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5' 41
ILilreats of tije BiMnitj ScijcioL
loUBlit -witii money
THB SOCIETY
-lEOLOOICAL KDUCAXION,
Reeeived ^^jlC; ^ (, , 190 ^ _
©e^Srt 3^^^^
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D. Maxtin miet.
^mtitt Jtnffage.
(Set elften Sluflage unbeiSitberter 'übbmd.)
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2t. Deicf}ert*fd;e Perlagsbac^i^anblung Zlac^f.
((ßcorg Söljmc).
1901.
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|)iermit biete id^ »eiteren Reifen einen auf ber 83erKner
^aftoraHonferenj gel^altenen Vortrag an. gfür ben Slbbrnd ift
er nur infofem Deranbert unb um ein @eringei^ erweitert, aÜ
bad erforberfid^ ift, um bie Stad^^ilfe bei^ münbticl^en Slu^brucfed
unb beiS perfdnlic^en (EinbrudeiS gu erfe^en, unb atö e§ bie Se**
freiung don ber engften geitfd^ranle erlaubt äßeine Slbfid^t gel^
allein auf bie SlarfteQung eine^ grunbfö^Iic^en Unterfd^iebei^ ber
3(uffaffung, meit ein fold^er fid^ fo leidet l^inter bie Serufung
auf gefd^ic^tlid^e S3etrad^tungi$n?eife t^erftedt.
1*
Jftt^ali
©eitc
2Ba8 l^ciSt „gefd^id^tlid^" ^öangeltum? 7
9Bar 3efuS in feiner SScrfünbigung fid^ felbft ©egcnftanb? ... 11
Sie erüärt ftd^ ber Unterft^ieb beS a))oftoIifd^en ©bangefiunt t)on
Sefu ^rebigt an bicfcm ^unft? • . 18
SBed^alb lel^nt bie „fritifdge ©efd^id^tdforfci^ung'' biefe ^tlförung ab? 24
SBarum gel^ört Sfefud in baS ^bangelium? ,27
|e^ört 3efui^ in bag (Eüangeltum ? SSaiS tM biefe gfrage
Bebeuten? S)a^ er nid^t aud ben biet StiangeCten ge-^
ftri(^en »werben lamt, ia^ berftel^t fic^ jia bo^ t)i>n felbft Sllfo
n)iebetum : SSai^ l^eigt biefe gfrage ? SBoraüf jielt fie ab, menn
fie aui^bräcflid^ gefteHt iPtrb? gl^re Verneinung l^tte ettoa bett
®inn , 3efui^ fei laut bed (Sbangelium nid^t ®egenftanb unfred
^eitöglaubend, Stad^tebenben t^ielntel^r lebiglid^ ein nad^toirfenber
3euge bafär, bag er felbft @ott erlebt l^abe, unb für eine fold^r
Srfal^rung entf|)re^enbe religiöfe ©ittli^feit. SBenn bcm fo ift,
bebarf ed bann unter un^ nod^ einer SiuiSffil^rung aber biefeS
Sl^ema? SRan foOte meinen: nein. ®inb unfre 5ßrebigtett
bod^ ein entfd^iebened ^a auf biefe Stage, im üoHen ®egenfa^e
}u folc^er Verneinung. Srofebem l^aben »ir 2lnla| ju einer
Verl^nblung l^ierüber.
SIm SInfange ber tl^eologifc^en @ntn)i(ftung be^ neunjel^nten
Sal^rl^unbcrt« ftel^t bie l^errfd^enbc ©eftalt griebrid^ S)aniel
©d^Ieiermad^eri^. (Sr l^at ben iRationalii^mu^ in ber X^eologie
überteunben, nic^t nur inbem er bem &miii^ fein Stecht in ber
Sleligion »alerte, fonbcm aud^ inbem er Qfefum ffi^riftum in
ben 3Rittcrt)unIt bei^ d^riftttc^en JBetoufetfdniJ ^ineinrütfte. 3m
Übergange t)on biefem S^l^rl^unbert , in bem bie Xl^eologie
c^riftocentrifd^ n^ar unb in bem bie X^eologen banad^ getoogen
tourben, in toeld^em SKafee fie d^riftocentrifd^ leierten, im Über-
— 6 —
gange ton biefem Igal^rl^unbert ju bent neuen f)at einer ber
überaus »wenigen tl^eologifd^en 9tad^foIger @d^Ietermad^erd in ber
Slfabemie ber SEBiffenfd^aften hieben gel^alten unb t)er5jfent(ic^t,
in toel^en ein Don i^m felbfi ^ert)orge]^obener @a^ folgenber-
ntagen lautet: ;,9ti^t ber ©ol^n fonbem aKein ber 93ater gel^ört
in bad @t)ange(ium , n)ie ed 2)^fu^ Derffinbigt l^at, l^inein/^)
Stefer ®a| fprid^t bebingter afö bie mir jum X^ema gefteUte
^age. 2)ad (£t)angeKum, föie ed nad^ gefu t)erlunbet n^urbe,
lann ja anberd lauten atö bad feine, unb ed erl^ebt fid^ bann
bie Srage: n^eld^ed biefer beiben ift bad redete, und geltenbe
Sbangeliunt, ober gibt ei^ etn^a ein einl^eitlid^ed (£t)angelium in
ben t)erfd^iebenen (Sbangelien? (£d ift felbftüerftänblid^ nid^t
©ad^e biefed OrteiS, biefei^ berebte iBud^ im einjelnen ju bel^anbeln.
SRan lann i^m toeber in unaui^ioeid^Iid^ erforberlic^em SESiberf))ru(^
gegen t)iele9, nod^ in bereittt^iQigem Semen an anbem fünften
innerl^alb ber lurjen ®parmt einer @tunbe geredet n^erben. @d
toirlt ald feffeinbc @efamtaudf:prac^e einer umfaffenben Sen^egung.
Siefe unb il^r gett)innenber StudbrudE merben in il^rem Sinfluffe
fc^toerßd^ burd^ fritifc^'e 9[fteridlen aufgel^alten, loie bienlic^ auc^
eine folc^e bem ®ange bed 83uc^ei^ f olgenbe 83efprec^ung fid^ mand^en
Sefem für eine eingel^enbere Sludeinanberfefeung ertoeifen möge. —
Slnlag }u biefer 83efpred^ung l^at jiened 83ud^ tro^bem ge«
geben, ©eine «bflc^t ift ed getoiß nid^t, bie 5ßerfon Sefu für
bie (S^riftenl^eit fiberl^aupt ju entn^erten. (£^ toiK bie Slufmerl«
famleit folc^er auf gefum lenfen, meiere fic^ am lirc^Iic^en S)ogma
flogen, unb mag t)ietteid^t oftmals feine Slbfic^t erreid^en. Stdein
bad gefd^iel^t um einen $reid, ber t)ie(en t)on uni^ ju teuer ift,
nid^t nur um ben $reid t)on S)ogmen, fonbem um ben ^xtxd
beffen, n^ad i^nen nad^ i^rem „innerften ©rieben^' il^r Sebendbrot
ift. "SitSffath totit biefe§ 83ud^ bai^ SSebürfnid nad^ einem äJer«
') 21. ^avnad, 3). SBefen b. ©^riftent. 1900 @. 91.
— 7 —
fuc^e, ben tiefen, burd^gel^enben ®egenfa^ in ber ^efamtauffaffung
bed ^rSbangelium int @t)angelium'' nad) Höften ju befiimnttent
Su^brude JU bringen. S)en SThtt baju unb bie ^flid^t bafür
begrfinbet bie Überjeugnng, gerabe eine ©efd^id^tfd^reibnng, nield^e
„ba^ SBefentßd^e, ia^ SBertöoIIe unb SIeibenbe, ju ermitteln''^)
l^abe, lomme ju einem anbem (Srgebnii^ in betreff ber entfd^eibenben
3h)ei 3)inge „S^fu^ unb baiS @t)angeKum'' ; jit einem @rgebniffe,
meld^ed fi^ auf bie gefc^id^tlid^e Sird^e ftü^en lann unb t>Dt ber
gefd^ic^tlid^en ^til nid^t ju fd^euen brandet, ^enn mein SSor^
trag babei jumeift mit @ä|en arbeiten mu^, fär bie ber teiffen«
fd^aftlid^e Unterbau im einjelnen nid^t beigebrad^t tnerben fann,
fo ift ba^ für einen fold^en Umrig unt)ermeibli(^ unb erlaubt.
S)ie fec^jel^n Sieben aber bad Sßefen bed S^riftentumed l^aben
ben 99eleg il^rer Urteile auc^ nur in bem begrunbeten Stnfel^en
be^ geleierten Stebnerd. S)ad lann eben bei bergleid^en ^ro«
grammatifd^en, befenntniiSartigen Sugerungen nid^t anberd fein.
Unb fomit gu bem Sßic^tigeren, ju ber ©ad^e felbft, nac^
ber unfer Sl^ema fragt!
S)ie ©ac^e, um bie ed fid^ l^anbelt, ift bie: ©eifert ^efui»
l^inein in ia^ St^angelium, tnie er ei^ felbft t)erlünbigt ^at unb
toie feine !lfofte( ed Derlünbigt ^aben? Sunäd^ft n^ad l^eigt: @r
gel^art l^inein ? Soll er l^inein gel^ören toie $aulud J^ineingel^ört,
totnn er fagt: mein St)angelium? San; getni^ nid^t, benn baS
leugnet man nic^t. SSielmel^r erfd^eint ein f old^er Sufammenl^ang
bei» iSerlünberd mit ber 83otf(^aft fo felbftt^erftänblid^, bog man
gefagt l^at, baran Idnne j|a gar lein dU'eifet fein, bag gefud ge«
lommen fei, bad St^angeßum ju t^erlfinbigen. 93ad er brachte,
b)ar ein Soangelium.^) geboc^ in einer gefd^ic^ttid^en Untere
*) ^amadf a. a. O. @. 8. *) ^amad @. 32.
— 8 —
fud^ung ift Dor aQem ju fragen: toad i% gefc^id^tlic^ ertoogen,
(Sk)angeltttm ?
S)te Steformotion l^at MarmÜiä) ein (Soangettum gefora^t,
in toääftm ben eigentli^en 3n^<ttt bie SSertünbigung (SfyA%
bti SßerteiS feiner $erfon nnb feiner für uni^ t)oQbra(^ten Seifhtng
bUbete. Sie f)at nid^t etoa ein Sk^angelium t)om ©tauben,
eine 9ln|)reifttng einei^ ®(aubeni$ o^ne ganj beftimmten ^nffaü
gebrad^t, fonbern ein @t)angelittm für ben ©lauben. ®ie f^at
ben S^rifhtd, ber bii^ bal^in in ber römifd^en ^rd^e ;,faft be<-
graben" toar, toieber t)orgel^oIt, il|n bem ®lauitn angeboten unb
fo ben (Klauben getoedEt. ^n biefem SSerfal^ren Inä))fte fie bei
$aulu^ an. & lärm lein 3^if^I f^tn, bag $aulud gefum ben
S^rift aU ben eigentlid^en gnl^alt feined (Eüangelium anfal^. fOtan
benfe an feine SKugerungen in ben föorint^erbriefen unb an ben
(Eingang bed 93riefeiS an bie Stömer. ^) Sag auf biefer !luf«
faffung aud^ ba^ rul^t, toa^ er über fein nid^t t)on äRenfc^en
empfangene^ (St^angelium ®al. 1, 11 f. au^fagt, gel^t ebenfo auiS
beut $intDeife auf feine Berufung S3. 15. 16 n^ie aud feinem
®Iaubeni^be!enntniffe 2, 16—21 unleugbar l^eröor. Unb toie
$aulu^ ber S^riftfteHer, fo aud^ ^aulud ber ^rebiger in ber
9())ofteIgefd^id^te. Sie ^rebigt Dom Sieid^e ift lenntßd^ertoeife
ba^felbe n)ie ba§ Süangeßum t?on ber (Snabe (Kotted ober bie
Sejeugung ber Sinnedänberung ju ®ott unb bed @ianbtn^ an
ben ^erm 3efum (S^riftum 20, 25. 24. 21. Auf bie an-
lünbigung beiS äJtannei^, ben ®ott jum Stid^ter eingefe^t, löuft
bie Sltl^enifd^e Stebe l^inaud unb bie Slntiod^enifd^e &ap. 13 l^at
^) 1. Äor. 1, 17. 23. 2, 2. 15, 1—5. 2. 5eor. 4, 3-6. §R8m. 1,
1—4. 9. @))16. 3, 8. ^terna^ ift !etn Sroeifel, tag feine ^dlfmal ^t^
brandete Beübung bebeute : „^\>, t)on @brifto'\ unb ni^t „(to., bad (S^l^riftud
t)erlänbet l^at." ^n biefem (Sinne braud)! $. ^aupüoort unb ^erbum
72 mal, augerbem in htn ^aftoral. 4 mal, bie SSejeic^nung Sbangelift
2 mal. Sn biefer ^nmenbung begegnen bie ^uSbrüde im 92. Seft.
fonft übetl^aupt nod| ettoa 40 mal.
— 9 —
eben ben äReffiag }unt Ignl^alt. S)aiS (Sleid^e gilt Don ben Sieben
bei^ $etmi» Sa)). 2. 3. 10, unb mit i^nen Hingt ber i^m juge:»
fd^ricbenc erjie ©rief burd^an^ jufammcn. Sa, feine Sieben im
2. unb 10. Sapitü ber SUjoftelgcfd^ic^te finb gerabeju bie 2)i««^
))ojttion für ben ®mnbri| unfrer f^no^Jtifc^en Söongelien.
Übrigeni^ Braucht bie 3l))ofteIgef(i^tc^te bai^ ^au))th)ort nur im
SRunbe beS $aulu« 20, 24 unb be« $etru« 15, 7; bagegen ift
i^r baS abgeleitete S^itoort jum ftel^cnben StuSbrucfc für d^rlft^
lid^e SSerfünbigung nhttfjavipt geworben, öftere ol^ne beftimmte
Slngabe bei? l^nl^alteS; too aber eine fold^e gegeben »irb, ift
als fold^er gcfu^ augbrficftid^ ober mittelbar angejeigt. — 3o'
l^anne« brandet freiließ ba^ SBort ©oangclium nie ; boß aber für
feine SJerlünbigung S^fuS ber ©egenftanb toar, ba^ liegt boc^
greifbar auf ber $anb.
®o fommen tt)ir enbßc^ gu bem, toa^ ja l^eute für ba^
eigentUd^ Sntfd^ibenbe gilt, }u ber Sludfage ber fogenannten
f^noptifc^en @DangeIien. Ergibt fic^ mirlßc^ ani i^nen, ba^
Sefu^ ein @t)angelium t^erlünbigt l^at, in bem t)on i^m felbft
nid^t bie JRebe »ar? Swnäc^ft ift bdrauf l^injumeifen, bafe bie
brei erften (SöangeUen baS geittoort im SRunbe 3cfu nur in 2tn-
fü^rungen au^ bem 9Qten Sieftamente bringen, fo in ber Siebe ju
SRajaret^ Suf. 4, 18 unb in ber SlntttJort an ben läufer, beibe
©teilen in SJejie^ung ju 3cf. 61, 1. ©öangeüfieren Ub^uitt
alfo l^ier toie im Sttten Jeftamente gute, frol^e ©otf^aft bringen,
o^nc fc^on ein feftgeprägter SluSbrud ju fein. 8ln einer anbern
©tette, Su!. 4, 43, legt nur Sufa§ eg gefu in ben aRunb. S)ag
^au^tmort @t)angelium felbft lommt im 3. (SoangeUum über«^
i)avipt nic^t Dor. ®o erübrigen alfo nur äRattl^öud unb SOlarfu^
für geftftellung beö ©(jrad^gebroud^eg. SRarlii^ legt ba^ SBort Sefu
brcimal in ben äffunb bei StuSfprü^en, in bencn 3Kattpu§ eS
nic^t ^at. Sllfo bleiben für gefu Sieben aU aUfcitig belegt nur
itoti ©teilen übrig, in benen bad SBort t)orfommt. Einmal bie
— 10 —
«gc^atologijc^e 3?ebc SRatt^. 24, 14, 3RorI. 13, 10; fic toirb öon
bcr ffritif aUcrbingg 3cfu o6gcf|)rod^en. ©obanti bie Srjäl^Iung
t)on bcr Bctl^anifd^cn Salbung SRatt^. 26, 13, äKarl. 14, 9.
SP bicfcS SSäort cc^t, fo fe|t ber 9iebncr öoraug, ba§ man bei bcr
^u§rt($tung bed SüangeUum gerabe t)on i^nt unb bem, mad
il^nt toibcrful^r, rcbcn werbe. SKber Seml^arb 8Bei§ ^ält e§
nid^t für cc^t, fofcrn eS fid^ um bie Urüberlieferung bcr SBortc
Seju l^anbelt. ^) S)er (Schluß bc« SRarfu^ mit feiner Stnttjcifung
16, 15: $ßrebiget bag Kbangeüum aller Sreatur ift jugeftan-
bencrnjcife fein urf^jrünglic^cr ©cftanbteil be§ gtociten (Süangelium
unb alfo in biefem @innc unecht. S93ir ^aben alfo nac^ bem
Urteile ber l^iftorifc^cn Sritil feine ®cn)i§^eit, ob S^fu^ ben
Sluj^brudE (SbangcUum aU terminus technicus überl^aupt gebrandet
l^at. 3)er genauefte gorfc^er über ben urf^jrünglic^cn SBortlaut
bcr Sieben Qefu, ber anerlannte ®rforfd^er beö Stramäifd^cn in
3efu Seit, ®uftaö S)almann, lommt ju bem ©rgcbniffc, ba§ erft
innerhalb bcr d^riftlid^en (Semeinbe ^aupttoort unb Stittooxi ju
einem Serminu^ gctoorben finb.^) S)cr ©ingang be§ SKarfuä
lautet: (SDangcIium t)on gefu (S^rifto, bem ©ol^nc Sottet; l^icr
alfo Sdangcüum im Sinne eine^ 93cric^tci^, bcffen ®cgcnftanb
Sefug Kl^riftug ift.^) »icffcid^t ba^ au§ biefem Anfange beig
jtociten ©oangclium bie SScrtocnbung biefer Sejcid^nung für fold^c
©d^riftcn übcrl^au^Jt geftoffen ift. So ergibt fid^ alfo bie bc-
mcrlcnStocrtc S^atfac^c, bafe unter ben brei erften ©üangetien
gerabe ba^jenige fic^ fo nennt, h)elc^e^ befanntlid^ am n^cnigftcn
Sieben S^fu enthält; ba liegt bie ^(nnal^mc bod^ fo fem ald
mdglic^, @t)angelium bcjcid^nc bie ^rebigt gefu fclbft unb i^re
treue Überlieferung.
SBcr gcfd^ic^tlid^ feftftellen luiU, ma§ (Sdangelium fei
*) ^arfuScb. 1872 (5. 436.
2) 2Sortc 3efu 1898 @. 84.
») Xcyt unb @inn nac^ S3. SBeig a. a. D. @. 37 f.
— 11 — .
tinb toad l^ineiitgel^öre, l^at bemnad^ nic^t bei ber unftd^eren Über^
Kefcrung in betreff Sefu anjufragett, fonbcm bei ber erftcn
@;^rifietigemeinbe, bei ben @c^riften bed 9teuen 2:eftamented äber>«
"fympt, t)or QKem bei ^auIuiS mit feinem auiSgiebigen (gebrauche
bed geprägten ^nibtudtL Dl^ne am 99ud^ftaben }u l^ängen barf
man bemnad^ bel^aupten, ti fei ungefc^id^tlid^, ein (St^angelium
gefu bem SüangeUum ber 9())ofteI gegenüberjufteQen. 2)enn
biefer attteftamentftc^e Slui^brucf ift ju bem bie äBelt burc^l^oDen*
ben (Stid^n^ort erft burc^ bie äRdnner gen^orben, beren Seruf ed
toax, ber SBett ben glauben an gefnm atö ben (S^rift ju t)er«
fünbigen. "S^a^ ift leine SSud^ftabenflauberei, fonbem SBeobad^tung
and ben Duellen.
^nbt§, toad liegt jule^t an ber SSejeid^nung ! Sd l^anbelt
ftc^ fad^Iid^ für un^ um bie SSerlünbigung gefu felbft. @tänbe
bai^ (Sdangelium ber Slpoftel mit ber ISerfunbigung 3e(u im
9Bibcrfh:eite, fo toärbe mobt ieber fagen: bann ift ba§ @t)an^
gelium ber Sl^oftel nid^t maggebenb, benn Sefui^ ifl boc^ bie
Offenbarung. SSir l^aben a(fo bie SSerffinbigung 3efu barauf
anpfeifen, ob er ftc^ fclbft jum ®egenftanbe feiner ISerlunbigung
gemalt l^at. S)abei lommt in Srage, meldte üueQen man an«
erlennt, ob blo^ bie brei f^noptif^en Soangelien, bie nur oon
einer galilaifd^en SBirffamfeit 3efu berichten, ober aud^ bad t^ierte
(Sfangelium, bad oon einem SBirIcn gefu in ^ubäa rebet^ n^ie
ein folc^ed aud^ fonft bur^ bie ©ad^e geforbert erfc^eint. 2)ie
brei erften Soangelien geben bie Sleid^Sprebigt ^t\n, bad t)ierte
feine @elbftaudfage. ^ö) Derji^te junäd^ft auf bai^ t)ierte; benn
ed lommt bei biefem Streite über bad SSerl^öItnü^ ber a))oftoIifd^en
^rebigt ju ber SScrfünbigung ^t\vi barauf an, bie fd^male Sante
ber f^noptifc^en Überlieferung ju itf^aupttn, um gu jeigen, biefe
Sante fei nic^t ju fd^mal, um bie ^VLQtti ju geigen, in xodi^tn
— 12 —
l^aften lann, ttmd bai^ ]p&ttxt 3^flni^ und entgegentragt. ^) SSie
fte^t ed alfo mit ber Slei(i^iS))rebigt ? 2)ie Slntmort ift ntd^t leidet
gu geben, benn t^ barf l^ier nur Benu|t merben, toa^ aü ed^t
gilt ! SBer aber unternimmt ed, tomn ühttffanpt geitoeifelt toirb,
l^iefnr ben aQgemeingtItigen SRapab feft jufieQen ; bafur mad
t(S)t ift ober uned^t, n^efentlid^ ober nid^t toefentüd^? 99ei ber
93egrünbung feiner ^t\z fd^eibet ^axnad alle edd^atologifd^en
^artieen aud. 3ixö)t atö ob biefelben nid^t jum Xeil t)on g^fud
ftammen lönnten; aber ed fei barin eine ffir il^n unt)ermeib(id^e
älnle^nung an bie S^it^nfc^auungen ju erlennen unb fie ge*
l^ören bal^er nid^t ju bem äSefentlid^en unb 93Ieibenben in feiner
SScrfünbigung. Sunäd^ft ift alfo auc^ auf bie eiSd^atoIogifd^en
Sieben ju t)eriid^ten.
Unb nun geftatten @ie, bag id^ nur in Umriffen geic^ne;
f omie mir in bie S3ef))red^ung t)on einzelnen Stellen unb SluiSbrüdten
einträten, mürben mir in unenblid^e Ungemigl^eit l^ineingeraten.
3d^ ^abe alfo in grogen 3ugen feftjuftellen, bag S^fui^ in feiner
SSerfünbigung nid^t t)on fid^ gefd^miegen l^at. 2)ad 9täd^ftliegenbe
fc^eint nun hierbei fein 9(nff)rud^ auf bie äßefftanitöt; boc^ trögt
biefe X^tfad^e nid^t fo üiel an^, meit bie (Sntfc^eibung tim
barin liegt, morein er feine meffianifd^e SEBfirbe fe^te. *S)a^ aber
l^at er borerft fad^Iid^ angebeutet, e^e er mit jenem SCnf))rud^ erft
t)or feine Singer, bann aud^ t)or bie Öffentlid^Ieit trat. ®e^en
mir iener borbereitenben SJerfünbigung nad^, fo ift Dor allem
mid^tig, roa9 er nid^t fagt. S^fud f^^t fid^ nämlid^ nie o^ne
^) Scfcr meiner ©Triften »iffen, mic juücrftci^tltcö ic^ boS dö. 3o§.
öerroerte. 3n tiefem fJaKc fci^Iiefec iä) micft mit meinem SSerfaören on
@xavi, bad ©elbftbetougtfein ^efu 1887 an; t^ertoetfe aud^ für ba$
f^olgenbe auf feine umfoffenben ^uSfül^rungen. Senn id) audj nic^t
burc^meg unterftfireiben lann, tt>a§ er au8f^)nc^t, muß ic^ bocjft »iebers
]§oIt betonen, bajs bie ®efamtarbeit an biefen S^agen unter bem ©inöcre
ftänbniffe borüber leibet, i§n beifeite gu fc^ieben.
— 13 —
toeitered mit ben 97lenfd^en ate gteid^mägig ju il^nen ge^drig
jufamtnen, toeber in besug auf fein fßttf)&Ünü jum iBater nod^
in bejug auf fein SSer^altnid jur äBelt. 9iirgenbi» fteOt er ftc^
fd^Iec^tmeg in eine Steige mit ben anbem SDtenfd^en, felBft nid^
mit feinen Slnl^angern, nid^t einmal für bie 3ulunft. @r fielet
immer jmifd^en ben äRenfd^en unb feinem l^immlifc^en SSater.
SBenn er in bejug auf bie SBieberlunft fagt : bai^ n>ei| niemanb,
aud^ ber Sol^n nid^t 9RarI. 13, 32, fo lönnte man ba ni7d^
3ur 9{ot fagen, ed l^anble fid^ um ben legten ober l^öd^ften $ro^
)}]^eten. Sßenn er aber feine S&fterung mit ber unDergebbaren
Säfterung bei^ l^eiligen ®eifted üergleid^t, fo rücft il^n ba^ ber
(Bottl^eit jundd^ft. Igm ®Ieid^niffe bejeid^net er ftd^ atö ben
einjigen ©ol^n gegenüber ben fonftigen ®ottedboten afö ben
©Hotten. S93&]^renb er hi» an^ Sreuj l^inan bie Fürbitte äbt,
ift fein gemeinfamed ®ebet mit feinen gfingem ittodffvt, leinet
mit einem jufammenfaffenben ^^toir''; aUt^ miberf))rid^t ber
9RögUd^!eit, bag ba§ Unfer SSater ein tyon if)m gebraud^ted ®ebet
gemefen fei. gfreilid^, bei f old^en Sinjelifigen n>irb immer gefagt
werben lönnen: bad I> ftc^ fo ober fo beuten. SBer aber un«
befangen bie ©c^ilberung burd^))rüft, ber tt)irb nid^t jn^eifetn, ba^
eine itoax fel^r jarte, aber babei ungemein fefte Sinie jn^ifd^en
bem 3d^ unb ^x, 2Slx6) unb @ud^ burd^ aOe Hieben, unb gar«
nid^t bIo| bei ^o^annei^, ^inburc^gel^t.
Slber t^ fel^It aud^ nid^t an mirltic^en ©elbftaudfagen 3^fu
fiber feine SJebeutung ffir feine Slnl^änger. ®o forbert er ben
Snfd^Iu^ an feine $erfon, nid^t blog an fein SBerl, unb an fein
tnnerfted ®ein, nid^t blog an feine Se^re. SCÜerbingd foQ man
feine (Gebote befolgen, aber er verlangt baneben, unb ald Snt«
fd^eibenbed, bag man ftd^ an feine $erfon anfd^Uege. äRel^r atö
einmal rebet er t)on bem SJerlieren bed Sebend um feinetu^illen,
toSffttvb bad entgegenftel^enbe ®eminnen bed Sebend t& aud«
fc^ftegt, bie Sßorte blog auf bai^ irbifd^e Dafein ju bejiel^en.
— 14 —
@g l^anbcft fid^ um eine Eingabe ber 5ßerfott an bie 5ßcrfon,
neben ber and) bie ^öd^ft 5u ad^tenben irbifd^en ^erl^ältniffe ju*»
rädtreten muffen.^) S)ie befonnte Sufofle an jtoei ober brei auf
feinen Sianten l^in 8ufamntentretenbe SKattl^. 18, 20 gibt feinem
9?anten für feine Sünflcr bie Sebeutung, »eld^e in S^rael bem
9!anten &ottt^ jufam; bad Hingt aud^ fonft in feinen Sieben
nad^. Unb baju ber ©egenfafe : Selig, »er fid^ nid^t an meiner
^erfon ärgert. ^) 8luf feine 5ßerfon alfo fommt e« an. (grfd^eint
l^ier ba^ SSerl^ältnid ju i^m entfd^eibenb, fo gibt ferner bie S3e^
jie^ung be^ ^anbelnö auf i^n biefem ^anbeln feine SebeuJung:
„3Ba§ il^r getrau l^at einem unter biefen meinen geringften
Srübem, bag l^abt il^r mir getl^an''.^ 3)ie entfpred^enbe ffrönung,
fo ju fagen, finben biefe 8lu§fagen junöd^ft in bem @^)md^e
t)om Selennen unb Verleugnen äRattl^. 10, 32, Suf. 12, 8 f.;
bag l^ierbei nid^t nur unb nic^t juerft an bie @itt[id^!eit ber
Slad^folger ju beulen fei, jeigt bod^ »o^t bie SluiJlegung burd^
baS @rlebni^ be^ $etru$. 2)aran fd^ßegen fid^ bie meiteren 9lu§«
blidfe auf baS ®eric^t ober im ©leid^ni^toort auf bie @rnte^
bie $eimf el^r beS ^augl^errn u. f. ». ; unb mit il^nen berbinben
ftd^ bie 3Mfögen ber bann erneuerten ®emeinfd^afi ©teilt man
fte in biefen Sufammen^ang, fo fann bie bilblid^e ©infleibunft
geloi^ i^re ^erlunft t)on Igefu nid^t jtoeifell^aft mad^en.
greiüd^ l^at er einen Sluftrag, eine ©enbung t)on feinem SSater^
aber er trögt biefe ©enbung nid^t aU ©Haue, fonbem ate ©ol^n,.
aU $err. „SRad^t" ift il^m öerliel^en; toie man fie um il^n l^er
ate eine unöergleic^Iid^e anerfennt, fo fd^äfet er fie fettft; um*
fagt fie bod^ bie SSoQmad^t, ©finben ju (vergeben auf @rben.^)
^) aßattl^. 10, 34—39. 16, 25. ßf. 14, 26.
2) Wtatt^, 10, 22. 18, 5. 19, 29 «ßaraH. unb in ber cSc^atoI. 9iebc.
SKatt^. 11, 6. —
«) mait^. 25, 45. — 18, 5. Sf . 9, 48. — Tlatt^. 10, 42. Tll 9, 41.
*) SWatt^. 9, 6. 10, 32.
— 16 —
Unb bementfpreclenb t)erfä^ unb lel^tt er in SSejiel^ung auf bie
altteftamentlic^e Überlieferung. ®d^on in ber Sergf^rebigt tt)enbet
er ftd^ nid^t aQein gegen ^^arifäifd^e aRenfci^engebote ; feine SluiS^
legung ift bort tt)ie in ber ®abbat^frage, jugleid^ eine ©id^tung
unb SBanblung. 3" betreff ber (S^efd^eibung l^ebt er bad äRofa«
ifd^e QudbrädUd^ atö f old^e^ auf. ^) ^a» ber Käufer im ^M
auf ®otteS @d^5pfermad^t anbrol^te, bie SSermerfung ^iSraeli^^
lünbigt er befKmmt mit ber audbrücftic^en SJerftd^erung an, bie
Ungläubigen foHen burd^ Reiben erfe^t tt)erben.^) Surd^ bie
Sorberung, itn fßaitx im ^immel in ber tJeinbedliebe nad^«
jua^men, t^ut er ben innerften Xrieb feined S)ienend !unb unb
fd^Iiegt ed mit ber gfärbitte für feine äRörber ai. SBenn er nun
bajtoifc^en bie l^erben ©trafreben tt)iber bie blinben ©linbcn*
leiter ^olt, fo üernel^men toix in il^nen gemig nid^t ben %t>n ber
Erbitterung über bie SEBiberfad^er, Dielmel^r ben erfd^fitternben
@mft beiS Sli^teri^, ber in feinem Urteile bie ®eri^tiSan!ünbigung
ber ^ropl^etie abfd^Iie^enb gufammenfagt. 3n fold^en 3^9^^
tritt ber über bie Öfonomie, über ba^ ^aui^föefen bei^ Sater^
gefteüte ©ol^n im Unterfd^iebe t)on bem ^dd^ftgefc^ö^ten 2)tener
l^eröor; ^) er fd^altet fouöerän im ®ebiete ber göttUd^en Offen-
barung. Unb eben ba^ beanfprud^t baiS immer niteber i^txt)ox»
gel^obene ^^gol^anneifc^ flingenbe'' äSort: „Wit^ ift mir t)on
meinem SSater übergeben. Unb niemanb lennet ben ©ol^n, benn
nur ber SSaJer; unb niemanb lennet ben Sater, benn nur ber
©ol^n unb mem ed ber ©ol^n niin offenbaren''. Seute, bie
baran Stnfto^ nal^men, l^aben biefe ©ä^e freilid^ fc^on in alter
3eit umgefteQt; aber U^ je^t ^at t^ nod^ lein ^eraui^geber
unternommen, ben Se^t fo brudten ju laffen.
Unüerlennbar \pxxä)i an^ feinem gangen SJerl^alten ein IBe*
^) SWott^. 19, 3 f.
«) a^attl^. 8, 10 f.
') »gl. &>r. 3, 5. 6 mit SKarf. 12, 6 f.
— 16 —
tpugtfein, beffen Sn^alt ben geraben ®egenfa^ ju feiner Ma^^
nung in betreff ber ^l^arifSer unb ©d^riftgelel^rten BUbet, SRattl^.
23, 3. @r unterfd^eibet burc^auS nid^t smifd^en ber Slufnal^me
feiner Se^re unb bem ?Cnfd^Iu§ an feine ?ßerfon. SSielmel^r
forbert er eben l^ieju in tjerfd^iebener gorm immer toieber auf.
®oU jene Sinlabung, bei i^m Slufatmen unter ben Saften be^
Seben« ju finben SKattl^. 11, 28 f., toirllid^ nur burd^ ein EKi^*
t)erftanbnid ber S^riftenl^eit über feine S^^fd^e^tage l^inauiS geltenb
^en^orben fein? 2)ie immer mieberl^olte gorberung 3ur 3laä^
folge entl^ölt bod^ bie Sutierfid^t jur unbebingten ©ic^erl^eit unb
tRid^tigleit feineä ®angeS unb geipinnt im ^uf^^wien^ange mit
4)em Sefenntniffe feiner Sünger ju feiner SKeffianitöt unb mit
feiner Soraudfage feineiS Sebeni^au^anged gemig Geltung über
ben i^m nod^ bleibenben Steft feiner „ito'6Vi ©tunben" l^inauS.
^aä) bem allgemeinen Serftänbniffe ber S^l^riftenl^eit fe^t fte
@ünbIoftgIeit bei i^m t)dxan^ unb ftnbet an bem ganjen ent^
f)}red^enben SinbrudFe bie 93egrünbung feinet unüberl^drbaren
Slnf))rud^ed. 9Bo i^m aber Staum gegeben n)irb, too man feine
SSorbttblid^Ieit gelten lägt, ba bleibt fie nid^t nur gefe^Iid^er
fCftai'liai. . SBer fein Seben verlieret um feinetioillen, toirb t&
getoinnen. ;3[ene gfü^rerfd^aft entl^ölt aud^ bie SBürgfd^aft ber
(Srrettung. Unb itoax nid^t erft am (Snbe feiner unb i^rer
IBSanberung. SSielmel^r jene @rrettung bringt er, mol^in er lommt,
fd^on j[e|t. ^) Ram er nur ju ben Sranlen, fo ift er nun in
ber Xfyit ht>d) il^r SIrjt. ^) Unb bag er ed nid^t lebiglid^ burd^
feine Serffinbigung, burd^ Sukoeifung au fittlid^er S)iat fei, ha^
fünbet ftc^ in einer SüDe bon Saaten an, bie il^n afö ben Über^»
toinber bed @tarlen unb feinet Steid^ed bejeugen.^) Sforbert er
aber ®Iaube, menn er befreienbe 9Bunber t^un foll, foDte er auf
>) Sul. 19, 9 f.
«) aRattl^. 9, 12 bgl. ». 4 f.
») gj^attl^. 12, 28 f.
— 17 —
i§n öcr jid^tct l^aBcn für bic cnlfd^cibcnbc So^Iaufung ? OTcrbitigg
lieft man l^icr nid^t bic cmftcit Stuf forbcrungcn , toic fte ba^
ölcrtc ®t)angcttunt in bicfcr aiid^tuttg rcid^Iid^ Brittgt. Snbcg,
itm tvdä^m ©lauBen foQ ed ftd^ benn Bei bent SSelenner unb
SJerleugner ©imon 5ßetru^ gel^anbelt l^aBen?^)
(Snblid) lontnten toix 3U ben Belannten SSorau^meifungen
üuf feinen SeBeni^auggang. @ie felBft unb i^r SSerjiänbni^ fidler
ju fteßen, ift eine eigne SüufgaBe für umfaffenbere Unterfud^ung,
üU fte l^eute für bie ©efamtaufgoBe geftattet ift. @eit brei ^a^x^
gel^nten folgt 9(rBeit auf SlrBeit, um an biefent fünfte ia^
^?RätfeI" biefer 5ßerfon ju löfen, unb boBei, toie fd^on öor Bunbert
Salären, bai^ lird^Iid^e 93efenntnid burd^ 3^fu eignet S^ugnid ind
Xlnred^t }u fe|en. ®en)i| liegt alfo t^iel baran. @o lange ntan
3efu biefe SSorauiSmeifungen nid^t ganj aBfprid^t ober uiilKürßd^
jured^tfd^neibet, toirb eg baBei BleiBen, ba§ er feinen S:ob nid^t
ol^ne bie barauf folgenbe Stuferftel^ung in^ SKuge gefaxt, in feinem
3:obe ben entfd^eibenben Swfl f«««^ SeBeniJ gefeiten unb an i^n
iie ©ntlebigung für un8 gefnü))ft, aud^ gerabc in il^n bie @r-
füQung ber S^^^^^ianifd^en SBei^fagung t)on ber (Srrid^tung beS
neuen ©otte^Bunbei^ gefegt l^at. S)ai^ allein greift n^eit üBer ben
SRärt^rertob aUer $ro|)!§eten l^inaui».
S)iefe ]^au))tfad^Iid^en 3üge^ benen nod^ anbre Beftatigenbe
Beigefugt »erben lönnen, jeigen^ loie S^fu^ in feine eigne SSer-
fünbigung aU ©egenftanb l^ineingel^örte. @d ift ntir nid^t t)er«
Borgen, bag ntan auf biefem Gebiete ntittelft fritifd^er @id^tung
Bei aSer SurüdF^altung launt gu einem Derlaglid^en Stefte ge<*
langen !ann. Unb felBft Bei einem fold^en iRefte !ommt ed für
bie @d^ä^ung Uiefentlid^ auf bie ©efamtanfd^auung an. Sin
>gegen bie gefd^ld^ttid^e föritil getoig nid^t öerfd^toffener S^eologe,
1) 21 22, 32. — SStcIleid^t ift btefe ©teile bt^alb Dcrbäcfitig ge=:
toorbcn , weil ?ßiu§ IX. ftd^ auf fte für fetnc Unfel^Ibarfett Berufen ^at I
ftftl^Ier, (9e^5Tt :^efu3 ac. 2
— 18 —
mein t)crftorbencr ©ollcgc SB. Setjfd^Iog f)at crllart: c§ lönne
nientanb ein Seben S^f" fd^reiben , ber nid^t eine K^riftotogie
l^obe unb ben fic nic^t beeinfluffc. ^) (£§ liegt in ber 2lrt ^t\n,
ba§ ntan o^ne eine (Slanbengauffaffung feiner (Scftalt and) bie
Serid^te über i^n nid^t anffaffen fann. S)a§ gilt and) f)kx.
SBer ba§ SBefenttid^e l^erauäfid^ten toxU, ber broud^t icbenfaH^
einen SWafeftab für bie SBefentlid^fcit. ®iefer ma^^ai aber mirb
tDoiji immer bie betreffenbe E^riftologie im weiteren ©inne, bie
©d&äfeung be§ SBerte« K^rifti in ber ©efd^ic^te bilben; unb fie
fd^üefet immer and) eine E^riftologie im engeren Sinne, namtid^
ein Urteil über bie Sefonberl^eit feiner 5ßerfon in fid^. Slnbem-
faH§ bleibt nur ein ettna^ öufeerÜd^eS SSerfal^ren antoenbbar,
S)ic SSerbunlelung be§ eckten Iiiftorifd^en SefuS ftamme — !urj
gefagt — auS ber apoftolifd^en Übermalung. SBag dfo mit bem
fonftigen S^ugniffc ber SIpoftel gufammenftimme, fei ouf 8te(^nung
ber Übermolung ju fefeen. ®d^t fei nur baS SBiberf^^red^cnbe. —
SBer nod^ an (Sottet SSorfel^ung feftl^ölt, barf frogen, marum
uns biefe übermalenben Sengen nid^t erf^art geblieben finb!
Sebenfallg finb fold^e ©id^tungen überaus ungeiülS, unb man ift
beS^alb nid^t bered^tigt, jil^ren Ertrag ol^ne »citereS öor aller
SBelt für baS ©rgebniS ber gefd^id^tlid^en Sorfd^ung ju erHören.
Sllfo gibt e§ in ^t\n ft|no})tifd^er SSerlünbigung aud^ eine
©elbftauSfage, »enn auc^ biefe ©elbftauSfage nur l^ineingeftreut
ift in eine reid^Iid^ere SSerlünbigung öom ateid^e (SotteS, ober^
um mid^ ber SluSbrüdEe ^amad^ jU bebienen: bom SSater unb
ber ©eele, bon ©ered^tigfeit unb Siebe.
S)amit lomme id^ nun ju bem eigentlid^ f)3ringenben $unlt
3ft man unter gefd^id^tlid^em ®efid^ts<)unfte bered^tigt ju fagen:
1) Seben 3efu 3. 21. @. XXII.
— 19 —
n?cntt bic ä^joftcl in ©ejicl^ung auf S^futn unb ba» ©tjangcliurft
öon i^m anberg rcbcn, aU bcr $crr fclber gerebct ^ai, fo folgt
barauS mit SRottocnbigIcit, ia^ bic SScrfünbigung bcr 8t|)oftcI
irrig ift? ®ic 2lnttoort fann nur oug einer ©infid^t in betreff
bcffcn gewonnen toerben, toie ntan fic^ baS SSerl^ältni^
bcr SSerfünbigung bcr Slpoftcl ju bcr SJerlünbigung ^t\vi
gefc^id^tßc^ gu beulen J^obe. 2)a fragt e§ fic^ junäd^ft: ijl
c^ gefc^id^tlid^ tid^tig, bie Überlieferung öon Sefu galiläifd^er
SJerlünbigung jum ouSfd^tie^tid^en SRa^ftaBc bei? öon il^nt ter-
lüubigtcn unb feinen S3oten aufgetragenen ßöangelium ju mad^eu ?
3)ann »irb nur bicfe Seigre afö ©öangclium ju gelten l^abcn. S33ar
bag S^fu eigne STbfii^t? S)a l^abe id^ folgenbe SJebenlen.
SBir l^obcn im 9?euen Seftamcnte gar feine ©pur tjon einer fold^en
Slbfid^t unb öon einem . cntf^jred^cnben Stuftragc gefu. SKugen-
fd^cinlid^ ^aim feine Soten i^n nid^t fo ücrftanben, baß fie nur
3cfu Seigre mciter ju lel^rcn, feine SSerfünbigung meiter ju
<)rcbigen ptten. SBcbcr in ben auf unS gelommcnen ©^jurett
öon ii^ren crften ^rebigten nod^ in t^ren ©d^riften ift ba§ bcr
gaU. auf biefen Slbftanb il^rcS SeugniffcS öon jener SSerfün*
bigung ftä|t man ja ba^ abfd^ä^ige Urteil über jenes. 92id^t
einmal gafobu^ tritt in feinem ©riefe, bcr am meiften ftjuoptifd^c
Srt an pd^ l^at, auf unb fagt: 16) feiere cud^ bic Seigre gefu,
fonbem er forbert ben ®Iaubcn an bcn ^crrn bcr ^ycrrlid^fcit
unb ein i^m entfpred^cnbe§ SScrlöaltcn. SBorauf begrfinbet man
benn bic Se^au|)tung, bic Slpoftel f olltcn J^f u Seigre f ort^jflanacn ?
gefuö fclbft lann eS nid^t fo öerftanben l^abcn, fonft l^ättc er
eine SJcranftaltung bafür getroffen. ®g gibt S^cologen, bic fold^c
SKajsnal^mcn S^fu angenommen l^abcn; }. S. S, SSeit: gefug
l^abc mit feinen Sönfl^i^n gemiffermafeen ©qnagogcnfd^ulc gcl^aften.^)
1) ©^not)t. parallelen 1897 ©. 73 f.— $lcr foH fein Urteil über
bicfe ^^ipot^cfe unter bcm ®efi(!^t8pun!t beS fog. ft)nopt{fd)en ^roblemeS
2*
— 20 —
St^nüd^ oud^ aKonbri. SDa§ tft inbe§ 6Io|e §^»)Ot]^cfc; bofür
f)dbtn toir gar leine Seftätigung. fOlan fagt femer, S^fuiS l^aBe
eigentlich nid^t^ Steuer t^erfünbigt; feine ©otteSlel^re unb feine
SRoroI feien bie bed Sitten SieftontenteiS, nur Befreit t)on bem
©efefelid^en, {Rituellen unb 5RotionaIen. S)iefe Seigre beiJ ^ttn
Seftamente^ nad^ Sefcitigung fold^er 8«föfec «^it burd^fd^Iagenber
Sraft öerlünbigt, ba§ tuar ba^ Söangelium Sefu.^) @o toax dfo
bog SBefentlid^e eBcn bie ptr^bnlx(i)t ^aft, unb nid^t bie SBiebcr-
l^olung beffen, niag fd^on ba tt)Qr, nid^t feine SSerlunbigung il^rem
Snl^alte nad&. — Slllein jene SSerlünbigung Sefu, ^at pe »irl*
Kd^ eine fold^e Sraft beriefen? SBo toax bie SBirlung biefer
Se^re, aU bie @If gerftreut unb glaubeniSlog t)on bem fterbenben
(Sl^riftui^ geflol^en tuaren? SEBo unb tpann fjat fid^ in ber @t^
fd^id^te ber Sirene il^re bauembe äBirlungdIraft gejeigt? @d ift
nid^t nac^n^ei^tid^, ia% irgenbniann ia^ @t)angelium Uo% in
biefer Seigre Sefu beftanben Iftabe, ia^ Irgenbtoonn eine Seigre biefer
Slrt eine ^rd^e gegränbet l^ätte. Seber 3^tt mar bag bielmel^r ber
(Glaube an gefunt. äBenn eine l^iftorifc^e 93etrad^tung bel^au^^tet,
jene Seigre S^fu fei unter allen SSerpHungen bed gefd^id^tlid^ lebenben
(Sl^riftentumed ia^ einjig äSirIfante gemefen, fo ntag fie eine fel^r
geiftt)oIIe gefd^id^tlid^e S^onception fein, aber fie ift bod^ nur eine
^^ilojopl^ie ber Sird^engefd^id^te unb nid^t bie förd^engefd^i^te
felbft; unb biefer Untcrfd^ieb bleibt beftel^en, ob bie 5ß^iIofo|)]^ie
Mou ift ober rot. ^)
abgegeben fein. @$ toirb nur betont, bog man eine fold^e ^^))ot]§efe
ni(^t jur S3egxünbung eines UrteileiS über ha^ tl^atföd^Iici^ k)OTliegenbe
SBetfal^ten ber crften Soten Sefu bxoud^en bürfc.
^) ©amad <B. 30 f.
^ §iftorifer öon ber 3unft l^oben 3fJan!cS SBcItgefd^ic^tc eine ^l^tlo*
f o))l^ie ber ©efd^id^te genannt. SR. felbft geigt ^ntoanblungen einer folgen
SSetrad^tungdtueife. ^ie mug man t)on einem lurg gefd^ürgten ®ange
burd^ bie breite ^(efd^id^te urteilen, meldte ftd^ mit fo abftracten ©runbfä^en
gur ^erauSftcHung beS SBefentlic^en unb SBIeibenben fd^ürgt, toic baS
$amadf in feinem ©ingange tl^utl
— 21 —
Sic flcf^id^tlid^c S^otfad^c ftc^t fcft, bag bic »otcn gefu
fi(^ Don il^m ju Saugen für feine ipeil^bebcutung, nid^t aber gu
Sräflcrn feiner gaüläifdöcn 5ßrcbigt bcmfen mußten. 3ft e§ bann
gefd^id^tlid^ rid^tig ju urteilen : n^enn man nid^t nad^meifen lann,
bo§ 3cfu§ fid^ fc^on felbft jum ^auptgegenftanbe in feiner gali-
löifd^en ^rebigt gemad^t l^abe, fo liege in j[enem iBen)ugtfein
feiner Soten unb i^rcm entfpred^enben SSerfal^ren eine SJer-
bunlelung bzi @t)angelium im @DangeIium t)or? 2)iefeg @nt«
toeber^Dber ge^t ftiQfd^tDeigenb t)on ber ^orauSfe^ung an^, Sefud
l^obe nur eine fertige SBa^rl^clt }u üerfünben, nic^t aber eine
gefd^id^tlid^e Sl^atfad^e 5U bringen gel^abt, bie in feiner eignen
©cfd^id^te erft tourbc unb juftanbc fam. giel^t man biefeSKög-
lid^lcit in Sied^nung, fo toirb man fid^ bem SinbrudEe nid^t ent-
jie^en Idnnen, Sefu^ ^abe bann tool^I unter Umftänben @elbft«
au^fagen t^un fönnen, toie fte t)ortoiegenb im t)ierten St^angelium
feltener aud^ in ben anbern begegnen, aber er burfte fic^ nid^t
felbft }um I^ema feiner Se^rt^atigfeit mad^en. Unter biefem
(8efid^tiS))unIt ift bie Unterfud^ung am $(a^e, toit er jum
®egenftanb eined @t)angenum totxhtn unb mann ba^ gefd^el^en
lonnte.
$anbelt eS fid^ um eine iBotfd^aft, bie jeben STienfd^en an«
gel^t unb unter gegebenen Umftdnben aud^ jeben ajienfd^en an*
fa|t, fo lann fie getoiß nid^t eine breite @(^ilberung be^ $ro«
p^titn in feiner 833irlfam!eit auf feine geitgenoffen fein, ju ber
felbftberftdnblid^ audg ^nf)aü unb Slrt feiner SSerfünbigung ge«
^drt. ^l^re B^^tfärbung mirb immer eine ©d^eibetoanb jtoifd^en
jeber ©egenmart unb biefer SSergangenl^eit aufrid^ten. ^a^ fßtx*
binbenbc lönnte nur ber ^nifalt feiner SRebc fein, fomeit er nid^t
gefc^id^tlid^e SIrt an fid^ trögt ober i^rer entfleibet merben fann,
ctma eben bad Sbangelium bon @ott unb ber einjelnen @eele
unb bic SRoral. 9Äan follte inbcg fiber bcn SBert fold^er pro*
p^tti\d)tn Sunbe bie SRiffionarc ^ören. SBic fie berid^ten.
— 22 —
finben bic Reiben eine fold^c Sotft^aft leite md)i neu, teitö fcl^r
biSputaBel. Steu utib crgreifenb crfd&cint il^ncn nur bie Sunbe
t)on bem @oit, ber feine Siebe im ffreuje^tobe feinet ©ol^neö filr
bic ©ünbcr an^Jtcift. 9?o(^ l^eute faßt jene sufammcngefoßte
SScrfünbigung ber unöergleic^Iid^en SSebeutung S^fu für jcbcn
SRenfd^en, toeld^e in bem belennenben Serid&te öon feinem Seben^*
QU^gangc befielet. SBen biefe SSerfünbigung juerft ergriffen f)ai,
ber fann nod^l^er nid^t genug t)on 3«fu l^örcn, ber Begel^rt na6)
ben eöongclifd^cn Srjä^Iungen unb Seriellen, um i^n immer
tJöHigcr fennen gu lernen.
S)amit ift benn aber aud^ feftgefteHt, ttjann Sefu^ ®egen^
ftanb eöangelifd^er SSerlünbigung geworben fein fann. Saffcn
Sie mx6) furj fein: erft atö er fertig »ar. ©erabc toeil toix
S^riftum gefd^id^llid^ t)erfte]^en n^oQen, fo meinen tt^ir nid^t
ia^ er mit feinem Sluftreten fd^on ber gertige toar. ®er
$ei(anb ber SBcIt ift er erft in ber Sluferftel^ung getoorben. 6rft
bann lonnte er geprebtgt ttjerben ; erft bann, um feiner felbft unb
um feiner S^l^örer tt)illcn. Um feiner felbft toiHen, tocil er bann
erft ber fertige K^riftug mar unb »eil er e§ auf ben (Stauben
an feine SReffianität abgefel^en ]§at. Um feiner gul^örer toiHen;
benn unglaublich »ar, toa^ fic il^m öcrbanfen foHtcn, cl^c e^
Sl^atfad^e mar, unb um ed bann ju ergreifen, baju mußten fie
erjogen, an il^n felbft gebunben unb burd^ bie i^ncn Derl^eißene
@abt auSgerüftet fein. @ie öermod^ten e^ nid^t o^ne ben anbcrn
Seiftanb. — Unb l^ier greift nod^ einmal bic grage nad^ bem SSer*
l^ältniffe ber @elbftau^fage ju ber 9{ei(^^))rebigt ein. gormulieren
mir ei^ fo: bie fReid^^))rebigt ift bie tJcrpQte @eIbftauSfagc, ia^
@t)angelium Don (Sil^rifto ift bie entl^üUte unb tioQ entfaltete
©elbftaugfage.^) SRan l^at öon öerfd^iebencn ©eiten ha^ Sutüd^
^) S)urd^fd^lQgenb evfdöeint ben 3Sertrctern be§ ©öangelium gefu, in
toel^cS er felbft alS G>)egenftanb ntd)t l^ineinge^ört, ber ^imoet^ auf ha^
Ißaterunfer. Sielet man in i^m mel^r eine fuvgc @umntc feiner ^rcbigt,
— 23 —
treten bcr Slnfc^auung öom ©otteSreid^ au^erlialb bcr gaüläifd&en
fRebcn Sefu gctabcit. 3)arin äufeert [xä) ein mangclnbes SSer*
ftänbnig. gtoar nid^t ®ott fclbp ift fein 9?ei(^ i), aber Sefu« ift e§,
SBenn e^ f omtnt unb fd^on ba ift, too 3efu^ felbft ift *), f o l^aben
feine S^wflcn gutes Sie^t, il^n an bic ©teile be§ SReid^eS ju
fe^cn. Unb fo ift e§ crlläriic^, ia^ bei i^nen cbenfo unbefangen
unb gelegentlich neben i^m beS SRcic^eS ©rloä^nung gefd^ie^t,
ttjie untgcle^rt in feine SReid^S^rebigt fic^ ©elbftauSfagen cinge-
ftreut finben.
SReid^ ®ottc8 lüar für Sefu« ein ©tic^tport, bem Sllten
Seftament entlel^nt, eine bienlid^e SSerpQung um baS ju be^
jeid^nen unb jum Sl^enta feiner ?ßrebigt ju mad^en, toa^ er in
f einer. ^erfon brad^tc. ®er üierte Söangelift ift l^ier bic Srüdtc
ju ber a^3oftollfd&en ?Prcbigt, toeld^e bie SSriefc tjorausfefecn. (£r
fteüt fd^on ben $errn an bie ©teile beS SReic^eS (Sottet. Unb
feitbent nun gibt t^ nur noc^ ein einjigeS Süangelium, in bai^
nichts l^incinge^ört atö SefuS ber K^rift, ber SBelt ^eilanb unb
toa^ uns in i^m t)on @ott gegeben ift.
tDof)i gar ein S3cIenntniS für feine to^nger a(8 ein toirtlid&eS ©ebet,
bann fc^eint baS ©t^roeigcn öon tl^m felbft entfd&eibenb. 28o aber bleibt
bann bie gefc^i^tlic^e fjaffung? ^ad) beiben SBeridftten ift bicfc „fjormcl"
burcftaitS ein Sittgebet. S)iefe§ ®cbet entl^ält für einen JJ^^^ii beS
SJeuen nicfjt eben üiel; eS lel^nt fid) teiimcifc beftimmt an SSorl^anbcneS
an. ®eit)iB alfo ift eS fein S3e!enntni8 beä neuen 9KeJftaniSmuS; unter
toelc^em Xitel follte er fic^ felbft l^ier einfügen? 9Äag ha^ eine „froftigc
Grilärung" fd^einen, gewiß ift pe ben gefd^i^tlidjen Umftänben an=
ge^3a6t. 55)ie SKiJglicfiteit feineS ®ebrau^eä in ber ®emeinbc ergibt
ficft au§ ber obigen 5)arlegung. SSeld^er S^rift l^at tuol^I bie SReic^Sbittc
mit innerer ^Beteiligung gebetet, bem fie fic^ nid^t tn^altlidö umfejte in
\>a^ QbtbtU tomm ^u p unS fdfton je^t in deinem ©eifte! fomm ^u ju
uns in S)cinem IReicö unb S)einer §errlid)!eit, bereu wir l^arren!
^) ^arnod ©. 36.
2) aßatt^. 12, 28. 2u!. 17, 20, bei jeber «CuSlegung öon „in eud^."
S3gr. 2uf. 18, 29. SJlavf. 10, 29. SWatt^. 19, 29 mit ^ßaratt.
— 24 —
S)a§ bic iBcrlünbigung^ beten Ocgenftanb 3efu^ x% erft be*
ginnen fonnte, nad^bem er fein Scben öoHenbet, feinen Samp\
anggefampft l^atte, bad ift ja leine neue SSetrad^tung. Sßedl^alb
aber leud^tet baS ber fritifd^en ©efd^ici^tgforfd^ung nid^t ein? SBeil
fie nid^t ©efd^id^tgforfc^ung ift, fonbem W^ofo^j^ie. SBeil fic
nid^t Bloß bie Urlunben })rfift unb i^ren $in^att barlegt, fonbern^
toie fie f eiber erHärt, bag SBefentüd^e unb SIeibenbe l&erauS*
fteHen ttnU. Unb biefe^ SBefentKc^e unb SIeibenbe bejeid^nct fic
d^aralteriftifd^ genug afö baS ;,8citIofe^ S)iefeg rrSeitloje" finb
ja bod^ ©runböerl^ältniffe jtoifd^en ®ott unb SKenfc^, ©runb-
öerl^altniffe aHeS 3)afeinS, alfo bie öielgcfdöoltene aKetap^tifif.
^ommt aber baju unfer bemußtei^ $aben biefer ©runbüer-
l^ältniffe, fo bcftel^t bad entmeber in unauiSbeutbarer äJi^fti!
ober lefetlid^ in „^ttn" , toiU fagen: in ©ebanfen über
9fle(igion unb ®ittlid^!eit t)on adgenteiner Umfaffung unb
SBö^rung. 2)arum barf bann auc^ bie gefd^ic^tlic^e $erfon
nid^t ntel^r im 9RittcI))unIt be^ Süangelium ftel^en. SSeiter
aber leud^tet jene S3etrad^tung über iaS SSer^ältnid ber apoftoli«
fd^en ?ßreblgt jur 5ßrop!^etent^ätigIeit gefu be^l^alb biefer (Se*
ft^id^t^auffaffung nid^t ein, »eil fie ein SSorurteil über bie
aieligion f)at ®ag ©efd^id^tlid^e foH ein ber SRcIigion an fid^
SrembeiS fein; bie SRcIigion beftcl^e eigentlid^ bloß in Steli-
giofitot, in ber ^ejie^ung ber einjelnen @eele auf &ott, in
il^rem „©rieben ®otte^". Sbenfo l^at biefc ©efd^ic^tsforfc^ung
au(^ ein SSorurteil über S^fum. SBCud^ er unterftel^t ber abfoluten
gorberung inbiöibueHer, gefc^it^tlid^er Segrenst^eit. SBa^ barüber
^inau^e^t, ntuß ein Irrtum fein. S)ie em^iriftifd^e $^iIofo^^ie,
ber uralte unb moberne SKoni^mui^ entfd^eibet über bie Sebeng-
frage ber Qi^riftenl^eit , über bie ©ottl^eit (Si^rifti. Unb barum
be!ommen tt^ir nun ia^ für und $ern)unberli(^e ju l^ören, baß,
menn ;3efud in baS St^angelium unb mithin in ben Glauben
]^ineinge^5rte , er fid^ jtoifd^en ®ott unb bie ©cele ald ein
— 25 —
5rcmbc§ l^incinbrängcn toüxht,^) alfo »ic ein 3rcniblör|)er in
bic Sltmunggtoerfjcuge unfrcr ©cclc; benn bcr SScrfcl^r mit
©Ott ift bod^ ba^ Sltmen ber ®ott l^ingegebenen @eele. Unb
tocSl^alb? SBcir bcr bloße SKcnfd^ 3cfug l^öd^ftcnS bic M^-
fornmcnflc" Offenbarung ®ottc^ ift; alfo nid^t bic ;,abfoIute"
Dffcnbaning, nid^t ®ott fclbft. ®cr Senfer aber loiH fctbft ttjic
bercinft DrigenciJ über bic gefd^affene ©ecle 3cfu l^intoeg ju
feinem @d&ö}3fer. 3^fuS genfigt il^m nid^t. gwbeö er braucht
i^n aud^ nid^t, benn bic ©eelc fann jum SSater !ommen o^ne
SScrmittcIung ; bag ift ein ©runbjug in bcm öon 3cfu§ fclbft
öerlünbetctt ©tjangclium. ©o ftel^t e^, »eil ©unbcnöcrgebung
nic^t ate bic ^jerfönüd^e ^anblung be§ ^jcrfönlid^en ®otte§ auf
ben cinjelnen äRcnfd^en gift. ©unbentjcrgebung ift nur ein
ant5rot)omor|):§if(^er SluSbrudE ffir ia§ SScr^ältnig be§ Slbfolutcn
jum cnblic^en @ein^ fotoeit tjon (Sott babei bie SRebe ift, unb,
fotoeit toix in Setrad^t lommen, nur ein rcligiöfer Slu§brucE für
einen |)fQd^oIogifd^en Vorgang, ©ünbent^ergebung ift toiz j[ebc
®ott betreffenbc gbec eloig; e^ l^at bcm SKcnfd^en nur am
SBiffen unb barum an bcm 2Rutc gefehlt, ®ott ate ffinbenber*
gebenb aufjufaffen. gur biefe SCnfd^auung t)on ber ©ntbcl^rlid^:*
feit einer SSermittcIung beruft man fid^ auf bie @r5ö]^Iungen öon
bcm Sößner unb öon bcm berlorenen ©ol^n. Sltö ob Sefu^
nid^t ju Suben gercbet l^ötte, ju Seuten, bic ben lebenbigen Oott
unb feine Sunbei^offenbarung fd^on fannten! 2Ran betont fonft
bei fold^ctt ©rjä^Iungcn, man f)abt ben ju crläutcrnbcn 5ßunft
feft im Slugc ju l^altcn unb auf bic unau^blcibUd^c Ungenauig*
feit jeber SSergleid^ung ju achten. Sn beibcn gäüen l^anbelt e^
fi(^ nid^t um neue ^unbc t)on ©ott, t)ielme^r um bic redete @tellung
bed ©finber^ ju bcm gnabigen ®ott, bcm cd um unfre SSe«
fe^rung ju tl^un ift. ^n ber ©rjäl^Iung öon einem menfd^tic^en
^) ©amarf ©. 90 f.
— 26 —
SSatec fonntc bcr göttlid^c SBcg ju bicfcm 3i^t^ freiließ nid^t
feine S)arftcIIung finben. S)urd^ bie Erinnerung l^icran öer*
liert jene SBerufung i^r ©etoic^t. Übrigen^ ^aben tolr feine
©puren baöon, ha^ bie aipoftet mit ber ©efd^id^te üom Ver-
lornen ©o^nc bie Reiben belel^rt l^ätten!
S)iefc ©efd^id^täforfd^ung wirb ongenjanbt, um bie Un^
tncfentlic^feit bcS S^atfäc^Iid^en für eine fubicctiöiftifc^e SRoral
unb 9ieIigion geltenb ju mad^en. @ine fold^e ^erauSfc^älung ber
fReligiofitöt cu^ aHen |)ofitit)en SReligionen unb allem 9lefigiöä:=
tßofitioen ift aber etroa^ un^ längft auS bcr (Sefd^id^te Selannte^.
2)ag ift bie Sluffaffung ber SReligion, bie tjon bcn Seiften @ng*
lanbd l^er über gfranlreid^ ;u und gefommen ift. S)iefcd ©Dan^
gelium, in ba§ ^efud nid^t ^ineingcl^ört , ift ia^ ,,®l^riften==
tum fo alt toie bie SBelt", ift baS „K^riftentum ol^ne ®el^eim*
nid", ift bag K^riftentum E^rifti im Unterfd^iebe öon beut
e^riftentume ber Slpoftel, njie mon neuerbingd ebenfotoenig finn»«
t)oII als gefc^madEDoü fagt. SBir ftel^en mit bie(er ^eraudlöfung
Don Sbcen unb ^b^cilen aud ber gefd^id^tlid^en SÜeligion lieber
bei iem ?[ufHarung§rationaIiSmuS beS 17. unb 18. ^al^rl^unbert^.
®er ^iftorüer Soofig urteilt, bafe ,,biefe 3li(^tung . . . energifd^er
jum 18. Igal^rl^unbert jurüdbröngt aU irgenb eine ®mppt feit
1800".^) ®ad ift bie SKbttjenbung öon ber reid^en t^eologifd^en
Slrbeit bed 19. gal^rl^unbertg feit ©d^Ieiermac^er bis auf SKIbred^t
tRitfc^L SSSol^t l^atte ©d^I. t)on biefem SRationalidmui» no(^
manches an fid^ ; inbed bai^ toax bie überftönbige ^üQe unb nic^t
ber treibenbe Seim feiner Ideologie. S)er ^errnl^uter unb ber
3ulunftdmann in il^m mad^ten il^n ju bem 93egrünber einer
c^riftocentrifd^en 3)ogmatif; fo l^ot er ben gefd^ic^tslofen 9flatio-
naIiSmud übertounben. Unb 9iitfc^t l^at faum auf ettoad fo ai-
fd^äfeig ^erabgefel^en, aU auf bie fogenanntc ;,natürlid^e ^Religion".
*) ©runblin. b. Äirt^cngcfd). 1901 @. 298; auf ^. belogen öon mir.
— 27 —
Unb nun toixi un^ eben biefc felBc natürliche {Religion ange^»
})riefen unb i^re Stnerfcnnung abgeforbert im Flamen ber immer
nur einen SBiffenfd^aft. 2l6er ba öor unfren Slugen bie SBiff en*
fd^aft fi^ fel^r gewanbelt l^ot unb fortge^enb hjanbelt, am
toenigften aber al^ eine toirflic^ einl&eitlicfie unb in fic^ einige
erfd^eint, fo fann biefe angeblid^ „immer nur eine SBiffenf^aft"
ni(^t§ anbreiJ fein, afö bie je unb je bctiorjugte SKet^obc bc^
(grfenneng. Sie eine SBiffenfc^aft ift ein ©trebejiel unb feine
SBirflic^feit. ©oK id) an bag intereffante Heine ®e})lönfel mit
^ddd im vorigen Saläre erinnern?
9li^t bie gefc^ic^tlid^e Sorf^ung, fonbern eine befonbrc
®ef^ic^tg<)^iIofo<3§ie fü^rt ju ber Stuffaffung ber c^rifttic^en Ur-
gefd^id^te, bei ber ein S33iberfprud^ jmifc^en ber SSerlünbigung
Seju unb bem ßoangelium ber SIpoftel unabwei^Iic^ »irb.
SlKein ©amacf^ SSerfu^, baä SBefen beg S^riftentume^ ju
bestimmen, l^at jföar ben 9(nla§ baju gegeben, mein 2^I)ema auf«
infteUen ; bie in i^m enthaltene S^^age t)erlangt j[ebod^ aud^ ai^
gefe^en öon biefem Slnlaffe ibre SJeanttoortung. S)enn fie be*
trifft ben übergef^id^tlid^cn SBert be^ gefc^ic^tlid^en E^riftuö,
toeld^cn bie gefamte E^riften^eit in il^rem Selenntniffe jur ®ott-
l^eit S^riftt audgefprod^en unb totld^tv ju aQen 3^^^^^ f^i"^
Seugner gefunben l^at. SEBir l^aben bed^alb jum 3(bfd^Iuf)e biefe
Slntmort in moglid^fter föfirje ju geben.
SSenn man bie ©efc^id^te aus ben erilbrigenben 3^ugniffen
ergebt, tpie fie bort vorliegt, unb einftweilen barauf öcrjic^tet,
oK ^f|iIofo<)l^ ober ®ogmatifer „baS SIeibenbe unb S33ertöotte
l^erauSjul^eben'', alfo einfad^ gefc^i^tlid^ gemeffen, gel^ört gefuS
j^eifellod in bad (Soangelium, nic^t nur in baS (St^angelium
feiner ^po\izt, fonbern auc^ in basjenige, meld^ed unb toit er eS
t)ertünbet f^at Sägt fi^ ba§ aud ben brei erften lanonifc^en
— 28 —
©üangcücn oufaeigen, bann faKt auä) ein toirlfanteS Scbcnlcn
gegen ba§ öiertc unb feine Sebeutnng für bic ©ntfd^eibung blefer
grage bal^in. greilid^ nid^t fo, ba& 3cfu§ öon Slnfang an unb
je toä^renb feiner gleifd^e^tagc ia^ ganje ©öangelium l^ätte
^jrebigen muffen ober aud^ nur lönnen, in beut er feit ber
©rünbung ber ffird^e ein, toenn nid^t ba§ §au^)tftüdE auSntad^te.
3n ber Stit ber Drt^obojie meinte man, bie SBal^r^eit ber Offen*
barung laffe fid^ nur feftl^alten, »enn aKer SSerffinbigung in ber
S3i6el unb fo au^ bem (Stauben jeber Seit, au§ ber fie StuQ"
niffe entl^ält, bud^ftäblic^ berfelbe unb gleid^umfaffenbe gnl^aft
eigne; fo ^ait j. S. bie „Sil^eologie 9lbam§" fd^on Sirinität unb
©atigfaction umfaßt. Sann Wäre e^ freilid^ nur folgerid^tig^
t)on !3efu 5ßrebigt benfelben Qfn^alt ju forbcrn, toeld^en bie ©riefe
beg 5ßaulu§ barbieten, gebe gorberung biefer STrt fallt unter
ia^ gleid^e Urteit be§ mangeinben SSerftönbniffeS für bie ®e-
fc^id^te. SBir l^aben öon unfern Se^rern feit Sfflb. Senget ge*»
lernt, ba^ ®otte§ Offenbarung nid^t aU ein gremblör^jer burd^
bie ©efd^id^te l^ingel^e, fonbern eine (Sefd^ic^tc l^at, loie fie eine
©efd^id^te l^ertjorruft unb bebingt. Salier öerftel^en ft)lr eg, toenn
Sefuö nid^t tjon Slnfang an bag „ganse (Söangelium" öerlünbete,
e^c er fid^ era^fänglid^c $örer erjogen unb el^e er in feiner
eignen ißollenbung bag @otteSrei^ ber äRenfd^l^eit eint)erleibt
fjatte. Sft bod^ feine SSerffinbigung nur bie eine ©eite feiner
Slufgabe unb Seiftung. @r fonnte feine 5ßrebigtarbeit nid^t un*
abl^ängig t)on ben gefc^i^tlid^en S^^atfad^en tJoKjiel^en, in benen
feine ?ßerfon toerbenb unb leiftenb fi^ bilbete, auflebte unb öoll-
enbete. S)enn l^ier toar eben me^r aU ein ?ßrop^et, ber gbeen
}U Derlünbigen ^at, mel^r auc^ als ber SrOgefte unter ben bi§
gu il^m l^in t^om SBeibe Geborenen; l^ier föar ber ©ol^n @otted
unb in il^m bie ffiirllid^feit ber ®otte§finbfd^aft unb i^re Sr-
Öffnung für bie ©ünber. D^ne ungef(^id[)tlid^e SorauSnal^me
tjermod^te er in feiner üorbereitenben 5ßrebigt, jumal in ©alilöa^
— 29 —
nur, fo ju jagen, bic 5ßpödte cinjuf^Iaöcn, unb mugte c3 feiner
i^m gett)iffcn SJoCcnbung uberlaffen, bte öottc Ausführung be§
Stngcbeutcten ju crntöglic^cn unb ju öeranlaffen. Sroftbem läßt
fic^ oud^ aus feiner nur anbcutenben SSerlünbigung feftftcffen,
toa^ für uni^ baS Sbangelium im @t)angelium , toa^ olfo fein
cigentlid^er gern fei. SBir urteilen nic^t mit ^amai: toog 3efuS
fetbft in ©aliläa ollem SSoH öerlfinbetc, mx an fic^ nic^tiJ Sßeue«.
Sa§ 5Reue, toa^ er brad^tc, toar feine göl^igfeit, toirifam }um
SSater ju fül^ren unb jur befferen ©erec^tigleit ju l^elfen. S)iefeS
9leue mug mitl^in oud^ ber eigentli^e @tf)aü feiner @enbung
unb feiner ^vop^ttit, oud^ beiS Stjangelium fein. Unb biefeS 9teue
liegt eben in feiner 5ßerfon unb i^rer bleibenben Sebeutung für
jeben. ®ann moc^t mitl^in erft S^fug afö ©egenftanb unb 3n*
l^alt beS @t)angelium bie SSerlünbigung jum Süangelium. ®o
l^aben feine S3oten eS gemeint, unb beSl^alb gilt il^nen bad SBort t)om
greus ober t)i)n bem ®ef reusigten aU ia^ eigentlid^e @t)angeUum ;
toa^ aber l^ierburd^ begrünbet unb t^erbürgt, beleud^tet unb er«
l^eQt unb tuirlfam gemacht n)irb, ia^ ift Süangelium im ttieitercn
(Sinne, ^n ia^ Süangelium gel^ört nur, tuad fic^ mit bem
©bangeüum »erträgt, beffen ©egenftanb E^riftuS fclbft ift; ja,
im tiefften ®runbe Dielmel^r nur ia^, toa^ für baS ©laubenf^'
t)erftönbnis in feiner ganjen 5ßerfon begriffen ift. @o jeigt fic^
ber gefd^ic^tli($e S3efunb.
3c^ lommc auf ben öon mir feit Salären Vertretenen ©afe
jurüdE: S)er gefd^id^tli^e (S^l^riftuS ift ber ge))rebigte ®e«
Ireujigte unb Sluferftanbene. ©eine heitere SluSfül^rung ift ni^t
biefei^ Drtei^.
Snbe« ift bie (Sefd^id^te »etpeis? Unb ift biefe« ©rgebni«
in ber Xl^at ia^ für uni^ nod^ ®eltenbe, totil „baS äBefentlic^e
unb aSIeibenbe" aus bem Urd^riftcntume ? SKit anbren SBorten :
— 30 —
I)aBcn tt)ir jener abgemiej'cnen ®ef(i^id^tg^)]^tIofr)<)^te ein SScrftänb*
ni§ ber befprod^enen S:^atfod^en unb beS (Süangettum entgegenju«*
ftcllcn, in n^eld^em baS @IaubeniSurteiI bem gef($t($tn^en Se^
funbe red^tgibt? gür einen folc^en beftatigcnbcn (SrtoeiS gibt
c§ ttpl^I nur jtoei SBcge. S)er eine S33eg ift ber einer großen
gefc^id^tlid^en Sonception, tüttd^t bad @i^rifientum ebenfo tt)ie
^ainad burd^ bie ganje (Sefd^id^te ber Sir^e l^inburc^ jur S^ar-
ftellung braute. ®abei würbe freilid^, toic mir fc^eint, eine
(Seite ber lird^Ii^en (SntmidKung bei nieitem ntel^r, atö t^ gu*
weift gefd^iel^t, ing Sttuge ju faf[en fein, namüd^ bie 2Riffton^
SBa8 ift JU allen Seiten unter ben öcrf^iebcnen SKetl^oben SKiffton
5U treiben baS eigentlich bie $)erjen ©rgreifenbe getoefen? gür
biefc ©tunbe ift bag felbftöerftänblic^ auggefd^Ioffen. S^beS, aud^
menn man ettt^a^ berarttgeS t^erfud^en bürfte, fo föfirbe bod^
immer h)ieber eine beftimmte ®runbauffoffung bie SSorau^fefeung
für biefe Konce^tion fein. Unb ein gorum, öor bem man über
fold^e ©runbauffaffungen entfd^eiben fönnte, ejiftiert in ber
SBiffenfd^aft ebenfo toenig tüie bei ben SSäeltmäd^ten für bie l^art
aufeinanber ftogenben Slnfid^tcn über, bie gefd^i^tlid^e 9Jli|fion
einer jieben; fte gelangen sule^t bod^ nid^t ol^ne ben ftMeg jum
2lu«trage. ©nc Slutoritöt l^ätten »ir toofjU ia^ SReue Jefta-
ment; unb banad^, meine ic^, tüürbe bie (Sntfd^eibung leidet fein,
)t)enn il^m aU langem ba§ entfd^eibenbe Slnfe^en beigemeffen
mirb. Slllein fo ftel^en bie 2)inge in ber l^eutigen ^l^eologie nid^t
unb barum fel^It uns ein foIc^eS gorum. 5)ann lann ber 9?ad^-
meiS nur auf bem anbern SBege erbrad^t toerben, nämlic^ burd^
bie 5ßrobe am ©rieben. 3ft baiJ ©öangelium ein foId^eS, baS
man erleben fann? S)a ftel^t bann junöc^ft ber ®injelne bem
©injefnen jur ©eite unb gegenüber. SRan toirb bem 5ßaului^ ba§
©rieben E^rifti fc^ttjerlid^ abfpred^en lönnen. Sllfo, toaxum foHen
baS anbre nid^t aud^ fönnen?! 3^^^ Sebenbigfein gehört nad^
oDgemeiner Erfahrung ba§ Driginalfein, bie ööHige Urfprünglid^*
— 31 —
ii' Icit bcr iBelPCgung gctt^iS nic^t. ^a, toa^ für ortgittol gilt, ift
1' hvLxäjan^ nid^t immer leBenbig unb lebengeugenb. äBoIIte man
i' nun auf unfrc gragc unter biefem ®cftd^tgpun!te ba§ SSerbict au§-
[it fpred^en: (S^^riftum !ann man nid^t erleben, fo föäre btefem im
n @inne t)on äRonard^ianem unb ©ojinianem gefällten Urteile ba^
ie Urteil ber Seiften unb Sltl^eiften borgul^alten : tpir f önnen ®ott nic^t
erleben. 3)aS finb fc^IieBIic^ ®ä|e toiber ©afee, SBorte toiber
;e SBorte. Um über fubjiectioiftifc^e Sefenntniffe l^inauSjufommen,
muffen tDir biefei^ (Srieben irgenbföte inl^altlid^ srf äffen, um e^
bei einanber toieber erfennen gu fönnen. 3^^ ^itt im gotgcnben
} nur baran erinnern, in todöjtm äRa^e foIc^eS (trieben bei un^
t gefd^ic^tlic^ bcbingt unb vermittelt ift. @o allein fann ba« uralte
I SSorurteil gcbro^en »erben, ate ftel^e rcügiöfe Sebenbigfeit in
. I m^fticiftifd^cm, unvermitteltem ®m<)ftnben unb l^abc i^ren SBec^fcI«*
begriff an Unbeftimmbarleit unb 3n^attIofigIeit. ^n biefem 3^*
tume tDurjcIt aber jule^t baiS äJti^trauen gegen ben (£^riftu§ im
Süangelium.
2)ad lürjefte Evangelium ift getvig: ®ott, mein SSater, id^
fein fi^inb. SSäic erleben ttir baS ? 3« ^^^ E^riftenl^eit l^unbert*
unb taufenbfad^. fßon Sinb auf l^ört man bie 5ßrebigt von ber
Siebe hz^ SSaterS, lebt im SSorfel^ungdglauben unb im reblid^en
fittlid^en Streben. OTein ^Mt bag ©tic^? l^ält ba« @tid&, toenn
ber lobe^fampf beg ©etoiffeni? um ber ©ünbe toillen, bie man
begangen l^at, beginnt? föenn t^ bei allem SSorfel^ungSglauben
mit bem inneren Seben nic^t Vorföärti^ gegangen ift? $alt ba^
®tid&, tvenn man über baö eigne, ®otte gegenüber fteineme $erj
ju Hagen l^at? 3Jlan fd^Ut bann auf einen ftarren 2)ogmati^:»
mni unb ruft nac^ bem (gntl^ufialmui^ ; er foll baS Seben bel^
erften Si^riftentume^ audgema^t ober bejeid^net l^aben. 9Bo ift
er in ber (Sefd^id^te beg El^riftentumeiJ geblieben ? ®er gelegent*
lid^ mieber auftaud^enbe (Snt^ufia^mud l^at ju verfd^iebene
©d^attierungen , aU bafe er SJertraucn gu feiner Sraft tvedfcn
— 32 —
fönnte, bem fd^Iid^tett (Süaitgeltum t}om fßattx unb ^inb jur
Dollen SSirluttg ju l^elfcn. @^ toirb fid^ t^erl^alten, tpie ed jtd^
fd^on öfter in ber Sird^engefd^td^te gejeigt l^at. SRur ber ©laube,
ber am biblifd^en Sl^riftentume gettäl^rt ift, l^ot ftettge SBörme unb
SebeniSfraft. SEBenn biefed Sid^t im SlBenbrot erglimmt, totnn in^
folge ber SSorllebc für 5!lBftroction unb empirif^e gorfd^ung bic
Sälte Überl^anb gewinnt, toa^ toirb bann au^ bem innigen SSer^ältnig
ton SSater unb Sinb ? 2tn i^re ©teile treten ©d^öpfer unb ®e-
fd^ö^f, ffiöntg unb Sfirger im aieid^e ber Swedte. 3)er Dulgärc
tRationaliiSmui^ f)ai ed und t^orgeffi^rt, h^ie biefe Slblül^Iung enb«
lid^ ba^ ganje @)^riftentum entlröftet. Sa bebarf ed bann feinet
®rleben§ mel^r, aber eg h)irb aud^ fein ©öangeKum me^r öer-
nommen.
2)arum nod§ einmal: SBie erlebt man jened (SüangeKum?
% SRitfd^I toürbe f agen : 2)iefe§ (Stiangelium beftel^t nic^t aud an«
altjtif d^en, f onbern au3 f^ntl^etif ^en Urteilen. SRid^t toeil ®ott @ott
ift, unb ic^ il^n begreife, fd^on barum l^abe id^ mid^ aU fein
^nb ju ad^ten unb ift er mein SSater. Unb gleid^ermagen nid^t
toeil ic^ 3Kcnfd^ bin, barum barf i^ fd^Iiefeen, id^ fei ol^nc toeitereiJ
(Sötte« fiinb. 3"^ ©egenteil, für einen, ber baiJ erlebt, ift bad
©rgebnij^ ein f^ntl^etif^ed Urteil; feine Sludfage fHeftt nic^t au«
bem Segriffe feinei^ ©egenftanbe« , ja e3 ift eine ?ßarabojie.
S)iefer verborgene, etoige ®ott, l^at er ein $er}? SBad ift in
biefem ^erjen, jumal für mid^ ober toiber mid^? 3d§, ber
®Hat)c ber Sublid^Ieit, ber Sned^t meiner ©ünbc, ic^ foll nic^t
blo^ für einmal jum Sinbe ®otte« angenommen fein, fonbem
foH bleiben lönnen in biefem ©tanbc , foH bem ©erjen (Sottet
Vertrauen bfirfen; bag l^eißt öerföl^nt fein! 3^^ foH oui^ D^n*
mad^t befreit unb erlöft fein; baiJ l^eifet ßinbfd&aft! SBo^er
ftammen bie SIntioorten auf fol^e bange fragen, bie SSerbür«
gungcn fold^er erftaunlic^en ®ett)i§]^eiten? — ®urd^ bic ®e*
fd^id^te bed (S^l^riftentumei^ ergießen ftd^ jn)ei groge, gemaltige.
— 33 —
ftd^ erganjenbe unb fid^ ablöfenbe ©tröme. S)en einen @trom
Bilbet bie Sut)erftci^t ju ber ^Befreiung t)on ber Snblic^Ieit unb
Don ber ©ünbe, ben anbem bie ©el^nfuci^t mä) SSerfdl^nung mit
®ott unb bie Sreube an il^rem SSeft^e; Beibe tragen bie SBir«
fung bei^ lebenbigen @^riftu9 burd^ bie Qtütn, bielfaci^ getrabt
unb gefd^föäd^t, ober immer tpieber l^erDorbred^enb unb toirlenb.
Siefe @tröme ge^en jurüd auf ^auIuS. S)er anbre Hbam ber
S(nfang aller ^Befreiung, unb ber jur Siedeten ®otte§ ft^enbe ®t^
Ireujigte ber SRittter ber SSerföl^nung. S)er um unfrer ©finbe
tDiKen bal^ingegebene unb um unfrer ®ered^tig(eit h^illen auf<>
ertuedEte (S^riftui^ ffir uni^^ unb ber und in fein ^eujeiSerlebnid unb
Sluferftel^ungÄeben l^ineinjiel^enbe S^riftud in und — er in biefer
gmiefad^en Segiel^ung auf jeben t)on und, er aQein bürgt und
für bad SSaterl^crj ®otted unb für unfern fiinbedftanb. Sefud
ift ber SBeg, in i^m ftnb h^ir aber aud^ am 8i^U. ^m Um«
gange mit bem lebenbigen S^riftud t^erlel^ren föir ald ßinber mit
(Sott, anberd nid^t. @onft finb toir bei unferm großen Z)id^ter,
ber einen (Sottednamen, aud^ ben SSatemamen ablel^nt: ;,®efü^I
ift aUt^, 3lamt leerer JRaud^"; bei feiner jjelagianifd^en ©elbft-
abfolution, in ber il^m Sant mit ber ünerlennung bed rabilalen
83öfen „f^^"^" ^Pofo|)]^enmanteI freöell^aft befd^Iabbert** ju
l^aben fd^ien ; bei feinem SSertrauen auf bie eigne Sraft: ,,SSon
ber ©etoalt, bie alle Sßefen binbet, befreit bdt aRenfd^ fid^, ber
fid^ übertoinbct.^ ®egen bie ©elbftöemid^tung im SR^fticidmud
mag eine ftttßd^ geartete unb baburd^ mit l^nl^It Derfel^ene 9ieß<*
giofität in etma bemal^ren fönnen. 8(ber ben @ub)ectit)idmud
t)or ber ®fe))fid ju retten, bie l^inter allen bloßen tß^finome*
uologien bed 83en)u^tfeind lauert, bad gelingt il^r nur burd^
eine Überfteigerung ber ©elbftgetoi^l^eit, bie il^ren Stnf^rud^ gegen-^
über bem Unit)erfum, h^ie bei Sloetl^e, auf bie ©elbflbilbung einer
:pritjilegierten Statur grflnbet. S)ad aber ift ber 8Biberf|)rttd^ jum
®runb}uge bed ®ottedbemu|tfeind ; benn f o getoi^ il^m bad gfrei«
ft&i^Ier, (Beiwort 3efu« 9C. 3
— 84 --
l^eitöbetoitjstfein inne n^ol^nt, fo gen)i§ ift bad nur fo auf grunb
bed tourjell^aftett SSemugtfetnd ber Slbl^cingigleit. SJoDenbd ber
c^ripc^e ®(aube ift nid^t @eI6fterI5fuug ; ed bleibt babei: fides
est Yox relativa, S)iefem ®d)toanltn bed @ub|ectit)idmud jtpifci^en
©elbftbernid^tung unb ©elbftflberfteigerung mad^t allein bie (St^
fol^rung ein @nbe, totli^t $aulud ®at 2, 20. 21 au^fpri^t:
„(S^riftuS lebet in mir, ic^ lebe im ©tauben be^ ©o^nei? Oottc«.''
2)araud l^ilft meber jeitlofe äRoral nod^ jeitlofe SteUgiofitat, fon«
\>ttvi attein ber gefd^idötli^e S^riftu«. • S)ei?]^alb ift er felbft fein
(£t)angeßum. Um bad 93Ieibenbe unb SBertt)oIIe im (S^^riftentume
l^erauiSjuftnben, braud^en toxi nic^t in bie Slbftraction be§ „^itxU
lofen^ ]^inflberjuf[iegen unb ein Knieten bei $Iatond Sbeali^mu^
gu mad^en. S^fui^ toar nid^t nur ber 2:räger einer S^ee, fo ba^
nad^ feinem Siobe t)on i^m nid^td bliebe ald biefe fortmirfenbe
gbee. @o badete 8i)?fiui^ fid^ bie 2)inge in ben erften 9Iuf(agen
feiner S)ogmatif. (gr ift nid^t ju frft^ geftorben, um biefen Irr-
tum }u retractieren unb aud feinem ®rabe bamiber gu geugen.
Die 5ßerfon ift mel^r ate bie jeitlofe ^t, felbft in bem fad^*
n^en ©ange ber ®efd^id^te. Unb fo ift aud^ ber ^eilanb mit
feinem fd^Iagenben ©otteiSl^erjen mel^r aU bie bloge ^\>tt ber
(Sottei^finbfc^aft.
%vt ^erfon aber lebt in ber ©efd^id^te. 2)amit toerben
toir t)on bem Srleben beiS ©ubjected felbft l^inübergefül^rt auf
ben Soben ber (Skfd^id^te.
%a^ @t)angettum ift nid^t ber (Sinbrud^ einer 3^ee in ba^
S)en&n ber SRenf ^en ; ei» ift felbft t\xoa^ ®ef d^id^tüc^ed. SBenn*
Sefud eben nur I&uterte unb toirlfam mad^te, h^ad er t^orfanb,.
fo toax biefer ©el^alt bed (£t)angelium, h^ie er etma Sefaja 40 f.
uni^ entgegentritt, in SiSrael gefd^ic^tlid^ getoorben. @m))irifd^-
gefd^id^tlid^ eignet fd^on biefem Süangelium, baiS SefuiS t)orf anb,.
bie ^articularitfit aOeiS ©efd^id^tlic^en; ed ift nid^t fo alt afö bie
äBelt. ^oX ei» anft)rud^ auf «Ogemeingiltigreit, fo fliegt er i^m^
— 35 —
nid^t an^ fetner Urf^rungßd^feit. ®o tt)emg nun ein aud htm
fiteren ^ubaidniui^ l^eraud geläuterte^ SlUteftamentßd^e^ irjeUTod''
ift, fo iDentg benimmt ber gefd^id^tUd^e ©el^alt bei^ Süangetium/
beffen ^nf^ati gefui^ bilbet/ i^m bie aagemetngiltigleit SBie e^
lE^otfad^e ift, bag feit feinem auftreten bad „@t)angenum im-
@t)angelittm^ nur in unU^ßd^em 3ufammen]^ange mit feiner
$erfon in Sßirifamleit getreten ift, fo ift ed aud^ Xl^atfad^e, ba^
biefer 3ufammen]^ang nie anber^ t^erlünbet, geglaubt unb aud^
erlebt tourbe, atö fo, bag ber Sluferftanbene Qi^riftui^ felbft ben
beftimmenben ^nffalt biefed Süangeßum bilbete. Unb fo t^erl^ält
ed fid^ nic^t blog mit bem @t)QngeIium t)on (S^^rifto, fonbern aud^
mit bem, n)ad man aü baS irjeitlofe'' Steligiöfe angreift. ®ott
ift aud ber 9latur nid^t ate ber lebenbige, gefd^föeige a(§ ber
iBater gefunben. SBarum bellagt man fic^ benn, unb nic^t ol^ne
®runb, Aber bie SSerberbung ber d^riftlid^en @(otteSerfenntnii^
burd^ ben meta))^^fifd^en toten ©ottedbegriff ber ^ellenen ? !
9lud^ Sefui^ l^at feinen SSater nid^t in feiner 9taturbetrac^tung
entbedt; er ertoad^te jum menfd^ftd^en 93en)ugtfein unb }um
meffianifd^en 93en)u^tfein unter ber gefd^id^tlic^en Offenbarung,
unter bem Sinbrud beiS „t^ fte^t gefd^rieben''. Sbenfo tt)enig
ift ber lebenbige ®ott, ber mel^r ift al^ bie abftracte @in^fe^ung
t>on ®ebanle unb äTlad^t, ber lebenbige ®ott, t)on bem man fagen
borf: er ift Siebe, — ebenfo toenig ift er aui5 bem öelou^tfein
ber SRenft^en i^nen aufgetaud^t unb entgegengetreten, ^n ben
bibtifd^en llrlunben Infipft aKe iBefunbung (Kotted im 93en)u|t«
fein, aUt^ 3nf))iratit)e, an gefd^id^tßd^ ®egebened an. Sür feinen
„Serlel^r mit uni'* f)at fid^ @lott ber ©efd^id^te bebient. 2)ai»
ift ber t^on il^m felbft geh^iefene SSeg, um il^n ald SSater, um
i^n afö $erfon ju erfaffen. 9(ber, bag toxx il^n aud^ aU ftinber
anjugel^en unb ju l^atten h^agen, baju l^at er ben einen 993eg
gefunben unb gemiefen; er l^at (S^rifti $erfon, nic^t feine jeit«
lofe 3bce, fonbern feine bcrb gcfd^id^tlid^e, in ber 8tii fo S^it*-
3*
— 36 —
Itd^feit tDie S^itloftgTeit üBertuinbenbe !ßerfon jum Siräger unferd
Serle^red mit xf)m, bem SSater gemacht. 3n S^^rifto fd^aut tnan
in fein $er} unb f))firt, bag ed baS SSoterl^ers ifi S)arunt gel^ört
gefui^ in bad lürjefte Süangeliunt, bad (£t)angeliunt t)on SSater
unb ^nb.
S)em bleuen 2:eftantente gilt bie gefd^id^tlid^e Xl^atfad^e
«Sefud ber (S^riff' atö 9!enfci^öt)fung. gfir ©d^Ieiermad^er ift
bad ein uneigentlid^er SluiSbrud, benn feine 2)ialeftil b. 1^. äßeta«
^l^^fil lägt nur eine einige ®c^5))fung 3U unb fd^Iiegt eine ge-
fd^id^tlid^e aud. gl^m gel^t baiS @ein Aber bie $erf tolid^Ieit ; fte
ift i^nt üVLä) nur eine ©ein^fc^ranle. ^tSf)atb ntod^t er and
ber 9teufci^öpfung il^r Gegenteil, näntlid^ eine @tufe ber einigen
@c^öt)fung. 3)ad ®(eid^e gilt für aOe @t)oIutioniften. ©ie
lennen nur ftete SSeföegung, ni($t 9lnfang nod^ (£nbe unb bei^^
f^atb aud^ leine aRitte, leine gäOe ber Seiten (®al. 4, 4 t)gL Suf.
2, 1), nur eine Stuckt au^ bem ©trubel ber iBen)egungen in
ba§ 3eit(ofe. ^a^ lann nur ba^ Slbftracte fein, bad allgemeine
Senlen bcS Slriftoteleö ober ba« metQ})]^^fifd^e ;,S)ing an fid^''.
äRan nennt n^ol^I aud^ bad ©ittlid^e jeitloiS, n)al^renb bod^
bad Seben bei^ ©ittlid^en bie 3:^at unb bie Urfad^ ber
2:^at bie $erfon ift. 3)ie ®ottei»finbf($aft ift nid^t bad SJe«
n^ugtfein um eine jeitlofe ^btt ober SBefd^affenl^eit. 3)a^
^nb ®ottt^ ift eine neue ©^öpfung innerl^olb ber ©efd^id^te;
fie ift t^oQjogen in ber gleifd^toerbung für bad Sreus unb in
ber Sluferftel^ung an^ bem @raBe. @ie DoDjiel^t fid^ toeiter
burd^ Sl^rifti ®eift unb burd^ bad (SDangelium, in bad S^fuiS
l^ineingeprt.
;,@ei ic^ e^ ober jene", bie S^ölf, ^fo öerffinben toir unb
fo l^abet il^r geglouBt" — ba§ ift bem ?ßaulu^ ba^ eine (Soon-
gelium, Don bem abiutt^eid^en unter bem Sludge fielet, ©ein 3n«
l^alt ift ber für unfre ©iinben geflorbene unb auferftanbene
fc^riftmöfeige aWeffia§. Unb biefen ^nf^att ^aben bie fiorint^er
— 37 —
erlebt, er ^at fid^ an i^rem iBetDu^tfein auiggetoiefen. ') 2)tefen
Sengen ^at S^fud fein (St)angeliunt übertragen, ol^nc irgenb eine
fac^Iid^e SSorlel^r für bie ÜberUefernng be$ „Sßef entließen unb
Sleibenben^ feiner galiWif^en Se^re. föeiner tjon i^nen l^ot
fein Süangelinm toeitergetragen, ol^ne jut^or \)ox bent lebenbigen
$erm ongebetet jn l^aben. Unb ol^ne fte unb il^r S^ugnid l^at
ed nie unb nirgenb ein (Sbangelium unb et)angelif^e^ S3en)u^t«-
fein gegeben.
2Stan lann t)itl |)o]^ed t)on ber S3ebeutung gefu fagen, unb
eS toixb bat)on gelten : mx nid^t n)iber ntid^ ift, ber ift für nttc^.
SCber fagt man nic^t bai^ (Sine: ol^ne ben auferftanbenen ^(e-
freugigten feine Slecfitfertigung, bann gel^ört S^fuiJ freiließ nid^t
in hai @t)angeliunt. 993ar nämlic^ gefud nur ein fuperlatit?er
aRenf4 nur bad SReifterftüd in ber langen äßenfd^^eitf^öpfung,
bann lann man t)on il^m temen unb i^m Unf&glid^eiS banfen —
aber nid^t an il^n glauben. 2)enn ,,®Iaube unb @ott, bie
gel^ören gu ^aufe'' (Sutl^er). S)ann fd^iebt ftd^ feine ®eftalt atö
ein Sfrembei^ in ha^ Heiligtum jmifd^en ®ott unb bie @eele.
S)ad ift ber alte ^roteft ber abftracten @eiftigfeit gegen ben
SBert be« 5ßerfönlid^en, bie ©elbftauftöfung beö ©ubiectiöigmuiJ
in ben a^i^fticiiSmui».
3k Sefu ffat [xd) ®ott ju bem etoigen SBerte ber ?ßerfön-
lic^feit unb gu bem iniialtttd^en SSerte i^reiS SebeniSbobeniS, ber
®efd^id^te belannt; benn Sefui^ ift ber (S^rift, ber SSer^eigene
unb SSorbereitete, bie SDlitte ber @efd^i(^te unb i^r giel, h^enn
er lommt in feinem Sleid^e. 2)er ba^ ga auf aQe SJerl^eigung
ift, l^at auc^ in bie SJilbem^elt ber Hoffnung feinei^ SJoIfei^ ein
92eued gebrad^t, $alt unb audfd^eibenben ®e^alt. SSir l^aben
nid^t 3lot, hai alled aU geitgefc^id^tlid^e§ Slllut^ium abguf^ülen,
um auf bie Sttbftraction ber Scitlofigfeit jurüdf jufommcn. SBir
1) 1. £or. 15, 11.— 3. 4,-1. 2.
— 38 —
finb ttid^t an bie 9lbftraction ber %f)at aU bed Sl^un^ offne
beftimmten ^nfjolt gemiefen. Und ixaixä^t, anäf im Süd auf
bie Stoigleit, bai^ Srbifd^e nid^t ium „ßinberft)iel am SBeg" 2^
koerben. S)ad banlen toxi ber 3ut)erfi(i^t ju ber S^l^atfac^e, ba|
bad SSort gleifd^ tt^arb unb ber %Ireu}igte (ebt.
3efud gel^ört in ia^ (Stiangelium t)on ber Sfreil^it eined
(£^ri{tenntenf($en, toie er in feinen (Glauben l^inein gel^ört; benn
in i^m fjai (Sott und ben ©ürgen für feine — fonft — un*
glaubli^e ®nabe gefteOt unb und jugleid^ ben Sfirgen für unfre
— fonft — unglaublid^e (Sridfung gefd^enlt, unb itoax tok
jeber @eele, fo ber ganzen äRenfc^l^eit. S)arum ift er ja unfre
<S(erec^tigIeit, unfer Sriebe unb bie Hoffnung ber ^errUd^teit.
üiVVtvt & (So. (9. VW^t iau(^bru(fecei), Staumdurfl o/S.
3 2044 069 609 832
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