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Full text of "Geologische Rundschau : Zeitschrift fr Allgemeine Geologie"

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BAND  VIII 


HEFT  3/4 


GEOLOGISCHE  RUNDSCHAU 

ZEITSCHRIFT  FUR  ALLGEMEINE  GEOLOGIE 

HERAUSGEGEBEN  YON  DEE 

GEOLOGISOHEN 

VEREINIGIJNG 

UNTER  DER  SCHRIFTLEITUNG  YON 

G.  STEINMANN 

(BONN) 

W.  SALOMON  O.  WILCKENS 

(HEIDELBERG)  (STRASSBURG  i.  E.) 

ERSCHEINT  JAHRLICH  IN  8  HEFTEN  YON  JE  4-5  BOGEN 
BEZUGSPREIS  M.  12.—.  EINZELHEFTE  M.  2.- 


Ausgegeben  am 


LEIPZIG 

YERLAG  YON  WILHELM  ENGELMANN 

1917 


J 


INHALT 


Seite 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen: 

Hans  Stille,  Injektivfaltung  and  damit  zusammenhangende 


Erscheinungen.  (Mit  15  Figuren  im  Text) . 89 

II.  Besprechungen: 

Die  Geologie  von  Neuseeland.  (Otto  Wilckens) . 143 

III.  Geologischer  Unterricht : 

Yerzeichnis  der  geologischen  Yorlesungen  an  den  deutschen  Hoch- 
schulen  im  Sominersemester  1917 . 162 

IY.  Bucher-  und  Zeitschriftenschau: 

Jakresberichte  und  Mitteilungen  des  Oberrheinischen  geologischen 

Vereins.  Bd.  YI,  Heft  2 . 165 

Sapper,  Katalog  der  geschichtlichen  Yulkanausbriiche . 165 

Mintrop,  Einflihrung  in  die  Markscheidekunst . 166 

J.  Park,  A  Textbook  of  Geology . 166 

Geologische  Karte  von  PreuBen.  Lief.  212.  Bl.  Marburg  und  Nieder- 
walgern  . . .  166 

V.  Geologische  Vereinigung: 

Bericht  iiber  die  Hauptversammlung  in  Frankfurt  a.  M.  am  6.  Ja- 
nuar  1917  168 


Die  Fachg enossen  und  Verleger  werden  gebeten, 
Bucher  und  Sonderabzuge  zum  ZivecU  der  Besprechung 
an  den  Verleger  der  Bundschau ,  Wilhelm  Engelmann , 
Leipzig ,  Mittelstrafie  2  zu  senden .  JEbendahin  sind 
auch  Beschwerden  iiber  niclit  zugegangene  JEEefte  der 
Zeitschrift  zu  richten. 

Znsendungen  an  die  Schriftleitnng • 

An  den  Scliriftleiter  Professor  G*  Steinmann ,  Bonn ,  Poppelsdorfer  Allee  98 
sind  zu  senden: 

1.  Aufsatze  und  kleinere  Mitteilungen,  Notizen  usw. 

2.  Besprechungen  aus  den  Gebieten:  Tektonik,  Niveauschwankungen, 
Morphologie,  Erosion,  Glazialgeologie,  Sedimentbildung,  Erdol,  Kohlen, 
usw.  Geologischer  Unterricht. 

An  den  Scliriftleiter  Professor  W .  Salomon ,  Heidelberg: 

Besprechungen  aus  den  Gebieten:  Chemische  Geologie,  Petrographie, 
Salzlagerstatten ,  Metamorphosen,  Erzgangbildung ,  Prakambrium,  Erd- 
inneres,  Yulkanismus,  Erdbeben,  Geologie  anderer  Weltkorper,  Tech- 
nische  Geologie. 

An  den  Scliriftleiter  Professor  O.  Wilckens ,  StraJSburg  i,  E»f  Ruprechts- 
auer  Allee  22 : 

Besprechungen  aus  den  Gebieten:  Stratigraphie,  Regionale  Geologie. 

Die  Yerfasser  von  Auf satzen  und  Mitteilungen  erhalten  100  Sonderdrucke 
unentgeltlich,  weitere  gegen  Erstattung  der  Herstellungskosten.  Zusammen- 
fassende  Besprechungen  werden  mit  60  JS,  Einzelreferate  und  kleinere 
Mitteilungen  mit  40  Jl  fiir  den  Bogen  bezahlt.  Yon  den  Besprechungen 
werden  50  Sonderdrucke  unentgeltlich,  weitere  gegen  Erstattung  der  Herstellungs¬ 
kosten  geliefert. 

Die  Kosten  fiir  Satzverbesserungen,  die  das  iibliche  MaB  iiber- 
schreiten,  fallen  den  Yerfassern  zur  Last. 

Uber  die  Beigabe  von  Abbildungen  ist  vorherige  Yerstiindigung  mit  der 
Schriftleitung  erforderlich. 

In  der  Niederschrift  sind  zu  bezeichnen: 

Yerfassernamen  — — —  (Majuskel),  Yersteinerungsnamen - (kursiv), 

wichtige  Dinge  -  (gesperrt),  llberschriften  =====  (fett). 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


Injektivfaltung  und  damit  zusammenhangende 

Erscheinungen. 

Yon  Hans  Still©  (Gottingen).1) 

(Mit  15  Figuren  im  Text.) 


Inhalt.  Seite 

Einleitung:  Die  Begriffe  »Injektivfaltung«  und  »Faltungsinjektion(t  ....  90 

I.  Die  drei  Haupttypen  der  saxonischen  Faltung . 92 

1.  Schilderung  der  Typen . .  92 

a)  Der  niederhessische  Faltungstypus  (dejektive  Faltung)  ....  92 

b)  Der  nordhannoversche  Faltungstypus  (ejektive  Faltung)  ....  94 

c)  Der  siidhannoversche  Faltungstypus  (kongruente  Faltung)  ...  95 

2.  Die  Verkniipfung  der  Typen  saxonischer  Tektonik . 96 

a)  Raumliche  Verkniipfung .  96 

b)  Verkniipfung  durch  Mittelformen . 96 

3.  Hessische  »  Graben  ('  und  nordhannoversche  »Horste«  als  Teile  von 

Fatten . 98 

IT.  Vorbe merkungen  zur  Erklarung  injektiver  Faltungen  .  .  .  101 

1.  Die  Faktoren  Mobilitat  und  Position  beim  Zustandekommen  einer 

Faltung . 101 

a)  Der  Faktor  Mobilitat  (Gefiigigkeit  gegen  den  orogenetisehen  Druck)  101 

b)  Der  Faktor  Position  (Erreichbarkeit  fiir  den  orogenetisehen  Druck)  107 

c)  Selektive  Faltung  nach  Mobilitat  und  Position . 108 

2.  Faltung  und  Faltungsarbeit . 109 

III.  Erklarung  der  kongruenten  und  injektiven  saxonischen 

Faltung . 112 

1.  Das  Untergrundbild  bei  Eintritt  der  saxonischen  Faltung  ....  112 

2.  Selektive  saxonische  Faltung  . 114 

3.  Inkongruente  Faltung  infolge  von  ungleichmaBiger  Druckwirkung  .  116 

a)  Dejektive  Faltung  bei  starrerer  Tiefe . 117 

b)  Ejektive  Faltung  bei  mobilerer  Tiefe . 119 

4.  Kongruente  Faltung  bei  gleichmaBigerer  Druckwirkung . 125 

5.  Zusammenfassung . 126 

IV.  Injektive  Salzfaltung  und  Salzaufstieg . 130 

1.  Injektive  Salzfaltung  und  Mobilitat . 130 

2.  Isostatischer  Auf  trieb  des  spezifisch  leichten  Salzes  nach  Arrhenius - 

Lachmann . 134 

3.  Salzinjektion  in  Spalten . 135 

4.  Terminologisches . 135 

V.  Zur  Systematik  der  Horste  und  Graben . 136 

1.  Begriff  Horst  und  Graben.  Haupteinteilung . .136 

2.  Undulationshorste  und  Undulationsgraben . 137 


1)  Vorgetragen  auf  der  Hauptversammlung  in  Frankfurt  a.  M.  am  6.  Jan  1917. 


Geologische  Rundschau.  VIII.  7 


90  I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 

Seite 

3.  Undationshorste  und  Undationsgraben . 138 

4.  Unterscheidung  von  Horsten  und  Graben  undatorischer  und  undula- 

torischer  Entstehung . 140 


5.  Hebung  und  Senkung  bei  der  Entstehung  der  Horste  und  Graben  .  141 

Textfiguren. 

Eig.  1.  Schematisches  Bild  eines  hessischen  Grabens  (dejektive  Faltung)  .  93 

Fig.  2.  Schematisches  Bild  eines  nordhannoverschen  Horstes  (ejektive 


Faltung) . 94 

Fig.  3.  Schematisches  Bild  einer  Falte  von  sudhannoverschem  Typus  (kon-  . 

gruente  Bruchf altung ) . 95 

Fig.  4.  Der  raumliche  Zusammenhang  zwischen  den  Haupttypen  saxo- 

nischer  Faltung . 97 

Fig.  5.  Reihenfolge  der  Haupttypen  saxonischer  Faltung  von  S.  nach  N., 

veranschaulicht  in  einem  schematischen  Profile . 98 

Fig.  6.  Profilreihe  durch  einen  niederhessischen  Graben . 99 

Fig.  7.  Die  drei  Haupttypen  saxonischer  Tektonik  unter  Vernachlassigung 

der  Verwerf ungen  . . 100 

Fig.  8.  Formen  der  Einpassung  auf  engeren  Raum.  . . Ill 

Fig .  9.  Untergrund  und  Faltungsf orm  bei  der  saxonischen  Gebirgsbildung .  .  113 

Fig.  10.  Gesteinsmobilitat  und  Faltungsform . .  .  .  „  122 

Fig.  11.  Ungleiche  Hochbewegung  von  Hangendem  und  Liegendem  bei  un- 

gleichmaBiger  Einengung . 124 

Fig.  12.  Schematische  Veranschaulichung  der  Injektion  komprimablerer 

Massen  in  Zonen  geringerer  Kompression . 127 

Fig:  13.  Inkongruente  Faltung  und  Faltungswiderstande . 128 

Fig.  14.  Injektion  und  Gegenbewegung  (Reaktion)  bei  inkongruenter  Faltung  129 
Fig.  15.  Schmale  (undulatorische)  »Schollengraben«  in  einem  weiten  (unda- 

torischen)  ^Beckengraben  «  141 


Einleitung: 

Die  Begriffe  »IujektiYfaltung«  und  >Faltungsinjektion  <. 

Unter  »injektiver  Faltung «  verstelie  ich  eine  Faltung  unter  ge- 
steigertem  Yortriebe  einzelner  Faltenelemente.  Der  Vortrieb  kann  ins 
Liegende,  Hangende  oder  Nebengebirge  gericbtet  sein;  erfolgt  er 
ins  Liegende,  so  spreche  ich  von  dejektiver  (dejektiv  =  abwartig 
injektiv),  erfolgt  er  ins  Hangende,  von  ejektiver  (ejektiv  =  auf- 
wartig  injektiv)  Faltung.  Eine  »Faltungs injektion «  (Injektion 
durch  Faltung)  ist  ein  Eintrieb  von  Gesteinsmaterial  in  benachbartes 
Gebirge  durch  den  episodischen  orogenetischen  Druck  (Faltungsdruck). 
Die  Begriffe  winjektive  Faltung «  und  ))Faltungsinjektion«  decken  sich 
nicht  ganz,  wenigstens  solange  man  die  Moglichkeit  offen  laBt,  daB 
unter  bestimmten  Yerhaltnissen  auch  vulkanischer  Glutbrei  durch  tek- 
tonischen  Druck  vorgetrieben  werden  kann  (tektoniscke  Injektion  vul- 
kanischen  Materiales  neben  derjenigen  nichtvulkanischen).  Dazu  ist 
injektive  Faltung  das  Gesamtphanomen  einer  Faltung,  die  hinsicht- 
lich  einzelner  Faltenelemente  injektiv  verfahrt,  die  »Faltungsinjektion« 
dagegen  der  spezielle  Yortrieb  des  einzelnen  Faltenelemente s. 


H.  Stille  —  Injektivfaltung  u.  darnit  zusammenhangende  Eischeinungen.  91 

Die  Bezeichnung  »injektive«  Faltung  ist  ja  der  vulkanischen 
Nomenklatur  entlehnt,  denn  in  extremen  Fallen  haben  die  resul- 
tierenden  Inj  ektivkorper  hinsichtlicli  ihrer  Konturen  und  ihrer  Lage 
zum  Nebengebirge  mancherlei  Ahnlichkeit  mit  vulkanischen  Intrusiv- 
massen.  So  konnen  z.  B.  die  Gange,  die  von  sehr  mobilen  Tonmassen 
oder  gar  vom  )>Salzbrei«  gebildet  werden,  den  Gangen  von  »Glutbrei« 
als  geologische  Korper  sehr  ahneln,  und  auch  die  »Salzstocke«  konnen 
in  manchen  Fallen  an  Eruptivstocke  kleinerer  Ausmessung  erinnern. 
Aber  auch  hinsichtlich  der  wirkenden  Krafte  und  der  ganzen  Art  des 
injektiven  Vorganges  scheinen  Vergleichspunkte  zwischen  gewissen  Arten 
vulkanischer  Injektion  und  dem  tektonischen  Vorschube  einzelner  unge- 
wohnlich  mobiler,  dabei  aber  nichtvulkanischer  Materialien  zu  bestehen. 

Auch  sonst  sind  in  der  geologischen  Literatur  zur  Kennzeichnung 
von  tektonischen  Erscheinungen  bereits  Bilder  aus  dem  Gebiete  des 
Vulkanismus  entlehnt  worden.  So  sei,  um  nur  bei  den  deutschen  Ver- 
haltnissen  zu  bleiben,  an  das  )>eruptive«  Rot  E.  Zimmermanns1)  und  an 
E.  Harborts2)  Ausfiihrungen  iiber  das  Aufsteigen  der  Salzmassen  in 
Spalten  nach  Art  eines  Magmas  erinnert.  Allerdings  wurden,  besonders 
in  letzterem  Falle,  die  treibenden  Krafte  anders  aufgefaBt,  wie  ich  es 
im  folgenden  tue,  namlich  nicht  als  tangential  gerichtet  und  episodisch 
wirkend,  sondern  als  vertikal  gerichtet  und  mehr  oder  weniger  kon- 
tinuierlich  andauernd.  Auch  F.  Rinne3)  spricht  von  einer  »Injektion« 
der  Salzmassen  in  ihr  Nebengestein. 

x)  E.  Zimmermann,  Wissensch.  Bericht  iiber  Aufnahmen  auf  den  Blattern 
Stadtilm  und  Plaue.  Jahrb.  preuB.  geol.  Landesanst.  f.  1889.  S.  LIV:  »Innerhalb 
dieses  [Storungs-jStreifens  ist  ein  Sattel  bemerkenswert,  der  unter  den  mancherlei 
Formen  seiner  Ausbi  Idling  auch  eine  solche  zeigt,  wo  in  der  Achse  des  Sattels 
als  altestes  Glied  Mittlerer  Muschelkalk  hinzieht  und  mitten  aus  cliesem  eine  nur 
ganz  kleine  (800  und  200  Schritt  Durchmesser  zeigende)  linsenformig  umgrenzte 
Stelle  zutage  tritt,  gebildet  vorwiegend  von  Mittlerem  und  daneben  von  etwas 
Oberem  Buntsandstein.  Kartographisch  ist  das  Bild  dieses  Auftretens  eines  tieferen 
Gesteins  zwischen  holier  gelegenem,  im  Kern  eines  Sattels,  mehr  ahnlich  dem  eines 
E  r  u  p  t  i  v  s  t  o  c  k  e  s ,  als  dem  eines  .Horstes !  —  Ich  kann  hier  zugleich  noch  kurz 
hervorheben,  daB  ich  in  der  Fortsetzung  derselben  Storungszone  noch  an  mehreren 
Stellen  Rot  in  einer  Weise  habe  auftretend  gefunden,  daB  das  Kartenbild  ganz 
an  das  eines  Eruptivgesteinsganges  erinnert,  welcher  bald  eine  mit  Ver- 
werfung  verbundene  Spalte  benutzt,  bald  eine  Spalte,  neben  welcher  keine  Ver- 
werfung  nachweisbar  ist.  « 

Derselbe,  Uber  eigenttimliche  » eruptive «  Formen  des  Auftretens  von  Sedi- 
mentgesteinen  bei  Stadt  11m.  Ztschr.  d.  deutsch.  Geol.  Ges.  1895,  S.  615. 

2)  Vgl.  u.  a.  E.  Harbort,  Zur  Geologie  der  nordhannoverseken  Salzhorste. 
Ztschr.  d.  deutsch.  geol.  Ges.  1910,  Monatsber.,  S.  330  und  331. 

3)  F.  Rinne,  Metamorphosen  von  Salzen  und  Silikatgesteinen.  7.  Jahresber. 
d.  Niedersachs.  geolog.  Ver.  1914,  S.  252ff.,  spez.  S.  255,  264/265.  —  S.  255; 
AVeiterhin  kann  es  unter  dem  EinfluB  des  Hangenddruckes  ebenfalls  zu  seitlichen 
Vorschuben  kommen,  weim  plastischem  Material,  etwa  Salzen,  die  Gelegenheifc 
zum  AbflieBen  in  Zonen  geringeren  Widerstandes  der  Gesteinsschale  sich  dar- 
bietet,  in  die  sie  dann  gangformig  injiziert  werden. « 


7* 


92 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


I.  Die  drei  Haupttypen  der  saxonischen  Faltung. 

1.  Schilderung  der  Typen. 

Aus  der  Fiille  tektonischer  Formen,  zu  denen  die  saxonische  Bruch- 
faltnng  im  mittel-  nnd  nordwestdeutschen  Boden  gefiilirt  hat,  treten 
e  n:ge  Haupttypen  besonders  hervor,  die  wieder  durch  TTbergange  in 
weitestem  MaBe  miteinander  verkniipft  sind.  Es  ist  zunachst  ein  mittlerer 
Typus  vorhanden,  namlich  derjenige  der  normalen  oder,  wie  ich  ihn  hier 
gleich  nennen  will,  da  in  ihm  die  zerrissenen  Sattel  und  Mulden  einiger- 
maBen  kongruent  entwickelt  sind,  der 

kongruenten  saxonischen  Faltung. 

Demgegenuber  ist  die 

inkongruente  saxonische  Faltung 
durch  starke  Verschiedenheit  in  der  Entwicklung  der  Sattel  und  Mulden 
charakterisiert.  Sie  erscheint  in  den  Formen  der 

dejektiven  saxonischen  Faltung, 
wenn  die  Muldenzonen  unverhaltnismaBig  tief  eingesenkt  sind,  und  der 

ejektiven  saxonischen  Faltung, 
wenn  die  Sattelzonen  eine  unverhaltnismaBig  weite  Vorstulpung  er- 
fahren  haben. 

Diese  Typen  der  saxonischen  Faltung  trennen  sich  auch  regional, 
und  nach  den  Hauptverbrei  ungsgebieten  in  den  niederhessisch-nieder- 
sachsischen  Landen  unterscheide  ich 

1.  den  niederhessischen  Typus  (dejektive  Faltung), 

2.  den  siidhannoverscken  Typus  (kongruente  Faltung), 

3.  den  nordhannoverschen  Typus  (ejektive  Fa’tung). 

Der  niederhessische  Typus  kommt  am  auffalligsten  in  den  hessischen 
»Grabenzonen«  zum  Ausdrucke;  der  nordhannoversche  Typus  hat  seine 
Hauptverbreitung  im  mittleren  und  nordlichen  Hannover,  im  Gebiete 
der  »Horste«,  d.  h.  der  hochaufgepreBten  Sattelkerne.  Dazwischen 
liegt  im  Randgebiete  des  N’ederdeutschen  Beckens  das  Gebiet  der  kon¬ 
gruenten  Bruchfaltung  (slidhannoverscher  Typus). 

a)  Der  niederhessische  Faltungst ypus  (dejektive  Faltung). 

In  der  Hessischen  Senke  (Rheinische  Tiefe  vor  dem  Ostrande  der 
Rheinischen  Masse)  finden  wir,  wenn  wir  absehen  von  den  tertiaren 
und  eruptiven  Gesteinen,  die  ja  nach  den  Untersuchungen  von  Gkupe, 
Bucking  u.  a.  jiinger  als  der  Hauptteil  der  saxonischen  Tektonik  sind, 
in  weitester  Verbreitung  flachlagernde  oder  schwach  gewellte  Tafeln 
alterer  Trias,  in  die  in  schmalen,  aber  weit  fortstreichenden  Zonen 
jungere  Schichten,  vorwiegend  solche  des  Muschelkalks  und  Keupers, 
lokal  auch  des  Juras,  eingesenkt  sind.  Diese  schmalen  Zonen  jiingeren 
Gesteins  sind  die  hessischen  Graben.  Wir  haben  also  in  Nieder- 
hessen  sehr  breite  Bezirke  der  alteren  Schichten  und  recht  sc h male 
Zonen  j lingerer  und  finden  die  Dislokationen  besonders  dort, 


H.  Stille  —  Injektivfaltung  u.  damit  zusammenhangende  Erscheinungen.  93 


wo  die  jiingeren  Schichten  auftreten.  Diese  Dislokationszonen 
sind  eben  in  erster  Linie  die  Grabenzonen,  und  wenn  man  einen  "Ober- 
blick  iiber  die  Tektonik  Hessens  gewinnen  will,  so  pflegt  man  ja  zu- 
nachst  den  Verlanf  der  Grabenzonen  zu  verfolgen. 

Fig.  1  zeigt  uns  einen  schematiscben  Scbnitt  durch  einen  hessischen 
Graben,  veranscbaulicbt  an  der  Lage  einer  einzelnen  Schicht. 

Die  Grabenzonen  sind  als 
Mulden,  die  dazwischen  liegen- 
den  Bezirke  alterer  Sedimente 
als  Sattelgebiete  aufznfassen, 
wenn  auch  in  letzteren  die 
Schichten  weithin  vollig  oder 
fast  vollig  flach  liegen  und  die 
sattelformige  Anordnung  erst 
mit  Annaherung  an  die  Graben¬ 
zonen  etwas  deutlicher  in  Er- 
scheinung  zu  treten  pflegt.  Ich  bezeichne  diese  Sattelzonen,  die  gegen- 
iiber  den  schmalen  Muldenzonen  eine  ganz  ungewohnliche  Breite 
haben,  als  ))Breitsattel«. 

Hier  und  da  treten  in  den  Grabenzonen  Niederhessens  und  der 
dstlich  angrenzenden  thiiringischen  Gebiete  schmale  Streifen  ( »Auf- 
pressungshorste«)  alterer  Schichten,  und  selbst  solcher,  die  alter  als  die 
Schichten  der  angrenzenden  Breitsattel  sind,  auf;  recht  haufig  handelt 
es  sich  um  Zechstein.  Aber  diese  Aufpressungen  werden  nach  Masse 
und  Betrag  durch  Masse  und  Betrag  der  Einsenkungen  in  der  Regel 
mehr  als  ausgeglichen ,  so  dab  auch  dort,  wo  diese  )>Grabenhorste« 
auftreten,  die  tektonische  Gesamtleistung  auf  die  Niederziehung  einer 
schmalen  Erdzone  hinauskommt.  Allerdings  ist  somit  der  Bau  der 
Grabenzone  lokal  wesentlich  verwickelter,  als  das  einfache  Schema 
in  Fig.  1  angibt;  es  sind  tektonische  Zonen,  die  entweder,  was  die 
Regel  ist,  ganz  aus  versenkten  Schichten  bestehen,  oder  in  denen  die 
versenkten  Schichten  doch  raumlich  auberordentlich  vorwalten. 

Es  ist  eine  sehr  auffallige  Erscheinung,  dab  die  erwahnten  Schollen 
hoheren  Alters  nicht,  wie  man  nach  Erfahrungen  in  anderen  Gebieten 
saxonischer  Bruchfaltung  wohl  zunachst  erwarten  miibte,  im  Kerne 
der  sattelfor migen  Aufwolbungen,  sondern  gerade  in  den  Zonen 
der  Muldengraben  auftreten;  es  ist,  als  ob  eine  Reaktion  der 
Tiefe  gegen  den  Senkungsvorgang  (vgl.  unten)  eingetreten  ware. 
Jedenfalls  liegt  aber  in  diesen  alteren  Schollen  innerhalb  der  Graben¬ 
zonen  wieder  ein  Hinweis  darauf,  dab  in  den  durch  die  Graben  charak- 
terisierten  tektonischen  Zonen  Niederhessens  und  der  angrenzenden 
thiiringischen  Gebiete  Krafte  gewirkt  haben,  die  unter  Umstanden 
auch  zur  Aufpressung  von  Schollen  aus  groberer  Tiefe  heraus  befahigt 
sind. 


Fig.  1.  Sche matisches  Bild  eines 
hessischen  Grabens  (dejektive 
Faltung). 


94 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


b)  Der  nordhanno  verse  he  Faltungstypus  (ejektive  Faltung). 

Die  Umkehrung  des  hessischen  Typus  ist  der  nordhanno  verse  he, 
wie  wir  ihn  in  seiner  ausgesprochensten  Entwicklung  in  Mittel-  und 
Nordhannover  kennen.  Kedet  man  in  Hessen  von  den  hessischen  »Gra- 
ben«,  um  die  tektonische  Eigenart  des  Landes  zu  charakterisieren,  so 
spricht  man  in  Mittel-  und  Nordhannover  von  den  hannoverschen 
»Horsten«,  unter  denen  bekanntlich  der  )>Salzhorst «  eine  ganz  beson- 
dere  Rolle  spielt. 

Das  schematische  Bild  eines  solchen  Horstes  gibt  Fig.  2. 

Wir haben hier  weitverbreitet  und weithin in recht  f lacher Lagerung 

die  j  linger  en  Schichten  (im  Siiden  vorherrschend  Kreide,  im  Norden 

vorherrschend  Tertiar1),  da- 

'  zwischen  in  schmalen  Zo- 

nen  die  alteren  (Jura,  Trias, 

Zechsteinsalz).  Die  Dis- 

lokationszonen  sind  die 

Horstzonen,  und  wenn  wir 

einen  Xlberblick  liber  die 

Tektonik  dieser  Gebiete,  z.B. 

der  Liineburger  Heide,  gewin- 

nen  wollen,  so  folgen  wir  den 

-p.  o  o  u  -D-11-  -i  ))x4.ufpressungshorsten((. 

Fig.  2.  Schematisches  Bild  eines  nord-  1 * 4  .  & 

hannoverschen  Horstes  (ejektive  Faltung).  Zwischen  den  hochge- 

preBten  Horstzonen  (Sattel- 

zonen)  erstrecken  sich  die  weiten  »Breitmulden((,  bestehend  aus  flach 

oder  doch  nur  schwach  muldenformig  gelagerten  jiingeren  Schichten. 

Man  betrachte  die  Bilder  1  und  2,  um  zu  erkennen,  daB  der  eine 

Typus  die  Umkehrung  des  anderen  ist.  Inwiefern  das  zutrifft, 

sei  im  folgenden  zusammengestellt : 


Niederhessen. 

1.  Ausgedehnte  Bezirke  ziem- 
lich  flachlagernder  und  verhalt- 
nismaBig  we  nig  gestorter  alte- 
rer  Schichten  (»Breitsattel«). 

2.  Schmale  Zonen  stark  gestor¬ 
ter  j  lingerer  Schichten  (sog. 
Grabenzonen). 

3.  Storungszonen  hauptsachlich 
dort,  wo  die  jiingeren  Schich¬ 
ten  auftreten. 


N  ordhannover. 

Ausgedehnte  Bezirke  ziemlich 
flachlagernder  und  verhaltnis- 
maBig  wenig  gestorter  j  linge¬ 
rer  Schichten  ( »Breitmulden((). 

Schmale  Zonen  stark  gestorter 
alterer  Schichten  (sog.  Horst¬ 
zonen). 

Storungszonen  hauptsachlich  dort, 
wo  die  alteren  Schichten  auf¬ 
treten. 


1)  Hier  ist  im  Gegensatze  zu  Hessen  (s.  oben)  ein  wesentlicher  Teil  der  saxo- 

nischen  Gebirgsbildung  noch  j  linger  als  das  vorhandene  Tertiar,  und  zwar  aucli 

noch  als  das  Obermiozan  ( vgl.  H.  Stille,  Untergrund  der  Liineburger  Heide  usw. 

4.  Jahresber.  d.  Niedersachs.  geol.  Ver.  1911,  S.  225ff.,  spez.  S.  274 — 276). 


H.  Stille  —  Injektivfaltung  u.  damit  zusammenhangende  Erscheinungen.  95 


Zusa  mmenfassung. 


Niederhessen: 

Weitansgedelinte,  schwachgefal- 
tete  bis  flache  Tafeln  alt ere r 
Schichten,  unterbrochen  durch 
schmale,  stark  gestorte  Zonen 
j  lingerer. 


Nordhanno ver : 

Weitausgedehnte ,  schwachgefal- 
tete  bis  flache  Tafeln  j  lingerer 
Schichten ,  unterbrochen  durch 
schmale,  stark  gestorte  Zonen 
alterer. 


Stellen  wir  die  Bilder  1  und  2  iibereinander,  so  ist  das  eine  das  Spiegel- 
bild  des  anderen;  was  beim  einen  in  abwartiger  Ttichtung  eirigetreten 
ist,  hat  sich  beim  anderen  in  aufwartiger  ereignet. 

c)  Der  siidhannoversche  Faltungstypus  (kongruente  Faltung). 

Zwischen  dem  Gebiete  des  niederhessischen  und  dem  des  nord- 
hannoverschen  Faltungstypus  liegt  eine  Zone,  in  der  trotz  vielfacher 
ortlicher  Abweichungen  im  groBen  und  ganzen  eine  mehr  gleichmaBige 
Entwicklung  der  Sattel  und  Mulden  zu  erkennen  ist.  Ein  scherna- 
tisches  Bild  der  dortigen  zerbrochenen  Falten  gibt  Fig.  3.  In  dieser 


Fig.  3.  Schematisches  Bild  einer  Falte  von  siidhanno- 
verschem  Typus  (kongruente  Bruchfaltung). 


Art  sind  im  allgemeinen  z.  B.  die  Falten  des  Egge-Yorlandes  oder  die- 
jenigen  Slidhannovers  nordlich  des  Sollinggebirges,  das  noch  den  nieder¬ 
hessischen  tektonischen  Tyftus  zeigt,  entwickelt. 

Wir  erkennen  wversenkte  Muldenkerne«  (G)  und  ))gehobene  Sattel- 
kerne«  (H).  Neben  der  Mulde  erscheint  als  nach  der  Entwicklung  gieich- 
berechtigt  der  Sattel,  neben  dem  »Graben«  der  »Horst«.  Die  Storungen 
setzen  ziemlich  gleichmaBig  in  jiingeren  und  alteren  Schichten  auf  und 
das  jiingere  ist  in  der  Yerbreitung  vor  dem  alteren  und  das  altere  vor 
dem  jiingeren  nicht  wesentlich  bevorzugt,  —  soweit  es  sich’nicht  um 
transgredierende  und  nach  der  altesten  Faltungsphase  abgelagerte 
Schichten  handelt. 

Das  ist  der  siidhannoversche  Typus  der  saxonischen  Gebirgs- 

bildung. 


96 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


2.  Die  Verkniipfung  der  Typen  saxonischer  Tektonik. 

Die  drei  geschilderten  Typen  der  saxonischen  Tektonik  sind  eng 
miteinander  verkniipft,  nnd  zwar 

a)  raumlich, 

b)  durch  Mittelformen. 

a)  Raumliche  Verkniipfnng. 

Weitaushaltende  Systeme  wrheinischer «  nnd  »herzynischer «  Dis- 
lokationen  setzen  das  saxonische  Faltengitter  zusammen,  nnd  die  ein- 
zelnen  Weilen  dnrchkreuzen  einander,  haufig  nnter  Interferenzerschei- 
nungen,  oder  lenken  anch  wohl  ineinander  ein  oder  setzen  sick  nach 
ihrer  Vereinignng  in  Mittelricbtungen  fort.  Eine  infolge  Kriegsaus- 
brnches  leider  bisher  nicht  zur  Veroffentlichung  gelangte  tektonische 
Karte  der  niederhessisch-niedersachsischen  Lande  wird  all  diese  Yer- 
haltnisse  im  einzelnen  zeigen.  Nord-siidlich  gerichtete  Dislokationszonen 
verfolgen  wir  von  Hessen  ans  we  it  nordwarts.  So  dnrcbscbneidet  die 
»Scbwalm — Leine — Nette-Zone«  fast  geradlinig  ganz  Niederhessen  und 
kreuzt  dabei  die  Fulda  bei  Altmorschen  nnd  die  Werra  oberbalb  Witzen- 
hausen,  folgt  bei  Gottingen  dem  Leinetale  nnd  verlaBt  dieses  bei  Nort¬ 
hern,  nacbdem  die  Hanptfortsetznngen  des  Leinetalgrabens  nacb  NW. 
abgebogen  sind,  setzt  dann  am  Westrande  des  Harzes  her  und  ist  weiter 
nordwarts  im  flachen  Hiigellande  und  danacb  im  Flachlande  bis  zur 
Aller,  ja  wabrscheinlich  liber  diese  binans  bis  zur  Elbe  nnd  bis  Mecklen¬ 
burg  zn  verfolgen.  Eine  andere,  die  »Eder — Diemel — Egge-Zone«, 
fiihrt  von  Hessen  in  nordwestlicher  Richtung,  sich  immer  mebr  kom- 
plizierend,  indem  sie  immer  nene  berzynische  Strange  von  Osten  her 
anfnimmt,  zum  Eggegebirge  und  Osning.  So  haben  wir  einheitliche  und 
zusammenhangende  Zonen  tektonischer  Vorgange,  aber  die  Art  der 
Vorgange  unterliegt  innerhalb  der  Zonen  groBen  Anderungen. 
Im  Siiden  enthalten  die  Zonen  die  hessiscben  »Graben«,  weiter  nord- 
lich  die  sudhannoverscben  Sattel  und  Mulden  und  endlich  in  den  Rand- 
gebieten  des  Flachlandes  und  in  dem  Flachlande  selbst  die  nordhan- 
noverscben  »Horste«.  Kommen  wir  z.  B.  aus  Niederhessen  nach  Siid- 
bannover,  so  treten  die  typiscben  Graben  bald  zuriick  und  statt  ihrer 
erscheinen  die  breiten  »Versenkungsbecken((  v.  Koenens  (Hilsmulde, 
Markoldendorfer  Mulde,  Gronauer  Kreidemulde  usw.),  die  schon  deut- 
lichst  den  Cbarakter  der  Mulde  tragen  und  ja  auch  von  alters  her  als 
solcbe  bezeicbnet  worden  sind.  Gehen  wir  anderseits  von  der  Liineburger 
Heide  siidwarts,  so  treten  an  die  Stelle  der  schmalen  Horstzonen  die 
sich  verbreiternden  Sattel,  wie  etwa  der  Hildesheimer  Wald. 

b)  Verkniipfung  durch  Mittelformen. 

Aber  nicht  nur  raumliche  Zusammenhange  verkniipfen  die  Typen 
saxonischer  Gebirgsbildung,  sondern  alle  formalen  Hbergange  vermit- 
teln  vom  sudhannoverschen  so  wohl  zum  niederhessischen,  wie  auch 


H.  Stille  —  Injektivfaltimg  u.  damit  zusammenhangende  Erscheinungen.  97 

zum  nordhannoverschen  Typus,  und  so  verknupfen  sick  iiber  den  siidhan- 
noverschen  aucli  die  in  ihrer  Form  so  entgegengesetzten  niederhessischen 
und  nordhannoverschen  Typen  miteinander.  Der  Graben  verbreitert 
sich,  der  trennende  Bezirk  alterer  Gebilde  verschmalert  sich,  wahrend 
die  Wolbung  der  Scbichten  in  ihm  zunimmt,  und  aus  dem  »nieder- 
hessischen «  wird  ein  » siidhannoversches «  Gebilde;  —  die  nordhanno- 
versche  »Horstzone((  ge- 
winnt  an  Breite  auf  Kosten  Norden 

der  trennenden  Zonen  f  lach- 
lagernder  j  lingerer  Sedi- 
mente,  die  eine  zunehmende 
muldenformige  Anordnung 
erkennen  lassen,  —  und 
aus  dem  nordhannoverschen 
Typus  saxonischer  Faltung 
entwickelt  sich  der  siid- 
hannoversche.  So  sind  die 
))  niederhessischen  « ,  »  siid- 

hannoverschen  «  und  »nord- 
hannoverschen«  Formen  der 
saxonischen  Gebirgsbildung 
nur  Typen,  und  zwar  die 
niederhessische  und  nord- 
hannoversche  Form  sozu- 
sagen  die  extremsten,  die 
sudhannoversche  Form  ein 
mittlerer  Typus  in  einer 


Gebilde. 

Den  von  Siiden  nach 
Norden  erfolgenden  tlber- 
gang  vom  niederhessischen 
zum  slidhannoverschen  und 
weiter  zum  nordhannover¬ 
schen  Typus  veranschau- 
lichen  in  ganz  schemati- 
scher  Weise  Fig.  4  und  5, 
und  zwar  Fig.  4  in  einer  GrundriBdarstellung,  Fig.  5  in  einem  von  Norden 
nach  Siiden  gelegten  Profile.  Fig.  4  soil  speziell  zeigen,  wie  sich  raum- 
lich  der  Breitsattel  Niederhessens  mit  dem  Sattel  Siidhannovers  und 
dem  Horst  Nordhannovers  und  ferner  der  Graben  Hessens  mit  der 
Mulde  Siidhannovers  und  der  Breitmulde  Nordhannovers  verkniipft. 
In  dieser  Figur  ist  auch  der  bald  herzynisch,  bald  rheinisch  gerichtete 
Yerlauf  der  saxonischen  Faltungszonen  angedeutet,  und  daB  dabei  fiir 


langen  Reihe  ineinander 
iibergehender  tektonischer 


Fig.  4.  Der  raumliche  Zusammenhang 
zwischen  den  Haupttypen  saxonischer 

Faltung. 


98 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


den  siidhannoverschen  Typus  die  herzvnische  Richtung  gewah.lt  wurde, 
mag  andeuten,  daB  dieser  Typus  besonders  deutlich  dort  entwickelt  ist, 
wo  die  saxonische  Faltung  vorwiegend  herzynisch  geht,  wenn  er  auch 


Fig.  5.  Reihenfolge  der  Haupttypen  saxonischer  Faltung  von  S.  nach  N., 
veranschaulicht  in  einem  sche matischen  Profile. 

an  anderen  Stellen  ebensogut  unter  rheinischer  Richtung  oder  unter 
Egge-Richtung  (Mittelrichtung  zwischen  rheinischen  und  herzynischen 
Falten)  auftritt. 

3.  Hessische  Graben  und  nordhannoversche  Horste  als  Teile  von  Falten. 

Sind  die  Gebilde  Siidhannovers  »Falten«,  entstanden  durch  seit- 
lichen  Druck,  so  sind  auch  einerseits  die  hessischen  Graben,  anderer- 
seits  die  nordhannoverschen  Horste  Falten  oder  Teile  von  solchen. 
und  zwar  sind  sie  ganz  extreme  Formen  der  Faltung,  die  sich  aus 
ortlichen  Verhaltnissen  erklaren.  Es  ist  undenkbar,  daB  der  hessische 
Graben,  der  im  Fortstreichen  zur  siidhannoverschen  Mulde  wird  und 
mit  dieser  durch  alle  Ubergangsformen  verbunden  ist,  oder  daB  der 
nordhannoversche  Horst,  an  dessen  Stelle  nach  Siiden  ganz  allmahlich 
normale  saxonische  Sattel  treten,  durch  ganz  andere  Krafte  erzeugt 
sein  sollte,  wie  die  eine  Mittelstellung  einnehmende  siidhannoversche 
Falte;  verschieden  war  nur  die  ortliche  Wirkungsweise  der  Krafte. 
Oder  wo  ware  der  Schnitt  zu  machen  zwischen  den  Gebilden  von  siid- 
hannoverschem  Typus,  die  man  noch  als  Falten  ansprechen  diirfte. 
und  denen  von  hannoverscher  oder  niederhessischer  Art,  denen  diese 
Bezeichnung  vorzuenthalten  ware? 

Als  Hauptargument  dafiir,  daB  die  saxonische  Gebirgsbildung  eine 
Faltung  ist,  habe  ich  gegeniiber  der  SuESSschen  Senkungstheorie  unter 
genauer  Darstellung  der  beweisenden  Yerhaltnisse  geltend  gemacht1), 
daB  sie  mit  einer  Aufwartsbewegung  der  sich  in  die  Form  der  Mulden 
und  Sattel  legenden  und  dabei  vielfach  zerreiBenden  Gesteinsmassen 
verbunden  war,  wie  ja  iiberhaupt  Faltungszonen  Zonen  der  orogene- 
tischen  Aufwartsbewegung  sind.  Und  auch  die  hessischen  Graben  sind 
gleichzeitig  mit  einer  Aufwartsbewegung  des  ganzen  sie  umschlieBen- 
den  Gebietes  der  hessischen  Tiefe  entstanden,  —  wie  jedenfalls  fiir  ihre 
Fortsetzung  im  siidost lichen  Westfalen  aus  der  den  tektonischen  Bewe- 
gungen  folgenden  tiefeingreifenden  Denudation  der  vorher  versenkt 

!)  Vgl.  u.  a.  H.  Stille,  Die  saxonische  »Faltung«.  Zeitschr.  d.  d.  geol.  Ges. 
1013,  Bd.  65,  Monatsber.,  S.  575 ff. 


H.  Stille  —  Injektivfaltung  u.  damit  zusammenhangende  Ersclieinungen.  99 


liegenden  Gesteinsmassen  erweisbar  ist.  Wie  aber  bei  einer  Faltung 
innerhalb  der  aufsteigenden  Faltungszone  die  Mulde  hinsicbtlicb  des 
Betrages  der  Aufwartsbewegung  hinter  dem  Sattel  zuriAckbleibt,  so 
sind  aucb  die  Graben  gegeniiber  den  angrenzenden  Zonen  etwas 
zuriickgeblieben  nnd  damit  relativ  ge- 
sunken.  Legen  wir  einmal  die  Stein- 
MANNsche  Einteilung  der  gebirgsbildenden 
Vorgange  in  positive  nnd  negative x)  zu- 
grunde,  so  sind  die  bessiscben  Graben  keines- 
wegs  Erzeugnisse  einer  negativen,  sondern 
einer  dnrcbaus  positiven  Gebirgsbildnng. 

Die  Briiche  sind  nicht,  wie  z.  B.  E.  Suess 
es  im  ))Antlitz  derErde«  darstellt,  Ur s ache 
der  saxonischen  Bewegungen,  sondern  deren 
aus  den  besonderen  Verhaltnissen  des  Unter- 
grundes  zu  erklarende  Begleiterschei- 
nnng,  —  denn  die  Bewegungen  erfolgen 
zum  Teil  auch  ohne  Verwerf ungen.  Das 
mag  uns  fur  den  speziellen  Fall  der  dejek- 
tiven  saxonischen  Gebirgsbildung  nochmals 
durch  eine  Profilserie  durch  ein  und  den- 
selben  hessischen  Senkstreifen  (vgl.  Fig.  6) 
vor  Augen  gefiihrt  werden.  In  den  Schnitten 
a  und  b  ist  der  Senkstreifen  zweiseitig,  im 
Schnitte  c  einseitig,  im  Schnitte  d  iiberhaupt 
nicht  von  Verwerf ungen  begrenzt,  aber  der 
tektonische  Effekt  ist  in  alien  vier  Fallen 
der  gleiche. 

Die  saxonischen  Graben  sind  auch  nicht  Ursache,  sondern"  Begleit 
die  Gebilde  einer  Zerrung  in  der  Erdkruste.  erscheinung  der  Einsenkung 
Denn  ganz  abgesehen  davon,  daB  sie  unter 
einer  differentiellen  Aufwartsbewegung  des 
gesamten  sie  umschlieBenden  »Senkungs- 
feldes«  entstanden  sind,  was  mit  der  Vor- 
stellung  einer  Zerrung  des  Bodens  schwer  vereinbar  ist,  zeigen  schon 
die  Aufschliisse  in  und  entlang  den  Grabenzonen  fortwahrend  die  Er- 
scheinungen  der  Stauung,  —  und  auch  auf  die  schon  erwahnten  horst- 


Fig.  6.  Profilreilie  durch 
einen  nieder  hessischen 
»  G  r  a  b  e  n  «. 

Sie  soil  veranschaulichen, 
daB  die  Verwerf  ungen  nicht 


sind,  —  denn  die  Ein¬ 
senkung  erfolgt  (Schnitt  d 
und  z.  T.  Schnitt  c)  auch 
ohne  Verwerfungen. 


1)  G.  Steinmann  (Die  Bedeutung  der  jiingeren  Granite  in  den  Alpen,  Geolog. 
Rundschau  1913.  Bericht  uber  Hauptvers.  der  Geol.  Vereinigung  zu  Frankfurt 
am  4.  Jan.  1913,  S.  4,  Anm.  1)  mochte  »als  positive  Gebirgsbildung  .  .  .  diejenigen 
gebirgsbildenden  Vorgange  bezeichnen,  die  sich  vorwiegend  aus  hebenden  Be¬ 
wegungen  zusammensetzen,  mogen  diese  sich  als  Folgen  von  Faltungen  oder 
von  schollen-  oder  blockformigem  Aufsteigen  ergeben.  Negative  Gebirgsbildungen 
sind  dagegen  solche,  die  sich  vorwiegend  in  Senkungen  und  Einbriichen  auBeriKt. 

Wir  haben  bei  den  hessischen  Graben  »schollenformiges  Aufsteigen «  »als 
Folge  von  Faltungen «. 


100 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


artig  aufgepreBten  Scbollen  im  Znge  der  Graben  sei  bier  nocbmals  ver- 
wiesen.  Stauungserscbeinungen,  z.  B.  Gberscbiebungen,  finden  wir  ja 
nacb  Andreae,  Salomon,  Klemm  u.  a.  aucb  an  den  Randern  des 
Oberrbeiniscben  Grabens,  und  ferner  bebt  Bowl1)  bervor,  daB  die 
bedeutendste  der  SuESSscben  ))Disjunktiv«zonen,  d.  h.  die  groBe  ost- 
afrikanische  Grabenzone  mit  ihren  Fortsetzungen  iin  Roten  Meere  und 
in  Syrien,  gerade  dort,  wo  sie  am  besten  untersucbt  ist,  d.  b.  in 
Syrien  (Fraas,  Diener,  Blanckenhorn),  keine  Zerrung,  sondern  eine 
erbeblicbe  Stauung  erkennen  laBt. 

Das  alles  spricbt  dafiir,  daB  Graben,  wenn  wir  von  Ausnabmef alien2) 
abseben,  nicbt  Gebilde  einer  Zerrung,  sondern  einer  Pressung  sind, 
und  zwar  die  saxoniscben  Graben  die  Gebilde  derselben  Pressung,  die 

die  saxoniscben  Geosynklina- 
len  oder  docb  wenigstens  ibre 
Randzonen  in  den  orogeneti- 
scben  Pbasen  auf  warts  be- 
wegte. 

In  Fig.  7  stelle  icb  die  ge- 
scbilderten  drei  Haupttypen 
saxoniscber  Gebirgsbildung 
unter  Yernacblassigung  der 
Yerwerfungen  einander  nocb¬ 
mals  gegenuber. 

Der  Yersucb,  die  Ent- 
stebung  der  bessiscben  »Gra- 
ben«  oder  nordbannoverscben 
))Horste«  zu  deuten,  ist  oft 
gemacbt  worden,  aber  dabei 
wurde  meist  jede  der  beiden 
tektoniscben  Formen  als  Einzelerscbeinung  bebandelt.  Demgegenuber 
kam  es  mir  in  vorstebenden  Ausfiibrungen  besonders  darauf  an,  die 
Graben  und  Horste  eines  bestimmten  Gebietes  in  ibrem  groBeren 
Zusammenbange  mit  anderen  tektoniscben  Gebilden  und  uberbaupt 
als  Glieder  in  einer  langen  Reibe  miteinander  eng  verknlipfter 
Erscbeinungen  zu  kennzeicbnen  —  und  gewiB  kann  nur  eine  solcbe 
Deutung  uns  befriedigen,  die  diesen  naturlicben  Zusammenhangen 
Rechnung  tragt. 

1)  Lowl,  Geologie,  S.  153. 

2)  Mit  solchen  Ausnahmen  ( »Zerrungsgraben« )  habe  icli  mich  in  einem  in  der 
Zeitschr.  d.  deutschen  geol.  Gesellscbaft  f.  1916  (Monatsberichte,  S.  2691’f.)  er- 
scheinenden  Aufsatze  liber  ))Hebung  und  Faltung  im  sogenaimten  Schollengebirge 
und  zwar  speziell  in  dem  Kapitel  IV  liber  »Kompression  und  sekundare  Lockerung 
beschaftigt.  Dock  auch  in  solchen  Fallen  erscheint  die  etwaige  lokale  Zerrung 
am  letzten  Ende  als  eine  Folge  von  allgemeinereti  Pressungserscheinungen  und 
keinesfalls  als  unmittelbare  Folge  eines  Zuges  in  die  Tiefe. 


N  o  nd  e  n 


Fig.  7.  Die  drei  Haupttypen  saxoni¬ 
scber  Tektonik  unter  Yernacblassi¬ 
gung  der  Verwerfungen. 

a)  Ejektive  Faltung  (Stiilpsattel  und  Breit- 
mulden).  b)  Kongruente  Faltung  (normale 
Sattel  und  Mulden).  c)  Dejektive  Faltung 
(Breitsattel  und  Stlilpmulden). 


H.  Stille  —  Injektivfaltung  u.  damit  zusammenhangende  Erscheinungen.  101 

II.  Yorbemerkungen  zur  Erklarung  injektiver  Faltungen. 

1.  Dio  Faktoren  Mobilitat  und  Position  beim  Zustandekommen  einer 

Faltung. 

a)  Der  Faktor  Mobilitat  (Gefiigigkeit  gegen  den  orogene- 

tischen  Druck). 

Unter  der  Mobilitat  und  der  Stabilitat  (Resistenz)  eines  bestimmten 
Gesteinsmaterials  oder  einer  ganzen  Erdzone  verstehe  ich  im  folgenden 
ganz  allgemein  den  die  tektonische  Umgestaltung  und  speziell  die  Ein- 
passung  in  engeren  Raum  erleichternden  oder  erschwerenden  Zustand. 
Als  » mobile «  und  »stabile«  Zonen  hat  in  diesem  Sinne  auch  E.  Haug 
die  Geosynklinalen  und  Festlandschwellen  einander  gegeniibergestellt. 
Mobil  ware  als  »nachgiebig  gegen  den  orogenetischen  Druck  «,  stabil 
als  »widersetzlich  gegen  den  orogenetischen  Druck «  zu  definieren. 
Mobile  und  stabile  Korper  sind,  wie  Milch1)  zutreffend  hinsichtlich 
der  plastischen  und  starren  Substanzen  ausfuhrt,  nicht  der  Art,  son- 
dern  nur  dem  Grade  nach  verschieden,  denn  absolut  stabile  Korper, 
d.  h.  solche,  die  iiberhaupt  nicht  mehr  umformbar  sind,  gibt  es  ebenso- 
wenig  wie  absolut  mobile,  d.  h.  solche,  die  sich  ohne  Widerstand  durch 
orogenetischen  Druck  einengen  lassen;  so  gebrauchen  wir  die  Bezeich- 
nungen  stabil  und  mobil  nur  fur  Zustande,  die  dem  einen  oder  anderen 
Grenzfalle  mehr  genahert  sind. 

In  welcher  Form  das  Material  der  Einpassung  in  engeren  Raum 
unterliegt,  ob  unter  AufreiBen  von  Yerwerf ungen  oder  sonstwie  rup¬ 
tured,  z.  B.  feinkataklastisch,  oder  ob  bruchlos,  und  im  letzteren  Falle 
ob  rein  plastisch,  ob  unter  besonderer  Bevorzugung  von  Translations- 
flachen  oder  ob  unter  Umkristallisation  oder  Ummineralisation,  oder 
ob  auf  die  eine  und  die  andere  Weise,  —  alles  das  bleibt  bei  Anwendung 
der  in  dieser  Hinsicht  ganzlich  neutral  gedachten  Bezeichnungen  »mo- 
bil«  und  » stabil «  zunachst  auBer  Betracht.  Es  soil  eben  nur  zum  Aus- 
drucke  kommen,  in  welchem  Grade  iiberhaupt  der  Widerstand  gegen 
die  Einengung  vorhanden  ist.  Die  Plastizitat,  d.  h.  nach  Tammann 
die  reziproke  innere  Reibung,  spielt  zwar  insofern  eine  ganz  besondere 
Rolle,  als  sie  die  bei  der  Einengung  eintretenden  Verbiegungen  der 
Schichten  in  hohem  MaBe  erleichtert,  und  deshalb  sind  die  Faktoren, 
die  die  Plastizitat  erhohen,  zugleich  auch  »mobilisierende«. 

Alb.  Heim2)  hat  ja  den  Begriff  plastisch  sehr  weit  gefaBt,  denn  bei 
ihm  ist  plastisch  gleich  bruchlos  umformbar,  und  er  spricht  in  diesem 
Sinne  von  plastischer  Gesteinsumformung,  solange  das  Gestein  um- 
geformt  wird,  ohne  als  Gestein  zu  zerbrechen.  Die  feintrummerige 
Zerquetschung  des  Quarzes,  der  Losungsumsatz  des  Feldspates,  die 

1)  L.  Milch,  Tiber  Plastizitat  der  Mineralien  und  Gesteine.  Geol.  Rundschau 
1911,  Bd.  2,  S.  145ff. 

2)  Vgl.  u.  a.  Geologische  Nachlese  Nr.  19.  Vierteljahrschr.  d.  Nat.  Ges.  Zurich, 
Bd.  53,  S.  33  ff.,  1908. 


I.  Auf  sat  ze  und  Mitteilungen. 


10  2 

Verschieb  ungen  entlang  den  Blattchen  von  Sericit  und  Glimmer,  — 
alles  das  sind  bei  ihm  Teile  der  )>plastischen«  Umformung  eines  Granites 
in  einen  Gneis.  Milch  bat  1.  c.  mit  Recht  darauf  hingewiesen,  dab  man 
brucblose  und  plastiscbe  Umformung  nicbt  als  gleicbwertig  betrachten 
darf;  zwar  ist  die  plastiscbe  Umformung  eine  bruchlose,  aber  nicbt 
jede  brucblose  Umformung  ist  eine  plastiscbe,  denn  aucb  Umkristalli- 
sation  und  Ummineralisation  konnen  brucblose  Umformung  hervor- 
rufen  oder  neben  der  plastiscben  erbeblicb  mitwirken.  Aucb  Lachmann1) 
hat  mebrfacb  auf  die  Notwendigkeit  scbarferer  Fassung  und  Anwen- 
dung  des  Begriffes  »plastisch«  hingewiesen.  Fiir  die  » plastiscben «  Yer- 
anderungen  im  Sinne  von  Heim,  d.  h.  fur  alle  Arten  brucbloser  Yer- 
anderung,  bringt  Milch  (1.  c.  S.  161)  den  allgemeinen  Ausdruck  »Um- 
formung«  in  Yorscblag,  und  zwar  im  Gegensatz  zur  ))Zertrummerung«; 
bei  der  ))Umformung«  andert  der  Korper  nur  seine  Gestalt,  bei  der 
))Zertrummerung  ((  verliert  er  sie.  In  diesem  Sinne  ware  die  brucblose 
Faltung  noch  eine  »Umformung((,  aber  ein  paar  Risse  in  den  Falten 
wiirden  geniigen,  um  den  Begriff  der  »Formung«  auszuschlieBen ;  wenn 
aber  nach  ziemlicb  allgemeiner  Annabme  die  Brucbfalten  in  groBerer 
Tiefe,  soweit  sie  dort  nicht  ausklingen,  in  brucblose  Falten  ubergeben, 
so  ware  derselbe  faltenscbaffende  Yorgang  zwar  in  der  Tiefe  eine  »Um- 
formung«,  in  hoheren  Solen  aber  nicbt  mehr.  Da  es  nun  beUder 
Diskussion  bedeutsamer  geologiscber  Fragen  zunacbst  auf  die  Tatsache 
und  den  Grad  der  Einengung  an  sich  ankommt,  ganz  abgesehen  da  von, 
wie  sie  gescbab,  ob  bruchlos  oder  ob  unter  Bruchbildung,  so  bedurfen 
wir  eines  Begriffes,  der  noch  weiter  gefaBt  ist,  als  wumformbar «  im 
Sinne  von  Milch,  und  als  soldier  wird  eben  )>mobil«  bzw.  sein  Gegen- 
teil  »stabil«  im  folgenden  verwandt. 

Die  Mobilitat  der  Gesteinsmassen,  die  uns  an  der  Tagesoberfiache 
entgegentreten,  ist  nun  abhangig  von  der  Bescbaffenbeit  der  Einzel- 
materialien  und  vom  ganzen  Gesteinsverbande.  Ein  stark  gefalteter 
Boden  zeigt  nach  allgemeineren  Erfabrungen  eine  erbeblicbe  Wider- 
standskraft  gegen  neue  Yerbiegung,  besonders  wenn  sie  nicht  im  Sinne 
der  alten  Faltenwellen  verlauft,  wabrend  vielleicbt  die  Mehrzahl  der 
Komponenten  dieses  Gebirges  als  Einzelplatten  der  Yerbiegung  weit 
geringeren  Widerstand  entgegensetzen  wiirden.  So  haben  wir  die  Spe- 
zial mobilitat  des  einzelnen  Gesteinsstiickes  von  der  Komplex- 
mobilitat  der  groBeren  tektonischen  Einheit  zu  unterscbeiden.  Gerade 
die  Yersteifung  der  Erdzonen  durch  Faltung  ist  von  besonderer 
Bedeutung.  Mit  ihr  bat  man  sich  schon  vielfacb  beschaftigt,  so  z.  B. 
Frech  (Tribulaungruppe  1893,  Karniscbe  Alpen  1894)  in  den  Alpen, 
Y.  Uhlig2)  in  den  Karpathen,  und  auch  sonst  ist  in  Mitteleuropa  und 

L)  Vgl.  u.  a.  R.  Lachmanx,  Salzauftrieb,  3.  Folge.  Zeitschr.  Kali,  6.  Jalirgang. 

2)  V.  Uhlig,  Uber  Gebirgsbildung.  Wien  1904.  S.  16:  »Das  mesozoiscbe  Fal- 
tungsgebirge  erweist  sich  widerstandsfahig  gegen  die  alttertiare,  das  alttertiare 
Gebirge  widerstandsfahig  gegen  die  jungtertiare  Faltung.  « 


H.  Stille  —  Injektivfaltung  u.  damit  zusammenhangende  Erse  he  inungen.  103 

speziell  in  Mitteldeutschland  zu  erkennen,  daB  der  jiingere  Faltungs- 
vorgang  die  Massen  mit  alter er  Faltung,  d.  h.  die  variscischen  »Rah- 
men«,  sozusagen  umgeht  und  erst  in  den  gerahmten  Feldern  in  dem 
MaBe  an  Bedentung  gewinnt,  wie  sick  iiber  dem  gefalteten  Grund- 
gebirge  ein  flacbes  Sediment,  d.  h.  solcbes  von  groBerer  Mobilitat,  ein- 
stellt1).  Sicher  sind  aber  in  vielen  Fallen  groBerer  Starrheit  eines  Grund- 
gebirges  aneb  allerlei  magma tisebe  Injektionen  oder  anch,  wie  Lowl 
in  seinem  Lehrbnche  der  Geologie  annahm,  die  hohere  Lage  des  kristal- 
linen  Untergrundes  von  Bedentung.  Die  Erstarrung  gefalteter  Gebiete 
spielt  ja  auch  in  der  E.  SuESSschen  Synthese  der  Gebirge  unserer  Erde 
eine  ganz  besondere  Rolle,  und  zwar  definiert  Suess  die  Erstarrung  als 
das  ))Ende  der  Spannungen«2).  So  gilt  fur  Suess  die  Rheingegend  als 
»erstarrt«,  weil  dort  »einseitige  gebirgsbildende  Spannung«  feblt.  Suess 
mochte  die  Ursacbe  der  Erstarrung  in  den  Senkungen  suchen.  In 
diesem  Sinne  wird  von  ihm  in  Erwagung  gezogen  (1.  c.),  ob  vielleicht 
die  europaiseben  Senkungen  die  Erstarrung  der  variscischen  Zonen  her- 
beigeflihrt  baben,  und  zwar  hat  er  dabei,  wie  er  es  spater  nochmals 
klar  ausspricht3),  die  Einsenkungen  im  Innern  des  Rabmens  im  Auge. 
Unmoglich  kann  man  meines  Erachtens  E.  Suess  hierin  zustimmen4). 
Senkungen  mit  anschlieBender  Sedimentation  br ingen,  wenn  wir  von 
Ausnahmefallen  der  Erfullung  der  Senkungen  durcb  ungewohnlicb 
machtige  und  starre,  wohl  meist  zoogene,  Kalkmassen  oder  durcb  macb- 
tige  vulkaniscbe  Ergusse  absehen,  flacbe  und  mobilere  Scbicbttafeln 
dorthin,  wo  vor  der  Senkung  gefaltetes  varisciscbes  Gebirge  lag,  d.  h. 
sie  ersetzen  Material  von  hoherer  komplexer  Stabilitat  durcb  mobileres, 
und  so  finden  wir  ja  die  mobilen  Zonen  innerbalb  des  variscischen  Rah- 
mens  gerade  dort,  wo  die  Senkungen  eingetreten  waren.  Ich  meine  also 
gerade  entgegen  der  SuESSschen  Auffassung,  daB  Senkungen  innerhalb 
einer  groBeren  tektonischen  Einbeit  niebt  zur  Erstarrung  fiihren,  son- 
dern  neue  Mobilitat  und  neues  tektonisebes  Leben  in  vorher  starrere 
Zonen  hineintragen5). 

1)  H.  Stille,  Die  mitteldeutsche  Rahmenfaltung.  3.  Jahresber.  d.  Nieder- 
sachs.  geol.  Vereins  1910,  S.  141  ff. 

2)  E.  Suess,  Antlitz  der  Erde  lit,  2,  S.  720. 

3)  »Unter  diesenUmstanden  muBte  die  Frage  erwachen,  ob  die  Einsenkungen 
im  Innern  des  Rahmens  die  Ursache  seiner  Erstarrung  sind.  «  E.  Suess,  Uber 
die  Zerlegung  der  gebirgsbildenden  Kraft.  Mitt.  Geol.  Ges.  Wien  1912,  S.  60. 

4)  Zur  notwendigen  Erlauterung  einer  bestimmten  Vorstellung  habe  ich  den 
nachfolgenden  Gedankengang ,  z.  T.  mit  denselben  Worten,  in  einer  FuBnote  zu 
dem  Anm.  2  S.  100  zitierten  Aufsatze  iiber  »Hebung  und  Faltung  im  sogenannten 
Sc  hollengebirge«  schon  kurz  vorwegnehmen  miissen. 

5)  Etwas  anders  kann  zwar  die  Sachlage  sein,  wenn  es  sich  nicht,  wrie  es 
E.  Suess  in  bezug  auf  die  Verhaltnisse  Mitteleuropas  vorschwebte,  um  Senkungen 
innerhalb,  sondern  um  solche  neben  einer  tektonischen  Einheit  handelt.  Das 
spielt  zwar  weniger  eine  Rolle  bei  undulatorischen  Vorgangen  (Faltungen),  als 
bei  undatorischen.  In  spateren  Ausfiihrungen  iiber  Undationsgesetze  wird  zu 
zeigen  sein,  daB  ein  tektonischer  Komplex  von  bestimmter  Resistenz  sich  neben 


104 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


Die  jeweilige  Mobilitat  des  Gesteins  ist  die  Funktion  der  verschie- 
denartigsten  physikaliscben  Verhaltnisse,  unter  denen  das  Gestein 
steht,  und  sie  andert  sich  natiirlick,  sobald  das  Gestein  unter  ver- 
anderte  Verhaltnisse  kommt.  So  steigert  sie  sick  mit  zunekmender 
Tiefe.  Die  dabei  in  Frage  kommenden  mobilisierenden  Faktoren 
Belastung  und  Temperatur  fiihren  zu  der  »latenten«  Teufenmobilitat 
der  anorogenetiscken  Zeiten,  wie  ick  mit  einer  Yariante  der  bekannten 
HEiMschen  Ausdrucksweise  sagen  mochte. 

Der  orogenetiscke  Druck  setzt  nun  ein  und  die  Teufenmobilitat 
tritt,  um  wieder  an  den  HEiMschen  Ausdruck  anzuschlieBen,  aus  der 
Latenz  in  die  Aktivitat.  »Die  Gberlastung  mackt  deformierbar,  die 
Dislokation  deformiert, «  —  so  kat  Milch  (1.  c.)  den  HEiMscken  Ge- 
dankengang  etwas  anders  ausgedriickt.  Aber  meines  Erachtens  wirkt 
in  mancken  Fallen  der  orogenetiscke  Druck  nickt  nur  dislozierend 
(deformierend),  sondern  unter  Umstanden  auck  nock,  und  zwar  zunachst, 
mobilisierend,  so  daB  das  zunackst  starker  mobilisierte  Material  danach 
mit  um  so  kleinerem  Arbeitsaufwande  deformiert  werden  kann.  Ein 
Beispiel  gibt  das  Salzgebirge,  kinsicktlick  dessen  ick  sckon  an  anderer 
Stelle1)  die  Auffassung  vertreten  kabe,  daB  erst  der  orogenetiscke 
Druck  ikm  den  koken  Grad  von  Faltbarkeit  iibermittelt.  Das  Salz 
ist  in  den  Teufen,  in  denen  es  unserer  Beobacktung  nock  zuganglick 
ist,  und  auck  in  den  tiefsten  Bokrungen,  aus  denen  die  Kerne  gekolt 
worden  sind,  ein  reckt  starrer  Korper,  —  darauf  kat  auck  R.  Lach- 
mann2)  nackdriicklick  in  einer  Diskussion  gegen  E.  Harbort  iiber  die 
Ursacken  des  Salzaufstieges  kingewiesen.  In  kaum  einem  anderen 
Gesteine  konnen  derartig  groBe  Raume,  wie  die  Abbaufirsten  unserer 
Kaliwerke,  ohne  jede  Verzimmerung  bestehen!  Wenn  sick  nun  aber 
feststellen  laBt,  daB  das  Salz  auck  nock,  nackdem  es  bereits  in  geringere 
Teufen  gehoben  worden  war,  weitere  Faltungen  und  Aufwartsbewegungen 
unter  bruchloser  und  wokl  im  wesentlicken  plastiscker  innerer  Um- 
formung  erfahren  hat,  so  miissen  wir  eben  fiir  die  Zeiten  der  Umformung 

einer  dnrch  mobileres  Material  wieder  erfullten  Senkung  oder  gar  zwiscken 
solchen  Senkungen  relativ  starr  verhalten  kann,  und  schon  deskalb  liier  der  unda- 
toriscben  Auf  warts  bewegung  unterliegt,  wahrend  er  neben  einer  ilm  an  Starr - 
heit  iibertreffenden  Zone  sich  als  relativ  mobil  erweist  und  im  wesentliclien  des- 
halb  bei  der  Undation  einen  abwiirtigen  Weg  nimmt.  Im  ersteren  Falle  bedingt 
allerdings,  —  oder  steigert  doch  wenigstens,  —  eine  Senkung,  aber  eine  solche 
neben  der  starreren  Einheit,  ein  starreres  Verlialten. 

Ich  wiederhole  nochmals,  um  jegliche  mi B  verstandliche  Auffassung  auszu- 
schlieBen:  Die  absolute  oder  doch  relative  Starrlieit  einer  tektonischen  Einheit 
wird  im  allgemeinen  durch  Senkungen  innerhalb  derselben  vermmdert,  durch 
solche  neben  derselben  erhoht.  In  den  SuESSscken  Gedankengangen  handelt  es 
sich  aber  um  Senkungen  innerhalb  der  tektonischen  Einheit. 

B  H.  Stille,  Das  tektonische  Bild  des  Benther  Sattels.  7.  Jahresber.  d. 
Niedersacks.  geol.  Ver.  1914,  S.  342 — 343. 

2)  R.  Lachmann,  Der  Salzauftrieb,  3.  Folge.  Zeitschr.  Kali,  6.  Jahrg.  Sonder- 
druck,  S.  36 — 38. 


H.  Stille  —  Injektivfaltung  u.  damit  zusammenhangende  Erscheinungen.  105 

eine  besondere  mobilisierende  Kraft  und  als  solche  den  orogenetischen 
Druck  annehmen,  und  dafiir  spricbt  namentlich,  daB  Aufwartsbewe- 
gung  und  Faltung  zu  den  Zeiter\  der  Wirksamkeit  dieses  Druckes  ein- 
getreten  sind  und  also  gerade  damals  der  hocbmobile  Zustand  vor- 
handen  war.  Damit  erledigt  sick  auch  der  von  Lachmann  gegen  die 
plastiscbe  Umformung  geltend  gemachte  Einwand,  daB  das  Salz  in  der 
Tiefenlage,  in  der  es  der  Umformung  unterlag,  gar  nicbt  plastisch  ge- 
wesen  sei  und  daB  schon  desbalb  andere  Formen  brucbloser  Umformung, 
und  zwar  speziell  Umkristallisationen,  in  Frage  kommen  muBten.  Der 
Zustand  in  der  beutigen  anorogenetischen  Zeit  ist  eben  nicbt  der 
gleicbe  wie  derjenige  wahrend  der  Umformung  in  den  orogenetischen 
Phasen.  GewiB  sind  auch  Umkristallisationen  im  Salzgebirge  in  er- 
beblichem  Umfange  erkennbar,  und  mogen  sie  auch  oft  genug  unter 
dem  orogenetischen  Drucke  eingetreten  sein  und  an  der  »bruchlosen « 
Umformung  des  Salzgebirges  in  den  orogenetischen  Phasen  ihren 
Anteil  haben,  so  sind  sie  anderseits  doch  zum  guten  Teile  vortekto- 
nischer  und  auch  nachtektonischer,  das  heiBt  im  alten  Sinne  Ever- 
dings  »posthumer «  Art. 

Zur  Belastung  und  Temper atur  tritt  also  unter  Umstanden  als 
weiterer  mobilisierender  Faktor  der  orogenetische  Druck  hinzu,  — 
und  zwar  indem  er  im  wesentlichen  die  Plastizitat,  daneben  wohl  auch 
die  Moglichkeit  zu  Umkristallisationen,  Ummineralisationen  und  Trans- 
lationen  erhoht.  »Uberlastung  macht  deformierbar,  Dislokation  defor- 
miert, «  —  so  hieB  der  alte  HEiMsche  Satz  in  der  MiLCHschen  Fassung 
(s.  oben);  »Uberlastung  macht  deformierbar,  Dislokation  erhoht  u.  U. 
die  Deformierbarkeit  und  def ormiert « ,  —  so  mochte  ich  ihn  etwas 
erweitern.  Auch  die  Zeit  mag  eine  gewisse  Bedeutung  als  mobilisierender 
Faktor  haben,  denn  schlieBlich  sind  auch  —  geologisch  gesprochen  — 
»kurzdauernde «  Yorgange  nicht  von  heute  auf  morgen  geschehen,  doch 
kommt  sie  natiirlich  fur  die  orogenetischen  Erscheinungen  nicht  in 
annahernd  gleichem  MaBe  in  Betracht,  wie  fur  die  Undationen  in  den 
langen  anorogenetischen  (epirogenetischen)  Zeiten. 

Die  verschiedengradige  Mobilitat  der  Materialien  und  der  ganzen 
Erdzonen  ist  ja  von  groBter  Bedeutung  bei  der  Erklarung  der  Faltem 
verteilung  an  der  Oberflache  unseres  Planeten.  Nur  in  den  archaischen 
Gesteinen  ist  die  Faltung  liberall  sichtbar,  worauf  ganz  besonders 
E.  Suess1)  und  im  AnschluB  an  ihn  V.  Uhlig2)  hinge wiesen  haben. 
Uhlig  spricht  von  der  »Ubiquitat «  der  archaischen  Faltungen  als 
cinem  bezeichnenden  Merkmale  derselben  gegeniiber  alien  jiingeren 
Faltungen,  so  schon  denen  des  palaozoischen  Zeitalters.  Die  zuneh- 

x)  Vgl.  u.  a.  E.  Stjess,  Antlitz  der  Erde  III,  1,  S.  7:  »Die  faltende  Kraft  ist 
einst  fiber  den  ganzen  Erdball  tatig  gewesen,  heute  aber  ortlich  beschrankt. « 

2)  Viktor  Uhlig,  1.  c.  S.  10:  »Die  Faltung  war  daher  in  jener  friiliesten 
Urzeit  der  Erde  ein  universeller  ProzeB,  der  in  alien  Teilen  der  Erdkruste  Spuren 
hinterlieB.  <t 


Geologische  Rundschau.  VIII. 


3 


106 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


mende  Differenzierung  in  starrere  und  mobilere  Erdzonen  gilt  als  Ur- 
saclre  der  Lokalisierung  der  jiingeren  Faltungen.  Auf  Mobilitats- 
verhaltnissen  beruht  ja  aucb  in  erster  Linie  der  Gegensatz  zwiscben 
den  ungefaitet  bleibenden  Scbwellen  und  der  starken  Faltung  um  diese 
herum  in  den  ebemaligen  Geosynklinalgebieten,  und  so  erklart  sicli 
das  ganze  Bild  der  ihre  Stammsckwellen  umziekenden  Faltenkranze. 
Gefaltet  wurden  in  erster  Linie  diejenigen  Erdsclrnitte,  die  nack  ikrer 
Gesamtbeschaffenheit,  und  nickt  etwa  nur  in  einer  vielleickt  nur 
geringmacktigen  Oberschicht,  am  leicktesten  faltbar  waren,  —  soweit 
nickt  etwa  Absckerungen  groBten  Stiles  die  Obersckickt  unabkangig 
von  ikrer  Unterlage  mackten. 

- ;  Aber  nickt  nur  in  nebeneinandery  sondern  auck  in  uberein- 
a n der  liegenden  Zonen  und  Materialien  kann  infolge  groBerer  Mobili- 
tatsuntersckiede  der  Grad  der  Faltung  ein  versckiedener  sein.  Sckon 
die  starkere  Faltung  und  Faltelung  der  Sckiefertone  und  Tonsckiefer 
unseres  palaozoischen  Grundgebirges  gegeniiber  den  starreren  Quarziten 
und  Grauwacken,  zwiscben  die  sie  oft  eindringen,  ist  ein  Beispiel  dessen, 
und  von  besonders  extremen  Fallen  dieser  Art  wird  bei  der  Deutung 
der  injektiven  saxoniscken  Faltung  die  Rede  sein.  Stark  mobile  Mate¬ 
rialien  werden  dann  unter  Umstanden  beim  Einsetzen  des  Faltungs- 
druckes  auch  stark  injektiv. 

Die  versckiedenartige  Reaktion  auf  den  Gebirgsdruck  innerkalb  eines 
und  desselben  Profiles  aus  rein  qualitativen  (stofflicken  oder  struk- 
turellen)  Grunden  bezeichne  ich  mit  einem  auck  sonst  sckon  in  der 
Literatur  in  diesem  Sinne  gebrauckten  Ausdrucke1)  als  eine  » disbar  - 
monisckecc.  Diskarmoniscke  Faltung  werden  wir  zwar  besonders  auf- 
fallig  in  mancken  Teilen  des  inkongruenten2)  Faltenwurfes  und  in  ge- 
wissen  Fallen  sogar  als  Ursacke  oder  dock  als  Mitursacke  der  Inkon- 
gruenz  zwiscben  Mulden  und  Satteln  kennen  lernen,  aber  keineswegs 
ist  jede  inkongruente  Faltung  auch  eine  diskarmoniscke,  wie  ander- 
seits  diskarmonische  Reaktionen  auf  den  tektonischen  Druck  auck  bei 
kongruenten  Faltungsformen  durckaus  nickt  feklen. 

Die  Folgen  unkarmoniscken  V erhaltens  der  Gesteine  sind  die  nament- 
lick  in  den  Faltengebirgen  sckon  oft  diskutierten  tektonischen  Diskor- 
danzen  ( ))Faltungsdiskordanzen«). 


x)  E.  Haug,  Traite  de  Geologie,  I,  1907,  S.  216.  —  A.  Buxtorf  (Prognosen 
und  Befunde  beim  Hauensteinbasis-  und  Grenchenbergtunnel  usw.  Verb,  naturf. 
Gesellscli.  Basel  1916,  Bd.  XXVII,  S.  249)  spriclit  von  der  » unharmonischen « 
Faltung  der  Malmkalke  liber  den  Oxfordtonen.  Vgl.  ferner  F.  A.  Schaffer,  Grund- 
ziige  der  Allgem.  Geologie  1916,  S.  133  und  Fig.  169  auf  S.  135. 

2)  Bei  der  inkongruenten  Gebirgsbildung  erfahren  die  Faltenelemente  Sattel 
und  Mulde  eine  ungleiche  Entwicklung,  die  unharmonische  Faltung  zeigt  sich 
dagegen  in  ein  und  demselben  Faltenelemente,  z.  B.  innerhalb  ein  und  desselben 
Sattels. 


H.  Stille  — Injek tivfaltung  u.  damit  zusammenhangende  Erscheinungen.  107 

b)  Der  Faktor  Position. 

(Erreichbarkeit  fiir  den  orogenetischen  Druck.) 

Die  bisher  betracbtete  Mobilitat  der  einzelnen  Erdzonen  vermag 
aliein  nicht  den  ortlichen  Grad  der  Eeaktion  auf  den  Faltungsdruck  zu 
erklaren,  —  finden  wir  doch,  daB  nnter  Umstanden  relativ  mobile  Mate- 
rialien  und  Erdschnitte  nngefaltet  bleiben,  wahrend  sich  solche  gleicber 
oder  gar  geringerer  Mobilitat  oft  in  nnfernen  Zonen  falteten.  Audi 
die  Lageverhaltnisse  spielen  eine  groBe  Rolle.  Eine  zu  faltende  Ge- 
steinsmasse  muB  eben  nicht  nur  ausreichend  gefiigig  gegenuber  deni 
tektonischen  Drucke,  sondern  auch  fiir  ihn  erreichbar  sein.  Dabei 
wird  durch  die  Mobilitatsverhaltnisse  der  Grad  der  Gefiigigkeit, 
durch  die  Positionsverhaltnisse1)  der  Grad  der  Erreichbarkeit 
bestimmt. 

Wir  sprachen  von  der  Faltung  der  mobileren  Geosynklinalzonen 
neben  den  starreren  und  deshalb  der  Faltung  widerstehenden  Massen. 
Es  ergreift  nun  aber  in  sehr  vielen  Fallen  die  Faltung  nicht  die  ganze 
Geosynklinale,  sondern  nur  die  mehr  randlichen  Zonen  und  verklingt  in 
der  Richtung  auf  die  inneren  Teile,  die  durchaus  nicht  weniger  mobil, 
meist  sogar  mobiler  sind.  Man  mag  den  Faltungsdruck  als  von  den 
Schwellen(Rahmen)  kommend  annehmenund  dasVerklingen  der  Faltung 
als  Folge  der  durch  Reibungswiderstande  hervorgerufenenVerschwachung 
der  faltenden  Kraft  mit  zunehmender  Entfernung  von  der  Schwelle 
betrachten2),  oder  man  mag,  wie  E.  Suess  es  zum  Teil  tat,  die  Rolle  der 
Schwellen  als  eine  rein  stauende  fiir  die  durch  ganz  andersartigen  Im- 
puls  geschaffenen  Erdwellen  auffassen,  —  jedenfalls  ist  durch  den 
zunehmenden  Ab stand  von  der  Schwelle  oder,  allgemeiner  gesagt,  durch 
positionare  Verhaltnisse  das  Yerklingen  der  Faltung  zu  erklaren. 

Ebensowenig  wie  aliein  die  Mobilitat  bedingt  aber  auch  aliein 
die  Schwellennahe  den  Grad  der  Faltung,  —  finden  wir  doch,  daB  der 
Faltenkranz  um  die  Schwellen  auf  gewisse  Erstreckungen  oder  gar 
ganzlich  fehlen  kann  oder  daB  zwischen  der  Schwelle  und  den  Falten- 
ziigen  noch  weite,  allerdings  relativ  flachgriindige,  ungefaltete  Zonen3) 

1)  AuBer  durch  diese  kann  die  »Erreichbarkeit!(  in  manchen  Fallen  anschei- 
nend  auch  noch  durch  die  Ausgestaltung  der  vermittelnden  Zone  zwischen  Schwelle 
und  Geosynklinale  beeinfiuBt  sein. 

2)  Im  Sinne  der  Kontraktionstheorie  erklart  sich  der  besondere  Druck,  den 
die  Schwelle  auf  die  angrenzenden  Geosynklinalgebiete  bei  dem  Faltungsvorgange 
ausubt,  aus  der  Starrheit  der  Schwelle.  Die  notwendig  werdende  Einengung  ver- 
teilt  sich  infolge  der  Dishomogenitat  des  Untergrundes  ungleichmaBig  (vgl.  oben), 
das  Starre  behalt  annahernd  seine  alte  Ausdehnung,  nimmt  dadurch  dem  Mobi¬ 
leren,  einen  Teil  des  Raumes,  der  diesem  bei  gleichmaBiger  Einengung  zukommen 
wiirde,  und  zwingt  es  somit  durch  seine  Resistenz  zu  verstarktem  Zusammen- 
schube.  Die  »faltende«  Wirkung  der  Schwelle  ist  in  diesem  Sinne  gewissermaBen 
eine  aktive  Wirkung  aus  Passivitat. 

3)  Gerade  diese  werden  dann  oft  in  einer  spateren  Phase  nach  inzwischen 
eingetretener  Erhohung  der  Faltbarkeit  durch  starkere  sakulare  Senkung  und 

8* 


108 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


bleiben.  Vielmehr  ist  das  Yerteilungsbild  der  Falten  oder,  was  auf 
dasselbe  hinauskommt,  die  regionale  Intensitat  der  Faltung  eine  Funktion 
der  Mobilitat  und  der  Distanz  von  der  Stamms chwelle,  und  erst  diese 
beiden  Faktoren  zusammen  bestimmen,  inwieweit  eine  Erdzone  fur  die 
Faltung  pradestiniert  ist. 

Doch  nicht  nur  in  horizontaler,  sondern  aucb  in  vertikaler  Richtung 
kann  sick  aus  den  Lageverhaltnissen  ein  Sebutz  fiir  an  sick  mobile 
Materialien  ergeben.  Wir  stellen  uns  eine  starre  Platte  und  dariiber 
ein  System  flacher  und  mobiler  Schickten  vor  und  lassen  nun  den  oro- 
genetiscken  seitlicken  Druck  wirken.  Dann  leistet  natiirlick  die  starrere 
Platte  Widerstand,  aber  auck  die  zunackst  liber  ikr  liegenden  Sckickten 
und,  in  sick  verschwachendem  MaBe,  die  alsdann  folgenden  sind  durck 
die  starre  Basalplatte  der  vollen  Wirkung  des  seitlicken  Druckes  ent- 
zogen.  So  muB  auck  ein  infolge  alterer  Faltung  oder  aus  sonstigen 
Grunden  starreres  )>Grundgebirge «  einen  Sckutz  auf  sein  Hangendes 
ausliben,  und  zwar  bis  zu  einer  bestimmten  Hoke  und  in  einem  nack 
dem  Hangenden  sick  verschwachenden  Grade.  Wir  wollen  im  folgenden 
von  dem  festlegenden  »Grundsckutze «  ( »Basalsckutze «)  der  starreren 
Unterlage  innerkalb  ihrer  bis  zu  bestimmter  Hohe  reichenden  »Bann- 
zone«  sprechen.  In  dieser  Bannzone  nimmt  die  Angreifbarkeit  in  ab- 
wartiger  Richtung,  d.  k.  entgegen  der  wenn  auch  geringen  Zunahme  der 
Teufenmobilitat,  ab. 

Der  Basalsckutz  muB  um  so  starker  sein,  je  starrer  die  Basis  ist, 
und  sich  deshalb  mit  zunekmender  Tiefenlage  der  Basis  verschwachen. 
Mit  der  Basis  sinkt  aber  auch  die  Bannzone,  und  so  wirkt  die  zunehmende 
Tiefe  auf  die  Bannzone  in  zweierlei  Hinsicht  f altungserleickternd :  sie 
erhoht  erstens  die  Mobilitat  der  Bannzone  und  sie  vermindert  zweitens 
den  faltungshemmenden  Grundschutz,  indem  sie  die  Starrheit  des 
Grundgebirges  kerabsetzt. 

Auck  von  einem  »Flankenschutz «,  der  unter  ganz  besonderen  Ver- 
haltnissen  auf  an  sick  mobilere  Sckickttafeln  aurch  senkrecht  oder  schrag 
zur  Richtung  der  Faltung  stekende  starrere  Massen  ausgeiibt  werden 
kann,  wird  unten  noch  gelegentlich  die  Rede  sein. 

c)  Selektive  Faltung  nach  Mobilitat  und  Position. 

Die  in  gewissen  Pkasen  der  Erdgesckichte  einsetzende  Faltung  ver- 
fahrb,  wie  wir  nun  sagen  wollen,  selektiv  (auswahlend),  und  zwar 

1.  hinsichtlick  nebeneinander  liegender  Zonen  ( »zonare  Selektion«), 

2.  hinsicktlich  liber einander  liegender  Niveaus  und  Materialien. 

entsprechende  Sedimentation  zu  Statten  starker  Gebirgsbildung  (Wandern  der 
Gebirgsbildung  rahmenwarts,  z.  B.  der  Alpenfaltung  nach  Norden  gegen  die  va- 
risoischen  Rahmen,  der  Faltung  des  Himalaja  und  Hindukusch  sudwarts  gegen 
Gondwanaland,  der  Faltung  der  Pacific  Mountains  Nordamerikas  —  jungjuras- 
sische  »Pacif ic-Re volution «  —  ostwarts  gegen  den  kanadischen  Schild  in  der  spat- 
eretacisch-  alttertiaren  »Laramide-Revolution<(  der  Rocky  Mountains). 


H.  Stille  —  Injektivfaltung  v.  damit  zusarnmenhangende  Ersche inungen.  109 

Die  Auswahl  erfolgt  entsprechend  der  Angreifbarkeit  der  Zonen 
und  Materialien,  wobei  die  Angreifbarkeit  sich  zum  Teil  auf  die  groBere 
oder  geringere  innere  Starke  (substantielle  Verhaltnisse),  zum  Teil  auf 
die  mehr  oder  weiiiger  geschiitzte  Lage  (Positionsverhaltnisse)  griindet; 
in  diesem  Sinne  wirken  substantielle  Selektion  (Auswahl  nach 
Mobilitat)  und  positionare  Selektion  (Auswahl  nach  Lage)  zusammen. 

Auf  substantielle  Selektion  kommt  die  disharmonische  Faltung 
innerhalb  ein  und  desselben  Erdschnittes  hinaus.  Auch  die  zonare 
Selektion  ist  zum  guten  Teil  eine  substantielle,  doch  kommt  es  bei  ihr 
nicht  so  sehr  auf  die  Mobilitat  der  Einzelsubstanz,  als  vielmehr  auf 
die  durchschnittliche  Mobilitat  ganzer  Gesteinszonen  an. 

Die  positionare  Selektion  wurde  im  vorigen  Kapitel  durch  zwei 
Beispiele  erlautert,  deren  eines  solche  Erdzonen,  die  nebeneinander, 
deren  anderes  solche,  die  iibereinander  liegen,  betraf.  Die  Faltung 
ergreift  in  verstarktem  Mafie  die  fur  sie  am  leichtesten  erreichbaren 
Gesteinsmassen,  d.  h.  in  ersterem  Falle  die  einer  starreren  Schwelle  in 
horizontalem  Sinne  naher  liegenden,  im  zweiten  Falle  die  von  einem 
starreren  Grundgebirge  in  vertikalem  Sinne  entfernteren.  Es  schiitzt 
beim  horizontalen  Nebeneinander  die  Entfernung  ( »Distanzschutz«), 
beim  vertikalen  TTbereinander  die  Nahe  (»Basalschutz«)  des  Starreren. 

2.  Faltung  und|Faltungsarbeit. 

Der  orogenetische  Druck  vollbringt  bei  der  Einengung  der  Ge¬ 
steinsmassen  auf  schmaleren  Raum 

1.  seitliche  Verfrachtung  (Schubarbeit), 

2.  Hochbewegung  (Hebungsarbeit). 

3.  Deformation  (Deformationsarbeit). 

Unter  » Deformation «  sind  hier  die  gesamtenl  Veranderungen  inner¬ 
halb  der  durch  den  seitlichen  Druck  seitwarts  und  aufwarts  bewegten 
Massen  verstanden,  und  zwar  sowohl  die  groBe  Umformung  zu  einem 
Systeme  von  Falten  und  Schollen  usw.,  wie  auch  die  Kleinarbeit  der 
»inneren«  Umformungen. 

Die  drei  Arten  der  Arbeitsleistung  greifen  ineinander  (z.  B.  Defor¬ 
mation  unter  seitlicher  Verfrachtung  und  Hochbewegung),  aber  dennoch 
ist  hier  zum  besseren  Verst andnis  gewisser  tektonischer  Dinge  die  schar- 
fere  Trennung  einmal  geboten. 

Die  Schubarbeit  tritt  bei  der  so  schwachen  saxonischen  Faltung 
in  den  Hintergrund.  Sehen  wir  von  ihr  ab,  so  erscheint  diejenige  Art 
der  Faltung  als  besonders  arbeitsokonomisch,  die 

1.  Hebungsarbeit,  G 

2.  Deformationsarbeit 
moglichst  erspart. 

Hebungsarbeit  kann  z.  B.  durch  Ausnutzung  irgendwelcher  ge- 
steigerten  Aufnahmemoglichkeit  der  tief eren  Solen  oder  durch  gesteigerte 
Hochbewegung  der  spezifisch  leichteren  Stoffe  zugunsten  schwacherer 


110 


I.  Aufsatze  und.Mitteilungen. 


Hochbewegung  der  spezifisch  schwereren  verringert  werden.  Auch 
unter  diesem  Gesichtspunkte  haben  wir  nacbher  gewisse  Verhaltnisse 
nachzupriifen. 

Ob  icb  nun  ein  Kilogramm  starren  Eisens  oder  ein  Kilogramm  be- 
weglichen  Wassers  hebe,  ist  ja  in  bezug  auf  die  erforderliche  Hebungs- 
arbeit  gleichgiiltig.  Aber  ein  groBer  Unterscbied  tritt  hinsiclitlich  der 
erforderlichen  Arbeitsleistung  ein,  wenn  die  Hebung  unter  Einengung 
—  und  das  ist  im  allgemeinen  der  Y  or  gang  bei  der  Faltung  —  zu  voll- 
bringen  ist,  —  nur  ist  es  ja  nicht  Hebungsarbeit,  die  bei  dieser 
Art  der  Hebung  bei  dem  mobileren  Materiale  gegenliber  dem  starreren 
erspart  wird,  sondern  Def or mationsarbeit.  Nur  in  diesem  Sinne  ist 
es  natiirlicb  zu  verstehen,  wenn  im  folgenden  gelegentlich  davon  die 
Rede  sein  wird,  dafi  die  hohere  Mobilitat  die  Hebungsarbeit  er- 
leichtert. 

Die  GroBe  der  Def  or  mationsarbeit  bleibt  der  in  erster  Linie 
ausschlaggebende  Faktor,  wenn  wir  die  verschiedenen  Formen  der 
Faltung  einmal  unter  dem  Gesichtspunkte  der  Arbeitsokonomie  be- 
trachten  und  zu  verstehen  suchen.  Speziell  kommt  es  dabei  auf  die 
Yerbiegungsarbeit  an.  Hierbei  ist  selbstverstandlich  zu  bedenken, 
daB  die  sehr'  intensive  Yerbiegung  eines  mobileren  Materiales  unter 
Umstanden  weit  geringere  Arbeit  erfordert,  als  schon  die  ganz  schwache 
Yerbiegung  eines  starreren. 

Yerbiegungsarbeit  kann  somit  auf  folgende  zwei  Arten  erspart 
werden : 

1.  Die  Verbiegung  wird  ganz  besonders  in  solche  Substanzen  ver- 

legt,  die  ihr  wenig  Widerstand  entgegensetzen,  zugunsten  der  Er- 
sparnis  von  Yerbiegung  in  starreren  Materialien  (disharmonische 
Yerbiegung).  _  6  |  .4, 

2.  Die  Verbiegung  an  sicli  bleibt  moglichst  gering  und  wird 
durch  andere  Formen  der  Einengung  auf  schmaleren  Raum, 
die  durch  besondere  Verhaltnisse  begunstigt  sind,  wenigstens 
teilweise  ersetzt. 

Zu  1.  Yon  der  Ersparnis  der  Yerbiegungsarbeit  auf  erstere  Art 
wird  weiterhin  noch  die  Rede  sein.  Sie  kann  sich  bei  der  Auffaltung 
stark  dishomogener  Massen  einstellen,  indem  die  mobileren  Massen,  die 
sich  unter  entsprechend  starker,  aber  mit  geringerem  Arbeitsaufwande 
erzielbarer  Deformation  neuen  Raumverhaltnissen  leicht  einzupassen 
vermogen,  weit  voraneilen,  wahrend  die  Hochbewegung  der  starreren 
Materialien  gerade  wegen  der  Schwierigkeit  der  inneren  Deformation 
entsprechend  geringer  ist. 

Zu  2.  Die  Schicht  aa  ist  in  den  engeren  Raum  [3 (3  einzupassen.  Das 
kann  z.  B.  geschehen 

Fall  1:  durch  Yerbiegung  der  Schicht; 

Fall  2:  durch  AusstoBung  eines  Stuck  es  hinab  ins  Hangende 
oder  hinauf  ins  Liegende. 


H.  Stille  —  Injektivfaltung  u.  damit  zuSammenhangende  Erscheinungen.  Ill 


Fall  2  a. 


F 


?////////////////'////& 


WSfflJZZBZZMnw 


Im  Falle  2  a  ist  das  ausgestoBene  Stiick  aus  dem  Zusammenhange 
der  iibrigen  Schiclit  ganzlich  herausgerissen,  im  Falle  2  b  ist  es  verbogen 
und  der  Zusammenhang  mit  der  iibrigen  Schiclit  wenigstens  teilweise 
gewahrt. 

Im  Falle  1  ist  eine  sehr  weitgehende  Yerbiegungsarbeit  zu  leisten, 
in  den  Fallen  2  ist  sie  aber  erspart  (2  a)  oder  doch  lokalisiert  und  herab- 
gesetzt  (2  b)  durch  den  Heraus- 
schub  einzelner  Stiicke  und  deren 
Yortrieb  in  das  Liegende  oder 
Hangende.  Der  Gedanke  liegt 
ohne  weiteres  nahe,  daB  in  den 
Fallen  2  a  und  2  b  bestimmte  Yer- 
haltnisse  den  Eintrieb  einzelner 
Stiicke  in  das  Liegende  oder 
Hangende  begiinstigt  haben  mo- 
gen1);  denn  sind  solche  Yerhalt- 
nisse  gegeben,  so  entspricht  es 
nur  dem  allgemeinen  Gesetze  der 
Arbeitsersparnis ,  daB  die  Ein- 
zwangung  der  Schichten  auf  enge- 
ren  Raum  sich  diese  Verhaltnisse 
zunutze  macht  und  daB  damit  die 
Yerbiegung  auf  Teile  der  Schicht- 
massen  beschrankt  bleibt  oder 
gar  vermieden  wird,  —  und  das 
namentlich,  wenn  es  sich  um  re- 
lativ  starr e  Materialien  handelt. 

Die  Lokalisierung  des  tektoni- 
schen  Yorganges  auf  die  schmale 
Mittelzone  bringt  aber  eine  ganz  besondere  Arbeitsersparnis,  wenn 
sich  hier  infolge  irgendwelcher  Yorgange  Materialien  hoherer  Mobilitat 
einstellen. 

.  Man  konnte  zunachst  fragen,  ob  vielleicht  Spalten,  entlang  denen 
im  Hangenden  oder  Liegenden  das  Gebirge  weit  klafft,  den  tektonischen 
Eintrieb  fordern.  Wenn  nun  auch  ein  Eindringen  von  Materialien  in 
Spalten  in  ganz  extremen  Fallen  der  Mobilitat  vorkommt,  so  kann 
derartiges  zur  Erklarung  der  Gesamterscheinung  der  inkongruenten 
saxonischen  Faltung  schon  deshalb  nicht  in  Frage  kommen,  weil  diese 
auch  ohne  Yerwerf ungen  eintritt  und  weil  die  Yerwerfungen,  wo  vor- 
handen,  nicht  Ur  sac  he,  sondern  eine  aus  den  speziellen  Yerhaltnissen 
des  Untergrundes  sich  erklarende  Begleiterscheinung  des  tektonischen 
Yorganges  der  Ausstiilpung  oder  Einstiilpung  sind  (vgl.  oben). 

x)  Dazu  gehort  im  Falle  2  a,  daB  die  Risse,  an  denen  die  Aufwarts-  oder  Ab- 
wartsbewegung  erfolgt,  infolge  Sprodigkeit  des  Materials  ohne  groBen  Arbeits- 
aufwand  zu  erzielen  sind. 


Fall  2b. 


Fig.  8.  For  men  der  Einpassung 
auf  engeren  Raum. 

Fall  1:  Totalverbiegung. 

Fall  2a:  Keine  Verbiegung. 

Fall  2b:  Partielle  Verbiegung. 


112 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


III.  ErklaruDg  der  kongruenten  und  injektiven  saxonischen 

Faltung. 

1.  Das  TJntergrundbild  bei  Eintritt  der  saxonischen  Faltung. 

Wollen  wir  nunmehr  die  eigenartigen  Formen  der  saxonischen  Fal¬ 
tung,  und  namentlich  die  injektiven,  zu  erklaren  versucken,  so  miissen 
wir  zunachst  das  Bild,  das  der  zu  faltende  Untergrund  beim  Einsetzen 
der  Faltung  bot,  und  uberhaupt  die  Verhaltnisse,  unter  denen  die 
Faltung  erfolgte,  ins  Auge  fassen  und  miissen  bei  einer  vergleichen- 
den  Betrachtung  der  Gebiete,  in  denen  die  Faltung  zu  so  verschiedenen 
Formen  gefiibrt  hat,  besonders  den  gegensatzlichen  Verkaltnissen  Be¬ 
ach  tung  schenken.  Ich  tue  das  in  Form  der  nachstehenden  Tabelle,  in 
der  »Niederhessen«,  »Siidhannover «  und  »Nordhannover «  naturlich 
nicht  genau  in  ihren  geographischen  Grenzen,  sondern  in  der  Ausdeh- 
nung  der  fiir  diese  Gebiete  typischen  Faltungsform  zu  verstehen  sind. 
In  diesem  Sinne  sind  z.  B.  der  siidhannoversche  Soiling  und  das  slid- 
hannoversche  Eichsfeld  noch  ))Niederhessen«. 


1. 


3. 


4. 


5. 


a.  Niederhessen. 

Starke  variscische  Fal- 
tung. 

Salzfloz  groBer  Machtig- 
keit  entsteht  im  Aus- 
gange  der  Dyas. 

In  Oberdyas,  Trias  und 
teilweise  noch  im  Lias 
Teil  des  Germanischen 
Beckens.  Danach  meist 
Teil  des  Mitteldeut- 
schen  Festlandes. 

Sedimentation  nur  bis  in 
die  altere  Jurazeit  und 
voriibergehend  wieder 
im  Tertiar.  Denuda¬ 
tion  in  langen  geologi- 
schen  Zeiten. 

Triadische  und  altjuras- 
sische  Sedimente  in- 
folge  epirogenetischer 
Heraushebung  schon 
vor  der  saxonischen 
Faltung  z.  T.  wieder 
beseitigt.  Auch  Salz¬ 
floz  vielleicht  hier  und 
da  schon  wieder  aus- 
gelaugt.  Jiingere  Sedi¬ 
mentation  unterblie- 
ben  oder  gering. 


b.  Siidhannover. 

Starke  variscische  Fal¬ 
tung. 

Salzfloz  sehr  groBer 
Machtigkeit  entsteht 
im  Ausgange  der  Dyas. 


c.  Nordhannover. 

Variscische  Faltung  nur 
noch  im  Suden,  klingt 
aus  nach  Norden. 

Salzfloz  von  ganz  be¬ 
sonders  groBer  Mach¬ 
tigkeit  entsteht  imAus- 
gange  der  Dyas. 


In  Oberdyas  und  Trias  Teil  des  Germanischen 
und  danach  des  Niederdeutschen  Beckens,  und 
zwar 

randnaher  Teil  des  letz-  randfernerer  Teil  des 
teren.  letzteren. 

Seit  Ausgang  des  Palaozoikums  fast  ununter- 
brochen  starke  Sedimentation  bis  zum  Tertiar 
und  z.  T.  auch  noch  in  diesem.  Denudationen 
nur  sehr  lokal  und  im  allgemeinen  nur  n'ach 
orogenetischen  Phasen. 

Triadische  und  jurassische  Sedimente  infolge 
epirogenetischer  Absenkung  bei  Beginn  der  saxo¬ 
nischen  Faltung  noch  in  urspriinglicher  Machtig¬ 
keit  vorhanden.  Auch  Salzfloz  damals  wohl  noch 
uberall  intakt. 

Machtige  jiingere  Sedi-  Sehr  machtige  jiingere 
mentation.  Sedimentation. 


H.  Stille  —  Injektivfaltung  u.  damit  zusammenhangende  Erscheinungen.  113 


6. 


7. 


a.  Niederhessen. 

Variscisch  gefaltetes 
Grundgebirge  bei  saxo- 
nischer  Faltung  in  ge- 
ringerer  Tief  e  ( »  f  1  a  c  h  - 
grundiges«  postva- 
riscisches  Deckge- 
birge). 


Machtiges  Salzfloz  bei 
Faltung  in  durch- 
schnittlich  etwa  1000m 
Tiefe  dicht  liber  dem 
variscischen  Grundge¬ 
birge. 


b.  Siidhannover. 

Variscisch  gefaltetes 
Grundgebirge  bei  saxo- 
nischer  Faltung  in 
groBerer  Tiefe  (»tief- 
griindiges«  postva- 
riscisches  Deckge- 
birge). 


Sehr  machtiges  Salz¬ 
floz  bei  Faltung  in 
mehrere  tausend  Meter 
Tiefe  dicht  liber  dem 
variscischen  Grund¬ 
gebirge. 


c.  Nordhannover. 

Variscisch  gefaltetes 
Grundgebirge  bei  saxo- 
nischer  Faltung  in  sehr 
groBer  Tiefe  oder  gar 
fehlend  (sehr  »tief- 
grundiges«  oder  gar 
»grundloses«  post- 
variscisches  Deck- 
gebirge). 

Sehr  machtiges  Salzfloz 
bei  Faltung  in  viele 
tausend  Meter  Tiefe, 
nur  im  Siiden  noch 
dicht  liber  einem  ge- 
falteten  Grundgebirge, 
im  Norden  liber  flachen 
palaozoischen  Schicht- 
tafeln. 


Die  Punkte  1 — 5  bilden  die  historiscbe  Erklarung  fur  den  unter  6 — 7 
erlauterten  Zustand  des  Bodens  bei  Eintritt  der  saxonischen  Faltung. 


Niederhessen 

T  T 


N  iederdeut s ches  Becken 


Siidhannover  Nordhannover 

-4 _ JL 


Fig.  9.  Untergrund  und  Faltungsfor m  beidersaxonischenGebirgs- 
bildung.  —  Die  Punktierung  im  tieferen  Teile  des  postvariscischen  Deck- 
gebirges  zeigt  die  Lage  des  permischen  Salzflozes  an. 


Kurz  und  zunacbst  okne  Beriicksicbtigung  des  fiir  einen  Teil  der 
zu  behandelnden  Fragen  zwar  sehr  bedeutsamen  permischen  Salzflozes 
gesagt,  finden  wir  die  dejektive  Faltung  (niederhessischer  Typus) 


114 


I.  Aiifsatze  und  Mitteilungen. 

in  einem  flachgriindigen  Scliwellengebiete^  die  harmonise  he 
Fa  it  ung  (sudhannoverscher  Typus)  in  tie  fgr  tin  digen  und  schwel- 
lennalien;  die  ejektive  Faltung  (norclhannoverscher  Typus)  in 
sehr  tiefgriindigen  bis  grundlosen  und  schwellenferneren 
Zonen.  Fig.  9  veranschaulicht  dieses  noch  bildlich  in  schematischer 
Weise. 

2.  Selektive  saxonische  Faltung. 

Betrachten  wir  nun  zunachst  im  AnschluB  an  die  obigen  Ausfiih- 
rungen  iiber  die  Bevorzugung  bestimmter  Zonen  und  Materialien  durch 
den  FaltungsprozeB  die  wechselnde  Intensitat  der  Faltiing  in  den 
saxonischen  Gebieten. 

Da  ist  vorweg  hervorzuheben.  daB  ja  die  ganze  saxonische  Faltung 
nur  recht  schwach  ist.  wenn  wir  die  Starke  der  Faltung  nach  dem  Grade 
des  durch  sie  hervorgerufenen  Zusammenschubes  beurteilen  und  wenn 
wir  vergleichsweise  etwa  die  Yerhaltnisse  des  variscischen  Bogens  oder 
unserer  jungen  »echtenc(  Faltengebirge  heranziehen.  Nur  ganz  lokal 
und  in  bestimmten  Gesteinsgliedern  (Salz)  konnen  sich  Faltungserschei- 
nungeii  zeigen,  die  gegeniiber  alpinen  nicht  zuriickstehen.  Wenn  wir 
also  von  einer  »starkeren«  saxonischen  Faltung  reden,  so  ist  das  nur 
im  Rahmen  des  ganzen  Phanomens  der  saxonischen  Gebirgsbildung  zu 
verstehen.  Der  saxonische  Boden  wTar  eben  im  groBen  und  ganzen 
w*enig  gefugig,  und  zwar  aus  mancherlei  Grunden.  In  Betracht  kommt 
in  diesem  Sinne  neben  dem  Yorhandensein  des  variscisch  gefalteten 
Untergrundes  ganz  besonders  dessen  von  der  saxonischen  Faltung  ab- 
v'eichendes  Streichen  und  sodann  die  vielfach  nur  geringe  Bedeckung,  * 
unter  der  die  Falten  entstanden.  Ferner  brachte  es  die  oft  nur  relativ 
geringe  Ausdehnung  der  in  den  variscischen  Untergrund  eingesenkten 
Spezialbecken  und  deren  mehrseitige  Umrandung  durch  starrere  Rah¬ 
men  mit  sich,  daB  die  Einengung  parallel  zum  einen  Beckenrande  den 
Widerstand  ( ))Flankenschutz«)  der  schrag  oder  senkrecht  dazu  stehenden 
Rahmenzonen  fand.  So  mag  z.  B.  bei  der  Faltung  des  Tkiiringer  Beckens 
zwischen  Thiiringer  Wald  und  Harz  auch  der  Flankenschutz  des  das 
Becken  im  Osten  umrahmenden  Grundgebirges  gewirkt  haben.  In  dem 
relativ  widerspenstigen  Boden  treten  auch  die  Erscheinungen  der 
Yerbiegung  oft  stark  zuriick  und  dafiir  erfolgt  dann  bei  der  Faltung 
weithin  ein  mehr  sc hollenweises  Neuverstauen  mit  teihveisem  Yber- 
einanderschiebeii  der  Massen,  das  aber  nur  eine  ziemlich  schwache  Ein¬ 
engung  liefert. 

Die  Gebiete  der  mit  obiger  Einschrankung  )>starken«  saxonischen 
Faltung  grenzen  weithin  unmittelbar  an  die  Mitteldeutsche  Schw^elle 
an.  In  ihnen  (z.  B.  Siidhannover,  Teutoburger  Wald)  herrscht  die  kon- 
gruente  Faltungsform.  Hier  handelt  es  sich  um  die  Gebiete  ganz  beson- 
derer  Wirksamkeit  der  ))faltengebarenden((  Kraft  der  Mitteldeutschen 
Schwelle.  Die  Faltung  versehwhekt  sich  von  Siidhannover  aus  einerseits 


H.  Stille  — Injektivfaltung  u.  damit  zusammenhangende  Erscheinungen.  115 

nord warts  (beckenwarts)  in  den  Gebieten  des  ejektiven  Fait ungsty pus 
und  anderseits  siidwarts  (massenwarts)  in  den  flachgriindigen  Gebieten 
der  dejektiven  Muldenkerne.  In  letzterem  Falle  bedingen  substantielle 
Griinde,  namlich  die  zunehmende  Resistenz  des  Untergrundes,  in 
ersterem  positionare  Griinde,  d.  h.  die  zunehmende  Distanz  von  der 
Stammschwelle,  das  Abflauen  der  Faltung,  die  nun  ganz  besonders  die- 
jenigen  Zonen  ergreift,  die  einerseits  moglichst  nahe  der  Stammschwelle 
liegen  und  dabei  anderseits  von  relativ  hoher  Mobilitat  sind.  GewiB 
nimmt  die  Mobilitat  nach  Norden  mit  zunehmender  Machtigkeit  der 
postvariscischen  Schichtenmassen  und  zunehmender  Tiefenlage  des 
variscischen  Untergrundes  noch  zu,  aber  das  kompensiert  nicht  die 
mit  der  groBeren  Distanz  von  der  Mutterschwelle  zusammenhangende 
Erschwerung  des  Faltungsvorganges. 

Niederhessen  ist,/So  wollen  wir  wiederholen,  fur  den  orogenetischen 
Druck  wenig  gefiigig,  Nordhannover  wenig  erreichbar;  Siid- 
hannover  ist  ausreichend  gefiigig  und  erreichbar. 

Hinsichtlich  des  Eintretens  der  substantiellen  Selektion  inner - 
halb  der  vertikalen  Profile  zeigt  sich  ein  gewisser  Gegensatz  zwi- 
schen  der  dejektiven  und  der  ejektiven  saxonischen  Faltung.  Aron  der 
dejektiven  Faltung  Niederhessens  sind  namlich  die  verschiedensten 
Schichten  (Trias  und  lokal  noch  Lias)  ziemlich  gleichmaBig  betroffen, 
und  zwar  Sandsteine,  Schiefertone,  Mergel,  machtigere  Kalksteine  usw., 
und  hochstens  in  ganz  lokalen  Ausnahmen  ist  eine  auf  der  Material- 
beschaffenheit  beruhende  besondere  Bevorzugung  einer  bestimmten 
Gesteinsart  ersichtlich.  Doch  anders  ist  die  Sachlage  bei  den 
Faltungsejektionen  Nordhannovers.  Wenn  sprodere  Gesteinsmassen 
gewiB  auch  an  ihnen  teilnehmen,  so  ist  doch  unverkennbar,  daB  die 
mobileren  Gesteine,  wie  Tone,  tonige  Sandsteine,  tonige  Mergel,  mehr 
noch,  als  ihrer  Beteiligung  am  normalen  Schichtenprofile  an  sich 
schon  entspricht,  in  die  ejektive  Aufwartsbewegung  hineingezogen 
sind;  z.  B.  scheinen  auf  den  Flanken  der  Ejektivsiittel  die  »Yer- 
werfungen«  sich  mit  besonderer  Vorliebe  dort  einzustellen,  wo  der 
Muschelkalk  stecken  rniiBte,  und  das  bedeutet,  daB  gerade  der 
Muschelkalk  in  der  Aufwartsbewegung  zuriickgeblieben  ist.  In  ganz 
besonderem  MaBe  ist  aber  das  Salz  von  der  Faltung  ergriffen  und 
hochbewegt  worden  und  die  Achsen  Mittel-  und  Nordhannovers  sind 
ja  zum  guten  Teile  geradezu  ))Salzlinien«. 

Bei  der  dejektiven  Faltung  Niedersachsens  erkennen  wir 
also  ein  in  der  Hauptsache  harmonisch.es,  bei  der  ejektiven  Fal¬ 
tung  Nordhannovers  dagegen  ein  sehr  unhar monisches  Ver- 
halten  der  betroffenen  Gesteine. 


116 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


3.  Inkongruente  Faltung  infolge  von  ungleichmaBiger  Druckwirkung. 

Die  inkongruentenFaltungsformen  ersparenVerbiegungsarbeit  gegen- 
iiber  den  kongruenten,  und  zwar  zum  Teil  durch  Yerringerung  der  Ver- 
biegung  an  sich,  zum  Teil  durch  Verlegung  der  efforderlich  werdenden 
Verbiegung  in  moglichst  mobile  Materialien.  Von  vornherein  diirfen 
wir  sie  nach  obigen  allgemeineren  Ausfiihrungen  (vgl.  S.  Ill)  nament- 
lich  dann  erwarten,  wenn  der  injektive  Eintrieb  durch  ganz  besondere 
Verhaltnisse  erleichtert  wird.  DaB  in  diesem  Sinne  klaffende  Spalten 
nicht  oder  doch  hochstens  einmal  in  Ausnahmef alien  in  Frage  kommen, 
wurde  schon  gesagt. 

Die  Sachlage  scheint  vielmehr  folgende  zu  sein. 

Inkongruente  Faltung  zeigt  sich  besonders  bei  relativ1)  er- 
heblichen  Unterschieden  in  der  Angreifbarkeit  iiberein- 
ander  liegender  Schichtsyste me,  wobei  die  ))Angreifbarkeit«  aus 
den  besonderen  V erhaltnissen  teils  substantieller,  teils  positionarer  Art 
resultiert;  und  zwar  ist  dort,  wo  die  dejektive  Faltungsform  herrscht, 
das  Hangende  und  dort,  wo  die  ejektive  Faltungsform  herrscht,  das 
Liegende  leichter  angreifbar.  Die  starkere  Angreifbarkeit  fiihrt  bei 
einsetzendem  Faltungsdrucke  zu  stark erem  Zusammenschube  oder 
kann  doch  wenigstens  dazu  fuhren,  wahrend  das  Hangende  oder  Lie¬ 
gende  schwacher  eingeengt  wird.  Die  schwachere  Einengung  eines  be- 
stimmten  Erdniveaus  konnen  wir  auch  als  seine  relative  Dehnung 
gegeniiber  den  Niveaus  starkeren  Zusamrnenschubes  bezeichnen. 

Die  in  horizontaler  Eichtung  starker  zusammengeschobenen  Massen 
miissen  natiirlich  in  vertikaler  Eichtung  entsprechenden  Eaum  gewinnen. 
Das  kann  aber  nur  in  der  Eichtung  der  abnehmenden  Korn- 
pression  geschehen,  da  ja  in  der  Eichtung  der  gesteigerten  Kom- 
pression  durch  den  noch  verstarkten  Aufstau  der  dortigen  Massen  der 
Weg  versperrt  ist.  So  erklart  sich  auch,  daB  nicht  in  ein  und  derselben 
saxonischen  Faltungsform  Ejektionen  und  Dejektionen  nebeneinander 
auftreten,  —  etwa  Stiilpsattel  und  Stiilpmulden,  getrennt  durch  Stiicke 
einigermaBen  schwebender  Lagerung,  —  denn  es  ist  ja  nach  der 
ganzen  Sachlage  die  Injektion  entweder  auf warts  oder  ab warts 
unmoglich2). 

Somit  kommt  die  inkongruente  Faltung  unter  gesteigertem 
V orschube  mobilerer  (oder  wenigstens  doch  aus  positionaren  Griinden 
leichter  zusammenschiebbarer)  Massen  in  der  Eichtung  zuneh- 
menden  Faltungswiderstandes  —  und  das  heiBt  auch  bis  auf 

1)  »Relativ  «  zur  Starke  der  Gesamtfaltung. 

2)  Nur  dort,  wo  nicht  eine  allgemeinere  aufwartige  oder  abwartige  Kom- 
primibilitatsabnahme,  sondern  ein  mehr  lokaler  Komprimibilitatswechsel  von 
Schicht  zu  Schicht  in  Frage  kommt,  waren  vielleicht  einmal  kleinere  Ausstiil- 
pungen  einer  besonders  mobilen  Schicht  sowohl  in  das  starrere  Hangende,  wie 
in  das  starrere  Liegende  denkbar. 


H.  Stille  —  Injektivfaltung  u.  damit  zusammenhangende  Erscheinungen.  117 

einen  selbstverstandlichen  Ausnahmefall  (s.  unten)  in  der  Richtung 
zunehmender  relativer  Dehnung  —  zustande. 

Die  ungleiche  Komprimibilitat  fiihrt  nun  keineswegs  in  der  ganzen 
Ausdehnung  der  ungleicb  faltbaren  Niveaus  zu  ungleicher  Einengung. 
Ware  das  der  Fall,  —  ware  z.  B.  durch  die  weitesten  Gebiete  Nieder- 
hessens  das  Hangende  iiberall  oder  auch  nur  weitbin  starker  ein- 
geengt,  als  das  Liegende  — ,  so  miiBten  ja  unter  tlberwindung  groBer 
Reibungswiderstande  weitgehende  horizontale  Yerschiebungen  auf 
Abscherungsflachen,  wie  sie  sich  etwa  Buxtorf  in  dem  salzfiihrenden 
Mittleren  Muschelkalke  im  Untergrunde  des  Schweizer  Juragebirges 
vorstellt,  eingetreten  sein,  —  und  von  solchen  Schubleistungen  kann 
bei  der  geringen  Starke  des  saxonischen  Druckes  keine  Rede  sein; 
das  zeigen  uns  auch.  die  Bohrungen  und  sonstigen  Aufschliisse  und 
der  ganze  geologische  Ban,  wenn  Abscherungen  gewiB  auch  lokal 
in  geeigneten  Materialien  innerhalb  der  Zonen  ortlich  erhohter  Wirk- 
.samkeit  des  tektonischen  Druckes  nicht  fehlen.  Vielmehr  ergiebt 
sich  aus  der  ungleichen  Angreifbarkeit  nur  in  ganz  bestimmten 
Faltenteilen  eine  ungleiche  Kompression,  und  zwar  in  denjenigen, 
die  an  sich  schon  in  der  Injektionsrichtung  vorbewegt  werden, 
d.  h.  bei  der  dejektiven  Faltung  in  den  Mulden,  bei  der  ejektiven 
in  den  Satteln. 

a)  Dejektive  Faltung  bei  starrerer  Tiefe. 

Niederhessen  kennzeichneten  wir  als  Gebiet  mit  flachgriindigem 
postvariscischen  Sedimente  iiber  einem  variscisch  gefalteten  Grund- 
gebirge.  Die  erhebliche  Starrheit  des  Untergrundes  lieB,  so  nahmen 
wir  an,  eine  irgendwie  betrachtlichere  saxonische  Faltung  nicht  zu¬ 
stande  kommen. 

Klar  tritt  uns  hier  der  Gegensatz  zwischen  einem  mobileren 
H  angenden  (postvariscisches  Sediment)  und  einer  resistenteren 
Tiefe  (variscisches  Grundgebirge)  entgegen.  Im  Liegenden  muB  in- 
folgedessen  ein  starker  Einengungswiderstand  gewaltet  haben,  wodurch 
es  beim  Einsetzen  des  orogenetischen  Druckes  zu  einer  Region  rela¬ 
tiver  Dehnung  wurde.  Das  somit  eintretende  abwartige  Kom- 
pressionsgefalle  haben  wir  aber  nicht  nur  an  der  unmittelbaren 
Grenze  des  resistenteren  und  weniger  resistenten  Materiales/  an  der 
es  sprunghafter  Art  ist,  sondern  auch  in  der  ganzen  »Bannzone«  (vgl. 
oben)  iiber  dem  starr eren  Grundgebirge.  Hier  ist  innerhalb  der  Decke 
beweglicheren  Materiales  das  tiefere,  —  wenn  wir  von  Abweichungen 
durch  substantielle  Verhaltnisse  absehen,  die  aber  gerade  hier  von  ge- 
ringerer  Bedeutung  zu  sein  scheinen  — ,  jeweilig  schwerer  angreifbar, 
als  das  hohere.  Es  ist  ja  natiirlich,  daB  der  Basalschutz  nur  bis  zu  einer 
gewissen  Hohe  hinaufreicht  und  bei  entsprechend  groBer  Machtigkeit 
des  Deckgebirges  in  dessen  hangendem  Teile  nicht  mehr  wirkt,  —  aber 


118 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


diese  Machtigkeit  ist  eben  dort,  wo  der  niederhessische  Bautypus  herrscht, 
noch  nicbt  erreicbt  gewesen. 

In  diesem  Banne  des  starreren  Grundgebirges  lag  auch,  so  scheint 
es,  das  permische  Salzlager,  soweit  es  nicht  iiberbaupt  durch  vor- 
tektonisohe  Auslaugung  im  Gefolge  vorangegangener  epirogenetiscber 
Hebungen  und  Aufwolbungen  ortlicb  beseitigt  wat. 

Das  dejizierende  (abwartig  injizierende)  Motiv  bei  der  niederhessi- 
scben  Faltung  sucben  wir  also  in  der  naben  Unterlagerung  durcli  starreres 
Grundgebirge.  Es  kornnit  zur  Wirkung  in  den  an  sick  schon  ab  warts 
gerichteten  F altenelementen,  d.  b.  in  den  Mulden,  die  nun  in  der  Rich- 
tung  der  abnebmenden  Einengung  vorgestiilpt  werden,  und  zwar  rneist 
in  Form  von  »Graben«,  zurucktretend  aucb  als  Senkstreifen  mit  ein- 
seitiger  oder  beiderseitiger  Begrenzung  durcli  Flexuren. 

Die  verstarkte  Einengung  im  Hangenden  und  die  Einstulpung 
von  hier  ins  Liegende  muB,  da  weite,  flachenhafte  Abscberungen  und 
Gleitungen  des  Hangenden  auf  dem  Liegend^n  nicbt  eintreten,  einen 
Ausgleicb  durcb  eine  Art  Gegenbewegung  aus  dem  injizierten  Liegenden 
zum  Hangenden  finden.  Man  betracbte  Fig.  14a  auf  S.  129.  Die  ge- 
stricbelte  Linie  gibt  in  ibr  die  Muldenkurve  bei  kongruenter  Faltung 
an;  bei  der  inkongruenten  wird  das  Mittelstuck  verstarkt  gesenkt  (ab- 
wartiger  Pfeil)  und  im  allgemeinen  aucb  verstarkt  eingeengt.  seine 
Flanken  sind  aber  gegenuber  der  Kurve  kongruenter  Faltung  geboben 
(aufwartiger  Pfeil).  Natiirlicb  gilt  aucb  bier  der  Begriff  »gesenkt«  nur 
relativ,  denn  tatsacblicb  baben  wur  ja  (vgl.  S.  99)  kein  Sinken  des 
Grabens,  sondern  nur  ein  Zuruckbleiben  bei  der  allgemeinen  Hebung 
und  dafiir  ein  starkeres  Yoraneilen  der  Flanken,  als  bei  barmoniscber 
Faltungsform  eintreten  wurde.  Der  Sattel  laBt  seine  Scbultern  weniger 
hangen,  um  erst  neben  oder  aucb  erst  in  deni  randlicben  Teile  des  de- 
j  izierten  Kernes  um  so  steiler  zur  Muldenlinie  abzufallen,  —  das  aber 
ist  die  kennzeicbnende  Form  der  Breitsattel  bei  der  dejektiven  Faltungs- 
art.  Bewirkt  die  Injektion  das  Bild  der  Stlilpmulde,  so  bat  also  die 
Reaktion  auf  die  Injektion  ibre  Bedeutung  fiir  das  Zustandekommen 
des  Breitsattels. 

Durcli  Reaktionsscbiibe  in  diesem  oder  alinlicliem  Sinne  erklaren 
sicb  vielleicbt  aucli  in  mancben  Fallen  die  kleinen  Scbollen  alteren  Ge- 
birges,  z.  B.  von  Zecbstein,  die  in  der  Randzone  der  Graben  eine  so 
auffallige  Ersclieinung  bilden.  Es  ist  dabei  vielleicbt  aucb  von  Be¬ 
deutung,  daB  sicb  bei  stark erer  Faltung  des  Hangenden,  wie  weiter 
unten  noch  zu  zeigen  sein  wird,  eine  gewisse  Tendenz  vertikaler  Zerrung 
einstellt  und  den  Gegenschub  auf  die  eingetretene  Yersenkung  erleicbtern 
kann. 


H.  Stille* —  Injektivfaltiuig  u.  damit  zusammenhangende  Erscheinungen.  119 

. 

;■*  l  ■  b)  Ejektive  Ealtung  bei  mobilerer  Tiefe. 

Der  nordhannoversche  Typus  der  saxonischen  Ealtung  (ejektive 
Ealtung)  findet  sick  in  den  inneren,  sehr  tiefgriindigen  bis  grundlosen 
Teilen  des  Niederdeutschen  Beckens  und  besonders  bedeutungsvoll  ist 
hier  die  weitgeliende  Ausschaltung  der  Wirkungen  eines  variscisch  ge- 
falteten  Untergrundes.  Ein  solcher  ist  iiberhaupt  nur  noch  unter  dem 
sudlichen  Teile  Nordhannovers  vorhanden,  —  wie  z.  B.  auch  noch  im 
Flechtinger  Hohenzuge  zwischen  Obisfelde  und  Magdeburg  — ,  wahrend 
der  Norden  schon  ganz  auBerhalb  des  variscischen  Bogens,  den  wir  ja 
weiter  westlich  bei  Osnabriick  ausklingen  sehen,  liegt.  Dock  auck  im 
Siiden  liegt  das  variscische  Gebirge  in  solcher  Tiefe,  daB  es  schon  eine 
erhebliche  EinbuBe  an  seiner  Starrheit  erlitten  haben  diirfte  und  seine 
festlegende  Wirkung  sowokl  an  sick,  wie  auch  hinsichtlich  ikrer  auf- 
wartigen  Reichweite  um  so  geringer  ware. 

Dock  nock  etwas  anderes  scheint  fur  die  Ausschaltung  der  Schutz- 
wirkung  des  vorpermischen  Grundgebirges  auf  die  ganzen  hangen- 
den  Schichtmassen  und  auck  schon  auf  die  an  den  ejektiven  Sattel- 
kernen  so  stark  beteiligte  permische  Salzformation  in  Betracht  zu 
kommen,  namlich  die  leichte  Mdglichkeit  ortlicker  Abscherungen  zwi¬ 
schen  dem  Grundgebirge  und  den  hangenden  Schichten  in  der  Zone 
des  permischen  Salzes1).  Letzteres  befand  sick  ja  bei  Eintritt  der  Faltung 
in  einer  Machtigkeit,  die  vielleicht  bis  zu  1000  m  betragen  hat,  unter 
einer  Schichtfolge  von  mekreren  tausend  Metern;  eine  TTberdeckung 
von  3000  Metern  bringt  aber  schon  eine  Temperaturzunahme  um 
rund  100°,  und  nacli  den  Untersuchungen,  die  besonders  Milch2)  an- 
gestellt  hat,  erfahrt  gerade  das  Salz  schon  durch  solche  Temperatur- 
zunahmen  eine  ganz  ungewohnliche  Steigerung  seiner  Beweglichkeit;  der 
Yersuch  der  ringformigen  Yerbiegung  etwas  erwarmter  kleiner  Stein- 
salzstabchen,  die  man  durch  Spaltung  gewinnt,  ist  jederzeit  leicht  an- 
zustellen.  Steigert  Temperaturerhohung  ganz  allgemein  die  Bildsam- 
keit  der  Materialien,  so  tut  sie  es  ganz  besonders  beim  Steinsalz,  und 
ist  das  Salz  an  sich  schon  ein  relativ  mobiles  oder  dock  leicht  zu  mobili- 
sierendes  Element,  so  trifft  das  ganz  besonders  fiir  das  tiefe  Salz  zu. 

In  Niederhessen  ist  das  Salz  an  den  variscischen  Untergrund  ge- 
wissermaBen  festgebannt;  er  macht  es,  wie  wir  sagten,  schwer  erreich- 
bar  fiir  den  orogenetischen  Druck,  so  daB  dieser  die  Eigenmobilitat 
des  Salzes  nicht  wesentlich  erhohen  konnte.  Damit  sind  auch  die 


1)  Die  Kalke,  Dolomite  usw.  des  Mittleren  und  Unteren  Zechsteins,  die  das 
Salz  vom  variscischen  Grundgebirge  trennen,  spielen  hier  etwa  dieselbe  Rolle, 
wie  nach  der  Auffassung  Buxtorfs  die  Untertrias  und  der  Wellenkalk  zwischen 
dem  vorpermischen  Grundgebirge  und  der  abgescherten  jlingeren  Schichtfolge 
des  Schweizer  Juras. 

2)  L.  Milch,  Uber  Zunahme  der  Plastizitat  bei  Kristallen  durch  Erhohung 
der  Temperatur.  Neues  Jahrb.  f.  Mineralogie  usw.  1909,  I,  S.  60ff. 


120 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


Abscberungserscbeinungen  dort  sebr  erscbwert.  Zum  Zustandekommen 
solcber  bedarf  es  aber  in  den  groBen  Tiefen  Nordbannovers  gar  nicbt 
mebr  einer  sebr  wesentlicben  Steigernng  der  Mobilitat  des  Salzes  durcb  . 
den  orogenetiscben  Druck,  vielmehr  ist  bier  das  Salz  an  sicb  scbon 
obne  groBen  inneren  Halt,  —  ancb  trotz  einer  etwaigen  Starrbeit  und 
Scbutzwirkung  des  Untergrundes  — ;  und  desbalb  ist  es  in  seinen 
Faltungserscbeinuagen  verbaltnismaBig  wenig  durcb  den  Untergrund 
gebemmt;  damit  ist  aber  aucb  die  Einwirkung  des  Grundgebirges  auf 
das  ganze  Hangende  wesentbcb  abgescbwacbt.  Immerhin  kann  die  Ab- 
scherung  nicbt,  wie  scbon  gesagt  wurde,  als  allgemeine  Erscbeinung 
unter  den  Gebieten  der  an  sicb  so  scbwacben  ejektiven  Faltung  und 
speziell  nicbt  unter  den  ausgedebnten  Breitmulden  gelten,  sondern  nur 
als  lokales  Pbanomen  unter  den  Zonen  starkster  Wirksamkeit  des  oro¬ 
genetiscben  Druckes,  d.  b.  unter  den  Sattelzonen. 

Hatten  wir  die  dejektive  Faltungsform  durcb  das  Yorbandensein 
einer  besonders  resistenten  Tiefe  erklart,  so  liegt  es  scbon  von  vorn- 
berein  nabe,  als  Ursacbe  ibrer  Umkebrung,  d.  b.  der  ejektiven  Faltungs¬ 
form,  die  umgekebrten  Verbaltnisse,  d.  b.  eine  besondere  Angreifbarkeit 
der  Tiefe  oder  docb  bestimmter  Tiefenzonen  und  eine  relative  Re- 
sistenz  des  Hangenden  zu  vermuten.  In  der  Tat  liegen  solcbe  Verbalt¬ 
nisse  vor.  Sie  sind  in  der  Hauptsacbe  substantieller  Art  und  fiibren 
zu  einer  Ejektion  aus  Mobilitat. 

In  erster  Linie  kommt  als  mobiles  Tiefenelement  das  macbtige  und, 
wie  wir  eben  sahen,  durcb  das  Grundgebirge  in  seiner  Mobilitat  wenig 
gebemmte  permiscbe  Salzlager  in  Betracbt,  das  ja  aucb  an  den  ejektiven 
Sattelkernen  Nordhannovers  so  stark  beteiligt  ist.  Wacbst  mit  der 
Tiefenlage,  wie  gesagt  wurde,  seine  Mobilitat  sebr  stark,  so  wacbst  mit 
ibr  aucb  ganz  besonders  der  Mobilitatskontrast  gegenuber  den  anders- 
artigen  Scbicbten,  und  auf  diesen  kommt  es  bei  den  Faltungsinjektionen 
eben  an. 

Das  Salzlager  des  Zecbsteins  war  nun  nicbt  das  einzige  in  der  Tiefe 
des  zentraleren  Niederdeutscben  Beckens,  sondern  aucb  im  Hangenden 
des  Perms,  in  der  Trias,  sind  Salze  vorbanden,  und  zwar  im  allgemeinen 
in  drei  Horizonten,  im  Oberen  Buntsandstein,  Mittleren  Muscbelkalk 
und  Mittleren  Keuper.  Schatzen  wir  die  gesamte  intakte  Scbicht  masse 
vom  Oberen  Zecbstein  bis  zur  Unterkante  des  Rbats  auf  iiber  2500  m  — , 
die  Zabl  ist  zwar  etwas  unsicber  — ,  so  bestanden  vielleicbt  zwei  Funftel 
oder  mebr  von  dieser  Macbtigkeit  aus  Salz. 

Als  mobilisierend  kommt  fiir  die  tiefere  Schicbtenserie  ferner  in  Be¬ 
tracbt,  daB  gerade  im  nordlicben  Hannover  die  macbtige  Untertrias 
nacb  dem  Ergebnisse  der  Bohrungen  im  Yergleich  zu  weiter  siidlicb 
liegenden  Gebieten  relativ  arm  an  kompakteren  Sandsteinen  und  um 
so  reicber  an  Scbiefern  und  sandigen  Scbiefern  zu  sein  scbeint.  GewiB 
feblen  demgegenuber  aucb  starrere  Scbicbten  nicbt,  speziell  im  Muscbel¬ 
kalk;  aber  sie  bilden  nur  einen  kleinen  Teil  der  ganzen  Schichtfolge  und 


H.  Stille  — Injektivfaltung  u.  damit  zusammenhangende  Erscheinungen.  121 

namentlich  das  starreste  Schichtenglied,  der  Trochitenkalk,  1st  nur 
wenige  Meter  machtig. 

Nach  vorstehenden  Betracktungen  befand  sick  bei  der  saxoniscken 
Faltung  Nordkannovers  eine  liegende  Sckicktenmasse  von  kokerer  Mo- 
bilitat  unter  einer  Sckicktenmasse  von  groBerer  Resistenz,  d.  k.  es  lag 
die  Umkekrung  des  Yerhaltnisses  vor,  aus  dem  keraus  wir  in  Niederkessen 
die  dejektive  Faltungsform  zu  erklaren  versuckt  kaben.  Die  starkere 
Einengung  %des  Liegenden  bedeutet  die  relative  Deknung 
des  Hangenden.  Eanden  wir  unter  den  Yerhaltnissen  der  dejektiven 
Faltung  eine  abwartige,  so  kaben  wir  dort,  wo  die  Faltungse jektion 
eintritt,  eine  aufwartige  Kompressionsabnakme^  und  in  der 
Ricktung  dieser  werden  nun  gewisse  Teile  der  Falten  weit  auf warts  vor- 
gestreckt, 

Somit  ist  das  Yorkandensein  des  permiscken  Salzgebirges,  dazu  in 
den  groBeren  Tiefen  mit  an  sick  koker  Temperatur,  zwar  der  Haupt- 
faktor,  der  mobilisierend  in  den  tieferen  Regionen  des  zentraleren  Nieder- 
deutscken  Beckens  wirkt,  —  aber  schlieBlich  dock  nur  ein  Faktor 
neben  mehreren,  namlick  neben  anderen  salinaren  Einschaltungen, 
neben  dem  starken  Zurucktreten  starrerer  Gesteine  und  nickt  zum 
let z ten  neben  der  allgemeinen  Zunakme  der  Teufenmobilitat  in  sehr 
tiefgrundigen  Sckicktmassen.  Unter  Hinweis  auf  letztere  mag  viel- 
leickt  gefragt  werden,  warum  denn  nickt  ganz  allgemein  eine  Tendenz 
ejektiver  Faltung  in  den  tiefgrundigen  Teilen  der  Sedimentationsbecken 
erkennbar  sei,  —  aber  erstens  gibt  es  nock  viele  Yerkaltnisse,  die,  wie 
sckon  die  reicklickere  Einsckaltung  an  sick  resist  enter  en  Materiales,  die 
zunekmende  Teufenmobilitat  wieder  aufkeben  konnen,  und  zweitens  ist 
ja  die  Teufentemperatur  im  Falle  Nordkannovers  wiederum  nur  ein 
Faktor,  der  zu  anderen  kinzukommt  und  nun  gerade  ganz  besonders 
in  einem  Gebirge  wirkt,  das  salinare  Einschaltungen  in  so  erheblichem 
Umfange  enthalt. 

So  kaben  wir  in  der  Tiefe  der  zentraleren  Teile  des  Niederdeutschen 
Beckens,  wie  ich  nockmals  zusammenfassen  mochte,  eine  sehr  machtige 
Sckicktfolge,  die  fast  zur  Halfte  aus  Salz,  im  ubrigen  aber  vorkerrsckend 
aus  Tonen,  Sckiefern,  sandigen  Sckiefern  und  tonigen  Mergeln  bestekt 
und  die  unter  der  mobilisierenden  Wirkung  der  gesteigerten  Belastung 
und  gesteigerten  Temperatur  stekt.  Das  ist  aber  unverkennbar  eine 
mobile  Tiefe  gegenuber  einem  Hangenden,  dem  zunachst  das  hoch- 
gradig  mobilisierende  Salzelement  feklt,  das  sick  aber  zweitens  unter 
weit  geringerem  Drucke  und  unter  niedrigerer  Temperatur  befindet. 

Die  hohere  Mobilitat  der  Tiefe,  d.  k.  die  Yorbedingung  fur  die  ejek- 
tive  Faltungsform,  ist  in  der  gesckilderten  Weise  zwar  unter  ganz  Nord- 
kannover  anzunekmen,  fiihrt  aber  zu  tektoniscken  Ejektionen  nur  in 
sekr  sckmalen  Zonen,  die  als  Sattelzonen  an  sick  sckon  der  vorgescho- 
benste  Teil  des  Faltensystemes  sind.  Hier  wird  dasjenige  unter  starken 
Deformationen,  wie  die  E jektion  sie  mit  sick  bringt,  gesteigert  vor- 

Geologische  Rundschau.  VIII.  9 


122 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


geschoben,  das  sicli  infolge  seiner  hoben  Mobilitat  den  neuen  Raum- 
verhaltnissen  am  leichtesten  anzupassen  nnd  ganz  besonders  die  Kosten 
des  Znsammenschnbes  in  den  injizierten  hoheren  Solen  zu  tragen  ver- 
mag,  wahrend  dafiir  das  scbwerer  Einengbare  relativ  zuriickbleibt 
nnd  sicb  den  durcb  die  Ejektion  gewissermaBen  frei  gewordenen  Raum 


Fall  a:  Norinale  Sattelwolbung  bei  barmonischem  Verhalten  der  Schichten. 


Fall  b:  Ejektion  aus  Mobilitat  bei  disharmonischem  Verhalten  der  Schichten. 

Fig.  10.  Gesteinsmobilitat  und  Faltungsfor m. 

Im  Falle  a  sind  die  Schichten  als  einigermaBen  gleich  starr,  im  Falle  b  ist  die 
Schicht  c  (Salz)  und  danach  die  Schicht  /  als  besonders  mobil  angenommen. 

a  =  Haselgebirge. 

znnntze  macht.  So  ist’s  im  groBen  im  Verhaltnis  der  mobilen  Tiefe 
zum  resistenten  Hangenden,  so  ist’s  ancli  im  kleinen  innerbalb  der  auf- 
steigenden  Tiefenmassen  nach  der  wecbselnden  Mobilitat. 

In  Fig.  10  b  veranschauliche  ich  ganz  scliematisch  den  Fall  einer 
Faltnngsejektion  in  einem  Sattelkerne  nnter  Yergleicb  mit  einer  nor- 


H.  Stille  — Injektivfaltung  u.  clamit  zusammenhangende  Ersoheinungen.  123 

malen  Sattelbildung  (Fig.  10a).  4Dem  oberen  Bilde  liegt  die  Annahme 
zugrunde,  dab  die  Schichten  a — l  einigermaben  gleichmabig  mobil  sind, 
wahrend  in  Profil  10  b  die  Schicht  c  (Salz)  und  danacb  die  Schicht  / 
als  ganz  besonders  mobil  angenommen  werden.  Am  starksten  hoch- 
geprebt  ist  im  Profil  b  das  in  sich  stark  gefaltete  und  gefaltelte  Salz 
und  auch  die  Schicht  /  ist  an  den  Flanken  des  Salzes  erheblich  vor- 
gestoben.  Zwischen  dem  Salze  und  dem  Nebengesteine  liegt  das  bei 
der  Hochbewegung  entstandene  Haselgebirge  (a),  ein  Haufwerk  von 
Blocken  und  Stiicken  des  Nebengesteines  in  einer  Salzmatrix.  Rela- 
tiv  zuriickgeblieben  sind  die  weniger  mobilen  Schichten,  so  besonders 
eine  als  starker  resistent  angenommene  Schicht  e,  die  ihre  Raumein- 
engung  unter  Zerbrechen  uifd  Zusammenstauchung  erfahren  hat.  Den 
Betrag  der  Aufwartsbewegung  ermessen  wir  nach  dem  Alter  der  Schichten 
im  Liegenden  der  nach  der  Faltung  und  Einebnung  abgelagerten  diskor- 
danten  Decke  T  (z.  B.  Tertiar),  und  zwar  ist  in  beiden  Fallen  ein  gleich- 
tiefes  Eingreifen  der  einebnenden  Vorgange  angenommen.  Im  Falle  a 
finden  wir  unter  der  Transgression  die  Schichten  h,  i,  k,  /,  im  Falle  b 
weithin  jeweilig  jiingere,  dafiir  aber  auf  kleine  Erstreckung  die  relativ 
alte  Schicht  c;  das  bedeutet  aber  fiir  den  Fall  b  eine  Hebungsersparnis 
auf  den  Sattelflanken  unter  gesteigerter  Hebung  des  besonders  mobilen 
und  deshalb  besonders  leicht  aufwarts  bewegbaren  Kernes.  Die  Arbeits- 
ersparnis  liegt  darin,  dab  die  tektonischen  Vorgange  sich  moglichst 
in  die  Gebirgsglieder  von  geringerer  Resistenz  verlegen. 

Die  relative  Senkung  bzw.  das  starkere  Zuriickbleiben  der  Flanken 
des  gesteigert  vorgeschobenen  Sattelkernes  ist  gewissermaben  die  Reak- 
tion  auf  den  ejektiven  Vorgang;  das  erlautert  Fig.  14  b  (s.  unten) 
nochmals  ganz  schematisch.  In  ihr  bezeichnet  die  gestrichelte  Linie 
die  Kurve  kongruenter  Faltung;  bei  der  inkongruenten  Faltung  wird 
nun  das  Mittelsttick  des  Sattels  gesteigert  hochbewegt  (aufwartiger 
Pfeil)  und  eingeengt,  seine  Flanken  werden  aber  entsprechend  weniger 
gehoben  (abwartige  Pfeile).  Betrachten  wir  nun  die  Sachlage  in  bezug 
auf  die  Mulden,  so  heben  diese  ihre  Flanken  nicht  in  dem  Mabe,  wie  bei 
der  harmonischen  Faltung,  sondern  lassen  sie  bis  nahe  an  den  ejektiven 
Kern  heran  relativ  gesenkt.  Das  aber  ist  es,  was  die  »Breitmulde « 
kennzeichnet.  Bedingt  bei  der  inkongruenten  Faltung  Nordhannovers 
die  Injektion  die  spezielle  Ausgestaltung  des  Sattelteiles,  so  er- 
scheint  fiir  die  Ausgestaltung  des  Muldenteiles  die  Reaktion  auf 
die  Injektion  besonders  bedeutungsvoll. 

Das  disharmonische  Verhalten  der  Gesteinsmassen  verschiedener 
Mobilitat  erschien  uns  als  Ur  sac  he  der  ejektiven  Faltung;  aber  es  ist 
auch,  wie  nunmehr  zu  zeigen  ist,  Folge  einer  solchen,  und  so  verstarken 
Ursache  und  Wirkung  einander  beim  Zustandekommen  der  sehr  ex- 
tremen  Bilder  tektonischer  Disharmonie.  Wir  gehen  davon  aus,  dab 
je  starker  die  Faltung  einer  bestimmten  Sole,  um  so  starker  auch  der 
Hochtrieb  ihrer  Gesteinsmassen  ist.  So  haben  wir  (vgl.  Fig.  11)  bei 

9* 


124 


I,  Aufsatze  und  Mitteilungen. ' 


starkerer1  Kompression  des  Hangenden  (dejektive  Faltung)  naturgemaB 
anck  einen  verstarkten  Hocbtrieb  des  Hangenden  bei  gleicbzeitig 
schwacberem  Hochtriebe  des  Liegenden;  bier  eilt  das  Hangende  ge- 
wissermaBen  voran,  das  Liegende  bleibt  ihm  gegeniiber  zuriick  und  so 
entstebt  in  vertikalem  Sinne  eine  gewisse  Zerrungstendenz,  die  verti- 
kale  Yerscbiebungen  innerbalb  der  sicb  faltenden  Massen  nur  erleicbtern 
kann.  Umgekebrt  unterliegt  bei  starkerer  seitlicber  Kompression  des 

Fig.  11.  Ungleicbe  Hocbbewegung  von  Han- 
gendem  und  Liegendem  bei  ungleichmaBiger 

Einengung. 

Kurze  Pfeile:  Schwa chere  Hocbbewegung  infolge 
schwacherer  Einengung. 

Lange  Pfeile:  Starkere  Hocbbewegung  infolge  star¬ 
kerer  Einengung. 

Fall  a:  Voraneilendes  Hangendes. 

Fall  b :  Lastendes  Hangendes. 

Liegenden  (ejektive  Faltung)  dieses  Liegende  dem  stark eren  Hocbtriebe 
bei  scbwacberem  Hocbtriebe  des  Hangenden;  das  Hangende  lastet  hier 
gewissermaBen  auf  dem  Liegenden,  und  es  ergibt  sicb  eine  dem  auf- 
wartigen  Vorscbube  von  Faltenteilen  entgegenwirkende  Tendenz  verti- 
kaler  Kompression.  Der  aus  der  ungleicben  later alen  Einengung 
resultierende  injektive  Yorscbub  von  Faltenteilen  ist  also  bei  starkerer 
Faltung  des  Hangenden  (d.  b.  bei  der  dejektiven  Faltungsart)  erleic ’li¬ 
ter  t  durch  eine  Tendenz  vertikaler  Zerrung,  bei  starkerer  Faltung  des 
Liegenden  (d.  b.  bei  den  ejektiven  Yorgangen)  erscbwert  durcb  eine 
Tendenz  vertikaler  Kompression. 

Icb  prazisiere  die  Sacblage  nocbmals  in  folgender  Weise: 

Der  dejektive  Yorscbub  von  Faltenteilen  (Muldenkernen)  erfolgt 
binein  in  ein  in  vertikalem  Sinne  entlastetes  Liegendes,  der  ejektive 
Yorschub  von  Faltenteilen  (Sattelkernen)  binein  in  ein  lastendes 
Hangendes.  Nebenber  gebt,  daB  in  ersterem  Falle  das  Liegende,  in 
letzterem  das  Hangende  in  horizontalem  Sinne  relativ  gedebnt  ist. 

Damit  muB  der  aufwartige  injektive  Yorscbub  bei  der  ejektiven 
Faltung  einen  ungleicb  boberen  Widerstand  finden,  als  der  abwartige 
bei  der  dejektiven.  Der  dejektive  Yorscbub  ist,  wie  man  vergleicbsweise 
gegeniiber  dem  ejektiven  Typus  einmal  sagen  konnte,  mebr  eine  Art 
Hineinsenkung,  der  ejektive  gegeniiber  dem  dejektiven  mebr  eine 
zwangsmaBige  Hineinpressung  von  Faltenteilen  in  die  Zonen  der 
geringeren  seitlicben  Kompression.  Scbon  allein  auf  diese  Weise  wiirde 
sicb  erklaren,  daB  bei  der  relativ  geringen  mecbaniscben  Leistung  der 
dejektiven  »Hineinsenkung «  die  verscbiedene  Mobilitat  der  Gesteins- 
massen  keine  groBe  Rolle  spielt  und  der  Faltungsvorgang  wenig  selektiv 
verfabrt,  wabrend  bei  der  ungleicb  erscbwerteren  mecbaniscben  Arbeit 
der  ejektiven  »Hineinpressung«  die  Resistenz  der  Einzelmaterialien 


Hangendes 


^  Liegend 


A 


es 


a.  Dejekt.  b.Ejekt. 
Fcdtimg  laltmic/ 


H.  Stille  —  Injektrvfaliung  u.  damit  zusan  menhargende  Frscheinunger.1  125 

eine  ganz  andere  Bedeutung  gewinnt  und  hier  die  geliigigsten  (mcbilsten) 
Massen  am  starksten  an  den  Injektionen  teilnehmen.  »Einpres&ung« 
erfordert  eben  ganz  andere  innere  Deform ationen,  wie  ))Einsenkung«, 
und  deshalb  finden  wir  bei  der  ))Einpressung«  die  gesteigerte  Bevor- 
zugung  dessen,  das  der  inneren  Deformation  am  wenigsten  TViderstand 
entgegensetzt.  Auch  in  diesem  Zusammenhange  sei  auf  den  schon 
oben  (vgl.  Kap.  Ill,  2)  bervorgebobenen  Unterschied  hinsichtlicb  der 
disharmonischen  Erscheinungen  bei  der  einen  und  der  anderen  Art/ der 
inkongruenten  saxonischen  Ealtung  verwiesen. 

4.  Kongruente  Faltung  bei  gleichmabigerer  Druckwirkung. 

Wie  erklark  sicb  nun  did  kongruente  saxonische  Faltung  in  ibrer 
raumlichen  und  formalen  Mittelstellurig  zwischen  der  dejektiven  Ealtung 
Niederhessens  und  der  ejektiven  Mitt  el-  und  Nordhannovers?  Kurz 
gesagt  dadurch,  dab  diejenigen  Verhaltnisse,  aus  denen  heraus  wir  in 
Niederhessen  und  Nordbannover  das  Abweichen  von  der  kongruenten 
Faltung  deuteten,  wegfallen  oder  doch  ganz  zurucktreten. 

Wir  erklarten  die  inkongruente  Faltung  aus  der  ungleiehen  Faltungs- 
resistenz  in  tibereinander  liegenden  Scliicbtsystemen;  demgegenuber 
baben  wir  also  kongruente  Faltung  dort  zu  erwarten,  wo  die  ganze  an 
der  Entstehung  des  Faltenbildes  beteiligte  Schichtenfolge  einigermaben 
gleicbmabig  dem  tektoniscben  Drucke  zuganglich  war. 

Im  einzelnen  baben  wir  zu  erortern,  inwiefern  bei  der  Faltung  Sud- 
bannovers  1.  die  dejektiven  Motive  Niederbessens  und  2.  die  ejektiven 
Motive  Nordbannovers  ausgescbaltet  waren. 

Die  dejektive  Faltung  Niederbessens  bracbten  wir  mit  der  Flacb- 
grundigkeit  dieser  Gebiete,  d.  h.  mit  der  geringen  Macbtigkeit  der  meso- 
zoischen  Scbiebtentafeln  fiber  dem  varisciseben  Grundgebirge,  in  Zu- 
sammenbang.  Sie  vollzog  sich,  wie  wir  sagten,  nccb  im  Banne  der  va- 
riscischen  Tiefe.  Demgegentiber  lag  das  variscische  Grundgebirge  in 
Sudhannover  in  einige  tausend  Meter  Tiefe,  so  dab  sicb  bier  die 
Faltung  wenigstens  der  hoheren  Teile  schon  ganz  auberhalb  seiner  Ein- 
flubsphare  abgespielt  habendiirfte;  und  dazu  war  in  der  groberen  Tiefe 
Siidhannovers  das  Grundgebirge  vielleicht  aucb  scbon  etwas  weniger 
starr.  Wo  aber  in  Sudhannover  infolge  vorangegangener  sakularer 
Aufwolbungen  das  variscische  Gebirge  bei  Eintritt  des  Faltungsvor- 
ganges  relativ  dicbt  unter  Tage  lag,  —  wie  im  Soiling,  der  nordlicben 
Fortsetzung  des  niederhessiscben  Buntsandsteingebiets,  cder  wie  zum 
Teil  im  Eicbsfelde,  —  da  erscbeint  auch  tatsachlicb  nccb  der  nieder- 
bessiscbe  Graben. 

Die  Ursacbe  fur  die  Faltungsejektionen  Nordbannovers  war  nacb 
unserer  Ansicht  in  der  Hauptsacbe  qualitativer  Art,  und  zwar  spielten 
die  Salzlager,  und  unter  cliesen  wieder  das  permische,  die  Hauptrolle1). 

x)  Ich  beschranke  mich  hier  auf  den  Haupttrager  der  Tiefenmobilitat  bei  der 
ejektiven  Faltung;  andere  Verhaltnisse  kommen,  wie  wir  gesehen  haben,  hinzu. 


126 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


Audi  in  Slidhannover,  und  naturgemaB  besonders  im  Gbergangs- 
gebiete  zum  nordbannoverscben  Typus,  sind  Salzejektionen  erkennbar, 
und  zwar  unter  tektoniscben  Yerhaltnissen,  die  sonst  nocF  durchaus 
als  »sudhannbversche«  ^u  bezeichnen  und  speziell  noch  durch  einiger- 
maBen  korigruente  Entwicklung  von  Satteln  und  Mulden  charakterisiert 
sind.  Aber  trotz  solcber  lokalen  Erscheinungen  tritt  im  groBen  und 
ganzen  die  Ejektivitat  des  Salzes  gegeniiber  den  nordlichen  Gebieten 
sehr  zuriick.  Oft  genug  finden  wir  das  Salz,  wenn  aucb  in  sick  kom- 
plizierter  gefaltet,  nock  dort,  wo  esrnach  dem  stratigrapkiscken  Yer- 
bande  seinen  Platz  haben  muB,  d.  k.  unter  den  Aufwolbungen  des  Bunt  - 
sandsteins;  und  ist  es  in  anderen  Fallen  vorangeeilt,  so  kandelt  es  sick 
dock  nickt  annakernd  um  solcke  Betrage,  wie  weiter  nordlick. 

*  Wakrend  also  in  Siidkannover  das  varisciscke  Grundgebirge  auf  die 
hoher  liber  ikm  liegenden  Sckichtfolgen  eine  dejektive  Wirkung  zwar 
nickt  mekr  ausuben  und  eine  dejektive  Faltung  nickt  mekr  kerbeifiikren 
konnte,  kat  es  dock,  wie  wir  annekmen  miissen,  dem  dickt  iiber  ikm 
liegenden  Salzgebirge  nock  einen  gewissen  Schutz  gegen  eine  gesteigerte 
Wirkung  des  orogenetiscken  Druckes  gegeben  und  dadurck  bis  zu  einem 
gewissen  Grade  die  an  sich  lioke  Mobilitat  des  Salzes  kompensiert. 
Immerkin  war  letztere  nock  nickt  derartig,  wie  in  den  nock  groBeren 
Tiefen  Nordkannovers,  und  damit  war  auck  die  Loslosung  von  der 
bannenden  Basis  durck  lokale  Absclierungs-  und  aknlicke  Yorgange 
nock  nickt  derartig  erleicktert,  wie  weiter  nordlick. 

5.  Zusammenfassung. 

Die  Formen  der  inkongruenten  Faltung  kaben  wir  im  wesentlicken 
unter  dem  Gesicktspunkte  der  gegeniiber  der  kongruenten  Faltungsart 
ersparten  Yerbiegungsarbeit  zu  deuten  versuckt.  Zweierlei  Arten 
der  Ersparnis,  die  z.  T.  nebeneinander  kergeken,  z.T.  innigst  miteinander 
verkniipft  sind,  kommen  dabei  in  Frage  (vgl.  S.  110),  namlicli 

1.  Ersparnis  von  Yerbiegungsarbeit  durck  Ersparnis  von  Yer- 
biegung, 

2.  Ersparnis  von  Yerbiegungsarbeit  durch  Yerlegung  der  Yer- 
biegung  in  moglickst  leickt  verbiegbare  (mobile)  Materialien. 

Die  durck  die  Einengung  auf  kleineren  Raum  erforderte  Gesamt- 
verbiegung  einer  bestimmten  Schicht  wird  durck  AusstoBung  eines 
Gesteinsstreifens  oder  Gesteinskeiles  in  das  Hangende  oder'  Liegende 
kerabgesetzt ;  dieser  Vorgang  wird  unter  den  Yerhaltnissen  der  in¬ 
kongruenten  Faltung  durck  eine  gesteigerte  Eintriebsmoglichkeit 
in  das  Hangende  oder  Liegende  erleicktert,  die  dadurck  zustande 
kommt,  daB  infolge  qualitativer  oder  positionarer  Verhaltnisse  der 
einzuengenden  Massen  die  Faltbarkeit  in  einem  Falle  (Fig.  12  a) 
nack  dem  Liegenden,  im  anderen  (Fig.  12  b)  nack  dem  Hangenden 
abnimmt  und  d,amit  bei  einsetzender  Faltung  in  dem  einen  Falle  (a) 
das  Liegende,  in  dem  anderen  (b)  das  Hangende  gewissermaBen  in 


H.  Stille  —  Injektivfaltung  u.  damit  zusammenhangende  Erscheinungen.  127 

den  Zustand  relativer  Dehnung  kommt.  Wir  haben  im  ersten  Falle 
ein  ab warts  gerichtetes,  im  zweiten  ein  auf warts  gerichtetes  Kompri- 
mibilitatsgefalle,  und  in  der  Richtung  desselben  werden  nun  einzelne 
Faltenteile  gesteigert  vorgeschoben.  Der  Ausgleich  der  relatjven  Deh- 
nung  wird  in  diesem  Sinne  durch  tektonischen  Einscbub  erzielt. 

V 

Fig.  12.  Sche matische  Veranschaulichung  der  . 
Injektion  ko mprimablerer  Massen  in  Zonen  ge* 
ringerer  Ko mpression 

a) ,  bei  der  dejektiven  Faltung. 

b)  bei  der  ejektiven  Faltung. 

Kurze  horizontale  Pfeile:  groBerer  Faltungswiderstand 

’  und  geringere  KorapresSion 
(relative  Dehnung). 

Range  horizontale  Pfeile:  geringerer  Faltungswiderstand 

und  starkere-Kompression. 

Vertikale  Pfeile:  Injektion  in  der  Richtung  zunehmen- 

der  Starrheit  und  zunehmender  rela¬ 
tiver  Dehnung. 

I  c 

Die  inkongruente  Faltung  kommt  dort  zustande,  wo  die 
Gesteinsmassen  in  verscbiedenen  Erdsohlen  auf  den  oro- 
genetischen  Druck  stark  ungleich  reagieren,  die  kongruente 
dort,  wo'die  Schichtensysteme  der  Einengung  einigermaBen 
gleichmaBig  zuganglich  sind. 

Ersparnis  von  Verbiegungsarbeit  durch  Verlegung  der  Verbiegung 
in  moglichst  verbiegbare  Materialien  tritt  bei  den  injektiven  Faltungen 
schon  dadurch  ein,  daB  sich  Gesteinsmassen  der  komprimableren  Zone 
in  die  weniger  komprimable  Region  vorschieben  und  hier  einen  erheb- 
lichen  Teil  der  erf  order  lichen  Verbiegung  zugunsten  der  Ersparnis  von 
Verbiegung  in  den  weniger  angreifbaren  Materialien  auf  sich  nehmen. 
So  wird  unter  Umstanden  der  Einengungsvorgang  im  ganzen  Bereiche 
der  vertikalen  Durchdringung  erleichtert.  Alles  das  spielt  eine  ganz 
besondere  Rolle  bei  der  ejektiven  Faltungsform  und  bei  dieser  kommt 
nun  innerhalb  der  vorgeschobenen  Massen  noch  die  bevorzugte  Faltung 
der  mobileren  Komponenten  hinzu.  So  kommt  die  ejektive  Faltung 
auf  das  gesteigerte  Voraneilen  der  mobilsten  Elemente  in  der  Richtung 
des  aufwartigen  Kompressionsgef alles  hinaus  und  wir  stehen  bei  ihr 
den  extremsten  Fallen  ))disharmonischer«  Faltung  gegeniiber. 

Die  dejektive  Faltung  ist  eine  solche  bei  tragerer1),  die  ejek¬ 
tive  eine  solche  bei  mobilerer1)  Tiefe,  und  so  konnen  wir  geradezu 

1)  Korrekter  wurde  man  wohl  sagen  bei  trage  sich  verhaltender  uinkbei 
mobiler  sich  verhaltender  Tiefe.  Denn  im  ersteren  Falle  -konnen  ja  an  sich 
mobile  Elemente  da  sein,  doch  ist  ihre  Mobilitiit  unwirksam  gemacht  (z.  B.  in  der 
Bapnzone  des  liegenden  Grundgebirges),  und  im  letzteren  Falle  konnen  an  sich 


V* 


128 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


von  der  de  jizierenden  (herabziehenden)  Wirkung  einer  star - 
rereiij  von  der  ejizierenden  (ausstoBenden)  Wirkung  einer 
mobileren  Tiefenregion  sprechen.  In  diesem  Sinne  spielen  zwei 
Schichtensysteme  eine  ganz  wesentliche  Rolle,  ein  stabileres.  namlich 
das  variscisch  gefaltete  Grundgebirge,  und  ein  mqbileres,  namlich.  die 
permische  Salzformation1). 

Das  stabilere  System  wirkt  besonders  im  Sliden  (Niederhessen)  und 
verschwacht  seine  Wirkung  nordwarts,  das  mobilere  besonders  im 
Norden  (Nordhannover)  und  verschwacht  seine  Wirkung  siidwarts,  und 
zwar  besteht  ein  gewisser  ursachlicher  Zusammenhang  zwischen  der 

zunehmenden  Wirkung  des 
einen  und  der  gleichzeitig 
abnehmenden  Wirkung  des 
anderen.  Beide  Schichten¬ 
systeme  sinken  ja  nordwarts 
ein.  Aber  fur  das  starr e 
Grundgebirge  bedeutet  die 
zunehmende  Tiefe  eine  Ver- 
schwachung  seiner  Starrheit, 
flir  das  mobilere  Salz  eine 
Erhohung  seiner  Mobilitat. 
Und  mit  nachlassender  Starr¬ 
heit  infolge  zunehmender 
Tiefe  (und  zum  Teil  auch 
infolge  nach  Norden  aus- 
ldingender  variscischer  Fal- 
tung)  verschwacht  sich  auch  und  verschwindet  schlieBlich  die  schiit- 
zende  Wirkung,  die  das  vorpermische  Grundgebirge  auf  sein  Hangendes 
und  speziell  auf  das  in  den  Zustancl  hoher  Teufenmobilitat  gelangte  per¬ 
mische  Salzlager  ausiibt. 

Bei  den  beiden  Formen  inkongruenter  Gebirgsbildung  spielen  — 
auch  so  konnen  wir  die  Sachlage  ausdriicken  — ,  Faltungshe  mmun  - 
gen  eine  Rolle,  und  zwar  bei  der  dejektiven  Faltung  solche  der  Tiefe, 
bei  der  ejektiven  Faltung  solche  im  Hangenden.  Will  ich  in  Fig.  13 
die  Kurve  a  (dejektive  Faltung)  in  die  Kurve  kongruenter  Faltung 
uberfiihren,  so  muB  ich  von  oben  her ^  will  ich  das  gleiche  mit  der 
Kurve  b  (ejektive  Faltung)  tun,  so  muB  ich  von  unten  her  eine  Aus- 
bauchung  vornehmen.  Es  verrat  sich  damit  gewissermaBen  bei  der 
Kurve  a  ein  Widerstand  von  unten  her,  bei  der  Kurve  b  ein  solcher 
von  oben  her  gegen  die  Entstehung  der  kongruenten  Faltungskurve. 
Der  Liegendwiderstand  ist  im  Falle  der  dejektiven  Faltung  die  groBere 

starrere  Massen  (Grundgebirge)  da  sein,  sind  aber  in  ihrer  Wirksainkeit  auf  das 
Hangende  (z.  B.  durcli  Abscherung  des  Mobileren  iiber  ilinen)  stark  eingeschrankt. 

1)  Auch  hier  besehranke  ich  mich  wieder  auf  den  Haupttrager  der  Tiefen- 
mobilitat. 


Fig.  13.  Inkongruente  Faltung  und  Fal- 
t  un  gs  wider  st  an  de, 

Der  Ausbildung  der  (gestrichelten)  kongruen¬ 
ten  Faltungskurve  wirkt  entgegen  bei  der 

a)  dejektiven  Faltung  ein  Faltungswiderstand 
im  Liegenden, 

b)  ejektiven  Faltung  ein  Faltungswiderstand 
im  Hangenden. 


H.  Stiele  —  Injektivfaltung  u.  damit  zusammenhangende  Erscheinrmgen.  129 

Starrheit  des  Grundgebirges  bzw.  die  von  ihm  ausgehende  und  nach 
dem  Hangenden  abnehmende  Schutzwirkung,  der  Hangendwiderstand 
ist  im  Falle  der  ejektiven  Falt’ung  die  schwere  Last  des  weniger 
mobilen  und  vielleicht  aucb  fur  den  orogenetischen  Druck 
weniger  erreichbaren  Hangenden. 

Die  starkere  Einengung  eines  bestimmten  Niveaus  muB  entweder 
zu  weitgehender  Abscherung  zwischen  diesem  und  den  Niveaus 
groBerer  fetarrheit  oder  zu  irgendeiner  Art  mehr  ortlichenAusgleiches 
fiibren.  Weite  Abscherungen  kommen  nicbt  in  Frage,  und  so  bringen 
den  Ausgleich  die  scbon  gescbilderten  ortlichen  Reaktionsbewegungen. 
Somit  kommt  das  Bild  der  inkongruenten  Faltung  durcb  zweierlei  Vor- 
gange  zustande,  deren  zweiter  durcb  den  ersten  unmittelbar  ausgelost 
wird,  namlich 

1.  durch  die  Injektion^  d.  h.  den  Yortrieb  aus  den  mobileren  in 
die  resistenteren  Zonen, 

2.  durch  die  Reaktion  auf  die  Injektion,,  d.  h.  die  Gegenbewe- 
gung  aus  den  resistenteren  Zonen  zu  den  mobileren  infolge  der 
Evakuation  der  letzteren. 

Die  Injektion  ist  dabei  in  den  Zonen  der  Battel  und  Mulden  die  zen- 
trale,  die  Reaktion  die  mebr  randliche  Erscheinung. 


Stulpmulde  Stul  psattel 


Fig.  14.  Injektion  und  Gegenbewegung  (Reaktion)  bei  inkongruenter 

Faltung 

a  (links):  bei  dejektiver  Faltung 
b  (rechts):  bei  ejektiver  Faltung. 

Die  gestrickelten  Kurven  geben  die  kongruente  Faltenentwicklung  an.  Ihr  gegen- 
iiber  sind  die  Mittelstiicke  vorangeeilt  und  starker  eingeengt,  die  randlichen  Teile 
aber  verflacbt,  und  zwar  gewissermaBen  infolge  Gegenbewegung  gegen  die  Injektion. 
Die  Injektion  schafft  die  Stiilpmulden  und  Stlilpsattel,  die  Gegenbewegung  ist  fur 
die  Ausgestaltung  der  zugehorigen  Breitmulden  und  Breitsattel  von  Bedeutung. 

Die  Injektion  scbafft  die  injektiven  Sattel-  oder  Muldenkerne, 
die  nur  ein  Teil  des  inkongruenten  Faltenwurfes  sind,  der  im  iibrigen 
aucb  die  Breitmulden  oder  Breitsattel  umfaBt.  Fiir  deren  iVusbildung 
scheint  nun  die  Reaktion  eine  ganz  besondere  Bedeutung  zu  haben. 
Icb  babe  das  scbon  fur  die  dejektive  und  ejektive  Faltung  im  ein- 
zelnen  ausgefiihrt  und  veranschaulicbe  es  zusammenfassend  nochmals 
in  Fig.  14. 

Wenn  ich  oben  die  geringere  Kompression  eines  bestimmten  Erd- 
niveaus  als  dessen  » relative  Dehnung«  angesprocben  und  durcb  diese 
die  Erleicbterung  des  Injektionsvorganges  erklart  babe,  so  bleibt  doch 


130 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


zu  bedenken,  daB  die  ^relative  Dehmmg «  scbon  gewissermaBen  in 
statu  nascendi  durcb  Yerschiebungen  neben  den  Injektionsstatten 
wieder  ausgeglichen  wird.  Am  letzten  Ende  findet  ein  zur  Erleichterung 
der  ganzen  Faltung  fiihrender  Massenaustausc h  zwischen  hoheren 
und  tieferen  Solen  statt. 

Eine  ganz  besondere  Rode  konnen  dabei  Yerwerf ungen,  Yberschie- 
bungen  und  als  unmittelbare  Eolge  der  ungleichen  Reaktion  auf  den 
tektoniscken  Druck  auck  die  »Faltungsdiskordanzen«  spielen,  —  und 
Faltungsdiskordanzen  gesteigertster  Art  sind  in  der  Mekrzakl  der  Falle 
scklieBlick  auck  die  »Randverwerfungen«  unserer  »Salzhorste«. 

Auf  einen  ganz  selbstverstandlichen  Fall  ist  zum  SckluB  nock  hin- 
zuweisen,  in  dem  ein  Niveau  relativer  Dehnung,  und  zwar  starkster 
relativer  Deknung,  nickt  zugleick  ein  Niveau  gesteigerter  Starrkeit 
und  damit  gesteigerten  Faltungswiderstandes  ist,  —  das  ist  der  Fall 
der  freien  Atmosphare  liber  dem  obersten  Erdniveau.  Wiirden  wir  die 
ejektive  Faltung  allein  als  Folge  der  relativen  Deknung  des  Hangenden 
auffassen,  so  lieBe  sick  mit  Recht  einwenden,  daB  dann  ja  jede  Faltung 
nake  der  Tagesoberflache  eine  ejektive  sein  und  daB  im  Falle  der  nieder- 
kessiscken  Faltung  die  dejektive  Wirkung  der  relativen  Deknung  der 
Tiefe  durck  eine  ejektive  der  unvergleicklick  starkeren  relativen  Dek¬ 
nung  der  Luftktille  wenigstens  in  den  kangendsten  Zonen  der  Faltung 
aufgekoben  sein  miisse;  dieser  Einwand  ist  naturlick  kinfallig  bei  der 
Erklarung  der  inkongruenten  Faltung  durck  gesteigerten  Eintrieb  von 
mobileren  Massen  in  die  Niveaus  groBerer  Resistenz  und  damit 
auch  relativer  Deknung.  Speziell  bei  der  dejektiven  Faltung  ist  die 
Sachlage  ja  die,  daB  die  starkere  Einengung  der  hangenden  Schickten 
den  tiefer  liegenden  Schickten  den  ejektiven  Weg  versperrt,  —  auck 
wenn  liber  ihnen  nun  plotzlich  *an  der  Oberflache  der  ganzen  Schiclit- 
masse  die  Moglichkeit  starkster  Deknung  eintritt. 

IY.  Injektiye  Salzfaltung  und  Salzaufstieg. 

1.  Injektive  Salzfaltung  aus  Mobilitat. 

Aufwartige  Injektion  aus  Mobilitat,  d.  h.  gesteigerter  tektoniscker 
Yortrieb  des  Beweglickeren  unter  orogenetisckem  Druck e^  —  das 
ist  es,  was  das  Salzgebirge  im  Niederdeutsclien  Becken  erfahren  kat. 
Seine  Ejektion  ist  ein  extremer  Fad  des  disharmonischen  Aufwarts- 
strebens  der  Massen,  das  zu  vertikalen  Durchdringungen  fiikrt.  So 
stabil  sick  auck  das  Salz  wakrend  der  anorogenetischen  Zeiten  wenigstens 
auf  koken  Erdsoklen  verhalt,  ein  so  mobiles  Material  ist  es  auck  schon 
auf  diesen  unter  orogenetisckem  Drucke,  und  eine  gewaltige  Steigerung 
erfakrt  dieser  Zustand  naturlick  noch  mit  zunekmender  Tiefe,  solange 
ein  starres  Basalgebirge  das  Salz  nickt  in  seinern  sckiitzenden  Banne 
halt.  So  kommt  es,  daB  das  Salz  unter  dem  Faltungsdrucke  den  iibrigen 
Sckichten,  meist  im  Kerne  der  Sattel,  weit  vorauseilt  und  dann  als  Salz- 


H.  Stille  —  Injektivfaltung  u.  damit  zusammenhangende  Erscheinungen.  131 

stock  von  vielfach  sehr  unregelmaBiger  Kontur  oft  inmitten  ganz  j  unger 
Schichten  steckt,  deren  Faltung,  wie  ja  gerade  bei  inkongruenter  Fal- 
tungsform  nicht  iiberraschen  kann,  unter  Umstanden  nur  schwach 
angedeutet  ist.  Wenn  dann  dazu  noch  die  Aufschliisse,  wie  z.  B.  unter 
der  Quartarbedeckung  Nordhannovers,  auf  ein  paar  Bohrungen  be- 
schrankt  sind,  kann  leicht  die  Vorstellung  erweckt  werden,  als  ob  das 
Salz  inmitten  ganz  flacker  Schichten  eingeschlossen  sei. 

Der  ganze  Vorgang  ist  also  eine  tJberfuhrung  gefiigiger  Salzejekte 
aus  der  Region  groBerer  Kompression  und  groBerer  Beweglichkeit  in 
die  hangenden  Zonen  relativer  Dehnung;  das  Salz  wird  aus  seinem  ur- 
spriinglicken  Schicktverbande  kerausgerissen  und  steckt  nun,  wie  ick 
es  friiher  einmal  ausgedriickt  habe,  als  ein  Faltengebirge  von  Salz  in¬ 
mitten  des  Schollengebirges  der  hangenden  Schichten.  Es  entspricht 
eben  dem  Gesetze  der  geringsten  Widerstande,  daB  bei  starkerer  Raum- 
einengung  in  erster  Linie  das  beweglichste,  dessen  Zusammenschub 
und  Hochforderung  am  wenigsten  Arbeit  beansprucht,  herausgequetscht 
wird,  falls  es  so  lag  oder  so  weit  aufgewolbt  war,  daB  der  tektonische 
Druck  es  richtig  anfassen  konnte. 

Wenn  man  bei  dem  Vorgange  des  Aufstieges  der  Salzmassen  von 
einem  wSalzgletscher «  oder  ))Salzstrome «  spricht,  so  sind  das  eben 
mehr  oder  weniger  gliickliche  Bilder,  die  man  rein  als  solche  und  ohne 
die  von  den  Autoren  mit  den  Bezeichnungen  verbundenen  genetischen 
Deutungen  auch  bei  der  Erklarung  durch  episodischen  tektonischen 
Druck  akzeptieren  konnte. 

Die  Verbreiterung  der  Salzstocke  nach  dem  Hangenden  und  ihre 
Umgrenzung  im  Yertikalschnitte  durch  »Schwanenhalskurven«  ist  mehr- 
fach  beobachtet  worden,  und  in  extremen  Fallen  mag  eine  derartige 
Salzmasse  die  Yerbindung  nach  der  Tiefe  sogar  ganzlich  verloren  haben 
und  in  Form  eines  riesigen  Salztropfens  inmitten  jiingerer  Schichten 
stecken.  Das  Ende  eines  derartigen  Salztropfens  ist  zwar  in  so  groBen 
Tiefen  zu  erwarten,  daB  die  ganzliche  Unterfahrung  wohl  kaum  einmal 
eintreten  wird;  immerhin  sind  durch  unmittelbareren  AufschluB  Falle 
des  b  eider  sei  tigen  Einschiebens  der  Randgesteine  unter  das  Salz- 
gebirge  belegt1). 

Lachmann  hat  in  der  Gestaltung  der  seitlichen  Rander  der  Salz¬ 
stocke  »nach  Schwanenhalskurven  «  einen  Beweis  fiir  die  nichttektonische 
(autoplaste)  Formung  seiner  ))Salzekzeme «  erblicken  wollen.  Meines 
Erachtens  ist  es  die  Abnahme  des  Manteldruckes  auf  die  Salzmassen 
mit  zunehmender  Hohenlage,  die  die  zunehmende  Erstarrung  des  Salz- 
breies  und  vor  allem  den  seitlichen  Raumgewinn  begunstigt;  wir  erhalten 
damit  in  einem  solchen  Salzprofile  die  relative  Dehnung  eines  weniger 
mobilen  Hangenden  unmittelbar  veranschaulicht. 

DaB  die  Kalke  und  Dolomite  des  Mittleren  Zechsteins,  die  das  Salz- 


D  Solche  Falle  liegen  der  Darstellung  in  Fig.  10b  zugmnde. 


132 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


gebirge  unterlagern,  die  bocbgradige  Aufwartsbewegung  und  die  hoch- 
gradige  innere  Faltung  der  Salzmassen  nicht  mitmacben  konnen,  ist 
ja,  da  dock  die  gesteigerte  Faltung  und  Hochbewegung  des  Salzes  auf 
seiner  Mobilitat  beruht,  nur  selbstverstandlich  und  kann  unmbglich, 
wie  mebrfach  gescheben,  als  Beweis  gegen  die  tektoniscbe  Formung 
des  Salzes  verwertet  werden.  Mittlerer  Zecbstein  und  Salz  ver- 
balten  sich  eben  ganzlicli  disbar moniscb.  Kirschmann1)’,  der 
sicb  ganz  ini  LACHMANNschen  Gedankenkreise  bewegt,  meint  zwar, 
»daB  nicbt  einzuseben  sei,  wie  das  bangende  Salzgebirge  durcb  seit- 
licben  Druck  zu  den  boheren  Regionen  aufgepreBt  sein  soil,  obne  daB 
das  Liegende  eine  sattelformige  Lagerung  besitzt«.  Van  Werveke2)  ist 
Kirschmann  schon  entgegengetreten  und  hat  darauf  liingewiesen,  daB 
durcb  Abscberungen  bei  der  Auf  faltung,  wie  sie  Buxtorf  (1.  c.)  im 
Faltenbau  des  Kettenjuras  angenommen  bat,  die  nacb  Kirschmann 
entscbeidende  Tatsacbe,  »an  der  jeder  Yersucb  einer  Deutung  mit 
Hilfsmitteln  der  normalen  Tektonik  scheitern  muB«  (Kirschmann, 
1.  c.),  eine  ungezwungene  Erklarung  findet.  Van  Wervekes  und  meine 
Ansicbten  geben,  wie  iiberhaupt  hinsichtlich  der  prinzipiellen  Erklarung 
des  Salzauftriebes,  so  aucb  hinsicbtlicb  dieses  Details  parallel,  —  denn 
eine  gewisse  Abscberung  ist  eben  die  notwendige  Begleiterscheinung 
bei  stark  disharmoniscber  Faltung.  A 

In  dem  in  Fig.  10  b  gegebenen  Bilde  einer  inj ektiven  Faltungsform 
als  Folge  gesteigerter  Mobilitat  einzelner  Schichtsysteme  wird  in  dem 
Yerbalten  der  Scbicbt  c  der  spezielle  Fall  einer  Salzinjektion  ver- 
anscbauliclit.  DaB  das  Salz  in  diesem  Bilde  auf  gewisse  Erstreckung 
zwiscben  seinem  ursprunglicben  Hangenden  und  Liegenden  in  der  Zone 
der  starksten  Aufpressung  ganz  feblt,  ist  natiirlicb  nur  ein  fur  die  Dar- 
stellung  angenomnrener  spezieller  Fall.  Wenn  icb  es  ferner  etwas  abseits 
von  der  Salzinjektion  wieder  in  seinem  ursprunglicben  Yerbande  er- 
scbeinen  lasse,  so  stutze  ich  mich  auf  die  bisber  wobl  einzige  Bobrung, 
die  einmal  unter  einigermaBen  vergleichbaren  Verbaltnissen  an  der 
Flanke  eines  aufgepreBten  Salzk ernes  das  permiscbe  Salzgebirge  ange- 
troffen  bat,  namlicb  auf  die  Bohrung  Petze  am  Sudflrigel  des  Hildes- 

1)  Kirschmann,  Die  Lagerungsverhaltnisse  des  oberen  Allertales  zwischen 
Morsleben  und  Wallbeck.  Zeitschr.  f.  prakt.  Geol.  1913,  S.  1 — 27.  Zu  den  von 
Kirschmann  gegebenen  Profilen  durcb  das  »Ekzem  «  der  oberen  Aller,  auf  die  sicb 
Lachmann  immer  wieder  bezieht,  ist  ubrigens  zu  bemerken,  daB  die  »flache« 
Lagerung  des  Mittleren  Zechsteins  dock  recht  anfechtbar  zu  sein  sclieint.  Jeden- 
falls  stimmt  mit  ihr  clurcbaus  nicht  uberein,  claB  Schmierer,  wie  Harbort  (Mo- 
natsber.  deutscb.  geol.  Ges.  1913,  S.  107)  mitteilt,  in  Kernen  von  Bobrungen,  die 
in  das  Liegende  des  »Ekzems«  gestoBen  wurden,  ein  Einfallen  des  Mittleren  Zech¬ 
steins  von  liber  40°  feststellte.  Daraus  hat  schon  Harbort  geschlossen,  daB  die- 
Oberflache  des  Mittleren  Zechsteins  unter  dem  Allertal  keineswegs  so  ungestort 
zu  liegen  scheint,  wie  Kirschmann  annahm. 

2)  L.  van  Werveke,  Stauchungen  in  der  Lettenkolile  bei  Farschweiler  (Lothr. 
verbunden  mit  Abscherungen.  Hinweis  auf  die  Salzliorste  Norddeutschlands. 
Mitt.  Geol.  Landesanst.  Els. -Lothr.,  Bd.  VIII,  1913,  S.  221  ff. 


H.  Stille  —  Inj ekti vf alt  ing  u.  damit  zusammenhangende  Ersclieinungen.  133 


lieimer  Waldes.  Mebrfacb  ist  ja  bebauptet  und  in  scbematiscben 
Bildern  veranscbaulicht  worden,  daB  das  Salz  der  Salzkerne  unter 
den  angrenzenden  flaclien  Schicbttafeln  durcb  deren  Gewicbt  nacb  der 
Seite  bin  weggepreBt  worden  sei,  und  gerade  mit  Rucksicbt  hierauf 
habe  icb  die  fur  die  Klarung  des  Yerbaltens  des  Salzgebirges  etwas 
abseits  vom  aufgepreBten  Sattelkerne  ungewobnlicb  giinstig  liegende 
Bohrung  Petze  wabrend  ibrer  Niederbringung  mebrfacb  besucbt  und 
ibre  Resultate  in  alien  Einzelbeiten  verfolgt.  Das  von  mir  festgestellte 
Bobrprofil  ist  bereits  in  der  Erlauterung  zu  Bl.  Sibbesse  der  geol. 
Spezialkarte  von  PreuBen  veroffentlicbt  worden;  es  ist  folgendes: 


—  110  m 

—  954  m 

—  975  m 

—  1033  m 


—  1084,4  m 

—  1084,6  m 
— 1100  m 

—  1105  m 


—  1238,28  m 


—  4242,35  m 

—  1242,50  m 

—  1250,67  m 

—  1290,3  m 


Rot,  unten  Gips, 

Mittlerer  und  Unterer  Buntsandstein. 

Roter  Ton  und  Letten. 

Roter  Ton  und  Steinsalz  wechselnd. 

Anhydritlagen  bei  997,4  m, 

998  m, 

999  m. 

Rotliches  Steinsalz,  oben  noch  mit  rotlichen  Letten. 

Sog.  Pegmatit-Anhydrit. 

Roter  j  lingerer  Salzton  \ 

Graufa-rbiger  j iingerer  Salzton  Jiingerer  (»roter«)  Salzton. 
mit  Steinsalz  j 

Rotliches  Steinsalz,  zu  oberst  noch  mit  etwas  grauen  Letten. 
Steinsalzhaltige  Anhydrite  bei  1133,5 — 1134  m, 

1142,9 — 1154,5  m, 
1167,3—1170  m. 

Sylvinit  \ 

Steinsalz  Kalifloz  »Niedersachsen(t  (jiingeres  Kalilager). 
Camallit  J 

Rotliches  und  helles  Steinsalz. 


Die  Bohrung  ist  hiernach  dicht  liber  dem  Hauptanhydrit,  unter  dem  nach 
einer  Zwischenlage  von  alterem  (  »grauen  <t)  Salzton  das  altere  Kalifloz  »StaBf urt  « 
zu  erwarten  ist,  eingestellt  worden. 


Das  Profil  ist  voliig  intakt;  das  Salz  liegt  durcbaus  nor¬ 
mal  unter  seinem  urspriinglicbenHangenden,  und  Salzscbicbt 
nacb  Salzscbicbt  wurde  in  fast  sobliger  Lagerung  obne  Spuren 
tektoniscber  Beeinflussung  und  speziell  tektoniscber  Re- 
duktion  durcbsunken  !  Yom  Siidflugel  bei  Petze  aus  ist  also  gewiB 
nicbt  das  Salz  zum  Salzkerne  des  Hildesbeimer  Waldes  bingedruckt 
worden.  Nun  ist  der  dortige  Salzkern  zwar  ein  ejektives,  aber  docb 
nocb  nicbt  ein  derartig  extrem  ejektives  Gebilde,  wie  etwa  die  Salzkerne 
der  Luneburger  Heide,  und  so  wird  man  vielleicbt  einwenden,  daB  das, 
was  am  Hildesbeimer  Walde  nocb  nicbt  zutrifft,  trotzdem  unter  der 
gesteigerten  Last  des  nordbannoverscben  Deckgebirges  moglicb  sein 
konnte,  und  dabei  wird  man  vielleicbt  besonders  auf  die  bobe  Teufen- 
mobilitat  des  Salzes  unter  der  Bedeckung  von  mebrere  tausend  Meter 
Sediment  hinweisen.  Der  Ein  wand  wlirde  an  sicb  aucb  nicbt  ganz  un- 
berecbtigt  sein,  wenn  nicbt  scbon  ganz  andere  Yerbaltnisse  dem  isosta- 


134 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 

tischen  Auftriebe  unter  den  randlichen  Sedimentmassen  hinweg  wider- 
sprachen.  Aber  man  hatte  anderseits  doch  bei  Petze  wenigstens  eine 
Andentnng  dessen  erwarten  miissen,  was  unter  den  gesteigerten  Yer- 
haltnissen  Nordhannovers  eine  fur  die  ganze  Entstehung  der  Salzkerne 
prinzipiell  bedeutungsvolle  Erscheinung  sein  solL  Die  unmittelbare 
Anscbauung  wird  uns  iiber  das  Vorhandensein  oder  Feblen  des  Salzes 
unter  den  randlichen  Teilen  der  nordhannoverschen  Breitmulden  k'eine 
Aufklarung  geben  konnen,  denn  dort  sind  die  Tiefen  zu  groB;  wo 
aber  weiter  siidlich  (Hildesheim)  nacb  der  Tiefenlage  des  Salzes  die 
Probe  aufs  Exempel  gerade  nocb  moglich  War,  hat  sie  jedenfalls  fiir 
den  angenommenen  weiten  Zustrom  des  Salzes  von  den  Seiten  her 
keinen  Anhalt  ergeben. 

2.  Isostatischer  Auftrieb  des  spezifisch  leichten  Salzes  nach 

Arrhenius-Lachmann. 

Die  Auffassung,  daB  die  Mobilitat  des  Salzmateriales  den  gestei¬ 
gerten  Aufstieg  bedingt,  steht  im  Gegensatz  zu  den  Arrhenius-Lach- 
MANNschen  Yorstellungen1),  nach  denen  das  geringere  spezifische 
Gewicht  die  Ursache  der  Hochbewegung  ist  und  diese  also  auf  iso- 
statischem  Auftriebe  beruht.  »Als  wesentliche  Kraft  bei  der  Bildung 
der  Salzstocke  haben  wir  den  Salzauftrieb  erkannt,  d.  h.  eine  als  Wirkung 
der  Schwerkraft  der  Erde  sich  kenntlich  machende  vertikale  Kraft, 
welche  im  Schwerpunkte  der  Salzmassen  angreift  und  sie  gegeniiber 
den  umliegenden  und  spezifisch  schwereren  Erdmassen  aufwarts  bewegt. 
Wir  haben  im  kleinen  eine  AuBerung  der  Isostasie  in  der  Erdrinde  vor 
uns«  (Arrhenius-Lachmann,  1.  c.  S.  153), 

Zugegeben,  daB  die  geringere  Schwere,  wenn  das  gefiigige  Salz  durch 
tektonischen  Druck  in  Aufwartsbewegung  gebracht  ist,j  den  Auftrieb 
noch  zu  erleichtern  vermag,  so  kann  sie  doch  nicht  die  wesentliche 
Ursache  desselben  sein.  Der  isostatische  Auftrieb  ist  eine  bis  zur  Ein- 
stellung  volliger  Isostasie  mehr  oder  weniger  s  tan  dig  wirksame  Kraft- 
quelle  und  iniiBte  eine  mehr  oder  weniger  standige  (sakulare)  Hoch¬ 
bewegung  des  Salzes  veranlassen.  Eine  solche  nimmt  ja  Lachmann  — 
und  mit  ihm  Arrhenius,  dem  als  Physiker  die  einschlagigen  geologischen 
Beweisgrtinde  natiirlich  ferner  liegen  — ,  tatsachlich  auch  an,  wie  auch 
recht  viele  andere  Salzforscher  tun,  z.  B.  Harbort  und  Seidl.  Aber 
dem  ist  eben  entgegenzuhalten,  —  wie  ich  schon  mehrfach  seit  1910  getan 
habe,  ohne  daB  eine  ernsthaft  zu  nehmende  Einrede  hatte  erhoben 
werden  konnen,  —  daB  das  Salz  sich  nur  in  den  zeitlich  ziemlich  genau 
fixierbaren  orogenetischen  Phasen  der  Yorzeit,  also  episodisch,  auf¬ 
warts  bewegte,  wahrend  es  in  den  anorogenetischen  Zeiten  wie  jedes. 

U  Sv.  Arrhenius  und  R.  Lachmann,  Die  physikaliscli-cliemiscken  Bedin- 
gungen  bei  der  Bildung  der  Salzlagerstatten  und  ihre  Anwendung  auf  geologische 
Probleme.  Geolog.  Rundschau  1912,  Bd.  3,  S.  139  ff. 


H.  Stille  —  Injektivfaltung  u.  damit  zusammenhangende  Erscheinungen.  135 

anclere  Gestein  des  Niederdeutschen  Beckens  zur  Tiefe  sank;  und  so 
kann  auch  nicht  eine  kontinuierlich  wirkende  Kraftquelle,  wie  der 
Auftrieb  infolge  geringeren  spezifisclien  Gewichtes,  als  Ursache  oder 
wenigstens  nicht  als  Hauptursache  des  Salzaufstieges  in  Frage  kommen, 
sondern  nur  eine  in  den  orogenetischen  Phasen  sich  episodisch  ein- 
stellende.  Und  diese  ist  eben  der  orogenetische  Seitendruck,  der  erst 
dem  Salz,  wenigstens  soweit  es  iiberhaupt  noch  oder  schon  wieder  in 
hoheren  Erdzonen  steckt,  seine  hochgradige  Mobilitat  verleiht  und  es 
erst  injektibel  macht. 

Ich  fasse  die  von  mir  vertretene  Auftassung  nochmals  in  folgendem 
kurzen  Satze  zusammen :  Der  Salzauftrieb  ist  weniger  die  Ejektion  des 
besonders  leichten,  als  vielmehr  des  besonders  mobilen  Materiales. 

3.  Salzinjektion  in  Spalten. 

Schon  bei  der  ersten  Erorterung  dessen,  daB  bestimmte  Verhalt- 
nisse  den  tektonischen  Eintrieb  in  das  Liegende  oder  Hangende  er- 
leichtert  zu  haben  scheinen,  fragten  wir,  ob  vielleicht  klaffende  Spalten 
eine  Rolle  spielen,  und  damals  wurde  schon  gesagt,  daB  nur  in  gewissen 
Ausnahmef alien  derartiges  anzunehmen  sei.  Solche  Falle  zeigt  uns  nun 
begreiflicherweise  im  besonderen  MaBe  das  gefiigigste  Schichtenmaterial, 
das  Salz,  indem  es  sich  in  Spalten  des  sproderen  Hangenden  oder  Lie- 
genden  oder  Seitengebirges,  vor  alien  Dingen  aber  in  seine  sproderen 
Zwischenschichten  (Anhydriteinschaltungen  usw.)  hineinfaltet  und  hin- 
einschiebt.  Recht  anschauliche  Bilder  solcher  Erscheinungen,  und  zwar 
sowohl  von  Fallen  ejektiven  (aufwartigen),  wie  dejektiven  (abwartigen) 
Yorschubes,  hat  kiirzlich  noch  W.  Wagner1)  aus  dem  oberelsassischen 
Salzgebirge  verdffentlicht.  Bei  dem  Vortriebe  in  Spalten  liegt  der  Ver- 
gleich  zwischen  der  tektonischen  Injektion  des  Salzes  mit  der  vub 
kanischen  des  Glutbreies  natiirlich  besonders  nahe,  so  groB  der  Unter- 
schied  der  Mobilitat  des  Salz  »breies «  von  derjenigen  eines  Glutbreies 
auch  noch  gewesen  ist.  In  der  auBeren  Form  konnen  diese  tektonischen 
Salzinj  ektionen  unter  Umstanden  »posthumen«  Kluftausfiillungen  durch 
chemischen  Absatz  ahnlich  werden,  aber  die  innere  Struktur  pflegt  uns 
die  wahre  Natur  anzuzeigen. 

4.  Terminologisches. 

Welche  Bezeichnung  wird  nun  der  Eigenart  dieser  nordhannover- 
schen  Salzejekte  am  besten  gerecht?  Man  hat  ja,  als  man  die  Massen 
von  Salz  inmitten  weit  j  lingerer  Schichten  zuerst  kennen  lernte, 
von  »Salzhorsten((  gesprochen;  aber  ich  habe  schon  vor  mehreren 


1)  W.  Wagner,  Einpressungen  von  Salz  in  Spalten  der  oberelsassischen  Salz- 
und  Kalisalzablagerungen.  Mitt.  Geol.  Landesanst.  Els.-Lothr.  1916,  Bd.  IX, 
Heft  2,  S.  135ff. 


136 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


Jakren1)  geltend  gemackt,  daB  sick  die  kockaufgepreBten  Salzkerne, 
die  alle  Spuren  des  bei  ihrer  Aufwartsbewegung  erfolgten  intensiven 
Zusammensckubes  tragen,  so  weit  von  dem  entfernen,  was  man 
gemeinbin  einen  » Horst «  nennt,  daB  man  gut  tut,  die  Bezeicbnung 
)>Salzkorst«  nicbt  mebr  zu  gebraucben  und  mit  unverfanglickeren  Be- 
zeicbnungen,  wie  z.  B.  »Salzkern«,  auszukommen.  Auck  von  »Salz- 
pfeilern«  und  »Salz3treifen«  habe  ick  in  diesem  Sinne  gesprocken.'  Im 
AnsokluB  an  den  Begriff  der  injektiven  Ealtung  des  Salzes,  der  an  die 
Terminologie  der  vulkaniscben  Pkanomene  erinnert,  empfiehlt  sick  viel- 
leickt  die  Anwendung  des  wokl  auck  sonst  sckon  gebrauckten  Wortes 
))Salzstock«,  das  wenigstens  der  Lage  inmitten  fremdartigen  Gesteines 
und  zum  Teil  auck  der  Art  der  Konturen  einigermaBen  gereckt  wird. 
Mit  dieser  Terminologie  nakern  wir  uns  sckeinbar  den  E.  HARBORTscken 
Gedankengangen  von  dem  Aufsteigen  des  Salzbreies  in  Spalten  nack 
Art  eines  Magmas.  Und  dock  bestekt  der  grundsatzlicke  Untersckied2) 
zwiscken  der  Vorstellung  Harborts  von  einem  infolge  vertikal 
wirkender  Krafte  mekr  oder  weniger  kontinuierlick  vor  sick 
gekendem  isostatiscken  Auftriebe  und  der  Vorstellung  der  episo- 
discken  injektiven  Faltung  unter  tangentialem  Drucke. 

Y.  Zur  Systematik  der  Horste  und  Griiben. 

1.  Begriff  Horst  und  Graben.  Haupteinteilung. 

Die  Begciffe  »Horst«  und  »Graben«  sind  bekanntlick  durck  E.  Suess 
(Anti,  der  Erde,  I.  Teil,  S.  166/87)  aus  der  Bergmannsspracke  in  die 
Spracke  des  Geologen  eingefiikrt  worden.  Suess  verstand  unter  einem 
Graben  einen  versenkten  Streifen  der  Erdkruste  und  unter  dem  Horst 
den  trennenden  Riicken  zwiscken  zwei  Graben,  d.  k.  einen  steken- 
bleibenden  Teil  inmitten  der  zur  Tiefe  sinkenden  Sckollen.  Die  Be- 
zeicknungen  ))Graben«  und  »Horst«  sind  derartig  in  die  geologiscke 
Wissensckaft  eingebiirgert,  daB  man  sie  beibekalten  muB,  auck  wenn 
man  die  von  Suess  gegebene  genetiscke  Erklarung,  zunackst,  was  die 
Horste  anlangb,  dann  aber  auck  kinsicktlick  der  Mekrzakl  der  Graben, 
ableknt,  — -  nur  muB  man  die  Bezeicknungen  nickt  mekr,  wie  Suess 
es  tat,  genetisck,  sondern  rein  besckreibend  verwenden  und  also  unter 
einen  Graben  einen  von  Verwerfungen  umrandeten  Streifen  jiingerer 
Sckickten  in  mitten  alteren  Gebirges,  unter  einem  »Horsk«  einen  von 
Verwerfungen  umrandeten  Komplex  alterer  Sckickten  zwiscken  j linger en 
versteken. 

Die  Gebilde,  die  nack  diesem  rein  besckreibenden  Verfakren  als 
Horst  oder  Graben  bezeicknet  werden,  sind  ikrer  Entstekung  nack 

H.  Stille,  Untergrund  der  Liineburger  Heide  usw.  4.  Jahresber.  Nieder- 
sacks.  geol.  Ver.  1911,  S.  259. 

2)  Hieriiber  vgl.  H.  Stille,  Das  tektonische  Bild  des  Benther  Sattels.  7.  Jah¬ 
resber.  Niedersachs.  geol.  Ver.,  S.  270ff.,  spez.  Kap.  IX. 


H.  Stille  —  Injektivfaltung  u.  damit  znsammenhangende  Erscheinungen.  137 

recht  verschieden,  und  besonders  sind  zwei  groBe  Gruppen  zu  unter- 
scheiden1),  namlich 

1.  Horste  und  Graben  rein  orogenetischer  Entstehung: 

Undnlationshorste  und  Undulationsgraben. 

2.  Horste  und  Graben,  die  im  wesentlichen  epirogenetischer  Ent¬ 
stehung  sind,  die  allerdings  die  durch  den  Begriff  Horst  und 
Graben  erforderte  Umrandung  durch  Briiche  erst  nachtraglich, 
und  zwar  in  den  orogenetischen  Phasen,  erhalten  haben: 

Undationshorste  und  Undationsgraben. 


2.  Undulationshorste  und  Undulationsgraben. 

(Schollenhorste  und  jSchollengraben. ) 

Undulationshorste  und  Undulationsgraben  sind  Begleit- 
erscheinungen  der  Bruchfaltung,  z.  B.  der  saxonischen,  und  konnen 
darum  auch  als  »Faltungsgraben«  und  »Ealtungshorste«  bezeichnet 
werden.  Die  Horste  sind  in  der  ganz  liber wiegenden  Zahl  der  Falle 
durch  Briiche  modifizierte  Sattelkerne  ( »Sattelhorste «),  in  Ausnahme- 
fallen  auch  einmal  Schollen  alterer  Schichten,  die  durch  lokale  Kom- 
plikationen  auBerhalb  der  Sattellinien  in  jiingere  Umgebung  gelangt 
sind  (vgl.  z.  B.  die  »Grabenhorste«  Hessens).  —  Die  Graben  sind  in 
ihrer  allergroBten  Zahl  durch  Bruchbildung  modifizierte  Mulden  (»Mul- 
dengraben«),  in  Ausnahmef alien  Einstiirze  oder  Einpressungen  auBer¬ 
halb  der  Mulden,  z.  B.  in  Sattelspalten  ( )>Sattelgraben«)  oder  Quer- 
briiche  (»Quergraben«),  die  bei  der  Faltung  aufreiBen.  Undulations¬ 
horste  und  Undulationsgraben  sind  zwar  ganz  besonders  charakte- 
ristische  Erscheinungen  der  inkongruenten  saxonischen  Faltung  (De- 
jektivgraben  des  niederhessischen  und  Ejektivhorste  des  nordhannover- 
schen  Typus),  finden  sich  aber  auch  recht  haufig  bei  der  kongruenten 
Faltung  ein,  denn  auch  hier  umgrenzen  sich  haufig  die  Sattel-  und 
Muldenkerne  mit  Verwerf ungen  und  rufen  dadurch  die  Erscheinungen 
eines  Horstes  ( H  in  Fig.  3)  oder  eines  Grabens  (G  in  Fig.  3)  hervor. 

Fur  die  Undulationshorste  und  Undulationsgraben  erscheinen  mir 
die  Bezeichnungen  »Schollenhorste«  und  ))Schollengraben«  des- 
wegen  einigermaBen  treffend,  weil  diese  Bezeichnungen  —  gerade  im 
Gegensatze  zu  den  Horst en  und  Graben  undatorischer  Entstehung 
(s.  unten)  —  zum  Ausdruck  bringen,  daB  es  sich  nur  um  Teilstiicke 
(Schollen)  aus  einer  groBeren  Einheit  gleicher  geologischer  Yorgeschichte 
handelt.  Besondere  Formen  sind  die  »injektiven«  Schollengraben  und 

Schollenhorste  und  der  extremste  Fall  der  letzteren  ist  der  »Salz- 

.  < 

stock  «. 


U  Auf  die  Unterscheidung  epirogenetischer  >>Undationshorste «  und  orogene¬ 
tischer  »Undulationshorste«  habe  ich  schon  in  dem  obenerwahnten  Aufsatze  liber 
die  »Saxonische  Faltung*  hingewiesen. 

Geologische  Rundschau.  VIII. 


10 


138 


L  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


3.  TJndationshorste  und  Undationsgraben. 

(Scliwellenliorste  und  Beckengraben.) 

Undationshorste  ())Schwellenhorste«)  sind  Schwellen  epiro- 
genetiscber  (sakularer)  Entstebung,  entlang  deren'  Randern  in  spaterer 
Zeit  Verwerfungen  aufgerissen  sind;  so  wurden  die  Schwellen  zu 
»  Schwellenhorsten  «  urngef  ormt . 

Undationsgraben  (»Beckengraben«  oder  »Grabenbecken«)  sind 
Senken  von  geosynklinalem  Charakter,  —  d.  h.  also  Regionen  saku¬ 
larer  epirogenetischer  Senkung  — ,  die  sick  in  den  orogenetischen  Phasen 
mit  Brlichen  umzogen  haben. 

Das  AufreiBen  der  Verwerfungen  ist  aber  in  der  Geschichte  und  im 
Gesamtbilde  dieser  Horste  und  Graben  gegeniiber  den  undatorischen 
Vorgangen  eine  so  unbedeutende  Erscheinung,  daB  sich  die  Bezeich- 
nung  »Undat  ions  horste «  und  »Undationsgraben«  wohl  rechtfertigt. 

Die  Schwellenhorste  und  Beckengraben  waren  also  schon  vor  den 
Perioden  der  Faltung  und  Bruchbildung  tektonische  Hoch-  bzw.  Tiefen- 
zonen  gegeniiber  ihrer  Nackbarschaft,  die  Schollenhorste  und  Schollen- 
graben  sind  es  erst  in  diesen  Perioden  geworden.  DaB  aber  die  Rand- 
verwerfungen  der  Schwellenhorste  und  Beckengraben  nachtragliche 
Zutaten  zu  den  praexistierenden  Schwellen  und  Becken  und  nicht 
die  Ursache  der  Hebungen  und  Senkungen  derselben  sind,  laBt 
sich  im  Boden  Deutschland^  deshalb  so  einwandsfrei  beweisen,  weil 
hier  die  Randzonen  alter  Meeresbecken  unter  besonders  glinstigen  Ver- 
haltnissen  genauer  Beobachtung  zuganglich  sind  und  gerade  fiber  das 
Alter  der  Verwerfungen  ein  gesichertes  Urteil  infolge  besonders  giin- 
stiger  Falle  transgredierender  Lagerung  moglich  ist.  Die  Rheinische 
Masse  erhob  sich  als  alte  Schwelle  schon  in  der  Zechsteinzeit  liber  die 
ostlich  von  ihr  liegende  Hessische  Senke  und  liber  das  nordostlich  und 
nordlich  liegende  Niederdeutsche  Becken  und  sie  ist  heute  von  einem 
Bruchsysteme  umsaumt,  das  ihr  den  Charakter  als  » Horst «  verleiht. 
Diese  Randbriiche  sind  aber  nicht  entstanden  in  den  Zeiten  der  starken 
Absenkungen,  in  denen  im  Niederdeutschen  Becken  und  zum  Teil  auch 
in  der  Hessischen  Senke  der  Ozean  wogte  oder  festlandiscke  Sedimenta¬ 
tion  vor  sich  ging,  —  denn  dann  miiBten  sie  in  den  Lagerungsformen 
und  Verbandsverhaltnissen  der  permisch-triadisch-jurassischen  Schichten 
zum  Ausdrucke  kommen,  —  sondern,  me  sich  an  der  Nordostecke  der 
Rheinischen  Masse  so  ausgezeichnet  nachweisen  laBt,  erst  im  Ausgange 
der  Jurazeit  und  vor  Ablagerung  der  Kreide,  d.  h.  in  einer  der  groBen 
orogenetischen  Phasen  der  saxonischen  Faltung;  zum  Teil  sind  sie 
dann  in  spiiteren  Faltungsphasen  nochmals  aufgerissen. 

Gehen  wir  in  andere  Randzonen  der  alten  Becken,  z.  B.  zum  West- 
rande  der  Bohmischen  Masse,  so  sprechen  dort  die  Lagerungs-  und  Ver- 
bandsverhaltnisse  der  Schichten  gegen  jegliche  jungpalaozoisch-triadisch- 
alterjurassische  Verwerfung,  d.  h.  auch  hier  hat  die  Beckenabsenkung 


H.  Stille  —  Injektivfaltnng  u.  damit  zusammenhangende  Erscheinungen.  139 

der  damaligen  Zeiten  unabhangig  von  Verwerf ungen  stattgefunden,  — 
und  am  Ende  ergibt  sich  aus  alien  derartigen  Einzelfeststellungen  die 
gesicherte  Erfahrung,  daB  die  fossilen  deutschen  Meere  nicbt  einge- 
b roc  hen  sind,  sondern  sich  ohne  Mitwirkung  von  Briichen  als  Syn- 
khnalen  groBer  Spann weite  sakular  eingesenkt  haben.  Diese  gesicherte 
Erfahrung,  die  wir  in  die  Formel 

»Erst  (sakulare)  Senkung,  dann  Bruchs 

kleiden  konnen,  steht  allerdings  in  starkstem  Widerspruche  zu  dem, 
was  wir  sonst  in  der  geologischen  Literatur,  liber  die  Entstehung  und 
Eortbildung  der  Meeresbecken  zu  lesen  pflegen  und  was  hinauskommt 
auf  die  Formel 

»Erst  Bruch ,  dann  Senkunga, 

»Die  Einbriiche  sind  es,  welche  die  Wasser  in  tiefen  Weltmeeren 
gesammelt  haben «,  so  sagt  Suess  1885  im  SchluBabsatze  des  ersten 
Bandes  des  »Antlitzes  der  Erde«,  und  dieser  Gedanke  erscheint  auch 
in  den  spateren  Banden  dieses  Fundamentalwerkes  der  synth etischen 
Erdforschung  immer  wieder,  so  auch  noch  im  SchluBkapitel  des  1912 
erschienenen  letzten  Bandes,  wo  es  dann  weiter  heiBt  (S.  720),  daB 
wuberhaupt,  mit  Ausnahme  von  Buchten  in  Kiaskiisten,  kein  Meeresteil 
bekannt  ist,  der  durch  lateralen  Druck  als  Synklinale  erzeugt  ware«. 
Ich  komme  darauf  an  anderer  Stelle  zuriick,  denn  eine  befriedigende 
allgemeinere  Auseinandersetzung  liber  diese  Dinge  ist  erst  moglich, 
nachdem  gewisse  grundlegende  Gesetze  der  Undation  behandelt  sein 
werden. 

Nur  auf  das  Hauptargument,  das  Suess  (vgl.  u.  a.  Antlitz  III, 
Bd.  2,  S.  690)  als  Beweis  fiir  die  Entstehung  der  Meeresbecken  durch 
Einbruch  bringt,  sei  deshalb  hier  kurz  eingegangen,  weil  es  mit  der 
gleichen  Beweiskraft,  die  es  an  anderer  Stelle  haben  soli,  auch  auf  die 
Entstehung  der  alten  deutschen  Meeresbecken  anwendbar  ware.  »Die 
Begriindung  ergibt  sich  aus  den  die  Struktur  durchschneidenden  Um- 
rissen  der  atlantischen  Horste,  dem  Abbrechen  ganzer  Faltenziige  und 
dem  nicht  seltenen  Vortreten  pflanzenfiihrender  Schichten  an  die  Ufer«, 
so  heiBt  es  bei  Suess.  Durchschneiden  nicht  auch  die  Umrisse  der  alten 
deutschen  Becken  die  Struktur  der  Horste  weithin  in  genau  so  scharfer 
Weise  wie  etwa  der  Band  des  Atlantischen  Ozeans  die  Struktur  der 
Meseta  an  der  Ostkiiste  der  Iberischen  Halbinsel  oder  diejenige  der 
Bretonischen  Masse  abschneidet?  Brechen  die  variscischen  Faltenziige 
nicht  an  dem  alten  West-,  Ost-  und  Nordostrande  der  Rheinischen 
Masse  ebenso  ab,  wie  die  armorikanischen  Falten  an  den  heutigen 
atlantischen  Kiisten?  Traten  nicht  pflanzenfiihrende  Schichten  des 
Karbons  im  jiingsten  Palaozoikum  und  Mesozoikum  in  Nordwest- 
deutschland  ebenso  an  das  Meer  heran,  wie  heute  noch  die  von  Suess 
so  oft  im  Zusammenhange  mit  der  Entstehung  des  Indischen  Ozeans 
erwahnten  Gondwanaschichten  des  slidostlichen  Afrikas?  Aber  trotz 


10* 


140 


J,  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


des  Zutreffens  der  SuESSschen  Argumente  waren  die  durch  Kiisten 

von  dur chaus  »atlantisclier<(  Struktur  umsaumten  dentscken  fossilen 

Meere  nicht  eingebrochen,  sondern  bruchlos  eingesunken.  Wenn 

die  Argumente  aber  hier  keine  beweisende  Kraft  haben,  so  kann 

man  die  beweisende  Kraft  aucb  an  anderer  Stelle  nicht  anerkennen. 

/ 

DaB  sich  der  Strand  der  fossilen  deutschen  Meere  weithin  senkrecbt 
und  schief  zu  den  alten  Falten  einstellte,  erklart  sick  durcb  ganz 
andere  Yerhaltnisse,  namlich  durch  die  Neuorientierung  der  nach- 
variscischen  Undation,  und  deren  Griinden  miissen  wir  nachgehen,  um 
das  zu  deuten,  was  im  Sinne  von  Suess  die  Entstehung  der  Meeres- 
becken  durch  Einbruch  beweisen  soil. 

4.  Unterscheidung  von  Horsten  und  Graben  undatorischer  und 

undulatorischer  Entstehung. 

i  Ob  nun  ein  Graben  oder  Horst  ein  undatorisches  oder  undulatorisches 
Gebilde  ist,  muB  im  allgemeinen  aus  seiner  und  seiner  Umgebung  Yor- 
geschichte  abgeleitet  werden.  Fallt  der  Graben  annahernd  mit  einem 
alten  Sedimentationsraume  oder  fallt  der  Horst  annahernd  mit  einer 
alten  Sohwelle  zusammen,  so  handelt  es  sich  um  undatorische  Gebilde ; 
sind  die  Graben  und  Horste  aber  nur  kleine  Teile  eines  groBeren  Schich- 
tensystem.es  mit  liber  einstimmender  Yorgeschichte,  so  handelt  es  sich 
um  Gebilde  undulatorischer  Art.  Alle  die  kleinen  Horste  und  Graben 
inmitten  der  saxonischen  Faltungsf elder  sind  natiirlich  orogenetischer 
Entstehung,  wahrend  die  Horste  und  Graben  epirogenetischer  Abkunft 
weit  gcoBerer  Einheiten  zu  sein  pflegen. 

In  den  Randzonen  der  Beckengraben  wird  sich  im  allgemeinen  die 
ehemalige  Nahe  der  Festlandschwelle  im  Auskeilen  oder  in  der  ver min¬ 
der  ten  Machtigkeit  oder  in  den  lithologisclien  und  sonstigen  faziellen 
Yerhaltnissen  oder  in  den  Lagerungsformen  wenigstens  einzelner  der 
sbratigraphisohen  Horizonte  zu  erkennen  geben.  Immerhin  wird  in 
manchen  Fallen  die  Entscheidung,  ob  ein  orogenetisches  oder  ein  epiro- 
genetisches  Ge*bilde  vorliegfc,  nicht  ganz  leicht  sein.  Sie  hat  sich  dann 
auf  sorglaltigste  Studien  stratigraphisch-fazieller  Art,  wie  sie  z.  B.  der 
durch  den  Tod  ftir  das  Yaterland  leider  uns  so  frith  entrissene  Th. 
Ba.iNDES  liber  den  norddeutschen  Lias  in  vorbildlicher  Weise  angestellt 
hat,  zu  griinden.  Wo  heufce  der  »Horst«  des  Soilings  liegt,  befand  sich 
nach  Bra.'ntdes  zur  Liaszeit  schon  eine  Sollinginsel  und  etwa  entlang  dem 
Hordrande  dieser  lag  ja  auch  durch  lange  Zeiten  der  Erdgeschichte  das 
Hiedersachsische  Ufer.  Und  so  ist  der  Soiling  ein  Schwellenhorst,  — 
allerdings  nur  in  Bezieliung  auf  sein  nordliclies  und  zum  Teil  auch  auf 
ein  ostliches  und  westliches  Yorland.  Er  ist  namlich  der  nordlichste 
Auslaufer  der  Buntsandsteingebiete  Niederhessens,  die  wieder  ein 
Senkungsfeld  gegeniiber  der  Rheinischen  Masse  darstellen.  Eine 
Absenkung  der  Hessischen  Senke  gegeniiber  der  Rheinischen  Masse 


H.  Sulle  —  Injektivfaltung  u.  damit  zusammenhangende  Erscheinungen.  141 


und  die  Absenkung  des  Niederdeutschen  Beckens  gegeniiber  der 
Hessiscben  Senke,  —  das  sind  die  Tatsachen,  die  uns  den  Soiling 
einerseits  als  Teil  eines  groBen  Senkungsfeldes  und  gleichzeitig  als 
Horst  gegeniiber  einer  tieferen  Senkung  erklaren.  Die  Hessische 
Senke  ist  in  ihrer  Gesamtheit  ein  undatorisclies  Grabenfeld  oder  wenig- 
stens  der  Teil  eines  solchen.  Schon  zur  Zechsteinzeit  deulete  sich  die 
heutige  Zone  ihres  Abbrucbes  gegen  die  Rheinische  Masse  als  Randzone 
einer  Senke  gegen  eine  Schwelle  an.  Im  Jura  vermittelte  die  Hessische 
Senke  die  letzten  Verbindungen  zwischen  dem  siiddeutschen  und  dem 
norddeutschen  Meere  und  im  Tertiar,  speziell  im  Oligozan,  schob  sich 
in  ihr  das  Nordmeer  wieder  weit  slidwarts  vor.  Das  groBe  undatorische 
Senkungsfeld  wird  nun  durch  die  schmalen  hessischen  Graben  durch- 
zogen,  die  undulatorischer  Entstehung  sind.  Ein  und  derselbe  orogene- 
tische  Vorgang  hat  einerseits  die  Senke  in  ihrer  Gesamtheit  aus  einem 


Rheinische  Masse 


Fig.  15.  Schmale  (undulatorische)  »Schollengraben<c  in  einem  weiten 

(undatorischen)  »Beckengraben«. 


Becken  undatorischer  Entstehung  zu  einem  groBen  ))Beckengraben« 
umgestaltet  und  anderseits,  indem  der  flachgriindige  Inhalt  der  Senke 
nach  dem  dejektiven  Typus  ganz  schwach  gefaltet  wurde,  die  schmalen 
niederhessischen  ))Schollengraben«  innerhalb  des  )>Beckengrabens «  ge- 
schaffen.  3 

...  jL 

5.  Hebung  und  Senkung  bei  der  Entstehung  der  Horste  und  Graben. 

Die  Begriffe  Horst  und  Graben  sind  zunachst  nur  relativ  zu  verstehen; 
die  durch  sie  bezeichneten  Gebilde  sind  gehoben  oder  gesunken  gegen - 
liber  ihrer  Nachbarschaft.  Ob  nun  tatsachlich  oder  doch  wenig- 
stens  in  Beziehung  auf  den  einzigen  uns  verfligbaren  Pegel,  namlich 
den  Spiegel  des  Ozeans,  Hebung  oder  Senkung  eingetreten  sei,  mag 
noch  kurz  erortert  werden.  Was  die  Horste  anlangt,  so  sind  sie  ja  von 
Suess  durch  Senkung  ihrer  Umgebung,  von  de  Lapparent,  van  Wer- 
vecke  u.  a.  durch  eigene  Hebung  erklart  worden. 

Die  Horste  und  Graben  undulatorischer  und  diejenigen  undatorischer 
Entstehung  mussen  wir  scharf  auseinander  halten.  "  >  .  ,  t  j 

Undulationshorste  (Schollenhorste)  und  Undulationsgraben  (Schollen- 
graben)  entstehen  unter  eigener  Aufwartsbewegung,  und  bei  den  Un¬ 
dulationsgraben  liegt  eben  nur  ein  relatives  Zuruckbleiben,  vergleich“ 
bar  in  diesem  Sinne  dem  Zuruckbleiben  der  Mulde  gegeniiber  dem  Sattel 
in  einer  unter  orogenetischem  Druck  aufsteigenden  Faltungszone,  vor. 


142 


I.  Aufsatze  und  Mitteilungen. 


Die  Undationshorste  (Schwellenhorste)  werden  in  der  ersten  und 
langsten  und  bedeutungsvollsten  Phase  ihrer  Geschichte  (als  Schwellen) 
gehoben  unter  gleichzeitiger  Senkung  ihrer  Umgebung:  in  der  kurzen 
zweiten  Phase  ihrer  Umgestaltung  zu  »Horsten«  scheinen  sie  ihr  Xiveau 
zum  ozeanischen  Spiegel  einigermaBen  beizubehalten1),  wahrend  die 
angrenzendeh  Senken,  wenigstens  in  den  Randzonen,  aufsteigen,  wenn 
auch  nicht  so  stark,  daB  ihre  vorangegangene  (sakulare)  Senkung 
wieder  ausgeglichen  wiirde. 

Die  Undationsgraben  (Beckengraben)  sinken  in  der  ersten  und 
langsten  Phase  ihrer  Entstehung  (als  Becken)  ein,  heben  sich  aber  bei 
der  Umformung  zu  Beckengraben  wenigstens  in  ihrer  Randzone  gegen- 
iiber  ihren  Rahmen  wieder  um  einen  gewissen  Betrag  heraus.  Ich 
wies  schon  friiher  einmal  auf  das  zunachst  etwas  paradox  klingende 
Resultat  hin2),  daB  unsere  groBen  Becken  undatorischer  Entstehung 
zu  »Graben«  nicht  durch  einen  Akt  der  Senkung  gegeniiber- den  groBen 
Horsten  geworden  sind,  sondern  durch  einen  Akt  der  Hebung. 

Douai,  im  Dezember  1916. 


1)  Jedenfalls  ist  ihre  Hebung  unbedeutend  ini  Vergleiche  zu  derjenigen  der 
angrenzenden  Randzonen  der  Becken. 

2)  Saxonische  » Faltung  « ,  1.  c. 


II.  Besprechungen. 


Die  Geologie  von  Neuseeland. 

Yon  Otto  Wilckens  (StraBburg  i.  E.). 

Literatur. 

1.  J.  Park,  The  Geology  of  New  Zealand,  x4.ii  Introduction  to  the  Historical, 
Structural  and  Economic  Geology.  488  S.,  145  Abb.,  27  Taf.,  1  geol.  Karte.  1910. 

2.  P.  Marshall,  New  Zealand  and  Adjacent  Islands.  Handbucli  der  regio- 
nalen  Geologie,  herausgegeben  von  G.  Steinmann  und  0.  Wilckens.  5.  Heft 
(Band  VII,  1).  78  S.,  18  Abb.  1911. 

3.  P.  Marshall,  Geology  of  New  Zealand.  218  S.,  112  Abb.,  1  geol.  Karte. 
1912. 

S-onst  noch  benutzte  Literatur  ist  jeweils  aufgefiihrt. 


tlber  Neuseeland  gibt  es  eine  leidlich  umfangreiche  geologisclie 
Literatur1),  auch  bat  das  Land  verhaltnismaBig  frith  eine  geologische 
Landesanstalt  erhalten,  die  nacb  einer  langeren  Unterbrechung  in 
neuerer  Zeit  wieder  ins  Leben  gerufen  ist  und  recbt  hubsche  Beschrei- 
bungen  ‘einzelner  Gebiete  veroffentlicht  hat.  Nunmehr  sind  aucb  in 
kurzen  Zeitabstanden  die  drei  obengenannten  zusammenfassenden  Dar- 
stellungen  der  Geologie  Neuseelands  erscbienen.  Nacb  Anlage,  Umfang 
und  Ausstattung  sind  sie  sehr  verscbieden  und  keine  macbt  die  andere 
entbebrlich.  Was  aus  alien  drei  Bucher  n  deutlicb  bervorleuchtet,  das 
ist  die  groBe  Unsicberlieit,  die  noch  immer  in  der  Beantwortung  vieler 
Fragen  der  neuseelandischen  Geologie  berrscbt,  namentlicb  bezuglicb 
der  Stratigrapliie.  Hieran  ist  teils  der  Mangel  an  Verst  einer  ungen,  teils 
das  Fehlen  der  palaontologischen  Bearbeitung  derselben  scbuld.  Neu¬ 
seeland  ist  so  reich  an  nutzbaren  Lagerstatten,  namentlich  von  Gold 
und  Koblen,  daB  sicb  die  einbeimiscben  Geologen  mit  Yorliebe  der 
Untersucbung  dieser  Vorkommen  zugewandt  baben.  Ein  wissenschaft- 
liches  Werk  wie  das  der  Novara-Expedition  ist  nie  wieder  iiber  Neusee¬ 
land  erschienen,  und  die  bildliche  Darstellung  der  Versteinerungen  in 
Parks  Buch  ist  meist  nur  eine  Wiedergabe  der  Tafeln  aus  dem  Novara- 
Werk  sowie  der  sebr  einfachen  Abbildungen  Hectors  aus  dem  Katalog 
zur  »Indian  and  Colonial  Exhibition  London  1886  «.  Wie  groB  die  Ver- 
scbiedenheit  zwiscben  Parks  und  Marshalls  Angaben  iiber  die  Schicht- 
folge  sind,  erkennt  man  leicbt  aus  der  Gegenuberstellung  beider: 

B  )>Die  geologische  Literatur  iiber  Neuseeland  bis  zum  Jahre  1907,  zusammen- 
gestellt  von  0.  Wilckens.  «  N.  Jalirb.  f.  M.  G.  P.  1909.  II.  265 — 332  —  und 
»Additions  to  Wilckens’  catalogue  up  to  1910  cc  in  P.  Marshall,  New  Zealand 
and  adjacent  Islands  (s.  oben),  S.  70 — 71. 


144 


II.  Besprech  ungen. 


Park  1910 


Marshall  1911  u.  1912 


— 

Archaikum 

1  Cambrium 

Manapouri-System  - 

1  Unt.  Silur 

1  Ob.  Silur 

— 

Devon 

Te  Anau-System 

Carbon 

1  Perm 

Hokonui-System 

Trias 

1  Jura 

Amuri-System 

Kreide 

Karamea-System 

Alttertiar 

W  anganui-System 

Jungtertiar 

Pleistocan 

Diluvium 

Recent 

Alluvium 

Manapouri-System 

Aorere-System 

/ 

Baton  River-System 


Maitai-System 

Oamuru-System 

Wanganui-System 

Pleistocan 

Recent 


Die  Unstimmigkeiten  zwischen  beiden  Verfassern  betreffen  einmal 
die  Stellung  groBer  Schichtkomplexe,  besonders  die  der  Maitaisch.ich.ten, 
die  nach  Park  ein  Teil  des  Te  Anau-Systems  nnd  damit  Carbon  sind, 
nach  Marshall  zuni  Maitai-System  nnd  damit  zn  Trias-Jnra  gehoren. 
Sodann  betreffen  sie  die  Benennung  der  Systeme,  indem  nnr  fiir  das 
Manapouri-  nnd  fiir  das  Wanganni- System  von  beiden  Verfassern  der- 
selbe  Name  gewahlt  wird,  sonst  aber  hberall  verschiedene,  wobei  aber 
das  Manapouri-System  anch  verschieden  begrenzt  wird.  Die  farbigen 
geologischen  Karten,  die  Park  und  Marshall  (3)  geben,  bieten  denn 
anch  ein  sehr  verschiedenes  Bild;  nnr  in  den  grobsten  Zhgen  stimmen 
sie  iiberein.  Folgende  Gesteinsgruppen  sind  mit  besonderer  Farbe  aus- 
geschieden: 

Marshall  :  Park  : 


Pleistocene  and  Recent 
Wanganni  (Pliocene) 

Oamaru  (Cainozoic) 

Hokonni  (Jurassic) 

Maitai  (Triassic) 

Baton  River  (Silurian) 

Aorere  (Ordovician) 

Metamorphic  Schists 
Manapouri  (Archaean?) 

Granite  (Intrusive  Post-Triassic?) 
Rhyolite  (Miocene  and  later) 
Andesites,  Basalts  etc.  (Miocene 
and  later) 

Peridotites  (Intrusive  Post-Triassic) 


Recent  and  Pleistocene 
Pliocene  to  Upper  Eocene 
Upper  Cretaceous 
Permo-jurassic 

Ordovician  to  Carboniferous 

Cambrian 

Basic  and  Semibasic  V olcanic  Rocks 
Acidic  Volcanic  Rocks 


Otto  Wilckens  —  Die  Geologie  von  Neuseeland. 


145 


Es  muB  erwahnt  werden,  daB  die  Unterscheidnng  der  Formationen 
auf  Marshalls  Karten  mit  der  in  Marshalls  Text  nicht  ganz  uberein- 
stimmt,  insofern  als  Marshall  an  letzterer  Stelle  die  metamorphen 
Schiefer  zu  Trias- Jura  zieht  und  den  Jura  nicht  besonders  als  Hokonui 
abtrennt.  Es  moge  ferner  gleich  hier  erwahnt  werden,  daB  die  beiden 
Karten  imYerlauf  der  geologischen  Grenzen  derartige  Verschiedenheiten 
zeigen,  daB  man  es  manchmal  unbegreiflich  finden  muB.  Einiges  davon 
sei  hier  aufgefiihrt:  die  Ausdehnung  der  Trias  in  der  Kette  der  Nordinsel 
sowie  in  der  Coromandelhalbinsel,  die  Verbreitung  der  vulkanischen 
Gesteine  am  Mt.  Egmont,  die  Ausdehnung  der  Eruptivgesteine  im 
NW.-Sporn  der  Nordinsel  und  in  der  Gegend  westlich  von  Oamaru.  Das 
sind  Dinge,  in  denen  eigentlich  doch  Obereinstimmung  herrschen  miiBte, 
wenn  nicht  auf  der  einen  oder  der  anderen  Karte  Fehler  sind.  DaB 
die  gebirgigen  Teile  der  Siidinsel  auf  den  beiden  Karten  ganz  ver- 
schiedene  Bilder  liefern,  ist  weniger  ver Wunderlich.  Wir  kommen  auf 
diesen  Punkt  noch  zuriick. 

Die  einheimischen  neuseelandischen  Geologen  betonen  gern,  daB 
man  die  Reihe  der  geologischen  Formationen  ihres  Landes  nicht  in  das 
in  Europa  entstandene  stratigraphische  Schema  einzwangen  diirfe.  Dem 
kann  man  beistimmen,  soweit  nicht  darin  der  Verzicht  liegt,  das  Alter 
der  neuseelandischen  Schichtgruppen  auf  das  internationale  Schema 
der  Formationen  zu  beziehen.  Dies  letztere  ist  selbstverstandlich  un- 
umganglich  notig,  wenn  man  sich  iiber  das  Alter  der  neuseelandischen 
Gesteine  verstandigen  und  die  Ereignisse  in  den  einzelnen  Perioden 
der  Erdgeschichte,  soweit  sie  sich  im  westlichen  Pazifik  abgespielt  haben, 
mit  denen  in  der  ubrigen  Welt  vergleichen  und  verknlipfen  will.  Nicht 
angangig  ist  es  daher,  wenn  Oberkreide  und  Tertiar,  wie  Marshall 
es  tut,  in  einem  einzigen  ))Oamaru- System «  vereinigt  werden. 

Hier  wie  bei  einigen  anderen  Forma tionsbegrenzungen  spielt  die 
Unterschatzung  eine  groBe  Rolle,  mit  der  die  einheimischen  neuseelan¬ 
dischen  Geologen  die  Erosionsdiskordanzen  behandeln.  Es  wird  be- 
hauptet,  daB  die  Waipara-  und  die  Oamaruschichten  vollig  konkor- 
dant  aufeinander  ruhen.  Nirgends  sei  eine  Diskordanz  zu  beobachten. 
Aber  wenn  auch  eine  Dislokationsdiskordanz  nicht  vorhanden  ist, 
so  kommen  doch  in  den  erstgenannten  Schichten  typische  Vertreter 
der  mesozoischen  Tier  welt,  in  den  letztgenannten  typische  tertiare 
Fossilien  vor.  Deshalb  diirfen  trotz  der  Lagerungsverhaltnisse  die 
beiden  Komplexe  nicht  vereinigt  werden;  der  eine  ist  Oberkreide,  der 
andere  Alttertiar. 

Nicht  einverstanden  sind  wir  ferner  mit  der  Belegung  von  Unter- 
abteilungen  der  Systeme  mit  den  Namen  der  Systeme,  z.  B.  Unterab- 
teilung  Te  Anau-Serie  des  Te  Anau- Systems. 


146 


II.  Besprechungen. 


I.  Stratigraphie. 

Das  Bild,  das  sich  aus  den  Buchern  von  Park  nnd  Marshall  von 
der  neuseelandischen  Stratigraphie  ergibt,  ist  etwa  folgendes: 

Als  alteste  Gesteine  der  Insel  gelten  die  Tiefengesteine  des  Mana- 
pouri-Systems,  die  den  siidwestlichen  Teil  der  Siidinsel,  das  sogenannte 
Fjordland,  bis  zum  Te  Anan-See  sowie  den  siidlichen  Teil  der  Stewart- 
insel  aufbauen,  Diese  Gesteine,  die  z.  T.  gneisartige  Eigenschaften 
haben,  sind  vorwiegend  dioritisch.  Der  Dioritgneis  fiihrt  oft  Granat, 
enthalt  manchmal  Ampbibolitmassen.  Sonst  kommen  nock  Pyroxen- 
grannlit  und  Granitgneis,  ancb  Marmor  (am  Caswell  Sound  und  Hall’s 
arm  des  Doubtful  Sound)  vor.  An  der  Anita-Bay  am  Eingang  des  Milford 
Sund  findet  sich  eine  Zone  ultra basischer  Gesteine  (Dunit,  Harzburgit). 

Das  Gebiet  dieser  Manapourigesteine  ist  stark  bewaldet,  sebr  ge- 
birgig,  auBerordentlich  regenreicli,  arm  an  Siedelungen  und  daher  geo- 
logisch  sehr  wenig  erforsclit.  Der  Yerband  mit  den  Nachbargesteinen 
ist  unbekannt,  die  groBe  Verwerfung,  die  nacli  Hutton  das  ganze  Gebiet 
gegen  Osten  begrenzen  soil,  nicht  nachgewiesen.  Die  alteren  Schatzungen 
der  Machtigkeit  dieser  Gesteine  sind  natiirlich  unbrauchbar,  da  es  sick 
offenbar  ganz  vorwiegend  um  Gesteine  eruptiven  Ursprungs  handelt. 
Das  Manapouri-System  ist  als  Archaikum,  Pracambrium  und  Cambrium 
angesprocben  worden.  Die  Altersbestimmung  ist  aber  scbwierig,  etwa 
so  wie  bei  unseren  Schwarzwaldgneisen.  j  '  -  j  , 

Die  alteste  fossilfiihrende  Formation  von  Neuseeland  ist  Enter  - 
silur  mit  Graptolitben.  Es  findet  sicli  im  auBersten  Siidwesten  der  Siid- 
insel  am  Preservation  Inlet  und,  besser  bekannt,  im  auBersten  Nord- 
westen  in  der  Provinz  Nelson.  Hier,  in  der  Nahe  des  West-Wanganui- 
Inlet,  sind  die  Graptolithenschiefer  (welcke  Formen  wie  Bryograplus 
Lapworthi  Kuedem.,  Dichograptus  octobrachiatus  Hall,  Didymograptus 
extensus  Hall,  D.  nitidus  Hall,  D.  nanus  Lapw.,  Goniograptus  per- 
flexilis  Ruedem.,  G.  geometricus  Ruedem.,  Loganograptus  logani  Hall, 
Phyllograptus  anna  Hall,  Ph.  typus  Hall,  Tetragraptus  arnii  Elles  and 
Wood,  T.  bigsbii  Hall,  T.  quadribrachiatus  Hall  fiihren)  mit  Grau- 
wacken  und  Quarziten  verknlipft.  Nack  Osten  folgen  Sckiefer  und  in 
diesen  Sckiefern  liegen  weiBe  und  graue  Mar  more.  Fossilien  feklen.  Das 
in  den  Silurschichten  steckende  Granitmassiv  der  Gouland  Downs  (nord- 
lickster  Teil  der  Siidinsel)  besitzt  einen  schonen  Kontakthof  mit  Ckia- 
stolitk-  und  Cordieritsckiefern.  Marshall  neiint  die  Gesteinsreike,  in 
der  die  Graptolithenschiefer  liegen  (Shake spear  parallelisiert  dieselben 
mit  den  mittleren  Skiddaw  Slates  Englands),  das  Aorere-System,  Park 
bezeichnet  sie  als  Kakanui-Serie  seines  Manapouri-Systems. 

Am  Baton  River,  64  km  von  der  Fundstelle  des  graptolitkenfukrenden 
Untersilurs  entfernt  und  von  diesem  durch  ein  stark  bewaldetes  Berg- 
land  getrennt,  finden  sick  in  einem  blaulichen  tonigen  Kalkstein  Fossilien, 
unter  denen  McKay  u.  a.  folgende  anfiikrt:  *Calymene  Blumenbachi, 
*Homalonotus  Knightii,  *Murchisonia  terebralis,  Avicula  lammoniensis, 


Otto  Wilckens 


Die  Geologie  von  Xeuseeland. 


147 


Pterinaea  spinosa,  Spirifer  radiatus,  *  Rhynchonella  Wilsoni,  Strick- 
landia  lyrata ,  Atrypa  reticularis,  Strophomena  corrugatella ,  Chonetes  stria- 
tella,  zahlreiche  Korallen.  Die  mit  *  bezeichneten  Formen  kommen 
anch  bei  Reefton  (Lokalitat  »Lanky  Gully  «),  113  km  weiter  siidlich, 
vor;  auBerdem  werden  von  hier  Spirifer  vespertilio  und  Homalonotus 
expansus  angegeben. 

Die  Scbichten  vom  Baton  River  und  von  Reefton  werden  von  Park 
als  »Wangapeka  Series «  bezeichnet  und  mit  Hutton  ins  Obersilur 
gestellt,  Marshall  nennt  sie  »Baton  River-System «  ())Siluro-Devon«). 
Ehe  eine  zuverlassige  palaontologisclie  Untersucbung  der  Fossilien  vor- 
liegt,  muB  ein  Urteil  fiber  das  genauere  Alter  dieser  Yorkommen  zu- 
riickgestellt  werden. 

Nacb  Marshall  gibt  es  kein  Carbon  auf  Neuseeland.  Park  dagegen 
betracbtet  als  solcbes  das  )>Te  Anau- System «  mit  den  »Matai-«  und 
den  »Te  Anauschichten«.  Es  handelt  sich  bier  um  die  Gesteine,  die 
in  Otago  beiderseitig  den  NW. — SO.  streicbenden  Sattel  kristalliner 
Scbiefer  begleiten,  von  dem  nocb  die  Rede  sein  wird  (S.  148),  und  um 
die,  die  in  Collingwood  (Nelson)  das  eben  besprocbene  Obersilur  iiber- 
lagern,  sowie  um  die  »Maitaischichten«,  die  langs  der  NW.-Seite  der 
Zone  basischer  Eruptivgesteine  in  Nelson  binzieben.  Der  Name  Maitai- 
schicliten  stammt  von  Hochstetter;  Park  selbst  bat  diese  Gesteine 
zwiscbenweilig  wegen  des  angeblicben  Vorkommens  von  Inoceramus  in 
den  Jura  gestellt.  Wenn  nicbt  Maitai-  und  Te  Anauscbicbten  identiscb 
sind,  so  sind  sie  nacb  Park  die  obere  und  die  untere  Abteilung  der  Stein- 
koblenformation.  Selbstverstandlicb  kann  die  sicbere  Altersbestimmung 
dieser  Scbicbtkomplexe  nicbt  aus  ibrem  Verbande  mit  dem  Liegenden 
und  dem  Hangenden,  sondern  nur  nacb  ibrem  Fossilinbalt  erfolgen. 
Nacb  McKay  kommen  im  )>Maitaikalk «  der  Wairoaschlucbt  u.  a. 
Spirifer  bisulcatus,  Sp.  glaber,  Productus  brachythaerus  vor.  Sind  die 
Bestimmungen  ricbtig,  so  wiirde  bier  Carbon  vorliegen.  Marshall 
halt  die  Maitaischichten  der  Sudlicben  Alpen  fiir  mesozoisch.  Die  der 
Umgebung  des  Peridotitzuges  in  Nelson  sind  es  nacb  neueren  Unter- 
sucbungen  sicher1). 

Auf  vollig  sicberem  Boden  befindet  man  sich  eigentbch  erst  wieder 
bei  der  Trias.  Diese  ist  in  Neuseeland  durcb  Fossilfunde  einwandsfrei 
festgestellt  und  spielt  im  gefalteten  Gebirge  beider  Inseln  eine  wicbtige 
Rolle.  Die  Versteiiierungen  sind,  abgeseben  von  den  wenigen,  die  wir 
durcb  Zittels  Darstellung  im  Novara-Werk  kennen,  nocb  unbescbrieben. 
So  laBt  sich  nocb  nicbt  genau  sagen,  welche  Stufen  vertreten  sind.  Kalke 
feblen  ganz;  die  triadischen  Sedimente  sind  Sands t eine,  Scbiefer,  Grau- 
wacken  und  Konglomerate,  letztere  mancbmal  mit  vie!  Gerollen  eines 
auf  Neuseeland  auf  urspriingliclier  Lagerstatte  nicbt  vorkommenden 
Granites.  Ein  wicbtiges  Fossil  in  der  Trias  der  Kette  der  Nord-  und 


0  New  Zealand  Geological  Survey  Bulletin  No.  12  (New  Series). 


148 


II.  Besprechungerj. 


der  Siidinsel,  soweit  die  fossilarme  Flyschfacies  der  Trias  vorherrscht, 
ist  die  Terebellina  Me  Kayi,  eine  Wurmschale.  Bathee  und  Jawoesky 
haben  sie  besebrieben1).  Diese  Versteinerung  ermoglicht  die  Alters- 
bestimmung  dieser  Gesteine  sowie  der  isolierten  Yorkommen  gefalteter 
Sedimente  im  westlich  der  Kette  ( »Ruahinezug «  E.  Suess)  gelegenen 
Teil  der  Nordinsel,  die  friiher  als  palaozoisch  bezeichnet  wurden,  wie  es 
auch  im  Antlitz  der  Erde  (Bd.  II,  S.  181 — 187,  Bd.  Ill,  2,  S.  359)  ge- 
sebieht.  Beider  fossilleer  sind  die  machtigen  Sandsteine,  Grauwacken 
und  Scbiefer,  die  den  Hauptteil  der  Siidlicben  Alpen  und  ibre  groBten 
Bergriesen,  wie  z.  B.  den  Mount  Cook,  aufbauen.  Paek  betraebtet  sie 
als  Perm,  weil  sie  unter  der  sicheren  Trias  liegen;  aber  es  feblen  die 
Beweise  fur  diese  Altersbestimmung.  Maeshall  stellt  diese  Gesteine 
sowie  das  angebliebe  Carbon  der  Siidlicben  Alpen  in  sein  »Maitai-System 
( Trias- Jura )«,  Paek  nennt  sie  Aorangi-Serie  und  betraebtet  sie  als  alteste 
Abteilung  seines  Hokonui- Systems.  Da  die  Gesteine  des  Buabinezuges 
mit  denen  der  Siidlicben  Alpen  Abnlichkeit  baben,  konnte  man  vielleicbt 
das  triadische  Alter  als  wabrscheinlicb  annebmen.  Im  » Antlitz  der  Erde« 
sind  sie  palaozoiseb  genannt,  was  mit  Paeks  Bestimmung  gleichkame. 

Sehr  viel  weiter  auseinander  als  iiber  diese  Formation  geben  die 
Meinungen  iiber  die  Glimmer-  und  andern  kristallinen  Scbiefer,  die  das 
Gebiet  zwiseben  Wakatipu-  und  Obau-See,  Molyneux  Bay  und  Kakanui- 
Miindung2)  aufbauen  und  die  Zone  der  eben  besproebenen  sebiefrig- 
sandigen  Gesteine  der  Siidlicben  Alpen  teilen.  Der  Glimmerschiefer  ist 
in  dieser  Region  das  baufigste  Gestein,  in  geringerer  Verbreitung  finden 
sicb  Cblorit-,  Aktinolith-,  Biotit-  und  Granatscbiefer.  Auf  Maeshalls  (2) 
Karte  ersebeint  diese  Zone  mit  der  Bezeicbnung  ))inetamorpbe  Scbiefer « 
an  der  Ostkiiste  der  Siidinsel  siidlieb  von  der  Otago  Peninsula,  streiebt 
breit  durcb  Otago  in  nordwestlicber  Tticbtung,  obne  die  Westkiiste  zu 
erreicben,  biegt  jenseits  der  Wasserscbeide  unter  ganz  auBerordentbcber 
Verscbmalerung  nacb  NO.  um  und  erreiebt,  naebdem  sie  als  scbmale 
Zone  das  Faltengebirge  durcblaufen  bat  und  einmal  ganz  unterbroeben 
ist,  an  Ausdebnung  wieder  etwas  gewacbsen  am  Pelorussund  die  Cook- 
straBe.  Wegen  des  Feblens  aller  Diskordanzen  und  wegen  allmablicber 
Dbergange  betraebtet  Maeshall  diese  kristallinen  Schiefer  als  meta- 
morpbe  Trias  und  in  (2)  wird  auf  der  geologiscben  Karte  der  Siidinsel 
(S.  54)  die  ganze  Breite  der  Siidlicben  Alpen  als  »metamorpb,  wabr- 
scbeinlicb  Maitai«  bezeichnet.  Anders  Paek.  Die  breite  Scbieferzone 
in  Otago  teilt  er.  Der  mittlere  Teil  wird  auf  der  Karte  mit  derselben 
Farbe  wie  das  Gneisland  des  Sudwestens  angegeben  und  wie  diese  in  die 

C  F.  A.  Bather,  The  Mount  Torlesse  Annelid.  Geol.  Mag.  1905.  S.  532.  — 
E.  Jaworsky,  Die  systematische  und  stratigraphisclie  Stellung  von  Torlessia 
Mackayi  Bather  (=  Terebellina)  von  Neuseeland.  Zentralbl.  f.  Min.,  Geol.,  Pal. 
1915.  S.  504— 512. 

2)  Nach  Marshall  (2,  S.  17);  aber  weder  auf  Marshalls  (3)  noch  auf  Parks 
Karte  reicht  die  Zone  ostlich  bis  an  den  Obausee  heran,  wobei  allerdings  zu  beriick- 
sichtigen  ist,  daB  Park  diese  kristalline  Zone  noch  zerlegt. 


Otto  Wilckens  —  Die  Geologie  von  Neuseeland. 


149 


Maniototo-Serie  des  Manapouri-Systems  gestellt.  Diese  Zone  streicht 
erst  nordwestlich  und  biegt  dann  unter  starker  Verschmalerung  in  den 
Siidlichen  Alpen  nach  NO.  um.  Im  Norden,  vom  Brunner-See  ab,  lauft 
bei  Park  diese  Zone  aber  nicht  nordostlich  zum  Pelorus-Sund  (wie  bei 
Marshall),  sondern  nordnordostlich  zur  Golden  Bay.  Die  Gesteine  in 
dieser  Gegend  sind  nach  Marshalls  Karte  posttriadiscbe  (?)  Granite. 
Solange  diese  Zone  in  Otago  SO.-NW.-Streichen  besitzt,  wird  sie  nach 
Park  beiderseits  von  halbmetamorphen  sandigen  und  tonigen  Glimmer  - 
schiefern,  schiefrigen  Grauwacken,  Phylliten  und  Quarziten  der  Kakanui- 
Serie  (Untersilur)  begleitet.  Wo  die  kristalline  Zone  sich  verschmalert 
und  nach  NO.  umbiegt,  wird  die  ostliche  Kakanuizone  plotzlich  ab- 
geschnitten,  wahrend  die  westliche  sich,  mit  Unterbrechungen,  fort- 
setzt.  Das  plotzliche  Aufhoren  dieser  breiten  Zone  an  einer  Linie,  die 
quer  iiber  das  Streichen  verlauft  und  ihr  Ersatz  durch  mesozoische 
Schichten  ist  etwas  unwahrscheinlich  und  bietet  auf  der  PARKschen 
Karte  ein  sehr  auffallendes  Bild.  Die  Gesteine  in  Nelson,  die  bei  Mar  - 
shall  als  nordostlichste  Auslaufer  der  kristallinen  Zone  betrachtet 
werden,  gehoren  bei  Park  der  vom  Lake  Brunner  ab  plotzlich  wieder- 
erscheinenden  ostlichen  altpalaozoischen  Zone  an.  Wenn  Parks  Karte 
richtig  ware,  so  miiBte  sein  Permo- Jurassic  der  Kaikouras  und  der  Siid- 
lichen  Alpen  mit  seiner  langen  NW.-  und  seiner  kiirzeren  SW.-Grenze 
an  einem  riesigen  Bruch  gegen  das  altere  Gebirge  im  NW.  und  SW. 
abstoBen.  Aber  da  von  wird  nichts  erwahnt.  Offenbar  ist  die  Abtrennung 
der  einzelnen  Formationen  nicht  richtig. 

Die  neuseelandischen  Geologen  sind  bezuglich  des  Alters  der  meta- 
morphen  Schiefer  von  Otago  und  der  Siidlichen  Alpen  zu  sehr  ver- 
schiedenen  Ergebnissen  gelangt.  Das  Problem  ist  noch  ungelost. 

Jura  ist  in  Neuseeland  durch  Fossilien  belegt.  Park  rechnet  zu 
ihm  die  Putataka-  und  die  Matauraschichten;  erstere  sind  marin,  letztere 
reich  an  Pflanzenresten.  Palaontologisch  beschrieben  sind  nur  die 
wenigen  Arten  im  Novara-Werk,  nach  denen  Hauer  und  Zittel  das 
genauere  Alter  zu  bestimmen  nicht  in  der  Lage  waren.  Diese  Yersteine- 
rungen  stammen  vom  Kawhiahafen  an  der  Westkiiste  der  Nordinsel 
und  von  der  nordlich  da  von  gelegenen  Mundung  des  Waikatoflusses. 
AuBerdem  hat  Hector  Belemniten  beschrieben.  Fraser  und  Adams 
fanden  in  den  gefalteten  Gesteinen  der  Hauraki-Halbinsel  bei  Manaia 
nahe  Coromandel  Inoceramus  Haasti  und  Belemniten1).  Park  rechnet 
auch  die  Sandsteine  und  Grauwacken  des  Ruahinezuges  wegen  des  V or- 
kommens  von  Torlessia  (=  Terebellina)  McKayi  Bather  sp.  zum  Jura; 
wahrend  wir  sie  lieber  mit  Jaworsky  zur  Trias  stellen.  Auf  der  Slidinsel 
findet  sich  mariner  Jura  im  Siiden  in  einer  Zone,  die  an  der  Sudkiiste 
von  Fortrose  bis  zum  Catlins  River  reicht  und  von  hier  nordwestlich 
durch  die  Hokonui  Hills  streicht.  Es  sollen  in  diesem  Gebiete  verschiedene 

1)  C.  Fraser  and  J.  H.  Adams,  The  Geology  of  the  Coromandel  Subdivision, 
Hauraki,  Auckland.  N.  Z.  Geol.  Surv.  Bull.  4  (N.  S.).  1907.  S.  49 — 50. 


150 


II.  Besprechungen. 


Abteilungen  des  Jura  unterscheidbar  sein;  aber  dab  bier  die  palaonto- 
logiscbe  Grundlage  fehlt,  siebt  man  daraus,  dab  unter  den  Yersteine- 
rungen  der  einen  Inoceramus  labiatus  Schl.  angefiilirt  wird.  Die  pflanzen- 
reicben  Mataurascbicbten  schlieben  nacb  Park  die  jurassischen  Ab- 
lagerungen  nacb  oben  ab.  Sie  fiibren  Macrotaeniopteris  lata  Hector  und 
kommen  nacb  Park  bei  Kawhia,  in  den  Clent  Hills  in  Canterbury,  in 
den  Hokonui  Hills  und  an  anderen  Orten  vor.  An  der  Curiobay  an  der 
Siidkuste  der  Sudinsel  bei  Waikawa  liegt  die  rezente  Meeresterrasse  in 
einer  Schichtflache  der  jurassiscben  Ablagerungen  und  aus  dieser  Schicht¬ 
flache  ragen  eine  Menge  verkieselter  Baumstamme  beraus  (Marshall  3, 
Fig.  103). 

Die  Oberkreide^  das  sogenannte  Amuri- System  oder  die  Waipara- 
scbicbten,  liegen  nacb  den  vorbandenen  Angaben  stets  diskordant  und 
transgressiv,  und  sollen  nacb  Angabe  der  neuseelandiscben  Geologen 
nacb  der  Hauptfaltung  des  Gebirges  abgelagert  worden  sein.  An  der 
transgressiven  Lagerung  ist  wobl  nicbt  zu  zweifeln.  Das  Alter  der 
Schichten  balte  icb  wenigstens  zum  Teil  fur  obersenonisch,  und  zwar 
wegen  des  Yorkommens  einer  merkiviirdigen  von  Hector  abgebildeten1) 
Trigonia  ))sulcata «,  die  der  Trigonia  Hanetiana  der  Quiriquinaschicbten 
nabestebt2),  der  der  Gattung  Pugnellus  abnlicben  Conchothyra  para¬ 
sitica  Me  Coy3),  von  Baculites 4)  und  der  Rostellaria  Waiparaensis 5), 
welcb  letztere,  soweit  man  aus  Hectors  sebr  rober  Abbildung  Schliisse 
zieben  darf,  an  die  yon  mir  besebriebenen  Formen  AporrJiais  gregciria 
aus  deni  patagoniseben  und  Perissoptera  NordensJcjoldi  aus  dem  ant- 
arktiseben  Senon  erinnert.  An  maneben  Stellen  finden  sicb  in  den 
Waiparascbicbten  riesige  Septarien,  z.  B.  bei  Moeraki,  in  denen  Keste 
von  Meeressauriern  ( Plesiosaurus ,  Mauisaurus,  T aniwJiasaurus  u.  a.6) 
gefunden  sind.  Fur  einzelne  Abteilungen  der  neuseelandiscben  Ober- 
kreide  sind  Namen  wie  »Saurierschicbten  a,  »Waipara-Grunsand((,  » Amuri- 
kalk«,  »Weka  Pass  Stone «  u.  a.  in  Gebraucb. 

Abgeseben  yon  dem  Y orkommen  auf  der  Westseite  des  Isthmus  yon 
Auckland  feblt  die  Oberkreide  der  ganzen  Westseite  sowobl  der  Nord- 
als  aucb  der  Sudinsel.  Die  vollstandigste  Entwicklung  zeigt  die  For¬ 
mation  am  Amuri-Bluff  (Ostkuste  der  Sudinsel  nordlieb  von  Cbrist- 
ebureb),  auf  der  Kaikoura-Halbinsel  (etwas  weiter  nordlieb)  und  im 
nordlicben  Auckland.  Andere  Y orkommen  sind:  in  der  Provinz  Otago 
an  der  Kiiste  vom  Clutba  Biver  bis  zum  Saddle  Hill  mit  den  an  der  Basis 
der  Formation  liegenden  Koblenflozen  von  Kaitangata  und  Tokomairiri 

x)  Park  hat  diese  Abbildung  in  seinein  Buck  leider  nicht  wiedergegeben. 

2)  Vgl.  0.  Wilckeks,  Revision  der  Fauna  der  Quiriquinaschicbten.  (N.  Jabrb. 
f.  Min.,  Geol.,  Pal.  Beil.-Bd.  18).  S.  231,  280. 

3)  Park,  Taf.  V. 

4)  Park,  Fig.  43,  S.  87. 

5)  Park,  S.  92,  Fig.  47,  3. 

6)  Beschreibung  derselben  s.  Hector,  On  the  fossil  Reptilia  of  Few  Zealand. 
Transactions  and  Proc.  of  the  New  Zealand  Institute  6,  S.  333 — 358.  5  Taf.  1874. 


Oi  to  Wilckens  —  Die  Ceologie  von  Xeuseeland. 


151 


und  an  der  Kiiste  zwischen  Shag  Point  und  Moeraki;  in  der  Provinz 
Canterbury  Waipara,  wo  eine  fast  vollstandige  Schichtfolge  ausgebildet 
ist,  und  das  isoliert  in  2000  FuB  Hohe  gelegene  Vorkommen  im  Trelissic- 
Becken.  In  der  Provinz  Marlborough  baut  die  Kreide  die  Kiistenhugel 
von  der  Kaikoura-Halbinsel  bis  zum  Cap  Campbell  auf.  In  der  Provinz 
Wellington  folgen  einzelne  Vorkommen  der  Ostkuste  bis  zur  Hawkes 
Bay1).  Sehr  verbreitet  sind  die  Waiparaschichten  auf  dem  NW.-Sporn 
der  Nordinsel.  Ihnen  gehoren  die  Kohlenlager  von  Whangarei  an. 

Das  Alttertiar  ruht  an  der  Ostkuste  von  Neuseeland  teils  auf 
Waiparaschichten,  teils  unmittelbar  auf  den  mesozoischen  oder  alteren 
Gesteinen,  an  der  Westkiiste  ausschlieBlich  auf  den  beiden  letzteren, 
da  dort  die  Kreide  fehlt.  Es  sind  Konglomerate,  Schiefertone,  Sand- 
steine,  auch  Kohlenfloze.  Der  gesamte  Schichtkomplex  erreicht  etwa 
5100  FuB  Machtigkeit.  Merkwiirdigerweise  wird  ein  Konglomerat  von 
300  FuB  Machtigkeit  an  der  Basis  dieser  Formation  von  manchen  neu- 
seelandischen  Geologen  als  glazial  angesehen.  Beweise  dafiir  fehlen. 
Die  tieferen  Schichten  werden  als  Waimangaroaschichten  abgetrennt. 
Sie  sind  auf  die  Westkiiste  der  Provinz  Nelson  beschrankt.  Die  hohere 
Abteilung,  die  Oamaruschickten,  sind  sehr  verbreitet  und  bilden 
heute  einen  allerdings  vielfach  unterbrochenen  Rand  um  die  Nord- 
und  die  Slidinsel,  wobei  sie  auf  jener  im  Westen,  auf  dieser  im  Osten 
vollstandiger  erhalten  sind.  Sie  steigen  bis  zu  3700  FuB  Hohe  ins  Land 
hinauf.  Ihre  Lagerung  ist  deutlich  transgressiv.  Wenn  Marshall  ver- 
sichert,  daB  keine  Diskordanz  zu  den  Waiparaschichten  nachweisbar 
sei,  wo  diese  das  Liegende  des  Oamaru  bilden,  so  ist  das  wohl  moglich, 
andert  aber  nichts  an  der  Tatsache,  daB  Oberkreide  und  Tertiar  durch 
eine  stratigraphische  Liicke  voneinander  getrennt  werden2). 

Die  Gesteine  der  Oamarustufe  sind  Griinsande,  Kalksandsteine  und 
Mergel.  Die  tieferen  Schichten  fuhren  Braunkohlen,  die  hoheren  sind 
marin  und  enthalten  eine  reiche  Meeresfauna,  die  zum  Teil  bereits  von 
Zittel  beschrieben  ist.  Man  hat  verschiedene  Abteilungen  unter- 
schieden  und  es  gibt  sehr  viele  Lokalnamen  flir  gewisse  Gesteine,  nament- 
lich  fur  die  Kalke.  Das  Alter  des  Oamaru  ist  nach  Park,  der  die  Wai¬ 
mangaroaschichten  als  Eozan  betrachtet,  Miozan,  nach  Marshall  Eozan. 
Nach  F.  Chapman  zeigt  das  Oamaru  Beziehungen  zum  australischen 
Miozan. 

Erwahnenswert  sind  noch  die  Manuherikiaschichten,  Ablagerungen 
eines  friiher  zusammenhangenden  Sees  im  Maniototo-,  Manuherikia-  und 
Idatal  (Otago),  an  der  Basis  Quarzsande  mit  marinen  Oamarufossilien, 

x)  Diese  Vorkommen  sind  auf  Parks  Karte,  die  im  Gegensatz  zu  derjenigen 
Marshalls  (3)  die  Kreide  besonders  ansscheidet,  niclit  angegeben. 

2)  Ein  naheliegendes  Vergleichsbeispiel  ist  die  Uberlagerung  von  senonen  durch 
tertiare  Griinsande  ohne  deutiiche  Diskordanz  bei  Algarrobo  an  der  chilenischen 
Kiiste,  die  durch  Bruggen  aufgeklart  ist.  Das  Fehlen  einer  klaren  Diskordanz 
ist  unwesentlich,  der  Fossilinhalt  entscheidend. 


152 


II.  Besprechungen. 


dariiber  Mergel  mit  Braunkohle,  sandige  Tone,  Sandsteine  und  konglome- 
ratische  Sandsteine  mit  Blattern  dikotyledoner  Baume  nnd  Fisckresten. 

Das  Jungtertiar  ist  durch  die  pliozanen  Wangannisckicliten  ver- 
treten.  Nach  Ablagernng  des  Oamaru  muB  eine  allgemeine,  wenn  auch 
nicht  ganz  gleichmaBige  Hebung  der  neuseelandischen  Inseln  eingetreten 
sein.  Dann  erlaubte  eine  neue  Senkung  dem  Pliozanmeer  den  XTber- 
tritt  iiber  das  Land.  Auf  der  Siidinsel  spielt  das  Pliozan  eine  sehr  unter- 
geordnete  Rolle1),  auf  der  Nordinsel  dagegen  eine  nicht  unbedeutende2). 
Auf  letzterer  steigen  die  Wanganuischichten  in  der  Ruahinekette  bis 
zu  4000  FuB  Hohe  hinauf;  es  hat  also  eine  sehr  bedeutende  Senkung 
stattgefunden,  und  zwar  allem  Anscheine  nach  nur  der  Nord-,  nicht  aber 
der  Siidinsel.  Die  Gesteine  der  Wanganuischichten  sind  blaue,  z.  T. 
sandige  Tone,  Sandsteine,  Sande,  Konglomerate,  Kalke.  Der  Fossil- 
reichtum  ist  in  manchen  Ablagerungen  bedeutend. 

Die  Spuren  der  diluvialen  Eiszeit  sind  auf  Neuseeland  deutlich. 
Von  der  Nordinsel  sind  Tillite  aus  der  Umgebung  der  Vulkane  Ngau- 
rohoe  und  Ruapehu  beschrieben,  jedoch  ist  ihre  glaziale  Natur  be- 
stritten  worden.  Auf  der  Siidinsel  sind  die  glazialen  Erscheinungen  von 
groBer  Ausdehnung.  Nach  Huttons  Vorgang  verlegen  manche  neusee- 
landische  Geologen  den  Beginn  der  Vergletscherung  ins  jiingste  Pliozan; 
aber  die  dafiir  angefiihrten  Griinde  sind  nicht  iiberzeugend.  TJber  Art 
und  Ausdehnung  der  Vereisung  sind  die  Meinungen  geteilt.  Paek 
nimmt  an,  daB  eine  Phase  der  Eiskappe  einer  Phase  der  Talverglet- 
scherung  vorangegangen  sei.  Nach  Mabshall  waren  nur  die  hoher 
gelegenen  Teile  der  Siidinsel  vergletschert  gewesen.  GroBe  Moranen 
liegen  an  den  Ausgangen  der  Seen  Wakatipu,  Te  Anau  und  Manapouri. 
Bekannt  ist  das  schone  Glazialrelief  des  Fjordlandes  im  Siidwesten  der 
Siidinsel  (Milfordsund!).  Die  Schmelzwasser  der  Gletscher  schufen  die 
facherformigen  Schotterebenen  in  Southland,  Canterbury  und  Marl¬ 
borough.  Die  FluBterrassen  auf  der  Siidinsel  sprechen  fiir  wiederholte 
Hebung  des  Landes.  Nach  Paek  unterbrechen  zwei  oder  mehr  Inter- 
glazialperioden  kurze  VorstoBe  des  Eises  wahrend  der  Talvergletsche- 
rung.  LoB  nimmt  an  der  Ostkiiste  der  Siidinsel  bedeutende  Flachen 
ein  und  wird  bis  60  FuB  machtig.  Besonderes  Interesse  verdienen  die 
am  Westrande  der  Canterbury ebene  verbreiteten  Torfmoore  mit  Moa- 
knochen.  Eins  bei  Hamilton  lieferte  die  Reste  von  400,  eins  bei  Glen- 
mark  die  von  1000  Vogeln.  Eine  Erklarung  fiir  dies  Vorkommen  fehlt. 
Man  nimmt  an,  daB  die  Moas  von  alteren  Bewohnern  Neuseelands,  Vor- 
gangern  der  Maori,  ausgerottet  sind. 

Eruptivgesteine.  Die  Eruptivgesteine  des  auBersten  Siidwestens 
der  Siidinsel  sind  bereits  erwahnt.  Ihr  Alter  ist  unsicher,  aber  wahr- 

1)  Das  auf  Marshalls  Karte  (3)  angegebene  Pliozan  in  der  Provinz  Nelson 
ist  nach  Parks  Karte  groBtenteils  Posttertiar. 

2)  Marshalls  Karte  gibt  im  Gegensatz  zu  derjenigen  Parks  das  Pliozan 
gesondert  an. 


Otto  Wilckens  —  Die  Geologie  von  Neuseeland. 


153 


scheinlich  hoch.  Die  Granitstocke  des  nordwestlicken  Nelson  sollen 
ungefahr  das  Alter  der  Gebirgsfaltung  haben  (s.  u.).  Die  ultrabasischen 
Eruptiva  der  Dun  Mountain-Zone  scheinen  postjurassiscbes  Alter  zu 
besitzen,  was  mit  Rucksicht  auf  das  spatmesozoische  Alter  der  Ophio- 
lithe  von  Neukaledonien  und  vieler  anderer  Gebiete  von  besonderem 
Interesse  ist.  Eine  schone  Schilderung  des  Dun  Mountain  (»brauner 
Berg«),  von  dem  der  Dunit  seinen  Namen  bat,  gab  schon  Hochstetter 
im  Novara-Werk.  Derselbe  nahm  aucb  schon  ein  mesozoisches  Alter  des 
Dunits  an.  Der  ))Mineral  belt«,  wie  der  Dunit-  und  Serpentinzug  genannt 
wird,  erstreckt  sich  von  Stephens-  und  d’Urville-Eiland  in  der  Cook- 
straBe  in  siidwestlicher  Richtung  bis  ans  Wairautal. 

wGriinsteintuf fe «  sind  in  der  karbonischen  Te  Anau-Serie  (im  Sinne 
Parks)  derartig  weit  verbreitet,  daB  sie  geradezu  als  Leitgestein  fur  sie 
betrachtet  werden  konnen.  Auch  in  den  Maitaischichten  von  Nelson 
kommen  solche  griine  oder  grim  und  rot  gefleckte  Tuffe  vor.  AuBerdem 
treten  auch  Melaphyrdecken  auf.  Das  Alter  des  Hornblendegranits  von 
Mackays  Bluff  bei  Nelson  und  der  Diorite  und  Norite  der  Eglinton 
County  (Nelson)  ist  unbekannt. 

GroBe  Massen  effusiver  Gesteine  bilden  auf  der  Sudinsel  die  Banks- 
und  die  Otagohalbinsel,  die  beide  als  schutzende  Wogenbrecher  dank 
der  Festigkeit  ihrer  Gesteine  weit  vor  den  ubrigen  Kiistensaum  ins  Meer 
vorspringen.  Die  Otagohalbinsel  wird  von  Laven,  Tuffen  und  Agglo- 
meraten  von  Phonolith,  Dolerit,  Trachydolerit,  Andesit,  Basalt  und 
Basanit  aufgebaut,  dazu  treten  in  Gangform  Nephelinsyenit,  Augit- 
dolerit  und  Tinguait  auf.  Man  kann  zwei,  durch  einen  langeren  Zwischen- 
zeitraum  getrennte  Eruptionsperioden  untersclieiden.  In  der  Zwischen- 
zeit  gelangten  SiiBwasserbildungen  zum  Absatz.  Die  Eruptionen  sind 
j  linger  als  Oamaru,  alter  als  Pleistozan,  also  wohl  pliozan. 

Auch  auf  der  Banks-Halbinsel  lassen  sich  zwei  Effusivperioden  unter- 
scheiden.  Die  altere  forderte  Rhyolithe,  die  jiingere  basische  Andesite 
und  Basalte.  Die  Rhyolithe  sind  wegen  ihrer  Yerwandtschaft  mit  den 
granatfiihrenden  Rhyolithen  des  Mt.  Somers  und  der  Malvern  Hills  von 
Hutton  und  Speight  in  die  Kreide  gestellt  (was  wohl  nicht  richtig  ist). 
Die  Krater  der  Hafen  Lyttelton  und  Akaroa  sind  so  wohlerhalten,  daB 
sie  nicht  sehr  alt  sein  konnen. 

Ein  ahnliches  Eruptionsgebiet  wie  die  beiden  eben  besprochenen  ist 
die  Haurakihalbinsel  der  Nordinsel.  Auch  hier  erfolgten  die  Eruptionen 
in  zwei  Perioden,  die  beide  Andesite  und  Dacite  lieferten.  An  den  Erup- 
tionszentren  und  in  deren  Umgebung  sind  die  Andesite  bis  zu  1000  FuB 
Tiefe  propylitisiert  und  reich  an  goldfiihrenden  Gangen.  Das  Alter  der 
Andesite  der  ersten  ErguBperiode  ist  oamarutisch,  also  miozan,  das  der 
zweiten  wahrscheinlich  pliozan. 

Einer  jiingeren  Periode  gehoren  dann  die  Rhyolithe  an,  die  nicht 
nur  an  der  Haurakihalbinsel  die  Andesite  iiberlagern,  sondern  auch  mit 
ihren  Laven,  Tuffen  und  Agglomeraten  das  zentrale  vulkanische  Hoch- 

Geologische  Rundschau.  VIII.  11 


154 


II.  Besprechungen. 


land  der  Nordinsel  aufbauen,  wo  ihnen  die  j ungen  Andesitkegel  des 
Ngaurohoe,  Ruapehu,  Tongariro  usw.  aufgesetzt  sind.  Auch  die  vor- 
ziiglich  frisch  erhaltenen  Basaltvulkane  des  Isthmus  von  Auckland  sind 
jugendlichen,  wahrscheinlich  pleistozanen  oder  noch  jiingeren  Alters. 
Seitdem  Vertreter  der  weiBen  Rasse  auf  Neuseeland  wohnen,  hat  kein 
vulkanischer  Ausbruch  mit  Lavaforderung  me  hr  stattgef  unden.  Der 
wegen  der  mit  ihm  verkniipften  Bildung  einer  Spalte  innerhalb  eines 
Zeitraumes  von  3 — 4  Stunden  vielgenannte  Ausbruch  des  Tarawera 
Juni  1886  forderte  nur  lockeres  Material. 

II.  Bau. 

Auf  den  geologischen  Karten  tritt  deutlich  hervor,  daB  der  sudliehe 
Teil  der  Ostkiiste  der  Slidinsel  von  Neuseeland  ein  Gebirge  von  im  groBen 
sattelformigem  Bau  quer  abschneidet.  Dies  Gebirge  besitzt  eine  zen- 
trale  Zone  aus  kristallinen  Schiefern  unbekannten  Alters,  die  beider- 
seits  von  Zonen  jungerer  Gesteine  begleitet  wird,  deren  Alter  im  all- 
gemeinen  ebenfalls  nicht  feststeht.  An  deren  Flanken  wiederum  finden 
sich  noch  jiingere  Gesteine  (Trias  und  Jura).  Legen  wir  unserer  Be- 
trachtung  zunachst  Parks  Karte  zugrunde,  so  hat  es  tatsachlich  den 
Anschein,  als  ob  dieser  groBe  »Otagosattel «  sich  mit  einem  SW. — NO. 
streichenden  Langsgebirge  vereinigte,  indem  es  sich  diesem  in  einem 
Bogen  anschmiegt  und  mit  ihm  verschmilzt.  Es  sieht  so  aus,  als  trate 
eine  Vereinigung  zweier  groBer  Battel  im  Streichen  ein.  Dieser  Eindruck 
wird  dadurch  hervorgerufen,  daB  die  zentrale  Zone  des  Otagosattels 
nach  Park  aus  denselben  Gesteinen  besteht  wie  das  Gneisgebiet  des 
Fjordlandes.  Im  2.  Bande  des  »Antlitz  der  Erde«  legt  Suess  besonderen 
Nachdruck  auf  diesen  Zusammentritt  zweier  selbstandiger  Gebirge  im 
Siiden  der  Siidinsel. 

Legen  wir  nun  aber  nicht  Parks,  sondern  Marshalls  Karte  (3) 
zugrunde,  so  besteht  der  Kern  des  Otagosattels  aus  anderen  Gesteinen 
als  das  Gneisgebiet  des  Fjordlandes  und  dieses  erscheint  dem  anderen 
Gebirge  gegenuber  wie  ein  Fremdkorper.  Nach  der  iibereinstimmenden 
Angabe  der  neuseelandischen  Geologen  besteht  dies  Gneisland  ganz 
vorwiegend  aus  Orthogneisen,  namentlich  dioritischen .  Es  konnte  sich 
also  bei  dieser  Masse  um  einen  Eruptivkorper  in  den  Sudlichen  Alpen 
handeln,  vergleichbar  den  Granodioriten  der  amerikanischen  Kordillere, 
oder  etwa  um  ein  altes  Massiv,  etwa  wie  das  Mont  Blanc-Massiv  in  den 
Alpen,  oder  aber  schlieBlick  auch  um  alteres  Gebirge,  an  das  das  jiingere 
Faltengebirge  der  Siidinsel  herantritt. 

Suess  sagt,  daB  im  Siidteil  der  Siidinsel  zwei  aufeinander  senkrecht 
stehende  Streichrichtungen  und  zwei  selbstandige  einseitige  Ketten- 
gebirge  existierten.  Will  man  das  V orhandensein  von  zwei  Gebirgen 
anerkennen,  so  bleibt  doch  der  symmetrische  Bau  des  Otagosattels 
auffallend  und  im  Widerspruch  gegen  Einseitigkeit.  Aber  sollte  wirklich 
dies  Gebirge  in  seiner  ganzen  Breite  von  75 — 100  englischen  Meilen  den 


155 


Otto  Wilckens  —  Die  Geologic  von  Neuseeland. 

Bau  eines  einfachen,  symmetrisclien  Sattels  aufweisen?  Das  ist  von  vorn- 
herein  ganz  unwahrscheinlich.  Ebensowenig  konnen  die  jiingeren  Ge- 
steine  zwiscben  Sattel  und  Gneisgebiet  im  Siidwesten  eine  einfache 
Mulde  darstellen. 

Suess  konnte  weder  im  2.,  noch  im  3.  Bande  des  »Antlitz  der  Erde« 
ein  klares  Bild  des  neuseelandischen  Gebirgsbaues  zeichnen.  Dafiir 
feblen  in  weitem  MaBe  die  Unterlagen.  Anch  Park  und  Marshall 
sind  hierzu  nicbt  imstande.  Es  fehlen  noch  zu  sehr  Einzeluntersuchungen. 
Nach  ))Antlitz  der  Erde«,  Bd.  3,  II,  S.  561  mochte  ich  vermuten,  daB 
Suess  spater  das  Gneisgebiet  des  Fjordlandes  als  Fremdkorper  gegen- 
iiber  dem  Faltengebirge  betrachtet,  weil  er  das  siidliche  Neuseeland 
dem  atlantischen  Raume  zuzahlt. 

Fiir  meine  weitere  Darstellung  mochte  ich  einen  Vergleich  der  all- 
gemeinen  Erscheinungsform  des  neuseelandischen  Faltengebirges  mit 
dem  der  Alpen  voranstellen : 

Soweit  erhalten,  besitzt  das  neuseelandische  Faltengebirge  wie  die 
Alpen  eine  S-formige  Gestalt,  aber  seine  Haupterstreckung  ist  nicht 
wie  bei  diesen  W. — 0.,  sondern  SW. — NO.  Sein  siidwestlicher  Teil 
beschreibt  einen  ahnlichen  scharfen  Bogen  wie  die  Westalpen.  Die 
Innenseite  des  Gebirges  ware  die  SO.-Seite.  GroBe  Abb  ruche  versenken 
diese  Innenseite,  und  die  Eruptivmasse  der  Banks-  und  der  Otago- 
halbinsel  haben  eine  Stellung  auf  der  Innenseite,  wie  sie  bei  den  groBen 
Kettengebirgen  so  haufig  ist.  Yielfach  werden  auch  fiir  die  AuBenseite 
des  Gebirges  groBe  Abbriiche  angenommen,  bedeutende  Teile  des  Falten- 
zuges  sollen  unter  der  Tasman-See  liegen. 

Der  groBe  siidwestliche  Bogen  des  Gebirges  drangt  sich  gegen  das 
zu  einer  alten  Masse  gehorende  Gneismassiv  des  Fjordlandes,  das  nach 
Alb.  Heim1)  einen  ungeheuren  massigen  Klotz  alter  kristallinischer 
korniger  Tiefengesteine  darstellt,  in  dem  keine  gefalteten  Sediment- 
gesteine,  keine  aufgerichteten  Schichten  vorkommen.  Im  Norden  der 
Siidinsel  ist  dem  Faltengebirge  die  palaozoisch  gefaltete  Gebirgsmasse 
der  Tasmanberge  usw.  vorgelagert,  wie  die  bohmische  Masse  den  ost- 
lichen  Alpen.  An  der  CookstraBe  erfolgt  teils  eine  oberflachliche,  kurze 
Unterbrechung  des  Gebirges  (Kaikouras-Ruahinezug),  teils  einAbsinken 
der  Gebirgsachse  fiir  den  breitesten  Teil  des  Gebirges,  so  daB  die  auBeren 
and  mittleren  Zonen  auf  der  Nordinsel  zunachst  ganz  unter  tertiaren 
Ablagerungen  und  vulkanischen  Bildungen  verschwinden.  Erst  weiter- 
hin  taucht  das  Gebirge  in  Bruchstiicken  wieder  auf. 

Im  ostlichen  Teil  der  Nordinsel  herrscht  nordostliches,  im  nordwest- 
lichen  Teil  nordliches  bis  nordwestliches  Streichen  in  den  vereinzelt 
erhaltenen  Faltengebirgsstlicken.  Hier  scheint  sich  ein  Auseinander- 
treten  der  Aste  ahnlich  demjenigen  am  Ostende  der  Alpen  anzubahnen. 
Nach  Suess  (Antlitz  der  Erde,  Bd.  3,  II,  S.  359)  gestaltet  sich  hier  eine 

x)  Neuseeland.  Neujahrsblatt,  herausgeg.  v.  d.  Nat.  Ges.  Zurich  auf  das  Jahr 
1905  (107.  Stuck).  S.  38. 


11* 


156 


II,  Besprechungen. 


Virgation,  die  sich  gegen  NW.  und  W.  off  net  und  auf  die  mehrere  Bogen 
des  westpazifischen  Baues  hinstreben.  Wie  am  Ostende  der  Alpen  so 
erfolgt  auch  bier  starker  Abbruch. 

i  Die  GroBenverhaltnisse  sind  beim  neuseelandischen  Faltengebirge 
ungefahr  dieselben  wie  bei  den  Alpen. 

!,  Es  moge  nun  gepriift  werden,  wie  weit  sick  unser  Yergleicb  durch 
die  bisber  bekannt  gewordenen  Tatsacben  des  neuseelandischen  Gebirgs- 
baues  stutzen  laBt,  und  welcbe  sicb  ibm  entgegenstellen. 

Wenn  friiber  neuseelandiscbe  Geologen  die  Siidlichen  Alpen,  d.  b. 
den  besterbaltenen  Teil  des  Faltengebirges  von  Neuseeland  als  Anti- 
klinorium  oder  als  Synklinorium  bezeichnet  haben,  so  ist  darauf  wobl 
nicbt  mehr  Wert  zu  legen,  als  wenn  man  ebemals  die  Alpen  als  Gebirge 
von  einfacbem,  symmetrischem  Bau  auffaBte.  DaB  der  Otagosattel  mit 
seiner  Riesenbreite  unmoglicb  ein  einfacbes  Gewolbe  sein  kann,  wurde 
schon  gesagt. 

Wenn,  wie  wir  angenommen  baben,  die  ostlicbe  Seite  des  Gebirges 
die  Innenseite  ist,  so  muB  dasselbe  aus  0S0.  und  SO.,  im  Otagosattel 
aus  NO.,  gefaltet  sein.  Hochstetter1)  zeicbnet  in  seinem  Profit  durcb 
die  Sudlicben  Alpen  nur  annabernd  aufrecbte  Fatten.  Dasselbe  ist  aber 
ganz  scbematisch  gebalten.  Alb.  Heim2)  nennt  die  Sudlicben  Alpen 
ein  unsymmetrisches,  einseitig  gebautes  Faltengebirge.  »Auf  der  West-* 
seite  bebt  es  in  hoben  ersten  Ketten  an,  gegen  Osten  werden  die  Fatten 
allmablicb  niedriger. «  Welcbe  Seite  er  fur  die  Innenseite  bait,  sagt 
Heim  nicbt.  Nacb  dem  angefiihrten  Satz  mocbte  man  denken,  daB 
nacb  seiner  Ansicbt  die  Westseite  die  AuBenseite  ist.  Spater3)  heiBt 
es  alter  dings,  die  vulkaniscben  Massen  lagen  am  ostlicben  Rande  und 
»im  Vorlande«;  aber  ob  damit  wirklicb  gesagt  sein  soil,  die  Ebenen 
der  Ostkuste  seien  das  Vorland  des  Gebirges  im  tektoniscben  Sinne, 
erscbeint  zweifelbaft. 

Marshall  (2,  S.  38)  scbreibt,  die  faltende  Kraft  habe  in  Otago 
aus  NO.,  in  Canterbury,  Marlborough  und  Nelson  aus  SO.  gewirkt. 
In  der  Tat  betrachtet  er  die  ostlicbe  Seite  des  Gebirges  als  die  Innen¬ 
seite.  Wenn  die  Sudlicben  Alpen  einen  einseitigen  Bau  baben,  so  heiBt 
_  es  bei  Marshall  an  anderer  Stelle  (3,  S.  134),  so  sind  sie  wobl  gegen 
ein  Vorland  gefaltet,  das  jetzt  unter  der  Tasmansee  liegt.  Nacb  Mar¬ 
shall  liegen  die  Scbicbten  der  Westflanke  des  Otagosattels  im  auBersten 
Siiden,  in  der  Nahe  der  Gneismasse  des  Fjordlandes,  zwischen  Waikawa 
und  Fortrose  horizontal.  Marshall  betrachtet  diese  flacbe  Lagerung 
als  ein  Anzeicben  fiir  das  Ausklingen  der  Faltung  (3,  S.  133).  Erst 
nordlicb  des  Catlins  River  ist  die  Faltung  starker  und  nordlicb  des 

1)  Reise  der  Novara.  Geolog.  Teil.  I.  S.  199. 

2)  Am  angefiihrten  Orte  S.  34. 

3)  S.  35.  —  Man  darf  nicht  vergessen,  daB  Heims  Schrift  nicht  eigentlich 
eine  wissenschaftliche  Abhandlung  sein  soil.  Nicht  alle  ihre  Angaben  sind  zu- 
verlassig,  so  die,  daB  es  keine  Kreide  auf  Neuseeland  gabe. 


Otto  Wilckins  —  Die  Geologie  von  Neuseeland. 


157 


Taieritlusses  beginnt  der  Metamorphismus  der  Gesteine.  In  dem  groBen 
Gebiete  metamorpher  Gesteine,  das  den  Kern  des  sogenannten  Otago- 
sattels  bildet,  liegen  die  Schichten  ebenfalls  vielfach  horizontal1).  Von 
besonderem  Interesse  sind  die  Angaben  Morgans2)  iiber  das  Gebiet 
von  Mikonui  (Westland)  und  den  Ban  der  Sudlichen  Alpen  etwa  in 
43°  s.  Br.  Wenn  das  Gebirge  einseitig  gebant  ist,  so  muB  hier  der  Druck 
aus  SO.  gegen  NW.  gewirkt  haben.  Das  Fallen  der  Faltenschenkel  ist 
vorwiegend  sudostlich.  Auch  ein  Profil,  das  Bell  und  Fraser3)  etwas 
weiter  nordlich  dnrch  die  Sudlichen  Alpen  gelegt  haben,  zeigt  siidost- 
liches  Fallen  der  Schiefer  der  Griffith  Range. 

Suess  (Antlitz  der  Erde  3,  II,  S.  340)  nennt  das  NNO.  streichende 
Gebirge  der  Sudinsel  (also  die  Sudlichen  Alpen)  gegen  OSO.  gefaltet. 
Nach  seiner  Ansicht  ist  also  die  westliche  Seite  die  Innenseite. 

Nach  J.  Park  streichen  die  Gneise  des  Fjordlandes  als  zentrale 
Zone  mit  einzelnen  Unterbrechungen  weiter  durch  das  neuseelandische 
Hochgebirge  bis  in  die  Provinz  Nelson  und  stellen  die  starkstgehobenen 
Teile,  das  tektonische  Ruckgrat  der  Kette,  dar,  wenn  sie  auch  west- 
warts  von  der  Linie  der  groBten  Erhebungen  des  Gebirges  bleiben.  Von 
der  siidwestlichsten  Spitze  von  Neuseeland  bis  zum  Doubtful  Inlet  ist 
nach  seiner  Angabe  (1,  S.  16)  das  Streichen  S. — N.,  weiterhin  dann 
SW. — NO.  Nordlich  des  Mount  Aspiring,  d.  h.  also  etwa  des  nord- 
lichen  Endpunktes  der  Gneismasse  des  Fjordlandes  ist  das  Fallen  der 
Schiefer  und  der  diese  uberlagernden  jungeren  Schichtgesteine  ostlich, 
so  daB  die  Sudlichen  Alpen  nur  den  ostlichen  Flugel  eines  groBen  Sattels 
darstellen,  dessen  Westschenkel  entweder  abgetragen  ist  oder  im  Pazifik 
(Tasmansee)  versenkt  liegt.  Der  Otagosattel  ist  nach  Park  an  der  Ost- 
kliste  der  Sudinsel  flach;  im  Streichen  gegen  NW.  verengert  er  sich  und 
ist  dann  tiefer,  namlich  bis  auf  die  kristallinen  Schiefer,  erodiert.  t)ber 
die  Reziehungen  des  Otagosattels  zum  Sattel  der  Hauptkette  macht 
Park  keine  Angaben.  In  dem  Gebirge  zwischen  Nord-Otago  und  den 
Spencerbergen  in  Nelson  sind  die  Sandsteine,  Grauwacken  und  Schiefer, 
die  das  Hauptbaumaterial  des  Hochgebirges  bilden,  in  SW. — NO. 
streichende  und  nach  SO.  uberliegende  Falten  gelegt  oder  sogar  durch 
Obersehiebungsflachen  zerrissen.  Mit  dieser  allgemeinen  Angabe  steht 
die  Schilderung  Morgans  (s.  oben  !)  im  Widerspruch.  In  der  Mt.  Cook- 
und  der  Malte  Brun-Kette  kann  der  Faltenbau  an  den  Bergeshangen 
mit  bloBem  Auge  verfolgt  werden.  Durch  vier  Abbildungen  gibt  Park 
davon  eine  gute  Vorstellung  (1,  Fig.  21 — 24).  Man  sieht  an  diesen 

D  J.  Park,  The  Geology  of  the  Area  covered  by  the  Alexandra  Sheet,  Central 
Otago  Division.  New  Zealand  Geological  Survey  No.  2  (New  Series).  [Profiltafel. 
1906. 

2)  P.  G.  Morgan,  The  Geology  of  the  Mikonui  Subdivision,  North  Westland. 
New  Zealand  Geological  Survey.  Bull.  No.  6  (N.  S.).  S.  30 — 44.  1908. 

3)  J.  M.  Bell  and  C.  Eraser,  The  Geology  of  the  Hokitika  Sheet,  North 
Westland  Quadrangle.  New  Zealand  Geological  Survey.  Bull.  No.  1  (N.S.).  2.  Profil¬ 
tafel,  oberes  Profil.  1906. 


158 


II.  Besprechungen. 


natiirkcken  Scknitten  teils  steilgestellte,  unter  sekr  kokem  Winkel  nack 
NW.  einfallende  Sckickten,  teils  nack  SO.  uberliegende  Falten,  teils 
nack  NW.  einfallende  Aufsckiebungsflacken.  Am  Mt.  Haast  aber  und 
am  Mt.  Haidinger  senken  sick  nack  NNW.  uberliegende  Falten  ins  Tas- 
mantal  kinab. 

Es  ist  sckwer,  aus  diesen  zum  Teil  widerspreckenden  Angaben  ein 
klares  Bild  zu  gewinnen.  Maeshall  und  Mokgan  sprecken  sick  klar 
fur  einen  Sckub  von  der  ostlicken  Seite  des  Gebirges  aus,  Suess  nimmt 
an,  daB  der  Zusammensckub  von  Westen  her  erfolgt  sei.  Paeks  Dar- 
stellung  laBt  sick  in  versckiedenem  Sinne  deuten. 

Es  sckeinen  mir  keinerlei  Griinde  vorzuliegen,  die  eine  vollige  Ab- 
trennung  der  Kaikouras,  die  im  nordostlicksten  Teil  der  Siidinsel,  in  der 
Provinz  Marlborougk,  liegen,  recktfertigen  wiirden.  Man  weiB  wenig 
fiber  ihre  Zusammensetzung,  aber  die  Gesteine  sckeinen  dieselben  zu 
sein  wie  in  den  Slidlicken  Alpen.  Sie  sind  nur  ein  "Teil  des  groBen  neu- 
seelandiscken  Faltengebirges.  In  ikrem  Bau  bemerkenswert  sind  mekrere 
groBe  tTbersckiebungsflacken,  an  denen  nack  Mac  Kay  Trias  fiber 
Miozan  gesckoben  ist.  (Das  Profil  sieke  bei  Maeshall  [3],  S.  126,  Fig.  81.) 
In  diesem  Eintreten  des  Tertiars  in  den  Bau  steken  sie  aber  nickt  allein. 

Es  ist  unbestritten,  daB  die  Fortsetzung  des  Kaikouras  j  enseits  der 
CookstraBe  der  Ruakinezug  ist.  Mit  diesem  Namen  kat  Suess  denjenigen 
Teil  des  neuseelandiscken  Faltengebirges  belegt,  der  den  ostlicken  Teil 
der  Nordinsel  mit  SSW. — NNO.-Streicken  durckziekt.  Geograpkisck 
kat  dieser  Gebirgsteil  keine  einkeitlicke  Bezeicknung,  sondern  tragt 
mekrere  Namen  (Tararua-,  Ruakine-,  Kaimanawa-Mountains).  t)ber 
seine  Tektonik  macken  Paek  und  Maeshall  wenig  Angaben.  Das 
Streicken  lauft  parallel  der  Gebirgserstreckung,  die  Sckickten  steken 
mekr  oder  weniger  steil.  In  dem  Profil  von  Hectoe  (Maeshall  3, 
S.  135,  Fig.  89)  fallt  die  Trias  nack  0S0. 

Westlick  des  groBen  vulkaniscken  Plateaus  der  Nordinsel  und  der 
diesem  aufgesetzten  j  ungen  Vulkane  tritt  das  Faltengebirge  nur  in 
einzelnen  Bruckstiicken  aus  seiner  tjberdeckung  mit  tertiaren  und 
pleistozanen  Ablagerungen  und  vulkaniscken  Bildungen  an  die  Ober- 
flacke.  In  dem  langen  Nordwestsporn  der  Nordinsel  treten  sie  vielfack 
auf.  Die  Erstreckung  dieses  Sporns  entsprickt,  wie  sckon  Suess  ker- 
vorkebt,  in  keiner  Weise  dem  inneren  Bau  der  Falten.  Das  Gebirge 
ist  also  j  enseits  der  CookstraBe  in  seinen  auBeren  (westlicken)  Ketten 
auBerordentlick  stark  zerstiickelt  und  auf  groBe  Strecken  versenkt. 
Dies  Verkalten  erinnert  an  das  der  Alpen  an  ikrem  Ostende.  Es  wurde 
sckon  erwaknt,  daB  Suess  eine  Virgation  zu  erkennen  glaubt.  Die  vor- 
kandenen  Einzeluntersuckungen1)  zeigen  aber,  daB  das  Streicken  in 
den  erkaltenen  Faltenstlicken  in  der  nordwestlicken  Nordinsel  nickt 
nur  einfack  S. — N.  oder  SSO. — NNW.  oder  SO. — NW.  gericlrtet  ist. 


1)  J.  M.  Bell  and  E.  de  C.  Clarke,  The  Geology  of  the  Whangaroa  Subdivision, 
Hokianga  Division.  New  Zealand  Geol.  Survey  Bull.  No.  8  (N.  S.).  1909.  S.  42. 


Otto  Wilckens  —  Die  Geologie  von  Neuseeland. 


159 


Immerhin  schlieBen  die  bisher  bekannten  Tatsacben  die  Moglichkeit 
des  Vorbandenseins  dieser  Virgation  nicht  ganz  aus. 

Die  oben  geauBerte  Vermutnng,  daB  im  auBersten  Norden  der  Siid- 
insel  gewissermaBen  abnlich  wie  die  vergleicbsweise  zwar  viel  groBere 
bohmische  Masse  vor  den  ostlicben  Alpen  die  palaozoisch  gefaltete  Masse 
der  Tasmanberge  vor  dem  neuseelandischen  Kettengebirge  liege,  steht 
einstweilen  noch  auf  scbwacher  Grundlage.  Das  Alter  der  Faltung  in 
dem  genannten  Gebirgsteil  stebt  nocb  nicbt  fest.  Ans  Maeshalls  Dar- 
stellung  (2,  S.  57 — 58)  und  Maeshalls  Karte  (3)  gewinne  icb  den  Ein- 
druck,  daB  es  sich  bei  den  Tasman-  und  den  Pikikiruna-Mountains 
(sowie  vielleicht  aucb  noch  den  Marine-,  Lyell-  und  Paparoa-Mts.1)) 
um  eine  Gebirgsmasse  handelt,  deren  Entstehung  alter  ist  als  das  groBe 
Faltengebirge  Neuseelands.  Abgesehen  von  dem  jungen  Deckgebirge 
aus  Oamaruschichten,  kennt  man  das  Alter  der  Scbicbtgesteine  in 
diesem  Gebirgsteil  nur  beim  Untersilur.  Die  ubrigen  Sedimente  sind 
zum  Teil  metamorph  und  wahrscheinlicb  alter  als  das  Untersilur,  zum 
Teil  junger  als  dieses,  aber  wahrscheinlicb  noch  altpalaozoisch.  Granite 
und  andere  Eruptiva  sind  ziemlicb  verbreitet.  Das  Streicben  der  Fatten 
ist  in  den  Whakamarama  Mts.,  dem  nordlicbsten  Abschnitt  der  Tasman¬ 
berge,  NNW.  zu  W.,  weiter  siidlich  etwas  westlicber,  an  der  Vereinigung 
der  Tasman-  und  Pikikirunakette  NW.  zu  NNW.  Neuere  Kartierungen 
sind  in  dem  Gebiete  sudlicb  der  Golden  Bay  ( »Parapara-Subdivision«) 
ausgefubrt2).  Bells  W. — O.-Profil  durch  diese  Gegend  vom  Aorere-  zum 
Takakatal,  das  bei  Maeshall  (2,  S.  12,  Fig.  5)  teilweise  wiedergegeben 
ist,  zeigt  nacb  Westen  iiberliegende  Falten.  Nach  den  Karten  ist  das 
Streicben  in  den  palaozoiscben  Gesteinen  zwar  sebr  mannigfaltig  im 
einzelnen,  aber  nordliches  und  nordwestlicbes  herrscht  vor.  Dieses  von 
dem  des  Hauptfaltengebirges  so  stark  abweicbende  Streicben  im  Yerein 
mit  dem  teilweisen  Aufbau  aus  dem  anscbeinend  in  den  ganzen  Siid- 
liclien  Alpen  fehlenden  Untersilur  drangt  zu  der  Annabme,  daB  bier 
ein  selbstandiger  alterer  Gebirgskorper  vorhanden  ist. 

Die  meisten  neuseelandischen  Geologen,  aucb  Paek  und  Maeshall, 
betracbten  die  Kreidezeit,  und  zwar  namentlicb  die  altere,  als  die  Periode 
der  Hauptgebirgsbildung  fiir  Neuseeland.  Die  Jurascbichten  sollen 
die  jilngsten  sein,  die  in  die  komplizierte,  starke  Faltung  eintreten. 
Als  Beweis  wird  aucb  angefiibrt,  daB  die  Oberkreide  und  das  Tertiar 
im  allgemeinen  eine  randliche  Lage  zum  Gebirge  einnehmen,  meist  flacli 
liegen  oder  gegen  die  Kiiste  einfallen  und  nur  ausnahmsweise  starke 
Faltung  oder  Uberscbiebung  aufweisen.  Nur  im  Ber gland  von  Otago 

0  Vgl.  die  Karte  bei  Marshall  (2),  Fig.  1. 

2)  J.  M.  Bell,  E.  J.  H.  Webb,  E.  de  C.  Clarke,  The  Geology  of  the  Parapara 
Subdivision,  Karamea,  Nelson.  New  Zealand  Geological  Survey  Bull.  No.  3  (N.  S.). 
—  Bells  Bericht  liber  die  westlich  und  sudwestiich  an  das  Paraparagebiet  an- 
schlieBende  »Heaphy-Subdivision«  (Second  Annual  Report  of  the  Geological 
Survey  Department,  1908,  S.  7 — 9)  laBt  nur  erkennen,  daB  die  geologischen  Yer- 
haltnisse  hier  ahnlich  sind.  Das  gleiche  gilt  von  der  »Mount  Radiant  Subdivision «. 


160 


II.  Besprechungen. 


zwischen  Mt.  Aspiring  und  Wakatipusee,  in  der  Ben  Neviskette  in  Nelson, 
ferner  in  den  Kaikouras  sind  tertiare  Sedimente  von  starker  Faltung 
oder  Oberschiebung  ergriffen.  DaB  auck  Stimmen  nicht  feblen,  die  die 
Faltung  der  neuseelandischen  Kette  in  eine  jungere  Periode  setzen,  wird 
nock  zu  erwaknen  sein. 

Als  Beispiel  fur  groBe  Dislokationen  im  Gebirge,  die  j linger  sind  als 
die  Oamaruformation,  moge  die  sogenannte  Moonlight- Oberschiebung 
dienen.  Sie  ist  naelr  dem  Moonlight  Creek  benannt,  dessen  Tal  sie 
uberquert.  Sie  besteht  aus  einer  steil  westwarts  fallenden  Aufschiebungs- 
flache  in  Kakanui-Schiefern  (Altpalaozoikum?),  in  die  eine  14  bis  150  FuB 
machtige  Masse  von  fossilfiihrendem  Sandstein  und  Konglomerat  vom 
Alter  der  Oamaruformation  eingeklemmt  ist.  Diese  Einklernmung  be- 
ginnt  amNordufer  desW. — 0.  gerichteten.  mittlerenArmes  desWakatipu- 
sees  und  streickt  etwa  25  Meilen  weit  in  nordnordostlicker  Bichtung 
fast  geradlinig  liber  Berg  und  Tal  bis  in  die  ostlichen  Flanken  des  Mount 
Aurum.  Im  Fallen  ist  diese  gangartige  Platte  3600  FuB  tief  aufge- 
scklossen.  Im  Hangenden  der  Moonlight-Gberschiebung  liegt  unmitt  el  - 
bar  westlick  von  ikrem  Ausstrick  amWakatiousee  eine  1500  FuB  machtige 
tertiare  Einfaltung  in  den  Kakanuischiefern,  die  im  Streicken  zweimal 
recktwinklig  geknickt  ist. 

Mac  Kay  hat  diese  bemerkenswerten  tektonischen  Einschaltungen 
von  Tertiar  mitten  im  alten  Gebirge  1880  entdeckt;  Park  hat  sie  genau 
untersuckt.  Diese  groBe  Dislokation  ist  j  unger  als  die  Oamaruformation 
und  beweist,  daB  starke  gebirgsbildende  Bewegungen  in  Otago  noch 
in  j  lingerer  tertiarer  Zeit  eingetreten  sind,  mitten  im  neuseelandischen 
Faltengebirge,  dessen  Faltenwurf  allerdings  trotzdem  alter  sein  kann 
als  diese  Uberschiebung.  Vielleickt  kandelt  es  sick  bei  den  erwaknten 
Gbersckiebungen  in  den  Kaikouras  um  ahnliche  Erscheinungen  wie 
die  Moonlight- Gbersckiebung.  Das  westliche  Einfallen  dieser  Dislo- 
kationsflachen  stimmt  scklecht  zu  unserer  Annakme,  daB  die  Innen- 
seite  des  Gebirges  im  Osten  liegt. 

'  Die  Ubersckiebung  tertiarer  Sckickten  durck  Trias  in  Nelson  am 
Gebirgsrande  (Park,  Fig.  16  und  18)  laBt  sick  vielleickt  mit  der 
Aufsckiebung  des  Harzes  iiber  die  jiingeren  Sckickten  an  seinem 
Nordrande  vergleicken. 

Die  von  Marshall  erwaknte  starke  Faltung  im  Tertiar  der  Puketoi 
Hills  (siidostliche  Nordinsel)  ist  vielleickt  von  Bedeutung  fiir  die  Da- 
tier  ung  der  gebirgsbildenden  Yorgange. 

Das  Hockgebirge  von  Neuseeland  ist  vielfack  zum  Gebiet  der  meso- 
zoischen  Geosynklinalen  und  zu  den  tertiaren  Kettengebirgen  gerecknet. 
P.  G.  Morgan1)  nimrnt  zwar  eine  starke  Faltung  am  Ende  der  Jurazeit 
an,  anderseits  sprickt  er  aber  auck  vom  Ende  der  Kreide-  oder  Beginn 
der  Tertiarzeit  als  Zeit  der  fruheren  Stadien  der  alpinen  Faltung. 

1)  The  Geology  of  the  Mikonui  Subdivision,  North  Westland,  N.  Z.  Geol. 
Surv.  Bull.  6  (N.  S.).  1908.  S.  30  und  34. 


Otto  Wilckens  —  Die  Geologie  von  Neuseeland. 


161 


In  diese  letztgenannte  Periode  verlegt  Morgan  vermutungsweise  das 
Empordringen  der  Granite  auf  der  Westseite  der  Sudlichen  Alpen  im 
nordlichen  Westland.  Dies  fiilirt  uns  anf  einen  anderen  Vergleicli.  Wir 
haben  das  neuseelandische  Gebirge  nach  Gestalt,  GroBenverhaltnissen, 
Abbrucherscbeinungen  nsw.  mit  den  Alpen  verglichen;  aber  es  liegt  viel- 
leicht  nocb  naher,  die  siidamerikanische  Kordillere  dazu  heranzuziehen. 
Wir  wissen  noch  niclits,  was  darauf  hindenten  konnte,  daB  die  neusee- 
landischen  Alpen  aus  Oberschiebungsdecken  aufgebant  sind  oder  daB  die 
Zone  kristalliner  Schiefer  im  Otagosattel  sicb  der  Zone  der  lepontiniscben 
Gneise  gleichsetzen  lieBe  oder  daB  ilire  mancbmal  flache  Lagernng 
einen  Aufbau  aus  liegenden  Falten  andeutet.  Wir  kennen  aber  ander- 
seits  aucb  noch  wenig  Vergleichspunkte  mit  dem  amerikanischen  Ketten- 
gebirge.  Morgan  bringt  die  Granite  auf  der  Westseite  der  Sudlichen 
Alpen  in  Westland  in  Beziehung  zu  einer  TJberschiebungsflache,  langs 
welcher  der  ostliche  Teil  des  Gebirges  liber  den  westlichen  hinaufbewegt 
ist,  und  nimmt  an,  daB  ihr  Empordringen  mit  der  Gebirgsbildung  in 
engem  Zusammenhang  steht.  Zum  Vergleich  zieht  er  die  Stock  e  an  der 
Grenzlinie  der  Dinariden  heran.  Die  Granite  sind  Biotitgranit  und 
Hornblendebiotitgranit.  Die  einzige  Analyse,  die  mitgeteilt  wird,  ist 
anscheinend  von  unfrischem  Material  und  weist  einen  viel  hoheren 
Kieselsauregehalt  als  die  Granodiorite  der  Kordillere  auf. 

Die  Kreideformation  liegt  in  der  patagonischen  und  antarktischen 
Kordillere  wie  auf  Neuseeland  randlich  zur  gefalteten  und  von  Granit- 
stocken  intrudierten  Gebirgsmasse.  Die  Dbereinstimmung  der  neu- 
seelandischen  Oberkreide  mit  der  patagonischen  und  antarktischen 
scheint  bedeutend  zu  sein. 

Der  siidwestliche  Bogen  des  neuseelandischen  Faltengebirges  (der 
sogenannte  Otagosattel)  erscheint  an  der  Ostkuste  der  Siidinsel  jah 
abgeschnitten.  Dies  Ende  ist  nicht  natiirlich,  sondern  beruht  wohl 
zweifellos  auf  einem  Abbruch.  Die  Fortsetzung  des  Gebirges 
kann  nur  in  einer  Bichtung  gesucht  werden,  in  der  auf  die 
Kordillere  des  Gr ahamlandes,  die  »Antarktanden«.  Die  Unter- 
brechung  zwischen  beiden  ist  groB;  aber  die  hier  geauBerte  Ansicht 
steht  im  Einklang  mit  dem  gegenwartigen  Stande  unserer  Kenntnisse. 
Das  atlantische  und  das  pazifische  Gebiet  haben,  wie  Suess  schon  her- 
vorhebt,  beide  Anted  am  antarktischen  Landgebiet.  Die  hier  vorgeschla- 
gene  Verbindung  Neuseeland — Grahamland  laBt  den  pazifischen  Ozean 
auch  im  Siiden  durch  ein  Faltengebirge  umrandet  erscheinen.  Fast 
ganz  Antarktika  muB  dann  dem  atlantischen  Raume  zugehoren. 


III.  Geologischer  Unterricht. 


Verzeichnis  der  geologischen  Vorlesungen  an  den 
deutschen  Hochschulen  im  Sommersemester  1917. 

Abkiirzungen:  Geol.  =  Geologie;  g.  =  geologisch;  Pal.  =  Palaontologie ;  p.  =  palaontologisch  ; 
Petr.  =  Petrograpliie ;  petr.  =  petrographisch ;  tib.  =  tlbungen;  Anl.  =  Anleitung  zu  selb- 
standigen  Arbeiten;  Coll.  =  Colloquium;  Exk.  =  Exkursionen.  —  Die  Zahlen  geben  die  Zahl 
der  Stunden  in  derWoche  an. 


1.  Universitaten. 

A.  Deutschland. 

Berlin:  Hennig:  Geol.  Deutsch- 
lands  mit  Exk.  2,  Pal.  I:  Wirbellose  2, 
Die  fossile  Reptilienwelt  1;  Haar- 
mann :  Wirtschaftsgeol.  Deutschlands 
2;  Liebisch:  Anl.  (Petr.);  Tann- 
hauser:  Petr.  2,  petr.  Ub.,  petr.  Exk. 

Bonn:  Steinmann:  Regionale  Geol. 
II.  Geol.  von  Europa,  mit  Exk.  4, 
Fossile  Pflanzen  1,  Die  g.  Grundlagen 
der  Abstammungslehre  I,  Ub.,  Anl., 
Coll.;  Brauns:  Anl.  (Petr.),  Ausfluge 
in  Vulkangebiete  der  Eifel  und  des 
Niederrheins;  Pohlig:  Allgemeine  Geol. 
(Erdgeschichte)  mit  Demonstrationen 
und  Ausfliigen  3,  Abstammungsgesetz 
und  Erdgeschichte,  mit  Demonstra¬ 
tionen,  nach  seinem  gleichnamigen  Leit- 
faden  2,  Lichtbildervortrage  als  Ein- 
fiihrung  in  die  Geol.  1,  Erdgeschicht- 
liche  Spaziergange;  Wanner:  Fossile 
Wirbeltiere  (Reptilien  und  Saugetiere) 
2,  Technische  Geol.  1;  Tilmann:  Geol. 
von  Rheinland  und  Westfalen,  mit 
Exk.  1. 

Breslau:  Frech:  Erdgeschichte  (hi- 
storische  Geol.)  mit  Exk.  4,  Technische 
Geol.  mit  besonderer  Beriicksichtigung 
der  Erzlagerstatten,  mit  Exk.  2,  An¬ 
leitung  zu  g.  und  agronomisch-karto- 
graphischen  Aufnahmen  im  Gelande, 
Ub.,  Anl.;  Frech,  Sachs,  Dyhren- 
furth,  Meyer:  Coll.;  Sachs:  Die  Mine- 
ralschatze  der  Erde:  Salze,  Kohlen, 
Erze,  Edelsteine  1;  Meyer:  G.  Landes- 
kunde  von  Schlesien,  mit  Lichtbildern 
und  Exk.  1/2,  Verstandnis  und  Auf- 


nahme  g.  Karten  und  Profile  1  j  2,  g.  Ub. 
fur  Anf anger  (besonders  fiir  Geogra¬ 
ph  en)  mit  Lichtbildern  und  Exk.  2; 
Beutell:  Mineralogie  und  Petr,  der 
Erzlagerstatten  mit  Exk.  2. 

Erlangen:  Lenk:  Allgemeine  Geol. 
mit  repetitorischen  Besprechungen  5, 
Anl.  (Petr.),  Exk.;  Lenku.  Krumbeck: 
Anl.  (Geol.), Ub.  in  der  makroskopischen 
Gesteinsbestimmung;  Krumbeck:  Hi- 
storische  Geol.  2,  Geol.  und  Morphologie 
von  Nordbayern  mit  Fachausflugen  1, 
p.  Ub.,  Anl.  (stratigraphisch-p.  Arb.). 

Frankfurt  a.  M. :  Boeke:  Die  wich- 
tigsten  (Mineralgruppen  und)  Gesteine 
4,  petr.  Ub.,  Anl.  (Petr.);  Drever- 
mann:  Allgemeine  Geol.  4,  Einfulirung 
in  die  Kenntnis  der  Versteinerungen  2, 
Das  rheinische  Schiefergebirge  1,  Anl., 
Coll. 

Freiburg  i.  B. :  Deecke:  Erdge¬ 
schichte  mit  Exk.  5,  Ub.,  Anl.;  De- 
ninger  :  Pal.  der  Wirbellosen  3; 
Wepfer:  Geol.  von  Europa  2;  Neu¬ 
mann:  Meereskunde  und  Morphologie 
der  festen  Erdoberflache  4;  Soellner: 
Anleitung  zu  petr.  Untersuchungen  im 
Gelande. 

GieBen:  Kaiser:  petr.  Ub.,  Anl.; 
Kaiser  und  Meyer:  Anleitung  zu  g.- 
petr.  Beobaclitungen  im  Gelande,  Exk. ; 
Meyer:  G.  Bodenkunde  (mit  bes.  Be- 
riicksichtigung  g.-agronomischer  Kar¬ 
tell)  2,  Nutzbare  Lagerstatten  Deutsch¬ 
lands  1. 

Gottingen:  Stille  :  Allgemeine  Geol. 
4,  Geol.  von  Mittel-  und  Nordwest- 
deutschland  mit  Exk.  2,  praktische  Ub. 


III.  Geologischer  Unterricht. 


163 


in  g.  Beobachtungen  unci  Aufnahmen; 
Stille  und  Wedekind:  An].;  Wede¬ 
kind:  Pal.  der  wirbellosen  Tiere  mit  bes. 
Beriicksichtigung  der  Biostratigraphie3 ; 
Salfeld:  Die  Juraformation  mit  Ub.  2; 
Freudenberg  :  Die  Urmenschen  der  al- 
teren  Steinzeit;  ihre  Abstammung,  ihre 
Lebensweise  und  Kiinste  2;  Wagner: 
Allgemeine  physikalische  Geographie  4; 
Wiechert:  Geophysik  (Erdbeben,  Erd- 
korper,  Erdmagnetismus)  4. 

Greifswald:  Jaekel:  Historische 
Geol.  2,  Pal.  II  (Wirbellose  und  Leit- 
fossilien)  2,  Ub.,  Anl.,  Exk. ;  Milch: 
Anl.  (Petr.);  Philipp:  Geol.  des  nord- 
deutschen  Flachlandes  mit  Exk.  2; 
Klinghardt:  Jura  und  Kreide  3. 

Halle:  Walther  :  Gescbichte  der  Erde 
und  des  Lebens  4,  Anleitung  zum  Stu- 
dium  der  Schausammlungen,  Ub.,  Anl.; 
Walther  und  Scupin:  Anfangsgriinde 
der  Geol.,  mit  Exk.  2;  Scupin:  Grand  - 
lagen  der  Palaogeographie  1,  Gesteins- 
kundliche  Ub.  3. 

Heidelberg:  Salomon:  GeolJauBere 
Dynamik)  5,  G.  Geschichte  der  Heidel- 
berger  Gegend  mit  Exk.  1,  Ub.,  Anl.; 
Wulfing:  Petr,  mit  Exk.  2,  Anl. (Petr.). 

Jena:  Linck:  Allgemeine  Geol.  4, 
Anl.  (Petr,  und  allgemeine  Geol.); 
y.  Seidlitz:  Regionale  Geol.  II  Europa 
2,  G.  Aufbau  Thiiringens  mit  Exk.  1, 
Ub.,  Anl.  (Geol.  und  Pal.). 

Kiel:  Wust:  Allgemeine  Pal.  (Pal. 
und  Abstammungslehre)  2,  Einfuhrung 
in  die  Geol.  von  Norddeutschiand  und 
Sudskandinavien  fiir  Vorgeschrittenere 
mit  Exk.,  Ub.,  Anl. 

Konigsberg:  Andre e:  Formations- 
lehre  als  Grundlage  der  Erdgeschi elite 
und  Palaogeographie  4,  Pal.  nebst 
Palaobiologie  der  niederen  Wirbello¬ 
sen  2,  Der  Aufbau  Europas  1,  Ub., 
Anl.,  Exk.  Bergeat:  Gesteinskunde  4, 
Die  metallischen  Bodenschatze  Deutsch- 
lands  1. 

Leipzig:  Felix  (als  Vertreter  von 
Kossmat)  :  Einfuhrung  in  die  Pal.,  unter 
besonderer  Beriicksichtigung  der  wirbel¬ 
losen  Tiere  2;  Pietzsch  (als  Vertreter 
von  Kossmat):  Exk.;  Niggli  (als  Ver¬ 
treter  von  Rinne):  Gesteinskunde  6; 
petr.  Ub.,  Anl.  (Petr.);  Bergt:  Che- 
mische  Petr.  Sachsens  1,  Erzlagerstatten 


1,  Felix:  p.  Ub.,  Reinisch:  petr.  Ar- 
beiten  im  Felde  2. 

Marburg:  Kayser:  Allgemeine  Geol. 
4,  Geol.  von  Hessen  mit  Exk.  1,  Ub., 
Anl. ;  Weigel:  Petrographie  2,  Die  Ent- 
stehung  der  Erzlagerstatten  1;  Cloos: 
Geol.  von  Mitteleuropa  und  dem  Balkan 

2,  Praktische  Einfuhrung  in  die  Geol.  2 ; 
ScHULTZE-Jena:  Morphologie  der  Ercl- 
oberflache  4. 

Miinchen:  Rothpletz:  Geol.  mit 
Exk.  4,  Geol.  d.  Alpen  mit  Exk.  1 ; 
Rothpletz  und  Broili:  Ub.,  Anl.. 
Exk.;  Weinschenk:  Lagerstattenlehre 
II:  Erzlagerstatten  2,  Ub.  im  Bestim- 
men  von  Gesteinen  mit  Exk.  4,  Anl. 
(Petr.);  Stromer  von  Reichenbach: 
Pal.  der  Wirbeltiere  I.  Einleitung  und 
Fische  I,  Pal.  der  Wirbeltiere  IV. 
Saugetiere  1,  Pal.  und  Deszendenztheo- 
rie  1;  Broili:  Pal.  der  Wirbeltiere 
II — IV:  Organisation,  Systematik  und 
Stammesgeschichte  der  Amphibien, 
Reptilien  und  Vogel  1,  Einfuhrung  in 
die  Stratigraphie  (Formationskunde)  2; 
Dacque  :  Biologie  der  palaozoischen  und 
mesozoischen  Wirbellosen  1,  Palaogeo¬ 
graphie  III.  Teil:  Palaoklimatologie  1; 
Leuchs:  Geol.  von  Agypten  1,  Prak¬ 
tische  Geol.  1;  Boden:  Geol.  der  deut- 
schen  Mittelgebirge  1. 

Munster:  Busz:  Einleitung  in  die 
Petr.  2,  petr.  Ub.,  Anl.  (Petr. ) ;  Wegnre ; 
Geol.  von  Deutschland,  Exk. ;  Mei- 
nardus:  Meereskunde  3. 

Rostock:  Geinitz:  Ub.,  Exk. 

StraBburg:  Wilckens:  Erdge- 

schichte  (Formationskunde)  4,  Anl. ; 
Bucking:  petr.  Exk.;  Kessler:  Die 
nutzbaren  Ablagerungen  Deutschlands 
2,  Geol.  Siidwestdeutschlands  2,  Repe- 
titorium  der  Stratigraphie  2. 

"Tubingen:  Pompeckj:  Geol.  und 
Bodengestaltung  Wiirttembergs  mit 
Exk.  4,  Pal.  (Wirbeltiere),  Ub.,  Anl.; 
Nacken:  Gesteinskunde  mit  Exk.  4, 
Die  wichtigsten  Erze  und  ihre  Lager- 
statten  3,  petr.  Ub. ;  v.  Huene  :  Ge¬ 
schichte  der  Meere  1;  Lang:  Aussprache 
iiber  palaoklimatische  Fragen  1,  Die 
Sedimente,  ihre  Bildung  und  Diagenese 
2;  Schmidt:  Der  Mensch  der  Eiszeit  2, 
Einfuhrung  in  die  vorgeschichtliche 
Archaologie  und  Ausgrabungstechnik 
mit  Exk.  2,  prahistor.  Ub. ;  Schmidt 


164 


III.  Geologischer  Unterricht. 


und  Soergel:  Diluvial-g.,  p.  und  pra- 
historische  Ub.  mitExk. ;  Soergel:  Die 
fossilen  Lamelli branch iaten  2. 

Wurzburg:  Beckenkamp:  Geol.  mit 
Exk.  4,  petr.  Ub. 

B.  Osterreich. 

Graz:  Hilber:  Geol.  Mittelsteier- 
marks  2,  Stratigraphie  und  Pal.  Steier- 
marks  2,  Ub.,  Exk.;  Hilber  und 
Heritsch:  Anl. ;  Scharizer:  Anl. 
(Petr.). 

Innsbruck:  Blaas:  Gesteinsbildung 
und  Umbildung3,  Demonstrationen  und 
Coll.  2;  Cathrein:  Anl.  (Petr.). 

Prag:  Wahner:  Grundzlige  der 
Geol.  II.  Tell  (Zur  Einfiihrung,  bes.  f. 
Geographen)  4,  Ub.,  Anl.,  Exk.;  Pe- 
likan:  Gesteinskunde  II.  Teil  3,  petr. 
Ub.  2,  Ausfliige  zum  Studium  der  Ge- 
steine  in  der  Natur,  Anl.;  Krasser: 
Grundzlige  der  Phytopalaontologie  2; 
Machatschek:  Gletscherkunde  1. 

Wien:  Suess:  Grundzlige  des  g. 
Baues  von  Europa  5,  Exk.  ;  Diener: 
Die  Entfaltung  des  Tierreichs  im  Laufe 
der  Erdgescliichte  5,  Anl. ;  Abel:  Die 
fossilen  Uberreste  als  biologische  Doku- 
mente  5;  Doelter:  Die  Erze  und  ihre 
Lagerstatten  3,  Petrogenetische  Fragen 
2;  Diener  und  Arthaber:  p.  Ub. ; 
Artraber:  Uber  Bivalven  2;  Schaffer: 
Geschiclite  des  Wiener  Beckens  mit 
Exk.  5;  Hoernes:  Prahistorische  Topo- 
graphie  Europas  3,  prahistorische  Ub. 

C.  Schweiz. 

Basel:  Schmidt:  (Gesteinsbildende 
Mineralien  und)  Gesteine  4,  Exk. ; 
Schmidt  und  Buxtorf:  Anl.;  Bux- 
torf:  Geol.  3,  Exk. 

Bern:  Hugi:  Petr.  II  2,  petr.  Ub., 
petr.  Exk.;  Hugi  und  Arbenz:  Mine- 
ralogisch-g.  Ref  erierabend ;  Arbenz  : 
Geol.  der  Schweiz  2,  Erdgeschichte 
(Formationskun.de)  2,  Einfiihrung  in  die 
Pal.  der  Wirbellosen  (Leitfossilien)  1, 
XJb. ,  Exk.;  Nussbaum:  Formenkunde 
der  Schweiz  1. 

Zurich:  Schardt:  Geol.  der  Schweiz 
2,  Geol.  der  Gebirge  2,  Ub.,  Anl.,  Exk.; 
Grubenmann:  Gesteinslelire  3,  Werden 
und  Wandel  der  Gesteine  1,  makrosko- 
pisches  Gesteinsbestimmen  1,  Ub. 
(Petr.),  Anl.  (Petr.);  Rollier:  Petre- 


faktenkunde  mit  Ub. :  Cephalopoden  2, 
Stratigraphie  der  Juraformation  2; 
Wehrli:  Physische  Geographie  II: 
Morphologie  der  Erdoberflache  3;  de 
Quervain:  Gletscherkunde  mit  Exk.  1 ; 
Hescheler:  Pal. 'der  Wirbeltiere  exkl. 
Saugetiere  2. 

2.  Technische  Hcchschulen. 

A.  Deutschland. 

Aachen:  Dannenberg:  Erdge¬ 

schichte,  Element  e  der  Mineralode 
und  Geol.,  Ub. ;  Klockmann:  Petr., 
Ub.  (Petr.),  Anl.  (Petr.). 

Berlin:  Hirschwald:  Allgemeine 
Geol.  2,  Ub. ;  Tannhauser:  Die  Priifung 
der  natlirlichen  Bausteine  auf  ihre  me- 
chanischen  Eigenschaften  und  auf  ihre 
Wetterbestandigkeit  1.  —  Abteilung  fur 
Bergbau:  Rauff:  Allgemeine  Geologie 
3,  Pal.  3,  p.  Ub.  1;  Gothan:  Paliio- 
botanik  2,  palaobotanische  Ub.,  Anl. 
(Palaobotanik). 

Breslau:  Beutell:  Mineral ogie  und 
Petr,  der  Erzlageistatten;  Sachs:  Die 
Bodenscliatze  Schlesiens:  Erze,  Kohlen, 
nutzbare  Gesteine. 

Danzig:  Stremme;  Geol. 3,  Ub.,  Anl. 

Darmstadt:  — 

Dresden:  — 

H  annover:  Erdmannsdorffer: 

Grundzlige  der  Geol.  4;  Hoyer:  Prak- 
tische  Geol.  II.  2,  Geol.  des  nordwest- 
lichen  Deutschlands  1;  Sceondorf: 
Technisch  wichtige  Mineralien  und  Ge¬ 
steine  Deutschlands  2,  Einfiihrung  in 
das  Verstandnis  und  die  praktische 
Verwertung  g.  Karte  und  Profile  1. 

Stuttgart:  Sauer:  Geol.  4,  Petrogr. 
Untersuchungsmethoden  2,  Ub.,  Anl., 
Exk. 

L  a  n  d  w  i  r  t  s  c  h  a  f  1 1.  H  o  c  h  s  c  h  u  1  e  n. 

Berlin:  Fliegel:  Geol.  von  Xord- 
deutschland  1,  Vorkommen,  Besckaffen- 
heit  und  Aufsuchung  des  unterirdischen 
Wassers  1,  Exk.;  Schucht:  G.-agrono- 
mische  Bodenaufnahme  1,  praktische 
Bodenuntersuchungen  im  Felde. 

Hohenheim:  Plieninger:  Geol.. 
II.  Teil  4,  Ub.,  Exk. 

Poppelsdorf :  Brauns:  Geognosie 
2,  Exk. 

Weihenstephan :  FAsch:  Geol. 

*  ^ 

* 


IV.  Bucher-  und  Zeitschriftenschau. 


165 


Die  Forstakade mien  Eberswalde, 
Miinden,  Tharandt  sind  wahrend  des 
Krieges  geschlossen.  Die  F.  Eisenach 
ist  dauernd  aufgehoben. 

*  * 

Bergakade  mien. 

Claus tal:  Geschlossen. 

Freiberg:  Beck: Geol.,Lagerstatten- 
iehre,  Versteinerungslehre,  Geol.  von 
Sachsen,  Ub. 

* 

Kolonialinstitut  Hamburg:  Gu- 
rich:  Die  wichtigsten  nutzbaren  Mine- 
rale  und  Gest'eine  2;  Gurich  und  Wy- 
sogorski:  Ub.  im  g.  und  agronomischen 


Kartieren;  Wysogorski:  Einfiihrung  in 
die  Geol.  1. 

Akademie  Posen:  — 
Polytechniku m  Cothen:  Foehr: 
Geol.  1,  g.  Ub.,  g.  Seminar,  Exk. 

B.  Osterreich. 

Briinn:  Rzehak:  Geol.  4,  Exk. 
Graz:  Tornquist:  G.  Formation  s- 
und  Gebirgskunde  3,  Exk. ;  Mohr  : 
Geol.  der  feuerfesten  Materialien  1. 

Prag:  Redlich:  Geol.  II 4,  Ub.,  Exk. 

*  * 

* 

MontanistischeHochschuleLeo- 
ben:  Granigg:  Petr.  2;  Schmidt:  Geol. 
6,  Pal.  2,  Lagerstattenlehre  3. 


IV.  Bucher-  und  Zeitschriftenschau. 


Jahresberi  elite  und  Mitteiluugen  des  Oberrheinischen 

geologischen  Vereins. 

Neue  Folge.  Bd.  VI.  Jahrgang  1916/17.  Heft  2.  Mit  2  Tafeln  und  3  Ab- 
bildungen  im  Text.  Ausgegeben  im  Marz  1917.  Preis  fur  Nichtmitglieder  M  1.80. 
In  Kommission  bei  der  E.  Schweizerbartschen  Verlagsbuchhandlung  (Nagel  3 
&  Dr.  Sproesser).  Stuttgart  1917? 

Das  Heft  enthalt  folgende  Arbeiten: 

Brauhatjser,  M.,  Beitrage  zur  Kenntnis  des  Rhatsandsteins  im  Schonbuch 
zwischen  Stuttgart  und  Tubingen.  (Vorlaufige  Mitteilung.) 

Ruger,  L.,  Uber  das  Auftreten  von  Asphalt  im  Quarzporphyr  von  Dossenheim. 

Haberle,  D.,  Uber  das  Vorkommen  karrenahnlicher  Gebilde  im  Buntsand- 
stein.  Mit  einer  Abbildung  im  Text  und  zwei  Tafeln. 

Buri,  Th.,  Uber  Verlauf  und  Gliederung  der  Nacheiszeit  und  liber  Hangetaler 
im  mittleren  und  im  anstoBenden  siidlichen  Schwarzwalde.  Mit  einer 
Skizze  und  einer  Abbildung  im  Text. 


K.  Sapper,  Katalog  der  geschichtlichen 
Vulkanausbriiche.  Schriften  der  wis- 
senschaftlichen  Gesellschaft  in  StraB- 
burg.  27.  Heft,  StraBburg  1917,  bei 
Karl  J.  Triibner.  Lex. -8°,  X.  u. 

353  S.  Broschiert  24  M. 

Es  ist  sehr  dankenswert,  daB  sich 
gerade  Sapper  der  schwierigen  und 
langwierigen  Aufgabe  unterzogen  hat, 
ein  moglichst  vollstandiges  Verzeichnis 
der  geschichtlichen  Vulkanausbriiche  zu 
verfassen.  Denn  er  gehort  nicht  bloB 
zu  den  besten  Kennern  des  Vulkanis- 
mus,  sondern  er  hat  auch  eine  unge- 


wohnlich  groBe  Zahl  von  Vulkanen  be- 
sucht  und  untersucht.  Freilich  hebt 
auch  er  selbst  hervor,  daB  seine  Liste 
zwar  moglichst  vollstandig,  aber  nichts 
weniger  als  wirklich  vollstandig  ist. 
Die  Griinde  dieses  Mangels  erortert  er 
eingehend  in  seiner  Einleitung. 

In  der  eigentlichen  Darstellung  wer- 
den  die  Vulkanausbriiche  sehr  ver- 
niinftigerweise  geographisch  und  nicht 
chronologisch  nach  ihrem  Zeitpunkt 
beschrieben.  Sehr  wertvoll  sind  die 
noch  liber  50  Seiten  umfassenden  kriti- 
schen  SchluBbemerkungen.  Darin  wer- 


166 


IV.  Bucher-  und  Zeitschriftenschau. 


den  besprochen:  Der  Begriff  des  Vul- 
kans  und  der  des  Ausbruchs,  die  vulka- 
nische  Tatigkeit  zu  Wasser  und  zu 
Lande,  der  Wert  der  Ausbruchssta- 
tistik,  das  Verhalten  der  Einzelvulkane 
im  Laufe  der  Zeit,  akustische,  ther- 
mische,  seismische  TatigkeitsauBerun- 
gen,  Ausbruchserscheinungen  und  Wir- 
kungen,  Menschenverluste  infolge  vul- 
kanischer  Ausbrliche,  die  Zahl  der  in 
gesckichtlicher  Zeit  als  tatig  nach- 
gewiesenen  Vulkane,  ihre  Anordnungs- 
dichte,  Tiitigkeitsfrequenz,  Art  der  For- 
derung,  Forderleistung  und  die  bekann- 
ten  Riesenausbruche.  Ein  ausfiihr- 
liches  Orts-  und  Sachregister  erhoht  den 
Wert  des  selir  willkommenen  und  wich- 
tigen  Buches.  Sal. 

Einfuhrung  in  die  Markscheidekunst 

von  L.  Mesttrop.  Berlin  1916,  J. 

Springer.  II.  Aufl.  M  6.80. 

Dieses  handliche  Buch  ist  vier  Jahre 
nach  dem  ersten  Erscheinen  in  einer 
2.  Auflage  erschienen ;  sie  enthalt  gegen- 
iiber  der  ersten  zwar  keine  wesentlichen 
Anderungen,  aber  die  unnotigen  Frernd- 
worter  sind  tunlichst  durch  deutsche 
Ausdriicke  ersetzt.  St. 

James  Park,  A  Textbook  of  Geology. 

For  use  in  Mining  Schools,  Colleges 

and  Secondary  Schools.  London  1914. 

698  S.  70  Taf. 

Die  Anordnung  des  Stoffes  in  diesem 
von  einem  neuseelandischen  Geologen 
geschriebenen  Lehrbuch  der  Geologie 
ist  so  gewahlt,  daB  zuerst  die  Denu¬ 
dation,  Erosion,  Gletscher-  und  Meeres- 
wirkung,  dann  die  epirogenetischen  und 
orogenetisclien  Bewegungen  besprochen 
werden.  Erst  liiernach  kommen  die  Ab- 
schnitte  liber  die  Zusammensetzung  der 
festen  Erdkruste,  Schichtgesteine,  Vul¬ 
kane  und  Massengesteine.  Wir  diirfen 
in  dieser  Gruppierung  des  Stoffes  wohl 
amerikanischen  EinfluB  sehen,  auf  den 
auch  die  Auswahl  der  geologischen 
Landschaftsbilder  schlieBen  laBt,  die 
meist  amerikanischen  Veroffentlichun- 
gen  entlehnt  sind.  Einen  groBen  Pan m 
nimmt  die  Formationskunde  ein.  Sehr 
anerkennenswert  ist,  daB  der  Verf.  der 
morphogenetischen  und  praktischen 
Geologie  besondere  Abschnitte  gewid- 


met  hat;  auch  eine  kleine  Anweisung 
zu  Feldaufnahmen  findet  sich.  Wer  er- 
wartet,  neuseelandische  Verhaltnisse  in 
reichem  MaBe  bei  den  Beispielen  fur 
geologische  Vorgange  usw.  herangezogen 
zu  finden,  sieht  sich  enttauscht.  Die 
Abbildungen  sind  ungleichwertig.  Xe- 
ben  sehr  schonen  Tafeln  finden  sich  ur- 
alte  Holzschnitte  wie  z.B.  derjenige  auf 
S.  63  vom  Her  de  glace.  Die  Bilder  der 
Versteinerungen  sind  z.  T.  etwas  zu 
wenig  fein  ausgefuhrt,  die  Rekonstruk- 
tionen  von  Ichthyo-  und  Plesiosaurus 
auf  Tafel  39  sind  vollig  veraltet.  Im 
Text  ist  mir  aufgefallen,  daB  vom  deut- 
schen  Zechstein  zwar  das  Stein-,  aber 
nicht  das  Kalisalz  erwahnt  wird  (S.  370). 
StaBfurt  heiBt  dort  falschlich  StraBfurt. 
S.  375  wird  Trematosaurus  Bronni  T. 
Brauni  genannt,  S.  379  wird  Trachy- 
ceras  immer  Trachvoceras  geschrieben, 
S.  400  wird  die  Einteilung  des  Jura  in 
schwarzen,  braunen  und  weiBen  nur  fur 
XW. -Deutschland  angegeben.  S.  147 
ist  Stjess  Suwess  genannt  und  merk- 
wiirdigerweise  die  Bezeichnung  »va- 
riscisches  Gebirge«  auf  die  Alpen,  Kar- 
pathen  und  Pyrenaen  angewandt.  In 
der  Tektonik  sind  die  Bruche  sehr  aus- 
fiihrlich  behandelt;  aber  die  ganze  al¬ 
pine  Tektonik  kommt  zu  kurz.  Dafiir 
bietet  das  Werk  wieder  anderes,  und  es 
ist  immer  lehrreich,  an  der  Hand  eines 
Lehrbuches  zu  verfolgen,  wie  sich  das 
geologische  Wissen  in  der  Auffassung 
eines  auslandischen,  im  besonderen 
eines  nichteuropaischen  Fachmannes 
darstellt.  Wcks. 

Geologische  Karte  von  PreuBen  und 
benachbarten  Bundesstaaten,  lierausg. 
v.  d.  PreuB.  geol.  Landesanstait.  Lief. 
212  (1915).  Bl.  Marburg,  bearbeitet 
von  E.  Kayser,  Bl.  Xiederwalgern,  be¬ 
arbeitet  von  W.  Paeckelmann. 

Die  Lieferung  behandelt  die  land- 
schaftlich  besonders  reizvolle  und  geo- 
logisch  recht  mannigfaltige  LTmgegend 
von  Marburg,  deren  westliclier  Teil  dem 
Rheinischen  Schiefergebirge  mit  seinen 
stark  gefalteten  Schiefern  und  Grau- 
wacken  des  Obersilurs,  Devons  und 
Karbons  angehort,  wahrend  ostwarts 
mit  Beginn  des  hessischen  Berglandes 
sich  auf  diese  palaozoischen  Sedimente 


IV.  Bucher-  und  Zeitschriftenschau. 


167 


diskordant  die  Sandsteine  und  Breccien 
des  Oberen  Zechsteins  und  weiterhin  die 
Schichten  des  mehrere  hundert  Meter 
machtigen  Buntsandsteins  auflagern, 
die  im  Gegensatz  zu  den  ersteren  meist 
tafelformig  liegen.  Hart  am  Ostrande 
der  Blatter  bildet  sich  infolge  eines  be- 
deutenderen  tektonisclien  Abbruchs  in 
SN.-Richtung  ein  Niederungsgebiet  — 
als  Auslaufer  der  groBeren  »liessischen 
Senke  «  —  heraus,  das  von  braunkohlen- 
flihrenden  Sanden  und  Tonen  des  Oligo- 
zans  und  Miozans,  sowie  von  quartaren 
Ablagerungen,  hauptsachlich  LoB,  er- 
fiillt  ist.  Im  airBersten  Siidosten  des 
Kartengebietes  steigt  das  Tertiar  vom 
Talgrunde  aus  allmahlich  zum  vulka- 
nischen  Massiv  des  Vogelberges  an,  der 
mit  seinem  nordwestlichen  Auslaufer, 
deni  Leidenhofer  Kopf,  noch  eben  in  das 
Gebiet  hineinreicht  und  sich  aus  meh- 
reren  Basaltlaven  nacheinander  er- 
folgter  Ergiisse  zusammensetzt.  Im 
iibrigen  sind  von  Eruptivgesteinen  noch 
die  bekannten  Basaltkuppen  des  Stem- 
pels  und  des  Frauenberges  zu  nennen, 
die,  zunachst  von  Tertiarschollen  unter- 
lagert,  dem  Buntsandsteinplateau  auf- 
gesetzt  sind  und  selbstandige  Durch- 
briiche  darstellen. 

Im  Bereiche  des  palaozoischen  Schie- 
fergebirges  treten  neben  Briichen  auch 
Uberschiebungen  und  in  der  unmittelba- 
ren  Umgebung  von  Marburg  eine  ganze 
Anzahl  Verwerf ungen  auf,  die  hier  die 
Auflosung  der  Buntsandsteintafel  in 
eine  Reilie  von  Einzelbergen  zur  Folge 
haben,  die  nicht  unwesentlich  zur 
Schonheit  der  Marburger  Landschaft 
beitragen.  Auch  noch  an  vielen  anderen 
Stellen  zeigt  sich  ein  solcher  EinfluB 
der  Tektonik  auf  die  Gelandegestaltung, 
indem  die  Ausbildung  mancher  Tal- 
sbrecken  und  Talbiegungen,  wie  z.  B. 


bei  der  Stadt  Marburg  selbst,  durch 
Spriinge  bedingt  erscheint,  auf  denen 
die  Elusion  verhaltnismaBig  leicht  ein- 
setzen  konnte. 

Das  Alter  derVerwerf  ungen  schwankt 
innerhalb  weiter  Grenzen.  Die  Storun- 
gen  und  Uberschiebungen  des  palao¬ 
zoischen  Gebirges  stehen  z.  T.  sicher 
in  unmittelbarem  Zusammenhange  mit 
seiner  karbonischen  Faltung,  z.  T.  sind 
sie,  soweit  sie  iiber  das  Schiefergebirge 
hinaus  auch  noch  in  den  angrenzenden 
Zechstein  und  Buntsandstein  hinein- 
setzen,  sowie  die  iibrigen  das  Buntsand- 
steingebirge  dislozierenden  Stor  ungen 
von  jiingerem,  vor-  bzw.  nacholigoza- 
nem  Alter.  Die  die  hessische  Senke  er- 
zeugenden  Verwerf  ungen  sollen  in  ihrem 
groBeren  AusmaB  erst  nach  Ablage- 
rung  des  Tertiars  entstanden  sein.  Als 
noch  j  iinger,  namlich  quartar,  werden 
die  die  einzelnen  Buntsandsteinkuppen 
der  Marburger  Umgebung  trennenden 
Spriinge  angenommen. 

Im  AnschluB  an  die  jungtertiaren 
Krustenbewegungen  kam  es  zur  all- 
mahlichen  Herausbildung  des  lieutigen 
Lahntals  und  seiner  Nebentaler,  und 
zwar  wechselten  dabei  wiederholt  Pe- 
rioden  der  Erosion  und  Perioden  der 
Aufschiittung  miteinander  ab,  wie  die 
in  verschiedenen  Hohenlagen  hinter- 
biiebenen  Terrassenschotter,  die  Reste 
alter  Talboden,  anzeigen.  Es  werden 
auf  den  Blattern  in  Ubereinstimmung 
mit  denjenigen  des  Rheintals  ’iner  der- 
artige  Diluvialterrassen  unterschieden. 
Dazu  kommen  noch  hoch  (auf  dem 
alten  Marburger  Exerzierplatz  160  m 
iiber  der  Talaue)  gelegene  FluBschotter, 
die  als  Ablagerungen  einer  jedenfalls 
pliozanen  Lahn  anzusehen  sind. 

(Nach  einem  Referat  der  PreuB. 

Geol.  Landesanstalt. ) 


V.  Geologische  Vereinigung. 


Bericht  iiber  die  Hauptyersammlung  der  Geologischen 
Tereinigung  in  Frankfurt  a.  M.  am  6.  Januar  1917. 

Der  Vorsitzende  begriifite  die  zahlreich  versammelten  Mitglieder,  unter  denen 
viele  Feldgraue  zu  sehen  waren,  und  teilte  mit,  daB  9  Mitglieder  gestorben 
(davon  5  fur  das  Vaterland  gefallen)  sind,  zu  deren  Ehren  sich  die  Anwesenden 
von  ihren  Sitzen  erboben.  Es  sind: 

Bergingenieur  Carl  BAUR-Miinchen,  Kommerzienrat  Leo  ELLiNGER-Frank- 
furt  a.  M.,  Dr.  Richard  Lachmann  -  Breslau,  cand.  geol.  Hugo  Lieber- 
Marburg  a.  Lahn,  Dr.  Roman  LucERNA-Briinn,  Dr.  NiETHAMMER-Borneo, 
Prof.  Dr.  REGEL-Wiirzburg,  Frl.  Anna  REiss-Mannheim  und  Hauptmann 
VoRWERG-Warmbrunn, 

Ausgetreten  sind  8,  neu  eingetreten  22  Mitglieder,  so  daB  trotz  des  Krieges 
die  Vereinigung  weiter  wachst. 

Es  fanden  folgende  Vortrage  statt: 

Herr  H.  Stille  -  Gottingen  iiber  injektive  Faltung  und  damit  zusammen- 
kangende  Erscheinungen.  Diskussion:  G.  Steinmann. 

Herr  H.  Brouwer -Delft  iiber  geologische  Forsckungen  in  den  Molukken. 
Diskussion:  K.  Deninger,  H.  Stille. 

Herr  E.  Haarmann- Berlin  iiber  einen  praktischen,  amerikanischen  KompaB. 

Herr  R.  E.  Liesegang  -  Frankfurt  a.  M.  iiber  ein  neues  Verfaliren  zur  Klarung 
von  Trinkwasser. 

Herr  G.  Steinmann  -  Bonn  iiber  den  Ersatz  der  Bogenlampe  durck  Halbwatt- 
lampe  zu  Projektionszwecken. 

Herr  N.  Tilmann  -  Bomi  iiber  die  Verbreitung  eruptiver  Gesteine  in  der 
Trias  der  Siidalpen. 

Herr  H.  Meyer -GieBen  iiber  die  Verbreitung  der  Alkali-  und  Alkali -Kalk- 
gesteine  in  Deutschland.  Diskussion  H.  Stille,  E.  Kayser,  G.  Stein¬ 
mann  und  Redner. 

Herr  W.  von  Seidlitz- Jena  iiber  die  Grenze  zwischen  Ost-  und  Westalpen. 
Diskussion:  H.  Meyer. 

Herr  G.  Steinmann  -  Bonn  iiber  neuere  Fortsckritte  der  Alpenforschung. 
Diskussion:  von  Seidlitz,  Redner. 

Herr  F.  RiNNE-Leipzig  iiber  Sammelkristallisation. 

Am  Abend  vereinigten  sich  die  meisten  Teilnekmer  zu  zwanglosem  Bei- 
sammensein  im  Ratskeller. 

Am  5.  Januar  ging  der  Versammlung  eine  ausgiebige  Besprechung  der  im 
Felde  tatigen  Geologen  unter  dem  Vorsitz  von  H.  PniLipp-Greifswald  voraus. 


8  NOV.  1917 


Auszug  aus  den  Satzungen  der  „6eologischen  Yereinignng". 

§  3.  Mitgliedschaft. 

Die  Anmeldung  %ur  Mitgliedschaft  erfolgt  an  de/n  Kassenfuhrer*.  Das 
Eintrittsgeld  betragt  5  M.,  der  Jahresbeitrag  10  M.  fiir  Personen 
sowobl  wie  fiir  Institute,  Bibliotheken  usw.  Die  lebenslangliche  Mit- 
glieds'chaft  einer  Person  kann  durch  einmalige  Zablung  von  250  M. 
erworben  werden.  Wer  eine  einmalige  Zablung  von  1000  M.  leistet, 
wird  als  Stifter  gefiihrt.  Alle  Mitglieder  erbalten  die  ,,Geologische 
Rundschau"  (8  Hefte  zu  4 — 5  Bogen  im  Jabre)  unentgeltlich  und  porto- 
frei  zugestellt. 

Der  Jahresbeitrag  ist  bis  Ende  Januar  an  den  Kassenfuhrer*  einzuzahlen , 
andernfalls  wird  er  durch  Postauftrag  erhoben.  Yerweigerung  der  Zah- 
lung  bedeutet  Austritt  aus  der  Yereinigung  und  zieht  Einstellung  der 
Zusendung  der  Zeitscbrift  nacb  sicb. 

Der  Yorstand: 

Vorsitzender:  E.  Kayser  (Marburg) 

Stellvertret.  Yorsitzender:  G.  Giirich  (Hamburg) 

»  *  F.  J.  Becke  (Wien) 

>  *  L.  v.  Loczy  (Budapest) 

>  >  Ch.  Schuchert  (New  Haven) 

Schriftfuhrer :  Fr.  Drevermann  (Frankfurt  a.  M. ,  Senckenbergi- 

sches  Museum,  Victoria -Allee  7) 

Stellvertret.  Schriftfuhrer:  R.  Liesegang  (Frankfurt  a.  M.) 

Schriftleiter  G.  Steinmann  (Bonn,  Poppelsdorfer  Allee  98) 

»  W.  Salomon  (Heidelberg) 

»  O.  Wilckens  (StraCburg  i.  E.) 

*  Kassenfuhrer:  Frau  R.  Drevermann  (Frankfurt  a.  M.-Eschersheim, 

Haberlinstr.  53). 

Die  fruheren  Jahrgdnge  der  Geologischen  Kundschau , 
auBer  den  Jalirgdngen  1915116 ,  konnen  von  den  Mitgliedern 
der  Geologischen  Vereinigung  durch  den  Kassenfuhrer 
zum  Preise  von  Jl  10. —  bezogen  werden. 


VERLAGr  VON  WILHELM  ENGELMANN  IN  LEIPZIG 


GEOLOGIE 

YON 

DR.  ALEXANDER  TORNQUIST 

K.  K.  ORD.  PROF.  AN  DER  TECHN.  HOCHSCHULE  ZU  GRAZ 


I.TEIL.  ALLGEMEINE  GEOLOGIE 

Mit  235  Abbildungen  im  Text  und  einem  Titelbild. 

XII  u.  564  Seiten  gr.  8.  Format:  16i/2x25.  Grewicht:  1260  g 

Geheftet  Jl  27. — 

Aus  den  Besprechungen :  .  .  .  Der  Verfasser  beherrscht  den  Stoff  und  sucht  uberall  das 
Wichtige  und  Richtige  hervorzuheben  und  off'ene  Fragen  zu  betonen.  Durch  diese  Behandlung 
des  Stoffes  wirkt  das  Buch  anziehend  fiir  alle,  die  sich  .mit  Geologie  beschaftigen  oder  be- 
schaftigen  wollen.  Auch  der  Geologe  von  Beruf  wird  es  gern  zur  Hand  nehmen,  um  die  letzten 
Leistungen  auf  dem  Gebiete  der  allgemeinen  Geologie  einmal  im  Zusammenhang  Revue  passieren 
zu  lassen  .  .  .  Montanistische  Rundschau. 


Verlag  von  Wilhelm  Engelmann  in  Leipzig 


Schriften 

von 

Dr.  Gustav  Steinmann 

/ 

ord.  Prof,  der  Geologie  u.  Palaontologie  a.  d.  Universitat  Bonn 

Geheimer  Bergrat 

- <— <*>— * - 

Einfuhrung  in  die  Palaontologie 

Zweite,  vermehrte  und  neubearbeitete  Auflage 

Mit  902  Figuren  im  Text 

gr.  8.  XII  und  542  Seiten.  —  Geheftet  JI  14. — 

Die  geologischen  G-rundlagen 
der  Abstammungslehre 

Mit  172  Figuren  im  Text 

gr.  8.  IX  und  284  Seiten.  —  Geheftet  Ji  7. — ;  in  Leinen  gebunden  Ji  9. — 

Elemente  der  Palaontologie 

Bearbeitet  von 

Dr.  Gustav  Steinmann 

ord.  Professor  der  Geologie  und  Palaontologie  an  der  Universitat  Bonn 

Geheimer  Bergrat 

und 

Dr.  Ludwig  Doderlein 

Direktor  des  Naturhistorischen  Museums  der  Stadt  StraBburg  i.  E. 

Privatdozent  fur  Zoologie 

Mit  1030  Figuren  im  Text 

gr.  8.  XIX  und  848  Seiten.  —  Geheftet  Ji  25.  —  ;  in  Halbfranz  gebunden  Ji  27. — 


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