
Seine Frau â robuste, gesunde Vierzigerin mit dem Schritt
eines Dragoners und derben knochigen Gliedern â , die
schon vorher aufgestanden war und Feuer am Herd ange-
macht hatte, kehrte in die Schlafstube zurĂŒck und wunderte
sich, ihn noch im Bett zu finden.
âBist krank, Ambros?" fragte sie.
âEs ist nichts. Hab mir gestern einen Nagel in den FuĂ
getreten und scheint, der Tropf wir ausschwÀren. Wann
Licht ist, muĂ ich den Schaden besehen."
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40. Jahrg. â Nr. 4.
Jenseits v o n B e r u f u n tl A in t
XIII
Sie aber wollte nicht warten, bis es voller Tag wurde,
sondern machte Liebt. Der Bauer streckte seinen groĂen,
groben FuĂ unter der schweren Federbettdecke heraus und
die Frau nahm ihn und betrachtete ihn von allen Seiten.
Sie konnte die kleine Wunde kaum finden, aber der ganze
Teil kam ihr geschwollen vor. Wenn sie ihn an der Sohle
und weiter nach oben zu gegen die Knöchel berĂŒhrte, zuckte
der Mann zusammen und rief: âAu verflucht!" Er war sonst
nicht webleidig. Da entschied sie, daĂ der FuĂ entzĂŒndet
sei und verbot dem Ambros, aus dem Bette zu gehen.
Aber wÀhrend sie in der unteren Stube mit der alten
FuchsbĂ€uerin beriet, was man machen sollte, um den FuĂ
zu heilen, ging die TĂŒr auf und der Ambros humpelte her-
ein. Es war ihm zu langwellig oben in der Schlafkammer,
so ganz allein und âbloĂ wegen des biĂchen Zehens". âWenn
sie ihm UmschlĂ€ge , verordnen wĂŒrden, so könnte er diese
ebensogut in der Wohnstube machen."
Die beiden Frauen waren in der Tat ĂŒbereingekommen,
UmschlÀge zu machen. Sie banden MilchkÀse in nasse
TĂŒcher und legten sie ĂŒber den FuĂ. Der KĂ€s zieht die
Hitze aus, sagten sie. Und den ganzen Tag lag oder saĂ der
Ambros auf dem schwarzen Ledersofa in der EĂstube und
lieĂ sich von dem weiĂen KĂ€se die Hitze ausziehen. Sobald
die KĂ€sefladen trocken und heiĂ wurden, was etwa nach ein
paar Stunden eintrat, wurden sie den HĂŒhnern zum Fressen
gegeben und frische aufgebunden. Es war besonders gut fin-
den FuĂ, daĂ die HĂŒhner den Krankheitsstoff sogleich ver-
zehrten. Da konnte es an baldiger Heilung nicht fehlen.
Der Thomas besorgte wÀhrend des Tages die Feldarbeit
allein, von der Cilla unterstĂŒtzt, die etwa ein Jahr jĂŒnger
war. Cenzi, die SiebzehnjÀhrige, und Walpurg, eben erst
aus der Feiertagsschule entlassen, halfen der Mutter im
Hause und im Stalle. Sepp, der JĂŒngste, besuchte noch die
Volksschule, ging gewöhnlich um sechs Uhr frĂŒh fort (der
Marktflecken mit dein Schulbause lag eine gute! Stunde von
Fuchsbau entfernt) und kam erst abends sechs I hr zurĂŒck.
Er muĂte bei Verwandten zu Mittag essen, denn im Tag
v iermal hin und her zu laufen, wĂ€re fĂŒr den Buben, nament-
lich im Winter, zu viel gewesen.
Jedes der Kinder erkundigte sich, so oft es die Stube
betrat, angelegentlich nach dem Stande der Heilung. Si-
liebten ihren Vater mit wahrer Liebe, mit jener bÀuerlichen,
schlichten, groben Treue, die hart ist wie steiniger Boden,
aber auf der Liebcsbezeigungen wachsen, so weich und zart
und sonnig wie Blumen . . . Sie erwiesen kleine Aufmerk-
samkeiten, die ihn erfreuten, ohne daĂ er es merken lieĂ. Im
Gegenteil schien er brummiger zu werden und wetterte zu-
weilen ĂŒber die Faulenzerei, zu der ihn âdie Weibsleute"
verdammt hÀtten, obwohl ihm doch gar nichts fehle. Allein
als es Abend war, lieĂ er es doch geschehen, daĂ ihn Tho-
mas auf den Arm nahm und ĂŒber die Stiege hinauf in die
Kammer trug, nur damit er nicht auf den FuĂ zu treten
brauchte.
Thomas war zwanzig Jahre alt, ein langer, hagerer
Bursche mit dem SchÀdel und den Knochen des Bainer-Ge-
schlechtes und ein GrĂŒbler. Er lachte selten, sprach wenig
und höchstens mit den Pferden, den Ochsen und KĂŒhen im
Stall, oder drauĂen mit den Erdschollen des Ackers. Der
Wald und sein Einödhof und dieses Losgelöstsein von all
der Welt drauĂen war ihm das liebste, was er kannte. Wenn
er neben dem Vater her an der Pflugschar gegangen war
oder wenn sie zusammen Holz gefĂ€llt oder im FrĂŒhjahr und
Herbst DĂŒnger auf den Wiesen verarbeitet halten, hatte der
Alte oft Geschichten von drauĂen erzĂ€hlt. Von KrĂ€mern, die
gescheit daherreden und die Bauern betrĂŒgen; von Pfarrern,
die NĂ€chstenliebe predigen und sich fĂŒr jeden Schund be-
zahlen lassen; von den Bichtern und Gesetzmachein, die nur
gegen Niedrige streng, aber milde gegen GroĂe sind; von
Steuern und Abgaben, die der Bauer zahlen muĂ, damit die
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y Ii
HO 'ĂĂSitr Berlin-Wilmersdorf I. ÂŁ
XIV
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 4.
Herren und BĂŒrger gemĂŒtlich leben können und dergleichen
mehr. So hatte der Junge einen wahren Greuel vor all dem
eingesogen, was jenseits der grĂŒnen Mauer lag, und hatte
sich geschworen, so wenig als möglich mit diesen Leuten in
BerĂŒhrung zu kommen. Er war stolz geworden, hier wie ein
König frei und ungeniert schalten und walten zu können,
und bewundernd hatte er seinem Vater zugehört, daà schon
vor dreihundert Jahren die Rainer auf dem nÀmlichen Hofe
gelebt und vor keinem den Hut gezogen hatten. DaĂ sie sich
selbst genug waren, niemand brauchten und von niemand
abhingen, erfĂŒllte ihn mit Freude. Und daĂ sie das tun
konnten, ohne âgescheit" zu sein, ohne die verlogene, heuch-
lerische sogenannte âBildung" â daĂ sie mit ihrem gewöhn-
lichen Lesen, Schreiben und Rechnen doch gerade so weit
waren als die anderen, die mit Wissen und Fortschritt prahl-
ten, das bereitete ihm, der nie ein besonderes Geisteskind ge-
wesen und in der Schule nicht viel ĂŒber die letzte Bank hin-
ausgekommen war, ein ganz besonderes VergnĂŒgen. Trotz-
dem hatte er das GefĂŒhl der AbhĂ€ngigkeil von seinem Vater
in einem MaĂe, wie es eben nur das BewuĂtsein der eigenen
SchwÀche erzeugen kann. Er war gewöhnt, von ihm alle
Befehle zu empfangen, ihn ĂŒberall nachzuahmen und sich
in allem nach ihm zu richten, denn es stand fĂŒr ihn fest,
daĂ der Vater der klĂŒgste und tĂŒchtigste aller Bauern des
Landes sei.
Der einzige Tag, den er heute fehlte, hatte dem Thomas
schon manche Verlegenheit gebracht, denn die MĂ€dchen und
die Mutter hatten ihn manchmal um etwas gefragt, was er
nicht zu beantworten gewagt hatte. Die Unsicherheit seines
verschlossenen Wesens kam plötzlich zum Vorschein.
Er war also aus doppeltem Grunde traurig und miĂ-
mutig. Seine eigene Lage dĂŒnkte ihm zu verantwortlich,
wenn es sich gleich nur um Mist, Futter, Ochsen und KĂŒhe
handelte, und das Leiden des Vaters machte Sorge. Er hatte
den FuĂ gesehen. Der FuĂ gefiel ihm nicht. Es war alles
rot gewesen, rot und dick. Wer weiĂ, wie lange es dauern
konnte.
Auch am nĂ€chsten Morgen war das entzĂŒndete Glied
ebenso. Ambros blieb im Bett und verlangte gar nicht mehr
in die Stube hinunter. Die Weiber hielten abermals Rat zu-
sammen und gedachten, die Versuche mit dem TopfenkÀse
fortzusetzen. Aber der Bauer entschied, daĂ es nichts wert
sei und sprach: âUnsinn! KĂ€se ist nix. KĂ€lte ist nix fĂŒr
das Bein da. Ich spĂŒre, daĂ ein Eiter darin tobt, und am
besten ist es schon, etwas zum Ziehen darauf zu tun. Kar -
toffelbrei muĂ dran hin oder ein Zugpflaster. Macht, daĂ
ihr's herbringt!"
Wie immer fĂŒgten sich die Frauen seiner besonneneren
Einsicht, und bis die Mutter Wachs, Leinöl und Honig zu
einer Pflastermasse zusammengeschmolzen hatte, legte ihm
die BĂ€uerin zerdrĂŒckte Kartoffeln, so heiĂ er sie ertragen
konnte, auf die Haut und band sie mit TĂŒchern fest, bis sie
abgekĂŒhlt waren. Alle paar Stunden steckte Thomas den
Kopf zur TĂŒr herein und fragte: âWie geht dir's, Vaterl?"
Und wenn der Alte erwiderte, âalleweil noch nix Rech-
tes", dann setzte sich der Sohn auf den Stuhl neben hin und
erzÀhlte ein paar Minuten lang mit kurzen, abgebrochenen
SĂ€tzen von seiner TĂ€tigkeit auf dem Felde, teils weil er
glaubte, das mĂŒĂte den Alten am besten unterhalten, teils
weil er sich dabei pfiffig irgendeinen Ratschlag erholte.
Am Abend dieses Tages erkundigte sich der Bauer
plötzlich, ob es drauĂen kalt sei. Es war Ende September
und einer der schönsten Tage des Jahres. Aber sonder-
barerweise fing es an, ihn im Bett zu frieren. Die BĂ€uerin
muĂte TĂŒcher wĂ€rmen und ihn einwickeln; trotzdem zitterte
er an allen Gliedern und seine ZĂ€hne schlugen mit leisem
Klappern aneinander.
Nachdem der Frost vorĂŒber war, fĂŒhlte er sich matt und
trank viel kalte Milch, um seinen Durst zu löschen. In der
Nacht redete er wirres Zeug, von Haferpreisen und Kuhver-
kÀufen, vom Erschlagenwerden durch fallende BÀume und
Toramin
(Trlchlorbulylmalons aure§ Ammonium D. R. P.)
wirkt stark herabsetzend auf die Erregbarkeit des Atmungsapparates, ohne den Blutdruck zu beeinflussen. â Frei von
narkotischer und drastischer Nebenwirkung, keine Verstopfung,
daher auch bei SchwÀchlichen, Kindern und Àlteren Leuten In wirksamer Oabe gefahrlos anwendbar.
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Ursprungs, bei Lungen- u. BrustfellentzĂŒndungen, Keuchhusten in abklingendem Stadium, nervöser Husten.
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J
10. Jahrg. â Nr. 4.
Jenseits von Ii e r u f u n d A in t
XV
von brennenden HĂ€usern, alles bunt durcheinander, bei halb
offenen Augen, so daĂ der Frau angst wurde und sie die
Kinder zusammenrief, um nicht allem zu sein.
Den JĂŒngsten lieĂ man schlafen, aber die drei MĂ€dchen
standen mit erschreckten Augen und dem Weinen nahe um
das Bettende, wÀhrend Thomas stumm neben dem Kopf des
Kranken saĂ und auf die tollen Gedanken wirbel horchte, die
in dem sonst so ruhigen, kĂŒhlen Gehirn seines Vaters
brodelten.
âMuĂ er sterben?" fragte er wie ein groĂes Kind die
Mutter.
âEi, was gar noch!" rief Ambros auf einmal. Er hatte
die Frage in seinen Halbschlaf hinein vernommen und war
aufgewacht und betrachtete erstaunt die vielen Gesichter,
die um sein Bett versammelt waren.
âWas wollt ihr denn da, ihr?" fuhr er sie an. âWas
habt ihr denn fĂŒr ein GeplĂ€rr; sterben? Wer sagt denn das?
GetrÀumt hab' ich. Der Kopf ist mir dumm von dem
ewigen Bettliegen da, und ich weiĂ, was ich tu: morgen
stehe ich auf. Das ist alles. Macht, daĂ ihr in euer Stroh
kommt!" . . .
So polterte er.
Sie hörten es, wie Stimme der Erlösung. Wenn er noch
aufbegehren konnte, war es nicht gefehlt mit ihm, sagten
sie sich und gingen aufatmend in ihre Kammern.
Die BĂ€uerin jedoch schickte morgens den Joseph, als er
in die Schule fortging, zum Doktor.
âGehst hin und sagst, er möchte gelegentlich herkommen,
der Vater sei krank."
Thomas hörte das.
âIst es denn nötig, Mutter?" meinte er. âIch denke, Vater
reiĂt es so besser durch. Was wissen die Dokterl"
Aber die Mutter erklÀrte, sie wolle mal hören, was sei.
Hernach könne man immer tun, was man möge. Im Fuchs-
bau hielt man nicht viel von der Wissenschaft. Kranke
Schafe und Rinder kurierte man selbst, und es ging meist
vortrefflich.
Doktor Merdmcr war ein Secbziger, klein, kugelrund,
mit glattrasiertem Gesicht und scharfen BrillenglÀsern, so
daà er aussah wie ein Geistlicher. Sein SchÀdel war fast
ganz kahl, aber das rote vollbackigc Antlitz und die groĂe
Beweglichkeit, die er besaĂ, lieĂen ihn jĂŒnger erscheinen
und gaben ihm etwas allzeit Fideles auch bei ernstesten
Gelegenheiten.
Er kam, fand den Fuà und seinen TrÀger sehr bedenk-
lich und sprach von Blutvergiftung, Aufschneiden, höchster
Zeit usw., daĂ alle Familienglieder eine GĂ€nsehaut ĂŒberlief.
Ambros war bei vollem BewuĂtsein und hörte die ErklĂ€run-
gen des Arztes schweigend. Als sie zu Ende waren, sagte
er bloĂ: âSchneiden laĂ ich mich jetztmals noch nicht,
Doktor. Tut sonst, was Ihr fĂŒr gut meint."
Doktor Merdmer zuckte die Achseln, begnĂŒgte sich, vor-
erst einen Verband anzulegen und wollte sich die Ueber-
redung zum nötigen Eingriff auf den nÀchsten Tag ver-
sparen.
Als er fort war, riĂ Thomas die Fenster auf und fluchte
zum erstenmal in Gegenwart des Vaters.
âPfui Teufel, wie das Sakermentszeug stinkt," rief er,
âwas die Kerle da an einen hinschmieren. Man riecht ihnen
das Gift auf eine Stunde weit an. Vater, schneiden laĂt du
dich nicht! Schneiden laĂt du nicht! Es wird schon so
gehen, nicht wahr, Vaterl!"
Er war ganz erregt und kniete neben dem Bett des
Kranken nieder. Der Vater kraute ihm den groĂen, dicken
Schopf und tröstete ihn: âSei nit so dumm, Thomas. Kommt
Zeit, kommt Rat. Schneiden laĂ ich mich nit, wenn's nit
gewiĂ sein muĂ. Vielleicht bricht bis morgen die ganze Ge-
schichte auf und dann ist alles in Ordnung. Ich spĂŒr's, daĂ
dem Doktor sein Sach gut angreift. Es brennt schon sau-
mĂ€Ăig." (SchluĂ folgt.)
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XVI
Jenseits von Beruf und- Amt
40. Jahrg. â Nr. 4.
Anatomie und Krankheit in den Àltesten Zeiten.
Von Dr. F. von den Velden.
Es soll hier von Zeiten die Rede sein, aus denen keine
schriftliche Ueberlieferung existiert, ĂŒber welche wir nur aus
der Sprache selbst Nachricht bekommen.
DaĂ die Ă€uĂeren sichtbaren Körperteile frĂŒhzeitig be-
nannt waren, versteht sich bei dem groĂen Interesse, das der
Naturmensch fĂŒr seinen Körper hat, von selbst. Mit ihnen
wollen wir uns hier nicht aufhalten, vielmehr sehen, wie
weit die inneren Teile bekannt und benannt waren. Sie
kennen zu lernen, hatte der frĂŒhe Mensch nicht nur an
Tieren Gelegenheit, sondern auch an seinesgleichen, denn
einst herrschte ein ungenierter Kannibalismus, wie man z. B.
aus den Funden von Krapina ersehen kann, die aus klein -
geschlagenen menschlichen Knochen bestehen.
Die Nieren mĂŒssen den Menschen frĂŒhzeitig inter-
essiert haben, denn sie werden nicht nur in den mongolisch-
tĂŒrkischen, sondern sogar in den Bantusprachen (Afrika)
mit demselben Worte bezeichnet als im Griechischen und
Deutschen. DaĂ das tĂŒrkische bögrok, bujarak dasselbe
Wort ist wie das griechische vscpgöc, = Niere, dafĂŒr muĂ
ich freilich hier den Beweis schuldig bleiben, um nicht all-
zusehr ins philologische Gebiet zu geraten. Die ursprĂŒngliche
Bedeutung ist âStein" â man erinnere sich, daĂ die
Schwaben den Testikel âStein" nennen. Das Lateinische hat
neben zwei Dialektworten (nefro, nebrundo) das uns ge-
lĂ€ufige ren, das wahrscheinlich auch âStein" bedeutet. Ueber
die Funktion der Nieren scheint man im Zweifel gewesen zu
sein und sie gelegentlich fĂŒr GeschlechtsdrĂŒsen gehalten zu
haben, was ja bei ihrer anatomischen Lage begreiflich ist.
Wenn es im Alten Testament heiĂt âder Herr, der Herzen
und Nieren prĂŒft", so ist dabei nicht an die Untersuchung
auf EiweiĂ und Zucker gedacht, sondern hier sind die
âNieren" als GeschlechtsdrĂŒsen aufzufassen, deren enger Zu-
sammenhang mit dem Charakter dem scharf beobachtenden
Naturmenschen bekannt gewesen ist.
FĂŒr die Testikel haben auffallenderweise die so nahe
verwandten indogermanischen Sprachen keinen gemein-
samen Ausdruck, vielleicht deshalb, weil âliebe Kinder viele
Namen haben" und öfters einen neuen bekommen. Um nur
die bekanntesten zu nehmen: o(#»s, testis, Hode haben mit-
einander nichts zu tun. "O^tc bedeutet âEi", testis und
Hode âStein". Ueber die Bedeutung der Hoden muĂ man
frĂŒhzeitig im klaren gewesen sein, denn das Verschneiden
der Haustiere ist eine alte Gewohnheit. Im Tungusischen
heiĂt geldak Ochse, eine gelte Geis ist in der JĂ€gersprache
eine unfruchtbare.
Das gröĂte und nutzbarste Organ des Leibes, die Leber,
ist natĂŒrlich der frĂŒhzeitigen Aufmerksamkeit nicht ent-
gangen.. Im Tungusischen und den tĂŒrkischen Sprachen
wird sie mit demselben Worte bezeichnet wie ijnctQ, jecur,
Leber. Die Bedeutung ist wahrscheinlich âdas schwere
(Organ)", wie in vielen Sprachen die Leber als die schwere
der Lunge als der leichten entgegengesetzt ist. Lateinisch
pulmo, griechisch TtĂsifMP, spĂ€ter nvevpoov in Anlehnung
an TTvioĂ€ atmen, bedeutet das âleichte", vielleicht auch das
âschwimmende". Auch Lunge bedeutet die âleichte".
Weniger Ordnung herrscht bei Organen, die nicht so
klar charakterisiert sind, wie die M i 1 z. Das Wort, welches
in den mongolischen Sprachen die Milz bedeutet (und wahr-
scheinlich identisch ist mit anXijv, lien), bedeutet dort
gelegentlich auch die Leber und im HebrÀischen, Arabischen
und anderen hamitosemitischen Sprachen die Niere. '
Wenig Klarheit herrscht auch in bezug auf den Bauch.
Bauch und Magen werden gewöhnlich duich dasselbe Wort
bezeichnet, auch bei uns versteht man unter Leib bald den
Bauch, bald den ganzen Körper. Der Magen erschien als
ein StĂŒck des Darms, ja sogar die Speiseröhre: dasselbe Wort,
das im Tungusischen den Darm bezeichnet, ist unser
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40. Jahrg. â Nr. 4.
Jenseits von Ă c r u 1' und A in t
XVI!
âSchlund". Die Brust wird im allgemeinen zum Bauch ge-
rechnet, das Wort, das im Tungusischen den Bauch be
zeichnet, ist das lateinische pectus, âBrust". Die Eingeweide
mit Ausnahme der oben einzeln erwÀhnten werden sehr in
Bausch und Bogen behandelt, so gibt es in den germanischen
Sprachen ein Wort, das âEingeweide", aber auch âHerz" be-
deutet: es ist dasselbe Wort wie das aus Homer bekannte
ttTog âherz", das in der Form tjtyi»' auch âBauch" bedeutet
und vermutlich mit Uterus und vaiiqa (= Uterus) identisch
ist, aber auch mit litauisch vedara, mazedonisch udt-yog
âBauch, Magen". Uebrigens bedeutet auch das griechische
xaqdia nicht nur Herz, sondern auch Magen. DaĂ man diese
Organe so wenig auseinanderhielt, beweist, wie wenig man
sich um ihre Funktion kĂŒmmerte, lieber ihre Verwendbar-
keit in der Haushaltung hinaus hatten sie kein Interesse.
So betrachtete man auch die Muskulatur nicht als Be-
wegungsorgan, sondern als eĂbares Fleisch. Das gotische
mimz âFleisch", ganz Ă€hnlich im samojedischen und mand-
schurischen benannt, steckt im lateinischen membrum Glied,
im griechischen (ii^ivQ, (jt/quc, aber auch im griechischen
fivg, lateinisch mus culus, althochdeutsch mĂŒs âMuskel", die,
entgegen der Meinung der Philologen mit dem gleichlauten-
den, âMaus" bedeutenden Worte nichts zu tun haben.
Uebrigens bedeuten auch âLeiche" und âLeib" nichts anderes
als Fleisch, wenn man auf die mongolischen Sprachen zu-
rĂŒckgeht.
Dieselbe praktische Anschauungsweise finden wir bei
Sehnen, Adern und Nerven. In den mongolischen
Sprachen und im Lappischen finden wir einen Verwandten
unseres Wortes Sehne oder Senne, der bald Ader, bald Sehne
bedeutet. Davon hat das tĂŒrkische sein sinir, sinjir abge-
leitet, welches Sehne und Nerv bedeutet und mit nervus,
vsvqov und Schnur (ahd. snuor) identisch ist. Die drei
Sachen haben fĂŒr den primitiven Menschen nur insofern
Interesse, als sich FĂ€den und Stricke daraus machen lassen.
Das Blut fĂŒhrt im Lateinischen einen altehrwĂŒrdigen
Namen (sanguis, blutig sancius), der sich nicht nur in den
Sprachen Mittel- und Nordasiens wiederfindet (mand
schurisch sengi, tungusisch sauksa usw.), sondern auch in
Sprachen Indiens, vielleicht auch Nordafrikas; vermutlich
gehört auch griechisch atfia hinzu. Die germanischen
Sprachen haben das Wort verloren und gebrauchen eine
Neubildung âBlut", die vermutlich ârot" bedeutet.
Und nun sei noch als Ausnahme und MerkwĂŒrdigkeit der
Name eines Organs mitgeteilt, der einen allerdings nahe-
liegenden Hinweis auf die Funktion enthĂ€lt. FĂŒr die Blase
sind die tungusischen Namen gutuga, udjik, adjik ĂŒberliefert,
woraus sichtlich lateinisch vesica entstanden ist. Zugrunde
liegt ein Wortstamm in der Bedeutung âurinieren", der sich
sogar in den fernen Bantusprachen findet.
Wir sehen also in sehr alter Zeit gewisse anatomische
Kenntnisse verbreitet, aber ohne die zugehörige Physiologie,
es ist eigentlich nur eine Anatomie fĂŒr den KĂŒchen- und
technischen Gebrauch des Schlachtopfers. Nun wollen wir
sehen, wie es mit den Krankheiten steht.
Es ist auffallend, daĂ fĂŒr âKrankheit" und âVerletzung,
Wunde" die Bezeichnungen nicht getrennt sind, sondern die -
selben Worte in beiden Bedeutungen gebraucht werden. Die
Lautverwandten unseres âsehr", das eigentlich âwund" (eng-
lisch sore) bedeutet und auch seinem eigentlichen Sinne nach
in âversehren" erhalten ist, bedeuten in den mongolischen- und
tĂŒrkischen Sprachen Verletzung, Wunden, Schmerz, Krank-
heit, und ebenso geht es mit den Verwandten des lateinischen
aeger, aegrotus und des deutschen siech, Seuche. Eine he-
sonders weite Verbreitung hat die Verwandtschaft des
griechischen Xotyöc, Xotjjöc, âUnglĂŒck", Seuche", lateinisch
lues (dessen ursprĂŒngliche Bedeutung bekanntlich âKrank-
heit" ist). Ein im heutigen Deutsch ausgestorbenes Wort fĂŒr
Arzt, althochdeutsch lachi, das in den nordischen und
slawischen Sprachen noch existiert (manchem wird das pol-
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zeichnen «ich vor Jodoform- u. den anderen ĂŒblichen antiseptischen Verbandstoffen aus :
1. durch anBerordentiich rasche Reinigung der Wunden;
2. durch gunstige Beeinflussung der GranulationabUdung';
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XVIII
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 4.
nische lekarschi bekannt sein), dĂŒrfte damit zusammen-
hÀngen. Ausgestorben ist auch das eigentliche deutsche Wort
fĂŒr Gift bezw. Arznei, althochdeutsch luppi, gotisch lubia
und durch das farblose Gift, eigentlich âGabe" ersetzt, wie
auch im lateinischen statt des eigentlichen Wortes gewöhnlich
venenum âLiebestrank" (zu Venus) gesetzt wird. Das grie-
chische log, lateinisch virus Gift, hÀngt mit althochdeutsch
wesanen verwesen, verfaulen zusammen, deutet also auf
Leichengift. DaĂ damit noch in griechischer Zeit gelegent-
lich die Waffen (rd§a) vergiftet wurden, ersieht man aus
ofyxov âGift".
Der gewöhnliche Name fĂŒr Eiter, lateinisch pus (grie-
chisch nvov, nvog) rĂŒhrt von stinkendem Eiter her, vergl.
putridus âfaul", wenn man nachher auch das pus bonum et
laudabile so benannte. Das germanische âEiter" ist eine Ab-
leitung des im SchwÀbischen noch gebrÀuchlichen Eià =
Furunkel, das sich nicht weiter verfolgen lĂ€Ăt.
EigentĂŒmlich ist der Name Narbe, der nach Ausweis
des Mongolischen usw. eigentlich âNarbenkontraktur" bedeu-
tet, vgl. auch englisch narrow âeng". Das lateinische cicatrix
ist unerklĂ€rt, dĂŒrfte aber zu einer interessanten Gruppe von
Wörtern gehören, die sich von den tĂŒrkischen und kaukasi-
schen Sprachen bis ins ferne Baskische zieht und allerlei
örtliche HautabnormitĂ€ten bedeutet. Im baskischen heiĂt
ankura, hanpa eine Geschwulst = englisch amper, ambury
âBlutgeschwĂŒr", in einem kaukasischen Dialekt zinkir eine
Warze. Das ist offenbar = griechisch yoyygoc, yoyyQwvri,
yĂ€yyqaiva âAuswuchs" und lateinisch Cancer, das man
fÀlschlich mit dem Tiere Cancer = Krebs zusammengebracht
hat.
Eine eigentĂŒmliche Scheidung besteht unter den Worten
fĂŒr Sterben, sie bedeuten mehr oder weniger deutlich âtot-
geschlagen werden" oder âwelken, verkĂŒmmern" â zu
letzteren gehört âsterben" und vermutlich auch lateinisch
mori.
DaĂ es von jeher allerlei KrĂŒppel, Lahme, Blinde gab, ist
klar, so findet sich unser âBlind" in den mongolischen
Sprachen, lateinisch caecus ebenfalls und in noch weiterer
Verbreitung. Auch das Ungeziefer, Flöhe, Fliegen, Ameisen,
haben von jeher die Menschheit gewaltig geplagt, manche
Ungeziefernamen finden sich durch die ganze alte Welt ver-
breitet. Nur auf eins möchte ich aufmerksam machen, die
Hautleiden, die offenbar von jeher verbreitet waren. Das
etwas in Vergessenheit geratene Zitteroch = Hautflechte,
englisch tetter, lateinisch derbiosus grindig ist wohl iden-
tisch mit dem weitverbreiteten Namen gefleckter HĂŒhnerarten
(lateinisch tetrao, griechisch ts7qccÂŁ Perlhuhn). Flechte,
griechisch lti%{v, lateinisch delictus grindig bedeutet nach
Ausweis der mongolischen Sprachen eigentlich âbunt-
scheckig". Griechisch tQTtrjc, dessen Verwandtschaft haupt-
sÀchlich in den mongolischen und semitischen Sprachen ver-
breitet ist, bedeutet nach Ausweis dieser einen âjuckenden
Ausschlag".
Mit diesen Feststellungen kommen wir in eine erheblich
frĂŒhere Zeit als die Ă€ltesten schriftlichen Ueberlieferungen,
die doch erst in den letzten Jahrhunderten vor unserer Zeit-
rechnung beginnen (wenn man von der altÀgyptischen
Ueberlieferung absieht, die aber meines Wissens fĂŒr unsern
Zweck wenig bringt). Die sogenannte indogermanische
Spracheinheit, d. h. die Zeit, wo noch ein Urstadium der
slawischen, germanischen und keltischen Sprachen, des
Sanskrit und Altpersischen, des Griechischen und Lateini-
schen existierte, mag etwa 3000 Jahre v. Chr. Geburt liegen,
was sich also in diesen Sprachen gemeinsam findet, mag in
diese Zeit zurĂŒckgehen. Nun haben wir aber auch vieles
gefunden, was auch den mongolischen und tĂŒrkischen, ja
noch weiter abstehenden Sprachgruppen zugehört. Das
fĂŒhrte in sehr viel frĂŒhere Zeiten zurĂŒck, fĂŒr die alle ge-
nauere Berechnung aufhört; auch in viel frĂŒhere als die alt-
Ă€gyptische Kultur.
(Bad faon)bur& c/L 9*
Literatur: W. von Noorden. Zur Salbenbehandlung der Haemorrhoiden.
MĂŒnchener Medizinische Wochenschrift Nr. 7 1920.
A. Schmidt 's Klinik der Darmkrankheiten, II. Aufl. 1921, Seite 533.
Fo tschritte der Medizin Nr. 18/1921.
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R0B0RANS
^limulansfĂŒrdenĂppetit
Vial 8<UMmann.3nh.Apofh.E.Ralh J
^ Frankfurt a.M.'
Kl. .hihrg. Nr. .1
.1 c ii sc i i s v o ii r> c r ii f ii ii (I a in 1
XI
Jenseits von Beruf und Amt.
Cialenos, das neue Korpus antiker Aerzte
und die heutige Aerztewelt.
Von Ii a r IS u d Ii o I' I'.')
Am Kode des gewaltigsten Bingens, das die Menschlich
kennt, mn Naturerkenntnis und Meisterung der .NaturkrÀflc
/um Heile der Kranken und zur Bewahrung der Gesunden
sicli i Galenos. Fr laĂt zusammen, sichlet und ordne:! neu,
\v;is ĂŒber das Wesen des Organischen und seine Lebens
erscheinungen in der Milte des Nalurganzen griechische
Naturphilosophie und griechische Medizin seil Hippokrales
erforsch! und durchdacht hat. Er kennt sie alle, auch die
n a e h Entstehung des hippokratischen Schriftenkorpus sieh
mit Bau und Funktion des Mensc'henkörpers, mit seinen \Tei -
Ă€nderĂŒugen unter der Einwirkung krankmachender Mo-
mente, mil diesen pathogenen Faktoren selbst, mit den Mit-
teln zur Behebung der Störungen, diÀtetischen oder pharma-
kologischen, beschÀftigt haben. Er hÀtte noch die ganze
groĂe medizinische Literatur der Hellenen von allen l'llanz-
und PflegeslĂ€llen an Kleinasiens KĂŒsten, an!' stauen Inseln,
in Sizilien und SĂŒditalien, in den Lehr- und Forschungs-
Indien Alexandreias, unverkĂŒrzt zur Hand und schöpfte aus
dem Vollen, doch nicht ohne NachprĂŒfung in Beobachtung,
im biologischen Experiment; aber er schöpfte nach Belieben
und schaltete souverÀn mil seinen Vorlagen, ohne dal! wir
in den meisten Fidlen kontrollieren könnten, ob er elwus
und w i e v i e 1 an selbst Beobachtetem vortrÀgt und Welche
SchlĂŒsse er selbst daraus gezogen haben mochte.
Mit Erlaubnis des Ver
Ii o I [. Leipzig, Verlag von 1
geS' aus ..Skizzen" von Karl S u (1-
C. YY. Vogel. 192L
Fast zwei Jahrlausende lang hal man alles als sein
Eigenes angesehen und ihn als den höchsten Meister Àltgrie
c bischer Heilkunde verehrt man hal jelzi zu zweifeln bfi
gönnen, sein Wert isl liefer gesunken oder seine SchÀtzung
Wenigstens als zu den /eilen, da man ihn als ĂŒberlebt bei
seile schob, trotzdem man seine relative GröĂe noch gelten
lieĂ.
Man Irin heute mit anderen Gedanken an ihn herab.
Man suchl auch ihm Antwort zu entlocken ĂŒbei das, was
vor ihm war, was er uns direkt kenntlich oder in VerhĂŒllung
bewahrt hat. Freilich isl bei ihm die VerhĂŒllung weil dichter
als bei den groĂen EnzyklopĂ€disten der spĂ€talexandrinischen
und byzantinischen Medizin, einem Oreibasios, einem
Alexandros von Tralleis, einem Ae'tios, einem Laulos, ob-
gleich man sieb auch dort hat tÀuschen lassen und manchem
dieser Aerzte den Werl weit gröĂerer SelbstĂ€ndigkeit, be-
deutender eigener Leistung hal zuerkennen wollen, als er ihm
gebĂŒhrt; Bei Galenos isl das VerhĂ€ltnis unter allen l'm-
st ariden ein anderes. Die Einkleidung der Gedanken und
der Tatsachenschilderung isl allenthalben sein EigengĂŒt.
Leicht bandbabl er den Griffel, allzu leicht nur und allzu
weitsehweifend breit und endlos: in flĂŒssiger, allzu flĂŒssiger
Diklion dehnen sieh und verflachen sieb die Gedanken zu
oll öder, unertrÀglicher Langweile trotzdem der Mann
immer etwas zu sagen hat.
Von seinen Jugendtagen an schrieb er. wo er auch war,
und diktierte last Ihm jeglicher BeschĂ€ftigung. Der dĂŒnne
Fadeii seiner rieselnden Worle rill niemals ab. Aber er
beben se hte sein Gebiet völlig.- Grundlegend unterrichtet bei
Mathematikern und Philosophen hal er in Biologie und
praktischer Medizin das vorhandene Wissensmalerial voll in
FlĂŒssig
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XII
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 5
sich aufgenommen, nicht nur gedĂ€chtnismĂ€Ăig, sondern
wissenschaftlich verarbeitet im Anschauen,. Nachschaffen
und NachprĂŒfen. Das zeigen besonders seine Anatomie und
Physiologie in inniger VerknĂŒpfung.
Wohl hat auch hier die Frage volle Berechtigung, und
ihre Beantwortung wird sich immer wieder aufdrÀngen, wie-
viel von dem anatomischen Tatsachen- und Beobachtungs-
material, das er vortrÀgt, verdankt er seinen VorgÀngern,
z. B. dem bedeutenden MarinosV â vielleicht alles! Trotzdem
lehrt uns schon die Art, wie er in den âanatomischen Enchei-
resen" den Leser gleichsam an der prÀparierenden Zerglie-
derung, an dem vivisektorischen Experiment teilnehmen lĂ€Ăt,
daĂ er das ganze anatomische Detail, wenigstens am Tier-
körper, nachkontrolliert hat. Man erkennt aber dabei auch
sofort die enge Verbindung, in der bei ihm Bau und Funk-
tion in der Lehre stehen und in der Forschung, und die groĂe
Gefahr Galenischer Denk- und Darstellungsweise mit ihrer
teleologischen Zurechtlegung alles Beobachteten, schnei]
fertig und wenig in die Tiefe dringend, und darum weitere
Forschung ĂŒberflĂŒssig erscheinen lassend.
Ein flacher Bationalismus und Dogmatismus beherrscht
nicht nur Morphologie und Funktionslehre, sondern die
ganze Medizin des Galenos, bei der es uns allerdings wieder
versöhnen kann, wenn wir sehen, wie sich in seinem Schrift-
tum der genetische ProzeĂ seiner eigenen Fortentwicklung
in sicherer Methodik und ehrlichem Streben ausspricht, wie
er im eigenen Einarbeiten und Erfahrunggewinnen von den
theoretischen Gebieten, zu deren Erfassung sein RiesenfleiĂ
und sein scharfer Verstand ihn sofort in den Stand setzen,
beginnt und gewissenhaft, im Wachsen eigener Erfahrung,
zu den praktischen FĂ€chern weiterschreitet. Und Erfah-
rungen in reichem MaĂe zu sammeln, dazu war er allerdings
in der Lage, in der Chirurgie der Verletzungen wÀhrend
seiner jahrelangen Dienste als Gladiatorenarzt zu Pergamon,
in intern Medizinischem auf Grund seiner ausgedehnten
Praxis allenthalben und besonders in der Weltstadt Rom,
wovon er ĂŒberall in seinen Schriften ein weidliches Auf-
hebens macht mit der in hervorragendem MaĂe ihm eignen-
den SelbstgefÀlligkeit der vorderasiatischen Giaeculi. Nach
Rom hatte es ihn gezogen, wie so viele seinesgleichen, wie
den Falter ins Licht, wie eine sc höne Frau in den Bereich
staunender Augen der MĂ€nner. Was er von seinen dortigen
Erfolgen selbst erzĂ€hlt, muĂ zwar mit prĂŒfender Skepsis
betrÀchtet werden; aber ohne Zweifel ist er in höheren Ge-
sellschaftskreisen und selbst bei Hofe ein vielgesuchter Arzt
gewesen. VortrÀge und Demonstrationen, wie er sie in
groĂem MaĂstabe und unter starkem Zustrom des gebildeten
Laienpublikums hielt, halfen seinem Ruhme krÀftig nach.
Er wÀhlte dazu besonders biologische Fragen von allgemei-
nerem Interesse, ĂŒber Bau und Funktion des Wirbeltier-
körpers, die er in teleologisch gestimmter Weise naturphilo-
sophisc h-vivisektorisch mit den Funktionen und auch dem
Bau des Menschenkörpers identifizierte. Seine platte, den
allgemeinen Menschenverstand als Richter willkommen
heiĂende und die ZweckmĂ€Ăigkeil der Einrichtung durch
den Weltschöpfer betonende Darstellungs- und ErklÀrungs-
weise der Physiologie eignete sich besonders gut zu solcher
Laienbelehrung. Und auch in seiner Pathologie sah es
Ă€hnlich aus.
Auf dem Gesamtgebiele der normalen und pathologischen
Biologie, wie auf dem der praktischen Medizin herrschte da-
mals in der zweiten HĂ€lfte des 2. Jahrhunderts nach Christo,
ein schlimmer Wirrwarr. Durch divergente Bestrebungen
der verschiedenen, fĂŒr das ganze griechische Geistesleben
charakteristischen âSchulen" mit ihrer jeweilig einseitigen,
jedenfalls stark ausschlieĂlichen Betonung bestimmter Er-
kenntniswege, Methoden, biologischer VorgÀnge, Naturer-
scheinungen, Agentien und Grundsubstanzen der anorgani-
schen und organischen Körperwelt, wie sie sich in der Me-
dizin beispielsweise in der âempirischen", âmethodischen"
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40. Jahrg. â Nr. 5
Jenseits von Beruf und Amt
XIII
uml âdogmatischen" Schulrichtung, in Humoralpathologie,
Solidarpathologie und Pneumatopathologie betÀtigen, war in
der gesamten Heilwissenschaft des spÀten Hellenismus eine
starke Unruhe schon fast zum Dauerzustande geworden. In
diesem Kample der Meinungen hielt Galenos sieh durchaus
Bichl von einer Parteinahme fern. Er nahm mit Nachdruck
[einen Standpunkt und zog gegen andere Riehtungen scharf
vom Leder, wie er denn von der streitsĂŒchtigen Manier grie-
chischen Gelehrtentums einen starken DurchschuĂ besaĂ,
ptrotzdem ihm der Vater in der Hoffnung, daĂ mit diesem
Kinde Frieden und Ruhe in sein durchzanktes Haus ein-
ziehen möge, den Namen Galenos. âder Friedfertige", auf den
Lebensweg gegeben halte. Aber sein scharfer Verstand hatte
ihn auch getrieben, alle Zeitriehtungen, wie die der Ver-
gangenheit, an der Quelle zu studieren, und er nahm so
neben deren Theoremen auch all ihre Forschungsergebnisse
in sich auf und verarbeitete sie alle mit seinem ordnenden
Griechengeiste als seinen eigensten Besitz und gestaltete sie
gleichsam neu aus seinem Innern heraus. Und all dieses
Erarbeitete schuf er schlieĂlich um zu einem groĂen, durch
ihn selber einheitlichen GesamtgebÀude der Medizin auf
hippokratisch-dogmatischer Grundlage, wie er selbst sie zu
durchschauen glaubte. DaĂ er sich dieser dogmatischen
Schulrichtung anschlieĂen wĂŒrde, war von vornherein klar,
aus seiner ganzen Veranlagung und geistigen Struktur her-
aus. Die Grundlage seines Systems ist die humorale An-
schauung, die in den flĂŒssigen Bestandteilen des Körpers die
wichtigsten Faktoren alles pathologischen Geschehens sah
jfin einer Form, die ihr des Hippokrates Schwiegersohn
Polybos abschlieĂend zu geben versucht hatte. DaĂ er dabei
einer Art hippokratischer Erneuerung von Grund auf sich
befliĂ, sicherte ihm einen um so gröĂeren Wirkungskreis.
FĂŒr uns ist Galenos eben als solcher Erneuerer und zugleich
abschlieĂender Zusammenfasser im Moment des beginnenden
Niedergangs der Medizin und Gesamtbiologie des klassischen
Altertums von so besonders groĂer Bedeutung; wir mĂŒssen
es immer wieder als besonderen GlĂŒcksfall fĂŒr die historische
Forschung begrĂŒĂen, daĂ gerade; vom Schrifttum des Galenos
soviel uns erhalten ist, wenn wir es auch sofort wieder be
klagen werden, daĂ wir diese reiche Erhaltung seiner Geistes
arbeit eben der verhÀngnisvollen Einwirkung verdanken,
welche Galenos auf die AusgÀnge der Antike vom vierten
Jahrhundert an und durch das ganze Mittelalter und weit in
die Neuzeil hinein ausgeĂŒbt hat.
Wer aber die Biologie und Medizin des klassischen Alter-
tums an der Quelle studieren und aus rein historischen oder
irgendwelchen erkenntnis-theoretischen oder methodischen
GrĂŒnden in sich aufnehmen will, der wird mit Notwendig-
keit immer wieder zu Galenos gefĂŒhrt werden. Darum und
aus einer ganzen Reihe anderer GrĂŒnde beginnt auch das
âKorpus der griechischen Aerzte", das jetzt zu erscheinen
anhebt, in glĂŒcklicher Weise mit einer Anzahl von Galen -
bÀnden, deren erster Halbband jetzt vor uns liegt.
Doch dies hervorragende neue, aber lange schon vorbe-
reitete Unternehmen verdient in vollem MaĂe, daĂ wir uns
mit ihm etwas eingehender beschÀftigen. Was will das
Corpus medicorum graecorum? Es dokumentiert sich ganz
ausschlieĂlich als philologisches Unternehmen; kein einziger
Medizinhistoriker oder sonst ein Mediziner ist in der Leitung
desselben, noch weniger natĂŒrlich unter dem Stabe der Mit-
arbeiter, dem die Recensio der Autoren anvertraut ist. In
keiner einzigen Frage glaubt die Leitung auch nur des Rates
eines Mediziners zu bedĂŒrfen, getreu dem Schlagworte, das
als Parole der griechischen Philologie ausgegeben wurde:
âDie Historie muĂ sich die antike Medizin erobern" und in
engster Auslegung derselben. Die Tatsache sei hier einfach
registriert, ohne daran Kritik zu ĂŒben, wie leicht es auch
wÀre, da sich die Philologie zum Nachweise der Berechtigung
Torami in
(Trlchlorbulylmalonsaui es Ammonium D. R. P.)
wirkt stark herabsetzend auf die Erregbarkeit des Atmungsapparates, ohne den Blutdruck zu beeinflussen. â Frei von
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J
XIV
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 5
ihres Vorgehens eine Charakterisierung der Medizinhistorik
zurechtgelegt hat, welche in ihrer Verallgemeinerung den
Tatsachen durchaus nicht entspricht.
Aber groĂzĂŒgige, erstklassige Arbeit wird an eine be-
deutungsvolle Aufgabe gewendet, das ist gewiĂ. Gleich-
zeitig beginnt die moderne Medizin und Naturwissenschaft
sich darauf zu besinnen, daĂ das, was fĂŒr alle Gebilde in
der Natur, vor allem fĂŒr die belebten, was fĂŒr das gesamte
Gebiet der biologischen Forschung uneingeschrÀnkt gilt: nur
in seinem Werden, in seiner Entwicklung ist jedes Objekt
der Biologie voll zu erfassen â daĂ dies auch fĂŒr die biolo-
gische Naturwissenschaft als solche gilt, wie auch fĂŒr jede
âexakte" Naturwissenschaft. Diese gesamten Naturwissen-
schaften und so auch die Medizin stellen doch gleichfalls
ein seit vielen Jahrhunderten, ja seit mehr als zwei Jahr-
tausenden bestehendes lebendiges Gebilde dar, das gleich-
falls nur in seiner Entwicklung voll erfaĂt und verstanden
werden kann. Das berĂŒhmte Goethe-Wort: âDie Geschichte
einer Wissenschaft ist die Wissenschaft selbst" gilt nicht nur
heute noch, es ist sogar noch einer gewissen Erweiterung
fĂ€hig. FĂŒr exakte wie biologische Naturwissenschaften, mit
in erster Linie fĂŒr die Medizin als angewandte Biologie, ist
die historische Erforschung die Wissenschaft selbst eine not-
wendige ErgÀnzung ihres Tagesbetriebes, der auf Fort-
schritt und Vertiefung vor allem gerichtet ist. Nur die volle
Kenntnis des Entwicklungsganges garantiert der Natur-
wissenschaft im weitesten Sinne die Dauer des Fortschrittes
und die Vermeidung allzu grober Irrwege der Forschung.
Und fĂŒr die gesamte Naturwissenschaft einschlieĂlich
der Heilwissenschaft ist aus diesem Gesichtspunkte heraus
von geradezu unvergleichlichem Werte eine einzige groĂe
Periode in ihrer Geschichte, die mit der modernen Natur-
wissenschaft ernsthaft verglichen werden kann.
Wohl ist fĂŒr den Spezialforscher der Geschichte der
Naturwissenschaft von kaum zu ĂŒbertreffendem Reize, sich
in die schĂŒchternen AnfĂ€nge eines vorwissenschaftlichen Be-
triebes der Natur- und Heilkunde bei primitiven und bei
frĂŒhe schon hochkultivierten Völkern am Euphrat und Nil
oder am Ganges und Jang-tse zu vertiefen. Wohl ist es
lockend, sich mit der WunderblĂŒte der arabisch-persischen
Naturwissenschaft und Medizin in der Hochperiode des
Islam zu befassen und den Duft dieser ĂŒppig wuchernden
Renaissance antiken Wissens in sich zu saugen â sehn-
sĂŒchtiger lockend vielleicht noch, sich mit Erfolg durch die
Dornenhecken hindurch zu winden, welche um das spröde
Knöspchen des abendlÀndischen Mittelalters so dicht ge-
wachsen sind, das man auch heute noch so hochmĂŒtig ver-
achten zu dĂŒrfen glaubt, wĂ€hrend es doch die zarten Reiser
zukunftssicher umhegt, aus denen die FruchtbÀume heutiger
naturwissenschaftlicher Erkenntnis wuchsen, die sogar die
hochragenden StĂ€mme hellenischen Naturerfassens ĂŒber-
wachsen sollten. Langsam, gar langsam ist es herange-
wachsen, und zögernd hat es Zellschichten um Zellschichten
aneinandergefĂŒgt; aber schlieĂlich ist es doch zu Ehren ge-
kommen, zu höheren sogar als alle ChaldÀerweisheit und
alle WunderblĂŒten des Islam. Darum soll man seine AnfĂ€nge
nicht ĂŒber die Achsel ansehen. Aus dem Aschenbrödel ist
die Königstochter geworden, und wer zu sehen versteht, ver-
mag auch schon durch das löchrige Sackgewand von Salerno
den Reiz der jungen Glieder zu erspÀhen.
Aber das sind IntimitĂ€ten fĂŒr den Fachmann, âBiterol-
fisch Waldlatein" â , fĂŒr die groĂen ZusammenhĂ€nge gei-
stiger Kultur und ihren Wert fĂŒr das Heute kommt es kaum
in Betracht, wird niemals wieder Wirkung werden. Es ist,j
wirklich so, wie ich oben schon andeutend aussprach, von
geradezu einzigartigem Werte ist und völlig ausschlieĂlich
die erste groĂe Periode wissenschaftlicher ErschlieĂung und
Erfassung der Natur, die vor 2% Jahrtausenden begann und
mit ihren AusklÀngen rund ein Jahrtausend wÀhrte. Nur sie
ist der modernen Naturwissenschaft an die Seite zu
setzen, nur sie ganz allein. Nur ihre Erzeugnisse können
â samt der Grundlegung des Modernen vom 16. Jahrhundert
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auch nach der sozialpolitischen Seite erörtert. FĂŒr Akademiker
mÀnnlichen und weiblichen Geschlecht! besonder!
interessant, wichtig auch fĂŒr den Hygieniker, Frauenarst
und Sozialpolitiker.
I
f
10. Ja Ii iv Nr
Jenseits V o n l> e r u f u n <i A in I
XV
;hi mit wirklichem Nutzen fĂŒr die heutige Forschung und
leine noch gelesen werden ;ds Muster und Warnung zu
gleich.
Die moderne Naturwissenschaft isl in die Ma inesjahrc
eingetreten. Sie hat ihre JugendslĂŒrme hinter Meli, nie sie
lllein aus eigener Krall, aus sich heraus bestehen konnte
find muĂte, sie ist nachdenklicher geworden und reifer, und
â eben der ruhigen, unermĂŒdlichen Weiterarheit auf lausend
worsehungswegen tun denen, die fĂŒhrend am Werke sind,
siille Siunden der Einkehr und Besinnung not. Sie mögen
sie damit fĂŒllen, daĂ sie die Entwicklung ihrer eigenen
\\ issenschafl Verfolgen, die Phasen ihres Aufstieges sich
gegenwÀrtig halten und die Lebensarbeit und Lebensgestal-
Eung und das geistige Ringen ihrer groĂen Pfadfinder aber
auch die Perioden des Stillstandes und des Niederganges,
indem sie deren Ursachen nachspĂŒren. Der Verkehr mit den
Klassikern clor Naturwissenschaft der letzten vier Jahr-
hunderte sei der Quickborn der modernen Forscher in den
Siunden der inneren Sammlung und Einkehr. DĂ€neben aber
sollten sie zeitweisen vertrauten Verkehr pflegen, ab und zu
nur, aber doch immer wieder einmal, mit der jungen Wis-
senschaft der Hellenen, die doch zum ersten Male in der
Geschichte der Menschheit wirklich Emst gemacht mit der
wissenschaftlichen Erforschung der Naturdinge, die auch
ihre JugendstĂŒrme hatte, ihr reifes Mannesalter und â ihre
Zeil des Alterns und Herabsinkens! Vor der Gefahr einer
llaehen Nachahmung ist die moderne Naturwissenschaft ge-
leil. Aber tieferes Verstehen unseres eigenen Strebens wer-
den wir entnehmen aus diesem unvergleichlichen ersten An-
lauf, der so Vieles schon erringen dĂŒrfte, und glĂ€nzende Vor-
bilder und ernste Mahnungen, wohin kĂŒhnes Theoretisieren
fĂŒhren kann und hartnĂ€ckiges Verharren seihst auf genialen
Irrwegen.
Wohl dem modernen Naturforscher, der die groĂen
Allen sieh zu Freunden macht, sie sind Fleisch Von seinem
Fleisch, seines Strebens und Irrens, seiner Freude und seiner
ErittÀusohtfngen Genossen! Dann mag «las Wort wieder
gelten: âWas griechisch ist, kommt schlieĂlich zu Ehren",
es wandelt auf freien Hohen, auf Wegen« die die Nalur
forschuna nie hÀtte verlassen sollen!
Der FuĂ.
Von A. De Nora.
(Fortsetzung und SchluĂ.)
Der Doktor versuchte vergeblich in den nÀchsten Tagen
den Amhros zur Erlaubnis zu bewegen, daĂ er einige Ein-
schnitte machen dĂŒrfe. Der FuĂ sah sehr ĂŒbel aus, blaurot
mit dunkeln Flecken ĂŒber Widerrist und Sprunggelenk, und
gegen die Waden zu zogen lange rote Streifen, wie spitze
Zungen einer Flamme. Jeden Tag um eine bestimmte Stunde
kam der Frost, der den Bauer schĂŒttelte, wie ein MĂŒhlwerk
den Kleiensack, ihn emporwarf, streckte und bog, und der
manchmal eine halbe Stunde und lÀnger dauerte.
Der Frost war ein besserer Prediger als der Doktor.
Amhros fĂŒrchtete sich allmĂ€hlich davor. Und so gab er
endlich zu, daà am nÀchsten Tage geschnitten werden sollte.
Thomas wollte Assistenzdienste leisten, das Wasser
reichen, Wattetupfer beiseite legen und dergleichen chirur-
gische Handlangerarbeit. Aber als er den Arzt das Messer
auspacken sah, die scharfen DÀmpfe der Verbandlösungen
roch und die kaltblĂŒtige Vorbereitung des Eingreifens er-
blickte, wurde ihm ganz schlecht und er muĂte an die frische
Luft gehen. Die BĂ€uerin ging stall seiner hinauf und er
setzte sich unter das Fenster der Kammer, wo die hölzerne
Bank an der Hausmauer stand.
Fr hörte droben die Stimme des Doktors, der beruhigend
auf den Kranken einsprach, und der Mutter, die ihrem Mann
Mut zuredete, horte das Klappern der Instrumente in der
TonschĂŒssel, wo sie in Karbolwasser lagen, und das PlĂ€t-
schern der FlĂŒssigkeit, mil der der FuĂ berieselt wurde.
bei nervöser Schlaflosigkeit,
Merz -und GeFĂ€ssneurosen
und allen Beschwerden und Er,
regungszusfÀnden auf nervöser
und hysterischer Grundlage
Zun Verordnung fĂŒr die
Berliner u.die meisten
ĂŒbrigen Krankenkassen
Deutschlands zugelassen
Resistan-
Salbe. (Aktive Komplexe von Fe-Phosphor-Verblndungen.)
Anliseptische Salbe mit starken granulations-
anregenden und epithelisierenden Eigenschaften.
Neuartiges ionotherapeutisches Mittel,
wirkt durch das Uebergewicht an Kationen
Sein bewÀhrt besonders bei: Aeusseren Verletzungen (wie Schnitt-. Riss-, Biss-
nnd Quetschwunden), Frostbeulen, Brandwunden I. und II. Grades, Ekzemen,
Decubitus, Ulcus cruris, Impetigo, Erysipel, Dermatomykosen, durch verschiedene
aetiologische Momente hervorgerufenen Erythemen.
I
Agressit-
Einlege -Pastillen zur vaginalen Desinfektion.
(ra-Monomethylbenzolsulfonehlorimid-Kalium,
/Vlonomethylcupreinbihydrochlorid , Aluminiumacetotartrat.)
Sicherstes Entkeimungsmittel auf neuem Prinzip:
Dissoziiertes Chlor und naszierender Sauerstoff.
VerbĂŒrgt den Schulz, ohne die Schleimhaut zu reizen und Ă€sthetisch unange-
nehm tu wirken. â PrĂ€parat, welches die desinfizierenden Wirkungen von
Chlor und Sauerstoff mit der keimtötenden Kraft eines Alkaloids vereinigt.
VorzĂŒglich als Schutzmittel.
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33 TimellO 6ĂĂS"nii° Berlin-Wilmersdorf I.
XVI
Jenseits von Beruf und Amt
10. Jahrg. â Nr. 5
Dann vernahm er den Schrei des Verwundeten, an dem nun
das Messer des Arztes Schnitte zog und den unterdrĂŒckten
Klageruf der Frau, worin der Jammer ĂŒber das Leiden des
Mannes erstickt wurde durch das Bestreben, sich nicht vom
Mitleid ĂŒberwĂ€ltigen zu lassen ... Und dann erklang ein
rauhes, fast tierisches Stöhnen, das mehr als laute Klagen
die Schmerzen verriet, die der Operierte droben ertrug.
Da litt es den Thomas nicht mehr drunten vor dem
Haus.
Er sprang mit ein paar SĂ€tzen ĂŒber die Stiege hinauf,
riĂ die TĂŒr der Kammer auf und starrte das Bild an, das
sich ihm bot. Von dem FuĂ des Kranken rann an mehreren
Stellen, wo Einstiche stattgefunden hatten, Blut herunter
und ergoĂ sich in die weiĂe SchĂŒssel, die drunter stand. Der
Arzt war ohne Rock, in HemdĂ€rmeln, die weiĂen Aermel bis
ĂŒber die Ellbogen aufgestĂŒlpt, und seine HĂ€nde waren blutig,
wie die eines SchlĂ€chters. Die Mutter lag ĂŒber den Leib
des Mannes geworfen und hielt das kranke Bein am Knie
fest, mit einer grausamen Umklammerung, die schlecht zu
dem mitleidigen, entsetzten Ausdruck ihres Gesichtes
stimmte. Und hinter ihrem RĂŒcken hervor tönte das dumpfe,
lauhe Stöhnen des GequÀlten ...
Gleich einem Tiger sprang der Thomas ans Bett.
âVaterl, Vaterl, was tut er dir? Er bringt dich um!"
Und mit einem giftigen Blick, mit Augen wie ein bis-
siger, groĂer Hund, der zum Sprunge bereit ist, sah er den
Doktor an, der sich eben ruhig die HĂ€nde wusch. Doktor
Merdmer lieà sich durch das rauhe und plötzliche Ein-
dringen des Jungen nicht aus der Fassung bringen. Er war
lange genug auf dem Lande, um zu wissen, daĂ diese Men-
schen ihre GefĂŒhle nicht maskieren können, weder gute noch
böse, und daĂ sie das Messer des Chirurgen mehr fĂŒrchten
als des Feindes. Er wuĂte auch, der Zorn des Jungen und
der Schmerz des Alten wĂŒrde sich schneller beruhigen, als
es zunÀchst scheinen mochte. Deshalb redete er vor allem
dem Operierten gĂŒtlich zu. Sagte, daĂ jetzt alles vorbei sei
und daĂ es nun besser wĂŒrde, hieĂ ihn, die Schmerzen noch
ein wenig verbrummen lassen, imd riet der Frau, ihm einen
Schluck Wein zu geben. Und als er so die beiden Alten be-
schĂ€ftigt hatte, wandte er sich gemĂŒtlich zum Jungen und
sprach: âNa, Thomas, warum so wild? Schau dir den an,
den Vater, ob er schon umgebracht ist . . ."
âIst auch Euer GlĂŒck, Doktor," knurrte Thomas und
stellte sich wie schĂŒtzend zwischen Arzt und Kranken.
Der Arzt sah, daĂ mit dem Menschen nicht zu reden
war, zuckte die Achseln und schwieg.
Nachdem er verbunden, seine Anweisungen gegeben mid
versprochen hatte, morgen wieder zu kommen, ging er.
âVaterl," sagte der Thomas, als sich die TĂŒr geschlossen
hatte, âgelt, den Leuteschinder, den Metzger laĂt nicht mehr
herein Ich kann es nicht sehen, wie er dich abschlachte l
gleich einem StĂŒck Vieh. Ich will zum SchĂ€fer Balthes
gehen, in den Stauden hinten, der uns schon oft guten Rat
gegeben hat, und wirst sehen, der macht's! Der macht's
ohne Blut und Messer! Das ist ein zehnmal gescheiterer
als der Vieraugete! Wenn der Balthes nicht helfen kann,
kann's der Doktor auch nicht."
Lang setzte er dem Ambros zu.
Dem stand die Erinnerung an die Messerschnitte und an
das AusdrĂŒcken der Wunden, an all das Blut und die
Schmerzen noch zu lebhaft vor Augen, als daĂ er sich stark
dagegen gewehrt hÀtte, auf schmerzlose Weise kuriert zu
werden. Er gab schlieĂlich seine Einwilligung, und lachend,
pfeifend ging Thomas aus dem Zimmer. Eine halbe Stunde
spĂ€ter war er schon auf dem Weg âin die Stauden".
Der SchÀfer Balthes hatte die SchÀferei lÀngst aufge-
geben. Er war ein gesuchter Wunderdoktor der Gegend,
kurierte mit KrĂ€utern und âSympathie", das heiĂt beson-
deren, geheimnisvollen Gebeten und SprĂŒchen, die auch aus
der Ferne noch Wirkung tun, und verwendete seine Kunst
sowohl am Vieh als an Menschen. Er sah aus wie die
anderen Bauern auch, schlecht rasiert, verschmitzt, schweig-
sam und grobschlÀchtig, und so stand er am Tage darauf
neben dem Bett des Ambros, gerade als der Doktor ankam.
Die BĂ€uerin mit der Gerissenheit der Weiber und der
KaltblĂŒtigkeit, die ihr sonst zu eigen war, stellte den Balthes
leichthin als âeinen Vetter" vor und fragte, ob er nicht da-
bleiben dĂŒrfe zum Helfen, denn sie könne es nicht mehr
âverkraften", und auch dem Thomas sei schlecht geworden.
Der Arzt war zufrieden und lieĂ sich ahnungslos beim Ver-
bandwechsel von dem Pfuscher helfen.
Als er fort war, schĂŒttete Balthes seine Weisheit aus.
âDas glaube ich, Bauer, daĂ du nicht gut werden kannst!
Gerade verkehrt macht er's mit dir. Das gesunde Blut lĂ€Ăt
Gebrauchsfertige Arznei Formen deutscher Herstellung
und
Als bequeme,zuverlÀssigeu.billige Verordnung bei Krankenkassen zugelassen
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Grippe-Spezifica
heumasan
memtioi-Rneumasan.
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algien, Narbenschmerzen, In-
fluenza, Pleuritis, Hydrops
articul., Gichtschmerzen,
Muskelschmerzen,
Herzschmerzen, Sohlenbrennen
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uccosperin
internes Antigonorrhoi-
cum und Harnantisep-
ticum von diuret., beruhi-
gender u. die Darmperistal-
tik anregender Wirkung.
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Dermasan- Vaginal-Tab etten mit Silber bei Gonorrhoe sowie Fluor dubiöser Natur.
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enirenin-Beiladonna-Salbe : Tenesmus
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|eru=Lenicet=>Pulver \ Rhagaden und
Silber-Lenicet>Pulver| Figuren
P
L
Literatur
and Proben
10. Jahrg.
Nr. 5
Jenseits \ 011 Ii e r u f und A in I
XVII
er dir raus; hast nicht gesehen, wie rot daĂ es war und wie
frisch und gesund? Und treibt dir das schlechte in den Leih
hinein. Ei ja, freilich! Möchte dir vielleicht gar noch das
Bein runterschneiden, damit du ein KrĂŒppel wĂ€rst dein
Lebtag! Sagen tu ich's dir, Bauer: ein GlĂŒck ist es, <!;i!i dein
[Bub noch zur rechten Zeit an mich gedacht hat. Wirst
sehen, ich stell dich! In acht 'l agen stell ich dich auf die
FĂŒĂe, daĂ du laufen kannst wie ein Gockel! Aber folgen
muĂt und geschehen muĂ alles gerade wie ich's haben will,
sonst ist's gefehlt."
Der Bauer versprach es hoch und heilig. Und ih r
Balthes riĂ ihm vor allem den Verband wieder ab, bestrich
Leinwandlappen mit Hundsschmalz, das er in einen«
schmierigen Tiegelchen mitgebracht hatte, und legte sie auf
die Wunden. Dann lieĂ er ihn von oben bis unten ein-
wickeln, gab ihm einen Tee zum Schwitzen und auĂerdem
wollte er noch âSympathie machen", aber das muĂte ganz
aus der Ferne geschehen und konnte nur in seiner Wohnung
gemacht werden. Sympathie hilft sicher, wenn nicht von
feindseliger Seite ein Gegenpart getan wird, etwa vom Doktor
aus oder sonst wem.
So sagte Balthes den Leuten vom Rainerhof; denn er
war schlau genug, um den schweren Zustand des Fuchs -
hofbauern zu erkennen, und wollte sich fĂŒr alle FĂ€lle ein
HintertĂŒrchen offen halten. Thomas horchte mit offenem
Mund und Auge und nahm jedes Wort des Pfuschers wie
ein Evangelium.
Wirklich wurde es die nÀchsten Tage besser. Dem Arzt
hatte man sagen lassen, er brauche nicht mehr zu kommen.
Aber nach achtundvierzig Stunden brach die Krankheit
im Gehirn aus. Ambros wurde bewuĂtlos, streckte sich wie
ein Brett, knirschte mit den ZĂ€hnen und verdrehte die
Augen; es war schrecklich anzusehen.
Thomas lief, was er konnte um den Balthes, der, in
Anbetracht der Schwere des Falles, trotz seiner groĂen
Praxis sofort mitkam. Auf dem Wege lieĂ er sich die
Symptome schildern. Ihm schwante nichts Gutes! Und ei
haute gleich vor, damit nicht etwa ihm die Schuld am Tode
des Allen zugeschoben werden konnte.
âBĂŒhle, BĂŒhle, das bah' ich mir schier gedacht," sprach
er zu Thomas, âes hat einer Widerpart getan gegen meine
Sympathie! Ich hah's gemerkt, wie ich gestern die Sympa-
thie gemacht habe, gerade wie wenn mir einer die Worte
vom Munde wegbliese, ist es gewesen. Ks muĂ ein Feind
da sein, der ihm das Leben nicht gunnt, und dann hilft die
heste Sympathie nix. Dann ist's gerade, als wenn du Klee
ins Moor sÀen wolltest. Es geht nit auf und es hilft nix."
So wÀlzte er, ohne eine bestimmte Andeutung zu machen,
die Schuld einem andern zu. Thomas ging nebenher und
lauschte den Worten des alten Lumpen bis zur HaustĂŒr.
Als sie hereintraten, zog der Fuchsbauer eben den letzten
Atemzug. Balthes drĂŒckte allen bedauernd die Hand, be-
teuerte, daĂ er sein Bestes getan habe, und sondierte das
Terrain, ob ihm die Leute den Tod des Patienten ankreiden
wĂŒrden oder nicht. Da er merkte, daĂ sie im Gegenteil
nur seine Hilfe als zu spÀt gekommen betrachteten, ver-
langte er noch mehr âHonorar" als sonst und trug sein Ge-
wissen leichter und seinen Geldbeutel schwerer nach Hause
als wie er gekommen war.
Ambros wurde in der Stube, wo er gestorben war, auf-
gebahrt.
Das Bett wurde herausgenommen und ebenso die See-
grasmatratze, dann legte man Bretter quer ĂŒber die Seiten -
laden der Bettstatt und deckte sie mit einem hochgefĂŒllten
Strohsack. Ueber diesen weit aufragenden und durch SĂ€cke
am Kopfende noch schrĂ€g gestellten Sarkophag wurde weiĂes
Linnen gebreitet und nun die Leiche im Feiertagsgewande,
mit Kragen und schwarzer Krawatte, drauf gebettet. Hoch
und stolz wie ein König lag der Ambros auf seinem Toten -
lager. Rechts mid links auf zwei HolzbÀnken standen alle
Blumenstöcke, die das Haus besaĂ, und KrĂ€nze von Papier
blumen, BlechkrĂ€nze und Tannenreiser fĂŒllten alle LĂŒcken
[[lll^llHllllgllliilll"!^
8
1
»
9
Cupronat
Wirksames Hnthelminthlkum und Dartndesinfiziens.
Cisentropon
Organisches EisenprÀparat. Eisen fest an 6ia>elfj
gebunden. Gute Resorption und Assimilation.
Jodtropon
lod fest an Ciroeifj gebunden, daher uon intensloer
Wirksamkeit bei guter VertrÀglichkeit.
f ejoprot
Organisches eisen- Jod- eiajeirjprÀparat. Besonders an- 41
gezeigt bei an Skrofulöse leidenden Kindern. f J
fl
fl
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Hlalztropon
Troponwerke, To? Köln-MĂŒlheim
i 1 1 UpUllWCI HC, & Co., IXUIII-IIIUIIICIIII
imiMiiiwiiiuIimiiNirMjiiii
UgaBlfl iiiiiiffliii/iiii i «Ii UM ujUwiwuJ^
I
I
vereinigt in sich
die entzĂŒndungshemmenden und aniibakteriellen Wirkungen
desChlorcalciums u. HexameihYlenieiramins
und erhöhl
die Wirksamkeit dieser beiden anerkannten und
bewÀhrten Arzneimittel in der Behandlung von
anuien u. chronischen EntzĂŒndungen
der Blase, des nierenhechens
und der Harnuiege
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Dos.: 5mal2â3JTabletten\in Wasser gelöst zu nehmen.
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iriiyMriiPitiMtrMJiiiiinriiiLFir tiwtnitJUFiwir rit ru < miiju f u (i 1 1 m i ut 1 1 1 niu>u^ i i icim i ^uh tii rui ntj 1 1 1 p ijgj< "IUP '^ihiiiihj^iiii j^iiiiuiiiij^iiiiniilijtiiiiiiuijuuiiniuu^
XV1I1
!0, Jahrg. â Hr. .">
des Paradebettes. Zu FĂŒĂen stand ein kleines, weiĂgedecktes
Tischchen mit einem Kruzifix und in schmiedeeisernen
Leuchtern zwei Kerzen, die Tag und Nacht brannten.
Doktor Merdmer war auch der Leichenschauer des Be-
zirks und kam am andern Vormittag, um die Konstatierung
des Todes vorzunehmen.
Mutter, Frau und Töchter des Verstorbenen, die im
Wohnzimmer Totengebete sprÀchen, brachen in ein stÀrkeres
Heulen und Beten aus, als der Doktor das Haus betrat.
Thomas aber muĂte als nunmehriger Herr des Fuchshofes
den Arzt empfangen und die Treppe hinauf in die Toten-
kammer geleiten.
Er wies durch einen stummen Wink den Weg und folgte
dem alten, dicken Herrn ĂŒber die Stiege.
Doktor Merdmer kletterte an dem hohen Aufhau des
Paradebettes empor, indem er sieh Blumenstöcke und KrÀnze
von der Bank nehmen lieh, um zur Leiche zu gelangen. Fr
prĂŒfte mit Fingern und Licht die Heaktionslosigkeil der ge-
brochenen Augen, die Totenstarre des Kiefers und der HĂ€nde,
die fest in ihren geschlossenen braunen Fingern das schwarze
Kreuzchen hielten, und drehte ein wenig das kaum beweg-
liche Haupt des Toten zur Seite, um Leichenflecken am Hals
zu sehen.
Thomas war jeder seiner Bewegungen mit den Augen
gefolgt.
Als der Doktor von dem Sehragen herunterkam und ihm
den Kerzenleuchter zurĂŒckgab, den er vorher vom Tischchen
genommen, halte, öffnete der junge Mensch zum erstenmal
den Mund.
âWiĂt Ihr's jetzt, wer ihn umgebracht hat?"
Fs klang rauh, scharf, hissig, ein kurzer, derber, höh-
nischer Ruf.
Verwundert schaute Doktor Merdmer auf den Frager.
Dieser Irat, noch immer den Leuchter in der Hand, naher
hin zu ihm.
âOb Ihr's nun wiĂt, wer ihn umgebracht hat, den Vater?"
..Was wollen Sie eigentlich, Rainer?" sagte der Arzt
ruhig, aber etwas geĂ€rgert. âIch hoffe. Sie werden sich an-
stĂ€ndig betragen- Ich weiĂ, was Ihrem Vater gefehlt hat
und weiĂ auch, daĂ Sie meine Anordnungen nicht befolg!
haben. Angesichts des Todes will ich daher nicht prĂŒfen,
wer an demselben schuld isl ... Jedenfalls ich nicht,"
setzte er mit Betonung dazu.
Aber Thomas zitierte an allen Gliedern vor Wut.
âDu nicht? So? Du nicht?" schrie er plötzlich und
sprang dem erst hroekenen, allen Herrn an den Hals. Aller
HaĂ, den er von jeher gegen die gebildeten Leute gehegt,
aller Schmerz, den er heim Leiden seines Vaters empfunden,
aller Aberglaube, den der SchÀfer Ballhes erregt und ge-
stĂ€rkt halle, vereinigte sieb jetzt in ihm zum GefĂŒhl der
Hache an demjenigen, auf dessen Rechnung er den tragischen
Ausgang des Imfalles setzte. Er drĂŒckte den Arzl mit ge-
waltiger Faust an die Wand der Kammei und schlug blind
mit dem schweren Leuchter auf den glatten, groĂen, runden
SchÀdel los, wie ein Schuster auf die Sohle eines Stiefels,
Der Feberfallene war nicbl einmal imstande einen Schrei
auszustoĂen, so rasch, wild und schrecklich war die Will
des Bauernburschen ĂŒber ihn herein gebrochen
Erst das Gepolter des stĂŒrzenden Körpers, der Blumen-
stöcke und ein KĂ€stchen umriĂ, gab den betenden Weibern
in der Stube unten AnlaĂ, ihr GeplĂ€rr zu unterbrechen und
heraufzukommen.
Sie standen, von Schreck gebannt, an der Schwelle. (
Thomas hielt den Doktor wie eine Katze am Kragen und
zog ihn eben neben das Leichenlager. Dort hob er ihn auf
und warf ihn quer ĂŒber die FĂŒĂe des Toten. Feber jenen ver-
wundeten, vergifteten, weiĂbestrumpften FuĂ, der noch jetzt
nach dem Tode wie ein stummer KlÀger unter dein schwar-
zen Bahrtuch herauszutreten schien, und zu (hau sich der
Mörder fast wie zu einem Ăbenden Wesen wendete als er
sprach: ..Da, nimm ihn! Fr hat dich umgebracht! Ich habl
ihn umgebracht. Es muĂ so recht sein. Vater?" ....
Die nach Professor Dr. Treupel
zusammengesetzten Tabletten sind M
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Industrie und Handel aus Nr. 5
vom 1. Februar 1922.
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Phosrhach.ii versagt nie bei Rachitis, Skrophulose, Spasmophilie.
Dr. KĂRTE & CO., HAMBURG 30
40. Jahrg. â Nr. 6/7.
Jenseits von Beruf und Amt
XI
Jenseits von Beruf und Amt.
Die gesellschaftliche Maske.
Eine soziologische und pÀdagogische Studie.
Von Baron Caj von Brockdorf f.
Wenn wir unbefangen prĂŒfen, wie wir jemand ĂŒbei
reden, ein GeschĂ€ft abzuschlieĂen, so erkennen wir, daĂ ihm
nicht nur Vorteile in Aussicht gestellt werden mĂŒssen, son-
dern auch das GeschÀft als solches nicht unangenehm sein
dĂŒrfe. Um aber dies rasch zu erreichen, wird der Ueber-
ledende die Seelen seiner KĂ€ufer erforschen und studieren,
und hierin hat er nur dann Aussicht auf VerstÀndnis, wenn
er sich in ihre Seelenstimmungen und die sie hervorrufenden
Lebenslagen hineinversetzt. Dann kam eine Miene, eine Geste,
eine GefÀlligkeit, ein vielleicht nur scheinbares Entgegen-
kommen den Ausschlag geben. Der VerkÀufer wird sich
unter. UmstĂ€nden mit mehreren Helfern verbĂŒnden, deren ge -
meinsamer treibender oder scheuchender Arbeit das Opfer
erliegt. SelbstverstÀndlich sind zuvor die Rollen gut zu ver-
leilen und geeignete Masken zu wÀhlen. Ohne Maske wird
aber ĂŒberhaupt nicht viel Erfolg zu erzielen sein.
Das wird dem HĂ€ndler mehr und mehr zum BewuĂtsein
kommen. Sollte aber nicht der Maske ĂŒberhaupt viel gröĂere
Bedeutung eignen, sollte sie nicht in das Wesen des gesell
schaftlichen Treibens einfach hineingehören?
Nach der bekannten Tönnie sehen Unterscheidung
zwischen Gemeinschaft und Gesellschaft versteht man unter
Gemeinschaft das Zusammenleben auf Grund natĂŒrlicher in-
nerer Bindung, wie vor allem in der Familie, im Stamm, in
der ĂŒberkommenen Sitte; unter Gesellschaft denkt man an
das Nebeneinanderleben von einander sich unabhÀngig vor-
stellender Menschen. Gesellschaft ist vor allem in der stÀdti
sehen Zivilisation zu suchen. Gesellschaft ist âdie Ăffent-
lichkeit", di«' Welt des Handels, des Vertrages, des Hechts
Streites, des Parteigetriebes, der wissenschaftlichen For
schung, des durch öffentliche Meinung beeinfluĂten GefĂŒgei
in den Machtzusammensetzungen. Schon im Begriff der («
Seilschaft liegt also, daĂ keiner sich selbst âspielt", wohl aber,
daĂ jeder fĂŒr sich allein eintritt und fĂŒr andere nur dann,
wenn es sein Interesse erheischt, daĂ er BĂŒndnisse schlieĂt.
So kommt es denn, daà ein Einzelner unter UmstÀnden sogar
mehrere Rollen ĂŒbernimmt und durchfĂŒhrt. Wie viele, ist
an sich gleichgĂŒltig; der springende Punkt muĂ darin ge-
sucht werden, daĂ das kĂŒnstliche Antlitz zum Menschen der
âGesellschaft" wesentlich gehört.
Es ist nun merkwĂŒrdig, daĂ der von T ö n n i e s in Idas -
sischer Weise durchleuchtete innere Widerstreit gemein
schaftlicher und gesellschaftlicher Momente, schon lÀngst
mehr oder minder vorausgeahnt worden ist, Àhnlich wie wir
Vorahnungen groĂer astronomischer Errungenschaften bis
tief ins griechische Altertum zurĂŒckverfolgen können. Fast
immer finden wir damit die Vorstellung von der Maske ver
blinden.
Ein Philosoph wie Hobbes (1588 â 1679),- den wir
durchgĂ€ngig als Denker der âGesellschaft" auszulegen ha-
ben, weist selbst schon auf einige sehr wichtige Quellen
dieser Ansicht hin. In seiner Antropologie (De Homine) hat
Hobbes den ganzen Zusammenhang mit einer fĂŒr seine
Zeit und seinen Standpunkt ĂŒberraschenden Klarheit er
lĂ€utert. ZunĂ€chst unterscheidet Hobbes âfacies" und âper-
sona". In einem Falle trĂ€gt der Mensch im bĂŒrgerlichen
Leben, im andern auf der BĂŒhne eine Maske. Auf der BĂŒhne
ersetzte man mit der Zeit die Maske durch die einfache An
kĂŒndigung der Rolle, die der einzelne Schauspieler spielen
wĂŒrde. Nicht weniger nötig als im Theater sind solche Fik-
wirksamer als
Paracodin - Sirup
Paracodin bitart 0.2 Extr Grmdei-Seneg.
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3x tgl. 1-3Tabi:
xn
Jenneits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 6/7.
tionen im bĂŒrgerlichen Leben wegen der GeschĂ€fte und Ab
machungen, die im Namen von Abwesenden abgeschlossen
werden. FĂŒr das bĂŒrgerlich Leben definiert Hobbes den
Begriff der Person folgendermaĂen: âEine Person ist ein
Mensch, dem Worte oder Handlungen von Menschen bei-
gelegt werden, und zwar entweder seine eigenen oder die
eines anderen; wie ein Schauspieler zu verschiedenen Zeiten
verschiedene Rollen spielen kann, so kann jeder beliebige
Mensch mehrere Rollen darstellen." Cicero sagt: âIch allein
spiele drei Rollen, meine eigene, die des Gegners und die de;
Richters", d. h. Ich, der eine Cicero, kann als ich selbst, als
der Gegner und als Richter gelten."
Der Charakter, den wir bloĂ spielen, die Masken, die wir
stets wechseln mĂŒssen, werden schlieĂlich den natĂŒrlichen
Menschen ganz und gar verkennen lassen, damit auch die
echte, ursprĂŒngliche Darstellungsweise des menschlichen In-
nenlebens. Sogar bei einer Rolle lĂ€Ăt sich daher zwischen
einer wirklich ungezwungenen Haltung und Schilderung â
und einer KĂŒnstelei unterscheiden. Der echte Darsteller gibt
die Natur, der bloĂe Nachahmer etwas Konventionelles odei
wohl gar eine Uebertreibung des Konventionellen. Daher
ist das gesellschaftliche Moment letzten Endes der verinner-
lichenden Kunst feindselig. Die bloĂe Zivilisation ist nicht
Kultur.
Der Schauspielkunst, die ein jeder ĂŒbt, um durchs
Leben zu kommen, haftet immer etwas Konventionelles an.
Das kann schon darum gar nicht anders kommen, als der
kluge Mann sich dem Gedankenkreise anderer Ă€uĂerlich an-
paĂt. Dies gilt in AnknĂŒpfung an ein Wort Charrons (De
la sagesse II, 2. ed. 1601) erst recht von dem Weisen, der
immer innerlich ein anderer sein muĂ, als er sich nach
auĂen zeigen kann. Sich zu zeigen, wie man wirklich ist.
hat daher stets als Narrheit oder als Zeichen opfervollen
Mutes gegolten. Dergleichen War nie möglich ohne eine Art
von Bruch mit dem, was als Gesellschaft bezeichnet worden
ist. Die Rolle der Selbstbiographie lĂ€Ăt sich danach noch gar
nicht ermessen. Man versteht aber gar wohl, daĂ namentlich
Rousseau in seinen âBekenntnissen" einen neuen groĂen
Dienst erblickte, den er der ganzen Menschheit leisten wollte.
Es ist bezeichnend, daĂ Rousseau der Zivilisation,
der Gesellschaft, den aus bloĂen Abmachungen entspringen-
den LebensverhÀltnissen mit den Worten bitterster Ab-
weisung entgegentrat. Ein nicht auf organischer, d. h. natĂŒr-
licher Grundlage beruhendes Gemeinwesen hielt er fĂŒr ver-
derbenschwanger. Mit Scharfblick entdeckt er in den Ver-
trÀgen der Zivilisation Listen und Kniffe. Schon dem Keime
nach steckt in den BemĂŒhungen der Erwerbsmenschen, an
dere durch VertrÀge zu binden, Lug und Trug. Wiederum
erblicken wir hierin nur eine andere Form des Gedankens,
daĂ Wahrheit und Ungezwungenheit nur mit organischen,
echten LebensverhÀltnissen vereinbar sei, nicht aber mit dem
Zustande des Zusammenlebens Einzelner, die ihre ihnen
wahrhaft wesenhafle EigentĂŒmlichkeit in den Mittelpunkt
stellen, sich selbst an Macht und EinfluĂ zu vergröĂern
trachten und mit allen insgesamt und allen Einzelnen in dem
VerhÀltnis von Macht und Macht verkehren unter mög
liebster Vermeidung des Ă€uĂeren Anscheins dieser Grund -
Stimmung.
Der gesellschaftliche Mensch erkennt sich, wie T ö n -
nies schildert, allerdings als der unabhÀngige Herr seine-.
Geldvermögens, seiner Arbeitskraft oder anderer Leistungs
fĂ€higkeit. Er ist allerdings stets âberechnend", abwĂ€gend,
und kĂŒhl fremden Ansichten gegenĂŒber, und er erscheint an
deren gegenĂŒber als Verkaufender und ist fĂŒr sich ein Ge-
nieĂender. Tönnies setzt mit Recht hinzu, er gehe nicht
gern ohne Maske einher.
Die GeschÀfte des Erwerbslebens sind es nicht aHein, die
den Mensehen der Gegenwart zum Tragen einer Maske zwin-
gen. Zum Zweck des Fortkommens ist jeder gleichsam ver-
pflichtet, sich dem GefĂŒge des Staates, dem Getriebe eines
Berufs, dem Zusammenwirken in Parteien, Genossenschaften
u. dergl. einzuordnen. Alle diese verschiedenen Bindungen be-
TESTOBAIt THELVGAII
fĂŒr MĂ€nner.
fĂŒr Frauen.
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statitis, Asthma sexuale, leichte Er-
mĂŒdbarkeit, Arbeitsunlust, Periodische
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Ordinationen :
Dreimal tÀglich eine Tablette nach dem
Essen und eventuell gleichzeitig tÀglich
bezw. jeden zweiten Tag eine subku
tane oder intraglutÀale Injektion.
In Form von Tabletten)
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Spezielle Indikationen fĂŒr Thelygan
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âą10. Jahrg. â Nr. 6/7.
Jenseits von Beruf und Amt
XIII
stehen in der Vorstellung der Menschen fĂŒr sich. Im wirk-
lichen Loben gehen aber alle jene Gebilde auch noch neue
Verbindungen miteinander ein. Nicht nur Staaten und Par-
teien bekÀmpfen und verstÀndigen sich, auch amtliches Le-
hen und geschÀftliches Treiben sehen sich auf einander an-
gewiesen. Banken, Industrie, Verleger und HĂ€ndler unter-
richten sich vorsichtig vorfĂŒhlend ĂŒber persönliche Eigen-
schaften, Schicksale. Aussichten. Amtliches Gelehi tentum
und unternehmerisches GeschÀftswesen z. B. können zu-
sammen ein Gebilde von geradezu ungeheuerlicher Festigkeit
bilden, wÀhrend sich die Beziehungen, auf ihren organischen
Ursprung untersucht, doch als im Grunde durchaus zufÀllig
und Ă€uĂerlich erweisen, auch keinen andern Halt ver-
sprechen, als den einer Art von gemeinsamer Politik, einer
gelegentlichen MĂ€chtegruppierung. Um so mehr wird von
dem Talent des Einzeihen verlangt, daĂ er sich der Mannig-
faltigkeit des GefĂŒges anpaĂt. Er muĂ unter UmstĂ€nden die
Rolle des Gerechten, unter anderen VerhÀltnissen die des all-
seitig Wohlwollenden, wieder unter anderen die des nur mii
finanziellen Erfolgen Rechnenden, unter noch anderen die
des auf die Torheit der Masse Spekulierenden durchfĂŒhren.
Ohne Gnade. So verbraucht er denn schon zur Uebernahme
seiner verschiedenartigen Formen des Spiels eine groĂe Kraft
und begibt sich eines Teils seines individuellen Lebens. Das
politische wie das soziale GefĂŒge könnte sich ohne das Opfer
der IndividualitÀt nicht halten und erhalten. Darauf beruht
aber die Lebensmöglichkeil des Ganzen und aller Einzelnen.
Aus der Maske des Spiels wird unerbittlicher Ernst und dieser
Lim so furchtbarer, wenn Ungeschick in der Anlage und viei
schlechtes Material den Zusammenhalt des GefĂŒges unsicher
und gefÀhrdet erscheinen lassen. Durch geeignete Er-
ziehung und Bildung vermag man den Lauf des Schicksals
gĂŒnstig zu beeinflussen; aber auch dann bleibt der innere
Zwiespalt bestehen. Die Erziehung des BĂŒrgers wird, wie
schon Rousseau erkannte, der Bildung des Menschen im
wesentlichen widerstreiten.
Der Arzt als Patient*)
Von I >r. Ludwig F in ck b.
Seinen eigenen Herzschlag kann man hören, wenn man
das Ohr aufs Kopfkissen picht, das eigene Blut kann man
sehen, wenn man mit geschlossenen Lidern m die Sohne
blickt. Man kann sich auf viele Arten selber belauschen,
spĂŒrt Knarren in Sehnen, Knacken in Gelenken und Knurren
im Magen, und manch einer ist schon in Verlegenheit ge-
kommen, weil seine Verdauungsorgane sich zu zanken an
fingen, als ob er sechs Katzen im Bauche trĂŒge. Von diesen
natĂŒrlichen und leichtpathologischen AeuĂerungen der Or-
gane bis zur Schinerzempfindung ist es noch ein weiter Weg.
und diese selbst ist an oll unberechenbare, psychische Fak
toren geknĂŒpft; man fĂŒrchtet sich vor einem Nadelstich und
bemerkt einen tiefen Messerschnitt erst daran, daĂ das Blut
herunterlĂ€uft. Ganz unangenehm ist es aber gewiĂ, einen
heftigen Knall, eine Sprengung im eigenen Körper zu erleben.
Ich ging ruhig bei Tauwetter auf ebener StraĂe hin, als
ich ein wenig ausrutschte; um nicht den Boden zu berĂŒhren
hielt ich mit aller Kraft an mich; im selben Augenblick ging
mir ein Donnerschlag durch den Leib, zugleich wuĂte ich:
jetzt ist die Streckersehne gerissen und die Kniescheibe an
den Oberschenkel hinaufgefahren. Ruhig Blut. Leise sank
die Nacht ĂŒber mich her.
Als ich wieder sehen konnte, ordnete ich unter den Her-
beigelaufenen das Notwendige an. Ich lieĂ mir das Knie steil
binden, wurde auf einen Holzschlitten gelegt und nach Hause
gebracht; aber einer in mir sagte unablÀssig: wenn du nur
schon viorundzwanzig Stunden Àlter wÀrest.
Es war am 5. Januar 1909, nachmittags um zwei Uhr;
Automobile gab es keine, das nÀchste Dampfschiff fuhr am
andern Morgen um zehn Uhr nach Konstanz.
*) Aus dem InseltrĂŒhling,
Strecker & Schröder, Stuttgart.
mit Erlaubnis des Verlages
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XIV
Fortschritte der Medizin
40. Jahrg. â Nr. 6/7.
Noch niemals hat sich ein Mensch so gefreut unters
Messer zu kommen wie ich nach den einundzwanzig Stunden,
âąlie ich im Notverband gelegen. Meine einzige Sorge war.
werden sie mich im Krankenhaus gleich vornehmen? GlĂŒck
[icherweise Wai ulles bereit. Schon im Operationssaal wurde
mir behaglich zumute. Als sich die Maske ĂŒber mich senkte,
dachte ich: ich will sofort einschlafen. Atmete dreimal lie!
mit offenem Mund, trank in richtigen ZĂŒgen den Aetherdunst
und versank leise in einen Abgrund. Es ist ein seliges Wonne-
gefĂŒhl, so wie ich mir den Opiumrausch denke, ein Boden -
verlieren, ein Hinunterschweben auf sanften FlĂŒgeln. Plötz-
lich hebt ein Klopfen in den Ohren an, als ob mit zehn-
tausend DampfhĂ€mmern drauflos geschlagen wĂŒrde, schnel-
ler, schneller, und da ist ein Punkt, etwa wie wenn noch Ă€iĂŒ
einen elektrischen Knopf gedrĂŒckt wurde, und dann: der
Gaul geht durch, rasend, der ganze Organismus saust dahin,
die Seele fÀhrt aus dem Leib. Schlaf.
Das ist der Tod. Man existiert nicht mehr. Anders kann
der Tod nicht sein. â
Ich erwachte in einem Krankenbett. Zwei Stunden waren
vergangen. Der erste Gedanke: so, jetzt weiĂ ich's; euch bin
ich hinter eure Schliche gekommen; jetzt weiĂ ich, wie dei
Tod ist. Ein lĂ€ppisches Frohlocken erfĂŒllte mich, und es
fiel mir ein, daĂ ich mit dem Gedanken an einen Freund
eingeschlafen war: hat er es nicht kĂŒrzlich genau erzĂ€hlt,
diesen Punkt, von dem ab man geliefert ist, wehrlos, ohne
Hilfe? Ein paar Tropfen mehr, und man wacht nicht mehi
auf. Vom Vorhof des Todes in den Tod â ohne Unterschied,
ohne es zu merken. Ein Zorn erfaĂte mich ĂŒber diese Macht
losigkeit.
debrigens stellte es sich heraus, daà dieses GesprÀch mit
dem Freund nie stattgefunden hatte.
MĂŒhsam holte ich nun ein paar Gedanken in meinen'
Hirn zusammen; ich spĂŒrte sie heinahe körperlich entstehen:
sie lagen da herum, und ich muĂte sie fassen: eine gewisse
nĂ€rrische, tölpelhafte Heiterkeit versuchte einen halben SpaĂ
zu machen; die Zunge versagte den Dienst, lallte schwer im
Munde herum, und als sie sprach, kam nicht das zustande,
was das Gehirn wollte. Bald merkte ich, daĂ die Zunge ver
schwollen war. ohne Zweifel, weil sie wÀhrend der Operation
in den Schlund gerutscht und mit der Zungenklemme fest
gehalten worden war.
Ich habe das spater mehrfach gehört, daà man heim Er-
wachen aus der Narkose noch in der Trunkenheit kindisch
zu spaĂen versucht; ich soll der alten Schwester Oliva heilig
versprochen haben: oh, ich werde, noch leine Gedichte
machen, und ein Kamerad sagte dem Arzt, er mache so ein
katholisches Gesicht; andere plÀrren und spinnen au dem
schweren Gedankengang weiter, mit dein sie eingeschlafen
sind, und das geschah dann im heftigsten Widerstreben, im
natĂŒrlichen Kampf des Lebens gegen den Tod. Uebrigens
glaube ich, daĂ jede Narkose sieh rasch und gĂŒnstig vollzieht,
wenn der Kranke vorher darĂŒber aufgeklĂ€rt und bereit ist.
daĂ er mit bestem Willen mithelfen soll. Ich war in einer
halben Minute friedlich eingeschlummert.
Eine tiefe Dankhaikeil erfĂŒllte mich gegen die Narkose
Schwester, fĂŒr diesen ununterbrochenen, erinnerungslosen
Schlaftod.
Naseweise junge Schwestern haben sich schon zum SpaĂ
gegenseitig narkotisiert; das ist ein Unfug, und ich kann mir
denken, daĂ er zum Laster werden kann. Dagegen wĂŒnsche
ich jedem Arzte, daĂ er selber einmal unters Messer kommt
und am eigenen Leibe verspĂŒrt, was im Patienten vorgehl.
Verwundert besah ich nun mein Bein: es war von oben
bis unten in Wasserglasverband gepackt, auf eine Hol/
schiene gelegt; das Knie war eröffnet worden und das untere
Sehnenende, an dem ein StĂŒckchen Knochen hing, mit der
Kniescheibe vernÀht. Zwar war eine breite, gutgeflickle
Wunde gesetzt, aber ich hatte die erlösende Empfindung: es
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40. Jahrg. â Nr. 6/7
.1 cn S e i tj \ o n H e r u f ti n d A m I
XV
ist alles wieder in Ordnung und sitzt an der rechten Stelle,
nicht mehr so unnatĂŒrlich und peinvoll wie vorher.
Zum erstenmal kam Ich aus eigener Erfahrung darauf,
zu welchen Punktionen das Kugelgelenk im Knie bestimml
ist. Der Gesunde weiĂ nichts von seinen Gliedern; er nimmt
ihre Arbeit selbstverstÀndlich, danklos und ohne Besinnung
hin; erst der Kranke dringt mit Schmerzen in den Sinn seiner
Organe ein. Die geringste BerĂŒhrung des Betts empfand ich
als StoĂ in der Wunde, und ich sah ein, daĂ das Kniegelenk
des Gesunden jeden Schritt und Schlag in sich auffÀngt, seine
ErschĂŒtterungswirkung abschwĂ€cht und fĂŒr den Körper neu
tralisiert; es ist als DĂ€mpfer in die Knochenleitung einge-
schaltet; ohne dieses sanftarbeitende, wohlgeölte Gelenk
winde jeder Tritt wie eine Gewalttat auf den Körper wirken;
wir wĂŒrden das Gleichgewicht verlieren und umfallen.
Kaum hatten sieh die braven Organe Haut, Muskeln,
Sehne, Knochen, Nerven, GefĂ€Ăe von dem rauhen Eingriff in
ihr ruhiges Leben notdĂŒrftig erholt, so begannen sie mit Eifer
den HemmgsprozeĂ. In den ersten Tagen, stets um dieselbe
Nachmittagsstunde, setzte eine eigentĂŒmliche Schmerz -
empfindung ein: ein ganzer Klemmerhaufen, ein Ameisen -
heer nagte mit tausend Bissen an der Wunde, zerrte, rupfte,
zupfte daran; gegen Abend versurrte es wohlig. Die NĂ€chte
brachten Schlaf von halben Stunden. Wie anspruchslos wird
der Schwerkranke. Um eine Stunde in einer Nacht ist er
beglĂŒckt: unbeweglich lernt er die Wochen in steifer RĂŒcken-
lage verbringen. Das ZeitmaĂ ist verschoben. Einmal wrachte
ich nachts auf und sah auf die Uhr; sie zeigte fĂŒnf Minuten
vor drei Viertel zwei Uhr; sofort schlief ich wieder ein, schlief
tief und fest, lange, lange, und wachte wohl nach Stunden
wieder auf; es waren noch zwei Minuten bis drei Viertel zwei
Uhr; ich hatte genau drei Minuten geschlafen. Morphium
bewÀhrte sich nicht; es verursachte beim Einschlafen elek-
trische SchlÀge durch den ganzen Körper durch. Dagegen
preise ich ein leichtes Fiebermittel. Ich hatte anfangs stets
Temperaturerhöhung, H8,f), etwas allzulange, weshalb mein
Operateur, der alte, geniale Otto Kappeler. knurrte; schlieĂ
lieh bat ich um ein Fiebermittel; ich kenne mich, ich hÀtte
beim geringsten Schnupfen hohe Temperatur, mein Blul
brenne leicht; ungern bewilligte er ein PĂŒlverchcn Phena
/ciin, und weg war das Fieber.
Nach acht Tagen hob um die Mittagszeit ein wohliges
Schaffen im Knie an, irgendein magnetischer Strom wurde
erzeugt, eine elektrische Maschine nÀhte und stach angenehm
prickelnd an den Wundteilen; es war, als ob eine Dynamo
maschine drin arbeitete; dabei spĂŒrte ich lebhaft, wie die
beiden KnochenstĂŒcke sich anzogen, sich ineinander preĂten
und ineinander hineinwuchsen; ich hatte jetzt nur die Pflicht
stillzuliegen und dem mÀchtigen Schaffen im Knie zuzi
horchen.
Mit Vorsicht griff ich zu BĂŒchern. Gleich das erste, das
ich in die Hand bekam, Heydenstams Karl XII., war zu
schwer fĂŒr das junge Leben, das erst wieder die Augen in
mir aufschlug; es strengte mich an, erschien mir blutrĂŒnstig
und erdrĂŒckend. Darnach verfiel ich aufs Gegenteil und la>
"eine Sammlung lustiger Gedichte und Geschichten: si<
wurden zu leicht befunden und hinterlieĂen eine Leere. Ich
glaube, der Kranke ist feinfĂŒhliger und bestimmter in seinem
Geschmack als der Gesunde. Erst als ich an die SprĂŒche von
Goethe, an Möricke und Gottfried Keller geriet, ging mir das
liebe Leben wieder an, das ich nun zehn Wochen nur vom
Fenster aus betrachten sollte. Das waren drei gute Kranken
freunde. Freilich, am besten wirkte der Humor aus ersl
Hand, von einer prÀchtigen alten Krankenschwester ge
spendet. Nichts regt die Lebensgeister so an wie ein unver-
mutetes Lachenkönnen ĂŒber irgendeine Torheit oder eine sich
eben abspielende Anekdote, die einem unversehens in den
SchoĂ fĂ€llt; sie schĂŒttelte sie aus dem Aermel.
AllmĂ€hlich gewann ich Sinn fĂŒr meine Umgebung.
Das Krankenzimmer war mustergĂŒltig nach hygienischen
Um der modernen Strophantus-Therapie
Rechnung zu tragen, haben wir unser
Herstonikum
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XVI
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 6/7.
GrundsÀtzen nur mit dem Notwendigsten versehen, die
WĂ€nde abwaschbar, mit grauer Oelfarbe gestrichen; kein
Bild, keine Unterbrechung der eintönigen FlÀchen. Dem Bett
gegenĂŒber war eine TĂŒr in die Wand eingelassen, deren Hol :
nicht unter einer Oelfarbe verdeckt, sondern, mit dĂŒnnem
Lack ĂŒberzogen, als ehrliches Tannenholz hervortrat. Die
Masern dieser TĂŒre waren lange Zeit die einzige Erholung,
der Ă€sthetische GenuĂ fĂŒr mein verarmtes Auge. Ihnen danke
ich soviel wie Goethe, Möricke und Keller. Bis ich an der
Stubendecke einige SprĂŒnge im Gips entdeckte, die wie FlĂŒsse
auf einer Landkarte gewunden verliefen. â Diese Masern
und diese SprĂŒnge werde ich nie vergessen, und wenn ich
hundert Jahre alt werde. Die Hygiene ist eine herbe Tochter
des Verstandes, eine Puritanerin und BilderstĂŒrmerin, eine
Erzlangweilerin; ihr gilt alles als Staubfresser, was nicht
abwaschbar ist; derweil darbt das Herz und wird mĂŒde und
schlieĂt Freundschaft mit Rissen und Rosen und allem, was
nur nicht hygienisch ist.
Ich weiĂ, ich bin ein Ketzer und hĂ€tte in meiner Kran-
kenzeit auch etwas Gescheiteres tun können als aus der
Schule zu schwatzen. Als ich wieder anfing, gehen zu lernen
wie ein kleines Kind, erst im Trichter, dann an zwei Stöcken,
unbehilflich und plump, und als ich an der Maschine zwangs-
weise im Knie gebeugt und gestreckt wurde, da wuĂte ich,
daĂ an mir ein MeisterstĂŒck der Ă€rztlichen Kunst verrichtet
war, das vor fĂŒnfzehn Jahren noch keiner kannte, und daD
ich nicht als ein KrĂŒppel im Leben herumhumpeln wĂŒrde,
sondern einmal noch ĂŒber die Berge springen könnte.
Aber ich habe meine stillen Beobachtungen angestellt
ĂŒber Arzt und Leben. Im allgemeinen traut sich der Arzt auf
dem platten Lande und oft auch in der Stadt zuviel zu; er
will alles machen, und da kommen die saumseligen Patien
ten leicht zu spÀt vor die rechte Schmiede, ins Krankenhaus,
wo unter viel gĂŒnstigeren VerhĂ€ltnissen, mit geschultem Per-
sonal, mit Asepsis, mit Apparaten gearbeitet wird. Der Ein-
zelarzt kann heute unmöglich in allen SÀtteln gerecht sein;
so wird er, wenn er ehrlich ist, in vielen FĂ€llen den Patienter:
so schleunig wie möglich ins Krankenhaus oder zum besten
Spezialarzt befördern, der kraft seiner reichen Erfahrung au)
seinem Gebiete in kurzer Zeit bewÀltigt, woran der einfache
Arzt zersplittert wÀre; dann hat er als Berater der Menschheil
besser gedient, als wenn er sich erst selber daran versucht
hÀtte.
Otto Kappeler ist kurz nach meiner Entlassung gestor-
ben, am 11. Mai 1909, er, Blinddarmspezialist, an Blinddarm
entzĂŒndung; ich habe ihn ein viertel Jahr als sein Patient
wie einen Vater verehren gelernt; er gehörte zum Schlage der
Bismarck und Kiderlen -WĂ€chter, knorrig, kurz angebunden,
und voll Humor.
Heute kann ich tĂŒchtig marschieren und bin schon aufs
Rad gestiegen; nur einen bösen Wettervogel habe ich; und
den Föhn prophezeie ich mit Leichtigkeit und Stöhnen drei
Tage vorher.
Der Laie als Patient.
Aus einem Briefe Detlev von Liliencrons
an seinen ersten Verleger.*)
Kiel, Klinisches Institut des Herrn Dr. Neuber, Königsweg 8.
Den 2. August 1887.
Mein UrgroĂvater war dĂ€nischer Gesandter in
Paris, und brachte von dort eine illustrirte französische
Bibel mit. Unter den Bildern â ich habe die Bibel noch
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Pigmentierungen ; ferner in den FĂ€llen,
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Windet sich auch eins, das ,cn ais tun
Lachen und Lachein gesehen habe:
Abraham und Isaak.
Isaak liegt auf â dem Opferstein mit einem so grenzenlos
dummen Gesicht, nach Vater Abraham hinschulend wie e
nur einen Vergleich (- das Bild von Onkel Isaak -) mit
"">â aushalten kann, als ich vor gut 14 Tagen auf dein
Open^onshseh lag: Unglaublich dumm und) 4 ausgeseheh
N«. aber ich danke gehorsamst. Dunnenvetter, ich ver-
steuere 5>ie: Angenehm ist das niejvt ' ! ! ' t i i i i
Nachdem ich die Erlaubnis zur Operation - es galt a
bissei auf Leben und Tod - gegeben hatte, durfte ich Ichon
am Abend vorher nichts essen, am Morgen kein FrĂŒhstĂŒck
nehmen. Punkt 9 Uhr erschienen 2 fĂŒrchterliche MĂ€nner
n meniein /mnner mit kleinen âach oben gedrehten kohl-
MlHnMlmarzen SchnurrbÀrtchen. Die Greuelkerls hatten
eine Tragbahre, auf weicher eine feuerrothe (sie» teuer
rot he - des etwaigen Blutes wegen -) Decke lag
âNa nu? &
Aber ohne zu antworten, nahmen sie mir das Hemd ab
und hoben mich auf die Bahre, nachdem ich vorher in die
euerrofhe Decke (- 2 schwarze Teufel und die
feuerrothe Decke! _) gewickelt war.
âWas ist denn nun los?"
beaSÀ1 dipST?"§en- fUebrTra" machten K^nkenhaus-
mal Tl %2K, u ^ Unterwe§s hörte ich noch ein-
mal das Stad gerausch. Dann in - einen K e 1 1 e r. Dieser
schon mit vielen Mordinstrumenten. Die Fenster hatten ge
frorene Scheiben. Feuerrothe Decke ab und - ras irt
auf den Stellen, also auf dem RĂŒcken p. p, wo die freund
heben Messer, MeiĂel p. p. des Arztes sich "einsenken wollten.
Dann. Bad in 30° Reaumur und Abreibung wie bei einem
geschlachteten Schwein. Triefend, ohne abgetrocknet zu
Ăegfwa"6 aDdere BahrC' d" mi1 ^achs-
âWas nu?"
Aufgehoben Und in den Operationssaal geschleppt und
einen TU*>1 , feuerrothe Decke gehĂŒllt, und auf
mĂ f,e^farbeâem Wachstuch bezogen
Weib^S '"'T'"1 Sa,h ('s vor,s"',,ri« 11,11 "** aus: zwei
de .Ii W fS(hU,Zl ( W^1: «lUSivischer Steinboden,
,, Was?e* wa'- ~). "'il aufgekrÀmten Armen, die
Sc usseln und Gott weiĂ was fĂŒr GerĂ€tbe wuseben Sie
hSende ArJ^ YT ConditormĂŒtzen auf wie auch de
ctirigirende Arzt und das ĂŒbrige Personal, das mich nach
und nach umstand. Diese MĂŒtzen werden befgroĂen One
:rrVund,albfg,e,tragr' ,,amit auch âąh<
m die Wunden fallen kann (sie ! ! !).
Hallelujah! Bis jetzt also nur die beiden Teufel und die
beiden Weiber Ich hatte Zeit - o ich Srhlarhtopfe n
Sendr^aa^kS§eSiCht " *** â deinen
/ '0 °cie. r V ,von -Messern, Feilen, Scheeren, MeiĂeln
tt , ,P ' ?enk lch an die MeiĂel _), Zangen n n
Ueberau an den WĂ€nden kleine Cascaden, Springt innen
Seifen, SchwĂ€mme, TĂŒcher p. p. p. p. ° '
Das eine Weib ging nun an einen Oel -Tropfenfall mit
fTZLVJn NT St6Ckte einer VOn de» beÀde11 Teufeln
beim Ă - .i ahnchen1an> und al^rlei Instrumente, wie
beim HaarkĂŒnstler wurden zum GlĂŒhen hineingelegt
âProsit die Mahlzeit." ft ' '
Aber eine Drossel sang drauĂen (faktisch!) und rief
ni bang?" P,attdeutsch: "Wat> "*> Jung, du bĂŒst doch
Nun kam einer von den Teufeln, und machte mir in
den linken Arm eine Morphiumeinspritzung.
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Schwartenbildungen.
vxui
Jenseits von Beruf und Amt
40 Jahrg, â Nr. 6/7
Bald darauf erschienen einige Aerzte, die aber bald Ich erwachte . . . 2 Stunden, sage âzwei" Stunden hatte
wieder verschwanden. . . . Donnerwetter, was muĂ ich fĂŒr die Operation gedauert. Wieder sang die Drossel. Ein un -
ein dummes Gesicht gemacht haben. nennbares DankgefĂŒhl ĂŒberströmte mich. Ich er-
Da schrie der eine der Teufel: griff, so schwach ich war, die HĂ€nde Dr. Neubers, der mich
Fertig!" lÀchelnd ansah. Dann fiel ich wieder in Ohnmacht und
. " ö . " , ,. ⹠⹠| . , blieb 4 Tage und NÀchte in Ohnmacht; nur, wenn ich zu-
und es erschienen: An der Spitze dei dmgirende Arzt der WeUen die &Augen öffnete) sah ich Aerzte> WÀrter und WÀr-
beruhmte Dr. Neuber (- nach Billroth der Erste Schnei- lerinnâŹn mich& umstehn. und dann die grĂ€miche ewige
der -) und hinter ihm 8-10 Assistenzarzte. A 1 1 e nur Uebergabc von Speier durch die viele Chloroform, die ich
m Hoser, u aufgestreuten Hemdarmeln und Conditormutzen. hatfe sehlucken mĂŒssen:
(- Ob ich leise, leise geseufzt habe? Aber ich blieb Schmerzen hatte ich wÀhrend der ganzen Operation
völlig obenaut. â ) natĂŒrlich nicht, aber ich habe alles gefĂŒhlt:
Als mir der dmgirende Arzt, der mir eine artige Ver- Zuweilen ging ein Daum sehr angenehm ĂŒber meinen
beugung gemacht hatte, so ruhig in die Augen sah; als ich Recken-
den Genius fĂŒhlte von ihm, wurde ich ganz ruhig. Zu DĂ€An wurde ich geschnitten,
komisch war es, als mir nun sammtliche Aerzte von Dr. Neu-
her vorgestellt wurden. Die Drossel sang unaufhörlich. Zuweilen fĂŒhlte ich eine warme, höchst gemĂŒtliche
Nun ein Augenblick noch: Dr. Neuber tra an das FuĂende FrĂŒhlingssonne auf meinem Popo:
meiner Bahre, die andern Aerzte wie nach Kommando auf Dann wurde ich gebrann\
die ihnen angewiesenen Stellen. _
Da rief der Arzt in strengem, befehlenden Ton: Zuweilen erschĂŒtterte in gleichmĂ€Ăigem Schlage auf
âMaske vor!" eine gleiche Stelle meines Körpers, aber so sanft, so sanft,
und einer der Teufel sprang an mich heran und hielt die mich etwas, genau: als wenn man NÀgel einschlÀgt:
Chloroform-Maske mir um die Nase. UnwillkĂŒrlich hielt ich Dann wurde ich gemeiĂelt. âą
meine linke Hand vor Augen. Diese aber wurde im selben â â â
Augenblick wie rasend mir fortgerissen; zwei AssistenzÀrzte Meine Krankheit war:
umgriffen meine Pulse und der Teufel schrie mir ins Ohr: â , . .., ... .. ,
ZĂ€hlen Sie Herr Baron!" Schon 111 Elterung ubergegangene Knochenentzundun-;
" i . .... .... im letzten Grade. lieber 1 Liter Eiter ist mir entnommen.
Lud nun gings los bei mir: eins, zwei, drei, vier Die infame lschias, die mir viele Monate lang so grĂ€Ăliche
5* ,qT S'n§t: m ng " " " ' Schmerzen verursacht hatte, hatte - d. h. der Nervus ischia-
K, .57 . . . tikus, das groĂe Schenkelbeinnervenvieh â die Liebens -
âą ' - WĂŒrdigkeit gehabt, die umliegenden Knochen zu entzĂŒnden:
Die 1). ! . r . . .o . . . s . . . s . . e . . . J . 6b . ./ DeĂhalb mein ewiges Fieber und nicht gehen können.
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40. Jahrg. â Nr. 8
Jenseits von Beruf und Amt
XIII
Jenseits von Beruf und Amt.
Zu Adolf KuĂmauls 100. Geburtstag
Von Dr. Owlglass.
Am 22. Februar 1822 kam Adolf Kussmaul in
Graben bei Karlsruhe zur Welt, als Sohn eines Landarztes
schwÀbischer Abstammung; am 28. Mai 1902 starb er in
Heidelberg, als emeritierter StraĂburger Professor, Geheim-
rat und WeltberĂŒhmtheit.
Der Philosoph oder vielmehr der Philosophieprofessor
Kuno Fischer soll seinerzeit recht verschnupft darĂŒber
gewesen sein, als er nicht mehr die einzige, die Exzellenz von
Heidelberg war; Kussmaul dĂŒrfte sich nach allem, was
wir von ihm wissen, weniger daraus gemacht und, ohne es
mit dem otium zu genau zu nehmen, seiner dignitas doch
nichts vergeben haben. Wer damals dem schlicht-feinen
alten Herrn mit den gescheiten und gĂŒtigen blauen Augen
etwa in der LeopoldstraĂe begegnet war und anderthalb
I )ezennien spÀter Wilhelm Raab es nachgelassenes
Buch âAltershausen" in die Hand bekam, der wuĂte nun ganz
genau, wie er sich den Geheimrat Feyerabend vorzustellen
hatte, der sich gleichfalls selber âgegen die toxischen und
infektiösen Agentien des Erdendaseins, auch nach zurĂŒck
gelegtem siebenzigsten Lebensjahr, mit mehr oder weniger
Erfolg âimmun" gemacht hatte".
Es sei ferne von mir, den Versuch einer âWĂŒrdigung" der
wissenschaftlichen und praktischen Verdienste Kussma u 1 s
wagen zu wollen. Ich darf mich darauf beschrÀnken, ganz
kursorisch anzufĂŒhren, daĂ er schon als junger Student mit
seiner Preisarbeil ĂŒber âDie Farbenerscheinungen im Grunde
des menschlichen Auges" (1845) dicht vor der Lösung ctes
Problems des Augenspiegels stand, daĂ er grundlegende Unter-
suchungen ĂŒber Ursprung und Wesen der Epilepsie anstellte,
daĂ er, wenn schon nicht als der Vater, so doch als der weit-
blickende und erfolgreiche Adoptivvater der Magenpumpe und
der Thorakozentese anzusprechen ist und von der Hygiene
bis zur Neurologie, von der Pockenimpfung bis zur BulbÀr-
paralyse und zu den Sprachstörungen den weiten und hohen
Bogen seiner Interessen zu spannen verstand.
Hier soll nur wieder einmal auf jenes Buch hingewiesen
werden, das Kussmauls Namen in breitere Kreise trug
und von dem man wĂŒnschen möchte, daĂ es in jeder Ă€rzt-
lichen Bibliothek stĂŒnde, recht als ein Hausbuch und Haus
freund fĂŒr helle und trĂŒbe Stunden, ein Buch vor allem auch
fĂŒr die AnfĂ€nger in unserer schweren Kunst. Wenn mich
dann und wann ein junger Student der Medizin frug, welch';
BĂŒcher ich ihm sozusagen zur EinfĂŒhrung in seinen kĂŒnftigen
Beruf empfehle, so habe ich ihm stets des Schweizers
Sonderegger bei uns immer noch nicht hinreichend gc
schĂ€tzte âVorposten der Gesundheitspfle ge'\
zumal das wunderschöne, temperamentvolle SchluĂkapitel
ĂŒber âAerzte und Ă€rztlichen Beruf" und als zweites Kuss-
mauls âErinnerungen eines alten Arztes" ans
Herz gelegt.
Wir lernen da den Entwicklungsgang eines recht eigent-
lich prĂ€destinierten Arztes, eines charaktervollen, glĂŒcklich
Ă€quilibrierten und lauteren Menschen kennen, dessen reicher
Begabung ein starker SchuĂ KĂŒnstlertum und wahrhaften
Humors (im besten Sinne dieses viel miĂbrauchten Wortes)
beigemischt war. Wie mutet die frohe, wenn auch karge
Kinderzeit auf dem Lande an, die ihm, zum Teil unter des
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Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 8
ernsten Vaters Leitung, den Sinn fĂŒr Pflanzen, Tiere und
alles natĂŒrliche Gesehehen aufschloĂ, und wobei auch âder-
jenige Teil des Leibs, den die Natur â nach dem alten
Glauben der PĂ€dagogen â mit den innigsten Beziehungen zu
den Organen der Sittenlehre ausgestattet hat", nicht zu kurz
kam. Wie anschaulich wird uns der Gymnasialbetrieb der
< I reiĂiger Jahre, die bescheidene Lebenshaltung, die wohl-
tuende geistige Duldsamkeit, der merkwĂŒrdige badische
Napoleonkult jener Biedermeierzeit vor Augen gefĂŒhrt. Es
folgen die Studienjahre im alten romantischen Heidelberg, mit
einer eingehenden, kulturhistorisch fesselnden und farbigen
Schilderung des studentischen Lebens und der Reform -
hewegung innerhalb der Studentenschaft, an der Kussmaul
legen Anteil nahm. Mit liehevoller Hingabe wird sodann vom
medizinischen Studium berichtet; die FakultÀt mit ihren, ach.
noch so primitiven Einrichtungen, die doch schon âfest auf
dem einzig sicheren naturwissenschaftlichen Boden" stand,
ersteht wieder, und in köstlichen MiniatĂŒren ziehen die Bikkr
der damaligen KoryphĂ€en an uns vorĂŒber: der Anatom
Tiedemann mit seinem gewichtigen Satz: âAerzte ohne
Anatomie gleichen den MaulwĂŒrfen. Sie arbeiten im
Dunkeln, und ihrer HĂ€nde Tagewerk sind â ErdhĂŒgel"; d,jr
Internist Puchelt, von dem es heiĂt, âer Stack mit einem
Bein noch tief in der rein symptomatologischen Entwicklungs
periode der Pathologie, mit dem andern schickte er sich an.
in die anatomische einzutreten"; der Chirurg Chelius;
der geistvolle, lebendige Geburtshelfer und GynÀkolog
X a e g e 1 e , der Kussmaul Gelegenheit gab, nicht bloĂ das
Kurieren, sondern auch das Courmachen zu lernen; mein
nebenbei auch der Philosoph Kapp, bei dem ein philosophi -
sches Zwangskolleg zwar belegt, aber unschweren Herzens
geschwÀnzt wurde, was den guten alten Herrn indes nicht
hinderte, hinterher zu testieren: âMit ausgezeichnetem Eifer
und gröĂter Aufmerksamkeit". DaĂ K u s s m a u 1 spĂ€ter noch
M'hr solide philosophische Studien getrieben und mit
Aristoteles wie mit den englischen Empirikern sich wohl
vertraut gemacht hat, beweist die Einleitung zu seinen âUnter-
suchungen ĂŒber das Seelenleben des neugeborenen Menschen"
und seine klassische, groĂe Arbeit ĂŒber âDie Störungen d*r
Sprache" (in Ziemssens âHandbuch").
Ein neuer Geist, eine neue Zeit brach herein, als l r
Anatom Jacob Heule und mit ihm sein Freund, der
Kliniker Karl Pfeufer, âdie Dioskuren der rationellen
Medizin", 1844 von ZĂŒrich nach Heidelberg berufen wurden.
Es darf hier, um eines allgemeineren Interesses willen,
daran erinnert werden, daà wenige Jahre spÀter ein dritter
ZĂŒricher, freilich kein Mediziner, sondern der werdende
Dichter Gottfried Keller, studierenshalber gleichfalls
nach Heidelberg kam, sich unverweilt, aber erfolglos in die
Tochter Johanna des oben erwÀhnten Philosophen Kapp
verliebte und den starken Eindruck, den ihm H e n 1 e s
Kolleg ĂŒber Anthropologie machte, hernach in seinem
âGrĂŒnen Heinrich", im ersten Kapitel des vierten Bandes,
wiedergab, nicht ohne eine maliziöse Bemerkung ĂŒber die
âdamalige Wissenschaft, die wie gewöhnlich den bisher
denkbar höchsten Stand soeben erstiegen hatte".
An die poliklinische Lehrzeit schloĂ sich die Vorbereitung
zur StaatsprĂŒfung und diese seihst. âIst man in eigener
Person einst mit all dem vorgeschriebenen Wissen glĂŒcklich
durch die Klippen . . . gesegelt, so begreift man, warum Geni?s
wie Skoda und Dieffenbach ... an den Felsen ge-
scheitert sind." Der StaatsprĂŒfung folgte prompt die PrĂŒfung
des jungen Arztes auf dem eigenen Krankenbett, in Foim
eines schweren Gelenkrheumatismus. âEs gibt viele Ding<>
in der Àrztlichen Praxis, die der wissenschaftlichen Medizin
gleichgiltig sind, aber fĂŒr den KrĂ€nken Labsal und Balsam:
wer a u f dem Krankenbette und nicht bloĂ a n ihm geprĂŒft
wurde, weiĂ den Wert eines mitfĂŒhlenden Blickes, eines
guten Wortes zur rechten Zeit am besten zu schÀtzen: den
Physiologen lĂ€Ăt es gleichgiltig, wie die Kissen fĂŒr den
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10. Jahrg. Nr. 8
Jenseits von Beruf und Amt
XV
Kranken gelegt werden, fĂŒr den praktischen Arzt isi es eine
ernste, wichtige Sache."
Dann aber gehl es, nach alter guter Sitte, hinaus in die
Kerne, um auch anderswo die Kunst zu grĂŒĂen. Ueber
MĂŒnchen, wo damals in der Medizin der Mystiker R i n g s e i s
hI in der Politik die Abenteurerin Lola Möntez die erste
ige spielte, fuhr und wanderte man frohgemut durch die
yerischen, tiroler und salzburger Berge nach Wien, um bei
k o d a , R o k i t a n s k y . S e m m e I w e i s und anderen
en Honig neuer Erkenntnisse einzusammeln. Die junge
'iener Schule mit ihrem Skeptizismus und therapeutischen
ihilismus wird treffend gezeichnet: âBei vielen JĂŒngern
Skodas war es geradezu Axiom geworden; Nichtstun sei
das beste in der inneren Medizin. Nun ist es zwar nach
Sokrates der Anfang der Weisheit, zu wissen, daĂ man nichts
wisse: aber nichts zu tun, ist nicht der Anfang der Kunst
Mit der leinen Diagnose und i hier BestÀtigung hinterher an
der Leiche ist dem Kranken nicht gedient ... Lehrer und
SchĂŒler vergaben die eigentliche Aufgabe der Medizin: das
Heilen."
Von Wien ging's nach Prag zu 0 p p o 1 z e r ; âmit
ruhiger Weisheit verzichtete er auf mathematische GewiĂheit
und erreichte das Mögliche und Beste durch einfache Mittel
ein Kennzeichen tĂŒchtiger Aerzte."
Und nun zog es den unermĂŒdlich lernenden jungen
K u s s m a u 1 mit Macht nach Berlin, zu dem strahlend auf-
gegangenen neuen Gestirn V i r c h o w ; aber zwei Hemmnisse
standen dem entgegen: sein Reisegeld ging auf die Neige, und
eben war auch die MĂ€rzrevolution ausgebrochen. Also kehrte
er in die Heimat zurĂŒck, trat als MilitĂ€rarzt ins badische Haer
ein und machte den Feldzug nach Schleswig-Holstein und.
wenigstens in ihren AusklÀngen, als Festungsarzt in Rastatt,
auch die badische Revolution mit, von der er unvoreingenom
men und verstÀndnisvoll allerband Bedeutsames erzÀhlt.
Im FrĂŒhjahr 1850 verheiratete er sich und zog als prakti-
scher Arzt in Kandern im sĂŒdlichen Scliwaizwald auf, in
.1 o h a n n P e t e r H e b e I s schönem Heimatgau. Wir lernen
Land und Leute und die Freuden und Leiden der landÀrzl
liehe/) Praxis kennen, von der er sagt: âDie Landpraxis stellt
gröbere Anforderungen an die Kraft und Kunst der Aerzte, als
die Stadlpraxis ... In allen FĂ€chern der Medizin soll der
Landarzt gut gesattelt sein, mit gleicher Geschicklichkeit die
innere wie die Ă€uĂere Medizin und die Geburtshilfe ausĂŒben
In dringenden FĂ€llen, auch der vei wickeltslen Art, deckt ihn
iiiemand mit schĂŒtzendem Schild, auf eigene Verantwortung
muĂ er entschlossen handeln, wie der Soldat auf einsamem
Posten im Feindesland. Es hat mir als Kliniker Nutzen ge-
bracht, durch diese Schule gegangen zu sein, sie leinte das
Wesentliche und Notwendige von dem Unwesentlichen und
Unnötigen unterscheiden, mit einfachen Dingen auszukom-
men und praktisch Erprobtes nicht fĂŒr theoretisch Empfohle-
nes, Ungewisses hinzugeben." Drei Jahre hielt er den schweren
Anforderungen stand; dann aber erkrankte er an einer (wie
er damals selbst diagnostizierte) âMeningitis Lumbaris rheu-
matischen Ursprungs", erlitt eine LĂ€hmung heider Beine,
deren Folgen noch Jahre lang anhielten, und entschloĂ sich,
knapp genesen, die Landpraxis aufzugeben und die akademi-
sche Laufbahn einzuschlagen.
Das SchluĂkapitel berichtet, wie er dann nach WĂŒrzhiU'g
zu dem inzwischen dorthin berufenen Virchow ging,
hernach, um eine schmerzlich empfundene LĂŒcke seines Ă€rzt-
lichen Wissens auszufĂŒllen, einige Zeit in der Irrenanstalt
Ulenau praktizierte und sich ein Jahr darauf in Heidelberg
habilitierte.
* * *
Adolf Kus s m a u 1 war, wie T h e o d o r F o n t a n <* .
ein Liebhaber und Meister der Anekdote und erreichte in die-
ser Form eine schlagende Charakterisierung von Personen
und Situationen.
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XVI
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 8
Er war eine durchaus kĂŒnstlerische Natur und hat in
jungen Jahren auch in gebundener Form Treffliches, ja auf
humoristischem Gebiet UnĂŒbertreffliches geschrieben, so die
wunderbare Ballade vom verlorenen Sohn âin dem Land
Mesopotamium." Viele dieser âkomischen" Gedichte aus der
Kanderner Zeit und von nachher hat sein in dieser Beziehung
etwas sehr merkwĂŒrdiger Freund Ludwig Eichrodt
seelenvergnĂŒgt und ohne weitere UmstĂ€nde seinen eigenen
Dichtungen einverleibt.
Die lyrische Muse ist auch dem alten Herrn nicht ganz
untreu geworden. WehmĂŒtig und doch gelassen klingt sein
Buch aus der Jugendzeit in die schöne Strophe aus:
Der Abend verglĂŒht und die Nacht bricht ein.
O flimmernder Staub im Sonnenschein,
Bald wirst du im Dunkel verschwunden sein.
Hohenheims literarische Hinterlassenschaft.*)
Aus schwÀbischem Adelsgeschlechte entsprossen, geboren
Ende 1493 zu Einsiedeln in der Schweiz, aufgewachsen seit
1502 zu Villach in KÀrnten unter der Hut des Àrztlichen
Vaters, hat Hohenheim italienische, deutsche, französische
Hochschulen besucht (hat etwa 1515 in Ferrara zum Doct.
med. promoviert) und ist nach langen Wanderungen und
Fahrten durch Spanien, England, DĂ€nemark, Schweden,
BuĂland, PreuĂen, Polen, Ungarn, Kroatien kaum dreiĂig-
jÀhrig wieder heimgekehrt.
Ums Jahr 1525 taucht er, nach vorheriger Niederlassung
in Salzburg (1524), in deutschen Landen am Oberrhein auf,
wo er Kranke heilend und SchĂŒler unterrichtend bald da,
bald dort sein Wesen treibt.
Wann er begonnen hat, seine Erfahrungen, seine aus be-
*) Aus Karl Sudhoff's Skizzen, Verlag F. C. W. Vogel, Leipzig.
stÀndiger Beobachtung geschöpften neuen Ideen niederzu-
schreiben, ist ungewiĂ.
Sicher hat er schon frĂŒhe einzelne medizinische oder
chemische oder sonstige eigene Beobachtungen oder wichtige
Mitteilungen anderer sich aufgezeichnet. Auf solchen ge-
legentlichen Wanderschaftsnotizen beruhen z. B. die bei Joh.
Kornelius zu Pettau in der Steiermark zurĂŒckgelassenen
beiden Manualia, die man als eigentliche âSchriften" Hohen-
heims nicht betrachten kann.
In frĂŒheren Jahren scheint er sich mit dem Plane eines
groĂen Gesamtwerkes ĂŒber interne Pathologie und Therapie
getragen zu haben, welches unsicherer Ueberlieferung nach
53 BĂŒcher zĂ€hlen sollte. Aus diesem, groĂen Entwurf sind
uns nur drei ausgearbeitete BĂŒcher erhalten; das 6. Buch von
den tartarischen Krankheiten, das 7. Buch von den Krank-
heiten, die der Vernunft berauben, und das 9. Buch von den
Kontrakturen, welche wie Stichproben erkennen lassen, daĂ
Hohenheim, weit davon entfernt, nach dem alten Schlendrian
seiner Zeit a capite ad calcem sein Thema abzuwandeln,
verwandte Krankheitsformen gruppenweise zusammenstellte
und in ihrem inneren Zusammenhang zu erfassen und dar-
zustellen versuchte. An Dispositionen und ĂŒbersichtlichen
EntwĂŒrfen ĂŒber Geplantes ist sonst im handschriftlichen
Nachlasse Hohenheims kein Mangel; schade, daĂ uns gerade
zu diesem groĂen Werke jede Uebersicht ĂŒber die geplante
Anordnung völlig verloren ist.
Eng hieran anzuschlieĂen scheinen sich die in doppelter
Bearbeitung erhaltenen elf Traktate vom Ursprung und Ur-
sachen der Wassersucht, Schwindsucht, Farbsuchten, Kolik,
Schlag, Taubsucht, WĂŒrmer, Stuhllauf, Podagra, Fallsucht
und des kalten Wehes.
Doch schon mit gröĂeren EntwĂŒrfen trug er sich in der
vorbasilianischen Zeit. So gehen die groĂartigen âparami-
rischen" Konzeptionen ĂŒber allgemeine KrankheitsĂ€tiologie,
wie sie in der Lehre von den fĂŒnf Entien des Paramirum
primum uns entgegentreten, schon zweifellos in diese Zeit zu-
Hochprozentiges SalicylprÀparat
sicher wirksam u. gut bekömmlich auch bei magenempfindlichen Patienten
_mTI, -tt/amc-m Gelenkrheumatismus.MuskelrheumaĂŒsmus, Gicht, Neuralgie,
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Bei Prost und harter Haut. Sohlen-
brennen. â Insektenstichen.
Ester Dermasan:
â Di krĂ€ftiges Resorbens
V
aginal-Trocken-" wu db"° v"
Lenicet-Bolus;
Lenicet-Bolus:
(2 /â); Silber, u
hĂŒtet Keimverschleppung
Lenicet-Bolus-Tabletten (CO,);
mit Jod; Peroxyd; MilchsÀure
i. Tabl (C02); (Flmr . Goiarrb . Kaipltls im.).
wie Rheumasan bei hartnÀckigeren FÀllen, chron. Lumbago, Arthritis deformans, tabisch.
Schmerzen, Sehnenscheiden-EntzĂŒndung. Furunkeln, ferner bei Psoriasis, Pityriasis
und gynaecl. als Ester-Dermasan - Vaginal - Tabletten: Adnexe, Fluor., Ester-
Dermasan -Tabletten mit Silber bei Gonorrhoe und in dubiösen FÀllen.
Trockenbehandlung dUPCh [Cocain, Novocain ~ 1,0. kristall.
eâ 5 mm Mm^ gm m mm Nebennierensubstanz 0,004.
II I r U II I II Lenket, Tonerdehydrat âReiss" ~ 49,0]
Lâ â
halĂŒtr^t bei Retronasalkatarrhen, Schnupten, auch Heu- und Jod-
schnupfen, Blephar u. Laryngitis, Nasen-Zahn Blutungen, Haemorrhoiden.
Lenirenin-Salbe AU*SÂŁ.
Nase, Ohren, Haemorrh,; Prurit. u. kl. Chirurg.
Proben U. Liier.: Dr. R. Reiss, Rheumasan- u. Lenket
Schmiermittel
nach Stuhl
r> 1 âą 4. c tu Lenicet-Salbe )
Peru-Lenicet-Salbe, Lenicet.Krem 1
Peru-Lenicet-Salbe .mit Anaesthetikum J
Lenirenin; Lenirenin-Salbe: Blutungen.
Lenirenin Beiladonna-Saibe : Tenesmus.
Lenicet-, Lenicet=Bellad>, Lenirenin-Suppositor
Peru- oder Silber-Lenicet»Puder: Rhagaden usw.
Fabriken, Charlottenburg 4/120 u. Wien VI/2.
e
V
5
ÂŁ
b
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O
E
:m
X
Literatur
und Proben
grutis
40. Jahrg. â Nr. 8
Jenseits von Beruf und Amt
XVII
rĂŒck. Ja, es scheint mir, als ob dieses vielleicht gewaltigste
aller theoretischen Werke Hohenheims in einem GuĂ vor
Basel bereits vollendet worden wÀre und im Jahre 1529/30
höchstens die letzte Feile erhalten hÀtte. Jedenfalls atmet es
ganz den jugendlichen Enthusiasmus des vorwĂ€rtsstĂŒrrnen*
den Neuerers.
Auch die Archidoxen, das Grundwerk der neuen spezi-
fischen Heilmethode auf chemischer Basis, sind in diese*
drĂ€ngenden Jugendzeit verfaĂt, zugleich mit den BĂŒchern
De Renovatione und Restauratione und dem ersten Buche
vom langen Leben. Auch eine deutsche KrÀuterkunde hat
er in seinem Herbarius damals entworfen und meteorologische
und BĂ€derschriften vorbereitet.
Mitten in diesen schriftstellerischen Arbeiten traf ihn zu
StraĂburg oder zu Neuenburg am Rhein die Berufimg nach
Basel, welche seine AutorentÀtigkeit auf andere Wege wies.
Noch waren sie ja nur zum kleinsten Teile auch nur ent-
worfen, geschweige ausgefĂŒhrt, die âmedicinae, et physices et
chirurgiae, libri, quorum et ipse auetor", die er seinen Baseler
UniversitÀtsvorlesungen zugrunde legen wollte.
Nur die 7 BĂŒcher De gradibus et compositionibus reeep-
torum et naturalium waren vielleicht schon im EntwĂŒrfe vor-
handen, da sie sich den eben genannten, allgemein pharmako-
logischen und therapeutischen Schriften direkt anschlieĂen,
wenn sie auch einen mehr ĂŒberleitenden als reformatorischen
Charakter tragen, also zur EinfĂŒhrung des Hörers in das
neue, fremde Anschauungsgebiet besonders gut dienen
konnten.
Zu Vorlesimgszwecken ausgearbeitet hat Hohenheim
weiter die BĂŒcher De Praeparationibus, von der arzneilichen
Bereitung der anorganischen und pflanzlichen Heilstoffe,
deren Kollegicnheft in der Mitte abbricht; dies Thema kam
also wohl im Wintersemester 1527/28 zum Vortrag.
Auch ĂŒber Purgieren und Aderlassen hat er ein kurzes
Kolleg vorbereitet und, anscheinend unter AnknĂŒpfung an
die oben genannten âeilf Traktate", in den 14 BĂŒchern der
Paragraphen als aphoristische spezielle Pathologie und
Therapie eine Auslese hÀufiger Krankheitsformen kursorisch
abgehandelt, wÀhrend er in dem Liber de Icteritiis eine an-
dere Erkrankungsform ausfĂŒhrlicher herausgreift und in den
zwei BĂŒchern De morhis ex tartaro oriundis eine erschöpfend«'
monographische Klarlegung dieser wichtigen, von ihm neu
aufgestellten Àtiologischen Krankheitsgruppe zum Vortrag
bringt, indem er kurze lateinische LeitsÀtze diktiert und einen
weitlĂ€ufigen deutschen Kommentar anfĂŒgt.
In einem besonderen Kolleg, wÀhrend der sonst vor-
lesungsfreien Hundstage 1527, hat Hohenheim die Se-
miolik des Harns und Pulses vorgetragen, weiterhin kommen-
tierend ĂŒber die Aphorismen des Hippokrates und anschei-
nend auch ĂŒber die Poemata Macri de virtutibus herbarum
gelesen.
Als Doktor beider Arznei hat er auch die Chirurgie nicht
vernachlÀssigt und, wÀhrend die intemiedizinischen VortrÀge
teilweise noch lateinisch gehalten wurden, rein deutsch ein
Kolleg ĂŒber Verletzungen der verschiedenen Gewebe und Or-
gane und eines ĂŒber Ă€uĂere chirurgische Krankheiten ge-
halten, welche uns beide in mehrfachen Nachschriften ĂŒber-
liefert sind und einen bedeutenden Reichtum eigener Erfah-
rung und selbstÀndige Anschauungen auf diesen chirurgi-
schen Gebieten erkennen lassen.
Wahrlich, wenn man bedenkt, daĂ die ganze Baseler
LehrtÀtigkeit Hohenheims im höchsten Falle VA Jahre, wahr-
scheinlich sogar nur 10 Monate gedauert hat, so muĂ man
sagen, daĂ Paracelsus in dieser kurzen Zeitspanne, wie so oft
in seinem Leben, geradezu fieberhaft schriftstellerisch tÀtig
gewesen ist. Und nebenbei hat er zahllose Kranke besucht,
auch mit seinen SchĂŒlern, und botanische Exkursionen ver-
anstaltet, wie ĂŒberliefert wird.
Doch damit noch nicht genug! Auch die ĂŒbrigen wissen-
schaftlichen EntwĂŒrfe haben neben diesen Ausarbeitungen
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Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 8
fĂŒr die Baseler LehrvertrĂ€ge nicht geruht: die freie schrift-
stellerische Arbeit ging rastlos weiter.
Hatte die LehrtÀtigkeit den gewissenhaften Mann natur-
gemÀà dazu gefĂŒhrt, die Summe seiner .Erfahrungen, das
Fazit zu ziehen, sich Rechenschaft darĂŒber abzulegen, wie-
weit er denn nun mit dem Ausbau seiner eigenen Gedanken
in Theorie und Praxis gekommen sei, so sehen wir nun die
FĂŒlle seiner Beobachtungen. Anschauungen und Abstrak-
tionen sich in immer neuen chirurgischen, medizinischen,
naturwissenschaftlichen und philosophischen Abhandlungen
ergieĂen, immer neue GuĂformen fĂŒllend mit dem Edel-
metall seiner neuen Naturbeobachlung aus den Schmelzöfen
seiner schaffenden Phantasie.
Abei auch jetzt ist er nicht âfertig"; ewig bleibt er ein
Werdender. Innner wieder wird aus der Beobachtung in der
freien Gottesnatur, im Laboratorium und am Krankenbette
neues Edelerz gewonnen, stets wieder von neuem werden die
alten Formen eingeschmolzen und neue Werke gebildet, wie
z. B. die Tartarusschriften und die Wundarznei in ihren
verschiedenen erhaltenen Gestalten dartun.
In Basel entstanden neben den Vorlesungskonzepten vor
allem die fĂŒnf BĂŒcher De vita longa, ein dunkel gehaltenes
Werk ĂŒber LebensverlĂ€ngerung und KrankheitsbekĂ€mpfung
durch wirkungsvolle Therapie. Auch die Niederschriften De
Fodagricis scheinen bis in die Baseler Zeit zurĂŒckzugreifen,
zum Teil sogar in noch frĂŒhere Zeit; in ihnen finden sich
namentlich schon Vorstudien zum Paramirum II und zum
Paragranum.
Als letzte Baseier Arbeit möchte ich die Bertheonea be-
ll achten, den ersten Entwurf einer allgemeinen chirurgischen
Pathologie und Therapie, der ein Torso geblieben ist, haupt-
sachlich von Wert als Fixierung seines damaligen Stand-
punktes in der Auffassung der Wundinfektion und Wund-
heilung, der Entstehung der VerschwĂ€rungen und AbszeĂ-
bildungen usw. und durch die kulturgeschichtlich inter-
essante Vorrede.
Einen Teil dieser allgemein-chirurgischen Gedanken hat
Hohenheim in Kolmar unter teilweiser Benutzung des schon
vorliegenden Textes in Zusammenhang monographisch aus
gefĂŒhrt in den 7 BĂŒchern Von den offenen SchĂ€den.
Ein anderes, damals zur Chirurgie gezÀhltes. Gebiet hat
er gleichzeitig in Angriff genommen und in einer ganzen
Reihe von Schriften behandelt, die Syphilis, die ihn 1 Vt Jahre
lang in hervorragendem MaĂe, ja scheinbar fast ausschlieĂ-
lieh, beschÀftigt hat und in einer ganzen Reihe von Einzel-
darstellungen ihre Erledigung fand Vom Holz Qua ja k.
Drei BĂŒcher von der französischen Krankheit (âImpo-
sturen"), Acht BĂŒcher von Ursprung und Herkommen der
Franzosen; Spitalbuch â nachdem er in Kolmar zu Dedi-
kationszwecken das ganze Gebiet in zehn BĂŒchern zum ersten
mal in einem Zuge zu schildern versucht halte.
DaĂ neben der Syphilis in den Jahren 1528 â 153t) kein
anderes Thema ihn beschÀftigt habe, darf man jedoch nicht
annehmen. ZunÀchst hat er seine Studien tri den Schweizer
und SchwarzwaldbĂ€dern, die er groĂenteils schon in vor-
basilianischer Zeit gemacht hatte, endgĂŒltig zusammengefaĂt
und den BĂŒchern Von den natĂŒrlichen BĂ€dern ihre heute
noch erhaltene Gestalt gegeben. Weiter berichtet die Sage aus
der (angeblichen) Heimatstadt seiner Familie, EĂlingen, von
reicher alchemistischer TĂ€tigkeit Hohenheims im Jahre
1529; doch selbst angenommen, daà dieser legendÀren Ueber-
lieferung etwas TatsÀchliches zugrunde liegt, so scheinen mir
die paar erhaltenen praktisch alchemistischen Schriften, falls
echt, wesentlich Àlteren Datums zu sein.
Dem Zeitgeschmacke entsprechend hat H o h e n h e i m
im Jahre 1529 die erste astrologische Praktik erscheinen
lassen, wie ich daraus schlieĂe, daĂ dieser âPractica gemacht
auf Europen" ein Nachwort an die âAstronomos" beigegeben
ist, welches programmatisch seinen allgemeinen astrologi-
schen Standpunkt klarlegt. Vielleicht hat er in der EĂlinger
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ist essigsaure Tonerde in Pulverform, verstÀrkt mit
Aluminiumsulfat.
Nachstehende PrÀparate sind im Handel:
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Vt und '/. Streudose
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stillender Wirkung bei Wunden, Ent-
zĂŒndungen. Haemorrboiden. ferner
bei Verbrennungen zur VerhĂŒtung
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4u. Jahrg. - Nr. «
Jenseits \ o n Kernt und A in t
XIX
Notlage diesen Gedanken gefaĂt. Jedenfalls ist er diesem
Brauche der jÀhrlichen Proghostikatiönen von nun ab fast
regelmĂ€Ăig treu geblieben, mindestens bis zum JĂ€hre 1539,
also volle 10 Jahre: er scheint an diesen Spielereien seiner
geistreichen Laune besonderen Gefallen gefunden zu haben
Das Honorarergebnis wird man dabei kaum in Rechnung
ziehen können.
Auch Epilepsie und Hysterie scheinen ihn 1528 -29 be-
schÀftigt zu haben; wenigstens weisen die Schriften De Ca
dueo und De Cadueo matrieis stark in diese Zeit, ebenso die
Vorarbeiten zum Paragranum. Gerade von dieser Sehrift sind
besonders zahlreiche erste Ausarbeitungen und Konzepte uns
erhalten, die teilweise noch in voller unmittelbarer Leben-
digkeit an die Baseler SehluĂkatastrophe anknĂŒpfen, wĂ€hrend
die fertige Gestalt des bedeutenden Werkes, in welchem er
in scharf pointierter Weise als die allgemeinen Grundlagen
Ă€rztlicher Kunst: Naturerkenntnis (irdische und kosmische
Physik), Scheidekunst und reine, menschenfreundliche Ge-
sinnung aufstellt, aus dem FrĂŒhling 1530 stammt. Dies
grundlegende Werk fĂŒhrte ihn direkt dazu, die allgemeine
KrankheitsĂ€tiologie von neuem zu bearbeiten, die er im âVo-
lumen medicinae Paramirum" schon Jahre vorher festgelegt,
aber nun bei den Untersuchungen ĂŒber die Entstehung der
Lustseuche vielfach gestreift und in neue Beleuchtungen ge-
bracht hatte. Das in St. Gallen 1531 in der Hauptsache fertig-
gestellte Paramirum II hat denn auch eine durchaus andere
Gestalt angenommen, ist wesentlich konkreter, mehr nach
praktischen Gesichtspunkten gefaĂt, wenigstens mit dem
hochfliegenden, konsequent durchdachten philosophischen
Jugendwerke verglichen. Doch ich will auf Einzelheiten
nicht eingehen.
Zu Ende des Jahres 1530 schiebt sich dann die Nördlinger
Pestschrift (Zwei BĂŒcher von der Pestilenz) ein. welche wohl
Eingebungen des Augenblickes oder dem Wunsche von Nörd-
linger Freunden ihre Entstehung verdankt, wie die Kometen-
erscheinungen der Jahre 1581 und 15:52 eine Anzahl kleinei
Kometenschriften und Verwandtes ins Leben riefen,
Bittere eigene Not, konfessionelle Streitigkeiten ringsum,
durch beide verkörpert âder Menschheil ganzer* Jammer" ent-
fĂŒhrten nun fĂŒr Jahre zwar nicht den ,, armen Kranken" ihren
treuen Arzt, aber der Medizin ihren fleiĂigsten scluillsteile
rischen Arbeiter (1532 bis 1535).
Das Mare magnuni der, philosophischen und theologischen
Spekulation verschlang ihn mit seinen Wogen. Jedoch will
ich das Ergebnis dieser Abkehr von der Medizin eine lange
Keihe hochbedeutender theologischer Abhandlungen heute
nicht weiter berĂŒhren.
In diesen Jahren erneuter Bergeinsamkeit ist auch das
Volumen primum suae philosophiae de divinis operibus el
secretis naturae in 23 BĂŒchern entstanden, ingleichen das
Volumen secundum de vita beata. Vielleicht sind auch die
durchaus originellen BĂŒcher ĂŒber die Bergsucht (die Berg-
krankheiten) in diesen Jahren fertiggestellt oder wenigstens
neu durchgesehen worden; denn er erwÀhnt ihrer öfters
gerade in den nÀchstkommenden Jahren und mag von Inns-
bruck aus auch seine alten LehrstÀtten in den Bergwerken
der Grafen FĂŒger im Oberinntal von neuem besucht haben
(1534â35).
Wieder auftauchend aus dem Meere des Elends und der
theologischen Weltverlorenheit trifft ihn unter dem Brennei
die heranrĂŒckende Pest, der er das populĂ€re Pest-BĂŒchlein an
die Stadt Sterzing entgegenhÀlt (1535).
Tartarusforschungen und Heilquellenstudien im Engadin
und in Pfeffers vollenden das Bekehrungswerk, und im
Sommer 1536 bringt er die ersten beiden BĂŒcher der groĂen
Wundarznei ĂŒber Wundheilung und Verschwörungen zum
Druck, gieĂt seine Tartarus -Erfahrungen und -Gedanken in
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XX
Jenseits von Beruf and Amt
40. Jahrg. â Nr. 8
ihre letzte Gestalt (fĂŒr Pfarrer von Brandt in Eferdingen),
packt in MĂ€hren zum letzten Male die Franzosenkrankheit an
(als 3. Buch der groĂen Wundarznei, das ein Torso blieb) und
beginnt im selben Sommer 1537 seine Astronomia magna oder
philosophia sagax der groĂen und kleinen Welt, gleichfalls
das Ergebnis einer langen Kette von Vorarbeiten und gleich-
falls nicht völlig zu Ende gefĂŒhrt, trotzdem in seiner welt-
umspannenden TotalitÀt eine seiner genialsten Konzeptionen,
wenn auch ins okkulte Gebiet weit hinĂŒbergreifend. Die
9 BĂŒcher De natura rerum stellen in ihren möglicherweise
echten Teilen eine kecke Mystifikation dar â âich bin des
trocknen Tons nun satt"! â wie bequem sich auch ihr okkul-
tistisches GeprÀge an den Eferdinger Okkultistenverkehr und
die âPhilosophia sagax" anzuschlieĂen scheint.
Durch neue KĂ€mpfe mit der MiĂgunst der Wiener Kol-
legen wird Hohenheim unsanft auf den realen Boden zurĂŒck-
gestoĂen und schreibt in den heimatlichen KĂ€rntner Bergen,
schneidig wie mit der Klinge des Schwertes, seine sieben
Defensiones und den Labyrinthus Medicorum, in welchem
uns seine ganze wissenschaftliche Persönlichkeit, der unge-
beugte KĂ€mpfer fĂŒr die klar erkannten Prinzipien des Fort-
schrittes noch einmal in ungeschwÀchter Kraft und Frische
als echter Reformator der Heilkunst entgegentritt in seiner
ursprĂŒnglichen Grobkörnigkeit und bergquellenklaren Rein-
heit und Tiefe.
Auf die letzten beiden Lebensjahre des Reformators in
und um Salzburg lassen sich mit einiger Bestimmtheit nur
einige theologische Niederschriften verweisen, und wir sind
am Ende mit diesem chronologischen Ueberblick ĂŒber Hohen-
heims literarische Hinterlassenschaft, der auch im Medizini-
schen das Erhaltene kaum zur HĂ€lfte erschöpft â und wie
gewaltig ist schon dies kurz skizzierte Ergebnis seines
Schaffens, das fĂŒr ein langes Leben schon erstaunlich genug
wĂ€re, um' so staunenserregender fĂŒr ein so kurzes, das mit
47 Lebensjahren sein Ende fand und unter den widrigsten
VerhÀltnissen bestÀndigen Hin- und Herwanderns sich er-
schöpfte!
* *
*
NaturgemÀà ist dies ruhelose Wanderleben, das ja so gar
nicht passen will zu wissenschaftlicher Schriftstellern, auf
den U eberlief erungszustand der literarischen Hinterlassen-
schaft Hohenheims nicht ohne einschneidende Einwir-
kung geblieben.
Wie rasch Hohenheim auch gelegentlich produziert
haben mag, so hat er es doch durchaus nicht leicht ge-
nommen mit seinem literarischen Schaffen. Im Gegenteil!
Immer und immer wieder hat er dasselbe Thema, das ihn
einmal gefesselt hatte, von neuem zur Hand genommen, um
es immer gröĂerer Vollkommenheit entgegenzufĂŒhren.
Wir haben auf diese Art zahlreiche Einzelschriften in
mehrfacher Ausarbeitung vor uns aus den verschiedenen
Perioden seines Schaffens, leider nicht immer unter Wahrung
der fĂŒr den Schaffenden selber wĂŒnschenswerten KontinuitĂ€t.
Und daran tragen die Unterbrechungen und FĂ€hrnisse des
ewigen Wanderlebens hauptsÀchlich die Schuld.
Nicht nur, daĂ er frĂŒhere EntwĂŒrfe und Ausarbeitungen
ab und zu als Dedikationen an einfluĂreiche Personen ver-
wendete, daĂ er eben fertige Werke in der Hoffnung, die
Drucklegung dadurch zu erreichen, an hochmögende Stadt-
potentaten hingab und, wenn die Hoffnung trog, nachher
nicht einmal selber ein geschriebenes Exemplar mehr besaĂ;
er hat auch manches Manuskript an einzelnen RaststÀtten bei
zuverlÀssigen Leuten, wie er meinte, in Verwahr gegeben,
ohne daà er dessen spÀter wieder habhaft werden konnte, und
manches andere wurde ihm wohl auch entwendet oder geriet
in anderer Weise in Verlust, um gelegentlich nach langen.
Jahren in der Gemeinde seiner JĂŒnger wieder aufzutauchen
und in durchaus unfertiger Gestalt weiter abgeschrieben oder
wohl gar in Druck gegeben zu werden.
Fortsetzung folgt.)
Spezifik um zur Herabsetzung
anormal erhöht. Blutdruckes,
seit 1912 bewÀhrt gegen Ar-
terlosclerose . Herzneurose,
Neurasthenie, klimakterische
Störungen
Bewirkt Sinken des sklerotisch
gesteigerten Blutdruckes. Be-
ruhigung des nervös erregten
Herzen^, Aufheiterung bei Ge-
mĂŒtsverstimmung u. Linderung
b. seelisch reizbarer Schwache
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10. Jahrg. â Nr. 9.
Jenseits von Beruf und Amt
XI
Jenseits von Beruf und Amt.
Hohenheims literarische Hinterlassenschaft.*)
(Fortsetzung und SchluĂ.)
Daneben sind aber auch Ausarbeitungen ĂŒberliefert,
welche deutlich die Spuren der Weiterentwicklung und Um-
arbeitimg in den verschiedensten Stadien aufweisen, so daĂ
sich gut erkennen lĂ€Ăt, wie Hohenhei m mit der Form der
Darstellung gerungen, wie er gelegentlich Àrgerlich, wenn's
nicht vom Fleck gehen wollte, die Feder hinwarf und die
Weiterarbeit auf eine bessere Stunde verschob, wie er nicht
I nur Form und Ausdruck glÀttete und klÀrte, sondern auch
k die heftigen StimmungsergĂŒsse zĂŒrnenden Augenblicks, die
f er feuersprĂŒhend aufs Papier geworfen oder stĂŒrmisch vör-
sprudelnd seinen SchĂŒlern diktiert hatte, in klar gestaltenden
Zeiten seelischer Ruhe endlich maĂvoll fĂŒr die Veröffent-
lichung in ĂŒberlegter Fassung milderte und festlegte.
Aus allen Stadien der Fertigstellung und Gestaltung sind
uns derart gröĂere und kleinere Abhandlungen, Abschnitte
und Fragmente erhalten, verhĂ€ltnismĂ€Ăig Weniges in dem
bei Beginn der Arbeit erschauten Zustande der Vollkommen-
heit, in dem er es an Mit- und Nachwelt hinausgeben wollte.
Das muĂ man vor allem bei der Sichtung und Be-
urteilung und Wertung von Hohenheims schriftstelle-
rischem Nachlaà festhalten. Das öfters Verletzende, Derbe
oder in anderer Weise AnstöĂige in seinen sog. âWerken"
beruht vornehmlich auf diesen UmstÀnden, ebenso die
stellenweise Ungelenkheit und UnverstÀndlichkeit des Aus-
druckes, ein wie guter Stilist Hohenheim auch anderwÀrts
*) Aus Karl Sudhoff s Skizzen, Verlag F. C. W. Vogel, Leipzig.
wieder ist. Ja, er hat ebenso redlich tun die Form seinei
Abhandlungen gerungen wie um die Erfassung und Ausge-
staltung seiner horhl'liegendcn und- weitschauenden Ge-
danken und um das körperliche und seelische Wohlergehen
der ihm anvertrauten Kranken. Ein ehrlicher Wahrheits-
sucher und -kÀmpfer auf allen Gebieten seiner BetÀtigung!
* * *
Aber, wie gesagt, fĂŒr die Beurteilung und namentlich
fĂŒr die Herausgabe seiner Schriften sind, was ĂŒber den Zu-
stand ihrer Ueberlieferung gesagt wurde, ganz besondere
Schwierigkeiten, die prinzipiell beachtet und im einzelnen
jederzeit streng festgehalten werden mĂŒssen.
Nur die fertigen Werke sind gerechterweise der Wertung
seiner literarischen Persönlichkeit zugrunde zu legen, wenn
auch in eine kĂŒnftige Gesamtausgabe seiner W'erke alle die
vorlĂ€ufigen EntwĂŒrfe und Ausarbeitungen als wichtig fĂŒr die
Art seines Schaffens und fĂŒr das VerstĂ€ndnis der Entwick-
lung seiner Ideen werden Aufnahme finden mĂŒssen mit aus-
drĂŒcklicher Betonung ihres nur relativen Wertes wegen ihrer
unfertigen oder nur ein Durchgangsstadium darstellenden
Gestalt.
Einer derartig abwĂ€genden, nachprĂŒfenden, sich liebe-
voll versenkenden und sich fĂŒhren lassenden Bearbeitung und
Aufweisung werden auch zahlreiche der immer wieder be-
tonten WidersprĂŒche und Inkongruenzen seiner Lehre von
selbst sich lösen. Ein anderer Teil fÀllt unter den Gesichts-
punkt der von Tag zu Tag sich weiterziehenden Entwicklung
eines nimmer rastenden, stets schauenden, suchenden und
grĂŒbelnden Geistes, dem jede Stunde neue Ausblicke bringt
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XII
Jenseits von Beruf nnd Amt
40. Jahrg. â Nr. 9.
und jeder Krankheitsfall neue Belehrung bietet, wÀhrend
die schaffende Phantasie des zusammenfassenden und ge-
staltenden Denkers das ewig FlieĂende der neu zuströmenden
Erfahrungen immer wieder ummodelt und weiterbildet,
wenn auch die Grundanschauungen der neuen Weltbe-
trachtung immer wieder neu durch die wechselnden Er-
scheinungen des Lebens in Mensch und Natur durchblinken
und BestÀtigung zu finden scheinen.
Dieses unablÀssige Ringen nach Erkenntnis in der Seele
des Reformators, auf höchster Temperatur gehalten durch
das heiĂe Verlangen seines brennenden Herzens, der leiden-
den Menschheit Hilfe zu bringen, hat er selbst einmal, bald
am Ende seiner Schaffensbahn im Sommer 1536 in der Ein-
leitung zur groĂen Wundarznei mit eindringlichen Worten
in schlichter GröĂe geschildert, aber trauernd mĂŒssen wir
sagen, wenn wir den unfertigen Zustand so mancher seiner
mitten aus gĂ€render Zeit ĂŒberlieferten Abhandlungen be-
trachten:
HĂ€tte ein widrig Geschick dem stĂŒrmenden Eiferer und
drÀngenden Neurer nicht in der ewig schönen Stadt an der
Salzach ein frĂŒhes Ende bereitet, hĂ€tte er mit der olympi-
schen Ruhe eines höheren Alters sein Wissens- und Denk-
gebĂ€ude harmonisch ausfĂŒhren können, wie anders schaute
uns heute das wissenschaftliche Antlitz Hohenheims an!
Um so mehr aber bleibt uns Nachlebenden, namentlich
uns deutschen Aerzten, zu tun, um aus dem WĂŒste des ge-
druckten und handschriftlichen Nachlasses den GroĂen un-
serer Vergangenheit neu entstehen zu lassen, und da ist -
fast schĂ€me ich mich, es hier vor dem Ausland, das fĂŒr die
wissenschaftlichen Herren seiner Vergangenheit auch in
Medizin und Naturwissenschaft in monumentalen Gesamt-
ausgaben aus öffentlichen Mitteln schon so hervorragendes
getan hat, auszusprechen â da ist fĂŒr Hohenheim
eigentlich fast alles noch zu tun!
Wohl hat vor mehr als 300 Jahren ein erlauchtes deut-
sches FĂŒrstengeschlecht in mehreren seiner Mitglieder, ange-
weht von der GröĂe des Mannes, fĂŒr den Lebenden und fĂŒr
seine Hinterlassenschaft ewig Preiswertes geleistet â fĂŒr
Jahrhunderte die Schuld des deutschen Volkes vorausbezahlt,
indem es den wertvollsten Teil seines schriftstellerischen
Nachlasses in Verwahr nahm und eine opulente Ausgabe
seiner medizinischen, naturwissenschaftlichen und philo-
sophischen Werke ermöglichte, ehe es zu spĂ€t war â das
erlauchte Haus der Wittelsbacher.
Heute aber scheint mir dies auf Zinseszins angelegte.-
Dankeskapital bis auf den letzten Heller verausgabt: die
jetzige Generation muĂ dringend Hilfe schaffen, daĂ durch
die treue Arbeit sachkundiger und sprachkundiger Gelehrter
in erneuter Gestalt erstehe das Lebenswerk eines der gröĂten
Geister jener an GeistesgröĂen so reichen Epoche der Wieder-
geburt der Wissenschaften, der, seiner Zeit um Jahrhundertc
vorauseilend im stolzen Fluge seiner Gedanken, erst von
der heutigen fortgeschrittenen Wissenschaft völlig be-
griffen zu werden beginnt in seiner ĂŒberragenden GröĂe -
Theophrast von Hohenheim.
Ein Paracelsus-Roman.
Von Dr. 0 w 1 g 1 a s s.
Die seltsame, hell-dunkle, fast mythische Gestalt des
groĂen Arztes, Naturforschers und grĂŒblerischen Denkers
Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Para-
celsus, hat im Laufe der Jahrhunderte mannigfache Bewer-
tung gefunden. Man hat ihn zu Lebzeiten als heftigen Be-
kÀmpfer der galenischen Tradition wiederum heftig, und
zwar mit keineswegs sauberen Mitteln, bekÀmpft; man hat
ihn gehaĂt und verfolgt und gleichzeitig auch wieder ge-
schĂ€tzt und gesucht. SchlieĂlich hat man ihn vergessen oder
bestenfalls sehr von oben herab ĂŒber ihn als einen Charlatan,
als ein unklares Irrlicht, abgesprochen. Auch die sogenannte
âschöne" Literatur macht da keine Ausnahme. Noch Conrad
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Ferdinand Meyer laĂt seinen Hutten ĂŒber Paracelsus ĂŒber
ihn, der als erster an einer deutschen Hochschule in deutschet
Sprache las, der ein prachtvoll knorriges Deutsch sprach und
schrieb! â sagen:
âWas spricht der Gast das liebe Deutsch nicht rein
Und mischt so garst 'ge fremde Brocken ein!
Ich dachte: Wie zu dir dein Name paĂt!
Bombastus nennst du dich â und sprichst Bombast!
Be-
De-
Erst durch die unermĂŒdlichen Forschungen und
mĂŒhungen Karl S u d h o f f s beginnt seit wenigen
zennien sein Bild klarer und klarer aus den Nebeln hervor-
zutreten: das Bild des ĂŒberragenden naturwissenschaftlichen
Reformators, des tiefen religiösen Denkers und KÀmpfers, des
in seiner ZwiespÀltigkeit echt deutschen Menschen.
Und nun sieht es sogar beinahe so aus, als sollte er in
die Mode kommen, als wollte unsere verworrene Zeit, die
sich nicht mehr zu helfen weiĂ und verzweifelt nach Okkul-
tismus, Astrologie, Schulen der Weisheit und Àhnlichen
Strohhalmen greift, in ihrer Angst und Not auch diesen
Doktor der Arzneikunst und seine Arkana konsultieren. Der
schönen, bei E. Diederichs in Jena vor bald 20 Jahren er-
schienenen, durch Franz Strunz besorgten Neuausgabe der
BĂŒcher âParagranum" und âParamirum" ist vor kurzem eine
Auswahl Paracelsischer Schriften im Inselverlag gefolgt.
Aber Vorsicht, Herrschaften! Holt euch erst etwa im zweiten
Band von Mauthners âGeschichte des Atheismus", im zweiten
Abschnitt, Auskunft und Rat ein! Wenn die Finger schon
nicht krÀftig sind, die nach ihm greifen wollen, sollen sie
wenigstens sauber sein. Wer den stolzen Wahlspruch
fĂŒhrte: Alterius non sit, qui suus esse potest, der kann keine
Gefolgschaft brauchen, die den Satz fĂŒr sich umdreht und
meint: Alterius sit, qui suus non esse polest ....
Der Dichter E. G. Kolbenheye r ist nicht aus inner-
licher SchwÀche, sondern aus innerlicher Kraft und Ver-
wandtschaft zu Paracelsus gekommen. Kr lial ihn geradezu
instinktiv erfaĂt, er hat ihn erlebt und so ĂŒberzeugend ge
staltet, daĂ wir ĂŒber dem Menschen, der nun leibhaftig,
geisthaftig, vor uns wandelt und sich abwandelt, die Dich
lung als solche fast vergessen, last als selbstverstÀndlich hin
nehmen, um erst hinterher uns darĂŒber klar zu werden,
welche FĂŒlle kulturhistorischeil Wissens hier Wort und Bild
geworden ist.
Zwei BĂ€nde sind bis jetzt erschienen, ,,1) i e K i n d heil
des P a r a c e 1 s u s" und âDas Gestirn des Para c e 1 -
sus" (beide, wie alle anderen Werke Kolben heyers, bei
Georg MĂŒller in MĂŒnche n). Jeden Band eröffnet
eine mĂ€chtige OuvertĂŒre, eine groĂartige seherische Nachl-
szene, in der sich sozusagen rassenmĂ€Ăige, blutbedingte Ge-
bnndenheit mit erlösnngheischender religiöser Sehnsucht aus-
einandersetzt. Dann lernen wir den Boden, die Zeit und die
bestimmenden KrÀfte, die komponierenden Elemente, kennen,
aus denen der kleine Bombast sich herausbildet: den uralten
Wallfahrtsort Einsiedeln, das groĂvĂ€terliche Haus, die
willensstarke, unruhig-tapfere Art der helvetischen mĂŒtter-
lichen Sippe, den bedÀchtigeren, leiseren, gehemmteren
schwÀbischen Vater aus alterndem Geschlecht, und wie das
alles ineinander geht, gegeneinander steht. Wir sehen den
Kleinen erwachen und âzunehmen an Alter und Weisheit" â
gezeichnet mit einer Sicherheit und einer FĂ€higkeit, noch
einmal völlig Kind zu werden, die rĂŒhrt und verblĂŒfft; wir
sehen den Knaben hineinverwoben in den schweren Kon-
flikt zwischen der geistig erkrankten Mutter, dem ernst-
gĂŒtigen Vater und dem in seiner zĂ€hflĂŒssigen Art durch-
schĂŒttelten GroĂvater âmit dem suchenden Blick", und wie
endlich, nach der Mutter tragischem Tod, Vater und Sohn,
einig in ihrer Liebe zur Natur und in ihrem Helferdrang, in
fremdes Land auswandern.
Der zweite Band zeigt den werdenden JĂŒngling, der in-
zwischen als KlosterschĂŒler von Sankt AndrĂ€ begonnen hat,
in die Geheimnisse der Chemie einzudringen; er zeigt ihn
ĂŒ
TORAMIN MILANOL
wirksames Sedativum,
frei von narkotischer oder drastischer Nebenwirkung,
keine Verstopfung; daher auch bei Kindern, SchwÀch-
lichen und alten Leuten in genĂŒgender Gabe gefahrlos
anwendbar.
Indikationen: Husten, Reizhuslen, bei akuten und chroni-
schen Luftröhren- und Kehlkopfkatarrhen, auch tuber-
kulösen Ursprungs, bei Lungern und Brustfellent-
zĂŒndungen, Keuchhusten in abklingendem Stadium,
nervöser Husten.
Verordnung: 1 Röhrchen ToranĂŒn-Tabletten (25 StĂŒck ca.
0,1 Toramin) oder 1-2 g Toramin pro die, in Mixtur
mit aromat. WĂ€ssern, Sirup, Expektorantien, auch
Guajakol-PrÀparaten.
neue chloroformlösliche Wismut-Verbindung fĂŒr dermato-
logische Zwecke,
saubere Anwendung als Salbe, Paste, Puder,
Pinselung 2â 10%ig, weder WĂ€sche noch Haut
verschmierend.
Indikationen: Speziell chronische und subakute
Ekzeme.
Ferner FĂ€lle der derma lologischen Praxis, in denen eine
juck- und schmerzstillende, desinfizierende, granu-
lationsbefördernde, Infiltrationen resorbierende oder
keratoplastische W'irkung erstrebt wird.
Proben, Literatur und Rezeptformeln kostenfrei durch
Athenstaedt & Redeker, Chem. Fabrik, Hemelingen bei Bremen
ftceionai - HĂ€mormoidai -zaplchen
adstringierend, antiseptisch,
granu/ationsbe fördernd,
schmerzlindernd.
1
ITH
XIV
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 9.
als SchĂŒler seines Vaters in den MetallkĂŒchen von Villach
und lĂ€Ăt ihn erkennen: âDes Menschen Leib ist also auch
ein Ofen, und brennt ein subtil Feuer in ihm. Das will ich
aus dem Grund der gröĂten Meister erkennen und also den
Kranken helfen mit Regierung ihres Feuers." Wir hören
Vater und Sohn, der auf die Hochschule zu TĂŒbingen wan-
dern will, Abschied nehmen: âDu bist in dein Weg geborn,
der zweiget ab dem meinen. Gang deiner Weg mit Gott, sei
ein Mensch und such dein Frieden." â âIch will mein Frie-
den nit." â âUnd wirst ihn dannocht suchen. Es ist keine
Kreatur gesatzt zwischen Himmel und Erden, die den Frie-
den also begehret als der Mann, und die ihn nindert find't.
Das aber ist der Weg, der den Mann ĂŒber alle Kreatur hin-
ausfĂŒhrt." Wir erleben die Trostlosigkeit des medizinischen
Studiums damaliger Zeit. âGlaubenssatz wurde auf Glau-
benssatz gekeilt. Puls, Urin, Aderlaà und Schröpfen, einige
Heilmittel der alten Griechen, von den Arabern neu be-
schrieben, ersetzt und erweitert â alles Bericht und Bericht
des Berichtes, nirgends lebendige Anschauung." Paracelsus
vertauscht TĂŒbingen mit Ferrara â gehupft wie gesprungen;
er lernt, grĂŒbelt und forscht auf eigene Faust, macht sich bei
einer Pestepidemie durch Mut und Umsicht verdient und er-
wirbt den Doktorhut. Die Zeit des Wanderns, des ewigen
Landstreichens, beginnt. Als Regimentsmedikus treibt er sich
in Geldern, in England, in Paris, Granada und DĂ€nemark
herum und sammelt Erfahrung auf Erfahrung. Durch Nie-
derdeutschland, Polen und SiebenbĂŒrgen zieht er, spĂŒrt
âĂŒberall in den Mauern der StĂ€dte und Schlösser, den Lehm-
hĂŒtten der Dörfer, im HĂ€usergewinkel der Judengassen, an
den Feuern der Zigeuner . . . die ungeschriebene, urmĂŒtter-
liche Heilerfahrung und Arznei der Menschen" auf, wird von
groĂen Herren als Arzt zu Rat gezogen, von kleinen Lumpen
ausgehorcht und bestohlen, kommt nach Salzburg, beginnt
dort zu praktizieren, wird hinausintrigiert, wandert weiter
in den Schwarzwald und nach StraĂburg, erhĂ€lt einen Ruf
nach Basel als Stadtarzt und Professor, kommt daselbst zu
den Humanisten und ihrem Oberhaupt, dem allmÀchtigen,
eitlen Erasmus, in ein zweifelhaftes und zu den Herren Kol-
legen sehr bald in ein ganz" und gar unzweifelhaftes VerhÀlt-
nis, wird verleumdet, von einem fĂŒrnehmen Herrn ums Ho-
norar geprellt, pasquilliert und entflieht in einer Föhnnacht
den Mauern Basels, um weiter zu irren, weiter seinem Ge-
stirn zu folgen durch dieses schwere Leben.
Damit schlieĂt der zweite Band. Ob der Dichter die
ferneren Jahre und das einsame Sterben seines Helden in
einem Band oder in mehreren zum Ziele fĂŒhren wird, weiĂ
ich nicht; es ist auch gleichgĂŒltig. Aber das weiĂ ich, daĂ
der Paracelsus-Roman, wie er jetzt vorliegt, eines jener we-
nigen dichterischen Werke ist, hinter denen ein ganzer, ech-
ter, seiner Verantwortung bewuĂter Mensch steht, und daĂ
sein Dichter zu unsren Besten und GröĂten gehört. Möchte
sich jeder Kollege, dem es mit seinem Beruf bitterer Ernst
ist, je nachdem, Mut oder Gelassenheit (ist das am Ende
nicht das gleiche?) daraus holen oder sich doch mindestens
bestÀtigen lassen.
â Erstmals erregte Kolbenheyer Aufsehen durch den
Spinoza-Roman âAmor Dei": da war nicht nur eine
grĂŒndliche Kenntnis des Helden, seines Lebensganges und
Lebenswerks, seiner âLandschaft", der ZeitverhĂ€ltnisse im
GroĂen und Kleinen, da war vor allem eine starke kĂŒnst-
lerische und menschliche Persönlichkeit, die das beherrschte
âMaterial" zu einem ĂŒberzeugenden und in sich runden
Kunstwerk gestaltete. Doch sieht sich der Dichter nicht
bloĂ auf vergangene, versunkene Welten angewiesen; auch
in der Gegenwart steht er mit festen FĂŒĂen und hellen
Augen, wie z. B. die unter dem seltsamen Titel âA h a 1 i -
bama" zusammengefaĂten drei ErzĂ€hlungen aus dem
Wien der Vorkriegszeit aufweisen, in deren erster und bester
sprachkritische Gedanken seines deutschböhmischen Lands-
manns Fritz Mauthner unverkennbar anklingen, vielleicht
sogar spontan und neu aufgewacht und erlebt sind.
r
(i
vereinigt in sich
die entzĂŒndungshemmenden und antibakteriellen Wirkungen
desChlorcalciums u. HexamethYlentetramins
und erhöht
die Wirksamkeit dieser beiden anerkannten und
bewÀhrten Arzneimittel in der Behandlung von
ahmen u. chronischen EntzĂŒndungen
der Blase, des Nierenbeckens
und der Harnuiege
l'ackung . Schachte, mit 50 Tabletten z« 0,J g
Dos.: 3 mal 2â3 Tabletten in Wasser gelöst zu nehmen
Literatur und Proben zu Diensten
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BUlowslr. 2-4
i
I
i
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Perle f
des ThĂŒringer Waldes
NatĂŒrliche kohlensaure Stahl-
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Quelle Deutschlands.
S p e z i a 1 k u r e n
bei Herz-, Blut-, Nerven-Frauen-
leiden. ErholungsbedĂŒrftige.
Prospekte durety
die ftaaeÀlretttlon
40. Jahrg. â Nr. 0.
Jenseits von Beruf and Amt
XV
Goethes
Morphologie und Metamorphosenlehre.
Von Georg S t i ck er , Wurzburg.
Ein Bild davon, was geistreichen und gelehrten MĂ€nnern
im achtzehnten Jahrhunderl die BeschÀftigung mit der Bo-
tanik bedeutete, gewinnt man unter anderem aus den Briefen
des Leidener Professors Hermann Boerhaavc an
seinen SchĂŒler und Freund, den kaiserlichen Leibarzt
Bassand in Wien (Vindobonnae 1778), und aus den
Briefen des GroĂherzogs Carl August an Goethe
(Berlin 1918). Es war ihnen hauptsÀchlich darum zu tun, in
dem liebenswĂŒrdigen Reiche Floras zu angenehmer Erholung
des Geistes und des Leibes zu verkehren, insbesondere auch
seltene und dazu auslÀndische GewÀchse kennen zu lernen
und als SchaustĂŒck im Garten und GewĂ€chshaus zur eigenen
und fremden Augen- und Nasenweide zu hegen. Der zĂŒnftige
Botaniker jener Zeit pflegte seinen KrÀutergarten zu
ökonomischen und medizinischen Zwecken nach dem Vor-
bilde des mittelalterlichen Klosterapothekers oder auch nach
der Vorschrift des pÀbstlichen Leibarztes Andrea Gesal-
p i n o , der eine Renaissance der Botanik zu Beginn der
neuen Zeit in Rom angeregt hatte; wenn es hoch kam,
lieferte der Botaniker vom Fach Nacharbeiten zu des
Aristoteles und seines SchĂŒlers Theophrastos zwei-
tausend] ahre altem Werk, wobei er als FĂŒhrer einen neuen
groĂen Geist, Carl von Linne gerne anerkannte. Linne
brauchte GehĂŒlfen bei seiner Arbeit, das Inventar der gestalt-
und formenreichen Natur bis zum Kleinsten aufzunehmen
und jeden Naturkörper als etwas fertiges mit bezeichnenden
AusdrĂŒcken zu fixieren. Zu solcher Hilfsarbeit lockte idealer
Lohn; man konnte durch sie Autor und sogar Professor
werden.
Abseits von den Liebhabern botanischer GĂ€rten und von
den Floraarchivbeamten wandern im letzten Viertel des
achtzehnten Jahrhunderts zwei einsame Denkei durch die
Pflanzenwelt, Bous sc au und Goethe. Rousseau,
der die friedlichmĂŒĂige BeschĂ€ftigung mit der stillen Pflan-
zenwelt sucht, um von den eigenen Leidenschaften und von
den Eitelkeiten des Jahrhunderts zu genesen. Goethe,
dessen staunendes Auge sich an den Gestalten der Umwell
ruhig sÀttigen will, aber bald gewahrt, daà die fertigen
Formen der Natur selber keine Ruhe haben, nur Durch -
gangsbilder zu einer stetigen Verwandlung, in einem end
losen Werden und Vergehen sind, rastlose Entfaltungen
eines geistigen Schöpfers, den Hiob geahnt hat: Siehe, El
geht vor mir ĂŒber, ehe ich's gewahr werde, und verwandelt
sich, ehe ich's merke. â Die Schöpfung ist mit dem Sechs-
tagewerk nicht abgeschlossen; das sanfte Wandeln des
Gottestages dauert fort in der Natur, geht weiter in jeder
Minute, in jeder Sekunde, ohne Stillstand und ohne Ver-
alten; die unbegreiflich hohen Werke sind neu und herrlich
wie am ersten Tage. Jede Tierbildung, jede Pflanzenknospe,
das Wolkenspiel, der Farbenwechsel, ja das scheinbar tote
Gestein am starren Urgebirge wird dem erschlossenen Auge
Zeuge lebendiger SchöpfertÀtigkeit, die aus einfachstem Ur-
bild zu vielgestaltiger Lebensmöglichkeit nach gemessenem
BedĂŒrfnis in gesetzmĂ€Ăiger Metamorphose sich weiter und
weiter entfaltet.
Solange Goethe sich einer schlichten Betrachtung der
entwickelten Formen, dem rein morphologischen Studium,
hatte hingeben können, wurde der KĂŒnstler in ihm befrie-
digt; die augenblickliche Zustandsform in ihrer scheinbaren
Ruhe ist Vorbild und Hauptziel der bildenden Kunst. Vor-
aufgegangene und nachfolgende Bewegung in der Ruhe dar-
zustellen, ist eine spÀte Forderung gesteigerter Kunst, die
nicht schweigend beruhigen, sondern heimlich sprechend
anregen will. Wie diese Ruhe in Bewegung auch unter den
höchsten Voraussetzungen leicht zu KĂŒnstelei ausartet, zeigt
die SpĂ€tantike in den SchĂŒlern des Praxiteles und des
Lysippos, zeigt vor allem Leonardo da Vincis un-
feufralon Belladonna-
Heutralon
vorzĂŒglich bewahrt bei'
Hyp&raciditÀt,
Hyp<zrs<zkr<ztion,
Ulcus ventriculi
u duod<2.ni.
bei gleichzeitiger erhöhter Erregbarkeit
des Vagussysrems
Verordnung h/eurraion oder Beliadonna-Neutraion, Originalpackung
Dreimal rĂ€atich 7$ Stunde vor den Mahlzeiten ITeelöt Fei bezw. 7 Pulver in einem 0/O.se Wasser verrĂŒhrt.
I I
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Resistan-
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anregenden und epithelislerenden Eigenschaften.
Neuartiges ionotherapeutiscbes Mittel,
wirkt durch das Uebergewicht an Kationen.
Sehr bewÀhrt' besonders bei: Aeusseren Verletzungen (wie Schnitt-. Riss-, Biss-
und Quetschwunden), Frostbeulen, Brandwunden I. und Ii. Grades, Ekzemen,
Decubitus, Ulcus crurls, Impetigo, Erysipel, Dermatomykosen, durch verschiedene
aetiologische Momente hervorgerufenen Erythemen.
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Monomethylcuprelnbihydrochlorid , Alumlniumacetotartrat.)
Sicherstes Entkeimungsmittel auf neuem Prinzip:
Dissoziiertes Chlor und naszierender Sauerstoff.
VerbĂŒrgt 'den Schutz, ohne die Schleimhaut zu reizen und Ă€sthetisch unange-
nehm zu wirken. â PrĂ€parat, welches die desinfizierenden Wirkungen von
Chlor und Sauerstoff alt der keimtötenden Kraft eines Alkaloids vereinigt.
VorzĂŒglich als Schutzmittel.
y
Proben und Literatur nach Anforderung.
Resistan âą^S^Sa^ĂrrT' Berlin-Wilmersdorf 1.
Die Gesellschaft hat ihren bisherigen Namen Timello-Ges. abgeÀndert in Reslstan-Qes., wie vorstehend.
E2
XVI
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 9.
befriedigtes Hasten. Bewegung ist Anreiz zur Forschung,
Inhalt der Wissenschaft: Wissenschaft mit Ruhe nicht
vereinbar.
DaĂ die Idee der Metamorphose bei aller Berechtigung
und EhrwĂŒrdigkeit eine höchst gefĂ€hrliche Gabe von oben
sei, bleibt fĂŒr Goethe nicht verborgen; sie fĂŒhre ins Form-
lose, zerstöre das Wissen, löse es auf; sie mĂŒĂte sich gleich
der Zentrifugalkraft ins Unendliche verlieren, wÀre ihr nicht
ein Gegengewicht zugegeben, der Spezifikationstrieb, das
zÀhe Beharrlichkeitsvermögen dessen, was einmal zur Wirk-
lichkeit gekommen; eine Zentripetalkraft, welche der schein-
bar zufÀlligen Form Ewigkeitswert gebe und der in ihrem
tiefsten Grunde keine AeuĂerlichkeit etwas anhaben könne;
denn keine Zeit und keine Macht zerstĂŒckelt geprĂ€gte Form,
die lebend sich entwickelt.
Stoff und Form, Organisation und Auflösung, fort-
schreitender Bildimgstrieb und begrenzter Typus, Species
und VarietĂ€t erscheinen zunĂ€chst als WidersprĂŒche, sind
aber ausgeglichen in dem endlosen Werden und Wachsen
und Wandeln des Lebens, worin wirkliches Sterben und
Vergehen keinen Raum hat.
Goethes Gedanken ĂŒber den heiligen Kreis lebendiger
Bildung in der Metamorphose des Lebendigen blieben seinen
Zeitgenossen unverstanden; wie denn zu allen Zeiten die
groĂen Gedanken, welche Naturseher und NaturergrĂŒnder im
höchsten Sinne, Herakleitos, Hippokrates, Ari-
stoteles, Roger B a c o n, Leonardo da Vinci,
Theophrast von Hohenheim ausgesprochen haben,
dunkel und damit der Masse wertlos erschienen; Goethes
Gedanke blieb unverstanden, nicht nur in der dichterischen
Einkleidung, die er zunÀchst erhielt, sondern auch dann
noch, als er in grĂŒndlichen botanischen, osteologischen, mine-
ralogischen, metereologischen Beobachtungsreihen und Ver-
suchsreihen als naturwissenschaftlicher Leitsatz erhÀrtet
worden war, ja in einer Anzahl neuentdeckter anatomischer
und physiologischer Tatsachen als höchst fruchtbar sich er-
wiesen hatte. Goethe war und blieb den Gelehrten wie
der Menge der Dichter. Dichtung und Wissenschaft schei-
nen feindlich wie Traum und Wirklichkeit. DaĂ Einer ein
groĂer Dichter und ein tiefer Naturforscher sei, will der
platte Verstand nicht zugeben. Goethe sah klar den wah-
ren Grund, warum die Herren Gelehrten seine Ideen ganz
lĂ€cherlich fanden oder sich vielmehr damit begnĂŒgten, sie
unbeachtet zu lassen: weil ich kein Fachmann bin, sagt er
am 2. Juli 1823 zum Prinzenerzieher Soret. Er Àrgerte
sich mehr als billig ĂŒber die ZurĂŒcksetzung seiner Ent-
deckung an den UniversitĂ€ten. Er vergaĂ, daĂ es auch in
den MÀnnern der Wissenschaft ein zÀhes Beharrungsver-
mögen gibt, das den Fortschritt der Lehre weislich verzögern
muĂ, nicht um die Wahrheit zu unterdrĂŒcken, sondern um
den Besitzstand des wirklichen Wissens vor mutwilligen
Eindringlingen und aufgeregten SchwÀrmern zu sichern, und
daĂ es darum sogar mit Recht ein ausgesprochener Grund-
satz wissenschaftlicher Akademien ist, eher eine ablehnende
ZurĂŒckhaltung zu ĂŒben, als eine voreilige Zustimmung zu
geben.
Goethes naturwissenschaftliches Streben ging nicht
verloren. Wie tief er schon auf Zeitgenossen wirkte, hÀtte
er an Schopenhauer sehen können, der sich freudig zu
ihm bekannte, oder auch an manchen anderen, die sich
seiner Gedanken annahmen und sie ausfĂŒhrten, ohne den
Urheber zu nennen. Im Verkehr mit Alexander von
Humboldt gewann Goethe selber so viel, daĂ er wohl
kaum beachtete, wie viel er wiederum gab. Das GestÀndnis
Humboldts an Karolinc von W o 1 z o g e n âwie ich
durch Goethes Naturansichten gehoben, gleichsam mit neuen
Organen ausgerĂŒstet war" (14. Mai 1806), hĂ€tte ihm zum
Trost gereichen können in der Zeit, wo ihn die Einsamkeit
quĂ€lte und das GefĂŒhl, ich trete die Kelter allein, ungerecht
machte. Der SiebenundsiebzigjĂ€hrige erhĂ€lt das âWeihe-
geschenk eines bisher schweigsamen und unbekannten SchĂŒ-
lers", des 25jĂ€hrigen Johannes MĂŒller in Bonn: Zur
vergleichenden Physiologie des Gesichtssinnes (1826). Und
der AchtzigjÀhrige darf es (am 24. November 1829) dankbar
aussprechen, daĂ er durch MĂŒller und seine Mitarbeiter
frĂŒhere Bestrebungen und BemĂŒhungen, auf die er so viel
Zeit und Kosten verwendet, nunmehr zu Ehren gebracht und
in der gröĂten Breite und AusfĂŒhrlichkeit zu belehrender
Gebrauchsfertige Arzneiformen deutscher Herstellung
Als bequeme,zuverlÀssigeu.billige Verordnung bei Krankenkassen zugelassen
flHfittv Ii II II Itt A Aflll Rheumatismus, Ischias, Neur-
W^B II M II 1 1 A X A II algien, Narbenschmerzen, In-
l M HU Ulli II Uli II Buenza, Pleuritis, Hydrops
articul., Gichtschmerzen,
mentnoi-Hneumasan. Bm^ÂŁÂŁÂŁ?sSELm.
BMk » internes Antigonot i ho» -
â T^K '<Sr cum und Harnantisep
ticum von diuret, beruh âą
B^l» gender u. die Darmperisrai-
Wmm lirrncnprilt tik anregender Wirkung.
UUBIpt w^^waM«"1« Völlig unschÀdlich
BI-Ij,^ _ M - M _ wie Rheumasan bei hartnÀckigeren FÀllen, rh on Lumbago, Arthritis deformans, tabisch
MMmTff!y~U(K»l* llfllSl»"^^ " Schmerzen, Sehnenscheid r-n-EntzĂŒi dĂŒng, Furunkeln, ferner bei Psoriasis, Pityriasis
^7 . GynÀkologisch als Ester-Dermasan-Vaginal-TableHen bei Adnexen etc. und Ester-
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Eftflllicol fp"'«er,\ HyperaciditÀt,
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MBF (Bolaa-Alnminlamhydoxyd-Ca'.cium) DurchfÀlle aller
m^mm Ă> / Boiusai-v Art, Sommer-
f^arDODOlusai Kcnr 2iahrrhre,n; ,
m. 1 san8- ' Ruhr, Colitis ulc,
Tabletten (0,5) und Pulwer Meteorismus,
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Dr. R. Reiss, Rheumasan- und Lenicet- Fabriken
Charlottenburg 4/120 und Wien VI/2
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B*eru-Lenicet=Salbe, Lenicet=Salbe) Schmiermittel
1 eru-Lenicet=Salbe, Lenicet-Krem Jvor â nach stnhl
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I enirenin; Lenirenin-Salbe: Blutungen
enirenin-Belladonna-Salbe: Tenesmus
Lenicet-Suppositorien ; Lenirenin-Suppositorien.
peru=Lenicet=Pulver | Rhagaden und
â Silber=Lenicet>Pulver| Fissuren
Literatur
und Proben
gratis
10. Jahrg. â Nr. 10.
Jenseits von Beruf und Amt
XI
Jenseits von Beruf und Amt.
Zwei Wege.
Von A. de N o r a.
Mein Freund Rolf GĂŒnther hatte mit fĂŒnfundzwanzig
Jahren die UniversitÀt verlassen und war nun seil zwei
Jahren Arzt einer kleinen schlesischen Stadt. Ich kannte
sie. Eins von jenen kleinen, unansehnlichen Nestern, die
denjenigen schrecklich langweilen, der auf ihrem holperigen
StraĂenpflaster und in ihren rauchigen Gasthöfen ein paar
Tage zubringen muĂ. Aber in ihren alten SackgĂ€Ăchen und
an der baufÀlligen Stadtmauer entlang voller Schönheiten,
daà man Wochen und Monde nichts zu tun haben möchte,
als immerfort dasitzen und sie abmalen. Ach was, malen!
Da sind Farben und Stimmungen, Schatten von einer WĂ€rme
und Lichter von einem GlÀnze, daà es ganz unmöglich ist,
sie auf die Leinwand zu bringen. DaĂ nichts ĂŒbrig bleibt, als
sie mit jener Linse aufzunehmen, die man Auge, und in
jener Kamera zu bewahren, die man Gehirn nennt. Dann
entwickelt eines schönen Tages die Phantasie plötzlich
wieder irgendeins der Bilder im Glanz der Erinnerung. Ein
altes Tor, von grĂŒnem Efeu umrankt, und davor die
schmutzigen und malerischen Gruppen spielender Kinder.
Oder an der Mauer hoch oben eine hölzerne Galerie mit
steilen, engstufigen Treppcheh und flatternder WĂ€sche ĂŒber
dem GelÀnder. Oder irgendein modriges, moosumsponnenes
Eckchen, wo in verwittertem Gestein das Farnkraut schwankt
und durch die SchieĂscharten der blaue Himmel hereinguckt.
Das muĂ man sehen, wenn man Augen hat, aber ach, wie
wenig Menschen haben dafĂŒr Augen. Da sitzen sie und
schimpfen ĂŒber das langweilige Nest und indessen baut es
sich ĂŒber ihnen auf mit TĂŒrmchen und Zinnen und kleinen
Fenstern wie eine Dekoration im Theater! Die Gasse hin
unter leuchtet das Mondlicht in einer Perspektive, daĂ sie
Ai b und Oh schreien wĂŒrden, sĂ€hen sie das von der ersten
Galerie aus beleuchtet mit ein paar weiĂen elektrischen
Reflektoren . . . aber sie sitzen in der dumpfen Stube und
das alles kennen sie nicht. Ich aber kannte es noch, das
Nest, und die Winkel der Stadtmauer, die GĂ€rtchcn im
i estungsgraben und das schöne alte Haus, in dem GĂŒnther
Wohnte. Wir hatten uns ach! Jahre nicht mehr gesehen,
und da ich in die NĂ€he kam, suchte ich ihn auf.
Er schaute mich einen Augenblick zweifelnd an, als ich
sein Sprechzimmer betrat, dann streckte er mir herzlich die
Hand entgegen: âDu hier? Schön, daĂ du mich besuchst.
Wie geht es?"
âGut! und dir, alter Junge?"
âAuch gut, natĂŒrlich." Er wurde rot ĂŒbers ganze Ge-
sicht, so daĂ zwei breite Durchzieher auf seiner Wange, fast
schon verblaĂt und verschwunden, wie frische Striemen auf-
zuleuchten begannen. Das halte er noch, daĂ er bei jeder
LĂŒge rot wurde, und also log er! Ich sah es, sagte aber
nichts, sondern schĂŒttelte ihm herzlich die Hand.
âDas freut mich, denn ich gönne es dir wie keinem
anderen. Seit wann bist du schon hier?"
âSeit zwei Jahren. Ein Jahr war ich in Sumatra, wie
du wissen wirst."
âNein, das wuĂte ich nicht."
âAber das Heimweh hat mich hergetrieben! Diese
gelben, schlitzĂ€ugigen Gesichter, der ewig gleichglĂŒhende
Himmel, die langweiligen MangrovebĂŒsche und all der tro-
pische Durcheinander war mir in der Seele zuwider; ich
sehnte mich, wie. Heine sagt, nach Torfgeruch, nach
TORAMIN MILANOL
wirksames Sedativum,
frei von narkotischer oder drastischer Nebenwirkung,
keine Verstopfung; daher auch bei Kindern, SchwÀch-
lichen und alten Leuten in genĂŒgender Gabe gefahrlos
anwendbar.
Indikationen: Husten, Reizhusten, hei akuten und chroni-
schen Luftröhren- und Kehlkopfkatarrhen, auch tuber-
kulösen Ursprungs, bei Lungen- und Brustfellent-
zĂŒndungen, Keuchhusten in abklingendem Stadium,
nervöser Husten.
Verordnung: 1 Röhrchen Toramin-Tabletlen (25 StĂŒck ca.
0,1 Toramin) oder 1-2 g Toramin pro die, in Mixtur
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XII
Jenseits von Berat and Amt
40. Jahrg. â Nr. 10.
deutschem Tabaksdampfe, â und so kam ich eines schönen
Tages wieder â der reinste ,Peter in der Fremde'. Du wirst
mich auslachen, nicht wahr?"
âDurchaus nicht; es scheint mir im Gegenteil recht be-
greiflich. Warst immer ein spezifisch deutscher Geselle.
Schollenkleber, konservativ bis ins Mark der Knochen â
wenn ich nur dran denke, welche MĂŒhe wir einmal hatten,
dich in eine andere Stammkneipe zu bringen, obwohl das
Bier in der unsern kaum mehr zu trinken war. â Weshalb
singsl du eigentlich nach Sumatra?"
..Weshalb? Ich weiĂ es selbst nicht. Ich denke, weil
es mein Alter so haben wollte. Er schrieb mir eines Tages,
das sei nĂŒtzlich fĂŒr mich, Reisen bilde den Menschen und
gebe namentlich dem Arzte einen freien Blick, ich solle
Schiffsarzt werden, mich einige Jahre in Borneo oder sonst-
wo niederlassen und so weiter. Dazu schickte er mir Emp-
fehlungsbriefe und einen tĂŒchtigen Haufen Kassenscheine.
- so ging ich. â Er meinte es gut mit mir, der alte Herr!"
Dabei lachte er verÀchtlich und zog die Augenbrauen
grimmig zusammen. Tiefe Verbissenheit lag in seinen
Worten, und ich ahnte, daĂ irgend etwas zwischen ihm und
seinem Vater vorgefallen sein mĂŒsse, was sich wie ein Ab-
grund zwischen sie schob; aber da ich mich nicht gerne in
FamilienverhÀltnisse mische, schlug ich ein anderes
Thema an.
âJedenfalls ist es besser so." sagte ich. âDu wirst hier
mit offenen Armen aufgenommen worden sein und hast eine
»ute Praxis?"
Er nickte. âDie Leute haben mich gern, und mit meiner
TÀtigkeit wÀre ich ganz zufrieden. Ich mag diese Menschen
gut leiden mit ihren breiten, ehrlichen Gesichtern und dem
lirdeutschen, erdfrischen Dialekt, ihren kleinen Sorgen und
KĂŒmmernissen und altertĂŒmlichen Begriffen, das paĂt mir!
Ich verstehe sie, bin selbst so ein geborener kleinstÀdtischer
SpieĂbĂŒrger, und sie verstehen mich."
âNun also," erwiderte ich, âdann bist du ja glĂŒcklich!
Mir geht es lange nicht so gut. Ich fahre von einem Ort
und Land zum andern wie der ewige Jude, bin nirgends
recht zufrieden und nirgends recht unzufrieden und weiĂ
eigentlich nie, fĂŒr wen und fĂŒr was ich arbeite. Meiner
Seele geht's wie dem Gretchen im .Faust', unruhvoll, weiĂ
weder, was sie will noch soll, einmal ist sie munter, meist
betrĂŒbt, einmal recht ausgeweint, dann wieder ruhig, wie s
scheint, aber immer verliebt. â Da fĂ€llt mir ĂŒbrigens ein,
daà du verlobt bist! Lieber Freund, nachtrÀglich meinen
herzlichsten GlĂŒckwunsch. WeiĂt du, wo ich deine Karte
erhielt? In Paris! Ich war damals fĂŒr eine wissenschaft-
liche Expedition tÀtig, nach dem Nyanzasee, zu der wir einen
flotten Zeichner gebraucht hÀtten. Dabei kam ich in al!
diese Pariser Ateliers und unter die Boheme des Quartier
Montmartre mit ihrem genialen Leichtsinn, ihren prÀchtigen
Ideen, sĂŒperben Farben und noch sĂŒperberen Weibern â so
was solltest du gesehen haben, mein Junge, dann wĂŒrdest
du ein um so besserer Ehemann."
Er hatte kein Wort erwidert, weder auf meinen GlĂŒck-
wunsch noch die Worte, mit denen mir die Erinnerung an
meine Pariser Abenteuer auf die Zunge getreten war, und als
ich gar das Wort Ehemann aussprach, ging ein Zucken ĂŒber
sein Gesicht. Ich glaubte vielleicht sein reines deutsc hes
LiebesgefĂŒhl verletzt zu haben und lenkte schnell ein.
-Uebrigens! Ich zweifle nicht, daĂ du auch ohne diese Vor
Studien unbestritten ein Mustergatte und -vater werden wirst.
Jedenfalls ist deine Braut ein schönes, liebes MÀdchen, und
ich wĂŒrde mich freuen, sie kennen zu lernen." Plötzlich fiel
mir ein, er sei wohl schon lÀngst verheiratet, denn die Karte
hatte ich vor mehr als einem halben Jahr erhalten. Viel
leicht beging ich den Fehler, mich nach allem, nur nicht
nach seiner Frau zu erkundigen, und ganz bestĂŒrzt platzte
ich heraus: âOder bist du schon verheiratet?"
Da erhob er sich. Als hĂ€tte er sich die Antwort mĂŒhsam
abgerungen, stieĂ er hervor: âNein! Komm mit! Ich will
dich in mein Schlafzimmer fĂŒhren, da wirst du sehen, da Ii
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40. Jahrg. â for. 10.
Jenseits von Beruf and Amt
XIII
es noch eine rechte, echte Jungesellenbude ist, und hier sind
wir ja doch vor Störenfrieden nicht sicher."
Wir betraten durch eine hohe, eisenbeschlagene TĂŒr das
Schlafzimmer. Auf den eisten Blick verriet dieser Raum
nichts von seiner Bestimmung. Kr war hoch und hell, mit
Stuckornamenten an den WĂ€nden und einem in feinstem
Zopf ausgefĂŒhrten Plafond, In der Milte ein aller, brauner
l isch, bedeckt von BĂŒchern. Schriften, Schreibzeug in bun-
tem Durcheinander. Um ihn etliche StĂŒhle, zum Teil mit
BĂŒchern belegt, zwei BibliothekschrĂ€nke, kleine Pfeiler-
tischchen an der Fensterseite und ein von der Decke his
fast zum Boden reichender Spiegel.
Schweigend hatte er mich hierher gefĂŒhrt und bot mir
nun Platz gerade dem Spiegel gegenĂŒber, wĂ€hrend er die
BĂŒcher mit ein paar Bewegungen zusammenschob. Das
Ende fies Tisches bedeckte er mit weiĂer, wertvoller Tee-
decke und stellte eine Flasche Medoc und GlÀser vor uns
hin â alles mit jener hastigen, fast ungeduldigen Manier,
die ich frĂŒher nie an ihm bemerkt hatte. Als wir anstieĂen,
sah ich, daĂ er mit dem EntschluĂ rang, mir etwas anzu-
vertrauen. ' Nahm daher seinen BechergruĂ mit bedeutsamem
AnstoĂen entgegen und sagte: âProsit, Rolf! Mach kein so
vertraktes Gesicht, und wenn du was auf dem Heizen hast,
dann heraus damit und nicht alles hineingefressen! Du
weiĂt, ich mein's gut mit dir, aber miĂmutiges Getue war
mir immer in der Seele zuwider!"
âHast recht," entgegnete er, âes soll heraus! Ja, muĂ
heraus, sonst macht es mich noch wahnsinnig! Gleich als
ich dich sah, dacht' ich: den schickt die Vorsehung! und hah'
mich wie ein Kind auf den Moment gefreut, wo ich dir alles
sagen könnte! Nun hĂ€tt' ich's heinahe wieder nicht ĂŒber
die Lippen gebracht!
Er gab mir die Hand.
Ich nahm sie schweigend, denn in solchen Augenblicken
ist jedes Wort zu viel, und wartete.
Er lehnte sich in seinen Stuhl zurĂŒck und schloĂ die
Augen, mĂŒde und abgespannt. Erst jetzt bemerkte ii h
recht, wie elend, wie zerrĂŒttet er aussah.
..Sieh," begann er, âauf der UniversitĂ€t war ich ein
ehrlicher Kerl mit seradem, offenem Dreinschlagberzen und
Kraft im Gehirn wie in den Knochen! Und nun! Welch
ein schlaffer, armseliger Kump bin ich geworden, der sich
schĂ€mt'; auf die StraĂe zu gehen, weil die Leute ihn aUJ
lachen, und zu feig ist. das Gesindel ĂŒber den I lauten zu
schlagen, wie . . . Nein, ich will mich ruhig halten und dir
die ganze Geschichte erzÀhlen, sollst mich beichten hören
wie ein Doktor den Kranken.
Also, das wirst du ja noch wissen, wie ich dii voi
schwÀrmte von meinem Schatz, als wir in Leipzig waren
von dem lieben kleinen MĂ€del meiner Heimat, mit dem ich
schon als Bube Kameradschaft gehalten?"
âIch glaube, sie hieĂ Lore," erwiderte ich. âDu er-
zÀhltest mir viel von eurer Liebschaft im Stadtgraben an
der alten Mauer. Hatte sie nicht lange, braune Zopfe und
(in herzförmiges Muttermal auf dem Halse?"
âWie die Hexen, jawohl!" entgegnete er grimmig; ..im
Mittelalter hÀtte man sie verbrannt, und das wÀre gut ge-
wesen! Na ja, was ich dir damals von uns beiden erzÀhlte,
das war alles richtig und wahr. Wir gelobten ewige Lieb'
und Treue, schnitten uns Locken ab und gruben unsre
Namen in eine alte Rotbuche â ganz wie die groĂen Leute,
obwohl wir damals erst dreizehn und achtzehn Jahre alt
waren. Und was mich betrifft, hab* ich meinen Schwur auch
gehalten! Jedesmal, wenn ich in Ferien kam und sah, wie
groà und schön sie wurde, freute ich mich auf die Zeit, da
sie meine Frau sein wĂŒrde, und wir waren glĂŒcklich wie . . .
wie ehen nur Verliebte glĂŒcklich sein können. In den letz-
ten Ferien vor meinem Staatsexamen war mir allerdings, als
oh sie mich ein wenig vermiede, wir fanden seltener Gele-
genheit, heimlich zu sprechen; wenn es geschah, dann nur
auf Augenblicke, ein paar schweigende, tiefe KĂŒsse, ein
HĂ€ndedruck â und vorbei! Es fiel mir auf, aber ich schoh
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XIV
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 10.
es auf Scheu und auf das Erwachen des . . . wie soll ich
sagen? In einem gewissen Alter werden die MĂ€dchen auf
einmal klug, wissen, worum es sich handelt, und sind stren-
ger gegen sich, weil sie sich selbst fĂŒrchten. Dann war ja
auch in diesem Jahr meine Mutter gestorben, und sie wollte
vielleicht aus PietÀt nicht mit der profanen sinnlichen Lieb-
stenliebe in die noch zitternde verlorene Mutterliebe treten
â kurz, ein Verliebter weiĂ ja fĂŒr die unerklĂ€rlichsten Dinge
Entschuldigungen, warimi hÀtte ich anders sein sollen? Ich
ging wieder auf die UniversitĂ€t zurĂŒck, und studierte mit
Feuereifer, um möglichst bald fertig zu werden und um sie
freien zu können."
Hier hielt er inne und tat einen tiefen Zug aus dem
Becher, wie wenn er sich Mut antrinken wolle. Auch nie-
dergesetzt, behielt er ihn noch in den Fingern der rechten
Hand, als mĂŒĂte er sich dran anklammern, Ertrinkender an
den Strohhalm. Seine Stimme, der vorher noch GlĂŒck der
Erinnerung einen helleren Ton verliehen hatte, wurde tie-
fer und dumpfer, manchmal murmelte er nur so in sich hin-
ein. Er fuhr fort: âDas Examen ging gut. Ich wollte gleich
danach heim eilen, aber " ;fi der ['eufel, wie es kam, nach
drei Wochen saĂ ich noch in dem verfluchten Leipzig. Be-
sann mich, ob ich nun in die Praxis gehen oder erst eine
Weile Assistenzarzt werden sollte â da erschien plötzlich
jener Brief meines Vaters, der mich nach Sumatra schickte
Abenteuerlust habe ich nie gehabt, aber ohne recht zu
wissen, warum, vielleicht nur, weil ich eben auch nicht
wuĂte, warum nicht, ging ich. Von der Lore verabschiedete
mich ein langer Brief, worin ich erklĂ€rte, ich wĂŒrde nach
meiner RĂŒckkunft um ihre Hand anhalten, und wie ich mich
darauf freue und so weiter â dann segelte ich ab."
Seine Stimme flĂŒsterte: âWeiĂt du, warum ich nach
Sumatra geschickt wurde? Damit ich das gelbe Fieber krie-
gen sollte."
Er lachte. âAber ich bekam es leider nicht: hingegen
das Heimweh, das oft noch schlimmer als das gelbe Fieber
â und eines Tages stand ich wieder hier auf dem alten,
holperigen Pflaster. Wenn ich an die Gesichter denke, als[
sie mich so unvermutet zurĂŒckgekehrt fanden! Aber ich[
Narr merkte nichts. Ich war ja so glĂŒcklich, wieder daheim
zu sein, so glĂŒcklich! Die Steine des Bodens hĂ€tt' ich kĂŒs-
sen mögen! Mein erster Gang war zur Lore! Ich fand mei-
nen Vater bei ihr, was mir höllisch unangenehm war, denn
er ertappte mich so auf frischer Tat, das heifit bei der Tat-
sache, daà ich ihn spÀter aufgesucht hÀtte als das MÀdchen,
mit dem ich noch gar nicht verlobt war. Aber ich log mich
trefflich heraus, fiel ihm um den Hals und kĂŒĂte ihn tĂŒch-
tig. Er war zwar nicht angenehm ĂŒberrascht von meiner
Ankunft, aber er schĂŒttelte mir doch freundlich die Rechte
und sagte Komplimente ĂŒber mein Aussehen und meine Er-
scheinung. Der Lore kĂŒĂte ich mit einem bedeutsamen
Druck die Hand. Sie sah wundervoll aus, groĂ, schlank und
ĂŒppig, nur ein wenig blaĂ und ihre Hand war kĂŒhl. Dann
gingen der Alte und ich zusammen fort, und ich erzÀhlte,
daĂ ich mich jetzt hier niederlassen wolle, daĂ mich das
Leben ohne Zweck und Stetigkeit nicht mehr befriedige, daĂ
ich meine Kenntnisse verwerten wolle, und was dergleichen
mehr war. Kurz, wenn auch nicht zur groĂen Freude, so
doch ohne irgendeinen Vorwurf seinerseits blieb ich und
richtete mich hÀuslich ein. Dies Haus hier gehört nÀmlich
mir als mĂŒtterliches Erbe, wĂ€hrend er und die Schwestern
in dem anderen wohnen, das sein Eigentum ist."
Er schwieg abermals und starrte eine Weile vor sich
hin. Mit der Hand wischte er sich ein paarmal ĂŒber die
Augen, als wollte er irgendeine hartnÀckige Fliege verjagen,
dann fuhr er weiter fort: âDas ging nun anfangs ein wenig
durcheinander. Ich bin mit der halben Stadt verbrĂŒdert und
verschAyÀgert, und sechs Monate lang hatte ich fast nichts zu
tun, als Besuche zu machen. Die Praxis lieĂ sich gleich sehr
gut an. ich muĂte viel arbeiten, namentlich bei den armen
Leuten, und kam oft vor acht, neun Uhr abends nicht zur
Ruhe, Lore sah ich infolgedessen selten, aber so oft ich sie'
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Jenseits von Ăeful und Amt
XV
sah, schien si â mir zurĂŒckhallend und verlegen; und wie
das böse Gewissen peinigte mich der Gedanke: sie erwartet,
dal! du um sie anhÀltst, und du tust nicht dergleichen, als
hÀttest du ihr einmal die Ehe versprochen. Daher raffte ich
mich eines Tages gewaltig auf und erzÀhlte zunÀchst mei-
nem Alten die ganze Geschichte, wie wir uns seit Jahren
gern hÀtten, wie es nun endlich an der Zeil sei, daà ich sie
Beirate, und wie ich in den nÀchsten Tagen zu ihr hingehen
wolle, um sie anzuhalten. Er hörte mich ruhig, um seine
Lippen aber zuckle ein faunhaftes LĂ€cheln. SchlieĂlich gab
er mir recht, sagte, er wolle die Eltern selbst ein wenig vor-
bereiten und nahm mir das Versprechen ab, vor Ablauf einer
Woche mich nicht mehr im Hause meiner Braut sehen zu
lassen. Das tat ich. Nach dieser Woche machte ich meinen
Antrag. Die Eltern gaben ihre Zustimmung, Lore kĂŒĂte
mich zum erstenmal öffentlich, dann fand ein kleines Diner
statt, und wir verschickten die Karten. Heiraten sollten wir,
sobald die Aussteuer und alles in Ordnung sein wĂŒrde. Nun
gab's natĂŒrlich vielerlei Arbeit, von der ich keine Ahnung
gehabt, bei den GeschÀftsleuten herumgehen, stundenlang in
LĂ€den stehen und Waren aussuchen, ĂŒber Anschaffungen
debattieren und Rat schlagen â kurz, die Liebe trat vor dem
Envst des Lebens etwas in den Hintergrund. Nur zuweilen
konnte ich Lore so recht allein erwischen und nach Herzens-
lust kĂŒssen. Anfangs war sie noch etwas scheu und zurĂŒck-
hallend, ein paarmal aber kĂŒĂte sie so wild, so lĂŒstern, so
eigentĂŒmlich, daĂ es mir auffiel und ich mich fragen muĂte:
* r hat sie so kĂŒssen gelehrt? Wer? Ich lachte schlieĂlich
immer wieder ĂŒber mich selbst und meine Torheit und be-
antwortete meine Frage mit der Phrase ,die Liebe'. O ich
Tor, ich Narr, mit Blindheit geschlagener Irre! Wochen-,
monatelang lief ich mit diesem Wreib am Arme durch die
Gassen, zum GelÀchter der Leute, bis ich alles erfuhr. Und
wie erfuhr! Brockenweise, zögernd herausgepreĂt aus feige
zitternden Lippin, mit allerlei Schnörkeln und beschönigen-
den Redensarten verhĂŒllt, so schonend, mitleidsvoll, zart-
fĂŒhlend ah!"
Er preĂte den feinen Fufl des Weinglases so wĂŒtend
/wischen den l ingern, daĂ er brach und der Kelch wie ein
abgeschlagener Kopf auf das Tischtuch rollte, wÀhrend der
verschĂŒttete Hotwein gleich einer Blutlache niedi rieselte.
âTeufel," rief er aus, âgerade so hĂ€tte ich ihr das Ge-
nick brechen Sollen, der HĂŒndin! Mit meinem Vater hatte
sie 's, muĂt du wissen, mit meinem Vater! Gleich nach MĂŒl-
lers Tod hatte er sich herangemacht, sie tÀglich besucht, sie
waren zusammen spazieren gegangen, ausgefahren, alle Welt
hatte von ihrer bevorstehenden Verlobung gesprochen. Mein
Vater war noch hĂŒbsch, und die Weiber verstand er; er
hatte Lore bald soweit, als er sie wollte, und es wÀre nichts
im Wege gestanden, wenn nicht ich gewesen wĂ€re. Da wuĂte
er ein Mittel. Schickte mich auf Reisen, weit fort, in die
schönen LÀnder, wo Menschen und Fieber gelb sind, und wo
so mancher EuropÀer sich den Tod oder lebenslÀngliches
Siechtum holt. Nicht wahr, aer Gedanke war gut? Aber
leider machte ich den dummen Streich, wiederzukehren, und
bewarb mich gar noch um meines Vaters Geliebte. Ein
anderer wÀre in Verlegenheit gekommen, aber er. der gute
Spekulant, lieĂ sich gar nicht aus der Fassung bringen:
konnte sie nicht, auch als meine Frau seine Geliebte bleiben?
Jetzt erst begriff ich sein damaliges faunisches LĂ€cheln, jetzt
wuĂte ich. weshalb ich ihm bei meiner Ankunft so unbequem
gewesen, jetzt erkannte ich, warum er stets so zÀrtlich und
liebevoll mit seiner »Schwiegertochter war, und warum ich
ihn so oft in ihrem Hause, allein mit ihr, antraf! Es war
zum Rasendwerden, sage ich dir, und den ersten, der mich
auf die Spur leitete, hÀtte ich erschlagen, wenn er nicht ge-
flohen wÀre! Allem alles war richtig, keine Silbe erlogen;
und weiĂt du, von wem es mir bestĂ€tigt wurde? Von ihr
selbst! Ich sehe sie noch, wie sie kalt und ruhig am Tische
stand und meine VorwĂŒrfe beantwortete. Ehe" ich zu ihr
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XVI
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 10.
ging, nahm ich Messer, SchlĂŒssel und Revolver aus der
Tasche â um nicht in Versuchung zu kommen, sie zu mor-
den. Aber als sie mir gelassen erzÀhlte, wie alles gekommen,
daĂ sie ein armes MĂ€dchen sei, daĂ sie geglaubt habe, ich
wĂŒrde sie vergessen, und dann, als ich um sie anhielt, daĂ
sie aus Mitleid nicht habe nein sagen wollen â aus Mitleid,
hörst du aus purem Mitleid . . . oh, da fĂŒhlte ich, wie
ich mit diesen meinen HĂ€nden sie erdrosseln mĂŒĂte, wenn
ich nicht fortginge und ich ging."
Ein Zittern lief durch seinen Körper wie der Frost eines
heftigen Fiebers, seine Stirn sank vorwÀrts auf den Tisch,
wie ein Tier heulte er auf.
Der ganze groĂe starke Mensch bebte, und ein Schluchzen
so wild, so tief elend entrang sich seiner Brust, daĂ ich
MĂŒhe hatte, an mich zu halten.
Ich nahm seinen lieben, mÀchtigen Körper, wie man ein
Kleines Kind in die Arme nimmt, und bettete seinen Kopf
in meinen SchoĂ, vor dem er kniend niedergesunken war.
und lieĂ ihn weinen.
Dann sagte ich endlich: âKomm, armer Junge, sei tapfer'
Ich beklage dich tief, aber mit Weinen werden solche Ge-
schichten nicht beendet, du muĂt einen Ausweg suchen."
Er raffte sich ein wenig empor. ,.Ja, einen Ausweg,"
flĂŒsterte er.
âUnd der einzige ist der", fuhr ich fort, âdaĂ du auf der
Stelle von hier fortkommst. In diesen VerhÀltnissen, unter
diesen Menschen darfst du nicht bleiben! Am besten wÀre
es, du lieĂest alles stehen und liegen, wie es ist, und gingest
augenblicklich mit. Ich reise in acht Tagen nach Spanien,
wir können aber eben so gut in acht Stunden fort. Geld
genug hast du ja, und je .weniger Besitz dich an dies Nest
erinnert, desto besser."
Er hatte sich erhoben und seinen frĂŒheren Platz ein-
genommen, nur seine beiden HĂ€nde blieben in den meinen.
Er drĂŒckte sie fest, schĂŒttelte aber den Kopf.
âEs geht doch nicht, ich könnte das Heimweh nicht
ĂŒberwinden."
Aber ich lieĂ mich nicht irremachen: âDas Heimweh â
schlieĂlich sind wir doch keine Kinder - - muĂ sich ver-
lieren, und dein letztes ist am Ende doch nur Liebessehn-
sucht gewesen. Auch du wirst es verwinden, sobald du je
inand um dich hast, die Heimat zu ersetzen, wie mich. Denn
ich werde dich, mein lieber Junge, nicht verlassen."
Da stand er auf und ging ein paarmal im Zimmer aui
und ab mit seinen groĂen, tölpischen Schritten, ĂŒber die wir
ihn oft gehĂ€nselt, und ich sah, daĂ er mit einem EntschluĂ
rang. Endlich blieb er stehen und legte seine HĂ€nde auf
meine Schulter.
âDu hast recht", sagte er. âEs gibt nur zwei Wege, und
ich will dir auf dem deinen folgen, aber nicht gleich, nicht
auf der Stelle."
âWarum nicht?"
âMeiner Patienten wegen", antwortete er; âich kann sie
nicht plötzlich im Stiche lassen. Da ist zum Beispiel ein
altes MĂŒtterchen, das von mir Rettung fĂŒr ihren einzigen
Sohn erwartet . . . und da ist, drauĂen vor dem Westertore,
so ein kleiner, krĂŒppeliger Schuster, dessen Kind ich jĂŒngst
operiert habe, und dann noch ein paar . . . ich kann ihnen
nicht davonlaufen wie ein Dieb in der Nacht, ich muĂ ihnen
Hilfe oder einen Ersatz schaffen. Das siehst du doch ein?
Das will ich noch in Ordnung bringen, und dann komme
ich gewiĂ; wo willst du mich erwarten?"
Der gute Mensch rĂŒhrte mich. Selbst in seinem tiefsten
Elend dachte er noch an das Elend anderer Leute, und seinei
eigenen Rettung zog er noch die Rettung von ein paar armen
Teufeln vor, die mit einem Vergeltsgott lohnen â aber
ich konnte nicht abschlagen und willigte ein.
Wir beschlossen noch, wann und wo wir uns treffen
wĂŒrden, dann reiste ich ab.
Drei Tage spĂ€ter erhielt ich folgenden Brief: âMein
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10. Jahrg. â Nr. 10.
Jenseits von Beruf und Amt
XVII
lieber, treuer Freund! Ich habe nur die Sache ĂŒberlegt und
bin doch zu einem anderen EntschluĂ gekommen. Ich
glaube nicht, daà ich alles, was da war, vergessen könnte,
beim Anblick anderer Menschen die meiner Heimat, beim
Hören des W ortes Vater den meiner Heimat, kurz, alles das
auslöschen, was wie mit glĂŒhenden Typen in meine Seele
gebrannt ist. Ich muĂ fort, darin hast du recht, aber ich
muh noch weiter fort, dorthin, wo ich nichts mehr sehen,
nichts mehr hören und nichts mehr denken werde. Das ist
mein Weg. Und nun leb' wohl und Dank fĂŒr deine Freund-
schaft! Du hast mich wie ein rechtes Kind flennen sehen:
ich werde aber, denk' ich, wie ein rechter Mann zu sterben
wissen."
Auf diesen Brief hin reiste ich eiligst zurĂŒck, doch kam
ich nur recht zu seiner Beerdigung.
Die alte Martha zeigte mir in seinem Schlafzimmer die
Stelle, wo er am Morgen tot aufgefunden wurde.
Vor dem Spiegel stehend, hatte er sich mit tadelloser
Sicherheit eine jener langen, dreischneidigen Nadeln ins
Herz gestoĂen, die man Troikart zu nennen pflegt, und war
umgesunken, massig und schwer wie ein Turm in das Loch
einer unterirdischen Mine. Das Blut bedeckte noch den
Boden und klebte genau an jener Stelle, wo ich seinen Kopf
im SchoĂ gehalten und ihm den einen Weg gewiesen hatte.
Er war d-m anderen gegangen.
Betrachtungen ĂŒber Alter und Tod.
Von Generalarzt Dr. Buttersack.
Es ist eine ĂŒberraschende Beobachtung, daĂ die Physio-
logen und Biologen zwar die abgelegensten Probleme mit
hartnÀckiger Energie verfolgen, aber an der doch hinreichend
wichtigen Tatsache des Absterbens und des Todes still vor-
ubergleitcn. Sie könnten freilich sagen, wn haben es um
mit dem Leben zu tun; dazu gehört der Tod keineswegs.
Allein eben so gut wie wir eine Embryologie haben, ver-
dient auch die Thanalologie BĂŒrgerrecht; diese als Ende,
jene als Anfang dei Entwicklungsgeschichte.
Sagt ein arabisches Sprichwort resigniert: âDer Vorbote
des Todes ist die Geburt", so vindizieren andere stolz und
hoffnungsfroh jeglichem Leben Unsterblichkeit und nehmen
etwa im Geiste von WeiĂmann das individuelle
Sterben als eine Art von Anpassung und ZweckmĂ€Ăigkeit
bzw. als Folge der nun einmal gegebenen realen VerhÀltnisse.
In diesem Sinne klingen auch die botanischen Betrach
tungen ĂŒber Alter und Tod von E. K ĂŒ s t e r ) aus. Indem
er vorfĂŒhrt, wie die Bergkieler 1000. die Eiche 1500, die Eibe
)U)00 und der Drachenbaum von Teneriffa sogar 6000 Jahre
alt werden bzw. geworden sind, lĂ€Ăt er ganz leise den Ein-
druck des Unendlichen, Unsterblichen anklingen, als ob
0000 Jahre, die uns Menschen eine âEwigkeit" dĂŒnken, im
kosmischen MaĂstab irgendeine Bedeutung hĂ€tten. Immer-
hin, die Tatsache des Sterbens lĂ€Ăt sich nicht leugnen, und
so sucht KĂŒster nach dessen Ursachen in der ĂŒblichen
chemisch-physikalischen Denkweise. In höchst interessanten
AusfĂŒhrungen kommt er zu dem Ergebnis, daĂ irgend welche
Giftstoffe das Altern bedingen, etwa Stoffe der inneren Se-
kretion als Produkte des unaufhörlichen Stoffwechsels.
Unterbindet man den Stoffwechsel, wie in der vita minima,
so mĂŒĂte sich das Sterbliche unsterblich machen lassen; nur
wird kein Mensch einer Spore, einem in Bernstein einge-
schlossenen Bakterium oder einem auf den absoluten Null-
punkt ( â 273 Grad) abgekĂŒhlten âLebewesen" viel âLeben"
zuerkennen. Und wenn KĂŒster meint, durch Verminde-
rung der hypothetischen Stoffwechselprodukte, durch ihre
*) Abhandlungen zur theoretischen Biologie, herausgegeben
von Dr. Julius Schapel, Heft 10. â Berlin, Gebr. BorntrĂ€ger 1921.
42 S. m. 12.
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XV1I1
Jenseits von Berat and Amt
lu. Jahrg. â Nr. 10,
rechtzeitige Ableitung, durch chemische Umsetzungen, welche
jene schÀdlichen Stoffe zu unschÀdlichen verwandelten, wÀre
das Sterben zu vermeiden gewesen, so erinnert er an das
Wort Alfonso's des Weisen: âMejor habria yo hecho el
mundo (ich wĂŒrde die Welt besser gemacht haben)".
NĂ€her kommt KĂŒster der Lösung des Problems im
weiteren Verlaufe seiner Betrachtungen mit Hilfe des Be-
griffs der Differenzierung, daĂ ungleich veranlagte, d. h.
differenzierte Zellen ungleich auf die Autotoxine reagieren.
Hat man erst diese Einsicht gewonnen, dann wird man fast
von selbst zu der Erkenntnis gefĂŒhrt, daĂ eine allzuweit ge-
triebene Differenzierung schlieĂlich die Harmonie des Gan-
zen, die Einheit des Individuums sprengt und damit seine
Auflösung herbeifĂŒhrt. Dabei ist natĂŒrlich nicht gesagt, daĂ
der Höhepunkt der Differenzierung und der Tod zeitlich zu-
sammenfallen mĂŒĂten. Wir wissen ja aus histologischen
und funktionellen Untersuchungen zur GenĂŒge, daĂ das
âAltern" schon in der frĂŒhesten Kindheit einsetzt. Das, was
wir gemeinhin Tod nennen, ist nur das Ende eines lang-
jÀhrigen Entwicklungsprozesses.
Bei aller HochschÀtzung der sogen, exakten Wissen-
schaften muĂ man aber doch dem Gedanken Raum geben,
daĂ zwar alles nach mechanischen bzw. phy siko -chemischen
Gesetzen ablÀuft. Allein der Ablaufmöglichkeiten sind un-
zÀhlige; je verschlungener der Aufbau der lebendigen Sub-
stanz, desto mehr. Kein Mensch wird leugnen, daĂ in eben
diesem Ablauf eine gewisse Einheitlichkeit gewahrt ist.
Durch alle die verschiedenen Stadien des Lebens hindurch,
durch Freud und Leid, körperliche und seelische ErschĂŒtte-
rungen bleiben wir doch immer ein wohlumrissenes Ich und
kein Chaos, wie es aus einem ungeordneten Ablauf der Che-
mischen VorgĂ€nge resultieren mĂŒĂte.
Wir sind aber auch kein zufÀlliges Ich, sondern wurzeln
eben mit diesem geordneten Ablauf in der unĂŒbersehbaren
Kette unserer Vorfahren, und je weiter sich unser geistiger
Horizont ausdehnt, in um so gröĂere Formen erstreckt sich
diese AbhĂ€ngigkeil. Es mag â weil ĂŒber die 4 WĂ€nde des
Laboratoriums und des Tierstalls hinausgehend â verwegen
erscheinen: aber wir stehen ^ewiĂ auch mit allem, was uns
umgibt, in korrelativen Beziehungen.
Entgegen der biblischen Auffassung ist nicht die ganze
Schöpfung dem Menschen Untertan; vielmehr stellt er selbst
nur ein kleines Glied in der Kelle der Erscheinungen, in dem
gewa'tigen Kosmos dar. Unerreichbar, unerkennbar, unfaĂ-
bar steht der gewallige Geisl ĂŒber uns, der das alles bewegl
und mit Leben durchhaucht. Von der unermeĂlichen Kette
von Differenzierungen, deren er sich bedient, bildet die
Menschheit ein BruchstĂŒck, und von diesem BruchstĂŒck sind
unsere Nationen, Sippen, Familien und unsere Individuali-
tĂ€ten wiederum nur BruchstĂŒcke.
In immer neuen Konfigurationen erseheint der Well-
geist; sie folgen sich in immer neuen Kombinationen, und
immer neue Differenzierungen sehen wir bewundernden
Blickes auftreten. In dem riesigen unaufhörlichen Werde-
ProzeĂ des Kosmos spielen die - unserem menschlich -
endlichen MaĂstab entnommenen Begriffe von Raum und
Zeil und Ewigkeil keine Rolle. Die 1. Chronik a und
Hiob haben Recht: âUnser Leben ist wie ein Schatten und
wie ein Wind; und ist kein Aufhalten". Hier sucht der
Sterblichen Schar umsonst den ruhenden Pol.
Aber wenn auch die individuelle und ĂŒberindividuelle
Erscheinungsform als solche in diesem Riesengetriebe keinen
Anspruch auf ewiges Fortbestehen, auf Unsterblichkeit er-
heben kann, so bleibt sie doch eben, als zeitliche Teilaus-
wirkung des Weltgeistes,' der Weltharmonie mit diesen ver-
bunden, und in diesem geistigen Sinne hat jeder nach dem
Grade seiner Verwandtschaft Anteil an der l nsterblichkeit.
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40. Jahrg. â Nr. 11.
Jenseits von Beruf und Amt
XI
Jenseits von Beruf und Amt.
Hygienische Gedanken und ihre Manifestationen
in der Weltgeschichte.*)
Altvertraute Kindheitserinnerungen und lieblich aus-
gesponnene Dichterphantasien fernster und jĂŒngerer PrĂ€-
gung bringen uns schmeichelnd den Gedanken nahe, daĂ,
wenigstens auf hygienischem Gebiete, wie man es fĂŒr manche
Menschenweisheit noch vor wenigen Jahrhunderten allen
Ernstes lehrte, der Höhepunkt aller Kenntnis und deren
ĂŒppigste BetĂ€tigungsfĂŒlle am Anfang der Menschheit zu
suchen sei, daĂ hier wenigstens âder Weisheit Anfang" mit
dem Anfang aller Dinge so ungefÀhr zusammenfalle.
Am lÀngsten spukten solche Lehren bekanntlich in der
Scheidekunst, von der man noch im 17. Jahrhundert an-
nahm, daĂ Tubalkain ihr gröĂter Meister gewesen sei, und
daĂ auch der weise Salomo, als er seinen Tempel baute,
noch weit mehr von den Geheimnissen der Chemie ver-
standen habe als etwa der groĂe âGeber", Paracelsus, An-
dreas Libavius und Basilius-Thölde zusammengenommen.
Auch diese Irrmeinung ist ja zuletzt an ihren eignen
WidersprĂŒchen gestorben. Aber in der Hygiene, der ge-
sundheitsgemĂ€Ăen von Krankheiten freien Lebenshaltung, da
mĂŒĂten denn doch unsere Urahnen an der Ostsee, am Golf
von Biskaya oder am Pamirgebirge, die Anwohner des
Euphrat oder des Nil vor ungezÀhlten Jahrtausenden uns
die besten Lehren geben können! Man tut noch recht viel-
fach so, als ob das ganz einwandfrei und selbstverstÀndlich
*) Aus Karl Sudhoff's Skizzen mit Erlaubnis des Verlages
F. C. W. Vogel, Leipzig, nachgedruckt.
wÀre. Dem so lange schon erhobenen und so oft wieder*
holten Schlagwort von der ânaturgemĂ€Ăen Lebensweise'
wird kaum ein Gutberatener etwas Triftiges entgegenzu-
halten wagen. Wahrlich, es lieĂe sich ein ganzes Buch
darĂŒber schreiben, und so ziemlich sĂ€mtliche Weltanschau-
ungen und eine stattliche Reihe bewunderter Philosopheme
wĂŒrde darin zur VorfĂŒhrung gelangen mĂŒssen, ein" lange
Kette von glĂ€nzendsten Edelsteinen groĂer Namen aus dem
Entwicklungsgang des Menschengeistes winde darin an uns
vorĂŒbergleiten â ein Buch darĂŒber, wie oll schon seil Jahr-
tausenden in der Geschichte der Ruf ertönt hat in unzÀhligen
Variationen: âZurĂŒck zur Natur!"
Ich will nun nicht elwa die Kelzerei begehen, diesem
Ii nie alle und jede Berechtigung abzusprechen, wenn hier-
bei auch n o c h mehr leeres Stroh gedroschen zu werden
pflegt, als man gemeinhin sich klar macht, ich will nur
darauf hinweisen, daĂ auch in der Vor- und FrĂŒhgeschichte
der Menschheit paradiesische ZustÀnde langen, leidensfreien
Lebens und spÀten, unbeschwerten Alterns durchaus nicht
an der Tagesordnung waren.
GewiĂ, auch damals war manches besser als heute, aber
durchaus nicht alles. Wir staunen zum Beispiel mit Recht,
wenn wir lange Reihen von frĂŒhĂ€gyptischen und frĂŒhnu-
bischen SchĂ€deln betrachten, ĂŒber die tadellose Erhaltung
der Zahnreihen, wenn auch die hÀufig zu beobachtende
ĂŒberstarke Abnutzung der Gehisse uns ein wenig stutzig
macht: einfache, bekömmliche Nahrung, aber vorwiegende
Pflanzenkost und viel Zellulose und starke Verunreinigung
durch harte Sandteilchen! â Sehr nachdenklieh werden wir
aber, wenn wir beim OberĂ€gypter und Nubier vor fĂŒnf-,
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XII
Jenseits von Berat and Amt
40. Jahrg. â Nr. 11.
sechs-, siebentausend Jahren an der Mehrzahl aller Skelette
Erwachsener Spuren einer Krankheit finden, die heute nur
unter den allerungesundesten hygienischen VerhÀltnissen
sich einstellt, und auch da kaum jemals in so hohen Graden,
wie sie damals einen erschreckend hohen Prozentsatz aller
Lebenden schon vom dritten Lebens jahrzehnte an befiel,
Glieder und RĂŒcken steif, ja fast völlig unbeweglich machte,
daĂ die Bedauernswerten frĂŒher schon hilflos wurden,
auf die Barmherzigkeit ihrer Angehörigen angewiesen:
Knochen- und Gelenkgicht (Osteoarthritis deformans) hat
in jenen âgoldenen" Zeiten die Menschheit beiderlei Ge-
schlechts in einer HĂ€ufigkeit und Heftigkeit heimgesucht,
von der wir uns kaum eine rechte Vorstellung machen kön-
nen in unserem durch die âverfeinerte Kultur" auf der einen
und die âVerelendung" auf der andern Seite so âverderbten"
Zeitalter. StÀndiges Leben an, auf und im Flusse hat die
Menschen schon damals krank gemacht, mehr vielleicht noch
das Wohnen und Schlafen auf feuchtem Boden, in nassen
Gruben und Höhlen.
Absichtlich ist mit einer Schilderung nahe den Tropen
begonnen worden, wo man ja lange ausschlieĂlich die Wiege
des Menschengeschlechts unter Palmen sah. Doch der hygie-
nische Koeffizient, den man aus den Lebensbedingungen der
FrĂŒhwohner Nordeuropas durch das Studium ihrer Knochen-
reste zu ziehen vermag, ist nur unwesentlich verschieden
von den Ergebnissen der Forschungen am Nil. Die geringere
Achtsamkeit der prÀhistorischen Forschung nördlich der
Alpen auf pathologische Knochenbefunde hÀlt bisher das
Material in bescheideneren Dimensionen, aber was ernslhafl
untersucht ist, weist genau in die gleiche Richtung. Die
âHöhlengicht" Rudolf Virchows bei Mensch und Tier ist
schon Àlterer Besitzstand historischer Pathologie; aber
auch die FrĂŒhgermanen, die ihre Helden in den langen
SteingĂ€ngen der âRiesenstuben" bestatteten, haben in einem
gewaltigen Prozentsatz an gichtigen Knochen- und Gelenk-
leiden gelitten, der fast neunzig von hundert Erwachsenen
erreicht. Die NĂ€hrweise an Nil und Ostsee war bestimmt
die denkbar verschiedenste, aber im Wohnungswesen
herrscht völliger Parallelismus in einem Gesichtspunkt, in
dem der Feuchtigkeit, ob man nun in PfahlbauhĂŒtten ĂŒber
Seespiegeln wohnte oder in LandhĂŒtten, die metertief in die
Erde gingen und nur allmĂ€hlich, fĂŒr die SchlafrĂ€ume
wenigstens, aus der Erdgrube sich hoben, die dann von der
Steinzeit zur La-Tene-Zeit immer mehr sich verflachte. Ein
bescheidener Fortschritt vielleicht, aber ein wichtiger.
Macht nun beim Wohnungswesen das Klima scheinbar
nur einen geringen Unterschied, so ist das bei der. Kleidung
etwas andres. Mag man von der gesundheitsgemĂ€Ăen,
leichten Kleidung der Aegypter, Babylonier oder gar der
Griechen schwÀrmen, so muà man doch die Weisheit der
nordalpinen Völker FrĂŒheuropas richtig einschĂ€tzen, die sie,
dem Klima entsprechend, den Mann in wÀrmende Hose und
Wams, das Weib in langen HĂŒftrock und Jacke stecken lieĂ.
Sind doch vielleicht gar die Griechen in Àhnlicher Gewan-
dung von Norden eingerĂŒckt und haben erst im wĂ€rmeren
Klima die leichte, bequeme Mittelmeer- oder subtropische
Tracht des einfachen ZeugstĂŒckumwurfes kennen und unter
den neuen VerhĂ€ltnissen schĂ€tzen gelernt â eine Warnung
vor vorschnellem Generalisieren in Kleidungsfragen fĂŒr alle
Regionen der Erde, selbst wenn man den Polarkreis aus-
schlieĂen wĂŒrde!
* *
*
Audi rein hygienisch betrachtet stellt die klassische
Antike, stellen Hellas und Rom einen kulturellen Hochstand
von fast unvergleichlicher absoluter Höhe dar.
Als Herrenvolk (mit einer Unterschicht von Arbeits-
sklaven) stellte der Hellene zum ersten Male in der Welt-
geschichte und in noch nicht wieder erreichtem Umfang und
Grade die gesamte Erziehung der Knaben und stammweise
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40. Jahrg. â Nr. 11:
Jenseits von Beruf and Amt
XIII
auch der MĂ€dchen unter den Gesichtspunkt der harmonischen
Ausbildung aller körperlichen FÀhigkeiten zur Erzielung
eines HöchstmaĂes von Kraft, Gewandtheit und Selbstsicher-
heit, von physischer Vollkommenheit und Schönheit. Grund-
satz war tĂ€gliche Ăefoung von frĂŒher Jugend auf bis in die
reifen Mannesjahre hinein unter Aufsicht erfahrener und ge-
ĂŒbter Leiter, die bald auch das Training nicht nur wirkungs-
und zielsicher zu regeln, sondern auch klug zu individuali-
sieren und aus jeder jugendlichen Körpereinheif das höchst-
mögliche Leistungsmaà in stÀndigem Hinblick auf die Ge-
samtkrĂ€ftigung herauszuarbeiten wuĂten. Der PĂ€dotrib
wurde zum Gymnasten, der die Normalfunktionen des
ganzen Körpers zu verstehen suchte, wetteifernd mit der
Aerzteschaft, die den Wert der Gymnastik fĂŒr eine gesunde
Körperbeschaffenheit durchschaute und aus den RĂŒstkam-
mern ihres anatomisch-physiologischen Wissens die Richt-
schnur entnahm fĂŒr die Beurteilung der Leistungskraft des
Einzelnen und unter Zuhilfenahme der gesamten DiÀtetik
daraus die Normen fand fĂŒr Verwendung der Gymnastik als
VerhĂŒterin von Gesundheitsstörungen und als Helferin bei
der Wiederherstellung gestörter Körper- oder Organfunk-
tionen. Die Gymnastik wurde so unter dem fördersamen
Wetteifer der Berufsgymnasten und Aerzte zur Wissenschaft
von der KörperĂŒbung und KörperkrĂ€ftigung, zur Bewegungs-
und Arbeitshygiene, wie wir sie heute mit allen Hilfsmitteln
moderner Methodik und instrumenteller Exaktheit erneut von
Grund aus zu schaffen beflissen sind.
Mit diesem zentralen Bestreben des Hellenentums, mit
der KörperkrÀftigung durch tÀgliche Pflege der Gymnastik,
hĂ€ngt ein groĂer Teil auch der ĂŒbrigen Körperpflege zu-
sammen, vor allem die Hautpflege in Waschen und Baden,
in Schwimmen und Massage, die gesamte Körperreinigung
einschlieĂlich der Haarpflege und der Kleidung, aber auch
ein guter Teil der Regelung der GesamtdiÀtetik in der Nah-
rung und den GetrÀnken, in Ruhe und Schlaf und im Ge-
schlechtsleben, wie denn die Regelung der Funktionen des
letzteren bei der Gymnastik der MĂ€dchen ohne jede PrĂŒderie
Ziel- und Angelpunkt bildet â gesunde Nachkommenschaft.
Auch weitere Fragen der Hygiene bildeten wichtige
GegenstĂ€nde der Sorge fĂŒr die Staatslcitungen der Hellenen.
Anlage der StĂ€dte, ihrer StraĂen, Besonnung der HĂ€user;
Wasserversorgung und Beseitigung der AbwÀsser wurden
erwogen und zielbewuĂt geregelt, namentlich in den kul-
turellen Hochperioden der âTyrannenzeiten". An vieles
konnten die Römer mit ihrer eminenten Begabung fĂŒr die
Lösung groĂer Aufgaben der öffentlichen Hygiene direkt an-
knĂŒpfen, bei denen die Sorge fĂŒr Reinheit des Getreides und
des Trinkwassers fast als religiöse Staatsaufgabe von An-
beginn gelten kann. Wasserzuleitung, Kanalisation, StraĂen-
bau, StÀdtebau, Nahrungskontrolle, Heizung, Badewesen
waren in den Zeiten ihres Weltreiches in einer Vollkommen-
heit geregelt, vor der wir heute noch respektvoll uns ver-
neigen« Aber der Römer hat auch schon in seinen kleinen
AnfĂ€ngen einen Sinn fĂŒr fundamentale Nahrungsreinheit in
Verbindung mit dem Kulte der Vesta und Juturna bewiesen,
der sich kĂŒhnlich neben das setzen kann, was als kultische
Nahrungshyg iene des Orients mit Recht schon lange ge-
priesen wird. Wir werden uns gleich damit befassen, es
muĂ aber vorher noch einmal fĂŒr die griechisch-römische
Antike betont werden, daĂ auch sie zwar zum Teil in der
Kulthygiene in ihren ReinheitsbedĂŒrfnissen wurzelt, daĂ sie
aber diesem zielgewissen Kinderstande frĂŒh entwachsen ist
und sich direkte hygienische Ziele stellte, in genialer, groĂ-
zĂŒgiger Weise an ihrem Ausbau arbeitete und Ergebnisse zu-
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privaten und öffentlichen Hygiene mit klar erkannten Zielen
indirekter KrankheitsbekÀmpfung durch Erhöhung der Kraft
und WiderstandsfÀhigkeit zweier ganzer Völker gegen krank-
machende EinflĂŒsse vielfacher Art.
Was will demgegenĂŒber die gepriesene Kulihygiene der
Aegypter, Babylonier und selbst der Juden besagen, die nie-
mals direkt und mit Absicht das Hygienische ins Auge ge-
faĂt hat, bei der es in vorhellenistischer Zeit höchstens als
AnhÀngsel, als kaum beachtetes Nebenergebnis in die Er-
scheinung trat. Die Legende von einem Moses, der mit tief-
ster Weisheit und zielsicherer Klarheit von Anfang an sein
Volk in religiöser Einkleidung vor vielen tausend Jahren auf
den Weg der Hygiene geleitet hÀtte, hÀlt in keiner Weise der
historischen Kritik stand; sie steht der Wahrheit ebenso fern
als etwa die Annahme eines hygienisch vollkommenen Na-
turzustandes an den AnfÀngen der Menschheit. Die hygieni-
schen Verdienste der Vorderasiaten, vor allem der Semiten,
um die Menschheit sind enorm, aber sie liegen auf völlig an-
derem Gebiete, wie wir noch sehen werden.
Von dem Negativen nur ein paar Worte vorher! Zu-
nÀchst geht es nicht mehr an, die Kulthygiene des Juden-
tums derart als singulare Erscheinung aufzufassen wie
frĂŒher, als sie noch die einzige und einzigartige erhaltene
Stichprobe eines ganzen Kulturkreises war, der unter dem
Schutte der Jahrtausende lag, nun aber energisch wieder ans
Tageslicht gezogen zu werden begonnen hat, stÀndig neue
AufschlĂŒsse uns spendend, wenn wir auch in allem noch
in den AnfĂ€ngen stehen. Mitten in dem groĂen Völkerver-
kehr, der vom Euphrat zum Nil flutete und rĂŒckflutete, ist
das kleine Judenvolk zu erfassen, wie es all den mÀchtigen
Kulturströmungen preisgegeben war imd vieles aus ihnen
aufnahm und in sich verarbeitete. Was wir heute als Fixie-
rungen altjĂŒdischer Kulthygiene vor uns haben, ist ĂŒberdies
fast alles nachexilisch, stammt also zum Teil aus der Zeit,
da das Volk Israel den EinflĂŒssen der Stammes- und denk-
artverwandten Hochkulturen am Euphrat und Tigris viele
Jahrzehnte lang ausgesetzt gewesen war; eine Scheidung der
AeuĂerlichkeiten des Brauches auf ihre Herkunft ist darum
naturgemÀà schwer. Und gar in der Zeit, da man den Tal-
mud aufzuzeichnen begann, da hatte das Judenvolk im
Aerztlich-Hygieniscln-n Jahrhundertelang unter dem EinfluĂ
der griechischen Wissenschaft gestanden und daraus sich
assimiliert und weiter gebildet, wofĂŒr es in seiner Eigenart
AufnahmefĂ€higkeit besaĂ. All dies ist bei der WĂŒrdigung
und Wertung der Hygiene der Juden stets gegenwÀrtig zu
halten â ohne daĂ damit irgendwie eine Minderwertung
ihrer Leistung motiviert weiden dĂŒrfte; nur die OriginalitĂ€t
im einzelnen gewinnt damit vielfach ein anderes Gesicht.
Bei allen Völkern des Altertums ist von Anfang die
Fleisehnahrung, soweit Haustiere in Frage kommen, Opfer-
nahrung; damit ist allerwÀrts, am Nil wie am Euphrat, am
Jordan wie am Tiber und Kephissos eine Opfertierschau ver-
bunden gewesen, die sich meist in Spitzfindigkeiten nach
einer bestimmten Richtung hin im wesentlichen erschöpfte,
aber auch Erfahrungstatsachenmaterial zusammentrug, vor
allem in Mesopotamien, das einer hygienischen Fleischbe-
schau immerhin vorarbeitete und â einer geschĂ€ftigen Deu-
tungskunst vom Standpunkt spÀterer gereifthygienischer Er-
kenntnis freiesten Spielraum gewÀhrte. Dasselbe gilt von
der kultischen Reinheit, die zwar, wie schon angedeutet, zum
Beispiel bei den Hellenen nicht weniger entwickelt war wie
bei den Orientalen am Euphrat, Jordan und Nil, dort aber
spĂ€ter in ihrer griechischen Weitergestaltung zur bewuĂt-
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40. Jahrg. â Nr. 11.
Jenseits von tieruf and Amt
xv
hygienischen Reinliehkeitspflege in den Tagen des Hcllenis
mus (auch auf das Judentum) unverkennbaren EinfluĂ ge-
wann. Selbsi die kultische Unreinheit der Frau in beson
deren Fidlen ist auch hellenisches FrĂŒhgut â und es ist eine
befreiende 'Tat edelster Art fĂŒr die ganze Frauenwelt, die als
Markstein ihrer Emanzipation von unwĂŒrdiger Bevormun-
dung nicht hoch genug angeschlagen weiden kann, daĂ
Papst Gregor der GroĂe den judischen Atavismus im Christ
liehen Brauch beseitigte und den Besuch der Kirche durch
Wöchnerinnen oder Menstruierende in die t'teie Entscheidung
der Einzelnen stellte, die ganze Frage damit der âKult'
hygiene" entrĂŒckend. Doch zurĂŒck von dieser Absehweituni;!
DaĂ die Beschneidung des Mannes den Juden aus Aegyp-
ten ĂŒberkommen ist, sieht heule auĂer Zweifel, ebenso ihre
Herkunft fĂŒr beide Geschlechter aus dem inneren Afrika.
Das wĂŒrde ihr natĂŒrlich ihre objektive hygienische Bedeu-
tung nicht nehmen, so wenig wie jedem andern Brauch, der
in völlig differenten Gedankenkreisen wurzelt, deshalb seine
objektive Wirkung in der Richtung der Hygiene abgestritten
werden kann, weil ihm die subjektive hygienische PrÀgung
abgeht. Aber die hygienische Bedeutung der Beschneidung
des Mannes im Altertum wird mit dem Tage gering, an dem
die Nichtexistenz der Syphilis vor Kolumbus in der Alten
Welt, die heute allgemein angenommen wird, bewiesen ist.
Angeborene Bildungsfehler, wie die Phimose, als Argument
fĂŒr eine generelle Beschneidung des Mannes anzufĂŒhren,
heiĂt die Frage auf ein anderes Gebiet verschieben. Die auf
dem gleichen kultischen Boden erwachsene Beschneidung
der Frau hat noch niemals jemand als hygienische MaĂ-
nahme proklamiert. DaĂ das Judentum nicht auch diesen
Ă€gyptischen Priesterbrauch herĂŒbernahm, erklĂ€rt sich leicht
daraus, daĂ die Frau im Tempelkult der Juden damals keine
Rolle spielte, ja den Tempel gar nicht betreten durfte; es
liegt aber auch die Frage nahe, ob im Volke Israel eine Pe-
riode gewesen ist, in der nur der Priesterstamm beschnitten
War; oder ob von Anhing an das gesamte Volk durch seine
Beschneidung als ein priesterliches charakterisiert werdea
sollte.
Doch man verstehe mich nicht falsch! Alle diese Fra-
gen der Kulihygiene sind fĂŒr den Historiker der Hygiene
wie fĂŒr jeden Kullurhisloriker von allergröĂtem Interesse.
Keine al>er ist als ein historischer Markstein in der hygie-
nischen Geschichte der Menschheit zu betrachten, <l< i dei
Gymnastik des Griechenvqlks, der hygienisch klaren Wissen-
schaft des Griechentums und den öffentlichen SanitÀtsbestre-
bungen der Römer in Wasserversorgung usw. ebenwertig an
die Seite gesetzt werden dĂŒrfte. Aber aus dem Semitentum,
speziell ans dessen geistiger BlĂŒte, dem Judentum als TrĂ€ger,
Vermittler und Ausreife* der Gesamtgedanken des Semitis-
mus, stammen zwei der gröĂten hygienischen Gedanken der
Menschheit und ihre zielsicheren Manifestationen â der
w ö c h en 1 1 i c h e R ĂŒbet a g und die d i rekle K r a n k -
h e i t s b e k Ă€ m p f u n g durch natĂŒrliche MaĂnahmen.
Das erstere wird jedermann sofort einleuchten, wenn es
auch als hygienische Offenbarung von weiltragendster Be-
deutung noch nicht mit voller Klarheit bisher erkannt und
ausgesprochen zu sein scheint. Einen VorlÀufer hat der
jĂŒdische Sabbat wohl auch schon in babylonischer Kultur
besessen. Der siebente, vierzehnte, einundzwanzigste und
achtundzwanzigste Tag jedes Monats galt dem Sternglauben
der Babylonier als UnglĂŒckstag, ja, es kam praktisch noch
ein fĂŒnfter Ruhetag zu diesen vier in jedem Monat hinzu, da
auch der neunundvierzigste (7X7.) Tag als unglĂŒcklicher
galt, den man vom Anfang des vorhergehenden Monats ge-
rechnet jedem Monat einfĂŒgte. An solchen UnglĂŒckstagen
sollten Speisen nicht gebacken und gebraten, derart zu-
bereitete nicht genossen werden, keine Kleider gewechselt,
kein Opfer, keine amtliche Handlung, keine Àrztliche Be-
handlung vorgenommen werden, kurz, der Tag war zur Aus-
fĂŒhrung jedes Vorhabens ungeeignet. Durch alle diese Ver-
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XVI
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 11.
böte wurde der UnglĂŒckstag teilweise zu einem öffentlichen
Ruhetage â teilweise, und es scheint, als wenn hieraus die
Anregung entflossen sei. Aber wenn auch, was hat das
Judentum daraus gemacht, welche FĂŒlle von Segen, geistig
und körperlich, ergoĂ sich ĂŒber das Judenvolk aus diesem
seinem heiligen Tage, seinem Ruhetage. Mehr als alles andere
hat der Sabbat ihm die Kraft gegeben, sich unter anderen
Völkern zu behaupten, mehr als alles; und die Wohltat dieses
Ruhetages hat es der christlichen und der islamischen Re-
ligion weiter gegeben; es hat damit dessen hygienischen Se-
gen ĂŒber den gröĂten Teil der Erde ausströmen lassen, der
unermeĂlich ist. Wenn das Judentum der Menschheit nichts
weiter geschenkt hÀtte als diese Fixierung jedes siebenten
Tages als Ruhetages, man mĂŒĂte es kĂŒhnlich allein um
dessen Willen als einen der gröĂten hygienischen WohltĂ€ter
der Menschheit bezeichnen.
Und nun das Zweite, die direkte KrankheitsbekÀmpfung,
was will das besagen? Dazu muĂ ich etwas weiter ausholen!
Es ist eine ĂŒberaus interessante Tatsache, daĂ die grie-
chische medizinische Wissenschaft, die von so unvergleich-
licher Bedeutung fĂŒr die Gesamtentwicklung ^er Menschheit
geworden ist und ihren gröĂten Ruhmestitel darin erblicken
kann, daĂ sie die Erforschung der natĂŒrlichen Krankheits-
ursachen an Stelle der supranaturalistischen DĂ€monen -
medizin setzte, die den gesamten vorhippokratischen Orient
und Okzident mediterran wie nordalpin beherrschte und
heute noch einen groĂen Teil der Erde in ihrem Banne hĂ€lt,
daĂ die Griechenmedizin scheinbar gerade aus dieser natĂŒr-
lichen Krankheitsentstehungslehre heraus fĂŒr die Tatsachen
der Krankheitsansteckung, der direkten KrankheitsĂŒber-
tragung blind war. Woher ein so grell in die Augen sprin-
gender Mangel bei so viel SchÀrfe in der Erfassung der
NaturvorgĂ€nge? GewiĂ, dem Griechentum waren diese Tat-
sachen nicht völlig entgangen, wie schon der Bericht des
Thukydides ĂŒber die athenische Pest dartut, aber die grie-
chische Àrztliche Wissenschaft ging daran vorbei.
Vielleicht, weil eine natĂŒrliche ErklĂ€rung unmöglich er-
schien, wo das Volk mit âbösem Blick" und verwandten Vor-
stellungen schnell fertig sich behalf.
Am Euphrat treffen wir dagegen frĂŒhe schon auf die
Vorstellung von einer langwierigen, sehr selten der Heilung
zugÀngigen Krankheit, die mit VerÀnderungen auf der Haut
einhergeht und von dem davon Ergriffenen auf Gesunde
ĂŒbergehen kann. Ja wir finden frĂŒh schon im babylonischen
Kulturkreise aus dieser Erkenntnis den SchluĂ gezogen und
in die Tat ĂŒbersetzt: Die von dieser Krankheit Befallenen
mĂŒssen aus dem Verkehr der Gesunden ausgeschlossen wer-
den. Der mit issubbu (Aussatz) Befleckte wurde in die
Wildnis gestoĂen. NĂ€heres ĂŒber diese Dinge fehlt uns noch
aus babylonisch-assyrischen Originalquellen, wie oft auch
die Tatsache durch die Ueberlieferung durchblickt. Aber wir
haben im Alten Testament eine methodisch ausgebildete
Schau der von einer solchen Krankheit Befallenen durch den
Priester, der je nach dem Untersuchungsergebnis den Kran-
ken vorĂŒbergehend oder dauernd vom Verkehr der Gesunden
absonderte und bestimmt erst nach zweifellos eingetretener
Besserung oder Heilung zum freien Verkehr wieder zulieĂ.
Zwar ist es noch unentschieden, weil unentscheidbar, ob mit
der Zaraath des 3. Buches Mosis der Aussatz, die Lepra und
nur die Lepra, gemeint ist; darin jedoch ein harmloses Lei-
den zu sehen, heiĂt eine ernste, strenge MaĂregel eines der
hervorragendsten GesetzbĂŒcher der Menschheit zu einer
blöden Farce erniedrigen. Jede vorurteilslose, sachverstÀn-
dige historische PrĂŒfung wird zu dem Ergebnis kommen, daĂ
der gröĂte Teil der von den Bestimmungen des 13. Kapitels
des Levitikus Betroffenen im Altertum wirklich an Lepra ge-
litten hat; der hygienische Gedanke der Isolierungsnotwen-
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10. Jahrg. â Nr. 11.
Jenseits von Beruf und Amt
XVII
digkeit solcher an einer ĂŒbertragbaren chronischen Krank -
fielt Leidenden ist durch das jĂŒdische Gesetz der Menschheit
geschenkt worden, das ist das historisch Wichtigste; und
noch mehr als das, im Levitikus werden ReinigungsmaĂ -
nahmen fĂŒr infizierte HĂ€user angeordnet, die zum RĂŒstzeug
der modernen SeuchenbekÀmpfung gehören. Dabei scheint
es mir wenig zu verschlagen, daĂ die sog. Zaraath der
HĂ€user mit der Lepra bestimmt nichts zu tun hat, und daĂ
die modernen MaĂnahmen sicher keine direkte Entlehnung
aus dem Levitikus darstellen. Daà die ZufluchtsstÀtte des
mit der Lepra befleckten Königs Azarjah-Uzzijah ein Leprö-
sorium im mittelalterlichen Sinne gewesen sei, ist unheweis-
bar und völlig unwahrscheinlich. Doch bleibt die Tatsache
bestehen, daĂ die gesamte Vorstellung von Uebertragung
schwerer Krankheit durch das Zusammenleben mit davon
Betroffenen und die daraus gezogene Konsequenz der Isolie-
rung der Kranken auf religiösem Wege dem Abend-
lande vermittelt wurde.
Als der Aussatz in die antike Welt von Osten her her-
einbrach und zur Kognition der griechischen Aerzte, beson-
ders Alexandriens, kam, beantworteten diese sein Auftreten
mit trefflicher Fixierung seiner Symptomatik, ohne in die
epidemiologischen Fragen tiefer einzudringen oder von Ab-
sonderungsmaĂnahmen prophylaktischer Art zu berichten.
Aegypten aber, wo der Aussatz sich erst in hellenistischer
Zeit stĂ€rker verbreitet und festgesetzt hat, bildete nun fĂŒr den
Westen seine hauptsÀchlichste Ausfallspforte und ist heute
eines seiner intensivsten BetÀtigungsfelder. Von Aegypten
her zog die Lepra in schleppendstem Epidemiengang durch
Nordafrika, setzte im kontinuierlichen Völkerfortschreiten
ĂŒber die Meerenge von Gibraltar und breitete sich in Spanien
aus, wĂ€hrend gleichzeitig im stĂ€ndigen Völkerfluten ĂŒbers
Mittelmeer nach Italien, nach SĂŒdfrankreich ihre Keime ge-
tragen wurden und ĂŒber Byzanz in die Balkan- und Donau-
lĂ€nder. Namentlich im sĂŒdlichen Gallien, aber auch weiter
ins Keltenland hinein, ĂŒber das sich germanische Ueber-
schichten gelegt hatten, wurde das Maschengewebe der Lie-
praerkrankungen immer enger gebreitet, und hier begann
man, nachweisbar im 0. .Jahrhundert, daran zu denken, dir
sich immer mehr verdichtenden Epideinicnliidcn, die ĂŒbers
Land zogen, zu zerreiĂen oder zu durchschneiden. Erleuch-
tete KirchenfĂŒrsten der Christenheit entnahmen aus dem
steigenden Jammer des Volkes an der Hand des Priester
kodex des allen Bundes die Aufgabe, hier einzugreifen: die
FĂŒhrerin der Völker des Mittelalters verstand ihre Pflicht.
Das Konzil von Lyon 583 ging zuerst daran, das freie Wan-
deln der Leprakranken zu beschrÀnken! Das Longobarden-
gesetz zeigt im EdictUS Rothari, welche Forlschritte dieser
Gedanke in sechzig Jahren gemacht, die Bestimmungen des
groĂen Karl das nĂ€mliche anderthalb Jahrhunderte spater:
die Leprosenverordnungen des dritten Latcrankonzils (1179)
bedeuten fĂŒr die Kirche einen gewissen AbschluĂ. Die Fest-
Stellung der Erkrankten ward in den Territorien der geist-
lichen wie der weltlichen FĂŒrsten in Frankreich und
Deutschland zur allgemein durchgefĂŒhrten MaĂregel; aller-
wÀrts hatte man Isolierungsstellen geschaffen, die langsam
zu vielen Tausenden wurden, wohin die zweifellos Leprösen
und die VerdĂ€chtigen gebracht wurden, die ersteren fĂŒr den
vollen Rest ihres Lebens bĂŒrgerlich tot. Mit unbarmherziger
Konsequenz wurde dies Isolierungssystem durchgefĂŒhrt und
jahrhundertelang durchgehalten mit vollem Erfolg. In
diesem zÀhen Ringen von Jahrhunderten, wozu die Richt-
schnur aus dem jĂŒdischen Priesterkodex entnommen war, ist
der Okzident der Lepra Herr geworden. Von dieser geistigen
Fackel geleitet, hat er die erste groĂe Tat direkter Krank-
heitsbekÀmpfung vollbracht: die methodische Vernichtung
der Lepra durch konsequente UnschÀdlichmachung aller von
ihr Ergriffenen als Aussaatquelle des Krankheitsgiftes â
Licht von Osten in lebendige Energie umgesetzt von Völkern
Europas, wÀhrend im Orient die Krankheit trotz lahmer
Isolierungsversuche unbehindert weiter ihre GeiĂel schwingt!
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XV1I1
Jenseits von Berat and Amt
40. Jahrg. â Nr. 11.
Endlich hat dasselbe Licht, das auch den Aerzlen des
Abendlandes aufgegangen war, wie den Aerzlen des Islam,
in einem zweiten groĂen Kampfe seine Leuchtkraft bewĂ€hrt,
der einen erneuten Ruhmestitel des Mittelalters bildet in dem
groĂen Abwehrkampfe gegen eine akute Infektionskrank-
heit, die wieder einmal als WĂŒrgengel ĂŒber das Mittelmeer
von Osten kam, die Pest. Aufgeschreckt durch den
âschwarzen Tod" in der Mitte des 14. Jahrhunderts haben in
den kommenden Jahrzehnten am Ende dieses und zu An-
fang des 15. SĂ€kulums die Leitungen italienischer und sĂŒd-
französischer StÀdte, allen voran Venedig und Marseille, das
ganze System der Gesundheitskontrolle der einlaufenden
Schiffe, der Beobachtungsstationen, der Isolierlazarette und
selbst DesinfektionsmaĂnahmen geschaffen, die die begin-
nende Neuzeit ĂŒbernahm und noch die heutige Seuchenab-
wehr in geklÀrter und geschÀrfter, wenn auch relativ wenig
verĂ€nderter Gestalt weiter ĂŒbt. Auch suchte man in den er-
griffenen StÀdten mit Energie Ordnung zu schaffen, ohne
allerdings Konsequenz und Zielsicherheit fh gleichem MaĂe
zu betĂ€tigen wie bei der Einschleppungsabwehr, fĂŒr die nur
drei Daten als Beleg hier stehen mögen: 1374, als abermals
Pesteinschleppung droht, versagt Venedig allen verpesteten
und verdÀchtigen Schiffen, Menschen und Waren den Ein-
tritt in die Stadt; 1377 weist Ragusa in Dalmatien alle Rei-
senden aus verpesteten Orten ab, falls sie nicht einen Monat
lang an zwei dazu angewiesenen Stellen sich aufgehalten
haben und seuchenfrei geblieben sind; 1383 errichtet Mar-
seille seine erste QuarantÀnestation, in welcher nach schar-
fer Schiffskontrolle alle Menschen und GĂŒter von verpesteten
und verdĂ€chtigen Schiffen vierzig Tage abgesondert, gelĂŒftet
und durchsonnt werden. Das sind die Grundlagen der
Seuchenabwehr des Mittelalters, die Aerzte und Behörden in
gemeinsamer Arbeit geschaffen haben in Weiterentwicklung
der Gedanken, welche die LeprabekÀmpfung hatte lebendig
werden lassen.
Und nun noch ein Letztes, was zu den groĂen hygieni-
schen Gedanken und Taten der Vergangenheit gerechnet wer-
den darf, das allmÀhlich sich durchsetzte und Segensgestalt
gewann, der christliche Barmherzigkeitsgedanke, der in den
VersorgungsstĂ€tten fĂŒr BedĂŒrftige, Betagte, Schwache und
Kranke zum Ausdrucke kam, die edle soziale BlĂŒte des jun-
gen Christentums, die auf jĂŒdischem Baume erwuchs, aber
in selbstgewiesener Richtung sich entfaltete seit den Tagen
Basileios des GroĂen von Kaisareia, ein Gedanke, der in
seiner BetĂ€tigung frĂŒhzeitig zu Byzanz mit griechisch-Ă€rzt-
licher Wissenschaft enge FĂŒhlung nahm, wie uns erhaltene
Ordnungen des Àrztlichen Krankenhausdienstes aus den
Zeiten der Komnenen dartun, wÀhrend in Westeuropa die
Krankenheilung erst weit spÀter die Hauptaufgabe der Spi-
tÀler wurde. Ihre hygienische Bedeutung war trotzdem auch
vorher schon enorm, zumal die HospitÀler doch nur einen
Teil der christlichen WTohltÀtigkeitsanstalten des Mittelalters
und der neueren Zeit bilden, die in klaren ZusammenhÀngen
Vorschule und Wegweisung fĂŒr unser gesamtes, heute so
weit entwickeltes System sozialer Wohlfahrtseinrichtungen
wurden, das einen der ersten Ruhmestitel praktisch hygieni-
scher Art in der Neuzeit darstellt. Er setzt sich ebenbĂŒrtig
neben die wissenschaftlichen Leistungen, welche die moderne
naturwissenschaftliche Medizin auf dem Gebiete der Hygiene
geschaffen hat, wie vieles sich auch unbewuĂt mit altgrie-
chischer privater Hygiene berĂŒhrt, wĂ€hrend das wissen-
schaftliche Erfassen des Infektionsgedankens in jeder Hin-
sicht als neuzeitlich bezeichnet werden muĂ, da es im Grunde
seine erste klare Fassung durch Girolamo Fracastoro (1546)
erhalten, in Ignatz Philipp Semmelweis und Josef Lister
seine groĂen, genialintuitiven Interpreten in der Praxis und
in Louis Pasteur und Robert Koch seine wissenschaftlichen
Meisterforscher und RÀtsellöser gefunden hat.
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40. Jahrg. - Nr. 12
Jenseits von Beruf and Ami
XV
Jenseits von Beruf und Amt
Der Heilzauber in der Heilkunde.
Von A. Pniower.
Wir wollen an der Hand der Geschichte der Medizin
untersuchen, wie es sich mit diesem He.ilzauber verhÀlt und
wie er im Wandel der Zeiten, des Heraklitschen
âAlles flieĂ t" bewertet worden ist und wird. Denn nicht
nur heutzutage, nach dem Weltkriege glaubt die Menschheit
an einen âIrrationalismus", will âdas Uebersinnliche gewalt-
sam durch die Kraft ihres leidenschaftlichen Triebes in die
sinnliche SphĂ€re niederzwingen" (B r u h n, âT heosophie
und Anthroposophi e") â bis in die graue Vorzeit
oder wenigstens bis auf eine sehr niedrige, heute noch vor-
handene Kulturstufe können wir dies verfolgen, denn wir
können und mĂŒssen unsere geschichtlichen und vorge-
schichtlichen Funde wirksam durch das Studium jetzt leben-
der Völker ergÀnzen.
Auf der alleruntersten Stufe, der sogen, prÀani -
mistischen, kennt man gar keinen heilkrÀftigen oder
-kundigen Stand, die Krankheiten werden der Feind-
schaft irgend eines Mitmenschen zugeschrieben,
durch den aber â meist ein mĂ€chtiger HĂ€uptling â der
âHeilzauber" leicht mittels Geschenke zur Wirksamkeit ge-
bracht werden kann.
Auf der nĂ€chsten Stufe, der niedrigsten eines ĂŒbersinn-
lichen Heil- und Gottesglaubens, wird der Heil-
zauber durch den Fetischismus usw. reprÀsentiert.
Dieser wird durch einen Vertreter beider Begriffe in einer
Person, den Schamanen, wiedergegeben. Der Besitzer
des Fetisch wird im Glauben des Kranken fĂŒr heilkrĂ€ftig ge-
halten, und wenn sein Fetisch sich heilkrÀftig erweist, hoch
geehrt â man denke aber an das AugurenlĂ€cheln!
Nach OberlÀnder sind die Schamanen gern erbötig,
gegen ein Trinkgeld fremden Reisenden ihr« KĂŒnste mit des
Xaubertromniel zu zeigen. Die heutigen ZahnhalsbÀnder
usw. sind noch der Ueberrest eines Fetischismus, All die
belebte und unbelebte Welt wird von Gottheiten auf diesei
Stufe bevölkert, und feindliche DÀmonen verursachen Krank-
heiten und UnglĂŒck. Von einem DĂ€mon spricht Oed i p u v
welcher sein böses Geschick herbeigefĂŒhrt habe. Dieser DĂ€-
monenglaube ist selbst in der Neuzeit noch nicht ausgestoi
ben, denn 1892 hat in dem bayerischen StÀdtchen W e m -
ding eine Teuielaustreibung (!) staltgefunden und âHexen-
schuĂ" wie âAlbdruck", das âBesprechen" und âAnhauchen"
der Rose weisen auf diesen Ursprung hin. Der Medizin-
mann der Indianer gebraucht seine Medizin, um Àhn-
lich einem Palladium, der Orif lamme und der
GrĂŒnen Fahne die KĂ€mpfenden anzufeuern. Bei den
Indianern Zentralbrasiliens muĂ der âgute" Zauber-
arzt, um sich gegen die âbösen" DĂ€monen zu wappnen, an-
stellen des Kranken persönlich die Arznei einnehmen, welche
Àhnlich der spÀteren russischen Heilzauberentgeltung in
Spirituosen besteht.
Durch diese lebenden Beispiele können wir die spÀr-
lichen Funde ergÀnzen, welche die Geschichte dieser Stufe
ĂŒberliefert hat. Bei den Skythen bestand die HeiltĂ€tig-
keit im âWahrsagen" (Ă€rztliche Prognose?). Der âHeil-
beruf" war aber eine sehr prekĂ€re Sache, denn der âWahr-
sager" wurde getötet, wenn die Prophezeiung nicht in Er-
fĂŒllung ging. Hier entspringt die Tötung sicher aus der
Wesensart des Fetischismus selbst. War ein Fetisch un-
wirksam, so wurde er beschimpft, nicht selten miĂhandelt
und beiseite gebracht. Dies pflanzt sich sehr leicht auf die
TrĂ€ger dieser âGötzen" fort. Aehnlich kann man sich die
SklavenÀrzte vorstellen, deren Leben unumschrÀnkt in die
Hand ihrer Herren gegeben war, wÀhrend die Tötung des
Blasen-
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Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 12.
Arztes bei den spÀteren Westgoten in Spanien nach einer
unglĂŒcklichen Kur durch die Verwandten des Toten wohl
die âBhitrache" zur Ursache hat. Darauf weist der Umstand
hin, daà die Aerzte durch einen förmlichen Vertrag sich vor-
her ihr Leben versichern konnten â Ă€hnlich den Haft-
pflichtversicherungen hinsichtlich der heutigen âą Schaden -
ersatzpflicht. Die Tötung des Arztes unter denselben Ver-
hÀltnissen beruhte im alten Aegypten und in China
sicherlich in erster Linie auf der Verletzung von Zunftregeln
der âreellen Bedienung", vielleicht auch auf dem Ueberrest
des Fetischismus. Auf einer höheren Beligionsstufe ist der
Fetisch zur Heilgottheit erhöht. Die Vertreter dieser,
die Priester, sind in ihrer zwiefachen Stellung als solche
und als Heilkundige doppelt so hoch angesehen, weil sie als
Vertreter einer Gottheit, deren Beistand man brauche, bei
einer Behandlung galten. Dies wiederholt sich bei den
Mittelalters. Auf dieser Stufe ist die
unter den Willen der Gottheit
der Heilzauber geholfen, dann ist die
wo nicht, wird dies als wohlverdiente
KlerikerÀrzten des
Unterwerfung
vorherrschend: hat
Dankbarkeit groĂ,
Strafe fĂŒr irgendeine SĂŒnde willig hingenommen.
Wenn auch aus der polytheistischen eine mo-
notheistische Religion geworden ist, so nimmt doch
heute noch ein frommes, glĂ€ubiges GemĂŒt Krankheiten und
Heilung wie Nichtheilung als von Gott gesandt hin.
Da die âesoterische" Tempelmedizin nur wenigen Aus-
ei wÀhlten zugÀnglich war, wurde der Heilzauber durch den
mystischen Hintergrund auĂerordentlich gehohen. Die Ver-
tretung der Heilkunde durch Priester erinnert ĂŒbrigens an
den religiösen Einschlag der mittelalterlichen ZĂŒnfte.
Von einem Heilzauber ist auch in der Bibel die Rede,
wo die Heilung des Aussatzes beschrieben wird: Der Priester
soll . . . einen Vogel schlachten, einen lebendigen in des ge-
schlachteten Vogels Blut tunken .... fliegen lassen und das
Haus versöhnen; so ist es rein (III. Mos c. 14). Daà bei den
Griechen auf dieser Stufe der theurgischen Heil-
kunst viel mit dem Tempelschlaf (Inkubation) behandelt
wurde, ist bekannt. Und nicht nur der Kranke muĂte dort
schlafen, dies konnten auch Angehörige und sogar die
Priester fĂŒr ihn besorgen. Viel trugen die kosmologischen
Theorien der spekulativen Philosophie dieser Zeit dazu bei,
den Glauben an einen metaphysischen Heileffekt zu ver-
stÀrken: Hcraklit, Empedokles, Pythagoras, die
S t o a. Namentlich bei letzterer kann man die pantheistische
Auffassung der Allbeseeltheit der Natur leicht auf den Ur-
sprung des DĂ€monenglaubens verfolgen.
Interessant ist im Wandel der Zeit die Tatsache, daĂ wie
in der Neuzeit die Christian Science, die Gesund-
heterei, so schon um das Jahr 150 v. Chr. die alexandrinisch-
jĂŒdischen E s s Ă€ e r, eine Sekte von Therapeuten, der herr-
schenden Schulmedizin entgegen, Krankheiten durch theur-
gische MaĂnahmen heilen wollten. Zumal immer wieder
aus dem Oriente kommt nicht nur das lux, sondern auch die
geheimnisvolle Strömimg, besonders der astrologische Ein-
schlag. In Alexandria waren die seinerzeit neu auf-
tauchenden philosophischen Grundlagen des N e u -
PythagorÀismus, Neupiatonis mus und der
jĂŒdischen Religionsphilosophie P h i 1 o ' s dem Glauben
an einen Heilzauber förderlich. Aber auch zur Zeit
G a 1 e n ' s war in. Rom der Aberglauben die Heilkunst
beherrschend, die âDreck- und Wunderapotheke"
gewann EinlaĂ in die Heilkunde, hohe Honorare der
âWasserĂ€rzte", der âGestirnĂ€rzte" waren keine Seltenheit.
Nicht nach dem MaĂ von Wissen und Arbeitsaufwand
wird dann der Arzt beurteilt, sondern nach dem
Erfolge des âHeilzaubers". Dies nimmt nicht Wunder in
einer dem Mystizismus huldigenden Zeit, wenn schon die
alten Hippokratiker âkritische Tage" annehmen und
TrĂ€ume bei der Prognose eine Rolle spielen lieĂen, wenn
schon einem Aristoteles die Chiromantie bemer-
kenswert erschien.
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40. Jahrg. â Nr. 12.
Jenseits von Beruf und Amt
XVII
An die Stelle der heidnischen Besprechungen und Be
schwörungen trat im christlichen Mittelalter der MiĂ-
brauch des Namens Gottes* die Anrufung der Heiligen. Zwar
wurden schon im Altertum die âschwarzen Zauberer" be
kĂ€mpft und âZauberei" unter Rams-es III. mit dem Tode
bestraft, der Glaube an einen wahren oder falschen HeĂŒ-
zauber erhielt sich im Volke.
Getreu dem Glauben an einen lÀngst beseitigten Feti-
schismus erleiden im ganzen Mittelaller die Aerztc Anfein-
dungen, Verbannungen, Todesstrafen, sogar Verbrennungen;
nicht nur im finsteren Altertum. Hat der Fetisch nicht ge-
holfen, wird er beseitigt. Bei den wenig von der Kultur be-
leckten Franken wurden zwei LeibÀrzte der Königin
A u s t r i g i 1 d i s auf deren letztwilligen Wunsch enthauptet,
weil sie ihr nicht hatten helfen können.
Heilzauber ist die Losung; die Könige von Frank-
reich haben die âererbte" Macht, Skrofeln durch Handauf-
legen zu heilen, bei Herausnahme von Pfeilgeschossen wurde
gebetet, Syphilis wird als Gottesstrafe angesehen und theur-
gisch behandelt, sofern ĂŒberhaupt eine Auflehnung gegen
den göttlichen Willen statthaft ist. Die Kirche kennt ein
besonderes Amt, den Exorzisten, den Teufelsbeschwörer;
der Priester muĂ fĂŒr den Arzt eintreten und klagt, daĂ der
Arzt an natĂŒrliche VorgĂ€nge glaube, wo doch âVerzaube-
rung" vorliege. Die âchristliche Magie" (Diepgen) blĂŒht
Heilzauber bei Verzauberung! FĂŒr den Arzt galt es als eine
gute Empfehlung, wenn er unter einem Stern geboren war,
der Àrztliches Talent versprach.
Die Chirurgie gilt seit dem Altertum her fĂŒr
minderwertig, weil sie keinen Heilzauber aufweisen
konnte. Solange aber der Aerzteschaft die bessere
anatomische Durchbildung, die Blutstillung und nament-
lich die Narkose mangelte, war daran nicht zu den-
ken. Namentlich die letztere â auch die LokalanĂ€sthesie
macht darin keine Ausnahme â hat erst den Glauben an
einen Heilzauber erwachen lassen. Ob durch Tempelschlaf,
ob durch Narkose bedingt, der Kranke sieht in den
norkotischen Mitteln etwas Heilzauberhaftes. Ohne ört-
liche oder allgemeine BetĂ€ubung ist auch keine gröĂere,
wenigstens innere Operation mit Aussicht auf sicheren Er-
folg vorzunehmen. Und solange hielt die innere Medizin
;m der âesoterischen" Heilkunst fest, weil sie durch keinen
sichtbaren MiĂerfolg den Glauben an einen Heilzauber
erschĂŒttern lassen wollte.
Umgekehrt war es hei den j ĂŒ di sc h e n Aerzten des
Mittelalters. Die ganze Zeitrichtung war ihnen nicht hold:
so wurde zeitweise ihnen das Praktizieren untersagt und den
GlÀubigen verboten, sie zu Rate zu ziehen. Wie aber in der
Antike schon die auslĂ€ndischen Aerzte â die Juden wurden
auch als stammesfremde AuslĂ€nder angesehen â besonders
hoch in Wertung standen, so kann man dies auch bei den
jĂŒdischen Aerzten des Mittelalters sehen, denn der Glauben
an ihrem Heilzauber hatte groĂe Geltung. Nicht nur FĂŒr-
sten, auch Aebte und fĂŒnf PĂ€pste hielten sich jĂŒdische Leih-
Ă€rzte.
Auch in der geschichtlichen Neuzeit blĂŒhte der Aber-
glauben mehr als in der verachteten Antike, dem sich auch
die Aerzte nicht entzogen und âWaffensalben" wie âSegens-
sprĂŒche" verschrieben. Man fĂŒhrte sogar den Namen Sal-
bader auf S a 1 v a t o r zurĂŒck. Vesalimus und
Paracelsus klagen ĂŒber die aberglĂ€ubischen Aerzte,
welche aber hohe Geltung hatten. Die Rosen kreuze r
wollen mit Gebet Gesundheit erringen usw., so daĂ die Aerzte
den Spott Petra rka's, Cervantes und M o 1 i e r e s
ĂŒber sich ergehen lassen muĂten. Selbst im 18. Jahrhundert,
wo die Aerzteschaft den Kampf mit den okkultistischen
Strömungen aufnimmt, fehlt es nicht an dissentierenden
Aerzten (Mesmer, Hahiiemann, Rademacher mit
ihren vitalistischen und dynamistischen Theorien). Die Zeit
war dem Mystizismus wieder geneigt, man versenkte sich in
die Romantik; das Zeitalter der âAufklĂ€rung" lieĂ die
medizinische FakultĂ€t zu WĂŒrzburg noch eine âHexe"
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XVIII
Jenseils von Beruf and Amt
40. Jahrg. â Nr. 12.
verbrennen, im Jahre 1703 erklĂ€rte eine PreuĂische
Pestordnung die Pest als eine gerechte Strafe des Him-
mels, und noch 1732 sollten dem VizeprÀsidenten der König-
lichen Akademie âZauberbĂŒcher aus dem Königlichen Ar-
chive, wie das speculum Salomonis" verabfolgt werden.
In dieser Zeit nimmt man den heilkrÀftigen Zauber, wo
man ihn findet. Ein einfacher Wundarzt wurde in den
Ritter- und Grafenstand erhoben, als er den König Ma-
thias Co rvinus von Ungarn auf dessen öffentliche
Aufforderung von einer Wunde befreite, ein anderer wurde
auf Àhnliche Weise zum c o m e s palatinus ernannt; ein
Scharfrichter wurde vermöge eines Privilegiums Kaiser
Leopolds Medikus der Reichsstadt N ĂŒ r n b e r g, wo er
schon vorher seines âAmtes" gewaltet hatte, in B e r 1 i n
wurde ein Scharfrichter von F r i e d r i c h I. sogar zum Hof-
und Leibmedikus befördert. Daher liest man auch in jenen
Zeiten den ironischen Rat, seinen Heilmitteln einen âarabi-
schen, chaldÀischen oder griechischen Namen zu geben".
Umgekehrt wurden die Aerzte, welche gegen diesen
Heilzauber sich wandten, wie der groĂe Spanier Servet,
verbrannt, Wierus lotgeschwiegen und seine Ansichten
mit der Wirkung der Pest verglichen. Nahm man im Mittel-
alter den Heilzauber schon so weit, daà körperlich Verun-
staltete nicht zur Promotion in Salerno zugelassen wur-
den, damit schwangere Frauen sich an ihnen nicht versehen
könnten, so faĂte man im Jahre 1521 die Leitung einer Ge-
burt durch den Arzt als âZauberei" auf. In diesem Jahre
wurde ein Arzt als âZauberer" verbrannt, weil er, als Hebe-
amme verkleidet, eine Geburt glĂŒcklich zu Ende gefĂŒhrt
haben sollte, die der Hebamme nicht glĂŒcken wollte, und
weil die medici puri bei Geburten â RĂ€ucherungen verord-
neten, geburtshilfliche Eingriffe aber nie machten.
In der aller neuesten Zeit nÀherte man sich re-
gierungsseitig mit EinfĂŒhrung des Kurierzwanges und
mit seiner nach Abschaffung versuchten WiedereinfĂŒhrung
beim Vorentwurf zur Reichsversicherungsordnung und beim
Gesetz gegen MiĂstĂ€nde im Heilgewerbe bedenklich der Auf-
fassung eines durch den Fetisch oder durch den s e r v u s
m e d i c iLS unbedingt zu gewÀhrenden Heilzaubers. In
Hessen-Darmstadt wurden die PrivatÀrzte sogar hin-
sichtlich der Art und Weise der Behandlung zu Untergebenen
der StaatsÀrzte gemacht.
Durch die heutige Àrztliche TÀtgikeit mit ihren Errun-
genschaften der Diagnose und Therapie, welche jedem leich-
ter wie frĂŒher zugĂ€nglich sind, beginnt bei einem Hoch-
stande der wissenschaftlichen Heilkunde, wie schon einmal
zur Zeit des Hippokrates, der Glaube an einen Heil-
zauber zu schwinden. Aber die ganze Zeitrichtung, nament-
lich nach dem Kriege, ist dem Mystizismus wieder geneigt,
mag er nun auf religiöser, philosophischer, spiritistischer oder
theosophisch-okkultistischer Grundlage beruhen. Und das
Kurpfuschertiun, mag es sich nun magnetisch, homoeopa-
thisch, hypnotisch-suggestiv oder naturheilmĂ€Ăig betĂ€tigen
oder noch gröberes GeschĂŒtz auffahren, hĂ€lt sich dem leiden-
den Publikum bestens empfohlen.
Wenn die Aerzte den zu der Zeit eines wissenschaft-
lichen Hochstandes der Heilkunst geborenen Rat des Hip-
pokrates beherzigen, nicht nur die Krankheit, son-
dern auch den Kranken zu behandeln, werden sie trotz
eines augenblicklichen Hochstandes der Heilkunde sehr wohl
auch den Glauben an einen Heilzauber erwachsen lassen.
Der Kranke aber soll wissen, daĂ auch das Vertrauen zu
dem Arzte einen gewissen Heilzauber in sich birgt: das wird
ihn auf manches Heilzauberhafte verzichten machen.
>>1 ^t?A
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uĂtJ verwandte Krankheiten (Cherea: Kinderkrampf e)
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Literatur
and Proben
greti"
40. Jahrg. â Nr. 12.
Jenseits von Beruf and Amt
XIX
Malerei und Geschichte der Medizin.*)
(1906.)
Eine Eigenschaft vor allem ist dem bildenden KĂŒnstler
und dem wahren Arzte gemeinsam und in ihrer vollsten Aus-
bildung eigentlich nur diesen beiden gegeben, das wirklich-
keitsoffene Auge, der alles erfassende Blick, die groĂe Kunst
des Sehens, die ihn zwingt, alle HĂŒllen zu durchdringen,
unter der Schale den Kern, unter der OberflÀche das spielend
sich bewegende Leben zu sehen â eine Himelsgabe, die wie
jedes hohe Geschenk auch zur Quelle der Qual werden kann
fĂŒr den Feinnervigen, Feinempfindenden, der die Gabe des
durchdringenden Schauens in besonderem MaĂe besitzt, zur
Qual, weil er sie nicht schlummern lassen kann, weil er sie
innner und allerorten ĂŒben muĂ, auch wo die holde Illusion
das GlĂŒck ist â doch das gehört hier nicht hin! DaĂ der
groĂe KĂŒnstler, auch der ĂŒberirdisch-idealste, diese Gottes -
gĂ€be des Schauens, der unbewuĂt stets geĂŒbten Erfassung
des Wirklichen unter allen UmstÀnden besitzt und nicht etwa
nur beim Schaffen eines Genrebildes, eines âBildes aus dem
Leben" oder gar eines Stillebens ĂŒbt, macht ihn ungewollt
zum Chronisten der Wirklichkeit seiner Zeit, auch wenn er
nicht etwa ihr âSittenschilderer" zu sein wĂŒnscht.
Dadurch sind die GemĂ€lde groĂer Meister aller Zeiten,
am vollkommensten natĂŒrlich der ânaiven" Zeiten ohne anti-
quarisches Studium in der kĂŒnstlerischen Darstellung, gemalte
Archive fĂŒr den Kulturhistoriker, besonders auch fĂŒr den
Historiker der Heilkunde.
Darum ist der Maler und Bildhauer in seinen Diensten
fĂŒr den Geschichtsforscher der Medizin nicht etwa darin er-
schöpft, daĂ er die groĂen Aerzte und Naturforscher in ihrer
*) Aus Karl Sudhoff's Skizzen mit Erlaubnis des Verlages
F. C. W. Vogel, Leipzig, nachgedruckt.
Ă€uĂeren Erscheinung und in ihrer geistigen Persönlichkeit
festgehalten hat. Nein, die P o r t r À t g a 1 e r i e n sind etwas
recht Wesentliches fĂŒr unsere Zwecke: die GemĂ€ldegalerien
sind noch in einem viel weiteren Sinne. Arsenale der Kultur-
geschichte und in einem kleinen, aber recht beachtenswerten
Teile auch der Geschichte der Medizin.
Ja, von einer anderen Hilfe wollen wir sogar ganz ab-
sehen, die uns die zeichnende, die malende und formende
Kunst seit Jahrhunderten an die Hand gibt, von der vollen-
deten Wiedergabe unserer wissenschaftlichen Objekte in Ana-
tomie, Physiologie und Pathologie â nein, die graphischen
KĂŒnste als kunstgewerbliche Dienerinnen unseres Metiers
fallen fĂŒr uns hier völlig aus: wir haben hier nur mit dein
freischaffenden Gotteskinde mit den wehenden Locken zu
tun, der unbeschrÀnkten königlichen Herrscherin Kunst!
Von der âAnatomie" also betrachten wir hier nur einen
Rembrandt, wie er den Anatomen und seine Zuschauer und
Zuhörer in ihrem geistigen Wesen und Wirken erfaĂt, wie
seine KĂŒnstlerseele es geschaut und die aller seiner groĂen
und kleinen Genossen in den âAnatomiegemĂ€lden".
Dicht daneben stehen die packenden Darstellungen, vor
allen der NiederlÀnder, wie sie den Arzt in seinem Berufe ge-
sehen haben am Bette des welken Greises, wie der blĂŒhenden
Jungfrau, des Fiebernden mit dem glÀnzenden, des Abgezehr-
ten mit dem brechenden Blicke, wie der sterbenswehen Liebes-
kianken und des vermeintlichen Kranken, den nur die Ein-
bildung plagt. Alle diese Typen und unzÀhlige andere hat
Pinsel und Feder des Malers seit Jahrhunderten festgehalten
als ewig altes und immer neues Exempel aus dem Leben der
JĂŒnger der heilenden Kunst, aber als Wirklichkeitsschilderer
hat er den Bildern das wechselnde Licht des Tages mit seinem
Detail gegeben und uns nebenbei ganz unbeabsichtigt auch
die Historie der Ă€rztlichen Kunst ĂŒberliefert.
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XX
Jenseits von Beruf und Amt.
41). Jahrg. â Nr. 12.
Der Maler von heute, der uns in das Sprechzimmer des
Arztes fĂŒhrt, zeigt uns wohl eine junge Leidende, wie sie,
leicht vorgeneigt, das schneeige Hemdchen an den schwellen-
den Busen drĂŒckt, wĂ€hrend der ernste Herr Doktor âBitte,
atmen Sie tief!" ihren RĂŒcken auskultiert, oder wie der Arzt
ein diphtheriekrankes BĂŒrschlein mit dem Kehlkopfspiegel
untersucht, das die atemlos Àngstliche Mutter, zitternd wie
ein armer SĂŒnder vor dem Urteilsspruch, auf dem SchöĂe
hĂ€lt â
Zeitalter der Laryngoskopie und Auskultation.
Der KĂŒnstler vor etwa hundert Jahren fĂŒhrt uns den
Kollegen mit dem Goldknopfstock vor und der kostbaren
Schnupftabaksdose, wie er geduldig gefaĂt den Vorderarm
einer Dame im Reifrock mit drei Fingern umspannt â
Zeitalter des bloĂen PulsfĂŒhlens,
oder wie er einem widerstrebenden halbentkleideten T.öchtei -
lein in Gegenwart der entsetzt sich abwendenden Frau Mama
mit wichtiger Miene und scharfer Lanzette ein paar Stiche
im Oberarm beibringt â
Zeitalter der beginnenden Vakzination.
Ein und einige weitere Jahrhunderte frĂŒher hĂ€lt der Herr
Doktor ein flaschenkĂŒrbisartiges GefÀà bedenklich gegen das
Licht, wÀhrend ein Kranker dabei sitzt oder daneben im Bette
liegt oder noch frĂŒher ein wenig intelligenter Geselle mit*
einem auffallend gestalteten hoben strohgeflochtenen Henkel-
körbchen dabei steht â
Zeit der Hainschau,
oder der Arzt mit bedeutender Pose im langen Talar mit
wuchtigem Barett am hohen Bogenfenster zum Nachthimmel
mit sonderbaren Sternbildern und Sternformen hinaufschau!,
wunderbare GerĂ€te in den HĂ€nden â
Zeit der Sternprognose fĂŒr den Krankheitsverlauf, der
Iatromathematik.
Ein andermal schauen wir in eine fast ĂŒbermĂŒtige Stube
hinein, wo am einen Ende nichtsnutzig Volk mit Weibern
schĂ€kert, am andern ein AbszeĂ geöffnet wird im RĂŒcken oder
am Arme, oder ein FuĂ oder Kopf operiert oder zur Ader
gelassen oder geschröpft oder ein Zahn gezogen oder rasiert
wird, wÀhrend Verbundene heranziehen oder schreiende Kin-
der herbeigebracht werden â der Mensch ist der ewig gleiche,
aber sein Tun, seine GefĂ€Ăe, seine Binden, seine Instrumente,
seine Manipulationen sind immer wieder andere: was wir
in Lehr- und HandbĂŒchern ferner und fernster Zeiten mĂŒh-
sam entrĂ€tseln mĂŒssen, das zeigt uns ein Bild aus jener Zeit
in einem Blick bis hinauf zur Anwendung altrömischer
Knochenzangen aus Pompeji auf der gleichzeitigen Freske
des verwundeten Aeneas. So bilden die* gemalten Sprech-
zimmer, Kranken- und Operations- und Spitalzimmer un-
schĂ€tzbare Dokumente fĂŒr die Lehrmeinungen und die Aus-
ĂŒbung unserer Kunst, ebenso aus dem Leben gegriffen und
ebenso naturwahr und wirklich in all ihrem Drum und Dran,
wenn auch meist nicht entfernt so scharf und spitzig karikier!
wie die Fixierung Doyen'scher Operationen oder parismische r
FakultÀtsgruppierungen der letzten Monate, die bald ebenso
wichtige, als satyrisch verzerrt jederzeit zu erkennende Bilder
zur Geschichte der Medizin sein werden.
Und wie die zahlreichen, ĂŒppigen und zarten GemĂ€lde,
gemalten und gezeichneten Persiflagen unserer Seebadschi 1-
derer, einschlieĂlich âface Ă€ l'ennemi" und Ă€hnlichem, das
Leben am Strande unserer ModebÀder festhalten, so haben
die KleinkĂŒnstler der Renaissance wie die groĂen Meister
jener Periode das ĂŒppige Leben in den PrachtbĂ€dern und
Badestuben unserer ReichsstÀdte belauscht und das Àrztliche
Detail der Dampf- und SchwitzbÀder mit ihren peitschenden
Hautquasten und BademĂŒtzen ebenso getreu ĂŒberliefert wie
die unhygienischen Schmausereien und Trinkgelage in den
BadehÀusern und das Poggiosche Detail einer lockeren
BisexualitÀt.
* â, *
Eston
ist essigsaure Tonerde in Pulverform, verstÀrkt mit
Aluminiumsulfat.
Nachstehende PrÀparate sind im Handel:
Eston rein (Wunddesinfieienz)
Streudose ca. 50 g
Eston-Peru- Vaseline
Bei hartnÀckigen Ekzemen, Rhaga-
den, Fisteln, tiefen GeschwĂŒren,
schweren Wunden der Brustwarzen
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Eston-Streupuder 50%
Bei starker Schweissabsonderung
and bei Wunden
Vi und '/s Streudose
Eston-Schwefel-Vaseline
Zur Dauerbehandlung von Erythem
und Akne. Originaltube
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Wundlaufen, Wundliegen, Verbren-
nungen
Vt und V2 Streudose
und Beutel ca. 100 gr.
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Gegen Frostbeulen und andere
FrostschÀden. Originaltube
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FĂŒr SĂ€uglinge und Kinder, auch
zur Schönheitspflege
Streudose, Probebeutel und Beutel
ca. 100 gr.
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Eiternde Wunden, ulc. cruris
Streudose ca. 50 g
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Vaginaltrockenbehandlung
'/i und V2 Streudose
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Von heilender, kĂŒhlender, juck-
stillender Wirkung bei Wunden, Ent-
zĂŒndungen, Haemorrhoiden, ferner
bei Verbrennungen zur VerhĂŒtung
von Blasenbildung. Originaltube
Eston-Bolus- Vaginaltabletten
Fluor alb.
Schachtel 20 Tabletten
50
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Bei Wunden, Dermatitiden, Ekzemen,
Verbrennungen, Massage usw.
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40. Jahrg. â Nr. 12.
Jenseits von Beruf and Amt
XXI
Aber auch die ernstesten GemÀlde Sublimster Edelkimst,
sie haben uns in den Heilwundern Chi'isti und seiner Apostel
und der Heiligen die Bilder der damaligen Nervenkrankheiten
festgehalten, die meist heute noch ebenso beobachte! werden
können und die Bilder frĂŒherer Zeil eben dadurch als lebens-
wahrste Zeichnungen erweisen, wahrend nianehe, /. B, die
TĂ€nzvvut, in dieser Form kaum mehr gesehen werden, isl
der erbrachte Nachweis des Sichgleichbleibens schon von
krankheitshistorischem Werte, so haben uns die groĂen Tafel t
gemÀlde der Vergangenheit aber auch Inventarien geliefert
von bei uns ausgestorbenen; oder milder gewordenen Krank-
heiten, durch nichts zu ersetzende Archive, welche uns bei-
spielsweise alle Formen des abendlÀndischen Aussatzes und
der zahllosen durch ihn entstandenen Entstellungen, Ver-
stĂŒmmelungen und VerkrĂŒppelungen tĂŒchtig und wahr aus
dem Leben beobachtet und mit mitleidig - unbarmherzigein
Pinsel schildern, woraus sich ein Atlas der Lepra zusammen
stellen lieĂe, der unseren modernsten Atlanten der Hautkrank -
heiten in feinstem Farbendruck an Naturtreue wenig nach
gÀbe.
So sind uns auch die Greuel der Pestepidemien aufbe -
wahrt in unvergleichlicher Weise, so die Gestalt und Farbe
der Pestbeulen am Schenkel des heiligen Rochus und unzÀh-
liges andere, das heute noch klar und ĂŒberzeugend die Patho-
logie der Vergangenheit widerspiegelt.
Und was können wir nicht alles fĂŒr die Ă€rztliche Ver-
gangenheit an den WTochenstuben lernen, die vor allem die an
kein streng ĂŒberliefertes Detail des Stalles, der Krippe, und
der vierfĂŒĂigen Stallbewohner gebundene Geburt der Maria
liehevoll schmĂŒckend umkleiden, vom prĂ€chtigen Himmelbett
bis zum KinderbadewÀnnchen, dessen Inhalt die wartende
Frau oder Magd mit der nackten Ferse prĂŒft, und all dem
Kleinzeug der Kinderpflege an SchwÀmmchen, Windeln und
WickelbÀndern und der kleinen Wiegen und geflochtenen
Betlehen, die oll auch entzĂŒckend neben der Gottesinuttei
sieben - alles ebenso ans dem Leben gegriffen wie auf den
köstlichen Bildern der Wochenbesuche bei irdischen nieder-
lĂ€ndischen MĂŒttern, die einst ein sehr beliebter malerische!
Typus am untersten Laufe der Maas und des Rheines fwic
zum Teil auch Qberdeutschlands) waren und wertvolles ine
clizin -geschichtliches Material uns aufspeicherten:
Andeuten will ich nur noch, wie liehevoll die Kranken
pflege durch manches Jahrhundert in den Darstellungen der
SpitÀler und ihres Pflege- und Wartungspersonals, der Spital-
gĂ€rten usw. festgehalten ist â wie belehrend die Abschilde-
rungen der Apotheken und ihres ganzen, oft ĂŒberaus reichen
und kĂŒnstlerischen Inventars, wenn der kostbare Theriak
unter obrigkeitlicher Beaufsichtigung, ja gleichsam Beglau-
bigung bereitet wird, oder wenn gar Christus selber am Re-
zeptiertisch steht und die Wage handhabt â wie beachtens-
wert in ihrem Detail und in ihrer ganzen Stimmung die La
boratorien der Alchemisten sind, aus denen ebensowohl unsere
ganze chemisch-biologische Forschung, wie die Schlotreihen
unserer groĂen chemischen Weltfabriken in Elberfeld-Lever-
kusen, Höchst, Ludwigshafen usw. hervorgegangen sind.
Wie auch das Kurpfuschertum von heute seine Ahnen -
galerie in den TheriakskrÀmern, fahrenden Quacksalbern,
Starstechern, Zahnbrechern, Mesmerschen und anderen Sean-
ces usw. finden kann â und seine Narrenpritsche, die ihm
nur die historische Forschung gebĂŒhrend applizieren kann,
darĂŒber und ĂŒber vieles andere, was die bildende Kunst der
Geschichte unserer Wissenschaft bietet, lieĂe sich noch
manche Seite plaudernd fĂŒllen, aber diese Andeutungen
mögen genĂŒgen.
Der heutigen Nummer dieser Zeitschrift liegt ein Prospekt der Chemischen Fabrik 6 u e s t r o w bei, auf welchen wir besonders aufmerksam machen.
TO RAMIN MILANOL
wirksames Sedativum,
frei von narkotischer oder drastischer Nebenwirkung,
keine Verstopfung; daher auch bei Kindern, SchwÀch-
lichen und alten Leuten in genĂŒgender Gabe gefahrlos
' anwendbar.
Indikationen: Huslen, Reizhusten, bei akuten und chroni-
schen Luftröhren- und Kehlkopfkatarrhen, auch tuber-
kulöseu Ursprungs, bei Lungen- und BrĂŒstf ellent â
ZĂŒndungen, Keuchhusten in abklingendem Stadium,
nervöser Husten.
Verordnung: 1 Röhrchen Toram.in-TableUcn (25 StĂŒck ca.
0,1 Toramin) oder 1-2 g Toramin pro die, in Mixtur
mit aromat. WĂ€ssern, Sirup, Expeklorantien, auch
Gifa ja kob PrÀ paraten.
| neue chloroformlösliche Wismut-Verbindung fĂŒr dermato-
logische Zwecke,
saubere Anwendung als Salbe, Paste, Puder,
Pinselung 2 â 10%ig, weder WĂ€sche noch Haut
verschmierend.
Indikationen: Speziell chronische und subakutc
Ekzeme.
Ferner FĂ€lle der derma tologischen Praxis, in denen eine
juck- und schmerzstillende, desinfizierende, granu-
lationsbefördernde, Infiltrationen resorbierende oder
keratoplastische Wirkung erstrebt wird.
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40. Jahrg. â Nr. 12.
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des Blutes und fahrt so zu einer guten und sicheren
Kalkretention.
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Dentition, Haemorrhagien, insbesondere auch
PubertÀtsmenorrhagien u. Haemoptoe, Hidrosis,
Skrofulöse, Arteriosclerose, Heufieber, Asthma,
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40. Jahr«. â Nr. 13.
Jenseits von Berat an 4 Amt
XV
Jenseits von Beruf und Amt.
Psychopathologie in Hauptmanns Dramen
Hanneies Himmelfahrt.*)
Von Dr. Arthur MĂŒnzer, Charlottenburg.
So mĂŒde ist Hannele, so mĂŒde. Hart hat sie das Leben
angepackt, und schwer lasten des Alltags Sorgen auf ihrer
Kinderseele! Trotz ihrer 14 Jahre hat sie den Leidens -
kelch geleert, schon bis zur Neige. Mit teuflischer Grausam-
keit behandelt sie der Stiefvater, er schlÀgt sie, jagt sie hin-
aus in Nacht und Nebel, damit sie ihm die Groschen fin-
den Schnaps zusammenbettle, und wehe ihr, wenn sie kein
Geld heimgebracht! â In Lumpen geht sie gekleidet, und
der Hunger nagt an dem striemenbedeckten Körper. Doch
kein Wort der Klage entringt sich ihren Lippen. â Die
Mutter stirbt, auch sie eine MĂ€rtyrerin, der schweres Los
beschieden. Da hÀlt es Hannele nicht lÀnger auf der arm-
seligen Erde. Unten an der Jeuchner Schmiede ist ein Teich,
in ihm sucht sie die ewige Ruhe. Lebend noch wird sie hin-
ausgezogen, aber Freund Hein meint es besser und erlöst sie
von irdischer Qual.
*) Vergl. hierzu den Aufsatz âHanneies Himmelfahrt" in
Erich Wulffen, Gerhard Hauptmanns Dramen. 2. Auflage. Verl.
Langenscheidt. â Die vorliegende Arbeit vertritt zwar nicht die
gleiche Auffassung, hat jedoch mit Wulffens Abhandlung manche
BerĂŒhrungspunkte. Im Text ist auf diese letzteren nicht beson-
ders hingewiesen worden.
Folgt mir leise und recht behutsam, liebe Leser. Ich
fĂŒhre Euch mitten in das Zauberreich der Poesie, und da
heiĂt es still und ehrfĂŒrchtig sein. Ach, mich beschleicht eine
geheime Angst, daĂ ich nicht mit dem groben Handwerks
zeug der Medizin das feine Gewebe der Dichtung zerstöre.
Und ich wĂŒnsche doch so sehr, dali Ihr den Duft, den sie aus
ihrer zarten BlĂŒte ausströmt, auch noch ;ius meinen Zeilen
atmet.
Der Waldarbeiter Seidel hört das Gewimmer der armen
Hannele, als sie im Teich ihr Leben zu enden im Begriffe
steht. Er eilt ihr nach und rettet sie. Der Lehrer Gottwald
kommt gerade vorĂŒber, trĂ€gt sie schnell in seine Wohnung
und bringt sie, nachdem sie mit trockenen Sachen versehen
ist, hinĂŒber in das Armenhaus. Hannele wimmert leise, die
langen roten Haare sind gelöst, die Arme hÀngen schlaff
und tot herab. Die Wirklichkeit verschwimmt, und ein
âFiebertraum" hĂ€lt sie umfangen. Was uns der Dichter hier
in feinen ZĂŒgen schildert, ist eine Geistesstörung, und am
SchlĂŒsse unserer Erörterungen werden wir deren klinischen
Charakter festzustellen versuchen. Mit bewundernswertem
Geschick hat es der Meister verstanden, uns in den AeuĂe-
rungen der Geisteskrankheit das ganze Seelenleben Hanneies
zu schildern und aufzuzeigen, wie die Psychopathologie aus
dem Inhalt des normalen Seelenlebens schöpft. Suchen wir
nunmehr an Hand der Dichtung die einzelnen BruchstĂŒcke
des Krankheitsbildes zusammen. Es wird dabei auch auf
interessante normalpsychologische Erscheinungen einge-
gangen.
Zur unauffÀlligen diÀtetischen Darreichung krÀftiger Bromdosen
»HauptsÀchlich ist die erhöhte Wirksamkeit in dieser Form wohl
derguten Resorption zuzuschreiben. Ich selbst Konnte feststellen,
dass eine deutliche Wirkung einmal 6, ein zweites Mal be-
reits Minuten nach dem Trinken einer in 100 cem heis-
sen Wassers gelösten Tablette eintrat« Mangelsdarf
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bronchiale, Angina pectoris, Bronchitis chronica,
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XVI
Jenseits von Beruf and Amt
40, Jahrg. - Nr. 13.
Der Lehrer Gottwald fragt Hannele: .... Nu kannst
du mir auch mal gleich erzÀhlen .... du warst doch unten
am Sehmiedeteich. â Weshalb bist du denn nicht zu Hause
geblieben? Nu? warum nicht?
Hannele: Ich fĂŒrchte mich so.
Berger: Wir werden uns ganz beiseite stellen. Sag's
nur dem Herrn Schullehrer ganz aliein.
Hannele, scheu und geheimnisvoll: Es hat gerufen.
G o 1 1 w a 1 d
Hannele:
G o 1 1 w a 1 d
rufen?
Hannele:
G o 1 1 w a 1 d
Hannele:
Wer hat gerufen?
Der liebe Herr Jesus.
: WTo
hat dich der liebe Herr Jesus ge-
Im Wasser.
: Wo?
Nu unten -
im Wasser.
Ist das etwas Krankes? Ist das eine SinnestÀuschung?
fragt der Arzt.
Hannele war ein ernstes, nachdenkliches Kind. Ihr
trauriges Leben hatte wohl ganz besonders tief auf sie ein
gewirkt. Manches Kind mochte unter der grausamen Knute
des Vaters störrisch und verbissen geworden sein. Hannele
wurde still, ganz still. Sie lebte nach innen. Ihre Einbil-
dungskraft wuchs. Von kleinauf, â wohl von der Mutter,
zur Frömmigkeit angehalten, erbaute sie sich eine MÀrchen-
welt, in der der liebe Herr Jesus alles ĂŒberstrahlte. Wenn
des Tages Last sie niederdrĂŒckte, floh sie in ihr Inneies und
sah nur Schönes. Da starb die Mutter. Und wÀhrend nun
der Vater, jeder Hemmung bar, wohl noch Àrger auf sein
Kind einwĂŒtete, lockte sie um so mehr die Zauberwelt, in der
jetzt auch die Mutter weilte. Dort muĂte ja alles Leid zu Ende
sein. â Und da, war es nicht, als ob es riefe, sie solle kom-
men! War es nicht unten im Teich! Ja, ja es rief wirklich.
Nun schnell zum Teich und hinweg von der Erde /u ihm,
der sie zu sich rief! â Das war nicht eine Krankheit, die ihr
Hun umnebelt, nicht eine SinnestÀuschung, die sie gelockt.
Nur ihre Einbildungskraft lieĂ die geliebte Stimme laut
werden, der sie schon oft gelauscht. Der Ruf ist der lebendig
gewordene Gedanke, wie er sich schon lÀngst in dem armen
Kinderhirn eingegraben. â Das Kind lebt ja nur im Gegen-
stÀndlichen, seine Welt ist eine rein konkrete, jedes Erlebnis
muĂ in ihm einen greifbaren Ausdruck haben. Und nur
unter diesem Gesichtswinkel können wir die geschilderte
Szene betrachten.
Kurz nachdem Hannele in das Armenhaus gebracht ist,
wird sie von Angst ergriffen und ruft: âder Vater, der Vater!"
Eine SinnestĂ€uschung fĂŒhrt ihr den Mann vor Augen, der
sie am meisten gequÀlt und vor dem sie eine herzbeklem-
mende Angst empfindet. â VerĂ€ngstigt war sie ja ihr ganzes
Leben hindurch. Manch einer mochte sie fĂŒr eigensinnig und
widerspenstig gehalten haben, ohne zu erkennen, daĂ eigent-
lich nur Angst Triebfeder ihres Handelns war. â In der
Krankheit redet sie zuweilen auch in störrischem Ton: âIch
mag nicht, ich mag nicht. Ich geh' nicht zu Hause. Ich
muĂ zu der Frau Holle â in den Brunnen gehen." Aber das
ist nicht mutwilliges Widerstreben, es ist nur Angst und
Widerwillen gegen ihren Peiniger. Schon die nÀchsten Worte
âLaĂ mich doch â Vater, Pfui, wie das stinkt! Du hast
wieder Branntwein getrunken", deuten darauf hin.
Als die Krankenschwester naht und der Doktor sich ĂŒber
das arme Wesen beugt, da wird ihr BewuĂtsein fĂŒr einige
Augenblicke licht. Erstaunt schaut sie umher. Der" Arzt
untersucht und fragt nach Schmerzen. Der Lehrer Gottwald
tritt ans Bett imd sagt: âAntworte dem Herrn Doktor,
Hannele!"
Hannel e, mit inniger bittender, in TrÀnen zitternder
Stimme: âAch, lieber Herr Gottwald."
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40. Jahrg. -Nr. 1».
Jenseits von Beruf und Amt
XVII
Gottwald: âJetzt paĂ nur auf, was der Doktor sagt,
und antworte schön.
In den Worten Hanneies offenbart sich eine der mÀch-
tigsten Regungen ihres Herzens, die Liebe zu ihrem Lehrer
Gottwald. Eine Kinderliebe ist es, die tief in ihr wurzelt
und ihre Seele ausfĂŒllt. Ihre Gedanken ziehen oft um den
geliebten Mann; ihr ist er der Schönste und Beste. âSchwe-
ster, gelt? der Herr Lehrer Gottwald ist ein schöner Mann.
Heinrich heiĂt er. Gelt? Heinrich ist ein schöner Name,
gelt? Du lieber, sĂŒĂer Heinrich! . . . ." Aber die Phantasie
des frĂŒhreifen Kindes reicht weiter. Hannele begnĂŒgt sich
nicht mit der schwÀrmerischen Verehrung, wie sie Kindern
im Entwicklungsalter eigen; sie will dem AuserwÀhlten mit
Leib und Seele gehören. â. . . . Schwester! weiĂt du was?
Wir machen zusammen Hochzeit. Ja, ja, wir beide: der Herr
Lehrer Gottwald und ich.
Und als sie nun verlobet warn,
Da gingen sie zusammen
In ein schneeweiĂes Federbett
In einer dunklen Kammer."
Hier drÀngen sich sexuelle Vorstellungen, wie sie in den
unteren Bevölkerungsschichten weit verbreitet sind, in die
erwachende Kinderseele.
Was Hannele in ihrem innersten Herzen wĂŒnscht, wie
sie sich geliebt sehen möchte von ihrem vergötterten Lehrer,
das alles malt und erfĂŒllt ihr die groĂe Halluzination im
zweiten Akt, in dem sie ihr eigenes Sterben schaut.
Diakonissin: Warum sind Sie denn so traurig, Herr
Gottwald?
G o 1 1 w a 1 d : Weil sie nun doch gestorben ist.
Gottwald: Ach, mir ist schwer.
Diakonissin: Weil sie erlöst ist?
G o 1 1 w a 1 d : Weil mir zwei Blumen verwelkt sind.
Diakonissin: Wo?
G o 1 1 w a 1 d : Zwei Veilchen, die ich hier im Buche
habe. Das sind die toten Augen meines lieben Hannele.
Gottwald, nun allein bei Hannele. Er legt ihr ge-
rĂŒhrt die Blumen zu FĂŒĂen: âMein liebes Hannele, hier habe
ich dir noch einen Strauà schöner Glockenblumen mitge-
bracht." â An ihrem Bett kniend, mit zitternder Stimme: âVer-
giĂ mich nicht ganz und gar in deiner Herrlichkeit." Er
schluchzt, die Stirne in die Falten ihres Kleides gedrĂŒckt:
âdas Herz will mir zerbrechen, weil ich von dir scheiden
muĂ!"
Hier sehen wir die Dichtung ganz in Freud'schen Ge-
dankengĂ€ngen dahinflieĂen. Wie Freud uns den Traum als
WunscherfĂŒllung geschildert hat, so wird die Halluzination
zur endlichen ErfĂŒllerin der innersten Regungen Hanneies.
In packendem Gegensatz zur irdischen schildert uns der
Dichter die himmlische Liebe: Der âliebe Herr Jesus" ist
innig in Hanneies Denken verwoben. Wie kindlich hinge-
geben betet sie: âAch lieber Herr Jesus! Ach lieber Herr
Jesus! Ach schönstes, bestes Herr Jesulein, so nimm mich
doch zu dir, so nimm mich doch zu dir!" In der groĂen
Todeshalluzination sieht sie den Fremden, der kein anderer
ist als der liebe Herr Jesus, ihrem Sarge nahen. Als er sie
vom Totenlager aufstehen heiĂt, sagt er weich und innig nur
das eine Wort: Hannele.
Hannele: Da ist er.
Der Fremde: Wer bin ich?
Hannele: Du.
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XV111
Jenseits von Beruf and Amt
40. Jahrg. âNr. 13.
In dieses eine âDu" legt sie ihre tiefe, echte und innige
Liebe.
Ganz wundersam verschmilzt in der Krankheit Hanneies
irdische und himmlische Liebe. Angedeutet wird das vom
Dichter schon durch die völlig gleiche Namengebung, die
Hannele anwendet: der liebe Herr Jesus und der liebe Herr
Gottwald.
Als eben Hannele recht innig zu Jesus gebetet, sagt sie
in. verÀndertem Ton:
Ach wenn er doch kam'.
Ach daĂ er mich nahm',
Und daĂ ich den Leuten
Aus den Augen kam'.
Ich weiĂ es ganz gewiĂ Schwester
Schwester Martha: Was weiĂt du denn?
Hannele: Er hat mir 's versprochen. Ich komme in
den Himmel, er hat mir's versprochen.
Schwester Martha: Hm.
Hannele: WeiĂt du, wer?
' Schwester Martha: Nun?
, âą Hannele, geheimnisvoll ins Ohr der Schwester: der
liebe Herr â Gottwald.
Hier gehen ihre Gedanken deutlich von einem zum an-
dern, die beiden Gestalten, die ihre Phantasie ausfĂŒllen, ver-
wachsen zu einer einzigen.
Der Fremde, der ihrem Sarge naht, trĂ€gt die ZĂŒge des
Lehrers Gottwald. Das vor ihm hingehauchte selige âdu"
umfaĂt die beiden FĂŒhter und Leiter ihrer Kinderjahre.
Als der Fremde zu ihr sagt: âIerr weiĂ alle deine Leiden und
Schmerzen", da sagt sie nur: âKu lieber, lieber . . . ." Sie
nennt keinen Namen, ihr ist das Herz so voll, sie weiĂ es
selbst nicht, ist es der liebe Herr Jesus oder der liebe Herr
Gottwald?
In einer Unterredung mit der Schwester Martha sehen
wir lichte Momente in die Geistesverwirrung Hanneies sich
hineindrÀngen. Ihr Wunsch, nicht gesund zu werden, und
ihre Sehnsucht, in den Himmel zu kommen, werden der
Schwester gegenĂŒber in voller BewuĂtseinsklarheit geĂ€uĂert
und scheinen auch verstÀndlich. Was konnte wohl der
kleinen TrÀumerin die armselige Erde noch bieten!
Mit einer grausigen Deutlichkeit zeichnet der Dichter
Hanneies Halluzination, die ihr den Maurer Mattern, ihren
Stiefvater, vor Augen fĂŒhrt. Die Krankenschwester hat fĂŒr
einen Moment das Zimmer verlassen, da erscheint ihr die
wĂŒste, versoffene Gestalt, der Schrecken ihres Lebens und
ihre Qual auch noch in der tödlichen Krankheit. Hannele
wird von höchster Angst gepackt, sie bedeckt mit der Hand
die Augen und wimmert leise. Da ertönt schon die heisere,
in höchster Wut gepreĂte Stimme: âWo bleibst, wo bist du
gewesen, MĂ€del? . . . ; . Mach, daĂ du uffstehst. Du gehst
mich nischt an. Ich kennte dich uff die Gasse schmeiĂen . . .
Steh uff und mach Feuer. Wird's bald werden? Aus Gnade
und Barmherzigkeit bist du im Hause. Gelt, nu noch faul-
sehen." â In vollem Gegensatz zu der Mattern-Halluzination
steht die SinnestÀuschung, die die Mutter zeigt. Konnte uns die
lenzen oben druff. Nu? Wird's nu werden? Ich schlag' dich
so lange, biste, biste Hannele steht mĂŒhsam auf,
schleppt sich zum Ofen und bricht zusammen. â Die krasse
Wirklichkeit dieser Szene lĂ€Ăt uns die ĂŒbermĂ€chtige Gewalt
der Halluzination erkennen und erinnert gewiĂ an manches
Erlebnis im Krankensaal.
Wie linder Balsam legt sich's auf Hanneies Herz, als die
kranken Sinne ihr diejote Mutter vor Augen zaubern. Da
kommt eine blasse, geisterhafte Gestalt mit weiĂen Haaren
und abgehĂ€rmtem Gesicht, hohlwangig und aufs dĂŒrftigste
gekleidet. Aber Hannele sieht nicht ihre Armut, sie hört
nicht die mĂŒde, leise Stimme; nein, die Mutter glĂ€nzt fĂŒr sie
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40. Jakrg. â Nr. 18.
<
Jenseits vou Beruf and Amt
XIX
in aller Schöne, ihre Stimme tönt, in ihrem Gaumen wachsen
Maiglöckchen. Die Dahingeschiedene erzÀhlt ihr von den
weiten Auen, in denen sie jetzt weilt und legt ihr als Gottes
Pfand eine Blume HimmelsschlĂŒssel â in die Hand.
Dann weicht sie langsam zurĂŒck, âlieber ein Kleines wirst
du mich nicht sehen, und ĂŒber ein Kleines so wirst du mich
sehen." â In vollem Gegensatz zu der Mattern-Halluzination
steht die SinnestÀuschung, die die Mutter zeigt. Konnte uns die
erste mitten in den Wachsaal einer Klinik versetzen, so fĂŒhrt
uns die zweite in das Reich der Poesie zurĂŒck. In der lieb-
lich ernsten Zwiesprache zwischen Mutter und Kind waltet
allein die Zauberkraft des Dichters, da hebt er uns selbst
hinaus ĂŒber die irdischen Nöte, und gern vergessen wir, daĂ
wir bei unseren Geisteskranken einer so sinngemÀà geordneten
Halluzination selten oder nie begegnen.
Als das MĂŒtterlein entschwunden ist, da fĂŒllt ein neues
Gesicht die kranke Seele: drei lichte Engelsgestalten, schöne,
geflĂŒgelte JĂŒnglinge schweben herbei. Wie oft hatte Hannele
in ihrer Kindheit von Engeln getrÀumt, und wie jubelte sie
jetzt im Ueberschwang ihrer Freude: âEngel, Engel!" Das
Leiden und Entbehren, das so oft ihr Inneres aufgerĂŒttelt,
wird in eine holde Melodie, von den Engeln gesungen, ver-
woben. Aber auch das Hoffen» auf eine glĂŒckvollere Zeit
tönt leise, leise . . . Hiermit wird der alten psychiatrischen
Erfahrung, daĂ vieles, was den gesunden Geist intensiv be-
schÀftigt, in der Krankheit in sinnfÀlliger Deutlichkeit wie-
der erscheint, ein schöner poetischer Ausdruck verliehen.
ErfĂŒllt von dem Geschauten, berichtet Hannele von den
Engeln, die zu ihr gekommen. Als die Schwester sich freut,
daĂ sie so schöne TrĂ€ume gehabt habe, erwidert sie: âAch,
ach, da sagt sie, das soll ich getrÀumt haben." Lebhaft
denken wir hier der Geisteskranken, die nur mitleidig lÀcheln,
wenn man versucht, ihre Halluzinationen zu erklÀren oder
ihnen auszureden.
Klar wie eine Offenbarung tritt uns Hanneies groĂe
Todeshalluzination entgegen, die Szene, in der ihr eigenes
Sterben und BegrĂ€bnis an ihren Augen vorĂŒberzieht. Gerade
hier zeigt uns der Dichter in vollendeter Kunst das kindliche
Denken und FĂŒhlen; die naive Einfalt und der völlig im
GegenstÀndlichen befangene Glaube des Kindes breiten sich
in ihrer ganzen Lieblichkeit vor unseren Augen aus.
Zweifellos ist hier dichterisch ein Geschehen geschildert,
wie es sich auch durchaus in den Rahmen der klinischen
Erkrankung einfĂŒgt. Vom psyehopathologischen Standpunkt
aus können wir in dieser Szene eine .Realisation Freudscher
GedankengÀnge erblicken. Alles, was Hannele in ihrem
Elend entbehrt, was sie oft mit heiĂer Inbrunst herbeige-
wĂŒnscht, erfĂŒllt ihr restlos die Halluzination. Und so er-
klimmt sie noch kurz vor dem Ende den Gipfel des GlĂŒcks.
Schwer und ernst beginnt der letzte Kampf: der schwarze
Engel kommt, groĂ, schön und stark, in der Hand ein langes,
geschlÀngeltes Schwert. Er spricht nichts, Hannele wird von
Grauen erfaĂt. Da naht ihr schon die Diakonissin, nur
schöner und jugendlicher als diese, und Hannele sucht Hilfe
und Schutz bei ihr mit den Worten: âMĂŒtterchen, MĂŒtter-
chen!" Wir sehen hier eine Illusion, die Diakonissin wird
zum MĂŒtterchen; beide verwachsen zu einem Wesen. âDu
bist doch Schwester Martha? Ach, nein doch, meine Mutter
bist du doch?" Es ist das eine Parallele zu der Verschmel-
zung von âdem lieben Herrn Jesus und dem lieben Herrn
Gottwald." Man kann in diesem DenkprozeĂ wohl ĂŒber-
haupt eine EigentĂŒmlichkeit der kindlichen Seele erblicken:
alles Höchste und Schönste ist fĂŒr das KindergemĂŒt immer
eine Einheit. Die Seele schafft sich eine Idealgestalt, an die
sie sich mit aller Hingebung klammert. â Die Schwester â
Mutter steht Hannele auch bei, als der Tod ihr naht.
So erschĂŒtternd ernst sagt das Kind: âIch habe dich von
Herzen oft ersehnt. Nun bangt mir immer." Gleich aber
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Jenseits von Beruf und Amt.
40. Jahrg. â Nr. 13.
bricht wieder das Kindliche in ihr durch; als sie sagt: âSoll
ich zerrissen und zerlumpt im Sarge liegen?" âGott wird
dich kleiden", antwortet die Diakonissin. Da kommt auch
schon der Dorfschneider, bringt Brautkleid, Schleier, Kranz
und glÀserne Pantoffel. So wird es endlich zur Wahrheit,
das heimliche WĂŒnschen. Sie wird Braut, schönste Braut,
irdische und Himmelsbraut. Wie sie geschmĂŒckt ist zum
letzten Gang, legt sie sich wieder auf das Sterbelager. Der
Trauermarsch klingt. Da schreitet der schwarze Engel auf
sie zu. Doch da packt sie wieder grause Angst. âHilf mir
Schwester." Die Diakonissin tritt zwischen den Engel und
Hannele und legt ihr beide HĂ€nde schĂŒtzend aufs Herz: âEr.
darf es nicht. â Ich lege meine beiden, geweihten HĂ€nde dir
aufs Herz." â Wie einfĂ€ltig, schlicht denkt hier das Kind;
nicht der Tod darf sie hinĂŒber nehmen, nein, nur die
Schwester, die Mutter kann sie sicher und schmerzlos hin-
ĂŒbergeleiten in die bessere Welt.
Wir haben bereits berichtet, wie in der groĂen Todes-
halluzination der Lehrer Gottwald erscheint und sein tiefes
Leid ĂŒber Hanneies Hinscheiden zum Ausdruck bringt. Auch
alle Schulkinder sind mitgekommen und bewundern das
PrinzeĂchen. Ein kleiner Junge bittet: âSag's nicht dem
lieben Gott, daĂ ich dich immer Lumpenprinzessin geheiĂen
habe."
Noch einmal schreckt sie in der Krankheit der Stiefvater,
die GeiĂel ihres Lebens. Aber ihm tritt der âFremde" mit
den ZĂŒgen des Lehrers Gottwald entgegen, er, der fĂŒr Han-
nele das Letzte und Höchste bedeutet. Wie kindlich-demĂŒtig,
wie ernst und eindringlich, wie tief durchdacht ist sein
Reden! Er entlarvt Mattern, den eigentlichen âMörder"
Hanneies, in seiner ganzen Niedrigkeit und schreitet dann
an ihren Sarg. Und so wie ihrem lieben Herrn Jesus ge-
schehen, so geschieht auch ihr. âFĂŒrchtet Euch nicht".
spricht der Fremde zu den Anwesenden gewendet. âDas
MĂ€gdlein ist nicht gestorben. Es schlĂ€ft. â Johanna Mattern
steht auf!!!" Hannele erhebt sich und sinkt vor ihrem Er-
wecker in die Knie.
Sanfte Musik tönt, Engel schweben heran, wundersam
melodische Worte spricht der Fremde.
Und dann singen die Engel im Chor:
âWir tragen dich hin, verschwiegen und weich,
Eia popeia ins himmlische Reich.
Eia popeia ins himmlische Reich.
Und so ist Hannele, das kleine, arme Hannele, die
Lumpenprinzessin mit der goldenen Seele, in die Ewigkeit
hinĂŒbergeschwebt.
Wir sind wieder im Armenhaus. Der Doktor beugt sich
mit dem Hörrohr ĂŒber das kranke Kind; Ă€ngstlich steht die
Schwester daneben. Und auf ihre bange Frage nickt der
Doktor trĂŒbe und sagt: âTot!"
Es ist nunmehr folgende Frage zu erledigen: All das, was
die handelnden Personen in der groĂen Todeshalluzination
aussprechen, existiert naturgemÀà nur im Denken Hanneies,
es sind ja nur ihre Gedanken, die hier zum Ausdruck gebracht
werden. â In jeder Halluzination kann nur der geistige Be-
sitzstand des Erkrankten verwertet werden, und niemals
kann eine SinnestÀuschung dem Geistesgestörten etwas vor-
gaukeln, was er weder gesehen noch gehört oder empfunden
hat. So naiv und echt kindlich auch vieles klingt, was in
Hanneies kranker Seele sich auswirkt, so tief, ernst und
schön sind wieder andere ihrer Gedanken, so daà man wohl
berechtigt ist die Frage aufzuwerfen: Kann ein 14 jÀhriges
MĂ€dchen sich schon zu einer solchen Auffassung der Dinge
durchgerungen haben?
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4«. Jahrg. â Nr. 18.
Jeaseits von Beruf and Amt
XXI
Hannele ist erst 14 Jahre alt, aber sie hat in ihrem kurzen
Dasein viel gesehen und erlebt. Das tiefe, namenlose Leid
hat sie frĂŒhzeitig gelĂ€utert, nachdenklich und fromm ge-
macht. Schon als kleines MĂ€dchen wandte sie sich ab von
der AuĂenwelt und versenkte sich in ihr Inneres. Betrachtete
die Dinge nach ihrer Weise und eroberte sich ein gut StĂŒck
Lebensweisheit. Alles, was sie bedachte, spiegelt sich in ihrer
Halluzination wieder. â Bei dem Letzten und Schönsten
allerdings, bei den SchluĂworten des Fremden, da hat es dich,
o Dichter, ich weiĂ es wohl, fortgerissen, da hast du das
kleine MĂ€dchen mit dem Kindersinn vergessen. Da standest
du wohl selbst mit ihr an der Himmelspforte, schautest alle
Wunder, die sich um Euch breiteten und gÀbest traumver-
loren deinem Hannele zu trinken aus dem Born, der dir so
unerschöpflich quillt.
Die Auffassung Wulffens, daĂ Hannele hysterisch sei,
kann ich nicht teilen. Dieses stille, schweigsame Kind, das
allen Gram in sich versenkt, das frĂŒhgereift sich eine eigene,
Welt erbaut und in ihr lebt, das schlieĂlich in klarer Er-
kenntnis seiner Lage den Tod sucht, ist meines Erachtens
nicht hysterisch. Ihr ganzes Denken und Handeln ist als
Reaktion eines gewiĂ sensiblen Kindes auf die gegebenen
Daseinsbedingungen zu beurteilen. Alles Phantastische,
UeberschwÀngliche, Sprunghafte, ist auf Rechnimg der
Seelenstörung zu setzen; es ist aus der Dichtung keineswegs
erkennbar, daĂ diese Eigenschaften noch dem Normal -
charakter Hanneies angehören.
Hat der Dichter in der Geistesstörung Hanneies ein Bild
geschildert, das wir auch klinisch fassen können? Ich glaube
das ohne weiteres bejahen zu können. Im Mittelpunkt der
Seelenstörung steht eine traumartige Benommenheit mit
zahlreichen SinnestÀuschungen und Illusionen. Hierzu ge-
sellen sich innere Unruhe, leichte Erregbarkeit und Angst.
ZustÀnde von Verworrenheit und Unbesinnlichkeit wechseln
mit vollkommener Klarheit. Kein Zweifel, daĂ wir hier ein
echtes Delirium vor uns. haben, und zwar entspricht das Zu-
standsbild im allgemeinen dem in der klinischen Psychiatric
als Fieberdelirium bekannten. ' Ein solches mĂŒssen
wir auch bei Hannele, die, eben dem Wasser entrissen, schwer
fieberhaft erkrankt und dann in Geistesstörung verfÀllt, an-
nehmen.
So, Hannele, nun laĂ ich dich schlafen. Rechne es mir
nicht zur Schuld, daà ich deine TrÀume gestört. Du weilst
nun schon lÀngst in schöneren Auen und saugst alles Wun-
derbare in dich ein, indes hier ein winziger Sterblicher
deinem Erdenschicksal nachgrĂŒbelt. Aber deine liebliche
Kinderseele hat mich gelockt, dein Leid ist mir nahe ge-
gangen, und deine Krankheit hat den Arzt in mir geweckt.
So habe ich manches an dir zu zergliedern versucht und
habe dabei doch immer die Empfindung gehabt: RĂŒhr' nicht
an Hannele, nimm sie, wie sie ist, deutele nicht an ihr herum.
Doch die Feder ist mir immer weiter geglitten und schlieĂ-
lich bin ich mit meinen Betrachtungen zu einem gewissen
AbschluĂ gelangt.
Der Dichter setzt seinem Werk folgende Widmimg voran:
An Marie Hauptmann, geb. Thienemann!
âDie Kinder pflĂŒcken roten Klee, rupfen die BlĂŒten -
krönchen behutsam aus und saugen an den blassen, feinen
SchĂ€ften. Eine schwache SĂŒĂigkeit kommt auf ihre Zun-
gen. Wenn Du nur soviel SĂŒĂe aus meinem Gedicht ziehst,
so will ich mich meiner Gabe nicht schÀmen."
Auch ich habe diese SĂŒĂe aus dem Gedicht gezogen, und
das war die schönste Freude, die mir aus meiner Arbeit er-
wachsen.
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XVII
Jenseits von Beruf und Amt.
Der Entwicklungsgedanke und seine
Anwendung auf die verschiedenen Wissen-
schaftsgebiete.
Von Professor Dr. Th. Ha e ring <l. J.-TĂŒfbingen.
1.
Jede Zeit hat ihre Schlagworte, welche gleich den Leil-
lossilien der Geologie demjenigen, der einmal spÀter histo-
risch die Hinterlassenschaften der verschiedenen Schichtungen
der Kulturzeitalter studieren wird, durch ihr Vorkommen so-
fort zeigen werden, .welcher Zeit ein literarisches Produkt an-
gehört. Eines dieser Schlagworte der Gegenwart â oder
sollen wir schon sagen: der jĂŒngsten Vergangenheit? â ist
oder war â auf praktisch-weltanschaulichem, wie auf dem
rein theoretischen Gehiet der Wissenschaft â das Wort âEnt-
wicklung". Die verschiedensten Weltanschauungen bedienten
sich eintrÀchtig desselben zu ihrer Formulierung: bald als
Ausdruck einer relativistisch-skeptischen, bald als Symbol
einer dogmatisch - optimistischen Geisteshaltung. Jeder
schlechthin galt fĂŒr unmodern, welcher nicht von Entwicke-
lung redete und in allem Entwickelung sah. Aber fĂŒr die
einen bedeutete dies die Ueberzeugung vom relativen Unwert
alles Bestehenden: sollte es als bloĂer Durchgangspunkt der
Entwickelung jeweils doch nur ein VorĂŒbergehendes, niemals
ein EndgĂŒltiges sein; auch die scheinbar unverĂ€uĂerlichsten
GĂŒter der Menschheit, die altehrwĂŒrdigen ethischen und
religiösen Ideale, sie waren ja doch eben auch nur vorĂŒber-
gehende Entwickelungsstufen, die bald anderen Platz machen
muĂten. Die anderen dagegen (ja, in ihrer Gedankenlosig-
keit oll sogar dieselben Leute) stellten an dem Gedanken der
Entwickelung da* Moment des Iminerhöher-Strebens, d. Ii.
des absoluten Fortschritts in den Vordergrund und wurden
nicht mĂŒde, voll Optimismus stets das jeweils Neuste als
einen Fortschritt gegenĂŒber dem Bisherigen kritiklos gutzu-
heiĂen; als eine weitere sichere Stufe zur herrlichen Zukunft,
die mit nalurnolwendiger Sicherheit kommen muĂte. Dort
also ein skeptischer und fast pessimistischer Relativismus,
hier ein dogmatischer Glaube an den Fortschritt zu einem
absoluten Ideal. Beides aber im GewÀnde desselben Schlag-
worts der Entwickelung.
Abei- auch abgesehen von dieser Bedeutung fĂŒr das prak-
tische Leben und die Weltanschauung des Menschen
herrschte dieser Gedanke auch in der theoretischen Wissen-
schaft mit fast unbeschrÀnkter Gewalt. War irgendwo etwas
als Entwicklungsprodukt erklÀrt, so schien es auch end-
gĂŒltig verstanden und man fragte nicht weiter.
Wie bei allen wissenschaftlichen Schlagworten war es da-
hei auch bei diesem folgendermaĂen gegangen: auf einem
speziellen Gebiet der Wirklichkeit, also in einer Einzelwissen-
schaft, erwachsen und hier, wie es schien, als Erkenntnis-
mittel bewÀhrt, hatte sich der Entwicklungsgedanke in un-
erhörtem Siegeszug bald auch auf allen anderen Wirklich-
keitsgebieten Und im Erkenntnisbetrieb aller anderen Einzel-
wissenschaften einheimisch gemacht. Man fragte kaum mehr,
ob denn in diesen letzteren auch wirklich analoge Tatbe-
stÀnde, wie auf jenem Urgebiete, vorlÀgen und dadurch auch
wirklich von seiner Anwendung dasselbe VerstÀndnis zu er-
hoffen sei, wie dort. WÀhrend man zunÀchst in der Wissen-
schaft von jener besonderen VerÀnderungsform, die man
Entwickelung nennt, nur auf dem Gebiet der organischen
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Jengells von Berat mu4 Ami
40. Jahrg.
Ni
Natur, und auch hier, wie wir seheu werden, nur auf einem
besonderen Spezialgebiet derselben, etwas gewuĂt urtd ge-
sprochen hatte, redete man nun plötzlich auch von Entwicke-
lung auf dem Gebiet der anorganischen Natur (z. B. von
Entwicklung der Erde, der Gestirnwelt, des Weltalls), oder
im Bereich des Psychischen (z. B. von einer individuellen
psychischen Entwicklung wie von einer ĂŒberindividuellen,
also von der Entwickelung eines einzelnen Menschen, aber
»benso auch einer Familie, eines Volkes, der Menschheit, so-
wie ihrer verschiedenen einzelnen KulturbestÀtigungen, z. B.
der Religion, der Moral, der Kunst, der Sprache usw.): kurz,
es gab wohl kein Gebiet der Wirklichkeit und damit auch
der Wissenschaft, auf dem nicht von Entwickelung die Rede
gewesen wÀre. Und so ging es weiter: man sprach in noch
weit uneigentlicherem Sinne von der Entwickelung eines
Hausbaus, eines Beweises, seiner GrĂŒnde, einer Krankheit,
eines GemÀldes. Jede VerÀnderung fast war allmÀhlich zur
Entwickelung avanciert und, was das eigentlich schlimme
dabei war, galt dann als verstanden und erklÀrt, wenn es nur
â gleichgĂŒltig mit welchem Recht â als solche bezeichnet
war. Eine bestimmte VerÀnderimg irgendeines bestimmten
Zustandes â das war oft der Weisheit letzter SchluĂ â trat
ein, âweil sich der Zustand eben so entwickelte".
Angesichts dieser Sachlage wurde die Frage zur gebiete-
rischen Notwendigkeit; was denn eigentlich mit diesem Be-
griff und seiner Anwendung jeweils gemeint und vor allem
auch wirklich verstanden und erklÀrt sei; auf seinem ur-
sprĂŒnglichen Heimatgebiete, wie auf den von ihm allmĂ€hlich
usurpierten anderen Gebieten. Wieweit denn wenigstens
ĂŒberhaupt in all diesen verschiedenen mit ihm belegten und
benannten VerÀnderungen wirklich ein Gemeinsames oder
auch nur Analoges sich nachweisen lasse, welches die Ueber-
tragung dieses Begriffs, auch wenn er nicht einmal auf seinem
Urgebiet verstÀndlich wÀre, auf alle jene anderen rechtfertige?
Denn selbst wenn er auf seinem Urgebiet nur einen in
sich selbst unverstandenen Typus der VerÀnderung darstellte,
so wĂŒrde, wenn nur auf jenen anderen Gebieten derselbe
(analoge) Typus nachweisbar wÀre, damit wenigstens das
Recht erwiesen sein, ihn als âGesetz", d. h. als typisch
regelmĂ€Ăige Form auch auf alle jene anderen FĂ€lle, die sich
ihm ja dann als ihrem Allgemeinbegriff unterordnen lieĂen,
anzuwenden; darf ja doch auch sonst etwas dann als erklÀrt
und verstanden gelten, wenn es sich einer Regel, einem Gesetz
unterordnen lĂ€Ăt; mag diese GesetzmĂ€Ăigkeit in sich selbst
auch nicht weiter verstÀndlich und erklÀrbar sein. Die not-
wendig zu erledigende Vorfrage aber blieb auch fĂŒr diese
(bloĂ ârein kategoriale") Verwendung des Begriffes offenbar
die obige: ob und wieweit denn wirklich in allen diesen
FÀllen derselbe Tatbestand und Typus der VerÀnderung vor-
liege (wie auf jenem Urgebiet), auch wenn er in sich selbst
nicht einmal, wie jedoch meist auĂerdem angenommen
wurde, verstÀndlich war.
Es hat lange gedauert, bis man sich diese notwendige
Frage stellte und es kann keineswegs gesagt werden, daĂ sie
heute etwa schon befriedigend beantwortet wÀre. Es sollen da-
her im folgenden auch nur einige Richtlinien zu ihrer Beant-
wortung und damit fĂŒr eine brauchbare Verwendung des
Entwicklungsgedankens (EG) gegeben weiden.
2.
Es dĂŒrfte historisch zunĂ€chst kaum bestritten werden
können, daà das Quellgebiet des Entwicklungsgedankens, d. h.
der Tatbestand, von welchem sich dieser Begriff ursprĂŒnglich
herleitet, im Gebiet der organisch -biologischen Wirklichkeit
zu suchen ist. Und zwar auf demjenigen Teilgebiet desselben,
welches wir heute als das der Entwicklung eines mehrzelligen
Organismus, vom wissenschaftlichen Standpunkt aus, zu be-
zeichnen pflegen. Der Gedanke an diesen Tatbestand, der Ent-
wicklung z. B. einer Pflanze oder eines Tieres, und zwar
in der Form, wie er sich zunÀchst dem vor-
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Jenseits von Beruf and Amt
XIX
wissenschaftlich e ⥠M e o s c Ii e n d a r s t e 1 ] t, ist
es, welcher auch bei allen spÀteren Verwendungen des Ge-
dankens auf anderen Wirklichkeitsgebieten â und zwar vor-
wissenschaftlichen wie auch wissenschaftlichen
â mehr oder weniger bewuĂt innner noch unter der Ober-
flÀche mitschwingt und, was das VerhÀngnisvolle dabei ist,
auch diesen spÀteren Verwendungen desselben meist noch
etwas von dieser seiner ursprĂŒnglichen vorwissenschaftlichen
Eigenart und VerstÀndlichkeit zu verleihen scheint, auch
wenn jeder Grund hierfĂŒr fehlt.
FĂŒr den vorwissenschaftlichen Menschen nun unter-
scheidet sich diejenige VerÀnderungsart, welche er als Ent-
wickelung eines Organismus kennt, nach seiner Ansicht
deutlich von anderen VerÀnderungsarten, welche ihm die
Wirklichkeit sonst zeigt. Diejenigen FĂ€lle, in welchen er
ĂŒber das Vorliegen oder Nichtvorliegen derselben im Zweifel
zu sein scheint, beweisen nichts gegen die Klarheit dieses
seines Begriffs, sondern sie zeigen nur, daĂ diejenigen Merk-
male, die er mit einer solchen unweigerlich verbindet und
von ihr stets verlangt, in einem solchen Fall nicht deutlich
genug gegeben sind. Gerade an solchen FĂ€llen kann ihm
und uns sogar das, was er noch an einer VerÀnderung ver-
miĂt, um sie als eine âEntwicklung" gelten lassen zu
können, ganz besonders deutlich werden.
FĂŒr den vorwissenschaftlichen Menschen besteht der
Tatbestand, welchen er Entwicklung nennt und von anderen
Arten der VerÀnderung unterscheidet, wenn wir ihn hier
kurz charakterisieren sollen, etwa darin, daĂ eine materielle
Einheit (der Art wie wir sie als Organismus bezeichnen) sich
nach seiner Meinung aus eigener Kraft verÀndert; und
zwar in der merkwĂŒrdigen und besonderen Weise verĂ€ndert,
daà sie trotz ihrer stÀndigen VerÀnderung doch nicht eigent-
lich eine andere wird, sondern, indem sie doch immer
irgendwie dieselbe bleibt, sozusagen nur von Stufe
zu Stufe, bis zu einem von ihr als Höhepunkt angestrebten
Ziel immer mehr ihre âAnlage", d. h. das, was von Natur in
ihr zu liegen scheint, âentfaltet". Insbesondere sind es
die Merkmale einer trotz aller VerÀnderung doch immer als
vorhanden angenommenen einheitlichen Konstanz des sich
verÀndernden Organismus, die zielstrebig-geradlinige Diffe-
renzierung und die âEigenkrĂ€ftigkeit" dieses Vorganges, die
ihm seine besondere Eigenart geben! In dein sprachlichen
Ausdruck âSichentwickeln" Liegen diese Merkmale, auf die es
dem vorwissenschaftlichen Menschen besonders ankommt,
offenbar ganz deutlich enthalten: in dem âSich" die
Konstanz, EigenkrĂ€ftigkeit und âAbsicht" der VerĂ€nderung;
in dem Wort ent-Wickeln der Gedanke, daĂ in ihr nur ein
vorher schon âimplizit Vorhandenes" (âGelegenes", daher
âAnlage") sich entfalte (âexpliziert") und sichtbar werde.
Es ist in diesem Sinne charakteristisch, daĂ jedenfalls der
^verwissenschaftliche Mensch sofort nicht mehr von einer Ent-
wicklung reden wird, wenn entweder die âIdentitĂ€t" des
SichverÀndernden, der kontinuierliche Zusammenhang der
frĂŒheren ZustĂ€nde mit den spĂ€teren sich nicht mehr fest-
stellen oder die VerÀnderung sich nur noch als eine passive,
d. h. von auĂen verursachte nachweisen lieĂe, oder wenn der
VerÀnderungsfolge das Merkmal der geradlinigen Zielstrebig-
keit und immer höheren Entfaltung (Differenzierimg) man-
geln wĂŒrde.* Eben darum wird ein naiver Mensch oder ein
Kind das AusschlĂŒpfen eines Schmetterlings aiis einer Puppe,
da er die hier vorliegenden kontinuierlichen UebergÀnge noch
nicht kennt, immer als das Entstehen eines Neuen und da-
mit als ein âWunder", nicht als Entwicklung im genannten
strengen Sinne auffassen Und verstehen können; ebensowenig
aber auch z. B. das passive Entstehen eines Kunstwerks (sei
es auch etwa einer Tiergestalt), weil ihm hier die eigene
AktivitÀt von innen heraus fehlt; ebensowenig ferner eine
ziel- und planlos auf- und abgehende, wenn auch eigen-
krÀftige und die Konstanz wahrende VerÀnderungsfolge. Ja,
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XX Jenseits von Beruf und Ami 10. Jahrg. Nr. 14/15
VerĂ€nderung wird fĂŒr ihn immer noch ein bloĂes âWachs-
tum" (das fĂŒr ihn stets auf vorgenanntem Gebiet ein eigen-
krÀftig-aktives ist) und damit nur Entwickelung in einem
weiteren als dem obigen Sinne sein können, solange sich nicht
rfas Moment einer schrittweisen qualitativen Differen-
zierung der Funktionen, nicht bloĂ eine quantitative Ver-
Ă€nderung (VergröĂerung) dabei zeigt. So können wir die
Entwickelung im vorwissenschaftlichen Sinne in kurzer
Formel etwa als die kontinuierliche eigenkrÀftige geradlinig-
zielslrebende wertsteigernde und sich dabei qualitativ diffe-
renzierende VerÀnderung einer bei aller VerÀnderung irgend-
wie doch konstant bleibenden GröĂe bezeichnen.
Diesen von ihm gemeinten besonderen Tatbestand deutet
sich der vorwissenschaftliche Mensch meist in einer recht
naiven Weise: wenn er nicht diesen ganzen VerÀnderungs-
typus einfach schon wegen seiner ihm so gelÀufigen HÀufig-
keit als bekannt und darum auch selbstverstÀndlich ansieht
und ihn deswegen einer besonderen ErklÀrung gar nicht mehr
fĂŒr bedĂŒrftig hĂ€lt, d. h. einfach im obigen Sinne als bloĂe
âKategorie" verwendet. Er nimmt nĂ€mlich an (wie wir es
uns alle selbst von unserer Kinderzeit her erinnern, wo auch
wir z. B. die ganze spÀtere Eiche schon in den Eicheln ent-
halten dachten), daĂ es sich bei einer solchen Entwickelung
wirklich nur um ein allmÀhliches Sichentfalten eines schon
im Keim auf kleinstem Raum Zusammengefalteten handele.
Welche Kraft diese Auseinanderfaltung zuwege bringe, bleibt
freilich auch hier unerklÀrt der ' vorwissenschaftliche
Mensch zweifelt ĂŒbrigens nicht, daĂ auch diese âaus eigener
Kraft" erfolge â ; aber es ist nicht zu leugnen, daĂ diese
naive Vorstellungsweise viel dazu beitrÀgt, um dem vor-
wissenschaftlichen Menschen den Vorgang ganz besonders
verstÀndlich erscheinen zu lassen, obwohl sie selbstverstÀnd-
lich einer nur etwas weniger oberflÀchlichen Betrachtung
keineswegs stichhÀlt.
âą*.f* â â 3. 'â - i
Diese vom vorwissenschaftlichen Menschen bei der Ent-
wickelung eines individuellen Organismus vorausgesetzten
TatbestÀnde und diese an sich unhaltbare Deutung, die er
meist unmittelbar damit verbindet, sind nun aber, wie gesagt,
fĂŒr uns deshalb besonders wichtig, weil dieselben nachweis-
lich auch bei allen anderen Anwendungen des EG. mehr oder
weniger unbewuĂt nachzuwirken und in sie hereinzuspielen
pflegen; sowohl (a) bei der Anwendung auf andere Wirk-
lichkeitsgebiete ĂŒberhaupt, als. was das wichtigste ist, viel-
fach (b) sogar noch l>ei der wissenschaftlichen An-
wendung dieses Gedankens, also bei der Beurteilung des
(ganz andersartigen) wissenschaftlich feststellbaren Tatbe-
slandes, von dem wir sofort reden werden1). Und zwar
letzteres in doppelter Beziehung: es wird einerseits vielfach
durch die, wie wir sehen werden, ganz andere und auf ganz
andere Tatsachen bezĂŒgliche wissenschaftliche ErklĂ€rung
vielfach auch der vorwissenschaftlich gemeinte Tatbestand als
erklÀrt und dessen Problematik als beseitigt angesehen, an-
dererseits aber werden doch auch vielfach noch ZĂŒge und
ErklÀrungsweisen des vorwissenschaftlichen Tatbestandes
unbewuĂt in die wissenschaftliche hineingetragen und da-
mit umgekehrt der wissenschaftlichen ErklÀrungsweise viel-
fach die VerstÀndlichkeit und sogar Bedeutung des vorwissen-
schaftlichen EG. zugeschrieben. DaĂ beide Uebertragungen
(a wie b) nicht ohne weiteres zulĂ€ssig sind, geht fĂŒr die
Uebertragung auf andere Wirkliehkeitsgebiete (a) deutlich
und einfach dann hervor, wenn man sich nur die MĂŒhe
nimmt, nachzuprĂŒfen, wie weit bei denjenigen VerĂ€nde-
rungen, die dort auch als Entwickelung bezeichnet werden,
sich denn auch wirklich alle oben auf jenem Urgebiel ange-
fĂŒhrten Bestimmungen des EG. wiederfinden. Nur einige Bei-
1 Lebt doch sogar jene unmögliche vorwissenschaftliche
Deutung im Gedanken der PrÀformationstheorie oft
noch weiter.
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40. Jahrg. â Nr. 14/15.
Je ii Bolls von Berat ma4 Amt
XXI
spiele: i^iht es bei der Erdentwickelung die EigenkrÀftigkeit?
Worin besteht bei der Entwicklung der Arien die dem indi-
viduellen Organismus dort entsprechende konstante Einheit?
Worin dieselbe auf psychischem Gebiet? usw.
Mit diesen Fragen soll hier noch nicht bestritten Werden,
daĂ sich diese Analogien nicht doch auch hier wirklich finden
lassen könnten; es soll damit vielmehr nur gezeigt werden,
daà es jedenfalls nötig ist, sich den wirklichen Tatbestand
und das Bestehen wirklicher Analogien auf diesen neuen Ge-
bieten zunÀchst jeweils recht deutlich zu machen, ehe man
den EG. unbesehen und noch dazu mit seinem dortigen Ver-
stĂ€ndlichkeitswert auf sie ĂŒbertrĂ€gt.
Vor allem aber ist es nötig, sich davor zu hĂŒten, den
vorwissenschaftlichen EG. in seinen wissenschaftlichen, Ge-
brauch einzumischen. Diese Forderung erscheint heule den
meisten freilich deshalb ĂŒberflĂŒssig, weil sie ihnen schon
lĂ€ngst erfĂŒllt bzw. ĂŒberholt zu sein scheint. Ist denn
nicht, so werden sie fragen (und damit kommen wir zu-
gleich zu dem zweiten Fall (b), in welchem der vorwissen-
schaftliche Tatbestand und Deutungsversuch sich auch
wissenschaftlich noch geltend macht), durch die Wissen -
lÀngst entbehrlich geworden? Denn wie sollte er, wenn er
gar nicht mehr zu Recht besteht, noch in dieser Weise ge-
fÀhrlich werden können?
DemgegenĂŒber ist jedoch zu sagen, daĂ umgekehrt
gerade, wenn dies tatsÀchlich so wÀre, damit jenes
unklare Hereinspielen des vorwissenschaftlichen Ent-
wicklungsgedankens in den wissenschaftlichen jo doch
nur um so verhĂ€ngnisvoller und unzulĂ€ssiger wĂŒrde.
Denn wie sollte ein als gar nicht bestehend nach-
gewiesener âTatbestand" noch eine solche Rolle spielen?
die (unrichtige und voreilige) vorwissenschaftliche Deutung
sich bezog, doch unverÀndert, nur vielleicht an etwas anderer
Stelle wiederkehren; und daĂ somit der gerĂŒgte Intimi nicht
so sehr darin besteht, daĂ in einen ganz anderen Tatbestand
und eine ganz Àndere Deutung die alten unberechtigt hinein-
gemischt werden (\\;is freilich auch der FĂ€ll ist), sondern
darin, daà jene allen Probleme beseitigt erscheinen, wÀhrend
sie in Wahrheil nach Wie vor fortbestehen.
Doch welches ist der wissenschaftlich festgestellte Tatbe
stand eines Entwicklungsvorganges und seine wissenschaft-
liche Deutung? Die. experimentelle Feststellung der hei einej
âEntwicklung" tatsĂ€chlich beobachtbaren materiellen Pro
zesse hat gezeigt, daĂ sie, kurz gesagt, nichts anderes ist, als
eine fortgesetzte Zellteilung. Verfolgen wir den Zustand eines
individuellen Organismus soweit zurĂŒck, wie wir vermögen,
so werden wir, sofern wir nicht ĂŒber das Individuum hinaus-
gehen wollen, auf die Keimzelle als ein fĂŒr ihn letztes Ge-
gebenes zurĂŒckgefĂŒhrt, aus der durch bestimmte gesetzmĂ€Ăige
Teilungen alle spÀteren Entfaltungen hervorgehen. Der An-
fangs*zustand (der Keimzelle) und die Art der Reihen-
folge der an diesem Anfangszustand sich weiter an-
schlieĂenden ZustĂ€nde (des sich entwickelnden Organismus)
sind selbst hierin nicht weiter erklÀrlich, sondern ein-
fach in ihrer gesetzmĂ€Ăigen Folge zu konstatieren und hinzu-
nehmen. Das naturwissenschaftliche Ideal der Erkenntnis
bzw. ErklÀrung dieser VorgÀnge ist erreicht, wenn nur die
Reihenfolge der einander folgenden materiellen ZustÀnde des
Organismus als eine gesetzmĂ€Ăige erfaĂt ist. Die Entwicke-
lung ist freilich damit fĂŒr dieses Ideal offenbar sozusagen
kinematographisch in eine Folge verschiedener materieller
ZustĂ€nde âdes Organismus" zerlegt und aufgelöst. Von einer
eigenkrÀftigen Entwickelung im vorwissenschaftlichen Sinn
ist nicht mehr die Rede, jedenfalls werden diese. ZustÀnde
ganz ohne RĂŒcksicht auf irgendeine solche Kraft festgestellt.
Und ebenso ist es fĂŒr diese Betrachtungsweise offenbar ganz
gleichgĂŒltig geworden, ob und wieweit es sich hierbei wirk-
lich noch um die âEntwickelung" (die materiellen ZustĂ€nde)
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XXII Jenseits von Beruf und Amt 40. Jahrg. â Nr. 14/15.
einer konstanten Einheit (âeines Organismus") handelt; es
genĂŒgt auch hier fĂŒr sie die bloĂe (kinematographische) Folge
materieller MomentanzustĂ€nde, gleichgĂŒltig, âworan" diese
gedacht werden. Auch der âOrganismuscharakter" der Keim-
zelle selbst wie aller folgenden ZustĂ€nde âdes sich ent-
wickelnden Organismus" löst sich naturwissenschaftlich in
ein gesetzmĂ€Ăiges Produkt rein anorganischer, d. h. chemi-
scher und physikalischer gesetzmĂ€Ăig verlaufender Prozesse
auf, fĂŒr welche ihre teleologische âZugehörigkeit zur
Einheit eines Organismus" mindestens ganz gleichgĂŒltig ge-
worden ist. Die Naturwissenschaft hat auch hier ihr Ideal
erreicht, wenn und soweit ihr die Feststellung der hier mit-
wirkenden Gesetze gelungen ist. Warum freilich alle diese
gesetzmĂ€Ăigen chemischen u. a. Prozesse sich jeweils gerade
so, wie sie es tun, in dieser sozusagen planvollen Weise zu
einem solchen einheitlichen Organismus, wie z. B. auch dem
der Keimzelle, zusammenfinden und dies immer wieder in
jedem Momentanzustand des sich entwickelnden Organismus
tun, so daĂ sich derselbe immer wieder gerade in dieser be-
stimmten Weise erhÀlt bzw. verÀndert, d. h. einen gewissen
Variationsbereich niemals ĂŒberschreitet â ; das vermag diese
naturwissenschaftliche ErklÀrung, auch wenn sie eine noch
so ideale wÀre, nicht zu erklÀren. Ganz genau wie oben jenes
Gesetz der regelmĂ€Ăigen Aufeinanderfolge (diese sozusagen
âvertikale" GesetzmĂ€Ăigkeit), muĂ sie hier dieses Gesetz, nach
welchem sich alle jene anorganischen, chemischen oder
physikalischen Prozesse gerade zu der Einheit eines solchen
Organismus in jedem Moment zusammenfinden (diese sozu-
sagen âhorizontale" GesetzmĂ€Ăigkeit), einfach als eine nicht
weiter erklÀrbare Tatsache hinnehmen. Damit ist aber offen-
bar nichts anderes gesagt, als daĂ diese naturwissenschaft-
liche ErklĂ€rung sich grundsĂ€tzlich damit begnĂŒgt, das gesetz-
mĂ€Ăige W i e des Verlaufs der hier vorliegenden Prozesse
festzustellen. Auf jene Frage nach dem Warum dagegen
in dem Sinne, wie sie das vorwissenschaftliche Erkennen mit
dem Begriff der âAnlage" oder mit dem Gedanken der dyna-
misch teleologischen Einheit des âOrganismus" und seiner
selbstkrÀftigen teleologischen VerÀnderung andeutet, wenn
auch freilich nicht löst, gibt sie keine Antwort; ja, diese
Frage und diese Begriffe gehen sie gar nichts mehr an. An-
stelle beider setzt sie je ein âGesetz", das zwar gewiĂ den ein-
zelnen Fall eines Organismus oder seiner Entwickelung, der
sich darunter subsummieren lĂ€Ăt, als einen nach diesem Ge-
setz verlaufenden verstÀndlich macht, aber nicht verstÀndlich
in jenem Sinn der vorwissenschaftlichen Frage nach dem
Warum dieses Gesetzes. Das bedeutet, aber, daĂ jene vor-
wissenschaftlichen Probleme nicht gelöst, sondern nur un-
gelöst vorausgesetzt sind, bzw. daĂ bewuĂt auf ihre Lösung
verzichtet wird. Denn ob ich sage: ein bestimmtes Gesetz
fĂŒhre die anorganischen (chemischen, physikalischen usw.)
Prozesse zur Einheit des Organismus jeweils zusammen und
ein bestimmtes anderes Gesetz lasse den Ablauf der verschie-
denen VerÀnderungsstadien immer gerade in dieser bestimm-
ten Weise einander folgen, welche wir als âEntwickelung"
bezeichnen, oder ob ich sage: im selbst unerklÀrten Anfangs-
zustand des Organismus sei alles spĂ€tere âangelegt", ist offen-
bar nur efh sprachlicher Unterschied. Man sollte daher auch
dem Neovitalismus, der anstelle dieser besonderen, ĂŒber
die anorganischen GesetzmĂ€Ăigkeiten sozusagen ĂŒbergreifen-
den organischen âGesetzmĂ€Ăigkeiten" lieber von âKrĂ€ften"
aller Art spricht, dies nicht so ĂŒbel nehmen, da es ja doch
nicht eigentlich etwas anderes besagt als das, was die ĂŒbliche
Biologie auch voraussetzt, aber keineswegs erklÀrt hat. Frei-
lich sollte auch der Neovitalismus umgekehrt mit solchen
neuen Worten nicht etwas besonderes zu sagen meinen, und
namentlich dem Naturwissenschaftler, der es in der Tat nur
mit GesetzmĂ€Ăigkeiten materieller VorgĂ€nge zu tun hat, nicht
einen Vorwurf daraus machen, wenn er von solchen KrÀften
nichts wissen, d, h, nicht in die Metaphysik ĂŒbergehen will.
Physikalisch erklĂ€rt ist durch, alle âDominanten" und
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Jenseits von Beruf und Amt
âEntelechien" usw. nicht mehr als ohne sie. Aber freilich â
jene Warumfrage ist physikalisch keineswegs gelöst, sondern
nur vertagt; sie bleibt bestehen, auch Wenn die Naturwissen-
schaft ihrer Natur nach keine Antwort darauf gibt und geben
kann.
5. 1 - '
Dies ĂŒieigt sich vielleicht noch besonders deutlich, wenn
man sich weiter vergegenwÀrtigt, daà genau dieselben zwei
vorwissenschaftlichen Probleme auch gegenĂŒber allen an-
deren Arten und Gebieten biologischer âEntwicklung" (auch
neben der besprochenen eines mehrzelligen Organismus) be-
stehen bleiben» trotz und ungeachtet aller zu ihrer Beseitigung
jemals unternommenen und oftmals scheinbar geglĂŒckten
Versuche einer rein physikalischen ErklÀrung derselben, d. h.
einer solchen, welche den ganzen Entwicklungsvorgang doch
noch ârein passiv" nach dem obigen physikalischen Ideal-
schema (kausal-gesetzmĂ€Ăiger materieller Prozesse) erklĂ€ren
zu können glaubt. Und es ist ja kein Wunder, daà diese
Probleme doch stets wieder auferstehen mĂŒssen, da, wie wir
zeigten, diese Art von ErklÀrung an das hier gemeinte
âWarum" gar niemals heranreichen kann, weil sie stets nur
nach dem (zweckmĂ€Ăigen) Wie fragt, niemals aber nach
lern Warum dieses (gesetzmĂ€Ăigen) Wie.
Wie wir heute wissen, fĂŒhrt nĂ€mlich auch jede andere
bntwickelung als die bisher betrachtete eines individuellen
jnehrzelligen Organismus auf genau dieselben VorgÀnge ge-
setzmĂ€Ăiger Zellteilungen zurĂŒck. Auch wenn wir zur Ent-
wicklung ĂŒber das Individuum hinaus fortschreiten und
âąinen F o rt p f 1 a n z u n g s Vorgang untersuchen, werden
vir, rein schematisch beachtet, ja nur ĂŒber die Keimzelle
unaus zu den elterlichen Geschlechtszellen zurĂŒckgefĂŒhrt
ms denen sie durch allerhand - Kopulationen und Teilungen
ntstanden ist; und auch ĂŒber diese elterlichen Geschlechts -
eilen hinaus fĂŒhrt der Weg durch die Folge der Gene-
rationen der Vorfahren immer wieder zu nichts anderen als
zu frĂŒheren Zellen zurĂŒck (auch ĂŒber die betreffende Art
Innaus nicht, wenn man deren Zusammenhang als Deszen-
denzzusammenhang annehmen darf) -: bis wir schlieĂlich
wenigstens wenn wir einen Ausgangspunkt des Lebens an-
nehmen dĂŒrfen, bei der ersten UrZelle anlangen, fĂŒr welch«
wieder dasselbe Problem gilt, wie oben fĂŒr das Zustande-
kommen jedes Organismus aus den in ihm zusammentreten-
den anorganischen Prozessen. Jene ganze Folge aller Fort-
pllanzungen dieser Urzelle selbst aber enthÀlt in sich wieder
jenes andere Problem der âvertikalen" GesetzmĂ€Ăigkeit nur
m einer unendlich vervielfachten Weise.
Man hat freilich auch hier vielfach die Entwicklung
rein passiv-kausal erklÀren zu können geglaubt. Die Dar-
winsche Selektionstheorie ist hierfĂŒr das bekannteste Beispiel
geworden. Aber eine genauere Betrachtung zeigt gerade hier
besonders deutlich, das eine solche Theorie in Wahrheit
unsere obigen Probleme immer schon und noch voraus-
setzt, keineswegs beseitigt oder löst. Die Darwinsche
Iheone besagt ja bekanntlich nichts anderes, als daĂ unter
den von der Natur in unendlicher VariabilitÀt hervorge-
brachten und sich fortpflanzenden Organismen sich immer
nur diejenigen im Kampf ums Dasein erhalten und darum
auch fortpflanzen können, welche die LebenstĂŒchtigsten sind
und sie glaubt so durch eine rein passive Selektion das Ueber-
/T-L UIS Ausgesondertwerden immer lebenstĂŒchtigerer
âhöherer ) Arten erklĂ€ren zu können, ohne eine âeigenkrĂ€f-
tige Anlage zu einer bestimmten Höherentwickelung an-
nehmen zu mĂŒssen. Aber auch wenn wir alle Bedenken zu-
ruckha ten w-elche sich auf die âunendliche VariabilitĂ€t", die
AusschieĂlichkeit des Kampfes ums Dasein als Selektions-
pnnzip und die alleinige Vererbbarkeit des so AusgewÀhlten
beziehen so geht doch jedenfalls schon aus unserer Formu-
herung hervor, daà diese Theorie das tatsÀchliche Vor-
handensein von Organismen ebenso voraussetzt wie
A N T I RHEUMA TIC UM
'JOFOQT JCHM ERZJTI LLE/VD*
XXIV
Jenseits von Berat and Amt
40. Jahrg. â Nr. 14/15.
deren VariabilitÀt und Fortpflanzung mit allen darin ver-
borgenen oben besprochenen Problemen. Nur die (gerad-
linige) Richtung zum Höheren in der Entwiclcelung der
Arten scheint durch eine rein passive Selektion erklÀrt und
bierfĂŒr ein besonderes innewohnendes Anlageprinzip unnötig
gemacht zu sein. Aber selbst hier sind doch erhebliche Ein-
schrÀnkungen zu machen, sofern ohne ein solches doch auch
aller Kampf ums Dasein mit seinen zufÀllig wechselnden
UmstÀnden niemals jene relativ geradlinige Entwickelung zu
höheren Formen verstehen lassen wĂŒrde, welche wir tatsĂ€ch-
lich vorfinden. Wir brauchen dazu doch immer noch ein
gewisses Richtungsprinzip, auch wenn wir von allen anderen
Bedenken noch absehen: z. B. dem, wie denn die zunÀchst
doch nur kleinen VerĂ€nderungen sich ĂŒber ihr erstes Ent-
stehen hinaus bis zu der GröĂe erhalten und vererben sollen,
welche sie erst im Kampf ums Dasein wertvoll werden lĂ€Ăt;
oder von dem anderen Bedenken, daĂ von der nach Darwin
doch notwendig vorauszusetzenden unendlichen VariabilitÀt
tatsÀchlich nicht die Rede zu sein scheint, so daà doch schon
die VariabilitĂ€t selbst eine gewisse Richtung liesĂ€Ăe. Aber
auch ganz abgesehen von diesen Bedenken, bleibt ja doch
jedenfalls auf allen anderen Entwicklungsgebieten, auĂer
diesem vorliegenden der Entwickelung der Arten, das Pro-
blem der Höherentwickelung ganz im frĂŒheren Sinne be-
stehen. Denn wie sollte z. B. die Entwickelung eines indi-
viduellen Organismus irgendwie durch eine solche Folge von
Selektionen aus allen sonst noch denkbaren Wachstums-
möglichkeiten des Individuums, auf jeder Stufe seiner Ent-
wickelung, hervorgebracht gedacht werden können? Hier
jedenfalls versagt ein solcher rein passiver ErklÀrungsver-
such offenbar vollstÀndig.
Alle solche Versuche, das Zustandekommen einer orga-
nischen Einheit doch rein passiv, d. h. nur aus den gewöhn-
lichen anorganischen GesetzmĂ€Ăigkeiten und ebenso auch die
in der Entwickelung eintretende Folge von ZustÀnden (des
einzelnen Individuums wie etwa der verschiedenen Individuen
einer Art oder auch der Arten) durch rein passive Milieu-
wirkungen erklĂ€ren zu wollen, mĂŒssen ja, wie wir wissen,
ihr Ziel notwendig verfehlen, soweit sie wirklich eine Ant-
wort auf jenes letzte Warum geben wollen. Denn immer
wird offenbar in jenem ersteren Fall, wie wir schon zeigten,
ein Grund angenommen werden mĂŒssen, warum gerade alle
diese anorganischen Prozesse in dieser Weise und immer
wieder in dieser Weise zusammentreten, warum z. B. gerade
nur diese Stoffe einander immer wieder in einer solchen, eine
bestimmte Einheit bildenden Weise annehmen, wie sie jeder
Organismus darstellt. Ein solches Zusammentreten bleibt
doch fĂŒr diese ErklĂ€rung schlieĂlich immer nur ein zufĂ€lliger
GlĂŒcksfall. Und auch wenn dieser GlĂŒcksfall wirklich
einmal eingetreten wĂ€re und ein solcher âOrganismus" vor-
lÀge, so ist wiederum aus jenen rein anorganischen Gesetz-
mĂ€Ăigkeiten nicht zu erklĂ€ren, warum er unter dem steten
Wechsel der ihn umgebenden materiellen Faktoren und Vor-
gÀnge sich nicht sofort wieder auflöst, sondern sich erhÀlt
oder gar immer wieder in derselben Weise weiter verÀndert,
die wir Erhaltung, Wachstum, Entwickelung oder Fort-
pflanzung nennen. WĂŒrden wir nicht immer schon einen
Faktor annehmen, welcher sozusagen alle diese mitwirken ien
und einwirkenden Prozesse in dieser ganz bestimmten âge-j
seemĂ€Ăigen" Weise reguliert und zur Erhaltung oder zum
Wachstum usw. âverwendet" und âauswĂ€hlt", also eben eine
âAnlage" zu alldem, welche durch EinflĂŒsse des Milieus zwar
modifiziert, aber eben nur in einer bestimmten Weise, inner-
halb bestimmter Grenzen und in bestimmter Richtung modi-
fiziert werden kann, so wĂŒrde die tatsĂ€chliche Ordnung und
Auswahl aller der vorhandenen EinflĂŒsse uns immer unver-
stĂ€ndlich in jenem letzten Sinne bleiben mĂŒssen.
(Fortsetzung folgt.)
Der heutigen Nummer dieser Zeitschrift liegt ein Prospekt der Chemischen Fabrik G u e s t r o w bei, auf welchen wir besonders aufmerksam machen.
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schen Luftröhren- und Kehlkopfkatarrhen, auch tuber-
kulösen Ursprungs, bei Lungen- und Brustfellent-
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-Hl. Jahrs. â Nr. IG' 1 '
Jenseits \ o n H e ruf u n d A in t
XI II
Jenseits von Beruf und Amt.
Der Entwicklungsgedanke und seine
Anwendung auf die verschiedenen Wissen-
schaftsgebiete.
Von Professor Dr. Th. Unering d. J. -TĂŒbingen.
(SchluĂ).
6.
Und zwar kann ein Faktor, welcher diese erklÀrende
Funktion ĂŒbernĂ€hme, kein materieller mehr sein, obwohl die
Naturwissenschaft (da sie es nur mit gesetzmĂ€Ăigen Be-
ziehungen materieller GröĂen zu tun haben kann, also auch
wenn sie von dem EinfluĂ des Milieus auf die âAnlage"
spricht) auch diesen Anlagefaktor immer irgendwie materiell
reprĂ€sentiert denken muĂ. Aber alle solchen materiellen Re-
prÀsentanten solcher den Verlauf regulierender Faktoren,
mögen sie nun in der Keimzelle oder in den chromosomalen
Bestandteilen derselben oder in bestimmten DrĂŒsen oder be-
stimmten Blutbestandteilen oder Hormonen gesehen werden,
setzen in Wahrheit gerade immer die Beantwortung der
Frage, die wir hier zu beantworten wĂŒnschen, schon voraus.
W a r u m wirken z. B. DrĂŒsen und Hormone in der Weise
regulierend auf das Wachstum und die Entwickelung eines
Organismus, wie es ihnen zugeschrieben wird? W a r u m
kommen ĂŒberhaupt solche materielle Komplexe zustande und
warum treten sie insbesondere gerade in diesen bestimmten
ZusammenhÀngen . auf und zwar immer wieder auf?
Warum ergibt ein Körperchen von bestimmter materieller
Beschaffenheit, wie es jedes Chromosom darstellt, unter dem
EinfluĂ seiner Umwelt in und auĂerhalb der Keimzelle
gerade diese weiteren EntwickelungsresultalcV \V a r n ED
kommt es gerade nur in dieser Gemeinschaft mit den an-
deren Chromosomen der Keimzelle vor (als Chromosom z. B.
gerade dieser Bohnenart)? Es wiederholt sich hier ĂŒberall
wieder- genau das frĂŒhere Problem des Gesamtorganismus
und seiner Entwickelung, und zwar wiederum âhorizontal"
wie âvertikal"; ja, alle diese Teilbestandteile eines solchen
setzen, genau besehen, das Ganze desselben in Wahrheit um-
gekehrt immer schon voraus, da sie nur in diesem und in
bezug auf dieses ĂŒberhaupt denkbar und verstĂ€ndlich sind.
Auch das Ganze als solches zur âUrsache" der Teile zu
machen hat aber keinen wirklichen ErklÀrungswert. Denn
dies materielle Ganze, in bezug auf welches die Teile allein
verstÀndlich sind, ist nicht v o r seinen Teilen, sondern es ist
mitsamt seinen Teilen in seinem ganzen materiellen BestÀnde
ja gerade das zu erklÀrende Problem. In seiner Gesamt-
heit muĂ es in jedem Moment nach seinem Zustand dem-
nach immer schon als das Produkt einer solchen (âteleo-
logischen") Kraft-(âAnlage") aufgefaĂt werden oder, anders
gesprochen: schon als Produkt aus immateriellem Anlage-
faktor und Milieu. Genau dasselbe gilt, wie wir sahen, ĂŒber-
haupt von jedem materiellen ReprÀsentanten, der natur-
wissenschaftlich als âAnlagefaktor" bezeichnet wird: auch er
ist immer schon in seinem Bestand nur als unter der Mit-
wirkung eines solchen (immateriellen) Anlagefaktors ent-
standen erklÀrlich, also ebenfalls immer selbst schon ein
Produkt aus dem Zusammenwirken desselben mit allem
XIV Jenseits von Beruf und Amt 40. Jahrg. â Nr. 16 17.
materiellen Milieu. Der Anlagefaktor kann also m. a. W.,
stets nur als ein immaterieller gedacht werden, wenn er
wirklich das erklÀren soll, wozu er angenommen wird, und
alle materiellen sogenannten ReprÀsentanten desselben immer
schon als Auswirkungen desselben innerhalb der
Materie und deren anorganischen Gesetzen oder, wissen-
schaftlich gesprochen: jeder sog. geiiotypische Faktor ist,' so-
fern er ein materieller sein soll, immer schon in Wahrheit ein
phÀnotypischer Faktor, d. h. ein Produkt aus dem (im-
materiellen) ersteren und den ĂŒbrigen materiellen Bedin-
gungen.
7.
In allen diesen FĂ€llen sind wir mit unserer Warumfrage
nur befriedigt, wenn wir anstelle der rein kausalen die teleo-
logische ErklÀrung, insbesondere diejenige setzen, welche alle
TeilphÀnomene als von einer teleologischen Kraft, -als Mittel
zum Zweck, in bezug auf das Ganze oder Folgende gesetzt
betrachten und z. B. das Vorhandensein der Chromosome aus
ihrer Stellung im und zum Ganzen und ebenso der Hormone
aus ihrem funktionellen Wert fĂŒr das Ganze uns verstĂ€ndlich
machen â : eine ErklĂ€rungweisc, welche freilich, wie wir
oben fĂŒr alle vitalistische ErklĂ€rung zeigten, gĂ€nzlich auĂer-
halb aller' physikalischen Betrachtungsweise steht und fĂŒr
sie. gĂ€nzlich metaphysisch ist und sein muĂ; aber zugleich
doch eine solche, welche eben deshalb niemals durch die
physikalische ersetzt oder entbehrlich gemacht werden kann.
Sie ist es auch, welche heute von den verschiedensten Seiten
und unter den verschiedensten Namen gefordert wird: so
wenn man z. B. verlangt,- daĂ wir die Welt mit dem intuitiven
synthetischen Blick des Dichters oder Goethes betrachten
sollen, statt nur mit dem des atomistisch-mcchanistisch- er-
klÀrenden und zerlegenden Physikers; daà wir nicht vom Ein-
zelnen, Abstrakten, Elementaren aus âatomistisch" das Ganze
und die gröĂeren ZusammenhĂ€nge gesetzmĂ€Ăig-mechanisch
zu erklÀren versuchen, sondern das Einzelne als Glied um-
fassenderer ZusammenhÀnge und Ganzen, in seiner dyna-
mischen Funktion fĂŒr letztere, erfassen und erschauen sollen,
und so auch die GesetzmĂ€Ăigkeiten (mit denen sich die
Naturwissenschaft allein beschÀftigt und welche auch diese
andere Betrachtungsweise ja keineswegs zu leugnen braucht)
als dienende Glieder in diese ZusammenhÀnge einordnen und
teleologisch -dy n amisch-funktionell verstehen sollen.
Es liegt gewiĂ ein gutes Recht in allen diesen Forde-
rungen, und es ist sehr möglich, daà wir hierdurch dem
lebendigen Zusammenhang der Welt nÀher kommen als auf
jenem anderen methodisch begrenzteren Wege, der zunÀchst
nur fĂŒr den anorganischen Teil der materiellen Wirklichkeil
der, passende und ideale ist. .
Damit wĂ€re darin aber auch fĂŒr den Entwii kelungs-
gedanken das Recht des unmittelbaren Eindrucks des ver-
wissenschaftlichen Menschen gegenĂŒber der Besonderheit
dieser organischen Veninderungsform wieder hergestellt und
gerettet. Seine EindrĂŒcke von den Besonderheiten organi-
schen Seins und organischer VerÀnderung könnten mitsamt
ihren Problemen bestehen bleiben, auch wenn fĂŒr die natui -
wissenschaftliche Betrachtung; welche in Wahrheit nur die
dabei beteiligten anorganischen Prozesse betrachtet, sich eben
darum kein prinzipieller Unterschied zwischen dem, was das
vorwissenschaftliche BewuĂtsein organisch und das ver-
wissenschaftliche wie das wissenschaftliche BewuĂtsein an-
organisch nennt, nachweisen lassen sollte. Oh freilich nicht
umgekehrt das. was das verwissenschaftliche und wissen-
schaftliche Erkennen heute im Allgemeinen noch anorganisch
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, Gegen endoerine Störungen â Allgemeine NervositĂ€t â Neurasthenie â
Leichte ErmĂŒdbarkeit bei körperlicher und geistiger Anstrengung,
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Sexuelle Neurasthenie, Impotenz, â Klimakterium virile, EjaculĂ€tio praecox.
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Gegen endoerine Genital-Störungen â Amenorrhoe, Oligomenorrhoe, Dysmenor-
rhoe â Störungen der Menarche â Klimakterische Beschwerden â Depres-
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Dr. GEORG HENNING, BERLIN W 35
GroĂe Literatur zur VerfĂŒgung. . KurfĂŒrstenslraOe 146 147
lĂŒ. Jahn
Nr. 16 r
Jenseits von Beruf und Amt
XV
nennt, vielleicht nur eine Abstraktion isi und ob nichl viel
leicht auch in der sogenannten anorganischen Wirklichkeil
lern tieferen Blick sich dieselben oder doch ganz analoge
Probleme zeigen (man denke an manche Striiktinprobleme
der Chemie oder der Atonie usw.), isl eine Frage, die
hier nicht entschieden werden soll. WĂ€re dies der Fall, so
wĂŒrde eben auch hier die herrschende âanorganische" natur-
wissenschaftliche Methode sich als in genau derselhen Weise
unzureichend zur Lösung dieser letzten Probleme erweisen,
w ie wir es fĂŒr die organischen gezeigt haben. Davon da-
gegen, daĂ dann diese Methode auch fĂŒr das organische Ge-
biet als zureichend erwiesen wÀre, ist keine Rede.
Steht es aber so mit der ZustÀndigkeit naturwissen-
schaftlicher Betrachtung und ErklÀrung des Tatbestandes
der Entwickelung und mit der behaupteten âVerstĂ€ndlich-
keit" derselben auf dem Quellgebiet dieses Gedankens nhd
auf organisch-materiellem Gebiet ĂŒberhaupt, so ergeben sich
daraus nach unseren frĂŒheren AusfĂŒhrungen von selbst auch
dii notwendigen Kautelen fĂŒr ihre Anwendbarkeit auf die
anderen Gebiete der Wirklichkeit.
Wir werden immer zu fragen haben, welcher Tatbestand
auf diesen tatsÀchlich, ob insbesondere eine wirkliche Ana-
logie zu dem vorwissenschaftlich oder wissenschaftlich auf
dem Quellgebiet angenommenen vorliegt (was, wie wir nun-
mehr wissen, etwas sehr verschiedenes ist). Und ob und
inwieweit demzufolge auch die vorwissenschaftliche oder die
naturwissenschaftliche ErklÀrung und VerstÀndlichkeit des
Entwickelungsvorgangs oder auch beide (auch nur in dem
gezeigten, stark reduzierten Grade) auch auf diesem Gebiet
vorausgesetzt bzw. erhofft werden dĂŒrfen.
Statt weiterer Worte nur einige Beispiele: Sprechen wir
z. B. auf psychischem Gebiet von Entwickelung, so seien wir
uns vollkommen klar darĂŒber, daĂ liier eine Analogie /u
dem naturwissenschaftlich allein beachtetet) materiellen Tat-
bestand der Entwickelung (als eines standigen Kreuzungs-
punkts seihstÀndiger anorganischer Prozesse) einfach deshalb
niemals vorliegen kann, weil das Psychische seiner Art nach
nichts Materielles oder auch nur MaterieÀhnliches (nach
Seins- wie Entwicklungsweise) ist, was freilich heute noch
oft ĂŒbersehen wird, und daĂ deshalb eine direkte Ueber-
Iragung auch der (anatomisch - mechanistisch - kausalen)
naturwissenschaftlichen ErklĂŒrungsmethoden auf dieses
heterogene Gebiet nicht ohne weiteres möglich ist. (Hiergegen
ist auch die Psychophysik kein Gegenbeweis; denn die psy-
chischen Prozesse werden nichl deshalb selbst materieller
Art, weil sie materiellen Prozessen gesetzmĂ€Ăig zugeordnet
sind.) Wird also von psychischer Entwickelung gesprochen,
so kann zunÀchst nur der vorwissenschaftliche EG. hier ge-
meint sein. Und auch hier haben wir ihn erst, wie oben,
Merkmal fĂŒr Merkmal daraufhin durchzuprĂŒfen, wie weit
die Analogie tatsÀchlich stimmt. Es wÀre z. B. sehr wohl
möglich, daà auf psychischem Gebiet keineswegs dieselbe
kontinuierliche VerÀnderung vorlÀge wie auf organisch -
materiellem Gebiet und daĂ ĂŒberhaupt oder doch zum Teil
nicht eine so einfache naturhafte Entwickelung vor-
lÀge wie dort; sondern daà z. B. hier wirklich der
oft behauptete Dualismus bestÀnde, vermöge dessen die rein
naturhafte Entwickelung, wenn man eine solche zugeben
will, durch Eingreifen des eigenen oder fremder âfreier"
Willen wesentlich modifiziert werden könnte. Jedenfalls
sind derartige Möglichkeiten nicht schon dadurch aus der
Welt geschafft, daĂ man einfach von psychischer Ent-
wickelung redet und damit alle gegenseitigen Instanzen ab-
Arnpullen
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no Eintausend Publikationen aus allen Gebieten
der medicinischen Literatur
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durch gĂŒnstige Beeinflussung der Granula tionsbikhmg1;
durch vollkommene Reizlosigkeit;
durch UngĂŒltigkeit ;
es tritt kein Verkleben der Verbandstoffe ein;
Jdiosynkrasien, wie sie bei Jodoform and anderen jodheHigamAaHâ ptmtm
hÀufig vorkommen, sind nie beobachtet worden;
wmd vollkommen geruchlos.
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NĂŒrnberg, Marienstr. 21.
XVI
Jenseits von Beruf und Amt
lo. Jahn
Nr. 16/17.
getan glaubt. Vielmehr muĂ umgekehrt das Recht, diesen
Begriff anzuwenden, erst aus den empirischen Tatsachen er-
wiesen werden.
Oder nehmen wir das Beispiel Spenglers! Nach ihm
soll jede Kulturperiode eine völlig in sich abgeschlossene
Entwickelung darstellen. Aber er macht es sich bei diesem
Nachweis recht leicht. Die von Spengler ausgewÀhlten
Analogien mit einem einheitlichen Organismus und dessen
Entwickelungsstadien sind vielfach, wenn es nicht sogar
immer ebensoviele entgegenstehende ZĂŒge gibt, bloĂe Kon-
vergenzerscheinungen, deren Aehnlichkeit nur Ă€uĂerlich ist,
da sie vielmehr jeweils den verschiedensten Ursachen und
zudem meist Ă€uĂeren Ursachen, nicht einer inneren Ent-
wicklungstendenz entspringen. Summa: die Analogie zu
dem organischen Entwickelungstatbestand â der von
Spengler ganz âeigenkrĂ€ftig" im vorwissenschaftlichen
Sinne gedacht wird â erweist sich bei nĂ€herer Betrachtung
als recht wenig haltbar und stimmig, womit dann selbstver-
stÀndlich auch der Erkenntnis- und VerstÀndniswert der
ganzen Analogie ein recht zweifelhafter wird.
So werden wir auch, um etwa von der typischen Ent-
wickelung einer Krankheit sprechen zu können, jedenfalls
stets streng zu scheiden haben zwischen den bloĂen Schein-
analogien zu einer wirklich einheitlich-selbstkrÀftigen Ent-
wickelung, welche in Wahrheit nur auf der sich gleichförmig
wiederholenden Einwirkung Ă€uĂerer Ursachen beruhen, und
einem wirklichen immanent-gesetzmĂ€Ăig-typischen Verlauf
derselben. Von einer wirklichen Entwickelung dĂŒrften wir
hier eigentlich nur reden, wenn etwa der Krankheitserreger
selbst eine bestimmte Entwickelung durchmachte. Meist wird
man darunter nur einen bestimmten Verlauf der einer
solchen parallelgehenden bzw. folgenden Begleiterscheinungen
im umgebenden Körper verstehen, wofĂŒr der Name âEnt-
wickelung" offenbar nicht eigentlich der richtige Ausdruck
ist. Die Folge der ZustÀnde des Organismus macht nur den
Eindruck eines selbstÀndig sich entwickelnden Ganzen. In
Wahrheit entwickelt sich nur und höchstens der organische
Erreger bzw. dessen Generation; alles andere aber sind nur
passive Wirkungen des Erregers aufs Milieu und umgekehrt.
Bei einer ursprĂŒnglichen Entwickelung eines Organismus ist
dies anders: hier haben wir, wie wir sahen, trotz* aller rein
passiven ErklĂ€rungsversuche der Naturwissenschaft â die
hier in Wahrheit gerade nicht zum Ziele fĂŒhren â in der
Tat das Recht von einer den GesamtprozeĂ dieser Entwicke-
lung des Organismus ĂŒbergreifenden Eigenkraft zu reden.
Hier sind die somatischen VerÀnderungen keineswegs, wie
im vorliegenden Fall, bloĂ indirekte Wirkungen eines nur im
Inneren vor sich gehenden wirklichen Entwickelungs-
prozesses (etwa der Keimzelle), sondern hier entwickelt sich
wirklich der ganze Komplex des Organismus einheitlich in
allen seinen Teilen miteinander. Soweit dies nicht der Fall
wĂ€re, wĂŒrden wir ja gerade auch hier nicht mehr von wirk-
licher Entwickelung reden: etwa in bezug auf die rein
passiven VerÀnderungen eines abgestorbenen Gliedes dieses
Organismus, welches sich eben dann gerade nicht mehr mit
und in dem Ganzen entwickelt.
Doch es mag an Beispielen genug sein, von denen sich
ja jeder auf seinem Gebiete weitere zu bilden vermag. Die
GrundsĂ€tze hierfĂŒr haben wir ja hiermit aufgestellt. Man
frage sich immer zuerst, welche]- Tatbestand bei derjenigen
VerÀnderung tatsÀchlich vorliegt, auf welche man den EG.
anzuwenden geneigt ist. Man stelle fest, inwieweit und ob
derselbe demjenigen analog ist, welcher auf dem Quellgebiet
der organischen Entwickelung nach vorwissenschaftlicher
Ăd^Ău(xqĂa/famicaJSa/olAcety//a//zy//aureJ I TJrgtoppin, Olea aetherea
DsR. Reiss
TĂbriken* Charlotten ourg -tf uWien H\.
10. Ja lug. â Nr. 16/17.
.) c n s e i t s v o n Ii e r u I ii n <l A in t
XVII
öder wissenschaftlicher Ansicht vorliegt. Und man sei sich,
auch wenn dies der Fall ist, slels klar darĂŒber, wie viel oder
wie wenig, sei es wissenschaftlich, sei es vorwissenschaftlich
bzw. metaphysisch, damit an diesem Tatbestande (wie an
dem des Urgebietes) auch dann wirklich verstanden ist,
(auch wenn man ihn dann mil Recht unter den Begriff der
Entwickelung Siubsummieren darf). Stimmt . die Analogie
jedoch schon angesichts des vorliegenden Tatbestandes nicht,
so wird es immer besser sein, diesen Begriff Ăberhaupt nicht
oder doch nur mit genauer besonderer Definition zu ver-
wenden. Auch im ersteren Fall sei man sich aber nament-
lich darĂŒber stets klar, daĂ, wie wir gezeigt haben, auch die
idealste naturwissenschaftliche ErklÀrung des Entwicke-
lungstatbestandes doch niemals auf jene letzten Probleme
antworten wird, wie sie das vorwissenschaftliche Erkennen
mit Recht als die eigentlichen Probleme und Besonderheiten
des Organismus und der Entwickelung empfindet.
Diesen Problemen gegenĂŒber ist ein VerstĂ€ndnis schlieĂ-
lich immer nur denkbar, wenn man sich bewuĂt entschlieĂt,
in dem oben angegebenen Sinne ĂŒber das naturwissenschaft-
lich erfaĂbare materielle Geschehen zu einer immateriellen
metaphysischen ErgÀnzung des Talbestandes fortzuschreiten,
wie sie in jeder vitalistischen und ĂŒberhaupt dynamisch-
teleologischen Betrachtung, insbesondere in der Form des
VerstÀndnisses des einzelnen aus seiner funktionellen glied-
haften Stellung in einem ĂŒbergeordneten Ganzen vorliegt.
Diese Betrachtung wird dann aber offenbar immer keine
wissenschaftliche mehr sein, welche sich mit den erfahr-
baren materiellen Prozessen und deren GesetzmĂ€Ăigkeiten he-
gnĂŒgen muĂ und begnĂŒgen kann; wiewohl eine solche, fĂŒr
oder gegen welche die Naturwissensehaft niemals etwas wird
ausmac hen können. Sie wird daher auch keine Einsprache,
namentlich nicht von naturwissenschaftliche] Seite, aner-
kennen können, welche es ihr mil vermeintlichem Rechte
verwehren wollte, in dieser ihrer bewuĂt metaphysisch7teleo-
logischen ErgÀnzung der naturwissenschaftlichen Tatsa'ghen
noch ĂŒbei- die Annahme solcher einzelner organischer Richt-
und EinheitskrĂ€fte und ĂŒbergeordneter ZusammenhĂ€nge
hinauszugehen, und schlieĂlich alle diese kleineren Einheiten
und VerlĂ€ufe nebst ihren GesetzmĂ€Ăigkeiten, sogar immer
umfassenderen Ganzen und ZusammenhÀngen eingeordnet
zu denken, von denen sie ihren funktionellen Sinn emp
langen â : evtl. bis hinauf zu jener höchsten Einheit,
in welcher alles seinen Sinn und Werl erhÀlt und welche
sich jeder nach seinem Glauben denken mag.
Medizin und Kunst.
(1906.)
Wem der Heilandsberuf des Arztes in seiner ganzen
GröĂe aufgegangen ist, der fragt nicht mehr nach den FĂ€den,
die von der Medizin zur bildenden Kunst hinĂŒberfĂŒhren,
der sieht mit einem groĂen leuchtenden Blick das weile
glĂ€nzende Wundergewebe aller KĂŒnste, wie sie sich durch-
einander und ineinander schlingen als die groĂen Tröste-
rinnen der Menschheit, die uns heilen von allem âgroĂen"
und âkleinen" Erdenjammer â sei's auch nur fĂŒr kurze
Frist.
Einer sinnenden Betrachtung mag dann wohl die Kunst
der Töne, die göttliche Musik, der Heilkunst noch nÀher zu
*) Aus Karl Sudhoffs âSkizzen"; Verlag von F. C. W.
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XViJl
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 16/17.
stehen scheinen als die plastisch oder zeichnerisch oder male-
risch gestaltende â war sie doch einmal direkt ein TeilstĂŒck
heilender Kunstbestrebungen, die ernste heilige und doch so
âholde" Kunst, die Trösterin Musik!
So, direkt als Heilfaktor verwendet, ist die bildende
Kunst vielleicht nie in die Erscheinung getreten. Und doch
hat die kunstsinnige Griechenseele auch die bildende un-
mittelbar in den Kreis ihrer Àrztlichen Wirkungsmittel ge-
zogen, als sie die Weisung gab, das Weib in der hehrsten,
der erfĂŒUenden Zeitspanne seines Lebens, wenn sein schön-
heitsdurchdrungenes Wesen ein neues gestaltet, das auch
wieder den ewigen Anforderungen der Formenschönheit ent-
sprechen soll, als der Hellenengeist die Forderung stellte, die
schwangere Frau â die der alte Römer so heilig ansah, daĂ
er in ihrer NĂ€he stets' eine Freistatt erblickte fĂŒr jeden Ver-
folgten wie im Allerheiligsten seiner Tempel â mit schönen
Bildwerken zu umgeben, damit ihre Phantasie, wie sie in
diesen Monden der nahenden ErfĂŒllung besonders frei und
ungebunden schaltet, ihr plastisch schaffendes Ver-
mögen um so wirkungsvoller entfalte unter den wegeweisen-
den EindrĂŒcken Wirklichkeit gewordener Zeugen ihrer
Macht. â
*
Wem der âHeilandsberuf des Arztes" im Ausdruck zu
hoch gegriffen erscheint â natĂŒrlich sehen wir dabei von
allen jenseits gewandten, geoffenbarten Religionen völlig ab:
wie könnte ein Arzt auch Wunden schlagen wollen dem
religiösen Empfinden seiner Mitmenschen! hat er doch am
Krankenbette so oft der groĂen Heilerin kranker Seelen mit
verstÀndnisvollem Blick in ihre schwÀrmerischen Augen
dankbar die Hand gedrĂŒckt, die groĂe Mithelferin in
ihr begrĂŒĂend! â wem der âHeilandsberuf des Arztes" zu
hoch gegriffen erscheint, der hadere mit unserer lieben
Mutter, der deutschen Sprache, die uns in ihren fernen
Jugendjahren (aber auch heute ist sie noch ein blĂŒhend
Weib!) den Heiland und den Heilenden in völlig gleichem
Sprachgewand einhergehen lieĂ, der hadere aber auch mit
einer anderen Mutter des Geistesmenschen, mit der Ge-
schichte! Denn sie lehrt uns, daà von allen Göttern des
sonnigen Hellenentums der eine am lÀngsten, fast möchte ich
sagen eindringlichsten, der milden Gewalt des neuen Er-
lösers der Menschheit widerstand, der mildeste, barmher-
zigste seiner Götter, der schon das sanft zu allem Weh sich
hernieder Neigende im Klange seines Namens fĂŒr das Ohr
des Griechen weichtröstend trĂ€gt â
ASKLEPIOS,
der Gott der heilenden Kunst.
In seine Tempel flĂŒchteten sich alle die groĂen Heiden,
die nicht aus bitterböser Verstocktheit, wie es wohl heiĂt,
dem Gotte der Christen fernblieben. In den Tempeln des
AGxlrjmdc com/p suchten sie Heilung auch fĂŒr ihren
Seelenjammer, fĂŒr alle SchĂ€den einer bitterkranken Zeit â
in seinen Tempeln, deren glÀnzendsten einer die schönen
Worte an der Stirn trug als Mahnung beim Eintritt zur
seelischen Vorbereitung fĂŒr jeden der Hilfe und Heilung
Suchenden von rpancherlei Leid:
was in der schönen erlÀuternden Umgewandung Johannes
"Ajjvov yprj vTjoto ftvwoso; ivtö; lövza
;)i.|xeva'. â tqvv.t] V i<3~\ <!>pove?v 031a.
Ilbergs folgendermaĂen lautet:
Sittel'
Veronanung-
Valamin- Perlen
kOrigindlpackung
mehrmals tÀglich,
möglichst' an =
schliessend an
das Essen 1-3 Pen
len bezw abends
vordem Schlafen^
bei nervöser Schlaf losig hei r,
Herz -und GefÀssneurosen
und allen Beschwerden und Er«
regungszusrÀnden auF nervöser
und hysterischer Grundlage
Zur Verordnung fĂŒr die
Berliner u.die meisren
ĂŒbrigen Krankenkassen
Deutschlands zugelassen
Verordnung:
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Table rren
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lieh nach den
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1-2 Tabletten
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L
E P I SAN cTnTpkT« ||fĂŒ
â etf ftrwaitffte Kranfcfcetten (Cfetrea: SfnderkrĂ€mpfe)
*â tMvmKatekflalkMt mm* â âąÂ»VMli*tlamteltea nftrtoti
im«, «XT«V«i. paria*
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10. Jahrg. Nr. 16/17
.1 C n s e i t s \ o n H e r u I' u n d A m I
XIX
Dem Reinen öffnen sich des Tempels Schranken,
Des weihrauchduftumwallten, jederzeit
Wir heiĂen's: fromm sein. AufwĂ€rts die Gedanken!
Das ist die Reine, die der Gotl gebeut.
Von dieser hohen Priesteraufgabe des Reinheitspendens
durchdrungen scheint uns der Genius der Reitkunst noch
wĂŒrdiger, der holden Schwester Kunst die Hand zu reichen.
Wie sehr er aber, in historischer Beleuchtung gesehen,
berufen ist, auch mit der heilenden, mild-ernsten Zwillings-
schwesler Religion Hand in Hand zu gehen, dafĂŒr geben eben
auch wieder die heilungspendenden Asklepiostempel ein lieb-
lich Beispiel!
Mit unnachahmlicher Naivetat, die ehen in der tiefen
Seelenverwandtschaft der beiden Kulte, der Heilung und
Tröstung innigst beflissen, ihre Berechtigung findet, sind in
manche' Tempel des Asklepios, des âgnĂ€digen Heilandes auch
der kleinen Leute", und der Dioskuren gottgeweihte christ-
liche Krankenheiler fast unvermerkt getreten, zum Beispiel
die heiligen ZwillingsbrĂŒder und ZwillingsmĂ€rtyrer Kosmas
und Damianos, die gleich Asklepios und den göttlichen
ZwillingsbrĂŒdern der Heiden den in ihren Tempelhallen
nÀchtigenden Hilfesuchenden im Traume erschienen, heil-
same Anweisungen gaben fĂŒr körperliche und seelische Ge-
brechen und, wenn's nötig war, wohl auch einmal bei den
schlafenden (abermals wie Asklepios und seine Gehilfen)
Irisch ans Werk gingen und operative Eingriffe vornahmen,
einen eingedrungenen Fremdkörper herauszogen und dem
Schlafenden in die Hand legten, oder gar vom Messer Ge-
brauch machten und die Wunde kunstgerecht wieder
schlössen, so daà sie am Morgen geheilt war, doch.nichl, ohne
daĂ sie am Morgen geheilt war, doch nicht, ohne daĂ Bett-
zeug und FuĂboden rioch am Tage die Spuren aufwiesen, wie
ein Chirurg Iiier seines Amtes gewaltet!
Wie der Kult dieser heilenden BrĂŒder von seinem hei-
matlichen Boden in Vorderasien ganz Buropa ĂŒberflutete,
das erweist sich nicht nur in der BegrĂŒndung eines Ritter-
ordens auf ihren Namen zur Krankenpflege und Leichen
bestattung in den KreuzzĂŒgen, das erweist sich im ganzen
Ă€rztlichen Lehen des Mittelalters und das fĂŒhrt uns schon
mitten in das Thema unserer Ausstellung hinein! â wo kaum
eine Àrztliche oder andere heilende Vereinigung zu findest
war, die nicht St. Kosmas oder St. Damianos oder beide im
Wappen fĂŒhrte oder ihren festlichen Tag im September nicht
nach alter guter Sitte mit einer solennen Schmauserei beging!
Und zeigt nicht noch' heute manch medizinisches Fakul-
tÀtssiegel (selbst in hart protestantischen Gegenden) diese
alten Àrztlichen Zunftheiligen, wie sich die milde Gottes-
mutter im Wappen der Alma mater Lipsiensis auch âAnders-
glĂ€ubigen" hold erweist, wie es denn im Lande der KĂŒnste
und Wissenschaften keinen Unterschied der Konfessionen
gibt als den der Wege, die zu demselben gemeinsamen Ziele
des Göttlichen fĂŒhren, das sich in ihnen allen als dasselbe
Tröstende, Heilende und Erhebende dokumentiert, wie das
einer der Gewaltigsten medizinischer Wissenschaft des
19. Jahrhunderts einmal in wundervoller GröĂe zum Aus-
druck gebracht hat:
âSo offenbart sich das Göttliche andern auf andere
Weise in der ganzen Schöpfung gnadenreich. Es offen-
bart sich dem mit reicher, erhabener Phantasie Begabten
durch die Phantasie, dem Frommen durch das GemĂŒt,
dem Weisen durch die Weisheit, dem Starken durch die
GröĂe seiner Werke, wie denn auch das Göttliche in allen
diesen Weisen von andern anders verehrt wird "
DlSOTRIN
J DE ALE
HERZ-
MITTEL
Digitalis,
frroptidntiĂ
PrÀparat
FLĂSSIG
TAĂLETTEM
AMPULLEN.
FAUTH& Co II«âą!* MANNHEIM
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iebenstein(8 m )23/8
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des ThĂŒringer Waldes
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Quelle Deutschlands.
S p e z i a 1 k u r e n
bei Herz-, Biut-,Nerven~Frauen-
leiden. ErholungsbedĂŒrftige.
Prospekte dureĂ
<ttc nadeairettilon l
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Neuralgien, Dysmenorrhoe, Heufieber
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J. E. Stroschein, Chem Fabrik 6. m. b Hâ Berlin 80 36
XX
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 16/17.
So schrieb J o b a n n e s M ĂŒ 1 1 e r, der GröĂte wohl von
denen, die je als Lehrer an der Berliner Hochschule auf Àrzt-
lichem Gebiete gewirkt, und in seinem Sinne möchten wir
auch die Arbeit und den GenuĂ an einer Ausstellung, die der
Vereinigung von Medizin und bildender Kunst in der Ver-
gangenheit gewidmet ist, verstanden sehen. So werden wir
bereit sein, auch die so reich vertretene kirchliche Kunst ver-
gangener Jahrhunderte in ihrer VerklÀrung des Àrztlichen
Beiwerks rein und voll auf uns wirken zu lassen â im Sinne
Johannes MĂŒllers, im Dienste des Höchsten in beiden
SchwesterkĂŒnsten, im Dienste des Tröstenden, des Heilenden,
des Göttlichen.
Und so kann dann die bildende Kunst noch in einem letzten
Sinne der Àrztlichen die schlanke Hand in warmem Drucke
reichen und ihre hohe Aufgabe noch in einer ganz beson-
deren Weise erfĂŒllen â als Heilerin und Trösterin auch fĂŒr
den AusĂŒbenden der Ă€rztlichen Kunst, fĂŒr den Arzt sel-
ber, der heute in seinem Jammer in schwerer Zeil ganz
besonders einer solchen heiligen Trösterin bedarf, die ihm die
Sorgen tilgt und die Stirn glĂ€ttet und das trĂŒbe Auge wieder
leuchten macht, die ihm den heilenden Trank reicht der gött-
lichen Phantasie, des himmelgeborenen Idealismus aus dem
ewig klaren Reiche der Kunst, daĂ er geheilt, genesen, mit
dem neuen Mute des unergrĂŒndlichen und unerschöpflichen
Idealismus des deutschen Arztes dahingehe unter der Dornen-
krone seines Berufes, die er dann nicht mehr drĂŒckend fĂŒhlt,
die ihm dann leicht sich trÀgt wie eine Licht- und Strahlen -
kröne in der unendlichen Liebe zur leidenden Menschheit, im
nimmer rastenden Drange zu lindern, zu trösten, z u
heilen! â
Der heutigen Nummer liegt ein Prospekt der Chemischen Fabrik GĂŒstrow
ĂŒber Menolysin und der Firma Kalle & Co. ĂŒber Neuronal bei, wo-
rauf wir besonders hinweisen.
Guajacetin â tarrhen der Luft-
wege, ErkÀltungs- and Infektions-
krankheit. In Pulver- u. Tablettenform.
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Ultimi â Zur Herabsetzung des
miyiUl. Fiebers bei tuberkulösen
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kung. Bei Neuralgie, MigrÀne, neurit.
Sympt. Pulveru. Tabletten (10 StĂŒck)
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LUIIIdlldll . v. groĂer Wasser-
aufnahmefÀhigkeit. (Bis 400'",,)
fllllocon* Sedativum u. Hypno-
l|UICddll. ticum in Fallen leich-
terer Asomnie sowie Erregungs- und
DepressionszustÀnden.
10 Tabletten a 0.55 gr.
RhinilogleitlĂrtnĂ€s
thesin, Suprarenin, aether. Oele und
GUitpulver). Akute u. cbron. Rhino-
Pharyngitis. Originalpackung.
Quecksiiber-Gleitpuder 10% :
Lokale Luesbehandlung. Original-
packung 20 gr.
Gletscher-Mattan:
Schutzmittel gegen Sonnen-Gletscher-
brand sowie Lichtbestrahlungen.
Originaltube.
Zur Verordnung fĂŒr Kranken-
kassenmitglieder zugelassen
Rheuma-Mattan:
Rheumatismus, Gicht, Ischias, neuralg.
Schmerzen.
Kassenpackung, Privatpackungen in
âą/2 Tube und '/, Tube
Opntnaimin-Augenstabtube
mit 1 und 2" â ungt. ophthalm. flav.
Kassenpackung, Privatpackung
ntlillUOn- Lues (300/oige Queck-
HUJUVdll. silbersalbenseife).
Grad. Röhre 30 gr., Kassen- u. Privatp.
Mattan rein
Zink-Mattan
Schwefel-Mattan
Zink-Schwefel-Mattan:
Bei Dermatiden, Rötungen,* bei roten
FĂ€rben nach Aknepusteln u. leichten
Pigmentierungen ; ferner in den FĂ€llen,
wo Zink- bzw. Schwefel indidert ist.
Kassenpackungen, Privatpackungen
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BerUn-neuhOlln.
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wirksames Sedativum,
frei von narkotischer oder drastischer Nebenwirkung,
keine Verstopfung; daher auch bei Kindern, SchwÀch-
lichen und alten Leuten in genĂŒgender Gabe gefahrlos
anwendbar.
Indikationen: Husten, Reizhusten, bei akuten und chroni-
schen Luftröhren- und Kehlkopfkatarrhen, auch tuber-
kulösen Ursprungs, bei Lungen- und Brustfellent-
zĂŒndungen, Keuchhusten in abklingendem Stadium,
nervöser. Husten.
Verordnung: 1 Röhrchen Toramin-Tabletten (25 StĂŒck ca.
0,1 Toramin) oder 1-2 g Toramin pro die, in Mixtur
mit aromal. WĂ€ssern, Sirup, Expekloranlien, auch
Guajakol-PrÀparaten.
I neue chloroformlösliche Wismut-Verbindung fĂŒr dermato-
logische Zwecke.
saubere Anwendung als Salbe, Paste, Puder,
Pinselung 2â 10% ig, weder WĂ€sche noch Haut
verschmierend.
Indikationen: Speziell chronische und subakute
Ekzeme.
Ferner FĂ€lle der dermalologischen Praxis, in denen eine
juck- und schmerzstillende, desinfizierende, granu-
lationsbefördernde, Infiltrationen resorbierende oder
keratoplastische Wirkung erstrebt wird".
Proben, Literatur und Rezeptformeln kostenfrei durch
Athenstaedt & Redeker, Chem. Fabrik, Hemelingen bei Bremen
ncetonai - HĂ€
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40. Jahrg. â Nr. 18/19.
Jenseits von Beruf und Amt
Xlll
Jenseits von Beruf und Amt.
Kunst und Geisteskrankheit.
Von Dr. phil. et med. Hans Prinzhorn.
Nervenarzt in Heidelberg.
L
Die Frage nach den Beziehungen zwischen Kunst und
Geisteskrankheit wird in jĂŒngster Zeit wieder hĂ€ufiger ge-
stellt, nachdem sie seit Lombrosos Tagen etwas zur Ruhe
gekommen war. W<mn bei den Antworten, die von MĂ€nnern
sehr verschiedenen Wissensgrades und verschiedener Berufs -
bindung versucht wurden, so wenig Gewichtiges herausge-
kommen ist, so liegt das zweifellos schon an der Grund-
tendenz, von der jene Frage meist getragen wird. Diese
Klippe der (hÀufig unausgesprochenen) Tendenz macht jede
sachliche BemĂŒhung scheitern. Und das wĂŒrde genau ebenso
mit jedem anderen Thema gehen, das die Beziehungen völlig
inkommensurabler Gebiete zueinander dogmatisch behandeln
i wollte: die MaĂstĂ€be des einen Gebietes, tausendfach erprobt
und bewĂ€hrt am rechten Ort? fĂŒhren zu AbsurditĂ€ten, wenn
man sie naiv-glÀubig oder böswillig am unrechten Ort an-
legt. Man denke sich einen Psychiater, der an die Produk-
tionsweise dekorativer Kunst mit seinem Begriff von Stereo-
typien herangehen wollte und nun gegen die Zwangsvorstel-
lung zu kÀmpfen hÀtte, als seien diese dekorativen Bild-
ner durch ihre sachgemĂ€Ăe Neigung, Motive in endlosen
Reihen zu wiederholen â sĂ€mtlich katatonie-verdĂ€chtig!
Nun wÀre der Schaden derartiger Begriffsverwirrungen
je nicht groĂ, wenn es nur um mehr oder weniger mĂŒĂige
Spielereien ginge, ĂŒber die der Einsichtige sich kopfschĂŒt-
telnd hinwegsetzte und die der Törichte bald vergĂ€Ăe. Abel
die beiden Gebiete, um die es sich hier handelt, greifen tief
in das WeltgefĂŒhl jedes reifen Mensche]) ein - und keines
besitzt einen WertmaĂstah, der ĂŒber den persönlichen Mei
nungen stĂŒnde. Vielmehr mischt sieh bereits in Werturteile
der Fachleute fast immer eine weltanschauliche, nicht mehr
sachliche, sondern private Komponente. Und selbst die
sachliche Bewertung der gleichen Tatsachen schwankt, wie
etwa die soziale und forensische Verwertung der Diagnose
Schizophrenie in Deutschland und in der Schweiz, oder
unter Kunstkennern die EinschÀtzung kubistischer Darstel-
lungsweise in der Malerei als Kunst oder als Experiment.
Und dann schlieĂt eben jeder geistig entwickelte Mensch
in das Kultur- und Menschheitsideal, das er bewuĂt oder
nur ahnend und wĂŒnschend in sich trĂ€gt, unbedingt etwas
ein von âgeistiger Gesundheit" â sei es, daĂ er als Vorbe-
dingung eines erstrebenswerten Daseins die robuste seelische
Unverwundbarkeit des Durchschnittsmenschen sich vorstelle,
oder sei es, daĂ er an dem anderen Pol, in dem schranken-
losen Sichöffnen der Seele fĂŒr âalles Menschliche" sein
Wunschbild* finde. Und nicht anders steht der Kultur-
mensch zu den âAufgaben der Kunst". Dem einen beschrĂ€n-
ken sich diese auf ein möglichst gefĂ€lliges AusschmĂŒcken
des Alltags, dem andern gelten sie als höchste Sinndeutungen
des Lebens. In einem Punkte glauben trotzdem alle, die sich
zu diesen heiklen Fragen Ă€uĂern, sicher zu gehen: daĂ man
im Grunde mit einigem guten Willen sich ĂŒber das Problem
âkrank oder gesund", âKunst oder Nichtkunst" einigen könne
und schlagen ihre Privatmeinung als Einigungsbasis vor.
Es lohnt gewiĂ nicht der MĂŒhe, einige harmlose Ba-
KNOLL&Co.
Ludwigshafen a Rh.
BewÀhrtes
Sedativum
unschÀdliches
EmschlÀferun^s
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das bewÀhrte Heilmittel
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Quetschungen, Hautreizungen, Verbrennungen, HĂ€morrhoiden
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XIV
Jenseits von Beruf und Ami,
in. Jahrg. ' Nr. )H 19.
nausen abzufĂŒhren, die âGott sei Dank" nur Lachlust oder
Abscheu in ihrer gesunden Brust verspĂŒren, wenn sie manche
Bilder von Kubin, Ensor, Redon oder selbst Goya sehen. Nur
denjenigen kann man vielleicht zur Besinnung verhelfen,
denen es im Grunde als erste Pflicht gilt, den Tatsachen ge-
recht zu werden. Und dies â so lautet der erste Grundsatz fĂŒr
jede Grenzgebiets-Arbeit â ist unmöglich, wenn man MaĂ-
stÀbe und Gesichtspunkte unvorsichtig, ohne genaue Sach-
kenntnis nach beiden Seiten, von einem Gebiet auf das
andere ĂŒbertrĂ€gt.
PrĂŒfen wir diese Behauptung zunĂ€chst an dem Begriff
der Geisteskrankheit nach. Er bedeutet in diesem Zusam-
menhange wohl fast ohne Ausnahme: nicht mehr ernst zu
nehmen, und zwar meist in dem populÀren wegwerfenden
Sinne: verrĂŒckt. Nun wĂ€re diese Wertung, die man gern
als Ausdruck gesunder Instinkte rĂŒhmt, vollkommen in
Ordnung, wenn tatsÀchlich Geisteskrankheiten (oder gar
psychopathische GrenzzustÀnde, die man gern einfach damit
zusammenwirft), das Individuum unbedingt aus der
geistigen und sozialen Gemeinschaft der Menschen lösen
wĂŒrden. Das ist aber doch nur mit gewichtigen EinschrĂ€n-
kungen der FÀll. Es stimmt am hÀufigsten im praktischen
Sinne: jemand wird erwerbsunfÀhig, weil er infolge seiner
Störung den regelmĂ€Ăigen unerbittlichen Anforderungen
seines Berufes nicht mehr gewachsen ist. FĂŒr die Mehrzahl
der Menschen unserer Zeit entscheidet dieser Gesichtspunkt.
ist auch aussichtslos, dem Manne des praktischen Lebens
von heute etwa nahe zu bringen, welche Scharen von be-
gabten Menschen als âerwerbsunfĂ€hige Hungerleider" zum
Hohne ihrer christlichen NĂ€chsten ihr Leben im bĂŒrger-
lichen Sinne vertan haben, um hernach durch groĂe oder
kleine Tore zur Unsterblichkeit (diesseits!) einzugehen.
Geben wir also zunĂ€chst einmal das Votum ab: bĂŒrgerliche
LrwerbstĂŒchtigkeit ist gut â â aber sie entscheidet in einem
höheren Sinne nicht ĂŒber Werl und Unwert des Menschen.
Wir sollten mindestens bereit sein, bei Begabten mit einer
Leistung zu rechnen, die sich nicht gleich in Geld umsetzen
laĂt. Es geht also keinesfalls an. von Geisteskrankheit zu
reden, wo sich Zweck und Bedeutung eines Werkes nicht in
der gewohnten Weise kundtut wie bei einer Durchschnitts-
leistung. So wenig wie man zu der Diagnose einer psy-
chischen Störung, d. h. heule am liebsten zur Schizophrenie
seine Zuflucht nehmen darf, wenn ein Mensch in zeit-
ungewohnter Weise triebhaft konsequent ist, Kompromisse
verachtet, sich fĂŒr Ideen und Ueherzeugungen rĂŒckhaltlos
einsetzt, ohne an die GefĂ€hrdung seiner kĂŒnftigen Beamten-
laufbahn vorsichtig zu denken.
Wenn wir irgendwo TÀtbestÀnde erhoben haben, die ge-
wisse Analogien zeigen, so dĂŒrfen wir .uns niemals verleiten
lassen, leichtsinnig zu identifizieren. Das ist der erste
Grundsatz wissenschaftlicher Sauberkeit. Ein drastisches
Heispiel fĂŒr diese beliebte Art von ScheinschlĂŒssen wĂ€re:
Hei kel, Nolde, Schmitt-Rottluff machen jetzt Plastiken ge-
nau wie Kamerunneger â also sind sie Kamerunnegei .
Solche Entgleisungen sind auf dem Grenzgebiet zwischen
Kunst und Geisteskrankheit nicht selten.
Man kann nun aber auch von den unbestrittenen
Leistungen âKranker" ausgehen und von ihnen aus prĂŒfen,
worin sich wohl das spezifisch Kranke zeige. âReinbrandt
als Erzieher" ist ein Schlagwort geworden. Das Buch hat
seinerzeit riesiges Aufsehen erregt und auf die junge Kunst -
bewegung um 1900 lebhaft eingewirkt, weil es EindrĂŒcke,
Gedanken und Gesinnungen formulierte, die der unruhigen
.lugend jener Tage gemÀà waren. Was verschlĂ€gt es, daĂ
die AnknĂŒpfung jener Zeitgedanken an Rembrandt eine
Marotte war und daà manches Törichte und manches Falsche
obendrein in jenem Buche steht? Die eigenwilligen Ein-
lalle des dunkeln Anonymus bahnten sich ihren Weg. die
LEITZ
MIKROSKOPE
fĂŒr monokularen und binokularen Gebrauch.
ACHROMATEN*AP0CHR0MATEN u. F1JU0 RITSYSTEME
âąDUNKELFELDKONDENSOREN âą
LUPEN u. LUPENMIKROSKOPE âą MIKROTOME
MIKR0PHOTO0RAPHISCHEU.PROJEKTIONSAPPARATE.
BLUTKĂRPERZĂHL- APPARATE
in allen vorkommenden AusfĂŒhrungen.
ERNST LEITZ optische werke WETZLAR
Man verlange Sonderl iste MiKro 283.
DlSOTRIN
Herzogl. Stahlbad
Liebenstein («) 23 8
Perle
des ThĂŒringer Waldes
NatĂŒrliche kohlensaure Stahl-
bÀder. StÀrkste Eisen- Arsen-
Quelle Deutschlands.
S p e z i a 1 ku r e n
bei Herz-, Blut-, Nerven-Frauen-
Jeiden. ErholungsbedĂŒrftige.
Prospekfe GurcO
die Badetf irek/i on 1
â SP*
40. Jahrg. â Nr. 18/19.
Jenseits von Beruf und Amt
XV
anregende Wirkung ist unbestritten, und der Autor er-
wies sich spÀter als ein typischer Schizophrener, wÀre also
fĂŒr manchen ZU den Leuten zu rechnen, die man nicht ernsl
zu nehmen braucht
Mit gutem Gewissen könnte man die Namen dreier
groĂer Toter als Motto ĂŒber jede Arbeit setzen, die sich
ernsthaft dieses Grenzgebietes zu bemÀchtigen trachtet:
Hölderlin, Strindherg, van Gogh.*) Weil ihnen gegenĂŒber
wohl niemand die Frage aufweifen wird, ob sie groĂe
Konner und Gestalter waren; und weil bei ihnen zugleich
i esasteht, daà sie schizophren waren. Wer vermöchte mit
dieser Feststellung Wert und Wirkung ihrer Werke umzu-
stoĂen? â
Wenige kannten des alten Rembrandt Persönlichkeit,
die von der Kunstgeschichte gern mit dem Mantel der
NĂ€chstenliebe im Namen der bĂŒrgerlichen Moral zugedeckt
wird. Diesen elenden im Trunk verkommenen Greis, der in
wenigen Jahren aus prunkhaftem Dasein auf die tiefste
Stufe der Verwahrlosung gesunken ist, wo die heutigen
Gesetze lĂ€ngst mit EntmĂŒndigung und Anstaltsversorgung
eingeschritten wÀren. Wem deshalb die Bilder des alten
Rembrandt weniger wert sind, mit dem ist nicht weiter zu
verhandeln.
Man wendet ein: es gibt doch aber ZustÀnde von
Geisteskrankheit, die den Kranken wirklich âentmenschen"
vor allem bei der Paralyse â hier muĂ doch jede Produk-
tionsmoglichkeit erloschen sein, nicht nur die QualitÀt sin-
ken. Das ist im allgemeinen gewiĂ richtig und in krassen
hallen hegt der Zerfall der Persönlichkeit so plump und
offen zutage, daĂ es ein Wunder genannt werden mĂŒĂte,
wUctLXff" die votrsichtige das biographische Material sehr ge- "
Goth 10W wertende Studie von Jaspers: Strindberg und van
Gogh 1922 bei Bircher, Bern u. Leipzig.
wenn aus solchem Endstadium ernst zu nehmende Werke
hervorgingen. Und doch gilt selbst dies nicht unbedingt.
Zumal l>ei bildenden KĂŒnstlern ist es nicht selten, daĂ trotz
vorgeschrittener paralytischer Verblödung die Gestaltungs
kraft am lÀngsten erhalten bleibt und daà der Wegfall dei
gewohnten kritischen Kontrolle sogar nochmal anregend
Wirkt und zu eigenartigen Gestaltungen von selbstÀndigem
Wert fuhrt. In einem Falle geht das soweit, daĂ ein para-
lytischer Maler bis zu seinem selbstgewÀhiten letzten Tage
nach LĂ€hmung der rechten Hand mit der linken erstaun-
liche Zeichnungen machte, die an Reife und innerer GröĂe
alles FrĂŒhere ĂŒbertrafen. Derartiges zu wissen, kann nur
gut tun, denn es prÀgt nachdenklichen Menschen die
heroische Tatsache ein, daĂ es nicht nur Ritter trotz Tod
und Teufel gab, sondern daĂ es Schaflende trotz Paralyse und
Schizophrenie gibt, und daĂ nur die Leistung entscheidet
nicht die Diagnose. Dagegen ist es giftig und fahrlÀssig."
einem Tageszeitungspublikum ohne ErlÀuterung die Phrase
vorzusetzen, auch Manet habe eben leider eine Paralyse ge-
habt.
Bei dem Persönlichkeits-Zerfall der Schizophrenen die
unsere Anstalten bis zu 70 Prozent fĂŒllen, ist es nun sogar
nicht einmal ganz ungewöhnlich, daà sich produktive Ten-
denzen, wenn auch oft in etwas verschrobener Weise, Bahn
brechen. In dem Buche ĂŒber die âBĂŒdnerei der Geistes-
kranken" ) konnten wir das an mehreren FĂ€llen zeigen. Da
laĂt sich etwa ein kunstgewerblicher Schlosser durch
22 .Jahre Anstaltsaufenthalt anhand datierter Zeichnungen
verfolgen. Die ersten sind ganz gewandt, handwerklich,
durchaus mittelmĂ€Ăig und wenig fesselnd. WĂ€hrend die
*) Prinzhorn: BĂŒdnerei der Geisteskranken. Ein Beitrag zur
Psychologie und Psychopathologie der Gestaltung. Mit 187 Abb
darunter 16 farbigen Tafeln. J. Springer, Berlin 1922
lnterrV von ausgezeichneter VertrÀglichkeit
subkutan: ohne lokale Nebenwirkung 1
intravenös: bei drohendem Herrkollaps ] AmPullen
rektal : In Form von Mikroklysmen
FĂŒr genaue Dosierung kleinster Gaben Digalen in Festen
Tropfen = » Digalenkörnchen <? en
Anfragen:
Wissenschaft!. Abtlg. der Chemischen Werke Grenzach AG
Berlin, SW. Wilhelmstr. 38
Trypaf lavin - Verbandstoffe I
zeichnen sich vor Jodoform- u. den anderen ĂŒblichen antiseptischen Verbandstoff «maus :
1. durch auĂerordentlich rasche Reinigung der Wunden-
durch gĂŒnstige Beeinflussuog der Granulahonsbildunö-
durch vollkommene Reizlosigkeit;
durch Ungiftig keit;
es tritt kein Verkleben der Verbandstoffe ein-
Jdiosynkrasien, wie sie bei Jodoform und anderen jodhaltigen Antisepfisin
hĂ€ufig vorkommen, sind nie beobachtet worden- â â »âąpiwin
sind vollkommen geruchlos.
Alleinige Hersteller und Lieferanten:
LUSCHER & BĂMPER
Berlin WS7 Essen (Ruhr) Hamburg 1
FAHR (RHEINLAND)
NĂŒrnberg, Marlenstr. ai.
XVI
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 18/19.
Krankheit fortschreitet, werden die Bilder eigenartiger,
reicher, und schlieĂlich, nachdem er seit Jahren mit nie-
mandem mehr spricht und als ganz âverblödet" gilt, bringt
er einige Bilder zustande, die ernsthaft auf dem Boden groĂer
Kunst gewertet weiden mĂŒssen. Zugegeben, daĂ solche
.FÀlle nicht hÀufig sind. Unter den etwa 500 FÀllen, der
Heidelberger Sammlung finden sich keine zehn. Doch be-
weisen auch wenige die Möglichkeit â und darauf kam es
uns hier an. Dem bequemen Pseudo -Werturteil âgeisteskrank
also unsinnig" ist damit auch von dieser Seite der Boden
entzogen, wie von der anderen Seite durch die Krankheit
der drei groĂen Schaffenden Hölderlin, Strindberg, van
Gogh.
Wir mögen das Problem drehen und wenden wie wir
wollen: prĂŒfen wir die Tatsachen unvoreingenommen, so lĂ€Ăt
sich keine Formel finden, nach der man einem Werk ent-
weder den Krankheitszustand seines Urhebers sicher ansehen
könnte, oder nach der man aus dem bekannten Zustande
einer Geisteskrankheit einen sicheren SchluĂ auf die Be-
schaffenheit der Werke zu ziehen vermöchte. Denn ein
Werk entspringt weder der .Gesundheit noch der Krankheit,
sondern der Gestaltungskraft des Schaffenden, die in der
ganzen Persönlichkeit wurzelt, sei diese nim krank oder ge-
sund.
Dagegen nun steigt nach solcher an festen Ergebnissen
armen Umschau ein Problem auf, das alle anderen Probleme
sich unterwirft .und in der Tat die einzige dem Gegenstand
wĂŒrdige Einstellung verleiht: sind etwa tiefe Wesensbezie-
hungen vorhanden zwischen dem WeltgefĂŒhl des Geistes-
kranken und dem WeltgefĂŒhl des Schaffenden, zumal im Zu-
stande der Inspiration? Die Alten glaubten dies. Dem
naturwissenschaftlich Denkenden von heute erscheint es ab-'
surd. Wer hat Recht? Die erwĂ€hnte Bearbeitung der âBild-
nerei der Geisteskranken" tat den ersten Schritt, zur Lösung
dieses Problems, indem sie neues Material, durchforscht
unter dem Gesichtspunkte einer allgemeinen Psychologie der
bildnerischen Gestaltung, der Diskussion unterbreitet, um
damit endlich eine neue Grundlage fĂŒr die bisher noch nicht
geleistete Aufhellung des vielumstrittenen Grenzgebietes
zwischen Kunst und Geisteskrankheit zu schaffen.'
Der gegenwĂ€rtige Zeitpunkt ist fĂŒr solche weitaus-
greifende, von jeder, traditionellen Norm absehende Unter-
suchungen gĂŒnstig, weil alte Normen zeihrochen sind und
um neue gerungen wird, auf beiden Gebieten. Dieses Ringen
zu erschweren, indem wir Probleme und Tatsachen hÀufen,
die mitverarbeitet sein wollen, haben wir alle Ursache, wenn
uns daran gelegen ist, daĂ die Umwandlung eine Vertiefung
bringe. Wenn die Psychiater von den Gestaltungsproblemen
fĂŒr ihre Fachkenntnisse, das Eindringen in die seelischen
Yerlaufsformen bei ihren Kranken etwas lernen wollen â
und die KĂŒnstler und Kunstfreunde etwas von den wunder-
lichen seelischen Verzerrungen in manchen Mitmenschen,
die man oft zu hochmĂŒtig VerrĂŒckte nennt â dann dient die
ernsthafte Bearbeitung des Grenzgebietes allen Teilen und
befriedigt alle. Was unter diesem Niveau bleibt und jener
vox populi, vox bovi entgegenkommt, sollte man nicht mehr
dulden.
Die Stellung
der Aerzte in der Standesgeschichte.
Von Dr. Pniower.
Es ist nicht leicht zu entscheiden, wie sich der Arzt
soziologisch beschreiben lĂ€Ăt.
Man spricht von einer sozialen âKlasse" der Aerzte, wenn
wir dieselben innerhalb der gröĂeren Gemeinschaft, meist des
Eston
ist essigsaure Tonerde in Pulverform, verstÀrkt mit
Aluminiumsulfat.
Nachstehende PrÀparate sind im Handel:
Eston rein (Wunddesinficienz)
Streudose ca. 50 g
Eston-Peru- Vaseline
Bei hartnÀckigen Ekzemen, Rhaga-
den, Fisteln, tiefen GeschwĂŒren,
schweren Wunden der Brustwarzen
Originaltube
Eston-Streupuder 50%
Bei starker Schweissabsonderung
und bei Wunden
Vi und '/s Streudose
Eston-Schwefel- Vaseline
Zur Dauerbehandlung von Erythem
und Akne. Originaltube
*Eston-Streupuder 20%
Wundlaufen, Wundliegen, Verbren-
nungen
Vi und V5 Streudose
und Beutel ca. 100 gr.
Eston-Frostsalbe
Gegen Frostbeulen und andere
FrostschÀden. Originaltube
*Eston-Kinderpuder 5 °/0
FĂŒr SĂ€uglinge und Kinder, auch
zur Schönheitspflege
Streudose, Probebeutel und Beutel
ca. 100 gr.
*Eston-Perupulver
Eiternde Wunden, nie. cruris
Streudose ca. 50 g
Eston-Bolus steril 20 %
Vaginal trockenbebandlung
Vi und V2 Streudose
âŠEston-Eumattan-Creme
Von heilender, kĂŒhlender, juck-
stillender Wirkung bei Wunden, Ent-
zĂŒndungen, Haemorrhoiden, ferner
bei Verbrennungen zur VerhĂŒtung
von Blasenbildung. Originaltube
Eston-Bolus-Vaginaltabletten
Fluor alb.
Schachtel 20 Tabletten
50
*Eston-Vaseline
Bei Wunden. Derrnatitiden, Ekzemen,
Verbrennungen, Massage usw.
Vâ V, und '/, Schachtel und Tube
Eston-Suppositorien
bei Haemorrhoiden, Darmblutungen,
BlÀhungen und allen Störungen im
untersten Darmabschnitt Schachtel
mit 6 und 10 Stuck
Literatur gratis und franko!
Die mit * bezeichneten PrĂ€parate sind zur Verordn. fĂŒr Krank. -K.-Mitgl. zugel.
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10. Jahrg. â Nr. 18 10.
Jenseits von Beruf und Ami
XVII
Staates, im Gegensatz zu den ĂŒbrigen âgesellschaftlichen
Klassen'' bestimmen wollen. In der geschichtlichen Er-
forschung der Àrztlichen Standesgeschjchje kann man einen
Wandel der Auffassung der Einklassierung gewahr werden.
So wird die Verschiedenheil der öffentlichen Rechtsstellung
der Aerzte im VerhÀltnis zu anderen Gesellschaftsklassen die
Geschlossenheit der» arztlichen Klasse auslösen. Diese Ver-
schiedenheit kann nun einmal nach der Seite einer M i n -
derwe-rtigkeit -sich ausprÀgen. Dies sehen wir /.. 15.
bei den medizinischen heilkundigen Sklaven, welche wie in
Rom* sogar in ZĂŒnften vereinigt waren. Das finden wir bei
dem verachteten Stande der WundÀrzte in Indien, in Grie-
< henland, Rom und im ganzen mittelalterlichen Abendland,
das haben wir bei den jĂŒdischen Aerzten bis in die Neuzeit
hinein und bei den japanischen âVolksĂ€rzten". Wir
linden diese Abgrenzung also nur entweder zu einer
fernliegenden Zeit oder auf einer noch vorhandenen
aber primitiven Kulturstufe. Wie heute, so kennen wir auch
Durchgangsstadien in der Àrztlichen Standes-
geschichte; so konnte im alten Indien ein Mitglied der
niederen Àrztlichen Kaste in die höhere aufsteigen und die
eben erwÀhnten japanischen VolksÀrzte auch die bevorzugte
Stellung des FĂŒrstenarztes gewinnen. Und auch in der
Neuzeit hat sich dies erhalten. Viele. Aerzte, namentlich
speziell die FachÀrzte, machen eine abhÀngige Assistenzzeit
durch, ehe sie zu ihrer Höhe emporsteigen können. Doch ist
dies natĂŒrlich nicht die oben beschriebene Minderwertigkeit,
sondern, wie gesagt, entspricht eher einem Durchgangs-
stadium.
Die einheitliche Begriffsbestimmung der Aerzte, ob
Stand, Beruf oder Klasse, ist nicht leicht zu geben.
Selbst innerhalb der gesellschaftlichen Klasse können der-
artige GegensÀtze vorhanden sein, daà man, wie schon zu den
Zeiten (1 a Ions im alten Rom so auch heute, von einem
Aerzteproletariat spricht, obwohl doch im Allgemeinen die
Aejcaieschaft nicht darunter rechnet.
Nicht einmal der Sprachgebrauch lin die eben auf-
fĂŒhrten Bezeichnungen ist eindeutig. Nach der Schmol-
ler'sehen Definition ist die Aerzteschaft ein âStand", weil
er darunter Berufsgruppen mit bestimmten Rechten ver
steht und unter einer ,, Klasse" Berufs- und Besitzunter-
schiede auf dem Boden der Rechtsgleichheit, v. W iese teilt
die Gesellschaft vertikal in Berufe und horizontal in Klassen,
ej anerkennt damit seihst innerhalb des Aerzteberufs Wohl
noch mehrere Klassen. Dem wĂŒrden dann die oben er-
wÀhnten gegensÀtzlichen Arztgruppen entsprechen.
Sombarl nÀhert sich der S c h m o 1 1 c r sehen Auf-
fassung, wenn er unter einer sozialen âKlasse" eine geson-
derte wirtschaftliche Gruppe sieht, wÀhrend S c h m olle r
das Hauptgewicht *uf das GefĂŒhl der Zusammengehörigkeit
legt. Dieses BewuĂtsein ist indessen nicht immer vorhanden,
es kann sagarein Gegensatz bestehen. Wenn man denkt, dal!
unter den arabischen Aerzten sogar Vergiftungen aus Kol-
legialitÀt vorkamen, daà nach Richter (Aerztli.ches Ver-
einsblatt 1872) die Aerzte noch am Anfange des neunzehnten
Jahrhunderts âwie Spinnen in ihrem Bau lebten und deren
.sprichwörtliche Feindschaft auch dokumentierten", daà selbsl
heute noch die KollegialitÀt mit dem Quadrate der Entfernung
wĂ€chst, so wird man auch VerstĂ€ndnis dafĂŒr haben, wenn
der GroĂe KurfĂŒrst in der berĂŒhmten Medizinal-
ordnung vom 12. 11. 1685 sagt: AnfÀnglich sollen die
Medizi unter sich selbst friedlich und eintrÀchtig miteinander
umbgehen. ..' Keiner sol zwar dem andern seine Patienten
abspÀnstig machen oder an sich zu bringen noch sich in
eines oder andern Kur zu mengen und solche zu tadeln öder
zu kavallieren befugt sein (J o a c h i m: Die neue M e d i -
z i n al t a x e"). In der Neuzeit haben S fca n de sordnu n-
g e n und E h r e n g e r i c h t e, S t a n d e s v e r eine und
nfeg
1 Et â â â »^»â P^W^^^^^ der Sal
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wirkt durch das Uebergewicht an Kationen.
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und Quetschwunden), Frostbeulen, Brandwunden I. und Ii. Grades, Ekzemen,
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Dissoziiertes Chlor und naszierender Sauerstoff..
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ÂŁ51
Das deutsche natĂŒrliche ^Jg? Die Gesamta I kal pide den
Nebennieren^Ppapanat. Anfragen Rad. Ipecac. in Tabl ettenropm.
' erbitten
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XVIII
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 18/19.
auch die Aerzte -Gewerkschaft mit den gegensÀtzlichen
Strömungen nach Möglichkeit aufgerÀumt.
Und doch ist fĂŒr die Aerzte ein Moment fĂŒr die Zu-
sammengehörigkeit bestimmend: die gleiche Ausbildung, das
gleiche Fachstudium, wenn auch nachher die Wege weit
auseinander gehen sollten. Darm aber auch der gleiche Beruf,
leidenden Mitmenschen zu helfen, spricht ein gewichtiges
Wort mit. Nach von Z w i e d i n e c k - S ĂŒ d e n h o r s t
kommt es auch bei dem Begriffe der HomogenitÀt einer
Gesellschaftsgruppe auf das KlassengefĂŒhl an, auf ein
subjektives, stimmungsgemĂ€Ăes, welches die kon-
stitutiven Momente der anderen Zusammengehörigkeits-
grĂŒnde ĂŒberwiegt.
Dieses GefĂŒhl wird aber dann noch auĂerordentlich ver-
stÀrkt werden, wenn von der Allgemeinheil oder irgend
einer Obrigkeit der AusĂŒbende der Heilllunde eine Abgren-
zung, eine Sonderheitsstellung innerhalb des Gemeinschafts-
körpers gewÀhrt wird. Zwar sind die Bestrebungen der
Aerzte sich zusammenzuschlieĂen uralt und haben in der Ge-
werkschaftsbewegung ihren AbschluĂ gefunden, der Cha-
rakter einer Kaste oder einer Zunft hat die Eingliederung
der Aerzte in das öffentliche Leben in doppelter Hinsicht im
Auge. Auf der einen Seite wird dieser Besonderheit eine Ver-
gĂŒnstigung eingerĂ€umt: durch UnterstĂŒtzung des Selbst-
erhaltungstriebes soll durch bestimmte Vorschriften der Auf-
nahme von Mitgliedern und der AusĂŒbung der Ă€rztlichen
TĂ€tigkeit ein Sonderrecht zugestanden werden. Auf der
anderen Seite hat die Obrigkeit das entgegengesetzte Inter-
esse. Sie will eine volkswirtschaftliche Mission erfĂŒllen, in-
dem sie Vorkehrungen zur Sicherung von sachgemĂ€Ăer Ă€rzt-
licher TÀtigkeit trifft. Speziell durch Taxen, durch Àrztliche
GebĂŒhren-Ordnungen, will sie als Vertreterin der Allgemein-
heit diese in der Höhe der Enfgeltung schÀtzen.
Wenn auch diese beiden Gesichtspunkte scheinbar ent-
gegengesetzt sind, so haben sie doch auch mehrfache Be-
rĂŒhrungspunkte. Man kann feststellen, daĂ die vorgeschrie-
benen Forderungen bezĂŒglich der moralischen und tech-
nischen QualitĂ€t auch das Ansehen der Zunft selbst auĂer-
ordentlich heben und sich damit rĂŒckwirkend auf die Mit-
glieder fortpflanzen. Will die Obrigkeit auf die Tendenz der
Zunft regulierend einwirken, sich ein âMonopol" zu schaffen,
so will sie andererseits durch GewÀhrung bestimmter Ent-
geltungssÀtze doch eine gewisse Sicherheit der Entgeltung
festlegen. Namentlich durch Standesordnung und
Ehrengerichtsbarkeit, durch die Zunftver-
fassung und Zunf tger ich ts barkeit will die
Obrigkeit beiden Seiten gerecht werden und Rechte wie
Pflichten ausgleichend verteilen. Wir erleben aber in
der Ă€rztlichen Standesgeschichte, wie bei den ZĂŒnften das
merkwĂŒrdige Schauspiel, daĂ je nach der Macht, die der
Obrigkeit zu einer Zeit zu Gebote stand, die Entgeltung mög-
lichst gesenkt werden soll. Zwar will die Obrigkeit die Aerzte
zu möglichst hoher Bewertimg hochsteigen lassen, um damit
der Allgemeinheit Annehmlichkeiten zu bieten, aber auch
eine möglichst niedrige Entgeltung rechnet ebenfalls dazu.
Zunft- resp. Kastencharakter sehen wir in der Àrztlichen
Standesgeschichte fast ĂŒberall vorhanden, nicht nur in der
Jetztzeit, auch in der Vorzeit, nicht nur auf der höchsten,
sondern auch auf der niedrigsten Kulturstufe. Wir finden
ihn in den Zunftfamilien des animistischen Zeitalters
der Schamanen, den Zunftschulen mancher Neger-
stÀmme derselben Stufe, den Priester- Aerzten der höheren
theurgischen Entwicklungsstufe. Und auf der höch-
sten Stufe der wissenschaftlichen Heilkunde, sehen
wir bis in die Nen/eit hinein den Zunftcharakter ausge-
sprochen, und zwar nicht nur bei den WundÀrzten, sondern
auch bei den Aerzten. Ich habe alles Wissenswerte darĂŒber
in Nr. 32 der Hamburger Wochenschrift von 1921 zusammen-
gestellt.
TESTOGAIt THELYGMI
fĂŒr MĂ€nner.
fĂŒr Frauen.
Seit 8 Jakren bewahrte Spezifik« auf organ. -chemotherapeutischer Grundlage nach Dr. Iwan Bloch
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40. Jahrg. â Nr. 18/19
F o r t s c h'i i 1 1 e der M e d i z i o
XIX
Industrie u. Handel aus Nr. 18/19
vom 10. Mai 1922.
Aktiengesellschaft Mix & Genest
Telephon- und Telegraphen-Werke Berlin-Schöneberg.
AbschluĂ am 31. Dezember 1921.
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GrundstĂŒck Schöne-
berg, Genest st r
GrundstĂŒck Schöne-
berg, Reichartstr.
GebÀude Schöneberg
Grundst. u. GebÀude
Gelsenkirchen . . .
Grundst. u. GebÀude
Frankenhaiisen .
Maschinen .......
Utensilien
Mobilien
Werkzeug
.SchutzansprĂŒche . .
Beteiligungen . . . .
Wertpapiere
Bestand in Rohmat.
und Fabrikaten . .
Debitoren
Bankguthaben . . . .
Kasse u. Postscheck-
guthaben
Wechsel
BĂŒrgschaftsnehmer
M 618 583,35
4
621 312
124 373
32
1 600 000
65 000
160000
653 699
21 799 113
23 483 939
13
31 566 383
49
1 163 442
56
734 180
12
7 409
95
81 958 857
57
Verbindlichkeiten.
Aktienkapital . . . .
Gesetzlicher Reser-
vefonds
Speziaireserve . . .
Werkerhaltung . . .
Teilschuldverschrei-
bungen von 1920 . .
Teilschuldvef schrei
bungen-Zinsen . .
Teilschuldverschrei
bungen-RĂŒckzahl.
Kreditoren
Talonsteuer-RĂŒck-
stellung
UnterstĂŒtzungs-
fonds
Dividenden, uner-
hoben
BĂŒrgschaftsgeber
M. 618 58:;.:!.'»
Beingewinn
je
25 200000
2 520 000
800000
10 000 000
6 843 000
160 641
110160
28 809 271
161 500
2 864172
21 130
4 468 98080
94
86
Berlin-Nehöneberg. den 21 April 1922.
Dci
81 958 857 57
Vorstand.
Bilanz der Mitteldeutschen Credithank
per 31. Dezember 1921.
Aktiva.
Nicht eingezahltes Aktienkapital
Kasse, fremde Geldsorten, Kupons und Guthaben
bei Noten- u. Abrechnungs- (Clearing-) Hanken
Wechsel und unverzinsliche Schatzanweisungen
Nostroguthaljen bei Banken und Bankfirmen . .
Reports und Lombards gegen börsengÀngige
Wertpapiere
VorschĂŒsse auf Waren und Warenverschiffungen
Eigene Wertpapiere
Konsort ialbeteihgungen
Dauernde Beteiligung bei anderen Banken und
Bankfirmen
Debitoren in laufender Rechnung
a) gedeckte ........ M. 626659640,06
davon durch börseng. Wert-
pap. gedeckt M. 524 189256,08
b) ungedeckte
auĂerdem Aval- u. BĂŒrgsch.-
Debitoren . M. 113090925,52
Uebergangsposten der Niederlassungen
einander . .
BankgebÀude M. 19 374 991,11
abzĂŒglich Hypotheken . . . _., 2374_991,11_
Sonstige Immobilien M. 962 684,5(i
abzĂŒglich Hypotheken â , â
Mobiliar
258 037 040,07
untei
Passiva.
Aktienkapital . . .
Reserven ....
Kreditoren ....
Akzepte und Schecks
auĂerdem Aval- u
BĂŒrgschaf tsver pflichtungen
M. 113 090 925,52
Unerhpbene Dividenden
Heingewinn des Jahres 1921 . . M. 33 826 081,67
Vortrag aus dem Jahre 1920 . . â
520 262 400
1032 922 652
114 047 396
173 192 465
3 093 066
19 322 081
11 999 315
7 570 984
886 696 680
5 936 885
17 000 000
56
2 799 012 613 93
962 684
1
72
03
92
7*
55
r,
L0
71
13
16
170000 000 â
109 500000 â
2 413 748964)40
71 511 754,83
222 082 50
34029 812 20
2 799 012 613193
3 EST 56 WJRHĂTE)
W T I 12 H t: LI t*t A IT t C U fr4
> J O F O Q T . JCHMEQZJTI L L END*
I
BEI o RHEUMATISMUS* * 61 CHT*
GRIPPE âą NEURAL Gl EN »âhEQZĂ ES ( HWE&DEN'
dq'Q'zeiss* feflE UHA JA N \ L t:Nl CE T âąbrikew
L I TEQATUQ âą âą âą C H XX R. L O.T 71 ÂŁ à ö U Q G ⊠4U20 o W/ÂŁMW/P* âą PQOĂEjS
XX
Fortschritte der Medizin
40. Jahrg. â Nr. 18/19.
Gewinn- und Verlust-Rechnung per 31. Dezember 1921.
I nkosten
a) GehÀlter. .Teuerungszulagen, Gratifikationen,
Tantiemen und sonstige GeschÀftsunkosten .
b) Steuern '. . . ..* *y ;#*:-''./.''' -'l
BeitrÀge zum Beamten? Versicherungsverein des
Deutschen Bank- und Bankiergewerbes und zur
Wohlfahrtskasse der Bank ,
Absehreibungen auf BankgebÀude » .
Heingewinn ' VEBTEILUNG:
12Va % Dividende auf M. 90 000 000,â
Ueberweisung
l'eberweisung
Ueberweisung
Tantieme des
Vortrag auf
an die auĂerordentliche Reserve
an die Konto-Korrent-Beserw
an die Wohlfahrtskasse . . .
Aufsichtsrats
Rechnung , . . â
neue
99 01. ". 449 71
15 2H7 784 Ol
761 017 41
M07 5X0 71
11 âąJ.WDOO â
9Ă()0.(JUt) -
1 1 51 0 000 â
1 Ă00 1 00 â
032 926 82
3-16 88.".
150 252 244 04
( iewinn- Vortrag aus 1020
Gewinn aus Zinsen sowie aus deutschen und
fremden Wechseln
Gewinn aus Provisionen . . .
Gewinn aus Wertpapieren und Konsortialbetei-
ligungen
Gewinn aus dauernden Beteiligungen bei Banken
und Bankfirmen
Verschiedene Gewinne und MieteinnÀhmen . . .
M. 4
7d3 730 53
âą 5 552"! 9 50
38 215 307 91
35 Hl 1 524 77
2 079 505 8 >
8 590 105 41
150 252 244,04
In der heule abgehaltenen 07. ordentlichen Generalversamm-
lung unserer AktionĂ€re wurde die Dividende fĂŒr das GeschĂ€fts-
jahr 1921 auf Vly. % festgesetzt.
Der Dividendenschein fĂŒr 1921 kommt
mit M. 37,50 fĂŒr jede Aktie zu M. 300.^ I abzĂŒgl. 10 %
mit M. 150, â fĂŒr jede Aktie zu M. 1200. â | Kapitalertragsteuer
/in- Auszahlung. Die Einlösung der Dividendenscheine erfolgt
von heute ab:
in Frankfurt a. M., Berlin, Augsburg, Baden-Baden, Essen.
FĂŒrth, GieĂen, GĂŒttingen. Hamburg, Hanau, Hannover.
Hildesheim, Karlsruhe, Köln, Königsberg i. Pr., Leipzig.
Magdeburg, Mainz, Marburg a. d. L., Memmingen, MĂŒnchen,
NĂŒrnberg und Wiesbaden bei unseren Niederlassungen,
sowie bei unseren Deposilenkassen und Wechselstuben in
Alsfeld i. H., Biebrich a. Rh., BĂŒdingen, Butzbach i. H..
Kriedberg i. H., Höchst a. M., Lauterbaeh i. H., Limburg
a. d. L., Neu-Isenburg i. IL, Nienburg a. W., Ottenbach a. M..
Schölten i. H., Uelzen (Provinz Hannover und Wetzlar an
unseren Kassen wĂ€hrend der ĂŒblichen GeschĂ€ftsstunden, in
Coblenz und Köln bei der Firma Leopold ' Seligmann, in
Meiningen bei der Bank fĂŒr ThĂŒringen vormals B. M. Strupp
Aktiengesellschaft, in MĂŒnchen bei den Firmen Moritz
Sehulmann und H. AufhÀuser, in Stuttgart bei der Firma
ĂŒoertenbaeh & Gie., G.m.b.H.. in TĂŒbingen, Hechingen.
Sigmaringen und Metzrngen bei der Bankcommantlite
Siegmund Weil.
Die Dividendenscheine sind auf der RĂŒckseite mit dem
Firmenstempel oder dem Namen des Einreichenden zu versehen.
Frankfurt a. M., den 2. Mai 1922
Der Vorstand der Mitteldeutschen Ureditbank.
Dr. KĂ€tzenellenbogen. Mommscn. Reinhart. Wolfensperger.
Die von
festgesetzte
Scheines Nr.
in Dresden
in Herlin
in Leipzig
der Generalversammlung am 2-1. April d. .1. auf 20%
Dividende wird gegen Einreichung des Dividenden-
19
bei dem BankhÀuse Gebr. Arnhold,
bei der Commerz- und Privat-Bank A.-G. und
bei der Bank fĂŒr Handel und Industrie,
bei dem BankhÀuse Gefcr. Arnhold,
bei dem Bankhause Arons & Waltet und
bei dem Berliner Bankinstitut Joseph Goldgchmidt
& Co.,
bei dem BankhÀuse H. C. Plaut und
bei dem BĂ€nkhause Bayer & Heinze. Abteilung
F. W. SteinmĂŒller,
n Chemnitz bei dem Bankhause Bayer & Heinze
i usgezahlt.
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Indikationen: Husten, B_eizhusten, bei akuten und chroni-
schen Luftröhren- und Kehlkopfkatarrhen, auch tuber-
kulösen Ursprungs, bei Lungen- und Brustfellent-
zĂŒndungen, Keuchhusten in abklingendem Stadium,
nervöser Husten.
Verordnung: 1 Röhrchen Toramin-Tablellen (25 StĂŒck ca.
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10. Jahrg. â Nr. 20/21
XXXIV. KongreĂ der deutschen Gesellschaft fĂŒr innere
Medizin
in Wiesbaden vom 24. b i s 27. April 1022
Referent: Dresel- Berlin
L. Brauer- Hamburg-Eppendorf : Eröffnungsrede.
Eppinger- Wien : Referat ĂŒber Ikterus
FrLraobeiSprJfathf0?nese di& IktCrUS ist verknĂŒpft mit der
trage, ob die alte Lehre zu Recht besteht, daĂ die epitheliale
Leberzehe den Gallenfarbstoff bildet. Die einfachste Form des
Ikterus entsteht, wenn der Ductus choledochus z B durÀ einen
Stein verschlossen wird. Der Gallenfarbstoff nimmt im Blute zu
?LWir\Ga J1^?810" im Harn ^geschieden fcTfaTg
ĂŒbSen rtub\ ?eni«er GallensĂ€uren werden mit den
Ă hp r enbeStandteilen im Harn Senden. Eine weitere
Ă u .Gfaliengangsverschlusses ist der acholische Stuhl Die
Galle scheint, bevor sie ins Blut gelangt, sich der Lymph wege zu
bedienen. Das histologische Bild spricht ebenfalls dafĂŒr Auch
beim rein mechanischen Ikterus hat man jetzt eine funktionelle
mtrMg Z»«âą**âą*âą des Ikterus verantwortlich 'S
macht. DemgegenĂŒber ist darauf aufmerksam zu machen daĂ
schwere Leberzerstörungen durch Metastasen nicht zum Ikterus
zu fuhren pflegen. So einfach das Problem bei dem sSnĂŒK
ist, so schwierig wird es bei den anderen Ikterusformen
Es werden die zahlreichen Theorien, die zur ErklÀrung heran
gezogen worden sind, auseinandergesetzt, insbesondere dfe hÀmÀ-
logene und hepatogene Theorie. Von Minkowski u a A
das .funktionelle Moment in die Pathogenese der nicht lithogenen
Ikterusformen eingefĂŒhrt worden. Weiter kam man durch die
Epp inger sehe Methode der GallenkapillaruntersueW Es
lTr£enn-ChRdle,G?lenthr°mben und «ie Zerreissung der Kapil-
laren^ Die Beobachtung von B a n t i, daĂ die Milzexstirpation bei
SS1?6 h S?rmen#.v<m Ikterus eine gĂŒnstig« Wirkung aSsĂŒbt und
daĂ nach Milzexstirpation Toluilendiamin nicht mehr zum Ikterus
t? UW-f kS?0? fruchtbar- Sie fĂŒhrte zur Aufstellung des
KrankheitsbUdes des hÀmolytischen Ikterus. Bei diesem hfndell
es sich um vermehrtes Zugrundegehen von roten BlSpeTcheh
KongreĂberichte
XIII
wichen WlwE* ĂlilZeXa[ irp3li0n ZU heilen- A s c h o f f fand bei
Kupfle" zeilen" ^ T^i^VX * Ă
Aschoff« AatK d!« p â r i . Iunrte zu der Auffassung
BiLCubh\VbeSdoargedne ffifi^ ? TbZZ?? *? BMu"g ^
a- j * s*-11- i'ijinanns v. a. Ii e r g h könn e 7v\non ri'ifi
die aus dem Ductus choledochus gewonnene See âde
ĂESSes auch physiologisch
die &1ffi,!ffi^n?rea; spielt sicher die Miiz> aber auch
sich rhP Knnfl ei I,kler,us lst ein hepatolienaler. Wie
sieht n^S fefr "** * Uheâą*⹠«*â Rollen teilen!
Der Icterus catarrhalis bedarf unbedingt endlich einer KlÀ
rung. Die anatomische Untersuchung von 5 RKĂ?ÂŁaST
lere aĂer zeigten schwere ParenchymschĂ€digung Aus einem
harmlosen Icterus catarrhalis kann immer eine schwere Lebeâą
atrophie entstehen, oder es kann sich allmÀhlich eine Leberzir"
rhose entwickeln. Schwierigkeiten bietet die Frage wfe in diesen
Fallen der Ikterus entsteht. Sollten die Kupfferzellen die B hru
inbildung besorgen, so könnte man annehmen, daà diese gegen
ĂŒber den Leberzellen zu zahlreich werden. Dies Moment kommt
auch fĂŒr die - akute gelbe Leberatrophie in Betracht lus diesen
GrĂŒnden empfiehlt es sich, vorlĂ€ufig nur noch von dem sog «
Icterus catarrhalis zu sprechen. Eine einheitliche ErklÀrung des
SftX l u' Zlrrhosen und den Herzfehlern ist bisher nicht
Rnlt R SlChiTt Spid? bd letzterem die Gallenthromben eTne
u \ u eiu ^terus der pneumoniker liegen die VerhÀltnisse
Ă€hnlich, wahrscheinlich ist auch hier die Leber das exeknSti^t
Organ wahrend in den anderen Organen die PrÀparation vor sich
geht. Zusammenfassend kann man sagen, daĂ mit wenigen Aus
nahmen mechanische und funktionelle Momente eine Rolle8 spielen.
und hPhvIJnU« l Unr n S-.Eilangen: Ueber die Anatomie
und Physiologie der Lebennnervation.
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XIV
KongreĂ berichte
40. Jahrg. â Nr. 20/21.
Die Physiologie hat gezeigt, daĂ drs Glykogen in der Leber
auch direkt sympathisch-parasympathis h reguliert wird. Auch
der Eiwei'Ăsloffwechsel steht unter der Herrschaft von Vagus
und Sympathikus. Dasselbe ist mit der Gallenbildung der Fall,
lieber die anatomischen Grundlagen bestanden keine Unter-
suchungen. Der Sympathikus geht nie direkt zur Leber, sondern
ĂŒber die groĂen Ganglien zur Leberpforte. Umgekehrt verhĂ€lt
sich der linke Vagus, der den linken Leberlappen allein versorgt,
wÀhrend der rechte z. T. direkt, z. T. indirekt zur Leber zieht.
In der Hauptsache hat die Leberinnervation vasomotorische Auf-
gaben. Aber auch die chemischen VorgÀnge werden von ihr regu-
liert und zwar in der Hauptsache peripher.
W e s t p h a 1 - Frankfurt a. M.: Muskelinnervation der Gallen-
wege und ihre Beziehungen zur Pathologie,
Bei Vagusreizung am Halse kontrahiert sich die Gallenblase,
der Choledochus erweitert sich etwas und Galle wird herausbe-
fördert. Der Gallendruck nimmt zu. Bei stÀrkerer Reizung gibt
es einen Krampf, der zur AbfluĂhemmung fĂŒhrt. Atropin hebt
dies sofort auf, das gleiche ist bei Splanchnikusreizung der Fall.
Das Bild Àhnelt sehr dem, wie wir es vom Magen her kennen.
Bei Steinen fĂŒhren starke Vagusreize zu den starken Kontrak-
tionen und zu den Schmerzen. Die Stauung kann durch Vagus-
und Sympathikusreizung hervorgerufen werden, einmal durch
Krampf, einmal durch LĂ€hmung der Muskulatur.
Bieling und I s a a c - Frankfurt a. M.: Untersuchung ĂŒber
die Bedeutung von Leber und Milz fĂŒr die Entstehung des Ikterus.
Dosiert man die Seruminjektion zur intravitalen HĂ€molyse so,
daà das Tier 10 Stunden und lÀnger am Leben bleibt, so entsteht
ein Ikterus. Dies lĂ€Ăt sich weder durch Milzexstirpation noch
durch Blockade der gesamten Kupfferzellen durch Eisen ver-
hindern. In diesen Zellen ist die Produktionsstelle der hÀmoly-
tischen Körper. DafĂŒr, daĂ aus dem hĂ€molytischen Blut Gallen-
farbstoff gebildet wird, sind diese Zellen nicht mehr verantwort-
lich. Dagegen werden die Leberzellen selbst geschÀdigt gefunden.
Brugsch und E. Frankel - Berlin: Ueber funktionelle
Hypoeholie.
Es wurde die Einwirkung von Galle auf Seifen, besonders auf
slearinsaures Natron untersucht. Die Galle ist imstande, die
Seifen durch Quellung, Emulgierung und Lösung resorptionsfÀhig
zu machen. Nach Verbitterung von Stearin beim normalen Hund
wird die Seife resorbiert, nach Unterbindung des Gallengangs wird
sie restlos wieder ausgeschieden. Ebenso ist es auch beim Men-
schen. Der Gesunde resorbiert fast alles, bei völligem Gallen
gangsverschluĂ wird alles ausgeschieden. Die Zwischenwerte
zeigen Störungen der Gallenwirkung, die bisher unter den Begriff
der funktionellen Pankreasachylie gefallen waren und die mit
Brugsch als funktionelle Hypoeholie bezeichnet werden sollten.
K. B i n g o 1 d - Hamburg-Eppendorf : Ueber Blutfarbstoffabbau
und Ikterus, sowie ĂŒber die diagnostische Bedeutung des HĂ€matins
im strömenden Blute.
Insbesondere bei der perniziösen AnÀmie sowie bei verschie-
denen Toxikosen findet sich HĂ€matin im Blute. Auch bei durch-
gebrochener TubargraviditÀt kann es zu HÀmatinikterus kommen,
der auf Resorption hĂ€matinhaltiger Extravasate zurĂŒckzufĂŒhren
ist. HÀmatinbildung findet anscheinend im strömenden Blute statt.
R e t z 1 a f f - Berlin: Experimentelle und klinische BeitrÀge
zur Lehre vom Ikterus.
R. hat die Whipple- und H o o p e r sehen Versuche, die
eine wesentliche StĂŒtze des anhepatogenen Ikterus bilden, nach-
geprĂŒft und kann sie nicht bestĂ€tigen. Bei Tieren, deren Leber
ausgeschaltet war, konnte er durch Vergiftung mit Phenylhydrazin
nie eine Bilirubinvermehrung im Blute feststellen. Wenn er Galle
ins Duodenum brachte, so stieg beim Menschen und Tier der Bi-
lirubingehalt des Blutes, und zwar sowohl bei Gesunden wie bei
Ikterischen nur das indirekte Bilirubin. Dasselbe trat nach
Nahrungsaufnahme und nach Einbringung von Pepton und Mag-
nesiumsulfat ins Duodenum ein. Diese Resorption der Galle aus
dem Darm legt den Gedanken nahe, daĂ das gesamte normale
Bilirubin im Blute durch Resorption aus dem Darm entsteht. Wenn
aber bei Gesunden und Kranken GallefĂŒlterung das Blutbilirubin
erhöht, so erscheint es auch plausibel, den hÀmolytischen Ikterus
auf eine vermein te Resorption von vermehrtem Bilirubin im 'Darm
zurĂŒckzufĂŒhren. Die klinischen Beobachtungen lassen sich damit
sowohl wie die experimentellen in Einklang bringen. Der Icterus
haemolyticus wÀre demnach ebenfalls ein hepatogener, aber ver-
ursacht durch einen vermehrten Blutzcrfall und dadurch bedingte
Bildung von pleiochromer Galle (in der Leber) und Resorption
des Bilirubins im Darm.
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TĂŒbriken* Charlotten du rg -tyjuWien Ei
40. Jahrg. â Nr. 20/21.
K o n g r e IIb e r i c h t e
N fra berge r- Hamburg-Eppendorf: Ueber «Ii«' Leberlunk-
tion in der Schwangerschaft
Normalerweise isi in der Schwangerschaft das Bilirubin nichl
vermehrt und (ko Beaklion verzögert. In anderen fÀllen Iritl
eine Vermehrung des Bilirubingehaltes auf, teils mil verzögerter,
teils mit direkter Reaktion. Ebenso zeigen viele Schwangere
eine positive LĂ€vĂŒloseprobe, eine Störung der Leberfunktion,
LĂ€vulose in Dextrose umzuwandeln.
Lin s er- TĂŒbingen: Ikterus und Salvarsan.
In manchen FĂ€llen steigt nach det Salvarsaninjeklion der
Bilirubinspiegel des Blutes an, wahrend dies nach Ilg niemals
beobachtet werden kann. Die Dosis scheint hierfĂŒr keine Bolle
zu spielen. Fast y3 aller Falle von Lues hatte eine erhöhte Biliru-
bin'Ă€mie, oft schon im seronegativen Stadium. Spezifische Be-
handlung hatte ein Absinken des Bilirubingehaltes zur Folge.
Dies beweist, daĂ die meisten FĂ€lle von Ikterus bei Lues auf die
Lues und nicht das Salvarsan zurĂŒckzufĂŒhren sind.
Thannhausen v. Miller, .Schaber und M o n c a r p 9-
MĂŒnchen: Der Cholesterinstoffweehsel und seine Beziehung zur
UallensÀureausscheidung.
Es wurde eine Methode ausgearbeitet, Cholesterin und Gallen-
sÀuren getrennt zu bestimmen. Es lieà sich feststellen, daà der
Körper auf die Zufuhr von Cholesterin angewiesen ist, das nur
zusammen mit Fett resorbiert werden kann. Einen EinfluĂ auf
die GallensĂ€ureausscheidung hat die CholesterinfĂŒlterung nicht.
Die GallensÀuren sind vermutlich kein Stoffwcchselendprodukt.
A. A d 1 e r- Leipzig: Chemisch-physikalische Untersuchungen
an Gallenfarbstoffen und Cholesterin.
Bei geeigneter Versuchsanordnung und Auswahl geeigneter
Adsorbentien zeigte sich in vitro, daĂ die Adsorbierbarkeit des
Bilirubins in Anwesenheit von Cholesterin oder Lipoiden herab-
gesetzt wird. Ferner kann unter gewissen Bedingungen das Uro-â
bilin vom Bilirubin von der Adsorption verdrÀngt werden. Kata-
phoreseversuche an diesen drei Stoffen ergaben Resultate, die in
gleicher Richtung sprechen. Danach wĂŒrde sich erklĂ€ren, wieso
es bei Stauungs- und katarrhalischem Ikterus zur Bilirubinurie
kommt, denn bei diesen ist Cholesterin im Serum stark vermehrt.
Das Fehlen von Bilirubin im Harne bei dem Icterus neonatorum
und haemolytiCUS wird damit zu erklaren versucht, daĂ das Cho
lesterin vermindert ist. Hier kommt es also leicht zu Urobilinurie
falls Urobilin im Darm gebildet wird, wie beim [ct. haem.
L e p e h n e - Königsberg: Ueber die Ausscheidung der Gallen-
sÀuren beim Lebergesunden, Leberkranken und Neugeborenen.
Sogenannte Blasengalle hat höhere, Leichengalle geringere
GallensÀurezahlen gemessen mil der Schwefelblumenprobe. Icterus
calarrhalis zeigt deutliche Herabsetzung der Zahl bis 1 : 10. Aul
der Höhe der Erkrankung scheint die Leber wenig GallensÀure zu
bilden. Duodenalsaft beim Neugeborenen zeigt IMciochromie ohne
Zusammenhang mil dem Icterus neonatorum in Verbindung mit
einer Verringerung der GallensÀurezahl.
F. R o B e n t h a 1 -Breslau: Untersuchungen ĂŒber die Topik
der Gallenfarbstoff bildung.
Wenn in der Tat dem Sternzellensystem bei der Gallenfarb-
stoffbildung eine ĂŒberragende Bolle zukommt und eine funktio
nelle Ausschaltung dieses Systems durch Kollargolblockade mög-
lich ist, dann muĂ sich nach intensiver Kollargolbehandlung die
normale Gallenfarbstoffbildung bezw. jede Arl von Ikterus, auch
der mechanische Ikterus, koupieren oder abschwÀchen lassen.
Es wurde untersucht der EinfluĂ der Kollargolblockade auf
die normale Biliverdinausscheidung im Taubenkot, der EinfluĂ der
Kollargolblockade auf den Gallenfarbstoffgehalt im experimen-
tellen Cholasgos nach ZerreiĂung beider GallengĂ€nge und der Ein-
fluĂ der Kollargolblockade auf den Blutikterus nach Unterbindung
der GallengÀnge.
In sÀmtlichen Versuchen an der Taube konnte eine nennens-
werte Beeinflussung der Gallenfarbstoffbildung trotz histologisch
gesicherter Kollargolblockade der K u p f f e r sehen Zellen nicht
festgestellt werden. Hieraus dĂŒrfte folgen, daĂ die ĂŒberragende
Rolle der Betikuloendothelien bei der Gallenfarbstoffbildung nicht
bewiesen ist. Hieran schlieĂen sich Beobachtungen ĂŒber den
"mechanischen Ikterus bei Vögeln, der gleichzeitig ein grĂŒner und
gelber Ikterus ist, und dessen Entslehungsmechanismus eine
StĂŒtze fĂŒr die Minkowskische Parapedeselehre darstellt.
L. StrauĂ und E. A d 1 e r- Frankfurt a. M.: Untersuchungen
zum Mechanismus der Bilirubinreaktion im Serum bei Erkran-
kungen der Leber und des Blutes.
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XVI
KongreĂberichte
40. Jahrg. â Nr. 20/21.
Im Hinblick auf die groĂe Bedeutung der H. v. d. Bergh-
schen Reaktion wurden Untersuchungen angestellt, die zunÀchst
in vitro, dann in groĂen Serienuntersuchungen zeigen, daĂ die
Beschaffenheit des Serums selbst, d. h. ihre Kolloide und Kristal-
loide maĂgebend fĂŒr den Ablauf der Reaktion sind. Und zwar
bei fast allen Ikterischen eine Erhöhung des Na-Spiegels und eine
Verminderung der Globulinfraktion namentlich beim Icterus ca-
tarrh. auf der Höhe der Erkrankung und bei akuter gelber Leber-
atrophie. Letztere weniger ausgesprochen bei Cholelithiasis und
dekompensierten Herzfehlern. MutmaĂung, daĂ die Störung im
VerhÀltnis von Albuminen zu Globulinen mit einer mangelhafteren
SynthetisierungsfÀhigkeit der in diesen FÀllen meist pathologisch
verÀnderten Leberzelle zusammenhÀngt.
KĂ€mmerer-MĂŒnchen: Zur enterogenen Urobilinbiklung.
Jede Stuhlaufschwemmung vermag Bilirubin in Urobilin zu
verwandeln. Der Mechanismus ist durch Anaerobia nicht bedingt,
da die StuhlĂŒberfĂŒhrung auch aerob geschieht. Erhöhung auf ĂŒ0°
bringt keine VerĂ€nderung, es mĂŒssen also sporenlragende Er-
reger sein. MaĂgebend fĂŒr diesen Mechanismus sind die Unter-
suchungen von Bien stock ĂŒber den komplexen Charakter der
EiweiĂfĂ€ulnis, wo aerobe das Wachstum der anaeroben durch
Wegnahme des Sauerstoffes ermöglichen. SÀurebildung (Koli etc.)
hemmt die Urobilinbildung.
R a b e - Hamburg-Eppendorf : Zur Desinfektion der Gallen-
wege.
Mit einem Produkt, das erst durch Umsetzung in der Leber
zur Wirksamkeil kommt, konnte beim Hunde Steigerung der
Gallenmenge und Herabgehen der Keimzahl bis auf Vso gesehen
werden. NachprĂŒfung am Menschen ergab Ansteigen der Gallen-
menge auf das 2 â 3 fache und ebenfalls Verringerung der Keim-
zahl. In FĂ€llen von frischer, fieberhafter Cholangitis trat Ent-
fieberung sowie subjektive und objektive Besserung auf. Bei
chronischer Cholelithiasis ist das PrÀparat nicht zu empfehlen.
Gustav Sing er- Wien: Zur Chemotherapie der Gallenwege.
In frĂŒheren Versuchen wurde die gĂŒnstige Wirkung von Me-
tallen, besonders kolloidalen SilberprĂ€paraten, bei EntzĂŒndungen
der Gallenwege klinisch erprobt. Es kam darauf an, solchen wirk-
samen Körpern eine erhöhte elektive AffinitÀt zum Lebergewebe
zu verleihen. Hier kamen ⹠vor allem die GallensÀuren in
Betracht. Der Autor war bestrebt, durch Kuppelung von Gallen-
sÀuren mit pharmakologisch wirksamen Körpern zu Produkten
mit elektiv auf die Leber eingestellter Wirksamkeit zu gelangen.
Ein Teil dieser Untersuchungen, die in Gemeinschaft mit R. Will-
heim ausgefĂŒhrt sind, wird mitgeteilt, wobei eine Verbindung
von GallensÀuren mit kolloidalem Silber, das in der Gonorrhöe-
therapie bekannte PrĂ€parat âCholeva 1" intravenös zur Anwen-
dung kam. In mehr als 15 FĂ€llen von Cholangitis und Cholezystitis
wurde mit intravenöser Applikation von 10 â 20 cem 1 proz. Lösung
(manchmal zwei bis drei Tage hintereinander) rascher RĂŒckgang
und Schwinden aller anderen Krankheitserscheinungen auch bei
vorher langwierigen Prozessen erzielt.
E. Grate- Rostock (nach Untersuchungen mit H. Freund:
Chemische WĂ€rmeregulation und EiweiĂstoffwechsel.
FrĂŒhere Versuche hatten eine Steigerung des EiweiĂstoff- ]
wechseis nach Ausschaltung der WĂ€rmeregulation mittels Durch-
trennung des Halsmarkes ergeben, wÀhrend nach Brustmark-
durchschneidung, die nur die physikalische WĂ€rmeregulation aus-
schaltet, etwa normaler EiweiĂstoffwechsel vorhanden ist. Adre-
nalin verringerte im Gegensatz zu den Angaben anderer Autoren
den EiweiĂstoffwechsel. Trotz Steigerung des Stoffwechsels sank
beim nÀchtlichen Absinken der Thermostatentemperatur die 1
Körpertemperatur.
K. D r e s e 1 und E. W o 1 1 h e i m: Physikalische und chemische 1
VerÀnderungen des Blutserums nach Nahrungsaufnahme bei Ge- 3
sunden und Leberkranken.
Bei positivem Ausfall der W i d a 1 sehen Leberfunktionsprobe |
zeigte sich konstant eine VerdĂŒnnung des Blutserums, beobachtet I
am Verhalten der Polarisation und des Rest-N. Lebergesunde»
dagegen zeigten eine Eindickung des Blutserums nach Nahrungs-B
aufnÀhme. Die Verdiinnung beim LebergeschÀdigten ist der Aus-B
druck eines parasympathischen Reizzustandes â Ă€hnlich dem ana-W
phylaktischen Schock â wĂ€hrend die Eindickung Symptom einesj
sympathischen Reizzustandes ist. Diese Aenderung der Konzen-
tration des Blutserums erwies sich als zuverlĂ€ssiger fĂŒr die Be-
urteilung der Leberfunktion als das Verhalten der Leukozyten-
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40. Jahrg. â Nr. 20/21.
KongreĂ berichte
XVII
E. R e i s s - Frankfurt a. M. und II. Wör n er-WeiĂenfels:
Neuere Untersuchungen ĂŒber alimentĂ€re Galaktosuric bei Leber-
krankheiten.
Die akute gelbe Leberatraphie und der Icterus catarrhalis zei-
gen eine ganz besondere Intoleranz gegen Galaktose. Wahrschein-
lich ist die ParenchymschĂ€digung der Leber hierfĂŒr verantwort-
lich zu machen. Die PrĂŒfung auf alimentĂ€re Galaktosuric ist da-
her nicht eine allgemeine LeberfunktionsprĂŒfung, sondern gibt uns
Anhaltspunkte fĂŒr bestimmte SchĂ€digungen.
V. Schilling- Berlin : ErgÀnzungen zur Leberdiagnostik
durch das Blutbild.
Bei der Schwierigkeit klinischer Leberdiagnostik hat die
symptomatische Verwertung des Blutbildes groĂe praktische Be-
deutung. Die gestörte Leberfunktion an sich wirkt kaum auf das
Blutbild. Dagegen verÀndern alle blutwirksamen Prozesse, auch
in der Leber lokalisiert, das Blutbild in einer oder mehreren seiner
Komponenten (rotes Blutbild, L.-Zahl, DifferentialverhÀltnis, Kern-
verschiebung). Cholangitis und LeberabszeĂ sind diagnostisch,
symptomatisch und prognostisch durch leukozytÀre Bilder gegen
Gallensteine und Tumoren zu sondern; hÀmolytischer Ikterus zeigt
starke rote Blutmauserung im âdicken Tropfen", infektiöser Ikte-
rus infektiöses Leukozyten- und toxisches rotes Blutbild, katarrha-
lischer und sonstiger Stauungsikterus sehr geringe VerÀnderung.
Diskussion der vorangegangenen VortrÀge.
Frank- Breslau sucht aus dem unklaren Gebiet der hyper-
trophischen Leberzirrhose eine besondere klinische Form heraus-
zuschĂ€len, die durch groĂen Milztumor, AnĂ€mie, Leukopenie und
Thrombopenie charakterisiert ist und die schwere SchÀdigung
der Leber durch funktionelle PrĂŒfung sehr gut erkennen lĂ€Ăt. Der
bei dieser Krankheit bestehende Ikterus wird durch die Milz-
exstirpation beseitigt, diese bedeutet offenbar eine maximale Scho-
nung der Leber, der nunmehr die beim Zerfall der Erythrozyten
entstehenden Stoffe nicht mehr oder viel verzögerter zuflieĂen.
G r u n e n b e r g - Berlin: Das direkte und indirekte Bilirubin
lĂ€Ăt sich durch seine Chloroformlöslichkeit trennen. Das indi-
rekte Bilirubin ist in Chloroform löslich, das direkte nicht. Zu-
satz von Alkali zum chloroformlöslichen Bilirubin macht es chlo-
roformunlöslich. Zusatz von SÀure zum chloroformunlöslichen
Bilirubin macht dies chloroformunlöslich. Unterschiede im spek-
trophotometrischen Verhallen lassen sich nicht finden.
Schiff -Berlin: Bei gröĂeren Kindern mit Ikterus lieĂen
sich 2 verschiedene Typen unterscheiden. Bei allen bestand Uro-
bilinurie und GallensÀurcausscheidung im Urin, BilirubinÀmie,
osmotische Resistenzerhöhung und Hypercholest°rinÀmie. Die
Differenz bestand allein im Ausla" ' "x;'>7.oreaktion. WĂ€hrend
3 Monate hindurch nur indirekte Beaktionen zur Beobachtung
kamen,, Ànderte sich das Bild dann insofern, daà die direkte Be-
aktion prompt ausfiel. Das Serumbilirubin kann also auch beim
Stauungsikterus die indirekte Beaktion geben und es kann durch
den Harn auch zur Ausscheidung gelangen. Der verschiedenartige
Ausfall der Diazoreaktion zeigt wahrscheinlich nur eine verschie-
denartige Lokalisation des zum Ikterus fĂŒhrenden pathologischen
Prozesses an.
P 1 a u t - Hamburg: Es wurde die WĂ€rmeregulation nach Zer-
störung des Plexus coeliacus untersucht und gefunden, daà die
chemische WĂ€rmeregulation durch die angegebene Operation ge-
stört wird.
Schnabel: Bei Pneumokokkeninfektion lĂ€Ăt sich in geeig-
neten FĂ€llen HĂ€matinbildung nachweisen.
N a e g e 1 i - ZĂŒrich: In der Ikterusfrage mĂŒssen wir vor allem
die klinische Basis erweitern. Die HĂ€moklasieprobe sollte in
allen FĂ€llen durchgefĂŒhrt werden, desgleichen die Probe auf Gal-
lensĂ€ure. Nur aus der ĂŒberragenden Mehrzahl der FĂ€lle können
SchlĂŒsse gezogen werden. Beim katarrhalischen Ikterus sind
Darmstörungen oft nicht vorhanden. Oft stellen sich nach einigen
Jahren MilzvergröĂerungen etc. ein.
V. S c h i 1 1 i n g - Berlin: Die Bolle der Sternzellen ist durch
Aschoff zu sehr bei der Bilirubinbildung in den Vordergrund
gerĂŒckt worden. Die Sternzellen sind ein Netz, durch das alle
Stoffwechselprodukte hindurchgehen. Sie haben eine Schutz-
wirkung.
W e s l p h a 1 - Frankfurt a. M.: Im Duodenalsaft von Ikterus-
fÀllen finden sich hÀufig Protozoen (Lamnia intestinalis). Desgl.
im Stuhl. Die Lamnien können in die Galle eindringen. Es schei-
nen Beziehungen zwischen dem Auftreten von Lamnia und Ikterus
zu bestehen.
L i c h t w i t z - Altona : Das Ulcus duodeni geht sehr hÀufig
â ffl
eutralon
vorzĂŒglich bewĂ€hrt bei â
Hyp<zraciditÀt,
Hyp<zrs<zkr<ztion,
Ulcus ventricull
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KongreĂ berichte
41). Jahrg. â Nr. 20/21.
mit vermehrtem Bilirubin im Blute einher solange es Beschwerden
macht.
W ö r n e r - Frankfurt a. M. macht noch einmal auf die Bedeu-
tung der GalakloseprĂŒfung fĂŒr die Beurteilung der Leberfunktion
aufmerksam. Einige Beispiele werden hierfĂŒr gegeben.
L e s c h k e - Berlin: Die hÀmoklasische Krise beruht wahr-
scheinlich auf einer mangelnden synthetischen Funktion der Leber.
AminosÀuren bewirken, intravenös injiziert, einen Leukozyten-
sturz. Per os verfĂŒttert machen sie beim Normalen keine Krise.
Lieber die extrahepatische Bilirubinbildung ist zu sagen, daĂ man
immer 24 Stunden nach der Einverleibung von HĂ€moglobin Bili-
rubinbildung extrahepatisch beobachten kann.
Semmler - Berlin demonstriert Kurven ĂŒber die Einwirkung
der AminosÀuren auf den Blutbefund und deutet sie als anaphylak-
lischen Schock.
G. Klemperer - Berlin : Man unterscheidet am besten
leichten Ikterus und Icterus gravis. Dann umgehen wir den Aus-
druck Ikterus catarrhalis. Sehr wichtig wÀren bestimmte Anhalts-
punkte fĂŒr die Schwere eines Falles. Diagnostische UnterstĂŒtzung
kann die Untersuchung des Duodenalsaftes geben. Insbesondere
ist der Befund von Eiterkörpereben von Wichtigkeit. ErhÀlt man
mit Pepton keine Galle, so kann man eine Schrumpfung der Gallen-
blase vermuten. FĂŒr die Funktion der Leberzellen empfiehlt sich
die von Amerikanern angegebene Farbmethode. Das feinste Rea-
gens bildet aber die klinische Allgemeinuntersuchung, insbesondere
auf zerebrale Erscheinungen.
Stepp- GieĂen: Durch Wittepeptön wird nicht eine vermehrte
Gallenbildung, sondern eine Kontraktion der Gallenblase erzielt.
Der Beweis hierfĂŒr wird auf verschiedenen Wegen gefĂŒhrt. Lam-
nia intestinalis hat auch er hÀufiger gefunden.
Schade- Kiel: Die Methoden der GallensÀuremessung be-
ruhen auf Aenderungen der OberflÀchenspannung. Diese Werte
sind aber fĂŒr die Konzentration der GallensĂ€uren nicht zu ver-
werten.
BĂŒrger- Kiel: Die Veresterung des Cholesterins verhĂ€lt sich
verschieden beim mechanischen und funktionellen Ikterus. Die
GrĂŒnde hierfĂŒr werden besprochen. Sind GallensĂ€uren vermehrt
im Blute, so findet man das Fett gelöst im Serum nicht als HÀmo-
konien. Die Vermehrung des Rest-N fand sich auch in FĂ€llen, die
sicher keine akuten gelben Leberatrophien waren.
V o 1 h a r d - Halle: Bei dem in letzter Zeit beobachteten, epide-
misch aufgetretenen Ikterus hat Grote einen sehr starken Blut-
zerfall bei einem Kranken beobachtet. â Sicher gibt es FĂ€lle von
echtem Icterus catarrhalis. â Oft findet der Chirurg bei langer
Stauung keine Galle in den Gallenwegen. Hier muĂ die Leber-
zelle fĂŒr den Ikterus verantwortlich gemacht werden.
G u n d e r m Ă€ n n - GieĂen weist auf ZusammenhĂ€nge zwischen
Gallensekretion und Urinmenge hin.
Fisch ei r : Es ist nicht ausgeschlossen, daĂ die Blutfarbstoffe
erst vollstÀndig abgebaut werden und dann eine Synthese der ver-
schiedenen Farbstoffe beginnt.
E m b d e n - Frankfurt a. M.: Untersuchungen des Cholesterin-
gehaltes der verschiedenen Organe bei Avitaminosen ergaben eine
sehr starke Cholesterinvermehrung yn Blut. Muskel usw.
Gotjt,schalk -Frankfurt a. M.: Viele Schwangere zeigen
eine SchÀdigung ihres Zuckerstoffwechsels als Ausdruck ihrer
LeberschÀdigung.
Beckmann weist auf Verschiedenheiten in der Ausschei-
dung des direkten und indirekten Bilirubins in der Niere hin.
v. F r i e d r i c h - Frankfurt a. M.: Bei verschiedenen Ikterus-
formen, abgesehen vom mechanischen Ikterus, wurde der Chole-
steringehalt des Blutes und des Duodenalsaftes bestimmt. Es zeigte
sich bei verschiedensten Ikterusformen, daĂ im Duodenalsaft Cho-
lesterin nicht nachzuweisen war, im Blut war teils Hyperchole-
sterinÀmie, teils normale Werte. Nach Ablauf des Ikterus kehren
in den meisten FÀllen normale VerhÀltnisse wieder, aber in einigen
bleibt eine verzögerte Cholesterinausscheidung. Die Unter-
suchungen geben einen Hinweis, daĂ die Leber auch beim sog.
Ict. catarrh. geschÀdigt ist, ferner daà man die Partialfunktionen
der Leber unterscheiden muĂ.
W ei t z - TĂŒbingen weist auf die Wichtigkeit von Farben-
intensitÀt und Farbton im Urin und Serum bei Leberkranken
hin und demonstriert einen Apparat zur Untersuchung dieser
Dinge.
B i 1 1 o r f - Breslau: Beim mechanischen Ikterus ohne Leber-
zellschÀdigung steigt der Sekretdruck in den Zellen durch
Stauung in den Kapillaren, so daĂ durch die Leberzelle auch an
den nicht prÀformierten Stellen Galle durchtritt. Beim hÀmoly-
tischen Ikterus steigt der Sekretdruck durch die Sekretbildung in
der Zelle selbst. Bei allen Ikterusformen mit ParenchvmschÀdi-
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10. .Jahrg. â Nr. 20 21
K o n g r e Ă h «â r i <â Ii t r
XIX
â Aun& muĂ die Minkowski sehe Lehre von der Parapedese
herangezogen werden. Der groĂe Unterschied in dem klinischen
Bilde des hÀmolytischen Ikterus und des mechanischen Ikterus
weist auf verschiedene Hindling des Bilirubins im Hinte hin, eni
sprechend der direkten und indirekten Reaktion.
Lohr- Kiel: An Gallenfisteln nach Operationen wurden die
verschiedenen Chemotherapeutika ausprobiert und festgestellt, daĂ
sieh die Bakterienflora /.war unterdrĂŒcken lĂ€Ăt, sobald die Mittel
aber abgesetzt werden, treten die Bakterien wieder auf, weil sie
in den Wandungen der < lallenblase angesiedelt sind
Heà -Köln: Es wurden bei ultramikroskopische r Unter-
suchung des Serums von lklerisehen eigenartige Gebilde gefunden,
die sieh von den roten Blutkörperchen herleilen und nur selten
bei Nichtikteri sehen gefunden werden.
H e r x h e i m e r -Wiesbaden warnt vor UeberschÀtzung der
anatomischen Befunde. Zentrale LÀppchennekrose wird sehr hÀu-
fig gefunden. Ks muH doch eine funktionelle Störung hinzukom-
men. Das retikuloendothelialc Gewebe darf nicht ĂŒberschĂ€tzt
werden.
R et zl a f f - Berlin wendet sich gegen die Ansicht Stepp.s,
daĂ durch das Wittepepton nur die Gallenblase entleert wird.
A d 1er- Leipzig: Wichtig ist die Untersuchung des Quotienten
iles Stuhl- und Urinurobilins, die mehrere Tage nacheinander vor-
genommen wei den muĂ. â
Lepehne- Königsberg: Das letzte Wort ist auch durch die
heute von Rosentha 1, R e I z 1 a f f usw. vorgetragenen An-
sichten ĂŒber den retikuloendothelialen Apparat nicht gesprochen
Auf verschiedene FehlschlĂŒsse wird hingewiesen.
Minkowski -Breslau: Eppinger hat sich seinen An-
sichten sehr genĂ€hert. Die heutige Diskussion hat ergeben, daĂ
das retikuloendotheliale Gewebe in seine ihm gebĂŒhrenden Schran-
ken gewiesen werden muH. Schon in einer sehr allen Arbeit mit
Naunyn wurde gezeigt, daĂ Bilirubinbildung extrahepatisch
möglich ist, daà aber die rlauptmenge in der Leberzelle entsteht.
Auch das mechanische Moment ist in der Auffassung Eppin-
gers zurĂŒckgetreten. Schon vor vielen Jahren hat M. den Ver-
gleich zwischen SchÀdigung der Leberzelle und BilirubinÀmie und
SchÀdigung der Nierenzelle und Albuminurie gezogen. Auch die
Benennung des Icterus simplex als ..sog." Icterus catarrhalis ist
von M. schon im ..Mehring" erfolgt und auf die Vielgestaltigkeil
dieser Krankheil hingewiesen Die Milz scheint bei dem Unter
gang der roten Blutkörperchen eine Rolle zu spielen. Auch den
hĂ€molytischen Ikterus aber macht die Leberzelle. SchlieĂlich
wird auf die Bedeutung der Untersuchung der Duodenalgalle tun
gewiesen
llijmnnn v. d. B e r gh - Amsterdam: Es ist sehr schwer, die
Krage zu entscheiden, ob das Bilirubin in den Sternzellen entstehe
oder nicht. Das ist aber gar nicht so wichtig. DaĂ der Ikterus
durch extrahepatische Bilirubinbildung entstehen kann, ist nicht
wahrscheinlich. Dies kann höchstens zu einer gering vermehrten
BilirubinĂ€mie fĂŒhren. Die Milz spielt sicher eine grolle Rolle
Die Frage, ob es mehrere1 Arien von Bilirubin gibt, ist noch nichl
entschieden, aber unwahrscheinlich. Vermutlich sind physikalisch
chemische A ender nngen fĂŒr die verschiedene Reaktion verant-
wortlich. â Klinisch sind wir jedenfalls durch die Forschung der
letzten Jahre weitergekommen, was an Beispielen gezeigt wird.
E p |> i n g e r - Wien SchluĂwort .
C laudius- Kopenhagen: Eine Methode zur Mikrobestimmung
des Chlors im Blute und anderen albuminhaltigen Medien.
Die Lösung wird mit 7,00 AgNO.-. versetzt, einige Tropfen
ilNO:, âą zugefĂŒgt, gekocht. Kaliumpermanganat zugesetzt, nach
Kochen absoluter Alkohol hinzugefĂŒgt und schlieĂlich nach Zusatz
\ on Eisen als Indikator mit Vaoo Rhodankaliumlösung titriert.
R o t h e r - Berlin: Mikrobe Stimmung der HarnsÀure im Blute.
Eine Kritik der analytischen Methodik ergab, daĂ Phosphor
wolframsÀurecholorimetrierungen nur bis zu einer gewissen
Grenze ausreichend exakt sind. DarĂŒber hinaus'sind die Kolori-
riieterwerte viel zu gering im Vergleich zu den laisÀchlich vor-
handenen HarnsÀureniengen. Es gibt bisher keine Methode,
welche EiweiĂkörper aus Blul oder Serum quantitativ entfernt,
ohne betrÀchtliche HarnsÀureniengen mit auszufÀllen. Hydrolyse
des gesamten Blutes und nachherige HarnsÀurebestimmung ver-
spricht bessere Resultate. Als Ersatz fĂŒr die unbestĂ€ndige Harn-
sÀurestandardlösung wird Verwendung einer wÀssrigen Hydra-
zinsulfatlösuJiig empfohlen, die auch an der Luft unverÀndertes
Reduktionsvermögen behÀlt
G e h r i g - Hamburg-Eppendorf: Kohlehydratreiche Nahrungs-
mittel und GlykÀmie.
ZurunaufTÀlligen diÀtetischen Darreichung krÀftiger Bromdosen
»HauptsÀchlich ist die erhöhte WirksamKeit in dieser Form wohl
derguten Resorption zuzuschreiben Ichselbst konnte feststellen
dass eine deutliche Wirkung einmal 6, ein zweites Mal be-
reits Minuten nach dem Trinken einer in 100 ccm heis-
sen Wassers gelösten Tablette eintrat« Mange/sdorf
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1. durch auĂerordentlich rasche Reinigung der Wunden;
2. durch gĂŒnstige Beeinflussung der Granulationsbildung;
3. durch vollkommene Reizlosigkeit;
4. durch Ungiftigkeit;
5. es tritt kein Verkleben der Verbandstoffe ein;
6. Jdiosynkrasien, wie sie bei Jodoform und anderen jodhaltigen Antiseptisin
hÀufig vorkommen, sind nie beobachtet worden;
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XX
KongreĂberichte
40. Jahrg. â Nr. 20/21.
Kohlehydratreiche Nahrungsmittel zeigen eine ziemlich kon-
stante Kurve der HyperglykÀmie. Bei Diabetikern steigt der Blut-
zucker höher an und fÀllt langsamer ab.
Haas-GieĂen. Ueber die Millen sehe Reaktion im Blute
und deren quantitativer Ablauf.
Bei entsprechendem Vorgehen gelingt es, die M i 1 1 o n sehe
Probe im Sinne der WeiĂ sehen Modifikation auch auf das Blut
zu ĂŒbertragen und im enleiwei'Ăten Blutserum die mit der Mil-
l o n sehen Probe reagierenden Stoffe nicht nur qualitativ, sondern
auch quantitativ zu bestimmen. Aus der Summe der die Mi Hon
sehe Reaktion gebenden Substanzen gelang es ferner, einzelne
Fraktionen abzutrennen. Erhöhte Werte der Àtherlöslichen und
hitzeunbestĂ€ndigen Fraktion sprechen fĂŒr vermehrte EiweiĂein-
schmelzung unter bakteriellem EinfluĂ, wĂ€hrend die wasserlös-
liche, hitzebestĂ€ndige Fraktion fĂŒr die akute gelbe Leberatrophie
von Bedeutung ist.
E. K f a u li - MĂŒnchen : Die Ausscheidung der harnfĂ€higen
Stoffe, insbesondere der HarnsÀure, unter dem Einfluà von subku-
tanen Adrenalingaben.
Bei der essentiellen Hypertonie wird ineist, trotz erhöhter
HarnsĂ€ure im Serum, ein niedriger endogener Ha r nsĂ€ĂŒrewe'r t im
Urin gefunden. Bei Gesunden ist in einer kĂŒnstlich durch Adrenalin
erzeugten Hochdruckperiode die Stickstoff-, Harnstoff-. Kreatinin-
und Kochsalzausscheidung meist gesteigert, die HarnsÀureaus-
scheidung verringert, sobald sieh ein stÀrkerer Anstieg des Blut-
drucks gellend macht. Die Wasserausscheidung ist meist ver-
ringert, kann aber auch erhöht sein. Im Serum staut sich die
HarnsÀure wÀhrend der Hochdruckperiode. Der Grad der Harn-
sĂ€ur everminderyng im Urin scheint zum groĂen Teil abhĂ€ngig
von der. Reaktion des Blutdrucks zu sein. Es gibt demnach in
der Niere eine Partialf unk tion, die isoliert geschÀdigt werden
kann. Als SpÀtwirkung der Adrenalininjeklion ist eine vermehrte
HarnsÀureausscheidung, bedingt durch vermehrtes Angebot, zu
beobachten.
Wilhelm Stepp und Behrend B e h r e,n s - GieĂen: Darf
BrenztraubensÀure als Quelle des Azetaldehyds im menschlichen
Körper angesprochen « erden?
Wenn man steril entnommenes Blut mit BrenztraubensÀure
versetzt und nach Beigabe von Dinatriumsulfat 12 Stunden bei
.'57° hÀlt, so wird aus der BrenztraubensÀure Azetaldehyd abge-
spalten. Im' menschlichen Blute kommt also ein
Ferment vor, das BrenztraubensÀure in Azetnl-
d e h y d und KohlensÀure zerlegt (C a r b o x y 1 a s e
Der von Step p und Feulgen als normales intermediÀres Stoff-
wechselprodukt erkannte Azetaldehyd stammt also aus der Brenz-
traubensĂ€ure. Der Zuckerabbau geht beim Menschen ebenso ĂŒber
die BrenztraubensĂ€ure-Azetaldehydslufe, wie das fĂŒr die alkoho-
lische HefegÀrung von Neuberg gezeigt wurde.
S. J. Thann haus er und St. WeiĂ-MĂŒnchen Ueber die
Vorstufe des Pigmentes bei melanotisehen Tumoren.
Aus den Nieren zweier Kranker konnte ein Melanogen isoliert
werden, welches die Untersucher als BrenzkatechinessigsÀure
- HomoprolokatechusÀure) identifizierten. Durch diesen Befund ist
es wahrscheinlich, daĂ in der Pigmentzelle und in der Neben-
niere ein Ferment vorhanden ist. das aus EiweiĂspaltstĂŒcken, die
einen Phenylresl enthalten, Brenzkatechinderivate zu bilden im-
stande ist (Brenzkatechinase). Der Zusammenhang zwischen
Nebenniere und Pigmentbildung dĂŒrfte nicht in dem Produkte der
inneren Sekretion der Nebenniere, dem Adrenalin, zu suchen sein,
sondern in der Anwesenheit eines gleichartigen Fermentes (Brenz-
katechinase) in der Nebenniere und Pigmentzelle.
0. Adler- Karlsbad: Ueber das Melanin.
Das Melanin ist kein einheitliches Produkt. Tumormelanin und
MelaninsÀure sind zu unterscheiden. Die MelaninsÀuren zeigen
SĂ€urenatur, sind gegen Reduktionsmittel sehr resistent, von Oxy-
dationsmitteln werden sie leicht verbrannt. Die Gerinnung des
Blutes wird gehemmt. Es gelingt, eine groĂe Zahl von Melanin-
sÀuren darzustellen. Dies ist nur aus aromatischen Stoffen
möglich.
Offenbache r - FĂŒrth: Die alimentĂ€r-glykĂ€mische Reaktion
und ihre diagnostische Bedeutung.
50 g Dextrose werden in 300 cem FlĂŒssigkeit verabreicht und
Blutzucker und Harnzucker verfolgt. Diese Methode wird als Me-
thode der Wahl vorgeschlagen, da mit ihr gleichmĂ€Ăige Resultate
gewonnen werden, wie an zahlreichen Beispielen gezeigt wird.
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Pigmentierungen ; ferner in den FĂ€llen,
wo Zink- bzw. Schwefel indiciert ist.
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K im g r e II I) e r i c Ii t e
XXI
U 1 Itaann- Berlin: Die Bedeutung der endogenen HarnsÀure-
ausseheidang bei Lobererkrankangen,
Bei einer Beihe von Erkrankungen mit Ikterus wurde die1
HarnsÀureausscheidung bei purinfreier Kost fortlaufend unter-
sucht. Dabei wurde folgendes gefunden: FĂ€lle von subakuter
Leberatrophie zeigen in den mehr akuten Stadien eine grolle Harn
saureausscheidung. Sie kann Werte von 1,5â2 g laglieh erreichen
Schwerere FĂ€lle von katarrhalischem Ikterus bedingen Werte von
100 â 800 mg. Keine Erhöhung der HarnsĂ€urcwerlc wurde bei
leichten FĂ€llen von katarrhalischem Ikterus, Leberzirrhose, pri-
mÀrem Leberzellenkarzinom und Cholelithiasis festgestellt. Bei
der subakuten Leberatrophie geht das allmÀhliche Absinken der
HarnsÀurewerte mit der zunehmenden Gesundung der Kranken
parallel. Die Höhe der endogenen HarnsÀurewerte scheint von
Bedeutung zu sein fĂŒr die DLfferentialdiagnose zwischen den leich-
leren FÀllen von katarrhalischem Ikterus und den UebergÀngen
in akute Leberatrophie und von prognostischer Bedeutung fĂŒr den
Verlauf der Erkrankung. Ein Teil der vermehrten HavnsÀure-
ausscheidung wird auf die zugrunde gehenden Kernsubstanzen der
Leber zurĂŒckgefĂŒhrt.
Zweiter Verhandlungstag.
Trendelen bĂŒrg - Bostock: Pharmakologische Grundlagen
der SympathikotonieprĂŒiung.
Die Erregbarkeit des peripheren Organes, die z. T. den Effekt
der sympathischen Wirkung bedingt, ist nicht zu dem Tonus in
den sympathischen Nerven zu rechnen. Aenderungen im sympa-
thischen Tonus können durch Aenderungen der zentralen Erreg-
barkeit usw. bedingt sein. Ueber die Ganglienstationen ist klinisch
nichts bekannt. Eigentlich mĂŒĂte getrennt die periphere und die
zentrale Erregbarkeit und die GröĂe der von den Zentren ausge-
sandten Impulse gemessen werden. Wir kennen Substanzen, die
die Zentren des sympathischen Systems erregen, aber die Wirkung
ist nicht spezifisch und daher ist die Verwendung fĂŒr klinische
Zwecke nicht geeignet. FĂŒr das parasympathische System ist es
möglich, durch Atroph) die GröĂe der von den Zentren ausge
sandten Impulse zu messen. Die Dauer der Atropinwirkung gibl
keine genauen Anhaltspunkte, da es verschieden schnell zerstört
wird. Das sympathische System könnte man durch ApoCodejn und
durch Ergotoxin blockieren. Apoeodem ist nicht spezifisch, auch
Ergoloxin ist nicht das Atropin des Sympathikus, da es nur die
sympathisch fördernden Nerven lÀhmt. Die periphere Reizung
des sympathischen Nervensystems ist mil Adrenalin möglich.
Adrenalin ist streng spezifisch, da es entwicklungsgeschichtlich
als verflĂŒssigte postganglionĂ€re symptahtische Faser betrachte!
werden muĂ. Durch kleinste Dosen Adrenalin kann man bei
Fleischfressern eine GefĂ€Ăerweiterung beobachten. Worauf dies
beruht, steht noch nicht fest. Diese Wirkung lĂ€Ăt sich durch
Atropin nicht aufheben. Man kann mit Adrenalin exakte Beiz-
dosen setzen, insbesondere wenn es gelingt eine konstante Kon-
zentration im arteriellen Blute zu erreichen. Die subkutane In
jektion ist deshalb nichl zu empfehlen, weil die Resorption sicher
sehr verschieden ist und durch die verschiedensten Dinge be-
einfluĂl wird. Durch intravenöses Einlaufenlassen von Adrenalin
lösung kann man eine regelmĂ€Ăige Wirkung ' erzielen. Zum
Schluà bespricht Referent die Möglichkeiten, die Endorgane der
parÀsympathischen Nerven zu reizen. Das Pilokarpin ist nicht
so gut wie das Adrenalin. Die Derivate des Cholins sind noch
nicht genau genug klinisch und pharmakologisch untersucht.
Frank, Not h mann und II i r * c h - K a u f I m a n n - Bres-
lau: Ueber die parasympathikotonische Innervation der querge-
streiften Muskulatur des SĂ€ugetieres und ihre humoral-hormonale
Nachahmung durch Azetyleholin und Guanidin.
Vortr. hat vor 2 Jahren eine dreifache Innervation der quer-
gestreiften Muskulatur gefordert, ohne zu wissen, daĂ Boecke
schon vorher zu denselben Resultaten gekommen war. Der Para-
sympathikus steigert, der Sympathikus setzt den Tonus in der
Muskulatur herab. Durch Azetyleholin lassen sich Ionische Kon-
traktionen nach Durchtrennung der motorischen Innervation er-
zielen. Diese Wirkung lĂ€Ăt sich durch Atropin unterdrĂŒcken.
Adrenalin hemmt, ebenso Novokain. Das Guanidin entspricht etwa
dem Azetyleholin. Der Tonusnerv wird durch die spinalmoto-
rische Innervation gehemmt.
Schreiber und P 1 a t z - Magdeburg: Nach Pilokarpin be-
obachtet man nach intravenöser und subkutaner Injektion ver-
schiedene Wirkungen, die auf verschiedene Resorption zurĂŒck
gefĂŒhrt werden. Nach Adrenalin isl das gleiche der Fall. Nach
Gebrauchsfertige Arznei formen deutscher Herstellung
und
ca
Als bequeme,zĂŒverlĂ€ssigeu billige Verordnung bei Kranken Kassen zugelassen
Resistan-
Salbe. (Aktive Komplexe von Fe-Phosphor-Vcrblndnngen.)
Antiseptische Salbe mit starken granulations-
anregenden und eplthellslerenden Eigenscbaftea.
Neuartiges ionotherapeutlsches Mittel,
wirkt durch das Uebergewicht an Kationen.
Sebr bewÀhrt besonders bei: Aeusseren Verletzungen (wie Schnitt-. Riss-, Biss-
und Quetschwunden), Frostbeulen, Brandwunden I. und II. Orades, Ekzemen,
Decubitus, Ulcus crurls, Impetigo, Erysipel, Dermatomykosen, durch verschiedene
aetlologische Momente hervorgerufene« Erythemen.
Agressit-
Einlege-Pastillen zur vaginalen Desinfektion.
(m-Monomethylbenzolsulfonchlorimid-Kallum,
Monomethylcupreinbihydrochlorid , Alumlniumacetotartrat)
Sicherstes Entkeimungsmittel anf neuem Prinzip :
Dissoziicrtes Chlor und naszierender Sauerstoff.
VerbĂŒrgt den Schutz, ohne die Schleimhaut zu reizen und Ă€sthetisch unange-
nehm zu wirken. â PrĂ€parat, welches die desinfizierenden Wirkungen von
Chlor und Sauerstoff mit der keimtötenden Kreit eines Alkaloids vereinigt
VorzĂŒglich als Schutzmittel.
Proben and Literatur nach Anforderung.
Resistan 'tĂĂSlrrf Berlin-Wilmersdorf 1.
XXII
KongreĂberichte
40. Jahrg. â Nr. 20/21.
intravenöser Injektion treten oft starke Wirkungen ein, die bei
subkutaner Injektion vermiĂt werden. Nach kleinen Dosen Atropin
sieht man eine Vaguserregung. Die subkutane PrĂŒfung wird
daher verworfen.
Billigheimer - Frankfurt a. M. : Einfluà der ErnÀhrung
auf Funktionen des vegetativen Nervensystems.
Kohlehydratreiche und eiweiĂreiche ErnĂ€hrung haben EinfluĂ
auf die Adrenalinblutzucker- und Adrenalinblutdruckkurve. Ei-
weiĂreiche Kost hat einen höheren Anstieg des Blutdrucks zur
Folge, kohlehydratreiche höheren Anstieg der Blutzuckerkurve.
S c h o 1 1 m ĂŒ 1 1 e r - Hamburg-Eppendorf : Zur Behandlung der
Zystitis und Zystopyelitis.
100 ccm einer 2 proz. Argent. nitr. -Lösung werden in die
Blase eingespritzt und dort 5 Minuten belassen. Es folgt eine
SpĂŒlung mit steriler physiologischer Kochsalzlösung. Sehr emp-
findliche Kranke haben Morphium nötig. Schon nach 2 Tagen
zeigt sich auch bei ambulanter Behandlung ein Erfolg, manchmal
ist dann schon Heilung eingetreten. 3 â 5 SpĂŒlungen genĂŒgen
meist, nur die wenigsten Kranken reagieren nicht auf diese Be-
handlung. Auch das Nierenbecken kann mit der 2 proz. Lösung
gespĂŒlt werden, doch heilt die Pyelitis meist auch nach der Des-
infektion der Blase allein.
S t r a u b - Greifswald : .Jahressehwankungen der Atmungs-
regulation. *
Das Verhalten der KohlensÀurebindungskurve wurde bei ver-
schiedenen Personen fortlaufend geprĂŒft. Es zeigte sich, daĂ
deutliche Jahressehwankungen vorhanden sind. Die KohlensÀure-
spannung der Alveolarluft Àndert sich gleichsinnig, doch folgt sie
nicht bei allen Personen gleichmĂ€Ăig stark der Aenderung der
KohlensÀurebindungskurve.
Le Blanc: Gasanalytische Untersuchungen des Blutes bei
Zyanose.
Bestimmungen der arteriellen Sauerstoff- und KohlensÀure-
werte nach der Barcrofl sehen Methode. Untersucht wurden
in dieser Weise krankhafte ZustÀnde der Atmungsorgane aller Art
mit und ohne Zyanose. MaĂgebend fĂŒr das Auftreten einer Zya-
nose ist die Dicke der kapillÀren Blutschicht. An reduziertem
HĂ€moglobin reiches Blut erscheint bei normaler Kapillarweite
noch rot. Bei Zunahme des kapillÀren Querschnittes erscheint
auch an reduziertem HĂ€moglobin armes Blut schon blau. Ein
RĂŒckschluĂ aus dem Auftreten der Zyanose auf die GröĂe der
Störung des respiratorischen Gaswechsels durch den krankhaften
Zustand der Atmungsorgane ist nicht ohne weiteres möglich. Sie
ist ein Zeichen der SchÀdigung von Herz oder Vasomotoren.
B eckmann- Greifswald: Ueber das SĂ€ure-Blasengleichge-
wicht bpi experimentellen NierenverÀnderungen.
Im Tierexperiment zeigt sich, bei Verkleinerung der Nieren
bis auf % des Gewebes einer Niere eine völlige AbhÀngigkeit
des SÀure-Basengleichgewichls von der AusscheidungsfÀhigkeit
der Niere. Bei NierenverÀnderungen, die durch Gifte oder Bak-
lerientoxine hervorgerufen sind, kommt zu dieser renalen Störung
noch eine endogene SÀurebildung hinzu, die durch primÀre Gift-
wirkung auf die Gewebe bedingt ist.
V ©Ii -MĂŒnchen: HarnaziditĂ€t und C02-Spannung im arteri-
ellen Blute.
CGvSpannung der Alveolarluft und HarnaziditÀt wurden ver-
glichen. Die Mahlzeilen fĂŒhren zu einer Alkalose, wenn nicht
AnaziditĂ€t besteht. Der Schlaf fĂŒhrt zur Alkaliurie und einem
Anstieg der CGvSpannung. Digitalis hat einen Anstieg der Azi-
ditÀt des Harns und einen Abfall der KohlensÀurespannung zur
Folge.
Tallqy ist-Hielsingfors: Ist das hypoplastische Herz einer
kompensatorischen Hypertrophie fÀhig?
Unter normalen VerhÀltnissen zeigen die Herzen von Hypo-
plaslikern mit zunehmendem Alter immer gröĂere Abweichungen
von dem normalen Gewicht. Es findet also keine nennenswerte
Entwicklung statt. Auch unter pathologischen VerhÀltnissen, z. B.
bei Blutdrucksteigerung und Mitralfehlern, bleibt die kompensa-
torische VergröĂerung hĂ€ufig aus. Ob dies immer der Fall ist.
das mĂŒssen gröĂere Untersuchungsreihen beweisen
Koch- Köln: I>ie Stromgeschwindigkeit des Blutes bei Ge-
sunden und Kranken.
Es wird eine fluoreszinhaltige FlĂŒssigkeit in die Vena cuhit.
eingespritzt und die Stromgeschwindigkeit verfolgt. Bei Insuffi-
TESTOGAR THELYGMI
fĂŒr MĂ€nner.
fĂŒr Frauen.
Seit 8 Jahren bewahrte Spezifik* a«f orgaiL-chemotherapeutiscber Grundlage nach Dr. Iwan Bloch
bei sexueller Dyshormonie und Insuffizienz
vorzeitigen Alterserscheinungen. Stoffwechseistörungen, Herzneurosen, Neurasthenie, DepressionszustÀnden.
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Impotenz, Climacterium ririle, Pro-
statitis, Asthma sexuale, leichte Er-
mUdbarkeit, Arbeitsunlust, Periodische
MigrÀne und andere endoerine
Störungen
Ordinationen :
SpezIoNo Indikationen fĂŒr Thelygan.
Endoerine Genitalitörungen,
Amenorrhoe, Oligomenorrhoe, Dysmen-
orrhoe, Klimakterische Beschwerden,
Ausfallserscheinungen, FrigiditÀt, Ste-
rilitÀt, Angstneurosen, Infantilismus,
univers. part.
Dreimal taglich eine Tablette nach dem
Eisen und eventuell gleichzeitig tÀglich
bezw. jeden zweiten Tag eine subku-
tane oder intraglutÀale Injektion.
In Form von Tabletten?
Ampullen und Suppositorien.
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40. Jahrg. â Nr. 20/21.
kongreĂbertchie
XXIII
zienzen Verzögerung ebenso bei Oedemen aufs Doppelte, des
gleichen bei Hypertonie. Bei der AnĂ€mie Beschleunigung ĂŒber
das Doppolte der Norm, ebenso bei der Hyperglobulie und im
Fieber. Bei Pneumonie Verzögerung, bei Pleuritis Beschleunigung,
bei Ikterus und Diabetes Verzögerung ohne VerÀnderungen des
Blutdrucks und Herzens. Nach Adrenalininjektionen keine Ver
[angsamung. Eine dynamische Insuffizienz des Kreislaufs wird
durch dieses Fluoreszinverfahren offenkundig.
Gegensatz zum Aktionsslrum' des Langsquersrhnillsslromes des
Herzens zum Ausdruck.
Die Beeinflussung der Funktion der
durch Aenderungen der Blutzirku-
B. Kiseh - Köln a. Rh.
extrakardialen Herznerven
lation im Gehirn.
Arlielle Blutdrucksteigerung und hierbei vorhandene Hyper-
amie der HirngefĂ€Ăe fĂŒhrt nicht nur zu Vagustonussteigerung,
sondern auch zu einer Akzeleranstonusherabselzung. HypÀmie
der von den Karotiden versorgten Hirnteile fĂŒhrt zu Vagustonus-
herabsetzung und Akzeleranstonussleigerung. So wirken Blut-
druoksteigerung bei wegsamen HirngefĂ€Ăen und Karotidenver-
schluĂ bezĂŒglich der extrakardialen Herznerven antagonistisch.
Die beobachtete Steigerung der Wirkung elektrischer Vagus-
reizung bei HyperÀmie, ihre Herabsetzung bei HypÀmie des Ge-
hirns am nomotop schlagenden Herzen werden auf Grund dieser
Beobachtungen verstÀndlieh
Hering- Köln: L eiter neurogene Hemmung heterotoper Reiz-
hildung im Herzen.
Durch Vagusreizung kann man helerotope Reizbildung hem-
men. Eine andere Möglichkeit, dasselbe zu erreichen, ist die Rei-
zung des Depressor nach durch Karotidenverschlun bedingtem,
auf erhöhtem Akzeleranslonus beruhendem Auftreten von Extra-
systolen. Die Beziehungen zur Diagnose und Therapie werden
besprochen.
H. SchÀl f er- Breslau (z. Zt. Köln a. Rh.): Der Nachweis
des Herzmuskeltonus auf elektrographisehein Wege.
Unter Benutzung eines hochempfindlichen Saitengalvanometers
lĂ€Ăt sich zeigen, daĂ jedes Herz beim Uebergang aus der Ruhe zur
rhythmischen Schlagfolge in einen Zustand tonischer Dauer-
erregung gerÀt, der erst nach Aussetzen der Kontraktionen ganz
allmÀhlich spontan verschwindet. In der elektrographischen Kurve
kommt diese Dauererregung als negative Dauerschwankung (im
Zur Frage der atrioventrikulÀren Auto
Mobitz- MĂŒnchen
matie.
HĂ€ufiger als zu der extrem seltenen andauernden atrioven
trikulĂ€ren Schlagfolge des Gesamlherzens fĂŒhrt eine gesteigerte
Automatie des Asch off sehen Knotens zu eigenartigen Disso
ziationen zwischen Vorhof und Kammer. Im Unterschied zu dem
gewöhnlichen Herzblock schlÀgt hierbei die Kammer raschei ab
der Vorhof. Dies wird an zahlreichen Beispielen demonstriert
Citron- Berlin: Weitere elektrokardiographische Unter-
suchungen bei Anwendung verschiedener Herzmittel.
Im Prinzip fĂŒhren alle Herzmittel der Digitalisgruppe zum
Herzstillstand. Im Elektrokardiogramm machen sich jedoch
Unterschiede in der Wirkung der einzelnen Mittel gellend, wie an
Beispielen auseinandergesetzt wird.
K 1 e w i t z- Königsberg: BeitrÀge zur ErnÀhrungsphysiologie
des ĂŒberlebenden WarmblĂŒterherzens.
Das ĂŒberlebende Herz braucht keinen Zucker zu verbrennen
und das ruhende Herz kann Zucker verbrauchen. Dies beweist,
daà das Herz in seiner ErnÀhrung nicht auf Kohlehydrale ange-
wiesen ist. Der N einer NĂ€hrflĂŒssigkeit wird im Herzen retiniert.
AminosĂ€uren haben einen gĂŒnstigen EinfluĂ auf die TĂ€tigkeit
des Herzens. Bei stillstehendem Herzen wird kein Stickstoff
retiniert. Es wird angenommen, daĂ der Stickstoff zum Aufbau
der abgenutzten Gewebe verwandt wird.
Boden und Neukirch- DĂŒsseldorf: [Jeher, die Wirkung
von Organextrakten auf das isolierte WarmblĂŒterherz.
Es wurden Leber-, Nieren-, Magen-, Pankreas- und Herz
extrakf in ihrer Wirkung auf die TĂ€tigkeil des ĂŒberlebenden
WarmblĂŒterherzens geprĂŒft. Insbesondere Herzextrakt hat eine
starke fördernde Wirkung, deren Natur noch unbekannt isl
Magenextrakt hemmt, wohl infolge seines Cholingehaltes.
E. Wiechma n n - MĂŒnchen : Zur Theorie der Kalzium-
wirkung am Herzen.
Chinin, Chinidin und Arsen
in bestimmten Konzentrationen.
lÀhmen das isolierte Froschherz
Durch Kalzium wird das still
5 EST 3 E WAHRTE!
A N T I RHEUMA T I C U M
âąJOFOQT JCHMEQZJTI L L END*
5 El t QHEUMATJ5MU) * /JC/i/d) * ö/C/iT*
GQIPPE * NEUQALG/EN* HERZSCHMERZEN'
&HEVMASAN \ LENICET
F/XBRi KEN*
UTEQ/XTU* ⹠CHA & L OTTEN ö U CG ⹠41120 ⹠Wi£.NVV2» * t>Q05£H
XXIV
KongreĂberichte
40. Jahrg. â Nr. 20/21.
gestellte Herz wieder zum Schlagen gebracht. Das Kalzium kann
herbei immer nur durch die anderen Erdalkalien, das Strontium
und das Barium vertreten werden. Andere zweiwertige Kationen
können die HerzlÀhmung nicht kompensieren. Danach ist offen-
bar die chemische Natur des kompensierten Ions viel entscheiden-
der als der physikö-chemische Charakter. Dementsprechend muĂ
man auch anneinnen. daĂ die lahmende Wirkung des Chinidins.
Chinins und Arsens auf das Herz viel eher ein chemischer Vor-
gang als ein physikochemischer ist. Auf das durch Chinidin ge-
lĂ€hmte Herz ĂŒben die Digilaliskörper eine Ă€hnliche Wirkung wie
das Kalzium aus. Das stillgeslellte Herz beginnt wieder zu
schlagen. Auf Grund der mitgeteilten Versuche wird es sich fĂŒr
die Klinik empfehlen, wenn es einmal zur akuten Herabsetzung
der KontraktionsfÀhigkeit des Herzens durch Chinidin kommen
sollte, diese durch Digifolin und Slrophanthin zu beheben. Solche
SchÀdigungen lassen sich fast immer vermeiden, wenn man nur
kompensierte Herzen mit Chinidin angehl. Wird der Kaliumgehalt
der Ringerlösung um eine nicht wirksame Menge erhöht, so sind
schon sonst sicher unterschwellige Chinidindosen imstande, das
Froschherz zu lÀhmen. Da die DÀmpfung einer extremen Hyper-
kinesie Endzweck jeder Chinidinlherapie ist, ist damit die theo-
retische Grundlage fĂŒr die schon empfohlene Kombination der
Chinidinmedikation mit einer Kalianreicherung des Organismus
geliefert.
W e i t z - TĂŒbingen: Zur Aetiologi-e der Hypertension.
In sehr vielen FĂ€llen fendel sich in der Aszendenz ebenfalls
Hypertension. Es wird angenommen, da Ii es sich um eine endogene
SchÀdigung handeil. die dominant mendelnd vererbt wird.
E. A d 1 e r - Frankfurt a. M. . Klinische experimentelle Studien
ĂŒber die GefĂ€fifunkĂŒon bei Hypertensionen.
Nach intravenöser Injektion stark konzentrierter Trauben-
zuckerlösungen zeigte sich bei manchen Formen von arteriellem
Hochdruck eine lĂ€ngerdauernde BlutverdĂŒnnung Nach Wassel
zufuhr war die HydrÀmie lÀnger zu beobachten als nach Durst
bczw. Wasserwechsel durch Arbeit. Gelatine- und Gummiarabi
cumzusalz zur Traubenzuckerlösung hatten keinen EinfluĂ*. Kof-
fein, Jodkali, manchmal auch Thyreoglandol und Digitalis ver-
kĂŒrzen die BlutverwĂ€sserungszeit. Als Ursache fĂŒr die lang-
dauernde HydrÀmie wird ein pathologischer Zustand der Serum-
kolloide bei Hypertonikern angenommen.
B es pr.ee hĂŒ ng der vorangegangenen VortrĂ€ge.
H e u b n e r - Göttingen macht einige Bemerkungen zu dei
Wirkung des Physostigmins auf den Muskel.
Hering- Köln: TonusÀnderungen und ErregbarkeitsÀnde-
rungen sind nicht dasselbe. Die Nomenklatur ist daher irrefĂŒhrend
B o r c h a r d l - Königsberg: Die Schwierigkeiten bei der PrĂŒ-
fung des vegetativen Nervensystems werden gröĂer, wenn man
individuelle Momente berĂŒcksichtig!
F r e u n d Heidelberg: (Jnspezifische Reizkörpertherapie hat
einen groĂen EinfluĂ auf die W irkung der vegetativen Pharmaka.
Er nimmt an. daĂ VerĂ€nderungen des Blutes hierfĂŒr verantwort-
lich sind.
K no o p - Freiburg: Die leichte Zerslörbarkeit des Adrenalins
ist gĂŒnstig fĂŒr seine Verwendbarkeit zu den vegetativen PrĂŒ-
fungen. Diese Zerstörbarkeit sollte das Postulat fĂŒr alle diese
Pharmaka erhoben werden.
Heà -Köln: Eine verminderte Resorption kann eine geringe
Reaktion auf Adrenalin vortÀuschen.
Bau er -Wien: Auch in der Klinik ist es bekannt, daĂ das
Adrenalin gefĂ€Ăerweiternd wirken kann. In manchen FĂ€llen
kommt es zu einer primÀren HyperÀmie der Konjunktiva nach
AdrenalineintrÀufelung. HÀufig wurde dies bei ovarieller Hypo-
plasie beobachtet.
Högler -Wien macht auf die adrenalinÀhnliche Wirkung
des venösen Hirudinplasmas aufmerksam.
M o o g - Magdeburg: Im gestauten Arm kontrahieren sich die
Kapillaren nach Adrenalininjcklion nicht. Massiert man die In-
jektionsstelle, so tritt eine andere Blutdruckkurve auf.
H ey er - MĂŒnchen: Beim Studium der nervösen Phosphaturie
zeigte es sich, daĂ in liefer Hypnose bei Anbringung eines schwe-
len psychischen Schocks eine vermehrte Phosphorausscheidung zu
beobachten ist.
W e s s e 1 y - WĂŒrzburg. Es gibt Ausnahmen von der Regel,
daĂ sympathische und parasympathische Fasern am selben Sub-
strat angreifen. Dies ist z. B. bei der Iris der Fall. Es konnte
die TĂ€tigkeit des Dilatator experimentell nachgewiesen werden.
M o r a w i I z - WĂŒrzburg warnt vor intravenöser Adrenalin-
injcklion.
Ebbecke macht Bemerkungen ĂŒber die gefĂ€Ăerweiternde
Wirkung des Adrenalins.
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wirksames Sedativum,
frei von narkotischer oder drastischer Nebenwirkung,
keine Verstopfung; dĂier auch bei Kindern, SchwĂ€ch-
lichen und alten Leuten in genĂŒgender Gabe gefahrlos
anwendbar.
Indikationen: Husten, Reizhusten, bei akuten und chroni-
schen Luflröhren- und Kehlkopfkatarrhen, auch tuber-
kulösen Ursprungs, bei Lungen- und Brustfellent-
zĂŒndungen, Keuchhusten in abklingendem Stadium,
nervöser Husten.
Verordnung: 1 Röhrchen Toramin-Tabletlen (25 StĂŒck ca.
0,1 Toramin: oder 1-2 g Toramin pro die, in Mixtur
mit aromal. WĂ€ssern, Sirup, Expektoranlien, auch
Guajakol-PrÀparaten.
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Indikationen: Speziell chronische und subakute
Ekzeme.
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juck- und schmerzstillende, desinfizierende, granu-
lationsbefördernde, Infiltrationen resorbierende oder
keratoplastische Wirkung erstrebt wird.
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40. Jahrg. â Nr. 20/21.
K o n g r e Ă I) e r i c h t e
XXV
L i cb t w i t z;- Kiel: Man kann Adrenalin intravenös inji
zieren, wenn man es stark verdĂŒnn! hat. Asthmatiker, die sU-li
dauernd Adrenalin injizieren, können schwere SchÀdigungen d«i
vontragen. In einem Falle sah er starke Verkalkung des Herzen*.
T r e n d e 1 e n 1) u r ff : SchluĂwort.'
- Frankfurt a. M.: ZustandsÀnderungen von Serum-
Lhre Bedeutung fĂŒr den FlĂŒĂ€sigkeitshaushaH <les
E Hinge
kolloiden und
Menschen.
Je mehr EiweiĂ in einem bestimmten Volumen vorhanden ist,
je weniger Wasser ist verfĂŒgbar. Die ViskosilĂ€lsbcslinimniig ist
keine EiweiĂbestimmung. Durch Ionen wird der Quellungszustand
des EiweiĂes geĂ€ndert, ebenso auch durch organische Substanzen.
Koffein bewirkt in einer Konzentration von 1 : 32000â1 : KHK) ein
Ansteigen und dann ein starkes Absinken der ViskositÀt des
Serums. Aehnliche VorgÀnge werden bei zahlreichen anderen
Substanzen, wie Chloralhydrat, Strophantin, Chinin usw. gefunden.
Histamin und Adrenalin wirken nach einem etwas anderen Typus.
Morphium und Atropin zeigen keinerlei Wirkung. Besonders
frappant sind die EinflĂŒsse verschiedener Schwermetalle in sehr-
groĂen Verdiinnungen. Ebenso Brom und Jod. Bei der PrĂŒfung
von PrĂ€paraten aus verschiedenen DrĂŒsen mit innerer Sekretion
zeigte sich eine groĂe Verschiedenheit der einzelnen PrĂ€parate
aus den verschiedenen Fabriken. Quellensteigernde Wirkung
aus den verschiedenen, Fabriken. Quellungssteigernde Wirkung
tanustoxin. Manche Sera zeigen derartige Reaktionen nicht. Einer
Herabsetzung der ViskositĂ€t um 5 Prozent entspricht eine EiweiĂ-
Ă€nderung um 10 Prozent. Ein praktisches Interesse gewinnen
diese Beobachtungen dadurch, daĂ auch beim Menschen nach â
therapeutischen Dosen die. gleichen VerhÀltnisse gefunden wurden,
wie sie nach den Ergebnissen im Reagenzglas erwartet wurden.
Novasurol bewirkt die Diurese durch Abspaltung kleinster Hg-
Mengen und eine dadurch veranlaĂte VerdĂŒnnung des Serums.
Auch die ThyreoideadiĂŒrese scheint in Ă€hnlicher Weise zustande
zu kommen. Man muĂ nach den Untersuchungen zwei Arten von
Diurese unterscheiden, einmal die direkte Wirkung auf die Niere,
dann die EiweiĂzunahme im Serum und die darauf erfolgende
Anziehung von Wasser. Die Indikationen können daher fĂŒr die
einzelnen Mittel genauer bestimmt werden, doch muĂ man den
Kolloidzustand des Serums hierzu feststellen.
(Fortsetzung folgt.)
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lauefeurra
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SĂŒD öomburficr
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»âąâąâąâą M|ft« (Ml
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»elfterfiftafe frfttiettt
3«* Unkuw mnttn ö jUA
⊠HETRALIN âŠ
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ei Pyelitis, Pynrie, Bakteriurie (besonders aucb auf typhöser Basis], Phosphaturie,
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ordentliche Feinheit der ultramikroskopischen Metallteilchen,
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XXVI
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j| Braunschweig. j|
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Nr. 22/23. â40. Jahrg.
.1 e n s e i t s von Beruf und Amt
XIII
Jenseits von Beruf und Amt.
Tiere als Medizinspender.
Von Dr. Th. Zell.
Lieber die Tiere als Medizinspender muĂ man sich mit
einer gewissen Vorsicht Ă€uĂern. Und zwar einfach aus dem
Grunde, weil in der Neuzeit schwerlich ein Fachmann die
als Medizin gepriesenen Teile eines Tieres auf ihre angeb-
lichen Wirkungen genau geprĂŒft hat. Es sind vielmehr die
FĂ€lle selten, wo wir auf Grund praktischer Erfahrung zu
einem anderen Ergebnis gelangt sind. Um ein Beispiel aus
der der Medizin verwandten Kosmetik herauszugreifen, so
herrschte bei den alten Römern der Glaube, daĂ der GenuĂ
von Hasenbraten schön mache, und zwar wenigstens auf eine
Woche. Lenz berichtet hierĂŒber folgendes Histörchen.
Kaiser Alexander Severus pflegte tÀglich Hasenbraten zu
essen, weshalb ihn ein Dichter besang:
Ewig schön der Kaiser ist.
Der ewig Hasenbraten iĂt.
Der Kaiser war von diesem Lobgehudel nicht erbaut,
sondern erwiderte:
Dein Gedicht, o Dichterling,
Ist ein ganz erbÀrmlich Ding;
IĂ du fleiĂig Hasenbraten,
Wird dir's schöner dann geraten.
Da vor dem Weltkriege in Deutschland etwa 5 Millionen
Hasen jÀhrlich erlegt wurden, so können wir mit Bestimmt-
heit erklÀren, daà das Schönwerden nach dem Genuà von
Hasenbraten in das Reich der Fabel gehört.
Die im Nachstehenden abgegebnen abfÀlligen Urteile
entsprechen ohne Zweifel der herrschenden Ansicht, aber mii
ist nicht bekannt, daĂ sie ebenfalls auf zahlreichen prah
tischen Versuchen beruhen. Die meisten RatschlÀge erst hei
neu uns von vornherein als geradezu albern und eines Ver-
suches gar nicht wert zu sein.
Wie sehr selbst in der Stadl der Intelligenz der Aber-
glaube noch in BlĂŒte steht, kann dem aufmerksamen Beob-
achter nicht entgehen. Ein lehrreicher Fall war folgender,
den ein Berliner Blatt vor dem Weltkriege veröffentlichte :
HundebiĂ und Aberglauben.
Neulich wurde ein Knabe von einem Hund zweimal in
den rechten FuĂ gebissen. Ein im Hause, des Verletzten
wohnhafter Kaufmann legte dem sich in Schmerzen winden-
den Verletzten den ersten Verband an. Er war kaum damit
fertig, als ein Mann aus der Zuschauermenge ernstlich ver-
langte, der Verband sollte abgenommen werden, und es
sollten die Wunden mit Haaren des bissigen
Hundes belegt werden! â Mit Not und MĂŒhe wurde
der Verletzte vom AbreiĂen des Verbandes abgehalten. Der
Arzt stellte eine schwere BiĂverletzung fest, bis zu deren Hei
hing mindestens sechs Wochen vergehen dĂŒrften.
Was wĂ€re wohl geschehen, wenn man den âaberglĂ€ubi-
schen" Vorschlag jenes Mannes ausgefĂŒhrt hĂ€tte!
Der Glaube, daĂ Hundehaare die Heilung der Wunde be-
schleunigen, war allerdings schon im Altertume anzutreffen.
Es sollte auch sehr vorteilhaft sein, wenn man Brot in das
Blut tauchte und dem UebeltÀter von Köter zu fressen gÀbe,
sozusagen also glĂŒhende Kohlen auf dem Haupte seines
Gegners sammelte.
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Jenseits von Beruf und Amt
Nr. 22/23. â 40. Ja tu-.
Man macht sich so hĂ€utig darĂŒber lustig, daĂ die alten
Griechen und Römer in naturwissenschaftlichen Dingen die
gröbsten Schnitzer begangen haben. Und doch ĂŒbersieht
man dabei, daĂ die Gebildeten der damaligen Zeit weder
wissenschaftliche Werke noch zoologische GĂ€rten besahen,
durch die sie sich hÀtten belehren können. Wir aber be-
sitzen beides, und trotzdem sind gewisse IrrtĂŒmer unausrott-
bar. So habe ich erst kĂŒrzlich auf eine Anfrage aus dem
Leserkreise dargetan, daĂ der alte Glaube, der Wolf besĂ€Ăe
einen steifen Hals und wÀre nicht imstande, bloà den Kopf
zu bewegen, unbegrĂŒndet ist. l'ebrigens ist diese Ansicht
ebenfalls uralt, denn schon bei Oppian, der um 200 nach
Christi Geburt lebte, ist sie zu lesen. Wie sie entstanden ist,
kann man leicht begreifen. Der Wolf hat im VerhÀltnis zum
Hunde einen ungewöhnlich starken Nacken, weshalb er auch
viel gröĂere Lasten als sein Vetter tragen kann. Noch stĂ€rker
ist in dieser Hinsicht die HyÀne gebaut, aber auch diese
kann, wovon ich mich selbst ĂŒberzeugt habe, ihren Kopf mit
Leichtigkeit bewegen .
Ferner darf man nicht vergessen, daĂ die Menschen in
frĂŒheren Zeiten viel vertrauter mit der Tierwelt lebten und
auch eine viel gröĂere Hochachtung vor ihr hatten. Bei uns
sind alle menschengefĂ€hrdenden Bestien ausgerottet; ĂŒber-
dies verschaffen uns die modernen Waffen dem Tiere gegen-
ĂŒber eine solche Ueberlegenheit, daĂ selbst die stĂ€rksten
Haubtiere viel von ihrer Furchtbarkeit eingebĂŒĂt haben. Der
Nutzen der Tiere ist in der GroĂstadt immer mehr im
Schwinden. Die Pferde werden durch Automobile und Àhn-
liche Maschinen ersetzt, die Hunde sind mehr lÀstig als von
Nutzen.
Ganz anders lag die Sache bei den Alten. GefÀhrlichen
Raubtieren bloĂ mit Schwert und SpieĂ gegenĂŒberzutreten,
erforderte einen ganzen Mann. Pferde und Hunde leisteten
unersetzliche Dienste. Der GroĂstĂ€dter, dessen Kind ab-
handen gekommen ist, schickt nach der Polizei, der Natur-
mensch bringt seinen Hund auf die FĂ€hrte des verirrten
Kindes â und wohl selten vergeblich. Was der Mensch mit
seinen Sinnen und seiner Intelligenz nicht vermag, das voll-
bringt das Tier mit Leichtigkeit. Es folgt der FĂ€hrte und
findet schlieĂlich das Verirrte im tiefen Walde. Ohne Hilfe
des Hundes wÀre das Kind verloren gewesen, wie der JÀger
ohne Hund kein Wild erbeutete, der Araber ohne Windhund
verhungern mĂŒĂte, der SchĂ€fer ohne seinen treuen GefĂ€hrten
die Herde nicht zusammenhalten könnte.
Da ferner der Hund, wie alle Tiere, ein VorgefĂŒhl fĂŒr
Wetter besitzt, da er bei Erkrankungen durch Kauen von
Gras und KrÀutern seine Leiden hÀufig mit Erfolg beseitigt,
so kann es nicht wundernehmen, daĂ man das ganze Tier
als eine Fundgrube von Medikamenten betrachtete. Von
diesem Standpunkte aus ist der fĂŒr unsere Begriffe einfach
haarstrĂ€ubende Unsinn einigermaĂen verstĂ€ndlich, der bei
den Alten ĂŒber die Benutzung des Hundes herrschte, und von
dem sich bei Brehm eine Zusammenstellung findet, .Na-
mentlich Fl ini U s ist unermĂŒdlich in AufzĂ€hlung der ver-
schiedenen HeilkrĂ€fte des Hundes; auĂer ihm leisten Sextus,
Hippokrates, Galen, Faventius, Marellus, Bontius, Aeskulap
und Amatos jedoch auch das ihrige. Ein lebender Hund, bei
Brustschmerzen aufgelegt, tut vortreffliche Dienste; wird er
aufgeschnitten und einer schwermĂŒtigen Frau auf den Kopf
gebunden, so hilft er sicher gegen die Schwermut. Nach
Sextus heilt er sogar Milzkrankheiten. Mit allerlei GewĂŒrz
gekocht und gegessen, dient er als Mittel gegen fallende Sucht;
doch muà es dann ein sÀugender Hund sein, der mit Wein
und Myrrhen zubereitet wurde. Ein junger .Jagdhund hilft
gegen Leberkrankheiten. Wird eine Frau, die frĂŒher schon
Kinder geboren hatte, unfruchtbar, dann befreit sie gekochtes
Hundefleisch, das sie in reichlicher Menge genieĂt, von ihrer
SchwÀche. Die rohe Leber wird gegen die Wutkrankheit
empfohlen; doch muĂ sie stets von einem Hunde von dem-
selben Geschlechte genommen werden, das der BeiĂende
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die lod «tf I rmtciloQ t
Nr. 22/23. 10. Jahrg.
Jenseits von Beruf u n <1 A tu I
XV
hatte. Gegen dieselbe Krankheit brauchte mau auch WĂŒrmer
aus dem Aase eines tollen Hundes. Das Leder wird ange-
wandt gegen schweiĂige FĂŒĂe; ein dreifaches Halsband da-
von schĂŒtzt gegen BrĂ€une; ein Gurt von Hundeleder vertreibt
das Leibschneiden. Die Galle mit Honig versetzt ist eine
Augensalbe, hilft ebenso gegen Flechten, und wenn sie mit
einer Feder anstatt mit der Hand aufgestrichen wird, gegen
die FuĂgicht, tut auch zur Bestreichung von Flechten treff-
liche Dienste. Die Milch ist sehr gut, wenn sie getrunken
wird; mit Salpeter versetzt, hilft sie gegen den Aussatz; mit
Asche vermischt erzeugt sie Haarwuchs oder befördert
schwere Geburten.
Von anderen Tieren seien hier folgende Proben gegeben:
Das Blut der Elefanten bringt alle Rheumatismen zum
Stillstand. Durch eine Mischung von ElfenbeinspÀnen und
attischem Honig werden Flecken im Gesicht und durch die
leinen SpĂ€ne allein NagelgeschwĂŒre geheilt. Durch BerĂŒh-
rung seines RĂŒssels wird Kopfweh gelindert, und um so
mehr, wenn der Elefant dabei niest (sie!). Das Blut des
Elefanten tut auch bei der Auszehrung wohl und seine Leber
hei der Fallsucht.
Löwenfett mit Rosenöl bewahrt die Haut des Gesichts
vor Fehlern und erhĂ€lt sie weiĂ, heilt auch erfrorene Glieder
und geschwollene Gelenke. Mischt man die Galle mit
Wasser, so sehen die damit bestrichenen Augen heller, und
milFe'tt desselben Tieres vermischt, vertreibt sie die Fallsucht,
wenn man nur ein wenig davon kostet und gleich darauf
tĂŒchtig lĂ€uft. Verzehrt man das Herz, so wird man vom
viertÀgigen Fieber, durch Fett und Rosenöl aber vom tÀg-
lichen Fieber befreit. Wer mit Löwenfett gesalbt ist, vor
dem fliehen die wilden Tiere, und er scheint auch vor Nach-
stellungen gesichert.
Kamelgehirn, getrocknet und mit Essig getrunken, soll
die Fallsucht heilen, ebenso die Galle mit Honig, letzterer
auch die BrÀune; der gedörrte Schwanz dient gegen Ver-
stopfung, die Asche des Mistes mit Oel in. ĂŒbt das HaOl'
lockig. Gegen Leibsebneideii und Fallsucht legt man die
Asche auf oder trinkt soviel man mit drei Fingern bissen
kann. Der Urin des Kamels soll den Walkern sein nĂŒtzlich
âą ein, auch eiternde GeschwĂŒre heilen. Dreht man Haare, die
aus einem Kamelschwanz gerupft sind, zusammen und bindet
sie an den linken Arm, so vergeht das viertÀgige Fieber.
Unglaublich ist es, wozuCctie einzelnen Körperteile der
HyÀne nutzen sollen. Man höre und staune: Die Kopfhaut
der HyÀne helfe gegen Kopfweh; gegen Triefaugen1 streiche
man ihre Galle an die Stirn, und wenn man sieh ganz vor
diesem Liebe] sichern wolle, so mische man sie mit attischem
Honig und Safran, Wodurch man auch AugenĂŒbel und Nar-
ben heilen könne. Gegen den Star im Auge lege man die
BrĂŒhe von gebratener HyĂ€nenleber mit abgeschĂ€umten Ho-
nig auf. Die ZÀhne der HyÀne sollen helfen, wenn man sie
berĂŒhrt oder der Reihe nach anbindet, gegen Zahnweh, ihre
SchulterblÀtter gegen Schmerzen der Schultern und Arme.
BeiĂe man ihr die ZĂ€hne aus der linken Seite des Rachens
und binde sie in ein Schafs- oder Bocksfell, so verschwinde
das Bauchgrimmen. Die Lungen sollen gegen Unterleibs-
beschwerden genossen, auf den Magen ihre Asche mit Oel
gelegt werden. FĂŒr die Nerven brauche man das RĂŒcken-
mark nebst altem Oel und Galle. Bei viertÀgigem Fieber
koste man vor dem Anfall dreimal von der Leber. Gegen
das Podagra koche man die Asche des RĂŒckgrats nebst der
Zunge und dem rechten FuĂe des Seehunds, fĂŒge Ochsen -
galle hinzu und wickle die Mischung in ein HyÀnenfell. Wer
an Zittern, Zuckungen und Herzklopfen leide, mĂŒsse etwas
\om gekochten Herzen kauen und dann die Asche des ĂŒbrig
bleibenden StĂŒckes mit HyĂ€nengehirn auflegen. Durch diese
Mischung könne man ferner Haare vertilgen, wozu auch die
Galle allein schon hinreiche, wobei man jedoch diejenigen
ausreiĂen mĂŒsse, die nicht wieder wachsen sollen. Gegen
Schmerz in den Lenden esse man Fleisch von HyÀnenlenden
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XV i
Jenseits von Beruf und Amt
Nr. 22/23. â 40. Jahrg.
und lege es mit Oel auf. Gegen nÀchtlichen Schrecken und
Gespenster binde man einen der groĂen ZĂ€hne mit einem
Faden an sich. Damit sollen auch Rasende berÀuchert, der
/ahn ihnen auf die Brust, nebst Nierenfett oder Leber oder
mit einem StĂŒck Fell gebunden werden. Durch angebranntes
Fell sollen die Schlangen vertrieben werden. StöĂt man die
Kinnlade mit Anis und iĂt sie, so soll das Schaudern auf-
hören.
Doch genug des grausamen Spiels. Eine ErklĂ€rung fĂŒr
diese tollen Anschauungen der sonst so verstÀndigen Römer
findet sich wohl darin, daĂ sie dem Grundsatze, similia
similibus zu behandeln, mit aller Konsequenz huldigten. Sie
sahen z. B., daĂ der LĂ€mmergeier Knochen verdauen kann,
folglich stand es bei ihnen fest, daĂ ein schwacher Magen
durch den GenuĂ eines LĂ€mmergeiermagens geheilt werde.
Es ist nur merkwĂŒrdig, daĂ sie nic ht noch einen Schritt
weiter gegangen sind und dumme Menschen durch den Ge-
nuĂ des Gehirns kluger Tiere, wie z. B. des Fuchses, zu geist-
reichen Köpfen umgewandelt haben.
Sieht man von diesen Phantastereien der Alten ab, so
muĂ man doch zugeben, daĂ die Tiere in der Medizin eine
[âąecht bedeutende Rolle insofern spielen, als sie uns auf
manche HeilkrÀfte der Natur aufmerksam gemacht haben.
Es muĂ unser Erstaunen erregen, daĂ die Tiere ohne Zau-
dern gleich das richtige Mittel ergreifen. Auch von den
Naturmenschen ist es ja bekannt, daà sie mit heilkrÀftigen
Pflanzen weit besser Bescheid wissen als der Kulturmensch.
Der Mythus, daĂ der Zentaur Chiron der Lehrmeister des
Achilles in der Heilkunde gewesen sei, will ja auch nichts
anderes besagen, als daà die Griechen von Naturvölkern heil-
krÀftige Pflanzen kennen lernten, die ihnen bisher unbekannt
waren.
Doch um auf die Tiere zurĂŒckzukommen, so seien hier
folgende FĂ€lle angefĂŒhrt. Wenn der BĂ€r aus seinem Winter-
schlaf erwacht, nimmt er zunĂ€chst ein abfĂŒhrendes Moos zu
sich, um sich Magen und GedÀrme zu reinigen. Woher ist
ihm diese Wirkung bekannt? â Jeder Hundekenner weiĂ,
daĂ Hunde auf dem Lande sich wohler fĂŒhlen als in der
Stadt. Auf dem Lande kann eben der Hund, sobald er sich
nicht wohl fĂŒhlt, Gras und KrĂ€uter nach Belieben fressen.
Das Graskauen der Hunde wird ja wohl selbst ein StÀdter
beobachtet haben. Es sei ferner an Unlands Gedicht âGral
Eberhard der Rauschebart" erinnert:
Ein angeschossner Eber, der sich die Wunde wusch,
Verriet voreinst den JĂ€gern den Quell in Kluft und Busch.
Diese Kenntnis der Tiere von Heilmethoden durch die
einfachsten Dinge, wozu nicht bloà Pflanzen gehören, isl
ganz auffallend. Ein von einer Kreuzotter gebissener Hund
begab sich unverzĂŒglich nach einer Quelle, hielt dort seinen
gebissenen FuĂ vierundzwanzig Stunden eingetaucht und
war gerettet.
Bekannt ist auch die Geschichte von dem Einsiedler und
der Ziege. Er wÀre verhungert oder an den Folgen von Gift
gestorben, wenn er nicht alle ihm unbekannten GewÀchse
erst seiner Ziege vorgelegt und sich nach ihrem Verhalten ge-
richtet hÀtte.
Die Kenntnis der giftigen und abfĂŒhrenden Pflanzen
ballen wir also den Tieren zu verdanken. Ebenso sind die
Wasser- und Sonnenkuren wohl ebenfalls ihnen abgelauscht.
Denn die Wahrnehmung, daĂ HĂŒhner, Sperlinge usw. mit
dem gröĂten Behagen ihr Sonnenbad nehmen, indem sie mit
allen Zeichen des körperlichen Wohlbefindens im Sande
paddeln, wird wohl nicht ohne EinfluĂ auf manchen Zu-
schauer gewesen sein. Wie HĂŒhner ordentlich hungrig nach
der Sonne sind, lernte ich einmal recht deutlich in einem
Berliner Hause kennen. Hier hielt sich der Wirt HĂŒhner,
obwohl der dunkle, kleine Hof wenig dazu geeignet war. Nur
im Juni, und dann nur zwei Stunden lang an einer gewissen
Stelle des Hofes war Sonnenschein. Da hÀtte man aber die
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Nr. 22/23. â 40. Jahrg.
Jenseits von Beruf und Amt
XVII
HĂŒhner sehen sollen. WĂ€hrend der ganzen Zeit lagen sie
nur in der Sonne, ohne an Futter oder sonst etwas zu denken.
, lieber Wasserkuren des Wildes hat vor dem Weltkriege
v o n P r e s s e n t i n - R a u 1 1 e r einiges berichtet, wovon
ich Nachstehendes ĂŒbernehme. Er schreibt nĂ€mlich: Zu
Nutz und Frommen vieler JĂ€ger wollen wir hier die alte Er-
fahrung mitteilen, daĂ jedes nicht tödlich angeschweiĂtes
Wild es liebt â falls es dazu Zeit, Ruhe und Gelegenheit
findet â , sich einer Art Wasserkur zu unterziehen, indem es
das Wasser aufsucht, sich seine Wunden zu kĂŒhlen und
durch fortgesetzten Gebrauch solcher WasserbÀder sich die
erhaltenen Wunden oftmals ganz auszuheilen. Zu Alt-Hart-
mannsdorf bei Storckow schoĂ ich auf meinem damaligen
Jagdrevier einen guten Bock mit der Kugel hohl durch. Bei
der Nachsuche am nÀchsten Morgen sah ich den kranken
Bock etwa 500 Meter vom AnschuĂ in einem seichten Graben
stehen. Er leckte sich in schwierig gebogener Stellung den
Ausschuà und schöpfte auch, von einmaligem Aufwerfen
unterbrochen, in zwei AbsĂ€tzen, um dann bis ĂŒber den SchuĂ
ins Wasser zu steigen. Ich schlich mich an den Bock heran,
worĂŒber wohl eine Viertelstunde verging, wĂ€hrend deren der
Bock ruhig im Wasser stand, und als ich ihn endlich in
dem Augenblick totschoĂ, wo er aus dem Wasser stieg, stellte
es sich nach genauer Besichtigung beim Aufbrechen heraus,
daĂ kein edles Organ durch den ersten KugelschuĂ verletzt
war, daĂ sich- der Bock mithin hĂ€tte ausheilen können. â
Einen anderen kapitalen Bock, den ich 1863 mit ganz Àhn-
lichem SchuĂ in der Polkewitzer Niederheide anschweiĂte,
entdeckte ich erst drei Tage spÀter in dem Rohr eines Wiesen-
teiches dicht jenseits der feindlichen Grenze. Der Bock trat
mit krummem RĂŒcken und tief niedergedrĂŒcktem GeĂ€se auf
die Wiese, wo er sich zu Àsen begann, dazwischen aber mit
dem Gehörn sehr eifrig die Fliegen von seinen Flanken
scheuchte. Als Verfasser diesen Bock, den er spÀter wohl
noch zehnmal im Rohr des feindlichen Grenzteiches sah,
endlich nach einem Vierteljahr zur Strecke brachte, war die
alte SchuĂwunde völlig verheilt, und der Bock war gut bei
Leibe; die WasserbÀder hatten ihn vor dem Eingehen ge-
rettet.
Im Jahre 1861 wurde zu Friedersdorf auf des Verfassers
damaliger Pachtjagd gelegentlich einer Treibjagd von einem
Jagdgast ein RotspieĂer mit kleinen Rehposten angeschweiĂt.
Die RotfĂ€hrte ergab LungenschuĂ. Das StĂŒck war ĂŒber die
Grenze ins Königliche gewechselt, konnte aber auch dort
nicht, trotz starken Hustens, zur Strecke gebracht werden.
Drei Tage spĂ€ter war es auf Friedersdorfer Revier zurĂŒck-
gewechselt und hatte sich in die von einem flachen Kanal
durchschnittene Dickung gesteckt, aus der es bei der Treib-
jagd vor die Flinte getrieben war. Wenige Tage spÀter sah
ich den SpieĂer, gelegentlich eines Pirschganges, im Wasser
des Kanals sitzen. DĂŒrre Zweige verhinderten das Ankom-
men; der kranke Hirsch ging in die Dickung zurĂŒck. Monate-
lang hörte man den Hirsch noch in der Schonung husten
und sah ihn im Wasser, ohne daà ein Abschuà möglich
wurde. Erst im Januar brachte ich den anscheinend ganz
wieder genesenen Hirsch zur Strecke. Bei dem Zerlegen
zeigten sich in der Lunge an zwei Stellen kÀsige Entartungen,
in denen zwei Posten gefunden wurden. Das StĂŒck war gut
bei Leibe und so gut wie genesen.
LieĂen wir vorstehend einige Beispiele sprechen, so wol-
len wir im allgemeinen bemerken, daĂ Rotwild bei sehr
vielen nicht sofort tödlichen SchuĂverletzungen zum Wasser
zu gelangen sucht. Wir haben die schwerkranken und ver-
endeten StĂŒcke öfter in BrĂŒchen oder SĂŒhlen, bis zum Kopf
im Schlamm steckend, gefunden. Dem inneren Drange nach
einem wohltĂ€tigen Wasser- oder Schlammbade folgt ĂŒbrigens
angeschweiĂtes Schwarzwild noch ungleich mehr als die bis-
her besprochenen beiden Wildarten. Vielleicht liegt das
daran, daĂ die Suhle den Sauen an und fĂŒr sich sofort ein
Lebenselement ist. Es ist indessen auch möglich, daà man
ersetzt die Gessmtafkalofde des Opiums
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gegenub. du" Morphium: lÀnger dauernde Wirkung, S honung des Atemzentrums und
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s
Vlll
Jenseits von Beruf und Amt
Nr. 22/23. â 40. Jahrg.
diese Beobachtung deswegen öfter beim Schwarzwild macht,
weil ihm noch mehr als jedem anderen Wilde bei nÀcht-
lichem Ansitz mit grobem Schrot oder mit Posten auf das"
Schild gebrannt wird, ohne daà solch ein Schuà zunÀchst
mehr als ein KĂŒmmern zur Folge hĂ€tte. Jedenfalls beob-
achtet man es unendlich oft, daĂ angeschweiĂte Sauen, die
zu Wasser gelangen, spÀter gleichsam mit neuer Lebenskraft
weiter wechseln und fĂŒr den SchĂŒtzen ĂŒber die Grenze ver-
loren gehen.
Hiernach kann es also gar keinem Zweifel unterliegen,
daà der Naturmensch, der derartige Kuren weit hÀufiger als
wir beobachtet haben muĂ, den segensreichen EinfluĂ des
Wassers vom Rot- und Schwarzwild gelernt hat.
Pressentin bestÀtigt also die Heilwirkung des
Wassers fĂŒr SchuĂwunden, die Unland besungen hat.
Weil also die Tiere fĂŒr die Naturvölker unzweifelhaft in
vielen Punkten Lehrmeister der Heilkunde gewesen sind, so
begreift man, daĂ die Leiber der Tiere selbst als medizin-
spendend angesehen wurden. Dieser Grundgedanke ist ja
naheliegend. So soll auch das Fleisch, insbesondere das
Mark von starken Tieren, z. B. von BĂ€ren, den Essenden stark
inachen.
Eine Schneidergewerbekrankheit.
Von Dr. Hermann Schelenz, Cassel.
âEs pflanzen sich Gesetz und Recht wie eine ew'ge
Krankheit fort" â geringfĂŒgige Tatsachen auf allen mög-
lichen Wissengebieten, mehr noch vielleicht! Vor dreiĂig
Jahren etwa konnte ich nach langwierigen Untersuchungen
nachweisen, daĂ der Glauben, daĂ der, wie ich ebenfalls
zeigen konnte, an zwei Jahrtausend alte Glaube an die Heil-
kraft der salzhaltigen Seeluft ein Irrglaube ist: sie enthÀlt
gar kein Salz. Und daĂ wir, trotzdem meine Arbeitsergeb-
nisse die Runde durch die Welt gemacht haben, noch fort-
lebte, fĂŒhrt mir ein Zufall vor Augen. Ausgerechnet im
BadefĂŒhrer durch St. Peter, wo ich seinerzeit meine Unter-
suchungen ausgefĂŒhrt habe, fand ich den Kochsalzgehalt als
Heilfaktor herausgestrichen!
Was das Volk von dem sehr ehrenwerten, uns immer
teuer gewesenen, nachgerade fast unerschwinglich gewordenen
Schneider-, vornehmer Tailleur- oder Tailorstand sich er-
zĂ€hlt, geht auf Ueberlieferungen aus Jahrhunderten zurĂŒck.
Heldenhaft erschien er ihm nie, trotzdem er auf einen be-
rĂŒhmten Kriegsmann in seinen Reihen stolz sein darf. Der
Schneider Meck-Meck mit dem Ziegenbart und der meckern-
den hohen Stimme vertrÀgt sich nicht mit einer Heldenrolle.
Er hielt sich stets zu den Friedliebenden. Lange schon hing
man ihm ein Leiden als eine Art Gewerbekrankheit an, ehe
ihÀn an solche auch nur dachte: pochen auf den Besitz eines
Teils des ihm zur Verarbeitung gelieferten Stoffes! Wenn
man einen Schneider und je einen gleich krankheitsbelasteten
MĂŒller und Weber in einen Sack stecke und blindlings einen
von ihnen am Bein heraushebe, so hÀtte man stets einen Dieb
zu fassen. â So scherzte man ĂŒber die drei Kumpane. Ver-
mutlich doch auf Erfahrung gestĂŒtzt, gibt Shakespeare
solchen Gedanken in bezug auf den Schneider. Ausdruck. Er
spricht von einem Tailor, dem damaliger Zeit, wie mir
scheint, viel kunstvollere Arbeiten zugemutet worden sind
als jetzt, dem Dieb einer .französischen Hose â der Dichter
geiĂelt an mehr als an einer Stelle solche und andere Art âAus-
lĂ€nderei" â daĂ er in die Hölle mĂŒsse, wo er ĂŒbrigens so gut
Gelegenheit fĂ€nde, seine Tailor-goose, das einigermaĂen
gĂ€nseĂ€hnlich gestaltete BĂŒgeleisen zu wĂ€rmen. Ob die da-
mals schon gÀngige Sitte, bei einem Falle, beim Stolpern
qeqen alle durch erhöhten
Blurdruck hervorgerufenen
physischen u. psychischen
Störungen
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Nr. 22/23. â40. Jahrg.
Jenseits von Beruf und Amt
XIX
u. dgl., wie bei uns etwa âPardauz!" Tailor! zu rufen, mit
jener Gewerbekrankheit irgendwelche Beziehung hat, weiĂ ich
nicht zu sagen. Eine weitere, jetzt offenbar ganz in Vergessen-
heit geratene Gewerbekran khoit lernte ich durch Zufall in
letzter Zeit kennen. Ich wurde gebeten, das Wort Schneider-
kurage zu deuten, unter dem und Àhnlichen in den Apo-
theken ein Mittel gefordert wird, eine Salbe nach recht altem
Rezept aus NieĂwurzel, Quecksilber und Fett, die, weil sie die
Milben tötet, die die unappetitliche KrÀtze hervorruft, infolge-
dessen gegen diese Krankheit hilft. Ich fand in einem alten
Nachschlagebuch, daĂ den Rittern der Nadel nur den
SchwÀchlingen des Nachwuchses, aus denen doch nichts
wurde, gab man sie fĂŒr den Kampf mit dem Leben in die
Hand! â nachgesagt wurde, daĂ sie der Regel nach an einer
Jucken erregenden Hautkrankheit litten und infolgedessen zu
ewigem Schubben verdammt seien, âdaher sie einige Leute
Schob bjacks und ihr Mittel Schobbjackssalbe genannt
wĂŒrde". GenĂŒgend Kurage fĂŒr solchen Kampf traute man
dem Schneider wohl zu. War er damals wirklich nötig, dann
hatte gewiĂ nicht der Gewandschneider, sondern nur der
Flickschneider ihn zu bekĂ€mpfen, der mit âHadern" arbeitete,
in die wohl einmal die Einquartierungeines Schobbjacks sich
festgesetzt haben konnte. Sonst hÀtte nur der Staub der
Stoffe in den Hautfalten Jucken erregen können, nicht jenes
krabbelnde Ungeziefer. Und doch wird der Bekleidungs-
kĂŒnstler sich lange noch mit seinem Ruf abfinden mĂŒssen,
selbst wenn er, wie es wenigstens die Weiblichkeit zu beab-
sichtigen scheint, zugunsten akademischer Feigenblattmode
: abgeschafft werden sollte. Trost wird er sicher finden, selbst
wenn er, Kampf abgeneigt, bescheiden, vom Heranziehen des
Worts vom Gerechten absieht. Will er es besser haben als
der best-verleumdete Michel? !
F. C. Donders.
Von Generalarzt a. Ă. Dr. B u 1 1 e r s a c k, ĂŒber lieft. -Med. -Hai
Am 22. Juni 1921 wurde in Utrecht ein Denkmal von
F. C. Donders enthĂŒllt, und die dabei gehaltenen An-
sprachen von wissenschaftlichen und staatlichen Spitzen
liegen â von seiner Enkelin Paula Krais geb. EngeLmann
liebevoll ĂŒbersetzt â aus dem Engelmann'schen Verlage nun
mehr vor.
Eigentlich hÀtte das Denkmal zum 100. Geburtstage am
27. Mai 1918 fertiggestellt sein sollen. Die Not des Krieges
hat es verzögert. Aber bei ĂŒberragenden Persönlichkeiten
kommt es auf die ZufÀlligkeiten ihres Geburts- oder Todes-
jahres nicht an. Auf Donders paĂt das Johnson sehe
Wort: âHe was not of one age, but for all time", so gut wie
der Vers des Tyrtaeos:
âNimmer im Dunkel erlischt sein Ruhm und gepriesener
Name; Und der Begrabene lebt als ein Unsterblicher fort."
Denn wenn es wahr ist, daĂ nur derjenige ein vollende-
ter Arzt ist, welcher Theorie und Praxis gleich gut be-
herrscht, so gehörte Donders an erster Stelle dazu. Er
war zwar Physiolog, aber immer mit dem Blick auf die Ver-
wertbarkeit seiner Entdeckungen im Interesse der leidenden
Menschheit. Uns Deutschen ist er vornehmlich von der
Augenheilkunde her bekannt; hat er doch die erste ophthal-
mologische Klinik auf Grund seiner (und H e 1 m h o 1 1 z' und
G r a e f e ' s) Forschungen ins Leben gerufen und damit
einen Mittelpunkt fĂŒr die ganze damalige Welt geschaffen,
von der unsere heutigen Institute letzten Endes nur Ableger
darstellen.
Aber ĂŒber das Individuum hinaus erstreckte sich sein
Wirken auf die Aligemeinheit und umfaĂte mit bewunde-
XX
Jenseits von Beruf und Amt
Nr. 22/23. â 40. Jahrg.
1 ungswĂŒrdigem VerstĂ€ndnis und EinfĂŒhlen die wunden
Punkte in dem, was man jetzt gemeinhin soziale Medizin
nennt. Viel Ruhm war dabei nicht zu holen. Allein danach
stand sein Sinn auch nicht im geringsten. Ihn beseelte auĂer
dem Forschungstrieb auch eine seltene HerzensgĂŒte und der
Wunsch zu helfen, wo es auch sei. Donders war nicht
bloĂ Gelehrter und Arzt, sondern in erster Linie Mensch,
d. h. ein Vollmensch mit harmonischer Ausbildung aller uns
verliehener Gaben, und eben dadurch ragte er so hoch ĂŒber
seine Umgebung hervor.
Indessen, er war doch nicht der einzige ReprÀsentant
dieser wahren âUebermenschen". Wenn wir heute zurĂŒck-
denken an die Zeiten von Griesinger, Wunderlich,
Langenbeck, Billroth, Bunsen, Siemens,
R a n k e usw., dann fĂŒhlen wir uns in eine MĂ€rchenwelt ver-
setzt, in welcher diese FĂŒrsten des Geistes wie Heroen her-
umwandelten, und ein GefĂŒhl des VerstoĂenseins will sich
nicht unterdrĂŒcken lassen. Die Wahrheit des arabischen
Spruches geht uns auf: âDas Sinken der Wissenschaft ist
ein kleineres Uebel als der Tod ihrer Meister".
Aber trösten wir uns! Die Wellenbewegung alles Or-
ganischen fĂŒhrt uns oder wenigstens unsere Enkel wieder in
die Höhe. Das strahlende Licht der Vergangenheit erhellt
auch unsere Zukunft, und stolz erinnern wir uns beim Ge-
denken an unsere groĂen Toten des Verses von K a 1 1 i -
machos: âUnd nun bist du, teurer Freund, lĂ€ngst Staub!
Deine Nachtigallen aber singen weiter. Auf sie wird der
RĂ€uber Hades seine schwere Hand nicht legen."
Der heutigen Nummer liegt ein Prospekt des Verlages Kurt Kobitzsch
ĂŒber â Preussische GebĂŒhren-Ordnung fĂŒr Aerzte und
ZahnÀrzte und andere Werke bei, worauf wir besonders aufmerksam
machen möchten.
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Die Folgen des Krieges. EinfluĂ
der sozialen VerhÀltnisse auf die
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bung. Falsch angewandte SĂ€ug-,
lingspflege. Beurteilung der Be-
f ucht jngsmöglichke t. Krankheits-
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schen Luftröhren- und Kehlkopfkatarrhen, auch tuber-
kulösen Ursprungs, bei Lungen- und Brustfellent-
zĂŒndungen, Keuchhusten in abklingendem Stadium,
nervöser Husten.
Verordnung: 1 Röhrchen Toramin-Tablelten (25 StĂŒck ca.
0,1 Toramin) oder 1-2 g Toramin pro die, in Mixtur
mit aromat. WĂ€ssern, Sirup, Expektoranlien, auch
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40. Jahrg. â Nr. 24/25.
Jenseits von Beruf und Amt
XIII
Jenseits von Beruf und Amt.
Zusammengestellt von Dr. med. Kr u Irsch, Coswig i. Sachsen,
LungenheilstÀtte Lindenhof.
1. aus:
Johannes Hartmannus, Praxis Chymiatrica
oder
Chymische Artzney=Uebung.
N ĂŒ r n b e r g, i m .1 a h r C h r i.s t i 1678.
Motto:
..Zu des Mensehen Nutz und Frommen
wird diss nlles vorgenommen." -
( Johannes Hartmannus. 1678.
Seite 346 f.
âA t r o p h i a,
Schwindsucht und Abnehmung des Leibs, da man doch bey
vielem Essen und Trincken nicht zunimmt, auch stetigs
groĂen Hunger dabey hat."
âDie unheilsame Curation des abnehmenden Leibs /
wann alle Mittel vergebens sind angewendet worden / hab
ich zuweilen auf diese Weise curirt. Rp. Jungfrauen-Honig
nach Belieben / beschmiere einen neuen unglasurten Hafen
damit inwendig / darnach scharre denselben in einen
Ameisen-Hauffen / also / daĂ das Mundloch des Hafens mit
einem Sieb bedeckt werde / so mittelmĂ€Ăig-weite Löcher
hat / und also werden die Ameisen / wann sie durch das
Sieb lauften in das Hoenig fallen / und darinnen kleben
bleiben / und nicht wieder lauften können und wird nichts
anders unreines hineinfallen.
Aqua contra consumtionem corporis.
lieber diese gesammlete Ameisen s. q. giesse einen Spiri-
lum Vini ({. s. digerirs mit beschlossenem GefÀà in B. ein
oder andern Tag / darnach d ist i 1 Ii is durch B. erstlieb lind
biss kein Spiritus Vini mehr ausgehe. Wann solcher heraus
gebracht / so distillire das ander im siedenden B. und behalt
es auf.
Dieses Wassers ein Löffel voll in jeglicher Wochen drey
oder viermal nĂŒchtern mit geröstetem Bröd gebraucht /
nimmt die Abnehmung des Leibs wunderlieh hinweg. Unter-
dessen soll man den gantzen Leib / oder dessen distantes
partes, zuweilen mit diesem liquor schmieren; (als Hand
Arm / FuĂ) wann auch auf dieses Mittel die Curation nicht
geschwind erfolget / so verfahre endlich folgender Weise
(diese Magnetische Cur nutzet auch in den Fiebern) besiehe
etwas besser unten von der Aridura.
( ura magnetica consumtionis.
Nimm ein neu Ey / siede es in Urin eines SchwindsĂŒch-
tigen / in einem neuen HĂ€felein / daĂ der Urin das Ey gantz
bedecke / lass es aufsieden / biss es hart werde. Wann
solches geschehen ist / thue das HĂ€felein vom Feuer / durch-
bohre das gesottene Ey mit Löchern / mit einem spitzigen
Höltzlein / daà die Löcher zum Eyerdotter dringen / hernach
siede das durchgeborte Ey im hinterstelligen gleichmĂ€Ăigen
Urin / und kehre allezeit das Ey um / bis der Urin aller ver-
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XIV
Jenseits von Beruf und Ami
10. Jahrg. â Nr. 21 25.
zehret worden; endlich vergrabe dieses Ey um / bis der Urin
aller verzehret worden; endlich vergrabe dieses Ey in einen
Ameis-HaĂŒffen. Wann solches von ihnen verzehret und
aufgefressen worden / so höret die Schwindsucht durch eine
verwunderliche vfidnÀdsiap auf \ und fanget eine vollkommene
Zunehmung aufs neue anzusetzen. Unterdessen aber ist des
obigen Saffts Gebrauch nicht unterwegen zu lassen."
2. aus: Z e n t r a 1 b 1 a 1 1 fĂŒr die gesamte T u b e r-
kulosef orschung, Band XVI. Berlin, 25. Juli 1921.
Seite 24.
âDĂŒblet, F.: Cas de guerison de la tuberculose experi-
mentale. (FĂ€lle von Heilung der experimentellen Tuber-
kulose.) Gpt. rend. des seances de la soc. de biol. Bd. 84,
Nr. 3, S. 111â112. 1921.
Verf. zerkochte Leber und Pankreas von Weinberg-
schnecken in Kalkwasser, setzte Glycerin zu und mischte das
Filtrat mit dem Glyzerinextrakt von Raupen der After-
schaben. Diese Mischung scheint, auf Tuberkelbazillen-
kulturen gebracht, eine verzögernde Wirkung auf das Wachs-
tum der Kolonien auszuĂŒben, aber die LebensfĂ€higkeit der
Bazillen nicht aufzuheben, da die damit geimpften Tiere
tuberkulös werden. Spritzt man "die Mischung tuberkulösen
Meerschweinchen ein, so bringt sie den tuberkulösen ProzeĂ
zum Stillstand. Meerschweinchen, welche 4 â 8 Wochen lang
subkutane Einspritzungen der Glyzerinextrakte erhielten, er-
krankten angeblich bei spÀterer Impfung mit lebenden Ba-
zillen nicht. Möllers (Breslau).
DĂŒblet: L'extrait de chenilles de la mite de la ruche
d'abeilles pour la guerison de la tuberculose experimentale.
(Der Raupenextrakt der Milbe des Bienenstocks in seiner Be-
ziehung zur Heilung der experimentellen Tuberkulose.) Gpt.
rend. des seances de la soc. de biol. Bd. 84, Nr. 8, S. 381 â
382. 1921.
Verf. hat die Versuche von Metalnikoff (dies. Zentrlbl. 15,
279) mit dem Raupenextrakt der Bienenstockmilbe nach-
geprĂŒft und kommt auf Grund von Meerschweinchenver-
suchen zu dem SchluĂ, daĂ es möglich ist, die Tiere durch
eine Vorbehandlung mit Raupenextrakt gegen eine nach-
folgende tuberkulöse Infektion zu schĂŒtzen.
Möllers (Berlin)."
Carl Thiersch und die Studenten.
Zu seinem 100. Geburtstag.
Von J u s t u s W h i e r s c h.
Am 20. April 1922 jÀhrte sich zum 100. mal der Geburts-
tag meines Vaters, des im Jahre 1895 heimgegangenen Leip-
ziger Chirurgen Carl Thiersch. So mancher Àltere
Kollege wird sich an diesem Tage seines Lehrers erinnern
und die Stunden noch einmal durchleben, in denen er einst
in der altberĂŒhmten UniversitĂ€t zu den FĂŒĂen seines
Meislers gesessen hat.
Ich habe die Erinnerungen an meinen Vater in einem be-
sonderen Buch*) zusammengefaĂt und mich dabei der Mit-
arbeit zahlreicher Kollegen erfreut, fĂŒr die ich auch an dieser
Stelle meinen herzlichsten Dank ausspreche. Viele neue
charakteristische AussprĂŒche sind mir dadurch bekannt ge-
worden. Die meisten konnte ich fĂŒr die Biographie verwerten,
aber so Manches bleibt noch zu erzĂ€hlen ĂŒbrig und so ent-
spreche ich gern dem Wunsch des Verlegers dieser Zeitschrift
einiges ĂŒber den âVater Thiersch" zu plaudern.
Auf Ă€uĂerst verschiedenen Wegen findet das Wort eines
geliebten Lehrers Eingang in die Heizen der Zuhörer. Das
wurde einem besonders deutlich in der Glanzzeit der Leipziger
medizinischen FakultĂ€t, etwa 1870 â 1890, als neben- und
*) Carl Thiersch. Sein Leben daf gestellt von Justus
Thiersch. Leipzig, Job. Ambr. Barth. 190 S. 120 Mark.
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die BariMlircUlM I
40. Jahrg. - Nr. 24/25.
Jenseits von Beruf und Amt
XV
nacheinander MĂ€nner wie Carl Wunderlich, Ernsl
Wagner, Carl Crede, Carl Ludwig, Wilhelm Iiis,
Carl Thierse!) und andere lehrten. Das waren so die
rechten Typen deutscher Professoren, die den deutschen
Studenten mit wissenschaftlichem Geist erfĂŒllten und in
ihnen den allseitig durchgebildeten praktischen Arzt erzogen,
Um den uns die ganze Welt beneidet. Wunderlich he -
geisterte seine Zuhörer durch rhetorisch glÀnzende VortrÀgt'
am KrÀnkenbett, Wagner imponierte durch seine gedie-
genen aus praktischer Erfahrung gewonnenen Kenntnisse,
L u d w i g regle Geist .und Phantasie seiner SchĂŒler an durch
streng wissenschaftliche Ausarbeitung fundamentaler phy-
siologischer LehrsÀtze.
In anderer Weise wirkte Thiersch. Von Natur einst,
schweigsam, ja zur Sehwermut -geneigt, vereinigte er zwei
Naturen in sieh, die eine grĂŒblerische, psychologischen Prob-
lemen nachspĂŒrend und die andere, auf eminenter Menschen-
kenntnis begrĂŒndete, von Toleranz und Humor getragene
Lebensbejahung. Eigenartig gemischt kamen sie zur Wir-
kung. Seine ZurĂŒckhaltung lieà ÀuĂerlich zwar immer einen
Abstand von den SchĂŒlern bestehen, aber innerlich fĂŒhlten
diese sich doch sehr bald zu ihrem Lehrer hingezogen.
Denn wer Thiersch nur wenige mal bei der Arbeit
gesehen hatte, muĂte ein unbegrenztes Zutrauen
ihm gewinnen, nicht nur zu seiner
Kunst, sondern vor allem zu seiner ganzen Persön-
lichkeit. Er war gleich seinem Kollegen Wagner der
Typus eines humanen Arztes, aber darĂŒber hinaus ver-
stand er es in der Seele des Patienten zu lesen. Sein Trost,
und war es nur ein Blick, kurzes Wort, ein Besuch zu spÀter
Abendstunde, um noch einmal nach dem Verband zu sehen,
richtete die Patienten auf; hÀufig war er auch, ganz in der
Stille, ihr WohltÀter. Seine Lebensarbeit ging auf in der
Sorge um das Krankenhaus und die Patienten.
zu
chirurgischen
Diese Eigenschaften offenbarten sich wie gesagt gar bald
dem Studenten und es ist wohl nicht zuviel gesagt, daĂ er
der populÀrste Lehrer der medizinischen PakultÀl damaliger
Zeil war.
Wenn Carl Thiersch ĂŒber den medizinischen Kreis hinaus
weitbekannl wurde durch AussprĂŒche in der Klinik, Tisch -
reden bei dem Rektoratswechsel und anderen öffent-
lichen Gelegenheiten, so lag das daran, daĂ der sati
rische Heiklang, der jenen Bemerkungen stets innewohnte,
immer eine berechtigte Kritik enthielt, eine Kritik, die sich
allerdings nicht jeder erlauben konnte. In der Erinnerung
der Nachlebenden, besonders des nicht medizinischen Publi-
kums ist vielfach nur die Wirkung eines gewöhnlichen Wort
witzes zurĂŒckgeblieben. Wer Thiersch nicht gekannt hat,
muĂ dadurch ein ganz falsches Bild von ihm gewinnen. Er
war kein âkaltherziger Witzbold", sondern ein wohlwollender,
humaner, allerdings scharfer Kritiker.
Wer einen Zweifel haben sollte an dem harmonischen
VerhĂ€ltnis zwischen âVater Thiersch" und seinen Zuhörern,
der werfe einen Blick in die Bierzeitung der klinischen
Studentenschaft, die alljĂ€hrlich am SchlĂŒsse des Sommer
semesters als Beigabe zum âklinischen VogelschieĂen" er-
schien. Jahrzehnte hindurch war Thiersch als beliebter
Lehrer Gegenstand einer wohlwollenden Gegenkritik der
Studenten, die sich in Prosa, Poesie und mehr oder weniger
gelungenen Abbildungen kund gab. Viele seiner geflĂŒgelten
Wotle sind dort wieder zu finden, gesammelt sind sie m. W.
noch nicht und doch wĂŒrde das lohnen. Aus meinen per-
sönlichen Erinnerungen und denen anderer Kollegen will ich
einiges zum Besten geben.*)
In der Klinik nahm Thiersch immer den gleichen Platz
ein neben einem der Waschtische an der Fensterseite. Er
*) Vergleiche dazu auch die in der Biographie wiedergegebe-
nen Anekdoten.
Testoga
fĂŒr MĂ€nner
Gegen endoerine Störungen â Allgemeine NervositĂ€t â Neurasthenie â
Leichte ErmĂŒdbarkeit bei körperlicher und geistiger Anstrengung,
vorzeitiges Altern â Psychische Depression, Arbeitsunlust, -UnfĂ€higkeit â
Sexuelle Neurasthenie, Impotenz, â Klimakterium virile, Ejaculatio praecox.
Thelygan
fĂŒr Frauen
Gegen endoerine Genital-Störungen â Amenorrhoe, Oligomenorrhoe, Dysmenor-
rhoe â Störungen der Menarche â Klimakterische Beschwerden â Depres-
sionen, Ausfallerscheinungen, Angstneurosen, â SterilitĂ€t, FrigiditĂ€t.
Tabletten Subkutan-Injektionen â Suppositcrien.
| Dr. GEORG HENNING, BERLIN W 35
GroĂe Literatur zur VerfĂŒgung.
KurfĂŒrstenstraĂe 146/147
XVI
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 24/25.
saĂ, das eine Bein ĂŒber das andere geschlagen, die Prakti-
kantenliste in der einen, das Notizbuch und Bleistift in der
andern Hand. Ueber die GlÀser seines Klemmers sah er den
Praktikanten fragend und ermunternd an. So werden ihn
wohl alle seiner Zuhörer im GedÀchtnis haben.
Zwischen dem Aufruf der Praktikanten muĂte ab und zu
die Operationsschwester erscheinen, um dies oder jenes zu
besorgen. FrĂŒher war es die âKutschbach", von Vater
Thiersch kurz âK utsc h" gerufen. Sie erfĂŒllte ihr Amt
schlecht und recht, aber ihr Ă€uĂerer Anblick erfĂŒllte mit
Schaudern. Hager und knochig an Gestalt hatte auch ihr
Antlitz nichts fĂŒr den Studiosus Anziehendes. Bei einer
Krankenvorstellung setzte Thiersch dem Auditorium den
Unterschied zwischen Halluzination und Illusion auseinander.
âHielte jemand die Kutschbach fĂŒr eine Madonna, so wĂ€re
das eine Illusion" fĂŒgte er erlĂ€uternd hinzu. Mit der Zeit
wurde die âKutsch" âalt und bumblich", aber Thiersch konnte
sich nicht entschlieĂen, einen Wechsel im Amt vorzunehmen,
denn sie hatte eine unschĂ€tzbare Eigenschaft, sie wuĂte nĂ€m-
lich âwo die Instrumente lagen". In dem gerĂ€umigen Instru-
mentenschrank fand sie sich besser zurecht als die stets
wechselnden Assistenten und Protokollanten und wenn die
Vorbereitungen zu einer Operation schnell getroffen werden
muĂten, so war die Kutschbach unentbehrlich. SchlieĂlich
muĂte sie aber doch einer Nachfolgerin Platz machen. Es
war die hĂŒbsche Franke, die sich bald ebensogut in den
Instrumenten auskannte wie ihre VorgÀngerin.
In den achtziger Jahren war der Zustrom operativer
FÀlle groà und fast tÀglich wurde operiert. Meist waren es
Operationen, die der praktische Arzt niemals vornehmen
kann: Trepanationen, Bauchoperationen aller Art, Ge-
schwulstexstirpationen usw. Wie in anderen Kliniken auch,
erforderte dies einen groĂen Apparat von Hilfspersonal und
die Zuschauer sahen von der Operation selbst oft so gut wie
nichts. Ergötzlich schildert dies einmal âW i p p c h e n" in
einer der Bierzeitungen:
âNachdem ich mich auf einer der amphitheatralisch an-
geordneten BĂ€nke niedergelassen hatte, welche in der Weise
aufgestellt sind, daĂ der Kliniker bequem auf dem Fenster-
brett Platz nehmen kann, suchte ich mich zu orientieren. Zu-
nĂ€chst schweiften meine Blicke nach dem groĂen Operateur,
den ich mit MuĂe in seiner TĂ€tigkeit studieren wollte.
Letzteres gelang mir jedoch vergeblich. Was ich sah, be-
stand in seinen oberen Partien in einem undurchdringlichen
Nebel, in den unteren zeigte sich eine erschreckende Anzahl
der verschiedensten Hosen, die zu einem wahrhaft gordischen
Knoten verschlungen schienen. Ich wurde lebhaft an die
Schlachtenbilder erinnert, wo man auch nur die Beine er-
kennen kann, wÀhrend der Pulverdampf alles andere mit
dem Mantel christlicher Liebe verdeckt." (Abbildung.)
Der Reporter gelangt nach seinen vergeblichen Ver-
suchen etwas von der Operation zu sehen, zu Dörnfeld.
Der âpathologische" Dornfeld, zum Unterschied von dem
âanatomischen" so genannt, Diener des Pathologischen
Institutes, hatte im Souterrain daselbst einen behaglichen
Aufenthaltsraum fĂŒr die Kliniker bereit, wo diese es sich
zwischen der Klinik von Thiersch und Wagner bei Bier und
Schinkenbrot wohl sein lieĂen. Dadurch ging natĂŒrlich zu
Thiersch MiĂbehagen hĂ€ufig der letzte Teil seiner Klinik fĂŒr
die Studenten verloren. Darauf bezieht sich ein scherzhaftes
Gedicht, das ihm gelegentl. eines klinischen VogelschieĂens
ĂŒberreicht wurde. Nachdem es den Exodus der Kliniker zu
Dornfeld geschildert, schlieĂt es mit folgenden Worten:
âSieh' dieses zierliche BĂŒffet
HĂŒbsch sauber ist's, appetitlich nett,
Garniert mit kalten und mit heiĂen
Verschiedentlichen schönen Speisen.
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J.[E. Stroschein, Chem. Fabrik. G m b H., Berlin SO 36
bei Cholelithiasis
10. Jahrg. Nr.24/25.
Jenseits von Beruf und Amt
xvii
Sieh' hier den SehweizerkÀse winken
Dort kalten Hinten, ros'ge Wurst.
Hier rollen und gekochten Schinken
Und da auch etwas fĂŒr den Durst
ein ff. FlÀschchen Lagerbier!*)
VerlaĂ Dich drauf und glaube mir
Stell' solch BĂŒffet, in eine Eck'
Dann geht kein einz'ger Mensch mehr weg.
Biereifrig bleibt ein Jeder dort.
Lauscht voller Spannung Deinem Wort
Und stillt mit Freude und Plaisir
Den Hunger und die WiĂbegier
Lud operierst Du grad' einmal
Und tiefe Stille herrscht im Saal,
Dann tönt es laut herab zu Dir:
,,H e r r Geheimrat, i c h e r 1 a u h e m i r !"
Thierschs Verantwortlichkeitsgel'ĂŒhl war hoch entwickelt
und er konnte an andern eine scharfe Kritik ĂŒben, wenn er
einen Mangel daran erblickte. Der Sohn eines namhaften
Professors an der Leipziger UniversitÀt cand. med. N., der
als Ferienprotokollant und Chloroformeur eingestellt war,
hatte das UnglĂŒck gehabt, einen Patienten in der Narkose
zu verlieren. Von seiner Ferienreise zurĂŒckgekehrt, erwartete
Thiersch einen Bericht mit Rechtfertigung dieses ihm immer
sehr nahe gehenden Ereignisses. Der Student zog es aber
vor zu schweigen und fand kein Wort einer Entschuldigung.
Das hat ihm Thiersch nie verziehen und sich gelegentlich
bitter ĂŒber diesen Mangel an Takt ausgesprochen.
*) Man verzeihe bei den harten Zeiten diese schlemmerhafte
AufzÀhlung.
Mit Lob und Tadel war Thiersch sparsam und ging aus
dieser ZurĂŒckhaltung selten heraus. Um so mehr war ein
Wort der Anerkennung geschĂ€tzt und der Tadel gefĂŒrchtet
Im ganzen hatten die Studenten zu viel Angst, denn Thiersch
war gerecht und das Spiel war fĂŒr den Examinanten bei
einer falschen Diagnose noch nicht verloren, wenn er sie
nur begrĂŒnden konnte. Der PrĂŒfer ging dann dir GrĂŒnde
mit ihm durch und zeigte ohne Spott, warum die Diagnose
falsch war. Dagegen ergoà sich allerdings hÀufig genug die
scharfe Lauge seines Spottes ĂŒber diejenigen, nieist noch
jugendlichen klinischen Semester, die ohne genĂŒgende Vor-
kenntnisse seine Klinik besuchten und auch nicht eine einzige
Frage beantworten konnten.
âSie sind ja ein wahrer Chimborasso von Unwissenheit"
oder: âHaben Sie Ihr Physikum schon gemacht" oder: âSind
Sie Mediziner?" und Ă€hnliche Fragen muĂten sich diejenigen
gefallen lassen, die seine Kritik unvorsichtig herausforderten.
Daà dazu nicht wenige Juden gehörten, ist bekannt, Thiersch
war jedoch kein Antisemit.
Ein wohlbeleibter Bierstudent sollte die Diagnose bei
F un g u s genu stellen. Das Bein mit dem geschwollenen
Knie war unbekleidet. Aus dem Studenten war keine Ant-
wort heraus zu bringen. âWas sehen Sie?" Schweigen. âWas
fĂŒhlen Sie?" Schweigen. Thiersch palpirl selbst, die Finger -
eindrĂŒcke bleiben stehen. âNun?" Schweigen. Thiersch sagt
weiter nichts als: âB i e r ?" und hat das lachende Auditorium
auf seiner Seite.
Ein Praktikant Namens R o s e n t h a 1 wird aufgerufen,
erscheint und untersucht lange einen Kranken, ohne etwas
finden zu können. SchlieĂlich sagt der alte Herr: âDer Mann
hat Mastdarmkarzinom. Nun, Herr Rosenthal, fahren Sie
einmal mit dem Finger in das Rosenthal."
Ein Kandidat Namens Cohn stellte gleichfalls keine
Diagnose. Da trug Papa Thiersch den Patienten: âWas sind
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XVIII
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 24/25.
Sie?". âGoldschmied, Herr Geheimrat!" Thiersch: âSo,
haben Sie eine Braut, Herr Cohn?" âNein, H. G." Th.:
âSchade, dann können Sie dem Mann nichts zu verdienen
geben. Na, vielleicht, wenn Sie sich wollen vergolden lassen."
(ScheuĂliches Lachen des Auditoriums.)
War Thiersch bei Laune, so machte es ihm SpaĂ die Kan-
didaten etwas hinters Licht zu fĂŒhren:
Ein Patient mit Diabetes mellitus wird vorge-
stellt. Daneben eine Urinprobe im Kelchglas. Th. zum Prak-
tikanten: âWollen Sie den Patienten untersuchen, ich werde
sehen, ob Sie ein guter Beobachter sind." Sprachs, berĂŒhrte
mit der Fingerspitze den Inhalt des Uringlases und fĂŒhrte
sie zum Munde. Der Kandidat tut desgleichen, untersucht,
befragt den Kranken und stellt die richtige Diagnose. Th.:
âSie haben richtig untersucht, aber nicht richtig beobachtet,
sonst wĂŒrden Sie bemerkt haben, daĂ ich zwar den Zeige-
finger eingetaucht, aber den Mittelfinger abgeleckt habe."
(Diese Anekdote wird auch von Billroth erzÀhlt, sie ist aber
von Thiersch.)
Vorgestellt wird ein Fall von Paraphimose mit
starker Schwellung der glans. Aufgerufen wird cand. med.
Bubinstein und es erfolgt folgendes ZwiegesprÀch:
Th.: âWas denken Sie?"
B.: âParaphimose."
Th.: âBichtig, was denken Sie?"
B.: âIch denke, man muĂ gleich operieren."
Th.: âBichtig, was denken Sie weiter?"
B. ĂŒberlegt lĂ€nger, weiĂ aber nichts Bechtes zu sagen.
Th.: âHerr Bubinstein, so war wohl Ihr Name, ich wĂŒrde
an Ihrer Stelle denken, mir kann so was ja nicht passieren."
Gelegentlich bekommen auch die benachbarten Institute
einen kleinen Hieb ab.
In die Klinik wird ein Patient gebracht mit Ober-
schenkelbruch. Derselbe wird demonstriert und be-
handelt. Kaum ist derselbe abgefahren, kommt ein zweiter
Patient auch mit Oberschenkelbruch und dann, wie es ein
merkwĂŒrdiger Zufall will, in gleicher Stunde noch ein dritter
mit der gleichen Verletzung. Und der Herr Geheimrat sagt:
âDie inneren Kliniker wĂŒrden jetzt sagen, wir haben eine
Oberschenkelbruchepidemie."
Ein Kollege berichtet: Wir waren zum Operationskurs
im Seziersaal. Th. tritt ein, findet ein ganz neues Messer vor,
hebt es empor und fragt Dornfeld: âWie kommt der Glanz
in diese HĂŒtte?"
Solche guten und schlechten Witze des alten Herrn gehen
noch viele um, fast alle haben als Unterton einen liebens-
wĂŒrdigen Humor, der allerdings fĂŒr den Nachlebenden
hĂ€ufig verloren geht. Treffend bemerkt ein alter SchĂŒler:
âEs ging ja immer ein Gruseln ĂŒber den BĂŒcken, wenn
man zum Praktizieren aufgerufen wurde, weil man seine
treffenden Witze fĂŒrchtete, aber geliebt haben wir unseren
Papa Thiersch alle und verklÀrt steht er immer vor den
Augen von uns alten Knaben, verehrt und geliebt."
Diese Liebe und Verehrung Ă€uĂerte sich besonders bei
der Feier seines 70. Geburtstages im Jahre 1892. Thiersch
brachte bei dem ihm zu Ehren veranstalteten Kommers einen
berĂŒhmt gewordenen Trinkspruch auf die Mediziner-
brÀute aus. Die Antwort erfolgte prompt in der nÀchsten
Nummer der VogelschieĂzeitung. Eine Zeichnung stellt
Thiersch dar, wie er von erhöhtem Sitz ĂŒber seinen Klem-
mer auf die Schar ihn umgebender Jungfrauen blickt, die
ihn mit Blumen umkrÀnzen. In dem Gedicht zu dem wohl-
gelungenen PortrĂ€t heiĂt es:
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40. Jahrg. â Nr. 24/25.
Jenseits von Beruf und Amt
XIX
Lieber Vater Thiersch, Entschuldigung
Mögst du gnÀdig uns gewÀhren,
Wenn wir dich mit unsrcr Huldigung
JÀh aus deiner Ruhe stören.
Dankbarkeit ist illusorisch,
Doch noch nicht bei deutschen MĂ€dchen,
Darum trieb's uns kategorisch,
Unsern Dank dir zu betÀt'gen.
Denn es kam uns ja zu Ohren,
DaĂ du jĂŒngst gehalten hast
Von der Galerie Emporen
Einen glÀnzenden Toast,
Worin du unser Lob gesungen,
Wie es keinem noch gelungen.
Unbekannt ist unser Wirken
Ja in weiteren Bezirken,
Wie wir manchen jungen Mann,
Der noch wenig weiĂ und kann,
Das Interesse wecken klug
Zum Kollegienbesuch.
Und ihm alsdann den Mut entfachen
Zum baldigen Examenmachen.
Sag', wie kommt's, daĂ du so sinnig,
GefĂŒhlvoll und verstĂ€ndnisinnig
Uns schildern konntest? Motivier es!
Beinahe scheint uns, daĂ auch dir es
(Zwar ist das noch nicht bewiesen,
Denn es liegt etwas zurĂŒck)
Einst vergönnt war zu genieĂen
Als Student der Liebe GlĂŒck."
Zum SchlĂŒsse sei noch das Gedicht wiedergegeben,
welches die Klinikerschaft in der Festschrift des 41. klini-
schen VogelschieĂens Thiersch zum 70. Geburtstag widmet.
Es beleuchtet am besten das VerhÀltnis zwischen ihm und
den Studenten.
An Thiersch.
Du groĂer Mann von Gottes Gnaden,
Von Ehrfurcht und Bewunderung erfĂŒllt,
Seh' ich im Jubelkranz geschmĂŒckt dein Bild;
Mit Ehren bist du und Erfolg beladen.
Manch Monument auf dorn'gen Wissenspfadm
Preist deinen Namen. Unter deinem Schild
Ward vielen Menschen bitt'rcr Schmerz gestillt.
Reich aufgesprossen stehen deine Saaten.
Im Wissen König und ein Kind von Herzen,
Verstehst du â im Gemisch von Ernst und Scherzen â
Des Lebens Not und Drangsal zu vertreiben.
Dein Geist, dein Witz und Spott sind fast noch besser
GeschÀrft, gespitzt als dein chirurgisch Messer:
0 mögst du, wie du bist, noch lang uns bleiben.
Der Held des Tages. Das MĂ€nnlichste am Mann ist das freie
zu Herzen gehende und ĂŒberzeugend gesprochene Wort. Ein un-
gewöhnliches KraftgefĂŒhl und MachtbewuĂtsein trĂ€gt derjenige
in sich, der imstande ist, zu jeder Zeit unvorbereitet schlagfertig
und ĂŒberzeugend zu reden. Nach Brechts seit langen Jahren
bestens bewĂ€hrtem âFernkursus fĂŒr praktische Lebenskunst,
logisches Denken, freie Vortags- und Redekunst" lernt der
Studiernde in leichtfaĂlicher Weise logisch zu denken, sicher und
zielbewuĂt zu handeln, ruhig und ungeniert aufzutreten und frei
zu reden, bzw. wirkungsvoll vorzutragen. Wir empfehlen jedem
Interessenten die Beachtung des diesem Hefte beiliegenden Pro-
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40. Jahrg. â Nr. 24/25.
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Abonnementspreis von ca. 240.â Mk. berechnen, wird der Verlag
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40. Jahrg. â Nr. 26
Jenseits von Beruf und Amt
XIII
Jenseits von Beruf und Amt.
Die Bewertung des Kindes im Wandel
der Zeiten.
Von Nelly W <> 1 [ f h ei m.
Die mehr oder weniger groĂe Bedeutung, die der Er-
ziehung und gesundheitlichen FĂŒhrung der Kinder beige-
messen wind, und vor allem das Ziel, dem man bei der er-
ziehlichen Leitung zustrebt, ist eng verknĂŒpft mit der Ge-
samtkultur eines Volkes; abhÀngig von den Lebensbedin-
gungen der Mensehen ist die WertschÀtzung, die sie ihren
Kindern entgegenbringen.
In einer Zeit, da die Völker noch nicht seĂhaft waren und
im steten Kampfe, Beute suchend ihr Dasein fristeten, konnte
das Leben des Einzelnen nicht von allzugroĂer Bedeutung
sein. Nur wer vermochte, sich selbst durchzukÀmpfen, hatte
Daseinsberechtigung; schwache, kranke Kinder wurden
besser nicht erhalten. Der barbarische Gebrauch der Kindes-
Aussetzung war daher im Altertum allgemein, und nur bei
wenigen Völkern finden- wir ihn nicht. Bei Juden und
Aegyptern ist die Aussetzung der Kinder verboten. Selbst bei
so hochkultivierten Völkern wie den Griechen und Römern
bestand die Sitte; den Spartanern, die ihr Ideal in erster
Linie in der Vervollkommnung des Staates sahen, war es
natĂŒrlich, sich der nicht lebenstĂŒchtigen Kinder zu entledigen.
T acitus erzÀhlt in der Germania, daà es bei den Germanen
fĂŒr Frevel angesehen wurde, âder Zahl seiner Kinder ein
Ziel zu setzen oder ein nachgeborenes zu töten", aber an
anderen Orten finden wir Nachrichten, die auf die Lieblich-
keit der Aussetzung hinweisen. Mit der Ausbreitung des
Christentums ist zwar ein Ahnehmen derselben bemerkbar;
wie fest aber der Brauch im Volke eingewurzeil war, ent-
nehmen wir vielen Bel ichten. Zur Zeit Karls des GroĂen gab
es eine Verordnung, die das Tölen der Kinder gleich nach der
Geburt gestaltete, und manche Volkssliunme sicherten sich
auch nach ihrem Uebertritt zum Christentum das Recht, ĂŒber
Lehen und Tod ihrer neugeborenen Kinder zu verfĂŒgen. Be-
sonders in Zeiten schwerer Kriegs- und Hungersnot, ĂŒber-
legte man es sich, ob man ein Kind aussetzen oder aufziehen
sollte. Das Neugeborene wurde auf den Boden gelegt, bis
sich der Vater entschieden hatte, ob es am Lehen bleiben
solle oder nicht. Aus Schleswig wird noch aus dem 10. und
11. Jahrhundert berichtet, daà hÀufig kleine Kinder ins Meer
geworfen seien. Im Jahre 1012 wurde im Dorfe KochslÀdt
bei Aschersleben ein miĂgestaltetes Zwillingspaar auf Be-
schluĂ der BĂŒrgerschaft nach der Geburt getötet.
Im allgemeinen traf das Todesurteil weit seltener Knaben
als MÀdchen, weil diese hÀufiger als eine Last empfunden
wurden. In dem Gebrauch der Kindestötung offenbart sich
ja ĂŒberhaupt die niedrige Stellung der Frauen, denn wĂ€ren
die MĂŒtter immer gefragt worden, hĂ€tten wohl bei weitem
weniger Aussetzungen stattgefunden.
Das Christentum, das in jedem Menschen die Seele ehrt,
fĂŒr die man dem Himmel Rechenschaft schuldig ist, wan-
delte nach und nach die Anschauungen; es gelang den
Kindesmord zum Verbrechen zu stempeln. Freilich wollte
man die Kinder erhalten, lag die Verpflichtung vor, fĂŒr sie zu
sorgen. Schon im Mittelalter finden sich daher die ersten
Vorboten einer sozialen FĂŒrsorge nach dieser Richtung.
Weil man den Gebrauch, unwillkommene Kinder an ent-
legener Stelle auszusetzen, als sĂŒndhaft gekennzeichnet hatte,
muĂte man fĂŒr die Möglichkeit ihrer Unterbringung Vor-
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Von Klndein und Erwachsenen
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Literatur und Proben durch Fa. EPISAN-BEBENDSDOBF. BEKLIN W. Potsdamer St
eoiptuhlen.
rasse 84 a
XIV
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 20
sorge treffen. Es fĂŒhrte sich ein, die Neugeborenen, die mau
nicht aufziehen wollte oder konnte, an den KirchentĂŒren
niederzulegen, wo mancherorts ein Becken zu diesem Zwecke
angebracht war; die Kinder kamen dann ins Findelhaus.
V\ ir hören bereits aus dem 6. Jahrhundert von einer solchen
Anstalt zu Trier. Die FindelhÀuser fanden besonders in
den romanischen LĂ€ndern Ausbreitung; das bekannteste
Findelhaus ist wohl das in Florenz, das mit della Robbias
berĂŒhmtem Wickelkinder-Fries geziert ist.
Mehr und mehr wurde das VerantwortlichkeitsgefĂŒhl der
Eltern unter dem EinfluĂ der christlichen Religion geweckt;
die Erziehung wurde im allgemeinen ernst genommen; die
Seele des Kindes sollte gelÀutert werden, damit der Teufel
ihrer nicht habhaft werde. Strenge Zucht wurde deshalb
angewandt. Der Wunsch, den Kindern die ewige Seligkeil
zu sichern, war die Haupttriebfeder der erziehlichen MaĂ-
nahmen.
Nach der Reformation wurden neue Bahnen betreten, und
besonders kann man nach dem dreiĂigjĂ€hrigen Kriege groĂe
Wandlungen bemerken. Luther hat eindringlich auf die
W ichtigkeit der Erziehung hingewiesen âą und in Wort und
Schrift den Eltern ihre Pflichten ans Herz gelegt. Auch sein
Bestreben einen allgemeinen Volksschulunterricht einzu-
fĂŒhren und «eine Forderung, daĂ nur befĂ€higte Lehrer be-
schÀftigt werden sollten, zeigen, wie wichtig ihm die rechte
Beeinflussung der Kinder war. Obgleich Luther noch ganz
auf dem Boden der kirchlichen Erziehung stand, war er doch
ein Vorbote einer neuen Zeit; seinem EinfluĂ ist es zu ver-
danken, daĂ die Fragen der Erziehung ĂŒberhaupt mit er-
neutem Interesse behandelt wurden. Die Bestrebungen, die
dem. Wohl der Kinder dienten, nahmen nach und nach eine
andere FĂ€rbung an. Immer mehr wurde die Absicht, die
Kinder nur fĂŒr das Jenseits zu erziehen, von dem Gedanken
abgelöst, sie auch fĂŒr das zukĂŒnftige weltliche Leben tĂŒchtig
zu machen. Unterricht und Erziehung sah man jetzt schon
vielfach fĂŒr eine Grundlage blĂŒhender Staaten an; die Be-
deutung, die man dem Einzelnen als Glied der gröĂeren Ge-
meinschaft zuerkannte, Ă€uĂerte sich auf diese Weise. DaĂ
ein jeder Anspruch auf Erziehung und Unterricht habe,
dieser Gedanke suchte sich sichtbar durchzusetzen. Der
kĂŒnftige Mensch wunde im Kinde geachtet. Unterrichts-
methoden und Erziehungsprinzipien wurden bewuĂter, und
man suchte sie zweckentsprechender zu gestalten. Die gröĂere
WertschÀtzung, die dem einzelnen Individuum entgegenge-
bracht wurde, zeigte sich in der Behandlung der Kinder.
Vor allem sollte die Erziehung die Menschen glĂŒcklicher
machen, und man wollte den Kindern eine frohe Jugendzeit
gönnen. Angenehmere Lehrweise, mildere Zucht suchten
.Menschenfreunde â die âPhilanthropen" â den Kindern zu
verschaffen. Aber ein Gedanke beherrschte noch ganz all-
gemein die W elt: Vollkommene UnterdrĂŒckung des persön-
lichen Willens beim Kinde, strengste elterliche Gewalt waren
selbstverstÀndliche Vorbedingungen der Erziehung. War
doch auch der Mensch Gott Untertan, und die Eltern galten
als seine Stellvertreter auf Erden.
LĂ€ngere Zeit standen die verschiedenen Weltan-
schauungen gegeneinander, und eine streng pietistische Rich-
tung suchte die Herrschaft ĂŒber die pĂ€dagogischen Bestre-
bungen an sich zu reiĂen; der Geist der AufklĂ€rung war je-
doch so erstarkt, daà er sieghaft vorwÀrts drÀngte und eleu
Boden schuf, auf dem neue, gewandelte Erziehungsmethoden
gedeihen konnten. âNicht Ablichtung zum getreuen Unter-
tan, zum korrekten Gesellschaftsmenschen, zum AnhÀnger
eines kirchlichen Systems, sondern Bildung zum Menschen.
Bildung zur vollen freien Persönlichkeit durch Entwicklung
aller von der Natur in dieses Wesen gelegten KrÀfte, Bildung
zur HumanitĂ€t", das war â nach Paulsen â das Bil-
dungsideal am Ausgang des achtzehnten Jahrhunderts.
DaĂ man dieses Bildimgsideal nur scheinbar anerkannte,
daà man bis zu unserer Revolution eine Z w e c k p À d a -
DlSOTRIN
Heilsalbe
B
Iran^, , empfohlen bei .Fiechien)
'Ăn en- nĂ€55en<ien HautausschlĂ€gen Ifl« â {
Qd m l el âą u- Schwören im AnschlĂŒsse ^
9e5Dn1Wundsem der Q"ch der kleinen K.n X
ngener rissiaer Haur sowie bei ollen g
. v»n.tÀB No.u. xfe/iiLe/ flrzten zurVe * j
^^^2"^ 1921 No «.
llein^SirCĂmbl^
fahrbrĂŒcKe'Sa
Vom Verband der Krankenkassen GroĂ-Berlins und
vielen anderen groĂen Krankenkassen - VerbĂ€nden
zur Verordnung zugelassen.
rJDEAL B )I(
HERZ- /J^
MITTEL
Ă
Pigftalis,
mophdtttiĂ
PrÀparat
FLĂSSIG
TAĂLETTEN
AMPULLEN.
FAUTH&Co MĂNNHEIM
Herzogl. Stahlbad
Liebenstein (S. m )23 8
Perle
des ThĂŒringer Waldes
NatĂŒrliche kohlensaure Stahl-
bÀder. StÀrkste Eisen- Arsen-
Quelle Deutschlands.
S p e z I a 1 k u r e n
bei Herz-, Blut-, Nerven-Frauen-
leiden. ErholungsbedĂŒrftige.
Pro»pek/e öurcfi
die Botfetflrekif /
40. Jahrg. âNr. 26,
Jenseits von Beruf und Amt
XV
gogik ausĂŒbte, sei hier eingeschaltet. Man denke an die
Schulerziehung,» die" zwar nebenbei die allgemeine Bildung
zum Ziele hatte, aber fast mein als diese die Erziehung zum
getreuen StaatsbĂŒrger ins Auge faĂte. Denken wir an die
Art des bisherigen Geschichtsunterrichtes, denken wir an
die Richtungen, die in dem Kinde durch den Religionsunter-
richt angebahnt werden sollten, so sehen wir ĂŒberall die Be-
tonung eines bestimmten Zweckes, der auĂerhalb der ein-
lachen Menschenbildung liegt. Es soll hier absichtlich keine
Kritik geĂŒbt werden, die ĂŒber den Rahmen dieser Abhand-
lung hinausginge, sondern nur Feststellungen sollen ge-
macht werden, die /eigen, wie unsere SchulpÀdagogik unter
dem Gesichtspunkt der Zweckpolitik gehahdhabt wurde und
vielleicht â wenn auch in einem anderen Sinne â
noch heute wird. Nehmen wir ein weiteres Beispiel: Bei
Gelegenheit von Schulfeiern wurden den Kindern nicht ein-
fach erhebende Stimmungen ĂŒbermittelt, sondern die königs-
treue Gesinnung sollte gefĂŒhls- und verstandesmĂ€Ăig ange-
bahnt werden. Die Einrichtung der Fortbildungsschulen galt
luder dem alten Regime auch nicht nur der Weiterbildung
der Jugend; ihr letzter Zweck war, eine Gegenwirkung gegen
den sozialdemokratischen EinfluĂ auszuĂŒben. Der bekannte
JugendpflegeerlaĂ, der einige Jahre vor dem Kriege alle in
pÀdagogischer, sozialer oder seelsorgerischer Arbeit stehenden
Persönlichkeiten zur tĂ€tigen Mitarbeit an der FĂŒrsorge fĂŒr die
schulentlassene Jugend aufrief, dieser ErlaĂ galt ebenfalls
letzten Endes der BekÀmpfung des sozialdemokratischen Ein-
flusses, der mehr und mehr in der deutschen Jugend fĂŒhlbar
wurde und immer weitere Kreise fĂŒr sich gewann. Bis in
die kleinsten Orte hinein fanden sich geeignete Persönlich-
keiten, die sich im Sinne des Erlasses den Heranwachsenden
widmeten, sie zu Vereinen zusammenschlössen, auf Wande-
rungen fĂŒhrten und sie in jeder Weise seelisch-geistig zu
fördern suchten. Der AuĂenstehende sieht meist nicht hinter
die Dinge, nimmt sie mehr fĂŒr das, was sie scheinen, als daĂ
er die letzten Gedanken irgendwelcher Bestrebungen zu er-
lassen trachtet und so waren sich wohl auch nicht vieh
der in dieser sozialen Arbeit mittÀtigen MÀnner und Frauen
ĂŒber die Grundidee der von ihnen vertretenen Prinzipien im
Klaren. SchlieĂlich wurde in diesem Falle damit aber kein
Schaden angerichtet, das Gute wurde erreicht, indem man
sich der Jugend widmete und sie förderte. Der politische
Hintergedanke kann fĂŒr den reinen PĂ€dagogen ja auch nie
das Wesentliche sein.
Doch kehren wir nach dieser Abschweifung in die
moderne Zeit wieder in das achtzehnte Jahrhundert zurĂŒck.
Rousseau war der VorlÀufer einer neuen Epoche. Sein
Ruf âZurĂŒck zur Natur" weckte einen starken Widerhall,
und begeisteit suchten weite Kreise ihm zu folgen. Die Art,
wie Rousseau der kindlichen Psyche nachging, wie er des
Kindes Ich geachtet sehen wollte, war so neu, so ĂŒber
raschend, daĂ der EinfluĂ nicht ausbleiben konnte. Der
âEmil", Rousseaus groĂer Erziehungsroman, ist noch heute
lesenswert. Bei der LektĂŒre dieses Werkes wird uns klar,
wie lange Gedanken gebrauchen, um Gemeingut zu werden.
Die pĂ€dagogischen Fragen sind seit Rousseau â trotzdem
seine Ansichten nur zum Teil und nur bei einigen PĂ€dagogen
zur Anerkennung kamen â im Mittelpunkt des Interesses
und reger Diskussionen geblieben, und noch heute mĂŒssen
wir uns als Erben seiner Anregungen betrachten.
Unsere Dichter und Denker haben sich fast alle irgend-
wie mit Fragen der Erziehung befaĂt, sie in irgend einer
Form der WĂŒrdigung unterzogen.
In unserer Zeit ist das Kind so zum Problem geworden,
daĂ die verschiedensten Wissenschaften sich mit ihm be-
schÀftigen, daà neben den eigentlichen PÀdagogen Psycho-
logen, Aerzte, Sozialhygieniker, Sozialwissenschaftler,
Juristen das Wohl und Wehe des Kindes und seine Be-
ziehungen zur Mitwelt, seine körperliche und seelische Ent-
Testogan
_ fĂŒr MĂ€nner
Gegen endoerine Störungen â Allgemeine NervositĂ€t â Neurasthenie â
Leichte ErmĂŒdbarkeit bei körperlicher und geistiger Anstrengung,
vorzeitiges Altern â Psychische Depression, Arbeitsunlust, -UnfĂ€higkeit â
Sexuelle Neurasthenie, Impotenz, â Klimakterium virile, Ejaculatio praecox.
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Gegen endoerine Genital-Störungen â Amenorrhoe, Oligomenorrhoe, Dysmenor-
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XVI
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 26,
wicklung zu erforschen trachten. In Wort und Schrift, auf
experimentellem und praktischem Wege sucht man sich mit
den das Kind herĂŒhrenden Fragen auseinanderzusetzen.
KĂŒnstler sind â und besonders taten sie dies im ersten Jahr-
zehnt unseres Jahrhunderts â dem Wesen der kindlichen
Kunst nĂ€her getreten, sie gewissermaĂen entdeckend und ihr
Wege weisend, oder sie haben selbst mit Vorliebe das Kind
zum Objekt ihres Schaffens gewÀhlt.
Bei all diesen Bestrebungen und der starken Betonung
pÀdagogischer Notwendigkeiten kam mehr und mehr der in-
dividualistische Gedanke zum Durchbruch. Alle Reform-
pĂ€dagogik der Vorkriegsepoche faĂte â im Gegensatz zur
offiziellen ZweckpĂ€dagogik â das Kind als Einzelwesen ins
Auge, es gewissermaĂen als kleine MajestĂ€t auf einen Thron
hebend und ihm Rechte und weitgehendste Entwicklungs-
möglichkeiten anbahnend. Mit dem Beginn des Krieges
wurde hier ein plötzlicher Wandel bemerkbar. Der Gedanke
des StaatsbĂŒrgertums beherrschte jetzt alle oder doch fast
alle Kreise; die Umformung der seelischen Welt in den
Augusttagen 1914 ist zu bekannt, als daà ich hier nÀher dar-
auf einzugehen brauche. Das Kind wurde nun allgemein als
Teil des Volksganzen so weitgehend gewĂŒrdigt, daĂ es in dem
Vorstellungsleben selbst sonst recht moderner Menschen auf-
hörte, Einzelpersönlichkeit zu sein. Die Kinder wurden da-
mals nur noch als Teil des Volkes bewertet, und nur in sehr
seltenen FÀllen hat man in den ersten Kriegs jÀhren An-
zeichen einer IndividualpÀdagogik bemerken können.
Dann aber kam der groĂe Unischwung! Die vaterlose
Erziehung so vieler Kinder tat das ihre; die sensationsreiche,
aufregende Zeit wirkte auf die Heranwachsenden ein, die
schnellen und leichten Verdienstmöglichkeiten hoben das
SelbstbewuĂtsein und das HerrengefĂŒhl unreifer Köpfe â
und als Erfolg all dieser EinflĂŒsse suchte die Jugend jedem
erziehlichen Einfluà zu trotzen. Die AutoritÀt hatte auf-
gehört, die Jugend irgendwie zu beeinflussen. Man ver-
gegenwÀrtige sich auch die SchulzustÀnde jener Zeit, man
denke an die aufreizenden, die jugendliche Rauflust be-
gĂŒnstigenden ErzĂ€hlungen der Soldaten, und vor allem denke
riian daran, wie schwer es fĂŒr Kinder und Jugendliche war,
sich in dem allgemeinen moralischen Wirrwarr zurechtzu-
finden. Im Kriege wurde hoch bewertet, was vordem als
unrecht, unmoralisch geschildert ward; die Gebote: Du
sollst nicht töten! Du sollst nicht trachten nach dem Gute
Deines NĂ€chsten! waren wĂ€hrend der Kriegszeit auĂer Kurs
gesetzt worden. Die Kinder unserer Epoche sind dadurch in
eine ZwiespÀltigkeit geraten, die ihr ganzes Weltbild auf
eine schiefe Ebene gebracht hat.
So vorbereitet traf die Kinder die Revolution! W ieder
traten ernste, einschneidende Lebensfragen an sie heran, und
in schÀrfster Weise griff das politische Leben in das kind-
liche Dasein ein. Ich will hier nicht auf Einzelheiten ein-
gehen, die als bekannt vorauszusetzen sind; ein jeder weiĂ,
wie oft die Familien der Platz ernster politischer ZerklĂŒf-
tungen wurden, wie Freundschaften auseinanderrissen, und
wie in der Schule, wenn nicht vom Lehrer, so doch ganz
sicher unter den SchĂŒlern Politik getrieben wurde und wird.
Und all dies kam an Kinder heran, die innerlich hin und her
gerissen waren, deren ethische Anschauungen sich verwirrt
hatten, deren Egoismus hemmungslos (nach kurzem
altruistischen Aufschwung zu Beginn des Krieges.) entwickelt
worden war. Gesichtspunkte, wie die bekannte Formel:
Jeder suche zu erwischen, was er erwischen kann! muĂten
verderblich auf die Heranwachsenden wirken. Und dann
fast als das Traurigste: Der Jugend waren zu viele Ideale
verloren gegangen, die Anfang des Kriegs ihre Heizen höher
schlagen lieĂen und ihr Wollen beeinfluĂten; der Nieder-
gang des seelischen Aufschwunges konnte von den Heran-
wachsenden nicht leicht ĂŒberwunden werden. Die Erzieher
â Eltern und Lehrer â wurden durch all diese Konflikte
vor die denkbar schwersten Aufgaben gestellt. â Ein Teil
Zur unauffÀlligen diÀtetischen Darreichung krÀftiger Bromdosen
»HauDteÀchlich ist die erhöhte Wirksamkeit in dieser Form wohl
derguten Resorption zuzuschreiben. Ich selbst konnte feststellen,
dass eine deutliche Wirkung einmal 6, ein zweites Mal be-
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40. Jahrg. â Nr. 2(5,
Jenseits von Beruf und Amt
XVII
der Jugend begann sich selbst zu helfen. In der Jugend-
bewegung treffen sich diese jungen Mcnselien, die aus der
TrĂŒbsal heraus wollen und sich ĂĂŒr ein neues Menschentum
einsetzen; mit jugendlichem Eifer streben sie ihren Idealen
zu. Und gehen sie auch verschiedene Wege â die Politik
hat auch hier Trennendes geschaffen â so ist es doch das
Grundfundament, das sie eint. Dali wir es hier mit einer
starken kulturellen Bewegung zu tun haben, wissen alle, die
sicdi nÀher mit dieser Materie beschÀftigt haben, und sicher
haben wir auf unsere Jugend viel Hoffnung zu setzen. DaĂ
aber aus diesen Sonderbestrebungen junger Menschen Eltern
und Erziehern Schwierigkeiten erwachsen, daĂ sich nicht
immer verbindende BrĂŒcken zwischen den verschiedenen
Generationen finden werden, das ist nicht zu leugnen.
Wenn so der Erziehung heute besonders schwere Auf-
gaben gestellt sind, wenn es gilt, die Pflichten der Erzieher
besonders ernst zu nehmen, dann ruft dies alle auf den Plan,
die zur Hilfe fÀhig sind. Der Wunsch zu helfen muà sich
allerorten regen, und jeder an seinem Platz kann zur Hebung
des Volksganzen beitragen. DaĂ sich aber die Erziehung
beute nicht mehr als ein rein autoritatives Leiten erfassen'
lĂ€Ăt, ist selbstverstĂ€ndlich fĂŒr die, die den Zeitgeist richtig
erfassen. Den Kindern den rechten Boden fĂŒr eine gute Ent-
wicklung zu schaffen, ihnen das bildende Heim, die der
Eigenentwickelung förderliche Schule zu geben, das ist das
BemĂŒhen aller, die die Kinder im modernen Sinne bewerten.
Wenn man aber einsieht, daĂ wissenschaftliche Er-
kenntnis nutzbar gemacht werden muĂ, daĂ theoretisches
Wissen mit praktischem Können zu verbinden sind, um dem
Kinde zu geben, was es zu fordern hat, dann muĂ sich die
Stellung der Erziehenden um vieles heben. Ihre Wirksam-
keit wird in ihrer Bedeutung und in ihrer Schwierigkeit
höher eingeschĂ€tzt. In frĂŒheren Zeiten erwĂ€hlte man â wie
wir in alten Berichten lesen â zum Lehrer ausgediente Sol-
daten, und nicht selten erfahren wir, daĂ der Dorfschneider
gleichzeitig das Amt des Lehrers versah; das Wissen der
Lehrenden war nur gering, und ihre pÀdagogischen FÀhig-
keiten können wir von den alten Kupfern, die uns die Lehrei
immer wieder als strafende Macht vorfĂŒhren, ablesen. All
dies hÀngt naturgemÀà mit der geringen EinschÀtzung der
lehrenden TĂ€tigkeit zusammen. Im Vergleich zu den mo-
dernen Debatten ĂŒber die beste Form des Unterrichtes wirken
die damaligen ZustÀnde fast erheiternd auf uns. Betrachten
wir dagegen die allerncueste Zeit: Die Volbsschullehrer, die
lange um eine vermehrte Anerkennung ihrer Aufgaben und
daraus resultierend auf eine bessere Ausbildungsmöglichkeit
gewartet haben, die mit Heftigkeit um die Hebung ihrer
sozialen Stellung kÀmpften, sind nun, nach der Revolution,
mit ihren WĂŒnschen weiter durchgedrungen. Die Kinder-
gĂ€rtnerinnen, die frĂŒher als eine Art zweitklassiger Erziehe-
rinnen angesehen wurden, da sie in erster Linie die vor-
schulpflichtigen Kinder zu betreuen haben, mĂŒssen jetzt ihre
Ausbildung durch ein staatliches Examen abschlieĂen, um
Anerkennung zu finden, und endlich erhalten sie auch â im
Gegensatz zu frĂŒher â wenigstens in stĂ€dtischen und staat-
lichen Anstalten eine auskömmliche Entlohnung. Wir
gehen nicht irre, wenn wir diese vennehrte Anerkennung mit
der höheren Bewertung der FrĂŒherziehung in Einklang brin-
gen. Auch die SĂ€uglingspflegerinnen lĂ€Ăt man heute staat-
liche PrĂŒfungen ablegen, da man die Bedeutung einer rechten
Pflege des SĂ€uglings eingesehen hat.
NaturgemÀà ist auch das Wesen der hÀuslichen Er-
ziehung nun in eine andere Beleuchtung gerĂŒckt worden.
Die Pflichten der Eltern werden immer mehr als Aufgabe
gewĂŒrdigt, und besonders sind es die MĂŒtter, denen aus
neuer Erkenntnis neue Aufgaben erwuchsen. Die hohe Be-
wertung, die man jetzt dem Kinde zuteil werden lĂ€Ăt, nahm
uns den Glauben an den in erster Linie wirksamen mĂŒtter-
lichen Instinkt; eine Vorbereitung auf den Mutterberuf, eine
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XVIII
Jenseits von Beruf und Ami
40. Jahrg. â Nr. 2Q,
Erziehung zur wahren MĂŒtterlichkeit wird mehr und mehr
angestrebt. Zu verstehenden MĂŒttern sollen unsere MĂ€dchen
herangebildet werden, -aber auch zu gesunden, krÀftigen
MĂŒttern! Das ist es, was der modernen Auffassung den
Charakter verleiht: Nicht nur um ihrer selbst willen sucht
man die MĂ€dchen zu erziehen (wenigstens in den aufge-
klÀrteren pÀdagogischen Kreisen), sondern bei ihrer geistigen
und körperlichen Entwicklung hat man die Zukunft vor
Augen und versucht damit auf das Wachsen und Gedeihen
kĂŒnftiger Generationen EinfluĂ zu gewinnen. Die âFnauen-
schule", zwar vorlÀufig noch ein tastender Versuch, stellt
einen Schritt auf diesem Wege dar.
WÀhrend einst hauptsÀchlich von den Renditen des Er-
ziehers dem Kinde gegenĂŒber die Rede war, spricht man
heute nur von seinen Pflichten, und was ihm an Dank fĂŒr
sein BemĂŒhen zuteil wird, ist gewissermaĂen freiwillige Gabe,
nicht wie einst, ein verbrieftes Recht. Diese Verschiebung der
Begriffe spricht sich auch im Verkehrsion aus; aus dein
schroffen AutoritÀtsprinzip wurde ein freundschaftlicher
Umgang. NatĂŒrlich ist dieser Umschwung der VerhĂ€ltnisse
noch nicht allgemein bewuĂt geworden, aber die Auffassung
liegt in der Luft und ist unserer Epoche eigentĂŒmlich. Eine
teilweise Rechtlosigkeit der Eltern kommt immer mehr zum
Ausdruck; die Heranwachsenden gehen eigene Wege (mau
denke an die oben erwÀhnte Jugendbewegung) und suchen
sich der FĂŒhrerschaft der .Ă€lteren Generation zu entziehen.
Aber auch in anderer Hinsicht wird eine gewisse Rechtlosig-
keit der Eltern bemerkbar: Der Staat greift oft in die elter-
lichen Rechte ein, sucht ihre erziehlichen MaĂnahmen zu
ergÀnzen und vertritt des Kindes Anspruch auf Unterricht
und Erziehung.
Der Schulzwang war wohl der erste Schritt nach dieser
Richtung hin, Impfzwang, FĂŒrsorgeerziehung, Zwangsvor-
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mundschaft, ja selbst der Schutz des ungeborenen Kindes
sind weitere Befugnisse, durch die der Staat in das Leben des
Einzelnen eingreift. So erwuchsen aus der modernen Be-
wertung des Kindes dem Staate Rechte und Pflichten.
Neben der staatlichen FĂŒrsorge fĂŒr das Kind wurde ein
groller Teil der zu leistenden Arbeit auf Grund eines sozialen
PflichtbewuĂtseins der oberen StĂŒnde lange Zeit hindurch
von privater Seite ĂŒbernommen. Das starke Verantwortlich-
keitsgefĂŒhl, das sich in dieser Hilfsarbeit Ă€uĂerte, war wohl
der Ausdruck der Anerkennung der Menschenrechte des Ein-
zelnen und besonders des einzelnen Kindes.
Nach der Revolution ist die soziale Richtung entschieden
in den Hintergrund getreten. Man hat darin nicht nur den
freilich unserer Zeit charakteristischen Egoismus zu sehen,
sondern den Ausdruck dafĂŒr, daĂ ein groĂer Teil der ge-
bildeten und begĂŒterten Kreise keine rechte innere Stellung-
nahme zu den unteren Volksschichten mehr finden kann.
Die Zeiten politischer Unruhe haben die verschiedenen
Klassen sich zu sehr als Feinde gegenĂŒber stehen lassen, und
das GefĂŒhl der Menschenliebe und des VerstĂ€ndigung und
Hilfe herbeifĂŒhrenden Wollens ist einem starken Ohnmachts-
gefĂŒhl gewichen. Mir wurde kĂŒrzlich folgender Fall erzĂ€hlt,
den man fĂŒr diese Zeitströmung bezeichnend ansehen
kann: In einer kleineren Stadt versammelte ein junges MĂ€d-
chen, die Tochter eines Bergwerksdirektors, das sich zum
Zweck einer weitgehenden sozialen Hilfsarbeit eine pÀda-
gogische Ausbildung angeeignet hatte, Arbeiterkinder in
einem Hort. Nach kurzer Zeit gab sie dieses Hilfswerk auf,
da ihr Vater durch SteinwĂŒrfe und andere feindschaftliche
Aktionen mehrfach bedroht worden war Das junge MĂ€dchen
sagte mit Recht, daà sie sich unmöglich der Kinder an-
nehmen könne, deren Eltern vielleicht zu den Gegnern ihres
Vaters gehörten. Um ein fĂŒr die heutigen VerhĂ€ltnisse eben-
Cupronat
*8
Wirksames Bnthelminthikum und Darmdcslnfizlcni.
| Eisenfropon ff
fi
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I)
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Jodfropon
Jod fest an eiroelrj gebunden, daher von lntensloer
Wirksamkeit bei guter Vertiöglichkelt.
I
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Fl Organisches eisen- Jod- eiroeifjprÀparat. Besonders an-
[f gezeigt bei an Skrofulöse leidenden Kindern.
fejoprot
I
B
lHalztropon
|T Heroorragendes KrÀftigungsmittel in der Rekonoaleszenz. *s
Troponwerke, TlT Köln-MĂŒlheim
Ityjj^llhjj^iilli^^ ulll|UiTr^itflliiuM.udilllli ulld
40. Jahrg. â Nr. 26
Jenseits von Beruf and Amt
XIX
falls charakteristisches Gegenbild zu zeigen: In einer Stadt
lehnten wÀhrend des Krieges die Arbeiterkreise es ;il>, ihre
Kinder in Kinderheimen durch ausgebildete KindergÀrtne-
rinnen und Damen der gebildeten Kreise beschÀftigen und
leiten zu lassen; sie versuchten die Leitung des Kinderheims
selbst zu ubernehmen, muĂten freilieh bald einsehen, daĂ
die Wirksamkeit doch einiger besonderer Kenntnisse und
FĂ€higkeiten bedurfte. Auch jetzt werden aus Arbeiter-
kreisen starke Strömungen dafĂŒr bemerkbar, daĂ man sieh
selbst helfen wolle und auf die soziale Arbeit höherer Schich-
ten verziehten mĂŒsse. Fabrikpflegerinnen, FĂŒrsorgerinnen
sollen auf Wunsch der Linksparteien aus jenen Schichten
hervorgehen, denen die FĂŒrsorge gilt. Man will gewisser-
maĂen unter sieh bleiben und lehnt alle Vermittlungsver-
suche âvon oben her" ab. So kann man infolge der starken
Durchsetzung unseres Volkslebens mit politischen Gedanken
eine Beeinflussung der sozialen und pÀdagogischen Aktionen
wahrnehmen, und ĂŒberall wird man einen politischen Ein7
schlag der Erziehung beobachten können. Alle Parteien
suchen sieh der Jugend zu bemÀchtigen und sehen bereits
in den frĂŒhen Kinderjahren â besonders durch den EinfluĂ
der Schule â Grundlagen hierfĂŒr zu schaffen. Das Hinein-
tragen der Politik in die Seffule aber, ihr Heranbringen an
unreife Geister, die EinflĂŒssen so leicht zugĂ€nglich sind, ist
im hohen Grade zu bedauern, doch scheint es mir eine Folge
der heutigen Stellung des Kindes zu sein. In frĂŒheren Zeiten
wÀre es wohl undenkbar gewesen, um die Kinder zu werben,
um sie fĂŒr diese oder jene Richtung zu gewinnen. Erst da-
durch, daĂ man bereits das junge Kind als Menschen wertet,
ihm Eigenanschauungen gestattet und zutraut, ist dies Be-
mĂŒhen verstĂ€ndlich und möglich geworden.
Die heutigen Bestrebungen, die dahin zielen, jedem
Kinde eine ihm entsprechende Ausbildung zu sichern, wei-
den unbedingt zum Siege gelangen. Wir man auch zu dei
Frage der Einheitsschule stehen mag, das eine ist sicher: Der
Gerechtigkeitsgedanke, der ihr als Grundlage dient, muĂ in
Hinblick auf das Kind begrĂŒĂt werden. Mag der Staat seine
Eigeninteressen durch die Heranbildung der ihm zur Ver
fĂŒgung stehenden KrĂ€fte damit am besten vertreten sehen;
wir erkennen darĂŒber hinaus auch die Stellungnahme dem
Kinde gegenĂŒber.
In unserer zerklĂŒfteten Zeil wird ja auch die Bewertung
des Kindes von verschiedenen Polen aus zu betrachten
sein. Besonders viel wird ĂŒber die Frage des Nachwuchses
heute debattiert; der Volksvermehrung^ schenkt man nach
den verlustreichen Kriegsjahren vermehrte Aufmerksamkeit.
In erster Linie gehen die Meinungen darĂŒber auseinander,
ob ein quantitativer Zuwachs an Menschenmaterial das
wichtigere sei, oder ob man nicht in erster Linie die Quali-
tÀt des Nachwuchses ins Auge zu fassen habe. Mehr als je
stehen die Fragen der Rassenhygiene im Vordergrunde. Die
Elternverantwortlichkeil, schon vor der Geburt, ist man be-
strebt, dem VolksbewuĂtsein nahe zu bringen. Die Bewer-
tung des Kindes wird hier von anderen, neuen Gesichts-
punkten betrachtet, das Kind ist hier FortfĂŒhrung begonne-
ner Lebenslinien, ist Kettenglied. Je mehr die Erkenntnis
der Vererbungsniöglichkeiten in weitere Kreise dringen wird,
desto mehr wird man sich den neuen Lebewesen gegenĂŒber
verantwortlich fĂŒhlen. Wie auf dem vorher erwĂ€hnten Ge-
biet der Erziehung, so auch hier: Vorbereitung zur Eltern-
schaft, die Erziehung zu ihr sind moderne Gesichtspunkte,
die
sollen.
dem kĂŒnftigen
Menschen, dem Kinde zugute kommen
Sehr wichtig ist auch gerade fĂŒr unsere Zeit die Frage
nach dem Recht der Mutter ĂŒber das Leben des noch unge-
borenen Kindes zu verfĂŒgen; die Diskussionen ĂŒber die Auf-
Ă E I t QHEJJMATSlttUS'UWIA) * 61 CHT*
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XX
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 26
hebung des betreffenden Strafparagraphen beweisen, wie
ernst man die Materie nimmt. Interessant ist es zu sehen,
daĂ wir damit am Ende unserer Uebersicht fast an den Aus-
gangspunkt derselben zurĂŒckkehren mĂŒssen: Wenn wir bei
den alten Völkern den Gebrauch der Kindesaussetzung und
Kindestötung fanden, um die nicht lebensfÀhigen Kinder von
dem Heranwachsen, das Staatswesen von seiner Erhaltungs-
pflicht zu befreien, so kann man hier und da gerade in
unserer Zeit Stimmen hören, die sich gegen die jede s Lebe-
wesen schonende und behĂŒtende HumanitĂ€t wenden. Nicht
schlechtweg das Kind soll der FĂŒrsorge wert erachtet wer-
den; nur das lebensfÀhige, gesunde Kind habe ein An-
recht auf die BetĂ€tigung humanitĂ€rer BemĂŒhungen. Fast
roh will uns dieser Gedankengang erscheinen, sind wir doch
gewöhnt, fĂŒr jede Art der kindlichen Gebrechen FĂŒrsorge-
maĂnahmen zur VerfĂŒgung zu haben. VerkrĂŒppelte Kinder,
die Blinden und Taubstummen, die geistig Minderwertig"!)
haben die allgemeine Teilnahme gewonnen, und man sucht
sie nach Möglichkeit zu einem Leben zu fĂŒhren, das lebens-
wert ist, und man will sie durch Anleitung und Ausbildung
vor der AbhÀngigkeit bewahren. Tuberkulöse Kinder und
andere Leidende sollen durch die ihnen zuteil werdende
Pflege gesunden, und so ist man bestrebt, des so tausendfach
vertretenen Elends Herr zu werden. Viel Gutes wird erreicht,
und doch wieviel Kraft und â wie wichtig in unserer Zeit!
â wieviel Geld wird an untaugliches Material gewandt. Es
ist die Folge unserer ZeitverhÀltnisse, daà man auch die den
Kindern zugedachte FĂŒrsorge begrenzen, einengen, Zweck-
lichkeitsgedanken angleichen will.
Bei Gelegenheit der âKinderwoche'' im Jahre 1920 wurde
durch ein Plakat fĂŒr diese Hilfsaktion geworben, das in
krassester Weise das Kinderelend zeigte. Unter Bezug dar-
auf schrieb Peter Paul Schmitt in der âWeltbĂŒhne"
(16. Dezember):
âAber vor diesem abschreckenden Plakat frage ich
jeden seiner normalen Sinne fÀhigen Mitmenschen: Wollen
Sie die Verantwortung dafĂŒr tragen, daĂ der hier gezeigte
rachitische, skrophulose und verkrĂŒppelte Wechselbalg mit
Gewalt aufgepÀppelt und am Leben erhalten wird. Was
fĂŒr eine Art von nĂŒtzlichem Mitglied der menschlichen
Gesellschaft soll wohl so ein unglĂŒckseliges Wesen ab-
geben? Ist nicht viel eher anzunehmen, daĂ es der mensch-
lichen Gesellschaft dauernd zur Last fallen wird? Wir
wollen gern dazu beitragen, daà unterernÀhrte Kinder wie-
der dicke Backen kriegen, aber die Gesundmachung solcher
Kretins lehnen wir ab. Wem in aller Welt soll mit der
HeranzĂŒchtung unheilbarer MiĂgeburten gedient werden?
Den Eltern nicht, dem Staat ebensowenig, und dem armen
Wurtm sicher am wenigsten, â nein, was nicht leben
kann, soll sterben. Goethe hat bekanntlich schon beklagt,
daà die Rasse durch die falsche SentimentalitÀt, alles
Kranke mit Gewalt am Leben zu erhalten, verschlechtert
wird."
Es mag an den hier ausgesprochenen Gedanken manches
lichtig sein, so weit wir unseren Verstand vorherrschen
lassen wollen, aber uns ist di« HumanitÀt so in Fleisch und
Blut ĂŒbergegangen, uns ist die Achtung vor dem Kinde etwas
so SelbstverstĂ€ndliches, daĂ wir in dem unglĂŒcklichsten und
miĂgestaltetsten Wesen immer noch den Menschen seilen,
dem wir nach Möglichkeit helfen mĂŒssen. Vielleicht werden
sich kommende Generationen davon befreien â klĂŒger und
zweckpolitischer wĂ€re es auf alle FĂ€lle â aber die WĂ€rme,
die wir* jedem Kinde gegenĂŒber empfinden, lĂ€Ăt unser GefĂŒhl
revolutionieren, selbst wenn wir verstandesmĂ€Ăig Ă€hnliche
GedankengÀnge haben.
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wirksames Sedativum,
frei von narkotischer oder drastischer Nebenwirkung,
keine Verstopfung; daher auch bei Kindern, SchwÀch-
lichen und alten Leuten in genĂŒgender Gabe gefahrlos
anwendbar.
Indikationen: Husten, Reizhusten, bei akuten und chroni-
schen Luftröhren- und Kehlkopfkatarrhen, auch tuber-
kulösen Ursprungs, bei Lungen- und Brustfellent-
zĂŒndungen, Keuchhusten in abklingendem Stadium,
nervöser Husten.
Verordnung: 1 Röhrchen Toramin-Tablellen (25 StĂŒck ca.
0,1 Toramin) oder 1-2 g Toramin pro die, in Mixtur
mit aromat. WĂ€ssern, Sirup, Expektoranlien, auch
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Indikationen:
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keratoplastische Wirkung erstrebt wird.
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tdai-z
adstringierend, antiseptisch,
granulationsbefördernd,
schmerzlindernd.
10. Jahrg. â Nr. 27 28.
Jenseits von Beruf und Amt
XI
Jenseits von Beruf und Amt.
Aus den Briefen des Klinikers M. E. A. Naumann
in Bonn und ĂŒber seine Beziehungen zu Goethe.
Von Dr. Erich Ebstein, Leipzig.
Die AuszĂŒge aus nachfolgenden Briefen an Naumanns
Bruder, Carl Naumann, Mineralogen in Leipzig, die sich
im Besitz des Prof. Dr. Ernst Naumann, Berlin, befinden1),
sind wohl geeignet, nicht nur ein Bild der Zeit von 1836 â 1871
zu gehen, sondern sie werfen auch interessante Schlaglichter
auf den jeweiligen Stand der Medizin und der sie betreffenden
Tagest ragen.
Voi angeschickt seien einige Daten aus M. E. A. Naumanns
Leben. Geboren in Dresden am 7. Oktober 1798, studierte er
seit 1816 abwechselnd in Berlin und Leipzig. 1823 erschien
Von ihm: âl'eber die Grenzen zwischen Philosophie und Na-
turwissenschÀften", mit einem Motto aus Goethes Faust auf
dem Titelblatt und mit einer Widmung an dessen Dichter
versehen, âals Beweis seiner innigen Hochachtung". An zwei
Stellen seines Buches S. 161 und 180 nimmt er Bezug auf
Goethes Farbenlehre, TĂŒbingen 1810, § 617. Es mag sein,
daĂ Naumann auf diese Weise mit Goethe in BerĂŒhrung ge-
kommen ist.
Diese meine Vermutung wird durch die folgenden drei
Briefe Naumanns an Goethe bestÀtigt, die sich im Goethe-
und Schiller-Archiv in Weimar befinden und an dieser Stelle
ihren Platz finden mögen.
Wie viele Tausende, hat es auch Naumann versucht,
Goethe fĂŒr sieb und seine Werke zu interessieren. Er scheint
1 Ich verdanke sie der Vermittlung von Dr. Hans GĂŒnther
in Leipzig.
aber nicht viel GlĂŒck dabei gehabt zu haben. Indes bat
Goethe durch seinen Arzt G. Vogel Gelegenheil genommen,
sich ĂŒber Neumann zu informieren. Bereits am 23. Oktober
1921 hatte Goethe (Weimarer Ausgabe, Briefe Bd. :',.">, S. 156)
an G. G. GĂŒldenapfel (?) geschrieben: âIn dem 10. StĂŒcke
des Isis steht ein Aufsalz, unterschrieben Moritz Nau
>n a n n , M e d. e t Chi r. Dr., ich wĂŒnschte nĂ€here Nachricht
von ihm." Der Aufsatz war betitelt: âBestimmung der Aus
dehnung des Begriffes der Geschichte" (S. 671â673).
I. N a u m a n n a n G o e t h e.
Ew. Excellenz!
Nach langem Stillschweigen, welches durch die KĂ€lte ge-
rechtfertigt zu werden schien, mit der Ew. Exzellenz das
Werkchen aufgenommen haben, welches ich mit allen seinen
Tugenden und MĂ€ngeln, im Jahre 18231), Ihnen zuzueignen
mir die Freiheit nahm, ergreife ich, den Sie vielleicht kaum
dem Namen nach kennen, die Feder, um im Vertrauen, einer-
seits auf Ihren Edelmuth, andererseits auf meine TĂŒchtigkeit,
Sie, um Ihre mÀchtige Verwendung zu bitten. Sollte nÀmlich
die, bisher von Heusinger, in Jena bekleidete Stelle, noch
nicht besetzt seyn, so ersuche ich Ew. Excellenz, mich unter
die Zahl der Bewerber um dieselbe aufnehmen, und gnÀdig
zu mir herabblicken zu wollen. Ganz gewiĂ wĂŒrde ich Ihrer
Empfehlung keine Schande machen! Uebrigens grĂŒndet sich
meine Bitte nicht auf pecuniÀre VerhÀltnisse, denn ich bin eher
wohlhabend, als arm zu nennen; sondern auf den lebhaften
Wunsch, Leipzig, den Ort, in welchem die medicinischen
Wissenschaften in einen Zustand von Lethargie versunken
') M. E. A. Naumann, lieber die Grenzen zwischen Philo-
sophie und Naturwissenschaften. Berlin u. Leipzig 1823.
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XII
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 27/28.
sind, der nur bisweilen durch nutzlose Streitigkeiten, und
durch Hindernisse, die man AnfÀngern in den Weg legt,
unterbrochen wird, â mit einer UniversitĂ€t vertauschen zu
können, in welcher ein frischeres Leben grĂŒnt. Der klas-
sische Boden des Saal -Landes wĂŒrde die glĂŒcklichste Woh-
nung darbieten!
Drey Werkchen, welche demjenigen, das ich, schaam-
roth, Ew. Excellenz zu FĂŒĂen legen durfte, gefolgt, und höchst
gĂŒnstig beurtheilt worden sind, so wie viele, in den neusten
medicinischen Zeitschriften von mir herrĂŒhrende AufsĂ€tze,
in denen die Besultate mancher nicht unwichtigen Beob-
achtung mitgetheilt sind, wĂŒrden mich vielleicht am besten
empfehlen können, wenn dieselben Ew. Excellenz bekannt
geworden wÀren. Wenigstens glaube ich durchgÀngig mehr
der Wahrheit, als der Meinung gehuldigt zu haben, und bin
deshalb, trotz meiner Verborgenheit, vielen ein Stein des An-
stoĂes geworden. Nach Art der schlechtesten Dichter, wĂŒrde
ich meine gesammten Arbeiten Ew. Excellenz zugeschickt
haben; aber ich fĂŒrchtete Ihren ernsten Blick, und so unter-
blieb es.
Jetzt habe ich es gewagt, dem gröĂten deutschen Manne,
zu dem Tausende ihre Stimme erheben, meinen innigsten
Herzenswunsch zu offenbaren! GewiĂ wird auch dieser
Wunsch verfliegen, und spurlos in meine Seele zurĂŒcksinken;
ja! mir ist, als ob es der Sonne nicht gezieme, den dĂŒstern
Schimmer des kleinen Lichtes, durch ihre Strahlen zu be-
leben. Aber, niemals werde ich mich schÀmen, Ew. Excel-
lenz, um etwas gebeten zu haben, â ewig werde ich in den
SchÀtzen Ihres Geistes schwelgen, und in seinen Werken
den groĂen Urheber verehren!
âWarum uns Gott so wohlgefĂ€llt?
âWeil er sich uns nie in den Weg stellt."
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Hochachtung, von dem entferntesten Trabanten Ihres Sonnen-
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Ich verbleibe Zeit meines Lebens
Ew. Excellenz
dankbar ergebener
Leipzig. Moritz Naumann,
d. 20. Januar (Praktischer Arzt und academischer
1825. Docent in Leipzig.)
II. Naumann an Goethe.
Hochgeborener Herr Staatsminister!
Ich habe die Ehre Ew. Excellenz beifolgend eine kleine
Schrift zu ĂŒbersenden, in welcher ich den Versuch wage der
Semiotik1), einer Doctrin die als die eigentliche Uebergangs-
stufe aus der theoretischen in die praktische Medicin be-
trachtet werden muĂ, die erste wissenschaftliche Grundlage
zu geben, indem ich den noch gÀnzlich brach liegenden allge-
meinen Theil derselben bearbeitete. Viele neu gewonnene
Gesichtspunkte verdanke ich den geistreichen Winken und
scharfsinnigen Bemerkungen, welche die morphologischen
Hefte in so reicher FĂŒlle darbieten. Deshalb nehme ich mir
die Freiheit Ew. Excellenz ein Exemplar dieser Schrift zu
FĂŒĂen zu legen.
Ein Wort des Lobes oder Tadels von Ihrer Hand
wĂŒrde mich höchst glĂŒcklich machen; da aber weder das
Eine, noch das Andere geschehen wird, so ersuche ich
Ew. Excellenz, wenigstens stillschweigend mir erlauben zu
wollen, auch fernerhin das Unerreichbare zu meiner Er-
quickung hoffen und erwarten zu dĂŒrfen.
Ich habe die Ehre mit ausgezeichneter Hochachtung "zu
verbleiben
Ew. Excellenz
gehorsamster
Berlin. Moritz Naumann
d. 10. Juli 1826.
") M. E. A. Naumann, Handbuch der allg. Semiotik. Berlin 1826.
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40. Jahrg. â
Nr. 27/28.
Jenseits von Beruf und Amt
XIII
III. Naumann an Goethe.
Ew. Excellenz.
Sie werden Sich violleicht noch eines Zudringlichen er-
innern, welcher nur einmal das GlĂŒck hatte, von Angesicht
zu Angesicht1) Ihnen gegenĂŒber sich zu befinden, â der
nachmals zu wiederholten Malen Ihnen zu schreiben wÀgte,
aber â wie recht und billig scheint â niemals durch eine
Zeile von Ihrer Hand erfreut wurde, die er triumphirend in
seinem Kreise hÀtte aufweisen können. Das nÀmliche In -
dividuum wagt es jetzt, dem erhabensten und tiefsten Geiste
Deutschlands, ein kleines BĂŒchlein bescheidentlich darzubrin-
gen, in welchem Zweifel zu berichtigen versucht worden sind,
die den Arzt am unheimlichsten bedrohen.2)
Sollte ich Ihrer groĂartigeren Ansicht ĂŒber diesen Gegen-
stand mich nicht genÀhert haben, so finde ich doch in Ihren
unsterblichen Werken Argumente genug, die auch mir zur
StĂŒtze dienen.
Ich verharre mit der ausgezeichnetsten Hochachtung
Ew. Excellenz
Bonn,
d. 15. Septbr.
1830.
gehorsamster
Professor Dr. Moritz Naumann.
Inzwischen war Naumann 1824 Privatdozent in Leipzig
und kam 1825 als Prof. Extraordinarius nach Berlin. 1826
gab Naumann ein Handbuch der allgem. Semiotik heraus.
Ueber dieses muĂ Goethe Erkundigungen bei seinem Arzte
C. Vogel eingezogen haben. Darauf bezieht sich der Brief
Vogel 's an Goethe vom 7. August 1826, der sich im Goethe -
und Schiller- Archiv in Weimar befindet und den ich eben-
1) Wann Naumann Goethe kennen gelernt oder wenigstens ge-
sehen hat, ist nicht zu bestimmen. Goethes TagebĂŒcher ver-
zeichnen ihn nicht.
2) Naumann, Versuch eines Beweises fĂŒr die Unsterblichkeit
der Seele aus dem physiologischen Standpunkte. Zugleich als
Einleitung in die sogen. Geisteskrankheiten. Bonn 1830.
falls wie die vorigen Briefe der Copie des Herrn Prof. liecker
verdanke.
IV. Vogel an Goethe.
Ew. Excellenz!
habe ich die Ehre, anliegend mit dem untei thanigsten
Danke Naumann Handbuch der allgemeinen Semiotik zu-
rĂŒck zu senden. Der Verfasser hat die ihm von seinem be-
berĂŒhmten Lehrer, dem Geheimen Rathe Berends in Berlin,
mitgetheilte Idee des Werkes mit vielem GlĂŒcke bearbeitet
und so wirklich eine neue Bahn fĂŒr eine in der letzteren
Zeit nicht allein auf UniversitÀten zu sehr vernachlÀssigte
Disciplin gebrochen. DieĂ mein unmaĂgebliches Urtheil ĂŒber
das Wesen. Die Form anlangend, wĂ€re wohl zu wĂŒnschen
gewesen, daĂ der Verfasser seine beifallswĂŒrdigen Ideen und
zweckmĂ€Ăig gesonderten Begriffe in einer prĂ€cisern und
weniger dunkeln Schreibart vorgetragen hÀtte. VerlÀugnet
also hierin der SchĂŒler in etwas seinen oben genannten, in
bĂŒndigem und klarem Ausdrucke excellirenden Lehrer, so
zeigt er sich desselben durch eine gut angebrachte klassische
Gelehrsamkeit und durch eine, manchmal vielleicht etwas zu
Ă€ngstlich und weitlĂ€uftig erstrebte VollstĂ€ndigkeit und GrĂŒnd-
lichkeit wiederum wĂŒrdig. Ich darf wohl kaum hier noch
bemerken, daĂ der Verfasser die Semiotik nach Analogie der
allgemeinen Pathologie zu bearbeiten unternommen hat und
daĂ in seiner Schrift das Krankheitszeichen nur nach den
allgemeinen, ihm zukommenden Eigenschaften gewĂŒrdigt
wird.
Mit tiefster Verehrung
Ew. Excellenz
Weimar unterthÀnigster
Dr. Vogel.
d. 7. August 1826
Von 1828 bis zu seinem Tode (19. Oct. 1871) war Nau
mann ord. Professor der Heilkunde in Bonn
nach ZĂŒrich hatte er abgelehnt (Gurlt-Hirsch) .
Eine Berufung
Naumanns
TESTOGMI THELVGAH
fĂŒr MĂ€nner. fĂŒr Frauen.
OriginalprÀparate zur
hormonalen Reizstofftherapie
Physiologische Anregung der DrĂŒsenfunktionen, speziell bei:
Funktionsverminderung der SexualdrĂŒsen, Sexueller Insufficienz
Keine vorĂŒbergehende Besserung â sondern:
Cumulative Dauerwirkung und Heilung
Indikationen: Alle ZustÀnde, welche auf Verminderung der Menge oder des Wertes
der Hormone zurĂŒckzufĂŒhren sind.
Speaielle Indikationen fĂŒr Testogan:
« â
; Neurasthenische Abspannung, verminderte Arbeitslust und Schaffens- '.
j freudigkeit, schnelles CrmĂŒden, grundlose Verstimmungen, VerĂ€rgerung ;
; und Pessimismus, vorzeitige senile Symptome, auffallende Vermin- l
| derung der Libido, zeitweilige oder dauernde Impotentla coeundi, j
I Fjaculatlo praecox. '.
Spezielle Indikationen fĂŒr Thetygan:
âą ~ ~ ~ ~~~ ~~~ ~~~~ ~~ â
; Hysteroneurasthenische Symptome, Angstneurosen, motorischeUnruhe, l
; mangelnde KonzentrationsfÀhigkeit, erschwerter Beginn der Menses, l
; Menstruationsstörungen: Amenorrhoe, Oligomenorrhoe, Dysmenorrhoe, '.
U vorzeitiger Eintritt der Wechseljahre und der damit in Zusammenhang '.
; stehenden Ausfallerscheinungen, FrigiditÀt und SterilitÀt, soweit sie auf !
; Störungen der ovariellen Funktionen zurĂŒckzufĂŒhren sind. !
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XIV
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 27/28
zahlreiche Arbeiten sind bei Callisen, Band 13 (Kopenhagen
1833), S. 433â37 und ebenda Band 31 (Kopenhagen 1843),
S. 3 â 6 angezeigt. In der AUgem. Deutschen Biographie
fehlt sein Name mit Unrecht, und in sonstigen Lexieis wird
hÀufig fÀlschlich 1869 als Todesjahr angegeben!
Sein Hauptwerk âDas Handbuch der medizinischen
Klinik", das in 8 stattlichen BĂ€nden in den Jahren 1829 â 39
erschienen ist und seiner Zeit sicher allen AnsprĂŒchen ge-
nĂŒgen muĂte und genĂŒgt hat, ist noch heute eine wahre
Fundgrube. Naumann hat ein stilles Gelehrtenleben gefĂŒhrt
und es ist interessant, mit den Augen der heutigen Zeit seine
Briefe zu lesen. Wie richtig hat er z. B. die Bedeutung
1. R. Mayers erkannt und ihn neben Kepler und Newton ge-
setzt! Daà er die aufdÀmmernde moderne Chemie nicht völlig
wĂŒrdigen konnte, wer wird ihm das verdenken. Politisch
hat er die Einigung Deutschlands freudigst empfunden und
mancher Satz aus seinen 167 Briefen an seinen Bruder1) ge-
richtet, mögen als heute geschrieben imponieren.2)
Gleich im ersten an seine Muller gerichteten Briefe ge-
denkt er dieses von ihm verfaĂten Handbuches.
V. X a u m a n n a n s e i n e M u t t e r.
Bonn, den 4. Dec. 1836.
. . . Ich bin im preuĂischen Staatsdienste durch eine
merkwĂŒrdige PrĂŒfungsschule der Geduld gegangen, und erlebe
jetzt wenigstens die Genugthuung, daĂ mein Handbuch,
weh lies jene Behörde mit schnöden Recensionen zu beant-
worten pflegt (die irgend ein behaglich schweigender G. M.
Rath schreibt), in ganz Deutschland die lebhafteste Teil-
nahme erregt und ich darf wohl sagen â allgemeine Aner-
') Mit Karl Friedrich Naumann stand Goethe auch im Brief-
wechsel. (Vgl. Bretnnek, Goethes naturwissenschaftl. Korresp..
Bd. 2. 1874. 8. 5â12.) Au.ch Goethes TagebĂŒcher verzeichnen ihn.
2) Die Briefe umfassen die Jahre 1836â53 und 1863â1871.
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kassenmitglieder zugelassen:
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Rheumatismus, Gicht, Ischias, nearalg.
Schmerzen.
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Mattan rein
Zink-Mattan
Schwefel-Matfan
Zink-Schwefel-Mattan:
Bei Dermatiden, Rötungen, bei roten
Farben nach Aknepusteln u. leichten
Pigmentierungen ; ferner in den FĂ€llen,
wo Zink- bzw. Schwefel indiciert ist.
Kassenpackungen, Privatpackungen
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mit 1 und 2% ungt ophthalm. flav.
Kassen packung, Privatpackung
UUJUfdll - silbet salbenseife).
Grad. Röhre 30 gr., Kassen- u. Privatp.
.âsr/r Fritz Kriphe Gj.hJ..ssil
kennung findet. Herr Geh. M. Rat Berndt, Ritter des rothen
Adlerordens, Director der medicinischen und geburtshilf-
lichen Klinik in Greifswald, hat sich nicht geschÀmt, ganze
Seiten daraus abzuschreiben. Vielleicht ist dieser Herr einer
von meinen ministeriellen Recensenten. Er hat sein
Buch dem Könige dedicirt, und wird höchst wahrscheinlich
dafĂŒr mit neuen Auszeichnungen und Decorationen geziert
werden. Es geht sonderbar in dieser Welt zu . . .
VI. X Ă€ u m a n n a n sei n e nBrude r (18:57â53).
Bonn, d. 13. Febr. 1837.
âą â âą âDie halbe Stadt leidet gegenwĂ€rtig an der Grippe,
die Auditorien sind nur halb gefĂŒllt. Fast alle meine Pa-
tienten sind bereits durchseucht ... In Köln liegen 20000
Menschen an der Grippe, die mitunter heimtĂŒckisch wird .. ."
Die Sterblichkeit (in London) war damals so groĂ, âdaĂ die
Leichenwagen der Stadt nicht mehr zureichten, und daĂ man
besorgen muĂte, in dem dicken Nebelmeere von diesen Equi-
pagen zermalmt zu werden. Auch in Belgien zeigen sich hin
und wieder pernieiöse. Formen "
Bonn, den lft April 1838.
Nach 10 jÀhrigem Aufenthalt in Bonn1) berichtet Nau-
mann seinem Bruder: . . . âIn Bonn wurde ich sehr bald
von allen mitgebrachten glÀnzenden Erwartungen enttÀuscht,
denn statt des versprochenen Directoriums der Klinik2) sah
ich mich, plötzlich, unter einer FacultÀt, deren Mitglieder
mich insgesamt, und zwar mit Recht, als rein ĂŒberflĂŒssig,
perhorrescirten, als das fĂŒnfte Rad am Wagen angesehen.
1 ĂŒeber Neumanns Bonner Zeit vgl. Karl Schmiz, Die medi-
zinische FakultĂ€t der l'niversitat Bonn. 1818â1918. bes. S 10
Naumanns Gattin wird in einem Briefe A. W. v. Sehlegels an
Tieck (Bonn), den 9. Marz 1839 âmeine liebenswĂŒrdige und geist-
reiche Freundin" genannt. K. v. Holtei. Briefe an 1. Tieck
Bd. 3. Berlin 1861, S. 309.)
- Siehe Meyers Konversalions-Lexikon.
Industrie u. Handel Nr. 27/28
vom 19. Juli 1922
Die Auszahlung der fĂŒr das GeschĂ€ftsjahr 1921 auf
30pCt. festgesetzten Dividende erfolgt sofort in Berti 1 und
Bielefeld bei der Deutschen Bank und bei der Direktion der
Disconto-Gesellschaft, in Berlin bei dem Bankhause Gebr.
George, Charlottenstrafte 62.
5 e r 1 i n , den 6. Juli 1922.
Kammerich - Werke Aktiengesellschaft.
Der Vorstand.
Richard Kusserow.
40. Jahrg. â Nr. 27/28.
Jenseits von Beruf und Amt
XV
Ich war iI<t einzige Ordinarius in dn FacultÀt ohne Nomi-
nalprofessur, allenthalben stieĂ ich an und griff, wollte ich
;ils akademischer Lehrer thÀtig sein, in die mehr oder min-
der begrĂŒndeten AnsprĂŒche Anderer ein. Gegen ein Heer
von Cabalen und Intriguen hahe ich endlich eine Stellung mir
errungen, ich darf wohl sagen, dem Ministerium und meinen
sÀmtlichen Specialcollegen zum Trotze, denn die AnimositÀl
der letzteren wuchs in dem VerhÀltnis, wie die Studenten
mir Beifall zu zollen begannen. In zwei FĂ€chern habe ich
Rivalen niedergelesen, und, neben dem Director der med.
Klinik, bin ich der Einzige, welcher regelmĂ€Ăig specielle
Therapie zustande bringt. DafĂŒr hatte ich in den ersten 4â5
Jahren sehr wenige Zuhörer und las gewöhnlich nur ein
Publicum, denn man hatte dafĂŒr gesorgt, den Studieinden
mich als Naturphilosophen, als halbverrĂŒckten Narren usw.
darzustellen. Ich kann nicht leugnen, daĂ ich zuletzt nahe
daran war, alle Lust am Docieren zu verlieren, welches mir
jetzt die angenehmste BeschÀftigung geworden ist, die ich
garnicht mehr enthehren könnte ..."
Bonn, den 28. August 1840.
Naumann spricht von seinem eben vollendeten Bande der
Palhogenie1) und schreibt: âDer Gegenstand ist höchst inter-
essant und von weit allgemeinerem Interesse als die diek-
bÀndige, mir zum Ekel gewordene Klinik. Die Untersuchung
fĂŒhrt in die Tiefen der Physiologie und Psychologie und be-
rĂŒhrt die fĂŒr den Menschen wichtigsten Fragen. An Kampf
wird es darauf nicht fehlen. Ich habe mich genötigt ge-
sehen, die H. H. I. M ĂŒ 1 1 e r2) und S c h ö n 1 e i n tĂŒchtig zu
Leibe zu gehen. Ersterer ein Duz-Bruder von mir, hat mich
schlecht behandelt, der letztere, bei nicht minder glÀnzenden
J) Berlin 1840. In der Vorrede (vom August 1840) spielt er
S. X auf Schönleins Vorlesungen an und auf andere berĂŒhmte
Naturforscher, den er widersprechen muĂte, âjedoch nur in einer
der Wissenschaft und groĂen Verdiensten angemessenen Form."
-') Mit MĂŒller setzt sich Naumann z. B. S. 118, 168, 241, 267,
333 und mit Schönlein S. 443 f., 461, 495 auseinander.
Verdiensten, ist ein plumper Grobian, der seine literarischen
Gegner im Colleg lÀcherlich zu machen sucht. Ich kann mich
daher auf einen harten StrauĂ, oder auf vornehme Abwei-
sung von oben herab gefaĂt machen, weide aber, unter
beiderlei UmstÀnden, nichts schuldig bleiben. In einei Welt,
WO man getreten wird, muĂ man wieder treten. Das ist
lÀngsl meine Lebensansicht geworden . . .
Heute ist die BestÀtigung von Arndts R. e c t o r a 1
eingegangen. Er erklÀrte zwar bei dem Wahlacte, daà er
keine Comödie spiele, sondern unwiderruflich entschlossen
sei, seiner vorgerĂŒckten Jahre und seiner Urkunde in den
akademischen GeschÀften wegen, das Rectorat nicht anzu-
nehmen. IndeĂ scheint man in Berlin groĂes Gewicht auf
seine BestĂ€tigung gelegt, und ihn gewissermaĂen zur An-
nahme gezwungen zu haben.
Bonn, 6. MĂ€rz 1842.
. . . . Gar us, mit dem ich correspondieren sollte (we-
gen der Krankheit einer Verwandten), schrieb ausweichend,
weil ich Ansichten, die er in seiner Physiologie aufstellt, in
meiner Pathogenie bestritten hatte. AuĂerdem hat man
Horn, S c h ö n 1 e i n, C 1 a r u s consultiert. Viele Köche
verderben den Brei DaĂ der arme T i e c k (eigentlich)
seine einzige Tochter, denn die zweite ist, streng genommen,
nicht sein Kind, verloren hat, betrĂŒbt uns sehr. Der un-
glĂŒckliche Vater war drei Tage lang ganz stumm, erst am
Abend des dritten Tages machte sich die Natur in einem
Strome von ThrÀnen Luft.
Im Jahre 1 842 â 1 84 3 w a r N a u m a n n Rector
der Bonner U niversitÀt (Vgl. Schmi z).
Bonn, den 25. Januar 1847.
Naumann spricht von einem jetzt 25 jÀhrigen Arzt Dr.
von Herf f. âGegenwĂ€rtig gilt er fĂŒr den ersten Operateur
Darmstadt's. Er hat zuerst (mit wahrhaft genialem Blick)
die Paracentese der Lungen selbst, fĂŒr den Zweck der Hei-
lung der Phthisis pulmonalis tubereulosa, nicht blos in Ver-
Gebrauchsfertige Ărznei formen deutscher Herstellung
und
Als bequeme,zuverlÀssigeu billige Verordnung bei Krankenkassen zugelassen
Resistan-
Salbe. (Aktive Komplexe von Fe-Phosphor-Verblndnngen.)
. Antiseptische Salbe mit starken granulatlons-
anregenden und eplthellslerenden Eigenichaftea.
Neuartiges ionotherapeutisches Mittel,
wirkt durch das Uebergewicbt an Kationen.
Sehr bewÀhrt besonders bei: Aeusseren Verletzungen (wie Schnitt-. Riss-, Blei-
und Quetschwunden), Prostbeulen, Brandwunden I. und II. Grades, Ekzemen,
Decubitus, Ulcus cruris, Impetigo, Erysipel, Dermatomykosen, durch verschiedene
aetlologlsche Momente hervorgerufene« Erythemen.
Agressit-
Elnlege-Pastillen zur vaginalen Desinfektion.
(m-Monoinethylbenzolsulfonchlorimld-Kailum,
Monomethylcupreinbihydrochlorld , Alumlnlumacetotartrat)
Sicherstes Entkeimungsmittel auf neuem Prinzip:
Dlssoziiertes Chlor und naszierender Sauerstoff f.
VerbĂŒrgt den Schutz, ohne die Schleimhaut zu reizen und Ă€sthetisch uaaage-
aehm zu wirken. â PrĂ€parat, welches die desinfizierenden Wirkungen von
Chlor und Sauerstoff mit der keimtötenden Kraft eines Alkaloids vereinigt
VorzĂŒglich als Schutzmittel.
Proben und Literatur nach Anforderung.
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schlag gebracht, sondern auch auf die sinnreichste Weise
ausgefĂŒhrt. In zwei FĂ€llen hat das kĂŒhne Beginnen die
glĂŒcklichsten Resultate dargeboten."
Bonn, den 28. Dec. 1847.
. . . Neulich habe ich mich mit Chlorofor m1) ziem-
lich stark narcotisiert, und bin kurze Zeit an der Grenze von
Sein und Nichtsein herumspaziert. Sonst bin ich durch das
Experiment nicht eben sehr erbaut worden. Auch auf diesen
Gebieten wird entsetzlich gelogen und ĂŒbertrieben.
Bonn, den 20. Februar 1848.
. . . Die physikalische Richtung, deren Du ErwÀh-
nung thust (passim die naturhistorische) steht in einem ge-
wissen Gegensatz zur physiologischen (noch vor Kur-
zen von S c h ö n 1 e i n vertretenen) Schule, spaltet sich aber
in manche Zweige, mit zum Theil sehr nÀrrischen und aben-
theuerlichen Tendenzen. Das Feldgeschrei, sowohl der be-
leibteren MĂ€nner als auch der Ep heben, welche an der Spitze
dieser Ramificationen knospen und blĂŒhen, kommt drauf
hinaus, daĂ ĂŒberhaupt bis jetzt noch gar keine Medicin be-
standen habe, daĂ alles FrĂŒhere dummes, ontologisches Zeug
gewesen sei, womit eine Schar von Pedanten fortfahre, sich
und das Publicum zu stopfen, um auf diese Weise den Weg
zur Einsicht zu verbarricadieren. Bei einiger Bekanntschaft
mit der Geschichte der Medicin erscheinen dabei PrÀten-
sionen freilich höchst komisch, indem man einsieht, daà der
alte Tanz um GrÀber immer in Àhnlicher Weise gefeiert wor-
den ist, wÀhrend doch der Tod, nach wie vor, eben so incon-
sequent, schlieĂlich jeden ProceĂ, in welchem der Arzt plĂ€-
dirt, notwendig gewinnen muĂ. -»
In der neuen Ausgabe meines klinischen Handbuches
habe ich meine Ueberzeugung dahin ausgesprochen, daĂ es
gar keine Àrztliche Wissenschaft giebt und geben kann,
*) Vgl. E. Ebstein, Aerzte Briefe aus vier Jahrhunderten.
Berlin 1919, S. 80.
Salbe und Pulver nach Prof. Dr. Heinz, Erlangen.
Zur Behandlung schlechtheilender Wunden u. GeschwĂŒre
(speziell ulcus varicosum, Decubital-GeschwĂŒre, schwer-
heilende Brandwunden, caro Iuxurians und besonders
lupus exulcerans).
Proben und Literatur zur VerfĂŒgung.
^Dr. Ivo Deiglmayr, Chem. Fabr. A.-G.^
MĂŒnchen 25.
Medizinische Apparate.
Ingenieur mit Fabrikations- und Schulzrechten erstmaliger Appa-
raturen (Absak gesichert) sncht AnschluĂ an mittleren oder kleineren
einschlagigen Betrieb, ev. unter Mitarbeit oder beteiliyung. Auch Teil-
haberaufnahme z. Ausbau des vorhandenen Betriebes kommt in Frage.
Off. erbeten unter W. A. 85 an Ad. Haussmann, Berlin SW68.
Industrie und Handel Nr. 27/28
vom 19. Juli 1922.
Deutsche GuĂstahlkugel- und Maschinenfabrik
Aktien-Gesellschaft.
Auf Grund des von der Zulassungsstelle genehmigten, bei uns
erhÀltlichen Prospektes sind
nom. Nl. lOOOOOOO.â neue Aktien
obiger Gesellschaft
10 000 StĂŒck zu je M. 1000.- No. 8 042-18 041
zum Handel und zur Notiz an der Berliner Börse zugelassen worden.
Berlin, im Juni 1922. ,
Gebr. Arnhold. Georg Fromberg & Co.
sondern daĂ es nur gestattet ist, von einer wissenschaftlichen
Behandlung eines sehr verunreinigten, mit LĂŒgen durch-
setzten Materials zu reden. Ich bin als Kliniker der krasseste
Empiriker, und bekriege eben deshalb in meinem Buch ganz
nothwendig die Wiener und die Prager Schule.
In der Klinik dĂŒrfen mir die Practikanten nicht theo-
retisieren, wenn ich ihnen freundlich sein soll. Es handelt
sich bei uns nicht um Krankheitsnamen, sondern um die
möglichst genaue Beobachtung, Auffassung und Vergleichung
kranker LebenszustÀnde. Daher steht die Skepsis oben an.
Deshalb bin ich auch den sorgfÀltigen Bestimmungen des
Leichenbefundes so ergeben, und wĂŒhle gern selbst in Ca-
davern herum, denn es macht mir eine wahre Freude, wenn
ich den Klinikern so recht «ad oculos demonstrieren kann,
welcher Unsinn zum Theil jetzt gefeiert wird und eben Mode
geworden ist.
In dem erschienenen Bande der Klinik sind manche Be-
obachtungen aus der hiesigen Klinik und Poliklinik nieder-
gelegt, aus denen dem Kundigen sattsam deutlich werden
muĂ, daĂ ich mit dem physikalischen HĂŒlfsmitteln der Dia-
gnose, mit Percussion, Mensu ratio n, Stetho-
scopie, Plessimeter, und wie das Zeug alles heiĂen
mag, umzugehen verstehe. Ich bilde mir sogar ein, eine be-
sondere Fertigkeit in diesen Uebungen mir erworben zu
haben. Wenigstens mĂŒssen meine Zuhörer sich lange ab-
mĂŒhen, bis sie nach Wunsch hören. Keiner wird es sich
einfallen lassen wollen, mich zu tÀuschen. Aber ich versÀume
auch nicht die Gelegenheit, auf die vielen Wege zur TĂ€u-
schung aufmerksam zu machen, zu denen die Stethoscopie
die Veranlassung leicht geben kann. Ich bemĂŒhe mich, sie
auf ihren wahren Werth zu reduciren.
Auch das Microscop wird fleiĂig von uns gehandhabt.
Eben so wenig vermag sich unsern chemischen Reagentien
zu entziehen, was nur irgend im PiĂtopfe oder im Spuck-
nĂ€pfchen weilt. Selbst im Inhalt des Nachtstuhles wĂŒhlen
wir herum, und coliren und decantiren, sei es auch nur, um
OWAG
ORBIS-WERKEag
CliEM^PHARM^FABRIKEN
BRĂUNSCHWEIG
40. Jahrg. - Nr. 27/28.
Jenseits von Beruf und Amt
XVII
ein Paar armselige Krystalle von phosphorsaurem Ammoniak
Magnesia zu erwischen1), oder ein zweifelhaftes, gleichsam
embryonales Gallenconcrement aufzufischen. Eine schöne
Arbeit wirst Du sagen. Manches ist indessen doch dabei zu
lernen und es bildet sich eine gewisse methodische Sicher-
heit raus. Denn (unter uns gesagt) die Resultate fĂŒr die
Therapie sind höchst unerhebliche. Meine Zuhörer wundem
sich oft ĂŒber mich, daĂ ich durchaus nicht weiĂ, was Ekel
ist, und den Schmutz in keiner Form scheue. Freilich wasche
ich mich auch genug . . .
Bonn, den 5. Juli 1848.
. . . Meine Einnahmen sind durch den Weltspectakel
furchtbar zusammengeschmolzen. Denn der Besuch meiner
Klinik ist sistiert. . . Die . . . Studenten haben jetzt ganz
andre Dinge im Kopfe, als pedantische Vorlesungen. Sie
halten fast tĂ€glich Versammlungen, und bestĂŒrmen den Senat
mit unausstehlichen AntrÀgen. Viele von Ihnen haben nur
ein Publicum belegt. Man lĂ€Ăt die Sache gehen. Die Ge-
setze ruhen. Jeder fĂŒrchtet sich, den jugendlichen Demo-
craten unbequem zu werden. . .
Bonn, den 13. Januar 1849.
. . . Noch schlimmer ist es mir mit meinem Verleger er-
gangen. . . Nach der Angabe dieses Mannes ginge die 2. Auf-
lage meiner Klinik so schlecht, daĂ bei dem drohenden poli-
tischen Horizonte, vor der Hand ĂŒber die Fortsetzung sich
gar nichts bestimmen lasse. . . MiĂmuthig, wie ich ge-
worden, selbst zu einer, wenn auch kleinen und unansehn-
lichen geistigen Ruine metamorphosiert, gewÀhrte es mir
einen gewissen Trost, bei meinem Herumflanieren in Berlin
mich an den Anblick einiger, ganz anders bedeutender und
stattlicher Ruinen negativ zu stÀrken, und dadurch eine Art
von Hohlspiegel-Vertröstung auf mich zu reflectieren. Ich
war bei Tieck1) und bei S c Ii e 1 1 i n g.2) Wie zog nicht
die alle philosophische Spinne gegen die Neuzeit und deren
Tendenzen los. Da ich im wesentlichen derselben Ueber-
zeugung huldige, so konnte ich nicht genug zu hören be-
kommen. Es wÀren Worte eines göttlichen Zorns gewesen,
wenn nicht allzu oft das Individuum mit polternder Heftig-
keit dazwischen gefahren wÀre. Dagegen stellte sich mir
Tieck als ein im Abscheiden begriffener, halbverklÀrter
Greis dar. Mild und sanft beklagte er den Irrthum, in
welchem die gemĂŒthlose Welt befangen sei. Es war der am
klaren Saume des westlichen Horizonts untergehende Mond,
der eben zur rechten Zeit einem wĂŒst heranbrausenden
Sturmgewölke weicht. . .
Bonn, den 13. Mai 1849.
. . . Ihr AnfĂŒhrer, Prof. Kinkel11), stĂŒrzte vom Pferde;
doch gelang es ihm, durch's GebĂŒsch zu entkommen. Man
lacht allgemein ĂŒber die schmĂ€hlige Niederlage dieser Maul-
helden Aber sind das nicht spanische ZustÀnde; und
hÀtte man jemals Aebnliches in Deutschland erwarten
können?
Gott sei dem armen Deutschland gnÀdig! Ob unsere
FĂŒrsten nicht schwere Schuld auf sich laden, wage ich nicht
zu entscheiden.
Wir leben nur von Tag zum Tage. Die Vorlesungen
werden nur vereinzelt und zerstreut besucht. Denn alles ist
aufgeregt. Kein Mensch weiĂ, welches Geschick ihn morgen
erwartet. . . .
Bonn, den 13. Sept. 1849.
Naumann spricht von der Ausbreitung der Cholera in
der Rheinprovinz usw. In Cöln betrĂ€gt âdie Mittelzahl der tĂ€g-
lichen TodesfĂ€lle 60 â 80 . . . Dazu kommt der TĂŒrkenglaube
der sonst so orthodoxen Leute: âdaĂ sie nur befallen werden
wĂŒrden, wenn es Gottes Wille sei." Denn mit diesem apodic-
1) Schönlein, Ueber Crystalte im Darmkanal bei Typhus
abdominalis. J. MĂŒĂŒer's Archiv 1836, S. 258 f. .
l) Joh. Ludw. Tieck (1773â1853); 2) Sendling (1775â1854);
») Joh. Gott-fr. Kinkel (1815â82).
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XVIII
Jenseits von Beruf and Amt
40. Jahrg. â Nr. 27/28.
tischen Satze wird jede Ermahnung: dem unmĂ€Ăigen Prassen
und Saufen doch fĂŒr einige Zeit Einhalt zu thun, kurz abge-
fertigt. Dagegen giebt es Prozessionen und UmzĂŒge ohne
Ende. Das Volk kommt aus den Kirchfahrten, Litaneien und
aus einem barbarischen, die Phantasie berĂŒckenden Clerical-
treiben garnicht mehr heraus. . .
Nach meinen Erfahrungen (jeder beruft sich auf dieses
Schiboleth) ist die asiatische Cholera eine ansteckende Krank-
heit. Das Contagium zĂŒndet oder haftet aber nur, wo eine
ganz besondere Disposition stattfindet . . ."
Bonn, den 11. October 1849.
. . Madam Moscheies schreibt mir, daĂ der von ihr ver-
ehrte Arzt, Prof. O p p o 1 z e r1), einen Ruf nach Wien ange-
l) Johann Oppolzer (1808â71) war von 1848â1850 Kliniker
in Leipzig. (Vgl. E. Ebstein, Joh. Oppolzer in Leipzig 1848â50:
seine Antrittsrede und sein Vortrag zur Diagnose der Unterleibs-
ÂŁ>;eschwĂŒlste in Sudhoffs Mitt. zur Geschichte der Medizin 1919.
nommen habe. Die liebe Frau knĂŒpft daran Hoffnungen,
die mich betreffen.
Ob ich nun gleich mein Geschick sehr wohl kenne, auch
ĂŒber die Anforderungen der oft frechen und Ignoranten
Jetztzeit, ĂŒber die eigentĂŒmliche TournĂŒre, die man vom
klinischen Arzte fordert, mir nicht die geringste TĂ€uschung
mache, ob ich gleich mein vorgerĂŒcktes Lebensalter ernst-
lichst und gar bedenklich ins Auge fasse, â so will ich doch
meinerseits alles gethan haben, was möglicherweise dahin
fĂŒhren könnte, am spĂ€ten Abend eines mĂŒhseligen Lehens
den alten Wunsch zu realisieren, der sich auf die Directum
einer medizinischen Klinik bezog.
Ich bitte Dich daher, mein geliebter Bruder, daĂ Du
mir möglichst schnell eine zuverlÀssige N a c h r i e h t
darĂŒber zukommen lassen mögest, ob jene die Berufung von
Oppolzer betreffende Botst halt begrĂŒndet sei oder nicht,
â und ferner: ob Oppolzer den an ihn ergangenen Ruf
annehmen werde, oder nicht? . . . (Fortsetzung folgt.)
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schen Luftröhren- und Kehlkopfkatarrhen, auch tuber-
kulösen Ursprungs, bei Lungen- und Brustfellent-
zĂŒndungen, Keuchhusten in abklingendem Stadium,
nervöser Husten.
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0,1 Toramin) oder 1-2 g Toramin pro die, in Mixtur
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40. Jahrg. â Nr. 31/32.
Jenseits von Beruf und Amt
XIII
Jenseits von Beruf und Amt.
Aus den Briefen des Klinikers M. E. A. Naumann
in Bonn und ĂŒber seine Beziehungen zu Goethe.
(SchluĂ aus Nr. 27/28.)
Von Dr. Erich Ebstein, Leipzig.
Bonn, den 27. Oct. 1849.
. . . Nun noch Etwas: Ich habe an Oppolzer lako-
nisch geschrieben, und ihn, unter Mittheilung des Umstandes,
der mich dazu zu berechtigen, oder wenigstens deshalb zu
entschuldigen schien, geradezu gefragt: ob er Leipzig zu ver-
lassen gedenke? Darauf erhielt ich die beiliegende1) eben
so kurz gefaĂte, doch freundliche Antwort, die ich mir ge-
legentlich zu remittieren bitte. Es versteht sich von selbst,
daĂ Du von dieser Sache nichts darfst transpiriren lassen;
damit es sich nicht so ausnehme, als ob ich das Vertrauen,
welches ö. mir gezeigt, miĂbrauche und damit ferner nicht
etwa meinetwegen ein unnöthiges und vorzeitiges Geschrei
erhoben werde. Ich weiĂ, ohne weitere Zuthat, daĂ ich
Deinerseits auf völlige Verschwiegenheit, auch O. gegenĂŒber,
zÀhlen darf.
(A m R a n d e : Sprich ja nicht davon, daĂ 0. fortzugehen
beabsichtigt, wenn davon officiell nichts bekannt sein sollte!)
Bonn, den 23. November 1849.
Ich wende mich an Dich, mit der wenn gleich höchst
ĂŒberflĂŒssigen und unmotivirten Bitte, daĂ Du nicht ver-
gessen möchtest, mich zu unterrichten, so bald Du ĂŒber
Oppolzers Abgang irgend etwas definitiv feststeht. . . .
Bonn, den 3. December 1849.
. . . Ich stehe im SpÀtherbste des Lebens; ich habe es
*) lag -nicht bei. Vgl. E. Ebstein, Johannes Oppolzer in
Leipzig, in Mitt. zur Gesch. der Medizin. 1919, S. 366â373.
nicht dahin gebracht, einer klinischen Anstalt als D i r i g e n t
vorgesetzt zu werden. Das sind keine gĂŒnstigen Titel, um
AnsprĂŒche zu formulieren;! Dann, die âWiener" (anato-
misch-pathologische, physiologische, rationelle, mechanische,
heuristisch-genetische) Schule! Du siehst, es fehlt nicht an
manichfachen, sich gegenseitig sogar ausschlieĂenden und
negierenden PrÀdicaten! Freilich bin ich in dieser Schule
nicht gebildet worden, da sie ein Kind der Neuzeit genannt
werden muĂ. Ebensowenig bin ich ihr in allen Richtungen
zugethan. Indessen glaube ich doch mit ihren Lehren ziem-
lich vertraut zu sein. Dieselbe ist wie jede neue Richtung,
durch die vielfachen WidersprĂŒche zwischen Theorie und
Praxis, als ein Werk der Notwendigkeit entstanden. Sie
hat viel gutes gefördert, manchen alten Schlendrian besei-
tigt, aber sie theilt die Einseitigkeit, welcher, im Gebiete der
Naturbeobachtung, jede zur âSchule" gewordene Richtung
verfallen muĂ, und droht, einen Dogmatismus vorherrschend
zu machen, der einer freien und allseitigen Entwickelung
fĂŒr lange Zeit Fesseln anlegen könnte. In nicht wenigen
Kapiteln (z. B. in der sogenannten âKrasenlehre") werden,
unter der verfĂŒhrerischen Benennung von Erfahrungen, nicht
ohne Scharfsinn, zum Theil die crudesten Hypothesen vor-
getragen, vieles, das sich als neu gebÀrdet, war lÀngst aner-
kannt, oder ist selbst uralte Errungenschaft; die Diagnose
soll ihr Heil nur aus der Leiche gewinnen und der Sections-
tisch hat eine der Therapie (die ja ohnedies auf schwachen
FĂŒĂen steht) wenig gĂŒnstige Dictatur sich angemasst. Ich
glaube in der Leitung der propÀdeutischen Klinik eine ge-
wisse Fertigkeit in der Anwendung der mechanischen und
chemischen Explorationsmittel, sowie in der anatomischen
Beurtheilung der Erscheinungen mir erworben zu haben. Aber
freilich, blinder AnhÀnger der Wiener Schule bin ich nicht.
Da aber dieses schwer auf einen concreten Begriff zu redu-
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XIV
Jenseits von Beruf and Amt
40. Jahrg. â Nr. 31/32.
cirende Meteor mit seinem unbestimmten Schimmer einen
groĂen Theil vom literarischen Himmel der Jetztzeit erfĂŒllt,
so wird meine Lage dadurch, daĂ ich nicht zu den gerade
Geblendeten gehöre, wahrlich um nichts gebessert.
Ich habe dies Alles vorausgehen lassen, um Dir die
Ueberzeugung beizubringen, daĂ ich nicht blindlings darauf
losgehe, und daĂ ich meine Stellung wahrlich nicht ver-
kenne. Dennoch bin ich entschlossen um die erledigte (oder
bald zu erledigende) Professur der Klinik in Leipzig einzu-
kommen. Ich thue es ohne alle Hoffnung auf Er-
folg, und, wenn ich Dir schon einmal sagte, nur mit dem
GefĂŒhle, mit dem man wohl zu Zeiten ein Viertellos in der
Lotterie zu spielen sich entschlieĂt, ohne dabei einen. groĂen
Treffer auch nur fĂŒr wahrscheinlich zu halten.
Bonn, den 4. Dezember 1849.
. . Nach einer fast schlaflosen Nacht bin ich nÀmlich zu
dem EntschlĂŒsse gelangt, mich mit gar keinem officiellen Ge-
suche nach Sachsen zu wenden, mithin weder das Ministe-
rium in Dresden noch die FacultÀt in Leipzig, als ein Bit-
tender (gleichsam Schutzflehender) anzugehen. . .
Die. Schreiberei an Oppolzer und alle derlei unnĂŒtze
Schritte habe ich natĂŒrlich aufgegeben.
Bonn, den 14. MĂ€rz 1850.
. . Wenn ich Deine1) Leistungen mit den meinigen ver-
gleiche, so mĂŒĂte ich billig schamrot weiden. Denn was ist
das endliche Resultat von all der bÀndereii dien Sudelei, mit
welcher ich das langweiligste Repertorium der langweiligsten
Literatur, â ich meine die medicinische â vermehrt habe!
Ich komme mir vor wie ein alter SacktrÀger, der von den
Lasten die er so lange Jahre hindurch ge- und verschleppt
hat hager, krumm und grau geworden ist. Besser wĂŒrde es
gewesen sein, gar nicht zu schreiben, als solchen jÀmmer-
Neumanns Bruder war der berĂŒhmte Mineraloge".
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Mattan rein
Zink-Mattan
Schwefel-Mattan
Zink-Schwefel-Mattan:
Bei Dermatiden, Rötungen, bei roten
Farben nach Aknepusteln u. leichten
Pigmentierungen ; ferner in den FĂ€llen,
wo Zink- bzw. Schwefel indidert ist.
Kassenpackungen, Privatpackungen
opnuiaimin-Augenstabtutie
mit 1 und 2" ,, ungt. ophthalm. flav.
Kassenpackung, Privatpackung
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UOJUVall. silbersalb enseUe).
Grad. Röhre 30 gr., Kassen- u. Privatp.
jsass Fritz Kriphe fi m h " wmmm- 1
liehen Plunder. Aber, wer kann dem eisernen Gebote seines
Geschickes entgehen? Mir wurde das harte Joch auferlegt,
fort und fort zu schreiben, um nur Geld zu verdienen, auf
die Gefahr hin, dabei die Ehre zu verlieren! So bin ich denn
nach und nach an den Abgrund gelangt, in welchen ich
gegenwÀrtig hinabblicke.
Der Abgrund ist aber nicht so schlimm, es ist nur der des
fadesten Alltaglebens und der jÀmmerlichsten philisterhaf-
testen Existenz. Man sitzt dabei ganz breit und bedÀchtig,
und wenn die Sorgen und Aengsten nur nicht allzuheftig an
der alten Maschine rĂŒtteln, raucht man (behaglich seine
Gigarre und verdampft die aufsteigenden Bedenken.
Im Jahre 1851 wurde Naumann Direktor
des Bonner klinischen Instituts,dessen Lei -
tun» er 1 864 niederlegte. Aus dieser Zeit
liegen keine Brie>f e vor.
VII. N a u m a n n a n seinen B r u d e r (1865 â 71 ).
Aachen, den 5. Sept.* 1865.2)
. . . Auch ich brauche hieselbst die Trink- und die Bad" -
cur, um meinem eigenen, baufÀlliger werdenden Zustande
etwas zu HĂŒlfe zu kommen. . , . Mich erwarten in Bonn
zahlreiche Arbeiten, . . . die Dekanatsarbeiten gehen freilich
zu Ende. Dagegen haben mich meine Collegen, mit groĂer
MajoritĂ€t zum ersten Rectoratskandidaten fĂŒr âą das bevor-
stehende neue Academische Jahr ernannt.
Bonn, den 29. Oktober 1865.
. . LaĂ Dich nur nicht durch den Namen âKaloinel"
abhalten, welchen ich selbst Dir namhaft gemacht habe. Ich
*) Ein Bild Naumann's aus dem Jahre 1859 (von A. Hohneck)
findet sich im Leipziger Institut fĂŒr Geschichte der Medizin.
Darunter steht faksimiliert:
Was ist das Allgemeine '
Der einzelne Fall.
Was ist das Besondere?
Millionen FĂ€lle. M. F. A. Naumann.
Industrie u. Handel Nr. 30/31
m vom 16. August 1922.
Annawerk, Schamotte- und Tonwarenfabrik,
Aktiengesellschaft vorm. J. R. Geith in Oeslau bei Coburg.
Auf Grund des von der Zulassungsstelle genehmigten, bei uns
erhÀltlichen Prospektes sind
nom. M. 6 500 000.â Aktien
Nr. 1â6500 zu je M. 1000.â
obiger Gesellschaft
zur Handel und zur Notiz an der Berliner Börse zugelassen
worden.
Berlin, im August 1922.
Gebr. Arnhold. Commerz- und Privat-Bank
Aktiengesellschaft.
10. Jahrg. â Nr. 151/32.
Jenseits von Beruf und Amt
XV
möchte wahrlich nicht Aiv.t sein, ohne dieses, in seiner Arl
wirksame antispastische Medikamenl anwenden zu dĂŒrfen.
Bonn, den 22. Dez. 1867.
. . . Alles gehl jetzt so ret'oi mirend vor, daĂ man, ehe
man sichs versieht, wieder zum A B G-SchĂŒtzen werden muh,
wenn man die Zeit nur einigermaĂen verstehen will. Bert-
h o 1 d1) und B e r z e 1 i u s-j sind nun auch zu Grabe ge-
tragen worden, Lieb ig*) wird von unsern jungen Chemi-
kern fĂŒr antiquirt erklĂ€rt. Die Typologie beherrscht jetzt
den weiten Kreis des chemischen Wissens, obgleich, sobald
man von den Gasen absieht, ebenfalls wieder der Hypothese
Thor und ThĂŒr geöffnet worden sind. Um eine allgemeine
Idee von der Sache zu erhalten, habe ich, zu meiner groĂen
Belehrung, die âEinleitung in die moderne Chemie von A. W.
Hof mann" Braunschweig 1866 mit einiger Emsigkeit
durchgearbeitet. Uebrigens gefÀllt Hof mann4) in Berlin
nicht; man nennt ihn (den Anilinmann) einseitig und streitet
ihm das Lehrtalent ab. Wohin soll aber das SpezialStudium
der Chemie endlich fĂŒhren? Unser berĂŒhmter Professor K e -
kule8 lĂ€Ăt jetzt an einem Werke ĂŒber die Derivate des Ben-
zol drucken, welches 3 BĂ€nde umfassen wird. Guten Appetit
möchte man da ausrufen!
Bonn, den 21. Dez. 1866.
. . Mit der eiteln Decoration des Rectorates geht es zu
Ende. Bei uns ist der Rector eigentlich nicht viel mehr, als
ein Figurant, der bei gewissen Gelegenheiten einen rothen
Theatermantel umhÀngt, und zwei Pedelle mit bleiernen
Szeptern vor sich her schreiten lĂ€Ăt. . .
*) Bert hold (1748â 1822); Berzelius (1779â1848); ») Lie-
1» i g (1803â7:?; ') 11 o f m a n n (1818â92); s) K ekul e. Fr. v. (182!)
bis 1896); Chemie der Benzolderivate 1867.
Bonn, den 25. Dez. 1868.
. . DaĂ ich Dich mittelbar veranlassen muĂte, mit dem
Grobian, T h i e r s c h:i) genannt, in BerĂŒhrung zu treten, hat
mir am ineisten leid getan und mich last schmerzlich !><â -
rĂŒhrt. Mit seltenen Ausnahmen, meint jetzt jeder neu auf
tretende Dozent, durch stolzes SelbstgefĂŒhl imponieren zu
mĂŒssen.
Bonn, den 12. April 1868.
. . Mit Interesse las ich: âI. R. Mayer, die Mecha-
nik der WĂ€rme Stuttgart 1867" und Abdruck frĂŒherer
Abhandlungen des berĂŒhmten Heilbronner Sonderlings, der
(wenn ich nicht irre, in Poggendorffs Wörterbuch*) bereits
als ein im Irrenhaus verstorbener bezeichnet worden war.
Die Abhandlungen sind vom Verfasser ĂŒberarbeitet und, â
in der bescheidensten Form, â mit Wahrungen der ihm ge-
bĂŒhrenden PrioritĂ€tsrechte ausgestattet worden. Die Ent-
deckungen Mayers, die so lange Zeit im Verborgenen ge-
schlummert hatten, gehören doch schlieĂlich zu dem' GroĂ-
artigsten, was seit Kepler und N ewton, in der Erkennt-
nis der Natur geleistet worden ist. Welche Anerkennung ist
ihm geworden; wo haben die stolzen Academien ihn der Auf-
merksamkeit wert erachtet? Der ungekĂŒnstelte Styl und
selbst der etwas pleonastische Vortrag, Alles hat mir gefallen.
Bonn, den 26. Dez. 1868.
. . Mir selbst wĂŒnsche ich, daĂ es uns vergönnt werde,
Euch noch einmal von Angesicht zu Angesicht zu sehen, be-
vor die letzten AnklÀnge an das Naumannsche, bis ins
18. Jahrhundert zurĂŒckgreifende Lebensdrama völlig ver-
klungen.
*) C. Thierse h (1822â!).") ! war 1867 als Nachfolger GĂŒnthers
nach Leipzig gekommen.
*) Stimmt, ist im folg. Band berichtigt.
7 â II» in l|a^|)p|BjBaMSS»jBajsa^ " â . : â
Gebrauchsfertige Arzneiformen deutscher Herstellung
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Die Gesamiralkaloide ölen
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XVI
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 31/32.
(Bonn) Eingegangen 24. Mai 1869.
. . Von der Praxis, die ich niemals gesucht habe, die
auch niemals bedeutend war, suche ich mich, nach KrÀften,
loszumachen. Meine academische ThĂ€tigkeit ist eine ĂŒberaus
geringe, da sie sich meist lediglich auf ein Publikum be-
schrÀnkt, das nicht einmal sehr frequentiert wird. (Meist:
Geschichte der Medizin, oder med. Geographie1), Klimatolo-
gie und Balneologie). Mit einem Worte: ich greife nicht mehr
in die Zeit ein, und befinde mich in der Verfassung, um ofd-
nungs-, und dem gewöhnlichen Schlendrian gemĂ€Ă, zu
meinen VĂ€tern versammelt zu werden.
(Bonn) 29. Dez. 1870.
. . Der fĂŒrchterliche Krieg, will nicht zu Ende gehen, wie
lange soll das Morden im neuen Jahr noch fortgesetzt wer-
den? . . . Die französischen Behörden scheuen sich nicht,
wahre Brandbriefe gegen uns unter das Volk zu schleudern,
in denen sie zur Tötung, PlĂŒnderung und EinĂ€scherung auf-
fordern. Das Blut unserer braven Soldaten flieĂt in Strömen,
aber wir mĂŒssen den niedertrĂ€chtigen Feind zu Boden wer-
fen, es koste was es wolle. Wir behalten ihn sonst auf dem
Halse ... DaĂ wir ElsaĂ haben mĂŒssen, ist allerdings wohl
nötig, aber ich hasse beinahe diese entarteten Deutschen,
welche eingefleischte Franzosen sind und bleiben wollen.
Möchte ich ihnen doch lieber einen FuĂtritt geben, damit sie
recht bald mit der LĂŒgenbrut wieder vereinigt wĂ€ren. . . .
Bonn, den 30. Januar 1871.
. . Zuerst wollen wir uns gegenseitig herzlichst und
freudigst beglĂŒckwĂŒnschen, daĂ, nach so langer und fĂŒrchter -
1) Vergl. Anton Springer. Aus meinem Leben. Berlin 1892.
S. 219. âKeinem Bonner fiel es ein, in ernsten KrankheitsfĂ€llen
sich an einen Kliniker zu wenden. Auf meine naive Frage, in
welchem speziellen Fach der Kliniker fĂŒr innere Krankheiten
glÀnze, erhielt ich schmunzelnd zur Antwort. In der Geographie
Amerikas."
lieher Blutarbeit, die stolze Hauptstadt der Gallier vor dem
geeinigten Deutschland endlich sich beugen muĂte. Da wir
jetzt dieses Babel in unsern HĂ€nden haben, so dĂŒrfen wir
auch hoffen, daĂ wir, im Besitze dieses Unterpfandes, den
Frieden, einen ehrenvollen, alle Schuld sĂŒhnenden Frieden,
zu erwarten haben.
Der letzte von Naumanns Briefen ist vom 16. April 1871
datiert. Naumann starb am 19. Oktober 1871.2) In Bonn
scheint er sich nicht restlos glĂŒcklich gefĂŒhlt zu haben, wie
er öfter betont hat. Und so schreibt er am 6. MĂ€rz 1842: âUnd
doch ist mir dieses preuĂische Paradies bei der steten Lustig-
keit und VergnĂŒglichkeit seiner Bewohner, nicht ganz nach
meinem Sinn. Ich ziehe doch immer die Germania magna
vor.
Sie sollen ihn nicht haben,
Doch laĂt mich nicht begraben â
An diesem freien Rhein.
In wĂŒsten inĂ€rkschen Sande,
In dem mir lieben Lande,
Da legt mich einst hinein3).
\
2) Das Datum fand ich nur bei Stricker (Virchows Archiv,
Bd. 54, 1872) verzeichnet; sonstige Nekrologe in Zeitschriften habe
ich nicht aufzufinden vermocht. Der Index Catalog der BibĂŒothek
in Washington lĂ€Ăt Naumann scholl 1869 sterben. Richtige Daten
enthĂ€lt jetzt ĂŒbrigens Meyers Konservationslexikon.
3) Parodie auf Beckers Rheinlied, steht nicht bei Z. Funck.
KlÀnge aus der Zeit. Hervorgerufen durch die neuesten politi-
schen Ereignisse und zunÀchst durch das Beckersche Rheinlied.
Erlangen 1841. Ueber Beckers Persönlichkeit vgl. Th. v. Kobbe,
Humoristische Reisebilder. Hamburg 1843, S. 42 ff.
Nach Professor Dr. Heinz, Erlangen.
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(Gegen alle Erkrankungen der Gallenwege). âą j
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» ^ ^ Dr. Ivo Deiglmayr, Chem. Fabr. A.-G.
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Jeder erworbene Anteil bleibt Eigentum des Mitgliedes, wird beim Austritt
zurĂŒckgezahlt, trĂ€gt Dividende. Satzung und BeitrittserklĂ€rungen werden
auf Anfrage sofort zugesandt von der GeschÀftsstelle.
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10. Jahrg.
Nr. 35/36.
Jenseits von Berat and Amt
X|
Jenseits von Beruf und Amt.
Das Standeskleid des Arztes.
Von Max von B o e h n.
Die fortschreitende Demokrati-
sierung der bĂŒrgerlichen Gesell-
schaft, die ein so wesentliches Cha-
rakteristikum der Kultur des neun-
zehnten Jahrhunderts bildet, hat zu-
erst mit all den Erscheinungen auf-
gerĂ€umt, die in den AeuĂerlichkeiten
Unterschiede von Rang und Stand
betonten. Einer wie Alle! Der Ge-
lehrte und der Laie, Kaufmann,
KĂŒnstler, Handwerker, Arbeiter bil-
den zusammen eine groĂe Masse, aus
deren unerfreulichem Einerlei sich
nur noch Reich und Arm heraus-
heben, GegensÀtze von so unver-
löschlichem GeprÀge, daà sie selbst
der Bolschewismus nicht wird aus-
Die Heiligen Cosmas und gleichen können. Diese Tendenz der
Damian. gegenseitigen AnnÀherung ist sehr
GemĂ€lde von Lorenzo di Bicci- â1. âą i, âą u J t » x
Florenz, uffmen. Um 1423. alt, sie hat sich durchgesetzt trotz
aller Vorschriften, mit denen die
mittelalterliche Polizei auf das Àngstlichste besorgt war,
die verschiedenen BerufsstÀnde sichtbar zu kennzeichnen.
Alle Verbote und alle Strafen haben nicht hindern können,
daĂ die niederen Schichten sich kleideten wie die Hoch-
geborenen und daĂ die verschiedenen Berufe schlieĂlich frei-
willig auf Merkmale verzichteten, die ihre Bedeutung ver-
loren halten.
Am zÀheslen erwies sich bei diesem Vorgang der
Theologe; er ist von den Studierten der Einzige, den man
heilte noch mĂŒhelos erkennt; der Arzt und der Jurist haben
es aufgegeben, auf AeuĂerlichkeiten der Erscheinung Weil
zu legen. Und dabei sind die Berufe des Geistlichen und des
Mediziners einer Wurzel entsprungen, dem Priestertum; ist
die Heilkunst im alten Orient, in Aegypten, in Griechenland
doch zuerst von den Dienern der Gottheit ausgeĂŒbt worden.
Es ist nicht ĂŒberliefert, ob z. B. die griechischen Aerzte eine
bestimmte Kleidung getragen haben, Hippokrates verlangt
nur, daĂ der Arzt in Haar- und Barttracht reinlich, im
Anzug elegant sein soll, aber da sie in festen VerbÀnden, den
Asklepiaden, zusammengeschlossen waren, so ist der Gedanke
nicht abzuweisen, daĂ sie sich in irgend einer Weise von
den Laien abhoben. Im Rom der Kaiserzeit, das eine fest-
gefĂŒgte Organisation des Medizinalpersonals besaĂ, das
Kaiserliche LeibÀrzte, StaatsÀrzte und gewöhnliche Aerzte
kannte, auĂerdem ein Heer von Spezialisten, waren die so
sorgfĂ€ltig ausgeklĂŒgelten Rangunterschiede sicher auch durch
gewisse Abzeichen betont.
VerlĂ€Ăliche Nachrichten haben wir erst aus dem Mittel-
alter. Seit es eine medizinische Wissenschaft gab, die in
Salerno, Montpellier und Paris gelehrt wurde, gab es auch
wieder gebildete Aerzte, die sich beeiferten, die Grade der
berĂŒhmten UniversitĂ€ten zu erwerben und damit bĂŒrgert
sich eine bestimmte Kleidung fĂŒr den ganzen Stand ein.
Deutschland besaĂ bis zum 14. Jahrhundert keine Hoch-
schule, an der ein Unterricht fĂŒr Mediziner erteilt worden
Bei nervöser Schlaflosigkeit
in ihren vielseitigen Ursachen, insbesondere
infolge
von Ăberarbeitung,
Aufregungen, körperlicher und
geistiger Abspannung,
AngstgefĂŒhlen
bewÀhren sich stets bei richtiger Dosierung
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XII
Jenseits von Beruf and Amt
40. Jahrg. â Nr. 35/36.
Der Arzt am Krankenbett.
Holzschnitt aus Ketham. Fasciculus medicinae. Venedig 1500.
wÀre, die Studenten waren genötigt, ins Ausland zu gehen
und von daher brachten sie auĂer ihren Titeln auch den
Anzug mit, der ihren Beruf kenntlich machte.
Das Ansehen, das die Aerzte in Italien genossen, war
sehr groĂ, so groĂ, daĂ die Kleider- und Luxusordnungen sie
mit besonderer RĂŒcksicht behandeln. In Florenz wurde
1321 Aerzten, Richtern und Soldaten erlaubt, silberne GĂŒrtel
zu tragen, ebenso wie Perlen und Edelsteine, und auch in
Venedig war schon in der zweiten HĂ€lfte des Trecento den
Aerzten gestattet, sich anzuziehen wie die Nobili. In einem
Brief, den Petrarca aus Pavia an Boccaccio schreibt, macht
er sich ĂŒber die AnmaĂung lustig, mit der sie sich in die
köstlichen vielfarbigen Stoffe hĂŒllen, die sie sogar mit Gold
sticken lassen, und an Francesco Casini in Siena bemerkt
er: âin Purpur und Gold gekleidet, kommen sie sich vor wie
Herren ĂŒber Leben und Tod." Die öffentliche Meinung in
Deutschland machte sich die italienische Anschauung völlig
zu eigen. Der Augsburger Reichstagsabschied von 1530,
welcher der Verschwendung und Kleiderpracht steuern
sollte, will doch, daĂ âdie Doctor und ire weiber auch kleyder,
geschmuck, ketten, gĂŒlden ring und anderes jrem standt
und freiheyt gemeà tragen sollen und mögen."
26
Der Arzt.
Holzschnitt aus dem Totentanz von Hans Holbein. Um 1520.
V TE/TIGLANDOL /,
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7
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40. Jahrg. â Nr. 35/36.
Jenseits von Beruf und Amt
XIII
a.öwn$wt Hu** Ihr. «>((n m
Von der Zeitmode nahmen die Mediziner den hingen
Mantel an, der im Gegensatz zu der Ueberenge von Wamms
und Beinbekleidung, welche nicht nur auf uns, sondern
schon auf die Zeitgenossen schamlos wirkte. Anstand und
WĂŒrde darstellte. Dieser Mantel, als groĂes Tueh mit Kopf-
loeh, im 15. Jahrb. âTappert" genannt, aufgeschlitzt und
mit Aermeln versehen im sechzehnten zur âSchaube" ge-
worden, bildet trotz des Wechsels im Schnitt mehrere Jahr-
hunderte hindurch das charakteristische Kennzeichen des
Arztes. Ob die Kunst sich mit ihm beschÀftigt oder der
V olksniund, in erster Linie ist es- der Mantel, an den man
sich hÀlt; er muà es also gewesen sein, der das auffallendste
StĂŒck der Ă€rztlichen Garderobe bildete. âE dottore di Va-
lenza, lunga vesta e poca scienza" spottete der Italiener und
der boshafte Pascal schrieb: âNehmt dem
Arzt Mantel und MĂŒtze und von seiner
Wissenschaft bleibt nichts ĂŒbrig", ja noch
im 18. Jahrb. hieĂ man in Hamburg
einen armen Mediziner ohne Patienten.
âDoktor DĂŒnnmantel".
Das Aussehen lernen wir fĂŒr die
frĂŒhere Zeit am besten aus den Bildern
kennen, die den Heiligen Cosmas und
Damian, den Patronen der Aerzte gewid-
met sind und erst von ihnen aus dĂŒrfen
wir RĂŒckschlĂŒse machen, wenn auf Ge-
mÀlden Personen dargestellt sind, die
man fĂŒr Aenzte zu halten geneigt ist. Eine
Tafel des Florentiners Lorenzo di Bicci
(1350â1427) in den Uffizien, zeigt die
zwei Heiligen in ihren weiten Togen ĂŒber
langen Unterkleidern, die an den BĂ€ndern
Dr. Leonhart Fuchs, mit einer schmalen Goldstickerei verziert
Holzschnitt aus seinem sind, beide mit langzipfeligen Baretts.
NeBa«fuiB43Uch Genau so werden sie von Fra Angelico
da Fiesole dangestellt und von andern Meislern der
gleichen Zeit, wie Fra Filippo Lippi, Pesellino, Sandro
Botticclli u. a. Da die Farbe der medizinischen FakultÀt
die rote war, so sind auf den GemÀlden Baretts, MÀntel und
Schuhe ebenfalls rot, wÀhrend die Farbe des langen Unter-
kleides schwankt, meist ist sie blau, manchmal aber auch
grĂŒn. â Feststehend sind die Farben aber doch nicht, oder
sie wechseln in den verschiedenen Orten. Die Sienesen, wie
z. B. Domenico, di Bartolo, geben ihnen blaue Barette und
blaue oder schwarze MĂ€ntel, die Venetianer, wie die Vivarini,
Gentile Bellini, Garpaccio kleiden sie zwar auch in rote
MĂ€ntel, aber geben ihnen schwarze Barette dazu. Einig abei
sind alle diese Meister darin, daĂ sie die MĂ€ntel an Kragen
und Aermeln ebenso wie die Barette an der Krempe mit
Pelzwerk besetzen und zwar immer mit Feh oder dem so-
genannten Grauwerk, so daĂ in Italien
das Sprichwortkursirte: âNon e ognun'
dottore che porta vaio." Wenn man
nun auf den Bildern der Zeit MĂ€nner
in dieser Tracht sieht, z. B. auf dem
Fresko der Capella Bardi in S. Croce,
Florenz, auf dem Giotto den Tod des
H. Franz darstellte, oder bei Taddeo
Gaddi oder anderen, so darf man an-
nehmen, daĂ es sich um Aerzte
handelt.
Das Abzeic hen der medizinischen
DoktorwĂŒrde war zwar das vier-
spitzige Barett, aber es hat seine Form
mit der Mode geÀndert und die man-
nigfaltigen Gestalten angenommen, in
denen sich im 15. und 16. Jahrh. die1
mÀnnliche Kopfbedeckung gefiel. Nur
an der roten Farbe hat man streng
ItaliÀnischer Arzt.
festgehalten; âes seind nicht alle doc- Aus ^:°d\gHf5^an,ichi'
Belladonna^
Neutralen
bei gleichzeitiger erhöhter Erregbarkeif
des Vagussystems
eufralon
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XIV
Jenseits, von Beruf und Amt
40, Jahrg. â Nr. 35/36.
KUQ; MVv'HAöVM «AGKS F. I M«C.tS ART F.
j CWjl .«tot"* AVlt lOCl-M WWCRr.ĂlTVKVl
; NU fiurt fnmUei « Fuuu «tpfo, i J
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Kl >1t.A TAVVtV FEYV.vt LABQRLS
RT. S TAT TU MODO TOLU. MXLUM
Der Arzt.
Kupferstich von H. Goltzius. Um 1600.
toren, die rot he paret tragen" pflegte mau noch im 16« Jahrb.
in Nkxlerdeutschland und Holland zu sagen, wenn man sein
MiĂtrauen laut werden lassen wollte.
Das Aussehen eines deutschen Arztes der frĂŒhen Zeit
bewahrt der GroĂbaseler Totentanz des 15. Jahrhunderts, es
weicht von dem italienischen der gleichen Zeit kaum ab.
Typisch ist die Auffassung in Holbein's Totentanz, die auch
durch Bildnisse, wie etwa das des Dr. Leonhart Fuchs von
FĂŒllmaurer und Meyer bestĂ€tigt wird. Als Felix Platter 1557
in Basel seinen medizinischen Doktor macht, trÀgt er ein
rotseidenes Atlaswamms, rote Hosen, einen schwarzen Mantel
mit Sammet verbrÀmt. Das Sammet-Barrett mit Perlen-
borte wind ihm vom Dekan der FakultÀt in feierlicher
Sitzung auf den Kopf gesetzt. In Frankreich trugen die
Aerzte bis zur Zeit Heinrich III. Kleider von demselben
Schnitt wie die Italiener; es scheint nur, daĂ sie in der Wahl
der Farben abwichen und der Mantel sowohl rot wie blau
sein durfte, das viereckige Barett wrar in Paris schwarz.
Im Laufe des 16. Jahrhunderts hat die BĂŒhnenkunst der
Commedia dell' arte diese Erscheinung zu dem feststehenden
Typus des âDottore" umgeschaffen. Er trĂ€gt den langen
Mantel des gelehrten Arztes und dazu eine wunderlich und
willkĂŒrlich entstellte Kopfbedeckung, die zum Lachen reizen
soll. Der Dottore der StegreifbĂŒhne braucht nicht notwendig
Arzt zu sein, er kann auch Jurist sein, meist aber gehört er
dem Àrztlichen Stande an. Mit dieser Schöpfung sind wir
an einem Grenzstein angelangt; im Laufe des 17. Jahrh. be-
ginnt der Arzt mehr und mehr sich der wechselnden Mode
anzubequemen und wenn er auch nicht gerade alle Formen
und Schnitte wÀhlt, die auf den Markt kommen, so unter-
scheidet er sich in der Folge von seinen Zeitgenossen höch-
stens noch durch einen gewissen betonten Ernst in der Wahl
der Farben und den Verzicht auf den verschwenderischen
und glÀnzenden Ausputz. Der Mediziner will ein Kavalier
sein wie die anderen, so daà die MarkgrÀfin Wilhelmine von
Bayreuth, als sie den Arzt Superville kennen lernt, erstaunt
feststellt: âIch erwartete einen Pedanten zu sehen, und es
erschien ein hĂŒbscher Mann von Wellsilte." Der brave
Jung-Stilling muĂte sogar die Erfahrung machen, daĂ seine
Glaubensgenossen, die pietislischen Wuppertaler, sich von
ihm zurĂŒckzogen, als er wie âein vornehmer weltförmiger
TORAMIN MILANOL
wirksames Sedativum,
frei von narkotischer oder drastischer Nebenwirkung,
keine Verstopfung; daher auch bei Kindern, SchwÀch-
lichen und alten Leuten in genĂŒgender Gabe gefahrlos
anwendbar.
Indikationen: Husten, Reizhusten, bei akuten und chroni-
schen Luftröhren- und Kehlkopfkatarrhen, auch tuber-
kulösen Ursprungs, bei Lungen- und Brustfellent-
zĂŒndungen, Keuchhusten in abklingendem Stadium,
. nervöser Husten.
Verordnung: 1 Röhrchen Toramin-Tabletten (25 StĂŒck ca.
0,1 Toramin) oder 1-2 g Toramin pro die, in Mixtur
mit aromat. WĂ€ssern, Sirup, Expektorantien, auch
Guajakol-PrÀparaten.
| neue chloroformlösliche Wismut-Verbindung fĂŒr dermato
logische Zwecke,
saubere Anwendung als Salbe, Paste, Puder,
Pinselung 2 â 10%ig, weder WĂ€sche noch Haut
verschmierend.
Indikationen
Ekzeme.
Speziell chronische und Bubakute
Ferner FĂ€lle der dermatologischen Praxis, in denen eine
juck- und schmerzstillende, desinfizierende, granu-
lationsbefördernde, Infiltrationen resorbierende oder
keratoplastische Wirkung erstrebt wird.
Proben, Literatur und Rezeptformeln kostenfrei durch
Athenstaedt & Redeker, Chem. Fabrik, Hemelingen bei Bremen
adstringierend, antiseptisch,
gran u/ationsbefördernd,
schmerzlindernd.
40. Jahrg. â Nr. 36/36.
Jenseits von Beruf and Amt
XV
Mann mit Hand- und Halskrausen am Hemd" zu ihnen kam.
âEin Doktor mit Manschetten um die Hand, aber im Kopf
ohne Verstand" sagte man damals wohl, wenn « in Arzt auf
seine Kleidung zu starkes Gewicht legte. Man traute ihm
dann nicht mehr so recht, hatten ja schon die griechischen
Lustspieldichter zu Aristophanes' /eil die Aerzte lÀcherlich
zu machen gesucht, die durch feine Kleidung den Mangel an
W issen und Erfahrung verdecken wollten.
Im 18. Jahrhundert, zumal in der zweiten HĂ€lfte des
seihen, scheint nur die PerrĂŒcke noch gewisse feine Berufs-
Unterschiede markiert zu hal)en, man kann wenigstens fest-
stellen, daĂ die zeichnenden KĂŒnstler, wenn sie Aerzle dar
zustellen haben, ihnen ganz andere HaartöUren aufsetzen als
etwa Geistlichen oder Kaufleuten oder Stutzern im Allge-
meinen. Moreau le j., der die gute französische Gesellschaft
unmittelbar vor der Revolution mit seinem graziösen Stift
geschildert hat, stattet z. B. alle petits maitres, wie man da-
mals sagte, mit dem Haarbeutel aus, wÀhrend er dem Arzt
eine ganz verschieden geartete PerrĂŒcke aufsetzt. Sie faĂt
das Haar im Nacken nicht zusammen, sondern lĂ€Ăt ihm einen
freieren Lauf, ganz so wie man es auch auf dem von Chodo-
wiecki 1787 gemalten Bildnis des Dr. Lcvin, eines Berliner
Arztes, sieht. SchlieĂlich hat die Mode auch die PerrĂŒcke
beseitigt und dem Mediziner war kaum noch eine Möglich-
keit, sich auszuzeichnen, ĂŒbrig. Dunkle Farben, ernste
Schnitte und ein sehr steifer Hut blieben allerdings noch
lange ein Erfordernis fĂŒr das standesgemĂ€Ăe Auftreten des
praktischen Arztes. Wer sich 40 bis 50 Jahre zurĂŒck-
erinnern kann, der wird sich entsinnen, daĂ damals kein
Arzt einen kurzen Jackettanzug tragen konnte oder gewagt
haben wĂŒrde, seine Patienten ohne Zylinder zu besuchen.
Als ein Freund des Schreibers vor 30 Jahren seine Patienten
in MĂŒnchen auf dem Zweirad im SportkostĂŒm aufsuchte, da
gab es ein allgemeines GeschĂŒttel des Kopfes, l ud heute?
Ich WeiĂ niHil, wie sie aussehen, ich kann keinen bezahlen.
Das alles betrifft die studierten Aerzte in normalen
Zeiten. Die anormalen aber waren hÀufig genug. Dann,
wenn etwa eine Pest grassierte, hĂŒllten sich die Herren in
lange, weile MĂ€ntel von Leder <><lei WachstĂŒch, mit dem sie
ihr ganzes ĂŒbriges KostĂŒm bedeckten; auf den Kopf StĂŒlpten
sie einen Helm von dem gleichen Stoff mit einer Gesichts-
maske, die die Augen durch BrillenglĂ€ser schĂŒtzte, Mund und
Nase aber durcli einen schnabelförmigen Auswuchs deckte,
Der italiÀnische Charlatan.
Fresko von Tiepolo im Palazzo Papadopoli in Venedig. Um 1730.
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XVI
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 18/19.
Der deutsche Charlaian.
Kupferstich von Helman nach einer Zeichnung von Bertaux. 1776.5
der innen einen mit Essig getrÀnkten Schwamm barg. So
gingen sie als Schreckensgestalten in Schreckenszeiten um-
her, den Kranken ein Entsetzen und Grauen und es steht
dahin, wie weit sie sich selbst durch diese VorsichtsmaĂ-
regeln schĂŒtzen konnten.
Neben den gelehrten Medizinern aber gab es noch zwei
Sorten von Aerzten, auf die das eben Beigebrachte nicht zu-
trifft, das waren die Chirurgen und die Marktschreier. Es
ist bekannt, daĂ die Wundarzneikunst eine verachtete Be-
schÀftigung war, die die studierten und graduierten Herren
den âunehrlichen" Gewerben der Henker, Bader, Barbiere
ĂŒberlieĂen. Die WundĂ€rzte kleideten sich wie jeder andere
Christenmensch auch und so zahlreich und mannigfach auch
die bildliche Ueberlieferung von ihrem Aussehen und ihrer
TĂ€tigkeit ist, so wenig vermag man sie Ă€uĂerlich von anderen
Berufen zu unterscheiden
Ganz anders verhÀlt es sich dagegen mit den Kur-
pfuschern, die wie bekannt, schon im Altertum eine crux
der approbierten Herren bildeten. Zu dieser Klasse zÀhlten
die Bruch- und Steinschneider, Starstecher, Zahnbrecher,
Quacksalber, die sich im Gegensatz zu ihren Kollegen von
der rechten FakultÀt so auffÀllig wie möglich anzogen. Schon
Der französische Charlatan.
Kupferslich von Helman nach einer Zeichnung von Bertaux. 1776,
Gll3 jSCBtill * Urrt*nrtd« Luft-
wege, ErkÀltnngs- und Infektions-
krankheit. In Pulver- u. Tablettenform.
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Sympt. Pulvern. Tabletten (10 StĂŒck)
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pharyngitis. Oilgmalpackung.
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Rheumatismus, Gicht, Ischias, neuralg.
Schmerzen.
Kassenpackung, Privatpackungen in
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Mattan rein
Zink-Mattan
Schwefel-Mattan
Zink-Schwefel-Mattan:
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Farben nach Aknepusteln u. leichten
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wo Zink- bzw. Schwefel indiciert ist.
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10. Jahr*. â Nr. 35/36.
Jenseits von Beruf und Amt
XVII
Der Berliner Arzt Dr. Lewin.
GemÀlde von Chodowiecki. 1787. Im Kaiser-Friedrich-Museum.
im Jahre 1583 spricht G. Bartisch in seinem in Dresden er-
schienenen Augendienst von dem âleichtfertigen Gesindel,
deren etliche mit stattlichen Kleidungen, köstlichem Golde
und Silber, viel Knechten und Pferden, ĂŒbermĂ€Ăiger Tracht
und Pracht sich sehen und hören lassen", aber da begann die
Entwickelung erst. Diese HeilkĂŒnstler zogen mit Schau-
spielern, SeiltÀnzern, Marionetten u. dgl. im Lande umher
und suchten das Publikum durch ihre Darbietungen anzu-
locken, um ihm nachher sein Geld fĂŒr die schwindelhaftesten
Geheimmitte] abzunehmen. Das l<S. Jahrhundert bezeichnet
darin einen Höhepunkt; Doktor Bisenbart, »ine wirkliche
historische Persönlichkeit, ist ja noch heute unvergessen. Ein
berĂŒhmter Arzt in diesem Genre war u. a. Joh. Christian
HĂŒbner, der 1721 in Memmingen mit "> Kutschen, 50 Per-
sonen, 18 Pferden und 2 Kamelen eintraf und sein Theatrum
auf dem Ratzehgraben aufschlug. Die Grenzen zwischen Arzl
und Schauspieler waren in diesem Berufe tiichl fesl abge-
steckt; Bruscambille, einer der berĂŒhmtesten Komiker der
französischen Huhne im Anfang des 17. Jahrh., war Markt
schreier gewesen und kehlte schlieĂlich wieder zu seinem
Ă€rztlichen Berufe zurĂŒck.
Bei dieser TĂ€tigkeit wĂ€ren ZurĂŒckhaltung und Beschei-
denheit TodsĂŒnde gewesen, und wir sehen denn auch auf den
vielen Bildern, die uns von diesem GeschÀftsbetriebe erhalten
sind, Canaletto, Tiepolo u. a. haben Szenen von den MĂ€rkten
deutscher, französischer und italienischer StÀdte genug auf-
bewahrt, daà die fahrenden Doktoren sich durch auffÀlligen
Anzug hervorzutun suchten. Uebertriebene Schnitte und
Verzierungen, grelle Farben, RiesenperrĂŒcken, gewaltige
Stöcke, alles was Aufsehen erregen kann, wird herbeigezogen,
um die Figur des Charlatans merkwĂŒrdig zu gestalten und
den KĂ€ufer anzulocken. DaĂ die rite absolvierten Aerzte sich
diesem Gebaren gegenĂŒber ablehnend verhielten und es vor-
zogen, sich durch Einfachheit auszuzeichnen, kann man ver-
stehen. Jetzt sind die Marktschreier ausgestorben, man macht
fĂŒr Geheimmittel nicht mehr mit seiner Person Reklame,
sondern durch die Zeitung, aber wer sein Handwerk ver-
steht, der ist nicht auf zwei Kamele beschrÀnkt, wie der
Doktor HĂŒbner in Memmingen, der zĂ€hlt sie nach Tausenden.
illllNHIINII 1 1 1 wnil l iiiiim l jM.llllll ts tuninur l'llilii niiirri [Iii ilri;cil>iTniilll>ri[[ir[iniiil[l!. ihm iiiiimii lim t in im i h in >u > 1 1 1 > u 1 1 N 1 1 1 1 i u 1 1 N > 1 1 n > > i m 1 1 1 > i < : > > i I um im in Mlllllll imilllllllllll Uli.
= ^IHI lllllllllllllllIUlll II IIIIIMIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIII IUI lllllllllllllllllllllllllllllllllltlllMIIIIIIIIIIIIINIIIIIMIMIIIIi IIMIIIIIIIIItlllnillllllllllllllUIIIIIIMIIIIIIIIIIIIIIII I Ii tili I I*1U â I MI I IUI 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 . . 1 1 1 1 ,1 1 1 ., 1 1 IN, in, :lll, III, llllllllllll!'- E
1 1 Bei
Rhinitis
aller Art
Heu-
Jod-Schnupfen
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| 1 tÀglich eine Prise
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i Zur Therapie des hartnÀckigen
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Kehlkopf (z. 5. Tbc)
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IMIIMMUlHn
XVI II
Fortschritte der Medizin
40. Jahrg. â Nr. 35/36.
GeschÀftliche Mitteilungen.
Wetzlar. Nachdem die optischen Werke von Ernst Leitz vor
einigen Monaten ihr 200 000 s t e s Mikroskop fertiggestellt
haben, konnte dieser Tage auch das lOOOOOste Objektiv fĂŒr
homogene Immersion zur Vollendung gebracht werden. Dieselbe
wurde dem in der mikroskopischen Forschung sehr verdienten
Gelehrten, dem Pathologen Prof. Ludwig A s c h o f f in
F r e i b u r g i. Br. zugeeignet. Bei dieser â Gelegenheit wurde
auch der Invaliden-, Witwen- und Waisenkasse der Firma der
Betrag von 2 000 000 M a r k ĂŒberwiesen.
âą^7
Nach Professor Dr. Heinz, Erlangen
Spezifisch wirkendes, die Leberzellen zu verstÀrkter Galle- *
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Proben und Literatur zur VerfĂŒgung.
Dr. Ivo Deiglmayr, Chem. Fabr. A.-G.
MĂŒnchen 25.
Behandlung des Lupus Vulgaris mit
Kupfer-Dermasan *)
(Aus der LupusheilstĂ€tte GieĂen, Direktor Prof. Dr. Jesionek.)
Von Dr. Rothmann, Oberarzt der Klinik.
Verfasser hat mit Kupfer-Dermasan âmit Tiefenwirkung",
einem Kupfer-Salben-Seifen-PrÀparat, auch kosmetisch sehr
gĂŒnstige Erfolge erzielt, besonders in Verbindung mit Licht-
therapie. Pigmentverschiebungen, Narbenhypertrophie, feste
NarbenzĂŒge, sind unter Gebrauch der Kupfer-Dermasane bei den
zahlreichen FĂ€llen nie beobachtet worden. Bei dieser kom-
binierten Kupfer-Dermasan âmit Tiefenwirkung"-Lichtbehand-
lĂŒng, kam er bereits mit 3â6 Belichtungen aus. Verfasser be-
stÀtigte die_Beobachtungen von Eng wer (Lichtinstitut Charit^),
daĂ Kupfer-Dermasan âmit Tiefenwirkung" weniger schmerzt
als andere PrÀparate und, wie gesagt, den Vorzug der kos-
metischen Eigenschaften hat. Bei groĂen FlĂ€chen ging Verfasser
abschnittsweise vor. Er erklÀrte die elektive Kupferwirkung bei
dem PrĂ€parat fĂŒr eine âerstaunliche" und gibt dem Mittel deshalb
den Vorzug, weil es die âumgebende, gesunde Haut vollkommen
unangegriffen lĂ€Ăt." Je nach den UmstĂ€nden wurde entweder
Kupfer-Dermasan âmit Tiefenwirkung" 1 â 2 mal 24 Stunden rein
angewandt, oder aber man gebrauchte absteigend zur Ver-
dĂŒnnung das PrĂ€parat Kupfer-Dermasan âmit OberflĂ€chen-
wirkung" (z. B. 4 : 1, 3 : 2, 2 : 3, 1 : 4). Im Anfangsstadium der
Einwirkung des Kupfer-Dermasan âmit Tiefenwirkung" be-
schrÀnkte sich die Nekrose nur auf das Bindegewebe; erst all-
mÀhlich wird die Epidermis lose und dann selbst nekrotisch.
Nach Entfernung des Salbenverbandes tritt die Epithelisierung
rasch ein und innerhalb weniger Stunden sind die EpithellĂŒcken
ĂŒberbrĂŒckt. Die Behandlung wurde solange fortgesetzt, bis die
Nekrosen ihren höchsten Grad erreicht hatten; dann wurde die
erste, krÀftige Belichtung vorgenommen.
*) Kupfer - Dennasan âmit Tiefenwirkung" und
Dermasan âmit OberflĂŒchenwirkung".
Kupfer-
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Industrie u. Handel Nr. 35/36
vom 15. September 1922.
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Aktien-Gesellschaft.
Die auf 14 % festgesetzte Dividende gelangt mit Mark 140.â
gegen Einreichung des Dividendenscheins fĂŒr 1921/22 in Berlin
bei den BankhÀusern
Mertz & Co., Mohrenstr. 58/59,
Back & Co. Komm.-Ges., Unter dt.i Linden 16,
in Braunschweig bei dem Bankhause W. Poppe,
in Hannover bei dem Bankhause James Kayser
zur Auszahlung.
Berlin, den 29. August 1922.
Der Vorstand:
Allers. Blumenthal.
40. Jahrg. â Nr. 39/40.
Jenseits von Beruf und Amt
XI
Jenseits von Beruf und Amt.
Offener Brief von Medicus pater an Medicus
filius et Medicus gener.
Von Dr. K. D.
Lieber Sohn!
Nachdem ich die 60 ĂŒberschritten habe, muĂ ich mich
wohl oder ĂŒbel zu den alten Aerzten rechnen. FrĂŒher hat
man ja wohl den Plan ernstlich erwogen, mit Anfang oder
Mitte 60 sich zu einem nicht ganz unverdienten otium cum
dignitate zurĂŒckzuziehen â nicht zum Faulenzen oder Grillen-
fangen, sondern zu einer selbstgewÀhlten behaglicheren TÀ-
tigkeit. Bei den heutigen wirtschaftlichen VerhÀltnissen sind
derartige PlĂ€ne fĂŒr mich und die meisten meiner Altersge-
nossen lÀngst in die Region der schönen TrÀume zerflattert.
Den meisten von uns wird es beschieden sein, in den Sielen
zu sterben.
Da Du ja nun in absehbarer Zeit den Schritt in die Àrzt-
liche Praxis tun wirst, zum Teil auch schon getan hast, sind
Dir vielleicht so einige Gedanken und Betrachtungen ernsten
und heiteren Inhalts, die mir auf einsamen PraxisgÀngen im
Lauf der Jahre durch den Kopf gegangen sind, nicht ohne
Wert. Ueber das eine und andere haben wir ja auch schon
mĂŒndliche Zwiesprache gehalten. Ich will dabei nicht in den
Fehler verfallen, der dem Alter oft eigen sein soll, grundsÀtz-
lich das Alte zu Ungunsten des Neuen zu loben. Wer einiger-
maĂen sich bemĂŒht hat, in der Medizin auf dem Laufenden zu
bleiben, kann nur mit Bewunderung und Hochachtung von
dln Fortschritten und Verbesserungen sprechen, die sich hier
in den letzten 30 â 40 Jahren auf allen^ Gebieten vollzogen
haben. Und doch kann ich mich mit einigen allgemeineren
Dingen in der jungen Aera nicht so ganz einverstanden er-
klÀren.
Wir sind s. Zt. von unseren Lehrern zur schÀrfsten Kri-
tik und Selbstkritik erzogen worden. Ich gebe zu, ein Ueber-
maĂ an stets zweifelnder Kritik lĂ€hmt die Tatkraft, es fĂŒhrt
zum Nihilismus, zum untÀtigen Gehenlassen in der Therapie.
Und sie ist doch der vornehmste und wichtigste Teil aller
Ă€rztlichen TĂ€tigkeit. Ein warnendes Beispiel in dieser Bezie-
hung ist die Wiener Schule um die Mitte des vorigen Jahrhun-
derts. In der modernen Medizin scheint mir nun aber das
zwischen den beiden Extremen schwingende Pendel in ebenso
bedenklicher Weise nach der anderen Seite auszuschlagen.
Neue Methoden, neue Heilverfahren und neue Medikamente
drĂ€ngen und ĂŒberstĂŒrzen sich, sie werden kritiklos aufgenom-
men und auf die leidende Menschheit losgelassen. Vieles da-
von verschwindet wieder nach kurzer Zeit, einiges Wenige
verbleibt als dauernder Gewinn. Ob dieser Polypragmasie
kommt uns Alten wirklich manchmal das Grausen an. Weni-
ger wÀre hier sicher oft mehr. Die Vieltuerei ist das Korrelat
des Mangels an Kritik, so wie der tatenlose Nihilismus das
Korrelat des grundsÀtzlichen Zweifels ist. Sollte es da nicht
einen richtigen Mittelweg geben? Eines muĂ ich ja zugeben:
eine scharfe Kritik, namentlich Selbstkritik macht nicht immer
glĂŒcklich, gelegentlich sogar recht unglĂŒcklich. Jeder, der
sie ernstlich ĂŒbt, wird mehr wie einmal in seinem Ă€rztlichen
Leben die Stunde verfluchen, in der er auf den Gedanken kam,
diesen Beruf zu wÀhlen, diesen Beruf, an dem er doch mit
allen Fasern seines Seins hĂ€ngt. Statt des GlĂŒcksgefĂŒhls ĂŒber
erzielte Erfolge wird ihm höchstens die Genugtuung bleiben,
bei allem Tun und Lassen scharf mi sich ins Gericht gegan-
gen zu sein, so zeitlebens ein Lernender und ein Strebender ge-
blieben zu sein. Jeder hat da die Wahl, was ihm lieber und
letzten Endes innerlich wertvoller ist.
Noch einen Punkt kann ich nicht bei Seite lassen. Un-
sere Kranken werden ja, wenn sie es nötig haben, mit glÀnzen-
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MI
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 59/40.
der Technik operiert, in unseren KrankenhÀusern, Kuranstal-
ten und HeilbĂ€dern stĂŒrmt eine Menge teils nĂŒtzlicher, teils
unnĂŒtzer Heilfaktoren auf sie ein. Ich kann mich aber des
Lindrucks nicht erwehren, als ob dabei, ich möchte sagen vor
'auter Physik und Chemie, die Seele, die doch nun einmal je-
c'er Mensch hat, zu kurz kÀme. Leidet denn bei jedem körper-
lich Leidenden nicht auch seine Seele mit? Dabei ist die
Psyche eines Kranken ein so zart besaitetes und bei Jedem
wieder anders gestimrrtes Saitenspiel, daĂ darauf nicht mit
ungeschickten Fingern, mit Fingern, die nur physikalisch und
chemisch orientiert sind, herumgeklimpert werden darf, soll
ni:ht eine ĂŒble Verstimmung die Folge sein. Ich fĂŒrchte, in
dieser Kunst des psychologischen EinfĂŒhlens, das noch lange
keine weichliche SentimentalitÀt zu sein braucht, waren uns
viele alte Aerzte entschieden ĂŒber. Man hat sogar schon be-
hauptet, daĂ mancher Kurpfuscher darin Besseres leistet. DaĂ
damit der suggestiven Ausbeutung der Unwissenheit und
LeichtglÀubigkeit des Publikums, wie sie diese Leute hÀufig
ĂŒben, nicht das Wort geredet sein soll, versteht sich von selbst.
Man wird nun einwenden: wir haben ja jetzt die Psychothe-
rapie als eigenes Fach. Bedauerlich genug, daĂ wir sie als
eigenes Fach brauchen. Das scheint mir doch zu beweisen,
daà sie im alltÀglichen Verkehr mit den Kranken nicht so ge-
pflegt wird, wie es nötig und zweckmĂ€Ăig wĂ€re. Freilich ist
das etwas, was man zum Wenigsten in Vorlesungen und Kur-
sen lernen, oder aus LehrbĂŒchern studieren kann. Mindestens
sind dafĂŒr die ganze Summe der teils angeborenen, teils aner-
zogenen Eigenschaften, die man als Takt zu bezeichnen pflegt,
und eine tĂŒchtige Dosis Menschenkenntnis unerlĂ€Ăliche Vor-
bedingungen. Diese bei jedem Kranken zu ĂŒbende Psycho-
therapie besteht ja nun nicht in einzelnen Verordnungen und
RatschlÀgen wie bei der rein körperlichen Behandlung, son-
dern sie ist die Summe unseres ganzen Wesens und Auftre-
tens, unseres Tuns und Lassens, unserer Mienen und GebÀr-
den, der von uns gesprochenen, hÀufig auch der nicht gespro-
Nach Professor Dr. Heinz, Erlangen.
L## Spezifisch wirkendes, die Leberzellen zu verstÀrkter Galle- *
âą j
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Proben und Literatur zur VerfĂŒgung. fJ
* âą m Ă Dr. I vo Deiglmayr , Chem. Fabr. A.-G. - âą - '
Produktion anregendes Cholagogum
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Rheumatismus
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J. E. Stroscheln Cttem. Fabrik G.m.b.H., Berlin SO 36, Wiener str. Q7
chenen Worte und gebrauchten AusdrĂŒcke, kurzum es ist die
ganze Persönlichkeit. Ich habe den Eindruck, als ob durch
etwas mehr Haltung und WĂŒrde da mancher Schaden auf see-
lischem Gebiet vermieden werden könnte. Ist es denn z. B.
notwendig, daĂ der letzte Hoffnungsschimmer und der letzte
Rest von Lebensmut dem Kranken oder seinen Angehörigen
geraubt werden muĂ, nur weil der Arzt nicht die Selbstver-
leugnung besitzt, auf den Glorienschein einer feinen Diagnose
und einer totsicheren Prognose zu verzichten? Man braucht
doch nicht alles zu sagen, was man denkt und erwÀgt. Das
laute Denken ist nirgends so wenig angebracht wie am Kran-
kenbett. Wenn ich vorhin das Wort WĂŒrde gebrauchte, so
meine ich damit nicht, daĂ wir wieder zum Rohrstock mit dem
goldenen Knopf greifen sollen. Da muĂte noch die Ă€uĂere
Gespreiztheit und Grandezza die innere Leere verdecken. Wir
pflegen auch nicht mehr unsere Krankenbesuche in Gehrock
und Zylinder zu machen. Ich kann es aber auch nicht schön
finden, wenn man als vollendeter Gent, etwa im TennisÀnzug
und mit einem Armband geschmĂŒckt an das Lager eines Ster-
benden tritt. Ich habe das einmal miterlebt, und der peinliche
Eindruck des Kontrastes ist mir unvergeĂlich geblieben. In
den Mienen der Angehörigen war der seelische Schmerz â
nicht bloĂ ĂŒber den bevorstehenden Verlust â deutlich zu
lesen.
Die richtige psychisch-ethische AtmosphÀre, in der Arzt
und Kranker mit einander atmen sollen, ist durch unsere Sozi-
alversicherung empfindlich gestört worden, das Kassenarztwe-
sen mit seiner schlecht entlohnten Massenarbeit hat hier ver-
wĂŒstend gewirkt. Mit der dem Deutschen nun einmal eige-
nen Neigung zu doktrinÀrer Uebertreibung ist auch auf die-
sem Gebiet gewirtschaftet worden. Immer neue Kreise sollen
dem Versicherungszwang unterworfen werden, ob sie wol-
len oder nicht. Wohltat wird hier Plage. Wir haben uns
ĂŒber diese Dinge schon mehrfach unterhalten und Du kennst
meinen Standpunkt, der ja sicher von Vielen fĂŒr erzreaktionĂ€r
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angesehen wird. Ich halte unsere Sozialversicherung und spe-
ziell die Krankenversicherung, die uns Aerzte ja am meisten
angeht, nicht in ihren Grundgedanken, aber in der Art, wie sie
Sich allmĂ€hlich ausgewachsen hat, fĂŒr ein UnglĂŒck und fĂŒr
einen Unfug. Die MĂ€nner, welche das Krankenversicherungs-
gesetz â auch das Unfallversicherunj>sgesetz â gemacht und
ausgebaut haben, trieften sicher von Wohlwollen und Huma-
nitĂ€t gegenĂŒber den wirtschaftlich Schwachen, aber Men-
schenkenner waren sie nicht. Ein Grundfehler der Kranken-
versicherung liegt m. E. darin, daà die Entlohnung der Àrzt-
lichen Leistung nicht Sache des Versicherten ist oder nicht
mindestens durch seine HÀnde geht. Nur so hÀtte der schÀd-
lichen Ausbeutung der Krankenversicherung durch viele Ver-
sicherte und â leugnen wir es nicht â auch durch manche
Aerzte wirksam vorgebeugt werden können. Die Sozialver-
sicherung in ihrer heutigen Ueberspannung gereicht den Ver-
sicherten zum ethischen Schaden, denn sie nimmt ihnen den
letzten Rest von SelbstverantwortungsgefĂŒhl. Sie ist ein Un-
glĂŒck fĂŒr den Ă€rztlichen Stand, denn sie macht ihn persönlich
und wirtschaftlich abhÀngig und unfrei. Dabei war sonst
die UnabhÀngigkeit unseres Standes sein vornehmstes und
eifersĂŒchtig gehĂŒtetes Gut â sicher nicht zu seinem Schaden.
Ich habe mich immer gewundert, daĂ sich die Aerzte diesen
ihren wertvollsten Besitz so allmĂ€hlich StĂŒck fĂŒr StĂŒck haben
rauben lassen. Doch genug nun von diesen unerfreulichen
Dingen. Zu Àndern sind sie ja voraussichtlich ohnedies nicht
mehr.
Deine seitherige BerufstÀtigkeit hat Dich ja schon im
Krankenhaus mit den verschiedensten sozialen Schichten und
Lebenslagen zusammengefĂŒhrt. Was ist es doch fĂŒr eine
bunte und wechselnde Gesellschaft, die im Lauf der Jahre un-
sere Sprechzimmer passiert! Was spielt sich da nicht alles ab
an Hoffnungen und Sorgen, an Heroismus und Feigheit, an
Edelmut und an Niedertracht! Kurz es ist die ganze Klavia-
tur menschlicher guter und schlechter Charaktereigenschaften,
die an uns in buntem Wechsel vorĂŒberzieht. FĂŒr Jeden, dei
dafĂŒr Interesse hat, reiche Gelegenheit zum Studium an der
Spezies homo sapiens, wobei ich vom rein Àrztlichen Teil ganz
absehe. Wie oft werden wir angelogen und getÀuscht, gib! es
doch nicht wenig Menschen, die eine Unwahrheit dem Arzt
gegenĂŒber fĂŒr ebenso erlaubt halten, wie gegenĂŒber der Steuer-
oder Zollbehörde. Besonders bezĂŒglich AeuĂerungen, die
uns als angeblich von Kollegen stammend berichtet werden,
kann man nicht vorsichtig und miĂtrauisch genug sein. Sie
sind oft falsch verstanden, oft tendenziös umgefÀrbt. Wie oft
werden wir gelÀstert, wo wir Dank verdient hÀtten. Wie oft
werden wir mit Dank ĂŒberschĂŒttet, wo wir genau wissen,
daĂ unser Verdienst minimal war.
Patienten mosaischen Glaubens sind ja wegen ihrer
Dankbarkeit fĂŒr Ă€rztliche Leistungen bekannt und geschĂ€tzt.
Ich erinnere mich eines alten Juden, es war ein schöner Pa-
triarchenkopf inmitten einer ungewöhnlich schmutzigen Um-
gebung, den ich eines Nachts beim unsicheren Schein einer
qualmenden Oelfunzel durch Reposition eines Mastdarmvor-
falles von einem peinlichen Zustand befreite. WĂ€hrend ich
noch mit dieser anmutigen Verrichtung beschÀftigt neben
seinem Bett kniete, legte er mir die Hand aufs Haupt und
flehte den Segen Jahves und etlicher ErzvÀter auf mich herab.
Es muĂ ein gelungenes Bild gewesen sein. Ein anderer jĂŒdi-
scher Herr orthodoxer Richtung, ein gelehrter Kenner des
HebrÀischen und des Talmuds, glaubte mir sein besonderes
Vertrauen nicht besser aussprechen zu können als mit der Ver-
sicherung, daĂ er bereit sei, Schweinefleisch zu essen, falls es
ihm von mir verordnet wĂŒrde. Der Schlauberger wuĂte na-
tĂŒrlich ganz gut, daĂ fĂŒr mich schwerlich Veranlassung vor-
liegen werde, ihn einem derartigen schweren Gewissenskon-
flikt auszusetzen. Es ist ein StĂŒckchen Kinderstubenpoesie,
wenn der âliebe Onkel Doktor" gelegentlich von einem dank-
baren kleinen Patienten einen KuĂ erwischt. Man wird ĂŒbri-
gens mit der Zeit gegen ĂŒberschwengliche Dankesbezeugun-
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XIV
Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrg. â Nr. 39/40.
gen etwas kĂŒhler. Es gibt nĂ€mlich Menschen, welche glau-
ben, damit ihrer Erkenntlichkeit fĂŒr Ă€rztliche Hilfe allein und
ausreichend GenĂŒge getan zu haben. Von frenudlichen Wor-
ten können wir aber leider nicht leben.
Die Grundlage ersprieĂlichen Ă€rztlichen Wirkens ist be-
kanntlich persönliches Vertrauen. Durch nichts wird dies so
rasch und so sicher zerstört wie durch wirkliche oder schein-
bare GleichgĂŒltigkeit seitens des Arztes. Jeder Kranke ist
mehr oder weniger Egoist oder egozentrisch orientiert. Seine
eigene werte Person, gerade seine groĂen oder kleinen Lei-
den erscheinen ihm als das Wichtigste und Interessanteste.
Eine falsche Diagnose, ein MiĂgriff oder ein MiĂerfolg in der
Therapie wird uns eher nachgesehen wie Mangel an Interesse.
Selbst grob oder heftig aufgebracht darf der Arzt gelegentlich -
sein â Notabene, wenn er Grund dazu hat. Mir ist auch an-
gesichts groben Unverstandes oder bösen Willens ab und zu
der Gaul durchgegangen, so daà ich mich spÀter wegen mei-
ner Heftigkeit glaubte entschuldigen zu mĂŒssen. Mehr wie
einmal sagte ich mir: den Patienten hast du gesehen, der
kommt nicht wieder. Zu meinem Erstaunen waren also Ange-
blasene nicht selten von besonderer AnhĂ€nglichkeit. Sie mĂŒs-
sen doch wohl das GefĂŒhl gehabt haben, daĂ man in ihrer
Sache mit besonderem Eifer ins Zeug gegangen war.
Die Behandlung erkrankter Kollegen ist ein eigenes und
manchmal recht schwieriges Kapitel. Der kranke Arzt ist hÀu-
fig der merkwĂŒrdigen Vorstellung, daĂ. eine Krankheit bei
ihm, eben weil er Arzt ist â die Logik dieses Gedankenzu-
sammenhanges ist allerdings dunkel â eine Art Ausnahme
von der Regel machen mĂŒsse, daĂ sie insbesondere bei ihm
rascher und leichter verlaufen mĂŒsse wie bei anderen Men-
schen. Es fehlt ihm hÀufig das, was er selbst von seinen Pa-
tienten verlangt, nÀmlich Geduld und Ausdauer. Daà das die
Situation fĂŒr den ihn beratenden und behandelnden Kollegen
wesentlich erschwert, liegt wohl auf der Hand. Es sind FĂ€lle
genug bekannt, wo Aerzte ihren eigenen Zustand mit unerbitt-
licher SchÀrfe und Logik erkannten und beurteilten. Anderer-
seits ist mir aber doch auch aufgefallen, daĂ Aerzte manch-
mal Dinge, die mit HĂ€nden zu greifen sind, an sich selbst
gÀnzlich verkennen oder unrichtig bewerten. Unter UmstÀn-
den liegt hier ein barmherziges Walten der Natur vor. Im
allgemeinen kann man sagen: die Diagnosen, die wir an uns
selbst oder an unseren nÀchsten Angehörigen stellen, sind
nicht unsere besten. Daher auch die Gewohnheit vieler Aerzte,
sobald es sich um etwas Ernsteres handelt, den Rat und die
Hilfe eines Kollegen einzuholen. Bei erkrankten Chirurgen
und GynĂ€kologen ist mir mehrfach ein kindlich-rĂŒhrender
Glaube an Arzneimittel und deren Wirkung aufgefallen. Man
hat ja manchmal vor Dingen, von denen man wenig versteht,
einen ganz besonderen Respekt. Dem Internisten mag es mit
rein operativen MaĂnahmen ebenso gehen. (SchluĂ folgt.)
Aerztlicher Beruf.
Manch guter Freund hat mir sein Leid geklagt,
DaĂ sein Beruf der schwerste sei von allen;
Der meine mĂŒsse jedem Wohlgefallen,
. Der nach dem ethischen Gehalte fragt.
Und wenn ich schwieg, hat er wohl noch gesagt:
Gibts Schön'res, als die Mutter aus den Krallen
Des Todes retten, dem sie war' verfallen,
Wenn Du den kĂŒhnen Eingriff nicht gewagt?
Als ich noch jung war, hab' ich 's auch gedacht
Und achte den Beruf noch hoch genug,
Um keinem andern höheren Rang zu gönnen;
Doch was das Herz mir immer schwerer macht:
Dem Segen eng verbunden ist der Fluch,
Gern helfen wollen und nicht helfen können.
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Jenseits von Beruf und Amt
Jenseits von Beruf und Amt.
Die Augen der Hexen, Zauberer und DĂ€monen
Von Dr. S. Selig m a n n, Augenarzt, Hamburg.
Nach einer weit verbreiteten Volksansicht ist das Auge
Sitz und Ausgangspforte der Seele. Als Beweis dafĂŒr wer-
den die glÀnzende HornhautoberflÀche, das Augenleuchten
und vor allen Dingen das rĂ€tselhafte PĂŒppchgn im Auge be-
trachtet. Tritt nun in der Seele des Menschen eine nennens-
werte VerÀnderung ein, so dokumentiert sich diese hÀufig
auch in einer VerÀnderung des Aussehens des Seelensitz-
organes, des Auges. Namentlich ist es eine Kategorie von
Wesen, die eine besonders geartete Seele â teils angeboren,
teils erworben â besitzen: das sind die Hexen, Zauberer und
bösen Geister. Ihre Seele, ihre GemĂŒtsart ist gewöhnlich
schlecht und böse, sie sind befÀhigt, jeden Schadenzauber,
namentlich den bösen Blick,*) auszuĂŒben, und diese Zauber-
kraft verrÀt sich dem aufmerksamen Beobachter schon durch
ein besonderes Aussehen ihrer Augen.
Bei den EnglÀndern und Italienern, den Slaven und Ma-
konde in Ostafrika gelten groĂe, hervorstehende Glotz-
augen als Zeichen des bösen Blickes, bei den Deutschen,
Franzosen, Arabern und Marokkanern sind es dagegen
kleine, hohle, tiefliegende Augen. Auch Augen von ver-
schiedener GröĂe werden als mit dem bösen Blick be-
haftet angesehen. Derartige Augen spielten auch in der
mittelalterlichen âAugendiagnose" eine groĂe Rolle und
zeigten unter anderem einen bösen, neidischen und Hexen-
kĂŒnsten ergebenen Menschen an.
*) Vgl. den Artikel âDie Zauberkraft des Auges" in Nr. 2 u. 3
dieser Zeitschrift.
Der Verlust eines Auges bedingt gewöhnlich den bösen
Blick, deshalb sind alle EinĂ€ugigen gefĂŒrchtel und
solche, die ein Glasauge tragen. Nach Naphthali
Katz, einem Talmudgelehrten, ist es notwendig, daĂ ein
Auge geschlossen ist, wenn man jemanden mit dem hosen
Blick treffen will: So lange beide Augen offen sind, ist der
Mensch ein Ebenbild Gottes und kann daher kein Böses tun;
aber wenn er ein Auge schlieĂt, gleich er den bösen ein-
Ă€ugigen DĂ€monen und ist imstande, durch seinen Blick
Böses zu tun.
Der einÀugige Riese wird in allen MÀrchen und Sagen
als Bösewicht hingestellt. Der bulgarische Krankheitsgeist
b o 1 e s t s c h i z a, der Pest oder Cholera bringt, hat nur e i n
Auge. In Indien gilt der UnglĂŒckliche, der den Verlust eines
Auges zu beklagen hat, "sprichwörtlich als Schurke. Ein-
Ă€ugig sind die Elben und Truden der germanischen
Mythologie, ebenso die armenischen A 1 e n oder Nachtbösen,
die den Wöchnerinnen nachstellen. In der Nordschweiz
können einÀugige Frauen den Pflanzen schaden; denn es
heiĂt da, wenn eine solche dem Stecken von Kartoffeln zu-
sehe, so wĂŒrden sie ungenieĂbar. Ein venetianisches Sprich-
wort lautet: âBehĂŒte uns der Himmel vor denen mit rotem
Bart, vor dem Wurm im Fenchel und vor denen, die nur ein
Auge haben". EinÀugigkeit ist auch auf Sardinien ein
Zeichen des bösen Blickes. In Andalusien muĂ man nĂŒchtern
den Blick eines EinÀugigen vermeiden, denn er wirkt schÀd-
lich. EinÀugige und Leute mit Glasaugen haben in ganz
Spanien den bösen Blick; desgleichen in Marokko, Algier und
bei den StĂ€mmen der Sahara. In Arabia Petraea heiĂt es:
âBehĂŒte Gott vor dem Omen eines EinĂ€ugigen". Man sagt
auch hier ebenso wie in Kairo: âWenn du einem EinĂ€ugigen
um das gutvertrÀgliche Herztonikum ent-
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X
Jenseits von Beruf nnd Amt
40. Jahrg. â Nr. 43/44.
begegnest, wende einen Stein um"
Schutzmittel gegen den bösen Blick.
denn dieses gilt als
Wenn ein Suaheli auf
Reisen gehen will oder auf seine Pflanzung oder zum Inder,
um etwas zu borgen, und er trifft einen EinÀugigen, so sagt
er sich: âMeine Reise wird ĂŒbel verlaufen, denn das ist ein
böses Omen". In diesem Falle kehrt er gewöhnlich sofort
wieder um.
Bote, entzĂŒndete und blutunterlaufene
Augen und Augenlider sind immer eins der wichtigsten
Merkmale von besonders unsympathischen, grausamen und
bösartigen Menschen gewesen. Die schlimmen Heiden und
Biesen werden stets rotÀugig gedacht. Blutige Augen werden
der Erinnye Megaera wie allen Erinnyen beigelegt. Blut-
rote Augen sind ein Symbol des Schreckens und des Todes;
deshalb haben auch die Gottheiten des Krieges solche Augen.
Der indische Gott der Unterwelt und Bichter der Toten
Y a m a wird ebenso wie die Göttin des Siva, die schreckliche
blutdĂŒrstige Kali mit roten Augen dargestellt. Bote Augen
hat auch der mit dem bösen Blick behaftete buddhistische
DÀmon Ayimaha-yakseya. Er hÀlt sich an den
TĂŒren und Ecken der HĂ€user auf, immer auf der Suche
nach Essen. Wenn er jemanden ĂŒberrascht, der ein Gericht
iĂt, das er selbst gern haben möchte, und auf welches er
einen Blick hat werfen können, so wird der Betreffende un-
wohl werden und sich den Magen verderben. Die Scha-
manen haben meist stiere, blutrĂŒnstige Augen. Auch die
Augen der spanischen Zahuris, von denen D e 1 r i o er-
zÀhlt, daà sie alle unter der Erde verborgenen Dinge sÀhen,
sind auffallend gerötet. Von den bösblickenden roten Augen
sprach schon der römische Satiriker Persius; und am
Ende des 11. Jahrhunderts eiferte der französische Theologe
Radulphus Ardens gegen diejenigen, die behaupteten,
daà man mit solchen Augen faszinieren könne.
Derartige rote Augen sind hÀufig die Folgen einer mit
Eiterabsonderung verbundenen Augenerkrankung, meist an-
steckender Bindehautkatarrh und Ă€gyptische AugenentzĂŒn-
dung. Schon im Altertum hatte man die richtige Beobach-
tung gemacht, daĂ derartige AugenentzĂŒndungen âTrief-
augen" auf andere gesunde Augen ansteckend wirkten. Aber
da man den wahren Grund dieser Ansteckung nicht kannte,
geriet man auf die Vermutimg, daĂ von dem kranken Auge
gewisse Strahlen ausgingen, die die umgebende Luft durch-
dringen und das gesunde Auge eines anderen infizieren könn-
ten. âUnter allen Arten von Krankheiten", sagt P lu t a r c h,
âsteckt keine leichter und geschwinder die in der NĂ€he be-
findlichen Personen an, als das Augenweh; so groĂ und
schnellwirkend ist die Kraft des Gesichtes, manches Uebel
zu verbreiten und auf andere zu ĂŒbertragen". Und Helio-
d o r sagt: âWie viele erhalten kranke Augen allein aus dem
Ansehen, wenn sie andere schlimme Augen sehen?" Aehn-
lich Ă€uĂert sich Alexander Aphrodisiensis, und
Ovid drĂŒckt dieses durch die Verse aus:
Dum spectant oculi laesos, laedunlur et ipsi.
Multaque corporibus transitione nocent.
(Krank werden die Augen selbst, die kranke erblicken,
Manches Uebel schon teilt so sich von anderen nur mit.)
Diese Ansicht wurde in allen Abhandlungen des Alter-
tums und Mittelalters ĂŒber die Faszination angefĂŒhrt und
als eine HauptstĂŒtze und Beweis fĂŒr die Existenz des hösen
Blickes betrachtet. âWer an TriefĂ€ugigkeit leidet", sagte
Fracastor im 15. Jahrhundert, âpflegt alle diejenigen an-
zustecken, die ihn anblicken", Àhnlich F i c i n u s und
Delrio im 15. und 16. Jahrhundert. Gockelius
Ă€uĂerte im 17. Jahrhundert noch die Ansicht: âWenn ein]
Gesunder einem trieffaugenden Menschen starr in die Angeni
siehet, so werden ihm auch die Augen ĂŒherlauffen; dann im
dem gantzen Leib des Menschen kein Organum gefunden
ward, darinnen so viel Spiritus seyen, aus welchem der her--
ausschlagende Geist eines andern Aug so stark afficiren und«
bewegen könnte, als der Augapffel".
Gramer (1787), der diese Ansteckung auf Sympathie
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40. Jahrg. â Nr. 43/44.
Jenseits von Beruf und Amt
XI
zurĂŒckfĂŒhrt, macht infolgedessen eine kleine EinschrĂ€nkung,
indem er annimmt, daĂ nur Personen mit schwachen Augen
in Mitleidenschaft gezogen werden, wenn sie die rotentzĂŒn-
deten und triefenden Augen eines anderen ansehen. Aus
dem Leben Petrarcas wird erzÀhlt, daà seine Laura einst
heftig an den Augen gelitten habe. Einst heftete er seine
Augen auf die der Geliebten, da schoà plötzlich ein unsicht-
barer Pfeil aus ihrem rechten Auge und traf das seine,
welches sich entzĂŒndete und schwach wurde.
Ein altes deutsches Sprichwort sagt: âEin böss aug ver-
derbt das ander", ein spanisches: âWer böse Augen ansieht,
dem hÀngen sie ihre Krankheit an", und ein hollÀndisches:
Die leepe ooghen langh beziet,
die leepheyd oock in zijne schiet.
(Triefende Augen besehen lang,
HÀngen einem auch die TriefÀugigkeit an.)
Im Reiche des Mikado dagegen hat man keine Angst,
einen Augenkranken anzusehen; im Gegenteil: man schĂŒtzt
sich in Japan gegen ansteckende Augenkrankheiten dadurch,
daà man einen solchen Augenkranken möglichst starr und
fest anblickt.
Aus dem ursprĂŒnglichen Glauben an die Uebertragbar-
keit der AugenentzĂŒndung vermittelst des Blickes hat sich
im Mittelalter die Ansicht gebildet, daĂ rote und entzĂŒndete
Augenlider Zeichen des bösen Blickes wÀren, und daà jede
alte Frau mit roten Augen eine Hexe sei. Noch heute glaubt
das Volk dieses in ganz Deutschland, bei den Wenden, in
JĂŒtland, Tirol. In den Dörfern der Umgegend von Bassum
bei Bremen herrscht der Glaube, daĂ sich in jedem derselben
eine Hexe mit âthranigen" Augen befindet, die Menschen und
Vieh durch ihren Anblick behext; infolgedessen entstehen
Krankheiten, welche von einem anderen Weibe durch Be-
sprechung geheilt werden können. Wenn man in Masuren
von jemandem angeblickt wird, der kranke Augen hat, dann
wird man behext. Im Departement Deux-Sevres sagt man:
âRote Augen wie eine Hexe haben". Auf Hawai hat man
UnglĂŒck zu befĂŒrchten, wenn man jemanden trifft, dessen
Augen krank oder entzĂŒndet sind. Bei den Makonde sind
rote Augen Kennzeichen des bösen Blickes, bei den Chinesen
kranke Augen. Bei den Tjams und bei zahlreichen anderen
primitiven Völkern gelten alle Leute mit geröteten Augen â
ein Leiden, das infolge der dumpfigen und raucherfĂŒllten
HĂŒtten nicht sehr selten ist â als Zauberer; sie sind nie
ihres Lebens sicher, denn sie können jederzeit als Urheber
irgendeines UnglĂŒcksfalles zur Verantwortung gezogen
werden.
Wer eine Funktionsstörung eines den Augapfel zur Seite
ziehenden Augenmuskels hat, wer also schielt, der ist des
bösen, neidischen Blickes verdÀchtig; daher wurde in der
Ă€lteren Anatomie der Musculus oculi abducens âScheelsĂŒch-
tiger, Neider oder Neidhammel" genannt. Das ursprĂŒng-
liche Wort fĂŒr âschielend" war âscheel", und ein âScheel -
sĂŒchtiger" ist daher ein Mensch, der schief oder schielend
siebt, und zu gleicher Zeit ein solcher, der seinen Nachbarn
mit scheelen, d. h. mit neidischen, miĂgĂŒnstigen Augen an-
sieht. Wer schielt, darf in Mecklenburg beim Buttern nicht
zugegen sein, sonst bekommt man keine Butter. Den bösen
Blick haben die Schielenden in Steiermark, Italien, Sar-
dinien, Frankreich, Spanien, bei den englischen Zigeunern,
in Bosnien und der Herzegowina. âRichte deinen Blick nicht
auf den Schielenden, er könnte dir den bösen Blick geben",
sagen die TĂŒrken. Begegnet der Amerikaner einem Schielen-
den, so spuckt er schnell aus, um das drohende Unheil da-
durch abzuwenden. Wenn in England ein Schielender
jemanden anblickt, so wird dieser den ganzen Tag UnglĂŒck
haben. Die Esthen kennen einen Waldgeist, auch k~wer-
silm (Schielauge) genannt. Er zeigt sich bisweilen als
schreckende Erscheinung, meistens als rufende Stimme
(Echo), welche den Wanderer im Walde irre zu fĂŒhren
sucht. Viele indische VölkerstÀmme glauben, daà schielende
Leute den bösen Blick haben.
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40. Jahrg. â Nr. 43/44.
Eine andere Form der Bewegungsstörung, die den bösen
Blick charakterisiert, ist das Zittern der Augen.
Plinius, Gellius, Solinus erzÀhlen, auf das Zeugnis
des Isigonus, Apollonides, Phylarchus und
Cicero gestĂŒtzt, von den ZauberkĂŒnsten der Triballer,
Illyrier, Thibier und von scythischen, B i t h y a e genannten
Weibern, daĂ sie âin altero oculo geminam pupillam, in
altero equi effigiem" hĂ€tten. Diese Stelle ist vielfach miĂ-
verstanden und falsch ĂŒbersetzt worden. Wörtlich heiĂt es:
âdaĂ sie in dem einen Auge zwei Pupillen, in dem anderen
das Bild eines Pferdes hÀtten".
Betrachten wir zuerst den zweiten Teil des Satzes, âdas
Bild eines Pferdes". Plinius nimmt dieses ganz buch-
stÀblich und glaubt wirklich, daà sich in manchen Augen
derartige Pferdebilder zeigen, die DĂ€monographen des Mittel-
alters nahmen dies ohne weiteres fĂŒr richtig an, und selbst
ganz moderne Schriftsteller tragen kein Bedenken, den Satz
des Plinius wörtlich wiederzugeben. Ein Autor schreibt
den Namen der Krankheit einem Pferde-gestaltigen DĂ€mon
zu, und ein anderer glaubt, daĂ die PĂŒppchen-Seele im Auge
der von Plinius erwÀhnten Völker die Gestalt eines Pfer-
des gehabt habe, weil man glaubte, daĂ die dortigen Zau-
berer sich in Pferde verwandeln konnten.
Aber alle diese ErklÀrungen treffen nicht das Richtige.
Es handelt sich nicht um ein richtiges Pferdebild im Auge,
sondern um eine Krankheit, die die Griechen âhippos", d. h.
âPferdchen" nannten, unter der die alten Aerzte H i p p o-
krates und Galen das verstanden, was die heutigen
AugenĂ€rzte âNystagmus" nennen, nĂ€mlich ein unruhiges,
schnelles und stetiges Zittern der Augen. Nach Hirsch-
b e r g heiĂt es in einem unechten Buch der Galen sehen
Sammlung: âDas Pferdchen ist ein angeborener Zustand, bei
dem die Augen in steter Unruhe und Bewegung sind, da sie
eine Bewegung erleiden, die in unablÀssigem Zucken oder
Zittern besteht. Diesen Zustand hat Hippokrates
Pferdchen genannt. Es ist ein Leiden des Muskels, der das
Auge festhĂ€lt, und die Basis des Sehorgans umhĂŒllt." In
den echten Schriften des Galen wird zweimal dieses Zu-
standes gedacht: âDas ZĂ€hneknirschen (das Hippokrates er-
wÀhnt), ist Àhnlich dem Augenleiden, das einige befÀllt
und das man Pferdchen nennt, wobei die Augen nicht einen
Augenblick ruhig bleiben können, sondern immer in Zitter-
bewegung hin und her schwanken" â und ferner: âDenn
unstÀt sind sie, Àhnlich jenen, die das sogenannte Pferdchen
haben, so daà sie nicht ruhig blicken können".
Diese ĂŒbertragene Bedeutung des Wortes hĂ€ngt offenbar
damit zusammen, daĂ es Pferde gibt, die niemals die Beine
ruhig halten. Bei den Makonde in Afrika gelten noch heute
Augen, die nicht stille stehen, als Zeichen des bösen Blickes.
Wenden wir uns jetzt dem ersten Teil des Satzes des
Plinius zu, der doppelten Pupille. Dieses merk-
wĂŒrdige Augensymptom hat seit dem Altertum in der Magie
eine groĂe Rolle gespielt. Bei P 1 i n i u s ist es fĂŒr den bösen
Blick charakteristisch. O v i d sagt von der Zauberin Dipsa:
â. . . Oculisquoque pupilla duplex
Fulminat, et geminum lumen in orbe manet."
Nysia, die Frau des Kaudaules hatte, wie wir bereits
gesehen haben*), eine doppelte Pupille und zugleich ein
Ă€uĂerst scharfes Gesicht. Die Hexenrichter des Mittelalters
fahndeten nach diesem verdÀchtigen Zeichen, und die alten
Augendiagnostiker bezeichneten es als todbringend. In einem
serbischen Lied wird von einem Manne erzÀhlt, der zwei
Pupillen hatte und der die teuflische Macht besaĂ, alle die-
jenigen zu bezaubern, die er starr ansah; nach einem anderen
Liede wird eine Frau von Schrecken ergriffen und stirbt, als
sie entdeckt, daĂ ihr Geliebter zwei Pupillen hat. Auch in
China existiert der Glaube an die doppelte Pupille; nur be-
deutet sie hier nichts Schlechtes, sondern im Gegenteil etwas
Gutes. Der Pater Martinus Martini erzÀhlt, daà der
*) s. Fortschritte der Medizin. Nr. 2.
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40. Jahrg. â Nr. 43/44.
Jenseits von Beruf and Amt
XIII
treffliche kluge König Xunus (Slmn, 2255â2205) in jedem
Ăuge eine doppelte Pupille gehabt habe. Er selbst hĂ€lt dieses
fĂŒr gar nichts Besonderes, da er selbsl einen chinesischen
Knaben gesehen habe, in dessen rechtem Auge eine doppelte
Pupille vorhanden gewesen sei.
Welche Bewandtnis es mit dieser doppelten Pupille aber
eigentlich gehabt hat, geht nirgends hervor. Der Ausdruck
an sich besagt,
daĂ
zwei Löcher in der Regenbogenhaut des
Auges vorhanden sind; hieran hat Ovid'in seinen oben
zitierten Versen gedacht, und ein doppeltes Sehloch wird
auch ohne weiteres von den meisten modernen Philologen
angenommen. Ich habe nun in meiner âZauberkraft des
Auges" ausfĂŒhrlich auseinandergesetzt, daĂ auch diese Auf-
fassung â ebenso wie das Pferdchen â auf einem MiĂver-
stÀndnis beruht, daà von zwei Irislöchern ebensowenig die
Hede sein kann, wie von den ganz fabelhaften zwei Aug-
Àpfeln in der Augenhöhle, sondern daà wir es mit Individuen
zu tun haben, die die Griechen âDikoroi" nannten, das sind
Menschen, deren eines Auge eine von dem anderen Auge ab-
weichende Farbe hatte. Thamyris, der homerische
SĂ€nger der Edonen in Thracjen, soll ein Dikoros gewesen
sein, da er ein blaues und ein schwarzes Auge gehabt hatte.
Etwas Aehnliches wird von Alexander dem GroĂen
und dem byzantinischen Kaiser Anastasios I. erzÀhlt.
Aehnlich auffallende Menschen wie diese Dikoroi sind
die Leute, die die Griechen âDiaslyrakoi" nannten, das sind
Individuen mit einer doppeltfarbigen Regenbogenhaut, d. h.
mit einer Iris, deren innerer Ring heller gefÀrbt ist als der
Ă€uĂere.
Sowohl die verschiedenfarbigen wie die
d o p p e 1 f a r b i g e n RegenbogenhÀute wurden wegen ihrer
auffÀlligen Erscheinung immer als Kennzeichen des bösen
Blickes betrachtet; aber ebenso auch Augen mit einer gleich-
mĂ€Ăigen, aber auffallenden Farbe der Iris. Bei den ver-
schiedenen Rassen ist daher die gefĂŒrchtete Farbe der Regen-
bogenhaut eine verschiedene. In Spanien sind Augen von
MIKROIKOPE
ERM$T LEI TS-WETZLAR
OPTISCHE WERKE
MAN VERLANGE DRUCKSCHRIFT NO ,34-5
unbestimmter Farbe des hosen Blickes verdÀchtig. Die
Tscherkcssen betrachten eine gewisse Form und Parin- der
Augen als Anzeichen der Macht zu faszinieren. Im allge-
meinen haben die blonden hellÀugigen Völker einen heil-
losen ResjKikt vor den dunklen Augen, und die brĂŒnetten
dunkelÀugigen Völker einen solchen vot den hellen Augen.
Wenn in Pommern Personen mit schwarzen Augen mi-
getaufte Kinder oder Jungvieh anblicken, so werden diese
unruhig oder krank. Auch in RuĂland ist das schwarze
Auge besonders gefĂŒrchtet; bei den Schweden Estlands sind
es die b rönnen, in Schwaben die gr auen, in Frankreich
die meergrĂŒnen, bei den TĂŒrken, Arabern, Kirgisen und
Turkmenen die blauen Augen. Plaue Augen sind auch in
Griechenland in der Gegend des Berges Hymettus des hosen
Blickes verdĂ€chtig; und das ist um so merkwĂŒrdiger, weil
in Attika wegen der starken albanischen Bevölkerung blaue
Augen gar nicht so selten sind. Wahrscheinlich jedoch war
es der ursprĂŒngliche Argwohn der eingeborenen Griechen
gegen die Fremden, die sich unter ihnen ansiedelten, die zu-
erst diese besondere Entwickelung des Glaubens in dieser
Gegend verursachte. Helle Augen sind auch bei den nomadi-
sierenden Arabern und den arabisch sprechenden Bergbe-
wohnern von Nord-Marokko, wo solche Augenfarbe selten
ist und daher einen ungewöhnlichen Eindruck macht,
Zeichen des bösen Blickes, dagegen nicht bei den Berbern
des Atlas, wo blonde Personen hÀufiger sind. In Armenien
gilt ein blonder Mann mit blauen Augen, zuweilen auch ein
schwarzer Mann mit braunen Augen als des bösen Blickes
verdĂ€chtig. Auch grĂŒne Augen bei den MĂ€nnern werden fĂŒr
böse gehalten. Der Teufel wird im Orient als blauÀugig dar-
gestellt. Blaue Augen erscheinen den Tataren und Chinesen
furchtbar hĂ€Ălich. Bei den Goajiro-Indianern in Nord-
kolumbia sind Menschen mit blauen Augen so gefĂŒrchtet,
daĂ sie nicht selten ĂŒberfallen und getötet werden.
In den mittelalterlichen Inquisilionsakten werden eigen-
artige Befunde aufgefĂŒhrt, die fĂŒr die Augen der Hexen
CHOIOOEN
Jett mehr als jfahren bemÀhrt
bei ChoLeUrhiasis und allen an?
decen ÂŁc/axmkungerL desXebev-
und Salier isyslems. Keine. urv~
ermĂŒri^chlen/Veben/pirkungen.
NUCLEOGEN
&cnShosphov-Atsen-S):Ă€paixit
in <fableti&\Seit mehr als ZQJah*
ren bewÀhrt alsRoborans und,
Tonikum. Reicht asstrriilicrbcw.
Appetitanregend, .
PHY5IOLOG/CHEMISCHES LABORATORIUM
HUGO ROSEN BERGFREIBURGi BREISGAU
V
XIV
Jenseits von Beruf und Amt.
40. Jahrg. â Nr. 43/44.
charakteristisch sein sollten. Bald ist von einem Stern oder
einer kleinen MĂŒnze mit auslaufenden Fasern die Rede, bald
von der FĂ€hrte oder dem FuĂ eines Hasen, eines Hundes,
einer Kröte, eines Maulwurfes oder sogar von der Gestalt des
Teufels. Alle diese Befunde sind wahrscheinlich auf eine
persistierende Pupillarmembran oder auf die
mannigfaltig gestalteten Hornhautflecke zurĂŒckzu-
fĂŒhren. Solche auffallende Zeichen wurden als Hexen- oder
Tr utenmale bezeichnet und auf die Einwirkung des
Teufels zurĂŒckgefĂŒhrt. Man glaubte, die Hexe habe mit dem
Teufel einen Pakt geschlossen, und dieser habe ihr zur Be-
siegelung des BĂŒndnisses ein solches Zeichen auf die Augen
gedrĂŒckt. Nach dem GestĂ€ndnis von 29 im Jahre 1510 durch
die Inquisitoren von Logrogno verurteilten Zauberern drĂŒckte
ihnen der Teufel auf dem Hexensabbath mit einem GoldstĂŒck
die Figur einer kleinen Kröte auf das linke Auge, ohne ihnen
den geringsten Schmerz zu verursachen. Ein junges MĂ€d-
chen gestand im Jahre 1610, daĂ der Teufel ihr ein solches
Augenzeichen mit seinem Horn beigebracht habe, und kleine
Kinder von 9 Jahren zeichnet der Teufel auf dem Sabbath,
indem er ihnen eine Nadel aus unechtem Gold in das WeiĂe
ihres linken Auges sticht.
Gewisse Hornhauterkrankungen, bei denen die Hornhaut
trĂŒbe und undurchsichtig wird, mögen auch zur Entstehung
einiger merkwĂŒrdigen Ansichten ĂŒber das PĂŒppchen bei -
getragen haben. So heiĂt es, daĂ ein Mensch, in den Holden
gezaubert sind, daran erkennbar ist, daĂ man in seinen Augen
kein MĂ€nnlein oder Kindlein sieht, oder nur ganz trĂŒbe. Ein
sicheres Zeichen bei den Zigeunern fĂŒr eine Zauberin ist, daĂ
sie keine âPupille" (hier â PĂŒppchen) hat. Sie blickt nicht
den Leuten in die Augen, in ihren Augen sieht man kein
Menschenbild, aber sie blickt in die Zukunft.
Durch das undeutliche und verschwommene Bild, das die
getrĂŒbte Hornhaut wiederspiegelt, mag auch der in Deutsch-
land und Frankreich existierende Glaube entstanden sein, daĂ
das Bild, das man im Auge einer Hexe sieht, umgekehrt
steht. Es kann aber noch ein anderer Grund maĂgebend fĂŒr
diese Anschauung gewesen sein: Die Hexenrichter pflegten die
Augen der Angeklagten zu prĂŒfen, indem sie sie auf den
Kopf stellten. Dabei muĂten sie dann konstatieren, daĂ das
PĂŒppchen eine anormale Stellung hatte. In Loango (Afrika)
ist es noch heute ein sicheres Zeichen einer Hexe, wenn ihre
Augen die AuĂenwelt verkehrt wiederspiegeln.
Auch VerÀnderungen der eigentlichen Pupille, des
Loches in der Regenbogenhaut, galten als Hexenzeichen. War
die Pupille â etwa durch LĂ€hmung oder Verwachsung der
Iris mit der Linse â unbeweglich, so war dieses im 12. und
13. Jahrhundert fĂŒr die deutschen und französischen Juden
ein Beweis, daĂ man es mit einer Hexe zu tun hatte. Treten
infolge von iritischen Verwachsungen Verzerrungen der
Pupille ein, so daĂ diese nicht mehr rund erscheint, sondern
viereckig oder kreuzförmig, so ist dies in Schwaben ein
Zeichen des bösen Blickes. Dasselbe ist der Fall bei den
Polen, wenn die Pupille lÀnglich wie bei einer Katze ist, und
in Spanien, wenn die Pupillen von ungleicher GröĂe sind.
Als ein höchst charakteristisches Zeichen, eine Hexe zu
erkennen, galt im mittelalterlichen Strafprozesse, wenn diese
vor dem Richter oder wÀhrend der Folter nicht w einen
konnte. Sie wird zwar, so heiĂt es im âHexenhammer",
weinerliche Laute von sich geben und versuchen, Wangen
und Augen mit Speichel zu bestreichen, als wenn sie weinte,
bezĂŒglich dessen die Umstehenden vorsichtig aufpassen
mĂŒssen. Aber wirkliche TrĂ€nen wird sie nicht vergieĂen,
selbst wenn ihr der Richter die Hand aufs Haupt legt und
folgende Formel ausspricht: âIch beschwöre dich bei den
bittersten TrÀnen, die unser Heiland und Herr, Jesus
Ghristus am Kreuze zum Heile der Welt vergossen hat, und
bei der brennendsten TrÀne der glorreichsten Jungfrau, seiner
Mutter selbst, die sie ĂŒber seine Wundern zur Abendstunde
hat flieĂen lassen, und bei allen TrĂ€nen, welche hier in der
Welt alle Heiligen und AuserwÀhlten Gottes vergossen haben,
von deren Augen Gott jetzt jede TrĂ€ne abgewischt hat, daĂ
du, sofern du unschuldig bist, TrĂ€nen vergieĂest, wenn
schuldig, keinesfalls. Im Namen des Vaters und des Sohnes
und des heiligen Geistes f. Amen." Das Ausbleiben der
TrĂ€nen â ein ganz natĂŒrliches Ereignis bei der hochgradigen
seelischen Erregung der armen Gefolterten â wurde dann
dem EinfluĂ des Teufels zugeschrieben, der sich die gröĂte
MĂŒhe gab, die TrĂ€nen zu verhindern, weil diese als Zeiclrn
der BuĂfertigkeit die himmlische Barmherzigkeit anflehten,
wĂ€hrend er alles versuchen muĂte, um die UnbuĂferligen in
seine Gewalt zu bekommen. Nach B o d i n u s gestand eine
Hexe, daà sie nur drei TrÀnen aus dem rechten Auge ver-
1) Holden oder Elben wurden von den Hexen verhaĂten Ne-
benmenschen in den Leib gezaubert, um LĂ€hmung und Krank-
heiten hervorzurufen.
gieĂen können.
(Fortsetzung folgt.)
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â i ^
FLĂSSIG ~
TABLE JTE ff
AMPULLEN.
FAUTH&Co MANNHEIM
40. Jahrgang. â Nr. 45/46.
Jenseits von Beruf und Amt
IX
Jenseits von Beruf und Amt.
Ein ernstes Mahnwort an die Eltern.
Von Lisa Turnowsky.
O ih r Eltern !
Gebt euch doch Rechenschaft darĂŒber, was ihr seid!
Ahnt doch die GröĂe, die Heiligkeit eures Berufsl Wie viel
könnt ihr tun, welch reiche Möglichkeiten sind euch gegeben
- und wie wenig nĂŒtzt ihr sie aus! Ruht nicht in eurer Hand
die gröĂte Macht ĂŒber die Zukunft, die schwerwiegendste
Verantwortung fĂŒr dieselbe? Sind nicht die zarten Kinder
von heute die MÀnner und Frauen von morgen? Was wÀre
das ganze, jahrtausende alte Werk menschlicher Kultur, das
wirken und Schaffen aller Völker, so vieler Geister, wenn wir
nicht jene jungen Schultern hÀtten, sie mit dem Reichtum un-
seres Erbes zu belasten? Darum sorgt, daĂ dieses Erbe rein
und kostbar sei, und, wo ihr könnt, befreit's von Tand und
ocnein!
O, schlieĂt die Augen und die Herzen auf und streut gol-
dene Saaten in den edlen Boden, der euch vertrauet ward'
pâp- f ve[meĂt, euch nicht, die Kinder zu betrachten als
euer E i g e n t u m ! Nein! Jeder Mensch, und sei er noch
rftw!?' 1tt~frei' eme Persönlichkeit fĂŒr sich. Doch wie
IL. T nepK°rPer nur bei gröĂter Vorsicht und Geduld, durch
TT h"^ PĂŒegt Sjch gut entwickeln kann und
ĂHilfP ? ^durfâą auch die jungen Seelen hingebungs-
stehen sie Her ^T^' S°}kn sie recht gedeihen. Wie
frĂ€s; sso Ă€ĂŒos^ĂŒĂ.816 plötzlich emgetreten sind> S°i
Wendet den Blick zurĂŒck und schauet auf den Weg den
h r gekoiffmen seid! O sagt, war euer Kinderleid nie ernst?
En ^'^r1 Un?rT euch' die nicht schon in ganz jung n
Klnd%rĂ€brdhe,UVP KĂŒmmernis ^kannt? Zwar ist lern
*ina die ĂŒabe des Vergessens in höherem MaĂe eifren und
seine Schmerzen ziehen vorĂŒber wie kleine Wölkende der
nĂ€chste Sonnenstrahl verflĂŒchtigt. Bisweilen aber kommt es
dennoch vor â o, daĂ es wirklich nur ganz selten wĂ€re! â
da fÀllt ein Tropfen Bitternis auch in die blumenzarte Seele,
der sich nie mehr verwischen lĂ€Ăt. .
Ja, Blumen gleich sind jene lieben, kleinen Wesen und,
wie im rauhen FrĂŒhlingswind des Lenzes BlĂŒten, schwanken
sie manchmal Àngstlich hin und her und wissen nicht, was
werden soll.
Ihr aber, merket wohl, ihr seid die heiligen GĂ€rtner, die
diesen Blumen Halt und StĂŒtze geben, ihnen die Wege weisen
sollen, die sie zu Licht und Freiheit fĂŒhren.
Hört ihr Eltern! Und ihr, der Eltern Helfer, Lehrer und
Erzieher! Priester seid ihr, Diener Gottes, von ihm zu einer
heiligen Arbeit auserkoren! Und seht! Der Stoff, aus dem
Begreift ihr, daĂ ihr da euch selbst vor allem rein er-
halten mĂŒĂt, daĂ eurer GĂŒte und Vollkommenheit nimmer
genug sein kann, wollt ihr die hohen Pflichten der Erziehung
recht erfĂŒllen? &
Rein an Körper und Seele soll der Priester sein, der vor
den Schopfer tritt, ihn zu verehren. Doch heller noch und
heiĂer, strahlender muĂ der göttliche Funke glĂŒhen in dem
der auserwÀhlt ist, des Vaters Diener treu zu sein zum Guten!
Taucht still und tief hinab in ein paar liebe Kinderaugen
und lauschet dann dem Echo eures eigenen Herzens! Welch
wunderbarer Friede, welch ein unsagbar heiteres GlĂŒck
strömt euch entgegen! Und doch, bei aller Klarheit, wie
rÀtselhaft und ferne ist ihr Blick.
O, ihr, die ihr dazu berufen seid, gebt euch den Kindern
hin mit ganzer Kraft, mit ganzer, treuer Liebe!
Und euer oberstes Gebot: â
Seid selbstlos!
tt . âącht was euch bequem und angenehm ist, des
Kindes Wohl allein, sein Bestes und sein Frommen mĂŒĂt
ihr stets bedenken.
btl
m
Sertanimalftorungen
Berftopfnna âą Minor,
rtpfoen-Ăallenflelnen
Mufti
$ai> öompurflcr
Glifa&e(&=3runnen
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Wf^L-PASTltLEN
KS UnĂŒbertroffen bef
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O^ERSCHLEIMUNQL
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Jenseits von Beruf und Amt
40. Jahrgang. â Nr. 45/46.
LaĂt euch nicht leiten von der eignen Ungeduld!
Wollt ihr den jungen Baum herausziehen aus der Erde,
auf daà er schneller wachse? Ihr könnt ihm reichlich Sonne
geben, gute, gesunde Nahrung, könnt ihn schirmen gegen
mancherlei Gefahr, vor Frost und Sturm und tĂŒckischem Ge-
wĂŒrm, doch weiter schaffen, das Gedeihen vollenden, das
kann allein die ewig waltende Natur.
Hemmt eure eigenen kleinen WĂŒnsche!
WÀhnet nicht, ihr könnt's erzwingen, daà euch die Veil-
chenstaude Rosen trage, noch an dem Eichbaum sĂŒĂe FrĂŒchte
wachsen! Seid eingedenk der guten, wahren Worte Goethes:
Wir können die Kinder nach unserem Sinne nicht formen,
so wie Gott sie uns gab, so muĂ man sie haben und lieben,
sie erziehen aufs beste und jeglichen lassen gewÀhren;
denn der eine hat die, die anderen andere Gaben;
jeder braucht sie und jeder ist doch nur auf eigene Weise
gut und glĂŒcklich.'
Wie oft ist dieser, eurer WĂŒnsche Grund nicht das Be-
streben, nur der Kinder Wohl zu fördern; nein, Eitelkeit
und falscher Ehrgeiz treiben euch zu handeln.
Ihr sucht Bewunderung, Ehre, Ruhm fĂŒr sie â und euch und
bringt sie so um GlĂŒck und Frieden! Und solltet doch fĂŒr-
wahr, im Gegenteil, gar sorglich vor dem bösen Ehrgeiz sie
bewahren, solltet sie lehren, Gutes tun aus Liebe, nicht um
des Lohnes, der Bewunderung willen, oder, was noch schlim-
mer, um andere zurĂŒckzudrĂ€ngen. So ist jes doppelt schĂ€d-
lich, wenn ihr selbst dem argen Fehler euch ergebt.
Und auch die Furcht vor dem Reden der Leute laĂt nicht
an euch noch an das Kind heran! Man kann sich wohl dem
Brauch der anderen fĂŒgen, solange er harmlos ist, um un-
liebsames Aufsehen zu vermeiden; wer aber immer und in
allem Ă€ngstlich horcht auf das, was âman" wohl sagt und
was âman" tut, der raubt' sich sein gesundes, eigenes Urteil,
seine freie Sicherheit im Denken.
Ein Wort noch, und vor allem an die MĂŒtter:
ZĂŒgelt eure Triebe!
LaĂt euch nicht hinreiĂen zu mancher Art von Ueber-
treibung! So wie der zarte Körper eures Lieblings nur ein
gewisses MaĂ an Nahrung braucht und, was darĂŒber ist, ihm
schadet, so ist auch ein Zuviel an lauter ZĂ€rtlichkeit, an
KĂŒssen und Liebkosen, ungesund. Eure GefĂŒhle
seien tief und stark, doch stumm und tÀtig,
ja nicht ĂŒberlaut und hohl, nicht Worte mehr als
Taten!!
All jene Schlacken mĂŒĂt ihr' von euch tun, und frei, durch-
glĂŒht vom besten, stĂ€rksten Willen, sei euer unermĂŒdliches
Bestreben, dem Kind zu dienen.
Es gibt gar prÀchtige, sehr inhaltsreiche Schriften zur
Erziehung, wertvolle BĂŒcher auf dem jungen Wissensfeld der
Kinderseelenkunde, und unleugbar ist diese Literatur ein rei-
cher Quell der Anregung fĂŒr die, die nach dem rechten Wege
suchen. Doch BĂŒcher, Erfahrung anderer sind nicht genug.
Der einzig sichere und feste Grund alles Erfolges im pÀda-
gogischen Schaffen ist stilles Sich-versenken in des Kindes
Wesen, das ernste, nimmer rastende BemĂŒhen, sein feinstes
Regen zu erlauschen, die wahre Art des jungen Lebens selber
zu ergrĂŒnden. Denn dort nur könnt ihr finden, was beim Er-
ziehen euch als Richtschnur dienen muĂ; des Kindes eigene
Natur allein verrĂ€t euch sicher, was fĂŒr dasselbe gut ist und
welche Anlagen gepflegt, gefördert werden sollen, welche zu
hemmen und zu unterbinden sind. Denn noch einmal: Nicht
eure Wege soll es gehen, und sei es noch so gut ge-
meint, sondern die seinen!!
Der tĂŒchtigste Erzieher ist nun der, in dem die eigne
GĂŒte, Einsicht, Klugheit den FrĂŒchten jenes Forschens dau-
ernd Wert verleiht. Er muĂ mit klarem Scharfsinn unter-
scheiden, was ihm bedeutsam ist und was unwesentlich. Hat
er das Richtige einmal erkannt, dann muĂ es unverrĂŒckbar ihm
vor Augen stehen, ein Ziel, das er mit GleichmaĂ, ruhiger
Festigkeit verfolgt, ohne alles Wanken.
Ja, f e s t wie Eisen, doch nicht hart! All eure
Kraft sei ĂŒberstrahlt von Liebe! Was frommt es, wenn ihr
eure Macht als Faustrecht ĂŒbt, des Körpers ĂŒberlegene
KrĂ€fte nĂŒtzt, um Furcht zu sĂ€en? Das Kind, das euch aus
Furcht gehorcht, entzieht euch sein Vertrauen!!
Mag sein, daĂ ihr mitunter strafen mĂŒĂt, die menschliche
Natur ist einmal so, daĂ sie die starke Hemmung braucht.
Doch sei die Strafe nie der AusfluĂ eures
Zorns! ! Strafet mit Liebe, so, daĂ ihr das Innerste des
Kindes nicht verletzt, sein EhrgefĂŒhl nicht krĂ€nkt! Beson-
ders aber: Straft erst,bisdas Kind sein eignes
Unrecht klar empfunden hat!
So seid als Richter auch der Jugend edle FĂŒhrer,
und immer, ĂŒberall seid eingedenk der beiden Worte:
Erzieht euch selbst!
Und:
Gebt den Kindern Achtung, Liebe,
auf daĂ sie euch vergelten mit Liebe und Vertrauen und ihr
mit ihnen glĂŒcklich seid! â
Und was ihr den Kindern an Liebe gebt, das nehmt ihr
von dem HaĂ der Welt hinweg.
Polypragmasie (nach Kussmaul).
Am Sterbelager eines Kranken stand
Der Bader, um ihn her die Anverwandten,
Die jammernd sich um HĂŒte an ihn wandten,
Der, was die Wissenschaft jemals erfand,
Verordnet hatte mit freigebiger Hand
Im Kampfe mit dem groĂen Unbekannten.
Er sann und sann â da endlich spannten
Sich seine Mienen und der Zweifel schwand:
âMit Egeln," sprach er, âreinigt' ich sein Blut,
Mit BĂ€dern, kalt und warm, und AderlaĂ,
Er hat geschwitzt, vomiert, laxiert, gespieen,
Arzneien schluckt' er ohne UnterlaĂ â
Gescheh'n ist alles; aber dĂŒnkt's euch gut,
Will ich zum SchluĂ noch einen Zahn ihm ziehen."
Warstade b. Basbeck.
H. Boing.
Ideales
ArseneisenprÀparat
3-4 mal tÀglich ein Esslöffel voll,
Kindern die HĂ€lfte.
Kleine Flasche mit ca. 250 g Inhalt,
Doppelflasche mit ca. 500 g Inhalt
P O
^3
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Spanien Pes. 0.â , U. S. A. Doli. 1. â FĂŒr die Lander Deutsch-Oesterreich, Ungarn und Tschechoslowakei empfiehlt es sich, die Zeitschrift durch die dortigen
Postamter zu beziehen. Der Bezugspreis Ist beim Postamt zu erfragen. Zahlungen an den Vorlag bitten wir Innerhalb Deutschlands auf unssr Postscheck-
konto Berlin 81831 und von den anderen Landern durch Bankscheck auf das Konto HANS PUSCH, Berlin, Bank fflr Handel und Industrie, zu ĂŒberweisen,
â â i - ' soweit Postanweisungen nach Deutschland nicht zulassig sind. â i â â i =m»
FORTSCHRITTE DER MEDIZIN
DIE WOCHENSCHRIFT«BCS' PRAKTISCHEN ARZTES
Redaktion: Professor Dr. ART
Verlag von HANS PUSCH, Berlin SW 48,
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mit Ovobrol . ,
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The Journal of Urology, Baltimore
The Kitasato Archives of Experimental Medicine . .
The Urologie and Cutaneous Review, St. Louis . . .
The American Review of Tuberculosis, Baltimore . .
The Boston Medical and Surgical Journal, Boston .
des Heftes.
The Journal of Nervous and Mental Disease, New-York 670
Bulletin of the Johns Hopkins Hospital, Baltimore . 670
"ĂŒĂŒ4 Endocrinology . âą . âą 670-671
Boston Med. and. Surs. Journal 671â672
664
The Journal of the American Medical Association,
665 Chicago ' 672
The American Journal of Roentgenology, New-York . 672 â 673
Ăg,- The Journal of the American Medical Association^
Chicago . 673
667 British medical Journal, London . . âą 673
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668 Tuberkulose 673â âŹ74
668 Dermatologie und Syphilis 674â âŹ76
669 Innere Sekretion 676
669 Chirurgie und GynÀkologie 677
669 Ophthalmologie 677â678
669 Buchbesprechungen . 678
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Bachem, MĂŒnchner med Wochenschrift 1 '22, Nr. 9
GrĂŒn'hal, Fortschritte der Medizin 1922, Nr. 12
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0,25 g).
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worden.
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Aktien und 25 pCt. fĂŒr die jungen Aktien festgesetzte Dividende
gelangt sofort bei dem Bankhause A. Reissner Söhne, Berlin, zur
Auszahlung.
Leopoldshall, den 27. November 1922.
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Die auĂerordentliche Generalversammlung unserer AktionĂ€re
vom 2. Dezember 1922 hat u. a. beschlossen, das Stammaktien-
Kapital der Gesellschaft um einen Betrag bis zu M. 330 000 000.â
ziu erhöhen durch Ausgabe bis zu 330 000 StĂŒck vom 1. Januar
1923 ab dividendenberechtigten auf den Inhaber lautenden Stamm-
aktien ĂŒber je M. 1000.â.
Nachdem der BeschluĂ ĂŒber die Kapitalerhöhung im Handels-
register eingetragen ist, bieten wir namens und im Auftrag eines
Konsortiums einen Betrag von M. 170000 000. â unseren Aktio-
nĂ€ren unter nachstehenden Bedingungen zum BezĂŒge an:
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ĂŒber je M. 1000. â zum Kurse von 300 % frei von StĂŒck-
zinsen unter Entrichtung der Börsenumsatzsteuer bezogen
werden.
2. Die AusĂŒbung des Bezugsrechtes hat bei Vermeidung des
Anschlusses
bis zum 28. Dezember 1922 einschliesslich
zu erfolgen und zwar:
in Frankfurt a, M. j
und > bei der Mitteldeutschen Creditbank,
in Berlin J
ferner bei sÀmtlichen Zweigniederlassungen der Mittel-
deutschen Creditbank an anderen PlÀtzen,
auĂerdem:
in Coblenz und Köln bei der Bankfirma Leopold Seligmann,
in Leipzig bei der Allgemeinen Deutschen Creditanstalt
(Abteil. Becker & Co.),
in Meiningen bei der Bank fĂŒr ThĂŒringen vorm. B. M.
Strupp Aktiengesellschaft,
in MĂŒnchen bei den Bankfirmen H. AufhĂ€user und Moritz
Schulmann,
in TĂŒbingen
in Hechingen und > bei der Bankcommandite Siegmund Weil,
in Sigmaringen J
Bei der Anmeldung sind die Aktien, fĂŒr die das Bezugsrecht
ausgeĂŒbt werden soll, nach der Serien- und Nummernfolge
geordnet ohne Gewinnanteil- und Erneuerungsscheine mit
einem angefertigten Anmeldeschein, wovon Vordrucke bei
den Bezugsstellen erhÀltlich sind, einzureichen. Die Aus-
ĂŒbung des Bezugsrechtes ist provisionsfrei, soweit sie am
Schalter der Bezugsstelle erfolgt. Wenn die AusĂŒbung auf
brieflichem Wege erfolgt, wird die ĂŒbliche Bezugsprovi-
sion in Anrechnung gebracht. Die Aktien, fĂŒr die das Be-
zugsrecht ausgeĂŒbt ist, werden mit einem die AusĂŒbung
des Bezugsrechts kennzeichnenden Stempelaufdruck zurĂŒck-
gegeben.
Der Bezugspreis von 300 % = M. 3000â fĂŒr jede Aktie ist
zuzĂŒglich Börsenumsatzsteuer bei der Anmeldung bar ein-
zuzahlen. Ueber die Einzahlung wird dem Einreicher eine
Kassenquittung erteilt. Die Bezugsstellen sind bereit, die
Verwertung und den Zukauf von Bezugsrechten zu ver-
mitteln.
Die AushĂ€ndigung der neuen Aktien, ĂŒber deren Erscheinen
besondere Mitteilung ergeht, erfolgt gegen BĂŒckgabe der
Kassenquittung bei derjenigen Anmeldestelle, die diese
Quittung ausgestellt hat, gegen EmpfangsbestÀtigung. Die
Bezugsstelle ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, die Le-
gitimation des Vorzeigers der Kassenquittung zu prĂŒfen.
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