Führerdurch Lüneburg
#s> und Umgegend €€
Herausgegeben vom
Verein zur Hebung
des Fremdenverkehrs
in Lüneburg
Mit 32 Ansichten, sowie den Plänen
cles Stadt- und Landkreises Lüneburg
Lüneburg 1905
Verlag von Herold & Wahlstab Inh.: Erich Fechner .
Verkehrswesen.
Eisenbahnen. Lüneburg (26,000 E.) hat zwei Bahnhöfe, beide
im Osten der Stadt belegen. 1. für die Strecken Lüneburg-
Hamburg, Lüneburg -Hannover, Lüneburg-Büchen-Lübeck.
2. für die Strecken Lüneburg-Wittenberge-Berlin, Lüneburg-
Buchbolz-Bremen, bezw. Geestemünde.
Post. Das Hauptpost- und Telegraphenamt 1 befindet sich in-
mitten der Stadt am Marienplatze, Ecke der Straßen Neue
Sülze und Auf dem Meere. (Alle Schalter, außer Telegraph,
von 1 bis 2 Uhr geschlossen.) Das Postamt 2, unmittelbar
am Bahnhofe, ist nur werktags von 9 — 1 Uhr vormittags
und von 3 — 8 L^hr nachmittags geöffnet, an Sonn- und
Feiertagen bleibt es geschlossen.
Fernsprechstelle. Die öffentliche Fernsprechstelle befindet
sich im Hauptpostamt am Marienplatze.
Droschken. Zu allen Hauptpersonenzügen halten Droschken
am Bahnhofe (Besitzer E. Santelmann. Außerdem Hotel-
wagen zu jedem Zuge am Bahnhofe. Mietswagen stellen
ferner auf Bestellung die hiesigen Fuhrhalter.
Droschken-Tarif.
A. Zeitfahrten.
1) Für die erste Viertelstunde : 1 — 2 Personen 75 A), 3—4
Personen 1 Mi.
2) Für jede weitere angefangene Viertelstunde 25 a] mehr.
Es ist zu bezahlen für die Zeit von der Inanspruch-
nahme des Wagens bis zur Entlassung des Kutschers.
B. Fahrten nach der Provinzial - Heil- und
Pflegeanstalt und dem Krankenhaus.
1) Nach der Provinzial -Heil- und Pflegeanstalt : 1 — 2
Personen 1 M. 25 /$, 3 — 4 Personen 1 M. 50 /$.
1*
4
2) Nach dem Krankenhause : 1 — 2 Personen 1 M., 3— 4
Personen 1 M>. 25 /$.
Werden die Fahrten nach der Heil- und Pflegeanstalt
oder nach dem Krankenhanse auf Wunsch des Fahr-
gastes durch Aufenthalt unterbrochen, so ist nach der
Taxe unter A, mindestens aber der unter B festgesetzte
Betrag zu bezahlen.
C. Besondere Bestimmungen.
1) Ein Kind unter 10 Jahren ist frei, zwei Kinder
unter 10 Jahren gelten für einen Fahrgast, 3 oder 4
Kinder für 2 Fahrgäste.
2) Mehr als vier vollzahlende Personen brauchen nicht
auf genommen zu werden.
3) Gewöhnliches Handgepäck, wozu auch Handkoffer
nicht über 60 cm lang und 30 cm hoch gerechnet
werden, ist frei. Für einen größeren Koffer oder ein
ähnliches Gepäckstück sind je 20 /$ zu entrichten.
Personenposten fahren von Lüneburg nach Amelinghausen,
Artlenburg, Neetze, Salzhausen. Fahrscheine im Haupt-
postamt.
Zeitungen: Lüneburgsche Anzeigen, Am Sande 31. Lüne-
burger Tageblatt, Auf dem Meere 23. Lüneburger Volks-
blatt, Ritterstraße 46.
Aufenthalt.
Hotels. Hotel Deutsches Haus, Am Sande. Hotel Wellen-
kamp, Am Sande. Hotel zur Hoffnung, Am Sande.
Barks Hotel, Am Sande. Hotel zum Schießgraben, Im
Schießgraben.
Gasthöfe. Zum weißen Roß, Am Sande. Zum Sandkrug,
Am Sande. Zum Schütting, Am Sande. Lüneburger Hof,
Am Sande. Zur Eisenbahn, Altenbrückertorstraße. Stadt
Lübeck, Lünertorstraße. — Herberge zur Heimat, Wallstraße4.
Restaurationen. In der Nähe der Bahn: Clausens Garten
Bellevue, bei den Kasernen. Am Sande: Lüneburger Hof.
Zum Schütting. Lindemanns Restaurant und die Hotels und
Gasthöfe. Ratsschänke, Am Markt. Kaulitz’ Gesell-
5
schaftshaus, Schröderstraße. Kohlmanns Restaurant, Grapen
gießerstraße. C. Maack, Apothekenstraße. Hansa-Saal, Am
Bardowickertor. Meyers Garten. Mönchsgarten. Schützen
haus.
Weinstuben. Ratsweinkeller, Am Markt, im Rathause,
von Lösecke’s Weinstube, Am Stintmarkt F. Kröger,
Schröderstraße.
Konditoreien (auch Caf6s> Rauno, Schröderstraße. Moeller,
Gr. Bäckerstraße. Bergmann, Apothekenstraße. Dieckmann,
Heiligengeiststraße. Wienecke, Am Sande.
Alkoholfreie Restaurants. Lindemann, An den Brodbänken
5 und die öffentliche Lesehalle, Auf der Altstadt 50.
Kaffee- und Biergärten nahe vor der Stadt. Clausens Garten,
mit großem Saal, heim Bahnhofe. Altenbrücker Ziegelhof,
jenseit der Bahnhöfe. Meyers Garten, mit großem Saal,
und Mönchsgarten, westlich vor der Stadt. Hai vensleben,
bei den Badeanstalten.
Badeanstalten. Flußbäder: Halvensleben und Koop (für
Herren), Volksbadeanstalt (für Damen), Wannenbäder:
Volksbadeanstalt, Solbadeanstalt.
Stadttheater. Schau- und Lustspiel: Saison vom 1. Oktober
bis Mitte März. Oper: Monatsoper vom 3. Osterfeier-
tage an. Auch zu Konzerten und Vorträgen. Schröder
straße (Kaulitz’ Gesellschaftsbaus).
Kaiser-Panorama, Neue Sülze 9. Täglich geöffnet mit Aus-
nahme der Monate Juni und Juli).
Hauptsehenswürdigkeiten Rathaus wegen Besichtigung
wende man sich an Stadthausvogt Lichte, Wohnung an
der südwestlichen Seite des Rathauses, beim Marienplatze .
Museum (Altertümer und naturwissenschaftliche Sammlung .
St. Johanniskirche. St. Nikolaikirche. St. Michaeliskirche,
mit sehenswerter Krypta (Unterkirche . Viskulenhof und
Kran. Kalkberg. Saline. Provinzial -Heil- und Pflege-
anstalt (ausführliches über die einzelnen Punkte ist im
»Rundgang« nachzulesen).
Ausflüge in die nächste Umgebung, Stadtpark am Bockeis-
berge. Restaurationsgarten Zum Ilmenaugarten. Wilschen
brook. Roteschleuse (Omnibusverbindung Tiergarten (eventl.
auch Bahn bis Station Deutsch-Evern Hasenburg. Zum
grünen Jäger. Kaltenmoor. Böhmsholz. Klosterkrug in Lüne.
■e JCtXFS»-
Geschichte der Stadt Lüneburg
von
W. Görges.
Die Stadt Lüneburg ist ans zwei Ansiedelungen
zusammengewachsen, von denen die eine an der Sülze und
am Kalkberge, die andere, in alter Zeit Modestorp genannt,,
an der Ilmenau lag.
Die erstere ist älter; die Straße, welche die Sülze
mit dem Kalkberge verbindet, die Salzbrückerstraße, nach
einer Brücke genannt, die einen zwischen Sülze und Kalkberg
fließenden Bach überschritt, ist vermutlich die älteste der
Stadt. Vor der Sülze, »bei den Steinen« , lag der älteste
Marktplatz Lüneburgs, wo das Salz verkauft, Salzgüter auf-
gelassen und bei der Sülze entstandene Streitigkeiten geschlichtet
wurden; auch in dem Namen »Altstadt« für die am Fuß des
Kalkbergs liegende Straße hat sich die Erinnerung an des
höhere Alter dieses Stadtteils erhalten.
Die Entstehung der Sülze läßt sich nicht nach weisen.
Aber die natürlichen sehr ergiebigen Solquellen mit ihrem
reichen Salzgehalt konnten selbst in den ältesten Zeiten kaum
verborgen bleiben, da das Salz damals ebenso Lebensbedürfnis
war wie jetzt; und die uralten Namen der früheren 54 Siede-
häuser weisen auf Geschlechter hin, an die nur noch Orts-
namen der Umgegend erinnern, ja die zwei Häuser, welche
der bedeutendsten Solquelle zunächst lagen und besondere
Vorrechte besaßen — Bernding und Eying — , trugen Namen,
welche eine auffallende Verwandtschaft init denen alter lange
bardischer Fürsten zeigen.
In unmittelbarer Nähe der Sülze war der Kalkberg
eine natürliche Grenzfestung gegen die in alter Zeit bis nab*
an die Ilmenau wohnenden Wenden.
Auch Modestorp hatte schon früh Bedeutung. An einer
Stelle, wo sandige Höhen von beiden Seiten an die Ilmenau
heran treten und einen bequemen Übergang gestatten, lag di*
»alte Brücke«, über die der Verkehr von der Sülze nach Osten
ging. An dieser Brücke war ein altes Goh-Gericht Goh be
deutet den Teil eines Gaues; , und in Modestorp war
ein Archidiakonat des Bistums Verden mit einer Kirche
Johannes des Täufers. Da die Archidiakonen an der Spitze
der Kreise standen, in die das Bistum zerfiel, so beweist
das Vorhandensein eines solchen in Modestorp ebenso wie
das Bestehen der Gerichtsstätte, daß es ein wichtiger < >rt
im Gau war.
Bei einem Zuge, den Karl der Große ins Sachsen
land machte, wird Hliuni erwähnt, und damit ist wahr
scheinlich das spätere Lüneburg gemeint. Im Jahre 951
erscheint Hermann Billung als Besitzer des Kalkbergs.
Er erbaut auf demselben ein Benediktinerkloster und weihte
es dem Erzengel Michael, dem besonderen Beschützer der
katholischen Kirche. Wenige Jahre später 956 erhielt das
Kloster von König Otto I. den Salzzoll zu Lüneburg, und
hei dieser Gelegenheit wird der Name Lüneburg zuerst ge
nannt. In der nächsten Zeit wird es immer häufiger erwalmt.
und dabei gewöhnlich eine Burg, bisweilen auch schon eine
Stadt genannt. Heinrich IV. benutzte es als Stützpunkt
in seinen Kämpfen gegen die Sachsen; bei dieser Gelegen
heit wird die Burg von den Sachsen eingenommen, und die
gefangenen Ritter Heinrichs werden in der Stadt in Go
wahrsam gehalten. Kaiser Lothar hielt sich zweimal in
Lüneburg auf, und als nach seinem Tode der Kampf zwischen
Staufern und Welfen ausbrach, eroberte Albrecht
die Burg. Nach hergestelltem Frieden war Lüneburg
Besitze Heinrichs des Löwen, und dieser, im (
zu Friedrich Rotbart ein Beschützer der Sti
derte seine Entwicklung. So ließ er zu Gunsten
burger Sülze die in Oldesloe entdeckte Solquelle verschütten.
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Nach der Ächtung Heinrichs des Löwen wurde Lüne-
burg 1180 vom Kaiser belagert und fiel in seine Hand; es
blieb aber als Allod der welfischen Familie auch nach der
Zerstückelung Sachsens im Besitze Heinrichs.
Besonders wichtig für Lüneburg wmrde die Zerstörung
Bardowiks durch Heinrich den Löwen am 28. Oktober
1189. Der Handel, den Bardowik bisher gehabt hatte, ging
nun auf Lüneburg über.
Die Elbe war damals noch nicht eingedeicht, und die
Elbmarschen waren deshalb unpassierbar. Stellen, an denen
man die Elbe jederzeit überschreiten konnte, gab es unterhalb
des jetzigen Hamburg keine einzige, und weiter oberhalb nur
wenige, besonders Artlenburg und Darchau. An diesen Stellen
kreuzte der Verkehr die Elbe, und diese Straßen laufen bei
Bardowik und ebenso bei Lüneburg zusammen. Für die
Schiffahrt war die mittlere und obere Elbe an ihren Ufern
wenig geeignet. Der Handel benutzte daher die leichter
zugängliche Ilmenau. Bei Bardowik, später bei Lüneburg
schloß sich an die Schiffahrt der Landtransport. Auf diesen
in der damaligen Natur des Landes begründeten Verhält-
nissen beruhte die Bedeutung, welche zuerst Bardowik, und
nach dessen Zerstörung das nahe gelegene Lüneburg für den
Handel bekamen.
Durch die aus der zerstörten Nachbarstadt zu-
wandernden neuen Bürger vergrößerte sich die Stadt. Das bis
ins 12. Jahrhundert unbewohnte Gebiet zwischen der Altstadt
und dem Bardowikertore wurde bebaut. Dort entstand der
»neue Markt«, der jetzige Markt und Ochsenmarkt, dort
begann man im Anfang des 13. Jahrhunderts das Rathaus
zu bauen. Ebenso siedelten sich auf einem bis dahin
wüsten Platze, dem »Gosebrink«, Franziskaner bald nach der
Stiftung ihres Ordens an und erbauten das Marienkloster (1233).
Zugleich wurden Stadtmauern statt der alten Plankenein-
fassung errichtet.
Dieser Aufschwung der Stadt beförderte die Ent-
wicklung der Sülze. Ursprünglich war der Herzog im Besitz
der Sülze gewesen und hatte dort die Hoheitsrechte aus-
geübt. Allmählich aber gingen die Einkünfte der Sülze durch
Schenkung, Verkauf oder Belehnung in andere Hände, be-
sonders die der benachbarten Kirchen und Klöster über. In
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einer Zeit, wo die Kirche das Zinsnehmen verbot gab es
wenig Gelegenheit, Geld sicher und nutzbringend anzulegen.
Der Erwerb von Sülzgütern war nun eine der besten Gelegen-
heiten. Die Kirche gab auch nicht leicht wueder heraus,
was sie einmal an sich gebracht, und so kam es, daß all-
mählich kirchliche Anstalten — später kurz Prälaten ge-
nannt — Eigentümer der Sülze wurden. Bald erwarben
sie auch die Hoheitsrechte, die bisher der Herzog gehabt
hatte. So bekamen sie 1228 die Erlaubnis, einen Sood
meister zur Aufsicht über den Betrieb zu wählen, und 1209
wurde ihnen die Bare verkauft, d. h. das Gebäude, in denen
die bleiernen Pfannen gegossen wurden, und das damit ver
bundene Recht der Polizeiaufsicht über die Sülze.
Jedoch konnten diese Besitzer der Sülze, die weit
verstreut lebten, den Betrieb nicht selbst leiten. Sie ver-
pachteten daher die Besiedung an Einwohner Lüneburgs.
Ursprünglich erhielten die Eigentümer diese Pacht in Salz
ausgeliefert, bald aber trat mit der fortschreitenden Ein
führung der Geldwirtschaft Geld an diese Stelle, und zwar
bildete sich der Brauch aus, daß den Eigentümern die
Hälfte des Ertrages geliefert wurde. Von jeder der vier
Pfannen in den 54 Siedehäusern berechnete man diese Hälfte
des jährlichen Ertrages auf 429 Centner. Den Marktpreis
dafür erhielten die Eigentümer. Die Pächter besorgten für
die andere Hälfte die Arbeit, beschafften die Feuerung und
sorgten für die Gerätschaften. Außerdem gehörte den
Pächtern, was sie mehr produzieren konnten, und da man
später den Ertrag der Pfanne auf 1250 Centner berechnete,
so war der Gewinn bedeutend. Diese Pacht war also
ein einträgliches Geschäft, und bald bildeten die Pächter
einen hervorragenden Stand in Lüneburg — den der
Sülfmeister.
Den Betrieb auf der Sülze darf man nicht mit dem
Maßstabe der heutigen Zeit messen; für die damalige Zeit
war er so großartig, daß wenige Städte etwas Ähnliches
aufzuweisen hatten.
Die Sülze brachte dazu den Einwohnern Lüneburgs
viel Nebenverdienst. Viele Fuhrleute und Schiffer wurden
beschäftigt, das Salz fortzuschaffen, und die gewaltigen
Massen von Holz herbeizuführen, womit geheizt wurde. Es
— 10 --
entwickelte sich auch ein besonderes Gewerbe zur Anfertigung'
dei Tonnen, in denen das Salz verschickt wurde.
Durch diesen Betrieb und den sich mehr und mehr
entwickelnden Handel — besonders wichtig war der Handel
mit Heringen — gelangte die Stadt rasch zu Wohlstand.
Wie anderen Städten Deutschlands, gelang es auch der Stadt
Lüneburg durch ihre Geldmittel, sich Freiheiten und Hoheits-
rechte von den Herzogen zu erwerben. Schon um 1200
werden Ratsherren erwähnt; 1247 erhält die Stadt von
Otto dem Kinde ein Privilegium, in dem ihr die persön-
liche Freiheit der Einwohner uud Freiheit von gewissen
Abgaben gewährt wird. Auch in benachbarten Landschaften
erlangte Lüneburg besondere Rechte: Freiheit von Zöllen
und Vorrechte für den Salzhandel.
Das Interesse am Schutze des Handels und am
Gewinne neuer Vorrechte hatte es mit den benachbarten
Städten gemeinsam; es schloß mit ihnen Verträge und bald
war Lüneburg eine der wichtigsten unter den Hansastädten
und beteiligte sich an den gemeinsamen Unternehmungen
der Hansa, z. B. an den Kriegen gegen den Dänenkönig
Waldemar IV. (1361-1370).
Wie in allen deutschen Städten war auch in Lüne-
burg die Leitung der Angelegenheiten in die Hand weniger
Geschlechter gekommen, derselben, aus denen auch die
Sülfmeister hervorgingen. Diese bildeten ausschließlich den
Rat der Stadt. Zuerst standen sie mit den Landesherren
in gutem Einvernehmen. Als aber überall in Deutschland
bei der fortwährend zunehmenden Macht der Städte der
Gegensatz der städtischen und fürstlichen Interessen immer
mehr hervortrat, und zu dem Versuche der Fürsten führte,
diese aufstrebende, ihnen gefährliche Macht niederzuwerfen,
und als so gegen Ende des 14. Jahrhunderts überall Kriege
zwischen den Fürsten und Städten ausbrachen, blieben solche
Kämpfe auch Lüneburg nicht erspart. Hier wurde dieser
Zusammenstoß durch Erbstreitigkeiten im herzoglichen
Hause veranlaßt.
Von den beiden Linien, in die sich das weltische Haus
nach dem Tode Otto’s des Kindes (1252) gespalten hatte,
erlosch die jüngere, die Lüneburger, mit dem Herzoge Wil-
helm im Mannsstamme (1369). Herzog Wilhelm hinterließ
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bloß Töchter, von denen die älteste mit dem Herzoge Otto von
Sachsen- Wittenberg verheiratet war. Es handelte sich nun
darum, ob der Sohn derselben, Al brecht, oder das Haupt
der älteren Linie, Magnus Torquatus von Braunschweig
im Herzogtum Lüneburg erben sollte. Von dem Herzog
Wilhelm war zuerst Al brecht begünstigt, dann aber
Magnus als Mitregent und Erbe angenommen.
Herzog Wilhelm hatte bis zu seinem Tode der Stadt
Lüneburg gegenüber eine wohlwollende Haltung beobachtet,
und ihr — gegen Bezahlung seiner Schulden und andere
Leistungen — wichtige Rechte verliehen. Dadurch hatte die
wichtigste Stadt seines Landes fast vollständige Selbständig-
keit gewonnen. An wichtigeren Rechten besaß der Herzog
nur noch den Sülzzoll — der acht Pfennige vom Wispel ein-
trug — , eine (schon verpfändete) jährliche Bede (für Lehns-
dienste eingetretene Steuer), einen in der Bäckerstraße er-
hobenen Zoll, die (an die Stadt schon verpfändete) Vogtei
und den Vorsitz des Gerichts bei den Steinen (S. 6).
Als nun Magnus bald nach seinem Regierungsantritt
von der Stadt verlangte, sie solle, damit er 60 in einer
Fehde gegen den Herzog von Mecklenburg gefangene Ritter
auslösen könne, ihm das Sülzgut der mecklenburgischen
Prälaten ausliefern , und die Stadt sich dessen weigerte,
ging er mit Gewaltmaßregeln gegen die Stadt vor, zwang
sie zu bedeutenden Zahlungen, ließ sich die Schlüssel zu
den Toren ausliefern, besetzte die Türme auf den Stadt-
mauern und legte eine starke Besatzung in die Burg.
Mittlerweile hatte der Kaiser Karl IV. die Herzoge
von Wittenberg, Alb recht, und dessen Oheime Rudolf
und Wenzel mit Lüneburg belehnt. Als diese der Stadt
die größten Zugeständnisse machten, ihr z. B. den Kalkberg
schenkten und die Zerstörung der Burg gestatteten, fiel
Lüneburg zu ihnen ab und sagte dem Herzog Magnus,
der sich damals in Celle befand, Fehde an. Die Bürger
bemächtigten sich durch Überfall der Burg, und Herzog
Albrecbt, der schon in der Nähe war, hielt am folgenden
Tage (2. Februar 1371) seinen Einzug in die Stadt. Die
Burg auf dem Kalkberge wurde zerstört, das Michaeliskloster
auf dem Kalkberge abgebrochen, und den Benediktinern ein
anderer, nahe gelegener Platz, »de hole Eke«, innerhalb der
— 12 —
Stadtmauer angewiesen, wo 1376 der Bau des neuen Klosters
oegonnen wurde.
Den jetzt ausbrechenden Kampf mit Herzog Magnus
beendete bald ein Waffenstillstand; während desselben
suchte Magnus durch nächtlichen Überfall von etwa
600 Bewaffneten sich der Stadt zu bemächtigen. Es gelang
auch den Angreifern, in die Stadt bis auf den Markt vor-
zudringen. Dann aber wurden sie von den Bürgern, die
sich gesammelt hatten, in heißem Kampfe überwältigt. Was
nicht fiel, wurde gefangen. Auch viele Bürger fanden ihren
Tod, darunter zwei Bürgermeister.
Diese Kämpfe, besonders der nächtliche Überfall in
der Nacht auf den 22. Oktober 1371, der Ursula- Nacht,
galten den späteren Geschlechtern als der Glanzpunkt der
lüneburgischen Geschichte, und noch lange nach der Refor-
mation wurde dieser Sieg über den Herzog kirchlich gefeiert.
Und so ist diese Zeit auch mit vielen kleinen Zügen und
Sagen ausgeschmückt.
Es ist eine Erzählung von dramatischer Kraft, wenn
berichtet wird, wTie der Herzog den Absagebrief beim Mittags-
mahle erhielt, und eiligst einen Knecht absandte, um die
Besatzung der Burg zu warnen. Dieser langt beim Morgen-
grauen vor der Burg an und ruft mit lauter Stimme den
Wächtern zu: »Ich soll euch Botschaft bringen, euch zu
hüten vor den Lüneburgern ; sie führen nichts Gutes im
Sinne.« Aber spöttische Rufe der Lüneburger waren die
Antwort. Da wandte der Bote sein Roß mit dem Klageruf:
>0 weh! Verloren ist die Krone des Landes Lüneburg !« Und
aus der Ursula-Nacht weiß die Sage von einem streitbaren
Bäcker zu erzählen, der 22 der eingedrungenen Feinde er-
schlagen.
Magnus setzte trotz der Niederlage den Kampf fort.
Als er aber in dem Treffen von Leveste (1373) gefallen war,
kam es zu einem Vergleiche, nach welchem die Herrschaft
über Lüneburg zwischen den beiden Häusern wechseln, zu-
nächst aber die Wittenberger die Regierung übernehmen sollten.
Doch schon nach wenigen Jahren nahm Magnus’ jüngster
Sohn Heinrich den Kampf wieder auf, besiegte die Streit-
kräfte der Wittenberger und der Stadt Lüneburg bei Winsen
a. d. Aller (1388) und entschied dadurch den Kampf zu Gunsten
13 —
der Braunschweiger Linie. Jedoch behauptete die Stadt ihre
fast unabhängige Stellung den Herzogen gegenüber.
Die Söhne des Herzogs Magnus, Bernhard und
Heinrich, die Lüneburg gemeinsam regierten, sahen sich
sogar genötigt, in dem Vertrage vom 20. September 1392
ihre Zustimmung zu der »Säte« zu geben, in welcher die
Herzoge und die Stände sich gegenseitig die Beobachtung
des Landfriedens verbürgten, und die Aufsicht darüber einem
Ausschuß aus der Ritterschaft und den Städten übertragen
wurde. In dieser Säte lag eine so starke Beschränkung der
fürstlichen Gewalt, daß schon nach kurzer Zeit die Herzoge
sich dieses Vertrages wieder zu entledigen suchten. Darüber
kam es zu neuen, erbitterten Kämpfen, bei denen Lüneburg
von Hamburg und Lübeck unterstützt wurde. Der Kampf
endete 1397, ohne daß es den Herzogen geglückt wäre, die
der Stadt verliehenen Rechte wieder an sich zu reißen. Von
diesen war besonders wichtig das 1392 verliehene »Straßen-
zwangsrecht, dem zufolge in weitem Umkreise die Waren
ihren Weg über Lüneburg nehmen mußten, und jede andere
Straße verboten war. Dazu gewann Lüneburg das Stapel-
recht, nach welchem die ankommenden Waren vor dem
Weitertransport zum Verkauf ausgeboten werden mußten und
dadurch zu einem Aufenthalte gezwungen wurden.
Auch der Kirche gegenüber bewies der Rat seine
Selbständigkeit. Es war damals allgemein das Streben der
Städte, neben den bisher allein vorhandenen Klosterschulen
solche Schulen zu gründen, die unter städtischer Aufsicht
den Zwecken der städtischen Bevölkerung besser entsprächen.
Freilich mußte man zu Lehrern Geistliche oder Ordensleute
berufen, weil es in anderen Kreisen noch keine geeigneten
Lehrer gab. Bisher hatte das Michaeliskloster das alleinige
Recht, in Lüneburg eine Schule zu halten. Der Rat ver-
anlaßte nun die Prämonstratenser in Heiligenthal, ihr
Kloster in die Stadt zu verlegen (1383) und eine neue Schule
unter Aufsicht des Rates ins Leben zu rufen. Trotz des
heftigen Widerstandes des Michaelisklosters, und obwohl
die Herzoge und sogar der Papst dessen Partei ergriffen,
setzte der Rat seinen Willen durch. Am 18. April 1402
räumte das Michaeliskloster dem Rate das Recht ein, diese
Schule zu halten, in der wir den Anfang des noch jetzt
— 14 —
bestehenden Johanneums zu sehen haben: Einige Jahre
später (1406) gewann der Kat das Patronat über die St.
Johanniskirche.
Lüneburg bietet in dieser Zeit das Bild eines Gemein-
wesens, das unter dem kräftigen und sein Ziel fest im Auge
behaltenden Eate nach allen Seiten seine Unabhängigkeit
sichert und seine Eechte erweitert, sei es mit Gewalt, sei es
durch Verhandlungen und kluge und rechtzeitige Verwendung
seiner reichen Mittel. Der Turm, den die Lüneburger auf
dem jetzt ihnen gehörenden Kalkberge erbauten, zeigte weit-
hin den stolzen und trotzigen Sinn seiner Bewohner.
Aber die Kämpfe, die die Stadt auszufechten gehabt
hatte, sowie der Erwerb von Privilegien und sonstige Maß-
regeln zum Schutze des Handels hatten die Stadt mit
Schulden belastet. Nach dem Erbfolgestreit und nach dem
Kampfe über die Säte hatte daher der Eat unter Berufung
darauf, daß die Ausgaben im Interesse der Freiheit der
Sülze und zur Sicherung des Salzhandels gemacht seien, die
Hülfe der Sülzbegüterten in Anspruch genommen. Diese
hatten auch Beihülfen bewilligt. Aber die Forderungen
des Eates wiederholten sich. Während des Krieges,
den die Hansa seit 1423 mit Erich von Dänemark
führte, bewilligten die Sülzbegüterten dauernd den vierten
Pfennig, d. h. 25 % ihres Einkommens. Dies brachte
eine jährliche Einnahme von 22 000 Mark (nach heutigem
Geldwerte etwa 250 000 Mark). Da aber bald die
städtische Schuld auf 500 000 Mark anwuchs (nach heutigem
Geldwerte fast 6 Millionen Mark), so reichte die Beisteuer
nicht einmal, die Zinsen der Schuld zu bezahlen; denn der
Zinsfuß überstieg in der Eegel damals 7 °/o. So verlangte
der Eat von den Sülzbegüterten, den »Prälaten«, die Hälfte
ihrer jährlichen Einkünfte, zunächst auf vier Jahre. Obgleich
ein Teil der Prälaten selbst diese hohe Forderung bewilligen
wollte, ging sie doch den meisten zu weit, und so brachte
es der Propst von Lüne, S c h a p e r , dahin, daß die Forderung
abgelehnt wurde, und da andererseits Vermittelungsvorschläge
als nicht ausreichend vom Eate verworfen wurden, wandten
sich die Prälaten, die »Pieter-Prälaten«, wie sie spottweise in
Lüneburg genannt wurden, an den Papst und an den Kaiser.
Der Kat blieb bei seiner Forderung, und so wurde er 1450
vom Papste gebannt, und 1454 von dem Kaiser in die Acht getan.
Unbekümmert darum zog der Rat jetzt die Sülz güter ein.
Doch blieb der Bann und das Aufhören der kirchlichen
Handlungen in der Stadt nicht ohne Wirkung auf die
Bürgerschaft. Eine dem Rate feindliche Partei bekam die
Oberhand und setzte einen Ausschuß von 60 Bürgern ein,
an deren Spitze Sengstake und der herzogliche Zöllner
Dalenborg standen. Diese zwangen den Rat, ihr Amt
niederzulegen (1454), und warfen trotz des gegebenen Ver
Sprechens die vier Bürgermeister und mehrere Ratsherren
ins Gefängnis. Der Bürgermeister Springint gut, der in
einem am Gralwalle neu erbauten und nach seinem Namen
später benannten Turme gefangen saß, starb darin infolge
schlechter Behandlung.
Der neue Rat war eingesetzt, um ein besseres Ver-
hältnis mit den Prälaten anzubahnen und die Stadt von
dem Kirchenbanne zu befreien. Dies war nur möglich,
wenn den Prälaten zu Ungunsten der Stadt Zugeständnisse
gemacht wurden. Die Stimmung mußte Umschlagen, sobald
der Bürgerschaft diese Sachlage klar wurde, und die Ein-
sicht, daß nicht der neue Rat, wohl aber der alte Rath
den Vorteil der Stadt wahrgenommen hatte, kam bald.
Schon gegen Ende des Jahres 1456 wurde der Sechziger
Ausschuß aufgelöst und der alte Rat wieder eingesetzt.
Die Häupter der aufständischen Bewegung wurden zur Ver
antwortung gezogen, und zwei derselben, Ulrich Sch aper,
der Bruder des Lüner Propstes, und Hans Dalenborg
wurden 1458 auf dem Markte hingerichtet.
Trotzdem nun von neuem Bann und Acht über die
Stadt verhängt wurden, setzte der Rat seinen Willen gegen
die Prälaten durch. Ein Schiedsgericht bestimmte 1462, daß
die Prälaten auf 10 Jahre die Hälfte ihrer Einkünfte abgeben
sollten, und 1472 sahen sich die Prälaten genötigt, diese
Last dauernd auf sich zu nehmen, und zwar in der Form,
daß sie entweder von jeder der 216 Pfannen 900 Mark
und von jedem »Chore«*) gewonnenen Salzes 450 Mark ein für
:!i) Zur Erklärung und zugleich als kleine Probe der
verwickelten Rechnung bei der Sülze diene Folgendes: Jedes
der 54 Siedehäuser hatte auf ein gewisses Quantum Sole An
sprucli. Diese Sole ergab für jede Pfanne jährlich 6 Chore (zu
— IG -
allemal bezahlten, oder dieses Geld verzinsten. Darauf
beruht noch heutigen Tages der Unterschied zwischen freien
und unfreien Choren. Von letzteren müssen noch jetzt die
Zinsen für die damals den Prälaten auferlegten städtischen
Schulden an die Stadtkasse gezahlt werden.
So mußten die Prälaten eine Schuldenlast von nicht
weniger als 560000 Mark nach heutigem Geldwerte über
6 Millionen Mark — übernehmen und verzinsen oder das
Kapital bar an die Stadt auszahlen. Es ist begreiflich, daß
dieser Ausgang des »Prälatenkrieges« großes Aufsehen
machte. Der Kat hatte gegen die oberste geistliche und
weltliche Macht und zugleich gegen die aufrührerische Be-
wegung im Innern seine Stellung behauptet. Die gehobene
Stimmung, in der sich damals die Geschlechter befanden
und der aus ihnen hervorgegangene Rat, fand ihren Aus-
druck in der Stiftung der Theodori-Gilde (1460), in der die
angesehensten Glieder der Patrizierfamilien sich zu Gottes-
dienst und zu Vergnügungen, aber auch zu gegenseitiger Unter-
stützung zusammenfanden.
Während des Prälatenkrieges hatte der damalige Landes-
herr, der schwache Friedrich der Fromme, wenig Ein-
fluß geübt. Aber unter dessen Nachfolger, Heinrich dem
Mittleren, erstarkte das Landesfürstentum, und machte
nachdrücklich die allgemeinen Landesinteressen dem ein-
seitigen städtischen Interesse gegenüber geltend. Wiederholt
brachen Streitigkeiten zwischen dem Landesherrn und der
Stadt aus, und diese nahmen stets denselben Verlauf. Es
kommt jedesmal zu einem Vergleiche und in diesem bestätigt
13 Wispeln) Salz, für jedes Haus also, da das Haus 4 Pfannen
enthielt, 24 Chore. Von diesen 24 Choren erhielten die
Pfannenbesitzer, nachdem die Besiedung an die Sülfmeister
übergegangen war, die Hälfte, also 12 Chore. Außerdem
mußte jedes Haus dafür, daß der Herzog Johann 1273 auf
die Ausnutzung der Solquellen auf der »Neuen Sülze«
verzichtete, 3 Chore an den Pierzog abgeben. Diese 3 Chore
waren später auch in den Besitz der Prälaten gelangt. Jedes
Siedehaus gab also von seinen 24 Choren — gewonnen aus
der Sole, auf die es Anspruch hatte — 15 Chore an die
Prälaten. 9 Chore und außerdem den Ertrag von der Sole,
die gegen bestimmte Abgaben zu bekommen war, behielten
die Sülfmeister. Von 54 Häusern erhielten also die Prälaten
810 Chore.
— 17 —
der Herzog die Rechte der Stadt, aber nur gegen bedeutende
Geldzahlungen. Man könnte sagen: die Stadt behauptete ihre
Selbständigkeit und ihre Steuerfreiheit; dafür wurde von
Zeit zu Zeit eine ansehnliche außerordentliche Steuer von
ihr erhoben.
Heinrich der Mittlere regierte noch, als die
Bewegungen der Reformation begannen. Er war ein Gegner
derselben. Aber infolge seiner offenen Parteinahme für
Franz I. während der Hildesheimer Stiftsfehde und bei der
Kaiserwahl 1519 sah er sich genötigt, 1521 zu Gunsten
seiner Söhne die Regierung niederzulegen, von denen Ernst
bald der alleinige Regent wurde. Dieser war ein Freund der
Reformation; jedoch die traurige Finanzlage, in die das Land
durch die Hildesheimer Stiftsfehde gekommen war, hinderte
ihn bei seinem Vorgehen, weckte aber in ihm den Wunsch,
die reichen geistlichen Güter in seinem Lande unter seine
Verwaltung zu bringen.
Der Lüneburger Rat hatte allen Grund, den kirch-
lichen Neuerungen in der Stadt zu wehren. Nicht bloß,
daß die Gechlechter durch den Zusammenbruch der vielen
kirchlichen Gilden und Brüderschaften in dem Genuß eines
reichen Einkommens bedroht wurden, sie fürchteten auch die
mit der Reformation anfangs verbundene demokratische
Bewegung, und hegten die Besorgnis, der Herzog könnte die
kirchlichen Neuerungen benutzen, um die Macht der Ge-
schlechter in der Stadt zu brechen.
Diesen Verlauf schien auch anfangs die Reformation
in Lüneburg nehmen zu sollen. Herzog Ernst der
Bekenner trat 1526 zum evangelischen Glauben über, und
förderte nun die Reformation nachdrücklich. Gleichzeitig
erstarkte die evangelische Partei unter den Bürgern Lüne-
burgs, die immer lauter und dringender Abstellung der Miß-
stände in der Kirche verlangten. Der Rat suchte diesen
Angriffen, und besonders dem Besuch der evangelischen
Gottesdienste, die der Herzog in Lüne und Bardowik ein-
gerichtet hatte, dadurch entgegen zu wirken, daß er einen
gewandten Kanzelredner, der der alten Kirche an hing, in
der Person des Augustin von Getelen berief. Trotzdem
wuchs die Erregung in der Stadt immer mehr. Der
katholische Gottesdienst wurde wiederholt durch das Anstimmen
2
— 18
Lutherseber Kirchenlieder unterbrochen, in der Fastenzeit
1530 wurde der Rat öffentlich durch einen Mummenschanz
der Schneidergesellen verhöhnt, die in feierlichem Zuge in
geistlichen Gewändern alte Knochen aus der Abdeckerei
durch die Bäckerstraße trugen, und es trat, um die Sache
der Reformation zu führen, ein Ausschuß von 100 Bürgern
zusammen, der dem Rate sehr unangenehme Erinnerungen
an den Sechziger- Ausschuß im Prälatenkriege weckte.
So säumte der Rat nicht länger, lieber selbst die
Reformation in der Hand zu nehmen, als dem Herzoge
Gelegenheit zu geben, durch Benutzung der Uneinigkeit in
der Stadt die Selbständigkeit der Stadt zu vernichten, und
berief Stephan Kempe zur Aufrichtung einer neuen
Ordnung. Dieser fand aber doch noch so viel versteckten
Widerstand, daß er erzürnt die Stadt verließ, und nun
wandte sich der Rat an den schwäbischen Hofprediger des
Herzogs Urbanus Rhegius, der auch dem Rufe folgte
und während eines zweimaligen Aufenthalts (1531 — 1533)
— das zweite Mal als Superintendent — eine neue kirchliche
Ordnung durchführte. Das Vermögen der vielen geistlichen
Stiftungen wurde eingezogen und meistens zu milden Zwecken
verwandt. Zugleich wurde auch die städtische Schule
reformiert, und ein Freund Luthers, Hermann Tulich,
ein hervorragender Schulmann, als erster Rektor der Johannis-
schule berufen, unter dessen Leitung die Schule bald auf blühte
und eine der bedeutendsten im nordwestlichen Deutschland
wurde.
Am längsten widerstand in Lüneburg das fast
selbständige Michaeliskloster der Reformation. Der Abt
Boldewin v. Mahrenholz lehnte jede Neuerung ab. Er
konnte aber doch das Eindringen des neuen Geistes nicht
hindern. Noch am Michaelisfeste 1532 hatte er den Evan-
gelischen zum Trotz in voller Pracht die Messe vor der »goldenen
Tafel« celebriert, und im Dezember mußte er, als er durch
eine Seitenpforte die Kirche betrat, sehen, daß der Prior
Herbord v. Holle mit mehreren Mönchen das Abendmahl
nach Lutherschem Ritus feierte. In heftigem Zorne schleuderte
er die Schlüssel weit fort und stürzte aus der Kirche; in
wenigen Tagen hatten ihn Aufregung und Aerger getötet,
Sein Nachfolger wurde Herbord v. Holle, und diesem
— 19 -
gelang es, unter geschickter Benutzung des Zwistes zwischen
dem Herzoge und der Stadt, die beide sich des reichen
Klosters bemächtigen wollten, dessen Selbständigkeit zu
behaupten, und nach dem für die Protestanten unglücklichen
Ausgange des Schmalkaldenschen Krieges erreichte er 1548,
daß das Kloster in den Besitz seiner Güter und Rechte
wieder eintrat und als evangelisches Stift bestehen blieb.
Erst 1655 wurde es in eine für die Söhne des Lüneburgischen
Adels bestimmte Ritterschule (später »Ritterakademie« ver-
wandelt, behielt aber selbständige Vermögensverwaltung unter
dem bisherigen Abt, der die Stelle des ersten Landstandes im
Fürstentum Lüneburg einnahm. Es blieb bei dem Kloster
auch die schola externa als Michaelisschule bestehen, eine
Schule, die bis zu ihrer Aufhebung 1819 mit der städtischen
Johanisschule, oft unter bitterer Feindschaft der Lehrer und
Schüler, einen regen Wettkampf bestand. Beide Schulen
wurden von weit her besucht, besonders auch von ärmeren
Schülern, die alspaedagogi in den Häusern der Patrizier in einer
Zwitterstellung zwischen Hauslehrern und Kindermädchen, oder
als Mitglieder des Singechors durch Singen auf den Straßen
oder bei Festlichkeiten, sich ihren Unterhalt verdienten.
Her Rat hatte in der Reformationszeit im wesentlichen
seine alte Stellung behauptet, ja er hatte durch die Gewalt,
die er über Kirche und Schule erhielt, seine Macht noch
ausgedehnt. Er gelang ihm auch, die von dem Herzoge schon
lange verpfändete ^ ogtei, und damit die Gerichtshoheit, end-
gültig zu erwerben. Es ließ nun durch den Stadtsyndikus
Husanus das Stadtrecht ausarbeiten (1583; und schuf
damit für die Rechtsprechung in Lüneburg in den beiden
städtischen Gerichten, dem Obergericht und Niedergericht,
eine feste Grundlage.
Lüneburg war damals eine der reichsten Städte im
nördlichen Deutschland. Statt der alten Häuser aus Fachwerk
wurden steinerne Gebäude aufgeführt; das Rathaus wurde
im Innern ausgeschmückt, und, wenn auch die Heide auf
allen Seiten bis an die Wälle der Stadt heran reichte, so
lagen doch außerhalb der Stadt innerhalb der Landwehr
eine Menge von Gärten und Gehöften, die den Patriziern als
Sommersitze dienten Es ist ein farbenreiches Bild, das der
langjährige Konrektor der Johannisschule, Lucas Lossius,
9*
— 20 —
in seiner »Lunaeburga Saxoniae« entwirft, wo er in lateinischen
Gedichten die Stadt und ihre Umgebung besingt, von den
Kirchen bis zu den drei Mühlen, von dem Kloster vestalischer
Jungfrauen in Lüne bis zu dem Wirte in der Hasenburg, der
durch verwerfliche Mittel sein Bier zum Schäumen bringt.
Welches Leben mag in der Stadt gewesen sein, wenn in der
Fastnacht die Kope gefahren wurde ! Wer unter die Sülfmeister
eintreten wollte, mußte die Kope, ein mit Steinen gefülltes
Faß, durch das eine Achse gelegt war, mit vorgespannten
Hengsten durch die Stadt führen, begleitet von dem ganzen
Schwarm seiner Genossen zu Pferde. Am Schlüsse wurde
das Faß vor der Sülze von den Sülzern verbrannt, und
der neue Sülfmeister bewirtete die ganze Gesellschaft im
»Schütting«, dem vornehmsten Wirtshause, am Markte.
Wenn nun auch der Wohlstand Lüneburgs im Laufe
des 16. Jahrhunderts infolge der in Deutschland überall
zunehmenden Bevölkerung und der größeren Sicherheit des
Verkehrs noch zunahm, so waren doch schon manche
Veränderungen eingetreten, die langsam den Niedergang der
Stadt herbeiführten.
Es rissen damals die Holländer mehr und mehr den
nordischen Welthandel an sich, den vorher die Hansa gehabt
hatte. Besonders seitdem die Heringe nicht mehr an der
Küste von Schonen erschienen, bekamen die Holländer diesen
für die damalige Zeit wichtigsten Handelszweig ganz in
ihre Hände. Die nordischen Staaten entledigten sich der
Privilegien der Hansa und öffneten den Holländern ihre Häfen,
und für den beginnenden ozeanischen Handel lag Antwerpen
unvergleichlich viel günstiger als Lübeck oder Hamburg,
deren Hinterland außerdem noch nicht entwickelt war. Schon
durch diese Umstände wurde Lüneburg stark in Mitleidenschaft
gezogen, und sein Heringshandel verfiel. Dazu kam, daß
der Handel von der Unterelbe nach Südosten, der bis dahin
über Lüneburg gegangen war, immer mehr in die Hände von
Hamburg und Magdeburg fiel, besonders seit 1569 die Elbe
durch kaiserliches Mandat freigegeben war, und die Waren
mehr auf dieser natürlichen Straße befördert wurden.
Auch die Sülze, die bis dahin keinen Nebenbuhler
gehabt, mußte mit starker Konkurrenz kämpfen. Es wurden
neue Salinen angelegt, man legte Raffinerien von Seesalz an,
und zu großem Verdruß der Lüneburger wurde das minder-
wertige Salz in Tonnen verschickt, die genau den Lüneburger
Salztonnen glichen. Dazu wurde es immer schwieriger, das
für den Betrieb der Sülze nötige Holz heranzuschaffen.
Um die Holzzufuhr zu erleichtern, hatte Lüneburg schon
1412 die »Schalfahrt« angelegt, durch die vermittelst der
Schale, eines kleinen Nebenflusses der Elbe, aus Mecklenburg
Holz herbeigeführt werden sollte, und hatte diese Zufuhr
seitdem durch viele Verträge gesichert. Aber das reichte
für den gewaltigen Verbrauch nicht hin, waren doch in den
Jahren regelmäßigen Betriebes 27 000 Faden Holz (etwa
100 000 Raummeter) erforderlich. Die bisher so sicheren
Einnahmen von der Sülze, die bisher die Sülfmeister und alle
Bewohner der Stadt gehabt hatten, begannen zu sinken.
Dabei behielten die Herzoge ihr altes Verfahren bei,
von Zeit zu Zeit Angriffe auf die Privilegien der Stadt zu
machen, und sie zu bedeutenden Geldzahlungen für An-
erkennung derselben zu zwingen. So mußte Lüneburg 1562
das Fortbestehen seiner Steuerfreiheit und anderer Vorrechte
durch Übernahme einer Schuld von 30 000 Goldgulden, und
Verzicht auf eine Schuld der Herzoge von 50 000 Mark er-
kaufen — Leistungen, welche die Stadt nach heutigem Geld-
werte mit mehr als einer Milion belasteten. Schon damals
mußte der Rat sich mit Bitten um Beihülfe an die Bürgerschaft
wenden, in deren Kreisen schon lebhafte Unzufriedenheit mit
der bisherigen Verwaltung herrschte, und zugleich der Wunsch
erwachte, Einfluß auf die städtische Verwaltung zu erlangen.
Als nun im Jahre 1617 der Rat sich zu einer Zahlung
von 75 000 Talern verpflichten mußte, um Lüneburg von
einem Zoll loszukaufen, den der Herzog einzuführen gedachte»
kam die Unzufriedenheit zum Ausbruch. Ein mit seinen
Geschlechtsgenossen zerfallener Patrizier, Franz Töbing,
stellte sich an die Spitze der Unzufriedenen und rief den
Herzog Christian um Beistand an. So mußte sich der
Rat 1619 bequemen, fünf Bürger in seine Mitte aufzunehmen
und jährlich vor einem Ausschuß von sechs Personen Rechen-
schaft abzulegen. Weitere Anschläge Töbings gegen die
Macht der Geschlechter scheiterten allerdings.
Unter solchen Verhältnissen brach der dreißigjährige
Krieg aus. Als der niedersächsiske Kreis seit 1625 rüstete.
— 22 —
mußte Lüneburg zu den Kosten beisteuern, und bald zog
sich auch der Krieg selbst in die Nähe der Stadt. Zuerst
Mansfeld’sche, dann Tilly’sche Truppen verheerten die Um-
gegend; massenweis suchten die Landleute Schutz hinter den
festen Mauern der Stadt, und pestartige Krankheiten kamen
dadurch zum Ausbruch. Dazu verfiel der Handel, und der
Absatz der Sülze stockte. 1627 stand mehr als die Hälfte der
Sülzhäuser kalt. Jedoch gelang es anfangs dem Kate, eine
Besetzung der Stadt zu hindern; auch als Gustav Adolf
bei Breitenfeld gesiegt hatte, sich selbst nach Süd-Deutschland
wandte und seinen General Ake Tott nach dem nord-
westlichen Deutschland gegen Pappen heim schickte, und
Lüneburg sich dem Schwedenkönig anschließen mußte, nahm
es keine Besatzung auf.
Die Regierung im Herzogtum Lüneburg wechselte
damals rasch. Nach dem Tode des geisteskranken Herzogs
Wilhelm 1592 folgten dessen Söhne nach einander, zuerst
Ernst, dann Christian bis 1633, darauf August uud
seit 1636 Friedrich. Die 7 Söhne des Herzogs Wilhelm
hatten, um der Zersplitterung der Herzogtums ein Ende
zu machen, 1610 das Übereinkommen getroffen, daß nur
einer sich standesgemäß verheiraten solle, und das Los hatte
den jüngsten, Georg, getroffen. Dieser hatte dadurch neben
dem eigentlichen Landesfürsten großen Einfluß, um so
mehr, als er »Generalfeldoberst des niedersächsischen Kreis-
heeres« und seit 1636 Herzog von Calenberg war. Im Jahre
1635 trat Herzog August dem Prager Frieden bei, den der
Kaiser zunächst mit Kursachsen geschlossen hatte, um gegen
einige Zugeständnisse die Schweden aus dem Reiche zu ent-
fernen. Infolge dessen wandte sich Ban er gegen das
Herzogtum, zog vor Lüneburg, und als er sich zu einer
förmlichen Belagerung anschickte, überlieferte der Rat ihm
die Stadt, nahm eine schwedische Besatzung auf und kaufte
die Plünderung durch die Zahlung von 34 000 Talern ab.
Als nun die Besatzung auf die Stadt schwere Lasten legte^
die man bisjzum Jahre 1637 auf 37 000 Taler schätzte, sah
ein großer Teil der Bürgerschaft, aufgebracht durch die
ihrer Meinung nach voreilige Kapitulation, und in dem
Glauben, daß der Verfall des Handels und der Gewerbe in
der falschen Politik des Rats seinen Grund habe, die einzige
— 23 —
Hülfe in engem Anschluß an den Herzog Georg, um so
mehr, da dieser die Übergabe der Stadt geradezu als einen
Verrat bezeichnete. Dieser unzufriedene Theil der Bürger
schaft fand einen Führer in dem Buchdrucker Hans Stern.
1637 näherten sich brandenburgische und kursächsishe
Truppen der Stadt, ebenso rückte Herzog Georg hart an
Lüneburg heran. Da verschaffte Stern, der sich der Hülfe
der Handwerker versichert hatte, dem Herzog Georg Eintritt
in die Stadt. Die schwache schwedische Besatzung der
Burg unter Stammer kapitulierte, und der alte Hat wurde
abgesetzt, weil »der Rat bei Einnehmung der Schweden
ohne Teilnahme der Bürgerschaft und zum Mißfallen des
fürstlichen Hauses gehandelt habe«. Unter den Mitgliedern
des neuen vom Herzoge eingesetzten Rates befand sich auch
Hans Stern.
Da auch der neue Rat an der ungünstigen Lage der
Dinge nichts ändern konnte, und der Herzog bald auf die
Seite der Schweden zurücktrat, wurde schon 1639 der alte
Rat, jedoch durch Mitglieder des neuen Rats verstärkt,
wieder eingesetzt. Aber mit der alten Selbständigkeit und
der ausschließlichen Herrschaft der Geschlechter war es
jetzt dauernd vorbei. Die Rechte des Herzog wurden
erweitert; es wurde z. B. in vielen Fällen die Appellation an
die fürstliche Regierung zugelassen; es sollte fortan der Rat
zu gleichen Teilen aus Mitgliedern der alten Geschlechter
und aus Bürgern bestehen, und er mußte in wichtigen Angelegen
beiten Vertreter der vier Stände (Sülfmeister, Brauer, kagel
brüder [Kaufmannsgilde] und der Handwerkergilden einholen.
Zugleich blieb die Kalkberg in der Hand des Herzogs, und
die gegen die Stadt gerichteten Festungswerke auf demselben,
sowie der Abbruch des Turmes Springintgut, von dem man
die Festungswerke hätte einsehen können, zeigten, daß Lüne
bürg jetzt in der Hand des Landesherrn war. Aus einer fast
selbständigen Stadt, der zur freien Reichsstadt fast mil-
der Name fehlte, war eine herzogliche Landstadt geworden.
Daß der Herzog nicht die ganze Verwaltung der Stadt in die
Hand nahm, lag wohl weniger an besonderem Wohlwollen,
als an dem Mangel an geschulten Beamten, mit denen er
die Organisation einer neuen Verwaltung hätte durchführen
können.
— 24 —
Dabei aber griff der Herzog doch fortwährend in die
Verwaltung der Stadt ein. Im Jahre 1682 mußte sich der
Eat eine genaue Eevision des städtischen Eechnungswesens
gefallen lassen, das fortan unter herzogliche Aufsicht gestellt
wurde. Die bisherige Grund- und Gebäudesteuer zur Er-
haltung des Militärs wurde 1686 in eine indirekte, auf Lebens-
mittel gelegte, Abgabe verwandelt, und als der Rat diese
parteiisch handhabte, wurde sie 1709 vom Lande — zu dessen
großem Vorteile — übernommen. Schon früher hatte der
Herzog in der Stadt ein Haus gehabt, am Ochsenmarkte an Stelle
des jetzigen Eegierungsgebäudes , aber er hatte keine Küche
darin haben dürfen, um der Versuchung zu entgehen, dort
seinen ständigen Aufenthalt zu nehmen ; nun baute der
Herzog Georg Wilhelm 1693 bis 1698 ein neues Schloß
am Markte als Witwensitz für seine Gemahlin Eleonore
d’Olbreuze.
Nach dem dreißigjährigen Kriege war infolge der
Verödung Deutschlands der Handelsverkehr gering, und die
Einnahmen von der Sülze nahmen immer mehr ab. Auch
die Errichtung eines Salzkontors 1659, um den Salzhandel,
der bisher von den einzelnen Sülfmeistern betrieben war,
einheitlicher zu gestalten, hatte wenig Erfolg.
Eine gewisse Bedeutung behielt aber die Stadt durch
den Frachtverkehr, der über Lüneburg ging. Von der Elbe
bis Lüneburg wurden die Waren auf Kähnen, die von
Pferden gezogen wurden, auf der Ilmenau befördert, von
Lüneburg ins Land hinein auf Frachtwagen mit dicken
hölzernen Achsen. Am Kauf hause wurden die Waren um-
geladen und man bezahlte dort eine Abgabe, die zum größten
Teil für das Kaufhaus selbst und für die Unterhaltung der
Ilmenau verwandt wurde. Diese Abgabe schwankt von 1729
bis 1781 zwischen 7500 und 15 000 Mark (= l/a. Taler), und
läßt daher, da die Abgabe 1 ggr. für ein Schiffspfund
(= 320 Pfund) betrug, auf einen Durchgangsverkehr von
300 000 — 600 000 Zentner schließen, zu dessen Bewältigung
täglich 20 — 40 Frachtwagen nötig waren. Für die Besserung
der Wege, die auf Lüneburg führten, geschah nichts. Durch
die fürchterlichsten Sandwege mußten sich die schweren
Frachtwagen durcharbeiten. Aber um so größeren Verdienst
hatten die Herbergen und die Besitzer von Vorspann, weil
25 —
die Fuhrleute auf diese Weise nicht bloß durch das Stapel-
recht, sondern auch durch die schlechten Wege zu längerem
Aufenthalt genötigt wurden. Einen eigenen Handel hatte die
Stadt nicht, wohl aber ein bedeutendes Speditionsgeschäft,
das immerhin einen beträchtlichen Gewinn abwarf.
Natürlich wachte man sorgfältig darüber, daß dieser
Verkehr der Stadt erhalten blieb. So sind denn die Akten
der damaligen Zeit angefüllt mit Beschwerden über die
»Umfuhr«. Die Frachtfuhrleute suchten nämlich die Stadt zu
umgehen, und sich so dem Stapelrecht der Stadt zu entziehen.
Dieser Verkehr und das darauf fußende Speditions
geschäft war aber auch die einzige Erwerbsquelle der Stadt.
Die Gewerbe lagen im ganzen 18. Jahrhundert darnieder, trotz
der verschiedenen Versuche, die die Regierung anstellte, sie zu
heben. Auch die Sülze verfiel immer mehr, weil die Staaten
ringsum eine einheitliche Verwaltung durchführten und die
Grundsätze des Merkantilsystems rücksichtslos zur Geltung
brachten. Überall wurde die Einfuhr fremder Erzeugnisse
verboten, fremde Vorrechte beseitigt, und Monopole — z. B.
das Salzmonopol in Preußen — eingerichtet. Dazu wuchs
für die Sülze die Schwierigkeit, das Holz heranzuschaffen.
Denn man blieb bei dem alten überaus kostspieligen Betriebe
in Häusern, höchstens, daß in Nebendingen einige Ver
besserungen durchgeführt wurden, z. B. daß die Sole durch
Wasserkraft statt durch Menschenkraft gepumpt wurde. Die
Zahl der Sülfmeister schmolz zusammen. 1759 waren nur
noch 9 vorhanden, die kaum noch auf die Selbstkosten
kamen. Die Verwaltung der Stadt war viel zu schwerfällig,
um die Sülze von Grund aus zu reformieren, war sie doch
selbst im höchsten Grade reformbedürftig; denn den Rat
bildeten seit 1746 vier Bürgermeister, zwei Syndici, zehn
Senatoren, vier Sekretäre und eine Schar von Unterbeamten
ein ungeheurer Apparat für eine Bevölkerung von 8—9000
Menschen, selbst wenn man berücksichtigt, daß der Rat
auch die Gerichtsbarkeit hatte.
Die Schwerfälligkeit und das Hangen am Alten zeigt
sich recht deutlich in der ängstlichen Sorge um überlieferte
Rechte. Alle 30 Jahre fand eine große »Weidebeziehung«
statt, bei der man die Grenzen der Weide- und Jagdberechtigung
rings um Lüneburg beging, und durch Aufwerfen von Erd-
— 26 —
häufen, Schenken von Kesselhaken mit der Stadtmarke an
die auf der Grenze liegenden Häuser und allerlei symbolische
Handlungen die Gerechtsame der Stadt erneuerte. Drei Tage
dauerte eine solche Weidebeziehung, an der 100—200 Personen,
zu Wagen, zu Roß oder zu Fuß in Begleitung eines kaiser-
lichen Notars teilnahmen, der über das Ganze ein genaues
Protokoll auf nahm. In solchen wertlosen Formen suchte
man Ersatz für das Verlorene.
Von dem siebenjährigen Kriege wurde Lüneburg nur
im Jahre 1757 unmittelbar betroffen. Nach der Schlacht
von Hastenbeck besetzten die Franzosen unter dem Herzog
von Richelieu am 23. August die Stadt und blieben bis
zum 4. Dezember. Infolge dieser Besetzung hauste im
folgenden Jahre das Lazarett! eher in der Stadt.
Die unausgesetzten Klagen der Besitzer von Pfannen
auf der Sülze bewog endlich die Regierung, den alten durch
die Gewohnheit vieler Jahrhunderte geheiligten Betrieb voll-
ständig umzugestalten. Diese geschah 1799. Statt der alten
54 tief in der Erde steckenden Siedehäuser wurden wenige
größere errichtet; die bisherigen bleiernen Pfannen wurden
durch eiserne ersetzt, und statt des Holzes wurde Torf
verwandt. Dabei wurde der bisherige die Sülze eng um-
schließende Sülz wall mit seinen Mauern und Türmen
niedergelegt und der jetzige viel größere Sahnhof geschaffen.
Die Sülfmeister verschwanden; die Verwaltung ging an eine
Salindirektion über. So wurde die »Saline«, wie sie jetzt
genannt wird, wieder konkurrenzfähig; aber die große
Bedeutung, die die Sülze in der früheren Zeit für die Stadt
hatte, konnte sie nicht wieder erlangen.
Wie hier an der Südseite durch Niederlegen der alten
Befestigungen das äußere Aussehen der Stadt verändert
wurde, hatte man einige Jahre vorher auch an der Ostseite
die alten mit hohen Festungstürmen versehenen Tore, das
Altenbrücker und Lüner Tor, abgetragen. Die übrigen ver-
schwanden erst in den ersten Jahrzehnten dieses Jahr-
hunderts. Ebenso wurden die Festungswerke auf dem Kalk-
berg seit 1766 geschleift.
Das Ende des 18. Jahrhunderts brachte der Stadt
noch einen kurzen Aufschwung des Güterverkehrs, der in
den politischen Verhältnissen seinen Grund hatte. Der 1795
— 27 -
geschlossene Friede von Basel, der für das nördliche Deutsch
land friedlichere Verhältnisse herbeiführte, die gleichzeitige
Eroberung der Niederlande durch die Franzosen und in
folge davon die Vernichtung des Handels von Amsterdam,
endlich die beständigen Kriegsunruhen am Rhein und im
Süden, die nur die von Norden her in Deutschland hinein-
führenden Handelsstraßen frei ließen, führten einen ge-
waltigen Aufschwung des Hamburger Handels herbei, und
so belebte sich auch die über Lüneburg führende Handels
straße. Der Güterverkehr am Kaufhause stieg im Jahre 1800
auf 1,6 Millionen Zentner; damals sollen wohl an einem Tage
100 Frachtwagen am Kaufhause beladen sein. Die Her
Stellung geordneter Verhältnisse nach dem Frieden von
Luneville machten dieser für Lüneburg glücklichen Zeit bald
wieder ein Ende. Schon 1805 war der Güterverkehr auf
700 000 Zentner gesunken.
Seit dem Jahre 1803 wurde auch Hannover in die
Kriegsunruhen hineingezogen. Die Besetzung des Landes
durch die Franzosen von 1803 bis 1805 legte aucli Lüneburg
schwere Lasten auf, da während dieser ganzen Zeit fran-
zösische Truppen in der Stadt lagen. Nach der kurzen
Anwesenheit der Preußen kehrten 1806 die Franzosen zurück.
1810 wurde Lüneburg dem Königreich Westfalen einverleibt,
der alten Stadtverfassung wurde ein Ende gemacht, und es
wurde als Hauptort des Departements der Nieder- Elbe Sitz
eines Präfekten. Doch schon am 1. Januar 1811 legte Napoleon
die Stadt wieder zum Kaiserreich Frankreich, und Hamburg
wurde der Hauptort des Departements.
Dns Jahr 1813 brachte eine Zeit der Aufregung und
Gefahr, aber auch denkwürdige Ereignisse; denn bei Lüne
bürg fand das erste größere Treffen in den Befreiung?
kriegen statt.
Als nach dem Rückzug der Franzosen aus Rußland
die Vortruppen der Verbündeten im März an der Elbe er
schienen, verließen das französische Militär und die bei den
Behörden angestellten Nationalfranzosen die Stadt. Am
21. März rückten, freudig begrüßt, Kosaken ein, und am
24. März wurde der alte Magistrat wieder eingesetzt, und
zum Schutze der Stadt eine kleine militärische Macht aus
Freiwilligen gebildet.
— 28 —
Nachdem am 28. März vor diesen Freiwilligen und
bewaffneten Bürgern eine kleine feindliche Abteilung, die
sich von Süden her der Stadt näherte, zurückgewichen war,
zog am 1. April Morand an der Spitze von etwa 3000 Mann
von Westen her gegen die Stadt heran, zerstreute mit einigen
Schüssen das Lüneburger Aufgebot und besetzte die Stadt.
Dabei wurden gegen 30 Einwohner getötet und verwundet,
und zwei, die mit den Waffen in der Hand gefangen
genommen waren, vor dem Altenbrücker Tore erschossen.
Die Mitglieder des Magistrat flüchteten; an ihre Stelle trat
ein Verwaltungsausschuß. Mittlerweile war eine Abteilung
Johanne Stegen.
der Verbündeten unter Dörnberg, Tsc hem itscheff
und Benkendorf — etwa 300 Mann russische Infanterie,
440 preußische Füsiliere unter Major von Borcke,
2 Schwadronen Isumsche Husaren und etwa 1500 Kosaken —
über die Elbe gegangen, um der bedrängten Stadt zu helfen
und war schon am 1. April in der Nähe der Stadt angekoin men.
Unter Führung von flüchtigen Lüneburgern griffen diese
Streitkräfte am 2. April gegen Mittag die Franzosen an.
Die Preußen erstürmten das Lüner Tor, die Russen das
Altenbrücker Tor; die Franzosen zogen sich kämpfend zurück
und verließen die Stadt durch das Neue Tor. Aber außer
halb der Stadt ordnete Morand seine Streitkräfte und ging
wieder zum Angriff auf das Neue Tor über, das von den
Preußen verteidigt wurde. Bei dieser Gelegenheit hat ein
Dienstmädchen, die vielgefeierte Johanne Stegen, den
preußischen Füsilieren, die sich verschossen hatten, aus
einem verlassenen französischen Munitionswagen Patronen
zugetragen. Der Angriff der Franzosen wurde abgeschlagen
und Morand selbst schwer verwundet. Die Franzosen
wichen auf Reppenstedt zurück, wurden aber auf freiem
Felde, von allen Seiten eingeschlossen, gezwungen, sich zu
ergeben. Etwa 2800 Franzosen und Sachsen wurden zu
Gefangenen gemacht und 8 Geschütze erbeutet.
Die Verbündeten konnten jedoch Lüneburg nicht
behaupton. Schon am 4. April besetzte Montbrun die Stadt;
dieser ließ sofort 84 der angesehensten Bürger, darunter die
Mitglieder des Verwaltungsausschusses, verhaften, und mit
der Drohung, er würde sie dezimieren lassen, verlangte er von
ihnen die Namen aller derer, die sich irgenwie gegen den
Kaiser aufgelehnt hätten. Dörnberg erfuhr dies und er
zwang ihre Freilassung durch die Erklärung, daß er an den ge
fangenen französischen Offizieren Wiedervergeltung üben würde.
In den folgenden Wochen war Lüneburg abwechselnd
von den Franzosen und von den Verbündeten besetzt. Aber
dem Marschall Davoust, der von Napoleon geschickt war,
um die Niederelbe in seine Gewalt zu bringen, gelang es,
sich hier dauernd zu behaupten. Am 27. April ließ er durch
Sebastian i mit 10 000 Franzosen die Stadt besetzen und
traf Anstalten, Lüneburg zum Hauptwaffenplatze der ganzen
Gegend zu machen. Alle erwachsenen Einwohner wurden zu
— 30-
den Schanzarbeiten herangezogen, oder mußten einen Stell-
vertreter stellen. Dadurch, daß Hamburg kurz von dem
Abschluß des Waffenstillstandes von Poischwitz den Franzosen
in die Hände fiel und nun zur Festung umgewandelt wurde,
entging Lüneburg den Drangsalen, die jetzt über Hamburg
hereinbrachen. Aber eine beständige Besatzung von 4000 Mann
und unausgesetzte Lieferungen erschöpften doch die Mittel
der Stadt aufs äußerste.
Die starken Einquartierungen hörten auch dann nicht
auf, als nach der Schlacht von Leipzig die Stadt für immer
von den Franzosen geräumt wurde. Bei dem Durchmarsch
Bernadotte’s und der Truppen, die zur Belagerung Ham-
burgs bestimmt waren, lagen wiederholt 10 000 Mann in der
Stadt. Erst gegen Ende des Jahres trat allmählich größere
Ruhe ein, und am 4. November 1813 wurde die Regierung
in aller Form wieder von dem hannoverschen Ministerium
übernommen.
Die Zeit der Reaktion, die auf die Befreiungskriege
folgte, war zunächst den alten Privilegien der Stadt günstig:
Das Stapelrecht und das Recht des Straßenzwangs traten
wieder in Kraft. Auch die sonstigen Verhältnisse begünstigen
den Warenverkehr über Lüneburg. Nach der Beseitigung
der Kontinentalsperre schleuderte England seine billigen
Fabrikwaren nach Deutschland, und diese fanden besonders
über Hamburg Eingang. Als Preußen demgegenüber alle
Binnenzölle 1818 aufhob und den Durchgangsverkehr miß
hohen Abgaben belastete, bewegte sich der Warenzug in
verstärktem Maße auf der alten Handelsstraße über Lüne-
burg. Zwischen 1818 und 1825 betrug der durchschnittliche
Güterverkehr am Kauf hause 700 000 Zentner. Damals standen
die großen freien Plätze der Stadt, der Sand und der Schieß-
graben, oft gedrängt voll von Frachtwagen, die auf Abfertigung
warteten.
Es lag aber in den gegebenen Verhältnissen, daß dies
keine Dauer hatte. Das allmähliche siegreiche Vorschreiten
der preußischen Handelspolitik, die schließlich zu dem
deutschen Zollverein führte, mußte den Verkehr auf den
natürlichen Handelsweg, die Elbe, leiten; der innere Ausbau
des Königreichs Hannover vertrug sich nicht mit den
Privilegien einer einzelnen Stadt, die Anlage von guten Land-
— 31 —
straßen und schließlich der Bau von Eisenbahnen gaben der
privilegierten Stellung Lüneburgs den Todesstoß.
Im Jahre 1821 wurde durch eine Ermäßigung der
Zölle der Verkehr auf der Elbe erleichtert. 1825 trat ein
Grenzzoll in Hannover in Kraft, der der Zollfreiheit Lüne-
burgs ein Ende machte, der Ausbau einer Heerstraße von
Hamburg durch die Heide leitete einen Teil des Verkehrs
von Lüneburg ab, und seit 1825 tauchten immer neue
Eisenbahnprojekte auf, die zuerst von Lüneburg mit Ent-
rüstung abgewiesen wurden, dann aber mit Eifer ergriffen
wurden, um neue Erwerbszweige für die Stadt zu gewinnen.
1825 wollte eine englische Gesellschaft eine Pferdeeisenbahn
von Braunschweig über Lüneburg nach Hamburg bauen.
In Lüneburg erklärte sich alles einmütig dagegen, und der
Plan scheiterte. Neue Projekte einer Pferdeeisenbahn tauchten
1832 auf, ohne Erfolg zu haben. Dagegen zu ernsten und
langwierigen Verhandlungen führte das Anerbieten, das eine
englische Gesellschaft der hannoverschen Regierung im
Jahre 1834 machte. Sie wollte durch die Ingenieure Ta vlor
und Vignoles eine Eisenbahn von Hamburg nach Hannover
bauen, und zwar anfangs über Lüneburg, dann aber durch
das Luhetal. Hatte schon der Plan im allgemeinen die
größte Aufregung in Lüneburg hervorgerufen, weil dadurch
das Speditionsgeschäft vernichtet wurde, so brachte die Ab-
änderung des Plans vollends alles in Harnisch. In wieder-
holten Vorstellungen wandte sich der Magistrat, die Bürgerschaft
und viele einzelne Kreise an die Regierung und baten um
Ablehnung, und auf allen Weise suchte der damalige Ab-
geordnete für Lüneburg, Dr. Th. Meyer, die Ablehnung
durchzusetzen. Als dies 1833 gelungen war, eilte ihm bei
seiner Rückkehr alles, was Wagen und Pferde hatte, bis
Melbeck entgegen und holte ihn so in feierlichem Zuge in
die Stadt ein. Während dieser Verhandlungen machte die
Regierung der Stadt den Vorschlag, das Stapelrecht abzulösen;
aber so wenig verstand man die neue Zeit, daß man dies
günstige Anerbieten ablelmte, und später ist es ohne Ent
Schädigung aufgehoben.
Dagegen war die Stimmung schon vollständig um
geschlagen, als 1840 neue Eisenbahnprojekte auftauchten.
Mittlerweile hatte nämlich der Güterverkehr am Kaufhause
— 32 —
gewaltig abgenommen. Es war ein letztes Auf flackern, als
im Dezember 1841, unmittelbar vor dem Anschluß des
Herzogtums Braunschweig an den Zollverein, 800 Fracht-
wagen am Kaufhause beladen wurden. Man konnte sich
schon vorher der Einsicht nicht mehr verschließen, daß
Lüneburg die Bedeutung eines Stapelplatzes endgültig ver-
loren habe.
Es war damals die Eisenbahn von Hamburg nach
Bergedorf im Bau, und einer Gesellschaft, die sich in Lüne-
burg gebildet hatte, und sich mit Hamburg und Berlin in
Verbindung setzte, suchte um die Konzession nach, im An-
schluß daran eine Bahn über Stove nach Lüneburg zu bgtuen,
damit sie von da nach Berlin weiter geführt würde. Leider
sehe terte dieser Plan eine linkselbischen Verbindung zwischen
Hamburg und Berlin an dem Gutachten des Wasserbau-
technikers, der in dem Eisenbahndamm bei Hochwasser eine
Gef ahr für die Marschen sah. Von nun an ruhten die Eisenbahn-
projekte nicht mehr, bis endlich der hannoversche Staat sich ent-
schloß, den Bahnbau selbst in die Hand zu nehmen. 1847 wurde
die Eisenbahn von Hamburg über Lüneburg nach Hannover
eröffnet, der dann später die Eisenbahn nach Lübeck und die
Bahn Wittenberge — Buchholz folgten; letztere, nach Geeste-
münde— Bremerhaven weitergeführt, wird als direkte Verbin-
dung der Wesermündung mit Berlin große Bedeutung erhalten.
So ist Lüneburg aus dem alten Stapelplatze eine Stadt
geworden, die darauf angewiesen ist, durch günstige Eisenbahn-
verbindungen Gewerbe und Handel zu pflegen, und dazu die
reichen Bodenschätze auszubeuten, die sie in den Salzquellen
und in den Kalklagern in reichlicher Fülle besitzt.
Durch den Ausbau der Landstraßen nach allen Seiten
hin, der bald nach 1820 begann, ist Lüneburg jetzt der
Mittelpunkt eines weiteren Kreises geworden, und um so
mehr, als es zugleich Sitz vieler Behörden und Garnisons-
platz geworden ist.
1823 wurde die Landdrostei errichtet, die nach der
Annexion infolge des Gesetzes über die allgemeine Landes-
verwaltung vom 1. April 1885 an in eine Legierung verwandelt
wurde. Bald nach dem Jahre 1848 wurden die städtischen
Gerichte aufgehoben. An ihre Stelle traten, mit viel weiterem
Gerichtssprengel, das Amtsgericht und das Obergericht, aus
— 33 —
dem jetzt das Landgericht geworden ist. Das Schulwesen ist
gewaltig entwickelt. 1818 ging allerdings die Michaelisschule
ein, dafür erhob sich das Johanneum seit der Berufung
mehrerer angesehener Philologen aus Thüringen von neuem
zu hohem Ansehen und zog viele fremde Schüler heran.
Ebenso wurde das Volksschulwesen immer mehr gefördert,
und die stattlichen Schulgebäude, die seit 60 Jahren auf
städtische Kosten errichtet oder ausgebaut sind, zeigen die
Fürsorge der Stadt für das Unterrichtswesen. Mit der Auf-
hebung der besonderen Verwaltung des Michaelisklosters 1850
wurde auch die Ritterakademie, die nur engen Kreisen gedient
hatte, aufgehoben, und an deren Stelle ein Schullehrerseminar
eingerichtet.
Die alte Stadtverfassung wurde durch die Verfassungs-
urkunde vom 10. Oktober 1846 aufgehoben; die neue
Organisation ist seitdem mehrfach abgeändert und vereinfacht.
Schon unter dem alten Regiment war seit den Befreiungs-
kriegen manches für Umgestaltung und Ausbau der Stadt
geschehen, aber erst, seitdem die Verwaltung der Stadt
vereinfacht, und die Finanzen besser geordnet waren, und
seitdem durch die steigende Bevölkerung und den steigenden
Wohlstand die Mittel reichlicher flössen, konnte man zur
Durchführung solcher kostspieligen Anlagen schreiten, welche
die moderne Zeit verlangt. So ist seit 1859 eine Neupflasterung
der Straßen durchgeführt, und die Kanalisation der Stadt,
die Herstellung einer neuen Wasserleitung, welche die Stadt
mit gesundem Trinkwasser versieht, und die Regelung des
Abfuhrwesens haben vor allem dazu beigetragen, Lüneburg
zu einer gesunden Stadt zu machen. Dazu kommen das
städtische Krankenhaus im Südosten der Stadt, und die große
Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt, die von der Provinz zwischen
dem Mönchsgarten und Wienebüttel errichtet ist.
Manches Bauwerk, das an die alte Zeit erinnert, manche
Eigentümlichkeit im Bau und dem Äußern der Häuser, die
alten Wälle und Festungswerke, die der Stolz der alten
Bürgerschaft waren, haben den Bedürfnissen der Neuzeit
weichen müssen, aber manches öffentliche und Privatgebäude
ist auch würdig hergestellt. Manche wertvolle Schätze sind
der Stadt verloren gegangen: die alte Rüstkammer ist 1839
leichtfertig verschleudert und als altes Eisen verkauft, das
3
- 34 —
Ratssilber, das zum Teil schon den Drangsalen des dreißig-
jährigen Krieges zum Opfer gefallen war, ist bei den gesteigerten
finanziellen Anforderungen der Neuzeit für die Stadt verloren
gegangen, wenn es auch jetzt im Besitze des Staates weiteren
Kreisen nutzbar gemacht ist. Aber der Sinn für eine pietät-
volle Erhaltung des Alten ist erwacht. Das stattliche Museum
mit seinen in kurzer Zeit entstandenen reichen Sammlungen
ist dafür ein Beweis.
Lüneburg verdankt sein Aufblühen in alter Zeit der
Sülze und seiner unter den alten Handelsverhältnissen außer-
ordentlich günstigen Lage. Wie alle mittelalterlichen Städte
hat es seine Macht zum Erwrerb von Privilegien jeglicher
Art benutzt, hat dann aber auch das Schicksal dieser Städte
geteilt: in langjährigem Kampfe gegen das Landesfürstentum,
das gleiches Recht für alle fordert, und unter dem Einflüsse
modernen Wirtschaftslebens hat es alle diese Vorrechte
verloren. Es bleiben ihm aber der Reichtum des Bodens
und die günstige Lage an dem Knotenpunkte mehrerer der
wichtigsten Eisenbahnen Norddeutschlands, und dies verbürgt
ein stetiges Wachsen der Bevölkerung und des Wohlstandes.
Lüneburg vom Kalkberge aus gesehen.
Beschreibung und Bundgang
von
Dr. Sprengell.
Durchgesehen von ReinecUe.
Lüneburg, die'Hauptstadt des Regierungsbezirks (früher
Landdrostei bezw. Fürstentum). Nach der Volkszählung
vom 1. Dezember 1900: 24693 JE in wohn er , und zwar
12 524 männliche und 12 169 weibliche. Einwohnerzahl nach
der jüngsten Personenstandsaufnahme (1. November 1904 :
25 848. Sitz der Königlichen Regierung und eines Landgerichts.
Standort des 2. Hannoverschen Dragoner-Regiments Nr. 16.
Provinzial-Heil- und Pflege-Anstalt,
Schulen : Johanneum (Gymnasium und Realgymnasium .
Schullehrerseminar. Präparandenanstalt. HöhereMädchen schule
mit Lehrerinnenseminar. Mittelschule. Heiligengeistschule I.,
3*
-Sß-
II. und III. Schule der römisch - katholischen Gemeinde^
Schule der israelitischen Gemeinde. Handelsschule. Gewerb-
liche Fortbildungsschule. Landwirtschaftliche Kreis -Winter-
schule. Provinzial-Hufbeschlag-Lehrschmiede.
Zwei Bahnhöfe. Sie liegen nahe beieinander im öst-
lichen Teile der Stadt, der äußere an den Bahnen Hamburg-
Hannover und Lübeck-Lüneburg, der innere an der Bahn
Wittenberge-Buchholz.
Man betritt die Stadt, vom Hauptbahnhofe links sich
wendend, durch das Altenbrücker, in entgegengesetzter Rich-
tung durch das Lünertor; hier wie dort führt zunächst eine
Brücke über den Lösegraben, den breiten ehemaligen Stadt-
graben, welcher mittelst eines großen neuen Schleusenwehrs
zum Umflutgraben für die Ilmenau umgeschaffen ist; eine zweite
Brücke führt über die Ilmenau. Durch Unterführungen der
Landstraßen von Dahlenburg, Bleckede, Artlenburg und durch
ausgedehnte Bodenbewegungen ist das Gelände gegen früher
gänzlich verändert. Zwischen Lösegraben und Ilmenau kreuzt
man eine lange Straßenzeile, welche mit stattlichen Neubauten
und Lindenreihen besetzt, die Schauseite nach Osten gerichtet,,
die Stelle des ehemaligen Wandrahmwalls, Schießgraben walls
und Schifferwalls einnimmt und entsprechend benannt ist.
Am Südende derselben erhebt sich seit 1891 das Museum
für das Fürstentum Lüneburg, am Nordende seit 1893 die
Synagoge, beides Backsteinrohbauten.
Die übrigen Haupteingänge der Stadt, das Bardowiekerr
das Neue, das Sülz- und das Bote Tor nehmen die Land-
straßen von Winsen, Salzhausen, Soltau und Uelzen auf. Die
alten sehr ansehnlichen Torbauten sind sämtlich abgebrochen;
dem Boten Tor, einem Backsteinbau von 1860, wird das gleiche
Schicksal in nahe Aussicht gestellt.
Die beiden Hauptplätze der Stadt sind »Markt« und
»Sand«.
Gasthöfe. Am Sande : Deutsches Haus (Nr. 5). Hotel
Wellenkamp (Nr. 9). Hötel zur Hoffnung (Nr. 13). Lüneburger
Hof (Nr. 19). Hamburger Hof (Nr. 25). An der Ilmenau r
Hötel zum Schießgraben.
Herberge zur Heimat: Wallstraße 4.
Restaurationen in allen vorgenannten Gasthöfen.
Ferner : Clausens Garten (nahe den Bahnhöfen). Bellevue mit
— 37 —
Garten (nahe den Kasernen). Meyers Garten vor dem Neuen-
tore). Mönchsgarten. Am Markte: Rateachänke. Vm Sande
Lmdemanns Restaurant (Grapengießerstr. 3). Zum -
Kaulitz Gesellschaftshaus (Schröders! r.16 . Kohlmann Grapen-
gießerstr. 48). Kronenbrauerei (Heiligengeistst r. 11. Alten-
brücker Ziegelhof (südöstlich vom Bahnhof).
Wandrahm- und Schießgrabenstraße.
Weinstuben. Ratskeller (Rathaus . von Lösecke
(mit Veranda über der Ilmenau, am Stintmarkt 3 . Kroger
(Schröderstr. 3).
Konditoreien. Cafe Moeller (Gr. Bäckerstr. 21 . Rauno
(Schröderstraße 16). Wienecke (Am Sande 10 . Bergmann
(Apothekenstr. 5). Dieckmann (Heiligengeiststr. 34 . Kaffee-
Ralle (An den Brodbänken 4).
Bäder. Volksbadeanstalt AVandrahmstr. H&lvensletx n,
Fluß-Schwimmbad. Koop, Fluß-Schwimmbad. Salinl adeanstalt
mit Garten (vor dem Sülz tore 2).
Apotheken. Gr. Bäckerstr. 9. Am Sande 54. Neue
Sülze 12/13.
— 38 —
Postamt 1, Telegraph u. Fernsprechamt am
Marienplatz. Postamt 2 am Bahnhof.
Lesehalle Auf der Altstadt 50.
Hauptsehenswürdigkeiten. Rathaus. Museum. St.
Johanniskirche. St. Nikolaikirche. St. Michaeliskirche. Viskulen-
hof (sprich Fiß-Kulenhof). Roter Hahn. Kalkberg. Saline.
Lüneburg hat sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts
erheblich vergrößert und verändert. Vordem bildete die Stadt
ein längliches Viereck, die Schmalseiten nach Osten und
Westen, die Langseiten nach Süden und Norden gerichtet.
Die hohen Wälle mit herrlichen Lindenreihen, welche es um-
schlossen, sind bis auf einen einzigen im Nordwesten der
Stadt eingeebnet für neue Straßenzüge und Parkanlagen, und
vor dengf ehemaligen Toren sind ganz neue Stadtteile ent-
standen.
Einer der ältesten Giebel der Stadt,
Am Sande Nr. 53 (Stammhaus der Firma F. Frucht).
- 39 —
Vor dem Rundgange durch die eigentliche alte Stadt
möge einiges über ihren baulichen Charakter bemerkt werden
Bis vor 40 oder 50 Jahren hatte Lüneburg sein mittel-
alterliches Aussehen fast völlig bewahrt. Seitdem an Ein-
wohnern erheblich gewachsen, von 12000 auf ca. 26000, hat
es sich zu verjüngen und der Neuzeit anzupassen versucht.
Oelfarbenanstrich, Zementverputz, viele möglichst riesige
Ladenfenster haben die Schauseiten fast aller Häuser gänzlich
verändert. Die Baupolizei hat die Einziehung der Ausluchten,
der Beischläge (d. i. Steinbänke an den Seiten der Haustür,
der vorgebauten Kellereingänge, der Lindenbäume vor den
Häusern mit Erfolg befördert. Die Gossen in der Mitte der
Straßen und die Rinnsteine sind durch unterirdische Kanäle
ersetzt, und das holprige Straßenpflaster aus nordischen Find-
lingen ist mit behauenen Steinen erneuert, das früher völlig
fehlende Trottoir zum Teil sogar elegant ans Steinplatten
klinkern, Tonplatten und Asphalt hergerichtet. Manche alte
Giebel sind in den letzten Jahren abgebrochen, nur wenige
mit Verständnis wieder errichtet, recht ansprechend der des
Kaulitz’schen Gesellschaftshauses und musterhaft genau der
von Lindemann’s Restaurant. Uebrigens mußten schon im
vorvorigen Jahrhundert manche Giebel erneuert werden, wobei
vielfach die Volute (Schneckenhausform) des Barockstils und
später antikisierende Formen zur Anwendung kamen. Auch
das Innere der alten Häuser ist mit wenigen Ausnahmen längst
umgestaltet. Vermehrtes Wohnungsbedüifnis, veränderte Ge
schäftsverhältnisse haben zu Einbauten in die alten großen
Dielen und zum Ausbau von ehemaligen Bodengeschossen ge
führt. Vollends haben Feuersbrünste, in dem eteinmassiven
Lüneburg früher fast unbekannt, in den letzten Jahren manches
Alte zerstört. Die ältesten Gebäude sind von Ziegeln großen
Formats errichtet, aber vom Mauerfraß besonders in den
Untergeschossen arg mitgenommen. Schwarz-, braun-, grün
glasierte Ziegel- und Formsteine sind vielfach verwendet, farbig
glasierte Medaillons von Terrakotta mehrfach, Friese von
Stuckmasse vereinzelt. Wenige Privatgebäude reichen in das
15. Jahrhundert zurück. Sie zeigen aufstrebende gothische
Bauformen und feine Gliederungen der Tür , Fenster und
Lukeneinfassungen. Die meisten alten Häuser si n
16. Jahrhundert und haben die mehr horizontal ge
— 40 —
Am Sande Nr. 1 und 2.
Bauformen der Renaissance, zu welchen aber manches aus
der Gothik herübergenommen ist, z. B. die Treppengiebel und
das sog. Kabeltauornament. Die Häuser sind durchweg mit
der Schmalseite (Giebelseite) der Straße zugewendet. Längs-
bauten finden sich wenig, ebenso Fachwerkbauten. Dagegen
sind die Hintergebäude auf den Höfen vielfach von Facbwerk,
dort findet sich noch mancher geschnitzte Balken mit einem
Hausspruche, dem Namen des Erbauers und ähnlichem. Dem
Altertumsfreunde wird der Zugang wohl nirgends verwehrt. Die
alten großen Patrizierhäuser nehmen besonders dieEckplätze ein.
Alles in allem hat die innere Stadt ihren altertümlichen
Charakter gut bewahrt. Sie muß unter den malerischen Städten
der Provinz Hannover mit an erster Stelle genannt werden.
Rund gang. Die Altenbrückertor - Straße führt uns
mittelst einer neuen Bogenbrücke über die Ilmenau, welche
die Stadt von Süden nach Norden durchfließt. Die Brücke
wurde vor einigen Jahren massiv aus Backstein erbaut und
- 41 —
zwar an Stelle der »Oldenbrugge«, der uralten Gerichtsstätte
des gleichnamigen Gohs. Links zeigt sich neben der so
Ratsmühle, von welcher das Patriziergeschlecht van der Molen
seinen Namen trug, ein alter neuerdings erhöhter Wasserturin
und hinter ihm ein geschonter Rest des alten hohen Walles
(schöne Aussicht).
Es folgt die Kirche St. Johannis des Täufers,
auffallend durch ihren massigen Turm und die herrliche
Patina des südlichen Seitenschiffs. Als diese Lande Christ
lieh wurden als Tauf- und Archidiakonatskirche des < iau
hauptortes, des Dorfes Modestorpe (modu wendisch Dreck,
Morast), errichtet, ward sie um 1240, als Modestort' der Stadt
einverleibt wurde, zur Hauptpfarrkirche der Stadt erhoben
und neu aufgebaut im 14. Jahrh. Ursprünglich gothische
Hallenkirche mit drei gleichhohen Schiffen, wurde sie um
1400 um zwei niedrigere Seitenschiffe erweitert und nachmals
noch durch eine nördliche und eine südliche Reihe von
Kapellen verbreitert. So ist sie nun nahezu ebenso breit wie
lang (52 Meter), was eigenartig und großartig wirkt. Der
imposante Turm ist über der Straße 111 Meter hoch, von
einfachen, schönen Formen,
ein Wahrzeichen der Stadt.
Das Innere bietet viel
Sehenswertes. (Küster im
Eckhaus gegenüber dem
nördlichen Seiteneingang.)
Die grossen Glasgemälde in
den Fenstern sind neu. Alte
schöne Orgel. Zahlreiche
Epitaphien und Grabsteine
im Renaissance- und Barock-
stil, darunter eins aus dem
Jahre 1575 mit der Marke
des hervorragenden Lüne-
burger Bildensniders Albert
von Soest. Verschiedene
gut erhaltene Bildwerke von
ehemaligen Nebenaltären,
Hauptaltar mittelalterlich,
gut erhalten. Im Chor
der Stolz der Lüneburger und
Hinter der Altenbrücker Mauer.
— 42 —
Das Kalandshaus.
— 43
Am Sande mit der St. Johanniskircin».
Schnitzwerk des 15. und 16. Jahrhunderts. In der Sakristei
großer Reliquienschrein aus
der Form einer gothischen
Kapelle.
Der Kirche südlich
gegenüber das alteK alands-
haus, aus dem 15. Jahr-
hundert; es wird zu Schul-
zwecken benutzt, sein Giebel
ist kürzlich erneuert. Das
lange Gebäude davor ent
hält die Wohnungen der drei
Prediger und wurde um 1730
von Sonnin erbaut, dem
Meister der großen St.
Michaeliskirche in Hamburg,
der eine zeitlang Stadtbau-
meister in Lüneburg war.
Das freistehende Gebäude
nördlich der Kirche diente
stark vergoldetem Silber in
Hinter der Altenbrücker Mauer.
— 44 —
früher dem Gymnasium Johanneum; vor 30 Jahren ist es mit
einem Anbau versehen und der städtischen höheren
Mädchenschule überwiesen. Der große Neubau für das
Johanneum steht auf dem Grunde des abgetragenen Roten-
walles und ragt im Süden der Kirche herüber.
Auf dem nun folgenden großen freien Platze, dem
Sande, tritt uns Lüneburgs mittelalterliche Art und Größe
wohl am deutlichsten entgegen. Auch Harburg und Stade
haben einen »Sand«. Unter den alten Giebelhäusern zeigt
das älteste Nr. 53 noch rein gothische Formen (s. Abb. S. 38).
Das höchste ist Nr. 8, mit schönem Türklopfer von Messing.
Das große dunkle Haus am Westende des Sandes mit zahl-
reichen Medaillons von Terrakotta hat Julius Wolff auf
dem Umschläge seines »Sülfmeister« abgebildet, es ist aber
erst 1548 erbaut, während der Roman 100 Jahre früher spielt
(s. Abb. S. 40). A
Von der Südseite des Sandes führt die Rotestraße
(Haus Nr. 6, Längsbau von 1553 mit Medaillons) zum ehe-
maligen Rotentore. Auf dem abgetragenen Walle links
inmitten von Parkanlagen das Kriegerdenkmal, von Peiffer in
Am Sande Nr. 8.
— 45 —
Hamburg; weiterhin das neue Johannen, gelbei
stockiger Backsteinbau. Rechts auf dem abgetragenen Sülz
wall die katholische Kirche von 1858 und die It
Wallstraße mit der Herberge zur Heimat. Das
wurde 1860 erbaut. Hinter demselben liegt die städtische
Turnhalle mit zwei Türmen, weiter südlich das Kinder
Hospital.
Vom Sande westwärts führt die Heiligengeist
straße, beachtenswert durch einige alte Giebelhäuser, vor
über an dem großen Heiligengeist-Hospital, welches
Lagerraum der Saline.
Schulzwecke teilweise geschmackvoll neugebaut uml mit einem
zierlichen alten Dachreiter geschmückt ist, zum ehemaligen
Lambertikirchhof und zur Saline. Die St. Lamberti
kirche, eine große gothische Hallenkirche, wurde im Jahre
1862, da man ihren Einsturz befürchtete, abgebrochen.
Die Saline war früher eine viel besuchte Haupt
Sehenswürdigkeit. Die Gebäude sind zum Teil neuen Datums,
zum Teil um 1800 erbaut. Die alte Saline nahm nur den
Raum bis zu den hohen grünen Wallresten ein, auf welchen
— 46 —
Sammelbecken für
die Sole liegen.
Jahresausbeute ca.
600000 Zentner. Ar-
beiter 250. Mit der
Saline verbunden ist
eine gute Solbade-
anstalt, geöffnet
vom 1. Mai bis 1.
Oktober.
Vom Sande
ebenfalls nach Wes-
ten, ziemlich parallel mit der Heiligengeiststraße, führt die
G rapen gieße r straße (Haus Nr. 45, altes Patrizierhaus,
Binnenhof mit prachtvoll geschnitztem Balkenwerk) zum Vier-
orten (Ort = Ecke), dem Schnittpunkt der vier alten Stadtviertel.
Hier zweigt sich nach Süden die Salzstraße ab (Nr. 19 mit be-
sonders hohem Treppengiebel), nach Norden die Neue Sülze
(Haus Nr. 8 zeigt leider immer mehr zerbröckelnde schöne
Terrakotta-Friese nebst Türbogeneinfassung, etwa von 1550,
ähnlich denen am Fürstenhofe in Wismar), in nordwestlicher
Richtung die Straße Auf der Altstadt mit dem schönen
Blick auf die hochgelegene Michaeliskirche.
Die St. Michaeliskirche, große gothische Hallen-
kirche, um 1400 erbaut, mehrmals umgestaltet, bietet im
Innern nicht viel Sehenswertes mehr. Schön ist die Kanzel
von 1602, bau-
lich interessant
die kürzlich re-
staurierte Unter-
kirche (Krypta).
Die im Anfang
des 18. Jahrhun
derts an Stelle
der alten Kloster-
gebäude für die
Ritter -Akademie
(eingegang. 1851)
errichteten Ge-
toude beherber- Krypta der Michaeliskirche.
Salinenhof.
47
Auf der Altstadt mit der St. Michaeliskirclic
— 48 —
gen jetzt das Landratsamt, Seminar, Landgericht und
Amtsgericht.
Die Straße Auf der Altstadt und ihre Neben-
straßen Rübekuhle, Obere Ohlingerstraße, Untere
Ohlingers traße (der Name verhunzt aus »Oleniestrate«), Auf
dem Meer, der Techt (wo der »Tegede«, der Zehnte, entrichtet
wurde) bilden das älteste Lünebürg, den Kern der Stadt. Er
liegt in einer Mulde, entstanden durch einen Erdfall von 1013,
welcher nach chronikalischer Ueberlieferung die »civitas« des
Herzogs Bernhard Billung zerstörte und sogar die dem
heiligen Gyriak geweihte Pfarrkirche am Fuße des Kalkberges
bedrohte.
Von der Michaeliskirche westwärts kommt man
zum »Kalkberg«, einem Gipsfelsen, 140 Fuß über der
Stadt, 200 Fuß über dem Meere. Der Verschönerungsverein
hat einen neuen bequemen Aufstieg eingerichtet. Umfassende
Rundschau. Am Fuße östlich die große Strafanstalt. West-
lich der fiskalische Gipsbruch und der uralte Vorort Grimm,
der früher die Häuser und Gärten für die Burgbesätzung
umfaßte und im Jahre 1471 von Herzog Friedrich dem
Gipsbruch mit Kalkberg.
49
Frommen an die Stadt verpfändet wurde. Im Norden
sind die bewaldeten Höhenzüge jenseits der Elbe mit Lauen
bürg, nordwestlich bei klarem Wetter die Türme von Ham
bürg sichtbar.
Vom Kalkberg wenden wir uns nordöstlich, an dem
neuen Strafgerichtsgebäude und der neuen Bürgersch ile
vorüber zur Graalstraße. Nr. 1 daselbst ist das alte B u
mannshaus der von dem Berge. An seiner westlichen
Mauer befindet sich ein aus Sandstein ^ ! i < » ? i gemeißi
Doppelwappen des letzten aus diesem Lüneburgischen Burg
mannengeschlechte, Fritz von dem Berge fl623 und seiner
Gattin L eveke Hane, aus dem mecklenburgischen Ge-
schlechte v. Hahn. In dieser Gegend lagen auch die Höfe
anderer Burgmannengeschlechter. Die große stehengehlicbenr
Wallbastion ist der alte Lindenberg, die Stätte des uralten
Maifestes, mit dem auch die Ortsbezeichnung Gral d.i. Jubel)
zusammenhängt. Weiterhin der Windberg, vielleicht alt
Winberg. Auf dem jetzigen Marienplatze stand die 1818
abgebrochene Marienkirche, welche zu dem 1235 von Herzog
Otto dem Strengen auf dem Gösebrink errichteten
Franziskanerkloster gehörte. Von diesem in der Refor
mationszeit aufgehobenen Kloster ist der südliche Flügel er
halten, unten mehrere Gewölbe des ehemaligen Kreuzganges,
oben das Refektorium, ein großer Saal, in dem sich die
Stadtbibliothek befindet (geöffnet Donnerstags von 11 1
Uhr, sonst auf Meldung beim Bibliothekar Professor Görges,
Graalstraße 3). Ihr Grundstock ist die Bücherei des gedachten
Klosters. Sie ist nicht groß (za. 40000 Bände), aber überreich
an Wiegendrucken deutscher, französischer und italienischer
Herkunft. Mehrere von den wertvollen Pergament Hand
Schriften des 14. und 15. Jahrhunderts mit schönen Miniatoren
sind unlängst in das Stadtarchiv überführt Evangelienbücher,
Messbücher, die Kornerhandschrift und zwei Sachsenspiegel
Viele schöne Bucheinbände der Gothik und der Renaissance.
Südwestlich am Marienplatz das neue Postgebäude,
von gewohnter Stattlichkeit. Südöstlich die Reitende -
Dienerstraße, in welcher die lange Reihe dei Dienst
Wohnungen der städtischen Unterbeamten, vormals der Reiten-
den Diener, noch manches vom mittelalterlichen Zustand aufzeigt
und insbesondere die einheitliche Fassade von 1680 bewahrt hat.
4
— 50
Wir stehen nun vor dem Rathause. Das große,
mehr lange als breite Rechteck, ein vielgestaltiger Gebäude-
komplex, gibt ein deutliches Bild von Lüneburgs Werden und
Wachsen. Der für eine Stadt, die zu ihrer Blütezeit wohl
kaum mehr als 15000—16 000 Einwohner zählte, schier zu
groß erscheinende Umfang dieses vornehmsten Profanbaues
erzählt beredter als geschriebene Urkunden von dem Reichtum
und der Bedeutung der alten Salz- und Hansastadt.
Umschreiten wir den ganzen eigenartigen Bau. Die West-
seite am Marienplatz, reich ausgestattet mit Wappen und
Figuren, gehört dem Kämmereigebäude an. Eine spitzbogige,
nur von innen zu öffnende Tür mit geschnitztem Stadtwappen
im Bogenfelde war bis in die neueste Zeit zugemauert. Die
Nordseite, am Ochsenmarkt, bietet zunächst den vor einigen
Jahren gut wiederhergestellten Treppengiebel dieses Gebäudes.
An der übrigen Schauseite gewahrt man mancherlei spätere
Aenderungen. Auch der Haupteingang mit mächtiger gothi-
scher Tür liegt an dieser Nordseite, gegenüber dem neuen
1849 erbauten Regierungsgebäude. Die Südseite des
Rathausvierecks ist 1861 in einer im Stil wie im Material
nicht eben glücklichen Weise erneuert, bei dieser Gelegenheit
— 51 —
ist das an der verbreiterten Wagestraße belfegene malerische
-Gebäude der alten Rats wage abgebrochen worden. !'
nnd größten Aenderungen hat die östliche, die Hanptschau
«seite, im Laufe derZeit erfahren. Nur die mächtigen (iranit
Säulen, welche die Gewölbe des Untergeschosses
vom ältesten Bau. Vor einigen Jahren wurden du
Standbilder und Wappen farbig bemalt, was, namentlich
•dem die Zeit die Farben gemildert hat, sich von
erweist. Vor etwa 25 Jahren wurde der dünne Mörtelverj tz
durch eine dicke Zementschicht ersetzt, g&mtlich<
wurden umgestellt und zumteil in angeklebten Nisch«
gebracht. Der nächst rückliegende Umbau war gegei 1720
vorgenommen. Balkon, Frontispiz, Mansardendach, Turin
laterne stammen aus dieser Bauperiode. Um 1009 waren dir
fünf hohen Türme herabgenommen — ihre Reste sind in
fünf dicken Pfeilern eingehüllt enthalten — und die übrige
Rront wurde in den Formen der Spätrenaissance umgebildet.
Dieser Zeit gehören auch wohl die 15 steinernen Standbilder an.
welche die Schule des Albert von Soest verraten. Dei
alte gothische Bau, an welchem reichlich glasierte Ziegel ver
wendet waren, wurde wohl um 1400 errichtet und war mit
«einen fünf mastenartigen Türmen den Rathausbauten ver
schiedener Ostseestädte ähnlich.
Zur Besichtigung des Innern wendet man sich an den
Rathausvogt (Wohnung an der südwestlichen Ecke des hat
hauses, am Marienplatz). Die Innenräume bergen eine Fülle
wertvollster Kunstaltertümer und illustrieren die Kunststile \«>n
der Gothik bis
zum Barockstil.
Der älteste Kern,
seit dem 15. Jahr-
hundert als Rats-
küche benutzt, im
Jahre 1899 zum
städtischen Ar-
chiv um gebaut,
entstand wohl
schon uin 1200,
Ms der heu-
tige Marktplatz
— 52 —
Große Ratsstube.
(novumT forum) eingerichtet ward und die herangewachsene
Stadt sich mit Mauern umgab. Die Nordseite dieses Baue»
ist aus rohenGipsstücken aufgeschichtet. Um diesenKern wurden
im Laufe von zwei Jahrhunderten je nach Bedarf die übrigen
Bauten errichtet. Die innere Ausstattung gehört zum Teil noch
der alten gothischen Stilperiode an, vieles der Renaissance,
einiges dem Barockstil, manches der neuesten Zeit.
Der Haupttreppe zunächst liegt links der sogenannte
Huldigungssaal, dahinter der Traubensaal. Beide wurden
1706 ausgestattet zur Huldigungsfeier für den Kurfürsten
Georg Ludwig, der später als Georg I. den Thron von
England bestieg. Wand- und Deckengemälde, Türen und Tür-
beschläge, Kristall-Kronleuchter, Spiegel- und Lichtträger, die
Oelbilder fürstlicher Personen' in schweren Goldrahmen, alles
zusammen gibt ein harmonisches Bild des Barockstils.
Gegenüber rechts betritt man durch ein Vorzimmer
die große Ratsstube, deren innere Einrichtung 1564 — 1583 her-
gestellt ist, eine herrliche Schöpfung der Renaissance, die
Holzschnitzereien von Gerd Suttmeier und Albert von
Soest, die Wandgemälde von Daniel Frese (1572—78).
Gerd Suttmeier (d. h. wohl Südmeier) wurde im
Jahre 1539 Bürger in Lüneburg und stand als Kunsttischler
— 53 —
und Eichmeister im Dienste des Rates. \ on 1564 — 67 arbeitete
er am »Neuen Gemach«, spätestens seit 1566 gemeinsam mit
seinem jüngeren Genossen Albert von Soest. Auf Gerds
Meisterhand sind u. a. die geschnitzten Rosen unter der Decke,
■ein Teil der Schranke und namentlich die Täfelung mit den
unvergleichlichen Friesen zurückzuführen ; die kunstvolle l 'm
rahmung der Türen ist das Werk Alberts, der noch nach Gerda
Tode die gemeinsam begonnene Arbeit allein fortsetzte
zu Ende brachte. Auch Albert von Soest ist von auswärts
nach Lüneburg gekommen; erst im Jahre 1583 gewann er
das Bürgerrecht, 1590 oder ein wenig später ist er gesl
Seine Schöpfungen sind außerordentlich vielseitig, und Lüne
Iburg hat das Glück, noch eine ganze Reihe anderer Werke
des Meisters zu besitzen. Hier seien nur genannt das in
Stein gemeißelte Epitaph des Stadthauptmanns Fabian Ludieh
in der Johanniskirche, die seltenen Papierreliefs im Museum
und auch das Grabdenkmal für den Chronisten Jakob Scho
maker im Dom zu Bardowiek, ebenfalls aus Stein gemeißelt
Die Bilder Daniel Freses, eines s. Z. berühmten Kunst
malers und Kartographen, stellen Allegorien dar und erhöhen
mit ihrem warmen goldigen Farbenton den Gesam teindruck
des reizvollen Raumes.
Große Ratsstube.
— 54 —
In einem Wandschranke werden verschiedene Kunst-
altertümer auf bewahrt nnd auf Verlangen vorgezeigt, ins-
besondere schöne Gobelins des 16. Jahrhunderts und kirch-
liche Gegenstände aus der alten Ratskapelle.
Im nämlichen Geschoß nach Süden liegt die »Laube«,
der alte Ratssaal des 15. Jahrhunderts. Ein sehr tiefer
Vorraum linkerhand vor ihr, das alte Wandhaus der Stadt,
woselbst die Wandschneider ihre Verkaufsstände hatten, wird
Große Ratsstube.
durch das vielfach abgebildete schmiedeeiserne Gitter des
Hans Rüge von 1576 abgeschlossen. Die Laube ist gothisch,
in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts erbaut. Dieser Zeit
gehören die leuchtenden Glasmalereien des Südfensters an,
welche die 9 großen Helden des Mittelalters darstellen, drei
Juden, Judas Maccabäus, David, Josua, drei Christen, Gott-
fried von Bouillon, Karl den Großen, König Artus, drei Heiden,
Julius Cäsar, Alexander den Großen, Hektor. Man beachte
ferner die Wandschränke, mit besonders kunstvoller Eisen-
55 -
arbeit, und das neuerdings übermalte Temperabild über dem
Eingangsbogen, auch das aus Holz gefugte reich bemalte
Tonnengewölbe mit flach aufliegenden vergoldeten Rippen und
geschnitzten Blättern. Die westliche Seitenwand wurde 152!»
bemalt mit Figurenbildern und Ornamenten im Stil der
Renaissance. Die Darstellungen erinnern an die Allegorien
im Theuerdank und Weißkunig des Kaisers Max I., in der
Manier an deren Zeichner Hans Burgkmaier von Augsburg,
aber auch an die des Aldegrever. Die lange verfallenen,
höchst wertvollen Bilder wurden vor 25 Jahren restauriert,
die Bilder der Decke dabei reichlich stark übermalt, die der
Seitenwand von anderer geübter Hand sachgemäß hergestellt.
Die teils in Stein gemeißelten, teils in Holz geschnitzten
Schranken der Ratssitze sind von 1598. Die im Fußboden
dieses Sitzungsraumes befindlichen runden Löcher mit Bronze
deckeln dienten der mittelalterlichen Luftheizung, darunter
liegen die backofenförmigen Heizkammern. An der Nordwand
ist die alte gothische Holztür befestigt, welche die Bürger
1371 von der eroberten Burg auf dem Kalkberge als Sieges
Zeichen heimgeführt haben sollen. Eine andere Trophäe», die
Lunasäule aus weißem Marmor stand bis zu ihrer Feber
führung in das Lüneburger Museum in einer Kapelle der
Johanniskirche.
Neben der Laube liegt das Alte Archiv, ein stimmungs-
voller spitzbogig gewölbter Raum, in dem eine Anzahl sehens
werter Altertümer aufgestellt ist, u. a. ein Kasten von ge
punztem Leder aus dem 15. Jahrhundert. Durch einen dunklen
Treppengang mit der Laube verbunden ist die sogenannte
Körkammer, wo die Bürgermeister gekürt wurden und
sonstige geheime Beratungen stattfanden. Das Gemach ist
ein wohl einzig dastehendes, seit seiner Entstehung kn um
berührtes, vorzüglich erhaltenes Stück Mittelalter. Ls gehört
gleichwie die Glasbilder des Fensters, welche vier Bürger
meister darstellen, dem Ausgange des 15. Jahrhunderts an.
Ein Stockwerk höher liegt der sog. Fürstensaal Er
ist über 33 Meter lang, 11 Meter breit, fast 5 Meter hoch.
Den Namen hat er von den lebensgroßen Bildnissen der
Landesfürsten und ihrer Gemahlinnen, die rings von den
Wänden herabschauen. In Temperafarben auf Leinwand aus
geführt, in ganzer Figur, in der Tracht der Mitte des 15. Jaln
— 56 — '
hunderts, sind sie später ohne Verständnis oftmals über-
malt. Eine Herstellung der alten Kunstwerke ist erwünscht.
Die Bildnisse beginnen mit Heinrich dem Finkler und
sind fortgesetzt bis zu Ernst dem Bekenner. Ein großes,
anscheinend erheblich jüngeres Figurenbild zur Seite des
nördlichsten Fensters stellt die Belehnung Otto ^es Kindes
mit dem Herzogtum Lüneburg durch Kaiser Friedrich II.
vor. Die Decke des Saales ist von Daniel Frese bemalt
mit den Medaillon-Brustbildern der römischen Kaiser von
Augustus bis Rudolf II. ; die erheblich ältere gothische
Bemalung, Rankenwerk mit Halbfiguren, ist an einem
Teil des mächtigen Tragbalkens freigelegt. Die ringsum
laufende Wandtäfelung enthält eine Fülle zierlichsten gothi-
schen Maßwerks. Fünf eigenartige gothische Kronleuchter sind
aus Schmiedeeisen gearbeitet unter Verwendung von riesigen
Hirschgeweihen und von Statuetten. Ein anderer gothischer
Kronleuchter ist von Messing, zwei andere von Messing im
Spätrenaissancestil. Eine Querwand mit drei Bogenöffnungen,
vor etwa 150 Jahren hergestellt, trennt einen Teil des Saales
ab und dort stehen zwei große Glasschränke mit den galvano-
plastischen Nachbildungen des bekannten im Lüneburger Saal
des Berliner Kunstgewerbemuseums auf gestellten Ratssilber-
schatzes, soweit er sich mechanisch nachbilden ließ. Das
jüngste Stück, ein großer silberner Krug im Barockstil, ist
Original, das unveräußerliche Geschenk eines Bürgermeisters.
In einem Nebengemache des Fürstensaales steht ein
Schrank mit Richtschwertern und Foltergeräten.
Im Kämmereibau befindet sich ein Zimmer mit reich -
geschnitzter Wandtäfelung und Holzdecke von 1583, ein Werk
des Ratstischlers Warneke Burmester, wenn auch nicht
mit seinem Meisterzeichen beglaubigt. Auch das Zimmer
gegenüber hat eine schöne einfacher gehaltene Holztäfelung.
In der unteren Halle sind drei Türen mit gothischem Maß-
werk, in der oberen Halle, welche durch spätere Einbauten
sehr verkleinert ist, einige auf Glas gemalte Wappen aus dem
15. Jahrhundert und ein interessanter Hochsitz am Fenster
zu bemerken.
Der Springbrunnen auf dem Markte gehört der
Frührenaissance an, das Becken ist neueren Datums.
— 57 —
Das Haus Nr. 1 am Ochsen markte, außen und
innen im Laufe der Zeiten wenig verändert, verdient
Typus eines alten Patrizierhauses mit seinem Hof, < Jurten
und Nebengebäuden besondere Beachtung.
Das Schloß, erbaut gegen 1700 als Witwensitz
Eleonore d’Olbreuse, die Urgroßmutter Friedrich des Groß* i
dient jetzt als Kaserne. Der gegenüberliegend^ Im
hohe Treppengiebel des Hauses Nr. 5 hat nur dekorativ«*
Bedeutung. Das Eckhaus Nr. 1, Bardowiek er Straße,
■ehemals der Schütting, das vornehmste Gasthaus der Stadt,
die es in eigener Verwaltung hatte bzw. es verpachtete.
Schüttinge gab es auch in Bremen, Stade und Lübeck.
Vom Markte nach Norden führt die Bardowick er
straße. Nr. 32, das sog. Wit zendorf f ’sche Haus, ein
schöner Renaissancebau von 1559 aus dunkelglftsierten Bacl
steinen, mit Gesimsen, schönen Wappen und Medaillons von
Sandstein, erinnert an italienische Bauten ähnlicher Art. beider
fehlt das alte
Hauptgesims und
der neue aufge-
setzte Treppen -
giebel paßt vol-
lends nicht zum
Bau. Links vom
ehemaligen Tore
steht noch ein
Stück vom hohen
alten Wall,
dessen Innenbö-
schung die noch
ältereStadtmauer
mit viereckigen
Türmen bildet,
während an der
Außenseite noch
Reste der Mauer
eines Wächter-
gangs mit Schieß-
scharten sich be-
finden. Rechts
Bardowiekerstraße Nr. 32.
— 58 —
Ratsapotheke.
an der Stelle des ehemaligen »Kastanien« -Walles ist
jüngst die Schlachthausstraße entstanden mit einer Eisen-
brücke über die Ilmenau. Nordwärts steht der neue Schlacht-
hof (1891), weiter nördlich das »Lüneburger Eisenwerk« mit
gegen 300 Arbeitern, noch weiter hinaus die Zement- und
Kalkfabrik mit etwa 250 Arbeitern und unten an der
Ilmenau die Faßfabrik von Johann Keichenbach mit 207
Arbeitern.
Vom Markte nach Süden führt die Straße Auf der
Münze, benannt nach dem ehemaligen Münzhause; der
jetzige Bau aus dem 16. Jahrhundert mit farbig glasierten
Medaillons (Nr. 8). Eine gute Anschauung von der Größe
und Ausdehnung der alten Patrizierhäuser geben Kaulitz ”
— 59 —
Zimmerdecke im alten Propst-Haus Am Berjre Nr.
Gesellschaftshaus (Schröderstraße 16 und das zur Volks
schule eingerichtete ehemals von Dassel’sche Ha
der Münze Nr. 7).
Vom Markte zum Sande führt die Große Bäcker
straße und ihre Verlängerung die Kleine Bäckerstraße
An Nr. 2 im Giebel befindet sieh das Brustbild des Bfc ( i
welcher in der Straßenschlacht am 21. Oktober 1371 zweiund
zwanzig von den eingedrungenen Feinden erschlagen haßen
soll. Die Ratsapotheke (Nr. 9) hat ein schönes
portal mit interessanten Inschriften. Das alte große Patrizier
haus Nr. 26 hat vor 40 Jahren eine nüchterne Vorderseih
erhalten, Spuren alten Schmuckes zeigen noch Nord und
Hofseite.
— 60 —
Zimmerdecke im alten Propst-Haus Am Berge Nr. 35.
Von der Kleinen Bäckerstraße führt nach Osten
die Glockenstraße. Sie hat ihren Namen vom sog. Glocken-
hause, einem massigen gothischen Längsbau von 1482 mit
interessanten grünglasierten Friesen und Türeinfassungen.
Vom Markt nach Osten führt die Straße An den
Brodbänken und die Kosenstraße zum Berge, auf dem
man südwärts wieder zum Sande gelangt. Auf dem Berge
sind zu bemerken, das Haus Nr. 37, um 1450 von den v. d.
Molen erbaut, 1566 von dem neuen Besitzer Mutzeltin
mit moderner Benaissance-Fassade versehen (durch Albert
von Soest. Das Modernisieren ist also nichts Neues.) Hof-
seite besehen ! Nr. 35 ist das alte Propst-Haus des Prämon-
stratenser-Klosters zum Heiligenthal, erbaut etwa um 1385,
das älteste Privathaus der Stadt. Es bewahrt noch die große
— 61 -
helle Diele und hat in einem Zimmer im Krdgeschoß eine
figurenreiche, höchst sehenswerte Stuckdecke von 1637.
Weiterhin am Sande 31, das Haus der v. Stern’schen
Buchdruckerei, der ältesten von den heut* bestehen
deutschen Druckereien, gegründet 1614, früher weit
durch ihre Bibelausgaben. Nach der Hofseite ein interessante]
Fachwerkbau des 16. Jahrhunderts mit einer sehr schönen
getäfelten Zimmerdecke der Renaissance.
Von der Bardowiekers traße nach Osten führt die
Lünerstraße. An ihr liegt die St. Nicolai Kirche, die
jüngste, kurz nach 1400 erbaute und baulich intcrcs
der Stadt. Ursprünglich war sie wohl länger gedacht, jetst
stehen Länge und Höhe nicht ganz im Verhältnis. Abel
das Innere, ein ausnehmend hohes Mittelschiff 20 Meter
mit zwei minder hohen Seitenschiffen (sog. Basilika wirkt
imponierend. Der Altar zeigt sehenswerte Temperabilder-
Der Küster Fuhlbom, Lünerstr. 2, zeigt schöne Stoffe und
Stickereien des 15. und 16. Jahrhunderts. Die < Otter von
Schmiedeeisen vor den Kirchentüren waren früher die Chor
schranken der jetzt abgebrochenen St. Lamberti Kirche. Der
schlanke Turm ist neuestens errichtet, 98 Meter hoch. Die
Besteigung bis zur Galerie (fast 66 Meter hoch ist bequem
und der Aussicht wegen sehr zu empfehlen. Die größte der
9 Glocken, die Marienglocke, ist 1491 von dem berühi
Glockengießer Gerhard von Wou (sprich Wau aus Kämpen
gegossen.
Zu wenig beachtet wird das sehenswürdige Haus der
Kirche südlich gegenüber, Nr. 3. Nördlich hinter der Kirche
steht ein Rest von den alten Pfarrhäusern, Holzfachwerkbau
des 16. Jahrhunderts. Weiter nördlich, Baumstr. 2, gehörte
zur Zehntscheuer des Klosters Scharnebeck und [zeigt
darauf bezügliche geschnitzte Figuren. Von der Lüner
straße südlich führt die Rotehahnstraße zum Berge.
Sie ist benannt nach dem an ihr befindlichen Hofe Zum
roten Hahn, mit städtischen Freiwohnungen, ein höchst
charakteristisches und malerisches Stück Mittelalter.
Nördlich führt von der Lünerstraße die Straße Im
wendischen Dorf zur Stadt hinaus. An dieser|Stra
der Westeingang zu dem großen Gebäudekomplex Viskulen-
hof. Die Bezeichnung »Hof« kommt in Lüneburg und auch
- 62 —
in manchen anderen deutschen Städten vor für ein Haupt-
gebäude oder Herrenhaus mit Neben Wohnungen für' kleine
Leute, und ist aus den uralten dörflichen Siedelungen teils
wohl in die Stadt mit hinübergenommen, teils für schon vor
der städtischen Bebauung am Platze befindliche Höfe bei-
behalten worden. Das Geschlecht der Viskule tritt am Aus-
gang des 13. Jahrhunderts zuerst auf (Johannes, der Stamm-
vater der Familie, wurde Batmann i. J. 1320). Es erwarb
großen Reichtum durch Handel und erlosch 1552 mit Caspar
Viskulenhof.
Viskule, dessen Witwe Beate von Dassel 1560 Stephan
Loitz aus Stettin heiratete. Die Loitze in Stettin, mit
Nebenhäusern in Danzig und Lüneburg, waren ein reiches
großes Handels- und ßankierhaus, machten aber nach kurzer
Blüte den großartigsten Bankerott des Jahrhunderts, 1572.
Die Schicksale und das heutige Aussehen der mächtigen
Gebäude erklären sich aus dieser kurzen Geschichte. Das
hohe Herrenhaus an der Ilmenau schaut nach Osten und
dient jetzt als Speicher. Der kundige, ja schon der auf-
merksame Beschauer wird von den ältesten strengen aber
— 63 —
Kaufhaus mit Krau.
— 64 —
zierlichen gothischen Formen an die weiteren Zutaten und
Aenderungen erkennen, sowohl an dieser Seite wie an der
südlichen Giebelseite und an der Westseite, welche leider die
mächtige zyklopische Granittreppe in der Neuzeit verloren hat.
Wo die Lünerstraße die Ilmenau erreicht, zeigen sich
höchst malerische Städtebilder. Von der Brücke, die kürzlich
mit neuem Oberbau von Eisen versehen ist, sieht man südlich
die bereits 1147 von Heinrich dem Löwen dem Kloster
von St. Michaelis geschenkte Abtsmühle, daneben den
kürzlich mit einem Durchgang versehenen hohen Wasserturm
Blick von der Galerie des Abtswasserturms.
der Abtswasserkunst, von 1530, weiter links den interessanten
Holzfach werkbau der Lü'nermühle, von 1579. Von dem
Mühlenstege zwischen den beiden Mühlen bieten sich nach
Süden wie nach Norden überraschend schöne und von Malern
oft benutzte Ausblicke.
Die Lünerstraße führt dann weiter zwischen dem
städtischen Kauf hause (d. i. Lagerhaus), einem stattlichen
Backstein bau von 1742 mit Schauseite von Sandstein im
Barockstil und dem schon 1347 erwähnten Kran mit grünem
Kupferdach, an dem Hause Nr. 14 vorbei, welches von
Amsterdam zu Schiff herbeigeschafft und 1579 auf gerichtet
— 65 —
worden ist. Sein Stil, niederländische Renaissance, entspricht
dieser Abkunft. Nachdem wir noch das letzte Haus der
Straße, einen echten Lüneburger Bau ans dunkelglasierten
Ziegeln mit Medaillons aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts
betrachtet haben, wenden wir uns rechts am Hötel zum
Schießgraben vorbei zum alten Schützen hause mit
Restauration). Der große Schützensaal im Oberstock ist
an Decke und Wänden gänzlich bedeckt mit alten Königs
scheiben von den jährlichen Schützenfesten, zurückreichend
bis 1709. Auf den älteren ist neben dem Schützenkönig auch
der jedesmalige Maigrefe verzeichnet. Der eigenartige Saal
wird von größeren Gesellschaften und Vereinen, die von
auswärts nach Lüneburg kommen, gern benutzt. Vor dem
Hause steht eine alte riesige Eiche Die Schützenfeste ent
standen wohl aus den uralten Frühlings Maifesten.
“Das Museum
in dem 1891 erbauten stattlichen Gebäude Wandrahm
straße 10, enthält die Sammlungen des »Museumsvereins
für das Fürstentum Lüneburg« (gegründet 1878) und des
»Naturwissenschaftlichen Vereins« (gegründet 1851 .
Es ist für jedermann frei geöffnet Sonntags von 11*/ 1
bis 1 Uhr, von Mai bis Oktober einschließlich an jedem ersten
und dritten Sonntage des Monats auch von 21/* bis 4 I hr.
Sonst führt der Hauswart, eine Person 50 /&, zwei Personen
80 /$, jede weitere Person 20 /$.
In der Eingangshalle haben zwei große Flügelaltäre
aus Wittfeitzen und Verßen Aufstellung gefunden, hier steht
auch die schon erwähnte merkwürdige Lunasäule.
Das Untergeschoß enthält die prähistorische Ab-
teilung; sie ist umfangreich und von um so größerer Be
deutung, als sie mit wenigen Ausnahmen nur dem eigensten
Museumsbezirk, d. h. dem ehemaligen Fürstentum Lüneburg,
entstammt. Hervorzuheben sind die reichhaltigen 1 rnen
funde aus dem Urnenfriedhofe bei Rebenstorf im \\ endlande,
um deren Ueberweisung das Ehrenmitglied des Museums
Vereins, Herr Lehrer Mente in Rebenstorf, sich große Ver
— 66 —
dienste erworben hat. Ferner die keramische Abteilung,
ausgezeichnet durch eine hervorragende Sammlung
Lüneburgischer, zumeist grün glasierter Kacheln sowie durch
eine Keihe vollständiger Oefen vom 16. bis zum 19. Jahr-
hundert. Auch die Formsteine und die Terrakotten verdienen
Beachtung, hinzu gesellen sich Bildwerke und Ornamente in
Stein gemeißelt, darunter schöne Bruchstücke alter Beischlag-
wangen, zahlreiche Ofenplatten des 16. und 17. Jahrhunderts
aus Gußeisen mit figürlichen Darstellungen. Die Sammlung
für Formschnitt enthält Backformen, Druckformen für Lein-
wand, für Leder- und Papiertapeten, Holzstöcke für Spiel-
kartendruck. Die ansehnliche ethnographische Sammlung
setzt sich fast ganz aus Geschenken zusammen. Die Fayencen
und Porzellane stehen im Erdgeschoß verteilt. Eine köstliche
Sammlung von Holzstöcken für Buchillustration und Buch-
ornamentik von etwa 1570 bis 1830, ist aus Mangel an Platz
zur Zeit nicht ausgestellt.
Das Erdgeschoß setzt sich aus zwei Sälen zusammen.
Im großen Südsaale (links) befindet sich die gothische Ab-
— G7 —
teilung mit der Bekrönung der Fürstengruft aus St. Michaelis,
mit Besten der goldenen Tafel, ebendaher, mit charakterist i
sehen Truhen, Schränken, Türen und Täfelungen, mit einer
geschnitzten und bemalten Kanzel aus Emern, einem Haus
altar aus Pfeifenton nach Art des Iudocus Vredis, einer in
fünf Bildwerken kunstvoll geschnitzten Legende* der heiligen
Elisabeth, ferner aus Bucheinbänden, Stickereien, G<
und vielen anderen großen und kleinen Kunstaltertümern
kirchlichen und profanen Ursprungs. Sämtliche Stücke auch
Wendenstube.
dieser Paradeabteilung stammen aus Stadt oder EU
bezirk Lüneburg. Zwei Kabinette mit Kunstwerken aus dei
Renaissanceperiode schließen sich den Erzeugnissen d< r < Jot
an ein drittes Kabinett enthält die Barockgegensttade, soweit
nicht ihre Größe einen anderen Plate erforderte. Dr<
gruppen sind aus den Kunstalte,- tümera bäuerlicher Herkunft
gebildet, hier ist an erster Stelle die wohl einzig
der Elbmarsch-Stickereien zu nennen man beachte auch die
mustergültigen Stuhlkissen , sodann 'lei Bauems
5*
— (38 —
der Geest, der Marsch, aus den Vierlanden und aus dem
Altenlande; reich vertreten sind auch die Volkstrachten dieser
Gegend. — Der kleinere Saal des Erdgeschosses (rechts) um-
faßt die Wendenstube, ein Geschenk der Dorfgemeinde
Rebenstorf, vermittelt durch den schon genannten Herrn
Mente, die Sammlung alter Hausgeräte, die Ansichten der
Stadt Lüneburg und ihrer Umgebung, die photographische
Abteilung, die Gilde- und Innungssachen, die Münz- und
Medaillensammlung, Erinnerungen aus den Freiheitskriegen
und aus dem Jahre 1848. Hier hängt auch ein Teil der
Originalradierungen des Berliner Kunstmalers Wilhelm
Feldmann, eines geborenen Lüneburgers. Zwei große
Schauschränke bergen die schöne prähistorische Sammlung
des Hofbesitzers H. Meyer in Haarstorf, ein dritter be-
merkenswerte alte Globen sowie wissenschaftliche Instrumente
aus der früheren Ritterakademie. Nur z. T. hat bisher die
wertvolle Sammlung von Kunstaltertümern und Lüneburgensien
des Kanzlisten a. D. Friedrich Schecke Aufstellung finden
können, ein hochherziges Geschenk des früheren Eigentümers
und seiner Witwe.
Die naturwissenschaftliche Sammlung, im
zweiten Stock, umfaßt möglichst vollständig die Pflanzen- und
Tierwelt, sowie die Gesteine unserer Gegend. Bekanntlich
ist Lüneburg durch das Hervortreten älterer Gesteinformationen
in seiner Nähe besonders interessant. Die Eiersammlung,
sowie die Nachbildungen der Obstsorten sind zu bemerken.
Selbstverständlich findet sich auch manches Sehenswerte, was
nicht hier heimisch ist, z. B. fremde Vögel, Schmetterlinge,
Minerale u. dergl. Besonders interessieren wird manchen ein
1883 hier in Lüneburg gefundener, in Spiritus auf bewahrter
Rattenkönig.
Kloster büne.
Sehr sehenswert ist Kloster Lüne. Zwei Wege führen
dahin (20 Min.), der sog. Lünerdamm mit Lindenallee an den
Kasernen vorbei und die Heerstraße nach Artlenburg.
An einem Orte Hliuni bei Bardowiek lagerte schon
795 Karl der Große mit seinem Heere. Das reiche Bene-
diktinerkloster von St. Michael zu Lüneburg besaß dort einen
Hof und beförderte die Gründung eines Klosters für Bene-
— 69 —
aun'I uj *i m pun dqojjM
70 —
diktmerinnen, welche 1172 erfolgte. Die Volkssage weiß von
einem unterirdischen Gange zwischen beiden Klöstern. Zur
Zeit der Reformation wurde Kloster Lüne ein weltliches
Fräuleinstift, insbesondere für den Adel des Fürstentums
Lüneburg, und ist solches noch jetzt. Es brannte 1372 ab
und der heutige Bau ward von 1374 bis 1412 errichtet, später
sind mancherlei An- und Nebenbauten hinzugefügt. Der
Kern ist ein Viereck mit offenem Binnenhof (Friedhof), um-
zogen vom sog. Kreuzgang, einem geschlossenen Bogengang
mit auffallend gedrückten Kreuzgewölben. Dem Kreuzgang
vorgelagert sind nördlich die Kirche, westlich die Diele mit
zierlichem gothischem Springbrunnen und der ehemalige
Speisesaal (refectorium, Remter) mit Glasmalereien (Apostel),
südlich der Kapitelsaal, um 1720 umgestaltet, östlich die
Wohnung der Aebtissin. Sämtliche Fenster des Kreuzgangs
sind mit schönen Glasmalereien, gothischen und Renaissance-
stils, von 1380 — 1600 geschmückt.
Die einschiffige gothische Kirche ist vor längeren Jahren
restauriert und hat dabei viel von ihrer alten malerischen
Schönheit verloren. Beachtenswert ist der Flügelaltar, spät-
gothisch, mit an gesetzten Barockstücken ; die Vorderseite des
Unterbaues trägt als Antependium wohl das älteste Tafelbild
dieser Gegenden, wahrscheinlich um 1372 gemalt, Tempera-
farben mit Goldgrund auf einer mit Kreide überzogenen
Holztafel, in mehreren Gruppen die Hauptstücke der Geschichte
des Heilands darstellend. Die Kanzel zeigt guten Renaissance-
stil, die Orgel ist ein vorzüglich charakteristisches Stück des
Barockstils. Der alte eherne Taufkessel hat neuerdings einen
seltsamen Metalldeckel erhalten. Die südlich an die Kirche
gebaute St. Barbara-Kapelle dient als Sakristei. Der von
Pfeilern gestützte Nonnenchor im Westen enthält nichts
besonderes mehr, außer einem Bilde von Lukas Kranach
von 1538 und einem Gobelinteppich von 1592. Zu bemerken
sind noch das ehemalige Propstenhaus, jetzt Schule; die
Klostermühle, Fachwerkbau von 1572 und der Klosterkrag
von 1570, Fach werkbau mit schönen Holzschnitz-Ornamenten,
Figuren und Inschriften (Gasthaus). Die mittelalterlichen,
gestickten Teppiche und sonstigen Kostbarkeiten des Klosters
werden bei besonderem Anlaß und auf Empfehlung mit großer
Freundlichkeit vorgezeigt.
71 —
Die geognostischen Verhältnisse
Lüneburgs.
Von M. Stümcke.
Das alte Wahrzeichen der Stadt >der landschaftlich und
natuwissenschaftlich gleich ausgezeichnete Kalkberg« int auf
gebaut aus den ältesten Schichten des bei Lüneburg anstehen
den Gebirges. —
Das Gestein ist seiner Hauptmasse nach ein sehr locker
kristallisierter, mannigfach durch Eisenoxyd oder Bitumen
gefärbter Gips, dessen durch »Seitenschub« steil aufgerichtete
Bänke mit nicht immer sichtbaren dolomitischen Kalkstein
schichten von verschiedener petrographischer Beschaffenheit
wechsellagern.
An accessorischen Mineralien finden oder fanden sic h
im Kalkberggipse Glinzerspat, Magnesiumchlorid, Magnesium
sulfat, Pyrit, kleine Rauchtopase und der in so mannigfachen
Kristallformen auftretende aus Magnesiumborat und Mag
nesiumchlorid bestehende Boracit.
Das so seltene Mineral Boracit, das bis jetzt nur an
wenigen Stellen der Erde auf gefunden worden ist, ist seit
mehreren Jahrzehnten im Kalkberg nicht mehr beobachtet
worden.
In der Sammlung des naturwissenschaftlichen \ ereins
im Museum ist eine große und wertvolle Suite davon ausgelegt.
Die mannigfachen Kristallformen, in denen das Mineral er
scheinen kann, sind in guten Modellen veranschaulicht.
In der Literatur werden die Kristalle des Boracits zu-
erst erwähnt von Lasius im Jahre 1787, der dieselben für
kubischen Quarz hielt. Der Apotheker Westrumb in Hameln
72 —
wies darin 1789 die Borsäure nach und nannte das Mineral
sedativsauren Bitterspat, eine Bezeichnung, die noch
in demselben Jahre von dem großen Freiburger Geologen
Abraham Werner in die heute allgemein übliche Bezeichnung
umgewandelt wurde. —
Volger, Roth und mit ihnen eine große Zahl namhafter
Geologen rechneten die Sedimente des Kalkbergs zu der
Anhydrit-Gruppe des mittleren Muschelkalks. —
Im Jahre 1898 fand der Bezirksgeologe Dr. G. Müller
in der Südecke des seit vielen Jahrhunderten betriebenen
Gipsbruches am Kalkberge graubraune Rauch wackenschichten
im Zusammenhänge mit dünnen Bänkchen von Letten und
Zechsteinasche, die petrographisch völlig die gleichen waren,
wie sie bisher namentlich aus dem mittleren Zechsteine Thü-
ringens bekannt geworden waren, ein Umstand, der diesen
Geologen in erster Linie bewog, die Entstehung der gesamten
Kalkbergsedimente in die Epoche des »Mittleren Zechsteins«
zu verlegen. —
Als geologisch jünger, dem oberen Zechstein angehörend,
betrachtet Dr. Müller den in der Nähe des Kalkbergs liegen-
den, oberflächlich fast abgetragenen Gipsstock des Schildsteins,
dessen Lage heute durch zwei tiefe mit süssem Wasser er-
füllte Löcher bezeichnet wird, die von einem Walle umgeben
sind, der zum größten Teile aus weggeräumten Erdreiche
entstanden ist. —
Der mit Anhydrit wechsellagernde Gips des Schildsteines,
dessen Hangendes ein heute noch sichtbarer teilweise oolithi-
scher und bituminöser Plattendolomit bildet, ist wesentlich
härter als der des Kalkberges und fand so neben der Be-
nutzung im gebrannten Zustande als Gipskalk vielfach Ver-
wendung als Baustein.
Im ältesten Teile des Domes von Bardowyk ist auch
Schildsteingips in Blöcken verwendet worden. Man erkennt
das an den im Gestein sichtbaren Boracitkristallen, die in
ihren Formen von denen des Kalkberges abweichen.
Mit den Zechsteinsedimenten der Oberfläche stehen
zweifellos die durch ein ausgedehntes Senkungsgebiet sich
verratenden Steinsalzlager der Tiefe in Verbindung, denen
die seit einem Jahrtausend technisch verwendete starke Sol-
quelle entstammt. —
— 73 —
Nach den Untersuchungen Dr. G. Müllers geheu die
zum Zechstein gerechneten Sedimente unvermittelt in meso
zoische, zunächst der Trias angehörende Schichten über, die
als oberer Muschelkalk, Kohlenkeuper und ( fipskeuper g< deutet
worden sind. —
Der obere Muschelkalk ist anstehend heute nicht mehr
zu beobachten. Der Kohlenkeuper tritt im westlichen Teile
der Schafweide teilweise zu Tage, während der Gipskeuper
im östlichen Teile der Schafweide und den daranstoßenden
Rotenburger Ländereien wie auch im Pieperschen Bruche
westlich von Mönchsgarten gut aufgeschlossen ist. -
Dem Kohlenkeuper gehören die viel citierten fetten
Tonmergel des westlichen Teiles der Schafweide mit den ein-
gelagerten mehr oder weniger dolomitischen Kalksteinbänken
an, die Dr. G. Müller mit den Trigonodus Schichten von Süd
deutschland parallelisiert hat.
Nach den Untersuchungen von Dr. G. Müller und Dr.
0. v. Linstow kann man in den Lettekohlenschichten der
Schafweide drei Horizonte unterscheiden, die nach den lei
tenden Fossilien als Schichten mit Mvophoria intermedia,
Myophoria simplex und Anaplophora bezeichnet werden
können. —
Mit den Intermedia-Schichten steht wahrscheinlich ein
mit zahlreichen Fischresten bedeckter Sandstein in Verbindung,
von dem Dr. G. Müller dünne Platten auf der Halde einer
jetzt verlassenen Pinge ausgrub und als Bonebed deutete. -
Als wichtigste Petrefacten der Lettenkohle nenne ich
nach v. Linstow
Placunopsis ostracina v. Schl.,
Velopecten Albertii Gof.,
Myophoria intermedia v. Schauer,
» simplex v. Schl.,
» pes anseris Br.
Mit diesen Sachen treten als seltene Erscheinungen der
Ceratites nodosus, das knotige Ammonshorn , und ein davon
abweichender Ceratit auf, der wahrscheinlich eine neue Art
vorstellt.
In den Anaplophora-Sehichten,. mit denen die tierischen
Beste im Keuper überhaupt aufhören, finden sich in großer
— 74 —
Menge nur die Steinkerne von Anaplophora lettica und
A. donacina. —
Über der Anaplophora-Bank lagern graue Steinmergel-
bänke und glimmerreiche Sandsteinschichten, mit denen auf
der Schafweide der Kohlenkeuper gegen die an 500 Meter
mächtige Schichtenfolge des Gipskeupers durch eine Ver-
werfung abschneidet. —
Der Gipskeuper, wie derselbe bei Pieper und im west-
lichen Gebiete der Schafweide aufgeschlossen ist, besteht
seiner Hauptmasse nach aus bunten Tonmergeln, an deren
Basis Steinmergel und Schilfsandsteinbänke liegen, während
ihre obere Grenze durch dünne etwa 7 cm dicke sehr harte
Steinmergelbänke in Gesellschaft mit einer ebenso dicken
Coelestinbank markiert wird. —
In den Tonmergelschichten finden sich neben eigen-
tümlichen conglomeratisch ausgebildeten Gipskonkretionen und
Ablagerungen von fast reinem Magnesjumcarborat (Nöllnerit)
dünne Sandsteinbänkchen, die teilweise mit Afterkristallen
nach Steinsalz bedeckt sind.
Die oberste Steinmergelbank, deren Oberseite von boh-
renden Spongien corrodiert erscheint, bildet das Liegende der
oberen Kreide, die bei Lüneburg übergreifend die triadischen
Sedimente überlagert. —
Die Kreideablagerungen sind es besonders, die das
große Interesse der Geologen für unser Gebiet seit einem
halben Jahrhundert erweckt haben.
Nach den Untersuchungen des Herrn v. Strombeck und
Professors Stolley können bei Lüneburg folgende Stufen der
oberen Kreide von unten nach oben gerechnet unterschieden
werden :
a) Cenoman:
I. Tourtia.
II. Varians-Pläner.
III. Rotomagensis-Pläner.
ß) Turon:
IV. Mytiloides-Pläner.
V. Brongniarti-Pläner.
VI. Scaphiten-Pläner.
VII. Cuvieri-Pläner.
— 75 -- -
y) Senon:
VIII. Emscher Mergel.
IX. Granulaten-Kreide.
X. Quadraten-Kreide.
XI. Mucronaten-Kreide.
a. Untere Zone.
b. Heterocuas-Zone.
c. Trigonosema-Zone.
Diese Kreide - Sedimente, auf die sich eine umfang
reiche Industrie gegründet hat, sind in sieben zum Teil
großen Brüchen aufgeschlossen. — In der folgen« len Liste
der Aufschlüsse sind die anstehenden Schichten den Nummern
nach beigefügt, wobei zu bemerken ist, daß der alte Ratsbruch
gegenwärtig verlassen und teilweise verschüttet ist.
a. Alter Ratsbruch oder Kämmerei-Bruch, jetzt im
Besitze der Portland-Cementfabrik vor dem Bor
dowyker Tore (IV, V, VI und VII).
b. Nördlich davon ebenfalls jetzt der Portland-Cement
fabrik gehörend, der Behr’sche Bruch (VII, VIII, IX
c. Daran schließt sich der alte Bruch der Cementfabrik,
durch den aufgeschlossen sind III, IV, VI, VII,
VIII, X (a, b, c).
d. Fiscalischer Bruch, sog. Soda-Bruch, am Zeltberge
mit II und III.
e. Neuer Cementbruch am Zeltberge auf den Roten
burger Ländereien mit I und II.
f. Alter Pieperscher Bruch, auch als Volger’s Hall be
zeichnet, mit I, II, IV, V, VI, VH, \ III.
g. Neuer Pieperscher Bruch bei der Saline IN , \ , N L
Am besten kann man die Schichten der Kreide beob-
achten auf einer Wanderung von der Schaf weide über die
Rotenburger Ländereien durch den Behrschen Bruch nach
dem alten Bruche der Cementfabrik an der Bardowyker
Chaussee. Mit Ausnahme des Cuvieri-Pläners (VII), der hier
durch Verwerfung vollständig verschwunden ist. überschreitet
man auf diesem Wege die Schichtenköpfe sämtlicher Ab-
lagerungen, von denen die rötlich gefärbten Katesteinbänke
des Mytiloides-Pläners zur stratigraphischen Orientierung wert
voll sind. —
70
Ananchytes ovata Lam.
Acanthoceras rotomagense Brong.
Discoidea cylindrica Lam.
— 77 —
Myophoria pes anseris Br.
Kuemer.
78 —
Von den zahlreichen Petrefacten dieser Kreidesedimente
ist eine reichhaltige Sammlung im Museum vorhanden.
Als die wichtigsten mögen hier genannt sein aus
dem Cenoman:
Belemnites ultimus d’Orb, Ancellina gryphaeoides Sow,
Serpula Sowerbyi Mantell, Plicatula inflata Sow, Ino-
ceramus orbicularis Münster, Kingena lima Defr., Schloen-
bachia varians Sow, Acanthoceras rotomagense und
Acanthoceras Mantelli Sow, Terebratula biplicata Sow,
Discoidea cylindrica Lam, Holaster subglobosus Leske;
dem T u r o n :
Inoceramus mytiloides, Inoceramus Brongniarti Sow,
Terebratula subrotunda Sow, Ananchytes ovatus Lam,
Holaster planus Mant, Infulaster excentricus, Inoce-
ramus Cuvieri, Micraster cor testudinarium Goldf. ;
S e n o n :
Actinocamax westfalicus Schlüter und A, verus Miller,
Inoceramus involutus’', Echinoconus conicus Breyn,
Micraster cor anguinum Klein, Actinocamax granulatus,
Marsupites ornatus, Actinocamax quadratus Blain,
Ananchytes ovataLam Belemnitellamucronata v. Schloth,
Nautilus patens, Gaudryceras mite v. Hauer, Hamites
Wernickei Wollem, Heteroceras polyplocum A. Roemer,
Baculites Knorrianus, Pachidiscus pseudo - Stobaei,
Pleurotomaria regalis v. Schloth, Gryphae a vesicularis,
Inoceramus Cripsi Mant, Pholadomya decussata, Tri-
gonosema pulchellum.
Am interessantesten für die Sedimente des Senons sind
die zahlreichen Ammoniten und ammoni tischen Nebenformen
(Hamites, Heteroceras) die zur Zeit der jüngsten Ablagerungen
der oberen Kreide auf der Erde überhaupt aussterben.
Die Schichten des Flötzgebirges werden bei Lüneburg
wallartig umlagert von tertiären Sedimenten, die dem Miocän
zugerechnet werden.
Es ist das ein sehr dunkler glimmerhaltiger Ton, dessen
zahlreiche Versteinerungen schon 1612 von Agricola erwähnt
und später von Reiskius (1683) und Leibniz (1749) teilweise
beschrieben und abgebildet worden.
Technische Verwertung findet der Glimmerton, der in
seinen tieferen Schichten sehr phosphorsäurereiche Phosphorite
79 —
führt, heute in den Ziegeleien zu Ochtmissen und Wüschen-
brook, —
Als die häufigsten Petrefaeten desselben mögen genannt
sein: Wirbel von einer kleinen Walfischart, die Zähne von
den Haifischarten Lamna crassidens und Lamna cuspidata.
An Mollusken: Conus antediluvianus, Murex spinicosta.
Pleurotoma Steinvorthi, Fiisus Luneburgensis, Astarte radiata,
Limopsis aurita und Dentalium badense.
Abgesehen von der Zechsteinkuppe des Kalkherges und
dem teilweise aus Kreide aufgebauten südlichen Teilt* Rt*s
Zeltherges wird das Relief unserer weiteren Umgehung in
den mit weiten ebenen Flächen abwechselnden Höhenzügen
fast durchweg bestimmt von Quartären-Bildungen, di<* uht r.nl
den Tertiärton überlagern. —
Der Entstehung nach ist das heimatliche auch als
Diluvium bezeichnete Quartär, wo er uns als Kiese, Sande
und Tone mit großen erratischen Granithlöcken entgegentritt,
als das Umwand elungsprodukt der Grundmoräne gewaltiger
nordischer Gletscher zu betrachten, die in der Zeit der frühe
;sten Glacialepoche die ganze norddeutsche Ebene als Inlandeis
liberlagerten.
— 80 —
Weg im Lüner Gehölz.
Hähere Umgebung.
Spaziergänge und Vergnügungsörfer.
Die Umgegend von Lüneburg ist längst nicht so
einförmig und reizlos, wie mancher Fremde, der von der
Lüneburger Heide gehört hat, sich vorstellt. Es fehlt
namentlich nicht an näheren und weiteren schönen Wäldern
mit gemütlichen Wirtshäusern zur Käst.
Nördlich von der Stadt beginnt gleich hinter Kloster
Lüne ein nicht sehr großer aber schöner Wald mit Spazier-
wegen und an seiner Nordostecke liegt das Kaffeehaus Zum
grünen Jäger. Wer nicht weit gehen will, um ein Stück
Heidelandschaft zu sehen, findet ein solches, nicht groß aber
charakteristisch, unmittelbar nördlich von diesem » Lüner-
— 81 —
holze«, 3 Kilometer von der Stadt. Ausgedehnte Heideflächen
muß man schon erheblich weiter suchen; in alter Zeit reichten
sie bis vor die Tore der Stadt.
Im Nordosten erstrecken sich von der Eisenbahnstation
Adendorf ab abwechslungsreiche Wälder, teilweise auf einer
bis zu 250 Fuß ansteigenden Hügelkette belegen, nach Süd
osten meilenweit bis nahe an die Eisenbahnstation Vastorf.
Nur 2 Kilometer südöstlich von der Stadt liegt
Kaltenmoor, früher alter Patriziersommersitz, ländliches
Wirtshaus, schöne alte Bäume.
Die meist besuchten Spaziergänge liegen südlich von
der Stadt, an der Ilmenau aufwärts auf beiden Ufern. Am
nächsten am linken Ufer die Wirtschaft Z u m Ilmenau
garten mit schöner Fernsicht über das Wiesental der
Ilmenau. Von dort führt ein Spazierweg durch schöne Park
anlagen mit zahlreichen Fischteichen, welche der Ver
schönerungsverein angelegt hat, zur städtischen Forst
Koteschleuse, mit der beliebten Wirtschaft Zur Roten
schleuse, reizend an der Ilmenau belegen, 4 Kilometer
Treppenaufgang zum Bockeisberg.
- 82 —
von der Stadt. Eine Laufbrücke unterhalb der Rotenschleuse
gewährt eine bequeme Verbindung mit der Tiergartenforst.
Bei dem Ilmenaugarten führt eine Laufbrücke über
den Fluß, zunächst zum Wirtshaus Wilschenbrook mit
hübschem Wäldchen. Dort beginnt die städtische Forst
Tiergarten, welche am östlichen Ufer der Ilmenau bis zu
dem 472 Kilometer von der Stadt entfernten Forst- und
Kaffeehause reicht. An der nahe gelegenen Station
Deutschevern hält im Sommer der Nachmittagszug.
Wer eine malerische hügelige Heidelandschaft sehen
will, wandere von Deutschevern über das einsame Gehöft
Diecksbeck nach der nächsten Eisenbahnstation Bienenbüttel,
oder aber vom Forsthause Tiergarten über den Melbecker
Ilmenausteg zur Rotenschleuse.
Von der Rotenschleuse führt ein Promenaden weg im
Walde durch die sog. Lüneburger Schweiz nach Hasenburg.
Aktien-Brauerei daselbst. Das Wirtshaus ist an einen mittel-
alterlichen städtischen Wartturm angebaut und liegt malerisch
an einem Teiche (27» Kilometer von der Stadt).
Fischerhaus am Fuße des Bockeisberges.
— 83 —
Im Westen der Stadt, 4 Kilometer weit, liegt die
städtische Forst Böhmsholz und an deren Westende das
gemütliche Forst- und Kaffeehaus B Ö h m sh ol z.
gelangt dahin entweder über S ch n e 1 1 e n b e r g , das uralte
Adelsgut der von Meding, wo die Lage der alten Wa
bürg noch deutlich zu erkennen ist, durch die nicht große
aber schöne Gutsforst; oder aus dem Neuentore erst der
Landstraße folgend an der weltberühmten W rede’ sehen
Gärtnerei vorüber, dann links auf einen Fußsteig durchs
Feld einbiegend, welcher nahe vor der Forst die alte städtische
Landwehr durchschneidet, Doppelwälle mit drei tiefen (bähen
mit dichtem Gestrüpp bewachsen.
Zurück über das schön gelegene Dorf Heiligenthal alte
niedersächsische Bauernhäuser und das Dorf Oedeme nach
Lüneburg.
Ein schönes Stück Fleide kann man auch durchwandern,
wenn man in Beppenstedt von der Salzhäuser Landstraße
nach N.*W. abbiegend und dem uralten längst verödeten
Heerwreg folgend über die »Dachtmisser Wüste eine höchst
interessante Landdünenbildung) nach dem reizend belegend i
Forstorte Einemhof und von dort entweder durch die sog.
Lange Heide nach Station Wulfsen oder zurück nach Station
Mechtersen wandert.
Bardowiek.
Bardowiek, ein sog. Flecken mit 303 Häusern und
2000 Einwohnern liegt, durchweg dörflich gebaut, lang hin
gestreckt am linken Ufer der Ilmenau, 5 Kilometer nördlich
von Lüneburg. Es ist zu Fuß bequem in einer Stunde tu
erreichen; mit der Bahn allerdings in 10 Minuten; indessen
liegt der Bahnhof H/s Kilometer westlich vom Orte.
Bedeutend durch uralten Gemüsebau und Handel mit
Sämereien. War bis 1189, wo Herzog Heinrich derL ö w e
es zerstörte, eine Stadt, deren Alter, Größe und Bedeutung
Sage und Phantasie bedeutend übertrieben haben.
Karl der Große lagerte auf seinen Heereszügen
daselbst 795 und 798 und bestimmte es 805 als einen der
ß*
— 84 —
Grenzhandelsorte zwischen Deutschen und Wenden. Vorher
schon hatte er eins der für die bekehrten Sachsen bestimmten
Bistümer dort errichtet, es nach wenigen Jahren indes nach
Verden an der Aller verlegt. In Bardowiek aber verblieb der
Dom des Bischofs und das Domkapitel; letzteres wurde als
weltliches Stift erst 1851 aufgehoben. Mit Gütern und Ein-
künften ausgestattet wurde die Stiftung seinerzeit von dem
bekehrten W i 1 1 e k i n d.
Dom zu Bardowiek.
Bardowieks Bedeutung als Handelsort beruhte auf der
Lage an der uralten Heerstraße nach dem Norden, welche
dort auf einer bereits 1059 urkundlich erwähnten Brücke die
Ilmenau überschritt und bei Artlenburg die Elbe erreichte.
Uebrigens ist Bardo wiek wohl nie mehr als eine Dorf stadt
gewesen, vor Karl dem Großen aus mehreren Herren-
höfen von Hochadelsgeschlechtern bestehend, auf deren Grund
und Boden sich eine verhältnismäßig zahlreiche Bevölkerung
anbaute. Mit der Zerstörung verlor es sein Marktrecht, seine
Münze und manches von seiner städtischen Verfassung. Sein
— 85 —
Straßennetz ist wesentlich noch das uralte, seihst die Straßen-
namen haben sich zum Teil noch erhalten.
Der von Süden kommende Besucher erreicht zuerst
das der Stadt Lüneburg gehörende Hospital auf St. Nikolai
hof. Lüneburg errichtete dort 1226 ein Leprosen haus, d. h#
ein Hospital für Aussätzige. Als der Aussatz in unseren
Gegenden erlosch, um 1400, wurde es ein Versorgungsliaus
für alte und invalide Leute beiderlei Geschlechts und besteht
als solches noch jetzt. Ursprünglich ist es wohl ein Herren
hof der Widonen, denen Widukind (Witte kind) an
gehörte, gewesen und die Kirche an Stelle eines Wodans
heiligtums errichtet. Es hat 1220 Morgen Grundbesitz. Dir
1435 neuerrichtete Kirche, wesentlich bis .heute unverändert
erhalten, hat schöne Glasgemälde aus jener und aus späterer
Zeit und eine Glocke von 1468. Unweit liegt das Gasthaus
Zur Schleuse, ehedem auch zum Herrenhause gehörend,
mit schönem Stein wappen von 1593. Gegenüber lag auf
einer von der Ilmenau umflossenen Insel der uralte Herren
hof Vrestorf, der Ursitz der Edelherren Schack.
Von den neun Kirchen und Kapellen des alten
Bardowieks ist nur der Dom erhalten; die übrigen ließ man
nach der Reformation zerfallen. Drei von ihren Kirchhöfen
werden noch heute von bestimmten Interessenten zu Be
erdigungen benutzt. Es waren kleine romanische Bauten aus
Feldsteinen, wie man deren einige noch heute in unseren
Gegenden findet.
Nördlich von St. Nikolai hof liegt der Kirchhof
St. Wilhaldi. Die Kirche St. Wilhaldi gehörte zu einem
Herrenhofe der Billunger »Auf dem Berge*, welchen sie 952
dem Kloster Kemnade* an der Weser schenkten. Weiter
nördlich folgt der auch heute noch benutzte Kirchhof von
St. Johannes dem Täufer, dessen Kirche die Edelherren
Schack zu Karls des Großen Zeit als Taufkirche errichteten,
1282 aber, als sie Vrestorf verkauften und sich nach Mecklen
bürg und Holstein wandten, dem Domstitt schenkten.
Im Westen von Bardowiek, an der Piperstraße,
deren Fortsetzung, die Rackerstraße, eingegangen ist, liegt
der noch benutzte Kirchhof von St. Vitus. Die Kirche
errichtete seinem Hauptheiligen, dem heiligen Veit, das
Kloster Corvey an der Weser, welches den
— 86 —
Herrenhof »Auf dem Sande« 901 von einem Ludolfinger
geschenkt erhalten hatte. Hernach errichtete es auch seinem
andern Hauptheiligen, St. Stephanus dem Apostel, ein
Gotteshaus am Nordende von Bardowiek, welches zur Zeit
der Reformation einging. Im Osten, nahe der Ilmenaubrücke,
lag die Sühnekapelle des auf der Brücke erschlagenen Märtyrers
Marianus. Herzog Ernst der Bekenner ließ sie 1540
niederreißen. Auf dem Marktplatze stand die Bürgerkirche,
St. Fabian und St. Sebastian geweiht. Oestlich nahe
hinter ihrem heute bebauten Platze liegt das noch heute als
Gemeindehaus benutzte uralte Gilde haus (engl. Guildhall),
der jetzige Bau von 1651. Etwas weiter östlich, unweit der
Ilmenau und der Brücke, lag die alte Burg der Bardonen,
deren Stätte noch heute die Bürg heißt.
Auf dem Domhof erbaute” das Domstift um 1250 eine
St. Marien kap eile, welche 1790 abgebrochen wurde.
Der Dom war .zuerst wohl ein Holz- oder Feldstein
bau. Um 1150 wurde er durchaus neu errichtet aus behauenen
Gipsquadern, eine romanische Basilika. Die Höhe des Mittel
schiffs sowie die der niedrigeren zwei Seitenschiffe läßt sich
noch an den Rundbogenfriesen der Doppeltürme innen und
außen erkennen. Die meisten Reste von diesem alten Bau
enthält der Unterbau der Türme; besonders sehenswert ist
das alte, jetzt von innen vermauerte Portal mit eigenartigem
Schlußstein. Die 1364 zu Ehren das Märtyrers Stephanus
vorgebaute Kapelle hat es geschützt. (Der Unterküster
schließt auf.) ' ..
Um 1380 wurde der Dom auf den alten Grundmauern
neu von Backstein erbaut, die drei Schiffe zu einer gothischen
Hallenkirche umgestaltet und der Chor weit nach Osten
verlängert. Derselben Zeit gehört auch wohl die Löwenfigur
über der Südtür an. Das herrlich geschnitzte Chorgestühl
im Innern ist von 1486. Der Taufkessel von Erz von 1367.
Vor dem Altäre liegt, jetzt durch einen modernen Teppich
verdeckt, ein Grabstein des Dekans Schomaker von 1406
mit gravierter Bronzeplatte. Der Altar mit geschnitzten
Figuren ist auch yon 1486. Die bemalten Glasfenster im
Chor sind das mittlere vor 40 Jahren, die seitlichen vor 200
Jahren gemacht. An der Nordwand steht ein Grabstein des
Kanonikus Schomaker (f 1563) von Albert von Soest.
87 —
Der Fremde versäume nicht, eins der alten Häuser mit
moosigem Strohdach und nach innen gekehrten Pferdeköpfen
mit Blumenzügeln als Giebelzier auch innen zu besehen. Die
älteren nicht dörflich gebauten Häuser in der Nähe des Doms
sind die ehemaligen Wohnungen der Domherren, die sog.Curien.
Von der alten Volkstracht ist wenig erhalten; eigenartig ist
das runde Polster (sog. Waaschen) mit farbigen Tnchabschnitten
benäht, welches die Frauen unterlegen, wenn sie Körbe mit
Gemüse u. dergl. auf dem Kopfe tragen. Reste des alten
Stadtwalls, welchen Daniel Frese 1590 noch ziemlich wohl
erhalten abbildet, finden sich im Westen des Ortes.
—d
— 88 —
Weitere Umgebung.
Scharnebeck.
Die bei Kloster Lüne nach Nordosten sich abzweigende
Landstraße führt an Erbstorf (gutes Wirtshaus) vorüber durch
schönen Buchenwald nach dem großen Dorfe Scharnebeck.
Dort bestand von 1244 — 1529 ein Cistercienser-Mönchskloster,
das nach der Reformation zu einem fürstlichen Schloßgut und
Amthaus umgestaltet wurde ; jetzt Domäne. Die 1319 erbaute
große Klosterkirche wurde im vorigen Jahrhundert ver-
kleinert und umgebaut, aus den erhaltenen Resten ersieht
man, wie stattlich sie gewesen. Im Innern sind an der
Orgel und an den Wänden mehrere wertvolle große gothische
Schnitzereien aufgestellt, mit Kalk stark übertüncht. Auf
dem Forsthof steht die stärkste Eiche dieser Gegend, von
6 Meter Umfang. Eine lohnende Wanderung ist auch von
Bahnhof Adendorf nordöstlich durch den Scharnebecker Wald
über Rullstorf, durch Buchenhochwald, nach Lüdersburg,
uraltem Adelsgut. Von dort zu Fuß oder mit Kleinbahn nach
Station Echem durch weite Wiesenflächen. Letztere Gegend
hat Aehnlichkeit mit holländischer Landschaft.
Artlenburg.
Artlenburg, Flecken, 18 Kilometer nördlich von
Lüneburg, an der Elbe. Uralte Fährstelle für den Volk- und
Heerweg nach dem Norden und Nordosten. Die Burg, in
welcher u. a. der letzte Billung, Magnus, starb, lag an
der Stelle des jetzigen Beamtenhauses, an der Anlände der
— 89 —
Fähre. Sie war benannt nach dem kleinen Flusse Ertena
(Artenau), der wohl dicht unterhalb in die Elbe mündete und
im 12. oder 13. Jahrhundert, als holländische Ansiedler die
Gegend eindeichten und bebauten, weiter nach unten abgeleitet
und verlegt ist. Dicht oberhalb der jenseitigen Anlände auf
dem Steilufer der Elbe liegen die Reste, Wall und Graben,
einer vorgeschichtlichen Erdringburg, unterhalb der Anlände
das uralte strohgedeckte Siechenhaus von St. Jürgen. Kürzlich
abgebrochen.) Sehr lohnend ist ein Gang auf diesem Steil
ufer elbabwärts 3 bis 4 Stunden bis »Tesperhude« oder bis
»Geesthacht«, auf breitem Fußpfade immerfort durch schönen
wechselvollen Wald, mit manchen Durchblicken und Aus
sichten auf die grüne Ebene der Marsch, auf die blinkende
Elbe und das ferne Lüneburg. Auch die Fahrt auf den täglich
mehrmals fahrenden Dampfern zwischen Geesthacht und Lauen
bürg, vorbei an der großen Dynamitfabrik zum Krümmel, ist
sehr lohnend, auch die Dampferfahrt elbaufwärts an Boizen
bürg, Bleckede und Hitzacker vorüber bis Dömitz großartige
Eisenbahnbrücke über die Elbe).
Winsen.
An Bardowiek vorüber führen Landstraße und Eisen
bahn nach Winsen a. d. Luhe (20 Kilometer). Das freund
liehe Städtchen hat ein altes, ehedem sehr festes Schloß der
lüneburgischen Herzoge, auf einem alten Herrenhofe Winhusen,
wahrscheinlich erbaut um 1320 von Otto dem Strengen.
Von 1592— 1617 war es Witwensitz der Herzogin Dorothea,
Witwe Wilhelms des Jüngeren, Tochter des Königs
Christian III. von Dänemark. Damals wurde die östliche
Schauseite des nach Westen offenen Vierecks sehr verändert;
der Eingang, welcher unter dem hohen starken Turme
hindurchführte, ist etwas nach Norden verlegt, wo er sich
noch jetzt befindet und die große hohe Halle im Turme
zur Kapelle umgebaut und mit Deckenmalerei im Stile der
Spätrenaissance versehen, welche kürzlich wieder aufgedeckt
ist. Das lange Fachwerkgebäude am Schloßplatz, der sog.
Marstall, ward um dieselbe Zeit errichtet. Die Stadtkirche
bietet nichts Interessantes. ^ on A\ insen führt die Landstraße,
— 90
ein uralter Heerweg, nach Hoopte, der Fährstelle hinüber
nach Zollenspieker (im Mittelalter Eislingen) durch die hoch-
interessanten Vierlande nach Bergedorf und Hamburg. ,
Ramelsloh, Dorf, 3 km nördlich von der Station
Marxen der Lüneburg-Buchholzer Sekundärbahn. DerErzbischof
Ansgar von Hamburg errichtete dort um 840 ein Stift für
Benediktiner, welches, 1540 verweltlicht, gleichwie das Dom-
stift Bardowiek bis 1851 bestand. Die vom Kloster allein
übrig gebliebene Kirche, kürzlich restauriert, enthält in den
Chorfenstern prachtvolle Glasmalereien aus der zweiten
Hälfte des 15. Jahrhunderts.
Das Tal der See ve und der Aue enthält aufwärts
von der Haltestelle Jesteburg m anche landschaftlichen
Reize, wie denn überhaupt die in die Lüneburgische Hoch-
fläche tief eingefurchten Täler, in denen Neetze, Ilmenau, Luhe,
Seeve und Eiste der Elbe zustreben, eine Fülle anziehender
Landschaftsbilder gewähren.
Bahn Lüneburg -Wittenberge.
Vastorf, erste Station, Wanderung zumeist durch
schöne Wälder über Alt-Medingen nach Medingen und
Bevensen (s. d.) 4 Stunden. ,
Dahlenburg, vom Bahnhof fast 5 km entfernt, uralter
Ort. Die Kirche St, Johannes des Täufers hat einen
ganz interessanten Altar und schön geschnitzte Kanzel. Eine
Kleinbahn führt vom Bahnhof über Dahlenburg nach Bleckede
und Echem. Zwischen den Haltepunkten Tosterglope und
Barscamp, Forsthaus Schieringen, mit schönem Buchenwald,
worin mehrere große Hünenbetten. Bleckede mit ehemals
festem Schloß (Renaissance-Bau) und uraltem rundem Schloß-
turm. Eiuige alte Holzfachwerkhäuser.
Kurz vor der Station G-öhrde südwärts auf hohem
Heidehügel steht das Monument für die Schlacht vom
16. September 1813, wo Pecheux von Wallmoden ge-
schlagen wurde, große Steinpyramide, errichtet 1839.
— 91 —
Das Jagdschloß Göhrde ist 4 km vom Bahnhof
entfernt. Der größte Teil des alten Jagdschlosses ist 182G
als baufällig abgebrochen. Der 5000 Hektar große Wald ist
eingehegt und enthält viel Rot- und Schwarzwild. Iir n
ist die Fütterung, sog. Körnung des letzteren. Der Wald
hat in den letzten Jahren durch Windbruch und die Nonne
sehr gelitten.
Station Leitstade. In der Nähe im Walde zwei große
gut erhaltene Steinsetzungen, sog. Hünenbetten.
Hitzacker. Altes freundlich belegenes Städtchen an
der Elbe. Neuerdings gut besuchtes Stahlbad. Schöner
Wald Klötzie.
Dannenberg. Stadt in der weiten grüben Jeet&el
niederung. Vom Schlosse der alten Grafen von Dannen
berg (erloschen 1307) stammt noch der Waldemarturm,
rund, mit über 10 Fuß dicken Mauern, in welchem König
Waldemar von Dänemark von 1223—1225 als Gefangener
des Grafen Heinrich von Schwerin gesessen hat. St. Jo
hänniskirche.
Westlich von Lüneburg führt die Landstraße, nach
dem sie bei Luhmühlen die schnellfließende Luhe auf der
uralten Gohbrücke überschritten, nach Salzhausen, einem
freundlichen Kirchdorfe. Uralter Gauhauptort und Archi
diakonatssitz (Soltenshusen). Die Kirche hat noch romanische
Reste und einen Turm aus Granitfindlingen.
Weiter nach Westen kreuzt die Straße den großen
schönen Garlstorfer Wald, weiterhin das Auetal, und
führt dicht am »Brocken der Lüneburger Heide«, dein
Wilseder Berg (580 Fuß hoch) vorüber nach Sehne ver
dingen.
Südwestlich führt eine Landstraße nach Ameling-
hausen, 20 km, freundliches Kirchdorf in hübscher Heide
gegend. Als Sommerfrische besucht. Uralter Herrenhof der
Bildung er. In der Nähe die großen Hünenbetten bei
Oldendorf. Weiterhin der Einzelhof Stübeckshorn, von
wo der Sage nach Hermann Billung stammte. Soltau,
50 km, freundliches Städtchen, ist der rechte Mittelpunkt der
Lüneburger Heide. Eisenbahn über Fallingbostel besonders
schön gelegen) nach Walsrode ist kürzlich eröffnet Da»
92 —
obere Luhetal bis Bispin gen wird seiner malerischen
Schönheit wegen von Malern viel besucht. Gasthäuser gut.
Von Lüneburg nach Süden führt eine Landstraße
durch eine Gegend voller Abwechslung über das schön gelegene
Dorf Melbeck, an dem interessanten Melbecker Moor vor-
über, über Bardenhagen und Velgen nach Ebstorf (auch
Station der Uelzen-Bremer Bahn, Bahnhof IV2 km südlich vom
Orte). Es ist von schönen Waldungen umgeben und wird
•als Sommerfrische besucht. Besonders sehenswert ist Kloster
Ebstorf. Früher für Benediktiner-Nonnen ist es seit der
Deformation ein weltliches Stift für adelige Fräulein. Keine
Urkunde meldet von seiner Stiftung, aber die Tradition wird
richtig sein, daß es errichtet ist um 880 in der Nähe der
Stätte der für den sächsischen Heerbann verhängnisvollen
Normannenschlacht, zum Zweck von Seelenmessen für die
dort gefallenen und begrabenen Krieger. Sein Schutzpatron
ist der heilige Mauritius, ein Maure und christlicher Kriegs-
oberst, welcher bei der Verteidigung des Engpasses von
St. Maurice im Rhonetal von den heidnischen Alemannen
mit seiner Legion erschlagen und hernach als Märtyrer heilig
gesprochen wurde. Die Beziehung ist nicht zu verkennen.
Besonders sehenswert sind die Glasmalereien im Kreuzgang,
auch der von letzterem umgebene Friedhof. Auf dem Hofe
des ehemaligen Klostergutes (jetzt Staatsdomäne) zwei große
Scheunen von Eichenfachwerk von 1582 und 1622 sehenswert.
Wer ein rechtes Stück der sog. hohen Heide sehen
will, fahre mit der Bahn bis Munster, freundlichem Kirch-
dorf im oberen Oerzetal, neuerdings weithin bekannt durch
seinen Truppenübungsplatz, und wandere nördlich der Bahn
nach Brei oh (3 km) und über Alvern (Alverdingen) 5 km
nach dem Einzelhofe Emmingen (Besitzer seit ältester Zeit
die Emmann), höchst charakteristischer Heide-Bauernhof,
mit za. 1000 Heidschnucken. 1 km entfernt Station Emmingen.
Oder aber dem Oerzetal folgend südwTärts nach Müden,
von dort über die Ohöfe, mit den berühmten Kieselguhr-
lagern, nach Station Unterlüß, mitten im meilenweiten
Lüßwalde an der Bahn Hamburg — Hannover. Oder auch
von Station Suderburg über Dreylingen nach Trauen und
Munster.
- 93 -
An dei Eisenbahn nach Hannover liegen:
Bienenbüttel, in alter Zeit Billungerburg an der Goh-
brücke über die Ilmenau. Der Burgturm aus Granitfindlingen
dient als Kirchturm. Guter Gasthof bei der Kirche. Sehens
werte Fischzuchtanstalt. Nahebei im Westen der schöne
Forst Grünhagen. 2 km südlich Wichmannsburg, Kirch
doif an der Ilmenau, ebenfalls alte Billungerburg (Wasserburg
An der Kirche romanische Beste. Altar zu bemerken.
Nächste Station Bevensen, freundlicher Flecken
an der Ilmenau mit schöner waldreicher Umgebung.
Uralter Gauhauptort und Archidiakonatssitz (Bebenhusen
St. Johanniskirche.
lkm nördlich von Bevensen liegt Kloster Medingen
mit schöner Umgebung und Gasthäusern zur Sommerfrische.
Gegründet als Cistercienser-Nonnenkloster 1237 in Bohndorf;
1241 nach (Alt-)Medingen versetzt und dotiert von dem noch
heute blühenden Uradelsgeschlechte der von Meding:
siedelte 1334 nach dem bequemer an der Ilmenau gelegenen
Zellensen über, welches von nun ab Medingen hieß. Nach
der Keformation wurde es weltliches Fräuleinstift. Die alten
Klostergebäude brannten 1781 ab und wurden nebst der als
baufällig abgebrochenen Kirche geschmackvoll neu erbaut
1788. Die alte gothische Klosterbrauerei ist stehen geblieben.
An deren Südwand stehen zwei alte sehenswerte Grabsteine.
Das heute dem Amtsgericht dienende Gebäude erbaute Ernst
der Bekenner 1541 als Witwensitz für seine Gemahlin.
Es trägt an der Schauseite schön gemeißelte Wappen des
Paares, sowie in trefflichen Medaillons ihre Bildnisse in
verschiedenen Lebensaltern. Sehenswert ist die Giebelseite
des Klosterguts-Gebäudes, Fach werkbau von 1660.
Uelzen, freundliche Stadt in der grünen Ilmenau
niederung. Wichtiger Straßenknotenpunkt und Flußübergang.
In alter Zeit Löwenwalde, Löbenwohld (Leuba altd. Wald)
geheißen, wurde es um 1250 zur Stadt erhoben und Uellessen
benannt, nachdem viele Bewohner des nahen Klosters Uelles
husen dahin übersiedelt waren. Letzteres hieß fortan Olden
stadt. Größtenteils abgebrannt 1646 und 1826. Erhalten
sind manche Beste der Stadtmauer; die St. Marienkirche,
gothische Hallenkirche aus dem 14. Jahrhundert ; die neuerdings
restaurierte Kapelle des St. Spiritus-Stifts mit sehr schöner
94 -
alter Glasmalerei: ein Bürgerhaus mit Giebel von dunkel-
glasierten Ziegeln aus dem 15. Jahrhundert, das Propsteigebäude
aus dem 16. Jahrhundert und mehrere Fachwerkbauten mit
geschnitzten Balken und Haussprüchen. .
Große Zuckerfabrik.
Lohnend ist eine Wanderung durch die westlich nahe
der Stadt beginnende, gut gepflegte, za. 1000 ha grosse Stadt-
forst. Gasthof zum Fischerhofe. 2 km von da zu den
Wiesenkalklagern, die in der Geologie bekannt sind als
Beweise der zweimaligen Ueberlagerung Norddeutschlands
durch ungeheure Gletschermassen (sog. Eiszeit). Der erste
große Abbau liegt in der Stadtforst, ein anderer in der Feld-
mark Westerweyhe dicht an der Eisenbahn und die älteste
sehr tiefe Grube weiter westlich, auch nahe der Eisenbahn.
Von dort gelangt man immerfort durch den schönen Boben-
w^ald in ll/2 Stunden nach Ebstorf (s. d.)
Oldenstadt, 3 km nordöstlich von Uelzen. Der
Billunger Bruno, Bischof von Verden, gründete um 970 dort
auf seinem Hofe Uelleshusen ein Nonnenkloster, welches 1135
in ein Benediktiner-Mönchskloster umgewandelt wurde und
später Oldenstadt, antiqua civitas, hieß (siehe Uelzen). 1531
wTard es aufgehoben. Allerhand romanische Baureste, sowTie
zwrei sehr alte Kirchenglocken sind noch vorhanden.
Wanderung durch die Heide in 3 — 5 Tagen. Die
Orte mit guten Gasthäusern zum Uebernachten sind fett ge-
druckt. Eisenbahnstation Unterlüss, Lüßwald. Einzelhöfe
Oberohe und Nedderohe* Große Kieselguhrlager. Müden.
Hermannsburg*. Bergen. Südbostel mit den 7 Stein-
häusern. (Hünenbetten.) Fallingbostel, landschaftlich be-
sonders schön. Ueber Soltau nach Bispingen oder über
Wietzendorf, Munster nach Bispingen. Wilsede und
Wilseder Berg. Undeloh. Hanstedt. Eisenbahnstation
Jesteburg. Oder umgekehrt.
Lohnend ist eine Fahrt nach Lauenburg. Man nehme
das Billet womöglich nur bis Hohnstorf, da die Elbbrücke
für eine Meile angerechnet wird, ihr riesiger hochinteressanter
Bau auch am besten zu Fuß zu besehen ist. Die Lage von
Hohnstorf hinter dem Elbdeiche ist typisch für die Dörfer
der Elbmarsch. Rühmlich bekanntes Gasthaus von Lüchau.
Fähre über die Elbe mit kleinem Petroleumdampfer. Malerischer
— 95 —
Blick auf Lauenburg. Unterstadt mit der Elbstraße, mit
Marktplatz und sehenswerter Kirche. Oberstadt mit Schloß
terrasse und rundem Schloßturm aus dem 15. Jahrhundert
(prachtvolle Aussicht). Fürsten garten. Restaurationsgarten
Bellevue mit reizender Aussicht. Stappenbecks Gasthof.
Von Lauenburg nach Boizenburg, 2 Stunden Fußwanderung,
erst durch weite Wiesenflächen, dann durch schönen Wald
(Wirtshaus zum Vierkrug).
Andere von Lüneburg aus in einem Tage zu machend«*
Ausflüge sind: In die Vierlande, in das Alteland und Buxtehude,
in das Wendland; wendisch gebaute Dörfer Rundlinge an
der Landstraße von Dannenberg nach Lüchow sind Tramm,
Breese, Jameln; südlich von Lüchow Saaze und Lübbow.
Inhaltsverzeichnis.
Seite
Verkehrswesen 3
Aufenthalt 4
Geschichte der Stadt Lüneburg.
Von W. Görges 6 — 34
Beschreibung und Rundgang.
Von Dr. Sprengell. Durchgesehen von W. Reinecke 35 70
Allgemeines, Schulen, Ankunft, Gasthöfe, Restau-
rationen, Postamt, Lesehalle 35—38, Bau-
geschichte 38—40
Rundgang 40 — 65
Johanniskirche 41, Kalandshaus 43, Sand
44, Saline 45, Michaeliskirche 46—48, Stadt-
bibliothek 49, Rathaus 50 — 56, Markt 56,
Witzendorff’schesHaus57, Ratsapotheke58,
Glockenhaus 60, Propsthaus des Prämon-
stratenserklosters zum Heiligental 60,
v. Sternsche Buchdruckerei 61, Nikolai-
kirche 61, Roter Hahn 61, Viskulenhof 61,
Abtsmühle und Lünermühle 64, Kauf-
haus 64, Schützenhaus 65
Museum 65 — 68
Kulturgeschichtliche Sammlung 65
Naturwissenschaftliche Sammlung 68
Kloster Lüne 68 — 70
Lüneburg geognostisch. Von M. Stümcke »1 * '
Nähere Umgebung
Spaziergänge und Vergnügungsörter 80 83
Bardowiek 83—87
- 98 —
Seite
Weitere Umgebung 88 — 95
Scharnebeck 88, Artlenburg 88, Winsen a. d. L. 89,
Ramelsloh 90, Vastorf 90, Dahlenburg 90, Bleckede
90, Göhrde 90, Leitstade 91, Hitzacker 91,
Dannenberg 91, Salzhausen 91, Amelinghausen 91,
Soltau 91, Ebstorf 92, Hohe Heide 92, Bienen-
büttel 93, Bevensen 93, Kloster Medingen 93,
Uelzen 93, Oldenstadt 94, Wanderung durch die
Heide 94, Fahrt nach Lauenburg 94, Andere in
einem Tage von Lüneburg aus zu machende
Ausflüge 95.
In unmittelbarer Nähe des Kalkberges
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